Entwurf

Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse und die Änderung des Börsesensale-Gesetzes (Produktenbörsegesetz 2013)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Art. 1

Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Produktenbörse

Organisation und Aufgaben

§ 1. (1) Die Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien („Produktenbörse“) ist eine auf der Selbstverwaltung beruhende Körperschaft öffentlichen Rechts, der folgende Aufgaben zukommen:

           1. Marktbeobachtung, Preisermittlung und -notierung bei landwirtschaftlichen Produkten,

           2. Abhaltung von Börseversammlungen,

           3. Festlegung von Usancen für den Geschäftsverkehr,

           4. Erstattung von Gutachten,

           5. Ausübung der Schiedsgerichtsbarkeit.

(2) Vom Börsehandel umfasst sind landwirtschaftliche Produkte, die in der Geschäftsordnung der Produktenbörse näher bezeichnet werden. Als Börsegeschäfte gelten jene Geschäfte, die im Börsesaal während der Börsezeit über solche Produkte geschlossen werden, welche an der Produktenbörse gehandelt werden dürfen.

Organe

§ 2. (1) Die Organe der Produktenbörse sind:

           1. die Börsekammer und deren Ausschüsse,

           2. der Präsident,

           3. das Präsidium,

           4. der Präsident des Schiedsrichterkollegiums.

(2) Die Börsekammer besteht aus Börseräten, deren Anzahl, Bestellung und Abberufung in der Geschäftsordnung geregelt werden. Das Amt des Börserats ist ein unbesoldetes Ehrenamt und persönlich auszuüben. Zur Besorgung einzelner Aufgaben kann die Börsekammer Ausschüsse einsetzen.

(3) Die Börsekammer ist zuständig für:

           1. die Erlassung der Geschäftsordnung und deren Änderung,

           2. die Durchführung der Wahlen zur Bestellung der Organe der Produktenbörse,

           3. die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, Ausschussmitglieder, Kassenverwalter und Rechnungsprüfer,

           4. die Abberufung von Börseräten,

           5. die Bestellung und Enthebung von Börsesensalen und anderen Vermittlern,

           6. die Entscheidung über Rechtsmittel entsprechend der Geschäftsordnung,

           7. die Genehmigung des Voranschlags und des Rechnungsabschlusses,

           8. die Verwaltung des Börsefonds,

           9. die Erlassung der Dienst- und Bezugsordnung für das Personal der Produktenbörse,

         10. die Festsetzung der Regeln für den Börsehandel und der Usancen für den Geschäftsverkehr.

(4) Der Präsident leitet die Produktenbörse und vertritt sie nach außen. Er entscheidet in allen Angelegenheiten, die nicht der Börsekammer oder ihren Ausschüssen vorbehalten sind. Im Verhinderungsfall wird der Präsident durch einen der Vizepräsidenten gemäß ihrer Reihung vertreten.

(5) Das Präsidium wird von der Börsekammer gewählt. Es besteht aus dem Präsidenten, dem ersten, zweiten und dritten Vizepräsidenten und dem Kassenverwalter und berät den Präsidenten bei seinen Entscheidungen; in außerordentlichen Angelegenheiten hat der Präsident das Präsidium zu konsultieren. Den Beratungen des Präsidiums ist der Präsident des Schiedsrichterkollegiums beizuziehen.

(6) Die Bürogeschäfte der Produktenbörse werden durch das Sekretariat (Börsesekretär) besorgt. Mit der zusammenfassenden Behandlung der Geschäfte der Produktenbörse kann ein Generalsekretär betraut werden.

Schiedsgericht

§ 3. (1) An der Produktenbörse besteht ein Schiedsgericht. Die Zuständigkeit und das Verfahren des Schiedsgerichts gründen sich auf die in den Art. XIII bis XXVII EGZPO festgelegten Bestimmungen für die Börsenschiedsgerichte sowie die darauf erlassene Schiedsgerichtsordnung. Die Schiedsgerichtsordnung hat Regelungen über die Zusammensetzung und den Wirkungskreis des Schiedsgerichts sowie das Verfahren vor dem Schiedsgericht zu enthalten und ist durch Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz zu erlassen. Bis zur Erlassung dieser Verordnung gilt die Schiedsgerichtsordnung der Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien, BGBl. II Nr. 347/2009.

(2) Die Funktion des Schiedsrichters ist ein unbesoldetes Ehrenamt und persönlich auszuüben. Die Funktionsperiode der Schiedsrichter dauert vier Jahre; die mehrmalige Ausübung der Funktion ist zulässig. Die Gesamtheit der Schiedsrichter bildet das Schiedsrichterkollegium. Bei der Bestellung des Schiedsrichterkollegiums ist auf eine fachliche Ausgewogenheit zwischen Sachverständigen aus den landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen Bedacht zu nehmen. Die näheren Bestimmungen über die Bildung der Schiedsgerichte sind in der Schiedsgerichtsordnung festzulegen.

Grundsätze des Börsebetriebs

§ 4. Die Produktenbörse hat die ihr durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben unter Bedachtnahme auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Handel und auf die schutzwürdigen Interessen der Marktteilnehmer zu besorgen.

Geschäftsordnung

§ 5. (1) Die Tätigkeiten der Produktenbörse werden auf Grundlage einer von der Börsekammer beschlossenen Geschäftsordnung durchgeführt, die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu genehmigen ist.

(2) Die Geschäftsordnung hat insbesondere zu enthalten:

           1. die Geschäftsbereiche der Produktenbörse,

           2. die Voraussetzungen für die Börsemitgliedschaft und den Börsebesuch,

           3. die Rechte und Pflichten der Börsemitglieder und Börsebesucher,

           4. die Wahl oder Berufung sowie Zusammensetzung der Organe und deren Rechte, Pflichten und Funktionsdauer,

           5. die Erfordernisse für gültige Beschlussfassungen durch die Organe,

           6. die Verwaltung und Verwendung des Börsevermögens,

           7. die Festlegung der Börsezeit und des Börseorts,

           8. die Gebühren für Tätigkeiten der Produktenbörse,

           9. die Bestimmungen über die Kundmachung der zu verlautbarenden Mitteilungen.

Börsehandel

§ 6. (1) Der Handel an der Produktenbörse erfolgt direkt zwischen den Börsebesuchern oder durch Vermittlung von Sensalen oder hiezu von der Börsekammer berechtigten Personen. Soweit Sensale als Vermittler tätig werden, sind die Bestimmungen des Börsesensale-Gesetzes, BGBl. Nr. 3/1949, anzuwenden.

(2) Der Börsehandel hat nach ausgewogenen und nach dem Prinzip der Gleichbehandlung aller Markteilnehmer entsprechenden Regeln abzulaufen. Es dürfen keine Geschäfte geschlossenen werden, die nur dem Schein oder der Benachteiligung Dritter dienen. Die Börsekammer hat entsprechend dem Handelsbrauch und den Erfordernissen des Handels Usancen für den Geschäftsverkehr zu erlassen.

Preisnotierung

§ 7. (1) An der Produktenbörse erfolgen durch den zuständigen Ausschuss der Börsekammer Notierungen der vom Börsehandel umfassten landwirtschaftlichen Produkte auf Grund von Preiserfahrungen aus Geschäftsabschlüssen seit der letzten Notierung an dieser Börse.

(2) Die Produktenbörse hat unverzüglich für die Veröffentlichung der gemäß Abs. 1 ermittelten Preise in den Kursblättern zu sorgen.

Aufsicht

§ 8. (1) Die Produktenbörse unterliegt der Aufsicht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend; sie wird durch den Börsekommissär ausgeübt. Der Börsekommissär hat die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu überwachen.

(2) Die Handelsaufsicht obliegt dem Präsidenten, der diese Aufgabe einem Mitglied des Präsidiums oder einem Mitglied der Börsekammer übertragen kann.

Börsekommissär

§ 9. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend den Börsekommissär und die erforderliche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen. Sie sind in ihrer Funktion den Weisungen der Bundesminister unterworfen und können jederzeit abberufen werden.

(2) Zum Zweck der Ausübung ihrer Aufsichtspflicht sind sie insbesondere berechtigt,

           1. an allen Sitzungen der Börsekammer und deren Ausschüsse, des Präsidiums und des Schiedsrichterkollegiums teilzunehmen,

           2. jederzeit von den Organen der Produktenbörse und Sensalen alle zur Wahrnehmung ihrer Aufsicht erforderlichen Auskünfte und Einsicht in Aufzeichnungen und Dokumente zu verlangen.

Schlussbestimmungen

§ 10. (1) Bei den in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

(2) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Rechtsvorschriften verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Vollzugsklausel

§ 11. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betraut, und zwar hinsichtlich

           1. des § 3 Abs. 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz;

           2. der §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

Inkrafttreten

§ 12. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2013 in Kraft.

(2) Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes treten außer Kraft:

           1. die Verordnung der Bundesministerien für Land- und Forstwirtschaft, für Finanzen und für Handel und Verkehr betreffend die Berufung von Mitgliedern in die Leitung der landwirtschaftlichen Börsen, BGBl Nr. 362/1924,

           2. das Gesetz vom 4. Jänner 1903, mit welchem einige abändernde und ergänzende Bestimmungen zu dem Gesetze vom 1. April 1875, R.G.Bl. Nr. 67, betreffend die Organisierung der Börsen, erlassen werden, RGBl. Nr. 10/1903, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 555/1989, und

           3. § 22 Abs. 4 bis 7 des Bundesgesetzes über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, BGBl. I Nr. 83/2004.

Art. 2

Änderung des Börsesensale-Gesetzes

Das Bundesgesetz vom 13. Oktober 1948 über Börsesensale (Börsesensale-Gesetz), BGBl. Nr. 3/1949, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 555/1989, wird wie folgt geändert:

1. § 13 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Höhe der Maklergebühr wird durch die Börsekammer – nach Konsultation der beruflichen Interessenvertretung und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – bestimmt.“

2. In § 17 werden die Bezeichnungen „Landeshauptmann“ durch „Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft“ sowie „Landeskammer für gewerbliche Wirtschaft“ durch „Wirtschaftskammer Österreich“ ersetzt.

3. § 22 Abs. 1 Z 2 lautet:

         „2. Geldstrafen bis € 30.“

4. § 23 Z 1 lautet:

         „1. Geldstrafen bis € 300;“