Vorblatt

Problem:

Ungleichbehandlung von Personen mit Teilpensionen aus dem EU-Raum und solchen aus dem EWR-Raum und Staaten mit zwischenstaatlichen Abkommen bezüglich des Krankenversicherungsbeitrages.

Ziel:

Schaffung einheitlicher Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Beiträgen von ausländischen Teilpensionen.

Inhalt /Problemlösung:

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Auf die finanziellen Erläuterungen wird hingewiesen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

         Keine.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen:

         Die vorgeschlagene Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von Auslandspensionen bringt durch die Verpflichtung der Versicherten, den Versicherungsträger über alle für die für die Einhebung der Beiträge in der Krankenversicherung von ausländischen Renten/Pensionen maßgebenden Umstände zu informieren, eine neue Informationsverpflichtung für Bürger/innen mit sich. Auf die entsprechenden Berechnungen wird hingewiesen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Durch die vorgeschlagenen Präzisierungen der Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auch von ausländischen Pensionen/Renten kommt es im Hinblick auf die Krankenversicherungsbelastung der Versicherten zu einer Gleichstellung von Auslands- und Inlandspensionen/renten.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.   

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Bestimmungen über die Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auch von ausländischen Pensionen/Renten stellen Präzisierungen im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Parlamentes und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 dar. Im Übrigen fallen die vorgesehenen Regelungen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


 

Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Im Bundesministerium für Gesundheit sind Änderungen des Sozialversicherungsrechtes, die der Umsetzung des Regierungsprogramms zur XXIV. Gesetzgebungsperiode und der Anpassung an die Rechtsentwicklung dienen, vorgemerkt.

Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen hervorzuheben:

         -Erweiterung der erlaubten versicherungsfremden Funktionen der e-card.

         -Neuregelung der Kostentragung durch den Krankenversicherungsträger bei Leistungen an Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb des Sprengels des zuständigen Krankenversicherungsträgers.

         -Präzisierung der Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von ausländischen Pensionen/Renten.

         -Anpassungen im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Vorsitzes in der paritätischen Schiedskommission nach § 344 ASVG.

         -Anpassungen im Bereich des § 14a GSVG.

         -redaktionelle Berichtigungen.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen:

Die rechtssetzende Maßnahme „Entwurf eines 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2010 – 2. SVÄG 2010“ enthält eine neue Informationsverpflichtung für Bürger/innen, die eine zeitliche Gesamtbelastung von 16 670 Stunden verursacht.

Die hohe Gesamtbelastung ist auf die im Zuge der erstmaligen Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen von Auslandsrenten notwendigen Erhebungen zurückzuführen und fällt in dieser Höhe daher einmalig an.

Da in der Folge nur noch Änderungen im Bereich der bestehenden Renten sowie neu angefallene Auslandsrenten zu beauskunften sind, ist mit einer starken Reduktion der Fallzahlen zu rechnen.

Anlage 1: Darstellung der Verwaltungskosten für Bürger/innen

2. SOZIALVERSICHERUNGS-ÄNDERUNGSGESETZ 2010 - 2. SVÄG 2010

Art der Änderung

Novelle

Ressort

BMG

Berechnungsdatum

23. Juli 2010

Anzahl geänderter/neuer
Informations­verpflichtungen

1

BE-/ENTLASTUNG GESAMT

ZEIT (in h, gerundet)

16.670

DIREKTE KOSTEN (in €, gerundet)

0

 

IVP 1 - SCHAFFUNG EINER ERWEITERTEN AUSKUNFTSVERPFLICHTUNG FÜR BEZIEHERINNEN UND BEZIEHER AUSLÄNDISCHER RENTENLEISTUNGEN

Art

neue IVP

Kurzbeschreibung

Bezieherinnen und Bezieher ausländischer Rentenleistungen werden dazu verpflichtet, dem zuständigen Versicherungsträger alle für die Krankenversicherungsbeitragseinhebung von ausländischen Renten maßgeblichen Umstände mitzuteilen

Fundstelle

§§ 43 ASVG, 22 GSVG, 20 BSVG, 17 B-KUVG

BE-/ENTLASTUNG

ZEIT (in h, gerundet)

16.670

DIREKTE KOSTEN (in €, gerundet)

0

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z  11 B‑VG („Sozialversicherungswesen“).

II. Besonderer Teil

Zu Art. 1 Z 1 und 7 (§§ 5 Abs. 2 und 122 Abs. 2 ASVG):

Die vorgenommen Änderungen tragen dem Umstand Rechnung, dass das Karenzgeldgesetz (KGG), das für Ansprüche aus Geburten vor dem 1. Jänner 2002 gilt, auf Grund des Auslaufens möglicher Übergangsfälle für den Karenzgeldbezug keine praktische Anwendbarkeit mehr hat, weshalb die gesetzlichen Verweisungen anzupassen bzw. zu bereinigen sind.

Zu Art. 1 Z  2 und 8 (§§ 31 Abs. 5 Z 11 und 129 ASVG):

Durch die vorgeschlagene, auf einer Anregung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger beruhende Neufassung des § 129 ASVG soll dem Umstand, dass sich die praktische Abwicklung der Leistungsinanspruchnahme seit der Einführung der e-card geändert hat (Versicherte und deren Angehörige mit Wohnsitz außerhalb des Sprengels des zuständigen Krankenversicherungsträger nehmen Leistungen ohne Zustimmung des zuständigen Krankenversicherungsträgers in Anspruch) Rechnung getragen werden.

Durch die vorgesehene Änderung des § 129 ASVG wird geregelt, wie die Inanspruchnahme von Leistungen bei einer künftigen Ausweitung des e-card-Systems auf weitere Vertragspartner ohne Ausstellung eines Betreuungsscheines erfolgen kann. Damit soll eine zeitgemäße, den praktischen Erfordernissen des e-card-Systems entsprechende Rechtsgrundlage für Leistungsinanspruchnahmen durch Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb des Sprengels des zuständigen Krankenversicherungsträgers geschaffen werden.

Durch die gewählte Regelungstechnik lassen sich Leistungsinanspruchnahmen generell in drei Bereiche gliedern:

1. gewöhnlicher Aufenthalt außerhalb des Sprengels des zuständigen Krankenversicherungsträgers (Abs. 1);

2. vorübergehender Aufenthalt außerhalb des Sprengels des zuständigen Krankenversicherungsträgers (Abs. 2);

3. Anreise zur Behandlung in den Sprengel eines anderen Krankenversicherungsträgers (Abs. 3).

Nach § 66 Abs. 1 JN ist unter dem Wohnsitz einer Person jener Ort zu verstehen, an dem sie sich in der Absicht niedergelassen hat, dort ihren dauernden Aufenthalt zu begründen. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person bestimmt sich nach § 66 Abs. 2 JN hingegen ausschließlich nach tatsächlichen Umständen. Durch die in Abs. 1 vorgesehene Umstellung der Terminologie vom Wohnsitz auf den gewöhnlichen Aufenthalt soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Bestimmung grundsätzlich für jene Personen gilt, die sich überwiegend (also gewöhnlich, dh mit einer gewissen Dauer und Beständigkeit) und nicht nur melderechtlich (Wohnsitz) im Sprengel eines anderen Versicherungsträgers aufhalten. Das bisher vorgesehene Ersuchen des zuständigen Versicherungsträgers an den für den Wohnsitz zuständigen Versicherungsträgers zur Erbringung von Leistungen entfällt.

Der Krankenversicherungsträger, in dessen Sprengel der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist nach wie vor zur Leistungserbringung an den Versicherten verpflichtet. Für die erbrachte Leistung gebührt Kostenersatz, Verwaltungsauslagen sind nicht weiterverrechenbar. Die vom aushelfenden Träger zu erbringenden Leistungen werden mit Sachleistungen aus dem Versicherungsfall der Krankheit, aus dem Versicherungsfall der Mutterschaft und mit der Zahnbehandlung nach § 153 ASVG genau definiert. Geldleistungen aus den genannten Versicherungsfällen (Kranken- und Wochengeld) sind stets durch den zuständigen Krankenversicherungsträger zu erbringen. Anstaltspflege sowie Heilbehelfe und Hilfsmittel, für die in der Musterkrankenordnung eine verbindliche Mindestgebrauchsdauer vorgesehen ist, sind nach den Bestimmungen des zuständigen Versicherungsträgers zu bewilligen.

§ 129 Abs. 2 und 3 ASVG legen fest, dass die Bestimmungen des Abs. 1auch in Fällen einer während eines vorübergehenden Aufenthaltes außerhalb des Sprengels des zuständigen Versicherungsträgers eintretenden Erkrankung sowie auch dann anzuwenden sind, wenn Versicherte oder deren Angehörige den Sprengel des zuständigen Krankenversicherungsträgers gezielt zur Inanspruchnahme von Leistungen verlassen.

Der bisherige § 129 Abs. 4 ASVG (Betreuungsersuchen) entfällt.

Im § 129 Abs. 4 ASVG wird die bisher im Abs. 5 vorgesehene Regelung, nach der der Hauptverband mit Zustimmung des Bundesministers für Gesundheit bindende Richtlinien über die Form der Inanspruchnahme sowie die Festsetzung und die Verrechnung des Kostenersatzes aufstellen konnte, durch die Ermächtigung des Hauptverbandes zur Richtlinienerstellung nur im Hinblick auf die Verrechnung der Kostenersätze zwischen den Krankenversicherungsträgern ersetzt. Da diese keine Wirkung auf Außenstehende zeitigt, kann von nach der bisherigen Regelung erforderliche Zustimmung des Bundesministers für Gesundheit abgesehen werden (vgl dazu VfSlg. 17023).

Zu Art. 1 Z 3 (§ 31a Abs. 4 Z 5 ASVG):

Das Regierungsprogramm für die XIII. Gesetzgebungsperiode sieht im Kapitel Gesundheit die „Unterstützung integrierter Versorgungsformen durch ausgeweitete Anwendungen der e-card und der ‚Elektronischen Gesundheitsakte’ unter Wahrung der PatientInnenrechte und des Datenschutzes“ vor. Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode führt das Vorhaben der vorigen Legislaturperiode im Kapitel Integrierte Versorgung, Struktur, Steuerung“ fort: „Zur Überbrückung von Versorgungsschnittstellen hat die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien (e-health) im Gesundheitswesen hohe gesundheitspolitische Priorität.“ Als ein Teil der Umsetzung des Regierungsvorhabens wird im Bundesministerium für Gesundheit derzeit an der Umsetzung eines elektronischen Epidemiologischen Meldesystems gearbeitet. Dadurch sollen die bereits bestehenden Meldeverpflichtungen in einer weiteren von Beginn an  vorgesehenen Ausbauphase nach dem Epidemiegesetz 1950 und dem Tuberkulosegesetz datenschutzkonform in erhöhter Qualität und zeitnah durchgeführt werden können.

In Entsprechung eines wichtigen öffentlichen Interesses gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutzrichtlinie) ermöglicht ein Epidemiologisches Meldesystem eine erhöhte Datenqualität durch Früherkennung und zeitnahe Meldung ab Diagnose sowohl innerstaatlich als auch direkt zur europäischen Seuchenbehörde in Stockholm (ECDC – European Centre for Disease Prevention and Control [Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten]). Durch eine rasche Meldung werden die Patientenrechte, insbesondere (lebensrettende) Informationsrechte, gestärkt.

Die Sozialversicherung hat im Rahmen des e-card-Systems zur Identifikation etwa von Absendern technische Lösungen auf hohem Sicherheitsniveau entwickelt und setzt diese auch für die Belange der Sozialversicherung ein. Dieses Secure Token Service, ein kryptografischer Schlüssel, wird etwa bei der elektronischen Überweisung an eine/n andere/n Vertragspartnerin/Vertragspartner zur Authentifizierung bzw. Kontaktbestätigung verwendet.

Dieselbe Sicherheitstechnik könnte für die epidemiologisch relevanten Meldungen herangezogen werden. Dadurch können Entwicklungskosten gespart werden und es ist sicher gestellt, dass es zu keinen Schnittstellenproblemen zwischen einer allfälligen Neuentwicklung und dem bereits Vorhandenem kommt.

Da es sich bei der ins Auge gefassten Anwendung um eine behördliche Aufgabe des Bundesministeriums für Gesundheit handelt und Bestandteile des ELSY nach § 31a Abs. 4 ASVG für andere als Sozialversicherungszwecke nur mit bundesgesetzlicher Ermächtigung verwendet werden dürfen, soll für eine solche Verwendung die rechtliche Grundlage geschaffen werden. Datenschutzrechtliche Regelungen sind jedenfalls nicht Inhalt dieser Bestimmung.

Zu Art. 1 Z 4, 5, 6 und 11, Art. 2 Z 2, 3, 4 und 5, Art. 3 Z 1 bis 4 und Art. 4 Z 1 bis 6 (§§ 43 Abs. 1, 58 Abs. 2, 73a, 459g ASVG; §§ 22 Abs. 3, 29a, 35 Abs. 6 und 229f GSVG; 20 Abs. 7, 26a, 33 Abs. 3 und 217c BSVG; §§ 14 Abs. 1 und 2, 17 Abs. 1,  22b, 23 Abs. 3 und 159e B-KUVG):

Durch die vorgeschlagene Neuregelung sollen die Rechtsgrundlagen für die Einhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auch von ausländischen Pensionen/Renten präzisiert und im Hinblick auf die Krankenversicherungsbeitragsbelastung der Versicherten eine „Gleichstellung“ von Auslands- und Inlandspensionen/renten herbeigeführt werden.

Wie vom Vorarlberger Grenzgängerverband und der Vorarlberger Gebietskrankenkasse aufgezeigt, resultiert  aus dem Umstand, dass Krankenversicherungsbeiträge bislang zwar von inländischen Pensionen, nicht jedoch auch von vergleichbaren ausländischen Leistungen zu entrichten waren, insofern eine Ungleichbehandlung von Pensionisten mit rein „inländischem“ Pensionsbezug und Pensionisten/Rentnern mit niedrigem Inlands- und hohem Auslandsbezug, als Erstere die Beiträge von der gesamten Pension, Zweitere hingegen nur vom niedrigen inländischen Pensionsanteil zu entrichten hatten. Pensionisten mit niedriger Inlands-, jedoch hoher Auslandspension/rente stand somit der vollen Krankenversicherungsschutz (einschließlich Angehörigenschutz) um nur wenige Euro monatlich zur Verfügung, während Pensionisten mit ausschließlichem Inlandspensionsbezug für den selben Schutzumfang wesentlich höhere Beiträge zu entrichten hatten.

Diese Ungleichbehandlung soll aus Anlass der sich durch das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Parlamentes und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der Sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bietenden Gelegenheit, die ab 1. Mai 2010 die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, und die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 vom 21.03.1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 im Verhältnis zu den EU-Mitgliedsstaaten ablöst (Art 5 der VO 883 enthält eine ausdrückliche Gleichstellungsbestimmung), nunmehr beseitigt werden.

Solange die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Verhältnis zu den EWR-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen sowie für die Schweiz noch nicht für anwendbar erklärt wurde, bleiben die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 für diese Staaten auch über den 1. Mai 2010 hinaus anwendbar.

Nach den Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 572/72 und nach den Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 kann von den Mitgliedsstaaten autonom geregelt werden, ob von einer Pension oder Rente Beiträge für den Krankenversicherungsschutz der Pensionisten oder Rentner eingehoben werden. Werden Beiträge eingehoben, sind die Mitgliedsstaaten auch dazu berechtigt, für die Beitragsbemessung von anderen Mitgliedsstaaten bezahlte Pensions- oder Rentenleistungen zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Beitragseinhebung sind jedoch folgende Beschränkungen zu beachten:

                         - Nur der eine Pension/Rente auszahlende Staat, der auch die Lasten für die diesem Pensionisten/Rentner gewährten Leistungen trägt, darf Beiträge von dieser Pension/Rente einbehalten (Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71). Der Beitragsleistung der Pensionisten/Rentner müssen im betreffenden Mitgliedsstaat somit Gegenleistungen gegenüberstehen.

                         - Werden von einem Mitgliedsstaat von einer Pension/Rente Beiträge für den Krankenversicherungsschutz eingehoben, können der Beitragsbemessung auch Rentenleistungen aus anderen Staaten zugrundegelegt werden. Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 legt hiefür insofern eine Beitragsabzugsbegrenzung fest, als die Gesamtbeiträge die von einem Träger des Wohnmitgliedsstaates gewährte Rente nicht übersteigen dürfen (vgl. Art. 33 Abs. 1 der VO (EWG) 1408/71, wonach die Krankenversicherungsbeiträge nur von der vom Träger des Wohnstaates geschuldeten Rente abgezogen werden dürfen). Eine solche Begrenzung findet sich in Art. 30 der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht mehr; hier wird nur festgelegt, dass für Auslandsrenten keine höheren Beiträge als für Inlandsrenten einbehalten werden dürfen.

Die vorgeschlagene Bestimmung soll des Weiteren auch für Pensionsleistungen von Staaten außerhalb der EU, des EWR bzw. der Schweiz, mit denen bilaterale Abkommen über die soziale Sicherheit sowohl im Bereich der Kranken- als auch der Pensionsversicherung  bestehen (Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Tunesien und die Türkei), erfassen.

Mit dieser Maßnahme soll dem Umstand, dass den Krankenkassen auch auf diesem Wege Beitragsleistungen in nicht unwesentlicher Höhe verlorengingen, begegnet werden. Vor allem die Vorarlberger Gebietskrankenkasse ist infolge der hohen Zahl an Grenzgängern und Pensionsbeziehern aus dem Ausland von derartigen Fällen besonders stark betroffen.

Zum Inhalt der neu geschaffenen Beitragseinhebungsregelungen (§§ 73a ASVG, 29a GSVG, 26a BSVG und 22b B-KUVG):

Durch die Neuregelung sollen nur mit inländischen Pensionsleistungen vergleichbare ausländische Leistungen erfasst und diesen gleichgestellt werden.

Abs. 1 normiert, dass Krankenversicherungsbeiträge von ausländischen Renten nur dann einhebbar sind, wenn Krankenversicherungsleistungen an die Bezieher ausländischer Renten gewährt werden. Der Beitragseinhebung muss also eine (Sach)Leistungserbringung gegenüberstehen, deren Kosten von einem österreichischen Krankenversicherungsträger zu tragen sind.

In Abs. 2 wird die Vorgangsweise für den Fall festgelegt, dass bei Bezug einer in- und ausländischen Pensions-/Rentenleistung die Höhe der inländischen Pensionsleistung zur Deckung des für die ausländische Rente zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrages (in der Höhe von 5,1 % nach §§ 73 Abs. 1 und 1a ASVG, 29 Abs. 1 und 1a GSVG, 26 Abs. 1 und 1a BSVG und 4,65 % als Dienstnehmeranteil nach § 20 Abs. 1 und 2 iVm 22 Abs. 1 B-KUVG)  ausreicht. Diesfalls ist der für die ausländische Rente zu entrichtende Krankenversicherungsbeitrag vom die inländische Pension auszahlenden Pensionsversicherungsträger einzubehalten und - nach ASVG - an den zuständigen Krankenversicherungsträger abzuführen.

Abs. 3 legt fest, dass im Falle des Bezuges einer in- und ausländischen Pensions-/Rentenleistung die Höhe der inländischen Pension zur Deckung des für die ausländische Rente zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrages nicht ausreicht. Diesbezüglich - davon ausgenommen sind nur vom Geltungsbereich der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 erfasste ausländische Renten - ist dem/der Versicherten der restliche Krankenversicherungsbeitrag vom Krankenversicherungsträger vorzuschreiben. Den Pensionsversicherungsträger (ASVG) oder die die inländische Pensionsleistung auszahlende Stelle (B-KUVG) trifft die Verpflichtung, dem Krankenversicherungsträger aus dem ihm vorliegenden Informationen mitzuteilen,  dass eine ausländische Rentenleistung bezogen wird.

Abs. 4 trifft Regelungen für den Fall, dass neben der ausländischen Rentenleistung keine inländische Pension bezogen wird (zB dann, wenn neben dem Bezug einer ausländischen Rente im Inland noch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird). Diesfalls ist der Krankenversicherungsträger zur Vorschreibung des von der ausländischen Rente zu entrichtenden Krankenversicherungsbeitrages sowie zu dessen Einhebung verpflichtet. Die angeführte Mitteilungsverpflichtung besteht auch hier.

Im Zusammenhang mit den getroffenen Neuregelungen werden auch die nach den §§ 43 ASVG, 22 GSVG, 20 BSVG und 17 B-KUVG bestehenden Auskunftspflichten der Versicherten erweitert. Die Versicherten sind dazu verpflichtet, den Versicherungsträgern Auskünfte über alle für die Beitragspflicht (ASVG, B-KUVG) bzw. die Einhebung der Krankenversicherungsbeiträge von ausländischen Renten (GSVG, BSVG) maßgebenden Umstände Auskünfte zu erteilen.

Die Bezieher/innen beitragspflichtiger ausländischer Rentenleistungen schulden die von der ausländischen Rente zu entrichtenden, vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge selbst und haben diese selbst einzuzahlen.

Durch § 459g ASVG und Parallelbestimmungen werden Regelungen hinsichtlich der Mitwirkung der Abgabenbehörden des Bundes bei Bezug ausländischer Renten getroffen:

Die österreichischen Sozialversicherungsträger verfügen nur sehr eingeschränkt über Informationen über die in Betracht kommenden Rentenbezüge - und zwar nur in jenen Fällen, in denen dies für die Leistung von Ausgleichszulagen relevant war. War dies nicht der Fall, wurden bisher - mangels Bedarfes - keine Aufzeichnungen darüber geführt. Da die Tatsache, dass eine Erwerbstätigkeit im Ausland vorlag, jedoch auch steuerlich relevant sein kann, könnten entsprechende Aufzeichnungen bei der Finanzverwaltung vorhanden sein, die in Hinkunft auch der Sozialversicherung zur Verfügung stehen sollen. Damit können auch Parallelerhebungen vermieden werden.

Die Abgabenbehörden des Bundes haben den Sozialversicherungsträgern zu Personen, die gegenwärtig ausländische Renten beziehen oder solche in der Vergangenheit bezogen haben und die Anspruch auf Leistungen eines Krankenversicherungsträgers haben, neben den persönlichen Daten (Abs. 1 Z 1) auch Daten über die Art und die Höhe ausländischer Rentenbezüge (Abs. 1 Z 2) zu übermitteln. Abs. 2 trifft Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit der Verwendung der übermittelten Daten. Das Übermittlungsverfahren und der Zeitpunkt der erstmaligen Datenübermittlung sind vom Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz unter Berücksichtigung der technisch-organisatorischen Möglichkeiten einvernehmlich festzulegen.

Zu Art. 1 Z 9 und 10 (§ 347 Abs. 1 und 2 ASVG):

Durch das Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung, BGBl. I Nr. 61/2010, wurde vorgesehen, dass die nach § 344 ASVG eingerichtete paritätische Schiedskommission ab 1. September 2010 einen/eine Richter/Richterin des Ruhestandes als Vorsitzenden hat. Nunmehr soll für die/den Vorsitzende/n ebenso wie für die Vorsitzenden der anderen Kommissionen eine Entschädigung vorgesehen werden, die vom Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit festzusetzen ist. Die Kosten sind nach § 347 Abs. 7 ASVG zur Hälfte von der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessensvertretung und dem beteiligten Versicherungsträger zu tragen.

Gleichzeitig sollen durch die Änderung des § 347 Abs. 1 ASVG die Mitglieder und die/der Vorsitzende der paritätischen Schiedskommission ebenfalls Stellvertreter/innen bekommen.

Zu Art. 2 Z 6, Art. 3 Z 5 und Art. 4 Z 7 (§ 332 GSVG, 323 BSVG und 224 B‑KUVG):

Die Paragraphenbezeichnungen der Schlussbestimmungen zum GSVG, BSVG und B‑KUVG sind auf Grund weiterer, gleichzeitig zum Bundesgesetz zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung beschlossener Gesetze zu ändern.

Zu Art. 2 Z 1 (§ 14a Abs. 3 GSVG):

Erfahrungen der Praxis zeigen, dass Personen, die nach § 14b Abs. 1 Z 1 GSVG pflichtversichert waren, nunmehr noch eine Erwerbstätigkeit ausüben, bei deren Ausübung sie auf Grund eines Antrages ihrer gesetzlichen beruflichen Vertretung gemäß § 5 GSVG von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen sind, und die andere Erwerbstätigkeit, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG begründet hat, aufgegeben haben, nach ihrem Ausscheiden aus dieser Pflichtversicherung weder eine Selbstversicherung nach dem GSVG eingehen noch einer Krankenvorsorgeeinrichtung ihrer gesetzlichen Interessenvertretung beitreten. Die Neuregelung soll also die Einhaltung der Versicherungspflicht jener Freiberufler, deren Berufsgruppe von der Ausnahmemöglichkeit nach § 5 GSVG Gebrauch gemacht haben, verbessern.

Finanzielle Erläuterungen

Aus finanzieller Sicht sind folgende Maßnahmen hervorzuheben:

Zu Art. 1 Z 3 (§ 31a Abs. 4 Z 5 ASVG):

Der durch die Verwendung von Bestandteilen des ELSY für diese Zwecke entstehende Aufwand ist dem Hauptverband nach § 31a Abs. 4 letzter Satz ASVG jeweils nach Maßgabe einer vertraglichen Regelung zu vergüten.

Seitens der Sozialversicherung wurden für die Anwendung des Secure Token Systems für die elektronische epidemiologische Datenbank mit Entwicklungskosten von rd. 6 700 € und mit monatlichen laufenden Kosten in der Höhe von 333 € gerechnet.

Zu Art. 1 Z 4, 5, 6 und 11, Art. 2 Z 2, 3, 4 und 5, Art. 3 Z 1 bis 4 und Art. 4 Z 1 bis 6 (§§ 43 Abs. 1, 58 Abs. 2, 73a, 459g ASVG; §§ 22 Abs. 3, 29a, 35 Abs. 6 und 229f GSVG; 20 Abs. 7, 26a, 33 Abs. 3 und 217c BSVG; §§ 14 Abs. 1 und 2, 17 Abs. 1,  22b, 23 Abs. 3und 159e B-KUVG):

Nach derzeitigen Schätzungen kann von über 100 000 Personen ausgegangen werden, die gleichzeitig eine Pension aus der österreichischen Sozialversicherung und eine Rente aus einem ausländischen Sozialversicherungssystem beziehen.

Laut der von der Auslandspensionsproblematik besonders stark betroffenen Vorarlberger Gebietskrankenkasse – rund 15 000 der 60 000 bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse versicherten Pensionisten und Pensionistinnen beziehen neben einer österreichischen Pension auch eine Pensions/Rentenleistung aus dem Ausland (http://www.ak-vorarlberg.at/online/grenzgaenger-54067.html) – entgehen dieser dadurch jährlich rund acht Millionen Euro.

Es liegen keine Zahlen vor, anhand derer eine Aussage darüber getroffen werden kann, in welchem Ausmaß die anderen Sozialversicherungsträger von der Auslandspensionsproblematik betroffen sind; angesichts der Zahlen der Vorarlberger Gebietskrankenkasse ist die Annahme von Mehreinnahmen im Ausmaß von zehn bis 15 Mio. € jährlich im gesamten Bundesgebiet jedoch als durchaus realistisch zu betrachten.