Erläuterungen

Besonderer Teil

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivil- und Strafrechtswesen).

Die Kompetenz zur Regelung des Gerichtsgebührenrechts stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG bzw. § 7 Abs. 1 F-VG 1948, weil es sich dabei um eine Angelegenheit der Bundesfinanzen im Sinn der erstgenannten bzw. um  Bundesabgaben im Sinn der zweit genannten Bestimmung handelt.

Zu Art. X1 (Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes):

Zu Z 1 und 2 (§§ 93 und 98):

Gemäß § 93 Abs. 1 sind die bei den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Tätigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen erwachsenden Kosten, in denen ein Träger der Sozialversicherung Partei ist, von den Trägern der Sozialversicherung zu tragen; diese Kosten umfassen (insbesondere) die den Zeugen, Sachverständigen und Parteien sowie den fachkundigen Laienrichtern zu leistenden Gebühren bzw. Entschädigungen. § 93 Abs. 2 sieht ergänzend vor, dass diese Kosten dem Bund durch Zahlung an die Bundesministerin für Justiz zu ersetzen sind. Zur Begleichung dieser Zahlungspflicht hat der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger an die Bundesministerin für Justiz einen jährlichen Pauschalbetrag zu zahlen; dieser Pauschalbetrag ist jeweils für das laufende Jahr durch Zahlungen von jeweils der Hälfte dieses Betrages am 1. April und am 1. Oktober dieses Jahres zu entrichten. Das Gerichtliche Einbringungsgesetz ist nicht anzuwenden.

Dieser im Gesetz festgelegte Pauschalbetrag wurde in regelmäßigen Abständen angehoben. Der Pauschalbetrag setzt sich zusammen aus Ausgaben für Sachverständige, Dolmetscher, Zeugen, fachkundige Laienrichter und Versicherte und aus anteiligen Personal- und Sachausgaben (s. u. a. 1421 BlgNR. 21. GP 32). Der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger an die Bundesministerin für Justiz jährlich zu bezahlende Pauschalbetrag wurde mit der Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 79/1998 mit 355 Millionen Schilling (ca. 26 Millionen Euro) festgelegt. Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 118/2002 wurde er auf 30,5 Millionen Euro angehoben. Zuletzt wurde dieser Pauschalbetrag mit dem Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 (BGBl. I Nr. 104/2006) auf 41 Millionen Euro angehoben.

Grund für die Anhebungen war jeweils ein Anstieg der ersatzpflichtigen Entschädigungen nach dem ASGG für Sachverständige, Dolmetscher, Zeugen, fachkundige Laienrichter und Versicherte. Bei den Neufestsetzungen wurden neben den Ausgaben für Sachverständige, Dolmetscher, Zeugen, fachkundige Laienrichter und Versicherte auch jeweils anteilige Personal- und Sachausgaben mitgerechnet (s. u. a. 1421 BlgNr 21. GP 32).

Die in den letzten Jahren vorgenommenen mehrmaligen Erhöhungen des Pauschalbetrages stellen die Sinnhaftigkeit der Festlegung dieses Pauschalbetrages durch Gesetz in Frage. Bei Änderungen in derart kurzen Abständen verliert diese Art der Festsetzung ihren Sinn und Zweck. Deshalb soll nun vorgesehen werden, dass die Kosten nach § 93 Abs. 1 dem Bund vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger durch Zahlung an die Bundesministerin für Justiz wie folgt zu ersetzen sind: am 1. April die Hälfte der Vorjahreszahlung und am 1. Oktober die Hälfte der Vorjahreszahlung unter Berücksichtigung der Differenz zwischen der Vorjahreszahlung und dem tatsächlichem Aufwand des Vorjahres. Das Gerichtliche Einbringungsgesetz soll nach wie vor nicht anzuwenden sein.

Es sollen daher grundsätzlich jene Kosten ersetzt werden, die dem Bundesministerium für Justiz im jeweiligen Jahr entstanden sind.

Derzeit beträgt der auf Grund des § 93 Abs. 2 zu bezahlende Gesamtbetrag des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger 41 Millionen Euro. Dieser Betrag ist nicht mehr kostendeckend, weil die Ausgaben der Justiz für 2008 für Entschädigungen nach dem ASGG 44,8 Millionen Euro, für 2009 49,8 Millionen Euro und für 2010 52 Millionen Euro betragen haben. Dies ist auf die Erhöhung der Tarifsätze um 17 % durch die Verordnung über die Festsetzung eines Zuschlags zu den im Gebührenanspruchsgesetz angeführten festen Beträgen und eine Anfallssteigerung im ASGG-Bereich um rund 10 % seit dem Frühjahr 2008 zurückzuführen.

Das ergibt allein für die zu ersetzenden Gebühren und Entschädigungen einen Mehrbedarf von ca. 4 Millionen Euro für 2008, ca. 9 Millionen Euro für 2009 und ca. 11 Millionen Euro für 2010. Für das Jahr 2011 werden Ausgaben in Höhe von 53 Millionen Euro erwartet. Die Übergangsregelung sieht für die Jahre 2008 bis 2011 daher die Nachzahlung eines pauschalierten Zusatzbetrages von 36 Millionen Euro und eine am 1. April 2012 zu leistende Zahlung für 2012 in Höhe von 26,5 Millionen Euro (die Hälfte der für das „Vorjahr“ 2011 veranschlagten Kosten von 53 Millionen Euro) vor.

Zu Art. X2 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes):

Zu Z 1 bis 6 (§ 6a, § 31a, TP 9 Anm. 17, TP 10 Anm. 23, TP 14 Anm. 6 und TP 15 Anm. 8):

Der geltende § 31a Abs. 1 regelt die Valorisierung der Gebührenbeträge aufgrund der Veränderung des VPI und enthält eine Rundungsregel für die errechneten Beträge. Eine Anpassung der in diesem Bundesgesetz und dessen Tarif angeführten festen Gebühren hat zu erfolgen, soweit und sobald sich die der letzten Festsetzung zugrunde gelegte Indexzahl um mehr als 5 vH geändert hat. Aufgrund dieser Wertschwelle und der vorgesehenen Rundung erfolgt eine Wertanpassung im geltenden Recht nur bei Gebührenbeträgen über 10 Euro. Darunter liegende Beträge unterliegen nach dieser allgemeinen Rundungsregel keiner Wertanpassung. In den Anmerkungen zu einigen Tarifposten finden sich aber eigene Rundungsregelungen, die auch kleinere Gebührenbeträge erfassen.

Um mehr Klarheit zu erreichen und die Auffindbarkeit zu erleichtern, sollen mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf sämtliche Valorisierungsregeln in § 31a Abs. 1 zusammengefasst und eine gebührenschonendere Rundungsregelung für Kleinbeträge vorgesehen werden. Dabei soll bei allen Beträgen bis einschließlich 5 Euro eine auf einen Cent genaue Rundung erfolgen, Beträge zwischen 5 und 15 Euro sollen auf die nächsten vollen 10 Cent und darüber liegende Beträge auf den nächsten vollen Euro jeweils kaufmännisch auf- oder abgerundet werden. Die Ausnahme der in § 6a Abs. 1 enthaltenen Gebührenbeträge ist daher nicht mehr erforderlich.

Die in den Anmerkungen zu den einzelnen Tarifposten, die Gebührenbeträge unter 10 Euro enthalten, vorgesehenen Rundungsregeln sollen zu Gunsten von allgemeinen kaufmännischen Rundungsregelungen, die auch ein Abrunden erlauben, entfallen.

Zu Z 6 (TP 15 Anm. 6):

Die Anfertigung von Aktenablichtungen, -abschriften und sonstigen Kopien ist für das Gericht mit erheblichem Aufwand verbunden. Der Aufwand ergibt sich aus den Kosten zur Beurteilung der Zulässigkeit der Einsicht und Herstellung von Ablichtungen, den Kosten für die Beischaffung und Rückschaffung der Akten sowie den Kosten für die Überwachung der Akteneinsicht und des Kopiervorgangs einschließlich der Nachkontrolle auf Vollständigkeit, Unversehrtheit und richtige Einordnung aller Aktenbestandteile sowie dem Haftungsrisiko. Dieser Aufwand entsteht für das Gericht daher unabhängig davon, ob die Kopien oder Ablichtungen selbst angefertigt oder vom Gericht hergestellt werden. Werden Kopien von Mitarbeitern der Gerichte oder Staatsanwaltschaften hergestellt, fällt für die Herstellung der Kopien zusätzlicher Personal- und Sachaufwand an.

Ungeachtet dieses Aufwands sollen die für die Anfertigung von Kopien und Ablichtungen zu entrichtenden Gebühren auf 60 Cent für vom Gericht hergestellte bzw. 30 Cent für von der Partei selbst hergestellte Kopien und Ablichtungen aus sozialen Gründen gesenkt werden, zumal die bisherige Höhe dieser Gebühren sowohl in der rechtssuchenden Bevölkerung als auch bei Parteienvertretern auf Unverständnis und erhebliche Kritik gestoßen ist. Die Gebühren für Auszüge aus öffentlichen Büchern und Registern sowie Abschriften aus der Urkundensammlung bleiben davon unberührt.

Zu Z 7 (Art. VI Z 45):

Bei der Valorisierung soll durch eine Sonderregel dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es sich bei dem mit dem GesRÄG 2011 neu geschaffenen Gebührentatbestand der Tarifpost 14 Z 12 um eine Jahresgebühr handelt, die im Zuge der Neufestsetzung nicht unterjährig eine Erhöhung erfahren soll. Die Wirksamkeit der Neufestsetzung dieses Gebührenbetrages soll daher auf den Beginn des folgenden Kalenderjahres hinausgeschoben werden. Gleichzeitig soll zur Wahrung des Gleichklangs mit den in den Tarifposten 10 I lit. b Z 13 und 14 Z 6 enthaltenen Gebührenbeträgen, an denen sich die Gebühren des GesRÄG 2011 orientierten, vorgesehen werden, dass die erstmalige Neufestsetzung der mit dem GesRÄG 2011 eingeführten Gebühren erst gemeinsam mit der nächsten Neufestsetzung aller Gebühren und Beträge des GGG erfolgen soll.