Vorblatt

1. Problem:

Die soziale Sicherheit von Personen und ihren Familienangehörigen, die ihr Erwerbsleben in Österreich und Moldau zurückgelegt haben oder die sich im anderen Staat vorübergehend aufhalten oder dort wohnen, ist allein auf Grund der jeweils national geltenden Bestimmungen nicht umfänglich gewährleistet.

2. Ziel:

Durch das vorliegende Abkommen mit Moldau wird ein weitestgehender Schutz im Bereich der Pensionsversicherung durch die Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Erwerb von Leistungsansprüchen, die Pensionsfeststellung entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten und den Leistungsexport sichergestellt.

3. Inhalt/Problemlösung:

Gewährung von Geldleistungen aus der Pensionsversicherung.

4. Alternativen:

Keine.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1 Finanzielle Auswirkungen:

Kosten von rund 138.800 Euro in der Pensionsversicherung in den ersten vier Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Abkommens.

5.2 Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch die Regelung der Beziehungen im Bereich der sozialen Sicherheit mit Moldau werden insbesondere auch Doppelversicherungen hinsichtlich derselben Erwerbstätigkeit verhindert und damit der Wirtschaftsstandort Österreich gefördert.

5.2.2. Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

5.2.3. Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

5.4. Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

5.5. Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die EU-Konformität ist gegeben. Im EU-Bereich stehen hinsichtlich der Abkommen über soziale Sicherheit mit Drittstaaten keine europarechtlichen Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben. Das vorliegende Abkommen entspricht aber den in diesem Bereich maßgebenden Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Auf Grund des historischen und geographischen Naheverhältnisses zwischen Rumänien und der Republik Moldau war es naheliegend, dass nach Abschluss der Verhandlungen mit Rumänien (noch vor dem EU-Beitritt am 1.7.2007) Kontakte hinsichtlich des möglichen Abschlusses eines Abkommens über soziale Sicherheit auch zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau aufgenommen wurden. Diesbezügliche Gespräche wurden im Juni 2010 begonnen und im Februar 2011 erfolgreich abgeschlossen. Der Entwurf des Abkommens bezieht sich auf die Bereiche der Pensionsversicherung und der anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit. Weitere Leistungsbereiche (Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung), die üblicherweise in den mit europäischen Staaten geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit enthalten sind, konnten im Verhältnis zur Republik Moldau auf deren ausdrücklichen Wunsch nicht einbezogen werden.

Der Abkommensentwurf entspricht in materiellrechtlicher Hinsicht den in den letzten Jahren mit Polen (BGBl. III Nr. 212/2000), Tschechien (BGBl. III Nr. 95/2001) und der Slowakei (BGBl. III Nr. 60/2003) geschlossenen Abkommen sowie insbesondere dem mit Rumänien (BGBl. III Nr. 147/2006).

Das Abkommen ist in fünf Abschnitte gegliedert:

Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen und legt im Wesentlichen den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen sowie die Gebietsgleichstellung hinsichtlich der Gewährung von Geldleistungen aus der Pensionsversicherung fest.

Abschnitt II sieht in Bezug auf die jeweils hinsichtlich der Versicherungspflicht anzuwendenden Rechtsvorschriften das Territorialitätsprinzip sowie Ausnahmen von diesem Grundsatz vor.

Abschnitt III enthält die besonderen Bestimmungen betreffend die Pensionsversicherung. Dabei erfolgt die Leistungsfeststellung unter Zusammenrechnung der in den beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten grundsätzlich entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten.

Abschnitt IV und V enthalten verschiedene Bestimmungen über die Durchführung und Anwendung des Abkommens sowie die erforderlichen Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Eine exakte Berechnung der finanziellen Auswirkungen des Abkommens ist insbesondere im Bereich der Pensionsversicherung mangels geeigneter Daten nicht möglich. Dies betrifft vor allem auch die mögliche Zahl jener Personen, die erst auf Grund des Abkommens einen Pensionsanspruch geltend machen können, denn nur bei diesem Personenkreis kann das Abkommen finanzielle Auswirkungen haben. Wegen der vergleichbaren Ausgangssituation mit dem Abkommen mit der Slowakei (siehe 971 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP), das noch vor deren EU-Beitritt geschlossen wurde, können die für dieses Abkommen ermittelten Auswirkungen als Ausgangsbasis herangezogen werden. Im Hinblick auf die zuletzt in Österreich beschäftigten rund 345 moldauischen Staatsbürger und die damals im Verhältnis zur Slowakei herangezogenen rund 5.000 beschäftigten slowakischen Staatsbürger allerdings nur zu 7 %.

Auch bei der Berechnung des Mehraufwandes aufgrund des Abkommens mit Moldau muss berücksichtigt werden, dass in vielen Fällen mit Erreichen des normalen Pensionsalters ein Anspruch auch ohne Abkommen bestehen würde. Ferner werden auch von Moldau nach Österreich Pensionen gezahlt werden. Durch die Überweisung dieser Leistungen nach Österreich reduzieren sich zum Teil die Ansprüche auf Ausgleichszulage bzw., soweit ohne Abkommen kein österreichischer Pensionsanspruch besteht, auf entsprechende Leistungen aus der Sozialhilfe der Bundesländer.

Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen kann daher im ersten Jahr nach dem In-Kraft-Treten des Abkommens mit Moldau mit ca. 7 Neuzugängen und in den folgenden drei Jahren mit durchschnittlich einem Neuzugang jährlich gerechnet werden (was 7 % der Slowakeifälle entspricht), wobei der Berechnung des sich daraus ergebenden Pensionsaufwandes und damit der finanziellen Auswirkungen auf den Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung eine zwischenstaatliche Durchschnittspension von 295 Euro und eine Aufwertung mit 1,02 pro Jahr zu Grunde gelegt werden kann.

Somit kann in den ersten vier Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Abkommens mit nachstehenden Auswirkungen auf den Sachaufwand des Bundes (in Euro) gerechnet werden:

 

 

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

insgesamt

Pensionen auf Grund des Abkommens

28.900

31.600

36.500

41.800

138.800

Zusammenfassend sieht der Abkommensentwurf vor:

                a) eine Rechtsgrundlage für die Beziehungen zwischen Österreich und Moldau im Bereich der Pensionsversicherung und der anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit

               b) Berechnung der österreichischen Leistungen, auf die nur unter Zusammenrechnung der Zeiten ein Anspruch besteht, unter Verweis auf die Leistungsberechnung nach dem europäischen Recht

                c) Aufnahme einer umfassenden Datenschutzregelung.

 

Im EU-Bereich stehen hinsichtlich der Abkommen über soziale Sicherheit mit Drittstaaten keine europarechtlichen Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben.

Besonderer Teil

Die einzelnen Bestimmungen des vorliegenden Abkommensentwurfs entsprechen im Wesentlichen dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien über soziale Sicherheit vom 28. Oktober 2005, BGBl. III Nr. 147/2006. Im Folgenden werden die Bestimmungen des Abkommensentwurfs den entsprechenden Bestimmungen des österreichisch-rumänischen Abkommens gegenübergestellt, gleichzeitig wird auf die wesentlichsten Unterschiede hingewiesen:

 

Art. 1 = Art. 1 (Begriffsbestimmungen):

Die österreichische und moldauische Seite kamen überein, die Einmalzahlungen als Kaufkraftausgleich nicht als Geldleistungen der Pensionsversicherung zu werten.

Art. 2 = Art. 2 (sachlicher Geltungsbereich):

Auf moldauischen Wunsch wurde nur die Pensionsversicherung und die Bestimmungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften in den sachlichen Geltungsbereich aufgenommen. Dies entspricht dem Umfang der Abkommen mit zB den USA (BGBl. Nr. 511/1991), Kanada (BGBl. 451/1987), Chile (BGBl. III Nr. 200/1999), der Republik Korea (BGBl. III Nr. 83/2010) und Uruguay (noch nicht in Kraft – 47 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP).

Art. 3 = Art. 3 (persönlicher Geltungsbereich)

Art. 4 = Art. 4 (Gleichbehandlung)

Art. 5 = Art. 5 (Aufhebung der Wohnortklausel):

Auf Grund der historischen Besonderheiten in der Ausgestaltung der moldauischen innerstaatlichen Alterssicherung werden die ergänzenden Zuschussleistungen und der Beamtensondersysteme der Republik Moldau vom Leistungsexport ausgenommen. In Bezug auf Österreich wird sich der Leistungsexport, so wie nach allen auf die Pensionsversicherung beschränkten Abkommen, nur auf Pensionen beschränken. Für andere Leistungen, zB Unfallrenten, muss daher weiterhin das maßgebende nationale Recht (zB § 89 ASVG) zur Anwendung gelangen, da die Republik Moldau auch in diesem Aspekt nicht weitere Bereiche einbeziehen wollte.

Art. 6 = Art. 6 (Allgemeine Regelung für die anzuwendenden Rechtsvorschriften)

Art. 7 = Art. 7 (Besondere Regelungen für die anzuwendenden Rechtsvorschriften)

Art. 8 = Art. 8 Abs. 1 (Diplomatische und konsularisches Hilfspersonal):

Die Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 wurde auf ausdrücklichen Wunsch der moldauischen Seite hinsichtlich des Wahlrechts für moldauische Staatsangehörige unilateral gehalten. Die Österreich betreffende Regelung entspricht hingegen den zuletzt unterzeichneten Abkommen über soziale Sicherheit wie zB dem Zweiten Zusatzabkommen mit Australien (noch nicht in Kraft – 609 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP) und den Abkommen mit der Republik Korea und Uruguay.

Art. 9 = Art. 9 (Ausnahmevereinbarungen)

Art. 10 = Art. 20 (Zusammenrechnung der Versicherungszeiten)

Art. 11 = Art. 21 (Versicherungszeit unter einem Jahr)

Art. 12 = Art. 22 (Feststellung der Leistungen)

Art. 13 = Art. 23 (Berechnung von österreichischen Teilleistungen):

Abweichend von Art. 23 des Abkommens mit Rumänien wurde folgende Neuerung eingeführt:

Art. 13 Abs. 1 enthält für die Berechnung der Leistungen, auf die nur unter Zusammenrechnung der Zeiten ein Anspruch besteht, einen Verweis auf die Leistungsberechnung nach dem europäischen Recht. Bisher unterschied sich die Berechnung nach den bilateralen Abkommen („Direktberechnung“ zB Abkommen mit Chile, BGBl. III Nr. 200/1999, Art. 11 und 12) von jener nach dem europäischen Recht. Nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, ABl. L 200 vom 7.6.2004, S. 1, ist grundsätzlich die Berechnung nach der pro-rata-temporis-Methode vorgesehen (Art. 52), wobei aber abweichend davon in etlichen Fällen auch eine Berechnung nur nach nationalem Recht möglich ist (Anhang VIII der Verordnung (EG) Nr. 883/2004). Durch die verpflichtende Einführung des elektronischen Datenaustausches für die Berechnung sämtlicher zwischenstaatlicher Pensionen in der EU (Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1) wurde von den Pensionsversicherungsträgern eine Vereinheitlichung der Berechnung sämtlicher zwischenstaatlicher Pensionen verlangt. Ein „Abschreiben“ aller Berechnungsregelungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist im Hinblick auf deren Umfang ausgeschlossen. Daher wurde nur ein Verweis auf die Berechnung nach europäischem Recht aufgenommen. Entsprechende Regelungen werden auch bei anderen neuen Abkommen über soziale Sicherheit bzw. bei der Revision bestehender Abkommen aufgenommen werden. Bei dieser Regelung ist ergänzend aber noch zu beachten, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht dynamische Verweisungen auf das europäische Recht zu vermeiden sind. Daher wird nicht auf die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 in der jeweils geltenden Fassung, sondern statisch auf diese Verordnung in jener Fassung, wie sie am 1.5.2010 in Kraft getreten ist, verwiesen. Neben der Vereinheitlichung der Berechnungsschritte für alle zwischenstaatlichen Fälle hat diese neue Regelung auch wesentliche Vorteile in anderen Bereichen, wie zB bei der Auskunftserteilung und Informationspolitik der Pensionsversicherungsträger. Allerdings ist auch zu betonen, dass diese Berechnung nach dem europäischen Recht nur in ganz wenigen Detailbereichen (zB bei Invaliditätsleistungen) zu anderen Ergebnissen als die bisher im bilateralen Bereich angewendete Direktberechnung führen wird.

Nur bei der Berechnung der österreichischen Pension unter Einbeziehung von Kindererziehungszeiten soll nach Art. 13 Abs. 2 nicht über das nationale österreichische Recht hinausgegangen werden (zB § 227a ASVG, wonach zB nur Zeiten der Kindererziehung im Inland berücksichtigt werden können). Die Ausdehnung auf solche ausländische Zeiten im Rahmen des europäischen Rechts (Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009) beruht auf dem in der EU geltenden Grundsatz der Freizügigkeit (zB EuGH in C-28/00, Kauer), der im Verhältnis zu bilateralen Abkommenspartnern nicht gleichermaßen gilt. Sollte daher eine Person, die von der Aufrechterhaltung der österreichischen Pensionsversicherung auch während einer Entsendung ins Ausland nach Art. 7 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens Gebrauch gemacht hat, während dieser Zeit ein Kind erziehen, so wird ebenso wie bei einer entsprechenden nationalen Entsendung nach § 3 Abs. 2 lit. d ASVG keine Kindererziehungszeit angerechnet.

Art. 14 = Art. 24 (Berechnung von moldauischen Teilleistungen).

Art. 15 bis 26 = Art. 27 bis 38 (Verschiedene Bestimmungen sowie Übergangs- und Schlussbestimmungen):

Diese Artikeln regeln die Durchführung des Abkommens und entsprechen praktisch wortgleich den entsprechenden Bestimmungen des Abkommens mit Rumänien.