Vorblatt

Problem

Die Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (die die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie aus dem Jahr 2000 ersetzte) muss bis 16. März 2013 umgesetzt werden. In sachlichem Zusammenhang mit dem Fragenkreis des Zahlungsverzugs zeigt sich auch die Notwendigkeit, in der österreichischen Rechtsordnung durch eine gesetzliche Regelung auf das EuGH-Urteil vom 3.4.2008, C-306/06, 01051 Telecom/Deutsche Telekom, Slg 2008, I-1923, über die Rechtzeitigkeit von Zahlungseingängen im bargeldlosen Überweisungsverkehr Bedacht zu nehmen.

 

Ziele und Inhalte des Entwurfs

Die Inhalte der Zahlungsverzugsrichtlinie sollen – soweit ihnen die im ABGB getroffenen Regelungen zur Umsetzung der früheren Richtlinie (§ 1334) nicht ohnehin noch entsprechen – in einem neuen Abschnitt des Vierten Buchs des Unternehmensgesetzbuchs umgesetzt werden. Korrespondierend dazu ist hinsichtlich des Verzugszinssatzes eine Anpassung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes vorzunehmen. Und schließlich wird im allgemeinen Vertragsrecht des ABGB eine gänzlich neue Gesetzesbestimmung über die Geldschuld und ihre Erfüllung – insbesondere im bargeldlosen Zahlungsverkehr – eingefügt, die von der oben genannten EuGH-Entscheidung inspiriert wurde.

 

Alternativen

Zur Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie besteht keine Alternative. Grundsätzlich wäre es denkbar, die nur für Unternehmen und „öffentliche Stellen“ geltenden Richtlinienregelungen im Rahmen der Umsetzung in das allgemeine Zivilrecht des ABGB zu übernehmen und dadurch auch auf Unternehmer-Verbraucher-Geschäfte sowie auf Verträge zwischen Nichtunternehmern zu erstrecken. Davon wurde jedoch zum Teil aus verbraucher- und sozialpolitischen Erwägungen, zum Teil aber auch wegen eines bestehenden Spannungsverhältnisses zwischen den Richtlinienregelungen und allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen abgesehen.

 

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die öffentlichen Haushalte werden durch das Vorhaben nicht belastet, zumal schon auf Grund der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Hand bereits bisher ihre Zahlungspflichten ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt hat. Auch eine Mehrbelastung der Gerichte ist durch die Umsetzung der Richtlinie nicht zu erwarten, weil nach den Erfahrungen aus der Praxis nicht damit zu rechnen ist, dass in einem relevanten Ausmaß gesonderte, von der Geltendmachung der Hauptforderung losgelöste Rechtsstreitigkeiten über Verzugsfolgen geführt werden.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Bei den umzusetzenden Regelungen handelt es sich um Maßnahmen, die die Zahlungsmoral im unternehmerischen Verkehr fördern sollen. Dies wird wegen der dadurch zu erwartenden Verbesserung der Liquidität von Unternehmen dem Wirtschaftsstandort zugute kommen.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für BürgerInnen und Unternehmen

Der Entwurf sieht weder für Unternehmen noch für BürgerInnen Informationspflichten vor.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen betreffen mit Ausnahme der Klarstellung zur Rechtzeitigkeit von Zahlungen im bargeldlosen Überweisungsverkehr nur den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Auch die genannte Klarstellung ist – im Zusammenhalt mit der Neuregelung im Zahlungsdienstegesetz über die Abwicklung von Banküberweisungen innerhalb eines Tages – verbraucherpolitisch neutral.

- Geschlechtspezifische Auswirkungen

Keine.

 

Aspekte der Deregulierung

Keine.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Mit Ausnahme der Neuerung im ABGB dienen die vorgeschlagenen Regelungen der innerstaatlichen Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU und sind somit unionsrechtskonform. Soweit durch die neue Bestimmung im ABGB Rechtsverhältnisse mitgeregelt werden, die nicht der Zahlungsverzugsrichtlinie unterliegen, handelt es sich um einen nicht harmonisierten Regelungsbereich.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Allgemeiner Teil

 

A. Die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich

Schon die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG hatte zum Ziel, den Belastungen, die Unternehmen durch übermäßig lange Zahlungsfristen und durch Zahlungsverzögerungen entstehen, durch abschreckende Rechtsfolgen von Zahlungsverzug entgegenzuwirken. Im Besonderen lag der Fokus der alten Richtlinie auf kleinen und mittleren Unternehmen, die auf Grund ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit im Verhältnis zu Großunternehmen oder auch im Verhältnis zur öffentlichen Hand häufig mit einer sehr nachteiligen Vertragsgestaltung sowie mit Zahlungsverzögerungen konfrontiert waren. Schon die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie galt nur für Geldforderungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen über die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen.

Diese Richtlinie wurde in Österreich durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 118/2002, umgesetzt. Mit diesem Bundesgesetz wurden das ABGB, das damalige HGB, das Aktiengesetz 1965 und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert und eine eigene Verbandsklage gegen grob nachteilige Zahlungsbedingungen geschaffen. Im Konkreten wurden im ABGB ein neuer § 1000 mit Regelungen über Zinsen und Zinseszinsen (der in dieser Fassung auch heute noch in Geltung steht) eingefügt und die §§ 1333 bis 1335 ABGB (mit Regelungen über die Verzögerung der Zahlung und deren Folgen) neu gefasst; die Änderung des damaligen Handelsgesetzbuchs beschränkte sich auf einen Verweis auf die geänderten Bestimmungen über die Zinsen im ABGB. Später wurde im Zuge der Handelsrechtsreform (BGBl. I Nr. 120/2005) die bis dahin in § 1333 Abs. 2 ABGB aF statuierte Regelung über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen in § 352 UGB transferiert.

 

B. Zielsetzung, Neuerungen und sonstige Inhalte der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU

1. Im April 2009 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie vor. Nach intensiven Verhandlungen darüber wurde schließlich die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verabschiedet und am 23.2.2011 unter L 48 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

2. Grundanliegen der Richtlinienneufassung war es, das Instrumentarium zur Bekämpfung von Zahlungsverzug auszubauen und zu verschärfen und dabei im besonderen Maße die „öffentlichen Stellen“ in die Pflicht zu nehmen. Mit dieser Verschärfung solle ein „durchgreifender Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung“ (Erwägungsgrund 12) erreicht werden. Dabei sei es angebracht, „spezielle Vorschriften für Geschäftsvorgänge einzuführen, bei denen Unternehmen öffentlichen Stellen Waren liefern und Dienstleistungen für sie erbringen“, weil solche öffentliche Stellen „mit sichereren, berechenbareren und beständigeren Einkünften als Unternehmen rechnen“ könnten und „Finanzmittel zu günstigeren Bedingungen“ als Unternehmen erhielten (Erwägungsgrund 23). Deshalb, wohl aber auch wegen der besonders großen „Vertragsmacht“, die öffentlichen Stellen als Auftraggebern vor allem gegenüber kleineren und mittleren Unternehmen zukommt, werden sie von der Richtlinie bei der Frage der Zulässigkeit von Vereinbarungen über Zahlungsfristen strenger behandelt als unternehmerische Auftraggeber. Insofern versteht sich die neue Richtlinie als Teil des von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung vom 25.6.2008, KOM(2008) 394 endg., vorgestellten „Small Business Act“.

3. Um noch stärkere Anreize für eine bessere Zahlungsmoral zu bieten, wurden also gegenüber der Vorgängerrichtlinie die Rechtsfolgen für Zahlungsverzug verschärft. Im Einzelnen wurden nun eine pauschale Entschädigung für Betreibungskosten, eine nur ausnahmsweise überschreitbare Höchstgrenze für vertragliche Vereinbarungen über die Zahlungsfrist bei Unternehmern und eine absolute Höchstgrenze für solche Zahlungsfristvereinbarungen bei öffentlichen Stellen sowie eine zeitliche Beschränkung der zulässigen Dauer von Abnahme- und Überprüfungsverfahren vorgesehen. Überdies wurden die Regelungen über grob nachteilige Vertragsklauseln ausgeweitet und der Verzugszinssatz gegenüber der Vorgängerrichtlinie um einen Prozentpunkt erhöht. Ebenso wie ihre Vorgängerin enthält auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie Bestimmungen über eine Verbandsklage und eine Anordnung, wonach für unbestrittene Forderungen in der Regel innerhalb von 90 Kalendertagen ein vollstreckbarer Titel erwirkbar sein soll.

4. Auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie gilt nur für Geschäftsvorgänge entweder zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen über die entgeltliche Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen. Rechtsverhältnisse zwischen Nichtunternehmern oder zwischen Unternehmern und Verbrauchern fallen also nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Ebenso wenig werden außervertragliche Verbindlichkeiten erfasst. Wie schon ihre Vorgängerin sieht auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie bloß eine Mindestharmonisierung vor; die Mitgliedstaaten können also Vorschriften beibehalten oder erlassen, die für den Gläubiger günstiger sind als die Regelungen der Richtlinie (Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie).

5. Die neue Zahlungsverzugsrichtlinie wurde – wie schon erwähnt – am 23.2.2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und muss bis zum 16.3.2013 umgesetzt werden.

 

C. Für das Umsetzungsvorhaben wichtige Bestimmungen der Richtlinie

Im Folgenden sollen – lediglich übersichtsweise – die einzelnen Bestimmungen der Richtlinie aufgelistet werden, soweit sie für die Umsetzung in das österreichische Recht von Bedeutung sind. Im Einzelnen wird auf die Richtlinienvorgaben sodann im Besonderen Teil bei den jeweiligen Umsetzungsbestimmungen eingegangen:

- Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen (Artikel 1 und 2): Es geht um Geldforderungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr (s. zum Anwendungsbereich die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 455). Von der den Mitgliedstaaten in Artikel 1 Abs. 3 eingeräumten Möglichkeit zur Ausnahme von Schulden, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind, wird bei der österreichischen Umsetzung nicht Gebrauch gemacht. Zu den Begriffen „Geschäftsverkehr“ und „öffentliche Stelle“ siehe die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 455, zu den Termini „Zahlungsverzug“, „Verzugszinsen“, „gesetzlicher Zins bei Zahlungsverzug“ und „Bezugsszinssatz“ die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 456.

- Zahlungsfrist und Anspruch auf Verzugszinsen (Artikel 3 Absätze 1 bis 3 und 5, Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und 6): Siehe dazu die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 456 und § 457. Siehe Punkt D.3 zur Entbehrlichkeit einer Umsetzungsmaßnahme zu den Richtlinienregelungen, wonach der Anspruch auf Verzugszinsen keine Mahnung zur Voraussetzung hat.

- Zulässigkeit von Ratenvereinbarungen (Artikel 5): Siehe dazu die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 457 Abs. 2.

- Abnahme oder Überprüfungsverfahren (Artikel 3 Abs. 4, Artikel 4 Abs. 5): Die Dauer eines solchen Verfahrens darf grundsätzlich höchstens mit 30 Kalendertagen vertraglich festgelegt werden, mit einer längeren Frist nur, soweit dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist. Im Einzelnen sei dazu auf die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 458 verwiesen.

- Entschädigung für Betreibungskosten (Artikel 6): Die in Abs. 1 vorgesehene, vom Nachweis eines Schadens unabhängige Entschädigung in Gestalt eines Pauschalbetrags von zumindest 40 Euro ist eine gänzliche Neuerung gegenüber der früheren Richtlinie (s. dazu die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 459).

- Nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken (Artikel 7): In Erweiterung zur Vorgängerrichtlinie (vgl. deren Artikel 3 Abs. 3) wird nunmehr auch eine grob nachteilige „Praxis“ in die Regelung einbezogen. Auch werden Kriterien für die grobe Nachteiligkeit festgelegt und besondere Bestimmungen für einzelne Verzugsfolgen vorgesehen (s. dazu im Einzelnen die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 460).

- Verbandsklage (Artikel 7 Abs. 5): Siehe die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 461.

 

D. Grundüberlegungen zur Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie

1. Regelungsort

Da die Richtlinie nur den unternehmerischen Geschäftsverkehr betrifft, ist der richtige Ort für ihre Umsetzung im Unternehmensgesetzbuch zu finden. Soweit die Inhalte der neuen Richtlinie allerdings mit solchen Inhalten ihrer Vorgängerin übereinstimmen, die bei der seinerzeitigen Richtlinientransposition durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz im ABGB umgesetzt und dort auch im Weiteren belassen wurden, kann und soll es ohne Änderung bei diesen ABGB-Bestimmungen bleiben, zumal keine Korrektur der damaligen Entscheidung, diese Inhalte im allgemeinen Zivilrecht zu positivieren, nötig erscheint. Damit sind in erster Linie die Regelungen in § 1333 ABGB über die Betreibungskosten und in § 1334 ABGB über die Fälligkeit und damit den Beginn des Zinsenlaufs gemeint. Zu diesen Fragen kann es also auch im Licht des neuen Richtlinienrechts bei den damals geschaffenen Gesetzesbestimmungen bleiben.

Anders verhält es sich mit der Bestimmung des früheren § 1333 Abs. 2 ABGB über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen, die mit dem Handelsrechts-Änderungsgesetz in das UGB, nämlich in dessen § 352, transferiert und damit nur noch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr anwendbar gestaltet wurde. Diese nachträgliche Entscheidung, nämlich die Richtlinienregelung über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen entsprechend ihrem gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsbereich auch im innerstaatlichen Recht nur für Vertragsverhältnisse zwischen Unternehmern abzubilden, soll auch nunmehr aufrecht bleiben. Innerhalb des Unternehmensgesetzbuchs soll diese Regelung allerdings aus den sogleich zu besprechenden Gründen nach hinten verschoben werden.

Für die Umgießung derjenigen Inhalte der neuen Richtlinie in das innerstaatliche Recht, die über den Regelungskreis der früheren Richtlinie hinausgehen und daher auch zusätzliche Bestimmungen in der österreichischen Rechtsordnung erfordern, wurden ursprünglich – neben der dann notwendigen Anpassung des § 352 UGB – die durch die seinerzeitige Aufhebung der §§ 358 ff UGB entstandenen „Leerstellen“ im Ersten Abschnitt des Vierten Buchs ins Auge gefasst. In der Folge wurde jedoch entschieden, diese neuen Bestimmungen nicht hier unter den allgemeinen Vorschriften einzufügen, sondern dafür einen eigenen, neuen Abschnitt im Vierten Buch des UGB vorzusehen. Grundsätzlich ist zwar das Vierte Buch dafür durchaus der richtige Regelungsort, zumal ja die Richtlinie die Folgen von Zahlungsverzug bei unternehmensbezogenen Geschäften behandelt. Doch geht der persönliche Geltungsbereich dieser neuen Bestimmungen über jenen hinaus, der für das Vierte Buch des UGB in
§ 343 leg. cit. angeordnet ist. Demnach ist nämlich das Vierte Buch auf Unternehmer sowie auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden. Die „öffentlichen Stellen“ im Sinn der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie überschreiten aber diesen Kreis von Rechtssubjekten; der zur vollständigen Richtlinienumsetzung zu ziehende Geltungsbereich ist somit weiter als jener des Vierten Buchs. Deshalb ist es regelungstechnisch angebracht, dieser Richtlinienumsetzung einen eigenen Abschnitt zu widmen, in dem einleitend klargestellt wird, dass für diesen ein besonderer, erweiterter Geltungskreis zum Tragen kommt (terminologisch wird dies durch den Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ zum Ausdruck gebracht). Hinzu kommt ein Weiteres: Die neu einzufügenden Bestimmungen sind verhältnismäßig umfangreich; sie würden sich auch systematisch nicht besonders gut in die Allgemeinen Vorschriften des Vierten Buchs einfügen. Aus all diesen Gründen wird dem Vierten Buch ein neuer, mit „Zahlungsverzug“ betitelter Achter Abschnitt angefügt, in den sämtliche neuen Umsetzungsbestimmungen zum Richtlinienrecht einschließlich jener über die Verbandsklage aufgenommen werden. Korrespondierend dazu ist die frühere „Artikel-Regelung“ über die Verbandsklage in Artikel V des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes aufzuheben.

Aus dem nun Gesagten ergibt sich ein „Verortungs-Splitting“ hinsichtlich der Betreibungskosten. Die grundsätzliche Ersatzfähigkeit dieser Kosten wurde bei der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie in § 1333 ABGB angesiedelt; und dabei soll es auch bleiben, zumal die seinerzeitige rechtspolitische Entscheidung über eine solche Regelung im allgemeinen materiellen Zivilrecht heute keiner Korrektur bedarf. Hingegen sollen die Anordnungen über einen vom Nachweis eines Schadens unabhängigen Pauschalbetrag für Betreibungskosten in Artikel 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie nur für den unternehmerischen Geschäftsverkehr umgesetzt werden; die Umsetzungsbestimmung dazu findet sich im neuen § 459 UGB. Eine Übernahme dieser Richtlinienbestimmung in das allgemeine Zivilrecht empfiehlt sich schon deshalb nicht, weil die Statuierung eines gesetzlichen Entschädigungsanspruchs in Gestalt eines von einem Schadensnachweis unabhängigen Pauschalersatzes mit den Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechts in Konflikt geriete (der Konventionalstrafe des § 1336 ABGB liegt ja eine vertragliche Vereinbarung zugrunde).

 

2. Grob nachteilige Vereinbarungen

Für die schon in der Zahlungsverzugsrichtlinie des Jahres 2000 statuierte Anordnung über die Unwirksamkeit grob nachteiliger Vereinbarungen wurde keine eigene Umsetzungsbestimmung geschaffen. In den Erläuterungen zum Zinsenrechts-Änderungsgesetz wurde das damit begründet, dass diese Richtlinienbestimmung ohnedies weitgehend dem § 879 Abs. 3 ABGB entspreche; grob nachteilige Vereinbarungen außerhalb von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern könnten nach § 879 Abs. 1 ABGB nichtig sein (vgl. näher RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 6, Punkt 3.b). Angesichts der nunmehrigen Konkretisierungen, die die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 zur groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln enthält, und angesichts der nunmehrigen Einbeziehung auch von „Praktiken“ kann die seinerzeitige Entscheidung über die Entbehrlichkeit einer eigenen Umsetzungsbestimmung freilich nicht mehr aufrecht erhalten werden. Deshalb wurde dazu nun in § 460 UGB eine spezifische Umsetzungsbestimmung geschaffen. Darin wird in durchaus bewusster Abgrenzung von § 879 Abs. 3 ABGB daran angeknüpft, dass eine Vertragsbestimmung oder Geschäftspraktik „grob nachteilig“ (und nicht etwa „gröblich benachteiligend“) ist. Einerseits gilt nämlich § 460 UGB nicht nur für solche Vertragsbestimmungen, die in AGB oder Vertragsformblättern enthalten sind, sondern auch für Vertragsbestimmungen in Einzelverträgen, und andererseits werden nun in Artikel 7 der neuen Richtlinie recht spezifische Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln über Zahlungsbedingungen und Verzugsfolgen vorgegeben, die auch in ähnlicher Konkretisierung ins innerstaatliche Recht übernommen werden müssen, sodass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Regelung des § 879 Abs. 3 ABGB dazu nicht mehr genügen kann.

 

3. Richtlinienregelungen, die – nach wie vor oder nunmehr – keiner gesonderten Umsetzung bedürfen

In einigen anderen Fragen können die bei der österreichischen Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie angestellten Überlegungen zur Eingrenzung des damaligen Gesetzesvorhabens uneingeschränkt übernommen und für die nunmehrige Umsetzungsaufgabe nutzbar gemacht werden. Dies gilt zum einen für das Unterbleiben der innerstaatlichen Statuierung einer (30-tägigen) Zahlungsfrist, wie dies sowohl nach der alten als auch nach der neuen Richtlinie möglich wäre. Dazu sei auf die damaligen Ausführungen über die in § 1334 ABGB aufgenommene Wendung „ohne unnötigen Aufschub“ (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 6, Punkt 3.a) verwiesen; darauf wird übrigens im Kontext der nun vorgeschlagenen neuen Bestimmung über die Rechtzeitigkeit einer Zahlung im Überweisungsverkehr noch zurückzukommen sein. Zum anderen trifft dies auch auf die damaligen Hinweise zur Entbehrlichkeit einer Umsetzungsregelung zur Richtlinienbestimmung zum Eigentumsvorbehalt sowie zur Richtlinienbestimmung über die Titelschaffung binnen 90 Tagen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 7, Punkte 3.c und 3.d) zu; wie damals bedarf es auch heute keiner gesonderten innerstaatlichen Gesetzgebungsschritte zu den Artikeln 9 und 10 der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie.

Die Richtlinienregelungen, wonach der Anspruch auf Verzugszinsen keine Mahnung zur Voraussetzung hat, bedürfen im österreichischen Recht im Hinblick auf den zur Transposition der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie neu gefassten § 1334 ABGB nunmehr keiner gesonderten Umsetzungsmaßnahme.

 

E. Entwurfbestimmungen außerhalb eines Umsetzungserfordernisses

1. Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung

Gemäß § 905 Abs. 2 ABGB hat bei Geldschulden der Schuldner die Geldzahlung im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz oder Niederlassung zu übermachen. Daraus leiten Doktrin und Judikatur eine Qualifikation von Geldschulden als sogenannte „qualifizierte Schickschulden“ ab: Die Gefahr- und Kostentragung für das „Übermachen“ geht zwar zu Lasten des Schuldners, Erfüllungsort bleibt jedoch weiterhin der Wohnsitz des Schuldners. Daraus wurde weiters gefolgert, dass Geldzahlungen, die durch Banküberweisung vorgenommen werden, bereits dann als rechtzeitig gelten, wenn der Schuldner seinem Bankinstitut fristgerecht den Überweisungsauftrag erteilt, dies unter der Voraussetzung, dass für die Durchführung des Überweisungsauftrags Deckung auf dem Konto des Schuldners besteht (3 Ob 86/84 EvBl 1985/27 = JBl 1986, 42 = SZ 57/160; 7 Ob 44/86 SZ 59/188 = RdW 1987, 231; 6 Ob 513/92 ecolex 1992, 696 = RdW 1992, 374; 6 Ob 218/09s ÖBA 2010/1628 = immolex 2010/88; ua; aus dem Schrifttum etwa Reischauer in Rummel, ABGB3 § 905 Rz 16).

Unvereinbar mit diesem bisher einhelligen österreichischen Meinungsstand hat der EuGH allerdings in einem Vorabentscheidungsverfahren zur früheren Zahlungsverzugsrichtlinie eine andere Auffassung zur Rechtzeitigkeit von Zahlungen im Überweisungsverkehr vertreten. In seinem Urteil vom 3.4.2008, C‑306/06, 01051 Telecom/Deutsche Telekom, Slg 2008, I-1923 = Zak 2008/238 = ÖBA 2008/29 (EuGH), hat er ausgesprochen, dass für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer solchen Banküberweisung auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu dem der Geldbetrag auf dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben ist. Für den Geltungsbereich der (bisherigen ebenso wie der neuen) Zahlungsverzugsrichtlinie wäre dieses europäische Erkenntnis von den österreichischen Gerichten auch ohne eine gesetzliche Neuregelung zu beachten, zumal eine Gesetzesbestimmung zu dieser Frage in der österreichischen Rechtsordnung bislang nicht existiert. Insofern wäre es grundsätzlich vertretbar, die Frage der Rechtzeitigkeit von Zahlungen im bargeldlosen Überweisungsverkehr auch weiterhin auf der Ebene des Gesetzesrechts ungeregelt zu lassen und sie damit der Lösung durch die Judikatur anheimzustellen. Es ist aber zweckmäßig, diese Frage durch eine explizite, dem genannten EuGH-Erkenntnis entsprechende Gesetzesbestimmung zu beantworten (so auch etwa Hawel, Rechtzeitigkeit von Banküberweisungen, RdW 2009, 189; Neumayer, Die Rechtzeitigkeit der Zahlung im bargeldlosen Überweisungsverkehr – Ein Überblick, Zak 2010, 31; ua). Und dabei ist es sachlich gerechtfertigt, eine solche klarstellende Bestimmung nicht nur eingeschränkt auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr (dies entspräche dem Anwendungskreis der Zahlungsverzugsrichtlinie) zu schaffen, sondern ganz allgemein für sämtliche Rechtsverhältnisse, bei denen ein Teil eine Geldzahlung schuldet. Es spricht nichts dagegen, eine solche Gesetzesregelung auch für den nichtunternehmerischen Bereich sowie für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis vorzusehen. Es scheint doch in allen erdenklichen Rechtssphären sachgerecht, dass der Gläubiger spätestens am Ende der für die Zahlung entweder vertraglich oder durch Gesetzesrecht vorgesehenen Zeitspanne durch Gutschrift und Wertstellung auf seinem Konto über den fraglichen Geldbetrag verfügen kann. Und auch unter Berücksichtigung der Interessen des Schuldners ist eine solche Regel jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes mit seinen Anordnungen über die hinsichtlich des Zeitablaufs bestehenden Pflichten von Zahlungsdienstleistern bei der Durchführung solcher Geldüberweisungen angemessen, weil dadurch für den Schuldner kalkulierbar wurde, wann er den Zahlungsauftrag bei seinem Bankinstitut einzureichen hat, damit der Betrag dem Gläubiger rechtzeitig gutgeschrieben wird.

In einem ersten Stadium der Entwurfarbeiten war demgemäß vorgesehen, in einem neu eingefügten § 1418a ABGB anzuordnen, dass für die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung durch Banküberweisung die Gutschrift und Wertstellung des geschuldeten Betrags auf dem Konto des Gläubigers maßgeblich sei. Diese Regelung hätte sich also ausschließlich mit der Rechtzeitigkeit von Geldzahlungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr befasst und sonstige Fragen der Geldschuld unberührt gelassen.

Im Weiteren wurden jedoch vertiefende Überlegungen zu diesem Regelungsvorhaben angestellt und dazu auch Rechtslehrer aus allen rechtswissenschaftlichen Fakultäten Österreichs beigezogen. Von diesen – namentlich ist hier Peter Bydlinski als Impulsgeber zu nennen – wurde der Vorschlag erstattet, dass sich der Gesetzgeber nicht nur auf das durch das erwähnte EuGH-Erkenntnis unmittelbar hervorgerufene Regelungsbedürfnis allein konzentrieren und sich nicht darauf beschränken solle, diesem Rechtsetzungsbedarf mit einem erweiterten Anwendungskreis Rechnung zu tragen. Die Wissenschafter meinten, es wäre durchaus angebracht und verdienstvoll, stattdessen einen etwas weiteren Ansatz zu wählen und die derzeit im Gesetzesrecht nur rudimentär behandelten und in der Doktrin nicht einheitlich beantworteten Fragen der Geldschuld in umfassenderer Weise zu regeln. Eine solche Neuregelung sei primär im allgemeinen Vertragsrecht zu platzieren; dabei müssten die Bestimmungen über den Ort, die Zeit und die Art der Erfüllung einer Geldschuld neu gefasst werden; ergänzend wären im Hauptstück über die Tilgung der Verbindlichkeiten entsprechende Verweise anzubringen, um die Neuerungen auch für gesetzliche Schuldverhältnisse anwendbar zu machen.

Diese weiter greifenden Vorschläge wurden in einer rechtswissenschaftlichen Expertenrunde diskutiert und schließlich im Entwurftext aufgegriffen. Systematisch wurde dazu in den Gesetzesbestimmungen der §§ 902 ff. ABGB über Zeit, Ort und Art der Erfüllung eine Umgruppierung dahin vorgenommen, dass nun sämtliche die Geldschuld betreffenden Regelungen am Ende dieser Normengruppe (also vor der Bestimmung des § 908 ABGB über das Angeld) konzentriert wurden. Die neue Zentralnorm für die Geldschuld im allgemeinen Vertragsrecht ist daher ein neu eingefügter § 907a ABGB; der bisherige § 905a über Geldschulden in ausländischer Währung wird diesem neuen Paragraphen als § 907b nachgestellt. Im neuen Kernparagraphen für die Geldschuld (also dem neuen § 907a) werden sämtliche Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts über die Erfüllung einer Geldschuld zusammengefasst; im Besonderen wird die bisherige Anordnung des § 905 Abs. 2 ABGB über die „Übermachung“ einer Geldzahlung zur Gänze durch diese neue Bestimmung ersetzt. Die in § 905 Abs. 1 zweiter Satz ABGB unter anderem enthaltene Regelung über die Geldsorten ist heute entbehrlich und kann ersatzlos entfallen. Parallel zu diesen Neuerungen im allgemeinen Vertragsrecht werden im 3. Hauptstück des Dritten Teils, also bei den Bestimmungen über die Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten, korrespondierende Verweisungsbestimmungen geschaffen, durch die gewährleistet wird, dass die im allgemeinen Vertragsrecht angesiedelten Neuerungen auch für Geldschulden zum Tragen kommen, die nicht auf einem Vertragsverhältnis beruhen.

Näheres zu all dem in den Ausführungen des Besonderen Teils zu den ABGB-Änderungen, insbesondere zu § 907a.

 

2. Sonstiges

Wie schon bei Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie ist auch nun die Zinsenregelung in § 49a ASGG an die entsprechende Umsetzungsregelung zur Richtlinie anzupassen (Artikel 3 des Gesetzesvorschlags).

Wenn im neuen Achten Abschnitt des Vierten Buchs des UGB eine neue Verbandsklagenbestimmung geschaffen wird (§ 461), hat die frühere Regelung in Artikel V des ZinsRÄG ausgedient und kann aufgehoben werden.

Die Erlassung des Zahlungsverzugsgesetzes wird zum Anlass genommen, eine andere zivilrechtliche Vorschrift mit Wurzeln im Unionsrecht, nämlich das Verbraucherkreditgesetz, an eine geringfügige Änderung des zugrunde liegenden Unionsrechtsakts (nämlich der Verbraucherkreditrichtlinie) anzupassen.

 

F. Alternativen

Dazu sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

G. Rahmenbedingungen der Rechtsetzung und Auswirkungen des Vorhabens

Zu diesen Fragenkreisen sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

H. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Besonderer Teil

 

Zu Artikel 1 (Änderung des ABGB)

Zu Z 1 (Änderung von § 905)

Da nun alle Regelungen zur Geldschuld im neuen § 907a (und dem inhaltlich unveränderten bisherigen § 905a, der nur hinter den neuen § 907a verschoben wird) zusammengefasst werden, ist § 905 um solche Regelungen zu entlasten, die sich auf die Geldschuld beziehen. Das betrifft in erster Linie den bisherigen § 905 Abs. 2 über die „Übermachung“ von Geldzahlungen, aber auch die Erwähnung der Geldsorten in § 905 Abs. 1 zweiter Satz.

 

Zu Z 2 und 3 (Verschiebung des bisherigen § 905a; Vorrücken des bisherigen § 905b)

Da die Regelungen zur Geldschuld nun schwerpunktmäßig im neuen § 907a zusammengefasst werden, muss zur Wahrung eines systematischen Zusammenhangs der bisherige § 905a über die Zahlung von in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschulden im Inland in den Regelungskontext mit dieser neuen Zentralnorm zur Geldschuld gestellt werden. Zu diesem Zweck wird diese Gesetzesbestimmung hinter den neuen § 907a verschoben (somit als neuer § 907b); der bisherige § 905b rückt damit an die frei werdende Stelle des § 905a vor.

 

Zu Z 4 (neuer § 907a)

1. Im neuen § 907a werden nun zusammengefasst die Regelungen über Zeit, Ort und Art der Erfüllung einer aus einem Vertragsverhältnis herrührenden Geldschuld getroffen. Abs. 1 der Gesetzesbestimmung behandelt einerseits die Modalität der Erfüllung und legt andererseits durch einen Verweis auf die allgemeine Regelung des § 905 Abs. 1 auch den Erfüllungsort fest. Abs. 2 befasst sich für die Erfüllungsmodalität der Banküberweisung mit der Frage der Erfüllungszeit, also der Fälligkeit, und trifft in seinem letzten Satz eine Anordnung über das Verzögerungs- und das Verlustrisiko bei dieser Art der Geldschulderfüllung.

2. Der erste Satz von Abs. 1 ordnet als dispositive Grundregel an, dass eine Geldschuld durch Barzahlung an dem nach § 905 Abs. 1 maßgeblichen Ort zu erfüllen ist. Es handelt sich dabei – wie bei allen Regelungen der §§ 902 ff. – um abdingbares Gesetzesrecht, dem vertragliche Vereinbarungen vorgehen. Dies gilt gleichermaßen für die Gesamtregelung des Abs. 1, sodass selbstverständlich auch andere Erfüllungsarten als Barzahlung oder Banküberweisung vereinbart werden können, wie beispielsweise Zahlung mittels Kreditkarte. Im Gesetzestext muss der dispositive Charakter der Regelung nicht eigens zum Ausdruck gebracht werden, weil die gesetzlichen Bestimmungen zum allgemeinen Vertragsrecht ja regelmäßig nicht ius cogens sind.

Hinsichtlich des Erfüllungsorts verweist § 907a Abs. 1 erster Satz auf § 905 Abs. 1. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass Erfüllungsort auch bei der Geldschuld der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners ist und dass es sich bei der Geldschuld grundsätzlich – nämlich bei der hier geregelten primären Erfüllungsart der Barzahlung – um eine Holschuld des Gläubigers handelt. Damit wird für diese Gelderfüllungsart der gleiche Rechtszustand hergestellt wie für die Erfüllung sonstiger Verbindlichkeiten.

3. a) Der zweite Satz des Abs. 1 räumt dem Gläubiger ein Gestaltungsrecht dahin ein, dass er vom Schuldner die Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung verlangen kann. Dieses Gestaltungsrecht besteht bereits von Gesetzes wegen, also auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung. Selbstverständlich muss der Gläubiger diesfalls dem Schuldner seine Bankverbindung und seine Kontonummer bekanntgeben, es sei denn, diese wären ihm etwa aus einer ständigen Geschäftsverbindung bereits bekannt. Die Wahlmöglichkeit des Gläubigers in Richtung Banküberweisung ist durchaus sachgerecht, zumal diese Art der Erfüllung für den Schuldner im Vergleich zur bisherigen Rechtslage, nämlich der „Übermachung“ im Sinn des § 905 Abs. 2 aF, die ohne Bekanntgabe eines Bankkontos des Gläubigers nur durch Postüberweisung geschehen könnte, erheblich kostengünstiger ist. Auch ist dafür nicht etwa vorausgesetzt, dass der Schuldner seinerseits über ein Bankkonto verfügt, zumal eine Geldüberweisung im Bankverkehr vom Schuldner auch ohne eigenes Konto bewerkstelligt werden kann.

b) Das Gestaltungsrecht des Gläubigers, statt „Barabholung“ Überweisung im Bankverkehr zu verlangen, ist zeitlich nicht etwa durch die Fälligkeit oder durch einen sonstigen Zeitpunkt begrenzt; das Wahlrecht des Gläubigers besteht also bis zur Erfüllung der Geldschuld.

c) Wenn der Gläubiger in Ausübung dieser Wahlmöglichkeit Banküberweisung verlangt, ändert sich dadurch am Erfüllungsort nichts; dieser bleibt also weiterhin der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners. Die Geldschuld hat hier ebenso wie nach früherem Recht den Charakter einer „qualifizierten Schickschuld“, doch tritt nun an die Stelle der „Übermachung“ die Überweisung.

4. Abs. 2 befasst sich sodann weitergehend mit der Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung und widmet sich dabei einerseits Aspekten der Fälligkeit und andererseits der Frage, welcher Vorgang bzw. Zustand für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Erfüllung maßgeblich ist; ergänzend wird eine klarstellende Abgrenzungsregelung im Zusammenhang mit der Frage getroffen, wer bei der Banküberweisung inwieweit das Verlust- und das Verzögerungsrisiko zu tragen hat. Alle diese Regelungen knüpfen daran an, dass der Schuldner die Geldverbindlichkeit durch Banküberweisung zu erfüllen hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erfüllungsart der Banküberweisung bereits von vornherein vertraglich vereinbart war oder ob der Gläubiger ohne solche Vereinbarung aufgrund seines bereits besprochenen Gestaltungsrechts nach Abs. 1 zweiter Satz im Nachhinein die Banküberweisung als Erfüllungsart wählt.

5. a) Im ersten Satz von Abs. 2 wird entsprechend dem in Punkt E.1 des Allgemeinen Teils angesprochenen EuGH-Urteils C‑306/06 angeordnet, dass der Schuldner bei Erfüllung durch Banküberweisung den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen hat, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann. Das bedeutet, dass der geschuldete Betrag spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt auf dem Gläubigerkonto gutgeschrieben und wertgestellt sein muss, sodass der Gläubiger etwa bei Abhebung dieses Betrages nicht ins Debet gerät. Im Allgemeinen Teil dieser Erläuterungen wurde ja bereits ausgeführt, dass nach bisherigem Meinungsstand für die Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung auf die Erteilung des Überweisungsauftrags an das eigene Bankinstitut abgestellt wurde, dass der EuGH für den Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie davon abweichend die Verfügbarkeit des Geldbetrags auf dem Gläubigerkonto für maßgebend hielt, dass im Hinblick darauf eine gesetzliche Klarstellung entsprechend diesem EuGH-Erkenntnis sinnvoll ist und dass eine derartige Neuregelung nicht nur für die von der Zahlungsverzugsrichtlinie erfassten Rechtsverhältnisse, sondern ganz allgemein statuiert werden sollte. Auf den letzteren Aspekt ist hier noch etwas näher einzugehen. Bis vor kurzem gab es im Bankrecht keine ganz konkrete Regelung darüber, innerhalb welcher Frist ein Bankinstitut einen ihm erteilten Überweisungsauftrag erfüllen muss. Daher war es bisher für den Schuldner einer Geldforderung auch nicht exakt einschätzbar, welche Zeitspanne er für die Durchführung eines Überweisungsauftrags einkalkulieren muss. Somit war es bisher nicht möglich, mit Sicherheit zu bestimmen, an welchem Tag dem Bankinstitut ein Überweisungsauftrag spätestens zu erteilen ist, damit der Überweisungsbetrag auf dem Konto des Gläubigers zu einem bestimmten Datum wertgestellt wird. Diese Unsicherheit hat nun jedenfalls im innerstaatlichen Überweisungsverkehr durch das Zahlungsdienstegesetz, BGBl. I Nr. 66/2009, ein Ende gefunden. Gemäß § 42 Abs. 1 ZaDiG hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers sicherzustellen, dass der Betrag dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Empfängers spätestens am Ende des dem Tag des Eingangszeitpunkts (gemeint: des Überweisungsauftrags) folgenden Geschäftstags gutgeschrieben wird; diese Frist verlängert sich für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge um einen weiteren Geschäftstag. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat den Betrag gemäß § 42 Abs. 2 ZaDiG unverzüglich nach Gutschrift auf seinem Konto auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers verfügbar zu machen und wertzustellen. Für grenzüberschreitende Zahlungsvorgänge gelten diese Bestimmungen allerdings nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. § 1 Abs. 4 Z 3 und 4 ZaDiG).

b) Im Hinblick auf diese neue, im Unionsrecht begründete Rechtslage fällt es nun auch leichter, in Abkehr vom bisherigen österreichischen Meinungsstand und entsprechend dem EuGH-Urteil C-306/06 für die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung durch Banküberweisung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Gläubiger über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann, und dadurch im bilateralen Verhältnis von Gläubiger und Schuldner die Verantwortung für die rechtzeitige Durchführung eines erteilten Überweisungsauftrags grundsätzlich – vorbehaltlich allerdings des später noch zu besprechenden dritten Satzes des Abs. 2 – dem Schuldner aufzubürden. Daher wird im ersten Satz des Abs. 2 die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung im bargeldlosen Zahlungsverkehr an jenen Zeitpunkt geknüpft, zu dem der Gläubiger über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann, dieser Betrag also auf seinem Konto valutarisch gutgeschrieben wurde.

6. a) Was aber gilt im Fall der – entweder ursprünglich vereinbarten oder im Nachhinein durch den Gläubiger verlangten – Banküberweisung als Erfüllungsart dann, wenn die Fälligkeit nicht schon im Vorhinein gesetzlich oder vertraglich bestimmt ist, sondern erst durch eines der in § 1334 zweiter und dritter Satz genannten Ereignisse ausgelöst wird, also entweder durch die vertragsgemäße Erbringung der Gegenleistung, durch die Abnahme oder Überprüfung der Gegenleistung, durch den Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung oder durch die gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung? Da die Zahlung im Überweisungsverkehr immer eine gewisse Zeit benötigt, ist eine zeitgleiche Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung mit dem Zeitpunkt etwa der Einmahnung nicht möglich. Daher muss für den Eintritt der Fälligkeit in diesen Fällen auch jene Zeitspanne berücksichtigt werden, die der Schuldner bei gesetzeskonformer Abwicklung eines – von ihm ohne unnötigen Aufschub (dazu sogleich in den folgenden Punkten) nach dem für die Fälligkeit maßgebenden Ereignis erteilten – Überweisungsauftrags benötigt, um die Gutschrift und Wertstellung des geschuldeten Betrags auf dem Bankkonto des Gläubigers zu bewerkstelligen.

b) In diesen Fällen sind zunächst die Gesetzesregelungen des § 904 und des § 1334 zu beachten, wonach die Zahlung ohne unnötigen Aufschub zu leisten ist. Um die allgemeine Anordnung der Erfüllung ohne unnötigen Aufschub für die Zahlung durch Banküberweisung in einen systematischen Einklang mit der nunmehrigen Gesetzesbestimmung zu bringen, wonach bei Fälligkeit der Betrag auf dem Gläubigerkonto valutarisch gutgeschrieben sein muss, bedarf es für die Banküberweisung einer eigenen Regelung, die auf die Besonderheiten der Schickschuld Bedacht nimmt. Diese Regelung wird im zweiten Satz des Abs. 2 getroffen. Wenn man den Gedanken des ersten Satzes, wonach das Geld bei Fälligkeit auf dem Gläubigerkonto „angekommen“ sein muss, auf diese Konstellation überträgt, müsste diese Anordnung etwa wie folgt lauten:

„Wenn die Fälligkeit nicht anderweitig bestimmt ist, tritt sie mit dem Ablauf jenes Zeitraums ab dem für sie maßgeblichen Umstand (§§ 904, 1334) ein, den der Schuldner bei Erteilung des Überweisungsauftrags ohne unnötigen Aufschub benötigt, um den geschuldeten Betrag dem Gläubiger auf dessen Konto zur Verfügung zu stellen.“

c) Eine solche Regelung brächte allerdings sowohl für die Vertragsparteien selbst als auch für die Gerichte, die allfällige Streitigkeiten über die Frage eines Verzugs zu entscheiden hätten, eine erhebliche Ungewissheit darüber mit sich, wie viele Tage etwa nach Einmahnung nun dem Schuldner im jeweiligen Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, um den Transfer des Geldbetrags auf das Gläubigerkonto zu bewerkstelligen. Das beginnt schon mit der Frage, welche Zeit dem Schuldner unter dem Aspekt der Vermeidung unnötigen Aufschubs zur Verfügung steht, um seiner Bank den Überweisungsauftrag zu erteilen. Sodann muss unter Berücksichtigung der Bestimmungen des ZaDiG und des BWG berechnet werden, welcher Zeitverlauf für die „Reise“ des Geldes auf das Gläubigerkonto nach den konkreten Gegebenheiten des Falles auch unter Berücksichtigung von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen bei gesetzeskonformer Abwicklung durch die beteiligten Bankinstitute zu veranschlagen ist. Das ist nicht nur kompliziert, sondern auch mit Unwägbarkeiten verbunden.

Im Hinblick darauf wurde aus der Richterschaft der Vorschlag erstattet, statt einer derartigen abstrakten Regelung eine konkret nach Tagen angegebene Frist in das Gesetz aufzunehmen, innerhalb derer der Betrag auf das Gläubigerkonto überwiesen sein muss. Dieser Vorschlag wurde aufgegriffen, um den Bedürfnissen der Rechtspraxis nach einer klaren, einfach handhabbaren und von den Gerichten leicht vollziehbaren Aussage des Gesetzes Rechnung zu tragen. Freilich kennt das ABGB bislang derartige gesetzliche Fristen im Vertragsrecht nicht. Dennoch ist bei einer Abwägung zwischen Rechtsklarheit und Praxistauglichkeit einerseits und einem allfälligen Spannungsverhältnis zu bisherigen Regelungstraditionen andererseits einer eindeutigen Anordnung durch Vorgabe einer nach Tagen bestimmten Zahlungsfrist der Vorzug zu geben. Deshalb wird im zweiten Satz des Abs. 2 für den Fall nicht anderweitig bestimmter Fälligkeit vorgesehen, dass der Schuldner den Betrag binnen zehn Tagen ab dem für die Fälligkeit gemäß §§ 904 und 1334 maßgeblichen Umstand auf dem Gläubigerkonto zur Verfügung zu stellen hat. Die Frist von zehn Tagen ist im Hinblick auf die bereits besprochenen Neuerungen im ZaDiG und im BWG durchaus ausreichend bemessen; sie beträgt auf der anderen Seite aber nur ein Drittel jener Zeitspanne, die die Zahlungsverzugsrichtlinie im unternehmerischen Geschäftsverkehr vorsieht. An Letzterem zeigt sich, dass mit einer Zahlungsfrist von zehn Tagen immer noch eine stringente und rasche Zahlungsabwicklung gewährleistet ist. Auch bei dieser 10-Tages-Frist handelt es sich um dispositives Gesetzesrecht; den Vertragsparteien steht es also frei, stattdessen etwa eine Zahlungsfrist von einer Woche oder von zwei Wochen ab Einmahnung oder Rechnungszugang (oder auch noch längere Zahlungszeiträume) zu vereinbaren.

7. a) Der dritte Satz des Abs. 2 widmet sich der Frage, wer die Gefahr für die „Reise des Geldes“ bei der Banküberweisung zu tragen hat. Die Gefahrtragungsproblematik hat hier zwei Aspekte, nämlich zum einen das Risiko des verspäteten Ankommens (Verzögerungsrisiko) und zum anderen jenes des gänzlich unterbleibenden Ankommens (Verlustrisiko). Nach herrschendem Meinungsstand zur bisherigen Rechtslage ist bei der Geldschuld der Zeitpunkt des Gefahrenübergangs bei diesen beiden Risiken unterschiedlich: Bei rechtzeitig erteiltem Überweisungsauftrag fallen nachfolgende Verzögerungen dem Gläubiger zur Last, während das Verlustrisiko während des gesamten Überweisungsvorgangs beim Schuldner liegt. Diese zeitliche Kluft soll mit der Neuregelung durch § 907a Abs. 2 dritter Satz geschlossen werden.

b) Der erste Halbsatz dieser Gesetzesstelle statuiert den Grundsatz, dass bei der Banküberweisung der Schuldner die Gefahr sowohl für die Verzögerung als auch für das Unterbleiben der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto zu tragen hat. Im zweiten Halbsatz wird dieser Grundsatz dahin eingeschränkt, dass diese Risiken den Schuldner insoweit nicht treffen, als die Ursache für die Verzögerung oder das Unterbleiben der Überweisung beim Bankinstitut des Gläubigers liegt. Der Schuldner muss also neben einer verspäteten Erteilung des Überweisungsauftrags auch für ein Fehlverhalten seines Bankinstituts, dessen er sich zur Durchführung der Überweisung bedient, sowie für das Fehlverhalten einer allenfalls eingeschalteten Zwischenbank einstehen. Wenn hingegen entweder eine Verzögerung im Bereich der Gläubigerbank eintritt oder die in Auftrag gegebene Überweisung aus Gründen im Bereich der Gläubigerbank (z. B. Insolvenz) scheitert, fällt dies dem Schuldner gemäß § 907a Abs. 2 dritter Satz zweiter Halbsatz nicht zur Last. Allerdings trägt der Schuldner die Beweislast dafür, dass eine Verzögerung oder ein Verlust nicht in dem ihm zuzurechnenden Bereich, sondern im Bereich der Gläubigerbank eingetreten ist.

c) Diese Konzeption (dass nämlich der Schuldner nicht für Fehlerquellen im Bereich der Gläubigerbank einzustehen hat) steht durchaus im Einklang mit dem EuGH-Erkenntnis C-306/06, zumal der EuGH darin nach Bezugnahme auf Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c sublit. ii der alten Zahlungsverzugsrichtlinie (wonach der Gläubiger dann keine Verzugszinsen geltend machen kann, wenn der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist) ausführt, dass der Schuldner für Verzögerungen nicht verantwortlich gemacht werden könne, die ihm nicht zugerechnet werden könnten (TZ 30). An der vom EuGH herangezogenen Unionsrechtslage hat sich im Übrigen auch durch die neue Richtlinie 2011/7/EU nichts geändert, weil auch darin angeordnet wird, dass die vorgesehenen Verzugsfolgen den Schuldner nicht treffen, wenn er für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b, Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b der neuen Richtlinie). In der schon genannten TZ 30 führt der EuGH weiter aus, dass Verzugszinsen dann nicht anfielen, wenn der Zahlungsverzug „nicht die Folge des Verhaltens eines Schuldners ist, der den üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen Rechnung getragen hat“. Dies ist wohl ohne weiteres so zu verstehen, dass dem Schuldner hinsichtlich eines Zahlungsverzugs ein Fehlverhalten der Gläubigerbank jedenfalls nicht zur Last gelegt werden kann.

8. a) Im Einzelnen bedeutet dies, dass das Verlustrisiko mit dem Eingang des Überweisungsbetrags bei der Gläubigerbank auf den Gläubiger der Geldschuld übergeht. Im Fall des Verlustes der Geldzahlung im Bereich der Gläubigerbank ist der Schuldner also von seiner Verbindlichkeit befreit, auch wenn der Geldbetrag letztlich dem Gläubiger nicht zugekommen ist.

b) Wenn bei einem – bei Zugrundelegung ordnungsgemäßer und daher unverzüglicher Abwicklung durch die beteiligten Banken – rechtzeitig erteilten Überweisungsauftrag und unverzüglicher Erledigung durch die Schuldnerbank eine Verzögerung der Finalisierung der Überweisung auf Seiten der Gläubigerbank vorfällt, so gerät der Schuldner dadurch nicht in Verzug, weil in diesem Fall die Erfüllungswirkung bereits mit dem Zeitpunkt eintritt, zu dem bei unverzüglicher Abwicklung auch seitens der Gläubigerbank der Geldbetrag auf dem Gläubigerkonto valutarisch gutgeschrieben worden wäre (und das wäre ja bei der geschilderten Sachverhaltskonstellation noch rechtzeitig bis zur Fälligkeit der Fall gewesen).

c) In diesem Kontext sei noch ein Hinweis darauf gegeben, wie die Rechtzeitigkeit der Erteilung eines Überweisungsauftrags zu beurteilen ist. Bei einem im Vorhinein bestimmten Zahlungstag hat der Schuldner den Überweisungsauftrag zu einem solchen Zeitpunkt zu erteilen, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen für die Abwicklung solcher Banküberweisungen (§ 42 ZaDiG, § 37 BWG) mit einer fristgerechten Gutschrift und Wertstellung des Betrags auf dem Gläubigerkonto gerechnet werden kann. Ist die Fälligkeit nicht im Vorhinein bestimmt, so ist vom Schuldner zu verlangen, den Überweisungsauftrag zu einem Zeitpunkt zu erteilen, dass – wiederum bei Zugrundelegung gesetzeskonformer Abwicklung – mit der Gutschrift und Wertstellung des Betrags auf dem Gläubigerkonto zum Ablauf der 10-tägigen Frist des § 907a Abs. 2 zweiter Satz ab dem für die Fälligkeit maßgeblichen Ereignis (z. B. Einmahnung oder Rechnungszugang) gerechnet werden kann.

Wenn der Schuldner die demnach einzukalkulierenden Zeiträume für die vollständige Durchführung des Überweisungsvorgangs bereits a priori nicht berücksichtigt und insofern den Überweisungsauftrag zu spät erteilt, gerät er mit Eintritt der entweder im Vorhinein bestimmten Fälligkeit oder mit Ablauf dieser 10-tägigen Frist in Verzug, weil zu diesem Zeitpunkt der Betrag ja noch nicht auf dem Gläubigerkonto eingegangen ist. Der Verzug endet, sofern die beteiligten Bankinstitute die Überweisung insgesamt unverzüglich abwickeln, mit der Gutschrift des Betrags auf dem Konto des Geldgläubigers.

d) Was hat aber dann zu gelten, wenn eine dem Schuldner zuzurechnende Verzögerung – also entweder eine verspätete Erteilung des Überweisungsauftrags oder eine Verzögerung im Bereich der Schuldnerbank oder einer eingeschalteten Zwischenbank – mit einer zusätzlichen Verzögerung im Bereich der Gläubigerbank zusammentrifft? Auch in diesem Fall gerät der Schuldner in Verzug, dies jedoch nur solange, als das Überschreiten des Fälligkeitstermins auf die Verzögerung in der Sphäre des Schuldners zurückgeht. Der Verzug endet demnach mit jenem Zeitpunkt, in dem der bereits verspätet bei der Gläubigerbank angekommene Geldbetrag unter Zugrundelegung unverzüglicher Abwicklung seitens der Gläubigerbank auf dem Gläubigerkonto gutgeschrieben worden wäre.

9. Eine gesonderte Anordnung im allgemeinen Zivilrecht über die Tragung der Kosten für die vom Gläubiger geforderte Banküberweisung ist entbehrlich; hier gelten die allgemeinen Kostentragungsregelungen des BWG. Eine Ersatzregelung für § 905 Abs. 2 zweiter Satz über die Kostentragung bei Änderung des Wohnsitzes ist nun, da auf die Banküberweisung und nicht mehr auf die „Übermachung“ abgestellt wird, entbehrlich.

Ebenso entbehrlich ist auch eine Ersatzregelung für § 905 Abs. 1 zweiter Satz hinsichtlich der Geldsorten.

 

Zu Z 5 und 6 (Änderung von § 1417 und § 1420)

1. Die Regelungen des neuen § 907a über die Erfüllung der Geldschuld gelten schon auf Grund ihrer systematischen Einordnung nur für Geldschulden, die aus einem Vertragsverhältnis herrühren. Doch sollten diese Regelungen, da sie nach Überzeugung des Gesetzgebers eine sachgerechte und zweckmäßige Lösung für Geldschulden schlechthin darstellen, auch für Geldverbindlichkeiten außerhalb von Vertragsverhältnissen, also auf Grund gesetzlicher Schuldverhältnisse, zur Anwendung kommen.

2. Zu diesem Zweck wird im 3. Hauptstück des Dritten Teils des ABGB über die Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten durch entsprechende Verweise das neue vertragsrechtliche Regulativ für die Geldschuld allgemein anwendbar gemacht.

3. In § 1420, der vom Erfüllungsort und von der Erfüllungsmodalität handelt, wird durch eine Ergänzung des Klammerzitats auch auf die diesbezüglichen Regelungen in § 907a Abs. 1 (grundsätzlich Holschuld am Erfüllungsort des Schuldners, aber Gestaltungsrecht in Richtung Banküberweisung) verwiesen. Mit diesem ergänzten Verweis werden hinsichtlich des Erfüllungsorts die diesbezüglichen Bestimmungen des allgemeinen Vertragsrechts gleich zweifach übernommen: Zum einen nennt das Klammerzitat ja nach wie vor den dem Erfüllungsort gewidmeten § 905; zum anderen enthält der Verweis auf § 907a Abs. 1 auch den dortigen Verweis auf § 905 Abs. 1. Freilich ist die Regelung des § 905 Abs. 1 über den Erfüllungsort insofern sinngemäß anzuwenden, als sie auf dem Wohnsitz bzw. die Niederlassung des Schuldners zur Zeit des Vertragsabschlusses abstellt, was bei einem gesetzlichen Schuldverhältnis als Bezugspunkt naturgemäß nicht in Betracht kommt. Demgemäß wird etwa bei einem Schadenersatz- oder Bereicherungsanspruch anstelle des Vertragsabschlusszeitpunkts jener des Entstehens der jeweiligen Verbindlichkeit einzusetzen sein.

4. Für die Erfüllungszeit sind bei der Geldschuld außerhalb einer Banküberweisung keine Sonderregelungen vonnöten, weshalb insofern auch die dieser Frage gewidmete allgemeine Regelung des § 1417 keiner Ergänzung bedarf. Anderes gilt aber für die Erfüllung einer Geldschuld durch Banküberweisung: Hier bedarf es einer Übernahme der Neuregelungen zur Rechtzeitigkeit der Überweisung bzw. zur Zahlungsfrist bei nicht von vornherein bestimmter Fälligkeit, wie sie jeweils im neuen § 907a Abs. 2 festgelegt wurden. Deshalb wird hinsichtlich der Zahlungsfrist bei einer durch Banküberweisung zu erfüllenden Geldschuld in einem dem § 1417 angefügten Satz explizit auf diese Regelung des allgemeinen Vertragsrechts verwiesen. Dieser Verweis umfasst im Übrigen auch die dort im dritten Satz getroffene Bestimmung zur Gefahrtragung.

 

 

Zu Artikel 2 (Änderung des UGB)

Zu Z 1 (Änderung von § 5)

In dieser Bestimmung sind die Hinweise auf die jeweiligen Regelungen über den Anwendungsbereich hinsichtlich des Achten Abschnitts des Vierten Buchs um den neuen § 455 zu ergänzen.

 

Zu Z 2 (Aufhebung von § 352)

Die in § 352 UGB in Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie getroffene Regelung über die Verzugszinsen wurde in den neuen Achten Abschnitt des Vierten Buchs transferiert; sie findet sich nun im neuen § 456. Korrespondierend dazu ist § 352 UGB aufzuheben.

 

Zu Z 3 (Änderung der Abschnittsbezeichnung vor § 454)

Der frühere Siebente Abschnitt wurde bereits vor Jahren aufgehoben. Diese Leerstelle bietet die Möglichkeit, den bisherigen Achten Abschnitt numerativ vorzureihen und die Neuregelungen zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie als neuen Achten Abschnitt einzufügen.

 

Zu Z 4 (Achter Abschnitt des Vierten Buchs; §§ 455 bis 461)

Die Erwägungen, die dafür maßgebend waren, für die Umsetzung der Regelungen der Zahlungsverzugsrichtlinie einen neuen Abschnitt im Vierten Buch des UGB vorzusehen, wurden bereits in Punkt D.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen sei darauf verwiesen.

 

Zu § 455

1. Hier wird – entsprechend dem Geltungsumfang der Zahlungsverzugsrichtlinie – der Anwendungsbereich des Achten Abschnitts festgelegt. Die Richtlinie bezieht sich auf den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Artikel 1 Abs. 1) und definiert in ihrem Artikel 2 Z 1 den Terminus „Geschäftsverkehr“ dahin, dass darunter Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen zu verstehen sind, soweit diese Geschäftsvorgänge „zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen“. Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder öffentlichen Stellen einerseits und Verbrauchern andererseits werden von der Richtlinie nicht erfasst. Dementsprechend ordnet § 455 an, dass der Achte Abschnitt für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern sowie für Rechtsgeschäfte zwischen einem Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber (zu diesen sogleich im folgenden Absatz) gilt. In der österreichischen Rechtsordnung, insbesondere im UGB, wird anders als in der Richtlinie nicht „das Unternehmen“ als Normadressat statuiert, sondern „der Unternehmer“. Deshalb ist auch im Rahmen der Richtlinienumsetzung der Unternehmer als Rechtssubjekt und damit als Träger der durch die Richtlinie vorgegebenen Rechte und Pflichten zu nennen.

2. Näherer Überlegung bedarf die Frage, wie im österreichischen Recht die Richtlinienvorgabe umzusetzen ist, wonach deren Regelungen auch für „öffentliche Stellen“ gelten. Nach Artikel 2 Z 2 der Zahlungsverzugsrichtlinie ist unter „öffentliche Stelle“ jeder öffentliche Auftraggeber im Sinn von Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG und von Artikel 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG zu verstehen, und zwar unabhängig vom Gegenstand oder Wert des Auftrags. Der detaillierten Umschreibung des „öffentlichen Auftraggebers“ in den beiden genannten Vergabe-Richtlinien entspricht im österreichischen Recht die Definition dieses Begriffs in § 3 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2006 (vgl. RV BVergG 2002 1087 BlgNR 21. GP 12 ff [zu § 7 BVergG 2002] sowie RV BVergG 2006 1171 BlgNR 22. GP 22 ff [zu § 3 Abs. 1 BVergG 2006]). Soweit also die Zahlungsverzugsrichtlinie Regelungen für „öffentliche Stellen“ vorsieht, sind dafür im österreichischen Recht die öffentlichen Auftraggeber im Sinn des § 3 Abs. 1 BVergG 2006 als Normadressat zu bezeichnen; um auch die Tätigkeit von öffentlichen Auftraggebern als Sektorenauftraggeber im Sinn des 3. Teiles des BVergG 2006 gesichert zu erfassen, wird dabei auch auf § 164 leg. cit. Bezug genommen. Anderes gilt für „öffentliche Unternehmen“ im Sinn von Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2004/17/EG (und von § 165 Abs. 2 BVergG 2006). Der Verweis von Artikel 2 Z 2 der Zahlungsverzugsrichtlinie umfasst diese öffentlichen Unternehmen nicht. Da kein Anlass dafür besteht, im Rahmen der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie deren besondere Regelungen für „öffentliche Stellen“ auch auf diese öffentlichen Unternehmen zu erstrecken, kommen für diese nur die allgemein für Unternehmen geltenden Regelungen zum Tragen, nicht aber die zum Teil schärferen Bestimmungen für öffentliche Auftraggeber.

3. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der persönliche Anwendungsbereich des neuen Achten Abschnitts von jenem der sonstigen Teile des Vierten Buchs verschieden ist. Das Vierte Buch gilt nämlich allgemein für Unternehmer und juristische Personen des öffentlichen Rechts (§ 343 Abs. 1 UGB), während der Achte Abschnitt Unternehmer und öffentliche Auftraggeber erfasst. Der Begriff des „öffentlichen Auftraggebers“ ist aber nicht deckungsgleich mit jenem der juristischen Person des öffentlichen Rechts; er geht darüber hinaus, bleibt zum Teil aber auch hinter jenem zurück.

Wie oben bereits erwähnt, umfasst der Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie nach der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Z 1 nur Entgeltforderungen aus der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen. Ebenso wie schon bei der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie wird der Geltungsumfang auch der nunmehrigen Umsetzungsregelung auf sämtliche Geldforderungen aus unternehmensbezogenen Geschäften erweitert, also die Beschränkung der Richtlinie auf Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträge nicht übernommen. Für die dafür maßgebenden Erwägungen kann auf die Erläuterungen zur Umsetzung der früheren Richtlinie verwiesen werden (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 10).

4. Auf Grund der Bestimmung des § 343 Abs. 3 UGB gilt der neue Achte Abschnitt nicht für so genannte Gründungsgeschäfte. Dies ist zum einen sachgerecht, wäre es doch für derartige Vorbereitungsgeschäfte eine sehr große Belastung, wenn hiefür beispielsweise die hohen Verzugszinsen des § 456 zum Tragen kämen. Zum anderen ist diese Ausnahme auch durchaus richtlinienkonform. Die Zahlungsverzugsrichtlinie erfasst die geschäftliche Tätigkeit von Unternehmen gemäß ihrem Artikel 2 Z 3 ja nur insoweit, als diese Unternehmen „im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit“ agieren. Bei Vorbereitungsgeschäften im Sinn des § 343 Abs. 3 UGB ist dies aber noch nicht der Fall, weil durch sie dieser Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit ja erst geschaffen werden soll.

 

Zu § 456

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Verzugszinsenregelung der Richtlinie in Artikel 2 Z 6 in Zusammenhalt mit ihrem Artikel 3 (für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen) und ihrem Artikel 4 (für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen). Darin wird die Höhe der von Gesetzes wegen zum Tragen kommenden Verzugszinsen mit der Summe aus dem – in Artikel 2 Z 7 definierten – Bezugszinssatz und mindestens acht zusätzlichen Prozentpunkten festgelegt. Hierin kommt also insofern eine bloße Mindestharmonisierung zum Ausdruck, als es den Mitgliedstaaten frei steht, auch einen höheren Verzugszinssatz vorzusehen. Die durch die neue Richtlinie vorgegebene Mindesthöhe der Verzugszinsen liegt um einen Prozentpunkt über jener der früheren Richtlinie, die in ihrem Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe d die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen mit dem Bezugszinssatz zuzüglich einer Spanne von mindestens sieben Prozentpunkten festgelegt hatte. Bei der Umsetzung dieser früheren Richtlinienvorgabe in das österreichische Recht durch das ZinsRÄG hatte der Gesetzgeber allerdings nicht den Bezugszinssatz als Referenzwert herangezogen, sondern den Basiszinssatz, dabei aber eine Spanne von acht Prozentpunkten (statt der damaligen Richtlinienvorgabe von sieben Prozentpunkten) zusätzlich zu diesem Referenzwert statuiert. In den Gesetzesmaterialien wird diese abweichende Konstruktion im Wesentlichen damit begründet, dass es sich beim Basiszinssatz (der den früheren Diskontsatz ersetzte) um eine in der österreichischen Rechtspraxis bereits eingelebte Größe handle, während die Übernahme des Bezugszinssatzes aus der Richtlinie dazu führen würde, dass ein weiterer Zinssatz als Referenzgröße beachtet werden müsste, was in der Praxis zu Verwechslungen führen könne. Der mit dieser Lösung verbundene Nachteil, dass die gesetzlichen Zinsen für den Geschäftsverkehr nach österreichischem Recht von den Richtlinien-Zinsen abweichen, könne hingenommen werden, weil die Mitgliedstaaten ohnehin für den Gläubiger günstigere Vorschriften erlassen könnten und deshalb ohnehin kein einheitliches Zinsniveau gewährleistet sei. Ein maßgebendes Argument für den Basiszinssatz wurde aus dem Blick auf die deutsche Rechtslage gewonnen, zumal Deutschland ebenfalls eine von der Richtlinie abweichende Bezugsgröße gewählt hatte. Bei Heranziehung des Basiszinssatzes als Bezugsgröße müsse jedoch die Spanne erhöht werden, weil der Basiszinssatz niedriger als der Bezugszinssatz sei (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 9f).

2. Die nun erörterte Fragestellung, die der Gesetzgeber des Jahres 2002 in Richtung des Basiszinssatzes als Bezugsgröße beantwortet hatte, kehrt heute im Rahmen der nunmehrigen Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie wieder. Sie wird nun allerdings noch dadurch akzentuiert, dass die neue Richtlinie eine erhöhte Spanne von acht Prozentpunkten auf den Bezugszinssatz vorsieht, sodass bei einer Beibehaltung der seinerzeitigen österreichischen Entscheidung für den Basiszinssatz auch die damals gewählte Spanne von acht Prozentpunkten zu erhöhen wäre. Ansonsten stellt sich die Abwägung des Für und Wider ähnlich dar wie im Jahr 2002. Die Konstruktion des gesetzlichen Verzugszinssatzes über den Basiszinssatz hat den Vorteil größerer Transparenz und der Wahrung von Kontinuität für sich (zumal der Bezugszinssatz hierzulande kaum bekannt ist und bislang auch nicht an prominenter Stelle veröffentlicht wurde). Demgegenüber hätte eine Verzugszinsenregelung unter Heranziehung des Bezugszinssatzes den Vorzug, mit der diesbezüglichen Konzeption der Richtlinie auch dem Wortlaut nach und konstruktiv in Einklang zu stehen und eine bessere grenzüberschreitende Vergleichbarkeit zu bieten; außerdem wäre hier ein Unterschreiten der von der Richtlinie geforderten Mindesthöhe der Verzugszinsen auch theoretisch ausgeschlossen.

3. Im Rahmen der Begutachtung zu diesem Ministerialentwurf sollen beide Varianten zur Diskussion gestellt werden. In § 456 findet sich in Fortschreibung der bisherigen Rechtslage die Verzugszinsenregelung unter Heranziehung des Basiszinssatzes, freilich mit einem gegenüber dem bisherigen § 352 UGB erhöhten Zusatzwert (siehe zum Ausmaß dieser Erhöhung den sogleich nachfolgenden Punkt 4). Würde die Regelung hingegen anhand des Bezugszinssatzes entworfen, so könnte sie im Wesentlichen aus Artikel 2 Z 6 und 7 der Richtlinie übernommen werden und hätte dann demgemäß folgenden Wortlaut:

„Bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen beträgt der gesetzliche Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Bezugszinssatz. Bezugszinssatz ist der von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngsten Hauptrefinanzierungsoperationen angewendete Zinssatz, bei Durchführung dieser Hauptrefinanzierungsverfahren nach einem Tenderverfahren mit variablem Zinssatz aber der sich daraus ergebende marginale Zinssatz. Dabei ist der Bezugszinssatz, der am ersten Kalendertag eines Halbjahres gilt, für das jeweilige Halbjahr maßgebend.“

4. Wie in Punkt 1 dargelegt, hat der Gesetzgeber bei Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie (konkreter: bei der Schaffung der damaligen Verzugszinsenregelung unter Bezugnahme auf den Basiszinssatz) einen gegenüber der Richtlinie um einen Prozentpunkt erhöhten Zusatzwert (nämlich damals acht Prozentpunkte statt sieben wie in der Richtlinie) angesetzt, um damit den Unterschied zwischen Basiszinssatz und Bezugszinssatz auszugleichen. Allerdings könnte diese „Zusatzspannenerhöhung“ von einem Prozentpunkt theoretisch nicht ausreichen, um mit dem über den Basiszinssatz konstruierten Verzugszinssatz jedenfalls zumindest gleich hoch zu bleiben wie der von der Richtlinie mindestens vorgesehene Verzugszinssatz. Auf Grund der unterschiedlichen Konzeptionen des europarechtlichen Bezugszinssatzes (oder auch „Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB“) einerseits und des österreichischen Basiszinssatzes nach dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz (BGBl. I Nr. 125/1998) andererseits sowie auf Grund der unterschiedlichen Mechanismen der Veränderung dieser Zinssätze muss ein auf dem Basiszinssatz aufbauender Verzugszinssatz eine um zumindest 1,11 Prozentpunkte höhere Zusatzspanne aufweisen als der auf dem Bezugszinssatz aufbauende Verzugszinssatz der Richtlinie, um sicherzustellen, dass Ersterer bei jeder denkbaren Entwicklung mindestens gleich hoch ist wie Letzterer. Wenn die neue Richtlinie eine Zusatzspanne von acht Prozentpunkten vorsieht, muss ein über den Basiszinssatz konstruierter Verzugszinssatz also mindestens mit einer Zusatzspanne von 9,11 Prozentpunkten versehen sein, um dessen uneingeschränkte Richtlinienkonformität zu gewährleisten. Anstelle des unrunden Zusatzwerts von 9,11 Prozentpunkten wird in § 456 UGB aber der aufgerundete Wert von 9,2 Prozentpunkten angesetzt.

5. In beiden Varianten ist entsprechend Artikel 3 Abs. 2 und Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie vorzusehen, dass der am ersten Kalendertag eines Halbjahres geltende europäische Zinssatz für das jeweilige Halbjahr maßgebend bleibt, also der Wert am 1. Januar für das erste Kalenderhalbjahr und der Wert am 1. Juli für das zweite Kalenderhalbjahr. Insofern unterscheidet sich die Neuregelung in beiden Varianten geringfügig vom bisherigen § 352 UGB, der jeweils den letzten Kalendertag des vorangegangenen Halbjahrs für maßgebend erklärte (vgl. allerdings schon die davon abweichende Vorgabe der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe d letzter Satz).

6. Was eine „Verzögerung“ im Sinn des § 456 ist, braucht in dieser Gesetzesbestimmung nicht ausgeführt zu werden, sondern ergibt sich aus der allgemeinen, auch für den unternehmerischen Verkehr geltenden Regelung des § 1334 ABGB. Diese Bestimmung wurde mit dem ZinsRÄG zum Zweck der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 1 der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie neu gefasst, indem für die Frage, wann dem Schuldner ein Leistungsverzug anzulasten ist, neben dem durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag auch auf die weiteren verzugsauslösenden Fallkonstellationen der früheren Richtlinie Bedacht genommen wurde, nämlich auf die vertragsgemäße Erbringung der Gegenleistung, auf ein Verfahren zur Abnahme oder Überprüfung der Leistung, auf den Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung sowie – dies allerdings entsprechend der vorangegangenen Rechtslage – auf die gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung. Auf die Übernahme der dem österreichischen Recht fremden 30-Tages-Frist der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie wurde – unter Beibehaltung des sich aus § 904 ABGB ergebenden Grundsatzes, wonach die Vertragserfüllung grundsätzlich „ohne unnötigen Aufschub“ zu geschehen hat – verzichtet, was auf Grund des bloßen Mindestharmonisierungscharakters der Richtlinie gemeinschaftsrechtlich zulässig war. Im Übrigen wird zu den damaligen Umsetzungsüberlegungen hinsichtlich der Fälligkeit und des Verzugszinsenlaufs auf die seinerzeitigen Gesetzesmaterialien verwiesen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 14 ff.). Die damaligen Regelungsentscheidungen erfüllen inhaltlich auch die Vorgaben der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie über die Tatbestandsmerkmale des Zahlungsverzugs und der Verpflichtung des Geldschuldners zur Bezahlung von Verzugszinsen in Artikel 2 Z 4, Artikel 3 Abs. 1 und 3 sowie Artikel 4 Abs. 1 und 3, zumal die genannten Regelungen der neuen Richtlinie 2011/7/EU mit jenen der alten Richtlinie 2000/35/EG in deren Artikel 3 Abs. 1 inhaltlich übereinstimmen. Daher bedarf es nun bei Umsetzung der neuen Richtlinie dazu nicht der Schaffung einer neuen Gesetzesbestimmung, sondern kann es uneingeschränkt beim bisherigen, gegenüber den Formulierungen in der Richtlinie komprimierter und eleganter gefassten § 1334 ABGB bleiben (weshalb auch auf die ausführlichen Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung [RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 14 ff] hinsichtlich des Eintritts der Fälligkeit und des Beginns des Verzugszinsenlaufs verwiesen wird). Gleiches gilt für die seinerzeitige Entscheidung, von der Einführung einer 30-tägigen Zahlungsfrist Abstand zu nehmen (vgl. die Erwägungen in RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 6).

Die – schon in der früheren Richtlinie enthaltene – Regelung, dass der Anspruch des Gläubigers auf die Verzugszinsen keiner Mahnung gegenüber dem Schuldner bedarf, muss im österreichischen Recht nicht eigens umgesetzt werden, weil sich schon aus der Systematik des § 1334 ABGB ergibt, dass in den im zweiten Satz dieser Bestimmung genannten Fällen eine Mahnung des Gläubigers für den Eintritt der Fälligkeit nicht vonnöten ist (vgl. schon die Gesetzesmaterialien zum ZinsRÄG RV 1167 BlgNR 21. GP 15).

7. a) Bei den Vorberatungen zur Erstellung dieses Gesetzentwurfs wurde von den darin eingebundenen Rechtswissenschaftern einhellig die Auffassung vertreten, dass es hinsichtlich der erhöhten Verzugszinsen des bisherigen § 352 bzw. des neuen § 456 UGB sachlich gerechtfertigt wäre, hier anders als nach der allgemeinen, der Höhe nach wesentlich moderateren Regelung der §§ 1333 Abs. 1, 1000 Abs. 1 ABGB (für die objektiver Verzug ausreicht) nur noch an den subjektiven Verzug anzuknüpfen. Es erscheine nicht gerechtfertigt, den Geldschuldner schon dann mit derart hohen Verzugszinsen zu belasten, wenn es an einem Verschulden des Schuldners für die Verzögerung mangle und auch kein Fehlverhalten seines Erfüllungsgehilfen vorliege, sondern die Verzögerung beispielsweise im Bereich einer eingeschalteten Zwischenbank eingetreten sei.

b) Diesem Gedanken ist schon hinsichtlich der Wertungen zuzustimmen: Die Aufbürdung von Verzugszinsen, die weit mehr als das Doppelte bis fast zum Dreifachen der in Österreich geltenden gesetzlichen Zinsen betragen, ist tatsächlich nur dann gerechtfertigt, wenn dem Schuldner ein persönliches Verschulden oder ein Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen vorzuwerfen ist. Dies gilt umso mehr, als diese Wertung ja bereits in der Zahlungsverzugsrichtlinie grundgelegt ist. Wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt, soll den Schuldner gemäß Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b und Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie die Rechtsfolge der von der Richtlinie geforderten (hohen) Verzugszinsen dann nicht treffen, wenn „der Schuldner für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist“. Gleichartige Formulierungen enthielt schon die frühere Richtlinie 2000/35/EG (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c sublit. ii, Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe e). Bei der Umsetzung der früheren Richtlinie zunächst in § 1333 Abs. 2 ABGB aF (später § 352 UGB) hatte sich der Gesetzgeber noch dafür entschieden, auch für die hohen Verzugszinsen lediglich an den objektiven Schuldnerverzug anzuknüpfen; in den damaligen Erläuterungen wurde dies explizit deklariert („Weiterhin soll es auch ausreichen, dass der Schuldner objektiv in Verzug ist, ein Verschulden an der Verzögerung der Zahlung wird auch künftig nicht gefordert.“).

c) Nun soll diese Entscheidung aber aus den genannten Gründen und in Anlehnung an den diesbezüglich in der Zahlungsverzugsrichtlinie positivierten Rechtsstandpunkt in eine andere Richtung getroffen werden: Mit dem dritten Satz von § 456 wird klargestellt, dass für die Anwendung des Zinssatzes nach den ersten beiden Sätzen (also für das Anfallen der hohen Verzugszinsen) – in Abkehr vom bisher herrschenden Meinungsstand –  objektiver Schuldnerverzug nicht ausreicht, sondern dafür subjektiver Verzug erforderlich ist. Dies wird durch die auch in der Richtlinie gebrauchte Wendung, die auf die Verantwortlichkeit abstellt, zum Ausdruck gebracht. Mit anderen Worten: Trifft den Schuldner kein Verschulden am Zahlungsverzug, so hat er nur Zinsen in Höhe von 4 % pro anno zu bezahlen; der höhere Zinssatz nach § 456 UGB kommt nur dann zum Tragen, wenn dem Schuldner die Verzögerung auch subjektiv vorwerfbar ist.

d) Fraglich könnte sein, ob „Verantwortlichkeit“ für den Verzug im Sinn der Richtlinie auch jene Konstellationen umfasst, in denen den Schuldner persönlich zwar kein Verschulden an der Verzögerung trifft, diese aber ihre Ursache in einem Fehlverhalten eines Erfüllungsgehilfen des Schuldners (z. B. der Schuldnerbank) hat. Die Richtlinie gibt für die Beantwortung dieser Frage weder im verfügenden Text noch in ihren Erwägungsgründen irgendwelche Hinweise. Der Begriff der „Verantwortlichkeit“ scheint aber zumindest doch insofern weiter zu gehen als jener des Verschuldens, als der Schuldner in diesem Zusammenhang wohl auch für einen Fehler im Bereich seines Bankinstituts (das ja bei der Zahlung Erfüllungsgehilfe des Schuldners ist) einzustehen hat.

Noch weiter gehend ließe sich fragen, ob mit der Verantwortlichkeit im Sinn der Richtlinie allenfalls auch solche Verzugsursachen angesprochen sein könnten, die bloß in der Risikoabgrenzung der Sphäre des Schuldners zugeordnet werden (im Beispiel der Banküberweisung also etwa ein Fehlverhalten der Zwischenbank). Diese Frage wird aber doch zu verneinen sein, zumal der Begriff der Verantwortlichkeit durchaus ein subjektives, zumindest aber ein stärker beim Schuldner selbst angesiedeltes Element ansprechen dürfte, als dies bei der bloßen Zuordnung einer Ursache in die Risikosphäre des Schuldners der Fall wäre.

Für die Beantwortung dieser Fragen kommt aber letztlich ausschließlich dem EuGH die Auslegungshoheit zu. Schon im Hinblick darauf wird die in § 456 dritter Satz normierte Ausnahme von den hohen Verzugszinsen exakt wortgleich mit dem entsprechenden Vorbild in der Richtlinie formuliert.

8. Schließlich sei noch angemerkt, dass die aus § 352 UGB (und fast gleichlautend aus der Vorgängerbestimmung des § 1333 Abs. 2 ABGB aF) bekannte Wendung „aus unternehmensbezogenen Geschäften“ in den Wortlaut des neuen § 456 UGB nicht übernommen wurde. Diese Wendung ist hier nämlich entbehrlich, weil sich schon aus der Einbettung der Verzugszinsenregelung in das Vierte Buch des UGB („Unternehmensbezogene Geschäfte“) ergibt, dass nur solche Geschäfte von der Bestimmung erfasst sind.

 

Zu § 457

1. Mit dieser nur für öffentliche Auftraggeber geltenden Sonderbestimmung wird Artikel 4 der Zahlungsverzugsrichtlinie umgesetzt. Diese Richtlinienbestimmung enthält für den Fragenkreis der Zahlungsfrist strengere Vorgaben für öffentliche Auftraggeber, als sie in Artikel 3 der Richtlinie für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen vorgesehen sind. Für beide Schuldnergruppen setzt die Richtlinie einer vertraglichen Vereinbarung über die Dauer der Zahlungsfrist bestimmte Grenzen. Wenn es sich beim Geldschuldner (bloß) um ein Unternehmen handelt, sind diese Grenzen allerdings recht weit gesteckt: Zum einen wird ein zeitlicher Rahmen vorgegeben, innerhalb dessen Vereinbarungen über die Dauer der Zahlungsfrist jedenfalls zulässig sind; dieser Rahmen beträgt hier 60 Kalendertage (Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie) ab Eingang der Rechnung oder Zahlungsaufforderung, ab Empfang der Waren oder Dienstleistungen bzw. ab Abnahme oder Überprüfung der Leistung (vgl. Artikel 3 Abs. 3 Buchstabe b der Richtlinie) und ist somit genau doppelt so lang wie die Richtlinienvorgabe für die gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen. Zum anderen lässt die Richtlinie hier vertragliche Vereinbarungen über eine 60 Tage übersteigende Zahlungsfrist grundsätzlich durchaus zu und setzt einer solchen, auf eine längere Zahlungsfrist gerichteten Vereinbarung nur eine Grenze in der groben Nachteiligkeit für den Gläubiger im Sinn von Artikel 7 der Richtlinie. Eine absolute Höchstgrenze für Vereinbarungen über eine längere Zahlungsfrist ist dann, wenn es sich beim Geldschuldner (bloß) um ein Unternehmen handelt, in der Richtlinie nicht vorgesehen.

Ganz anders stellen sich die Richtlinienvorgaben dann dar, wenn es sich beim Geldschuldner um eine öffentliche Stelle handelt. Hier ordnet die Richtlinie in ihrem Artikel 4 Abs. 6 an, dass die vertraglich festgelegte Zahlungspflicht (grundsätzlich) die in Artikel 4 Abs. 3 vorgesehene gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen nicht überschreiten soll. Der Rahmen für eine „Regelvereinbarung“ über die Länge der Zahlungsfrist ist also mit der gesetzlichen Zahlungsfrist gleichgeschaltet; dies bedeutet, dass nach den Intentionen der Richtlinie öffentliche Stellen als Geldschuldner in der Regel keine längere Zahlungsfrist vereinbaren sollten, als sie ihnen durch das Gesetzesrecht ohnehin eingeräumt würde (nämlich 30 Tage ab dem jeweils fristauslösenden Ereignis). Der „Regelrahmen“ beträgt hier also nur die Hälfte desjenigen für Unternehmen als Geldschuldner. Trotz dieser Grundsatzregel kann unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einer öffentlichen Stelle eine diesen Regelrahmen überschreitende Zahlungsfrist vereinbart werden, doch bringt die Richtlinie in ihrem Artikel 4 Abs. 6 klar zum Ausdruck, dass dies nur ausnahmsweise in Betracht kommt, nämlich nur dann, wenn eine mehr als dreißigtägige Dauer der Zahlungsfrist „auf Grund der besonderen Natur oder Merkmale des Vertrags sachlich gerechtfertigt“ ist. Eine zweite Voraussetzung für eine solche vertragliche Ausnahmeregelung über eine längere Zahlungsfrist ist in Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie zu finden, wonach eine Vertragsklausel unter anderem über die Zahlungsfrist nicht durchsetzbar sein solle, wenn sie für den Gläubiger grob nachteilig ist. Die Wirksamkeit einer Vereinbarung über eine mehr als dreißigtägige Zahlungsfrist setzt hier also auch die Verneinung grober Nachteiligkeit im genannten Sinn voraus. Drittens – und darin ist sicherlich die strengste Beschränkung zu erkennen – setzt die Richtlinie solchen Vereinbarungen über eine ausnahmsweise längere Zahlungsfrist eine absolute Höchstgrenze von 60 Kalendertagen. Eine Vereinbarung über eine diese 60 Tage überschreitende Zahlungsfrist ist bei einer öffentlichen Stelle also jedenfalls hinsichtlich des diesen Grenzwert überschreitenden Zeitraums unwirksam.

2. Die nun dargelegten Richtlinienvorgaben hinsichtlich öffentlicher Stellen werden in § 457 Abs. 1 umgesetzt. In der Formulierung werden der Regelcharakter einer höchstens dreißigtägigen Zahlungsfrist und der Ausnahmecharakter einer solchen von 31 bis 60 Tagen zum Ausdruck gebracht. Hinsichtlich der in Punkt 1 erstgenannten Voraussetzung für die Vereinbarung einer längeren Zahlungsfrist muss die Formulierung aus der Richtlinie übernommen werden, nämlich die sachliche Rechtfertigung auf Grund der besonderen Natur oder Merkmale des Vertrags. Freilich handelt es sich dabei um unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe, doch wäre jede eigenständige Konkretisierung des österreichischen Gesetzgebers durch Einziehung weiterer Tatbestandsmerkmale potenziell richtlinienwidrig, weil damit allenfalls Fallkonstellationen ausgeschlossen wären, die auf Grund der unionsautonom auszulegenden Richtlinie doch erfasst sein sollten, oder umgekehrt. Auch die Hinzufügung von Beispielen etwa für derartige „besondere Vertragsmerkmale“ wäre problematisch, selbst wenn dabei klar gestellt werden sollte, dass diese Beispiele nur demonstrativ angeführt werden, weil auch dadurch der Blickwinkel für eine Auslegung dieser Umsetzungsbestimmung gegenüber dem Unionsrecht unzulässigerweise verengt oder erweitert werden könnte. Wenn der Unionsgesetzgeber in seinen Normen unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, ohne in den Erwägungsgründen verwertbare Hinweise für deren Konkretisierung zu geben (und genau das ist hier der Fall, zumal auch in Erwägungsgrund 23 der Richtlinie nur die Formulierung aus dem verfügenden Text wiedergegeben wird), steht es dem nationalen Umsetzungsgesetzgeber nicht zu, eigenständig solche Konkretisierungen vorzunehmen.

Das in Artikel 4 Abs. 6 der Richtlinie normierte weitere Erfordernis für die Vereinbarung einer mehr als dreißigtägigen Zahlungsfrist, dass nämlich die Fristvereinbarung „ausdrücklich“ geschieht, bedarf keiner gesonderten Umsetzung. Zum einen ist dies nach dem Richtlinienwortlaut nicht etwa im Sinn eines Schriftformgebots zu verstehen; zum anderen aber ist eine bloß schlüssige Übereinkunft der Vertragsparteien über eine mehr als dreißigtägige Zahlungsfrist in praxi kaum denkbar, sodass eine Klarstellung in Richtung einer expliziten Vereinbarung entbehrlich ist.

3. Was den Beginn der nun besprochenen Zahlungsfristen anlangt, ist dafür innerstaatlich an die die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie umsetzende und auch nunmehr im Licht der neuen Richtlinie unverändert bleibende allgemeine Bestimmung des § 1334 ABGB anzuknüpfen. Je nach Lage des konkreten Vertragsverhältnisses setzt der Fristenlauf also bei der Erbringung der Gegenleistung, beim Eingang der Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung oder bei Abnahme oder Überprüfung der Leistung ein. Zur letztgenannten Fallkonstellation ist klarzustellen, dass dann, wenn ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren vereinbart wurde, der Geldschuldner aber innerhalb der für dieses Verfahren vorgesehenen Zeitdauer (s. § 458 zur gesetzlichen Beschränkung von Vereinbarungen über die Dauer eines solchen Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens) die Abnahme oder Überprüfung nicht durchführt, die Zahlungsfrist mit dem (ungenützten) Ablauf der für die Abnahme oder Überprüfung festgelegten Zeit beginnt.

4. In § 457 Abs. 2 wird entsprechend der Regelung in Artikel 5 erster Satz der Richtlinie angeordnet, dass die Bestimmung des Abs. 1 (über die Beschränkung der Privatautonomie bei Vereinbarungen über die Zahlungsfrist) der Vereinbarung von Ratenzahlungen nicht entgegensteht. Nach den Richtlinienvorgaben sollten Ratenvereinbarungen ja weiterhin zulässig sein (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 22 der Richtlinie). Da freilich eine von einem öffentlichen Auftraggeber als Geldschuldner mit dem Gläubiger getroffene Ratenvereinbarung mit der Beschränkungsregelung des Abs. 1 in ein Spannungsverhältnis geraten kann, bedarf es in diesem Kontext einer gesetzlichen Klarstellung über die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen.

Freilich gilt auch die durch Abs. 2 klargestellte Ratenvereinbarungsbefugnis nicht schrankenlos. Aus der Systematik der Richtlinie (Artikel 5 Regelung über Ratenzahlungen; nachfolgender Artikel 7 über nachteilige Vertragsklauseln) sowie aus dem Gegenstand der Nachteiligkeitsprüfung des Artikel 7 (zu dem u.a. der Zahlungstermin und die Zahlungsfrist zählt) zeigt sich, dass auch die Zulässigkeit von Ratenvereinbarungen unter dem Vorbehalt der groben Nachteiligkeit für den Gläubiger stehen. Eine Ratenvereinbarung, die nach den in Artikel 7 der Richtlinie und demgemäß in § 460 genannten Kriterien als grob nachteilig angesehen werden muss, ist also trotz der Anordnung des § 457 Abs. 2 nichtig. Wo aber die dadurch gezogene Grenze der Wirksamkeit einer Ratenvereinbarung genau liegt, lässt sich nicht allgemein sagen und im Rahmen der Richtlinienumsetzung daher auch nicht näher definieren (zumal auch die Richtlinie dazu keine Hinweise gibt). Es ist aber davon auszugehen, dass etwa eine Ratenvereinbarung, durch die die Bestimmung des § 457 Abs. 1 in krasser Weise ausgehöhlt wird (z. B. die Vereinbarung von nur fünfprozentigen, in zweimonatigen Abständen zahlbaren Raten) grob nachteilig wäre.

Die Bestimmung in Artikel 5 zweiter Satz der Richtlinie, wonach im Fall einer Ratenvereinbarung die in der Richtlinie vorgesehenen Zinsen und Entschädigungen bei Verzug mit einer Rate nur auf der Grundlage des rückständigen Betrags berechnet werden, bedarf im österreichischen Recht keiner expliziten Umsetzung, weil es auch ohne ausdrückliche Gesetzesbestimmung dem herrschenden Verständnis entspricht, dass Verzugszinsen nur von jenem Betrag zu entrichten sind, mit dem der Schuldner in Verzug geraten ist.

5. § 457 Abs. 3 über den Ausschluss von vertraglichen Vereinbarungen über den Zeitpunkt des Rechnungseingangs dient der Umsetzung der Richtlinienvorgabe in Artikel 4 Abs. 3 Buchstabe b. Für den Geschäftsverkehr (bloß) zwischen Unternehmern ist eine derartige Beschränkung der Parteiautonomie in der Richtlinie nicht vorgesehen. Durch die Bestimmung werden beispielsweise solche Vereinbarungen ausgeschlossen, durch die die Frage des Rechnungseingangs unabhängig von den tatsächlichen Geschehnissen fiktiv festgelegt oder an bestimmte sachfremde Voraussetzungen geknüpft wird; aber auch andere Ausprägungen solcher unzulässiger Vereinbarungen über den Rechnungseingang sind denkbar. Zulässig sind freilich etwa vertragliche Bestimmungen darüber, an welche Stelle innerhalb des öffentlichen Auftraggebers die Rechnung zu richten ist. Vereinbarungen, die entgegen der Bestimmung des § 457 Abs. 3 getroffen werden, sind insofern nichtig. Soweit im Vorfeld der Erstellung dieses Ministerialentwurfs von manchen Seiten der Wunsch an das Bundesministerium für Justiz herangetragen wurde, von einer Regelung in der Art des § 457 Abs. 3 abzustehen, kann nur auf die diesbezüglich eindeutige und daher unumgängliche Richtlinienvorgabe verwiesen werden.

 

Zu § 458

1. In ihrem Artikel 3 Abs. 4 (für Unternehmen) und ebenso in ihrem Artikel 4 Abs. 5 (für öffentliche Stellen) befasst sich die Richtlinie mit Abnahme- oder Überprüfungsverfahren; deren Funktion wird in der Richtlinie damit umschrieben, dass durch sie die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden soll. Bei den Richtlinienregelungen geht es immer um die Dauer eines solchen Verfahrens, und zwar im Zusammenhang mit dem Bemühen der Richtlinie, den Zeitraum zwischen der Sachleistung und der tatsächlichen Entrichtung der dafür zu leistenden Zahlung möglichst zu verkürzen. Nun sind solche Abnahme- oder Überprüfungsverfahren ja insofern der eigentlichen Zahlungsfrist vorgelagert, als diese erst mit dem Abschluss eines solchen Verfahrens (wenn ein solches vereinbart ist) beginnt. Insofern stehen Abnahme- oder Überprüfungsverfahren einerseits und der Fragenkreis rund um die Zahlungsfrist andererseits in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang. Um insgesamt dem Ziel rascherer Zahlungen näherzukommen, muss daher auch die Dauer solcher Verfahren begrenzt werden, weil es andernfalls ja möglich wäre, vertraglich eine äußerst lange Abnahme- oder Überprüfungsfrist festzulegen und dadurch insgesamt selbst bei einem strengen Regulativ für die Dauer der eigentlichen Zahlungsfrist die Erfüllung der Geldschuld erheblich hinauszuzögern. Deshalb muss ein Normensystem, das den Zeitraum zwischen der Erbringung der Sachleistung und der Zahlung dafür möglichst kurz gestalten will, auch die Dauer derartiger Abnahme- oder Überprüfungsverfahren regulieren.

Folgerichtig sieht die neue Zahlungsverzugsrichtlinie – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin – in Artikel 3 Abs. 4 und Artikel 4 Abs. 5 Regelungen über die Dauer eines solchen Verfahrens vor. Demnach soll grundsätzlich die Dauer dieses Verfahrens mit 30 Kalendertagen ab dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen begrenzt werden. Vertragliche Vereinbarungen über eine längere als 30 Tage dauernde Abnahme- oder Überprüfungsfrist sind zwar zulässig, dies aber unter dem Vorbehalt, dass eine solche Vereinbarung für den Gläubiger nicht grob nachteilig im Sinn von Artikel 7 (vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu § 460) ist. Dieses negative Erfordernis für die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen über eine längere Verfahrensdauer gilt in allen Fällen, unabhängig davon, wer der Geldschuldner ist. Unterschiedliches statuiert die Richtlinie allerdings hinsichtlich weiterer Wirksamkeitsvoraussetzungen je nach dem, ob es sich beim Geldschuldner um ein Unternehmen oder eine öffentliche Stelle handelt. Im erstgenannten Fall wird – neben dem Fehlen grober Nachteiligkeit – nur verlangt, dass die längere Frist im Vertrag „ausdrücklich“ vereinbart wurde. Dies kann hier nicht etwa als ein Schriftlichkeitserfordernis betrachtet werden; nach der Formulierung wäre hier durchaus auch eine mündliche Vereinbarung denkbar. Das Erfordernis „ausdrücklicher“ Vereinbarung bedarf bei der Umsetzung in das österreichische Recht hier keiner gesonderten Entsprechung, weil eine bloß schlüssige Übereinkunft über eine mehr als dreißigtägige Dauer eines Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens in praxi kaum denkbar ist. Anders verhält es sich nach der Richtlinie allerdings dann, wenn es sich beim Geldschuldner um eine öffentliche Stelle handelt. Hier verlangt die Richtlinie, dass „im Vertrag und in etwaigen Vergabeunterlagen … ausdrücklich etwas anderes vereinbart“ ist. Durch die Bezugnahme auch auf Vergabeunterlagen rückt diese unionsrechtliche Anordnung schon wesentlich mehr in die Nähe eines Schriftformerfordernisses, und zwar jedenfalls dann, wenn dem konkreten Vertragsverhältnis solche Vergabeunterlagen zugrunde liegen. In diesem Fall kommt nämlich nur die Aufnahme eines schriftlichen Hinweises auf ein längeres Abnahme- oder Überprüfungsverfahren in die Vergabeunterlagen in Betracht. Dass darin noch keine Vereinbarung zu erblicken ist, wie dies die Richtlinie mit ihrer Formulierung insinuiert, ist eine der nicht seltenen dogmatischen Unschärfen der Richtlinie, die bei der Umsetzung in das österreichische Recht richtiggestellt werden muss.

2. Diese Richtlinienregelungen werden in § 458 umgesetzt. Der erste Satz statuiert den Grundsatz eines höchstens dreißigtägigen Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens, der zweite Satz die Voraussetzungen für die Vereinbarung einer längeren Frist. Im zweiten Halbsatz des zweiten Satzes werden die Voraussetzungen für eine solche Verlängerungsvereinbarung bei einem öffentlichen Auftraggeber festgelegt. Darin wird – in Korrektur der zuvor erwähnten Unschärfe der Richtlinie – gefordert, dass auf die längere Dauer eines solchen Verfahrens sowohl im Vertragsdokument als auch in etwaigen Vergabeunterlagen (schriftlich) hingewiesen wird.

Der Begriff „Abnahme- oder Überprüfungsverfahren“ wird in der Richtlinie – abgesehen von dessen Funktion – nicht näher definiert, und auch die Erwägungsgründe (Erwägungsgrund 26) bieten dazu keine nähere Aufklärung. Der Begriff wurde bereits in der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie im Zusammenhang mit dem Beginn der Zahlungsfrist verwendet (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b sublit. iv); demgemäß wird bereits in § 1334 ABGB auf die „Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers“ abgestellt. In den Erläuterungen dazu wird auf die im österreichischen Recht vor allem im Zusammenhang mit dem Werkvertrag angenommene Verschiebung der Fälligkeit des Entgelts bis zur Durchführung der Überprüfung oder Abnahme Bezug genommen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 15). Wie schon erwähnt, ergibt sich ein konkretisierender Anhaltspunkt für eine Eingrenzung solcher Abnahme- oder Überprüfungsverfahren aus dem Richtlinientext: Demnach besteht der Zweck eines solchen Verfahrens darin, die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festzustellen. Dieser Verfahrenszweck wird in etwas modifizierter Formulierung auch im Text des § 458 erwähnt.

3. Die Frage, ob eine vertragliche Verlängerung der Verfahrensdauer über die gesetzlich vorgesehene 30‑Tages‑Frist hinaus für den Gläubiger grob nachteilig ist, wird in erster Linie danach zu beantworten sein, in welchem Ausmaß die Frist gegenüber der gesetzlichen Regeldauer erstreckt wird. Über die Vereinbarung einer 31-tägigen Verfahrensdauer wird wohl kaum das Verdikt der groben Nachteiligkeit zu fällen sein; eine beispielsweise 100-tägige Verfahrensdauer wird allein schon wegen dieser extensiven zeitlichen Ausdehnung bedenklich erscheinen. Im Übrigen wird diese Frage im Einzelfall anhand der Kriterien des § 460 Abs. 2 zu beurteilen sein.

 

Zu § 459

1. Mit dieser Bestimmung wird Artikel 6 der Richtlinie umgesetzt, der sich mit der „Entschädigung für Beitreibungskosten“ befasst. In dessen Abs. 1 wird dem Gläubiger für den Fall des Schuldnerverzugs (regelungstechnisch durch Anknüpfung an die Fallkonstellationen, in denen Verzugszinsen zu zahlen sind) ein vom Nachweis eines Schadens unabhängiger Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags für Beitreibungskosten in Höhe von mindestens 40 Euro eingeräumt. Die Anordnung eines Mindestbetrags bezieht sich darauf, dass die Mitgliedstaaten auch einen höheren Pauschalbetrag als die in der Richtlinie vorgegebenen 40 Euro vorsehen können. Zielrichtung dieses pauschalierten Anspruchs ist es ausweislich der Ausführungen in Erwägungsgrund 19, die mit der Beitreibung verbundenen Verwaltungskosten und internen Kosten des Gläubigerunternehmens zumindest teilweise abzudecken. Artikel 6 Abs. 2 ordnet ergänzend an, dass dieser Pauschalbetrag ohne Mahnung zu zahlen ist, und stellt seinen Charakter als „Entschädigung für die Beitreibungskosten des Gläubigers“ klar. Artikel 6 Abs. 3 rundet die Regelung der Beitreibungskosten insofern ab, als er – im Gegensatz zu den Bestimmungen über den Pauschalbetrag – an tatsächlich entstandene (und wohl auch nachgewiesene) Beitreibungskosten anknüpft. Der Gläubiger hat demnach zusätzlich zum Pauschalbetrag Anspruch auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners verursachten Beitreibungskosten, die diesen Betrag überschreiten; beispielhaft für solche Kosten werden die Ausgaben für das Tätigwerden eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens genannt.

2. Die Umsetzung dieser Richtlinienvorgabe soll nicht in dem durch das ZinsRÄG geschaffenen § 1333 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) ABGB geschehen, sondern in einer eigenen Bestimmung in dem in das UGB neu eingefügten Abschnitt. Dies hat seinen Grund darin, dass die Anordnung eines gesetzlichen Ersatzanspruchs unabhängig vom tatsächlichen Eintritt eines Schadens einen Fremdkörper im allgemeinen österreichischen Schadenersatzrecht bilden würde. Freilich kennt § 1336 ABGB das Rechtsinstitut der Konventionalstrafe, doch bedarf diese anders als der hier zu behandelnde Pauschalbetrag einer vertraglichen Vereinbarung. Hinzu kommt, dass die Richtlinie die Verpflichtung zur Zahlung dieses Entschädigungsbetrags auch nicht an ein Verschulden des Schuldners am Zahlungsverzug knüpft; auch dies passt nicht in die Konzeption des § 1333 Abs. 2 ABGB. Aus diesen Gründen wird kein Anlass dafür gesehen, die Anordnungen der Richtlinie über diesen Pauschalbetrag über ihren Geltungskreis hinaus erstreckend im Schuldrecht des ABGB umzusetzen. Stattdessen wird die dem Artikel 6 der Richtlinie entsprechende Bestimmung ausschließlich für den unternehmerischen Geschäftsverkehr in Geltung gesetzt (hinsichtlich des Anspruchs auf die den Pauschalbetrag übersteigenden tatsächlichen Kosten für die Betreibung der Forderung, der sehr wohl von einem Schadensnachweis abhängig ist und insofern einen „klassischen“ Schadenersatzanspruch darstellt, kann freilich wiederum auf das allgemeine Schadenersatzrecht verwiesen werden).

3. Der erste Satz des § 459 befasst sich mit dem oben besprochenen Pauschalbetrag für Betreibungskosten. In der österreichischen Umsetzungsbestimmung wird – systematisch richtiger – nicht an das Anfallen von Verzugszinsen, sondern wie bei diesen (§ 456) an den gedanklich vorgelagerten Verzugsfall angeknüpft. Ebenso wie bei § 456 (vgl. Punkt 8 der Ausführungen zu § 456) ist auch hier eine Bezugnahme auf unternehmensbezogene Geschäfte entbehrlich.

Die Bestimmung des Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie, wonach der Anspruch auf den Pauschalbetrag von einer Mahnung unabhängig ist, bedarf – ebenso wie bei den Verzugszinsen (vgl. dazu Punkt 6 der Ausführungen zu § 456) keiner gesonderten Umsetzung im österreichischen Recht. Für den Anspruch auf den Pauschalbetrag ist überdies – wie zuvor hinsichtlich der Richtlinienvorgabe bereits ausgeführt – weder ein Verschulden des Schuldners am Zahlungsverzug noch der Nachweis eines konkret eingetretenen Schadens an Betreibungskosten erforderlich.

4. Im zweiten Satz von § 459 wird hinsichtlich des Ersatzes von Betreibungskosten, die den Pauschalbetrag von 40 Euro übersteigen, auf die allgemein-schadenersatzrechtliche Regelung in § 1333 Abs. 2 ABGB (nF) verwiesen. Zu den Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch nach dieser mit dem ZinsRÄG geschaffenen Bestimmung, insbesondere zur Verschuldensabhängigkeit dieses Anspruchs sowie zum Erfordernis eines angemessenen Verhältnisses der Betreibungskosten zur betriebenen Forderung, mag hier ein Hinweis auf die umfassenden Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 11 ff.) genügen.

 

Zu § 460

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der in Artikel 7 der Richtlinie enthaltenen Anordnungen über „nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken“, und zwar konkret der Regelungen in den ersten drei Absätzen dieses Artikels (die Bestimmungen in den Absätzen 4 und 5 über die Rechtsdurchsetzung und im Besonderen über die Verbandsklage finden ihre spezifische Umsetzung in § 461 UGB). In der österreichischen Rechtssprache wird für den Begriff der „Vertragsklausel“ der Terminus „Vertragsbestimmung“ verwendet; an die Stelle des in der Richtlinie gebrauchten, eher unspezifischen Begriffs „Praxis“ oder im Plural „Praktiken“ wird bei der österreichischen Umsetzung der Terminus „Geschäftspraktik“ gesetzt, weil dieser besser zum Ausdruck bringt, was Gegenstand der Regelung sein solle.

2. Die Abs. 1 und 2 des § 460 befassen sich – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie – allgemein mit der Frage der groben Nachteiligkeit von Vertragsbestimmungen oder Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der Zahlung und den Verzugsfolgen. Abs. 4 enthält – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie – eine Sonderregelung zu den Verzugszinsen, Abs. 5 – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie – eine Sonderregelung zu den Betreibungskosten. Ergänzend zur Bestimmung des § 457 Abs. 1 über Zahlungsfristvereinbarungen bei einem öffentlichen Auftraggeber enthält § 460 Abs. 3 dazu eine gleichsam kontrapunktische Aussage über jedenfalls nicht grob nachteilige Zahlungsfristvereinbarungen; in der Richtlinie finden sich die Referenzstellen dazu in Artikel 3 Abs. 5 sowie in Artikel 4 Abs. 6.

3. a) Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie stellt den Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten für die Statuierung wirksamer Rechtsfolgen der groben Nachteiligkeit von Klauseln oder Praktiken zu Fragen der Zahlung und der Verzugsfolgen anheim: Die Mitgliedstaaten können entweder vorsehen, dass solche grob nachteiligen Klauseln und Praktiken nicht durchsetzbar sind, oder sie können daran einen Schadenersatzanspruch knüpfen. Nach dem österreichischen Zivilrechtssystem sind grundsätzlich beide Alternativen denkbar, doch ist die prominenteste Sanktion für eine unter dem Blickwinkel etwa der Sittenwidrigkeit oder der gröblichen Benachteiligung verpönte Vertragsbestimmung ohne Zweifel deren Nichtigkeit (vgl. nur § 879 Abs. 1 und 3 ABGB). Daher wird in § 460 Abs. 1 unter Heranziehung der ersten Gestaltungsalternative der Richtlinie angeordnet, dass Vertragsbestimmungen über den Zahlungstermin, die Zahlungsfrist, den Verzugszinssatz oder die Entschädigung für Betreibungskosten dann nichtig sind, wenn sie für den Gläubiger eine grobe Nachteiligkeit mit sich bringen. Bewusst wird hier der verpönte Charakter einer solchen Vertragsbestimmung unter Übernahme des Richtlinienwortlauts als „grob nachteilig“ bezeichnet und wird von einer terminologischen Übernahme der „gröblichen Benachteiligung“ in § 879 Abs. 3 ABGB abgesehen. Zwar werden im Konkreten wohl kaum Unterschiede zwischen den beiden Bezeichnungen auszumachen sein, doch soll mit dieser terminologischen Differenzierung das Augenmerk darauf gerichtet werden, dass der in § 460 verwendete Begriff der groben Nachteiligkeit unmittelbar aus der Zahlungsverzugsrichtlinie übernommen wurde und daher richtlinienkonform zu interpretieren ist, die Auslegungshoheit zu diesem Begriff somit letztlich dem EuGH zukommt. Die Richtlinie gibt ja auch ihrerseits eigene Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit vor, die in Abs. 2 des § 460 umgesetzt werden.

Unabhängig von der Frage einer allfälligen Identität der gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs. 3 ABGB auf der einen und der groben Nachteiligkeit des § 460 Abs. 1 UGB auf der anderen Seite sei bemerkt, dass die grobe Nachteiligkeit schon auf Grund eines Größenschlusses a minori ad maius jedenfalls auch die Gesetz- und Sittenwidrigkeit im Sinn des § 879 Abs. 1 ABGB umfasst.

b) Der zweite Satz des § 460 Abs. 1 widmet sich der groben Nachteiligkeit von Geschäftspraktiken. Hier kann die Rechtsfolge nicht in der Nichtigkeit bestehen, weil eine Geschäftspraktik – anders als ein Rechtsgeschäft oder eine Vertragsbestimmung – nicht nichtig sein kann; die korrespondierende Rechtsfolge besteht hier darin, dass aus einer grob nachteiligen Geschäftspraktik keine rechtlichen Wirkungen abgeleitet werden können.

Bei den Vorarbeiten zur Erstellung dieses Gesetzentwurfs wurde von Seiten beteiligter Rechtswissenschafter eingewendet, dass die Bedachtnahme auch auf „Geschäftspraktiken“ in dieser Bestimmung trotz ihrer korrespondierenden Nennung auch in der Zahlungsverzugsrichtlinie unterbleiben sollte. Solange Geschäftspraktiken nicht Vertragsinhalt würden, hätten sie ohnedies keine rechtlichen Wirkungen; insofern sei ihre Mitregelung in § 460 überflüssig. Dem kann zwar weitgehend zugestimmt werden. Allerdings ist es im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht völlig ausgeschlossen, dass eine Geschäftspraktik im Wege konkludenten Verhaltens des Vertragspartners doch Eingang in den gesamten Vertragsinhalt findet; und streng genommen handelte es sich dann dabei nicht um eine „Vertragsbestimmung“, zumal man mit diesem Terminus in der Regel ja explizite Vertragsklauseln assoziiert. Insofern ist es nicht gänzlich ohne Sinn, sich auch in den innerstaatlichen Umsetzungsregelungen mit der Frage grob nachteiliger Geschäftspraktiken auseinanderzusetzen. Im Hinblick auf die vom Umsetzungsgesetzgeber geforderte Richtlinientreue und bei Abwägung des Argumentationsaufwandes für den Fall, dass sich der österreichische Gesetzgeber für einen Verzicht auf die Schaffung eines innerstaatlichen Pendants zu den Richtlinienregelungen über die Geschäftspraktiken entschlösse, ist es vorzugswürdig, im Rahmen des § 460 auch ausdrücklich auf derartige Geschäftspraktiken einzugehen. Freilich ist in diesem Kontext nochmals zu betonen, dass Geschäftspraktiken allein – seien sie nun grob nachteilig oder nicht – nie rechtliche Wirkungen erzeugen können, sondern solche Wirkungen nur in Ausnahmefällen aus einem Verhalten des Vertragspartners erschlossen werden könnte, das nach den Umständen des Rechtsgeschäfts die Annahme rechtfertigt, es wäre über den Inhalt einer etwaigen Vertragsurkunde hinaus daraus zu bestimmten ergänzenden Vereinbarungen gekommen (dies freilich immer nach dem strengen Maßstab des § 863 ABGB).

4. Wie schon erwähnt, gibt die Richtlinie dem Rechtsanwender einige – allerdings sehr allgemein gehaltene – Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit einer Vertragsklausel oder einer Praktik an die Hand, und zwar einerseits generell für den gesamten Fragenkreis der Zahlung und der Verzugsfolgen (Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstaben a und b) und andererseits spezifischer zu bestimmten Einzelfragen (Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c, Abs. 2 und 3). Diese wenigen Orientierungspunkte für die Nachteiligkeitsprüfung werden in § 460 Abs. 2 in das österreichische Recht übernommen, wobei durch die Formulierung klargestellt wird, dass es sich – selbstverständlich – nur um einen demonstrativen Katalog handelt. Dabei werden die Wendungen der Richtlinie durch inhaltlich gleichgelagerte Rechtsfiguren und Formulierungen, wie sie in der österreichischen Rechtsdogmatik bereits bekannt sind (wie etwa die „Übung des redlichen Verkehrs“), ersetzt.

Die in der generellen (nämlich für sämtliche Fragen der Zahlung und der Verzugsfolgen zum Tragen kommende) Anordnung des ersten Satzes von § 460 Abs. 2 genannte Überlegung, ob es im konkreten Fall einen sachlichen Grund für die Abweichung von der Übung des redlichen Verkehrs gibt, knüpft einerseits an die spezifischen Richtlinienregelungen zum Zinssatz, zur Zahlungsfrist und zum Pauschalbetrag für Betreibungskosten in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c an und hat andererseits eine Grundlage in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe a, zumal selbst eine grobe Abweichung dann nicht gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt, wenn es für sie in concreto einen sachlichen Grund gibt.

Mit dem zweiten Satz von § 460 Abs. 2 werden die Richtlinienregelungen in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c hinsichtlich einer vertraglichen Vereinbarung über die Höhe der Verzugszinsen sowie hinsichtlich einer vertraglichen Verringerung des Pauschalbetrags für Betreibungskosten gegenüber der in § 459 erster Satz festgesetzten Höhe von 40 Euro umgesetzt (hinsichtlich eines gänzlichen Ausschlusses einer Entschädigung für Betreibungskosten s. § 460 Abs. 5).

5. Bei den in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c der Richtlinie ebenfalls behandelten Vereinbarungen über die Zahlungsfrist ist neuerlich zwischen öffentlichen Auftraggebern und sonstigen Unternehmern als Geldschuldner zu unterscheiden. Gemäß Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie kann ein (bloßer) Unternehmer als Geldschuldner ohne weiteres eine Zahlungsfrist von bis zu 60 Kalendertagen vereinbaren. Nur die vertragliche Festlegung einer darüber hinausgehenden Zahlungsfrist steht nach dieser Richtlinienbestimmung unter der Voraussetzung, dass diese längere Frist für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist. Daraus zeigt sich, dass die Richtlinie bei Unternehmern die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen jedenfalls toleriert. Dem entspricht die Umsetzungsbestimmung des § 460 Abs. 3, wonach die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen – sofern es sich beim Geldschuldner nicht um einen öffentlichen Auftraggeber handelt – keinesfalls grob nachteilig ist. Bei den öffentlichen Auftraggebern reduziert sich diese generelle Toleranzgrenze gemäß Artikel 4 Abs. 6 der Richtlinie auf 30 Kalendertage. Daher kann bei einem öffentlichen Auftraggeber als Schuldner die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von bis zu 30 Tagen jedenfalls nicht grob nachteilig sein. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass sich ja schon die gesetzliche Zahlungsfrist nach der Richtlinie mit 30 Tagen bemisst; eine vertragliche Vereinbarung, deren Inhalt sich mit den gesetzlichen Anforderungen (wie sie auch ohne vertragliche Abrede gelten würden) zur Gänze deckt, kann keinesfalls als grob nachteilig verpönt sein.

Bei (bloßen) Unternehmern wird die Vereinbarung einer über dieser generellen Toleranzgrenze liegenden Zahlungsfrist nicht etwa durch eine absolute Obergrenze limitiert, sondern unter den Vorbehalt gestellt, dass sie nicht grob nachteilig sein darf (siehe neuerlich Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie). Diese weit gezogene Richtlinienvorgabe wird aber bereits durch die allgemeinen Umsetzungsregelungen in § 460 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz zur Gänze erfüllt, sodass es dazu keiner innerstaatlichen Sonderregelung bedarf. Anders verhält es sich mit solchen Zahlungsfristvereinbarungen bei öffentlichen Auftraggebern, weil hier schon der Regelwert für die Zahlungsfrist bei 30 Tagen liegt und zudem eine absolute Höchstfrist von 60 Tagen eingezogen ist. Hierüber findet sich die österreichische Umsetzungsbestimmung in § 457 Abs. 1. Sie knüpft die Wirksamkeit einer Vereinbarung über eine Zahlungsfrist von mehr als 30 (und höchstens 60) Tagen daran, dass dies auf Grund der besonderen Natur oder Merkmale des Vertrags sachlich gerechtfertigt wird; damit wird nicht nur den Vorgaben von Artikel 4 Abs. 6, sondern inhaltlich zugleich auch jenen von Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c der Richtlinie Genüge getan. Im Übrigen steht selbstverständlich auch bei öffentlichen Auftraggebern die Wirksamkeit einer solchen Verlängerungsvereinbarung gemäß § 460 Abs. 1 unter dem Vorbehalt der Verneinung grober Nachteiligkeit für den Gläubiger.

6. Die Bestimmung des § 460 Abs. 4, wonach der gänzliche Ausschluss von Verzugszinsen jedenfalls grob nachteilig ist, setzt die Richtlinienanordnung in Artikel 7 Abs. 2 um.

7. Der gänzliche vertragliche Ausschluss einer weiteren Verzugsfolge, nämlich der Entschädigung für Betreibungskosten, wird in Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie behandelt. Anders als in Artikel 7 Abs. 2 für den Ausschluss von Verzugszinsen wird hier aber die grobe Nachteiligkeit einer solchen Ausschlussvereinbarung nur vermutet. Demgemäß wird in § 460 Abs. 5 – anders als in § 460 Abs. 4 für den Ausschluss von Verzugszinsen – nicht angeordnet, dass eine solche Ausschlussvereinbarung jedenfalls grob nachteilig wäre. Hier wird nur bestimmt, dass ein gänzlicher Ausschluss der Betreibungskostenentschädigung nach § 459 als grob nachteilig gilt, dies allerdings nicht absolut und in ausnahmslos allen Fällen. Vielmehr wird die Möglichkeit offen gelassen, dass eine solche vertragliche Abrede über den Ausschluss von Betreibungskosten ausnahmsweise dennoch sachlich gerechtfertigt und damit wirksam sein könnte. Diese Anordnung bezieht sich sowohl auf den Pauschalbetrag nach § 459 erster Satz als auch auf den Ersatz darüber hinausgehender Betreibungskosten, für den § 459 zweiter Satz auf das allgemeine Schadenersatzrecht verweist.

 

Zu § 461

1. Wie schon ihre Vorgängerin verpflichtet auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 Abs. 4 und 5 die Mitgliedstaaten zur Schaffung (oder Beibehaltung) von Rechtsvorschriften wonach Organisationen zur Vertretung von Unternehmen gegen grob nachteilige Vertragsklauseln die Gerichte (oder die zuständigen Verwaltungsbehörden) anrufen können; die Neuregelung in Artikel 7 Abs. 5 schließt nun auch grob nachteilige Praktiken als Gegenstand einer solchen Befassung der Gerichte mit ein. Bei der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie hat der Gesetzgeber zur Erfüllung dieser gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung in Artikel V des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes eine eigene Bestimmung über eine Verbandsklage zur Bekämpfung unangemessen langer Zahlungsfristen oder wesentlich unter den gesetzlichen Zinsen liegender Verzugszinsen geschaffen. Zu Einzelfragen dieser Verbandsklage verweist die Regelung auf entsprechende Bestimmungen des UWG 1984.

2. Die Schaffung eines neuen Abschnitts im UGB zur Umsetzung der Regelungen der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie bietet nun die Möglichkeit, die Bestimmung über die Verbandsklage in diesen Abschnitt einzubeziehen und damit auch in einen prima vista passenden Sachkontext zu stellen. Welcher Regelungsort für die Verbandsklage letztlich gewählt wird, soll freilich erst anhand der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens entschieden werden.

Gegenüber der früheren Verbandsklagebestimmung waren nun jedoch mehrere Erweiterungen vorzunehmen. Die erste dieser Erweiterungen ist personeller Art: Da die neue Zahlungsverzugsrichtlinie nun ausdrücklich auch öffentliche Stellen in ihr Regulativ einbezieht und für diese in ihrem Artikel 4 sogar strengere Vorgaben enthält als für (bloße) Unternehmen und da sich die Richtlinienregelungen über nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken deshalb ohne jeden Zweifel sowohl auf Unternehmen als auch auf öffentliche Stellen beziehen, führt unionsrechtlich kein Weg daran vorbei, auch die öffentlichen Auftraggeber (als innerstaatliches Pendant zu den „öffentlichen Stellen“ der Richtlinie) als passiv legitimierte Rechtssubjekte in der neuen Bestimmung über die Verbandsklage zu nennen. Dies kann selbstverständlich dazu führen, dass verbandsklagebefugte Vereinigungen auch öffentliche Auftraggeber auf Unterlassung richtlinienwidriger Handlungsweisen in Anspruch nehmen, und dies unter Umständen sogar grenzüberschreitend. Es ist zwar nachvollziehbar, dass die Vorstellung solcher Verbandsklagen gegen öffentliche Auftraggeber bei den Stellen, die deren Interessen vertreten, ein gewisses Missfallen auslöst, wie dies in den ersten Vorberatungen zur Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs auch zum Ausdruck gebracht wurde. Doch besteht – wie gesagt – zu einer ausdrücklichen Miteinbeziehung auch der öffentlichen Auftraggeber in die innerstaatliche Verbandsklagebestimmung angesichts der eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben keine Alternative. An dieser Stelle sei angemerkt, dass darin in Wahrheit kein Novum liegt: Die Umsetzungsvorschrift zur früheren Zahlungsverzugsrichtlinie hatte in ihrem Artikel V über die Verbandsklage die öffentlichen Stellen (oder öffentlichen Auftraggeber) zwar nicht ausdrücklich erwähnt, doch wurde in den Gesetzesmaterialien dazu bereits unmissverständlich ausgeführt, dass diese Gesetzesbestimmung es auch ermögliche, „dass sich Unternehmerverbände gegen unfaire Zahlungsbedingungen von öffentlichen Auftraggebern zur Wehr setzen können“ (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 18).

Die zweite Erweiterung betrifft den Gegenstand der Verbandsklage, also die verpönten Handlungen. Nach der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie geht es nicht mehr bloß um Zahlungsfristen oder Verzugszinsen, sondern weitergehend um sämtliche grob nachteiligen Vertragsbestimmungen im Zusammenhang mit dem Zahlungstermin, der Zahlungsfrist, dem Verzugszinssatz oder der Entschädigung für Betreibungskosten. Überdies werden neben grob nachteiligen Vertragsbestimmungen auch derartige Geschäftspraktiken von der Regelung erfasst.

Im Übrigen ist § 461 UGB mit seiner Vorgängerregelung in Artikel V ZinsRÄG identisch.

 

 

Zu Artikel 3 (Änderung des ASGG)

1. Im Zuge der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie durch das ZinsRÄG wurde auch das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz unter anderem hinsichtlich der gesetzlichen Verzugszinsen geändert, und zwar inhaltlich parallel zu der im damals neuen § 1333 Abs. 2 ABGB entsprechend der Richtlinie konzipierten Bestimmung über die gesetzlichen Verzugszinsen (die später in § 352 UGB transferiert wurde). Konkret wurde in § 49a ASGG für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis der Höhe nach genau der selbe Verzugszinssatz, nämlich 8 Prozentpunkte über dem geltenden Basiszinssatz, vorgesehen wie in § 1333 Abs. 2 ABGB aF für Geldforderungen zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften. Eine (bewusste) Divergenz zwischen den beiden Verzugszinsenregelungen bestand (und besteht) nur darin, dass die Bestimmung im ABGB bzw. später im UGB in Anlehnung an die Richtlinienvorgabe (wenngleich dieser nicht exakt entsprechend; vgl. Punkt 5 der Ausführungen zu § 456) im Zeitverlauf wechselnd an den Basiszinssatz am letzten Kalendertag des jeweils vorangegangenen Halbjahres anknüpfte, während die Bestimmung im ASGG zeitlich fixiert und damit für den gesamten Verzugszinsenlauf gleichbleibend auf die Höhe des Basiszinssatzes am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung abstellt. In den Gesetzesmaterialien wurde diese gemeinschaftsrechtlich nicht indizierte Gleichschaltung des Verzugszinssatzes für Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis mit jenem für unternehmerische Forderungen damit begründet, dass dadurch eine Ungleichgewichtslage zwischen den beiden Gläubigergruppen vermieden werde solle (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 17).

2. Wie oben zu Artikel 2, § 456 UGB, ausgeführt wurde, muss aufgrund der neuen Richtlinienvorgaben der Verzugszinssatz für das unternehmensbezogene Geschäft angehoben werden. In Anknüpfung an die seinerzeitigen Überlegungen zum ZinsRÄG muss daher nun auch in § 49a ASGG eine korrespondierende Zinssatzanhebung vorgenommen werden, weil andernfalls nun gerade jenes Ungleichgewicht entstünde, das schon bei der Umsetzung der früheren Richtlinie hintan gehalten werden sollte. Es wäre auch sachlich nicht nachvollziehbar, den in der Regel „stärkeren“ unternehmerischen Gläubiger durch den höheren Verzugszinssatz nach der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie besser zu stellen als den regelmäßig „schwächeren“ Arbeitnehmer – denn um Arbeitnehmerforderungen geht es in § 49a ASGG in aller Regel – bei Beibehaltung der bisherigen Rechtslage. Daher soll die Harmonisierung des Verzugszinssatzes in den beiden Rechtsbereichen auch über die Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie hinweg fortgesetzt werden.

Ebenso wie bei § 456 UGB werden auch hier beide denkbaren Alternativen, nämlich die Konstruktion des Verzugszinssatzes über den österreichischen Basiszinssatz einerseits und jene über den europäischen Bezugszinssatz andererseits, zur Diskussion gestellt. Zu diesen beiden Alternativen wird auf die umfassenden Ausführungen zu § 456 verwiesen. Die erstgenannte Alternative findet sich in der vorgeschlagenen Neufassung zu § 49a ASGG (Erhöhung von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz). Bei Wahl der zweiten Alternative hätte der erste Satz von § 49a ASGG hingegen wie folgt zu lauten:

„Die gesetzlichen Zinsen für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (§ 50 Abs. 1) betragen neun vom Hundert pro Jahr über dem am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit geltenden Bezugszinssatz, das ist der von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngsten Hauptrefinanzierungsoperationen angewendete Zinssatz, bei Durchführung dieser Hauptrefinanzierungsverfahren nach einem Tenderverfahren mit variablem Zinssatz aber der sich daraus ergebende marginale Zinssatz.“

An der seinerzeitigen Entscheidung, über den Zeitverlauf gleichbleibend auf jene Referenzgröße abzustellen, die am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit in Geltung steht, müsste auch bei Konstruktion über den Bezugszinssatz nichts geändert werden.

3. Eine dritte denkbare Vorgangsweise könnte darin liegen, selbst im Fall einer Konstruktion des neuen Verzugszinssatzes in § 456 UGB nach dem europäischen Bezugszinssatz hier im Bereich des ASGG weiterhin bei dem in Österreich eingelebten Basiszinssatz zu bleiben, da dieser ja auch in zahlreichen anderen bundesgesetzlichen Vorschriften, wie beispielsweise im ASVG, im BTVG, im TNG 2011 oder im WEG 2002, weiterhin unverändert in Geltung stehen wird. Eine konzeptuelle Abkoppelung von § 456 UGB wäre daher auch für das ASGG nicht unangemessen. Allerdings wäre diesfalls zur Herstellung eines zumindest annähernden Gleichmaßes in der Höhe des Verzugszinssatzes eine Anhebung der Zusatzprozentspanne von derzeit acht auf künftig neun Prozentpunkte zu überlegen.

 

 

Zu Artikel 4 (Änderung des VKrG)

Die Anhänge II und III des Verbraucherkreditgesetzes sind an die Berichtigung der Verbraucherkredit-Richtlinie durch das Corrigendum ABl. Nr. L 234 vom 10.9.2011, S. 46, anzupassen.

 

 

Zu Artikel 5 (Außerkrafttreten von Artikel V ZinsRÄG)

Die bisherige Verbandsklageregelung zur früheren Zahlungsverzugsrichtlinie, die in Art V ZinsRÄG verortet war, kann im Hinblick auf die neue, in den Achten Abschnitt des Vierten Buchs des UGB eingebettete Verbandsklagebestimmung außer Kraft gesetzt werden. Im Übrigen sei auf die Erläuterungen zu § 461 UGB verwiesen.

 

 

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten, Übergangsbestimmung, Vollziehung)

Dieser Artikel enthält die Regelungen über das Inkrafttreten des neuen Gesetzes und über die Vollziehungszuständigkeit. Überdies statuiert er eine Übergangsregelung, wonach das neue, auf der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie basierende Recht nur auf solche Vertragsverhältnisse anzuwenden ist, die nach dem Inkrafttreten der neuen Umsetzungsregelungen eingegangen werden. Damit wird von einer Regelungsermächtigung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie in deren Übergangsrecht Gebrauch gemacht. Die neue Richtlinie überlässt es in ihrem Artikel 12 Abs. 4 den Mitgliedstaaten, darüber zu entscheiden, ob Verträge, die vor dem 16. März 2013 – dem spätestmöglichen Datum für die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie – geschlossen wurden, von der Anwendung der neuen, strengeren Regelungen ausgenommen werden. Österreich macht von dieser Regelungsermächtigung insofern Gebrauch, als die Frist zur Umsetzung des neuen Regulativs nicht zur Gänze ausgeschöpft wird, sondern das Umsetzungsgesetz bereits mit Anfang Dezember 2012 in Kraft treten soll. Vertragsverhältnisse, die vor diesem Umsetzungsdatum geschlossen wurden, sollen weiterhin den bisherigen Vorschriften unterliegen. Die Bestimmungen des Zahlungsverzugsgesetzes sollen also nur für jene Vertragsverhältnisse zum Tragen kommen, die ab seinem Inkrafttreten geschlossen wurden (auch wenn der Vertragsabschluss vor dem 16. März 2013 stattfindet). Im Ergebnis bedeutet dies, dass auf ein vor dem 1. Dezember 2012 geschlossenes Vertragsverhältnis auch dann noch uneingeschränkt und gleichbleibend die bisherigen Vorschriften anzuwenden sind, wenn beispielsweise der Verzug des Geldschuldners erst nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintritt. Das intertemporale Differenzierungskriterium liegt also beim Vertragsabschluss und nicht bei anderen Ereignissen im Zuge der Vertragsabwicklung. Wenn die rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien, die in ihrem Zusammenwirken zum Vertragsabschluss führen, zeitlich auseinanderfallen, ist für diese Übergangsfrage die spätere Willenserklärung maßgeblich.

Die in Artikel 4 vorgesehene Änderung des Verbraucherkreditgesetzes soll – anders als die sonstigen Inhalte dieses Bundesgesetzes – sofort mit dem Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft treten, weil es sich dabei nur um eine geringfügige Änderung auf Grund eines Corrigendums zur Verbraucherkreditrichtlinie handelt und hier daher eine Legisvakanz nicht vonnöten ist.

 

 

Zu Artikel 7 (Umsetzungshinweis)

Dieser Artikel enthält den in Artikel 12 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie geforderten Umsetzungshinweis.