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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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46. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 19. November 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

46. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 19. November 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 19. November 2009: 9.05 – 21.12 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 246/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991, geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) erlassen wird sowie das Polizeikooperationsgesetz und das Sicherheits­polizeigesetz geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 56/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kol­le­gin­nen und Kollegen betreffend die sofortige Abstandnahme vom Projekt eines „Schub­haftzentrums“ in Leoben

5. Punkt: Bericht über den Antrag 57/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die dringende Aufstockung der Grazer Exekutive um zusätzliche 300 Polizisten

6. Punkt: Bericht über den Antrag 777/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die geplante Verlegung von 100 Polizisten nach Graz-Straßgang

7. Punkt: Bericht über den Antrag 457/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haftbedingungen in den in der Volksrepublik China Laogai (Umerziehungslager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) ge­nannten Gefangenenlagern

8. Punkt: Bericht über den Antrag 756/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Folterung und Todesfälle Oppositioneller in iranischen Gefängnissen

9. Punkt: Bericht über den Antrag 773/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weltweite Unter­stützung von Meinungsfreiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über den Antrag 774/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Menschen­rechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicher­heitsrat

11. Punkt: Bericht über den Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel

12. Punkt: Bericht über den Außenpolitischen Bericht 2008 der Bundesregierung

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

14. Punkt: Annex XVIII: Welt-Fremdenverkehrsorganisation zum Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen der Vereinten Nationen samt Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen

15. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdöl­exportierenden Länder zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Öster­reich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder

16. Punkt: Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Österreich

17. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2008

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundes­finanz­gesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, ge­än­dert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistikgesetz 2000 und das E-Government-Gesetz geändert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 276/A der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Register­zäh­lungsgesetz (RegZG), BGBl. I Nr. 33/2006 i.d.g.F., geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 234/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erschließung der Kunst- und Kulturwelt für seh­behinderte Menschen

22. Punkt: Bericht über den Antrag 316/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz österreichischer Kulturgüter

23. Punkt: Bericht über den Antrag 420/A(E) der Abgeordneten Hermann Krist, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen und über den

Antrag 421/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Doping­bestim­mun­gen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 3

24. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (501 St 75/09t) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Ordnungsrufe ........................................................................................................  58, 154

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 831/A(E) der Abge­ordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Banken­konkursordnung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Dezember 2009 zu setzen ......................................................................................... 39

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 39

Redner/Rednerinnen:

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ... 126

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 129

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 130

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 131

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 132

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 133

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ..................................................................... ... 135

Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 845/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofor­tiges Notbudget von 200 Millionen € für Universitäten gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Dezember 2009 zu setzen – Ablehnung ......  40, 235

Antrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 844/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qua­litäts­verbesserung an österreichischen Hochschulen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 9. Dezember 2009 zu setzen – Ablehnung ......  40, 235

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 40

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit den Aus­führungen der Abgeordneten Mag. Alev Korun in der Debatte über die Tages­ordnungspunkte 1 bis 6:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 49

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 49

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler betreffend einen ihm erteilten Ordnungsruf ........ 175


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 4

Fragestunde (7.)

Inneres .......................................................................................................................... 17

Otto Pendl (45/M); Hermann Gahr, Mag. Ewald Stadler, Mag. Albert Steinhauser, Leopold Mayerhofer

Günter Kößl (43/M); Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Gabriela Moser, Werner Herbert, Anton Heinzl

Werner Herbert (47/M); Rudolf Plessl, Ing. Norbert Kapeller, Erich Tadler, Tanja Windbüchler-Souschill

Ing. Peter Westenthaler (49/M); Mag. Albert Steinhauser, Harald Vilimsky, Hannes Fazekas, Gabriele Tamandl

Mag. Alev Korun (48/M); Lutz Weinzinger, Mag. Johann Maier, Adelheid Irina Fürntrath-Moretti, Gerald Grosz

Angela Lueger (46/M); Nikolaus Prinz, Dr. Martin Strutz, Mag. Alev Korun, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

Erwin Hornek (44/M); Ernest Windholz, Mag. Alev Korun, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Gisela Wurm

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 37

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (367 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (430 d.B.) ........................................................................................................................ 41

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 246/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheits­polizei­gesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991, geändert wird (432 d.B.) ..................................................... 41

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gierungsvorlage (391 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) erlassen wird sowie das Polizeikoopera­tionsgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (431 d.B.) ................. 41

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den An­trag 56/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die sofortige Abstandnahme vom Projekt eines „Schubhaftzentrums“ in Leoben (433 d.B.) .................................................................... 41

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 57/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dringende Aufstockung der Grazer Exekutive um zusätzliche 300 Polizisten (434 d.B.) ............................................................................. 41


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 5

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 777/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Verlegung von 100 Polizisten nach Graz-Straßgang (435 d.B.) ...................................................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Ing. Peter Westenthaler ........................................................................................  42, 81

Günter Kößl ............................................................................................................. ..... 44

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 46

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 49

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 52

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 54

Gerald Grosz ................................................................................................................. 57

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 58

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 60

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 62

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 64

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 66

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ........................................................................... ..... 68

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 69

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 70

Ernest Windholz ...................................................................................................... ..... 71

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ..... 72

Karl Öllinger ............................................................................................................ ..... 74

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 77

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 77

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ..... 78

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ..... 79

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ..... 80

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ..... 83

Dieter Brosz ............................................................................................................. ..... 83

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 84

Erwin Hornek .........................................................................................................  85, 88

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ..... 86

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 87

Werner Herbert ....................................................................................................... ..... 87

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 90

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ..... 91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung des Lehrberufes „Polizeibeamter“ – Einführung des Ausbildungsmodells „Polizeipraktikant“ – Ablehnung           89, 93

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 430 und 431 d.B. ........................................... 92

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 432, 433, 434 und 435 d.B. ..................... 92

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 457/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verbesserung der Haftbedingungen in den in der Volksrepublik China Laogai (Umerziehungslager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) genannten Gefangenenlagern (351 d.B.) ......................................................................................................................................... 93

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 93

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ..... 95

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 96

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 97


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationslage über Haftbedingungen – Ablehnung .............................................  94, 98

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 351 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbesserung der Haftbedingungen in den in der Volks­republik China Laogai (Umerziehungslager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) genannten Gefangenenlagern (E 60) ................................. 98

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 756/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Folterung und Todesfälle Oppositioneller in iranischen Gefängnissen (352 d.B.) ................................................................................................ 98

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ..... 98

Rudolf Plessl ................................................................................................................. 99

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 100

Christoph Hagen ........................................................................................................ 100

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 101

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 352 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Folterung und Todesfälle Oppositioneller in iranischen Gefängnissen (E 61) ............................. 102

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 773/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungs­freiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen (354 d.B.) ....................... 102

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 774/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat (355 d.B.) ...................................................................................................................... 102

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den An­trag 772/A(E) der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Unterstützung der Rechte der christ­lichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel (353 d.B.)           ............................................................................................................................. 102

Redner/Rednerinnen:

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 102

Dr. Ursula Plassnik ................................................................................................. ... 103

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 104

Stefan Petzner ............................................................................................................ 105

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 106

Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ......................................................... ... 107

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 108

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 109

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 110

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 110

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 111

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 112


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 7

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 354 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungsfreiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen (E 62)                        113

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 355 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbe­völkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat (E 63) ............................................................................................................................ 113

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 353 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel (E 64) ........................................................................................................ 113

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen­politi­schen Bericht 2008 (III-89 d.B.) der Bundesregierung (436 d.B.) ................................................................................... 114

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (386 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (437 d.B.)                   114

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (321 d.B.): Annex XVIII: Welt-Fremdenverkehrsorganisation zum Über­ein­kommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen der Vereinten Nationen samt Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen (438 d.B.) ...................................................................................................................... 114

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regie­rungs­vorlage (344 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Organi­sation der erdölexportierenden Länder zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder (439 d.B.) ................ 114

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (392 d.B.): Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Öster­reich (440 d.B.) ........................................................ 114

Redner/Rednerinnen:

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ... 114

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 116

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 117

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 119

Dr. Alexander Van der Bellen ..........................................................................  121, 155

Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ............................................................. 123

Dr. Ursula Plassnik ...........................................................................................  125, 135

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 136

Bernhard Themessl ................................................................................................... 137

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 138

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 139

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 140

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 141

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 143

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 144

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 146

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 147

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 148

Johann Singer ......................................................................................................... ... 150


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 8

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 151

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 152

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 154

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des Kreuzes in Europas und Österreichs Klas­senzimmern – Ablehnung  145, 156

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des EGMR in der Rechtssache Lautsi vs. Italien vom 3. November 2009 über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern – Annahme (E 65)      149, 156

Kenntnisnahme des Berichtes III-89 d.B. ..................................................................... 156

Annahme des Gesetzentwurfes in 437 d.B. ................................................................ 156

Genehmigung der drei Staatsverträge in 438, 439 und 440 d.B. ................................. 157

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsab­schluss (III-87 d.B.) für das Jahr 2008 (428 d.B.) ..................................................................................................... 157

18. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (394 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundes­finanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (429 d.B.) ............................................................................ 157

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 157

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 159

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 160

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 163

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 164

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 165

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 166

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 168

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 169

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 171

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 172

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 173

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 175

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 176

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 177

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 178

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 178

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 179

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 179

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 180

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 181

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beseitigung der Pensionsprivilegien in der Oesterreichi­schen Nationalbank – Ablehnung               162, 183

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 428 und 429 d.B. ......................................... 183


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (320 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundes­gesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistik­ge­setz 2000 und das E-Government-Gesetz geändert werden (419 d.B.)                            183

20. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 276/A der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz (RegZG), BGBl. I Nr. 33/2006 i.d.g.F., geändert wird (420 d.B.) .................................. 183

Redner/Rednerinnen:

Stefan Petzner ...................................................................................................  183, 193

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 186

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ... 187

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 188

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 191

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 191

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 192

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 194

Johann Singer ......................................................................................................... ... 195

DDr. Werner Königshofer ................................................................................  196, 198

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 197

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 197

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 198

Annahme des Gesetzentwurfes in 419 d.B. ................................................................ 199

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 420 d.B. ..................................................... 200

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 234/A(E) der Abge­ord­neten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erschließung der Kunst- und Kulturwelt für sehbehinderte Menschen (455 d.B.) ...................................................................................................................... 200

22. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 316/A(E) der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz österreichischer Kulturgüter (456 d.B.)                       200

Redner/Rednerinnen:

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 200

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 201

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 202

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 203

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 204

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 205

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 206

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 207

Josef Jury ................................................................................................................ ... 208

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 208

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 209

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 210

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 211

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 455 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Erschließung der Kunst- und Kulturwelt für sehbehinderte Menschen (E 66) ......... ... 212


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 10

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 456 d.B. ..................................................... 212

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den An­trag 420/A(E) der Abgeordneten Hermann Krist, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestim­mungen und über den

Antrag 421/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen (422 d.B.) .......... 212

Redner/Rednerinnen:

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 212

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 213

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 215

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 217

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 218

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ... 221

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 224

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 224

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 225

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 226

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 226

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 227

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 228

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 422 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestim­mungen (E 67) ................ 229

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 422 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen gegen Doping (E 68) ............................................................................... 229

24. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (501 St 75/09t) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber (470 d.B.) ...................................................................................................................... 229

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 229

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 233

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 234

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 235

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 36

457: Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertrages der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Konferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), durch die Kon­ferenz der Regierungsbevollmächtigten (Minneapolis 1998) sowie durch die Kon­ferenz der Regierungsbevollmächtigten (Marrakesch 2002), samt Erklärungen und Vorbehalten

477: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Aufbau und die Zu­ständigkeitsregelung der Abgabenverwaltung des Bundes erlassen wird (Ab­gaben­verwaltungsorganisationsgesetz 2010 – AVOG 2010) sowie das Einkom­


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men­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebühren­ge­setz 1957, das Kapitalverkehrsteuergesetz 1934, das Versicherungssteuer­ge­setz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kraftfahrzeugsteuer­gesetz 1992, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, die Bundesabgabenord­nung, das Finanzstrafgesetz, das Rundfunkgebührengesetz, das Entschädigungs­ge­setz CSSR und das EG-Vollstreckungsamtshilfegesetz geändert werden – Bundesgesetz über die Neuordnung der Zuständigkeitsregelungen in Abgaben­sachen

478: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Investmentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Zahlungs­dienstegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Interbankmarktstär­kungs­gesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden

479: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und die Abgabenexe­kutionsordnung geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2009 (AbgÄG 2009)

480: Bundeshaushaltsgesetz 2013 – BHG 2013

481: Bundesgesetz, mit dem das Buchhaltungsagenturgesetz geändert wird

482: Bundesgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden

483: Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 – BRÄG 2010

484: Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – RÄG 2010

485: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partner­schaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessord­nung, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungs­gesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen­vorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungs­gesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversiche­rungs­gesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Ge­bührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgaben­ord­nung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsver­fahrensge­setz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertrags­be­diens­tetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landesleh­rer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wache­bediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungs-


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gesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Na­mensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asyl­gesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltech­nikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdis­zipli­nargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungs­ge­setz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden

486: Kinderbeistand-Gesetz

487: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregister­ge­setz geändert werden

488: 2. Dienstrechts-Novelle 2009

489: Bundesgesetz, mit dem das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Vertragsbedienstetengesetz 1948 und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden

Anträge der Abgeordneten

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung des Lehrberufes „Polizeibeamter“ – Einführung des Ausbildungsmodells „Polizeipraktikant“ (870/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiter­entwicklung der Behindertenanwaltschaft (871/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend freiwillige Kennzeichnung des SAR-Wertes von Mobiltelefonen (872/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende radio­logische Untersuchung bei behaupteter, jedoch zweifelhafter Minderjährigkeit im Fremdenrecht (873/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung basierend auf der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (874/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung des Antifolter-Übereinkommens (875/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ratifizierung der UN-Konven­tion gegen das Verschwindenlassen von Personen (876/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Kon­vention gegen das Verschwindenlassen von Personen im Strafgesetzbuch (StGB) (877/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch (StGB) geändert wird (878/A)


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Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend erforderliche Maßnahmen gegen überlange Arbeitszeiten und zur Schaffung von mehr Arbeits­plätzen (879/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Additiv­faches für Geriatrie (880/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Facharzt­ausbildung für Allgemeinmedizin (881/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrstuhl für Geriatrie (882/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informations- und Werbe­maßnahmen der Regierung in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit (883/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturauftrag des ORF (884/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abkehr von den Basel-II-Grund­sätzen (885/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, das Gaswirtschaftsgesetz und das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert werden (886/A)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt religiöser Symbole der christlich-abendländischen Kultur, insbesondere des Kreuzes, im öffentlichen Raum (887/A)(E)

Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklungskonzept für öster­reichische Bibliotheken (888/A)(E)

Dietmar Keck, Franz Eßl, Bernhard Vock, Mag. Christiane Brunner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutz­standards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen (889/A)(E)

Hermann Krist, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 und das Arzneimittelgesetz ge­ändert werden (890/A)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Reisebüro-Sicherungsverordnung (RSV – BGBl II Nr. 316/1999) (891/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Rech­nungshof-Empfehlungen zur ÖBB (892/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung (893/A)(E)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Erweiterung des Terminals Wolfurt (894/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Besteuerung von Veräuße­rungsgewinnen (895/A)(E)


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Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Transfer­kommission (896/A)(E)

Maximilian Linder, Gabriel Obernosterer, Heidrun Silhavy, Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivierung und Forcierung von Schul­skikursen und Wintersportwochen in den Schulen (897/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung (898/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Interventionsstelle für von Zwangsheirat Betroffene (3745/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Interventionsstelle für von Zwangsheirat Betroffene (3746/J)

Hannes Fazekas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus (3747/J)

Ewald Sacher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die 2. Novelle des „Regio­nalen Raumordnungsprogramms NÖ-Mitte“ (3748/J)

Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplanten Änderungen des Corporate Governance Kodex 2008 (3749/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Modalitäten von Dividendenzahlungen im Sinne des Finanzmarkt­stabilitätsgesetzes (3750/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Bonuszahlungen und Finanzmarktstabilitätsgesetz (3751/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend möglichen Einsatz des Bundesheeres in Somalia (3752/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend OeNB-Pensionsprivilegien (3753/J)

Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Polizeiinspektion Praterstern“ (3754/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Einführung eines neuen Dienstsystems bei der Polizei in Kärnten (3755/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Entwicklungskonzept für öffentliche Bibliotheken (3756/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend „Fördermittel für den Neubau von Hallenbädern“ (3757/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Qualitätssteigerung bei der Lehrlingsausbildung“ (3758/J)


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Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend: Gebühr für Besachwalterte trifft 5 000 Tiroler (3759/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Ausschreibung des Rettungsdienstes durch die Tiroler Landesregierung“ (3760/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend sportpolitische unverantwortliche Aktivitäten des BZÖ-Sportsprechers Westenthaler (3761/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend AMS-Deutschkurse (3762/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Arbeitsverhältnisse in österreichischen Aus­landsvertretungen (3763/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kreisverkehr Apotheker-Kreuzung Tulln“ (3764/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend im Jahre 2009 getätigte Werbeein­schaltungen des ÖBB-Konzerns in der Tageszeitung „ÖSTERREICH“ in einem Ge­samt­volumen von rund 900 000 € ohne öffentliche Ausschreibung (3765/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3013/AB zu 2986/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (3014/AB zu 3038/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (3015/AB zu 3039/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3016/AB zu 3074/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen (3017/AB zu 3037/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (3018/AB zu 3001/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (3019/AB zu 3002/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (3020/AB zu 3108/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen (3021/AB zu 3110/J)


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des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (3022/AB zu 3115/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (3023/AB zu 3129/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen (3024/AB zu 3381/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (3025/AB zu 2991/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3026/AB zu 3003/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (3027/AB zu 3009/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (3028/AB zu 3029/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3029/AB zu 3005/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3030/AB zu 3057/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (3031/AB zu 2995/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (3032/AB zu 3006/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (3033/AB zu 3016/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (3034/AB zu 3127/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (3035/AB zu 3035/J)


09.05.08


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 17

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Muchitsch, Großruck, Doppler, Mag. Stefan, List und Dr. Pilz.

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.

09.05.20Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Redner/innenpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Inneres vom Rednerpult der Abgeordneten.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller jeder Fraktion ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage durch die Frau Bundesministerin soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute betragen.

Kurz vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich – wie bisher auch – mit einem Glockenzeichen darauf aufmerksam machen.

Ich beginne jetzt – um 9.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Inneres

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, das ist jene des Herrn Abgeordneten Pendl. – Herr Abgeordneter, ich bitte um die Frage.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Einen schönen guten Morgen! Frau Bun­des­minis­terin, wir erleben in den letzten Jahren bei immer mehr Veranstaltungen auch immer mehr Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmungen.

Es gibt ja seit Längerem eine Diskussion über Ausbildungsstandards.

Meine Frage daher:

45/M

„Zu welchem Ergebnis führten Ihre angekündigten Gespräche mit dem Wirtschafts­ministerium, um endlich Ausbildungsstandards für das private Sicherheitsgewerbe im Interesse aller ÖsterreicherInnen festzulegen?“

(Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Geregelt wird das Sicherheitsgewerbe in der Gewerbeordnung. Dort wird auch festgelegt, was die Per-


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sonen, die sich privat an Sicherheitsaufgaben betätigen, können müssen, wie die Aus­wahl dieser Personen erfolgt und an welche Regeln sich die Sicherheitsunter­nehmen zu halten haben.

Wir sind derzeit noch in Verhandlung mit dem Wirtschaftsminister, weil das Gesetz ja im Wirtschaftsministerium vorbereitet wird. Wir achten aber genau darauf, dass es eine klare Abgrenzung zu den Aufgaben der Polizei gibt. Das Gewaltmonopol muss bei der Polizei bleiben, aber wenn Sicherheitsunternehmungen die Exekutive unterstützen können, dann begrüße ich das.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Bundesministerin, wie wir auch gerade in der Diskussion über Themen, die wir auch im Untersuchungsausschuss diskutiert haben, gesehen haben, gibt es ja einen hohen Prozentsatz an Polizistinnen und Polizisten, die Nebenbeschäftigungen haben.

Wie stehen Sie zur Frage der Nebenbeschäftigung von Polizisten im privaten Sicher­heitsgewerbe?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Kollege Pendl, sehr, sehr kritisch, denn es kann nicht sein, dass sich jemand bei der Polizei freinimmt, damit er dann im privaten Sicherheitsgewerbe Sicherheitsaufgaben übernimmt. Ich hoffe doch, dass als Ergebnis des Untersuchungsausschusses ein Auftrag an mich als Ministerin ergeht, da klarere Abgrenzungen zu treffen. (Abg. Ing. Westenthaler: Des­wegen kommen Sie nicht in den Untersuchungsausschuss!)

Ich halte auch nichts davon, wenn sich Polizisten teilzeitbeschäftigen lassen und dann ihre Arbeitskraft eigentlich im Sicherheitsgewerbe einsetzen. Da muss es klarere Ab­grenzungsregelungen geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Gahr, bitte.

 


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Bundesminister, sprechen Sie sich für private Sicherheitsdienste aus, und wie funktioniert aus Ihrer Sicht derzeit die Zusam­menarbeit zwischen der Exekutive und den privaten Sicherheitsdiensten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es gibt sehr viele Bereiche, in denen die Exekutive unterstützt werden kann. Denken Sie nur daran, wenn sich Juweliergeschäfte einen Sicherheitsdienst leisten, dann unterstützt das die Exekutive. Auch andere Bereiche – Veranstaltungen et cetera – können durch Private sehr wohl gut organisiert werden. Was sich auch gut bewährt hat, ist die Park­raum­überwachung durch Private.

Es gibt Bereiche, die nicht von einer bewaffneten, gut ausgebildeten Polizei durch­geführt werden müssen. Die Polizei brauchen wir für die Kriminalitätsbekämpfung, und diese anderen Bereiche können von Privaten übernommen werden. Das begrüße ich. Es ist aber notwendig, dass es eine klare Abgrenzung gibt, was die Polizei darf und was ein Sicherheitsdienst darf. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Stadler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Bundesminister, Ihr Vorgänger Dr. Ernst Strasser hat per Erlass mit dem Büro für Interne Angelegenheiten ein ÖVP-nahes Spitzelinstitut geschaffen (Hallo-Rufe bei der ÖVP Abg. Kößl: Unvorstellbar!),


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das grundsätzlich nur für den ministeriumsinternen Bereich zuständig wäre, aber weit darüber hinaus kriminalpolizeiliche und sicherheitspolizeiliche Ermittlungen durchge­führt hat, ohne dafür eine gesetzliche Grundlage im Sicherheitspolizeigesetz oder in der Strafprozessordnung zu haben.

Welche sonstige gesetzliche Grundlage – wohlgemerkt: gesetzliche, nicht erlass­mäßige! – hat dieses sogenannte BIA für Ermittlungstätigkeiten über das Ministerium hinausgehend? (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Kollege Stadler, dieses Hohe Haus hat erst unlängst für das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung eine gesetzliche Grundlage beschlossen, und diese wird – pro futuro – die Auf­ga­benbereiche der Antikorruptionsarbeit umfassen. (Abg. Mag. Stadler: „Pro futuro!“  Abg. Ing. Westenthaler: Das war aber nicht die Frage! Die Frage war, was das BIA für eine Grundlage hat!) Das BIA wird diesbezüglich in das Bundesamt für Korruptions­bekämpfung überführt. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Ing. Westenthaler: Das heißt, es gibt keine gesetzliche Grundlage des BIA!  ... luftleerer Raum! Rufe und Gegenrufe zwischen BZÖ und ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wie stehen Sie zur Bewaffnung der privaten Sicherheitsdienste, insbesondere zu der Frage – weil das im Moment ja ein Graubereich ist –, ob der Waffengebrauch analog dem Waffengebrauchsgesetz der Exekutive geregelt werden soll?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich stehe der Bewaffnung von Sicherheitsdiensten kritisch gegenüber. Wir haben aber ein Waffen­gesetz, in dem der Besitz und das Führen von Waffen geregelt sind, und wenn wir ein neues Sicherheitsdienste-Gesetz bekommen, werden wir das auch dort klar regeln müssen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mayerhofer, bitte.

 


Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Guten Morgen! Wird im Zusammenhang mit diesen Sicherheitsdiensten in den Verhandlungen darauf Bedacht genommen, dass es durch die Festlegung von Ausbildungsstandards zu keiner groben Benachteiligung von kleineren Sicherheitsfirmen kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Abgeordneter Mayerhofer, ich komme aus dem Mittelstand, und Sie können sicher sein, dass ich genau darauf achten werde, dass keine Monopolisierung zweier oder dreier großer Dienste eintritt, sondern dass jene Gewerbebetriebe, die jetzt schon sehr positiv aktiv arbeiten, auch leben können! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 43/M des Herrn Abgeordneten Kößl. – Bitte.

 


Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Bundesminister! Die Exekutive Österreichs ist derzeit – rechtsstaatlich bedingt – in einem hohen Ausmaß mit Verwaltungs­tätig­keiten belastet. Das heißt, dass Polizeibeamte sehr oft im Innendienst verwendet wer-


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den. Die Übernahme von Post- und Telekom-Bediensteten könnte eine gute Entlastung der Polizeibeamten von diesen Tätigkeiten bringen.

Meine Frage lautet:

43/M

„Wie ist der Stand der Übernahmen von Bediensteten von Post und Telekom in das Innenministerium?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Seit September haben wir 50 Beamtinnen und Beamte von Post und Telekom freiwillig bei uns in der Sicherheit als Verwaltungsassistenten im Einsatz. Bis Dezember werden weitere 59 Bedienste, 31 von der Post und 28 von der Telekom, zu uns kommen. Sie bekom­men eine Ausbildung, sowohl in der EDV-Praxis als auch die rechtlichen Grundlagen betreffend – und das bewährt sich sehr gut. Wir werden diesen Schritt im nächsten Jahr fortsetzen, und ich hoffe, dass das Innenministerium die Sicherheit der Bürger durch diese – in etwa 600 – Personen von Post und Telekom verstärkt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Meine Zusatzfrage lautet: Wie beeinflussen diese Post- und Telekom-Bediensteten den Dienstpostenplan des Innenministeriums?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Derzeit überhaupt nicht, denn sie haben ja im Dienstplan der Post und Telekom ihre Planstellen. Der exekutive Dienst, also die Polizei, ist davon überhaupt nicht betroffen. Es wird kein einziger exekutiver Dienstposten von einem Post- oder Telekom-Beamten besetzt, sondern ganz im Gegenteil: Wir bekommen 1 000 Polizistinnen und Polizisten und die 600 Post- und Telekom-Bediensteten mehr! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Hornek: Sehr gut!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spadiut, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Minister! Haben Sie Kenntnis davon, wie die Eingliederung der Post- und Telekom-Bediensteten in den Polizeidienst funktioniert hat, und gibt es – außer dem bekannten Fall – weitere Konfliktfälle?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es hat einen Fall gegeben, der durch die Medien gegangen ist, und darüber hinaus gab es einen Fall, wo jemand – im Hinblick auf die Arbeitsbelastung – den Dienst freiwillig selbst quittiert hat. Ansonsten haben wir mit allen sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Dienst­stellen der Polizei begrüßen es, dass sie von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden. Die Personen von Post und Telekom haben sich sehr rasch eingearbeitet, und wir bieten ihnen im Innenministerium im Bereich Sicherheit eine neue Lebensperspektive. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin! Jetzt gerade sind hoffent­lich zusätzliche Exekutivbeamte bei den Leuten vor Ort auf Streife und sorgen für


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Sicherheit in den Wohnungen und Häusern. Wie viele Posten können jetzt zur Stär­kung der Sicherheit der Bevölkerung in Wien und anderswo vom Büro auf die Straße verlegt werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es hat die Polizistin­nen und Polizisten immer sehr belastet, wenn sie die gesamte Schreibarbeit nach einem Fall selber durchführen haben müssen, und das können jetzt diese Beamtinnen und Beamten von der Post machen. (Abg. Dr. Moser: Aber wie viele werden jetzt freigestellt für die Streife?)

Die Entlastung von Polizistinnen und Polizisten ist je nach Dienststelle unterschiedlich. Eine Schreibkraft von der Post erlaubt es uns, zwei Polizistinnen und Polizisten sofort wieder auf die Straße zur Kriminalitätsbekämpfung zu schicken; das heißt, dass wir damit eine erhöhte Präsenz vor Ort haben werden. Wenn alle gut eingearbeitet sind, gehe ich einmal davon aus, dass es zumindest 1 : 1, also 600 : 600 sein werden, aber ich glaube, dass das Verhältnis sogar 1 : 2 sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Herbert, bitte.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Sehr geehrte Frau Innenminister! Ich sehe den Einsatz der Post- und Telekom-Beamten bei der Exekutive etwas differenzierter, denn schon nach wenigen Wochen der faktischen Dienstverwendung von Post- und Tele­kom-Bediensteten bei der Polizei hat sich gezeigt, dass sie aufgrund ihrer äußerst eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten in den Polizeiinspektionen kaum einen Entlastungseffekt für die dort Dienst versehenden Polizistinnen und Polizisten erzielen.

Darüber hinaus gibt es Interpretationsunterschiede hinsichtlich der faktischen Befugnis­se, welche diese Post- und Telekom-Beamten im Zuge ihrer Tätigkeit bei der Polizei haben.

Daher meine Frage: Wie und wo sind die Befugnisse der Bediensteten der Post und Telekom bei der Polizei nun tatsächlich dezidiert geregelt, insbesondere hinsichtlich ihrer Tätigkeit in Bezug auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Postbeamtinnen und -beamte können mit dem Amtsgeheimnis gut umgehen, haben mit dem Briefgeheimnis gut umgehen können und können natürlich auch mit dem Dienstgeheimnis gut um­gehen, das bei der Polizei erforderlich ist. Dafür werden sie ausgebildet. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

Sie unterstützen die Polizei administrativ, und bei mir ist angekommen – ich weiß nicht, warum es bei Ihnen etwas anderes war –, dass die Dienststellen durch diese adminis­trative Tätigkeit sehr gut unterstützt werden. Ein Beweis dafür ist, dass sich ständig neue Dienststellen melden, die so eine Unterstützungskraft haben wollen. Wenn dies sozusagen abgerufen wird, dann kann es so schlecht nicht gewesen sein! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Heinzl, bitte.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Bundesministerin! Ich möchte Sie fragen, ob es weitere Pläne für die Übernahme von Bediensteten aus anderen öffentlichen Bereichen durch die Polizei gibt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesminister, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben derzeit die Gespräche mit der für die Beamten zuständigen Bundesministerin Heinisch-Hosek abgeschlossen. Das heißt, wir werden nach 2013 die Dienststellen in unser Regime überführen. Das Dienstrecht für Post und Telekom ist auch klar geregelt. Über die weiteren Bereiche, in denen man die Sicherheit verstärken kann, werden wir dann Gespräche mit Minister Darabos führen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 47/M des Herrn Abgeordneten Herbert. – Herr Abgeordneter, die Frage bitte.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Innenminister! Da Sie meiner letzten Frage elegant ausgewichen sind, hoffe ich, dass ich jetzt eine konkretere Antwort erhalte. (Beifall bei der FPÖ.  Abg. Neugebauer: Das konntest aber nur du feststel­len! Selektive Wahrnehmung!)

Die Personalmisere bei der Exekutive nimmt immer dramatischere Formen an. Es gibt immer mehr Schwerpunktaktionen und Sonderstreifen, die aufgrund der knappen Res­sourcen bei der Polizei kaum mehr bewältigt werden können. Ein Ausfluss dieser tristen Situation für die Polizistinnen und Polizisten ist offenbar eine im laufenden Per­sonalvertretungswahlkampf kolportierte Aussage der FSG, dass es im Innenminis­terium vorbereitete Papiere geben soll (Ruf bei der ÖVP: Frage!), in welchen radikale Verschlechterungen in Bezug auf die Dienstzeiten der Polizistinnen und Polizisten geplant werden, wie ein zweites Plandienstwochenende oder ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Frage! Ihre Redezeit ist bereits weit überschritten!

 


Abgeordneter Werner Herbert (fortsetzend): Gut, meine konkrete Frage lautet daher:

47/M

„Gibt es konkrete Überlegungen, die Dienstzeitenregelungen für Polizisten und Polizis­tinnen zu verschlechtern?“

(Abg. Neugebauer: Das ist ja abenteuerlich, was Sie da formulieren!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Kollege Herbert, wir hatten das Personal betreffend im Innenministerium noch nie so eine positive Situation wie derzeit. Wir bekommen 1 000 Polizistinnen und Polizisten mehr. (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt ja nicht! Abg. Neugebauer: Zuhören! Gut zuhören!) Pro Jahr bilden wir 1 000 aus, was in fünf Jahren insgesamt einen Nettozuwachs von 1 000 bedeutet. Das heißt, wir haben budgetär gut vorgesorgt, und wir bekommen die Bediensteten von Post und Telekom. Also so viel zusätzliches Personal hatte überhaupt noch kein einziger Innenminister vor mir zur Verfügung! (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Dr. Moser: Weil der Vorgänger so ...! Strasser hat ja völlig ...!)

Bezüglich der Dienstzeit gibt es im Koalitionsübereinkommen einen Passus, der besagt, dass wir das Dienstzeitmanagement optimieren wollen, nämlich in der Form, dass wir die Mannschaft dann im Einsatz haben, wenn wir sie brauchen, und dort zum Einsatz bringen, wo wir sie brauchen: zur Kriminalitätsbekämpfung.

Bezüglich der konkreten Vorgangsweise ist das ein mittelfristiges Projekt, das wir gemeinsam mit der Personalvertretung erarbeiten wollen. Ich kenne noch kein Kon­zept. Wenn Sie eines kennen, sagen Sie es mir, vielleicht ist es gut. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Neubauer: Sie sind ja die Ministerin Abg. Hornek in Richtung FPÖ : Das heißt, Sie kennen keines!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Na gut, ich habe meine Informationen auch nur aus dem Personalvertretungswahlkampf der FSG, aber ungeachtet dieser Frage, die ein brennendes Problem für die Exekutive darstellt, ist es auch so, dass von den Kolleginnen und Kollegen, also den Polizistinnen und Polizisten, ein kaum mehr zu bewältigendes und unerträgliches Ausmaß an Überstunden und Mehrdienstleistungen erbracht werden muss.

Alleine beim Landespolizeikommando Wien sind im Dezember 2008 164 000 Über­stunden angefallen. Das würde einen rechnerischen Personalbedarf von rund 4 000 zusätzlichen Beamten bedeuten. Daher meine Frage: Gibt es im BMI Überlegungen, diese permanente Mehrbelastung, die ja offensichtlich personell nicht ausgeglichen werden kann, endlich in Form einer eigenen Belastungszulage für die Polizistinnen und Polizisten abzugelten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wenn wir das Pro­jekt angehen, die Polizei operativ dort zum Einsatz zu bringen, wo wir sie brauchen, und dann zum Einsatz zu bringen, wenn wir sie brauchen, werden wir uns auch ganz genau die Belastungskennzahlen anschauen müssen, das heißt: Wo ist die Exekutive am meisten belastet? Dann werden wir natürlich auch im Hinblick auf die Entlohnungen einen Ausgleich finden müssen, denn derzeit ist es nicht so, dass jene Polizisten am meisten bekommen, die die meiste Arbeit haben. Aber es ist mir zumindest gelungen, im neuen Dienstrecht auch für die Polizisten in der Stadt die Reisespesenzulage zu bekommen, denn es war nicht gerechtfertigt, dass jemand in Purkersdorf sie bekam und jemand in Wien nicht. Und das haben wir für die Exekutive in der Stadt jetzt erreicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Plessl, bitte.

 


Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Innenministerin, im Zuge der Umsetzung der Polizeireform wurde ja das Diensteinteilungssystem der Bundespolizei und der Kriminalpolizei verändert und dem Gendarmeriemodell angepasst. Wir haben da ja – bezüglich der zusätzlichen Belastung in diesem System – verschiedene Sachen dazugenommen, das wurde schon mehrmals angesprochen.

Dahingehend lautet meine Frage: Wie können wir sicherstellen, dass es durch diese Mehraufnahmen zu einer Entlastung des Diensteinteilungssystems und damit auch des Einzelnen kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben klar fixiert, dass jene Polizeischülerinnen und Polizeischüler, die in den Dienst gestellt wer­den, zuerst in Ballungsräumen zum Einsatz kommen. Sie werden Teil des Flexipools, der Karenzzeiten und gewisse andere Belastungen auszugleichen hat, und dann werden sie eine Zeit lang im Ballungsraum Dienst machen müssen, bevor sie sich in eine ruhigere Gegend – vielleicht nach Hause ins Waldviertel oder in den Bregenzer Wald – versetzen lassen können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Kapeller, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Auch meine Frage geht nochmals in diese Richtung: Es ist historisch bedingt, dass in den Ballungszentren traditionell oft zu wenig Personal zum Einsatz gekommen ist.


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(Abg. Dr. Moser: Ja, das ist aber ... so!) Diese Problemstellung haben Sie aufgegriffen und eben diesen Flexipool gegründet.

Meine Frage lautet: Welche Erfahrungen gibt es speziell in ländlicheren Gebieten, sprich in Oberösterreich?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Mit dem Flexipool haben wir als ganz oberste Priorität sichergestellt, dass Polizistinnen, die in Karenz gehen, sofort durch eine Kollegin oder einen Kollegen auf der Dienststelle ersetzt werden, ohne aber selber den Posten aufgeben zu müssen. Sie können dann jederzeit wieder zurückkehren. Es ist mir persönlich ein Anliegen, die Polizistinnen im Dienst zu unterstützen.

Der weitere Bereich des Flexipools kann für Ballungszentren – dort, wo wir verstärkte Mannschaften brauchen – herangezogen werden. Es müssen alle, die aus der Polizei­schule kommen, zuerst in den Flexipool und dann in Ballungszentren oder entlang von Hauptverkehrsrouten ihren Dienst beginnen und dort die eigentliche Polizeiarbeit gut lernen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Tadler, bitte.

 


Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Minister, da ja überall der Spar­stift angesetzt werden muss, gleich zu meiner Zusatzfrage: Auf welche Höhe belaufen sich die jährlichen Kosten für Dolmetschgebühren in Ihrem Ressort?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Diese Zahl kann ich Ihnen schriftlich nachreichen, weil ich sie heute nicht parat habe. Aber es hat bereits einmal eine parlamentarische Anfrage – von Ihrer Fraktion, glaube ich – gegeben. Da können Sie nachschauen, wie viel das auf den Euro genau war. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Tadler: Das glaube ich nicht, aber Sie werden mir das sicher beantworten, oder? Sie werden das sicher nachreichen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill, bitte.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Sehr geehrte Ministerin! Der Ruf nach mehr Polizei drückt ja die Sorge um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, aber auch die Sorge um die Beamtinnen und Beamten aus.

Welche Maßnahmen setzen Sie jetzt – nämlich hier und jetzt –, damit die Beamtinnen und Beamten, die auf der Straße ihren Dienst versehen, ihre Überstunden auch wirklich abbauen können, denn auch die Exekutive hat ein Recht auf Freizeit?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben diesbe­züglich mehrere Bausteine eingesetzt, wie beispielsweise den Karenz- und den Flexipool. Darüber hinaus hat das Hohe Haus einen Dienstpostenplan beschlossen, wonach die Exekutive 1 000 zusätzliche Polizisten bekommt. Außerdem gibt es, wie schon erwähnt, die Verstärkung im Verwaltungsbereich durch Post und Telekom. Ich möchte aber schon erwähnen, dass es nicht mein Ziel ist, alle Überstunden abzu­bauen, denn ein Großteil der Exekutivbeamtinnen und -beamten betrachtet diese auch als Bestandteil des Einkommens. (Abg. Mayerhofer: Weil der Grundgehalt ...! Abg. Neugebauer: So schlecht ist der nicht! Zwischenruf des Abg. Riepl.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 49/M des Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: 5 : 1! Abg. Dr. Lichtenecker:  ... Fußballspiel! Weiterer Ruf bei der SPÖ: Schon zurück?)

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Öster­reich leidet derzeit unter einer wahrhaften Explosion der Kriminalität, vor allem der importierten Kriminalität aus dem Osten. Es werden 68 Straftaten pro Stunde verübt, aber die Aufklärungsquoten betragen nur 3 bis 5 Prozent bei Einbruchsdiebstählen in Wohnungen und Wohnhäusern. Es gibt Bandendiebstähle und Bandenaktivitäten, vom Taschenraub auf der Straße bis hin zu Einbruchsdiebstählen in Wohnungen und Häusern.

Frau Ministerin, ich wüsste gerne Folgendes:

49/M

„Welche zusätzlichen Maßnahmen werden Sie setzen, um die Bevölkerung wirksamer als bisher vor importierter Kriminalität zu schützen?“

Bringen Sie jetzt bitte nicht den Schmäh von den 1 000 Polizisten mehr, denn den glaubt Ihnen nicht einmal die eigene Gewerkschaft. Also welche Maßnahmen werden Sie setzen? (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Riepl.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir bekämpfen die Phänomene im Hinblick auf ihre Ausprägung, so wie sie heute vorkommen. Beispiels­weise wissen wir, dass ein Großteil dieser Täter aus dem Ausland kommt, und wir haben ganz gezielt Polizeikooperationen mit jenen Staaten gesucht, wo wir vermuten oder durch Fahndungserfolge bereits wissen, dass viele Täter aus diesen Ländern kom­men. Das gelingt sehr gut.

Weiters bekämpfen wir durch gesonderte Einsatztruppen die Phänomene der Woh­nungs- und Geschäftseinbrüche.

Ich bin zuversichtlich, dass wir da genauso erfolgreich sein werden, Herr Kollege Westenthaler, wie wir bei der Jugendkriminalität erfolgreich waren, denn voriges Jahr um diese Zeit haben wir über Jugendkriminalität und Raub diskutiert, und in beiden Fällen haben wir einen wirklich signifikanten Rückgang erreicht. Wenn wir nächstes Jahr wieder hier stehen, werden wir das auch bei den Wohnungseinbrüchen erreicht haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Westenthaler, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Ministerin, Ihre Zuversicht in Ehren, nur: Wie so oft bei Ihrer Politik ist es so, dass die Realität eine gänzlich andere ist. Die Menschen fürchten sich in den Ballungszentren, vor allem aber auch an den Ostgrenzen. Die Überschriften in den Zeitungen zeigen den Grund dafür deutlich auf: „Serbenmafia verbreitet Angst und Schrecken“, „Ungarische Ladendiebe in der SCS“, „Eilzug wegen rumänischer Bettlerbande gestoppt“, „Serieneinbrüche in Wiener Wohn­häuser“. Diese Schlagzeilen und das dementsprechende Empfinden der Menschen sprechen eine ganz andere Sprache als Sie.

An der Ostgrenze regiert die Angst, Frau Ministerin. Das BZÖ fordert daher eine sofortige Wiedereinführung der Kontrollen an den Grenzen. Unsere Frage daher: Sind Sie nicht auch dafür, dass man zumindest temporär, zeitlich begrenzt, jetzt für die


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kommende Zeit, für die Vorweihnachtzeit, in der die Kriminalität wieder eine Spitze hat, die Grenzen zum Osten wieder kontrolliert und Schengen aussetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Der Wegfall der Grenzen bringt Lebensqualität für die Menschen, Freiheit und Freundschaften, ist aber im Hinblick auf die Sicherheit eine Herausforderung, und dieser Herausforderung stellen wir uns. Es gibt die Möglichkeit, befristet für gewisse Anlässe die Grenzkon­trollen zu verstärken, wie wir das beispielsweise während der EURO gemacht haben. Ich halte aber nichts davon, an der Ostgrenze die Grenzen dichtzumachen, Herr Kolle­ge Westenthaler (Abg. Amon – in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler –: Wir wollen keinen Eisernen Vorhang!), denn dann kommen diese Menschen halt über den Süden oder über den Brenner oder über den Walserberg. (Abg. Ing. Westenthaler: Über den Berg?! Klettern auf den Berg hinauf?!)

Österreich abzuschotten im Herzen Europas, davon halte ich nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist meine Aufgabe als Sicherheitsministerin, den Grenzraum besonders zu schützen. Daher werden wir uns überlegen, ob wir nicht den Assistenzeinsatz weiter verlängern. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Innenministerin! Seit dem Jahr 2000 stellt die ÖVP den Innenminister. Zuerst hat es eine Polizeireform gegeben, wo gegolten hat: Das schwarze Parteibuch zuerst! Dann wurden 2 500 Poli­zisten eingespart. Und jetzt ist die Kriminalität angestiegen. Sehen Sie einen Zusam­menhang zwischen diesen Entwicklungen? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir hatten einen starken Anstieg der Kriminalität nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Dann gab es noch einmal einen starken Kriminalitätsanstieg am Anfang dieses Jahrtausends. Hierauf war die Kriminalität stark rückläufig. Es wird ja nicht erwähnt, dass ab 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008 die Kriminalität kontinuierlich rückläufig war. Erst heuer im Frühjahr ist sie wieder leicht angestiegen. Wir haben dann sofort Maßnahmen gesetzt, um diesen Anstieg einzudämmen. Das ist uns auch gelungen. Aber jeder Einbruch, jeder Diebstahl ist einer zu viel. Und wir bemühen uns, dieser kriminellen Energie entgegenzutreten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Vilimsky, bitte.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Bundesministerin, zunächst einen wun­der­vollen guten Morgen! Es ist immer wieder ein erbaulicher Moment, Sie in unserer Mitte zu wissen. Ihre Antworten haben zwar wenig mit der Wirklichkeit zu tun, haben aber einen hohen Unterhaltungswert.

Sie selbst haben unlängst erkannt, dass die Kriminalität in Österreich zu einem Gutteil eine importierte ist. Jetzt haben unsere Polizisten sehr viel mit Verwaltungskram zu tun, weil eben sehr viele Brieftaschen gestohlen werden und sehr viele Dinge, wo es wichtig ist, dass man sie aus Versicherungsgründen zur Anzeige bringt.

Die Kollegen in der Bundesrepublik Deutschland gehen seit Jahren einen sehr guten Weg, die Polizei von Verwaltungsarbeiten zu entlasten, nämlich dadurch, dass Anzei-


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gen auch übers Internet als Online-Anzeigen gemacht werden können, was die Polizei mehr auf die Straße bringt, weg von den Verwaltungsaufgaben. Warum gibt es das noch immer nicht in Österreich?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Kollege Vilimsky, das gibt es schon bei uns (Abg. Vilimsky: Gut versteckt!), und zwar im Hinblick auf standardisierte Anzeigenformulare. Insbesondere bei Handtaschendieben ist das sehr hilfreich – (Abg. Vilimsky: Haben Sie das auch gemacht?) ja! –, und zwar deshalb, weil in einer Damenhandtasche normalerweise Geld, Kreditkarten, Ausweise, Dokumente und Schlüssel drinnen sind. Diese immer wieder vorkommenden Gegenstände kann man sehr wohl standardisiert in einer Anzeige aufnehmen. Es ist richtig, das ist sehr, sehr viel Arbeit, aber für diese Verwaltungstätigkeiten haben wir ja jetzt Unterstützung von Post und Telekom. (Abg. Vilimsky: Da sind wir aber froh! – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ. – Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Fazekas, bitte.

 


Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Frau Bundesministerin! Jene Kolleginnen und Kollegen, die gestern am Abend nach der Haussitzung nach Hause fuhren und den Ring benutzten, haben sich ja gleich von der Schlagkraft der Wiener Polizei über­zeugen dürfen, denn sie sind beim Burgtheater kontrolliert worden, und zwar freundlich und kompetent kontrolliert worden. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das führt mich zu der Frage: Denken Sie daran, bei Bedarf wieder SOKOs einzu­setzen, um auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Man muss auf die Phänomene zeitgerecht reagieren. Das heißt, man muss sich die Logistik dieser krimi­nellen Energie ganz genau anschauen und muss punktgenau zum Einsatz schreiten. Daher wird es nach wie vor verstärkte Einsätze geben.

Wir haben vor Kurzem eine Spezialeinheit für den Kfz-Diebstahl gegründet. Da ist das beste Know-how im Burgenland vorhanden gewesen. Daher haben wir es im Landes­kriminalamt im Burgenland angesiedelt. So wollen wir den Kfz-Verschub unterbinden.

Tatsache ist, dass 40 Prozent der gestohlenen Kfz den Eigentümern wieder zurück­gegeben werden können. Leider sind wir bei den dahinter stehenden Tätern noch nicht so erfolgreich. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Tamandl, bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Kollege Westen­thaler versucht ja ständig, die Grenzen wieder dichtzumachen. Das hören wir immer wieder von ihm, das zieht sich sozusagen wie ein oranger Faden durch seine Ausfüh­rungen. (Abg. Ing. Westenthaler: Danke, dass Sie es noch einmal sagen!)

Wir leben aber in einem freien Europa, und das ist uns sehr wichtig. Sie setzen auch Maßnahmen, um Sicherheit in Österreich, in diesem freien Europa zu schaffen. Wie viel Personal haben Sie zur Steigerung der Sicherheit im Grenzraum im Einsatz?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir setzen Aus­gleichs­maßnahmen im Grenzraum. Wir haben dafür eigene Dienststellen gegründet,


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denn es geht ja nicht um die Grenzbalkenkontrolle, nämlich darum, jemanden zum Grenzbalken zu stellen, sondern es geht um die Grenzraumkontrolle. Insbesondere die Hauptverkehrsrouten gehören kontrolliert. Diesbezüglich haben wir im Burgenland einen sehr hohen Personaleinsatz. Das Burgenland hat von allen Bundesländern die meiste Polizei.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Frage 48/M von Mag. Korun. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Guten Morgen, Frau Bundesministerin. Am 12. November hat Ö1 bereits im „Morgenjournal“ um 7 Uhr berichtet: Kein Asyl. Arigona Zogaj wird abgeschoben. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)

Am selben Tag, am 12. November, hat die „Kronen Zeitung“ als Aufmacher gehabt: „Arigona Zogaj wird abgeschoben“. (Neuerlicher demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Familie Zogaj und auch ihr Rechtsanwalt die besagten ablehnenden Bescheide vom Bundesasylamt noch nicht, aber die Medien offensichtlich schon.

Daher meine Frage:

48/M

„Aus welchen Gründen wurde die Entscheidung über die Asylanträge der Familie Zogaj vom Bundesasylamt beziehungsweise vom Bundesministerium für Inneres rechtswidrig an die Kronen Zeitung weitergeleitet, obwohl die Bescheide zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal den Betroffenen zugestellt waren?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Kollegin Korun, das ist eine Unterstellung! Wenn Sie Hinweise dafür haben, dann nennen Sie bitte diese dem Bundesamt für Interne Angelegenheiten, denn ich habe veranlasst, dass ermittelt wird, wer das an die Medien gespielt hat.

Ich lasse nicht zu, dass Sie die Behörden hier im Hohen Haus bezichtigen, sie hätten einen Amtsmissbrauch begangen oder Sonstiges im Hinblick auf diesen Fall gemacht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Korun, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Bundesministerin, die bescheiderlas­sende Behörde ist das Bundesasylamt. Die Oberbehörde des Bundesasylamtes sind Sie, also das Bundesministerium für Inneres. Also kann es nur jemand von diesen beiden Behörden gewesen sein, der die Bescheidinhalte an die Medien weitergeleitet hat. So einfach ist das! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch bekannt, dass im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Datenweitergabe betreffend Arigona Zogaj auch Strafverfahren gegen den ehemaligen Bundesminister Platter und gegen hochrangige Beamte des Innenministeriums wegen unerlaubter Daten­weitergabe anhängig sind.

Meine Frage: Warum passiert es immer wieder, dass schützenswerte personen­bezo­gene Daten, beispielsweise der Familie Zogaj, an die Medien weitergeleitet werden? (Abg. Mag. Donnerbauer: Fragen Sie den Öllinger! – Abg. Hornek: Fragen Sie den Pilz!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 30

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Kollegin Korun! Ich bedauere es sehr, dass die Grünen den Minister Platter und den Landeshauptmann von Oberösterreich bei der Staatsanwaltschaft angezeigt haben, weil diese beiden Personen nur die Wahrheit über diese Familie gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Weinzinger.

 


Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Guten Tag, Frau Bundesminister! Ich nehme an, dass Sie wissen, dass ich die Problematik der Familie Zogaj aus einem anderen Blickwinkel betrachte, nämlich aus dem Blickwinkel von 90 Prozent unserer Bevöl­kerung, die sich fragt: Wie lange tanzt man uns noch auf der Nase herum? (Beifall bei der FPÖ.)

Nun meine Frage: Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit ein derartiger Asylmissbrauch wie bei den Zogajs nicht mehr vorkommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Abgeordneter Weinzinger, ich habe dem Hohen Haus das Fremdenrechts-Änderungs-Paket vorge­legt, worin Missbrauch im Hinblick auf Folgeanträge, Abschiebevereitelungen hinan­gehalten wird. Dankenswerterweise hat das Hohe Haus dieses Gesetz bereits be­schlossen. Und das gibt uns die Möglichkeit, auch den Vollzug durchzuführen, wenn es negative Bescheide gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Maier, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Wir erleben seit einiger Zeit – und das sind auch die Erkenntnisse des Untersuchungs­ausschusses –, dass der Geheimhaltung oder der Amtsverschwiegenheit unterliegen­de Protokolle oder Entscheidungen an die Medien weitergespielt werden und auf die Privatsphäre Betroffener, sowohl Beschuldigter als auch Zeugen, überhaupt nicht eingegangen wird.

Meine konkrete Frage: Welche Maßnahmen werden Sie innerhalb Ihres Ressorts setzen, damit diese rechtswidrige Datenweitergabe ausgeschlossen und die Privat­sphäre des Einzelnen geschützt wird? (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das Bundesamt für Interne Angelegenheiten ermittelt bereits im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit bei der Weitergabe von Daten, nämlich ob sich das Innenministerium diesbezüglich einen Vorwurf gefallen lassen muss. Ist dem so, wird man bei den betreffenden Beamten entsprechende Konsequenzen ziehen müssen.

Aber ich möchte schon erwähnen, dass gerade hier im Hohen Haus gelegentlich Dinge verkündet werden, die auch dem Amtsgeheimnis unterliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti, bitte.

 


Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Die Unterstellungen der Frau Abgeordneten Korun in ihrer Fragestellung und in ihren Aussagen möchte ich jetzt eigentlich nicht bewerten, aber an Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, sei mir folgende Frage gestattet: Wie viele Verfahren nach dem Asyl-, dem Niederlassungs- und dem Fremdenpolizeigesetz hat es gegen die Familie Zogaj in Österreich bereits gegeben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Das ist auch so eine Sache: Ich darf auf Grund des Amtsgeheimnisses hier keine Details nennen, ich darf nicht mit der Wahrheit herausrücken. Aber ich kann sagen, es waren mehr als hundert.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Familie Zogaj, der Akt Zogaj ist ein Synonym für den tausendfachen Asylbetrug in Österreich. Es ist ein Lehrbeispiel dafür, wie sich der Rechtsstaat auf der Nase herumtanzen hat lassen, und das über Jahre hinweg, und das führt unsere Asylgesetze ad absurdum. In diesem Bereich brauchen wir keine harten Worte, sondern endlich klare Taten, um in Zukunft dem Missbrauch einen Regel vorzuschieben.

Frau Bundesminister, vielleicht können Sie mir folgende Frage beantworten: Wie hoch sind die Gesamtkosten für die gesamten Verfahren betreffend die Familie Arigona Zogaj, für die der Steuerzahler aufkommen muss?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir ermitteln nicht die Kosten für Einzelfälle. Es wird jeder Antrag korrekt von der Behörde abgewickelt. Es entscheiden dann die Gerichte. Im Hinblick auf die Verfahren vor dem Asylge­richtshof ist das Bundeskanzleramt zuständig.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 46/M der Frau Abgeordneten Lueger. – Bitte.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau Bundes­ministerin! Im Regierungsprogramm ist unter dem Kapitel „Migration und Integration“ vereinbart, dass die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplanes vorgesehen ist. Dieser soll die österreichweite Zusammenarbeit erfolgreicher Integrationsmaßnahmen struk­turieren und vor allen Dingen den Vollzug optimieren. Meines Wissens haben ExpertIn­nengruppen bereits getagt. Es liegt jetzt ein Zwischenbericht vor.

Meine Frage lautet daher:

46/M

„Welche Hauptinhalte zeichnen sich für den Nationalen Aktionsplan für Integration ab?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Seit einem Dreivier­tel­jahr arbeiten wir am Nationalen Aktionsplan für Integration, und zwar gemeinsam mit allen Ministerien, mit den Sozialpartnern, mit den Länder, mit den Städten, aber auch mit den Gemeinden und den NGOs, und wir haben die Hauptinhalte folgendermaßen identifiziert: Sprache und Bildung, denn das ist der Schlüssel zu einer guten Inte­gration; Arbeit und Beruf, weil wir keine Zuwanderung haben wollen mit einem Fall in die Armut; Rechtsstaat und Werte, weil der Rechtsstaat für alle gilt; Gesundheit und Soziales, interkultureller Dialog, Sport und Freizeit, aber auch Wohnen und die regio­nale Dimension der Integration.

Für diese Hautpinhalte wird es Problemaufrisse geben, Grundsätze werden definiert und Zielvorgaben bestimmt, und dann sammeln wir all die Maßnahmen, die in den jeweiligen Ebenen dafür gemacht werden, denn Integration muss von unten wachsen und kann nicht von oben verordnet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Lueger, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 31

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): In der Länder-IntegrationsexpertInnen-Kon­fe­renz vom 9. September 2009 wurde einvernehmlich festgehalten, dass es nicht sein kann, dass die primäre Verantwortung für die Ressourcen und für die Umsetzung der Integrationsmaßnahmen ausschließlich den Ländern und den Gemeinden zukommt. Das BMI ist gemäß § 17 NAG und gemäß § 68 Asylgesetz verpflichtet, zur Umsetzung der Integrationsvereinbarung Förderung und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Meine Frage daher: Welche finanziellen Mittel werden Sie seitens Ihres Ressorts dafür vorsehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben den großen Integrationsfonds und außerdem von der EU mitfinanzierte Töpfe, die wir dafür verwenden können. Aber ich bin nur die Koordinatorin dieses großen Komplexes, die­ses großen Themas. Ich bin nicht die Bildungsministerin, ich bin nicht der Arbeits­minister, ich bin nicht für die Raumordnung zuständig. Das heißt, es müssen alle zusammen die Verantwortung mit übernehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Prinz, bitte.

 


Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Gute Sprachkenntnisse sind die Voraussetzung für Integration. Da muss es auch in der Zukunft Schwerpunkte geben. Das Erlernen unserer Sprache, die Bereitschaft zu arbeiten und die Anerkennung unserer Rechtsordnung dürfen und müssen wir von Asylwerbern voraussetzen können.

Ich komme aus einer Region, wo wir Erfahrungen mit Integration haben, und zwar sowohl im negativen als auch im positivem Sinn, im positiven Sinn beispielsweise mit Familien, deren Kinder die Volksschule oder den Kindergarten besuchen.

Frau Bundesminister, welche Erfahrungen gibt es hinsichtlich aufenthaltsbeendender Maßnahmen beziehungsweise Ausweisungen wegen Nichterfüllung der Integrations­vereinbarung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: In der Integrations­ver­einbarung ist verlangt, dass die Betreffenden, die dauerhaft bei uns bleiben wollen, Sprachkenntnisse erwerben müssen, und wenn sie das nicht tun, dann kann es zu einer Ausweisung kommen. Das ist heuer schon in drei Fällen geschehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Strutz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Frau Bundesminister! Wir haben in Österreich ein wachsendes und massives Problem mit illegal nach Österreich einwandernden Personen. In diesem Zusammenhang haben Sie die Errichtung eines zusätzlichen Schub­haftzentrums im Süden Österreichs geplant. Haben Sie nach der aufwändig durchgeführten Werbetour durch die Gemeinden nun endlich einen Ort gefunden, wo dieses Projekt von Ihnen umgesetzt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich plane zwei Projekte, und diese sind voneinander zu trennen. Erstens plane ich ein Kompetenz­zentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen, weil die Rückführung Illegaler oder jener, die bei uns nicht bleiben können, etwa jener, die kriminell geworden sind, eine hochkomplexe Sache ist. Wir brauchen dafür Heimreisezertifikate, Transitvisa, es muss kooperiert werden mit den Ländern, in die wir diese Menschen zurückbringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 32

Dieses Kompetenzzentrum wollte ich ursprünglich in Leoben errichten, das wäre ein günstiger Standort gewesen. – Bedauerlicherweise hat aber gerade Ihre Fraktion dagegen Sturm geblasen. (Ruf beim BZÖ: Jawohl!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Korun.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, Sie koordinieren ja nur die Integrationsarbeit, andererseits sagen Sie immer wieder, Sie sind sehr gerne Integrationsministerin. Tatsache ist, dass im Budget für 2010 genau null Euro für den Nationalen Aktionsplan budgetiert sind, und zwar nicht nur für Ihr Ressort, sondern auch betreffend Bildungsministerium, Arbeit und Soziales, Ge­sundheitsministerium und so weiter.

Wie wollen Sie beim Zukunftsthema Integration vorankommen, wenn nicht nur bei Ihrem Ressort, sondern auch bei anderen Ressorts der Nationale Aktionsplan nicht budgetiert ist? Wie wollen Sie konkrete Integrationsmaßnahmen umsetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es ist nicht zielfüh­rend, Frau Kollegin Korun, wenn man glaubt, mit einem großen, zentral verwalteten Geldtopf kann man Integration schaffen. Beispielsweise ist das Gratiskindergartenjahr, das es in Österreich gibt, wahrscheinlich das effizienteste Instrument für den Sprach­erwerb der Kinder, und das brauche ich nicht im Innenministerium zu budgetieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Daher ist es ein Irrglaube, wenn man meint, wenn die Innenministerin einen Riesentopf hat und das Füllhorn ausschüttet, dann würde Integration schon stattfinden. – Ganz im Gegenteil, das muss wirklich von allen mitgetragen werden, von jedem in seinem Bereich. Beispielsweise haben wir – Bildungsministerium, Familienministerium und Innenministerium – ein gemeinsames Projekt im Hinblick auf die Sprachkurse von Kindern und Müttern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Bundesministerin, aus einer Anfrage der Freiheitlichen ist hervorgegangen, dass es in Wien teilweise Schulen gibt, wo über 90 Prozent der Kinder nichtdeutsche Muttersprache haben – ebenso in den Kindergärten, die Sie jetzt angesprochen haben. Auch das Gratiskin­dergartenjahr wird nicht verhindern können, dass es Kindergärten gibt, in denen es über 90 Prozent Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache gibt.

In diesem Zusammenhang, Frau Bundesminister: Wie stellen Sie sich vor, dass Inte­gration überhaupt möglich ist, wenn mehr als 50 Prozent der Kinder nicht deutsch sprechen können? – Man weiß ja, dass die Integration einer Mehrheit in eine Minderheit nicht funktionieren kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wie Sie ja wissen, kommt dann im nächsten Jahr zum Gratiskindergartenjahr das verpflichtende Kin­dergartenjahr vor der Schule, und ein Jahr bei Kindern in diesem Alter bringt Spracherwerb, da bin ich zuversichtlich.

Ich glaube aber, dass wir verstärkte Anstrengungen bei den Müttern unternehmen müssen. Bedauerlicherweise haben wir sehr viele Frauen, die schon sehr lange in Österreich sind und nicht Deutsch können. Wir müssen Sprachförderung auch für die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 33

Mütter ansetzen, denn nur wenn die Mütter Deutsch können, werden die Kinder auch ordentlich Deutsch lernen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 44/M des Herrn Abgeordneten Hornek. – Bitte.

 


Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Minister! Durch das Fremdenrechts­änderungsgesetz wurden die Voraussetzungen für die Abschiebung von Personen verbessert. Aber auch schon bisher wurden Maßnahmen gesetzt, um illegal Aufhältige in ihre Heimatstaaten rasch und effizient zurückzubringen.

Meine Frage:

44/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie, um Personen, deren Asylantrag rechtskräftig abge­lehnt worden ist, noch effizienter außer Landes zu schaffen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Ich habe erstens die Fremdenpolizei massiv verstärkt und zweitens mit den betreffenden Herkunftsländern intensiven Kontakt aufgenommen. Wir bemühen uns da auch über unsere Verbin­dungs­beamte, Heimreisezertifikate zu erreichen. Wir haben hier im Hohen Haus das Fremdenrechtspaket beschlossen, durch das ungerechtfertigte Folgeanträge nicht mehr zur Vereitelung der Heimreise führen, wir haben Schubhaftgründe klarer definiert, damit sie uns nicht in die Illegalität untertauchen, und ich bin mit der Justizministerin in engem Kontakt, damit dann, wenn die Gefängnistore aufgehen und ausländische Häft­linge entlassen werden, diese dann sofort von der Fremdenpolizei übernommen wer­den, das Ausweisungsverfahren schon abgeschlossen ist und wir sie zurück in ihre Herkunftsländer bringen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neugebauer: Sehr gut! Das kostet aber natürlich Geld!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hornek.

 


Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister, mich würde besonders Folgendes interessieren: Wie haben sich in den letzten Jahren die Charter­abschiebungen entwickelt? In welcher Form sind diese erfolgt – es gibt da meines Wissens freiwillige Rückkehr und zwangsweise Rückkehr –, und welche Staaten sind davon im Besonderen betroffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir sind wahrschein­lich derzeit von allen europäischen Ländern das effektivste bezüglich der EU-Gemein­schaftscharterflüge, wir haben da inzwischen das größte Know-how.

Das sind gemeinsame Rückführungsaktivitäten, für die wir einen Flieger organisieren, den die EU über Frontex bezahlt, und dann werden die Personen, die in ihr Herkunfts­land zurückkehren, in diesem Flieger sozusagen gesammelt. Andere EU-Länder bringen diese Personen zu uns, wir organisieren dann den Gemeinschaftsflug und bringen sie in ihre Herkunftsländer.

Diesbezüglich sehr erfolgreich sind wir beim Kosovo, und wir sind auch erfolgreich – sehr erfolgreich! – bei Tschetschenien.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 34

Gerade zum jetzigen Zeitpunkt findet im Ministerium eine große internationale Kon­ferenz über freiwillige Rückkehr statt. Derzeit ist es so, dass wir bei der Rückkehr 40 Prozent repressiv mit Polizei und Amtsgewalt machen und 60 Prozent freiwillig. – Diesbezüglich stecken wir auch Steuergeld in die Beratungsinfrastruktur, weil die freiwillige Rückkehr insgesamt billiger kommt und auch humaner ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 35

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Windholz.

 


Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Bundesminister, Sie haben auch den gewissermaßen unsteten Aufenthalt angesprochen, nachdem ein Verfahren eingeleitet worden ist. In jüngster Vergangenheit hatten wir einen Aufgriff eines Lkw mit über 50 Kurden durch die Exekutive. – Ein Antrag wurde gestellt, die Leute wurden nach Traiskirchen gebracht, waren am nächsten Tag aber nicht mehr auffindbar.

Meine konkrete Frage: Wie viele Personen können deshalb nicht abgeschoben wer­den, weil sie in die Illegalität flüchten, und können Sie uns auch sagen, ob von diesen über 50 kurdischen Asylantragstellern schon welche aufgetaucht sind? Wenn ja, wo waren diese dann tatsächlich aufhältig?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Es waren über 60 Personen – 64 waren es, glaube ich –, davon haben 58 einen Asylantrag gestellt. Jene, die einen Asylantrag gestellt haben, konnten wir nicht einsperren, weil Flücht­linge keine Gefangenen sind, jene, die keinen Asylantrag gestellt haben, haben wir in Schubhaft genommen.

Jene, die in Traiskirchen um Asyl angesucht haben, sind aber über Nacht wieder von ihren Schleppern eingesammelt und weitergeschleppt worden, nämlich nach Deutsch­land. In Deutschland sind zwei Syrer und deren syrischer Schlepper aufgegriffen und verhaftet worden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Korun.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Bundesministerin, seit dem letzten Jahr ist es nicht mehr möglich, dass sich Asylwerber mit einer Beschwerde an den Ver­waltungsgerichtshof wenden. Beim gestrigen 7. Rechtsschutztag Ihres Ministeriums hat Professor Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, eine Verfassungs­reform gefordert, ein Reformpaket. Als Teil dessen hat er gefordert, dass der Verwal­tungsgerichtshof wieder für Asylbeschwerden zuständig wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP: Frage!)

Wie stehen Sie zu dieser Forderung des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Kollegin Korun, ich war dort, Sie nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Korun deutet auf den Plenar­saal. – Abg. Binder-Maier: ... nicht fair!) Präsident Holzinger hat gefordert, dass die Einrichtung der Landesverwaltungsgerichte so rasch wie möglich umgesetzt wird, und Präsident Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, hat auch erwähnt, dass er mit jenen Anträgen, die beim Verfassungsgerichtshof landen – das sind mehrere Tausend – sehr gut zurechtkommt: Sie werden innerhalb von zwei Monaten erledigt. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Asylwerber neigen ja nicht gerade zur Bekanntgabe ihrer Identität unter Vorlage von Dokumenten, insbesondere Reisedokumenten, daher scheitern Abschiebungen in hohem Maße am Unwillen der angeblichen Herkunftsländer. Solche Personen sind de facto nicht abschiebbar.

Sie selbst sagen, dass an sich die Wiederherstellung, zumindest temporär, von Grenz­kontrollen, die Aufhebung von Schengen, für Sie nicht in Frage kommt, obwohl es für uns als Schengen-Binnenland besser wäre, wenn gar keine Asylwerber zu uns kämen.

Sie haben jetzt aufgrund der Hauptfrage erwähnt, in welchen Ländern es mit den Ab­schiebungen besonders gut funktioniert. In welchen Ländern funktioniert es nicht besonders gut?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Identitäts­betrüge­reien setzen wir entgegen, dass es von allen Asylwerbern – und zwar europaweit! – Fingerprints gibt und diese international abgeglichen werden, um festzustellen, ob sie als Asylwerber schon bekannt sind oder nicht. Weiters haben wir im Hinblick auf Dokumentensicherheit ein exzellentes Know-how und setzen Dokumentenberater in allen Bereichen ein, sowohl beim Bundesasylamt, beim AMS als auch in den Bot­schaften.

Mit jenen Ländern, mit denen sich diese Kooperation spießt, intensivieren wir den Kontakt durch Erstgespräche mit dem Botschafter, dann durch Verbindungsbeamte, hierauf reise ich selbst hin und wir unterfertigen Rückführungsübereinkommen. – Ich war in Marokko, ich war in Bosnien-Herzegowina, ich werde demnächst nach Nigeria fahren und die nächste Reise geht nach Moskau. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neugebauer: Alles praktische Politik! Alles praktische Politik und erfolgreich!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Wurm.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie sind jetzt schon auf die Frage der Rücknahmeübereinkommen eingegangen. Wir hatten in Innsbruck ein großes Problem mit der sogenannten Nordafrikanerszene, die die Bevölkerung in Atem gehalten hat. Es wurden von der örtlichen Polizei sehr viele Maßnahmen gesetzt – Sonderkommissionen, verstärkte Streifen –, und die Situation ist nun besser unter Kontrolle als je zuvor.

Sie sind vor Kurzem nach Marokko gefahren. Jetzt würde ich Sie bitten, uns darüber aufzuklären, wie erfolgreich Sie in Marokko waren, die entsprechenden Rücknahme­übereinkommen zu erzielen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Wir haben in Marokko einen sehr erfolgreichen Verbindungsbeamten installiert, der uns permanent die Kontakte zu den dortigen Behörden herstellt, insbesondere auch dann, wenn es um Kriminelle, um Täter geht.

Marokko hat ein gutes Passwesen, biometrische Pässe. Sie haben von jedem über 18-Jährigen alle zehn Fingerprints, das heißt, Marokko kennt seine Bürger sehr genau, und wir haben auch ein Memorandum betreffend die Zusammenarbeit unterfertigt, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 36

ich glaube, es wird pro futuro wesentlich leichter sein, die Personen, die nicht hier bleiben können, wieder nach Marokko zurückzuschicken.

Es ist das ein Prozess, bei dem man einfach die Kommunikation auf Beamtenebene, auf Botschafterebene intensivieren muss, aber man muss dann auch einmal selbst hinfahren und die Kontakte mit den dortigen Ministern suchen, dann sind sie ko­ope­rativ. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich bei der Frau Bundesminis­terin. – Die Fragestunde ist beendet; es wurden alle Fragen aufgerufen.

*****

10.03.25Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 3013/AB bis 3035/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Aufbau und die Zuständigkeits­regelung der Abgabenverwaltung des Bundes erlassen wird (Abgabenverwaltungs­or­ganisationsgesetz 2010 – AVOG 2010), sowie das Einkommensteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Kapitalverkehrsteuer­ge­setz 1934, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Feuerschutzsteuergesetz 1952, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, die Bun­desabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Rundfunkgebührengesetz, das Entschädigungsgesetz CSSR und das EG-Vollstreckungsamtshilfegesetz geändert werden – Bundesgesetz über die Neuordnung der Zuständigkeitsregelungen in Ab­gabensachen (477 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Invest­mentfondsgesetz, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Zahlungsdienstegesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Interbankmarktstärkungsgesetz, das Betrieb­liche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und das Versicherungs­aufsichts­gesetz geändert werden (478 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuer­ge­setz 1988, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Mineralölsteuer­gesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Tabaksteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und die Abgabenexekutionsordnung geändert werden – Abgabenänderungsgesetz 2009 (AbgÄG 2009) (479 d.B.),

Bundeshaushaltsgesetz 2013 – BHG 2013 (480 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Buchhaltungsagenturgesetz geändert wird (481 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 und das Über­nah­me­gesetz geändert werden (482 d.B.),

Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 – BRÄG 2010 (483 d.B.),

Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – RÄG 2010 (484 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 37

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlas­sen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Juris­diktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosen­ver­sicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­ge­setz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarver­siche­rungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­gesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenord­nung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleich­behand­lungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forst­ar­beiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensions­gesetz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Aus­lands­zulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Per­sonenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Melde­gesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärzte­gesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeord­nung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeres­dis­ziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienför­derungs­gesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Paten­tgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundes­gesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden (485 d.B.),

Kinderbeistand-Gesetz (486 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafpro­zessordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz geändert werden (487 d.B.),

2. Dienstrechts-Novelle 2009 (488 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Vertrags­bediens­tetengesetz 1948 und  das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (489 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009 (476 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (490 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraft­fahrgesetz 1967 geändert werden (491 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (464 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (465 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (466 d.B.),

13. Ärztegesetz-Novelle (467 d.B.),

Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tierschutzgründen verboten ist (473 d.B.),

Antrag 862/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle illegaler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen,

Antrag 863/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Lehrberuf für Pflege und Betreuung,

Antrag 865/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Erwin Rasinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Nationalen Aktionsplan Ernährung – NAP.E;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 868/A(E) der Abgeordneten Kurt List, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie­dereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach;

Justizausschuss:

Antrag 869/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheber­rechtsgesetz und Artikel III der Urherberrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2009 – UrhG-Nov 2009);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 864/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversuchen der „Neuen Mittelschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (471 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (472 d.B.),

Antrag 859/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 39

Antrag 860/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen,

Antrag 861/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung,

Antrag 866/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Peter Wittmann, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Volksabstim­mungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 und das Volksbegehrengesetz 1973 geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2010),

Antrag 867/A der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Änderungsurkunden der Satzung der Internationalen Fernmeldeunion und des Vertra­ges der Internationalen Fernmeldeunion, Genf 1992, geändert durch die Kon­ferenz der Regierungsbevollmächtigten (Kyoto 1994), durch die Konferenz der Regie­rungs­bevollmächtigten (Minneapolis 1998) sowie durch die Konferenz der Regierungs­bevollmächtigten (Marrakesch 2002), samt Erklärungen und Vorbehalten (457 d.B.);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird (474 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhand­berufs­gesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (475 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 6, 9 bis 11, 12 bis 16, 17 und 18, 19 und 20 sowie 21 und 22 der Tages­ordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Königshofer beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 831/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend eigene Bankenkonkursordnung eine Frist bis zum 9. Dezember 2009 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 40

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden.

Die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der dazu­ge­hörigen Debatte erfolgen.

*****

Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Grünewald beantragt hat, dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 845/A(E) betreffend sofortiges Notbudget von 200 Millionen € für Univer­sitäten eine Frist bis zum 9. Dezember 2009 zu setzen.

*****

Schließlich teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Grünewald beantragt hat, dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 844/A(E) betreffend Qualitätsverbesserung an österreichischen Hochschu­len eine Frist bis zum 9. Dezember 2009 zu setzen.

Zu den beiden letztgenannten Fristsetzungsanträgen liegen keine Debattenverlangen vor.

Die gegenständlichen Anträge werden gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

*****

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt:

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, Freiheitliche 108 sowie BZÖ und Grüne je 95 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehdirektübertragung durch den ORF von jetzt bis 13 Uhr wurde folgende Redeordnung für die Zeit nach der Fragestunde vereinbart:

Erste Redner-/Rednerinnenrunde mit je 8 Minuten, dann ein Regierungsmitglied der ÖVP mit 15 Minuten, dann eine weitere Runde mit je 5 Minuten. Die Redezeit pro Fraktion ohne Beschränkung der RednerInnenzahl danach mit dem Prinzip Contra/Pro mit 14 Minuten.

Der Vorsitz führende Präsident verteilt nach der zweiten Redner-/Rednerinnenrunde die verbleibende Zeit in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleich­mäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass allfällige tatsächliche Berichtigungen erst nach der Fernsehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.07.021. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vor­lage (367 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (430 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 246/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheits­verwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991, geändert wird (432 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (391 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die polizei­liche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) erlassen wird sowie das Polizeikooperations­gesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (431 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 56/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofor­tige Abstandnahme vom Projekt eines „Schubhaftzentrums“ in Leoben (433 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 57/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die drin­gende Aufstockung der Grazer Exekutive um zusätzliche 300 Polizisten (434 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 777/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die ge­plante Verlegung von 100 Polizisten nach Graz-Straßgang (435 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. 8 Minuten Redezeit. –Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 42

10.08.48

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Fragestunde hat uns das offenbart, was wir seit Monaten der Amtsführung der Frau Innenministerin Fekter sehen: Frau Innenministerin, Sie sind mit einer ausgeprägten Ahnungslosigkeit und Naivität gesegnet, um im Fachjargon Ihrer Fraktion zu bleiben, die wirklich atem­berau­bend ist – die wirklich atemberaubend ist! (Abg. Dr. Bartenstein: ... mehr Höflichkeit am Beginn eines Plenartages, Herr Westenthaler! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Frau Minister Fekter, Sie haben uns jetzt in der Fragestunde mitgeteilt, Sie wissen nicht, wie hoch die Dolmetscherkosten in Ihrem Ministerium sind, Sie wissen nicht, was das Zogaj-Verfahren gekostet hat, ja Sie wissen überhaupt nicht, dass Sie seit mehreren Jahren – seit sieben Jahren – eine schwarze Spitzelpolizei BIA haben, die auf keinerlei Rechtsgrundlage beruht und daher sozusagen ohne rechtliche Basis, ohne rechtliche Legitimation Abgeordnete, missliebige Menschen, die gegen die Regie­rung sind, in aller Öffentlichkeit bespitzeln lässt. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist der Zustand Ihres Ministeriums, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das spiegelt sich auch wider in der Nichtbekämpfung und Ihrem glamourösen Schei­tern in der Bekämpfung der Kriminalität. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Sie, Frau Minister Fekter, wollen nicht wahrhaben, dass das Hauptproblem Österreichs die offenen Grenzen zum Osten sind, dass das Hauptproblem der Menschen der ungehinderte Übertritt über die Grenze von kriminellen Banden, von Verbrechern, ja zum Teil auch von Terroristen ist. Das wollen Sie nicht wahrhaben, dass an der Ost­grenze, und nicht nur dort, sondern auch in den betroffenen Bundesländern, aber auch in Ballungszentren Angst bei den Menschen herrscht, Frau Ministerin. Wenn Sie schon uns nicht glauben, dann glauben Sie das, was hier steht und was auch in Umfragen nicht dementiert, sondern bestätigt worden ist (die Titelseite der „Kronen Zeitung“ vorweisend): „In der Ostregion herrscht die Angst“. (Abg. Neugebauer: Die „Kronen Zeitung“ weiß immer alles besser!)

Warum Angst herrscht, ist klar: Weil wir eine Rekordkriminalität in diesem Land haben! 68 Straftaten pro Stunde, Rekordkriminalität bei Einbrüchen in Wohnungen, in Häuser, und es wird nicht besser, wie Sie uns immer sagen, es wird täglich schlechter. Die Prozentzahlen werden immer höher, und vor Kurzem hat IMAS eine Umfrage veröffentlicht, die schon bemerkenswert ist: Jeder zweite Österreicher ist bereits einmal direkt Opfer einer Straftat in Österreich gewesen! Das muss Ihnen doch zu denken geben, und Sie müssen doch erkennen, dass Ihre Politik falsch ist, Frau Ministerin, und dass Sie eine Kehrtwende machen müssen! (Beifall beim BZÖ.)

Ihre Antworten sind völlig falsch, und die Kriminalität gewinnt jeden Tag an neuer Qualität. Gestern hat mich eine Frau angesprochen – sie ist Ihnen und mir bekannt, aber ich sage jetzt den Namen nicht –, die auf offener Straße überfallen worden ist, ein Handtaschenraub – nicht wie bei Ihnen, Frau Ministerin, die Sie Ihre Tasche irgendwo hingehängt haben und es hat sie Ihnen wer weggenommen, sondern ein Hand­taschen­raub: Innerhalb einer Stunde wurde alles gestohlen, wurden die Kreditkarten geplün­dert, wurde das Konto geplündert, wurde in die Wohnung eingebrochen! Also eine organisierte Aktion, und das ist kein Einzelfall. Das passiert täglich auf den Straßen, vor allem in Wien und im Ostbereich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und da müssen Sie endlich eine Antwort finden!

Oder die nächste Qualitätsstufe – sie ist überhaupt noch nicht öffentlich diskutiert worden –: Frau Ministerin, mir ist bekannt, und Ihnen muss das auch bekannt sein, dass wir mittlerweile eine ganz andere Qualität von Kriminalität haben, nicht nur


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Ostbanden, die nach Österreich kommen und Einbrüche begehen, sondern jetzt geht es anders weiter. Jetzt gibt es plötzlich offene und von Ihrer Behörde bereits wahr­genommene und aufgezeichnete Warnungen, und die entsprechenden Leute – sie sind an mich herangetreten – sind gewarnt. Es sind Wirtschaftstreibende, also eine Klientel der ÖVP, die jetzt gewarnt worden sind von Ihrer Behörde, weil akute Gefahr besteht – und dass ist die „nächste“ Qualität –, dass es zu Entführungen von Familienan­ge­hörigen, von Kindern kommen wird in diesem Land. Die Betreffenden sind von Ihrem Ministerium bereits telefonisch gewarnt und mit Personenschutz versehen worden. Sie wissen das! Diese Menschen haben sich auch an uns gewandt – und Sie stehen daneben und schauen zu, wie das alles passiert. Ihre Politik ist wirklich ein Skandal, Frau Ministerin, und wir können diese Politik so nicht zur Kenntnis nehmen! (Beifall beim BZÖ.)

Ihre Antwort ist: SOKO. Überall, wo ich nicht weiter weiß, bilde ich einen Arbeitskreis: Da eine SOKO, dort eine SOKO – SOKO Ost, SOKO Auto, SOKO Ladendiebstahl, SOKO Handtasche. Das bringt überhaupt nichts – außer Kosten! Es bringt überhaupt nichts! Was Sie machen sollten, das wäre, endlich zumindest temporär die Grenze dicht zu machen. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, wo wir alle wissen, auch Sie und die Behörden, dass es gerade in dieser Zeit wieder zu einer enormen Spitze bei der Krimi­nalität, bei Einbruchsdiebstählen zum Beispiel, kommt, hätten Sie die Verpflichtung, einmal probeweise die nächsten Monate und die nächsten Wochen – zumindest einmal temporär, und dann schauen wir weiter, ob es nicht besser wird; wir sind der Meinung: ja – die Grenze dicht zu machen.

Machen Sie die Grenze dicht, kontrollieren Sie die Grenze, schützen Sie unsere Bevöl­kerung vor diesen kriminellen Banden, die wir hier immer mehr spüren! (Beifall beim BZÖ.) Wenn Sie das nicht tun, Frau Ministerin, wenn Sie weiter wegschauen und das alles negieren, dann sind Sie nicht nur ahnungslos, dann sind Sie nicht nur kom­petenz­los und verantwortungslos, sondern dann sind Sie als Ministerin sinnlos! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die Wahrheit, und diese wollen wir auch entsprechend in die Diskussion ein­bringen.

Es nützt nichts, hier humanitäre Bleiberechte zu beschließen oder Haftentlassungs­pakete, wo Sie jedes Monat hunderte ausländische Straftäter eigentlich grundlos wieder freilassen, oder wo Sie Pardonierung von Straftätern ins Asylrecht hinein schreiben, die erst beim zweiten Mal nach einer Körperverletzung oder nach einem Diebstahl überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Das ist auch nicht in Ordnung, das wollen wir nicht!

Deswegen, Frau Ministerin: Handeln Sie hier! Es ist an der Zeit, das Schönreden zu beenden und endlich die Kriminalität, so wie sie ist, ernst zu nehmen und Ihr Ziele, an dem Sie gescheitert sind, nämlich die Kriminalität zu verringern, endlich in Angriff zu nehmen.

Aber jetzt auch zu einem zweiten Punkt, nämlich zu Leoben, zu dem Schubhaft­zen­trum Leoben, das Sie der Steiermark und Leoben „verordnen“ wollen. Das ist schon sehr interessant! Auch hier wollen Sie der Bevölkerung, der Gesellschaft im regionalen Bereich etwas oktroyieren, was die Menschen nicht wollen. Sie wollen in Leoben ein Schubhaftzentrum hinstellen, 167 Kilometer weg von Schwechat, 77 Kilometer weg vom Flughafen in Graz. Das heißt, Sie wollen offensichtlich mit den Schubhäftlingen durch halb Österreich gondeln, aber sie vorher nach Leoben hinsetzen. Das geht doch nicht! Mitten in eine Wohngegend soll ein Schubhaftzentrum hinkommen! Wir wissen von Traiskirchen, was das bedeutet, wie sich dort in der Umgebung die Kriminalität, die Belästigung der Bevölkerung entwickelt.


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Ich bin froh darüber, dass wir hier einen Steirer haben, nämlich Gerald Grosz, denn er ist der einzige Steirer hier im Hohen Haus, der aufrichtig kämpft gegen dieses Schub­haftzentrum, und das bereits seit Wochen und Monaten! (Beifall beim BZÖ – Zwi­schenrufe bei der FPÖ), während rote und schwarze Abgeordnete nichts tun – und ich lese sie hier vor: Bartenstein, Steiermark, Amon, Steiermark, Moretti, Steiermark, oder von der SPÖ Silhavy, Muchitsch, Kräuter; die soll man alle nennen, denn das sind die Abgeordneten, die aus der Steiermark kommen.

Oder die Frau Kollegin aus der ersten Reihe: Kommen Sie nicht aus Leoben, Frau Kollegin? Frau Kollegin Gessl-Ranftl, die Sie aus Leoben kommen, Sie sitzen hier und werden heute für dieses Schubhaftzentrum stimmen?! Und dann setzen Sie sich in den Zug oder ins Auto, fahren nach Leoben und wollen dort den Menschen verkaufen, dass Sie gegen das Schubhaftzentrum sind! Das ist schändlich! Genieren Sie sich dafür, Frau Abgeordnete! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe der Abg. Gessl-Ranftl.)

Seien Sie doch mutig, stehen Sie heute auf, kämpfen Sie Seite an Seite mit Gerald Grosz gegen dieses Unrecht, das den Menschen dort geschieht! Kämpfen Sie dage­gen, und auch diese SPÖ-Abgeordneten: Wir werden uns ganz genau anschauen, ob Sie hier organisierte Wählertäuschung betreiben! Während sich der rote Bürgermeister in Leoben samt Gemeinderat einstimmig gegen das Schubhaftzentrum ausge­sprochen hat, werden Sie heute die Nagelprobe erleben. Sie werden die Nagelprobe erleben, ob Sie die Steirerinnen und Steirer heute im Stich lassen, ob Sie sie an­schwindeln, oder ob Sie mit den Leobnern und ihrem Bürgermeister stimmen. Sie von der SPÖ sind hier besonders gefordert!

Ein letzter Satz noch, und zwar zum Pyrotechnikgesetz. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es unglaublich, dass hier versucht wird, junge Menschen zu kriminalisieren, mit Strafen zu belegen, nur weil sie Bengalische Lichter bei Sportveranstaltungen anzünden! (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.) Wir sind dafür, dass das möglich sein muss, dass das geordnet, kontrolliert, in entsprechenden Zonen – ohne Gefährdung der Fans! – möglich gemacht werden soll. Wir sind gegen Verbote, denn Ihre Verbotspolitik gegen die Menschen in diesem Land und vor allem gegen junge Menschen ist mittlerweile nicht mehr zu ertragen, und daher unterstützen wir auch die österreichische Fußballfankultur und ihren Anhang. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

10.17

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


10.17.14

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Gessl-Ranftl, Sie brauchen sich nicht zu schämen. Schämen muss sich der Kollege Westenthaler für das, was er hier in den letzten acht Minuten an Beleidigungen geäußert hat! (Beifall bei der ÖVP.) Seine Rede hat absolut kein Niveau gehabt.

Man muss sich wirklich entschuldigen bei der Bevölkerung, die an den Fernsehgeräten zuschaut, und bei all jenen, die heute hier im Hohen Haus sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Sie sollten jeden Tag nach Mariazell rutschen auf den Knien! – Abg. Bucher: Entschuldigen Sie sich bei den Opfern, das ist viel wichtiger!)

Meine geschätzten Damen und Herren, klar ist natürlich, dass wir heute nicht nur über das reden, was der Herr Kollege Westenthaler erklärt hat, sondern wir haben heute zwei wichtige Gesetze zu beschließen: Das eine ist das Pyrotechnikgesetz, das neu ausgerichtet worden ist, und das andere ist das EU-Polizeikooperationsgesetz. Bei


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beiden Gesetzen ist es erforderlich, auch das Sicherheitspolizeigesetz zu ändern beziehungsweise anzupassen.

Aber damit wir überhaupt vom Gleichen reden, möchte ich vorweg einmal einen Abän­derungsantrag einbringen, den Abänderungsantrag der Kollegen Pendl und Kößl zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird.

Begründung: Zu Ziffer 1: Es soll ein Redaktionsversehen ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich muss Sie kurz unter­brechen. Sie brauchen nur, aber das dafür zur Gänze, den Abänderungsantrag zu verlesen. (Abg. Ing. Westenthaler: Kößl, lern einmal die Geschäftsordnung!)

 


Abgeordneter Günter Kößl (fortsetzend): Es soll möglich sein, unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen bei sportlichen Wettbewerben, die von regionaler, natio­naler und internationaler Bedeutung sind, den Besitz und die Verwendung pyrotech­nischer Gegenstände oder Sätze durch den Veranstalter beziehungsweise die beauf­tragten Verantwortlichen zu erlauben. (Abg. Ing. Westenthaler: Den Antrag verlesen, dann brauchen wir den Rest deiner Rede nicht hören! Das ist eh sinnlos!)

Geschätzte Damen und Herren! Die Gesetzesvorlage ... (Der Redner hält kurz inne. – Abg. Mag. Stadler: Er soll den Antrag vorlesen, da weiß er wenigstens, was er vorliest! Jetzt weiß er nicht, was er sagen soll!)

Wir haben derzeit ein Pyrotechnikgesetz aus dem Jahre 1974, und es soll an und für sich dieses Gesetz neu ausgerichtet und an die EU-Vorgaben angepasst werden. (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin, jetzt haben Sie ihn aus dem Konzept gebracht! – Abg. Grosz: Jetzt ist alles im Eimer!)

Eine der wichtigsten Änderungen in diesem Gesetz ist, dass bei Sportgroß­veran­stal­tungen zukünftig die Verwendung von Pyrotechnikartikeln nicht mehr erlaubt ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, warum das so ist, denn das kommt ja nicht von ungefähr.

Es gab in der letzten Saison über 300 Übertretungen und Verstöße in diesem Bereich; es hat auch Verletzungen gegeben. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist ja gar nicht wahr! Nur eine Verletzung hat es gegeben! Das ist alles ein Schmäh!) Wir wissen ganz genau, dass die Anwendung von pyrotechnischen Gegenständen bei Massenansammlungen von Menschen immer eine besondere Gefahr darstellt, und deshalb ist es auch erfor­derlich, dass die Sicherheit in den Vordergrund gestellt wird und nicht Spektakel und Action im Vordergrund stehen. Es soll ermöglicht werden, dass auch Familien zu Sport­veranstaltungen gehen und dann auch wieder sicher nach Hause kommen.

Bei dieser gesetzlichen Veränderung ist nicht vorgesehen gewesen, dass man die Fan­kultur oder die Stimmungsmache in irgendeiner Weise einschränken möchte, aber man muss klar und deutlich sagen, die Sicherheit steht bei diesem Gesetz natürlich im Vordergrund. Und bei der Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes in diese Richtung ist es selbstverständlich, dass ein Datenaustausch zwischen den Fußballorgani­sa­tionen, den Sportorganisationen und natürlich den Behörden stattfinden wird.

Meine Damen und Herren, da hier auch Leoben angesprochen wurde: Man muss schon ehrlich bleiben. Wir können nicht auf der einen Seite sagen: ein restriktiveres Fremdenrechtsgesetz!, wir können nicht sagen, wir müssen trachten, dass straffällige Asylwerber rasch außer Landes gebracht werden, dass Asylwerber mit einem nega­tiven Bescheid in Händen außer Landes gebracht werden können, wenn der Frau Bundesministerin nicht die Möglichkeit gegeben wird, im Süden Österreichs ein Schubhaftzentrum zu errichten. Wir brauchen eines, und ich möchte schon auch die Solidarität anderer Bundesländer einfordern. Man sollte nicht nur immer nach Wien,


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Niederösterreich und Oberösterreich schauen, sondern es ist ganz wichtig, dass hier ebenfalls ein Schubhaftzentrum eingerichtet wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Es ist nicht menschlich, wenn Asylwerber quer durch Österreich gekarrt werden zu den Schubhaftzentren und nicht vor Ort in Schubhaft genommen werden können. Es sollte also kein populistisches Nein erfolgen, sondern man sollte versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden, damit diese Überlegung der Frau Bundesministerin auch umgesetzt werden kann.

Geschätzte Damen und Herren, es ist heute auch die Kriminalitätsbekämpfung ange­sprochen worden. Es muss uns bewusst sein, dass in diesem Zusammenhang drei Maßnahmen unbedingt erforderlich sind: Das eine sind die gesetzlichen Rahmen­bedingungen, damit die Polizei entsprechend arbeiten kann, das Zweite ist die tech­nische Ausrüstung – das ist ebenfalls ein ganz wichtiger Aspekt –, und drittens muss natürlich genügend Personal zur Verfügung stehen, um die Kriminalität auch ent­sprechend bekämpfen zu können.

Da heute auch Graz angesprochen und immer wieder erklärt wurde, dass dieses Sicherheitsabkommen zwischen dem Bürgermeister und dem damaligen Innenminister Platter nicht eingehalten worden ist, möchte ich schon feststellen: Das ist sicher nicht richtig, denn wenn wir uns den Personalstand von Graz anschauen, sehen wir, es gibt 759 Beamte im systemisierten Stand, es gibt zusätzlich 59 Beamte von der Cobra, und es gibt zusätzlich 45 Beamte nach dem AGM. Es sind also weit mehr als 800 Beamte, die eigentlich zwischen Bürgermeister Nagl und Innenminister Platter abgesprochen wurden.

In diesem Sinne, geschätzte Damen und Herren, kann gesagt werden, beide Gesetze, die heute zu beschließen sind, das Pyrotechnikgesetz wie auch das EU-Polizei­koope­rationsgesetz, sind zwei wichtige Maßnahmen für mehr Sicherheit, und deshalb bitte ich um Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, der Antrag wurde nicht ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch nicht zur Verhandlung. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Es ist gut, dass der ORF überträgt! – Abg. Ing. Westenthaler: Die ÖVP ist nur mehr eine Lachnummer!)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun. 8 Minuten. – Bitte.

 


10.25.19

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und meine Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich möchte mit einer tatsächlichen Berichtigung beginnen. Frau Bundesministerin Fekter hat behauptet, der Präsident des Verfassungs­gerichts­hofes, Prof. Holzinger, hätte gestern beim Rechtsschutztag gesagt, er könne damit sehr gut leben, wie viele tausend Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind. – Das ist unwahr, sehr geehrte Damen und Herren!

Laut APA von gestern – da kann sich jeder erkundigen beziehungsweise jeder hier im Haus – hat Prof. Holzinger eigentlich genau das Gegenteil davon gesagt. Er hat ein Verfassungsreformprojekt eingefordert, und er hat dieses als – ich zitiere wörtlich – „längst überfällig“ bezeichnet. Laut Holzinger habe die Neuregelung des Rechts­schut­zes in Asylsachen im Vorjahr zu einem drastischen Anstieg an Rechtssachen beim Verfassungsgerichtshof geführt, was vor allem auf Asylfälle zurückzuführen sei. Und Prof. Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, hat gesagt, wenn keine Lösung kommt, wenn es nicht möglich wird, dass der Verwaltungsgerichtshof wieder


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Asylbeschwerden behandelt, nimmt man in Kauf, dass der Verfassungsgerichtshof seine Rechtsschutzaufgabe möglicherweise nicht mehr in der Weise wahrnehmen kann, wie es das Rechtsstaatsprinzip unserer Bundesverfassung gebietet. – Zitatende.

So viel zur Wahrheitsliebe unserer Frau Innenministerin und wie sie das Parlament und leider über ORF auch die Öffentlichkeit falsch informiert. (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Dr. Fekter: Frau Kollegin, Sie waren nicht dort! Aber ich war dort!)

Die APA war dort, Frau Ministerin. Sie waren auch dort, aber das nützt offensichtlich nichts in Ihrem Fall, denn Sie wollen genau das Gegenteil von dem verstehen, was der Präsident des Verfassungsgerichtshofes gesagt hat, und Sie scheuen leider auch nicht davor zurück, uns und die gesamte Öffentlichkeit falsch zu informieren. Reden Sie mit Prof. Holzinger oder schauen Sie in der APA nach: Sie werden feststellen, er hat genau das Gegenteil von dem gesagt, was Sie hier behauptet haben. (Abg. Weinzinger: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Sachverständige Holzinger so etwas sagt!)

Nun zum Antrag des BZÖ betreffend Abstandnahme vom Projekt eines Schubhaft­zentrums in Leoben. Diesen Antrag haben wir dreimal im Innenausschuss behandelt. In einem Punkt schließe ich mich der Rede des Kollegen Kößl an, und zwar, dass es eigentlich sehr widersprüchlich ist, auf der einen Seite Massenabschiebungen zu for­dern, und dann, wenn von der Innenministerin ein Schubhaftzentrum in Angriff ge­nommen wird – dazu mag man stehen, wie man will –, zu sagen: Hier nicht und dort nicht, und hier nicht und dort nicht, und es darf nicht sein. Sie sind diejenigen, sehr geehrte Damen und Herren vom BZÖ und auch von der FPÖ, die Massen­abschiebungen fordern! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Und was wollen Sie? – Abg. Ing. Westenthaler: Danke für die Werbung!)

Damit komme ich zu einem Abschiebungsfall, zum Fall einer Familie, die zur traurigen Berühmtheit gelangt ist, der Familie Zogaj. Die Familie Zogaj ist zum Symbol gewor­den für viele Menschen, die seit Jahren hier leben, die legal hier gearbeitet haben und Steuern gezahlt haben, deren Kinder in unserem Land auf die Welt gekom­men sind und die bestens integriert sind (Rufe bei der FPÖ: Ungeheuerlich!), die nicht nur perfekt Deutsch sprechen, wie das immer wieder in der Integrationsdebatte gefor­dert wird, sondern in dem Fall auch den oberösterreichischen Dialekt sprechen.

Was mit dieser Familie jetzt passieren soll, ist, dass an ihr offensichtlich ein Exempel statuiert werden soll, weil es offensichtlich nicht nur um diese Familie geht, sondern um viele Familien, die seit sechs, sieben, acht, neun Jahren im Asylverfahren sind, großteils ... (Abg. Weinzinger: Das hätte schon vor neun Jahren passieren sollen! Das wissen Sie ganz genau! Ungeheuerlich, was Sie da verzapfen! – Abg. Scheibner: Das ist der Skandal, dass es so lange dauert, dass die Verfahren so lange dauern! Da haben Sie vollkommen recht! Man hätte gleich abschieben müssen!) Es ist teilweise ein menschenrechtlicher Skandal, dass es so weit gekommen ist, da gebe ich Ihnen recht.

Ich bringe Ihnen ein konkretes Beispiel. Ich habe letzte Woche mit einem jungen Asyl­werber aus Afghanistan gesprochen, der seit sechs Jahren da ist. Dieser Mann wurde von einer österreichischen Familie adoptiert und lebt mit ihr zusammen. Ein Bekannter von ihm, der mit ihm gemeinsam aus Afghanistan gekommen ist und einen Asylantrag gestellt hat, wartet seit sechs Jahren auf seine erste Einvernahme durch das Bun­desasylamt. (Abg. Scheibner: Auch das ist ein Skandal!) Auch das gibt es, meine sehr geehrte Damen und Herren.

Wenn Menschen jahrelang auf ihre Einvernahme oder auf einen Bescheid warten und jahrelang quasi zum Nichtstun verdammt sind – sie dürfen ja nicht legal arbeiten, sie


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müssen warten, bis ein Bescheid kommt –, so ist das eigentlich Rechtsverweigerung. (Abg. Scheibner: Aber nicht fünf Mal berufen, damit es möglichst lange dauert!)

Ich frage mich: Wer in unserem Land soll etwas davon haben, wenn eine mustergültig integrierte Familie (Abg. Scheibner: „Super“ integriert!), wenn ein 17-jähriges Mädchen und zwei andere minderjährige Kinder, die keine andere Heimat als Österreich kennen (Abg. Weinzinger: Wo das alle machen!), die den Großteil ihres Lebens hier verbracht haben, wenn diese Leute um jeden Preis aus diesem Land rausgerissen und um jeden Preis abgeschoben werden sollen? (Rufe beim BZÖ: Unerträglich!) Wem bringt das etwas, außer vielleicht der Frau Innenministerin, die sich offensichtlich mit diesem Fall zu profilieren versucht, die versucht zu zeigen, dass sie genauso hart sein kann wie die FPÖ und das BZÖ? (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte abschließen mit den Worten eines Facharztes für Chirurgie, der mir seinen Brief geschickt hat, den er vor zwei Jahren an Minister Platter gesendet hat. Er schreibt:

„In Zusammenhang mit dem Mädchen Arigona erlaube ich mir Ihnen einige Gedanken mitzuteilen.“ – Der Brief ist an Platter gerichtet, wie gesagt.

„Sie haben als jüngerer Mann im Gegensatz zu uns Älteren eine Zeit nicht erlebt, in der gut integrierte Menschen gegen ihren Willen das Land Österreich – damals Ostmark – verlassen mussten oder abtransportiert wurden. Alles war den damals gültigen Geset­zen entsprechend.“

(Abg. Scheibner: Das ist doch eine Frechheit, was Sie da bringen!)

Ich zitiere weiter: „Viele nahmen dies als unabwendbar an, andere beendeten aus Verzweiflung ihr Leben (...).“

(Ruf bei der FPÖ: Schämen Sie sich für diesen Vergleich!)

„Sind wir heute in unserem Staat schon wieder in einer ähnlichen Situation?“ (Abg. Scheibner: Frau Präsidentin! Das ist eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen! Da muss man eingreifen!) „Sie handeln – wie Sie sagen – dem Gesetz entsprechend. Kennen wir nicht alle die Sätze: ,Ich habe nur meine Pflicht getan‘ oder ,Wir haben ein Gesetz und nach dem muß er sterben‘ zur Genüge?“ (Abg. Mag. Stadler: Das braucht sich die Frau Ministerin nicht gefallen zu lassen! Das ist degoutant!) „Steht das Gesetz wirklich über der Menschlichkeit? Ist die Selbstmorddrohung des Mädchens wirklich ein Erpressungsversuch“ (anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ) „oder eine Ver­zweiflungsäußerung? Stellen Sie sich bitte Ihr weiteres Leben nach Ihrem kurzen Ministerdasein mit der Belastung vor, wenn das Mädchen diese Drohung in die Tat umsetzt!“ (Abg. Rädler: Erpressung!) „Immer noch hat eine Entscheidung gegen die Menschlichkeit – auch wenn sie gesetzeskonform war – eine nachhaltige Rückwirkung auf den Entscheidungsträger gehabt – so dieser ein Gewissen hat.“ (Beifall bei den Grünen.)

„Sie und nur Sie müssen sich nach Ihrem kurzen Ministerinterregnum noch mit gutem Gefühl in den Spiegel schauen können.“ (Abg. Mag. Stadler: Frau Präsidentin! Diesen degoutanten Vergleich braucht sich die Ministerin nicht gefallen zu lassen!)

„Dieser Brief soll nur ein gut gemeinter Rat eines alten Arztes sein.“ (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Graf: Das ist eine Frechheit! Unglaublich!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben als Nationalrat und als Gesellschaft die Möglichkeit, uns für einen menschlichen Umgang miteinander zu entscheiden. (Prä-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 49

sidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen. – Abg. Rädler: Die Rede­zeit ist vorbei!)

10.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist überschrit­ten und zu Ende. (Abg. Rädler: Bravo!) Frau Abgeordnete, ich habe Ihnen bereits zusätzliche Sekunden gegeben. Das geht nicht!

(Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Mag. Korun.)

*****

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


10.33.52

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­den­tin! Man kann über die Politik der Frau Innenminister geteilter Meinung sein. Man kann manches kritisieren, und man kann auch historische Vergleiche anstellen. Aber die Frau Bundesminister hat es nicht verdient, in einer derart degoutanten Weise mit einer Politik und mit einem System verglichen zu werden, die nichts, aber wirklich gar nichts mit der Politik des Innenministeriums zu tun hat. (Abg. Rädler: Das ist eine Frechheit!)

Ich bitte Sie, dafür der Frau Kollegin Korun einen Ordnungsruf zu erteilen. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und ÖVP.)

10.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Rädler: Verweis aus dem Saal!)

 


10.34.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Unabhängig von der Wertung, die im Zitat vorgenommen wurde: Das war ein Zitat aus einem Brief, aus einer Stellungnahme, und es ist der Kollegin Korun nicht einmal die Zeit geblieben, den Brief beziehungsweise das, was sie hier zitiert hat, zu kom­men­tieren. (Abg. Mag. Stadler: Aber dieser Vergleich!)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache es kurz: Es hat schon einige Male das Problem gegeben, dass aus Briefen, aus Unterlagen zitiert wurde. Für Zitate habe ich bislang keine Ordnungsrufe erteilt, wenngleich ich schon einige Male darauf auf­merksam gemacht habe, dass auch beim Zitieren eine entsprechende Sorgfalt anzu­wenden ist. Das gilt in diesem Fall natürlich auch für Frau Mag. Korun. (Abg. Kopf: Auch für die Auswahl von Zitaten ist man verantwortlich!) Also: Nötige Sorgfalt beim Zitieren und bei der Auswahl von Zitaten!

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


10.35.41

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich eingangs meines Redebeitrages gleich klarstellen: Außer dem Kollegen Kößl hat hier noch niemand zur Sache gesprochen – außer dem einen kurzen Verweis auf das Pyrogesetz. (Abg.


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Ing. Westenthaler: Leoben ist nicht zur Sache? – Abg. Mag. Stadler: Reden wir wieder zum „Pyrogesetz“!)

Meine Damen und Herren, im Interesse dieses Hauses, auch der Würde dieses Hauses, wie wir miteinander umgehen, und vor allem für die Österreicherinnen und Österreicher, die vor den TV-Schirmen sitzen: Ich glaube, dass ein anderer Umgang unter uns und hier vom Rednerpult aus angebracht wäre. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Westenthaler, wenn Sie hier pauschalito Abgeordnete des Hauses an den Pranger stellen (Abg. Ing. Westenthaler: Der Herr „Pauschalito“! Wer ist der Herr „Pauschalito“?), ist zu sagen: Diese Abgeordneten haben gestern hier gearbeitet, Sie waren trotz des 5 : 1 auf dem Fußballplatz – nur, damit wir das klarstellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Es wäre vielleicht angebracht, wenn Sie sich Ihrer Aufgabe auch bewusst werden, Herr Kollege. (Abg. Grosz: Wer ist der „Pauschalito“? Ist das ein neuer Mafioso? Carlito „Pauschalito“!)

Jetzt zur Sache, weil ich glaube, dass sie sehr wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich kann mich erinnern, was, als wir den Prümer Vertrag hier diskutiert haben, da alles hineingeheimnisst worden ist. Ich weiß auch noch, wer dagegen gestimmt hat. Heute wird nicht nur das, was im Prümer Vertrag vereinbart worden ist, sondern es werden mehrere Verträge in den europäischen Rechtsbestand übernom­men.

Ich gratuliere heute noch vor allem der Verhandlungsführung des Innenministeriums in engster Kooperation mit dem Datenschutzrat. Hut ab! Es ist so ein gutes Ergebnis, dass das in europäisches Recht übernommen wird. Das muss auch einmal in aller Klarheit gesagt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Unsere Datenschutzbestimmungen sind beispielgebend in ganz Europa, und wenn Sie so wollen, auch auf der Welt. Es nützt nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wenn Sie das immer zerreden. Lassen wir die Wahrheit so, wie sie ist, überhaupt dann, wenn sie nachvollziehbar ist! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist folgender: Das Pyro­gesetz ist aus dem Jahre 1974. Schauen wir uns an, wie die Welt 1974 ausgeschaut hat! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist peinlich! Das ist das Niveau!) – Wissen Sie, was peinlich ist, Herr Kollege Westenthaler? Wenn Ihnen die Sicherheit der Menschen, die Sicherheit der Kinder wurscht ist. Die Vereine sind gekommen und haben gesagt, wir brauchen eine zeitgemäße Regelung. – So schaut es aus, Herr Kollege! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben versucht, in diesem Gesetz eine zeitgemäße, ordentliche Regelung herbei­zuführen. (Abg. Mag. Stadler: Jedem seine Sicherheits-Wurstsemmel! Aber sicher!) Und jeder kann Veranstaltungen ohne Probleme, aber in gesitteter Form abhalten. Bei allem Verständnis: Ich bin froh, dass wir viele Diskussionen mit den Verbänden, mit der Bundesliga geführt haben – alle sind dabei gewesen –, alle wollten, bitte schön, hier eine Regelung. (Abg. Ing. Westenthaler: Alles nicht wahr!) Wir schauen, diese Koalition schaut auf die Sicherheit der Menschen und ist auch dafür zuständig (Abg. Ing. Westenthaler: Die Wurstsemmelsicherheit!), dass auch Familien mit Kindern wieder in unsere Stadien gehen können und dass ihnen nichts passiert. Das hat für uns Priorität, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich auch noch eines sagen, denn das kann ich in der Zwischenzeit schon nicht mehr hören. Wissen Sie, Herr Kollege Westenthaler, wann der größte Zuzug in dieser Republik war? – Da waren Sie, wurscht, unter welcher Farbe, in der Regierung!


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Wissen Sie, wann die meisten Planstellen wegrationalisiert wurden? – Da waren Sie in der Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und erst diese Regie­rung, die Regierung Faymann/Pröll mit der Frau Innenministerin und mit uns gemein­sam hat erstmals wieder mehr Geld für das Budget und mehr Planstellen erreicht. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren. Und bei der Wahrheit, würde ich meinen, sollten wir eigentlich bleiben. Die wird nicht besser, wenn ihr sie immer anders darstellt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich zum Schubhaftkompetenzzentrum und zur Erstaufnahmestelle auch einmal klar etwas sagen: Wir werden jetzt den Niederösterreichern, den Wienern und den Oberösterreichern erklären, was die ÖVP und die SPÖ gemeinsam hier im Inter­esse der Solidarität für die Menschen der Republik vorhaben und wer dieses Vorhaben permanent boykottiert. (Abg. Petzner: Sagen Sie, was Sie vorhaben! Es weiß ja kei­ner, was Sie vorhaben!)

Ihr schürt Ängste und ihr interessiert euch überhaupt nicht dafür, dass wir eine faire, gerechte Lastenverteilung in diesem Land herbeiführen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ihnen ist die Bevölkerung von Niederösterreich wurscht, Ihnen ist die Bevölkerung von Wien wurscht. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihnen ist die Wurstsemmel auch nicht wurscht!) Das werden wir den Menschen sagen, Herr Kollege Westenthaler! Und Ihnen ist die Bevölkerung von Oberösterreich wurscht.

Diese drei Bundesländer haben beispielhaft in den letzten Jahrzehnten die Lasten getragen dafür, dass sich die anderen Bundesländer zurückgelehnt haben. Das ist die Wahrheit! Auch hier sollten wir bei der Wahrheit bleiben, meine geschätzten Damen und Herren. (Abg. Ing. Westenthaler: Gar nicht wahr! So ein Blödsinn! Unwahr­scheinlich! – Jedem seine Wurstsemmel!)

Lassen Sie mich auch als regionaler Abgeordneter aus dem Bezirk Baden Folgendes sagen: Seit 1956 trägt unser Bezirk die größte Last in dieser Republik, aber eines schreiben Sie sich ins Stammbuch, Herr Kollege Westenthaler: Bis heute sind wir sachlich geblieben. Wir haben sachlich um Lösungen gekämpft, wir haben ehrlich um Verständnis geworben, aber die Leute haben wir nicht hysterisch gemacht. Das Einzige, das ihr zusammenbringt, ist, Ängste zu schüren! (Abg. Scheibner: Schauen Sie sich die Zustände an!)

Die Politik hat in Wirklichkeit als oberste Aufgabe, Sicherheit zu vermitteln. Das ist unsere Aufgabe, meine geschätzten Damen und Herren, und nicht, permanent mit falschen Darstellungen zu verunsichern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie können erklären, was Sie wollen! Wenn Sie glauben, dass man in einer global funktionierenden Welt irgendeinen Schlagbaum umlegt und damit hat man das Problem gelöst, dann sage ich: Machen Sie Ihre Hausaufgaben, denn damit werden Sie sie nicht lösen! Wir können gemeinsam das Innenministerium unterstützen, wir können schauen, dass wir mehr Planstellen kriegen. Das haben wir auch gemacht. Wir können schauen, dass wir eine bessere Ausrüstung für die Exekutive kriegen. Das haben wir auch gemacht.

Meine geschätzten Damen und Herren, Sie alle verwenden sich dafür und sagen: Mein Gott, wenn es irgendwo in sehr belasteten Regionen zu Dienstzuteilungen kommt, ist das schlimm. Da ist ein Aufschrei und alle sind dagegen.

Wissen Sie, seit wann es Dienstzuteilungen gibt? – In der Zweiten Republik ewig! Ich bin froh darüber, dass wir uns auch gemeinsam mit der Gewerkschaft darauf verständigt haben, dass wir in Zukunft jene Kolleginnen und Kollegen der Exekutive, die aus den Ausbildungszentren herauskommen, in den meistbelasteten Bereichen


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ein­setzen, damit sie erstens sehen, was dort wirklich los ist, und es zweitens gleich­zeitig zu einer Unterstützung in den Ballungsräumen kommt.

Ich glaube, dass wir gemeinsam versuchen sollten, der Bevölkerung Sicherheit zu vermitteln. Ich möchte auch der Kollegenschaft der Exekutive für ihren Einsatz herzlich danken. Ich tue es! Ihr tut das nicht. Es gehört ihr gedankt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: „Pau­scha­lito“!)

Ich lade Sie alle ein, mit uns gemeinsam, mit der Frau Innenministerin und mit der gesamten Bundesregierung an diese so wichtige Arbeit im Interesse der Öster­reiche­rinnen und Österreicher zu gehen und ihnen nicht immer etwas Falsches zu erzählen. Bleibt einmal, sage ich wirklich, bei den Fakten! Bleibt einmal genau bei den Zahlen, um die es geht! Die Menschen haben es sich verdient. Dazu lade ich Sie sehr herzlich ein. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Auf zur nächsten Wurstsemmel!)

10.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. – Bitte.

 


10.44.01

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht ein paar Worte zum Herrn Kollegen Pendl, der gerade vor mir gesprochen hat: Also von Ihrem Dankeschön und Ihrem warmen Händedruck, von dem, was Sie hier permanent vom Podium zum Besten geben, haben die Exekutivbeamten herzlich wenig. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich sage, man sollte sich bei den Exekutivbeamten und bei der Bevölkerung dafür ent­schuldigen, dass man beide so im Stich lässt angesichts der dramatischen Zahlen, die Sie immer wieder schönzureden versuchen. Das ist einfach nicht ehrlich. (Abg. Pendl: Ihr wart beim Einsparen dabei!)

Es geht um Ehrlichkeit. Es geht darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir dramatisch steigende Kriminalitätszahlen haben. Wir haben alleine in Wien innerhalb von 70 Stun­den fast 140 Wohnungseinbrüche. (Abg. Neubauer: Unfassbar!) Sie stellen sich hier her und sagen, da werden Ängste geschürt. – Na reden Sie einmal mit den Betrof­fenen, die nach Hause kommen und erleben müssen, dass ihre Wohnung ausgeräumt ist, oder vielleicht sogar zu Hause schlafen, während diese ausgeräumt wird, und mit den Verbrechern direkt in Kontakt kommen.

Also bitte, nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis und reden Sie nicht permanent um den heißen Brei herum! Da müssen wir doch gemeinsam etwas an dieser dra­matischen Entwicklung verändern. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu dem, was Frau Korun gesagt hat. Ich sage nur: Sie sollten sich für Ihren unglaublich skandalösen Vergleich schämen! Denn das, was Sie heute gemacht haben, ist eine wirkliche Verharmlosung der NS-Zeit, die Sie da zum Besten gegeben haben. (Abg. Öllinger: Sie haben gar nicht aufgepasst!) Das hat diese Demokratie, die auf sich stolz sein kann, und schon gar nicht die Frau Innenministerin verdient – wo wir in vielen Bereichen nicht auf ihrer Seite stehen, aber dieser Vergleich ist ungebührend und auf das Schärfste zurückzuweisen! (Beifall bei FPÖ, ÖVP und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Die Wahrheit ist zumutbar!)

Dass wir ein katastrophales Sicherheitsproblem und eine Situation haben, in der die Österreicher heute durch tägliches Betroffensein im Freundeskreis, im Familienkreis – es gibt ja kaum noch einen Bürger, der nicht von Kriminalität betroffen wäre – davon


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wissen, dass wir ein Sicherheitsproblem haben, das pfeifen die Spatzen mittlerweile von den Dächern. Das kann man nicht mehr schönfärben. Das kann man auch nicht mit noch so statistischen Verdrehungen, die stattfinden – wo man einfach immer wieder leider Gottes auch das Herunterspielen der Realität bemerken muss –, ver­drehen, das kann man auch der Bevölkerung nicht mehr erklären, wenn man es so handhabt.

Man muss jetzt wirklich einmal zur aktuellen Situation so Stellung nehmen, dass man eingesteht, dass hier durch Entscheidungen, auch durch falsche Entscheidungen, eine Situation entstanden ist, dass wir heute eine Unterbesetzung beim Exekutivpersonal von fast 5 000 Beamten haben. Es gibt 5 000 Exekutivbeamte weniger als im Jahr 1999. Das, bitte, muss ja zum Nachdenken anregen!

Wenn wir heute 5 000 Exekutivplanstellen weniger haben als im Jahr 1999 vor der Osterweiterung, bevor die Schengen-Grenzerweiterung stattgefunden hat, dann muss das ja zu dieser Entwicklung führen. Wir hätten also natürlich dafür Sorge tragen müssen und müssen jetzt zumindest dafür Sorge tragen, mindestens 3 000 zusätzliche Exekutivplanstellen in Österreich zu ermöglichen. Davon braucht man 1 500 in Wien. In Wien passieren heute 50 Prozent der gesamtösterreichischen Verbrechen. Das spielt sich hier in der Bundeshauptstadt ab. Da müssen wir eben auch genügend Exekutiv­planstellen sicherstellen und nicht immer darüber nachdenken, wie man der Krimi­nalität mit Schildbürgerstreichen wie der SOKO Ost begegnen kann, wo man Beamte von einem Bundesland in das nächste transferiert, die dann wieder im jeweiligen Heimatbundesland fehlen, wo es auch steigende Kriminalitätsentwicklung gibt.

Es gibt ja kaum ein Bundesland, in dem nicht ein Anstieg zu verzeichnen ist; genauso im Burgenland, wo Sie gesagt haben, es gibt zu viel Exekutive. Dort haben wir teil­weise in manchen Kriminalitätsfeldern einen Anstieg um 40, 50, 60 Prozent. Das ist ja nicht rosig! Das muss ja dazu führen, dass alle Alarmglocken läuten.

Was man besonders kritisieren muss, das ist die Situation beim Sicherheitsbericht. Da war es früher Usus, dass dieser im Herbst des Folgejahres veröffentlicht wird. Seitdem wir Innenminister Platter erlebt haben, wird die Vorlage des Berichts bewusst hinaus­gezögert. Da haben wir den Sicherheitsbericht 2006 erst im Jänner 2008 im Nationalrat vorgelegt bekommen.

Jetzt haben wir eine Entwicklung, dass der Sicherheitsbericht 2007 erst 2009 vorgelegt wird. Wahrscheinlich wird es dann so sein, dass wir beim Sicherheitsbericht 2009 schon glücklich sind, wenn er im Jahr 2012 diesem Haus vorgelegt wird. Das kann es nicht sein! Wir wollen daher, dass spätestens immer im Herbst des Folgejahres dieser Sicherheitsbericht dem Hohen Haus vorzulegen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb haben wir heute auch den diesbezüglichen Antrag eingebracht, damit solche Verzögerungen nicht der Fall sind, wie wir das in der letzten Zeit erleben mussten.

Ich meine, diese Vorgangsweise hat natürlich ein bisschen System und ist charak­teristisch für den Umgang mit verheerenden Kriminalitätsentwicklungen und Kriminali­täts­zahlen. Wahrscheinlich hat man vonseiten des Innenministeriums den Eindruck, dass man, wenn man diese Zahlen nicht veröffentlicht, etwas gegen die Kriminalität tut, eben indem man den Eindruck vermittelt, es gibt sie gar nicht. Das ist vielleicht die Überlegung, die dahintersteht, aber die entbehrt jeglicher realen Grundlage.

Es hat bei der ÖVP durchaus Tradition – und Sie stellen ja seit Jahren die Innen­minister in diesem Land (Ruf bei der ÖVP: Gott sei Dank!) –, Dinge schönzureden, wegzureden, verbal harte Aussagen in der Öffentlichkeit zu treffen, aber die Realität dahinter sieht völlig anders aus. Die Realität dahinter sieht dann völlig anders aus: Wenn man einmal wirklich quasi hinter der verbalen Aussagenschale kratzt, dann


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kommt man drauf, dass es bei den 1 600 Straftaten pro Tag in Österreich einfach eine andere Entwicklung gibt, als Sie das der Öffentlichkeit vorspielen.

Deshalb verstehe ich schon, warum Sie offenbar nichts gegen die Kriminalität unter­nehmen wollen. Sie wollen halt immer nur vortäuschen, vehement etwas zu unter­nehmen, aber die Realität zeigt etwas anderes auf. Und das ist leider Gottes Tatsache, da können Sie so viele Zwischenrufe machen, wie Sie wollen. Wir sehen es bei den Scheinasylanten und Asylmissbrauchern. 6 000 rechtskräftig abgelehnte Asylmiss­braucher und Scheinasylanten seit dem Jahr 2005 in Österreich, die bis heute nicht abgeschoben sind! Mehrfach vorbestrafte Gewalttäter, die aufgrund von Messerstichen gegen andere Personen, von schwersten Drogendelikten in Österreich rechtskräftig verurteilt sind, werden nicht abgeschoben.

Die Familie Zogaj ist eine Familie, die als Scheinasylanten nach Österreich gekommen sind, wo der Vater, der „so gut integriert“ ist, einen Lkw gestohlen und diesen verkauft hat, um mit Schlepperbanden nach Österreich zu kommen, obwohl er von Beginn an gewusst hat, dass er hier kein Recht auf Asyl hat, aber dann trotzdem seine Familie illegal nach Österreich geholt hat. Daran sehen wir das „positive Integrationsbeispiel“, wo sowohl der Vater als auch die zwei ältesten Brüder mit dem Strafgesetz in Konflikt gekommen sind. Das ist Ihr Integrationsbeispiel! (Beifall bei der FPÖ.)

Das arme Mädchen Arigona kann nichts für ihren Vater und auch nicht für ihre Mutter, die beide illegal nach Österreich gekommen sind und die Kinder mitgenommen haben. Aber Eltern haben Verantwortung für ihre Kinder. Wir können hier keinen Präzedenzfall möglich machen, weil sonst lauter Scheinasylantenfamilien nach Österreich kommen würden.

Seit Jahren tanzt man uns auf der Nase herum. Dieses Einzelbeispiel ist sympto­matisch für Tausende andere Beispiele von den 30 000 Asylwerbern, die wir heute in Österreich haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) – Frau Korun, 10 000 Straf­taten allein im letzten Jahr von diesen 30 000 begangen, 10 000 Straftaten, 10 000! Darüber hinaus wissen wir aufgrund aller rechtskräftigen Urteile, die in den Verfahren dann am Ende vorliegen, dass 80 Prozent Wirtschaftsflüchtlinge sind und falsche Angaben machen.

Also nehmen Sie doch einmal die Fakten zur Kenntnis! Wenn einer wirklich verfolgt wird, dann verdient er unseren Schutz, aber missbrauchen lassen wollen wir uns nicht als Steuerzahler in Österreich. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Und zum Abschluss, letzter Satz: Schubhaftzentrum Leoben. In Leoben gibt es den „Mini“ Grosz gar nicht, da hat die Freiheitliche Partei mit der Bevölkerung gemeinsam alles versucht, das zu verhindern. Das hat dort nichts verloren. Bitte sorgen Sie dafür, Frau Innenminister! (Beifall bei der FPÖ.)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Fekter zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 15 Minuten. – Bitte.

 


10.52.30

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Zuseher, auch jene vor den Fernsehschirmen! Frau Mag. Korun, ich weise entschieden zurück, dass Sie meine Arbeit mit den Gräueltaten des NS-Regimes vergleichen! (Lebhafter Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ. – Abg. Amon – in Richtung der Abg. Mag. Korun –: Entschuldigen Sie sich!)

Ich halte es für unerträglich, dass das unter Beifall der Grünen gesagt wird! Pirklhuber hat noch dazu hereingerufen: „Wahrheit ist zumutbar!“ – Das ist unerträglich und dieses Hohen Hauses nicht würdig! (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 55

Frau Kollegin Korun, lernen Sie Geschichte! Wenn Sie die Gräueltaten unter Hitler mit der Arbeit der jetzigen Innenministerin vergleichen, machen Sie eine Verharmlosung dieser NS-Zeit! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Was sollen sich junge Menschen denken, die diese Zeit nicht erlebt haben! Sie haben sie auch nicht erlebt, also lernen Sie Geschichte! (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Was sollen sie sich denken, wenn Sie sich hier hinstellen und die Arbeit des Innen­ressorts so darstellen wie damals diese NS-Gräueltaten? Die finden dann Hitler nicht so schrecklich, wenn der so ist wie die Innenministerin. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Ich halte das für entsetzlich, auch wenn Sie sich hinter einem Zitat verschanzen, das Sie aber nicht inhaltlich abgelehnt haben, sondern voll und ganz mittragen, und zwar Ihre gesamte Fraktion, und ich erwarte eine Entschuldigung von Ihnen! (Lebhafter Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Da ich Sacharbeit gewohnt bin (Abg. Mag. Korun: Das war Sacharbeit! – Abg. Kopf – in Richtung der Abg. Mag. Korun –: Schweigen Sie jetzt, bitte! Es reicht!), rede ich jetzt zum Pyrotechnikgesetz, das wir heute hier beschließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Pyrotechnikgesetz ist zu reformieren, das alte Gesetz stammt aus dem Jahr 1974. 435 Fußballspiele in der Ersten Liga, im Cup mit den Heimspielen der Nationalmannschaft, aber auch Eishockeymatches, 80 000 Zuschauer auf der Streif, 70 000 Besucher am Kulm – alles Sportveranstal­tun­gen, die Menschen genießen wollen, die aber mit Sicherheit veranstaltet werden sollen. Sport genießen und Sicherheit erleben ist eine Sache.

Die andere Sache aber ist das 286. Wiener Derby. Tormann Georg Koch wird durch einen Knallkörper so schwer verletzt, dass er seine Karriere in der Bundesliga beenden muss. Im Mai 2008 beim Ligaspiel LASK Wels gegen Rohrbach wird der Schieds­richter-Assistent von einem Feuerwerkskörper getroffen, Verbrennungen am Ober­schenkel, Knalltrauma. (Abg. Ing. Westenthaler: Das werden Sie aber nicht abdrehen können!) In Kärnten muss 2006 ein 15-jähriges Mädchen am Auge notoperiert werden. Ein Unbekannter hat das Kind mit einem Böller im Gesicht getroffen. 2008 in Salzburg: Ein Kracher explodiert in der Kapuze einer jungen Frau. Ich könnte diese Liste noch weiter fortsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es war höchst an der Zeit, dass wir jetzt Knallkörper und pyrotechnische Artikel bei Sportveranstaltungen verbieten. Dort haben brennende Winterjacken, Knallkörper in Gesichtern von Kindern nichts verloren. Die Vorstellung, dass einem Kind beim Familienausflug, beim Eishockey, beim Skirennen oder beim Fußballspiel am Sonntagnachmittag so etwas passiert, ist für mich inak­zeptabel. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Verantwortung ist klar. Wir wollen, dass alle Besucher, alle Fans Sportveran­staltungen genießen und in Sicherheit erleben. Sportveranstaltungen begeistern die Massen, die Fans tauchen in ein Wechselbad der Gefühle, und für viele ist es dabei not­wendig, dass man diese Emotion auch mit Knallkörpern begleitet. Das ist inter­national inzwischen verboten und daher auch bei uns.

Es ist nicht so, dass man sportliche Begeisterung nur mit Knallkörpern ausdrücken kann. Daher haben wir klare Rahmenbedingungen geschaffen, inwieweit dies mit Feuer­werk möglich ist. Zukünftig sind zur körperlichen Sicherheit sowohl von Besuchern als auch von Fans der Besitz und die Verwendung sämtlicher pyro­technischer Gegenstände und Feuerwerkskörper in und um Stadien verboten. Wir haben auch den Strafrahmen erhöht, damit wir diesen Missbräuchen entgegentreten können. Betroffen sind nicht nur pyrotechnische Gegenstände mit Knalleffekt, sondern


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alle Erzeugnisse, die chemische Stoffe beinhalten und Licht-, Rauch-, Nebel-, Druck- oder Reizwirkung hervorrufen.

Besonders möchte ich hier hervorheben, weil in Fußballstadien verwendet, die Ben­galischen Feuer. Der Entschärfungsdienst des Innenministeriums hat in diversen Versuchsreihen das Gefahrenpotential der Bengalischen Feuer analysiert. Bengalische Feuer erzeugen extrem hohe Abbrandtemperaturen von um die 2 000 Grad, die zu schwersten Verbrennungen führen können. Wenn sie auf Plastikstühle fallen, schmel­zen die Stühle. Sie erzeugen eine sehr heiße Schlacke, die auch nach dem Abbrennen noch lange heißt bleibt. Bengalfackeln lassen sich nicht mit herkömmlichen Lösch­mitteln wie Wasser, Feuerlöschern, Löschdecken löschen. Ausgebrannte Hülsen lässt man in Stadien oftmals zu Boden fallen, und durch ein Wegkicken können diese Hülsen heiß unkontrolliert in die Zuschauermenge gelangen und erhebliche Verletzun­gen herbeiführen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, ich kenne das Argument, Feuerwerk beim Sport ist schön, macht Stimmung und es wird schon nichts passieren. – Darauf antworte ich aber: 2 000 Grad können ins Auge gehen, und die Fans, die das so befürworten, können unter Umständen Verletzungen davontragen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, weiter in ein Stadion zu gehen und an einer Sportveranstaltung teilzunehmen. Ich will daher, dass Familien mit ihren Kindern gesichert an solchen Sportveranstaltungen teil­nehmen und dass alle Fans gesichert und ohne Angst diese Großereignisse besuchen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen aber auch, dass es bei Eröffnungsspielen unvergessliche Feuerwerke geben kann. Daher haben wir eine Regelung getroffen, dass mit besonderer Bewil­ligung so etwas in geordnetem Rahmen möglich ist. Es muss gewährleistet sein, dass die Gesundheit, das Eigentum, das Leben und die Sicherheit der Fans nicht in Gefahr sind.

Die Polizei wird diese Sportveranstaltungen nach wie vor intensiv begleiten und die Fans schützen. Wir haben eigene szenekundige Beamte, wir haben Fanbetreuer und außerdem einen Kooperationsvertrag sowohl mit der Bundesliga Fußball als auch mit dem Fußballbund. Genauso haben wir mit dem Eishockeyverband einen Kooperations­vertrag bereits unterfertigt. Aber auch für die An- und Abreise mit den Zügen haben wir mit den ÖBB eine Sicherheitspartnerschaft Innenministerium und ÖBB geschlossen. Diese Vereinbarungen umfassen einen intensiven Informationsabtausch, Sicherheits­besprechungen und Fanbetreuung, damit wir Gefahr abhalten, Kriminalität und Straf­taten verhindern.

Für die Tradition haben wir Verständnis, meine sehr verehrten Damen und Herren. Daher haben wir im Pyrotechnikgesetz den Wünschen bezüglich der Prangerschützen Rechnung getragen. Mit diesem Gesetz wird ein ausgewogener Weg eingeschlagen, um das alte Pyrotechnikgesetz sowohl für die Sportveranstaltungen entsprechend anzupassen, aber auch dem österreichischen Brauchtum den gebührenden Raum zu geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin die Sicherheitsministerin, und daher werde ich auch für Sicherheit in Stadien sorgen (Beifall bei der ÖVP), auch für die Zuschauer von Fußballmatches, von Eishockeyveranstaltungen und für die 100 000 Fans, die nach Kitzbühel kommen werden oder zum Schifliegen auf den Kulm. Meine lieben Freunde, ein glühender Fan braucht keine brennenden Knaller! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 57

11.03.31

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sie sind nicht die Sicherheitsministerin dieses Landes, Sie sind der Risikofaktor für die Republik Österreich (Beifall beim BZÖ), gerade wenn es um die Sicherheit unserer BürgerInnen in Österreich geht, denn dass Sie es zustande gebracht haben, sich kein einziges Mal zu den Anträgen, die hier mit in Verhandlung sind – Kriminalitätsbekämpfung, Auf­stockung der Exekutive in der Steiermark, Schubhaftzentrum in Leoben –, zu Wort zu melden und die einzige Sachlichkeit Ihrer Sicherheitspolitik im Pyrotechnikgesetz sehen, das ist eigentlich auch schon ein Meisterstück, das nur Sie sich in diesem Haus erlauben.

Frau Bundesminister Fekter, Ihre Bilanz ist in allen Bereichen gekennzeichnet durch Versagen auf allen Linien, schmerzliches Versagen, denn dieses Versagen bekommen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes am eigenen Leib zu spüren.

Wir haben heute schon über den Fall Zogaj diskutiert. Dieser Fall Zogaj, diese Akte Zogaj, diese Familie Zogaj ist zu einem Pseudonym, zu einem Synonym für den Asylbetrug in Österreich geworden. Es ist ein Einzelfall, an dem sich Hunderte, ja Tausende Fälle in Österreich anhängen, die den Rechtsstaat mit Füßen treten und unser Asylwesen, unsere Asylgesetze ad absurdum führen. Und was kommt jetzt? – Jetzt ist die nächste Stufe erreicht, es wird mit Selbstmord gedroht und damit der Erpressung des Staates Vorschub geleistet. So wie wir es in der Schubhaft erleben, Schubhäftlinge, die sich durch Hungerstreiks freipressen, erleben wir es in einem anderen Fall, wo man schlicht und einfach den Staat erpressen kann, sich heraus­pressen kann und jeder Verfolgung entgehen kann.

Das, was wir, Frau Bundesministerin Fekter, von Ihnen in diesem Bereich wollen, ist die konsequente Umsetzung des Dublin-Abkommens. Dann haben wir auch keine 18 000 Asylwerber mehr in Österreich in der Grundversorgung, wovon 11 000 straf­fällig werden, sondern dann haben wir in Zukunft einige wenige hundert Asylanträge im Jahr, die leicht verkraftbar sind und wo wir dann auch in Zukunft gar nicht mehr dar­über diskutieren müssen, ob wir in Österreich ein Schubhaftzentrum oder ein Asyl­erstaufnahmezentrum brauchen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesministerin, setzen Sie doch das Dublin-Abkommen in Österreich endlich in Kraft! Setzen Sie es doch um! Menschen, Asylwerber, die über sichere Drittstaaten der Europäischen Union zu uns kommen, haben hier kein Recht auf ein Asylverfahren, sondern haben dieses Asylverfahren in Slowenien, in Ungarn, in Tschechien, in der Slowakei zu bewältigen, so wie wir in Österreich unsere Pflicht und unseren Auftrag in den neunziger Jahren erfüllt haben, als es darum gegangen ist, Flüchtlingsströme aus dem zusammenbrechenden Jugoslawien oder aus dem Osten Europas zu bewältigen.

Wir haben unseren Auftrag erfüllt. Daher, Frau Bundesminister, gehen Sie doch end­lich einmal daran und knüpfen Sie die Genfer Flüchtlingskonvention auf, denn diese Flüchtlingskonvention ist mit dem Dublin-Abkommen nicht mehr in Einklang zu bringen, wo wir in Österreich quasi Hinz und Kunz die Türe öffnen und dann auch noch zulassen, dass mehr als die Hälfte der Asylwerber kriminell werden und fröhliche Ur­ständ feiern.

Statt die steigende Kriminalität zu bekämpfen, überziehen Sie halb Österreich mit einer leidigen Diskussion über Schubhaftzentren, über Asylerstaufnahmezentren, die keiner versteht. Sie nerven damit Kärnten und die Steiermark, anstatt endlich diesem Asyl­wesen, überhaupt den Schubhaftzentren ein Ende zu setzen. Da geht es nicht um die Solidarität, die Herr Pendl beschworen hat, nein, es geht darum, dass wir in Zukunft endlich Asylgesetze haben, dass wir solche Zentren in keiner Weise mehr brauchen, weil wir in unserem Land rasche Verfahren garantieren. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 58

Frau Bundesminister, daher fordern wir von Ihnen die Umsetzung des Dublin-Abkom­mens und in einem weiteren Bereich im Hinblick auf mehr Sicherheit auch die Auf­stockung der Zahl der Exekutivkräfte, wie heute in meinem Antrag zur Aufstockung der Exekutivkräfte in Graz dargelegt.

Und was erleben wir bei diesen Anträgen in den vergangenen Wochen? – Herr Voves aus der Steiermark – Ihnen, Frau Hakel, dürfte er bekannt sein; die nächste Steirerin bei der Sozialdemokratie in der ersten Reihe (in Richtung der Abg. Hakel, die ihren Platz verlassen und sich in die erste Reihe gesetzt hat) –, Herr Schützenhöfer, Herr Nagl sagen, nein, es kommt nicht in Frage, dass die Exekutivkräfte in Graz ausgehöhlt werden, es kommt nicht in Frage, dass das Stadtpolizeikommando in Graz verlegt wird.

Was machen Ihre Abgeordneten heute, Grillitsch, Amon, Steibl, Hakel, Silhavy, Kräuter, wie sie alle heißen? – Sie deklassieren die Wünsche der Steirerinnen und Steirer zu hohlen Sonntagsreden. Sie überführen sich selbst der Unwahrheit, indem sie hier im Parlament in einer Gartenschlauchmentalität zu etwas Ja sagen, wozu sie in der Steiermark in ihren Sonntagsreden noch Nein gesagt haben.

Sie sagen den Menschen in Ihren Heimatbundesländern auch in diesem Fall die Unwahrheit trocken ins Gesicht, Ihren eigenen Parteigremien, und hier unterwerfen Sie sich dem Klubzwang und stimmen zum Nachteil Ihrer eigenen Heimat! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie sind keine Heimatvertreter mehr, Sie sind keine Volksvertreter mehr, sondern Sie sind Verräter gegenüber den Interessen unseres Heimatbundeslandes Steiermark. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

11.08


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Grosz, Emotion in der Debatte ist gut, aber Ihre Wortwahl ist nicht zu dulden. Sie können sich jetzt gerade noch schnell ent­schuldigen. (Abg. Grosz: Nein!) – Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. Und wenn Sie wieder herauskommen, treffen Sie eine bessere Wortwahl! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Grosz: Die Wahrheit kann nie durch einen Ordnungsruf ...! – Abg. Ing. Westenthaler: Das sind alles Verräter!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


11.08.43

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Grosz, wenn Sie Ihre Reden mehr auf Wahrheitssinn und Realität aufbauen würden, wäre es sinnvoll. Ihr Neid auf die erfolgreiche Arbeit unserer Frau Bundesministerin ist wohl grenzenlos. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, nur eine Bemerkung zur Rede der Frau Kollegin Korun: Liebe Frau Kollegin Korun, verstecken Sie sich nicht hinter Zitaten! Wenn Sie eine Meinung haben, dann sagen Sie diese auch und stehen Sie dann auch zu eventuellen Konsequenzen! Das Traurige für mich ist eigentlich, dass ich den Eindruck habe, Sie sind auch noch stolz auf sich und Ihre Fraktion, anstatt sich zu entschuldigen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kopf: So eine Meinung ist eine Schweinerei! – Abg. Grosz: Auf die Wahrheit bin ich stolz!)

Ich darf folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Kößl, Brosz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 59

Das Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheits­polizeigesetz geändert wird (367 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (430 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 (Pyrotechnikgesetz 2010) wird in § 28 Abs. 1 nach dem Begriff „S2“ die Wortfolge „sowie von Anzündmitteln der Kategorie P2“ eingefügt.

2. In Art. 1 (Pyrotechnikgesetz 2010) entfällt in § 39 Abs. 3 das Wort „feierliche“.

*****

Das umfangreiche Gesetz hat das Ziel, die pyrotechnischen Gegenstände besser zu klassifizieren und entsprechende Rechtssicherheit zu schaffen. Das Gesetz ist wohl­durchdacht und wird, was am wichtigsten ist, die Sicherheit der Bevölkerung erhöhen. Ich danke unserer Frau Bundesministerin und ihren zuständigen Referenten für die zeitgemäßen Regelungen des Pyrotechnikgesetzes.

Bei sportlichen Wettbewerben von regionaler, nationaler oder internationaler Bedeu­tung wird die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen nur durch den Ver­an­stalter beziehungsweise vom beauftragten Verantwortlichen oder von Pyrotechnikern erlaubt sein.

Wichtig ist uns, dass alles geordnet abläuft. Besondere Sicherheitsvorkehrungen sind gerade bei größeren Veranstaltungen wichtig. Gefahren dürfen keinesfalls unterschätzt werden. Die 324 Verstöße gegen das Pyrotechnikgesetz in der abgelaufenen Bundes­ligasaison und zahlreiche Unfälle und Verletzungen bestätigen dies.

Nur ein Vorfall, der schon erwähnt wurde: Der Rapid-Tormann Georg Koch wurde am 24. August 2008 bei einem Fußballspiel durch einen Knallkörper so verletzt, dass er seine Karriere beenden musste.

Ich verstehe nicht, warum Herr Kollege Westenthaler in der Ausschusssitzung mit den klaren Regelungen für den Fußballbereich Probleme hatte. Mit dem heute von mir ein­gebrachten Abänderungsantrag haben wir wirklich eine praxistaugliche Regelung gefunden. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist eh jetzt auch schon verboten!) Und als Mit­glieder dieses Hauses sollten wir uns nicht für Minderheiten einsetzen, die den Fuß­ballplatz zum Aggressionsabbau verwenden und mit ihrem Verhalten Menschen gefährden und bedrohen. Vielmehr sollten wir uns für Bedingungen einsetzen, unter denen es auch für Familien mit Kindern möglich ist, Sportveranstaltungen zu be­suchen, ohne dabei Angst vor einigen – um es höflich zu formulieren – Unruhestiftern haben zu müssen.

Spiel, Spaß und Atmosphäre – ja, aber in geordneten Bahnen und nicht auf Kosten anderer.

Apropos Fußball, meine Damen und Herren: Im gestrigen Fußballländerspiel Öster­reich gegen Spanien wurden uns unsere fußballerischen Fähigkeiten und Grenzen leider schmerzhaft aufgezeigt. Für viele Mitglieder des Hohen Hauses war es ein langer Abend hier im Plenarsaal des Nationalrates. Nicht so für Herrn Kollegen Westenthaler, der seine Arbeit im Hohen Haus offensichtlich vergessen hat (Abg. Ing. Westenthaler: Frag einmal deinen Kollegen Haubner! Wo war denn der Haubner?) und dafür den Abend im Fußballstadion genoss. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Die eigenen Leute von euch sind beim Match, und er geht heraus und ...!)

Herr Kollege Westenthaler, ich hoffe, Sie sind nicht mit dem Auto unterwegs gewesen und haben keinen Polizisten getroffen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)


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Ich hätte dafür ja Verständnis, wenn Sie eine repräsentative Aufgabe hätten wie zum Beispiel als Regierungsmitglied oder Parlamentspräsident. Nichts. (Abg. Ing. Westenthaler: Euer Sportsprecher ist neben mir gesessen im Stadion!) Herr Kollege Westenthaler, nicht, dass Sie gestern wirklich gefehlt hätten, Sie haben nicht wirklich gefehlt (Abg. Ing. Westenthaler: Vernaderer!), aber, Herr Kollege, Sie wissen nur allzu oft hier in diesem Hause und in den Ausschusssitzungen, was die anderen zu tun haben und hätten. Sie sind jedoch nicht dazu fähig, auch nur einen Funken an Selbstkritik zu üben. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Euer Haubner ist genauso dort gesessen und andere auch!)

Schauen Sie einmal in den Spiegel, nicht nur, um Ihre Solariumsbräune und die Frisur zu betrachten, sondern erforschen Sie Ihr Gewissen und denken Sie darüber nach, was Sie manchmal hier am Rednerpult aufführen! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Und – wie heißt es so schön umgangssprachlich? –: Wer gerne austeilt, sollte auch die Fähigkeit haben, einstecken zu können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wer selbst im Glashaus sitzt wie Herr Kollege Westen­thaler, der sollte beim Werfen mit Steinen ein bisschen vorsichtiger sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Eine Schande ist das, was ihr aufführt!) Harte Diskussionen in der Sache – ja, aber persönliche An­griffe sollten wir möglichst unterlassen. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Wir haben uns ausgemacht, dass von jeder Fraktion einer geht! Ihr seid eine verlogene Partie!)

Herr Kollege Westenthaler, Vernunft und Hausverstand sind bei der Wortwahl in Ausschüssen und im Plenum genauso gefragt wie beim Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen und Feuerwerkskörpern, denn Feuerwerkskörper sind wahrlich kein Spielzeug. Das beweisen leider rund 45 000 Unfälle pro Jahr damit. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Ihr seid eine verlogene Partie! – Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und ÖVP. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich könnte Ihnen jetzt noch mehrere statistische Zahlen aufzählen, aber fest steht: Die Unfälle, die es in diesem Zusammenhang immer wieder gibt, sind nicht zu unter­schätzen! (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP –: Und eine verlogene Truppe da drüben!) Das Gesetz wird zwar erst mit 4. Jänner 2010 in Kraft treten (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und BZÖ – Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), ich hoffe aber, dass die Diskussion darüber bei den Silvesterfeiern und zum Jahreswechsel einen entsprechend vorsichtigen Umgang mit Feuerwerkskörpern bewirkt. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Wir werden dieser vernünftigen und gangbaren Gesetzesvorlage gerne zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


11.14.26

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte FernsehzuschauerInnen! Das, was man jetzt leider nicht sehen kann, ist ein tobender Kollege Westenthaler, dem die Kritik offensichtlich nicht gut tut. Kollege Westenthaler hat ja gestern die Sitzung geschwänzt und hat lieber beim Länderspiel zugeschaut. Als Entschuldigung bringt er vor, dass neben ihm der ÖVP-Sportsprecher Nationalratsabgeordneter Haubner gesessen ist. Das reicht mir nicht als Ent­schul­digung, aber das wirft offensichtlich kein gutes Bild auf das Parlament, meine Damen


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und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Aber die regen sich auf! – Abg. Dr. Bartenstein: Entschuldigen Sie sich lieber für Frau Korun!)

Eines muss man schon sagen: Wir Abgeordnete verdienen mehr als 8 000 €, und unsere Pflicht neben der politischen Arbeit ist – das ist in der Geschäftsordnung klar definiert – die Anwesenheitspflicht. (Abg. Scheibner: Wo ist eure Klubobfrau?! Die ist überhaupt nie da! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Monat vier Sitzungen gehabt. Vier Sitzungen! Und Kollege Westenthaler und Kollege Haubner schaffen es nicht einmal, an allen diesen vier Sitzungen teilzunehmen! (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist Ihre Klubobfrau?)

Kollege Westenthaler, ich sage Ihnen etwas: Sie sind mir nicht abgegangen, aber Ihr Verhalten hier ist eine Frechheit gegenüber den WählerInnen und Steuerzahlern! (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die Klubobfrau? – Ruf bei den Grünen: Wo ist denn der Bucher?)

Sie sind ja kein Ersttäter, Kollege Westenthaler. Kollege Westenthaler hat ja schon mehrere Fußballspiele hinter sich. Im Frühjahr hat er sich hier früher verabschiedet, weil er bei einem Cup-Spiel in Wiener Neustadt zugeschaut hat! Ich betone: bei einem Cup-Spiel in Wiener Neustadt! (Abg. Dr. Bartenstein: Wo ist die Entschuldigung für Frau Korun?!)

Im Herbst ist er bei einem Europacup-Spiel der Austria gewesen. – Ich kann das nach­vollziehen, denn ich bin auch ein Fußballfan, aber eines ist klar: Ein Abgeordneter, der 8 000 € verdient, der hat hier zu sein, egal, welche sonstigen Hobbys und Interessen er auch hat!

Kein Wähler, kein Bürger versteht (Abg. Scheibner: So eine Scheinheiligkeit! So etwas Scheinheiliges!), dass Sie den Fußball Ihrer politischen Arbeit vorziehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Anhaltende Zwischenrufe.)

Zum heutigen Gesetz: Meine Damen und Herren, auf der Tagesordnung steht das Polizeikooperationsgesetz. Polizeikooperation, das klingt harmlos, niemand hat etwas gegen Kooperation (Abg. Grosz: Die Frau Glawischnig spielt wahrscheinlich Golf!), aber hinter diesem Gesetz verbirgt sich schon etwas mehr als bloße Polizei­kooperation. Da geht es um den Austausch höchst sensibler Daten und die Möglichkeit des internationalen Zugriffs auf österreichische Polizeidaten.

Die Kritik an diesem Gesetz ist massiv. Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, was der europäische Datenschutzbeauftragte zu Teilen dieses Gesetzes und dieser Initiativen sagt.

Dieser Datenschutzbeauftragte sagt: Teilweise verstößt der Zugriff auf diese Daten­banken gegen elementare Prinzipien des europäischen Datenschutzrechts. Damit bestünde Zugriff auf die Daten von Menschen, die gar nicht unter Verdacht gestanden sind, Straftaten begangen zu haben. Und er warnt dann weiter vor dem Entstehen einer totalen Überwachungsgesellschaft. Das sagt der europäische Datenschutz­beauf­tragte über Teile dieses Gesetzes. – Und das ist ja erst der Beginn.

Wir haben ja hier im Parlament schon das Stockholmer Programm diskutiert. Das Stockholmer Programm ist ein Programm der Europäischen Union und zeigt auf, was in den nächsten fünf Jahren auf europäischer Ebene zu Sicherheitsfragen beschlossen werden soll. Und in diesem Stockholmer Programm wird ganz klar gesagt, was die Europäische Union plant: Sie will eine zentralisierte Plattform für Datensammlung und Austausch.


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Meine Damen und Herren, die Verantwortung tragen die Regierungen, die diesem Überwachungswahn keinen Riegel vorschieben! Und eines sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ich möchte nicht haben, dass die Europäische Union den gleichen Weg geht wie die USA, wo der Rechtsstaat und die Bürgerrechte nichts mehr gelten, wo die Bürger bespitzelt werden und ein Recht nach dem anderen runtergeräumt wird, um einen umfassenden Überwachungsstaat zu schaffen.

Da muss sich die Europäische Union anders positionieren, sonst wird sie das Ver­trauen der Bürgerinnen und Bürger weiter verlieren. Die Europäische Union sollte sich lieber als Bürgerrechtsunion positionieren.

Wir haben eine Innenministerin, die dann im Europäischen Rat sitzt und alles abnickt. Das verwundert uns nicht weiter, denn ihr Motto ist relativ klar, sie will immer mehr Überwachung, sie will das möglichst ohne Kontrolle, und sie zeigt überhaupt keine Sensibilität in Bezug auf Datenschutz, meine Damen und Herren.

Nur: Mehr Überwachung – und dafür sind Sie der lebende Beweis – schafft nicht mehr Sicherheit, sondern im Gegenteil, Sie, Frau Minister, bekommen eine Überwachungs­maßnahme nach der anderen vom Parlament verabschiedet, und die Kriminalität steigt trotzdem. Ihre Zauberformel: mehr Überwachung bedeutet mehr Sicherheit, hält keiner Überprüfung stand. Im Gegenteil, es gibt mehr Kriminalität, und das, was bleibt, sind Missbrauchsmöglichkeiten.

Meine Damen und Herren, diesbezüglich muss das Parlament mehr Sensibilität zei­gen. Das ist nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Es kann nicht sein, dass die Österreicherinnen und Österreicher bald zum bestüberwachten Volk werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


11.19.33

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Geschätzte ZuschauerInnen an den Fernsehschirmen! Sicherheit ist wohl ein Grundbedürfnis der Menschen, das haben wir heute in dieser Debatte auch schon ausführlich zur Kenntnis nehmen dürfen. Sicherheit steht in der Bedürfnispyramide der Menschen ganz hoch oben.

Die Aufgabe der Politik, so verstehen wir von der Sozialdemokratie das zumindest, ist es, für diese Sicherheit zu sorgen und auch Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Polizistinnen und Polizisten ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können und ihren Aufgaben nachkommen können. Darin sind wir uns, so denke ich zumindest, alle einig.

Auf dem Weg dorthin und vor allem auch bei der Diskussion über die Sicherheitspolitik unterscheiden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns aber gravierend von den Kollegen des BZÖ und auch der Freiheitlichen. (Ruf bei der FPÖ: Gott sei Dank! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ihr Zugang, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist oftmals nur das Polemisieren, das Aufbauen von Feindbildern, das Schüren von Ängsten und auch immer wieder der persönliche Angriff gegen Men­schen, in diesem Fall sehr oft gegen unsere Frau Bundesministerin Fekter. Aber damit löst man keine Probleme, geschätzte Damen und Herren, sondern so werden noch zusätzliche Probleme aufgeworfen.

Kollege Strache hat gesagt, dass wir die Augen vor der Kriminalitätsentwicklung ver­schließen. – Das stimmt nicht, Herr Kollege Strache. Wir verschließen die Augen nicht, wir nehmen dieses Ansteigen sehr ernst, deswegen gibt es auch in den nächsten Jahren Tausende Polizisten mehr, deswegen gibt es auch MitarbeiterInnen von Post


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und Telekom, die bei den Verwaltungsaufgaben Unterstützung leisten werden. Es wird in die Ausrüstung investiert – schauen Sie sich das einfach einmal an! (Zwischenruf des Abg. Strache) –, und es werden auch Verbesserungen bei den Arbeitsbe­din­gungen für Polizistinnen und Polizisten herbeigeführt, weil es uns wichtig ist, gut ausgebildete BeamtInnen zu haben und weil wir motivierte MitarbeiterInnen brauchen, um die Herausforderungen bewältigen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben Antworten – Ihre Antwort ist oftmals nur, Grenzen dichtzumachen. Das ist wirklich keine Antwort, geschätzte Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben hier in diesem Haus erst vor einigen Wochen ein neues Asylgesetz be­schlossen. Die Kolleginnen und Kollegen des BZÖ, der Freiheitlichen und auch der Grünen haben dieses Gesetz nicht mitgetragen. Dieses Asylgesetz wird aber dafür sorgen, dass Asylsuchende Schutz erhalten, wenn sie ihn brauchen, und auch dafür sorgen, dass die Verfahren beschleunigt werden, und das ist wichtig – das ist wichtig für diese Menschen, denn sie haben ein Anrecht, möglichst rasch Rechtssicherheit zu haben.

Ich habe manchmal den Eindruck, dass die BZÖ-Abgeordneten und teilweise auch die freiheitlichen Abgeordneten es bevorzugen, AsylwerberInnen lieber pauschal zu verurteilen und zu kriminalisieren, als ernsthaft an Lösungen mitzuarbeiten. Das ist nicht unsere Art der Politik!

Ich habe auch manchmal den Eindruck, dass viele Kolleginnen und Kollegen des BZÖ das Parlament als Bühne benützen. Dafür sind wir seitens der Sozialdemokratie nicht zu haben! Wir arbeiten für die Menschen, wir arbeiten seriös und wir arbeiten lösungs­orientiert, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Das glaubt Ihnen kein Mensch!)

Auch heute werden zwei wichtige Gesetzesänderungen beschlossen, nämlich betref­fend das Pyrotechnikgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz, sowie das Bundes­gesetz, mit dem die internationale polizeiliche Zusammenarbeit innerstaatlich auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt wird. Das ist wichtig, vor allem auch im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Europol wird zudem als Sicherheitsagentur etabliert werden, es wird ein flexibleres Agieren in der internationalen Kriminalitätsbekämpfung geben, und es wird auch Erleichterungen bei den Datenverarbeitungssystemen geben – Herr Kollege Steinhauser, das stimmt –, aber unter Wahrung des Daten­schutzes. Es wird auch ein Datenschutzbeauftragter eingerichtet werden. Ich denke, das ist eine sehr wichtige Maßnahme in der internationalen Zusammenarbeit.

Das Pyrotechnikgesetz stammt – das haben wir heute schon gehört – aus dem Jahre 1974, und es war notwendig, es zu novellieren, damit bei Sportveranstaltungen mehr Sicherheit gewährleistet werden kann. Die Fan-Kultur wird dadurch keineswegs beeinträchtigt werden, Herr Kollege Westenthaler – darauf wird noch Frau Kollegin Angela Lueger eingehen.

Es wird auch in Zukunft möglich sein, angemeldete bengalische Feuer, die natürlich für Stimmung sorgen, darin sind wir alle einer Meinung, abzufeuern.

Noch ein paar Worte zum Schubhaftzentrum Leoben. Herr Kollege Grosz, wir alle wissen, dass es bei einer derart sensiblen Sachlage besser wäre, richtiger wäre, objektiv zu informieren, seriös zu informieren und nicht mit Unwahrheiten die Menschen zu verunsichern. Aber Sie machen immer Stimmung gegen Menschen, und Sie machen auch Stimmung gegen Standorte. (Abg. Grosz: Gegen das Schub­haftzentrum, nicht gegen Menschen! Gegen solch sinnlose Einrichtungen!)

Natürlich gibt es Bedenken, die muss man ernst nehmen, aber wir suchen Alter­nativen – so, wie Sie das auch im Antrag gefordert haben. Deswegen ist auch ein Teil


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des Antrages erledigt. (Abg. Grosz: Umsetzung des Dublin-Abkommens! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich appelliere wirklich für eine Abrüstung der Worte, für eine Rückkehr zur Vernunft und für eine gemeinsame Kraftanstrengung für ein sicheres Österreich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Umsetzung des Dublin-Ab­kommens!)

11.25

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte. (Abg. Steibl: Jetzt geht es wieder rund! – Abg. Vilimsky – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es geht überhaupt nie rund, wenn ich das Wort ergreife, wenn Sie auf derselben sachlichen Basis replizieren!)

 


11.25.04

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Lassen Sie mich eingangs noch ganz kurz auf die feurige Rede meiner Vorrednerin Bezug nehmen, die eine komplett neue Qualität in der politischen Propaganda zutage gebracht hat.

Die Frau Bundesminister sagt wenigstens nur, wir haben 1 000 Polizisten mehr – ich sage dazu: die es nicht geben wird und die keiner irgendwo findet –, aber bei der SPÖ ist es auf einmal so, dass Tausende Polizisten mehr zur Verfügung stehen. Ich weiß nicht, woher Sie die nehmen – sind das Zinnsoldaten oder Zinnpolizisten in der Löwelstraße?

Faktum ist: Es gibt sie weder in den Polizeiinspektionen noch auf der Straße. – Das, was Sie hier machen, ist eine Propaganda auf Kosten der kriminalitätsgeplagten Österreicher! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Windholz.)

Herr Steinhauser, wenn Sie hier lautstark beklagen, dass irgendjemand nicht im Saal ist, dann darf man auch nicht verschweigen, dass Ihre Klubobfrau nicht nur jetzt nicht hier ist, sondern generell an jedem Sitzungstag um 12 Uhr irgendwo ist! (Abg. Grosz: Weil sie Golf spielen ist!) Ich sage jetzt nicht, dass sie irgendwo in einem Golfclub spielen ist oder mit dem BMW-Cabrio herumfährt, Faktum ist, sie ist nicht hier! Bevor Sie das nächste Mal das Wort ergreifen und jemand anderen kritisieren, nehmen Sie sich selbst an der Nase! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Zur Sache selbst. Frau Bundesminister Fekter hatte bei ihrem Beitrag so schöne Taferln, auf diesen war zu lesen: Sicherheit gestalten. Die hat sie das letzte Mal schon gehabt. Ich habe mir gedacht: Jetzt hat sie es, jetzt hat sie den an sie gerichteten Auftrag der Republik richtig verstanden. (Abg. Grosz: Falsch!) – Hat sie aber nicht, wenn ich mir beispielsweise nur die aktuellen Meldungen im Bereich Sicherheit vor Augen führe.

Ein kurzer Blick in die Austria Presse Agentur, die kann nicht manipuliert werden, Frau Minister: Diebe stahlen in Vorarlberg zehn hochwertige Fahrräder; Messerstecherei in Kärnten; Messerstecherei in Graz; ungarische Diebe stahlen 22 Luxusautos; Raub­überfall in Linz; Raubüberfall in Vorarlberg; und so weiter und so fort. – Mittlerweile wird in Österreich jede Minute ein Delikt begangen. (Abg. Neubauer: Unfassbar!) Falsch, es sind 1,2 Delikte jede Minute in Österreich! Frau Bundesminister, ich frage Sie wirklich: Wie können Sie sich hier vor die gewählte Volksvertretung stellen und sagen: Es passt eh alles, es ist eh alles in Ordnung, meine Sicherheitspolitik ist die Beste der Welt!? – Sie ignorieren diese Fakten!

Ich frage Sie: Wann waren Sie das letzte Mal in einer Polizeiinspektion, in einem Wachzimmer (Bundesministerin Dr. Fekter: Gestern!), und zwar nicht in einem Wachzimmer ... (Bundesministerin Dr. Fekter: Gestern! Gestern!) – Ja, aber da hat


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Ihnen irgendein Politoffizier, schön aus dem Ei gepellt, eine heile Welt vorgegaukelt. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Gehen Sie einmal nicht angemeldet in ein Polizeiwachzimmer, und reden Sie mit den Menschen dort: zu viel Stress, zu hohe Belastung, der Putz bröckelt überall von der Mauer, die Ausrüstung passt nicht. Die Polizeibeamten klagen ja gegenüber jedem, der zu ihnen geht, bei dem sie sich ein bisschen öffnen können. Aber Sie tun nichts für die Polizisten, und das muss man Ihnen einmal in aller Deutlichkeit sagen.

Das sind die Zahlen, die Sie, Frau Bundesminister, im letzten Innenausschuss zum Besten gegeben haben, nämlich zum Bereich Fremdenkriminalität – da kann man gleich an Frau Korun anknüpfen –: Wohnungseinbruchsdiebstähle: 68 Prozent der Täter waren Fremde; Häusereinbruchsdiebstähle: 74 Prozent der Täter waren Fremde; Kfz-Einbruchsdiebstähle: 66 Prozent der Täter waren Fremde. Und Sie, Frau Bundes­ministerin, haben beim letzten Mal noch irgendetwas von Nordkorea gesagt und heute vom Abschotten, wenn man Grenzkontrollen einführt. Sie, Frau Minister, sind die österreichische Bundesministerin für Sicherheit, und Sie tragen die Verant­wortung dafür, die Österreicher zu schützen. (Beifall bei der FPÖ.) Ja, warum denn nicht abschotten, wenn die kriminellen Horden über uns herfallen?

Sie selbst haben von den Heuschrecken gesprochen, die über uns herfallen. Ich erin­nere Sie an dieses Zitat – Sie tun nur nichts! Sie sind im Sprücheklopfen Weltmeisterin, inhaltlich aber sind Sie – faktisch betrachtet – die Unsicherheitsministerin der Zweiten Republik schlechthin.

Wir stehen vor einer wichtigen Wahl, der Personalvertretungswahl (Zwischenrufe bei der ÖVP), und die freiheitlichen Personalvertreter, Gewerkschafter haben einen starken Zulauf. Ja, weil sich unsere Gewerkschaft auch um die Polizisten kümmert! (Beifall bei der FPÖ.) Wir sind die Letzten, die die Polizisten mit Mut und Tatkraft vertreten, und von Ihrem Sprücheklopfen haben sie schon langsam genug.

Man kann den Polizisten wirklich noch zurufen, das Vertrauen, das sich unsere Ge­werk­schaft jetzt erarbeitet hat, weiter zu unterstützen, weil mit unseren Gewerk­schaftern zumindest sichergestellt ist, dass die Polizisten nicht schikaniert werden, dass die Polizisten die Chance haben, ihre Arbeit ordentlich ausführen zu können. Und es sind auch unsere Gewerkschafter, die dann, wenn die Polizei im Einsatz ist – ob es bei Demonstrationen ist, ob es bei der EURO war oder wo auch immer –, von Polizeistelle zu Polizeistelle fahren und die Polizisten mit Nahrung, mit Essen ver­sorgen, weil es von Ihnen nur Mineralwasser gibt und nicht mehr.

Das ist die richtige Politik! Wir haben hinter der Polizei zu stehen, und das ist unser Ziel! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Prinz namens der Abgeordneten Pendl, Kößl und Brosz eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Kößl, Brosz, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (430 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (367 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicher­heitspolizeigesetz geändert wird (367 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (430 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 (Pyrotechnikgesetz 2010) wird in § 28 Abs. 1 nach dem Begriff „S2“ die Wortfolge „sowie von Anzündmitteln der Kategorie P2“ eingefügt.

2. In Art. 1 (Pyrotechnikgesetz 2010) entfällt in § 39 Abs. 3 das Wort „feierliche“.

Begründung:

Zu Z 1.

Es soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden.

Zu Z 2:

Es soll möglich sein, unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen bei sportlichen Wettbewerben, die von regionaler, nationaler oder internationaler Bedeutung sind (zB WM- oder EM-Veranstaltung, sonstige medien- oder publikumswirksame Veranstaltun­gen), den Besitz und die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände oder Sätze durch den Veranstalter bzw. von diesen (rechtsgeschäftlich) beauftragten Verantwortlichen (zB einem Pyrotechnikunternehmen) zu erlauben.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.30.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bevölkerung kann sich ja heute Gott sei Dank durch die Live-Übertragung wirklich ein Bild machen, wo die Prioritäten für manche Abgeordneten liegen, vor allem von der ÖVP und den Grünen: von den Grünen, die ja normalerweise nach Abschalten der Fernsehkameras nach Hause gehen oder sonst irgendwo sind und die sich aufregen, dass ein Sportsprecher bei einer Sportveranstaltung ist; und von der ÖVP, wo der Redner das noch vorlesen muss, weil er der freien Rede nicht mächtig ist, wo aber der eigene Sportsprecher auch dort gewesen ist. – Das sind die Probleme, die die Republik hier beschäftigen, meine Damen und Herren. (Abg. Fürntrath-Moretti: Sie aber auch!)

Die Bevölkerung, Frau Kollegin von der ÖVP, verlangt von uns nicht solche Kinder­gartendebatten, sondern dass wir für die Sicherheit in diesem Lande sorgen und dass wir ehrliche Politik machen! (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn der Abgeordnete Grosz, Herr Präsident, von Ihnen einen Ordnungsruf bekommt (Abg. Ing. Westenthaler: Ungeheuerlich! Weil er die Wahrheit sagt!), weil er die doppelbödige Politik von manchen Abgeordneten hier anprangert, dann möchte ich Ihnen jetzt zwei Dinge vorlesen, und Sie selbst, Herr Präsident, können dann beur­teilen, was man von so einer Politik zu halten hat. (Abg. Grosz: Vielleicht nehmen Sie dann den Ordnungsruf wieder zurück! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie können sich für den Ordnungsruf entschuldigen!)

Zum Schubhaftzentrum in der Steiermark. Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl – SPÖ-Abgeordnete hier – sagt in der „Kleinen Zeitung“, sie bedauert das Festhalten der Frau Innenministerin am Plan, ein Schubhaftzentrum in Leoben einzurichten. (Rufe beim BZÖ: Ach so?! – Wo ist sie denn?) Sie hat sich leider mit ihrer Kritik nicht durchgesetzt,


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sagt sie, trotzdem wird sie sich weiter bemühen, die Ängste der Bevölkerung weiter­zutransportieren und die Anliegen der Anrainer zu wahren. – Aber hier im Hohen Haus stimmt sie für das Schubhaftzentrum in Leoben, meine Damen und Herren!

Der Bevölkerung zu sagen, man kämpft für ihre Anliegen, hier aber gegen die Anliegen der Bevölkerung zu arbeiten und zu stimmen (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Verrat, Herr Präsident!), Herr Präsident, was ist das? (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Ver­rat! – Abg. Grosz: Das ist Wortbruch!) Ist das eine ehrliche Politik oder ist das, die Unwahrheit zu sagen?

Zweiter Punkt: Mein Freund – wirklich, ich schätze ihn grundsätzlich –, der Abgeord­nete Grillitsch von der ÖVP, sagt in Radio Steiermark – damals ging die Diskussion um Judenburg –: Wer immer solche Pläne hegt, mitten in Judenburg, mitten in meiner Heimatstadt ein Asylheim zu bauen, wird mit massivem Widerstand zu rechnen haben. (Die Abgeordneten Grosz und Ing. Westenthaler: Jö! Na, schau!)

Wunderbar, in Judenburg hat er es vielleicht verhindert, aber die Leobener werden sich bedanken, denn so weit reicht der Widerstand von Herrn Grillitsch, ÖVP, nicht, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Präsident! Ist das eine ehrliche Politik, oder ist das die Unwahrheit: bei der Bevölkerung in den Gemeinden vorzugeben, dass man für ihre Anliegen und für die Sicherheit kämpft – und sich hier im Hohen Haus dem Klubzwang der Partei­sekre­tariate zu unterwerfen und für diese merkwürdigen Einrichtungen zu stimmen? – Das, meine Damen und Herren, auch an den Fernsehschirmen, werden Sie selbst zu entscheiden haben. (Abg. Silhavy: Sie sprechen gerade die Unwahrheit! Es gibt gar keinen Antrag!)

Und, liebe Frau Abgeordnete, warum ist denn ein Schubhaftzentrum so ein Problem? – Es geht ja nicht darum, dass man sagt, wenn dort  (Abg. Silhavy: Es gibt keinen Antrag für das Schubhaftzentrum!) Ach so? Na, Sie wissen es! Die Frau Innen­ministerin wird was anderes sagen! – Gibt es jetzt ein Schubhaftzentrum in Leoben oder gibt es das nicht? (Abg. Silhavy: Reden Sie nicht die Unwahrheit wider besseres Wissen! – Weitere Zwischenrufe der Abg. Silhavy.) – Sie sollten sich nicht so aufregen, Frau Kollegin, sondern endlich wahrheitsgemäß für die Anliegen der Bevöl­kerung in der Steiermark und in Österreich arbeiten. Darum geht es uns! (Beifall beim BZÖ.)

Und warum ist denn das so ein Problem? – Es ist auch deshalb ein Problem, weil die Bevölkerung Zustände wie in Traiskirchen nicht haben will. (Abg. Grosz: Der Antrag ist Tagesordnungspunkt 5, Frau Silhavy! – Um Gottes willen, ist die beieinander: Sie sitzen da und wissen nicht, ...! Kennt sich nicht aus, aber sitzt da und kassiert dafür! ...fachgagenbezieherin!) Wir wollen aber solche Zustände auch in Traiskirchen nicht und auch sonst nirgends haben: dass dort ein offenes Haus besteht, dass 200 Asylanten pro Monat in die Illegalität verschwinden, meine Damen und Herren. Das gehört abgestellt! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, es gehört auch abgestellt, dass es – wie wir etwa am Paradefall der Familie Zogaj, am Paradefall des Asylmissbrauchs erkennen – in Österreich so lange möglich ist, das Asylrecht zu missbrauchen. Im Jahr 2002 – nach dem Ende des Krieges, meine Damen und Herren! – ist diese Familie illegal nach Österreich gekommen. Es ist klar, dass kein Asylgrund besteht. Immer wieder werden neue Anträge gestellt – monate-, jahrelang dauert es, bis entsprechende Entscheidun­gen kommen. Mit dem Spendengeld der Österreicher, mit dem Steuergeld der Öster­reicher werden die Schlepper finanziert, die immer wieder diese Leute nach Österreich bringen.


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Das verlangt die Bevölkerung: klare Rechte und klare Richtlinien – und die müssen auch (Abg. Bucher: Umgesetzt werden!) umgesetzt und eingehalten werden! Asyl für die, die es brauchen, aber alles dagegen zu tun, dass dieses Recht missbraucht wird – auch wenn manche Medien das entsprechend unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Innenministerin, kämpfen Sie endlich für die Anliegen der Bevölkerung! Nicht Werbung machen für Alarmanlagen und Sicherheitstüren, sondern dafür, dass man die Bevölkerung schützt und die Verbrecher hinter Gitter setzt – und nicht, dass sich die Bevölkerung abschotten muss! (Beifall beim BZÖ.)

11.36


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Scheibner, ich glaube, Sie sind einer der längstdienenden Abgeordneten mit reicher Erfahrung im Haus. Sie wissen, dass der vorsitzführende Präsident sich nicht inhaltlich in die Debatte einmischen darf. Klammer auf: Mich würde es manchmal „jucken“, Klammer geschlossen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich habe dafür zu sorgen, dass die Sprache angemessen und der Würde des Hauses gerecht ist. Und daher hat Herr Abgeordneter Grosz, der auch der deutschen Sprache mächtig ist, zu Recht einen Ordnungsruf bekommen. Er kann sich auch anders ausdrücken. (Abg. Grosz: Nein, ich finde dafür kein anderes Wort! Ich habe stun­denlang gesucht! Ich finde kein anderes Wort für den Gartenschlauch! Ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


11.36.29

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Korun eingehen. (Abg. Grosz – auf die Rednerin weisend –: Das ist nämlich auch so eine steirische Abgeordnete, die in Graz was anderes sagt als hier!)

Ich finde es wirklich schlimm und unerträglich, dass Frau Korun, die nicht einmal weiß, wie es bei uns war, vor dem Zweiten Weltkrieg, nach dem Zweiten Weltkrieg, die überhaupt nicht weiß, wie es unseren Österreicherinnen und Österreichern gegangen ist, solche Aussagen tätigt. Mein Großvater war in zwei Kriegen. Ich weiß das aus persönlichen Erfahrungen und Berichten. Die weiß nicht, wie das war – und die stellt sich hier her und vergleicht unsere Innenministerin mit Hitler?! – Das finde ich einfach unerträglich! (Beifall bei der ÖVP.) Jeden anderen Abgeordneten in diesem Haus, der das gemacht hätte, den hätten wir wahrscheinlich – ich weiß nicht – zerrissen! (Abg. Ing. Westenthaler: Was hätten wir mit dem zerrissen? – Abg. Grosz: Sie tun Abge­ordnete zerreißen?) Da hätten wir mindestens eine Geschäftsordnungsdebatte vom Zaun gebrochen.

Ich habe das letzte Mal lediglich gemeint, Herr Grosz habe seinen Spitznamen und Kosenamen „Mini“, und das allein hat schon eine Geschäftsordnungsdebatte hervor­gerufen! (Abg. Grosz: Schon wieder ein Ordnungsruf!) – Also, ich finde es wirklich unerträglich, dass Frau Abgeordnete Korun hier so agiert.

Aber nun zu meinem Vorredner, Herrn Scheibner. – Es ist richtig, wir reden über die Sicherheit, und es ist richtig, wir arbeiten dafür, dass Österreich sicherer wird, dass die Bürgerinnen und Bürger sicher leben können. Aber, bitte, wo ist Ihre Mitarbeit? (Abg. Scheibner: Das darf doch nicht wahr sein!) Wo ist sie? – Das Einzige, was Sie können, ist Anpatzen, unentwegt! (Abg. Weinzinger: ... gehört zur Opposition, aber nicht zur Regierung!) Das ist im Innenausschuss so – Herr Grosz ist ein Spezialist dafür, und auch Herr Westenthaler.


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Aber bei Herrn Westenthaler muss ich eh sagen: Jeder, der im Glashaus sitzt, sollte ein bisschen vorsichtig sein, wenn er mit Steinen wirft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Mit Ihnen möchte ich nicht einmal im Glashaus sitzen!) Aber ich vermisse wirklich, dass Sie konstruktiv, vernünftig mit uns arbeiten! (Abg. Ing. Westenthaler: Mit Ihnen möchte ich nirgends sitzen, nicht einmal im Glashaus! Namensverdreherin!)

Und jetzt zum Schubhaftzentrum. Ich möchte hier schon eines klarstellen: Was ist ein Schubhaftzentrum? Es wird von den orangen Abgeordneten immer so transportiert, als wäre ein Schubhaftzentrum ein Erstaufnahmezentrum. Bitte, sehr geehrte Damen und Herren, das ist es nicht! (Abg. Grosz: Um das geht es ja auch! Es geht ja auch um ein Asyl-Erstaufnahmezentrum!) Ein Schubhaftzentrum, das sagt schon der Name (Abg. Ing. Westenthaler: Ist ein Wort des Friedens und der Freude!), ist ein Schubhaftzentrum.

Was ist jetzt ein Haftzentrum? – Da Leoben genannt wurde: In Leoben haben wir eines der modernsten Gefängnisse oder eine der modernsten Haftanstalten. (Abg. Grosz: ... Wunschdestination!) Und Haftanstalten sind Haftanstalten (Abg. Zanger: Sie machen Werbung ...!) – genauso, wie eine Schubhaftanstalt eine Schubhaftanstalt ist! (Abg. Grosz: „Schön“, diese Werbesendung für Schubhaftzentren!) Die Leute werden dort kaserniert, sind im Schnitt, so wie jetzt (Abg. Zanger: Das sind Märchen!), in etwa 25 Tage maximal in diesem Haftzentrum und können dann abgeschoben werden.

Und weil auch gesagt wurde, Leoben sei, ach Gott, so furchtbar weit weg vom Flughafen: Das stimmt nicht! (Abg. Zanger: „Nein“! Der Eurofighter holt sie eh ab!) Sie sind in 58 Minuten in Graz. Setzen Sie sich einmal ins Auto, würde ich Ihnen vor­schlagen, Herr Westenthaler. (Abg. Grosz: Unter Einhaltung der Straßenverkehrsord­nung!?) Ich weiß nicht, ob Sie schon in Leoben waren, denn normalerweise findet man Sie ja nur ... Gut, ich will das jetzt nicht sagen, aber: auf Sportveranstaltungen. (Ruf beim BZÖ: Sagen Sie es nur! – Abg. Grosz: Sie sind ja bekannt für jeden Fettnapf!) Aber setzen Sie sich einmal ins Auto und schauen Sie, wie lange Sie wirklich brauchen!

Also, ich bitte wirklich, hier eine vernünftige Diskussion zu führen. Und hören Sie auf, immer wieder mit Populismus Ängste zu schüren! Das haben sich die Österreiche­rinnen und Österreicher wirklich nicht verdient. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


11.40.01

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Welche Funktion hat denn ein Sportsprecher im Stadion, während der Nationalrat tagt? – Das ist hier die große Frage. (Abg. Grosz: Was macht denn die Frau Glawischnig?) Bereitet er die Dressen vor? Ist er der Wasserträger? (Die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Grosz: Wo ist die Frau Glawischnig?) Sitzt er vielleicht auf der Trainerbank? – Es geht darum, dass das Plenum tagt und Freizeit­aktivitäten während des Plenums einfach nicht zu gestatten sind. Und ich finde, dass Sie das wirklich unterlassen sollten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das mache ich aber nicht! Ich werde wieder ins Stadion gehen, auch wenn Sie es nicht wollen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Lernen Sie Geschichte!“, war die Aussage der Innenministerin, und das war auch ein gutes Stichwort, denn: Strassers Polizei­reform ist auch Teil der Geschichte – das Ausdünnen der Exekutive, das Aushungern-Lassen. Die qualitative und präventive Polizeiarbeit ist de facto nicht mehr möglich.


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(Abg. Kopf: Und selbst wenn es so wäre: Rechtfertigt das den Vergleich?) Und deshalb ist die Sorge um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit auch so groß und ständig präsent. (Abg. Hornek: Die taugt den Grünen sowieso nicht!) Nicht nur Abgeordnete dieses Hauses, sondern gerade die Bürgermeister und Bürgermeis­terinnen, gerade von den Parteien ÖVP und SPÖ (Abg. Kopf: Und mit dieser Behaup­tung rechtfertigen Sie die Aussage von Korun?! – Das ist ja unglaublich!), wenden sich mit ihrer Sorge an die Innenministerin und hoffen vor allem auf Unterstützung. Der Ruf nach mehr Polizei kommt aus den Gemeinden und aus den Städten – aber es passiert nichts. Es passiert einfach nichts!

Frau Ministerin, Ihre Aufgabe ist es, qualitativen Schutz zu gewährleisten, qualitative Exekutivbeamte bereitzustellen für alle Österreicher, für alle Menschen, die in Österreich leben – unabhängig von ihrem Alter, unabhängig von ihrer Religion, unab­hängig von ihrem Wohnort und vor allem unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Fakt ist, meine Damen und Herren: Die Verantwortung für die Sicherheitspolitik wird auf die Gemeinden und auf die Städte übertragen und somit noch mehr auf Steuer­zahler und Steuerzahlerinnen, denn die Städte müssen tief in die Taschen greifen und öffentliche Gelder aufwenden, um private Sicherheitsdienste, Ordnerdienste, private Securities, Sicherheitswachen anzustellen und Strassers Reform wieder auszubügeln, damit das objektive und subjektive Sicherheitsgefühl wieder zusammenkommt und wiederhergestellt wird.

Diese privaten Securities kosten die Gemeinden Zigtausende Euro – Geld, das die Gemeinden dringend brauchen würden für Konjunkturpakete, für Pakete gegen die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen, für Straßenbau und so weiter. Stattdessen müssen Gemeinden und Städte ihre Steuergelder in Privat-Securities stecken, die keinerlei Exekutivrechte haben, die keinerlei Verantwortung übernehmen können, gegen Krimi­nalität vorzugehen – was ganz klar die Abschiebung der Sicherheitspolitik der Innen­ministerin auf die Gemeinden darstellt.

Frau Ministerin Fekter, lernen Sie Geschichte, denn: Bürgerwehren, private Sicher­heitsdienste haben dieser Gesellschaft, diesem Land noch nie Gutes gebracht, denn Sie dürfen nicht vergessen, sie sind immer der Nährboden für Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit! (Beifall bei den Grünen.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


11.43.44

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Besuchergalerie und werte Fernsehzuseher und -zuseherinnen an den Bildschirmen! Ich möchte meine Zeit nützen, um noch einmal kurz auf das Pyrotechnikgesetz einzugehen. Wir haben ja schon gehört, dass das ein altes Gesetz ist, das noch aus 1974 stammt.

Vielleicht ein neuer Aspekt: Wir sind gezwungen, bis zum 4. Jänner 2010 eine EU-Richtlinie umzusetzen und die Regelungen ganz einfach auch an die geänderten Bedürfnisse in der Praxis anzupassen, wodurch zum Teil eine gänzliche Neugestaltung erforderlich ist.

Unter dem Titel „Welle gegen Gewalt“ – das hat die Frau Bundesministerin auch schon gesagt – haben sich der Österreichische Fußballbund und die österreichische Fußball-Liga vor Saisonbeginn darauf geeinigt und verständigt, gemeinsame Maß­nahmen zu treffen, um die Verhinderung der Gewalt in den Stadien sicherzustellen.


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Dazu zählen die rechtskräftigen Stadionverbote genauso wie die Regelungen betref­fend die Verwendung pyrotechnischer Mittel in den Stadien. Im Zuge der Regierungs­vorlage ist man aber dann draufgekommen, dass es nicht ausschließlich eine Lex Fußball werden soll, sondern auch Schirennen und andere Großsportveranstaltungen davon betroffen sind.

Ich komme jetzt noch einmal zurück auf die Fußballveranstaltungen. – Ja, es stimmt, das neue Pyrotechnikgesetz sieht vor, dass der Besitz und die Verwendung in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen grundsätzlich ver­boten werden sollen – so, wie es auch in anderen europäischen Ländern bereits umgesetzt ist.

Jetzt komme ich noch auf die Fan-Kultur zu sprechen: Ja, das Zünden von benga­lischen Feuern ist Teil einer Fan-Kultur und auch Teil einer Spiel-Choreographie, die von einzelnen Vereinen durchgeführt wird.

Ziel dieses Gesetzes muss es sein, illegales Abfeuern dieser Feuerwerkskörper in den Stadionrängen zu unterbinden. Es geht um Sicherheit, aber wir haben nicht, wie Kollege Westenthaler, ganz einfach gesagt, nein, da stimme ich nicht zu, sondern wir haben eine Lösung gesucht – und es gibt eine Lösung: Damit diese Fankulturen erhalten bleiben und die Fans gemeinsam mit ihren Vereinen diese Fankulturen leben können, hat der Veranstalter die Möglichkeit, einen Antrag auf Erteilung einer Aus­nahmebewilligung zu stellen.

Wir haben uns damit also auf die Seite der Fans gestellt und werden daher diesem Gesetz in der vorliegenden Form zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.46


Präsident Fritz Neugebauer: Vor der nächsten Worterteilung bitte ich die Fraktions­verantwortlichen, folgende Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen:

Ich gebe bekannt, dass für die Dauer der Kontra/Pro-Redeordnung bis zum Ende der TV-Übertragung um 13 Uhr jeder Fraktion nicht wie ursprünglich 14, sondern 16 Minu­ten zustehen. Ich bitte also, die entsprechenden Redezeitänderungen am Präsidium bekannt zu geben.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.47.09

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wenn man den Ausführungen der Innenministerin zuhört, wo sie alles, was diese Bundesregierung an Maßnahmen ergriffen hat, nur mehr lobt – da nennt sie natürlich diese 1 000 zusätzlichen Exekutivbeamten, den Flexipool und anderes mehr –, dann muss man bei genauer Betrachtungsweise das alles in die Kategorie „Grimms Märchenstunde“ einreihen. (Beifall beim BZÖ.)

Was stimmt hinsichtlich der 1 000 Exekutivbeamten? – Nun, es gibt jährlich 200 Auf­nahmen innerhalb dieser Periode; das bedeutet jeweils zwei Jahre Ausbildungsdauer. Die ersten spürbaren, für den Bürger spürbaren Exekutivbeamten wird es also 2011 geben; es ist ein Programm, das bis 2015 laufen wird. Und jetzt kommt’s: Gleichzeitig werden mehrere hundert Planstellen im Innenministerium in der Verwaltung gestrichen!

Frau Bundesministerin, es ist mir keine einzige Maßnahme bekannt, die Sie gesetzt haben, um die Verwaltung einzudämmen! Das heißt mit hoher Wahrscheinlichkeit: noch mehr Verwaltungsarbeit für die Exekutive – und daher weniger Exekutive auf der Straße beim Bürger. Das ist wirklich kein Ruhmesblatt.

Oder: die von Ihnen so sehr propagierte Maßnahme des Flexipools. Was haben Sie rechtlich gemacht? Sie erklären hier, da gibt es bei Karenzierungen eine hohe Flexi-


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bilität. – Ich darf Sie auf Folgendes hinweisen: Es gibt keine einzige Polizeidienststelle in Österreich, die zu viel Exekutivpersonal hat. Sie haben alle zu wenig! Und wenn Sie jemanden von dort auf eine andere Dienststelle schicken, dann verschieben Sie nur das Problem. Das ist keine Lösung des Problems, das ist maximal eine Verschiebung des Problems! Und: Sie haben hier einen eingeschränkten Bereich, nämlich nach der Ausbildung ab dem dritten Dienstjahr bis zum sechsten Dienstjahr.

Sie haben weiters, zusätzlich zu den im BDG vorgesehenen Maßnahmen Versetzung und Dienstzuteilung, den Begriff „Dienstzuweisung“ eingeführt. Das bedeutet: innerhalb eines Bundeslandes von einer Dienststelle zur anderen nur mit Mitteilung. – Na, wenn man sich den Dr. Haidinger als Kronzeugen vor Augen führt, der die Zustände in Ihrem Ressort klar offengelegt hat, wie sehr dort die Parteieinflussnahme regiert, dann kann man sich als gelernter Niederösterreicher schon vorstellen: Wenn dort einer im dritten Dienstjahr parteipolitisch nicht in Ordnung ist, den schicken sie dann von Gmünd nach Wiener Neustadt, von Wiener Neustadt nach Amstetten und von Amstetten nach Bruck an der Leitha. Das ist zu befürchten – und das ist alles, nur keine Antwort auf das fehlende Personal!

Wenn wir schon beim Personal sind: Jede vernünftige Personalplanung hängt zusam­men mit dem Arbeitsanfall. Angesichts dessen, was wir an steigender Kriminalität zu verzeichnen haben, sind – mit Verlaub – die 1 000 Beamten bis zum Jahr 2015 ein Tropfen auf den heißen Stein. Heute gibt es Anträge dazu, und ich darf gerade VertreterInnen der Regierungsparteien einladen, noch einmal zu überdenken, ob sie nicht eine richtige Antwort geben auf das, was sich im Sicherheitsbereich abspielt, nämlich: sofort mehr Exekutivbeamte.

Sie haben heute in der Fragestunde das Problem angesprochen, als ich Sie gefragt habe, was man denn tut, wenn zum Beispiel ein Lkw mit 58 geschleppten Personen aufgegriffen wird. (Abg. Weinzinger: 64 waren es!) Sie haben sich dann gerühmt, Frau Ministerin, dass 58 Personen, die um Asyl angesucht haben – ich weiß, dass es über 60 waren, 58 Personen haben angesucht –, von der Exekutive nach Traiskirchen ge­bracht und dort verpflegt wurden. Und am nächsten Tag waren sie nicht mehr auffindbar. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) Und heute loben Sie sich, Frau Bundesministerin Fekter, dass zwei von ihnen schon gefunden wurden. Das sind nicht einmal 4 Prozent. Und das ist das Problem in dieser Republik, dass Sie gerade noch 4 Prozent Aufklärungsquote schaffen. Das ist ein Zustand, der möglichst rasch abgeschafft gehört.

Daher ist die richtige Antwort: die Exekutive motivieren, keine parteipolitische Einfluss­nahme, mehr Personal und das Gefühl vermitteln, dass wir hinter der Exekutive stehen und bei Angriffen – insbesondere von den Grünen – vor der Exekutive. Wir brauchen eine Exekutive, die hinsieht und nicht wegsieht. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mayerhofer.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

 


11.51.42

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei unterstützt den Antrag gegen das Schubhaftzentrum Leoben eindeutig. (Abg. Hornek: Oha! Oha!) Wir wissen, Frau Bundesministerin, dass die Bevölkerung dagegen ist und dass der Gemeinderat einstimmig dagegen ist. Sie wissen auch, dass sich in Vordernberg, wo Sie jetzt Son­dierungsgespräche führen, ebenfalls eine überparteiliche Initiative gebildet hat, die eine


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Volksbefragung durchsetzen wird. Auch da sind wir überzeugt, dass sich die Bevölke­rung letztlich gegen ein solches Schubhaftzentrum entscheiden wird.

Wir Freiheitliche sind überzeugt davon, dass überhaupt kein Bedarf für ein solches Schubhaftzentrum im Süden von Österreich besteht, weil Österreich – wie wir wissen – von sicheren Drittstaaten umgeben ist. Wenn also die österreichische Bundes­regie­rung, wenn Sie, Frau Innenministerin Fekter, Ihre Aufgaben ernst nehmen und dafür sorgen würden, dass die Grenzen nicht sperrangelweit offen stehen, wie sie das jetzt tun, dann gäbe es das Problem der illegalen Zuwanderung in diesem Ausmaß, wie wir es jetzt erleben, nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Einsatz unseres Bundesheeres an den Grenzen, meine Damen und Herren, bei dem Soldaten Polizisten ersetzen, aber keine polizeilichen Befugnisse haben, ist nicht ausreichend. Es ist eine typisch österreichische Lösung: aus einem Provisorium ist eine Dauereinrichtung geworden. Es gibt aber keinen Grund dafür, dass die Leobener und die Vordernberger Bevölkerung die Zeche für die verfehlte Sicherheitspolitik dieser Bundesregierung zahlen sollte.

Meine Damen und Herren, die Bevölkerung in der Obersteiermark befürchtet eine eklatante Verschlechterung ihrer Lebenssituation. Sie befürchtet zu Recht, dass die Sicherheit noch stärker beeinträchtigt wird als schon bisher.

Dass es sich dabei um eine Gefährdung der Bevölkerung handelt, Frau Bundes­ministerin, geht auch aus Ihrer Anfragebeantwortung deutlich hervor. Am 23. Jänner dieses Jahres haben Sie meinem Kollegen Wolfgang Zanger schriftlich Folgendes mitgeteilt – ich zitiere Sie –:

„Der Standort Leoben wurde unter anderem aufgrund der geografisch günstigen Lage gewählt ...“

Wenige Zeilen weiter heißt es: „Auch die Lage neben dem Justizzentrum Leoben wurde als besonders geeignet erachtet.“

Warum ein Schubhaftzentrum neben einer Haftanstalt? Warum ist das so wichtig? Die Antwort ist klar: weil leider viele Asylwerber Kriminelle sind. (Abg. Mag. Steinhauser: Das ist das dümmste ...! Das wissen Sie!) Auch wenn die Gutmenschenszene sofort aufschreien wird – das hat sie noch immer gemacht –: Das sind einfach Fakten, die wir Freiheitliche aufzeigen.

Noch ein Letztes zum Schubhaftzentrum in der Steiermark, das wir ablehnen: die horrenden Kosten. Trotz unserer angeblich so strengen Asylgesetze, meine Damen und Herren, sind die Kosten dramatisch gestiegen. Im Jahr 2001 waren es 38,7 Mil­lionen €, die der Steuerzahler für Asyl aufgewendet hat. Diese Zahlen sind dann im Jahr 2003 auf 71 Millionen € gestiegen, und im Jahr 2006 waren es schon 180 Mil­lionen €. Das sind unglaubliche Steigerungen (Abg. Silhavy: Darf ich schon erinnern, wer damals in der Regierung war?!), Frau Silhavy, und es ist Zeit, Frau Bundes­ministerin, dass Sie sparen. Sparen Sie aber nicht bei der Sicherheit der Bevölkerung, sondern sparen Sie bei den Scheinasylanten, sparen Sie bei den Asylbetrügern! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz – in Richtung SPÖ –: Sparen Sie bei Ihrem eigenen Gehalt!)

Meine Damen und Herren, abschließend noch einige Bemerkungen zu Graz und zu der Situation, die wir in Graz vorfinden. Fast in jeder Gemeinderatssitzung sind die hohe Kriminalität in unserer Landeshauptstadt, die Zahl der steigenden Delikte ein ernstes Thema. Es gibt zahlreiche Anträge freiheitlicher Gemeinderäte, dass der Bürgermeister der Stadt aufgefordert werden soll, sich mit Ihnen als Innenministerin in Verbindung zu setzen (Abg. Mag. Maier steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Dr. Fekter) – auch wenn Sie mir jetzt nicht zuhören, sondern auf der


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Regierungsbank schwätzen. Der Bürgermeister wurde aufgefordert, sich an Sie zu wenden und für mehr Polizisten in Graz einzutreten.

Ich frage mich, ob Sie Herrn Nagl nicht ernst nehmen – weil er bei Ihnen einfach nichts erreicht – oder ob Ihnen die wachsende Kriminalität in der Landeshauptstadt Graz gleichgültig ist.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Graz eine hochaktive und gefährliche Drogenszene. Der Drogenhandel ist fest in der Hand ausländischer Banden. Es wird Zeit, Frau Innenministerin, dass Sie handeln und nicht länger wegschauen und den Kopf in den Sand stecken. (Beifall bei der FPÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


11.56.51

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich die Angelegenheit in einer tatsächlichen Berichtigung darstellen. Das betrifft Sie, Frau Bundesministerin, beziehungsweise die Ausführungen von ÖVP-Abgeordneten, wie etwa der Kollegin, die zuvor gesprochen hat.

Es geht um die Rede von Kollegin Korun. Ich habe von Ihnen, Frau Bundesministerin, gehört, dass Sie sich mit Hitler verglichen fühlen beziehungsweise dass Sie der Meinung sind, in der Darstellung von Frau Korun hätte es einen Vergleich der Polizei mit Hitler gegeben. Das hat auch die Kollegin von der ÖVP gesagt. Aber das steht nicht in dem Brief. – Noch einmal, um das ganz klar und nüchtern festzuhalten: ... (Abg. Hornek: Hat Sie es gesagt oder nicht? – Bundesministerin Dr. Fekter: Dann distanzieren Sie sich!) – Bitte, können Sie auch einmal zuhören, Frau Bundes­minis­terin?! (Beifall bei den Grünen.) Ist es möglich, dass Sie zuhören, dass Sie einfach nur einmal zuhören?! Das ist ja nicht zu viel verlangt! (Bundesministerin Dr. Fekter: Dann distanzieren Sie sich!)

Darf ich Ihnen das vorlesen? (Abg. Mag. Molterer: Ein schlechtes Gewissen hat Öllinger! Typisch!) Die Frage, die der ältere Mann, ein Arzt, stellt – und es ist nur eine Frage –, ist: Sind wir heute in unserem Staat schon wieder in einer ähnlichen Situ­ation? – Das ist seine Frage. Er gibt keine Antwort. (Bundesministerin Dr. Fekter: Na! – Abg. Kopf: Das ist unglaublich!)

Dieser ältere Mann sagt nicht: Wir sind wieder so weit. (Abg. Weinzinger: Das ist doch ganz klar!) Er sagt nicht, die Polizei des demokratischen Österreich ist eine Hitler-Polizei. Er macht nicht irgendwie einen Vergleich der Bundesministerin mit Hitler. Überhaupt nicht (Abg. Hornek: Das ist genant, was Sie da machen!), denn der Brief ist nicht an Frau Bundesministerin Fekter gerichtet, sondern an Herrn Platter.

Es ist das ein Brief, den ein älterer Herr, der den Zweiten Weltkrieg, den Naziterror miterlebt hat, an den Innenminister richtet und in dem er ihm sein eigenes Empfinden mitteilt. Und eine Frage stellt – auch die Frage, was es heißt, wenn wir uns unter allen Bedingungen, immer und überall nur auf das Gesetz berufen und Menschlichkeit und Humanität keine Rolle spielen. (Abg. Dr. Königshofer: Das stimmt doch überhaupt nicht!) Das ist das, was er fragt.

Ich bin gerne bereit, Ihnen diesen Brief – allen Abgeordneten hier im Haus – zur Verfü­gung zu stellen. Darin kommt Hitler nicht vor, darin kommt Frau Fekter nicht vor, darin kommt die österreichische Polizei nicht vor (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl) – und trotzdem führen Sie einen irren Tanz um das Ganze auf, um diesen Brief und um die besorgten Fragen eines älteren Menschen in Österreich angesichts der Asyl- und Integrationspolitik. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Peinlich!) So schaut’s aus, Herr Molterer!


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Somit komme ich gleich zur nächsten Berichtigung. Damit ich überhaupt zum Thema kommen kann, ist es einmal notwendig, einige Dinge klarzustellen. Es wurde von Red­nerInnen, wenn ich mich recht erinnere – ich möchte niemandem unrecht tun –, des BZÖ beziehungsweise der FPÖ und möglicherweise auch der ÖVP – das weiß ich nicht mehr so genau – der Umstand, die Tatsache kritisiert, dass unsere Klubob­frau jetzt nicht hier ist. – Wissen Sie, wie ungeheuerlich ich das finde? (Abg. Ing. Westenthaler: Den ganzen Tag ist sie schon nicht da!) Wissen Sie, wie unge­heuerlich das ist angesichts des Umstandes, den Sie alle genau kennen, dass Frau Glawischnig ein Kleinstkind zu versorgen hat (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht den ganzen Tag!) – Punkt a –, Punkt b, dass genau jetzt, zu dieser Zeit, und das wussten die Fraktionen, die das kritisiert haben, eine Besprechung zwischen den Oppo­sitions­fraktionen stattfindet! Das wussten alle, die jetzt gemeint haben: Ja, wo ist sie denn? Gegenfrage: Wo ist denn der Herr Bucher? – Natürlich auch bei der Besprechung. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist der Van der Bellen?)

Eben diese Fraktionssprecher haben gestern auch gesagt, Frau Glawischnig spiele Golf und sei mit einem BMW unterwegs, obwohl sie weder Golf spielt noch einen BMW hat. – Das angesichts des Umstandes, dass es sich um eine Frau handelt, die ein Kleinstkind zu betreuen hat, finde ich nur mehr fies. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen das so klar und deutlich, wie es gesagt gehört. Das ist fies, das ist wirklich fies! Sie können die Nicht-Anwesenheit von Abgeordneten der Grünen kritisieren, wie Sie wollen, wir machen das auch. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Van der Bellen stillt nicht, oder?) Das ist Ihr gutes Recht, unser gutes Recht. Aber den Umstand, dass eine Frau ein Kind zu betreuen hat (Abg. Grosz: Was macht der Van der Bellen? Hilft er beim Stillen? Hält er das Kind und hilft er beim Stillen?), zu vermengen mit Dingen, die so nicht stattfinden oder nicht stattgefunden haben, das ist jenseitig und fies. Wenn Sie, Herr Molterer, dazu noch lächeln können, dann ist das natürlich Ihr gutes Recht, aber das spricht nicht für Sie, Herr Molterer. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte Ihnen (in Richtung FPÖ) und in Richtung der Regierungsparteien ange­sichts der Debatte – und ich möchte auch zum Thema etwas sagen –, angesichts der Debatte, die wir heute hatten, die eine grausliche Debatte war, eines sagen: Es wird nicht ausreichen, wenn Sie sagen, die Welt sei heil und die Sicherheit in Österreich gewährleistet. Das wird nicht ausreichen!

Ja, wir haben ein Problem mit Bandenkriminalität, wir haben ein Problem, das nicht nur die Städte betrifft, sondern das auch auf dem Land wirksam wird, das sich nieder­schlägt in einer erhöhten Einbruchsrate; da kann man darüber diskutieren und das Blatt drehen und wenden, wie man es will. Das alles – und jetzt habe ich noch nicht über alles gesprochen – hängt damit zusammen, dass in den letzten Jahren syste­matisch die Polizeikräfte nicht nur ausgedünnt, sondern auch demoralisiert worden sind. Das hängt zusammen mit einer Reform, die so nicht funktioniert hat. Das hängt zusammen mit einer Einfärbung und Umfärbung innerhalb der Polizei. Das hängt damit zusammen, dass man jeden, der innerhalb der Polizei ein kritisches Wort gesagt hat, sofort in die letzte Reihe versetzt hat. Und das hängt damit zusammen, dass kein Konzept vorhanden ist.

Ja, ich frage mich manchmal wirklich, ob nicht die Situation in Bezug auf die Sicherheitslage in Österreich einigen Menschen in bestimmten Parteien sogar sehr angenehm ist. Damit lässt sich ja Politik machen. Wir diskutieren nicht darüber, welche Mittel, welche Instrumente die Polizei bräuchte, welche Ausstattung die Polizei bräuch­te, um besser damit zurechtzukommen, welche internationale Vernetzung, wo es fehlt. Wir sollten mit Fachkräften diskutieren. – Aber das alles wird nicht gemacht. Nein,


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sondern ein billiges Spiel um Emotionen, das ganz bewusst dann immer wieder mit Ausländern, mit Asylfragen kombiniert wird, wird in Gang gesetzt.

Ich sage Ihnen noch einmal: Weder ein Schubhaftzentrum in Leoben, über das man auch diskutieren, sachlich diskutieren könnte, noch der Fall Zogaj haben irgendetwas mit organisierter Bandenkriminalität in Österreich zu tun. Das wird aber sehr wohl hier in dieser Debatte in einem vermengt. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt noch eine Bemerkung zu Familie Zogaj. Ich weiß, niemand soll Asche auf sein Haupt streuen oder sich wegen irgendetwas rühmen, weder Sie, wenn Sie froh sind, dass die Familie Zogaj abgeschoben wird, noch wir, weil wir dagegen sind. Es ist eine unerfreuliche Situation, aber ich sage Ihnen, was „gelungen“ ist: In der ganzen Zeit wurde vor den Augen der Öffentlichkeit eine Familie komplett zerstört. (Rufe bei der FPÖ: Nein!) Vor den Augen der Öffentlichkeit wurde eine gebrochene Mutter vor­geführt. Vor den Augen der Öffentlichkeit und im Laufe der Jahre werden wir mit Sicherheit auch eine verzweifelte Tochter und das Scheitern dieser verzweifelten Toch­ter erleben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Es ist nicht so, dass Arigona Zogaj jetzt mit Selbstmord gedroht hat. Ja, sie hat vor zwei Jahren einmal mit Selbstmord gedroht, jetzt aber hat sie nicht damit gedroht. Trotzdem sagen Sie, das Mädchen setze den Selbstmord ganz bewusst ein als ein Instrument, um bleiben zu können. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.) Das ist eine Ungeheuerlichkeit (Beifall bei den Grünen) angesichts des Umstandes, dass diese Familie durch politisches Mitwirken zerstört wurde (Abg. Weinzinger: Ihr habt sie instrumentalisiert!), zerstört wurde durch ein Innenminis­terium, das glaubt, Recht muss vor Humanität stehen, durch ein Innenministerium, das glaubt, der Rechtsstaat bricht zusammen, wenn sich ein Kind, eine Jugendliche wehrt. (Abg. Zanger: Sie kann nichts dafür, ihr habt sie ja instrumentalisiert! – Rufe bei FPÖ und BZÖ: Redezeit!) – Ich habe Redezeit, und wenn Sie es wissen wollen: Ich kann noch 5 Minuten reden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was Ihnen gelungen ist in dieser Entwick­lung, ist, eine Familie zu zerstören. – Das muss sich eine „Familienpartei“ wie die ÖVP von uns noch oft anhören, denn es ist nicht nur diese eine Familie. Ich kann Ihnen sagen, es werden systematisch Familien zerstört, und zwar genau durch solche Handlungen, die das Innenministerium in Anwendung von bestimmten Gesetzen glaubt, vollziehen zu müssen. Es geht nicht mehr um Humanität, es geht nicht mehr um Gerechtigkeit, sondern es geht nur mehr um das blinde Durchführen von Gesetzen, um das Exekutieren von Gesetzen.

Wenn Frau Bundesministerin Fekter dann auch noch ganz schmale Lippen bekommt und glaubt, es noch per Bestemm durchsetzen zu müssen, dann ist das nur ein sichtbares Zeichen dafür, wie inhuman die Politik in diesem Bereich geworden ist, wie jenseits von Menschlichkeit im Asyl- und im Fremdenrecht agiert wird. (Beifall bei den Grünen.)

Eines ist klar: Man kann ein Asyl- und Fremdenrecht auch unter dem Gesichtspunkt Menschlichkeit durchführen und exekutieren – das aber ist in diesem und in Hunderten anderen Fällen nicht so. (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Öllinger, ich mache nur darauf aufmerk­sam, dass durch Ihr Überziehen der freiwilligen Redezeitbeschränkung der nächste Redner Ihrer Fraktion nur noch 1 Minute Redezeit hat.

Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 



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12.09.04

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, das war ein mehr als kläglicher Versuch, die Entgleisung Ihrer Kollegin Korun zu entschuldigen oder zu erklären. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das war keine Entgleisung!) Herr Öllinger, es gelingt nicht einmal jemandem mit Ihrer Intelligenz und Ihren rhetorischen Fähigkeiten, die ich absolut immer wieder feststellen kann, zu entschuldigen, was Frau Kollegin Korun hier gemacht hat. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es gibt nichts zu entschul­digen!)

Es ist doch ganz klar, dass selbstverständlich nicht dieser ältere Herr, der diesen Brief geschrieben hat, zu kritisieren ist. Ganz im Gegenteil, warum soll er das nicht tun und seine Meinung zum Ausdruck bringen?!

Aber diesen Brief und nicht irgendeinen anderen hier herinnen zu zitieren, ist eine Auswahlentscheidung der Frau Korun, die doch letzten Endes offenbar ihre Meinung ausdrückt, die sie damit aber hinter diesem Zitat versteckt. Um auch nicht in die Gefahr eines Ordnungsrufes zu kommen, transportiert sie ihre Meinung mit Hilfe eines Briefes eines Herrn, und zwar dieses Briefes und nicht eines anderen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Schämen Sie sich dafür, Frau Korun! Und entschuldigen Sie sich bitte endlich bei der Frau Innenministerin dafür! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, auf diese Art und Weise die politischen Bemühungen der Frau Innenministerin um Sicherheit und Ordnung in diesem Land abzuqualifizieren und zu disqualifizieren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, was heißt denn das? ... keine Bürgerin­nen und Bürger zitieren im Parlament?) Noch einmal: Schämen Sie sich und raffen Sie sich endlich zu einer Entschuldigung auf! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


12.11.06

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ich darf auf der Tribüne unsere Freunde aus Villach begrüßen, die zu uns gekommen sind: Hallo! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, um wieder zur Sache zu kommen – da dieser grüne Aktio­nismus in keinster Weise zu unterstützen ist, werde ich diesen links liegen lassen –:

Ich komme zum Punkt 3 der Tagesordnung; dieser liegt mir sehr am Herzen. Es geht hier um die polizeiliche Kooperation auf europäischer Ebene mit der EU und dem Euro­päischen Polizeiamt. Ich glaube, dass hier ein wichtiges Signal gesetzt wird.

Ich war vor einigen Tagen in Brüssel bei einer internationalen Konferenz beziehungs­weise einer EU-Konferenz betreffend die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit auf EU-Ebene und habe über dieses Gesetz gesprochen. Es ist sehr positiv aufgefasst worden. Ich glaube, es ist ein wichtiger Schritt, dass auf der europäischen Ebene polizeilich zusammengearbeitet wird. Bei manchen Staaten hapert es da noch ein bisschen. Österreich ist ein Musterschüler in diesem Bereich. Ich möchte hier mein Kompliment für dieses Gesetz aussprechen: Das ist der richtige Schritt. (Beifall beim BZÖ.)

Kriminalität kennt keine Grenzen. Die Grenzen sind offen. Damit sind wir natürlich schon bei einem Problem. Es hat dort ein polnischer Abgeordneter angesprochen, dass er sich Gedanken macht, weil es „Vorhänge“ zwischen den verschiedenen Nationalstaaten gibt. Ich glaube aber, dass diese „Vorhänge“ wichtig sind, damit dieser internationalen Kriminalität, die unkontrolliert durch Europa fahren kann – wir sehen


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das ja an den Kriminalitätszahlen sowie an den Einbruchszahlen –, ein Riegel vorge­schoben wird.

Sie wissen, Frau Minister, unsere Fraktion fordert immer wieder diese sporadischen Grenzkontrollen. Ich glaube, das wäre ein ganz wichtiges Signal. Damit könnte man einiges verbessern, und das wäre dringend notwendig. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Minister, ich ersuche Sie auch, beim SIS II, dem Schengener Informationssystem auf europäischer Ebene etwas Dampf zu machen. Dieses System steckt, das fällt uns auf den Kopf. Es ist notwendig, dass das alte SIS I reformiert wird und endlich das SIS II, das wesentlich bessere Möglichkeiten für die Exekutive schafft, die grenz­überschreitende Information weiterzuführen, beschleunigt wird. Das ist Ihr Part auf Ministerebene in der EU. Ich möchte Sie mahnen, dass Sie diesbezüglich vorwärtsdrängen.

Als weiterer Punkt steht auf der Tagesordnung das „Schubhaftzentrum“ in Leoben. Ich möchte hier eine Lanze in Richtung „Schubhaftzentrum“ brechen. Ich könnte Ihnen vorschlagen, dass Sie in Tirol eines installieren. Es ist dort ein Flughafen in Innsbruck vorhanden. (Zwischenbemerkung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundes­minis­terin Dr. Fekter.) Es gäbe dort die Möglichkeit. Ihr Vorgänger, Ex-Minister Platter wäre sicher froh, und die Steirer wären auch glücklich, wenn das weg wäre. Die Polizei­beamten in Vorarlberg wären ebenfalls froh, weil sie nicht mehr so lange Wege bis nach Thalham mit den Schubhäftlingen fahren müssten. Sie könnten so die Beam­ten auch besser in Vorarlberg einsetzen.

Wenn ich schon bei der Exekutive bin, möchte ich noch etwas ansprechen. Wir haben sehr stark belastete Exekutivbeamte. Das wird auch immer wieder hier vorgebracht. Fakt ist, dass die Polizeibeamten irrsinnig viele Überstunden machen müssen, weil die Personalsituation sehr schlecht ist. Die Aufstockung, die Heinz-Christian Strache angesprochen hat, ist dringend notwendig. Ich glaube, 5 000 Beamte weniger als im Jahr 1999 – und das in der heutigen Zeit, wo die Kriminalität aufgrund der offenen Grenzen gewaltig gewachsen ist – sprechen eine deutliche Sprache, dass hier etwas im Argen liegt.

Da sollten Sie nachlegen, damit diese Beamten, die fleißig draußen ihren Dienst tun, die in allen Situationen ihren Kopf hinhalten, auch ihre Erholungsphasen und trotzdem eine gerechte Bezahlung haben. Da könnten Sie etwas für die Exekutive tun, Frau Minister! – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


12.15.21

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich hat heute vor einiger Zeit die Rede des Abgeordneten Vilimsky ein bisschen animiert, anlässlich der Personalvertretungswahlen auf die Situation der Exekutive einzugehen. Und wenn die FPÖ vorwirft, dass nichts getan wird und ausschließlich die FPÖ fordert und fordert und fordert, dann sollten wir uns die Frage stellen: Wer hat denn auch die Möglichkeit, das umzusetzen? Die Möglichkeit haben Fraktionen, wie zum Beispiel die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gemeinsam mit den GewerkschafterInnen der ÖVP, sich gegenüber der Innenministerin, gegenüber der Ministerin für den öffentlichen Dienst für die Anliegen der Polizistinnen und Polizisten einzusetzen.

Dass es Wurstsemmeln bei Veranstaltungen gibt, Kollege Mayerhofer, ist schon ein alter Hut. Das ist eine Sache, die es schon gegeben hat, als es Ihre Bewegung als


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AUF noch gar nicht gegeben hat – denn eine Gewerkschaftsbewegung in diesem Sinn ist sie ja nicht.

Daher ist es ganz wichtig, darauf hinzuweisen, dass man sich einmal anschauen muss, wer damals jene Fraktion war, die den Polizistinnen und Polizisten empfohlen hat – und das tut sie auch heute noch –, aus der Gewerkschaft auszutreten. Und dann haben sich die Polizisten gewundert, warum sie kein Verhandlungsmandat bei den Gehaltsverhandlungen haben. Das ist Ihre Vertretung! So versuchen Sie, die Polizis­tinnen und Polizisten zu vertreten (Zwischenrufe bei der FPÖ), indem Sie dazu animieren, dass diese die Säule der Zweiten Republik, die Gewerkschaftsbewegung verlassen. Ich glaube, das ist kein gutes Vertreten der österreichischen Exekutive. (Beifall bei der SPÖ.) Darum kümmert sich die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerk­schafterinnen und Gewerkschafter bei der Exekutive ganz besonders. (Abg. Vilimsky: Im Penthouse! Bravo, Sozialdemokratie!)

Und übrigens, dieses Pyrotechnikgesetz dient auch noch dazu, nicht nur die Familien in die Stadien zu bringen, die Fankultur leben zu lassen, sondern auch, sich für die Sicherheit der Polizistinnen und Polizisten einzusetzen. Das ist vernünftige Politik – und nicht, plakativ etwas zu fordern und nichts umsetzen zu können! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler ist nicht im Plenarsaal anwesend. – Unruhe im Saal.)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


12.18.00

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Frau Ministerin! Zunächst einmal darf ich kurz auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Öllinger eingehen. Herr Kollege, ich muss Ihnen gratulieren, wie Sie Ihre Klubobfrau hier entschuldigt haben! Sie haben damit einen kapitalen Bauch­fleck, und zwar in Bezug auf die grüne Familienpolitik, hingelegt. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das, was Glawischnig ausführt, lebt sie. Das ist ihr Gedankengut, und das funktioniert einfach nicht. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist ja Unsinn! Sie leben in der Vergangenheit!)

Ich kann Ihnen nur sagen: Wechseln Sie zur freiheitlichen Familienpolitik, denn dort sehen sie, dass Kleinkinder die Mutter brauchen und es einfach nicht ein derart arbeits­intensives Programm geben kann! (Beifall bei der FPÖ.)

Zweitens, zur Frau Kollegin Windbüchler-Souschill: Sie haben gemeint, rechtsradikale Tendenzen werden in sogenannten Ordnungswachen und Ähnlichem neu entfacht. Ich gratuliere Ihnen! Sie haben soeben Ihre Klubobfrau in Graz, Frau Lisa Rücker, gewaltig bloßgestellt, denn sie musste sehr wohl im Übereinkommen mit Bürgermeister Nagl diese Ordnungswache ins Leben rufen. Ich gratuliere! (Beifall bei der FPÖ.)

Als Nächstes: Herr Abgeordneter Pendl, danke, dass Sie da sind! (Ruf bei der SPÖ: Er ist immer da!) Ich darf Sie einladen, mir in dem Zusammenhang zuzuhören, dass Sie meinten, die Oppositionsparteien seien diejenigen, die Hass, Angst und Neid schüren. (Abg. Heinzl: Da hat er recht!)

Nur ein paar kurze Schlagworte aus den Zeitungen der vergangenen Tage: Opferstock in Graz aufgebrochen, zwei Autoeinbrüche in Graz, Casino überfallen, Trickdiebe brachten ein Paar um ihren Seniorenheimplatz, Bankomaten manipuliert, Grazer Poli­zei warnt.


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Ich würde sagen, damit zeigt sich, dass es sich hier nicht um eine Angstmache han­delt, sondern dass insbesondere Graz geradezu ein österreichisches Einbrecher­para­dies geworden ist.

Es ist mir einfach unverständlich, wie man diese hundert Polizeibeamten, die in der Mitte von Graz, im Zentrum sind, ganz an die Peripherie verlegen will, um ihnen den Weg bis zum Einsatzort möglichst lang zu machen. Wir sind absolut dagegen. Wir fordern nach wie vor die Aufstockung der Polizei. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe mir erwartet, dass es anlässlich einer Schlagzeile in einer steirischen Zeitung: „Einbruch in steirische SPÖ-Zentrale“, ein gewisses Umdenken bei den Regierungs­parteien gibt. Etwa: Jetzt sind wir selbst betroffen, jetzt werden wir vielleicht doch etwas dagegen tun! – Dem ist nicht so. Man negiert diesen Einbruch. Man sagt auch: Es ist ja nicht viel passiert! Es sind 500 € weg, es ist die Tür aufgebrochen worden, es ist ja nicht viel Schaden entstanden! – Logisch: Wenn man einen Landeshauptmann Voves hat, der seine Millionen in einer Stiftung parkt, dann sind natürlich 500 € für eine SPÖ absolut gar nichts. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Hakel.)

Frau Innenminister Fekter, höchst aktuell, zum neuen „NEWS“: Ich meine, diese Infor­mationskampagne, die Sie da gestartet haben, ist jenseits jeder Realität. Ändern Sie Ihr Programm! Ändern Sie Ihre Einstellung zur Sicherheit, denn – und jetzt möchte ich Abraham Lincoln zitieren –: „Man kann alle Leute einige Zeit zum Narren halten und einige Leute alle Zeit, aber alle Leute alle Zeit zum Narren halten, kann man nicht.“

Die Rechnung wird Ihnen der Wähler präsentieren. (Beifall bei der FPÖ.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. – Bitte.

 


12.22.02

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sachlich debattieren wir heute auch das Polizeikooperationsgesetz. Ich war von 1999 bis 2002 bei der Sicherheitsdirektion Oberösterreich als Grenzbeauftragter zu Niederbayern beim Aufbau dabei, als diese grenzüberschreitende Polizeikooperation noch in den Kinderschuhen steckte. Heute haben wir in Wahrheit das Endstadium erreicht, das Endziel, damit die legistische Grundlage dafür gegeben ist, die unserer Polizei, meinen Kolleginnen und Kollegen auch das Handwerkszeug gibt, um inter­national agierende organisierte Kriminalität entsprechend bekämpfen zu können.

Aber was heute so entlarvend war, war die Sicherheitspolitik der Grünen! Der NS-Vergleich von Frau Korun richtet sich selbst. Der Windbüchler’sche Vergleich, dass private Sicherheitsfirmen der Nährboden für Rechtsradikalismus wären, ist meiner Meinung nach durch diese Branche durchaus klagenswert, aber die Aussage des Kollegen Steinhauser trifft mich in Bezug auf dieses Polizeikooperationsgesetz, wo ich bei der Entwicklung von Anfang an mit dabei war, besonders stark und sehr.

Wenn das, was Steinhauser fordert, umgesetzt würde oder wenn es das nicht gäbe – wie er es will –, dann wäre es unmöglich, dass grenzüberschreitend gefahndet, nach­geeilt oder Verbrecher erfolgreich bekämpft werden könnten.

Die Draufgabe ist für mich Kollege Öllinger, der auf der einen Seite zurückrudern will, den NS-Vergleich mildert, aber es bleibt trotzdem wieder das Anschütten meiner Kolle­ginnen und meiner Kollegen, die tagtäglich für unser aller Schutz und auch für den Schutz der Abgeordneten der Grünen ihren Kopf beim Einsatz gegen das Verbrechen hinhalten. (Beifall bei der ÖVP.)


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Er will es besonders grauslich und menschenunwürdig darstellen, mit diesem Über­griff der Polizei. Es wird ein alter Mann zitiert. Er will es besonders grauslich darstellen, indem er die Familie Zogaj wieder einmal erwähnt, wo öffentlich eine Familie durch den Staat, durch die Polizei zerstört wird. Gleichzeitig will er die Quadratur des Kreises, nämlich mehr im Sicherheitsbereich erledigt haben.

Die Grünen auf Bundesebene opfern die Sicherheit unserer Menschen und sie unter­graben die erfolgreiche Arbeit der Polizei. (Abg. Öllinger: Das ist ja unglaublich!) Dagegen möchte ich mich besonders verwahren. Sie alle, die gesprochen haben, Kollegin Korun, Kollege Öllinger, Kollege Steinhauser, Frau Kollegin Windbüchler, agieren heute wie linkslinke, ewiggestrige Ideologen und Altkommunisten! (Abg. Mag. Kogler: He!) Ich weiß nicht, welche Klientel Sie vertreten! Sind Ihr Klientel tatsächlich jene Menschen, die das Asyl in Österreich missbrauchen, die sich außer­halb des gesetzlichen Rahmens in Österreich aufhalten oder in Österreich agieren? (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist ja unglaublich, Herr Kapeller!)

Ich bin froh, dass wir eine Bundesministerin, eine Sicherheitsministerin haben, die auch mit ihrem Polizeiapparat (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), mit meinen Kolle­ginnen und Kollegen Ihre Sicherheit gewährleistet, nur in deren Windschatten Sie solche Äußerungen gegen diese selbst tätigen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fordere Sie wirklich auf, sich nicht nur bei der Frau Bundesministerin für diese verbalen Entgleisungen zu entschuldigen, sondern auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen, denen Sie immer alles Unmögliche und Unrechtsstaatliche unterstellen! Ich bin froh, dass unsere Sicherheitsministerin einen breiten Weg in der Mitte in der sicher­heitspolizeilichen Arbeit geht, und bedanke mich dafür ausdrücklich in unser aller Namen. – Ich danke herzlich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Sie verdrehen ja alles! Ein Verdreher!)

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte.

 


12.25.55

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe als Erstredner in dieser Debatte wirklich versucht, die Kritik deutlich zu machen, auch die scharfe Kritik an den Verfehlungen der Politik der Frau Ministerin. Dazu hat sich im Laufe der Debatte, wie Sie sich vorstellen können, auch nichts geändert.

Was aber nicht geht – an die Adresse der Grünen –, ist, dass man hier, und zwar gut vorbereitet, so etwas sagt. Das war kein Ausrutscher – es können ja Ausrutscher hier am Rednerpult passieren, das kann immer wieder passieren. (Abg. Kopf: Das war kein Ausrutscher!) Aber diese Rede war gut vorbereitet, denn man hat sich ein Zitat herausgeholt, man hat einen Artikel herausgeholt, man hat zitiert. (Abg. Dr. Stummvoll: Zitat herausgeholt!) Diese Rede war wohlüberlegt. Das ist genau das Kritikwürdige! Herr Kogler, Sie wissen das ganz genau, und auch der Kollege Öllinger weiß, dass das nicht in Ordnung war! (Abg. Dr. Pirklhuber: ... unüberlegt eine Rede halten ...!) Bei aller Kritik – und ich bin einer der schärfsten Kritiker dieser Ministerin und ihrer Politik –: Was aber mit Sicherheit nicht geht, ist, dass man sowohl mit historisch als auch mit realpolitisch unhaltbaren Vergleichen handwerkt!

Ich weiß, Sie sind immer schnell zur Sache, wenn es um die Faschismuskeule und solche Versatzstücke geht. Bisher hat das immer die FPÖ und auch uns vom BZÖ betroffen – auch sehr „nett“. Aber das ist eine neue Qualität, dass Sie hier unhaltbare – ich sage: verwerfliche –, völlig abstruse Systemvergleiche zwischen dem jetzigen Sys-


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tem und jenem der Nationalsozialisten heranziehen. Dafür sollten Sie sich entschul­digen, Frau Kollegin Korun! Das würde ich Ihnen schon empfehlen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Es wäre angebracht, ans Rednerpult zu gehen und das klarzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was auch nicht geht – ich möchte mich jetzt gar nicht daran beteiligen –, ist diese „Kindergartendebatte“, die vom Kollegen aus der vierten Reihe der ÖVP und von Herrn Steinhauser über Ab- und Anwesenheiten von Abgeordneten gerade bei so einer wichtigen Debatte angezündet wurde. (Abg. Dr. Pirklhuber: Na, hallo!)

Welch schwachsinnige Debatte das ist, Herr Kollege Steinhauser, lässt sich an ein paar Beispielen sehr leicht erklären. Wenn eine Debatte 15, 18 Stunden dauert und der Peter Westenthaler einmal zwei Stunden nicht da ist, weil er als Sportsprecher auf eine Sportveranstaltung geht, geht für Sie die parlamentarische Welt unter. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da gehe ich Ihnen fürchterlich ab! Wissen Sie, was: Ich kaufe Ihnen das nächste Mal ein Ticket und gehe mit Ihnen Hand in Hand hin, dass Sie meine Nähe weiterhin spüren, auch bei der Sportveranstaltung, Herr Kollege Steinhauser! Ist gekauft, kein Problem. (Beifall beim BZÖ.)

Aber was nicht geht, ist, wenn man so viel Butter am eigenen Kopf hat wie die ÖVP und wie die Grünen, dass man das dann hier zum Thema macht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Kollege Van der Bellen, der heute seit Beginn der Sitzung um 9 Uhr noch keine Minute im Plenum war, Hilfeleistung für das Stillen seiner Klubobfrau durchführt. Das kann ich mir nicht vorstellen, Herr Kollege Steinhauser! Er war den ganzen Tag nicht da!

Auch an die Kollegen von der ÖVP – es ist eine fürchterliche Debatte, aber nicht wir haben sie begonnen, sondern ihr habt sie mit den Grünen angezündet –: Ich habe mich auch nicht beschwert, niemand hat sich aufgeregt, dass Herr Dr. Schüssel als Abgeordneter dieses Hauses wochenlang während der Tagungszeit, während Aus­schusssitzungen und während der Plenartage nach Tibet beten gefahren ist. Da hat sich auch niemand beschwert.

Gehen Sie nicht ans Rednerpult und zeigen Sie nicht mit den Fingern auf andere Abgeordnete, weil diese einmal ein, zwei Stunden nicht im Hohen Haus sind! Sport­sprecher Haubner war übrigens gestern auch am Länderspiel. Haben Sie den schon planiert? – Das ist doch kindisch! Unsere Aufgabe ist es, das Mandat hier im Hohen Haus zu erfüllen und auch, wenn man das Haus verlässt. Das hört ja nicht an der Tür des Parlaments auf, sondern das kann auch bei Sportveranstaltungen sein, das kann auch in Tibet oder sonst irgendwo sein. Hören wir mit diesen kindischen gegenseitigen Zuweisungen auf! Die braucht kein Mensch, meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher werden wir diese Diskussion auch nicht weiterziehen. (Beifall beim BZÖ.)

Zwei Sätze noch zum Pyrotechnikgesetz. Wir haben immer klargemacht, wir unter­scheiden zwischen Knallkörpern und Böllern, so wie Sie das auch tun, und auch Fan-Choreographien, wo noch nie etwas passiert ist, wenn sie geordnet und kontrolliert stattfinden, an Orten, auf Plätzen, wo sie von der normalen Fan-Kultur, von der Bevöl­kerung getrennt und nur zu gewissen Zeiten stattfinden. Da unterscheiden wir uns.

Was Sie hier heute tun, das ist eine generelle Kriminalisierung und Verunglimpfung der österreichischen Fußballfankultur, und die lehnen wir ab! Es gibt auch vernünftige Fans, Sie werden es nicht glauben! Sie sagen immer, das ist alles fürchterlich, die Fuß­ballfans sind so fürchterlich – nein, es gibt sehr verantwortungsbewusste Fanklubs, Fußballfans, die sich noch nie etwas zuschulden haben kommen lassen im Zusam­menhang mit Fan-Choreographien, bengalischen Lichtern. Und die kriminalisieren Sie, bedrohen Sie mit Freiheitsstrafen, mit Geldstrafen, und das wollen wir nicht, weil das


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wieder ein Stückchen mehr Einschränkung der Freiheit auch auf den Sportplätzen ist. Das lehnen wir ab!

Wir sind für eine kontrollierte, für eine verantwortungsbewusste Vorgangsweise und nicht für ein generelles Verbot unter Androhung einer Haftstrafe. Das lehnen wir ab! (Beifall beim BZÖ.)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


12.31.04

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit aller Deutlichkeit gegen­über Peter Westenthaler eines: Was hier passiert ist, Peter Westenthaler, mit deiner Rede, das war eine plumpe Demagogie! Ich möchte das hier mit aller Deutlichkeit festhalten. Wir haben nämlich in einem Abänderungsantrag klargestellt, dass genau derartige Choreographien möglich sind. Genau das wird möglich sein! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Nein, das können sie jetzt nicht machen! Das verbieten Sie ja!)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Pyrotechnikgesetz wird eine europäische Richtlinie umgesetzt, es soll einheitliche Standards geben, das ist notwendig. Für problematisch halte ich es, dass es bei diesen pyrotechnischen Materialien nur ein CE-Zeichen gibt und kein verpflichtendes Zeichen, das jederzeit überprüft werden kann und auch den Namen Sicherheitszeichen verdient. Wir halten nämlich Kontrollen in diesem Bereich für absolut erforderlich.

Ich sage Ihnen die aktuellen Zahlen: Im Jahre 2008 gab es 1 197 Strafanzeigen nach dem Pyrotechnikgesetz und 964 Anzeigen ein Jahr davor. Und Jahr für Jahr steigt die Zahl dieser Anzeigen.

Die missbräuchliche Verwendung von Pyrotechnikmaterialien führt teilweise zu schwersten Verletzungen, und auch Wohnungen brennen aus. Ich appelliere hier insbe­sondere an die jungen Menschen, gerade zu Silvester aufzupassen, denn hier können durch missbräuchliche Verwendung Schäden entstehen, die dann jemand vielleicht ein Leben lang mit sich herumtragen muss.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Polizeikoope­rations­ge­setz eine klare Aussage unserer Fraktion: Wir stehen dazu, damit soll eine einheitliche Grundlage für die polizeiliche Kooperation geschaffen werden. Wir sehen allerdings ein Problem, weil jedes Land einzeln diesen Beschluss national umsetzen muss, wodurch es zu unterschiedlichen Umsetzungsmaßnahmen kommen wird, und es wird ein unter­schiedliches Datenschutzniveau in den Mitgliedstaaten geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich ersuche Sie, diesen Gesetzesvorlagen zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


12.33.29

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zum Pyrotechnikgesetz Stellung nehmen! Wir finden es positiv, dass dieser Abänderungsantrag gestellt wird. Wir haben es auch erwähnt, dass wir der Meinung sind, dass es die Möglichkeit geben sollte, geordnet, Herr Kollege Westen­thaler, und unter Berücksichtigung der Vereine, weil das auch die Position der Bun­desliga ist, Choreographien im Bereich von Pyrotechnik zuzulassen. Durch diesen Ab-


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änderungsantrag wird eine Unschärfe des Gesetzes, wo von feierlichen Anlässen gesprochen worden ist, herausgenommen und wird es klarer. Wenn die Vereine dahinterstehen und es abgesprochen ist, soll es möglich sein.

Generell werden wir das Pyrotechnikgesetz aber dennoch ablehnen, weil wir der Meinung sind, dass die Befugnisse, Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung durchzuführen, zu weit gehen, dass hier bei der berechtigten Zielsetzung einer Ein­schränkung übers Ziel geschossen wird. Aber zumindest dieser Bereich, der in der Fankultur deutlich für Aufregung gesorgt hat, sollte jetzt so weit formuliert worden sein, dass es die Möglichkeit gibt, vernünftige, nicht auf den Tribünen stattfindende, Herr Kollege Westenthaler, sondern akkordierte Aktionen der Fanklubs zu machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das habe ich gesagt! Genau das habe ich gesagt!) Das sollte jetzt aber möglich sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber nicht möglich!)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


12.34.47

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Als steirischer Abgeordneter ist es mir natürlich ein besonderes Anliegen, auf das Thema Schubhaftzentrum Leoben einzugehen. Das Traurige an dieser Geschichte ist, dass die Menschen dort von niemandem der Großparteien gehört werden, weder von der ÖVP noch von der SPÖ.

Die SPÖ-Steiermark verhält sich hier ohnehin wie ein Wasserschlauch. Noch im März dieses Jahres hat die Landesleitung der SPÖ beschlossen, es wird kein Schub­haftzentrum im Bezirk Leoben geben, nicht mit der SPÖ-Steiermark. Im Herbst dieses Jahres, im September, ging ein SPÖ-Bürgermeister aus dem Markt Vordernberg her und forderte das für seine Gemeinde ein. Daran erkennt man, wie biegsam die SPÖ-Steiermark und ihr Landeshauptmann Franz Voves sind, der sich immer so gerne als steirische Eiche darstellt, aber in Wahrheit mehr einer Trauerweide ähnelt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist unfassbar schäbig, was Sie den Bürgern antun, und vor allem, mit welchen Unwahrheiten Sie sich selbst gegenüber und vor allem der Bevölkerung arbeiten!

Einzig die Freiheitliche Partei mit ihrem Landesparteiobmann Gerhard Kurzmann, mit den Gemeinderäten aus Leoben, insbesondere dem Gerd Krusche und dem Kame­raden Weinberger in Vordernberg, hat das gemacht und in die Tat umgesetzt, was andere nur propagieren: eine Bürgerbefragung im Markt Vordernberg. Unsere Kollegen von der FPÖ gehen her, sammeln Unterschriften und erzwingen, dass die Politik jene Menschen fragt, die betroffen sind, nämlich die Bürger dieser Gemeinde. 140 Unter­schriften wurden gesammelt, und es ist somit gemäß dem Gesetz eine Bürgerbe­fragung durchzuführen. Und da werden wir sehen, was herauskommt, und die Entscheidung ist dann zu akzeptieren – keine Frage! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber warum machen Sie das nicht von sich aus? Sie könnten das tun, ohne Weiteres! Wir Freiheitlichen haben das gemacht, was Sie nicht tun wollen.

Zur ÖVP: Frau Bundesminister Fekter, Sie werden schön langsam wirklich unglaub­würdig. Immer wieder behaupten Sie und propagieren hier im Plenum, ein Schub­haftzentrum sei keine Belastung, ein solches Zentrum sei keine Belastung für ein Land. Aber zwei Zentren möchten Sie einem Bundesland auch wieder nicht aufbürden, das sei wieder zu viel. Also wenn ein Zentrum keine Belastung ist – null plus null ist null –, dann dürften auch zwei keine sein. Also ist dann doch irgendetwas dahinter.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 85

Frau Bundesminister Fekter, Sie sind eine Märchentante geworden! (Abg. Höfinger: Sie sind halblustig!) Das postuliert sich auch in Ihren Aussendungen, die Sie aus dem Ministerium machen. Da kommt immer wieder das Märchen von den Arbeitsplätzen und der Rentabilität für die Gemeinden. 176 neue Arbeitsplätze werden geschaffen, steht in dieser Aussendung drinnen. – Was ist wahr daran? Es werden überwiegend Planstellen der Polizei und der Justiz verschoben, nichts anderes ist es! Da kommen vielleicht 10, 15 Arbeitsplätze für Putzfrauen dazu – und das soll dann die große Kommunalsteuereinnahme für die Gemeinde sein?

Frau Bundesminister, das ist doch lächerlich! Sie wissen ganz genau, dass bei Beam­ten keine Kommunalsteuer eingehoben werden kann. Und die paar Reinigungs­kräfte, die es dann zusätzlich gibt, bringen vielleicht ein paar Euro in die Kasse, aber das ist dann schon alles.

Das zweite Märchen ist das von der geschlossenen Anstalt, es würden lediglich Aus­reisewillige und keinesfalls kriminelle Schubhäftlinge untergebracht. – Wenn diese Herrschaften ausreisewillig sind, warum muss ich Sie dann in ein Haftzentrum geben? Erklären Sie mir das bitte! Das sind doch alles Märchen, die Sie erzählen. Sie, Frau Dr. Fekter, sind meiner Meinung nach ein Abkömmling der Gebrüder Grimm: eher eine Märchentante als eine Innenministerin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Die Menschen in Leoben und die Menschen in der Steiermark erkennen sehr genau, dass sie von der SPÖ und von der ÖVP, von dieser Regierung, nicht nur im Bund, sondern auch im Land vorgeführt werden, dass sie hinters Licht geführt und verschaukelt werden. Die Freiheitliche Partei mit ihrem Landesparteiobmann Gerhard Kurzmann ist die einzige Partei, die sich in der Steier­mark für die Anliegen der Bürger einsetzt, und sie wird das auch weiterhin tun! (Beifall bei der FPÖ.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


12.38.56

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Abgeordnetenkollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir konnten uns in den letzten eineinhalb Stunden einen guten Überblick darüber verschaffen, welche Standpunkte manche Personen und Parteien in diesem Hohen Haus in Bezug auf Sicherheitspolitik einnehmen. Setzen wir uns mit ein paar Sachthemen auseinander!

Wenn es um ein Erstaufnahmezentrum geht, dann erfüllen manche Länder ihre Auf­gaben, unter anderen Niederösterreich, Oberösterreich, Wien. Je südlicher wir kom­men, desto weniger werden diese Aufgaben wahrgenommen. Im Land Kärnten ist es sogar so, dass 30 Prozent der Quote nicht erfüllt werden – und das sanktionslos, meine Damen und Herren! Wir sollten über Sanktionen in diesem Zusammenhang nachdenken.

Wenn es um ein Schubhaftzentrum geht, dann fordern die Freiheitlichen und das BZÖ, dass Menschen, die sich als Asylanten deklariert haben, aber kriminell geworden sind, außer Landes gebracht werden. Wenn es aber darum geht, ein derartiges Schub­haftzentrum umzusetzen, dann handeln sie nach dem Floriani-Prinzip. Das ist inak­zeptabel! Ein bisschen schwanger in diesem Zusammenhang gibt es nicht! Entweder ich stehe dazu oder ich stehe nicht dazu. Deklarieren Sie sich endlich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zanger: Wir stehen dazu!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verantwortungsbewusste Sicherheitspolitik heißt, die Themen sachlich abzuarbeiten, konsequent zu sein und dafür zu stehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 86

In diesem Zusammenhang möchte ich mich bei einem Abgeordnetenkollegen bedan­ken, wo man manchmal süffisant lächelt, wenn er sich bei seinen Kollegen bedankt. Es ist dies Otto Pendl. Er ist ein pragmatischer Mensch, er hält sein Wort, und er weiß, was Verantwortung ist. Danke, Otto! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte mich aber auch bei Frau Bundesministerin Dr. Fekter bedanken, weil sie weiß, was Sicherheitspolitik Marke ÖVP ist: rechtsstaatlich, konsequent, fleißig und verantwortungsbewusst. Sehr geehrte Frau Bundesministerin, das bringt Rosen, auch wenn diese aus Tirol kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich aber auch bei unseren Polizistinnen und Polizisten bedanken, die das, was dieses Haus vorgibt, auch kon­sequent umsetzen. Sie haben sicherlich kein Verständnis dafür, so wie viele Öster­reicherinnen und Österreicher, was sich die Kollegin Korun heute hier geleistet hat. Ich stelle mir die Frage, warum die Frau Korun zu uns gekommen ist, wenn es ihr bei uns überhaupt nicht gefällt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


12.41.51

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Innenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Polizeikooperationsgesetz sollen die umfangreichen und teilweise sehr spezifischen Formen der polizeilichen Ko­operation mit den anderen EU-Staaten auf eine einheitliche Grundlage gestellt werden. Mit diesem Gesetz sollen die verbindlichen unionsrechtlichen Vorgaben der polizei­lichen Kooperation im staatlichen Recht verankert werden. Der Rechtsakt ist nicht unmittelbar wirksam, sondern ein nationaler Gesetzesbeschluss der einzelnen Staaten ist notwendig.

Sehr geehrte Innenministerin, gerade in diesem Bereich ersuchen wir Sie, beim nächsten EU-Innenministertreffen auf die einzelnen Staaten dahingehend einzuwirken, dass sie rasch eine Umsetzung durchführen.

Zu der Aussage vonseiten der FPÖ, 5 000 Exekutivbeamte seien seit 1999 eingespart worden: Sie haben, glaube ich, vergessen, dass in der Zeit, als Sie in Regierungs­verantwortung waren, in diesem Bereich ebenfalls eingespart worden ist. (Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Zu den Einbürgerungen gibt es auch ganz klare Zahlen: 1999 sind zirka 17 800 Ein­bürgerungen durchgeführt worden, 2001 schon 31 000, und 2005 sind 34 000 Ein­bür­gerungen durchgeführt worden. Das war auch während Ihrer Regierungsbeteili­gung! Jetzt, unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler, gibt es 10 000 Einbürgerun­gen.

Bei den ausländischen Arbeitskräften verhält es sich genauso: 1998 gab es in der Landwirtschaft zirka 6 400 – 2004 gab es rund 12 000 ausländische Saisonniers. So viel zur Haltung der FPÖ!

Noch ganz kurz an die Adresse des BZÖ: Auch Sie waren in Regierungs­verant­wortung, denken Sie einmal darüber nach! Gestern hat Herr Kollege Scheibner schon eingestanden, dass Fehler in seiner Regierungsverantwortung passiert sind. Ich möchte hier nur die Mindestkapitalgarantie für die Pensionisten ansprechen. Denken auch Sie einmal darüber nach, denn gerade in einem Bereich, dem Bereich der Rückführungen, haben Sie untätig zugesehen während Ihrer Regierungsverant-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 87

wortung. Sie hätten gerade damals während des EU-Vorsitzes die Chance gehabt, hier etwas zu verändern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


12.44.09

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich schade: Wir beschließen hier ein Polizeikooperationsgesetz, und durch eigentlich unnötige Diskussionen geht der Inhalt, das Wesentliche dieses Gesetzes in der Debatte verloren.

Ich möchte eingangs Frau Bundesministerin Dr. Fekter danke sagen, aber auch den Sicherheitssprechern Pendl und Kößl, die uns diese Materie aufbereitet und diese Gesetzesvorlage ins Parlament gebracht haben. Diese Novelle bringt Wesentliches, vor allem mehr Sicherheit. Die Europäische Union ist ein Sicherheits- und Friedens­projekt, und wir gleichen heute mit diesem Gesetz unsere Rahmenbedingungen an jene der EU an, sodass wir in Österreich die Sicherheitspolitik mit europäischen Standards weiterentwickeln können und für unsere Menschen, umgesetzt durch unsere Exekutive, mehr Sicherheit schaffen können. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht um internationale Zusammenarbeit, es geht um Datenaustausch, es geht darum, Datenbanken auszuweiten und zu verbessern, und um Datentransport.

Ich glaube, es wird heute deutlich sichtbar, dass Europa in diesem Haus lebt. Wir haben das Europäische Polizeiamt, wir haben den Prümer Vertrag, wir haben das Schengener Informationssystem und Durchführungsübereinkommen, also eine Menge von Grundlagen in der Vergangenheit geschaffen. Mit dem heutigen Beschluss wird nationales Recht europäischem Recht angeglichen, was uns in Zukunft aber auch die Möglichkeit bieten wird, Gesetze zu implementieren.

Mein abschließender Dank gilt allen, die dieses Gesetz in der Praxis umsetzen und eigentlich diejenigen sind, die die Sicherheit zu den Menschen bringen. Daher ein Danke an die Exekutive. Wir wollen uns bemühen, die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Exekutive zu schaffen, und ihr gebührt der Dank, dass sie diese in der Praxis umsetzt. Vielen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


12.46.12

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Ausführungen vom Kollegen Fazekas schreien ja förmlich nach einer Richtigstellung. (Abg. Faul: Der kennt sich aus!) – Das wage ich zu bezweifeln! – Lieber Kollege Fazekas, wenn Sie hier am Rednerpult die Wichtigkeit Ihrer sozialistischen Vorfeldorgani­sation betonen und ihre Tätigkeit über den grünen Klee loben – ungerechtfertigterweise, muss man dazusagen –, dann ist das Ihre Sache, wenn Sie dabei aber politische Mitbewerber wie jene der AUF als Vorfeldorganisation der FPÖ in ihrer Tätigkeit schlechtmachen und sie heruntermachen wollen, dann ist das eigentlich eine Ungeheuerlichkeit! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Sie erinnern, Herr Kollege Fazekas: Wer hat denn eine absolute Mehrheit im Zentralausschuss bei der Exekutive? Wer ist das? – Die FSG. Und: Wer verfügt über die Mehrheiten im Fachausschuss in den Ländern bei der Exekutive? – Die FSG. Und: Wer verfügt über viele Vorsitzende in Dienststellenausschüssen bei der Exekutive? – Die FSG. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 88

Und was habt ihr zusammengebracht? Was hat die FSG verhindert? Was hat sie für die Kollegen erreicht? – Die FSG ist säumig gewesen bei der Frage der Dienst­zeitenverschlechterung. In Sachen Ausstattung und Ausrüstung der Exekutive hat sie nichts zustande gebracht. Und ihr habt auch nichts weitergebracht, als es darum ging, etwas gegen die laufenden Verschlechterungen aufgrund der überbordenden Schwer­punktaktionen und sonstigen Belastungen, verbunden mit dienstrechtlichen Problemen, unter denen die Kolleginnen und Kollegen leiden, zu machen. – Das als Richtig­stellung!

Die Kolleginnen und Kollegen der Exekutive schlafen aber nicht, und sie werden die Arbeit der FSG genau bewerten. Daher glaube ich, dass die AUF bei den kommenden Personalvertretungswahlen nächste Woche einen respektablen Erfolg erzielen wird. So wird es sein, Herr Kollege! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber zurück zur Sache. Ich darf nun folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert, Mayerhofer, Kunasek, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat so rasch als möglich eine Gesetzesnovelle, welche die Schaffung des Lehrberufes ,Polizeibeamter‘, in Form einer mehrjährigen Ausbildung als ,Polizeipraktikant‘, beinhaltet, zuzuleiten.

*****

Kurz eine Erklärung dazu: Die FPÖ hat schon vor geraumer Zeit erkannt, dass eine Aufstockung der Exekutive ein Gebot der Stunde ist, nicht nur deshalb, weil wir eine ausufernde Kriminalität haben, sondern auch deswegen, weil die Personalsituation in den kommenden Jahren eine Dramatik entwickeln wird, die schlimmer nicht sein könnte.

Ich darf Sie nur erinnern: Bis zum Jahr 2020 werden 10 000 Polizistinnen und Polizis­ten in Pension gehen, das sind zirka 35 Prozent des derzeitigen Personalstandes. Wenn man davon ausgeht, dass wir nicht einmal bis 2013 die Nachbesetzung der frei gewordenen Stellen durch Pensionsabgänge sicherstellen können, so bedarf es rascher Maßnahmen, um für zusätzliche Personalressourcen für die Exekutive zu sorgen. Das wird mit diesem Antrag sichergestellt, und ich darf Sie daher einladen, diesen Antrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


12.50.01

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Da ich mit meinem letzten Satz in Bezug auf Kollegin Korun Anstoß erregt habe, möchte ich Folgendes sagen: Ich wollte das nicht in dieser Schärfe zum Ausdruck bringen. Ich nehme das mit Bedauern zurück, erwarte aber von Frau Kollegin Korun, dass sie ebenfalls Größe zeigt, sich hier ans Rednerpult begibt und eine Klarstellung trifft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 89

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Herbert, Mayerhofer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Schaffung des Lehrberufes „Polizeibeamter“ – Einführung des Ausbildungsmodells „Polizeipraktikant“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 5, Bericht des Aus­schusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 57/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dringende Aufstockung der Grazer Exekutive um zusätzliche 300 Polizisten (434 d.B.) in der 46. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 19. November 2009.

Im Bundesdienst (Öffentlicher Dienst) wurden in den letzten Jahren einschneidende Maßnahmen zur Personalreduktion gesetzt.

Diese Maßnahmen erfolgten aber überwiegend nicht durch Lösung der Dienst­verhältnisse (z.B. Kündigung oder einvernehmliche Beendigung des Dienstvertrages), sondern nahezu ausschließlich über den Weg, jene freigewordenen Planstellen durch den natürlichen personellen Abgang infolge Pensionierung nicht mehr nach zu be­setzen.

Dies bewirkte zwei wesentliche Umstände:

Das Durchschnittsalter im Öffentlichen Dienst stieg kontinuierlich an (von 40,5 Jahre im Jahr 1995 auf 44 Jahre im Jahr 2008), wobei mittlerweile die Altersgruppe der „43- bis 47-jährigen“ die größte Gruppe der öffentlich Bediensteten darstellt.

Der Gesamtstand der „jungen“ Bundesbediensteten (nämlich die Gruppe der 18- bis 29-jährigen) wird ab 2016 dramatisch einbrechen und die bis dahin latente „Über­alterung im Öffentlichen Dienst“ voll einsetzen und damit auch personalpolitisch spür­bar werden (mehr altersbedingte Abgänge als durch Personalaufnahmen kompen­sierbar).

Bis zum Jahr 2020 werden daher bis zu 50.000 Bundesbedienstete in Pension gehen, wobei sich der Verlauf der zu  erwartenden jährlichen Pensionierungen stetig steigend darstellt:

Beginnend mit rund 3.000 Pensionsabgängen wird es im kommenden Jahr eine jährliche Steigerung von bis zu knapp über 5000 Pensionierungen bis zum Jahr 2020 geben.

Eine Berufsgruppe im Bereich des Öffentlichen Dienstes ist davon besonders betrof­fen, nämlich jene der Exekutive.

Hier droht ein Pensionsabgang von bis zu 10.000 Beamten bis zum Jahr 2020, was etwa 35 Prozent des derzeitigen Gesamtpersonals (also aller österreichischen Polizis­tinnen und Polizisten) entspricht.

Dazu kommt, dass bei der Exekutive das Durchschnittsalter rund 42 Jahre beträgt, der Anteil der über 45jährigen bei rund 43 Prozent liegt und der Anteil der Exekutiv­beamten im Alterssegment 36 - 49 Jahre bei über 53 Prozent liegt.

Daraus ergibt sich, dass das durchschnittliche Pensionsalter bei der Exekutive bis 2020 deutlich über dem anderer Berufsgruppen liegt und hier dringende korrigierende Personalsteuerungsmaßnahmen erforderlich sind.

Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit (Anhebung der Pensionsgrenze) für Exekutiv­beamte ist organisationstechnisch und faktisch kaum möglich, weil die berufsbedingte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 90

körperliche Einsatzfähigkeit, die bei fortgeschrittenem Alter nicht mehr gegeben ist, beruflich notwendig ist und dienstliche „Rückzugsmöglichkeiten“ (z.B. Innendienst) für ältere Exekutivbedienstete organisatorisch und auch planstellenmäßig kaum bis gar nicht vorhanden sind.

Eine dramatische Personalentwicklung, die aber von den Verantwortlichen im Bun­desministerium für Inneres, allen voran von Bundesministerin Fekter, trotz aller War­nungen der Experten, bis dato ignoriert wird.

Alleine die im Regierungsprogramm vorgesehenen Ausbildungsplätze für die Exekutive (1000 Ausbildungsplätze pro Jahr) decken nicht einmal den pensionsbedingten Abgang bis zum Jahr 2013 ab. Das bedeutet, dass bei einer Beibehaltung der derzeitigen restriktiven Aufnahmepolitik ab dem Jahr 2013 Österreich ein sicher­heitspolizeilicher Kollaps droht.

Aus diesem Grund wird von der FPÖ das Ausbildungsmodell „Polizeipraktikant“, welches es bereits in den Jahren 1974 - 1984 bei der Bundespolizeidirektion Wien gab und sich dort auch bewährt hat, für die Sicherstellung der zukünftig erforderlichen personellen Ressourcen vorgeschlagen.

Beginnend ab Herbst 2010 könnten dadurch zusätzliche 1000 Polizistinnen und Polizisten ausgebildet werden, die damit den bevorstehenden Pensionsabgang der kommenden Jahre kompensieren und damit das drohende personalpolitische Sicher­heitsproblem verhindern könnten.

Mit der (Wieder-)Einführung dieses damals sehr erfolgreichen Ausbildungsmodells kann nicht nur langfristig der erforderliche Personalbedarf sichergestellt werden, son­dern es bietet auch wegen der angespannten Wirtschaftslage eine Möglichkeit hier wichtige Impulse in Bezug auf die derzeit hohe Jugendarbeitslosigkeit zu geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat so rasch als möglich eine Gesetzesnovelle, welche die Schaffung des Lehrberufes „Polizeibeamter“, in Form einer mehrjährigen Ausbildung als „Polizeipraktikant“, beinhaltet, zuzuleiten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.50.30

Abgeordneter Gerhard Huber (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseher vor den Bildschirmen! Und vor allem: Geschätzte Zuschauer auf den Galerien! Das Schubhaftzentrum in Leoben ist sicher etwas, was die Bevölkerung jetzt nicht braucht. Jetzt, in der Wirtschaftskrise, brauchen wir ganz andere Ansätze. Aber ohne irgendeine Angst oder Ängste zu schüren, muss man auch über etwas anderes reden, nämlich über das Erstauf­nahme­zentrum Süd. Wo wird es hinkommen?

Ich kann euch eines versprechen: Nach Kärnten sicher nicht! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.) Die Steiermark sowie auch das Burgenland haben es entschieden abgelehnt. Wenn man jetzt logisch ein bisschen kombiniert: Was wird übrig bleiben? – Es bleibt Osttirol, es bleibt Tirol übrig. Wenn man sieht, wenn man schaut: Alle Landeshauptleute im Süden, die davon betroffen sind, haben es dezidiert abgelehnt. Herr Landeshauptmann Platter hat es verweigert, er hat dazu bis heute


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 91

keine Stellungnahme abgegeben. Aus Anfragen an die Frau Bundesminister weiß ich ganz genau, dass Osttirol nach wie vor im Rennen ist.

Wenn man jetzt ein bisschen weiterdenkt: In der wunderschönen Sonnenstadt Lienz gibt es die Franz-Josef-Kaserne. Im März nächsten Jahres, am 14. März 2010, wählen wir in Tirol einen neuen Gemeinderat; es wird wahrscheinlich erst nach der Wahl kommen. Aber, bitte, da müssen wir alle aufpassen, und da müssen uns auch die anderen Parteien unterstützen. Denn wenn man hergeht und die Franz-Joseph-Kaserne in Lienz adaptiert (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer), dann hat man ein Erstaufnahmezentrum, das ähnlich groß wie Traiskirchen ist, und man hat die ganze Infrastruktur.

Nur: Lienz, die Sonnenstadt, die politisch in den letzten Jahrzehnten mehr als vernach­lässigt wurde, kann das nicht brauchen! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Diese wunder­schöne Natur! Osttirol ist heuer das erste Mal die stärkste Sommertourismusregion von ganz Tirol; Kollege Hörl, wir haben euch Nordtiroler bei Weitem überholt. Daher können wir auf keinen Fall so ein Erstaufnahmezentrum brauchen.

Wir Politiker müssen, die Politik muss Einkommen und Wohlstand schaffen. Wir müssen bei der Polizei, bei der Exekutive, die wirklich fleißig arbeitet, sofort mindes­tens 3 000 Planstellen schaffen. Wenn die Politik daran denkt, in Lienz etwas zu tun, dann gibt es sehr viel zu tun, denn unsere Gemeindeführung der letzten Jahrzehnte hat geschlafen!

Was wir dringend bräuchten, wäre eine Umfahrung Lienz-Sillian. Wir müssten das Bundes­konvikt rehabilitieren, es sofort öffnen, wir müssten Fachhochschulen ein­richten. Osttirol ist mit dem großen Einzugsgebiet von Südtirol, Oberkärnten und dem Salzburger Pinzgau eine Region, in der mindestens 250 000 Leute die Fachhoch­schulen als Angebot nützen könnten. Aber da versagt die Politik massivst! Anstatt dass man Politik mit Herz, Hausverstand und Hirn macht, wird geschwollen geredet, werden Lippenbekenntnisse gemacht. Niemand soll Ängste schüren, man soll über alles ganz ruhig reden, man soll über alles diskutieren können.

Viel wichtiger wäre es mir gewesen, wenn ich von meinen Kollegen von der ÖVP in Tirol gehört hätte, wie man die Kriminalität in Tirol bekämpft. (Abg. Mag. Wurm: Die ist zurückgegangen!) Wenn man sie nur so bekämpft, Frau Kollegin Wurm, wie in dem Fall vom 23. Jänner, als ein Mädchen von Marokkanern zwölf Stunden lang verge­waltigt wurde: Wie werden die eingesperrt? – Bitte, ich habe das aus einer Anfrage: Sie bekommen psychologische Betreuung in Hall in Tirol, und dort kostet einer dieser Vergewaltiger täglich so viel, wie ein Tiroler im Monat an Rente bekommt!

Dann reden Sie hier groß und machen Lippenbekenntnisse. Wir brauchen Taten, aber nicht große Worte und Schlaf in der Politik! (Beifall beim BZÖ.)

12.54

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


12.54.46

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Frau Bundes­ministerin, wenn man die heutige Diskussion bis jetzt angehört hat, dann kann man sagen: Es kann keine bessere Bestätigung geben für Ihre gute, konsequente, harte, aber auch menschliche Arbeit für die österreichische Sicherheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man gehört hat, was die Oppositionsparteien geredet haben, sehr viele Worte unter der Gürtellinie, den einen viel zu weich, den anderen viel zu hart – die Fakten sind, dass Österreich, neben dem Bundesland Bayern, zu den sichersten Ländern der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 92

Welt gehört. (Beifall bei der ÖVP.) Dafür, dass es so ist, möchte ich mich ganz beson­ders bei den Polizisten für die gute und verantwortungsvolle Arbeit herzlich bedanken! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir wissen aber auch, dass Österreich ein Tourismusland ist. Wenn wir uns in der Welt umhören und mit den Gästen darüber reden, warum sie so gerne nach Österreich kommen, sagt fast jeder: Weil Österreich ein sicheres Land ist, weil ich bei Tag und bei Nacht ganz in Ruhe unterwegs sein kann und eigentlich nie Angst zu haben brauche! – Ich glaube, das ist auch eine Verpflichtung.

Frau Bundesministerin Dr. Fekter, noch einmal recht herzlichen Dank für Ihre kon­sequente, harte, aber auch menschliche Arbeit im Sinne Österreichs und auch im Sinne des Tourismusstandortes Österreich, was ja, wie gesagt, sehr stark zum Wohl­stand und zum Tourismus bei uns beiträgt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.56

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst erfolgt die Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Pyrotechnikgesetz 2010 erlassen und das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird, in 430 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Kößl, Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein von Abgeordnetem Brosz eingebrachtes Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich des eben erwähnten Abänderungsantrages vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile ent­sprechend dem Verlangen auf getrennte Abstimmung und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zunächst zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Pendl, Kößl, Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen zum Pyrotechnikgesetz 2010.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Ange­legenheiten, seinen Bericht 432 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 93

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die polizeiliche Kooperation mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und dem Europäischen Polizeiamt (Europol) erlassen sowie das Polizeikooperationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 431 der Bei­lagen.

Wenn Sie hiefür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Ange­legen­heiten, seinen Bericht 433 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie hiefür sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 434 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung des Lehrberufes „Polizei­beamter“ – Einführung eines Ausbildungsmodells „Polizeipraktikant“.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 435 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie hiefür sind, bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

13.00.257. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 457/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haftbedingungen in den in der Volksrepublik China Laogai (Umerzie­hungs­lager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) genannten Gefangenenlagern (351 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


13.01.01

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Zuseher! Es ist löblich, wenn wir uns für die Einhaltung von Haft­bedingungen einsetzen. Aber der gegenständliche Antrag greift nach unserer Ansicht doch etwas zu kurz. Gerade ein neutrales Land wie Österreich muss sich ansehen, wo


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die größten Probleme in der Welt sind, und darf nicht allein das zweit- oder drittgrößte Problem herausgreifen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf nur darauf hinweisen: Die Volksrepublik China hat, wie Sie im Antrag sagen, 1,2 Millionen, 1,3 Millionen, heute schon 1,5 Millionen Häftlinge, einen Großteil davon in diesen Lagern. Aber der Staat mit den bei Weitem meisten Gefangenen weltweit sind die USA, die 2008 allein 2 320 000 Gefangene hatten, 2 320 000 bei einer viermal kleineren Bevölkerung! Wenn man es umlegt, bedeutet das, dass die USA bei 305 Mil­lionen Einwohnern 738 Gefangene auf 100 000 Einwohner haben, China etwa 118, also um fünfmal weniger.

Die Gefängnisse in den USA sind für etwa 1 Million bis 1,2 Millionen Insassen gebaut; tatsächlich sind es heute 2,32 Millionen. Von den dortigen Insassen sind – darüber gibt es verschiedene Schätzungen – zwischen 20 und 40 Prozent entweder Hepatitis-C- oder HIV-positiv, weil sie zu etwa 20 bis 25 Prozent Opfer von Vergewaltigungen beziehungsweise sexuellem Missbrauch werden. Gefängnisse über die ganzen USA, vor allem in Kalifornien und Oregon, praktizieren faktische Zwangsarbeit; Textilien aus diesen Gefängnissen werden nach Asien exportiert.

Das ist nur ein kleiner Überblick. Ich möchte das Amerika-Streiflicht mit dem Hinweis schließen, dass von den 25- bis 30-jährigen männlichen schwarzen Amerikanern nicht weniger als etwa 10,5 Prozent in Haft sind; 10,5 Prozent in Haft – im Gegensatz dazu sind es bei der gleichen Gruppe der Weißen 1,3 Prozent. Jetzt kann man sagen, das ist Zufall, man kann sagen, die Schwarzen sind selbst schuld, man kann sagen, es ist Rassismus, aber jedenfalls ist es ein Problem.

Wir wollen daher einen objektiven Antrag und schlagen Folgendes vor:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf diplomatischem Wege dafür einzu­setzen, die Informationslage über Umerziehungslager und Haftbedingungen weltweit zu verbessern und von betroffenen Staaten die Einhaltung menschenwürdiger Haft­bedingungen einzufordern.‘“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.03

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend Informationslage über Haftbedingungen,

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 7 Bericht des Ausschusses für Menschen­rechte über den Antrag 457/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haftbedingungen in den in der Volksrepublik China Laogai (Umerziehungslager, wörtl. Umerziehung durch Arbeit) genannten Gefan­genenlager (351 d.B.) in der 46. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 19. November 2009


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Nicht nur in China, auch in vielen anderen Staaten dieser Welt gibt es fragwürdige Haftbedingungen und Haftgründe. So gibt es beispielsweise in China ungefähr 1,4 Mio. Häftlinge, es kommt also ein Häftling auf etwa 950 Einwohner, von diesen 1,4 Mio. Häftlingen sind 400 000 Insassen in der sogenannten Administrativhaft. In den USA ist das Verhältnis ein Häftling auf 143 Einwohner, in der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise nur ein Häftling auf 1357 Einwohner.

Daraus lässt sich erkennen, dass es eben nicht nur in China, sondern insbesondere in den USA aufklärungsbedürftige Bedingungen vorherrschen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf diplomatischem Wege dafür einzu­setzen, die Informationslage über Umerziehungslager und Haftbedingungen weltweit zu verbessern und von betroffenen Staaten die Einhaltung menschenwürdiger Haft­bedin­gungen einzufordern.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.03.49

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Kampf für die Menschenrechte ist ein vielfältiger: Kampf gegen Folter, Bekämpfung von Hunger und Unterernährung, Kampf für den Zugang zu Bildung und gegen Kinderarbeit.

Österreich hat bei diesen Einsätzen für Menschenrechte eine sehr gute Tradition und kann an wirklich vorzeigbares, engagiertes Handeln anschließen. Ich darf zwei Bei­spiele besonders erwähnen, jenes der österreichischen Botschaft in Prag von 1968 – es ist Ihnen bekannt –, und zum Zweiten das Engagement für die Menschenrechte in Lateinamerika.

Heute behandeln wir im Plenum mehrere Punkte des Menschenrechtsausschusses, und ich möchte auf die Umerziehungslager in der Volksrepublik China eingehen. Die Forderung der Schließung dieser Lager entspricht unserer Haltung. Dauerberieselung mit Losungen soll den Willen brechen, „Umerziehung durch Arbeit“ wird es genannt. (Abg. Dr. Königshofer: Woher wissen Sie das?) Dies widerspricht den Menschen­rechten, und daher kommt die internationale Forderung nach Schließung dieser Lager.

Meine Damen und Herren! Der Menschenrechtsdialog der Volksrepublik China mit Europa ist zu begrüßen und auszubauen. Gleichwohl ist auch die Unterstützung von inhaftierten und diskriminierten Menschenrechtsaktivisten wichtig. Wirtschafts­interes­sen und das Eintreten für Menschenrechte schließen einander oftmals nicht aus, sondern fördern meist die gegenseitige Wertschätzung und den Respekt der Kulturen. Die heurige Frankfurter Buchmesse mit China als Ehrengast hat in Deutschland in einer Fülle von Kommentaren Kritik geerntet. Viele stellen die Frage: Wäre es nicht besser gewesen, die chinesische Literatur in den Mittelpunkt zu rücken, nicht die Volks­republik China?

Meine Damen und Herren! Zum Schluss möchte ich den Österreicherinnen und Öster­reichern, die in Menschenrechtsorganisationen ehrenamtlich tätig sind, meine hohe Wertschätzung und Anerkennung aussprechen. Für uns Sozialdemokratinnen und


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Sozialdemokraten sind die Menschenrechte ein zentrales Anliegen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grosz. Wunschgemäß eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.06.36

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich darf zunächst eine Gruppe von Gemeindevertretern aus dem Bezirk Villach recht herzlich unter uns begrüßen (demonstrativer Beifall des Abg. Ing. Westenthaler), und auch einen Apo­thekervertreter aus der Südsteiermark, aus Deutschlandsberg.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege von den Freiheitlichen! Das Perfekte ist immer der Feind des Guten, das wissen wir schon. Ich hätte mir auch von der freiheitlichen Fraktion erwartet, dass sie sich bereits im Vorfeld den Kopf darüber zerbricht, wie man hier nicht nur den Antrag unterstützt, sondern wie man selbst­verständlich für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit agiert. Darüber habe ich im Menschenrechtsausschuss nie etwas gehört. Aber es freut mich, dass die späte Einsicht nunmehr da ist, denn auch sie ist eine Einsicht.

Es geht in diesem Antrag – und ich bin sehr froh darüber, dass er die Zustimmung aller Parteien findet – um die Haftbedingungen, um die Verbesserung der Haftbedingungen, aber auch um die Information über diese Umerziehungslager in China, die sich „Laogai“ nennen und die Millionen von Toten, jährlich den Tod von 280 000 Menschen durch die Umsetzung, durch die Verurteilung, durch die Todesstrafe verursacht haben. (Abg. Dr. Königshofer: Woher haben Sie diese Zahlen?) Es gibt unglaubliche Haft­bedingungen in China, es gibt Menschenrechtsbrüche am laufenden Band.

Daher bin ich der Meinung, dass hier auch dieser Nationalrat eine klare Haltung ein­nehmen muss. Es ist mir schon bewusst, dass es die Linie des einen oder anderen ist: Was sollen wir uns hier in diesem kleinen Österreich Gedanken darüber machen, was in diesem weiten China passiert? – Aber solange unsere Regierungsmitglieder und Politiker nach China reisen, solange die Volkswirtschaft in Österreich mit der chinesi­schen ein Geschäft macht, solange die Wirtschaft globalisiert ist und solange wir wissen, dass es auch kleine Funken in der Geschichte waren, die Großes verändert haben, ist es notwendig, hier im Nationalrat einen klaren Standpunkt einzunehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Vor einer Woche haben wir alle 20 Jahre Mauerfall gefeiert: 20 Jahre Mauerfall, den Zusammenbruch der DDR, eines autoritären Regimes, den nachfolgenden Zusammen­bruch des Ostens und der kommunistischen Regime. Es waren meistens kleine Funken, die dazu geführt haben, dass ein weltweites Umdenken stattgefunden hat.

Ich weiß, dass dieser Antrag jetzt leider nicht dazu führen wird, aber ich bin mir sicher, dass wir mit dem Antrag, der die Unterstützung aller Fraktionen findet, dass wir mit meinem Antrag ein Umdenken auslösen (Zwischenrufe bei der ÖVP), auch ein Um­denken in der klaren Sprache des offiziellen Österreich. Denn: Das, was in diesem Antrag formuliert ist, muss auch in die Sprache der offiziellen Vertreter unseres Landes gegenüber der Volksrepublik China Eingang finden: dass wir bei jeder Gelegenheit auch darauf aufmerksam machen, dass wir als Demokratie im Herzen Europas des 21. Jahrhunderts es nicht dulden, dass es in einer globalisierten Welt Staaten gibt, die nach wie vor Menschenrechtsverbrechen begehen, die die Todesstrafe haben, die un­würdig mit Menschenleben verfahren, die sich Haftanstalten halten (Abg. Dr. Königs­hofer: Guantánamo!), die weder etwas mit Recht noch mit Justiz noch mit Haft zu tun haben.


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Ich frage mich, warum Sie da hinten aus der vorletzten Reihe der Freiheitlichen sich so echauffieren. Sind Sie, ich weiß nicht, der Ober-Lobbyist für Hafterziehungslager in China, oder was? Was haben Sie dagegen? Was haben Sie dagegen, wenn Ihr eigener Kollege eine gleiche Sicht hat? (Abg. Dr. Königshofer: Woher haben Sie Ihre Informationen?) Was regen Sie sich denn da auf? Sind Sie der Chefverteidiger aller Hafterziehungsanstalten in China? – Das hoffe ich wohl nicht! Denn Sie schauen auch einem KP-Direktor nicht einmal ähnlich, der irgendwo in Peking sein Unwesen treibt; das hat nicht einmal der verdient, dass er mit Ihnen verglichen wird. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass dieser Antrag die Zustimmung findet. Ich freue mich, dass wir von diesem Plenum, von diesem Nationalrat aus ein Signal setzen, in Zukunft unsere Menschenrechtspolitik gegenüber solchen Regimen verbessern und auch eine härtere Gangart gegenüber jenen Ländern einschlagen werden, die sich nicht an Demokratie und Rechtsstaat halten können. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter dazu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.10.57

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Schätzungen sind in den Laogai-Lagern seit 1949, seit der Chinesischen Revo­lution, rund 50 Millionen Menschen inhaftiert worden, davon ein Drittel in diesen Lagern zu Tode gekommen. Man muss sich einmal vor Augen halten, was diese Lager sind. Dort kommen Menschen ohne Urteil hin, sie haben dort keine Gesundheitsversorgung und sind der Zwangsarbeit ausgesetzt. Wenn jemand krank wird, kommt er in die Nebenbaracke zum Sterben, ohne Versorgung.

Die Menschen werden einer Gehirnwäsche unterzogen. Der Arbeitstag schaut so aus: 16 Stunden Arbeit, 7 Tage die Woche. Bedauerlicherweise landen die Produkte dieser Zwangsarbeit dann auch auf europäischen Märkten. Dass wir hier entschieden dage­gen auftreten, ist ein wichtiger Schritt. Kollege Kirchgatterer hat gesagt, er ist – wo ist er? – für die Schließung dieser Lager. Da verstehe ich nicht, warum er das dann in diesem Antrag nicht festhält, denn dieser Antrag – und wir haben das schon im Aus­schuss sehr lange diskutiert – hat zwar eine richtige Intention, ist aber relativ stumpf. Was fordert er? – Er fordert verbesserte Haftbedingungen in den Laogai-Lagern – Laogai-Lager sind Umerziehungslager –, und er will, dass in diesen Umerziehungs­lagern die Haftbedingungen menschenwürdiger werden. Umerziehung kann nicht men­schenwürdig sein, Umerziehung ist immer menschenunwürdig. Insofern hätte man in diesem Text durchaus klarer sein und die Schließung dieser Lager fordern können.

Der deutsche Bundestag hat so eine Resolution verabschiedet. Er hat eine ganz klare Sprache gefunden. Die Zustände in den Laogai-Lagern werden verurteilt und die Volksrepublik China zu deren Schließung aufgefordert. Das wäre auch ein sinnvoller Antrag für das österreichische Parlament gewesen, aber offensichtlich traut sich die Österreichische Volkspartei ja nicht einmal einen Redner herauszuschicken, weil man Angst hat, dass dann der chinesische Botschafter wieder anruft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.12

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Der Herr Berichterstatter hat auf ein Schlusswort verzichtet.


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Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 351 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Einstimmig angenommen. (E 60.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informationslage über Haftbe­dingungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

13.13.518. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 756/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Folterung und Todesfälle Oppositioneller in iranischen Gefängnissen (352 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.14.20

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte zunächst einmal für das Protokoll fest: Im Menschenrechtsausschuss am 7. Oktober wurden zu unserem Bedauern alle freiheit­lichen Anträge, die die Heimatvertriebenen betroffen haben, abgelehnt. Dies betraf einen Antrag betreffend geforderte Maßnahmen gegenüber den tschechischen Beneš-Dekreten, den ich eingebracht habe. Das hat aber auch die Anträge betroffen, die Kol­lege Haimbuchner, damals noch Nationalratsabgeordneter, heute Landesrat in Ober­österreich, eingebracht hat zu den Themen „Gedenktag für die Heimatvertriebenen“ und Unterstützung der „Triester Erklärung“, die ebenfalls die Heimatvertriebenen ausgearbeitet haben.

Diese drei freiheitlichen Anträge wurden im Ausschuss abgelehnt. Es ist auffallend, dass sich die Regierungsfraktionen und ihre Abgeordneten, aber auch einige Opposi­tionsparteien offenbar lieber für die Rechte aller anderen einsetzen als für die Rechte der Österreicher, insbesondere unserer Heimatvertriebenen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Nun zum vorliegenden Antrag: Im Jahre 1776 wurde in Österreich die Folter von Maria Theresia abgeschafft, und zwar unter maßgeblichem Einfluss ihres Ratgebers, des Barons von Sonnenfels, der sich einmal selbst als „österreichischer Gotthold Ephraim Lessing“ bezeichnet hat.

Meine Damen und Herren, wir sind uns in diesem Hause über alle Fraktionsgrenzen hinweg darin einig, dass Folter ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Geständ­nisse, die unter Anwendung von Folter zustande gekommen sind, sind nichts wert; das wissen wir in Mitteleuropa seit den Hexenprozessen, seit der Inquisition. Es ist aber bekannt, dass in vielen Teilen der Welt auch heute noch gefoltert wird. Die Vorwürfe richten sich aber nicht nur gegen den Iran, wie das die Grünen in diesem Antrag festgehalten haben, sondern wir müssen, auch das gehört zur Wahrheit, aussprechen, dass auch in Guantánamo gefoltert wurde. Das war dieses berühmte Waterboarding, über das von den Fernsehanstalten berichtet wurde. Folterungen hat es auch in Abu


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Ghraib gegeben. In der Vergangenheit hat es aber auch Vorwürfe von Folter gegen­über Kurden in türkischen Gefängnissen gegeben.

Gegen all diese Gewaltmaßnahmen – ob sie nun in Diktaturen, halbdemokratischen oder sogenannten demokratischen Staaten der freien westlichen Welt stattfinden – muss man sich im Namen der Humanität zur Wehr setzen, denn die Menschenrechte sind unteilbar und gelten für alle Menschen auf dieser Welt. (Beifall bei der FPÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Plessl. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.17.35

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Außenminis­ter! Herr Kollege Kurzmann, diese Anträge wurden nicht abgewiesen, sondern vertagt. Das ist ein Unterschied! Das wollte ich nur kurz festhalten, weil Sie von Ablehnung gesprochen haben. Die Anträge wurden nicht abgelehnt, sie wurden vertagt. (Abg. Weinzinger: Das ist ein Begräbnis erster Klasse!)

Die letzte Präsidentenwahl im Iran am 12. Juni 2009 hat sowohl im Iran selbst als auch in der ganzen Welt zu friedlichen Kundgebungen und Protesten gegen den Ausgang der Wahl geführt. Im Iran selbst kam es immer wieder zu massivem Vorgehen von Polizei und Militär gegen Demonstranten, wobei laut staatlichen Angaben mindestens 26 Menschen ums Leben kamen. Ich möchte dazu nur den Tod der Studentin Neda in Erinnerung rufen, die auf offener Straße erschossen wurde. Zusätzlich kam es zu massiven Verhaftungswellen. Es wird von insgesamt 4 000 OppositionsanhängerInnen in iranischen Gefängnissen gesprochen. Es sollen angeblich nur 3 700 wieder frei­gelassen worden sein. Das Schicksal und der Verbleib der restlichen Gefangenen sind nicht bekannt und noch nicht abgeklärt, geschweige denn von unabhängiger Stelle geprüft worden.

Wirklich erschreckend sind Aussagen der Freigelassenen, die von systematischer Folte­rung auf Polizeistationen und in Gefängnissen berichten, um Geständnisse zu erzwingen. Gleichzeitig wird Oppositionellen und Andersdenkenden reihenweise der Prozess gemacht. In diesem Zusammenhang möchte ich den UN-Sonderbericht­erstat­ter für Folter, Professor Nowak, zitieren, der gesagt hat, dass gegen Menschen mit erzwungenen Geständnissen Show-Prozesse durchgeführt würden.

Herr Außenminister, Sie haben bei mehreren Gelegenheiten im UN-Sicherheitsrat, beim Treffen mit Ihrem iranischen Amtskollegen Mottaki oder beim Zitieren des irani­schen Botschafters ins Außenministerium klare Worte gefunden und eingefordert. Es ist sehr wichtig, hier die Vorreiterrolle Österreichs auszubauen und unseren engagier­ten Weg fortzusetzen.

Ich möchte Ihnen gratulieren, Herr Außenminister, zum Handbuch für Menschenrechte, das Ihr Haus erstellt hat und das bereits in vielen Sprachen aufliegt. Es ist unver­zichtbar, das Bewusstsein für Menschenrechte auch in anderen Menschen zu wecken.

Heute treffen wir eine Entscheidung in einem wichtigen Bereich. Wir haben mit diesem Entschließungsantrag ganz klar Position bezogen, denn klaren Worten müssen auch klare Taten folgen. Wir ersuchen Sie und laden Sie ein, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Ing. Kapeller. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 100

13.20.25

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister Dr. Spindelegger, auch ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bedan­ken für Ihr engagiertes und deutliches Eintreten für Menschenrechte dort, wo sie verletzt werden. Ich denke, dass gerade wir in diesem Haus auch Zeichen für alle setzen sollen, egal wo es zu Folterungen und Misshandlungen, Verfolgungen oder Diskriminierungen kommt, dass wir in einer hoch entwickelten Demokratie, aufgrund unseres humanitären Selbstverständnisses dagegen auftreten müssen. Wenn wir die Praxis in diesem Hause betrachten, wie gerade Oppositionsparteien ihr Recht als Opposition wahrnehmen können, müssen wir sagen, wir alle sind verpflichtet, diese oppositionellen Rechte oder Rechte von Oppositionellen auch dort wahren zu helfen, wo sie nicht gewährleistet sind, wie eben derzeit ganz massiv im Iran.

Ich denke daher, dass es gut wäre, wenn gerade auch in diesem Hause alle Oppo­sitionsparteien bei solchen Initiativen mitmachten, denn genau wir in dieser ausge­prägten österreichischen Demokratie sind Nutznießer dessen, was bei uns möglich ist und was leider Gottes im Iran vielen politisch Tätigen, die nicht auf Regierungslinie sind, unmöglich gemacht wird.

Das möchte ich Sie bitten, das möchte ich in unser aller Namen von Ihnen einfordern, und ich erwarte auch eine entsprechend breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.22.03

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Dr. Spindelegger, ich möchte Ihnen noch gratulieren zum UN-Vorsitz, den Sie meiner Ansicht nach wirklich phänomenal gemeistert haben. Kompliment! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Antrag der Kollegin Korun: Ich glaube, dass uns allen noch die Vorgänge nach den Wahlen im Iran vor Augen sind, wie dort die Menschenrechte mit Füßen getreten worden sind, wie die Oppositionellen verfolgt worden sind. Uns Oppositionel­len in Österreich geht es Gott sei Dank wesentlich besser. Hier wird man nicht verfolgt. Man wird teilweise in verschiedenen Bereichen überwacht, wie wir das vom Telefon des Herrn Westenthaler wissen, aber so schlimm wie dort geht es bei uns nicht zu.

Ich möchte auch eines noch ansprechen: Wir alle haben noch die Bilder im Kopf, dieses erschossene Mädchen bei den Demonstrationen oder Demonstrations­bewegun­gen – eine sehr schlimme Sache.

Wenn ich hier lese: Folter in den Gefängnissen, 4 000 Personen wurden inhaftiert, 3 700 wurden wieder enthaftet, haben von gewaltigen Misshandlungen berichtet und 300 Oppositionelle werden immer noch festgehalten, so muss ich sagen, dass es schon wichtig ist, dass nicht nur Europa, sondern auch die internationale Staaten­gemeinschaft auf den Iran entsprechenden Druck ausübt.

Menschenrecht ist ein wichtiges Recht. Was mich jedoch bedenklich stimmt, ist, dass gerade Sie, Frau Korun, die Sie hier immer wieder drauflosdonnern, Leute schützen, die dieses Menschrecht auf Asyl in Österreich missbrauchen, und zwar ganz bewusst missbrauchen.

Dazu muss man schon einmal klarstellen, dass wir in Österreich die Menschen­rechtscharta in der Verfassung haben und dass Österreich natürlich ein beliebtes Asylland ist. Unter dem Motto „Ich werde politisch verfolgt!“ wird hier Asylmissbrauch


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betrieben. Es kommen Gewalttäter, deren Taten in ihrem Heimatstaat eine gerichtliche Strafverfolgung nach sich ziehen. Sie flüchten nach Österreich unter dem Vorwand, sie würden politisch verfolgt, begehen hier ein Verbrechen nach dem anderen und wissen genau, dass sie aufgrund dieser Menschenrechtscharta in unserer Verfassung nicht mehr abgeschoben werden können. Das muss man den Menschen auch einmal sagen.

Dieser Antrag ist unterstützenswert und wird von uns auch unterstützt, aber solche Sachen, die Sie verteidigen, Frau Korun, sind abzulehnen. (Beifall beim BZÖ.)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.25.01

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! (Abg. Dr. Stummvoll: Entschuldigen Sie sich!) Zu meiner vorigen Rede: Sollte der Eindruck entstanden sein, als würde ich die Jetztzeit mit dem Nationalsozialismus vergleichen oder gar gleichsetzen, so war das von mir nicht beabsichtigt. Ich möchte gleichzeitig festhalten, dass Gesetze natürlich niemals über der Menschlichkeit stehen dürfen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum vorliegenden Entschließungsantrag der Grünen, dem sich die meisten Fraktionen im Menschenrechtsausschuss anschließen konnten, was uns sehr freut, möchte ich anmerken, dass die Situation im Iran, wie einige meiner Vorredner auch schon zur Sprache gebracht haben, leider nach wie vor sehr, sehr kritisch ist. Diese Woche waren Vertreter von kurdischen Oppositionsgruppen aus dem Iran bei mir zu einem Gespräch und haben mir mitgeteilt, dass gerade elf kurdische Jugendliche, die es „gewagt haben“, gegen die Politik der iranischen Regierung und gegen die Wahl­verfälschung bei der letzten Wahl zugunsten von Präsidenten Ahmadinejad auf die Straße zu gehen und zu protestieren und Menschenrechte und Demokratie einzufor­dern, zum Tode verurteilt worden sind und auf ihre Hinrichtung warten.

Es geht also um eine massive Verletzung der Menschenrechte, um massive Verlet­zungen, und um die Verneinung des Rechts auf Leben, das ja das fundamentalste Men­schenrecht ist. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das gilt dann wohl auch für die Abtrei­bungsdebatte! – Abg. Dr. Hübner: Und wie halten Sie es mit der Abtreibung?) – Danke vielmals für diese „konstruktiven“ Einwürfe, sehr geehrte Kollegen!

Das Menschenrecht auf Leben ist sicher das fundamentalste Menschenrecht. Wir stehen natürlich dazu. Es kann nicht so sein, dass die demokratischen Staaten zu­sehen, wie im Iran Oppositionelle verfolgt werden, willkürlich festgenommen werden, in natürlich nicht fairen Verfahren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden. Im Falle dieser elf inhaftierten kurdischen Iranern und Iranerinnen ist festzuhalten, dass das Jugendliche sind, die zuerst langjährige Haftstrafen erhalten haben, und als sie es gewagt haben, dagegen zu berufen, wurde zuerst einer von ihnen zum Tode verurteilt und anschließend hingerichtet, ein 18-Jähriger mit dem Namen Ehsan Fattahian, und elf weitere warten sozusagen auf ihre Hinrichtung.

Es freut uns, dass es Konsens war im Menschenrechtsausschuss, dass auch die österreichische Regierung und das österreichische Parlament tätig werden müssen gegen Menschenrechtsverletzungen, selbstverständlich auch weltweit, auch inter­national. Und es freut uns sehr, dass sich eine große Mehrheit dafür ausgesprochen hat, dass Österreich auch in dieser Frage im UN-Sicherheitsrat eine aktive Rolle spielen soll und auf mehreren Ebenen, in bilateralen Gesprächen, in internationalen Gesprächen, aber auch auf der Ebene der UNO versucht, Druck in die Richtung


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auszuüben, damit Menschenrechte und Demokratie im Iran auch durchgesetzt werden können. Danke an alle Fraktionen für die Unterstützung bei diesem Anliegen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter verzichtet auf ein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 352 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen. (E 61.)

13.29.049. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 773/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungsfreiheit und Men­schen­rechtsverteidigerInnen (354 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 774/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Großruck, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat (355 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 772/A(E) der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel (353 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Hagenhofer. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.30.24

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Glaubens- und Gewissensfreiheit sind Grund­rechte, die nicht nur in der österreichischen Rechtsordnung im Staatsgrundgesetz ver­ankert sind, sondern die grundsätzlich für alle Menschen gelten sollen.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir im Menschenrechtsausschuss einen einstim­migen Entschließungsantrag verabschieden konnten, der sich damit beschäftigt, dass jene christliche Glaubensgemeinschaft, nämlich die christlichen Assyrer – mir hat der Bischof der Glaubensgemeinschaft geschrieben, sie nennen sich jetzt Aramäer –, in der Türkei sehr stark unterdrückt wird und dass Gefahr besteht, dass ihr Kloster, das Kloster Mor Gabriel, durch den Staat enteignet werden könnte.


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Ich möchte einige Worte zu den Assyrern oder Aramäern sagen. 1960 waren es zumindest noch mehrere zehntausend Menschen, die als syrisch-orthodoxe Christen in der Türkei gelebt haben, und heute sind es nach Informationen nur noch sehr, sehr wenige. Das heißt, sie wurden vertrieben und mussten flüchten.

Das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel ist eines der wenigen verbliebenen christ­lichen Zentren in der Türkei. Daher ist es auch ein solch großes Anliegen, dass den Assyrern oder Aramäern, wie der Bischof bittet, sie zu nennen, dieses Zentrum er­halten bleibt, weil sie nur dort in diesem Bereich ihren Glauben auch entsprechend ausleben und verbreiten können.

Ich habe eingangs schon gesagt, dass das ein einstimmiger Entschließungsantrag war, und ich möchte auch Herrn Bundesminister Spindelegger dafür danken, dass er – er hat es uns im Ausschuss schon gesagt, und wir alle können es immer wieder in den Medien lesen – bei all seinen Besuchen dieses Thema mit der Türkei angesprochen hat. Er hat uns im Rahmen einer Anfragebeantwortung – die Anfrage haben wir im April gestellt – auch mitgeteilt, dass die österreichische Botschaft kürzlich berichtet hat, dass Abgeordnete der regierenden AKP-Fraktion derzeit im Auftrag von Minister­präsident Erdogan um eine einvernehmliche Lösung bemüht sind.

Wir begrüßen diese Schritte und sagen Ihnen, Herr Bundesminister, vielen, vielen Dank dafür, dass Sie diese Entschließungen immer wieder aufnehmen und auch ent­sprechend verfolgen.

Einige Worte noch zur Glaubens- und Gewissensfreiheit im Zusammenhang auch mit dem nicht rechtskräftigen Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, das am 3. November 2009 gefällt wurde und das die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern abspricht, und zwar insofern, als dem Urteil die Tendenz zugrunde liegt, Religiöses zurückzudrängen, weil die Präsenz religiöser Symbole breite Kritik ausgelöst hat.

Ich glaube, auch da müssen wir eine Lösung finden, dass wir Dinge, die bei uns in der Verfassung festgeschrieben sind, im Grundrecht festgeschrieben sind, auch weiterhin erhalten, dass wir auch weiterhin gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unsere klare und auch völkerrechtliche Haltung vertreten, damit derartige Urteile nicht so ausufern, dass letztendlich dann die Glaubensfreiheit eigent­lich wieder eingeschränkt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Plassnik. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.35

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte ein paar Worte zur UNO-Sicherheitsrats­resolution 1894 sagen.

Wir erleben es ja immer wieder in den erschütternden Bildern, die über das Fernsehen zu uns kommen, wir sehen in Gaza, in Darfur, in Afghanistan, in Georgien immer wie­der vergleichbare Bilder: die Zivilbevölkerung, die unter bewaffneten Konflikten leidet.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung ist in der Realität dramatisch. Das Rote Kreuz schätzt, dass im Ersten Weltkrieg 5 Prozent Zivilbevölkerung unter den Opfern waren, heute, so die Schätzungen des Roten Kreuzes, sind es 95 Prozent. Es besteht also dringender Handlungsbedarf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 104

Ich darf Ihnen, Herr Außenminister, und Ihrem Team meine persönliche Anerkennung aussprechen, und ich gehe davon aus, dass das von allen Fraktionen des Hauses geteilt wird. Sie haben mit dieser Sicherheitsratsresolution während des österreichi­schen Vorsitzes jetzt im Sicherheitsrat wirklich ein Zeichen gesetzt, ein viel beachtetes, ein notwendiges, ein dringendes Zeichen. Wir danken Ihnen dafür. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich kommt es jetzt auf die Umsetzung an. Da liegt noch ein langer Weg vor uns allen, aber Sie haben viel beigetragen zur Schaffung einer Art globalen Rechtskultur und einer effizienteren Schutzkultur insgesamt. Das ist uns allen ein gemeinsames Anliegen. Jetzt wird der UNO-Generalsekretär das Seine beitragen zu den friedens­erhaltenden Operationen der UNO, denn hier müssen sich UNO und Europäische Union durchaus auch an der Nase nehmen.

Ich rege an, dass man auf der europäischen Seite mit dem Hohen Vertreter, sobald er/sie bestimmt ist, gleich Kontakt aufnimmt und auch anregt, dass bei EU-Missionen diese Sicherheitsratsresolution entsprechend eingearbeitet wird. Sie muss in der Praxis umgesetzt werden. Das fügt sich im Übrigen als Mosaikstein sehr gut ein in die Arbeit, die wir alle gemeinsam geleistet haben, etwa mit den Leitlinien der Europäischen Union für die Behandlung von Frauen und Kindern, denn in Konfliktsituationen sind es ja in erster Linie die Frauen und die Kinder, die da zu Schaden kommen, die Opfer werden.

Das Ziel dieser Sicherheitsratsresolution, meine Damen und Herren, ist es, die Straf­losigkeit zu stoppen für Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, gegen Zivilisten. Das ist ein hohes, ein anspruchsvolles Ziel, eines, zu dem man sich leicht bekennen kann, dessen Umsetzung und Gewährleistung in der Realität jedoch sehr, sehr schwierig, sehr, sehr anspruchsvoll ist. Wir wissen auch das.

Wir brauchen ein beharrliches Aneinanderfügen von Mosaiksteinchen in der Friedens­arbeit, in der internationalen Gemeinschaft. Aber wir dürfen hier nicht nachlassen, wir dürfen nicht aufgeben, und ich bin überzeugt davon, dass Österreich hier auch im Sinne der Vierten Genfer Konvention über Zivilpersonen in Kriegszeiten handelt. Wir haben erst vor Kurzem, vor wenigen Tagen des 60. Jahrestages dieses Meilensteines des humanitären Völkerrechts gedacht. Also auch da eine große Tradition, die es zu wahren und weiterzuentwickeln gilt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.09

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei wird alle drei Anträge unter­stützen. Als eine Partei, die sich auch auf die Traditionen des sogenannten Sturm­jahres 1848 beruft, als nämlich Studenten und Arbeiter gemeinsam auf den Wiener Barrikaden für die Grundrechte gekämpft haben, für die Meinungs- und Pressefreiheit eingetreten sind, wollen wir, dass diese Rechte natürlich jedem Menschen überall in der Welt zustehen. Mich hat allerdings gewundert, wie fast selbstverständlich vor wenigen Tagen der US-amerikanische Präsident Obama, der das Erbe seines Vorgän­gers ja noch nicht beseitigt hat, wenn wir etwa an Guantánamo denken, in China den Moralapostel gespielt hat.

Für wichtig halten wir auch den Antrag, der den Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat garantieren soll. Ich wünschte, es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 105

hätte diese Bestimmung schon früher gegeben, dann hätte es diese vielen Morde an Sudetendeutschen nicht gegeben, dann hätte es all die Gräueltaten nach 1945 im Bereich der heutigen Tschechoslowakei, des Sudetenlandes, nicht geben können.

Der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat ist sicher ein vorrangiges Ziel der österreichischen Außenpolitik, das wir vollinhaltlich unter­stützen. Die Vergangenheit, nämlich die bewaffneten Konflikte am Balkan vor einigen Jahren, mit all ihren Vertreibungen, damals verniedlichend als „ethnische Säu­berungen“ bezeichnet, aber auch die Bombardierung von Zivilisten durch US-amerika­nische Kampfflugzeuge im Kosovo haben uns sehr deutlich gezeigt, wie drängend dieses Problem auch in Europa ist. Aber auch in Afrika leidet die Zivilbevölkerung unter den häufigen Kämpfen zwischen sogenannten Regierungstruppen und sogenannten Rebellenarmeen; eines der Beispiele dafür wäre der Tschad.

Dass wir Freiheitliche aus Überzeugung auch die Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei unterstützen, ist für uns selbstverständlich, denn man kann nicht auf der einen Seite Moscheen in christlich geprägten Staaten Europas bauen lassen, christliche Min­derheiten in der Türkei dann aber sich selbst überlassen. Toleranz, meine Damen und Herren, ist unserer Überzeugung nach keine Einbahnstraße. Das sollte auch die türkische Regierung langsam verstehen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Es gibt hier – und darauf weisen wir deutlich hin – durchaus das Prinzip der Gegen­seitigkeit. Wenn Muslime in Europa Bethäuser und Moscheen errichten dürfen, dann muss es auch für Christen in einem anderen Kontinent möglich sein, christliche Kirchen zu erbauen. Alles andere wäre unverantwortlich und – ich sage das jetzt auch ganz offen – auch politisch dumm. Wir sind für Toleranz, aber die muss es in alle Richtungen geben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

13.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. Ein­gestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.43.03

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch das BZÖ unterstützt alle drei Anträge, die man miteinander sehr gut in Verbindung bringen kann, auch wenn sie unterschiedliche Themenbereiche behandeln.

Wenn es einerseits darum geht, dass anlässlich des 20. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs darauf verwiesen wird, dass die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit sicherzustellen sind und die Menschenrechte gewahrt bleiben müssen, dann ist gerade der Inhalt dieses Antrages und die Verbindung zum Mauerfall meiner Meinung nach eine sehr richtige, weil es immer darum geht und aktuell darum geht und ständig darum geht, die Meinungsfreiheit, die Versammlungs­freiheit, die Menschenrechte zu verteidigen und zu sichern.

Wir wissen ja, dass Menschenrechte und Meinungsfreiheit immer wieder in Gefahr sind, dass immer wieder versucht wird, sie zu torpedieren. Wenn hier der Kollege Kurzmann das Beispiel von Guantánamo bringt, dann ist das ein wunderbares Beispiel dafür, wie die Menschenrechte gerade von den USA, die immer den Moralapostel in der ganzen Welt spielen, mit Füßen getreten werden.

Auch das Beispiel – damit komme ich zum zweiten Antrag – der Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei unterstreicht diese Linie, dass es immer darum geht, Menschenrechte zu verteidigen, weil auch die Religionsfreiheit ein Men-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 106

schenrecht darstellt und diese in der Türkei, wie dieses Beispiel der christlichen As­syrer zeigt, nicht sichergestellt ist.

Gerade in diesem Zusammenhang ist auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das wir aktuell diskutieren, wonach Kreuze im Klassenzimmer nichts mehr zu suchen haben, ein Beispiel dafür, dass es auch darum geht, die Menschenrechte, die wir haben mit unserer Religion, nämlich dem Christentum, hier in Österreich zu verteidigen gegenüber ausländischen Instanzen, die uns dieses Recht auf Religionsfreiheit neh­men wollen. Das ist in diesem Zusammenhang wichtig zu sagen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher wird das BZÖ bei einem anderen Tagesordnungspunkt auch einen entsprechen­den Entschließungsantrag einbringen.

Auch beim dritten Antrag zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten gibt es die Zustimmung des BZÖ. Da hat aber Frau Plassnik in gewohnt kompetenter Weise alles gesagt, was dazu zu sagen ist. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. 5 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.45.53

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Auch die Grünen werden diesen drei vorliegenden Anträgen vollinhaltlich zustimmen.

Ich möchte mit dem Antrag zu den Rechten der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel anfangen. Einer meiner Vorred­ner – Abgeordneter Kurzmann war das, glaube ich – hat von Toleranz gesprochen. Ich möchte nicht von Toleranz sprechen, sondern von Respekt und von Menschen­rechten. Es sollte zwischen Mehrheiten und Minderheiten immer um gut verbriefte, gut verankerte, einklagbare Menschenrechte gehen und nicht um bloße Toleranz; nicht nur bei uns in Österreich, sondern weltweit. Diese Meinung vertreten die Grünen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch egal, ob das religiöse Minderheiten sind, sogenannte ethnische Minder­heiten sind, sprachliche oder kulturelle Minderheiten sind. Es sollte so sein, dass Rechte von Minderheiten immer gut geschützt sind, weil Minderheiten – das sagt ja auch das Wort schon ein bisschen aus – angesichts der Tatsache, dass diese Men­schen, diese Gruppen sich in der Minderheit, in der Minderzahl befinden, tendenziell etwas gefährdet sind oder tendenziell unterdrückt werden könnten. Minderheitenrechte, Menschenrechte sollen aber genau das Gegenteil gewährleisten, nämlich dass diese Menschen unabhängig von Willkür, unabhängig von Unterdrückung leben können.

Diese Forderung gilt für die Grünen selbstverständlich auch für die Türkei, also nicht nur in Österreich, sondern auch international. Deshalb unterstützen wir den Antrag sehr, dass sich die Bundesregierung und im Speziellen der Herr Bundesminister für internationale und europäische Angelegenheiten auch im Fall der Türkei für Religionsfreiheit und für die Rechte von Minderheiten einsetzen.

Zum Antrag betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungsfreiheit und Men­schenrechtsverteidigerInnen. Wir wissen alle, dass gerade in Regimen, in Ländern, wo Menschenrechte nicht großgeschrieben werden, wo Demokratie vielleicht nicht zu 100 Prozent gelebt wird oder durchgesetzt wurde, die Personen, die entweder einer Minderheit angehören oder die Rechte dieser Minderheiten verteidigen, wie zum Beispiel Menschenrechtsverteidiger und -verteidigerinnen, besonders unter Gefahr leben, dass sie verfolgt werden können, teilweise verfolgt werden und teilweise auch mit Scheinprozessen zu Gefängnisstrafen, zu Freiheitsstrafen verurteilt werden. Umso


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 107

wichtiger ist das Engagement Österreichs, sich auch international, auch in bilateralen Gesprächen in diesem Bereich einzusetzen.

Zum dritten Punkt begrüßen wir die Initiative und den Vorstoß der österreichischen Bundesregierung und des Außenministeriums ausdrücklich. Es wurde von der Frau Abgeordneten Plassnik schon erwähnt, und ich möchte das noch einmal betonen und unterstreichen: Gerade Frauen und Kinder sind bei den meisten bewaffneten Konflikten und Kriegen die ersten Opfer. Vergewaltigung als gezielte Einschüchterungs-, Bestra­fungs- und Verfolgungsaktion kennen wir leider von vielen bewaffneten Konflikten und von vielen Kriegen auf dieser Welt – ob das in Bosnien war oder anderswo. Gerade gestern oder vorgestern gab es einen längeren Artikel über die Demokratische Re­publik Kongo und wie dort Frauen und junge Mädchen gefährdet sind und systematisch vergewaltigt werden, um sie zu unterdrücken und um sozusagen Menschenrechte im Keim zu ersticken.

Deshalb werden wir diese drei Initiativen und Entschließungen unterstützen und möch­ten den Herrn Außenminister an dieser Stelle noch einmal bitten, mit aller Kraft und aller Vehemenz für diese Anliegen international in bilateralen Gesprächen und auch im UNO-Sicherheitsrat einzutreten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bun­des­minis­ter Dr. Spindelegger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.50.08

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich hat eine wirklich lange Tradition, wenn es darum geht, sich für Menschenrechte einzu­setzen und sich bei internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen, im Rahmen des Europarates, der Europäischen Union und auch im bilateralen Verhältnis zu anderen Staaten zu engagieren. Ich denke, diese Tradition müssen wir aufrecht­erhalten, und ich freue mich, dass sich bei der Diskussion gezeigt hat, dass es darüber auch eine große Übereinstimmung der Parteien hier im Nationalrat gibt und sich alle einig sind, dass wir auf diesem Weg bleiben sollen.

Ich darf daher auch ankündigen, dass wir uns für einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ab dem Jahr 2011 bewerben, weil wir glauben, dass wir in dieser Richtung auch ein weiteres Zeichen des Engagements setzen sollten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abgeordneten Mag. Korun und Dr. Rosenkranz.)

Ich möchte natürlich besonders, auch weil es ein Tagesordnungspunkt ist, auf unser Engagement, was den Schutz der Zivilisten anlangt – auch im Rahmen der Vereinten Nationen, wo wir in diesem Monat den Vorsitz im Sicherheitsrat haben –, zu sprechen kommen.

Für uns ist das ein lange geplantes Thema gewesen, mit dessen Vorbereitung bereits im letzten Jahr begonnen wurde. Wir wollten uns besonders dieser Frage widmen, weil wir sehen, dass in den letzten Jahren, gerade was den afrikanischen Kontinent betrifft, immer mehr Zivilisten – zu Hunderttausenden  von diesen bewaffneten Konflikten betroffen sind.

Wir wollten daher mit einer Resolution etwas auf den Weg bringen, das bleibt – das nicht nur eine Stellungnahme zu einem augenblicklichen Ereignis ist, sondern das ver­sucht, den Vereinten Nationen etwas Dauerhaftes und Wegweisendes für ihre Politik in der Zukunft mit auf den Weg zu geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 108

Das ist durchaus gelungen, und ich freue mich, dass viele darauf repliziert haben und dass es dafür eine große Unterstützung gibt. Ich kann Ihnen sagen, wenn Sie sich den Inhalt ansehen, werden Sie tatsächlich einige Neuerungen finden: Eine Folge ist, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen jetzt ein Konzept, eine Strategie ausar­beiten muss. Dies ist durchaus positiv zu bewerten. Erstmals wurde auch das Augen­merk auf die Rolle von behinderten Menschen in bewaffneten Konflikten gelenkt – was ein wichtiger Fortschritt ist, da das bisher zu wenig beachtet wurde.

Auch haben wir eine Art Blueprint für jede künftige Mission der Vereinten Nationen mit auf den Weg gebracht, was auch etwas sehr Wichtiges ist. Zukünftig wird sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bei jeder Mission damit zu beschäftigen haben, wie man den Schutz von Zivilisten gewährleistet – wo immer Blauhelme auf dieser Erde auftreten. Das ist, so glaube ich, wirklich etwas Bleibendes, auf das wir stolz sein können.

Ich möchte an dieser Stelle besonders unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in New York danken. Unser Missionschef und seine Leute haben das hervorragend vor­bereitet und auch verhandelt, sodass letzten Mittwoch wirklich alle im Sicherheitsrat diese Resolution 1894 durch einen einstimmigen Beschluss auf den Weg gebracht haben. Das ist für uns Österreicher ein sehr positives Zeichen eines Engagements, das uns insgesamt gut tut! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Abschließend möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Seit diesem letzten Mittwoch haben weitere Sitzungen des Sicherheitsrates unter unserem Vorsitz stattgefunden, und es wurde bereits auf diese Resolution 1894 Bezug genommen. Andere Staaten haben das aufgegriffen und wenden es bereits jetzt in ihren Redebeiträgen an. Das ist ein ermutigendes Zeichen, dass man etwas Bleibendes, das auf die Zukunft gerichtet ist, bewerkstelligen kann. Ich freue mich daher, dass auch das Hohe Haus dieses Engagement Österreichs würdigt. – Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerk­sam­keit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.54.18

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Meinungsfreiheit und die Stärkung von MenschenrechtsverteidigerInnen, der Kampf für die Demokratie, die Freiheit und die soziale Sicherheit ist von Grund auf ein sozialdemokratisches Anliegen, für das wir uns einsetzen und für das wir stehen.

Die demokratischen Werte und auch die Achtung der Menschenrechte sind für uns in Europa oft selbstverständlich, jedoch für viele andere auf der Welt nicht. (Abg. Rädler: Sie setzen sich ein ...!) Wir in Europa sehen oft nur die Spitze des Eisbergs. Denken wir zum Beispiel an die Muslima Shirin Ebadi oder die in Myanmar tätige Politikerin Aung San Suu Kyi! Beide Menschenrechtsverteidigerinnen erhielten für ihren Kampf für eine bessere Welt den Friedensnobelpreis, jedoch haben viele andere keine derartige Plattform – und da sind vor allem Frauen betroffen.

Bezüglich dieser öffentlichen Plattform gab es ja heute schon mehrere Diskussionen rund um den Fall Zogaj. Meiner Ansicht nach gibt es zu diesem Fall zwei Zugänge: Auf der einen Seite haben wir den rechtlichen Aspekt. Im Fall Zogaj ist in erster Instanz ein Bescheid erlassen worden, gegen den berufen werden kann, wobei einer Berufung – wie wir alle wissen – eine aufschiebende Wirkung zukommen kann. Da wir nicht wis­sen, wie dieses Verfahren ausgeht, sehe ich Kommentare und Urteile zum jetzigen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 109

Zeitpunkt als verfrüht und rein spekulativ an. Jetzt sind einmal die Behörden am Zug, und wir müssen deren Entscheidung abwarten.

Zum rechtlichen Aspekt kommt jedoch auch der menschliche Aspekt hinzu. Erschüt­ternd sind etwa die Aussagen des Herrn Abgeordneten Grosz. Er hat es ja heute kurz angesprochen, aber ich möchte seine Presseaussendung vom 12. November zitieren:

„Die Akte Zogaj ist ein Lehrbeispiel, wie man den österreichischen Rechtsstaat nach allen Regeln der Kunst ‚verarschen‘ kann. Es ist zu überlegen, die Genfer Flüchtlings­konvention aufgrund des Dublin-Abkommens aufzukündigen und neu zu verhandeln.“

Als „Sieg rechtsstaatlicher Vernunft“ bezeichnet etwa der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, die Entscheidung des Bundesasylamtes, die 17-jährige Kosovarin und deren in Österreich befindliche Familienmitglieder in den Kosovo abzuschieben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, reiner Populismus ist in dieser Sache ein­deutig zu wenig. Christoph Kotanko vom „Kurier“ hat es auf den Punkt gebracht:

„Der Fehler in diesem Fall (und nicht nur in diesem): Asyl und Zuwanderung werden vermischt. Doch eines ist gewiss: Mit dem Populismus, den es auf beiden Seiten gibt,“ – das müssen wir uns eingestehen! – „ist das Problem nicht zu lösen.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Über die Menschenrechte zu sprechen, dafür zu handeln und einzutreten, das ist unsere Aufgabe, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht nur, indem wir über die Grenzen hinausschauen – was natürlich auch sehr wichtig ist; wir sollten uns überall auf der Welt für die Menschenrechtsverteidiger und -verteidigerinnen ein­set­zen , sondern wir haben auch in Österreich nach wie vor Menschenrechte zu ver­teidigen; das ist auch in Österreich ein Thema.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lade Sie alle ein: Arbeiten wir gemein­sam an Lösungen! Populismus hat bei diesem Thema keinen Platz. (Beifall bei der SPÖ. Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.58.08

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Außen­minis­ter! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir dürfen nicht wegschauen, wenn beispielsweise in Darfur, im Ostkongo oder in Sri Lanka bewaffnete Auseinanderset­zungen stattfinden, bei denen aus strategischen Überlegungen immer wieder Fa­milien – und vor allem Kinder – in große Mitleidenschaft gezogen werden. Menschen werden oft verschleppt, missbraucht und aus ihren Ländern vertrieben.

Sehr häufig muss man feststellen, dass es zu den Kampfstrategien der Konfliktparteien gehört, diese Mittel einzusetzen. Daher ist es wirklich wichtig, dass wir uns dafür ein­setzen, dass die Menschenrechte in diesen Gegenden auch entsprechend gewahrt werden – soweit uns das möglich ist.

Das 60-jährige Bestandsjubiläum der Genfer Konventionen des Roten Kreuzes, ge­gründet 1949, ist ein guter Anlass, einen entsprechenden Entschließungsantrag ein­zubringen, nämlich dass unsere Bundesregierung beziehungsweise unser Außenminis­ter auf internationaler Ebene – vor allem im Sicherheitsrat – dafür eintritt, diese Men­schenrechte weiter zu verteidigen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 110

Sehr geehrter Herr Außenminister Spindelegger, du hast diesbezüglich heute eine ganze Reihe von Initiativen angekündigt, ich danke dir sehr dafür. Es wird möglich sein, damit die notwendigen Maßnahmen für eine Stärkung der Menschenrechte auf internationaler Ebene zu festigen. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Lausch zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.00.18

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich werde Ihnen sicherlich nichts Neues erzählen, wenn ich sage, dass auch die Freiheitlichen diesen drei Anträgen zustimmen – aber nicht ohne Wenn und Aber.

Ich kann mich da meinem Vorredner, Herrn Kollegem Steindl, schon anschließen: Natürlich soll Österreich bei Menschenrechtsverletzungen nicht wegschauen, die tau­sende Kilometer von Österreich entfernt passieren. Das sind Gräueltaten, und diese sind natürlich zu verurteilen. Aber was uns ein bisschen stört, ist, dass Men­schen­rechtsverletzungen, die in der EU oder im benachbarten Ausland stattfinden, im Men­schenrechtsausschuss eigentlich kaum behandelt werden – Stichwort Südtirol. Diese Anträge werden zumeist vertagt und auf die lange Bank geschoben, man findet dazu selten klare Worte. Das finden wir sehr, sehr schade.

Was uns freut – nicht die Menschenrechtsverletzungen natürlich, diese freuen uns nicht –, ist, dass uns dieser Entschließungsantrag, was die Türkei betrifft, recht gibt. Wir Freiheitliche stehen der Türkei sehr kritisch gegenüber – das ist ja hinreichend bekannt –, und dieser Entschließungsantrag zeigt auf, dass die christlichen Assyrer in der Türkei verfolgt werden und es sehr viele Menschenrechtsverletzungen gibt – und das in einem Land, das sich immer an Europa anbiedert und sich als EU-reif darstellen will. Die Türkei in der EU ist zumeist – im EU-Wahlkampf nicht, aber sonst eigentlich schon – doch ein Thema der beiden Großparteien. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht! Abg. Mag. Donnerbauer: Wie kommst du auf das?)

Für uns Freiheitliche steht mit diesem Antrag einfach fest: Die Türkei ist, Herr Kollege Donnerbauer, für uns keineswegs EU-tauglich. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Rädler: Das ist eine Falschmeldung!)

In der Türkei geschehen Menschenrechtsverletzungen en masse, und wir sprechen uns da eigentlich dagegen aus. Auch die Christen – das hat ja die Kollegin Korun gesagt – gehören geschützt, das ist eine wichtige Sache; so denken wir Frei­heit­lichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.02.51

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Früher wurden die Kriege zwischen zwei oder mehreren Staaten geführt, und heute beherrschen größten­teils interne bewaffnete Konflikte die Krisenregionen. Dabei stehen einander reguläre Armeen und nichtstaatliche, bewaffnete Gruppen gegenüber, und in den meisten dieser Konflikte sind die Fronten beziehungsweise auch der Unterschied zwischen Zivilisten und Kämpfern nur schwierig zu erkennen. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Einhaltung der Bestimmungen zur Begrenzung der Mittel und Methoden der Kriegsführung aus, was auch zahlreiche zivile Opfer belegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 111

Doch nicht nur die verschwommenen Fronten sind an den schweren Verletzungen des humanitären Völker- und Menschenrechts schuld. Bewusste verbrecherische Handlun­gen gegenüber der Zivilbevölkerung wie Entführungen, sexuelle Gewalt und so weiter sind Teil von Kampfstrategien. Wir haben das heute schon gehört, aber man kann das nicht oft genug sagen: Da speziell Frauen und Kinder von diesen Kampfstrategien betroffen sind, müssen diese auch besonders geschützt werden.

Besonders Personen mit Behinderungen, die ohnehin schwerst benachteiligt sind, haben in Konfliktregionen überhaupt keinen Schutz. Gerade Staaten wie Österreich haben eine moralische Verpflichtung, diesen betroffenen Menschen bei der Konflikt­bewältigung zu helfen. Grundsätzlich sind zwar die Regierungen in den jeweiligen Ländern für den Schutz ihrer Zivilbevölkerung und die Einhaltung der Menschenrechte zuständig, es kommt jedoch auch häufig vor, dass diese nicht über die nötigen Mittel verfügen.

Darum ist es unerlässlich, dass diese Länder finanzielle Unterstützung von anderen Ländern erhalten; doch müssen diese Gelder – und das finde ich sehr wichtig – unbe­dingt auch kontrolliert eingesetzt werden. Auch stehen durch die vorhandenen Emotionen in diesen Regionen oft kompetente Diplomatinnen und Diplomaten für Friedensverhandlungen nicht zur Verfügung. Daher sind auch da die unabhängigen Länder gefordert, unterstützend einzugreifen. Dass Frauen vermehrt in diese Friedens­prozesse aktiv eingebunden werden, sollte an und für sich eine Selbstverständlichkeit sein.

Werte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Entschließungsantrag, der unter anderem die Stärkung der Rolle Österreichs als Vermittler beinhaltet, sollte auch gleichzeitig Auftrag für jeden Einzelnen sein, sich im Rahmen seiner jeweiligen Möglichkeiten noch stärker für die Menschen- und Völkerrechte einzusetzen und humanitäre Maßnahmen zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Glaser. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.05.48

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Themen und Diskussionen im Menschenrechts­aus­schuss zeigen immer ein recht interessantes Bild von den ideologischen Positionen der einzelnen Parteien.

Den Grünen ist zum Beispiel immer die Asylgesetzgebung wichtig; das letzte Mal war für sie auch der Iran ein wesentliches Thema. Die Freiheitlichen und das BZÖ kon­zentrieren sich auf die Beneš-Dekrete und auf Südtirol; das letzte Mal war – etwas überraschend – auch China ein wichtiges Thema. (Demonstrativer Beifall des Abg. Lausch.) Ich glaube, dass es wichtig ist, all diese Anliegen und Anträge zu besprechen und zu bereden. Die Frage ist nur immer: Was bewirken wir wirklich damit? Ist es nicht so, dass wir umso leichter darüber reden, je weiter diese Probleme weg sind? (Abg. Weinzinger: Ja!) Was können unsere Anträge und Beschlüsse letztendlich wirklich bewirken?

Letztlich kommen wir immer zum Außenamt, zu unserem Außenminister und sind auf seine Hilfe und Mitarbeit angewiesen. Ich glaube, dass in diesem Fall doch etwas sehr Gutes gelungen ist und dass das österreichische Außenministerium wirklich eine sehr gute und positive Arbeit leistet – denn es geht auch darum, dass wir die notwendigen Verbindungen zu diesen Problemfällen aufrechterhalten.


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Eines dieser Länder möchte ich nennen, nämlich Sri Lanka, wo ja vor zwei bis drei Monaten ein wirklich grausamer Konflikt zu Ende gegangen ist, durch den hundert­tausende Menschen  hauptsächlich Tamilen – jetzt noch in Lagern leben und leiden. Da möchte ich ausdrücklich eine Initiative von Außenminister Spindelegger erwähnen, der die guten Dienste Österreichs angeboten hat, um eventuell als Mittler Brücken zwischen der Staatsführung und den betroffenen Tamilen bauen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass das ein genauso gutes Beispiel gelungener Außenpolitik ist wie diese Resolution bezüglich des Schutzes der Zivilisten in bewaffneten Konflikten, die wir jetzt im UN-Sicherheitsrat – unter der Vorsitzführung Österreichs – zustande gebracht haben.

Noch kurz ein paar Worte zu dem Entschließungsantrag bezüglich der Meinungs­frei­heit: In vielen Teilen dieser Welt wird die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten, werden Personen, die sich dafür einsetzen, bedroht, gefoltert oder ermordet – und oft nicht nur sie, sondern auch ihre Familien. Ich glaube daher, dass es absolut notwendig und wichtig ist, auch immer wieder darauf hinzuweisen, dass wir das Engagement dieser Personen nach Kräften unterstützen und ihnen den Rücken stärken müssen.

Letztlich sind wir auch dabei wieder darauf angewiesen, dass unser Außenamt, unsere Außenstellen in den Ländern dieses Engagement, das wir haben müssen, auch vor Ort weitertragen, entsprechend unter die Leute bringen und umsetzen. Ich danke Ihnen sehr herzlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Weinzinger.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.09.13

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Während wir im Menschenrechts­ausschuss meist über internationale Menschenrechte sprechen – wo sich für mich die Frage stellt, wie weit wir wirklich international auf andere Länder Einfluss haben –, haben die Grünen zum Antrag in TOP 9 die Abänderung verlangt, dass wir auch in Österreich auf die Versammlungsfreiheit achten sollen – ein Vorschlag, den ich sehr begrüße. Ich hoffe, dass wir dadurch in Zukunft keine störenden Aktionen von grünen Aktivisten bei diversen Versammlungen in Österreich mehr erleben müssen.

Herr Abgeordneter Steinhauser hat mich im Ausschuss aufgefordert, auch Namen zu nennen, was ich hier gerne tue. Ich hätte ein Konvolut an Namen, das ich Ihnen ersparen möchte, ich möchte nur drei Beispiele herausgreifen:

Am 10. Mai 2007 in Graz: HC Strache, Gerhard Kurzmann und Susanne Winter sprechen auf Einladung des RFS an der Uni Graz. Grüne und sozialistische Studenten versuchen, die Veranstaltung zu verhindern. Erst soll die Uni-Leitung die Veranstaltung untersagen, dann wird der Zugang zum Gebäude blockiert, danach werden Polizei und eintreffende Besucher attackiert, bespuckt und mit Bierdosen beworfen.

Resümee auf der Internetseite der grünen Studenten in Graz:

Doch gerade deshalb war unser Protest ein einziger Erfolg. HC Strache wird nie wieder auf dieser Universität einen Auftritt absolvieren dürfen. Ein Sieg der Antifaschisten gegen das rechte Pack. – Zitatende. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Meine Damen und Herren, das ist blanke Hetze gegen eine demokratische Partei und deren Vertreter! (Beifall bei der FPÖ.)

Am 20. Juni 2009 in Innsbruck: Burschenschafter feiern einen Festkommers zum Gedenken an den Tiroler Freiheitskampf. Statt das Recht auf Versammlungsfreiheit zu


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respektieren, finanzieren Grüne und SPÖ Demonstrationen gegen diese Feier. Der grüne Landtagsabgeordnete Gebi Mair sagt zur Veranstaltung: Wir Grüne werden alles tun, was wir können, um diese Veranstaltung zu verhindern.

Am 14. Mai dieses Jahres in Wien: Die Bürgerinitiative Dammstraße demonstriert gegen die Genehmigung eines Moschee-Baus im 20. Bezirk. Der Demonstrationszug wird von einer Gruppe Demonstranten, laut Medien darunter auch Abgeordnete der Grünen aus dem Nationalrat und dem Gemeinderat – zum Beispiel der Stadtrat David Ellensohn –, blockiert. Die Polizei muss das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit der ordnungsgemäß angemeldeten De­monstration gegen grüne Abgeordnete durchsetzen.

Diese Veranstaltung hat übrigens damit geendet, dass Vertreter der FPÖ von Demons­tranten verfolgt, mit Glasbehältern beworfen wurden und sich sogar verletzt haben. (Abg. Mag. Rudas: Ich dachte, es war nicht parteipolitisch?)

Aber vergessen wir die Vergangenheit. Ich freue mich, dass sich der grüne National­ratsklub künftig offensichtlich für das Menschenrecht auf Versammlungsfreiheit in Österreich einsetzen möchte, und daher derartige Vorgänge der Vergangenheit ange­hören. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.– Wenn ich einen Zwischenruf der SPÖ höre, so würde ich empfehlen, der Sozialistischen Jugend das Jahr 1934 in Erinnerung zu rufen, und vielleicht im Renner-Institut darüber zu informieren, wohin es führen kann, wenn wir die politische Meinungsverschiedenheit nicht in Debatten austragen, sondern durch Kämpfe auf der Straße. (Beifall bei der FPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter/die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 354 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die weltweite Unterstützung von Meinungs­freiheit und MenschenrechtsverteidigerInnen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 62.)

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 355 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Stärkung der Menschenrechte und Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten durch den Sicherheitsrat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 63.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 353 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Unterstützung der Rechte der christlichen Assyrer in der Türkei und für den Erhalt des christlichen Klosters Mor Gabriel.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 64.)


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14.13.49 12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außenpolitischen Be­richt 2008 (III-89 d.B.) der Bundesregierung (436 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (386 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (437 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (321 d.B.): Annex XVIII: Welt-Fremdenverkehrsorganisation zum Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen der Vereinten Nationen samt Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen (438 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (344 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder zur Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder (439 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (392 d.B.): Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung; Beitritt der Mongolei; Einspruch durch Österreich (440 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 12 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Schüssel. Eingestellte Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.16.19

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister für europäische und internationale Angelegenheiten! Meine Damen und Herren! Wir stehen jetzt zehn Tage vor dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und ein Jahr nach der gigantischen Wirtschafts- und Finanzkrise. Das erfreuliche Ergebnis ist heute publiziert worden, die Zustimmungsquote der Österreicher zur Mitgliedschaft der Europäischen Union ist auf einem Allzeithoch von 66 Prozent. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Menschen verstehen, dass uns Europa schützt und nützt. Es ist auch ein Zeichen dafür, dass sich eine klare Linie absolut auszahlt. Herr Außenminister – für euro­päische Angelegenheiten zuständig –, das ist eine Bestätigung des klaren Kurses des


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Bundesministeriums und seiner Diplomaten und der gesamten Linie, die wir immer gehabt haben.

Entscheidend ist jetzt auch die Frage: Entwickelt sich auf der Weltbühne ein Match der G 2 – Amerika und China – oder wird Europa tatsächlich eine gewichtige Rolle mit­spielen können? – Das ist, so glaube ich, ein entscheidender Punkt. Heute werden personelle Weichenstellungen getroffen, aber noch wichtiger ist – es geht um den „global mindset“ –: Sind wir bereit, uns in diese Auseinandersetzungen mit einzu­brin­gen?

Es gibt positive Ergebnisse, wenn ich etwa den jüngst abgehaltenen Gipfel der Schweden – EU-Präsidentschaft – mit Russland hernehme, bei dem immerhin ein sehr spannender Prozess stattgefunden hat. Die Russen haben zugestimmt, zum ersten Mal öffentlich, dass sie nicht nur zu einer Reduktion der Treibhausgase um 10 bis 15 Prozent, sondern um bis zu 25 Prozent bis zum Jahr 2020 bereit sind. – Der Druck der Europäischen Union beginnt zu wirken. So muss man es meiner Meinung nach machen.

Genauso ist es auf der Ebene der Vereinten Nationen, wo sich Österreich im vorigen Jahr – das ist im Arbeitsprogramm sehr gut beschrieben – ein sehr ehrgeiziges Programm gegeben hat, mit Menschenrechten, Kinder- und Frauenrechten. Sie haben mit Recht die tolle Resolution 1894 erwähnt, die insofern interessiert ist, weil wir derzeit 18 Peacekeeping-Missionen mit über 100 000 Soldaten haben, und das Problem bestand bisher darin, dass in den Mandaten der ausdrückliche Schutz der Zivilbevöl­kerung kaum enthalten gewesen ist.

Das erklärt auch, warum sich manchmal UNO-Soldaten schwergetan haben, im Rahmen des Mandates so zu agieren, dass dieser Schutz absolut gewährleistet ist. Deswegen ist es eine historische und wichtige, über den Tag hinausreichende Resolution, die hier beschlossen worden ist. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

Österreich hat immer wieder eine ganz besondere Rolle eingenommen beim Thema der Nichtweiterverbreitung gefährlicher Technologien – egal, ob das Chemiewaffen sind oder das spannende und gefährliche Thema der nuklearen Bedrohungen betrifft. Da geht es nicht nur um den Iran und Nordkorea – das ist ja nur die Spitze des Eisberges –, es sind mit Sicherheit zehn, 15 andere Länder technisch, finanziell, vielleicht auch mental, in der Lage und willens, irgendwann einmal Nuklearwaffen zu entwickeln.

Man muss meiner Meinung nach international ein Konzept entwickeln, sodass nicht ein einzelnes Land allein herausgegriffen und auf die Böse-Buben-Bank gesetzt wird, sondern dass wir ein international einklagbares Abkommen haben, das die Anreiche­rung von Uran, die Nichtweiterverbreitung von Know-how und technischem Material unter Sanktionen stellt. Das ist eines der spannendsten und riskantesten Abenteuer der nächsten Zeit.

Es gibt eine sehr interessante Initiative, die „Global Zero initiative“, die darauf abzielt, überhaupt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Atomwaffen von der Weltbühne zu bannen. Das finde ich eine unerhört interessante Sache.

Heute ist ein guter Bekannter von uns, Wolfgang Ischinger, in der „Süddeutschen Zeitung“ damit zitiert. Es ist ein Thema, das immerhin von Präsident Obama befür­wortet wird und Eingang in das Programm der deutschen Koalitionsregierung gefunden hat, ein Programm, das wir absolut unterstützen müssen, nämlich bis zum Jahr 2030 keine Atomwaffen mehr auf der Welt zu haben.


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Das ist deswegen interessant, weil es quasi eine Hidden Agenda von manchen Ländern gibt, sich quasi heimlich Atomwaffen zu besorgen, um unangreifbar zu sein. Ich glaube daher, dass wir auf diesen Ebenen, national, innerhalb der Europäischen Union und auf der Weltbühne, in der UNO oder wo immer, diese Initiativen unter­stützen sollen.

Ich möchte besonders herzlich dem Außenminister für den Arbeitsbericht des vorigen Jahres danken, der zu elf Zwölftel auch die Leistungen der Ministerin Ursula Plassnik beschreibt. Daher ein großes Dankeschön an ihre Arbeit (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer), an das gesamte Team des Bundesministeriums, das vor allem im konsularischen Bereich Unglaubliches leistet. Ich hatte selber in meiner Gruppe einen Fall, der lebensgefährlich hätte werden können, wenn nicht die Konsuln in den verschiedenen Hauptstädten mitgewirkt hätten.

Daher danke dafür, dass auch diese Arbeit vom Bundesministerium besonders gewür­digt wird und dass auch du, Herr Minister, dieser Arbeit ein besonderes Augenmerk schenkst. Viel Glück für den Rest der Vorsitzführung im UNO-Sicherheitsrat und für die Präsenz im UNO-Sicherheitsrat für das nächste Jahr! (Beifall bei der ÖVP.)

14.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.22.08

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Auch ich möchte gleich eingangs Bezug nehmen darauf, dass Österreich jetzt den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat hat und das in einer sehr kompetenten und, wie ich glaube, für Österreich sehr ehrenden Art und Weise durchgeführt wird. Das ist viel Arbeit, und ich kann nur gratulieren, dass das in dieser Form bis jetzt vonstatten geht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

Der zweite Punkt, der mir von Bedeutung zu sein scheint, ist, dass die Europäische Union zu Recht erkannt hat: Russland ist ein Partner, kein Gegner. Das ist auch eine Folge der neuen US-Administration Obama, dass eine neue Form der transatlan­tischen Beziehungen mit den USA möglich ist, dass versucht wird – und das ist sowohl ein wirtschaftlicher als auch ein politischer Faktor –, mit Russland auf einer vernünf­tigen Ebene zu kooperieren und zusammenzuarbeiten.

Dritter Punkt: Heute wird es wichtige personelle Entscheidungen in der Europäischen Union geben. Ich hoffe, dass man sich auf den Ratspräsidenten, auf den quasi Außen­minister der Europäischen Union, einigt. Es ist wichtig, dass gute Entscheidungen fallen, denn das wirtschaftliche Gewicht der Europäischen Union soll eine politische Umsetzung finden, und ich hoffe, dass das dadurch auch ermöglicht wird.

Damit kann sich die Europäische Union auch in die diversen Friedensprozesse ein­bringen, sei es im Nahen Osten, sei es, um deutlicher gegen die Siedlungspolitik der israelischen Regierung aufzutreten, aber auch im Kampf gegen Terror und im Kampf gegen all das, was für die friedliche Entwicklung von größter Bedeutung ist.

Wir haben in den Zeitungen und Informationen oft gelesen: Die Türkei orientiert sich anders. Sie hat jetzt plötzlich Beziehungen, ob das zum Iran oder zum Sudan ist, und es wird großteils versucht, das der Europäischen Union in die Schuhe zu schieben. Ich glaube, es wird der Europäischen Union und den Mitgliedländern nicht erspart bleiben, hier einmal klarere Worte bezüglich der Fragen zu finden: Was ist jetzt geographisch und politisch Europa? Was ist die Europäische Union?

Sollen diese Erweiterungsprozesse endlos weitergehen, oder ist es nicht klüger, in der Zeit der ohnehin nicht einfachen Umsetzung des Lissabon-Vertrages – durch den es


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für die nationalen Parlamente mehr Möglichkeiten gibt, durch den es ein plebiszitäres Element gibt, durch den die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union gestärkt werden soll, damit diese Handlungsfähigkeit wirksam wird und in vielen der sozialen Aspekte für ein soziales Europa positive Wirkungen zeigt –, nicht über so großräumige Erweiterungen zu diskutieren?

Ich glaube überhaupt, dass es klüger wäre, es blieben die zentralen Kapitel mit der Türkei geschlossen. Ich hielte es für klüger, jetzt schon eine privilegierte Partnerschaft (demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Kurzmann), vielleicht Aufgabenbereiche anzuden­ken, die der Türkei ihre Position im Mittelmeer, ihre Position am Schwarzen Meer deutlicher beschreiben. Wir sind alle daran interessiert, dass auf diese Art und Weise auch in Zukunft die Kooperation mit der Türkei gestärkt und ausgebaut wird, aber nicht mehr. Ich denke: Wer soll das – 68 Millionen Einwohner mit dieser Landwirtschaft – finanzieren?

Im Übrigen ergibt sich dann auch die Schlussfolgerung: Wer ja zur Türkei sagt, der muss logischerweise irgendwann ja zum gesamten Mittelmeerraum sagen, der muss dann ja zu Russland sagen. Dann muss dieses Ja natürlich ein ganz ein anderes Ja sein. Daher sehe ich diese Entwicklungsperspektive nicht.

Ich halte daher spezielle Assoziationsformen mit der Türkei, spezielle Assoziations­formen mit den einzelnen Ländern des Mittelmeerraumes für sehr sinnvoll, natürlich auch mit Russland, natürlich mit all den ehemaligen Mitgliedsländern der Sowjetunion. Aber ich glaube, mehr sehe ich in diesem Zusammenhang nicht.

Das sollte schon auch Teil unserer Außenpolitik für die Zukunft sein, und ich hoffe – darauf vertraue ich –, dass das auch einen breiten Konsens in der Bevölkerung und auch hier finden wird. (Beifall bei der SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Neubauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.26.34

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Dr. Schüssel, Sie haben eingangs Ihrer Rede die Situation um den Lissabon-Vertrag angesprochen. Nachdem wir heute, auch von den Grünen schon angesprochen, sehr viel über Minderheiten und Minderheitenschutz gehört haben, erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass es gerade der Lissabon-Vertrag ist, der als große Schwachstelle, die ich orte, noch immer keinen Minder­heitenrechts­schutz inkludiert hat.

Ich sage das deshalb, weil es an die 135 Minderheiten in Europa gibt und es auch dem damaligen Bundesminister, Dr. Harald Ofner, in zahlreichen Gesprächen auf euro­päischer Ebene nicht gelungen ist, eine Einigung zu erzielen, um ein Minderheiten­schutzgesetz auf europäischer Ebene zu bekommen. Ich orte da wirklich großen Nach­holbedarf, weil ich der Meinung bin, dass das schon längst hätte umgesetzt werden müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe bereits im Außenpolitischen Aus­schuss meine Position zum Thema Südtirol abgegeben, und auf dieser werde ich auch heute beharren. Es ist meiner Überzeugung nach einfach nicht ausreichend, wenn wir einerseits für uns in Anspruch nehmen, dass wir die Schutzmachtfunktion gegenüber den deutschen und ladinischen Minderheiten in Südtirol haben wollen, aber andererseits der Südtirolbericht genau eine Seite von 413 Seiten des Außenpolitischen Berichtes 2008 ausmacht.


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Mir ist das nicht nur deshalb zu wenig, weil man sagen kann, na ja, es gibt ja nichts, es ist ja alles in bester Ordnung, sondern es geht mir darum, dass wir damit auch eine gewisse Geringschätzung diesen Menschen gegenüber zum Ausdruck bringen. Es ist nicht alles in Ordnung, auch wenn man das immer wieder gerne von sich behaupten möchte.

Zu Beginn dieses Berichtes steht, die Jahre waren geprägt durch eine Begleitung einer dynamischen Entfaltung der Autonomie Südtirols, die jetzt zum Ausdruck kommt. – Das ist das einfach unrichtig!

Wenn man sich vorstellt, dass im Jahr 1972 das Paket abgeschlossen wurde, und aus der Sicht Italiens eine Übererfüllung dieses Pakets bis zum heutigen Tage durch Italien gemacht wurde, und dieser Position durch Österreich in den letzten 27 Jahren nie widersprochen wurde, dann frage ich mich: Wo ist denn die dynamische Begleitung Österreichs seit 1972 bis heute? – Es gab keine. Es gab deshalb keine, weil Österreich in diesen Verhandlungen nie Ansprechpartner war, sondern nur die Südtiroler selber und damit der Landeshauptmann von Südtirol als Ansprechpartner herangezogen wurde.

Wenn Sie sagen: Es gibt keine Probleme, darf ich Ihnen vier oder fünf aufzählen: es werden von Italien die Finanzmärkte blockiert, es werden von Italien die Kammern und die Kommissionen zur Weiterentwicklung der Autonomie blockiert, es werden die faschistischen Denkmäler bis heute nicht entfernt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all das war schon Gegenstand in Südtirol im Jahre 2008, Herr Bundesminister, daher hätte das Eingang in diesen Bericht finden müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine kurze Bemer­kung zum folgenden Vorfall: Frau Präsidentin Prammer hat gemeint, sie müsse sich in die ganze Auseinandersetzung der Frage des Selbstbestimmungsrechtes einmengen und einen Kommentar dazu abgeben.

Am 19. August 2009 hat die Frau Präsidentin dem Außenminister Italiens einen Brief geschrieben, in welchem sie mitteilt, dass die Position des Herrn Dr. Graf zum Thema Selbstbestimmung von der Mehrheit des Hohen Hauses nicht getragen wird.

Wissen Sie, was das bedeutet? – Das bedeutet, dass ein Bekenntnis zur Selbstbe­stimmung laut Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, die Eingang fand in die österreichische Rechtsordnung, nach Meinung von Frau Präsidentin Prammer von der Mehrheit dieses Hauses nicht anerkannt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein wirklicher Skandal! Frau Prä­sidentin Prammer hat sich damit, wie Verfassungsrechtler meinen, in sehr bedenklicher Weise in Agenden des Herrn Bundesministers eingemengt und damit den Selbstbe­stimmungsbemühungen in Südtirol und damit der Außenpolitik Österreichs massiven Schaden zugefügt. (Ruf bei der SPÖ: Das ist Schwachsinn!)

Wenn Sie das als „Schwachsinn“ empfinden, dann mag das Ihre Position sein, aber dann bekennen Sie sich entweder nicht zur Rechtsordnung Österreichs oder Sie haben ein angestrengtes Verhältnis dazu. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch das sei Ihnen unbenommen. Von mir wird das auf jeden Fall auf das Schärfste verurteilt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich ersuche den Herrn Außenminister um Aufklärung, wie das verfassungsrechtlich geregelt ist: Wer hat tatsächlich die Repräsentanz Österreich nach außen hin in solchen Fragen wahrzunehmen: der Außenminister oder die Nationalratspräsidentin?


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Nur um eines ersuche ich noch: Herr Bundesminister, der Bericht zu Südtirol sollte im nächsten Jahr von diesen Makeln befreit werden. Gleichzeitig ersuche ich Sie: Machen Sie aus dem Südtirolbericht keinen Reisebericht, über Reisen von Delegierten nach Südtirol oder nach Wien, sondern gehen Sie auf die konkreten Probleme dieses Landes ein! (Beifall bei der FPÖ.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Eingestellte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.32.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich vorweg einmal bedanken für die Vorlage dieses Berichtes. Der Außen­politische Bericht bietet wie immer einen sehr guten Überblick, und zwar nicht nur über die österreichische Außenpolitik, sondern auch über viele internationale Organi­sa­tionen und die dort gesetzten Maßnahmen. Ich glaube nicht – denn sonst müsste man es kritisieren –, dass daran gedacht ist, in diesem Bericht Stellung zu den verschie­denen Positionen zu beziehen. Das wollen wir mit Ihnen, Herr Bundesminister, dis­kutieren.

Bei aller Wertschätzung Ihnen und auch Ihrer Amtstätigkeit gegenüber, Herr Bundes­minister Spindelegger, wünschen wir uns, dass Österreich, dass der Außenminister, aber auch alle anderen Regierungsvertreter so oft wie möglich hörbar und ent­sprechend dynamisch die Stimme erheben, was leider in der Vergangenheit nicht immer in dem Ausmaß der Fall war, wie ich es mir gewünscht hätte.

Aber, wie gesagt: Der Außenpolitische Bericht, von den Beamten des Außenminis­teriums verfasst, ist eine sehr gute Arbeitsgrundlage für uns alle.

Der ehemalige Bundeskanzler Schüssel hat gelobt die Zustimmung der Bevölkerung zu Europa derzeit – ich betone: derzeit!, denn das ist immer nur eine Moment­auf­nahme –, nur: Ich bin gespannt, was man aus dieser Zustimmung jetzt machen wird, ob wirklich das Vertrauen, das die Bevölkerung jetzt in die Institutionen und in die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union hat, tatsächlich gerechtfertigt ist und diesem auch entsprochen wird.

Das Gerangel, das jetzt wieder begonnen hat um Top-Positionen der EU – ja nur mehr getoppt durch die österreichische Diskussion –, geht nicht in die richtige Richtung. Entscheidungen wie das Verbot von Glühbirnen et cetera gehen auch in die falsche Richtung. Die Bevölkerung verlangt jetzt vielmehr Maßnahmen, etwa zur Bewältigung der Finanzkrise. Sie erwartet, dass endlich die Finanzmärkte reguliert werden. Bis jetzt haben wir dazu nur wenig gehört. Sie erwartet auch Maßnahmen zu einer gemein­samen Energiepolitik, Aktivitäten dahin gehend, dass wir nicht mehr erpressbar sind durch die Machtpolitik einiger Großmächte. Die Bevölkerung erwartet auch Maß­nahmen zu einer wirklich effizienten gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik.

Es ist jetzt keine Ausrede mehr möglich in die Richtung, man habe zwar die Funk­tionen, aber die Institutionen nicht. Das ist sicherlich einer der positiven Aspekte des Vertrages von Lissabon, nämlich, dass es jetzt Spitzenfunktionäre in der Europäischen Union gibt, die handeln können. Aber Sie müssen es auch tun. Wir müssen endlich einmal wegkommen von der sechsmonatigen Rotation. Da gibt es keine Handlungs­fähigkeit nach außen, etwa bei der Vertretung gegenüber Russland, gegenüber China oder gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika. Das können jetzt die Spitzen­funktionäre tun. Sie müssen es aber auch machen.

Meine Damen und Herren! Eine wichtige Aufgabe der Europäischen Union und damit auch Österreichs als Motor innerhalb Europas – zumindest sollte man sich anbieten als


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Verhandlungspartner und Mediator – ist die Lösung des Nahost-Konflikts. Man sollte einmal abgehen von der abgehobenen diplomatischen Linie, wo man mit erhobenem Zeigefinger auf alles Mögliche dort zeigt und wo man versucht, etwas zu bewältigen, wobei man aber nur Fehler macht.

Das Ergebnis und die Ereignisse in Bezug auf die Palästinenser zeigen deutlich, wie man – auch vom Westen – so ziemlich alles falsch machen kann, was es dort falsch zu machen gegeben hat.

In Afghanistan sehen wir, dass man zwar militärisch möglicherweise alles im Griff hat, auch im Irak, aber dass die Ressourcen für den zivilen Wiederaufbau absolut nicht gebündelt und nicht effizient sind. Man erschöpft sich in Pledging Conferences – ein Unwort!; das sollte man zum diplomatischen Unwort des Jahres machen –, wo man sich gegenseitig auf die Schultern klopft und gratuliert, dass man wieder Milliarden zumindest zugesagt hat, die dann ohnedies nicht fließen. Den Menschen aber wird damit nicht geholfen.

Wenn man nicht signalisieren kann, dass der Weg der Demokratisierung der Länder, der Weg des Aufbaus von zivilen Strukturen besser ist, als sich in die Hände von Warlords zu begeben, dann wird es in diesen Regionen keinen dauerhaften Frieden geben. Wir alle wollen doch nicht, dass es dort eine jahre- oder jahrzehntelange militärische Präsenz gibt.

Da muss man auch einmal die Rolle der NGOs überdenken. Wir alle sagen, man muss die militärischen Kräfte bündeln, man muss die politischen Kräfte bündeln – aber die Mittel für den Wiederaufbau sind total aufgesplittert, und zwar nicht in zehn, fünfzehn, sondern in hunderten Organisationen, wo jeder seinen eigenen Verwaltungsapparat und seine eigene Marketingschiene hat und versucht, möglichst viel von dem gemein­samen Kuchen – ohne Rückfrage nach Effizienz beim zivilen Wiederaufbau – zu bekommen. Da muss, Herr Außenminister, eine gemeinsame Strategie Platz greifen im Rahmen der Europäischen Union und Druck auf die Nichtregierungsorganisationen ausgeübt werden in Richtung einer gemeinsame Strategie beim Wiederaufbau in Krisengebieten.

Ein paar Worte auch zum Nahost-Konflikt. – Herr Bundesminister, meiner Überzeu­gung nach gibt es eine Nahostfriedenslösung nur bei gleichberechtigten Verhandlun­gen aller Konfliktparteien. Das gilt für die Palästinenser, aber auch für die anderen offenen Punkte, etwa, was die besetzten Gebiete in Syrien anlangt.

Auch da wünsche ich mir eine stärkere Rolle Österreichs. Jetzt übernimmt diese Rolle der Ministerpräsident von Frankreich, Sarkozy. Warum trauen wir uns nicht, da klar zu sagen – so wie das in der Vergangenheit einmal der Fall gewesen ist –: Man muss mit allen Ländern und Staatschefs reden, man muss sie alle an einen Tisch bringen! Man muss sie in die europäische und in die internationale Staatengemeinschaft integrieren. Ausschließen, Redeverbote, keine Verhandlungen zu führen: Das ist der falsche Weg, um einen Frieden in dieser Region zu erreichen! Da muss sich Österreich stärker positionieren. Wir haben ja jetzt den Vorsitz im Sicherheitsrat. Auch das wäre eine Möglichkeit, sich hier zu positionieren.

Herr Bundesminister, wir haben es schon einmal gesagt – und ich möchte das noch einmal hervorstreichen; Sie versuchen auch immer sehr positiv, die außenpolitischen Sprecher und die Europasprecher in Ihre Arbeit miteinzubeziehen –: Einer der wich­tigen Punkte, die wir besprechen können, ist der Schutz der UNO-Soldaten in Krisengebieten. Das ist bei den UNO-Einsätzen absolut unterentwickelt. Wir haben das zum Leidwesen auch schon erlebt, und zwar beim Angriff auf einen Stützpunkt in Israel, wo auch ein österreichischer Soldat zu Tode gekommen ist. Da muss es stärkere Sicherheitsvorkehrungen geben. Leider ist das vernachlässigt worden.


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Ein Letztes – Herr Bundesminister, Sie wissen, dass mir das auch wichtig ist –: Wenn wir eine Rolle im Nahen Osten spielen wollen, dann müssen wir auch die richtigen Signale setzen!

Sie, Herr Bundesminister, haben vom Finanzminister ein Einsparungsziel vorgegeben bekommen. Einige Botschaften wollen Sie neu aufmachen, eine Botschaft wollen Sie schließen – und das gerade in einem arabischen Land, im Oman. Das ist ein völlig falsches Signal!

Der Oman ist ein kleines Land, aber immerhin beträgt das Volumen der Exporte dorthin 69 Millionen €, wie Sie in Ihrem Bericht ausgewiesen haben. Das ist mehr als in manch anderen Ländern, wo wir Botschaften haben, wie etwa in Kolumbien, in Peru, im Senegal, in Simbabwe.

Was haben wir noch in Simbabwe, bei diesem Terrorregime zu suchen?! Das wäre ein interessanter Ansatz, auch ein politisches Signal: dass man dort die Botschaft schließt – und nicht in befreundeten Ländern, wo wir sehr gute Entwicklungsprojekte laufen haben, etwa eine Tourismusschule für die Jugend, wo wir auch für Mädchen Berufschancen schaffen!

Das ist ein falsches Signal! Da geht es lediglich um ein paar hunderttausend Euro, Herr Außenminister. Eine Inseratenkampagne der Regierung kostet wahrscheinlich mehr. Aber auch die Steuereinnahmen aus den Exporten machen wesentlich mehr aus. Also überdenken Sie das bitte noch einmal! Es wäre ein wichtiges Signal für die Position Österreichs im Nahen Osten. (Beifall beim BZÖ.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.40.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Wir haben jetzt eigentlich fünf Punkte hier zu debattieren.

Erstens: den Außenpolitischen Bericht. – Auf den komme ich dann später noch zu sprechen. Dem werden wir zustimmen.

Zweites: das Konsulargebührengesetz. – Diesem Gesetz werden wir nicht zustimmen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil es in der Novelle nicht gelungen ist, den alten Fehler zu beheben. In den Erläuterungen steht, dass es bisher meist deswegen nicht möglich war, einen Regress gegenüber Einzelpersonen, die sich in Gefahr begeben, zu erwirken, „da grob schuldhaftes Verhalten in Einzelfällen nur schwer nachzuweisen ist“. – So ein wörtliches Zitat aus den Erläuterungen.

Dieses Problem wird in der vorliegenden Novelle nicht beseitigt, sondern es werden die Sätze für den potenziellen Regress erhöht. Ich halte den Regress grundsätzlich für eine richtige Variante, aber nicht in dieser Form.

Der nächste Punkt betrifft bestimmte sogenannte Privilegien einer UNO-Organi­sa­tion. – Dem werden wir zustimmen.

TOP 15 betrifft im Wesentlichen die OPEC, die einen ständigen Amtssitz in Wien erhält. Bisher war es formal ein vorläufiger Amtssitz. – Auch dem werden wir zustim­men.

TOP 16 betrifft den Einspruch Österreichs gegen ein Beglaubigungsabkommen. Es betrifft die Mongolei und die Urkundensicherheit in der Mongolei. – Auch diesem Punkt werden wir zustimmen, auch wenn uns aufgefallen ist, dass es ein bisschen eigenartig ist, dass in der Vergangenheit Deutschland öfter Einspruch gegen solche Beglaubi-


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gungsübereinkommen erhoben hat. Und Urkundenunsicherheit wird ja wohl etwas sein, was alle gleich betrifft. Aber ungeachtet dessen werden wir auch dem zustimmen.

Jetzt zum Außenpolitischen Bericht selbst. Es handelt sich dabei, Herr Außenminister, um einen sehr guten, informativen, wenn auch meiner Meinung nach über weite Strecken deskriptiven Bericht, vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch – wie soll ich sagen? – die wunden Punkte nicht ansprechend. Insofern kann ich Herrn Neubauer schon verstehen, der hier moniert hat, dass die Passagen betreffend Süd­tirol nicht ganz der Realität entsprechen. Immerhin, Herr Neubauer, es ist eine Seite von 200. Der ganze Bericht hat 400 Seiten, aber 200 davon sind Anhang, Infor­mationen über die Botschaften und so weiter. 200 Seiten sind Text.

Ich verkenne nicht, dass das Außenministerium versucht, bestimmte Schwerpunkte in diesem Bericht zu setzen, und es liegt in der Natur der Auswahl von Schwerpunkten, dass dann andere damit nicht einverstanden sind, sondern lieber andere Schwer­punkte gehabt hätten – wie zum Beispiel Südtirol.

Mir ist etwas anderes aufgefallen: Ich habe nach unseren österreichischen Positionen bezüglich Iran gesucht und stieß auf maximal eine halbe Seite auf der Seite 49, wo im Wesentlichen das Nuklearprogramm des Iran behandelt wird. Das halte ich schon für sehr bescheiden angesichts einer Materie, die die ganze Welt 2008 bewegt hat. Was ist mit der Atomkraft im Iran? Ist der Iran fähig, Atomwaffen herzustellen? Wie weit ist der Iran von der Entwicklung von Atomwaffen entfernt? Und was bedeutet das für die Sicherheit – nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit?

Da ist eine halbe Seite dazu schon etwas knapp; da hätte ich mir schon mehr erwartet. Natürlich erwarte ich mir nicht, dass im Bericht für 2008 die Sicherheitslage im Iran 2009 behandelt wird, während der Wahlen und nach den Wahlen. Meine Kollegin Alev Korun hat ja heute schon auf die unerträgliche Menschenrechtssituation im Iran hingewiesen, und zwar ganz allgemein und auch speziell in Bezug auf eine ethnische Minderheit, nämlich die iranischen Kurden. Es dürfte sich da weniger – nach meinem ersten Eindruck – um eine religiöse Unterdrückung handeln, sondern um die Ab­schreckung von Oppositionsarbeit iranischer Kurden, die, wie ich mich aufklären habe lassen, zu 60 Prozent Sunniten sind, aber zu 30 Prozent Schiiten und zu 10 Prozent anderen Religionen angehören.

Es ist wirklich unerträglich, dass junge Menschen dort im ersten Verfahren zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt werden, weil sie sich an Oppositionstätigkeiten be­teiligt haben. Dann beruft der Betreffende – und was passiert dann? Er wird zum Tode verurteilt und hingerichtet. – Das ist reine Abschreckungspolitik, nehme ich an, des iranischen Regimes gegenüber Oppositionellen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister! 2008 war der Präsident des Iran allerdings auch schon Ahmadinejad. Ahmadinejad hätte in Österreich mit seinen Äußerungen über den Holocaust ein Verfahren vor Gericht zu erwarten, und in diesem Gerichtsverfahren wäre er angesichts seiner Äußerungen zu verurteilen. Damals war er schon der iranische Präsident. Und das war schon 2008 ein Problem.

Ich erinnere Sie auch daran, dass der Mord an iranischen Kurden in Wien, der jetzt 20 Jahre her ist – 1989 ist das passiert; der Prominenteste war damals der iranische Kurde Ghassemlou –, noch immer nicht aufgeklärt ist, nicht erschöpfend aufgeklärt ist und dass die Gerüchte nicht verstummen wollen, dass niemand anderer als Ahmadinejad selbst damals in diese Morde verwickelt war.

Ich würde mir von einem Außenpolitischen Bericht erwarten, dass an bestimmten Stellen – natürlich nicht flächendeckend – analytische Berichte drinnen sind, die man sich sozusagen aufhebt, wo man nicht nur sagt: Na ja, das war 2008, in fünf Jahren


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schmeiße ich das weg! Die müssen ja nicht unbedingt das Placet des Ministeriums haben, Sie können ja ein Sternchen hinzugeben, mit der Bemerkung: Das ist die Meinung des Autors und nicht die Meinung des Außenministeriums! Zum Beispiel über die Situation im Iran.

Es ist doch eine eminent wichtige Frage – und ich verstehe schon, dass sich das Außenministerium offiziell dazu nicht äußern will –, ob das iranische Regime quasi einen messianisch apokalyptischen Charakter hat oder ob es „nur“ – unter Anführungs­zeichen – ein Regime ist, das sich vielleicht mit dem sowjetischen, das bis 1989 bestand, vergleichen lässt. Damit will ich sagen: innenpolitisch repressiv bis zum Geht-nicht-Mehr, aber außenpolitisch in gewisser Weise berechenbar. – Atomwaffen hat die Sowjetunion auch gehabt.

Aber diese Frage ist von essenzieller Bedeutung für den Zeitpunkt, wo der Iran Atom­waffen hat – für die internationale Reaktion. Ich weiß nicht, ob das ein Thema ist, das sich nur für Gespräche unter vier Augen oder unter mehr Augen, wenn es alle Parteien sind, eignet oder ob das nicht etwas ist, wo es, finde ich, interessant wäre, wenn das Außenministerium in geeigneter Form, in halboffizieller Form zu solchen Fragen Stel­lung nähme, damit man mehr darüber weiß, wie sich die österreichische Diplomatie in solchen Fragen verhalten wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Spindelegger. – Bitte.

 


14.48.23

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die Diskussion zum Außenpolitischen Bericht eingehen und dann noch ein paar Initiativen meinerseits anführen.

Ich beginne gleich mit den Fragen, die an mich gerichtet wurden. Herr Abgeordneter Neubauer hat zu dem Brief der Frau Präsidentin Prammer an den italienischen Außen­minister eine Frage gestellt. – Dazu darf ich erläutern: Wenn ein Brief eines italieni­schen Außenministers an jemanden in Österreich geschickt wird – die Frau Präsidentin hat einen bekommen, ich auch –, dann gebietet es die Höflichkeit, darauf zu antworten.

Ich darf diesbezüglich darauf verweisen, dass Frau Präsidentin Prammer den wesent­lichen Inhalt ihrer Antwort mit meinem Haus abgestimmt hat. Wir stimmen darin überein, dass Österreich eine Schutzfunktion für Südtirol auszuüben hat – auch in Zukunft! – und dass wir uns bei jedem Fall, wo die Südtiroler an uns herantreten, in den Dienst der Sache stellen werden, dass wir uns aber über zukünftige Fragen – und Sie wissen ja, was der Anlass des Briefes war – nicht in einer Art und Weise äußern werden, dass Italien gegen Österreich aufgebracht wird, sondern dass wir das, was an Problemen da ist, im bilateralen Verhältnis gut miteinander lösen und die Interessen der Südtiroler im Zentrum sehen. Ich glaube, das ist durchaus eine richtige und von diesem Haus auch über lange Jahre verfolgte Politik. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte zum Zweiten auf das eingehen, was Herr Abgeordneter Scheibner geäußert hat, was die Frage einer Nahost-Initiative Österreichs anlangt. – Ich habe das auch in der Vergangenheit betont: Wir wollen gerne miteinander, aber abgestimmt mit unseren Partnern in der Europäischen Union, eine Initiative setzen, und ich werde auch im nächsten Februar während einer großen Reise in die Region, zu all den Be­troffenen, einen Beitrag zu leisten versuchen.


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Ich habe heute die langjährige palästinensische Parlamentarierin Hanan Ashrawi in Wien getroffen, die mir auch einen Bericht gegeben hat über das, was sich derzeit sozu­sagen in den betroffenen palästinensischen Gebieten ereignet und wie die Frus­tration aufgrund des Stillstands im Nahost-Friedensprozess voranschreitet, und wir haben auch miteinander besprochen, wie wir da Initiativen setzen können. – Und ich halte viel davon, Reisen zu unternehmen, aber nur dann, wenn das abgestimmt ist, wenn wir sehen, dass wir tatsächlich etwas erreichen können, und so werden wir uns auch in diesem Fall verhalten.

Ich darf des Weiteren auf das, was Herr Professor Van der Bellen angeregt hat, eingehen, nämlich den Außenpolitischen Bericht nicht nur deskriptiv zu gestalten, sondern ihn darüber hinaus ein wenig aktiver darzustellen. – Ich bin gerne zu Ge­sprächen mit Ihnen und mit den außenpolitischen Sprechern bereit, um auch die Frage der Gestaltung des Außenpolitischen Berichtes zu diskutieren, aber eines ist schon klar, und das haben Sie selbst angedeutet: Ein Jahr später ist es eine Ex-post-Betrachtung, und da kann man dem nicht genügen, was sich zwischenzeitig ereignet hat.

Das bleibt ein Grundproblem, das nicht lösbar ist, aber ich halte es trotzdem für wich­tig – da haben Sie durchaus meine Zustimmung –, dass man das, was sich ereignet hat, in einer Form darstellt, damit man auch später darauf zurückgreifen kann: Viel­leicht sollten wir mehr Dokumente mit hineinnehmen, die Bedeutung erlangt haben, damit wir da auch Ihren Bedenken Rechnung tragen. – Aber reden wir darüber und schauen wir, wie wir das gemeinsam anders gestalten können.

Ich möchte aber den heutigen Anlass der Diskussion auch dazu verwenden, ein wenig die Initiativen Österreichs – das, was wir im Augenblick vorhaben – zu präsentieren, weil mir das für eine aktuelle Diskussion zum Außenpolitischen Bericht wichtig erscheint.

Ich darf mit dem beginnen, was in diesem Juni besprochen wurde, es hat nämlich der Europäische Rat die Kommission mit der Entwicklung einer Donauraumstrategie beauftragt, und wir sind jetzt dabei, die entsprechenden inhaltlichen Beiträge und Projekte zu liefern, damit das für Österreich auch eine Erfolgsstory werden kann.

Ich halte viel davon, denn Sie sehen, dass wir in der Europäischen Union insgesamt im Augenblick Schwerpunkte in Richtung makroregionaler Strukturen setzen – und das ist nicht nur eine Frage der Ostsee und das ist nicht nur eine Frage der Mittelmeer-Anrainerstaaten, sondern da wollen natürlich auch wir Mitteleuropäer mit einer Stra­tegie, die zukunftsträchtig ist, mit unseren Nachbarländern vertreten sein.

Darum unterstützen wir das – wir haben es ja mit vorgeschlagen –, und wir versuchen derzeit mit unseren Partnern – vor allem den Ungarn, weil diese Strategie unter der ungarischen Präsidentschaft 2011 beschlossen werden soll – Projekte, die uns stärker aneinander binden, durch die wir auch kulturelle Aspekte, durch die wir auch wissen­schaftliche Zusammenarbeit fördern können, in eine gute Reihe zu bringen.

Ich darf zum Zweiten Folgendes erwähnen: Nach einer Donauraum-Strategie ist es für uns bilateral – mit den Ländern rund um das Schwarze Meer – wichtig, dass wir uns in diesem Raum stärker verfestigen. Wir sehen, dass nach einer Krise neben China und Indien gerade die Schwarzmeerregion ein besonderer Wachstumspol sein wird, und da sollten wir Österreicher vorweg versuchen, Türen zu öffnen, auch mit einer Strategie in dieser Region präsent zu sein – und jetzt schon Initiativen konkret werden zu lassen.

Wir beabsichtigen daher, dass wir im nächsten Frühjahr eine Botschaft in Baku eröffnen, weil Aserbaidschan eine Drehscheibe nicht nur für Energie, sondern für den


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gesamten Raum des Südkaukasus ist, und wir wollen mit dieser Donauraum-Strategie, die sich dann in einer Schwarzmeerregionstrategie wiederfindet, auch unsere außen­wirt­schaftlichen Beziehungen vorantreiben. – Ich werde daher mit Herrn Wirtschafts­minister Mitterlehner in nächster Zeit einiges an diesbezüglichen konkreten Initiativen Österreichs vorstellen.

Ich darf zum Dritten kurz auf den Amtssitz Wien verweisen: Meine Damen und Herren, wir haben derzeit über 20 internationale Organisationen am Standort Wien. Auf der Tagesordnung ist auch das OPEC-Abkommen, das jetzt von einem provisorischen zu einem endgültigen wird, mit einem neuen Amtsgebäude am Amtssitz Wien. – Das bringt uns insgesamt viel, und wir müssen daher alles dazu tun, damit wir diesen Amtssitz Wien – nicht nur jenen der UNO, sondern auch der anderer Organisationen – erhalten.

Da stehen wir in einem starken Wettbewerb mit anderen, wir haben aber die großen Vorteile Österreichs, uns zu einer Art Drehscheibe im internationalen Umfeld zu ent­wickeln, und das möchte ich gerne stark vorantreiben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir werden daher versuchen, einige neue internationale Organisationen und Institute nach Wien zu bringen; so ist etwa bei der Frage der Religionsdiskussion und der Zusammenarbeit zwischen dem Islam und der Katholischen Kirche einiges möglich. – Ich vermute, dass wir in diesem Zusammenhang schon in den nächsten Wochen ein neues Institut nach Österreich bringen.

Ich darf zum Schluss auf das eingehen, was auch einige Redner angesprochen haben: Es gibt im Augenblick, was die Einstellung der österreichischen Bevölkerung zur Europäischen Union anlangt, ein Allzeithoch. – Das freut mich sehr, das ist aber, wie es schon richtig beschrieben wurde, eine Momentaufnahme, darum sollten wir uns nicht darauf ausruhen, sondern nach wie vor unsere Initiativen vorantreiben, in einen Dialog mit der Bevölkerung einzutreten.

Ich habe das im Mai-Ministerrat vorgeschlagen, und ich werde am nächsten Montag mit einer neuen Dialogtour durch Österreich starten – nämlich in Niederösterreich, in St. Pölten, gemeinsam mit dem Herrn Bundeskanzler –, und mich auch den Fragen stellen, die gerade jetzt, im Vorfeld des Inkrafttretens des Vertrages von Lissabon, gestellt werden. Ich werde das in der nächsten Woche in der Steiermark und auch in Salzburg fortsetzen und versuchen, noch in diesem Jahr in alle Bundesländer zu kommen.

Ich halte es für sehr wesentlich, dass wir dieses Dialogangebot ernst nehmen, dass wir der Bevölkerung die Möglichkeit bieten, auch mit Regierungsmitgliedern in Kontakt zu treten und Fragen zu stellen oder Anmerkungen zu machen, damit dieses Hoch von jetzt auch ein dauerhaftes Hoch in der Frage der Einstellung zur Europäischen Union bleibt. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

14.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. Es wären an sich 6 Minuten Redezeit gewünscht, wir müssen aber in knapp 2 Minuten die Sitzung zum geschäftsordnungsmäßigen Aufruf der Kurzdebatte unterbrechen. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten ein. Ist das okay?

 


14.57.15

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Danke schön, Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Ehrlich gesagt, ich finde, dass dieser Außen­politische Bericht ein außerordentlich nützlicher Arbeitsbehelf ist. Man kann vieles darin nachschauen und ich empfehle ihn uns allen in der Alltagsarbeit. Ich danke denjenigen, die daran gearbeitet haben, und ich finde, dass diese außerordentliche Schlankheit –


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das war nicht immer so – ein Vorteil ist. Also ich würde, wie mein Herr Vorgänger, da eher eine nüchterne Betrachtungsweise pflegen. – Herr Professor, ich kenne und teile Ihre Lust an analytischen Debatten, aber das ist ein schlichter und praktischer Arbeits­behelf.

2008, meine Damen und Herren, wird mir persönlich aus zwei Gründen im außen­politischen Bereich in Erinnerung bleiben. Das eine war die Kosovo-Thematik, die wir, glaube ich, im Februar 2008 auf eine gute und, wie wir in der Folge gesehen haben, weiterentwicklungsfähige Schiene gebracht haben, und darüber hinaus die Tatsache, dass es im Sommer 2008 einen Krieg zwischen zwei Mitgliedern des Europarates ge­geben hat, Russland und Georgien. Das hätte ich persönlich nicht für möglich gehalten, und das sollte uns zu denken geben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königs­hofer.) Mit dieser Thematik werden wir uns auch in der Zukunft zu beschäftigen haben.

Was für mich als Österreicherin allerdings das entscheidende Element in der außen­politischen Arbeit war, das war etwas, was hier stattgefunden hat (die Rednerin stößt zum wiederholten Male an das Mikrophon) – das Mikrophon hat es auf mich abge­sehen –, und das war die Ratifikation, die Genehmigung des Vertrages von Lissabon durch die österreichische Volksvertretung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben das hier – zur Erinnerung – im April 2008 gemacht, und ich halte das für den wegweisendsten Schritt, den wir im Jahr 2008 hier im Hohen Haus im Bereich Europa und Außenpolitik gemacht haben.

Ich möchte, Herr Präsident, wenn Sie jetzt die Kurzdebatte aufrufen, vielleicht daran anschließend in den verbleibenden 4 Minuten kurz einiges zur Zukunft der euro­pä­ischen Außenpolitik unter den neuen Bedingungen sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Dann unterbreche ich die Debatte zu diesem Tages­ordnungspunkt – Sie werden dann im Anschluss an die Kurzdebatte Ihre Rede fort­setzen – zum Aufruf der Durchführung der Kurzdebatte, der, wie von der Geschäfts­ordnung vorgesehen, um 15 Uhr stattzufinden hat.

14.59.45Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten DDr. Königshofer, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 831/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eigene Bankenkonkursordnung eine Frist bis zum 9. Dezember 2009 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zum Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. Ich erteile es ihm hiemit. – Bitte.

 


15.00.53

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte im Namen des Abgeordneten Lutz


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Weinzinger, in meinem Namen und im Namen weiterer Abgeordneter nachstehenden Entschließungsantrag einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Na­tional­rat in den kommenden sechs Monaten eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine eigene Bankenkonkursordnung vorsieht. (Abg. Scheibner: Herr Kollege, das ist eine Fristsetzung! – Abg. Strache – in Richtung des Abg. Scheibner –: Nein, das hat er schriftlich! Das liest er nur vor!) Eine solche Konkursordnung für Banken – das ist die Frist – soll im Ernstfall eine geregelte Konkursabwicklung des betroffenen Bank­ins­titutes ohne Bedrohung des übrigen österreichischen Bankensektors sowie der öster­reichischen Wirtschaft sicherstellen und gleichzeitig die Guthaben der Bankkunden in unbegrenzter Höhe sichern. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Antrag bringen wir heute deshalb ein (Abg. Dr. Stummvoll: Er wurde schon eingebracht, am 22.!), weil es dem öster­reichi­schen Bankensektor allgemein nicht allzu gut zu gehen scheint. Wir können einmal da­von ausgehen, dass eine Bankenpleite eine ganz andere Dimension entwickeln würde als irgendein anderer Konkurs oder ein anderes Insolvenzverfahren.

Es wäre nicht so sehr die Passivseite der Bilanz, die ja von der Staatsgarantie ab 1. Jänner mit 100 000 € abgesichert ist – wollen wir es dahingestellt lassen, wie lange das für die Kunden dauern möge, denn es ist ja nicht so einfach, zu sagen, der Staat übernimmt die Haftung; wenn etwas passiert, dann, das kann ich Ihnen sagen, werden die Kunden aufgefordert, irgendwo hinzugehen, Formulare auszufüllen, etwas nach­zuweisen, das bei irgendeinem Finanzamt einzubringen, um dann einmal, nach Mona­ten und Jahren der Prüfung, einen Teil ihres Anspruches abgegolten zu bekom­men –, sondern es ginge in dem Bereich vor allem um die Aktivseite dieser Bank und um die Firmen, die Kunden dieser Bank sind.

Stellen Sie sich vor, was mit den Kreditforderungen der Bank passiert: Werden die sofort fällig gestellt? Müssen die Firmen, die Kommerzkunden, die Kredite sofort zurück­bezahlen? Wie schaut es aus mit sogenannten revolvierend ausnützbaren Krediten, Kontokorrentkrediten? Können die Unternehmen dann noch ihre Rahmen ausnützen oder nicht mehr? – Das würde ja bei einer größeren Bank zu erheblichen Liquiditätsproblemen bei Tausenden Unternehmen führen! Aus diesem Grunde stellen wir diesen Antrag.

Aber schauen wir uns noch einmal den österreichischen Bankensektor beziehungs­weise den Bankensektor europa- und weltweit an!

Da schreibt die Firma SWISS SELECT Folgendes: „Kreditausfälle setzen Banken unter Druck“, „Banken verschlingen gigantische Staatshilfen“, „Stellenabbau trotz Staats­hilfen – und andere Missstände ...“.

Wir hörten vor ein, zwei Wochen, dass die Österreichische Volksbanken-AG bis zum Ende des dritten Quartals dieses Jahres einen Verlust von sagenhaften 607 Millionen € angehäuft hat! – Meine Damen und Herren, das sind in Schilling über 12 Milliarden, und dabei wollte diese ÖVAG laut Aussage ihres Generaldirektors vom 8. Juli dieses Jahres die Staatshilfe von 1 Milliarde €, die sie bekommen hat, schon früher als vorgesehen zurückzahlen. (Abg. Strache: Hypo! Hypo Alpe-Adria!) – Kommt sofort, lieber Heinz! Die Hypo habe ich als Nächstes da – ein noch schrecklicheres Beispiel! –, aber ich möchte nur daran erinnern, dass an der Misere der ÖVAG auch die jetzige Bildungsministerin, Frau Dr. Claudia „Hase“ – in Klammern: weiß von nichts –, also Dr. Schmied, mitverantwortlich ist. (Beifall bei der FPÖ.)


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Dr. Claudia Schmied war in der Zeit von 2004 bis 2007 Vorstandsdirektorin der Kommunalkredit Austria AG, und in dieser Zeit wurden die spekulativen Geschäfte bis auf das Siebenfache des vorherigen Status hochgefahren. Dabei hätte die Kommunal­kredit solche Geschäfte nie machen dürfen, und als sie sie gemacht hat, hätte sie sich nicht nur auf ein Triple-A verlassen dürfen, sondern sie hätte auch in die Prospekte der Angebote sehen müssen, denn sonst hätte man dort auch Handelsschüler hineinset­zen können und hätte nicht Bankspezialisten gebraucht. – Aber diese Kommunalkredit Austria wurde ja schon vor einem Jahr von der Republik Österreich zur Gänze übernommen und ist derzeit ein, ich würde sagen, bankmäßiger Wachkomapatient für die Republik Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Muttergesellschaft ÖVAG habe ich schon angesprochen, als Nächste kommt die Hypo Alpe-Adria Gruppe: Da schaut es ja noch viel trister aus, meine Damen und Herren! Der ORF meldete vor 14 Tagen 1 Milliarde € Verlust: „Die Kärntner Hypo wird 2009 wie berichtet voraussichtlich ,deutlich mehr als eine Milliarde Euro Verlust schreiben.“

Die Hypo Alpe-Adria hat Anfang dieses Jahres 900 Millionen € an sogenanntem Partizi­pationskapital bekommen, und zwar in der Form mit 8 Prozent Dividen­denaus­zahlung. Damit hätte sie nach fünf, sechs Jahren 110 Prozent des in Anspruch genom­menen Kapitals zurückzahlen müssen. – Sie kann heuer keine Dividende bezahlen, weil die Dividende nicht Deckung im Gewinn findet, sprich: und schon gar nicht Deckung in 1 Milliarde € Verlust!

Jetzt muss man sich noch fragen, was mit diesem Institut überhaupt passiert. – Ich glaube, es kann ja gar nicht so schnell in Insolvenz gehen, weil das Land Kärnten 20 Milliarden € an Haftungen für dieses Institut übernommen hat. Wenn man sich vorstellt, dass das Bundesland Kärnten ein Jahresbudget von rund 2 Milliarden € hat und eine Haftung übernommen hat, die dem Zehnfachen davon entspricht, dann muss man sich ja auch damit auseinandersetzen – und ich hoffe, der Herr Finanzminister wird das tun. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Immerhin wird es schon jetzt zu einem großen Problem der Gesellschafter, vor allem der Bayerischen Landesbank, die es schon längst bereut hat, diese Bank übernommen zu haben.

Aber wir können jetzt nicht nur davon ausgehen, dass sich das alles in Österreich abspielt. Meine Damen und Herren, diese Finanzkrise geht ja weiter, auch inter­na­tional:

Ich habe hier einen Bericht über die Hypo Real Estate, die frühere deutsche Grund­pfandanstalt, die bis Ende letzten Jahres von der Bundesrepublik Deutschland sage und schreibe über 100 Milliarden € an Kapitalzuschüssen und Staatsgarantie erhalten hat – sie wurde als systemrelevantes Institut eingestuft –, und sie hat bis zum dritten Quartal des heurigen Jahres schon wieder einen Verlust von 1,7 Milliarden € ange­häuft.

Weiter in die USA. – Da schreibt eine Zeitung am 2. November Folgendes: „Größte US-Bankenpleite seit Lehmann“. – CIT im Konkurs, der große Finanzierer der ameri­kani­schen mittelständischen Wirtschaft ist insolvent!

Und dann sehe ich auch noch in einer österreichischen Zeitung eine Aussage von Erste-Chef Andreas Treichl: „Staatshilfe für Banken auch 2010“; sie wird weitergehen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Lichte dieser Geschehnisse, im Lichte dieser Zahlen – und da geht es wirklich um mehr als 500 €, da geht es um Hunderte Millionen, um Milliarden € – haben wir diesen Antrag gestellt: als Vorsichtsmaßnahme,


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als vorbeugende Maßnahme für den Fall, dass ein Bankinstitut in die Insolvenz fallen sollte.

Es wird keine kleine Raiffeisenkasse in die Insolvenz fallen – da gibt es den Solida­ritätsverein, auch bei den Sparkassen –, aber ich habe gerade von jenen Instituten gesprochen, die eine massive Größe haben, wie eine Hypo Alpe-Adria oder eine ÖVAG mit über 40 Milliarden € Bilanzsumme, und da könnte es kritisch werden. Deshalb ersuche ich Sie, diesem unserem Antrag beizutreten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


15.10.04

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens einmal glaube ich, dass die Verallgemeinerung, die Kollege Königshofer vorhin von sich gegeben hat, nämlich es geht allen Banken in Österreich schlecht, verfehlt ist und dass das einfach nicht stimmt. Es gibt eine Reihe von Instituten, die sehr, sehr gut aus dieser Krise herausgekommen sind, und ja, es gibt auch eine Reihe von Bank­instituten, die durchaus ihre Schwierigkeiten haben. Aber verallgemeinernd würde ich auf gar keinen Fall davon sprechen, dass es den österreichischen Banken insgesamt schlecht geht.

Es gibt ja zum Beispiel auch Banken, die überhaupt keine Staatshilfe in Anspruch genommen haben und trotzdem keine Probleme haben, ihr Eigenkapital darzulegen. Es hat gerade die Erste Bank vor wenigen Tagen auf dem Kapitalmarkt eine Eigen­kapitalaufstockung in Milliardenhöhe gemacht; das musste früher abgebrochen wer­den, weil sie überzeichnet war. Also das sind durchaus auch Signale, dass es nicht prinzipiell allen Banken schlecht geht, sondern dass es einigen Banken überraschend gut geht.

Worum geht es hier? – Es geht meiner Ansicht nach darum, dass das Signal, das die Märkte in den letzten Monaten und Jahren bekommen haben, war: Du kannst einer Bank Geld borgen – das ist überhaupt kein Problem, denn wenn es der Bank schlecht geht, dann wird der Staat schon einspringen! Und das ist ein Signal, das dazu führt, dass Banken das Geld zu billig bekommen, zu leicht bekommen, weil die Investoren ohnehin mit der staatlichen Sicherheit dahinter rechnen – und auch rechnen können, wie die Geschichte gezeigt hat. Ich glaube, seit Lehmann Brothers kommt keiner auf die Idee, ein wesentliches, ein großes Finanzinstitut einfach in Konkurs gehen zu lassen.

Das Signal, das, glaube ich, auch notwendig ist, dem Markt zu geben, ist: Wir werden nicht jede Bank retten, sondern im Gegenteil, wir schaffen hier ein Procedere, ein Grounding oder eine Abwicklung – oder wie man das immer nennen will –, damit wir, wenn Banken in einer Schieflage sind, etwas haben, was in der Praxis funktioniert und wohl überlegt ist. Ich glaube, das ist notwendig.

Der Entschließungsantrag der Freiheitlichen dagegen kommt hier auch ein bisschen spät. Ein Blick in die APA zeigt, dass bereits am 24. September zum Beispiel Staats­sekretär Schieder ein eigenes Bankeninsolvenzrecht gefordert hat, dass am selben Tag, an dem der Antrag eingebracht wurde, auch der Finanzminister hier ange­sprochen wurde bei der Fragestunde, und auf die Frage des Abgeordneten Steier: „Wie stehen Sie zur Einführung des von Herrn Staatssekretär Schieder vorgeschla-


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genen Bankeninsolvenzrechts?“ auch der Bundesminister hier klar gesagt hat, ja, er unterstützt das, er will auch ein eigenes Bankeninsolvenzrecht.

Da gibt es auch eine Reihe von Meldungen, etwa vom 22. Oktober: Nationalrat Pröll will neue Regeln für Bankenpleiten, und es gibt hier auch vom Parlamentsklub der ÖVP entsprechende Aussendungen, gerade einmal eine Woche alt – ich darf Pröll zitieren –: Weiters soll ein neues Bankeninsolvenzrecht geschaffen werden.

Also insofern ist das nichts Neues, dass das gefordert wird, dass auch daran gearbeitet wird, und – das wird vielleicht den Freiheitlichen sogar ganz gut gefallen – unter Law and Order am Finanzmarkt soll es ja ein Gesamtpaket geben, das die Befugnisse und die Möglichkeiten der Finanzmarktaufsicht stärkt. Und im Zuge dessen soll es im bestehenden Bankeninsolvenzrecht, das rudimentär ja vorhanden ist, mit Regeln, dass kein Ausgleich, kein Zwangsausgleich, passieren darf, dass Geschäftsleiter eingesetzt werden können, et cetera, hier neue Regeln geben, um im Fall des Falles – wovon wir, glaube ich, alle nicht ausgehen wollen und ausgehen können, dass wir einen derar­tigen Insolvenzfall in Österreich haben – wirklich effektiv handeln zu können, sodass das Ganze jedenfalls professionell abgewickelt werden kann und nicht der Steuer­zahler einfach grenzenlos einspringen muss.

Dem gegenständlichen Antrag, also der Fristsetzung, kann ich gleich sagen, werden wir nicht zustimmen, erstens einmal, weil das ja ohnehin in Vorbereitung ist, wie Sie als wohl informierter Abgeordneter ja ohnehin wissen werden. Ich habe eine Reihe von Zitaten hier aus dem Hohen Haus bereits gebracht. Aber es gibt in Ihrem Ent­schließungsantrag einen Punkt, dem wir auf gar keinen Fall zustimmen können. Im Entschließungsantrag selber schreiben Sie, dass gleichzeitig die Guthaben der Bank­kunden in unbegrenzter Höhe gesichert sein sollen.

Wir haben beim Bankenpaket ganz bewusst die Einlagensicherung auf kurze Zeit befristet in unbegrenzter Höhe dargestellt, ganz bewusst befristet, alle Fraktionen hier, einstimmig also, weil wir genau wissen, dass das durch den Moral Hazard, also wenn quasi ohnehin alles unbegrenzt sicher ist und der Staat dahinter steht, eine Einladung für Banken ist, sehr riskante Geschäfte einzugehen, sehr hohe Zinsen zu versprechen, und das wollen wir nicht. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Deswegen ist es vernünftig, dass das ab 1.1. zurückgefahren wird, und allein aus die­sem Grund können wir diesem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.15.26

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gestehe, ich kann mit diesem Fristsetzungsantrag nicht allzu viel anfangen, und zwar aus folgendem Grund: Kollege Königshofer hat gemeint, er bringt heute einen Entschließungsantrag ein. Was er in Wirklichkeit getan hat, war: Er hat einen Entschließungsantrag, der bereits am 22. Oktober vom Kollegen Lutz Weinzinger eingebracht wurde, hier noch einmal verlesen.

In diesem Entschließungsantrag steht, dass die Bundesregierung innerhalb eines halben Jahres entsprechende Vorschläge für eine eigene Bankenkonkursordnung machen soll. Und heute kommt ein Fristsetzungsantrag, wo das halbe Jahr nicht mehr drinnen steht, sondern wo drinnen steht, der Finanzausschuss möge bis 9. Dezember etwas vorlegen.


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Ehrlich gestanden, ich verstehe die Hektik nicht, ich verstehe auch den Widerspruch nicht. Ich habe es verstanden, dass man im Oktober gesagt hat, die Bundesregierung soll in einem halben Jahr etwas Solides vorlegen. Aber heute zu kommen und zu sagen: Und das muss am 9. Dezember schon im Finanzausschuss behandelt werden!, also, ehrlich gestanden, mit dieser Hektik fange ich nichts an. (Abg. Scheibner: Der Antrag, Kollege! Das ist ja ein Fristsetzungsantrag!) Und die Entschließung ist vom Kollegen Lutz Weinzinger schon vor ungefähr einem Monat eingebracht worden.

Zur Sache selbst, meine Damen und Herren. Wenn man sich das ein bisschen an­schaut: Eine eigene Konkursordnung für eine Branche, so wichtig die Banken sind, so sehr sie sich unterscheiden von anderen Betrieben, glaube ich, ist nicht die richtige Zielsetzung. Wir haben ja heute schon auf Basis einer EU-Richtlinie entsprechende Bestimmungen im Bankwesengesetz. Da steht zum Beispiel drinnen, für die Banken gilt nicht das Ausgleichsverfahren, es gilt nicht der Zwangsausgleich, es gilt dafür aber die Einlagensicherung, und, und, und.

Finanzminister Pröll hat in der Fragestunde – ich habe es nachgelesen – nicht gesagt, er ist für eine eigene Konkursordnung der Banken, sondern er hat gesagt, man kann natürlich auf Basis der Erfahrungen dieser Finanzkrise sehr wohl die Bestimmungen im Bankwesengesetz neuerlich evaluieren, überprüfen, effizienter gestalten, verbessern.

Wir haben in den §§ 83 ff im Bankwesengesetz Bestimmungen über Geschäftsauf­sichts­verfahren: Was hat zu geschehen, wenn eine Bank in diese gefährliche Situation kommt? Wir haben die Einlagensicherung als Schutz für die Anleger. Wir haben die Bestrebungen im eigenen Land und auf europäischer Ebene, eine effizientere Finanz­aufsicht zu gestalten – als Risikovorsorge letztlich mit dieser Zweiteilung Europäischer Rat für Systemrisken als Art Frühwarnsystem mit den drei Säulen Banken, Versiche­rung, Wertpapiere, und dem europäischen System der Finanzaufsicht als Verzahnung der entsprechenden nationalen Institute.

Das heißt, wir haben hier ein umfassendes Paket, aber noch einmal: Man kann immer etwas verbessern, aber eine eigene Konkursordnung für Banken allein halten wir nicht für zielführend. Sehr wohl aber, Herr Kollege Königshofer, sind wir bei Ihnen, dass man sich auf Basis der Erfahrungen, die wir vor der Krise in der Dimension nicht hatten, jetzt anschauen soll: Was kann man hier anders machen, was kann man verbessern, was kann man effizienter gestalten?, das ist sicherlich richtig, aber gleichsam nur als ein – zwar wichtiger – Mosaikstein in einer Gesamtstrategie, um solche Dinge in Zu­kunft möglichst zu verhindern. (Beifall bei der ÖVP.)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


15.18.41

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein Fristsetzungsantrag, das ist richtig. Warum haben wir einen Fristsetzungsantrag gestellt im Hinblick auf diesen Entschließungsantrag, wo wir natürlich wissen und davon ausgehen, dass das ja debattiert wird und dass da andere Vorschläge kommen, und dass man sich überzeugen lassen kann: entweder in Rich­tung Abänderung oder eben in die Richtung, wie man es anders behandelt. Aber wir wollen eine Fristsetzung, weil wir Sorge haben, dass uns, bevor das gesetzlich gere­gelt ist, etwas passieren kann.

Wir wollen einfach eine Bankenkonkursordnung haben, und wir haben vorhin ja vom Kollegen Krainer gehört, dass auch seitens des Finanzministeriums und des zustän­digen Staatssekretärs das durchaus angedacht wird. Dass Kollege Dr. Stummvoll


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momentan nicht genau dorthin will – kein Problem. Darüber soll man ja diskutieren, darüber soll ja die Debatte laufen, aber es darf nicht sein, dass wir uns in einer echten Gefahr befinden!

Es wurde, weil die Gefahr erkannt wurde, weil die Regierung, weil das Parlament die Gefahr der großen Finanzkrise erkannt hat, das berühmte 100-Milliarden-Ding be­schlossen. 100-Milliarden-Ding: Die Älteren von uns können sich erinnern, welche Aufregung es gab über das 100 Millionen-Ding, und das waren damals Schilling vor 20, 25 Jahren – ich glaube, das war in etwa in dieser Zeit. Und jetzt haben wir 100 Mil­liarden € zur Verfügung gestellt, um auf der einen Seite den Banken Geld direkt zur Verfügung zu stellen und auf der anderen Seite Haftungen in der Größenordnung von 85 Milliarden € bereit zu stellen.

Meine Damen und Herren, wenn nach bestehender Konkursordnung oder nach einer gewissen Rechtsunsicherheit das alles schlagend würde, dann schauen wir aber „gut“ aus, denn dann schauen wir verheerend aus! Stellen Sie sich vor: Allein Kärnten mit einem Budget von etwa 2 Milliarden € hat 20 Milliarden € für die Haftung für ein Bankinstitut, das höchst gefährdet ist, bereit gestellt! Was macht Kärnten eigentlich, wenn das schlagend wird? Verkauft Kärnten Kärnten? Wird der Wörthersee verkauft? Wird Villach an irgendeinen Potentaten zur Pacht abgegeben? Was machen wir dann?

Das Gleiche gilt für die gesamte Problematik, und weil uns diese Problematik wirklich so gefährlich zu sein scheint, wollen wir das schnell behandelt haben. Deshalb unser Fristsetzungsantrag, dass bis zum 9. Dezember das nicht nur eingebracht, sondern diskutiert und abgestimmt wird.

Wenn Sie eine andere Lösung haben, die genauso gut ist und uns genauso in Sicherheit bringt – in Ordnung! Wir glauben, eine eigene Bankenkonkursordnung wäre der richtige Weg. Wenn eine Bank umfällt, besteht die Gefahr, dass wie bei einem Domino-Effekt eine nach der anderen ebenfalls umfällt. Und dann sind wir in der allergrößten Schwierigkeit, die wir uns vorstellen können! Wenn eine Gemischtwaren­handlung in Konkurs geht, gehen deswegen nicht die nächsten fünf Gemischtwaren­hand­lungen im gleichen Bezirk in Konkurs.

Das ist das andere Konkursrecht, das ist das normale Konkursrecht für die normale Wirtschaft, aber die Bankwirtschaft ist eben eine etwas andere Wirtschaft, als es Klein- und Mittelbetriebe sind. Und daher unser Entschließungsantrag betreffend einer eige­nen Bankenkonkursordnung, und darum unser Antrag, das zu beschleunigen, eben in Form eines Fristsetzungsantrages.

Ich glaube, wenn Sie keine besseren Überlegungen haben, dann sollten Sie diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


15.23.45

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, wir brauchen neue Regeln für die Banken, wir brauchen mehr Transparenz, und wir brauchen vor allem weniger haarsträubende Spekulationen.

Auch Basel II müssen wir uns einmal ganz anschauen. Basel II wurde ursprünglich erdacht, um das Risikobewusstsein der Banken zu stärken. Das heißt, dass eine Bank, die an jemanden einen Kredit vergibt, der nicht allzu kreditwürdig ist, dafür mehr Eigen­kapital hinterlegen muss. Viele sind dann auf die kreative Idee gekommen, diese Kredite nicht mit mehr Eigenkapital zu hinterlegen, sondern mit Kreditderivaten zu versichern. Diese Versicherungen wurden weltweit reihum gereicht, sodass die Bank,


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die sich auf der einen Seite versichert hat, hinten herum die Versicherung für eine andere Bank war und letztlich das Risiko nicht minimiert, sondern sogar ausgebaut wurde.

In der aktuellen Finanzkrise haben wir erlebt, dass einige Banken „too big to fail“ waren, das heißt zu groß, um zu scheitern. Da wurde ganz bewusst mit der eigenen Größe und mit der eigenen Systemrelevanz gearbeitet, um auch den Steuerzahler in die Pflicht zu nehmen, ein Unternehmen zu retten – koste es, was es wolle. Genau das war das Problem. Durch diese Gewissheit, durch diesen Moral Hazard, durch dieses Vertrauen: Ganz egal, was passiert – der Staat wird mich auffangen!, wurden immer mehr Risken eingegangen.

Dieses Too-big-to-fail gibt es ja schon, ich würde sagen sogar zwei Jahrzehnte lang. Man hat bei diesen großen Banken gewusst, man kann machen, was man will, und es wird letztlich nichts passieren. Man hat immer mehr Risiko auf sich genommen: Geht’s gut, verdient man gut daran; geht´s schlecht, zahlt der Steuerzahler.

Und genau davon reden wir jetzt. Und wenn Herr Pröll bei seiner Ansprache zur „Lage der Nation“ sagt, dass wir ab jetzt darüber nachdenken müssen, ob das für alle Zeit so sein soll, dass sich Banken in jedem Fall darauf verlassen können, dass der Staat sie rettet, dann ist das aus meiner Sicht schon ein guter Ansatz, denn der Steuerzahler darf nicht für jeden Blödsinn herhalten, den die Banken verzapfen (Beifall beim BZÖ), und wenn die Eigentümer der Banken wissen, dass im Extremfall, wenn etwas schiefgeht, auch dementsprechend gehaftet werden muss, dann werden sie auch darauf schauen, dass weniger Risiko eingegangen wird. Das ist, glaube ich, auch in unserem Interesse, und deshalb müssen wir diese Fehlentwicklungen hintanhalten.

Ich spreche hier über alle Banken, ich nehme hier keine Bank aus. Mir geht es darum, dass in den Geschäftsetagen wieder mehr Risikobewusstsein einkehrt, wieder mehr Bindung zu den Kunden, dass Kredite nicht einfach versichert werden und es letztlich egal ist, welches Risiko die Bank übernimmt, weil der Kredit ja entsprechend versichert ist.

Wenn ich mir die internationale Entwicklung anschaue, dass die Banken immer mehr konzentriert werden, dass immer mehr Banken zusammengeschlossen werden, muss ich sagen, das ist genau die falsche Entwicklung. Was wir brauchen, ist eine Kleinbanken-Struktur, wo einzelne Banken sehr wohl ausfallen können, aber nicht gleich das ganze System dadurch in Gefahr kommt.

Deshalb: Wir brauchen Kleinstrukturen, wir brauchen wieder eine Rückbesinnung auf den ursprünglichen Zweck einer Bank, nämlich die Vermittlung von Krediten, der mög­lichst enge Kontakt zu den Kreditnehmern, ohne Möglichkeiten des Versicherns, ohne Möglichkeit, diesen Kredit auch weiterzuverkaufen. Das heißt, diesen guten alten Bankbetreuer, der ganz genau weiß, wie es um die Bonität seines Kunden aussieht, der die Firma oft zehn, 15, 20 Jahre begleitet, genau weiß, was Sache ist, brauchen wir wieder, diese Strukturen brauchen wir wieder, und diese Strukturen müssen wir notfalls auch gesetzlich wieder herstellen, wenn die Banken nicht freiwillig dazu bereit sind. (Beifall beim BZÖ.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


15.28.38

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Frau Präsidentin. – Das Läuten hier bedeutet, dass es sich hier um eine Fristsetzung handelt; darüber wird an­schließend abgestimmt. Selbst wenn man nicht hundertprozentig der Meinung dieses


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Antrages wäre, so ist es doch so, dass das Vorhaben, dass die Regierung aufgefordert wird, binnen Halbjahresfrist eine entsprechende Lösung für das Problem vorzu­schla­gen, was hier ausführlich und eingehend beschrieben wurde – da wünsche ich allen toi, toi, toi!, die das leugnen wollen –, jedenfalls einmal etwas Gutes ist.

Man kann sich ja noch anschauen, was vorgelegt wird, aber drängen tut das allemal, und zwar vielleicht nicht nur für bestehende Institute, sondern es drängt auch – darauf komme ich noch zu sprechen, weil das als Thema ja jetzt zugelassen wurde – deshalb, glaube ich, und das ist mindestens so wichtig, weil sich nach dem Jahrestag des Aus­bruchs der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten die Bevölkerung schon erwartet: Was wird eigentlich an Maßnahmen ergriffen seitens der Regierungen? – Wir brauchen ja nicht so zu tun, als ob der Nationalstaat da allein alles richten könnte.

Aber die Herangehensweise, dass durch die spezielle Stellung der Banken im volkswirtschaftlichen System hier ein Sonderrecht zumindest einmal eine Möglichkeit sein könnte, dass man das Problem näher betrachtet, was passiert, wenn Banken in die Gelegenheit kommen, sozusagen auf Moral-Hazard-Tour zu viel Risiko in Kauf zu nehmen, im Wissen, dass am Schluss ohnehin der Steuerzahler zahlt.

Das ist ja das Grundproblem an der Sache, das ist zumindest eine Herangehensweise, die das in der Analyse erkennt. Wir können ja schauen, was die Regierung da – da ja mit dieser Entschließung eine Regierungsvorlage eingefordert wird – an möglichen Lösungswegen sieht. Und dann diskutieren wir es halt.

Aber dass da einmal ein Vorschlag kommt, das ist doch im Interesse jener, die sich bis jetzt überhaupt noch nicht mit Grausen abgewendet haben von der Entwicklung und von der Feststellung, dass zwar wenige Wochen nach Ausbruch dieser Krise alle Kundgebungen und Schwüre von Staatschefs, Regierungen und so weiter gegeben wurden, dann aber relativ wenig geschehen ist.

Insofern kann ich mich diesem Anliegen anschließen. Möglicherweise ist, sollten die Vertreter der Regierungsparteien dieser Fristsetzung zustimmen, auch in einer etwaigen Regierungsvorlage ein vernünftiger Vorschlag drinnen – umso besser. Jedenfalls ist das diskussionswürdig hier im Haus.

Zu den bestehenden Bankenproblemen ist natürlich schon festzuhalten – Herr Kollege Bucher, weil Sie vorhin den Zwischenruf gemacht haben: Schaden ist ja noch keiner entstanden für den Steuerzahler bei der Hypo (Abg. Mag. Stadler: Wird auch nicht!) –: Werden wir sehen. Vorläufig ist es so, dass einmal die Dividendenzahlungen aus­bleiben; logisch. (Abg. Mag. Stadler: Auf den Kaufpreis kompensiert sich das!) Wenn sie plus/minus 8 Prozent bekämen und 4 Prozent Refinanzierungskosten zahlen, ist ja die Rechnung ganz einfach: Wenn zwei Jahre ausfallen, würden zwei Jahre reichen, wenn die Dividendenzahlungen dann wieder einträfen, weil es ja genau die Hälfte ist. Vorläufig kostet es uns aber 4 Prozent von 900 Millionen, denn das steht dort drinnen als Partizipationskapital.

Ob das Wandlungsrecht dann so viel wert ist, ist eine andere Frage. Der Finanz­minister – und das kommt mir gar nicht so verkehrt vor an dieser Stelle – will ja jetzt gar nicht wandeln, denn: In welchen „Pyjama“ würde er sich da hineinverwandeln? Das ist, so glaube ich, schon ein problematisches „Nachtgewand“, was dort vorzufinden ist.

Im Übrigen ist es ja bei der Hypo so gewesen, dass – was der vielgescholtene Banken-Untersuchungsausschuss schon herausarbeiten konnte und andere, die rund um die Hypo Bedenken hatten und Aufklärungsarbeit in den Jahren 2006 und 2007 geleistet haben – viele Probleme vorher schon grundgelegt wurden und die Wirtschaftskrise bestenfalls ein Auslöser für mögliche Dominoeffekte dort ist, aber tragischerweise der dringende Verdacht besteht, dass da auch auf die völlig falschen „Pferde“ in der Bank


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gesetzt wurde. – Aber soll sein: Ohne Risiko gibt es keine Investitionsgeschäfte. Und wenn sich die Bank das zum Geschäftsfeld gemacht hat, darf es auch noch sein.

Die Frage ist nur, wie das jetzt abgewickelt wird. Und da wird der Finanzminister unsere Unterstützung dann haben, wenn er halt auch auf das Geld des Steuerzahlers schaut. Darüber hinaus gibt es natürlich volkswirtschaftliche Interessen zu berück­sichtigen. Das ist schon klar. Aber dass jetzt einmal die Eigentümer am Zug sind, die ohnehin staatliche sind, nämlich mehrheitlich die Bayern, ist völlig richtig. Wenn die damals übers Ohr gehauen worden sind – wozu es ja auch Verdachtsmomente gibt –, dann werden sie sich hoffentlich zur wehren wissen.

Aber am Schluss wird sich wieder herausstellen: Der Banken-Untersuchungsaus­schuss war auf der genau richtigen Spur – tragischerweise. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

15.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Königshofer, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 831/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eine eigene Bankenkonkursordnung eine Frist bis zum 9. Dezember 2009 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.34.25Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 12 bis 16 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. Ich stelle wunschgemäß die restlichen 4 Minuten ein. – Bitte.

 


15.34.41

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP) (fortsetzend): Frau Präsidentin! Zweiter Versuch zur Zukunft der europäischen Außenpolitik auf der Grundlage des Vertrages von Lissabon. – Meine Damen und Herren! Henry Kissinger hat jetzt das, was er vor einiger Zeit schon haben wollte, nämlich eine europäische Telefonnummer. Diese wird es ab dem 1. Dezember dieses Jahres geben. Das heißt aber natürlich nicht, dass es in Europa jetzt zu jeder Frage eine einheitliche und 100-prozentige Lösung in der Sache geben wird.

Europäische Außenpolitik wird weiterhin Teamarbeit sein – Teamarbeit an der Spitze der verschiedenen Institutionen, das heißt, mit dem Kommissionspräsidenten, mit dem Präsidenten des Rates, aber auch natürlich in bestimmten Teilen mit dem Euro­päischen Parlament. Nur: Es wird ein neues Orchester sein. Es wird eine neue Harmonie auch unter einem Dirigenten der 27 sein mit dem Hohen Vertreter für die Außenpolitik. Längst hat die Europäische Union damit die Dimension Hausmusik überschritten.

Es wird vor allem auch etwas Neues geben: Das ist der Europäische Auswärtige Dienst. Dieser ist besonders für die kleineren und mittleren Staaten von Bedeutung. Und ich halte es für sehr vernünftig, diesen Dienst dem Hohen Vertreter/der Hohen Vertreterin zu unterstellen. Nur das ist sinnvoll. So kann das Ganze auch langsam


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 136

operationell werden; schneller wäre uns lieber, aber wir müssen uns auf eine Über­gangs­zeit einstellen.

Ich glaube, dass man bei diesem Europäischen Auswärtigen Dienst von Anfang an die Dimension Bürger-Information und -Kommunikation mitdenken sollte. Daran hapert es bei der Darstellung der Außenpolitik nicht nur bei uns, sondern auch in Europa. Die europäischen Bürger haben ein Recht darauf, hier mehr zu erfahren. Diplomaten sind normalerweise nicht diejenigen – und das sage ich durchaus in Anbetracht meiner eigenen Vergangenheit –, die auf Kommunikation nach außen und 100-prozentig zum Bürger ausgerichtet sind.

Ich glaube, dass es eine Reihe von Themen jenseits der Finanzkrise, des Energie­themas und des Klimathemas gibt, die der dringenden Behandlung, auch der außen­politischen Akteure in der Europäischen Union bedürfen. Und man kann die neue Dynamik, die wir mit dem runderneuerten Vertrag haben, durchaus nützen.

Ich möchte ein Thema aufgreifen, das meiner Ansicht zu wenig beachtet wird, das derzeit institutionell im Rahmen der Europäischen Union nur von den Innenministern unter dem Stichwort „Prävention von Extremismus“ aufgegriffen wird. Das ist der Umgang mit der religiösen und kulturellen Vielfalt innerhalb der Europäischen Union, aber auch im Weltdorf. Das sind zwei Komponenten ein und desselben Themas. Hier müssen wir einfach mehr tun, hier müssen wir mehr Kompetenz erwerben. Österreich hat diesbezüglich eine einzigartige Position. Wir haben da Know-how – denken Sie an die Grazer Imame-Konferenz!

Es wäre hervorragend, dieses Wissen für einen europäischen Islam auch stärker in der Europäischen Union zur Geltung zu bringen und zu nützen. Die Innen- und Außen­minister sollten sich einmal zu einer gemeinsamen Sitzung treffen. Das tun sie bisher nicht. Da gibt es viele Überschneidungsflächen.

Mehr Mut zu Europa, Mut zu mehr Europa kann ich daher nur wünschen. Lust am Mitgestalten, am Mitverantworten – das wäre meine Vorstellung.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu den Frauen anfügen! Nächstes Jahr ist der zehnte Jahrestag der bekannten UN-Resolution 1325, der Resolution über Frauen in Kon­flikten und beim Peacebuilding. Es täte uns gut, so glaube ich, als Österreicher, als Nachbarn, wenn wir das Netzwerk der Frauen am Balkan unterstützen würden, ihnen Hilfe – finanziell und organisatorisch – bei einer großen Konferenz geben würden, die sie zum zehnten Jahrestag der UN-Resolution 1325 vorbereiten.

Das ist weitgehend eine Post-conflict-Gesellschaft, da ist es besonders sinnvoll. Und es stünde uns als Nachbarn gut an, wenn wir uns hier ganz praktisch, ganz konkret auch im Sinne einer intensivierten Balkanpolitik engagieren. Denn das ist eine Frage der Sicherheit nicht nur Österreichs, sondern auch Europas. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen für 3 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


15.39.19

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Außenpolitische Bericht, den wir heute disku­tieren, dokumentiert auch, wie in der Vergangenheit die internationalen Entwicklungen, die Tätigkeiten der EU und die österreichische Außenpolitik ausgeschaut haben. Er ist also ein sehr guter Rückblick und eine Bilanz für das Jahr 2008 – dieses Jahr, das so sehr im Zeichen der schwersten Finanz- und Wirtschaftkrise seit 1929 gestanden ist. Auch dies reflektiert der Bericht.


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Angesichts des dramatischen Anstiegs der Arbeitslosenzahlen, mit dem wir derzeit in der EU konfrontiert sind, müssen wir davon ausgehen, dass wir uns auch im nächsten Jahr damit beschäftigen werden.

Ich komme zu einem weiteren Punkt, meine Damen und Herren. Mit einer gewissen Sorge ist die Entwicklung zu beobachten, dass die Gruppe der G 20, die ein infor­melles Gremium ist, immer wieder und immer mehr zu einem wichtigen Entscheidungs­zentrum wird. Da sollten wir, wie andere kleine Mitgliedstaaten der EU auch, eine Diskussion darüber führen, wie wir mit dieser Entwicklung umgehen. Alle Formen der informellen Zusammenarbeit haben ja auch die Schwäche, dass die parlamentarische Kontrolle gänzlich ausgeschaltet wird.

Im Zentrum des multilateralen Handelns sollten die Vereinten Nationen mit ihren ange­schlossenen Gremien stehen. Wichtig wäre jedenfalls, dass innerhalb der EU die Treffen der G 20 entsprechend vorbereitet werden, wichtig wäre auch aus meiner Sicht, für Österreich als Mitglied der Euro-Zone, dass es eine Vertretung der Euro-Gruppe bei den Treffen der Finanzminister im Rahmen der G 20 gibt.

Ein Thema, das zunehmend Sorge bereitet, Anlass zur Sorge gibt, ist, wie schon ange­sprochen, der Atom-Streit mit dem Iran. Da ist es sehr bedauerlich, dass der Kompromissvorschlag des Friedensnobelpreisträgers und Generaldirektors der Inter­nationalen Atomenergiebehörde, el-Baradei, abgelehnt worden ist.

Entscheidend, so denke ich, wird sein, wie die internationale Gemeinschaft handelt. Ich hoffe, dass hier im Rahmen der Vereinten Nationen eine geschlossen Haltung gefun­den werden kann.

Erfreulich ist, worüber der Bericht auch Auskunft gibt – und in diesem Punkt ist er praktisch überholt –, dass es eine Weiterentwicklung bezüglich des ungelösten Grenz­streits zwischen Slowenien und Kroatien gegeben hat. Hier hat man sich auf ein internationales Schiedsgericht geeinigt. Das ist schon ein Musterbeispiel friedlicher Konfliktlösung.

Ich möchte noch kurz zum Konsulargebührengesetz etwas sagen. Die Novelle enthält eine Erweiterung der Befreiung von Konsulargebühren bei Amtshandlungen im Zusam­menhang mit den im Krieg von 1939 bis 1945 vermissten österreichischen Staats­bürgern; das wird also erweitert. Diese Erweiterung erstreckt sich auch auf Amts­handlungen im Zusammenhang mit den Opfern von politischen und rassistischen Verfolgungen bis 1945.

Seitens des SPÖ-Klubs wurde sichergestellt, dass eine Regresspflicht auch weiterhin vom Vorliegen eines Verschuldens abhängt. Dafür haben wir uns sehr eingesetzt. Wir werden dieser Gesetzesnovelle zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Themessl zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


15.43.20

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Worauf hier in diesem Bericht sehr wenig ein­gegangen wird, ist natürlich die wirtschaftliche Lage, nicht nur in Österreich, sondern auch in der EU, und damit zusammenhängend, beginnend mit der Finanzkrise des letzten Jahres und der Wirtschaftskrise, die daraus entstanden ist, wird auch sehr wenig darauf eingegangen. Meiner Meinung nach wurde hier auch seitens der EU viel zu wenig getan.


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Ich war Anfang dieses Jahres bei einem Wirtschaftsgipfel in Brüssel, wo diese Themen besprochen wurden. Damals wurde von der Kommission und auch vom Kommissions­präsidenten Barroso klar darauf hingewiesen, dass da die EU gefordert ist, viel mehr für Arbeitsmarktpakete zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu tun.

Damals ist davon ausgegangen worden, dass erste Schritte dazu im Mai dieses Jahres gesetzt werden. Sie wissen, dass die Finanzkrise bereits im dritten und vierten Quartal des letzten Jahres voll durchgeschlagen hat und die Wirtschaftskrise damals mehr als vorhersehbar war. Die Arbeitslosenzahlen sind ja bereits Anfang des Jahres gestiegen. So, wie es aussieht und wie es alle Wirtschaftsforscher voraussagen, wird das natür­lich eine Fortsetzung finden. Die Krise wird auch im nächsten Jahr, was die Anzahl der Arbeitslosen betrifft, entsprechend groß sein; die Anzahl der Arbeitslosen wird weiter steigen, nicht nur in Österreich, sondern auch in der gesamten EU.

Wenn Sie davon ausgehen, dass laut Wirtschaftsforschern Mitte des nächsten Jahres jeder Zehnte in Europa arbeitslos sein wird, dann wissen Sie, von welcher Arbeitslo­sen­rate wir reden. Ich hätte schon die Bitte auch an den Außenminister, in der EU dahin gehend tätig zu werden, dass in diesen Bereichen wesentlich mehr unternom­men wird. Hier ist die EU säumig; die einzelnen Nationalstaaten sollen nicht auf sich selbst gestellt sein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


15.45.29

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich würde gerne auch das Augenmerk auf den Außenpolitischen Bericht legen, insbesondere auf die Entwicklungspolitik, aber auch auf Kopenhagen, weil ich einige Fragen dazu hätte, die offen geblieben sind, wie ich meine.

Gestern war ja Umweltminister Berlakovich bei uns im Plenum und hat sehr viel in Bezug nicht nur auf die klägliche Bilanz bei den Kyoto-Zielen, die Österreich längst nicht erreicht, schöngeredet und beschwichtigt. Er wollte auch immer wieder beweisen, dass wir mit etwas sehr zufrieden sein können, was uns jedoch eigentlich beschämen sollte. Wie er das geschafft hat – nämlich einerseits haben wir so schlechte Ergebnisse und andererseits können wir stolz darauf sein –, das war erstaunlich.

Ähnliches orte ich auch im Außenpolitischen Bericht, wenn es um den Umgang mit den Zahlen zur Entwicklungszusammenarbeit geht. Im Jahr 2008 wurden nämlich 0,42 Pro­zent des Bruttonationaleinkommens dafür investiert, womit wir weit hinter den Millen­niumszielen liegen. Wie Sie wissen, Herr Minister, liegen die bei 0,7 Prozent.

Es ist schon erstaunlich, dass im Bericht das Wort „Millenniumsziele“ gar nicht vor­kommt, dass aber sehr wohl vorkommt, dass das operative Budget zwar weniger geworden ist, es aber durchaus über dem EU-Schnitt liegt, nämlich dem EU-Schnitt von 0,33 Prozent und wir sozusagen im Mittelfeld liegen und zufrieden sein können.

Herr Minister Spindelegger, Sie sind kein Fußballtrainer, der jetzt nach einem verlo­renen Match sagen muss: Wir haben eh gut gespielt, wir haben unser Bestes getan. – Ich glaube, da ist noch nicht genügend getan worden, weil ich nicht weiß, wie bis 2015 die Ziele fast verdoppelt werden sollen. Da müssen die Anstrengungen Österreichs in Bezug auf die in die Entwicklungszusammenarbeit investierten Gelder besser werden.

Ich hätte eine weitere Frage und würde Sie um eine Erklärung bitten. Es steht jetzt die Anrechenbarkeit der möglichen Ausgaben für die Entwicklungsländer für den Umwelt­schutz im Raum. Es wird einerseits gesagt, dass diese Gelder in die Entwicklungs­zusammenarbeitsgelder hineingerechnet werden, andererseits sagten Sie im Aus-


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schuss, das wird nicht so sein. Das werden nur Gelder sein, die zusätzlich zur ODA ausgegeben werden.

In einem Papier, das uns zugespielt wurde, das die offizielle, vermeintlich offizielle Regierungsunterlage für Kopenhagen ist, steht es aber anders, nämlich, dass das sehr wohl in die Entwicklungszusammenarbeit hineingerechnet wird. Ich orte da sehr viel Unruhe und auch Unklarheit und würde Sie um eine Erklärung dahin gehend bitten – ich weiß nicht, ob Sie heute noch einmal zu Wort kommen –, wie es dazu kommt, dass das zum einen so im Raum steht und Sie zum anderen aber anderes im Ausschuss sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich denke, Österreich muss einen gerechten Anteil an den Kosten des Klimawandels übernehmen. Die ohnehin viel zu geringen Ausgaben für die Entwicklungszusam­menarbeit dürfen dabei nicht gefährdet werden, denn, wie Sie wissen, die Lage für die Entwicklungsländer ist bereits dramatisch. Laut dem Humanitären Weltforum sind bereits jetzt 300 000 Menschenleben vom Klimawandel bedroht; das sind Schäden in der Höhe von ungefähr 100 Millionen US-Dollar. Das heißt, diejenigen, die eigentlich nichts bis gar nichts zum Klimawandel beigetragen haben, leiden jetzt schon und bekommen derzeit die Rechnung präsentiert. Ich glaube, dass Österreich da die Anstrengungen forcieren und das sehr beherzt angehen muss. Wir müssen vor allem den eigenen Egozentrismus zurückstecken und uns um die Entwicklungsländer küm­mern, nämlich vollherzig und nicht nur halbherzig. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Glaser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.49.41

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Herzliche Gratulation zunächst zum Außenpolitischen Bericht 2008. Herzliche Gratulation unserem Bundesminister, auch seiner Amts­vor­gängern Frau Dr. Plassnik zur Arbeit im vergangenen Jahr.

Ich glaube, dass Österreich, das Außenministerium insgesamt sehr gute Arbeit geleis­tet hat und mit der Vorsitzführung in diesem November auch nach außen eine groß­artige Leistung sichtbar wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben mit der Resolution zum Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten, wie ich meine, doch eine Handhabe dazu, dass wir Menschenrechten besser zum Durchbruch verhelfen. Eines dieser Menschen­rechte ist in meinen Augen auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben.

Wir haben es mit der Tatsache zu tun, dass im Zuge dieser Wirtschaftskrise der Hun­ger in dieser Welt erstmals seit Jahrzehnten wieder zunimmt, und ich glaube, wir alle haben eine Verpflichtung dahin gehend, dass niemand auf dieser Welt letztlich Hunger leiden muss.

Wir müssen daher unsere Anstrengungen im Bereich der Entwicklungs­zusammen­ar­beit zweifelsohne intensivieren. Wobei ich glaube, dass es weniger darum geht, dass wir hier noch mehr im theoretischen Bereich unternehmen, sondern dass wir wirklich in der praktischen Entwicklungszusammenarbeit größere Anstrengungen unternehmen. Es geht darum, dass wir wirklich Sorge tragen dafür, dass die Länder selbst möglichst für Ernährung und Energie sorgen können, möglichst autonom in diesen wichtigen Bereichen sind. Ich meine, dass das der wesentlichste Beitrag für eine gute Ent­wicklung und für Frieden auf dieser Welt wäre. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Bayr und Dr. Moser.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 140

Wir sollten dabei nicht nur den Aspekt der Solidarität sehen, der zweifelsohne wichtig ist, sondern auch, dass wir da auch Eigeninteresse haben müssen. Ich möchte kurz auf unseren Besuch in Bhutan im heurigen Sommer eingehen; ein gutes Beispiel dafür, dass wir selbst davon in wenigen Jahren mehr profitieren werden als die Bhutaner von uns. In wenigen Jahren wird es nicht mehr notwendig sein, dort finanziell zu helfen, sondern dort wird dann unser Know-how im Bereich Tourismus, im Bereich Wasser­wirtschaft, in anderen Bereichen gefragt sein und dort werden wir auch Geschäfte machen können.

Ein Weiteres: Wenn wir wirklich wollen, dass Migration möglichst ohne Probleme, möglichst ohne Konflikte stattfindet, dann müssen wir – und nur so wird das funk­tionieren – unseren Partnerländern in der Dritten Welt eine gute Entwicklung ermög­lichen.

Noch ein Aspekt erscheint mir in diesem Zusammenhang wichtig, gerade jetzt im Hin­blick auf die Klimakonferenz in Kopenhagen: Wenn wir unser Leben insgesamt einiger­maßen vernünftig weiterführen wollen, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass wir unser Klima, unsere Umwelt im Gleichgewicht halten.

Ich bin sehr froh darüber, dass es jetzt doch etwas Bewegung bei den Reduktions­zielen gibt. Ich war sehr positiv überrascht über die Ankündigung Russlands, dass man sich auch ein Reduktionsziel von 25 Prozent vorstellen kann.

Ich denke, da werden alle ihren Beitrag leisten müssen, Industrieländer genauso wie Schwellenländer und Entwicklungsländer, und zwar in dem Sinn, dass sie die Fehler, die wir gemacht haben, einfach nicht mehr wiederholen.

In diesem Sinne stehen uns vier sehr entscheidende Wochen bevor – ich hoffe, dass wir in Kopenhagen Erfolge vorweisen können –, vier entscheidende Wochen für die Zukunft unserer Erde. Ich hoffe, wir können sie nutzen, und glaube, dass wir alles, was wir tun können, dazu beitragen werden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Bayr zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.53.54

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch auf die dritte Krise neben der Wirtschafts- und der Klima- und Energiekrise eingehen, nämlich auf die Nahrungsmittelkrise, die oft ver­gessen wird. Alle drei Krisen betreffen vor allem Menschen in armen Ländern, alle drei Krisen sind aber Krisen, die von den reichen Ländern ausgegangen sind. Es ist auch in allen drei Fällen so, dass die reichen Länder den Schlüssel dazu in der Hand haben, diese Krisen zu bewältigen. Wir sind die erste Generation, die sowohl die Technologie als auch die Mittel hat, alle Menschen auf dieser Welt aus der Falle von Hunger und Armut zu befreien. Was fehlt, ist der politische Wille dazu.

Es sind heuer erstmals eine Milliarde Menschen auf dieser Welt, die hungern. Ich denke, das ist eine der größten Menschenrechtsverletzungen, die in diesem 21. Jahr­hundert passieren. Jedes Jahr sterben ungefähr 8,8 Millionen Menschen an den Fol­gen von Hunger. Das heißt, jede dritte Sekunde stirbt ein Mensch. Selten ist es jedoch ein Problem von zu wenig Nahrung – das ist nicht das Hauptproblem –, sondern es sind soziale, ökonomische und politische Faktoren, dass Hunger in der Welt herrscht, Faktoren, die zu ändern sind, wenn man sie ändern möchte, beispielsweise die Frage des Bevölkerungswachstums. Es ist absehbar, dass es – vor allem gepaart mit dem Klimawandel – zu einer Verknappung von Nahrungsmitteln in manchen Regionen kommen wird, gleichzeitig ist es aber so, dass etwa 200 Millionen Frauen auf dieser


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 141

Welt gerne verhüten würden, gerne Familienplanung betreiben würden, aber keinen Zugang zu reproduktiver Gesundheit haben. Dort anzusetzen, dort etwas zu tun wäre relativ leicht.

Es ist eine Frage der Struktur des Welthandels und eine Frage der Subvention von landwirtschaftlichen Produkten, die oft Kleinbauern in armen Ländern ruinieren und diese keine Chance haben, mit ihren lokalen Produkten auf regionalen Märkten zu punkten. Ebenso sind Spekulationen an Rohstoffbörsen, die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treiben, ein großes Problem, das jedoch politisch in den Griff zu bekommen wäre.

Ebenso politisch in den Griff zu bekommen wäre die Frage von Konkurrenz um land­wirtschaftliche Nutzflächen, wo wir mit dem Phänomen des „land grabbing“ als relatives Neues konfrontiert sind, bei dem reiche Länder oder Unternehmen Land von armen Ländern kaufen oder pachten, um dort entweder Rohstoffe für Agrartreibstoffe oder auch Futtermittel oder Nahrungsmittel für ihre eigene Bevölkerung zu produzieren. Den dort lebenden Menschen werden mit dem Vorenthalten von Ackerland die Möglich­keiten zur Produktion von Nahrungsmitteln genommen, es wird die Ernährungssouve­ränität von Ländern untergraben. Auch das ist, wie gesagt, politisch in den Griff zu bekommen.

Es liegt klar auf der Hand, dass wir in der Lage sind, die komplette Weltbevölkerung zu ernähren ohne Einsatz von Gentechnik, ohne schädliche riesige Monokulturen, aber auch ohne einen totalen Pestizid-Overkill. Es bestünde die Möglichkeit, wenn wir mehr Geld in nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung steckten.

Ich finde es – abschließend – sehr schade, dass der Abschlussbericht des dieser Tage zu Ende gegangenen Welternährungsgipfels in Rom keinerlei solch konkrete Zusagen beinhaltet, sondern eigentlich nur sehr unverbindlich bleibt. So fehlt zum Beispiel abermals, dass wir das Menschenrecht auf Nahrung, das seit 1976 rechtsverbindlich anerkannt ist, mit Leben füllen, wir handeln nicht im Sinne von einer Milliarde hun­gernden Menschen und tun nichts in Sachen struktureller Änderung von Landwirt­schafts-, Handels-, Sozial- und Entwicklungspolitik. Auch in Österreich haben wir dazu noch einiges beizutragen.

Trotz allem möchte ich mich aber bei den Kolleginnen und Kollegen des Außenamts für diesen sehr guten, sehr lesbaren und sehr gut strukturierten Bericht bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


15.57.57

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die freiheitliche Nationalratsfraktion bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des Kreuzes in Europas und Österreichs Klassenzimmern

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten – werden aufgefordert, auf natio-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 142

naler, aber vor allem auf europäischer und internationaler Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit es zum einen zu einer politischen Willensbekundung für den Erhalt des Kreuzes in europäischen und österreichischen Klassenzimmern in seiner ethisch-kulturellen Bedeutung kommt, und zum anderen die Rechtslage der Euro­päischen Union dahingehend novelliert wird, dass den europäisch-abendlän­di­schen Grundwerten auch eine rechtliche Absicherung zukommt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir Freiheitlichen halten einen solchen Antrag gerade in Hinblick auf die Diskussion der letzten Wochen für notwendig. Europa ist christlich-abendländisch geprägt, da gibt es überhaupt keinen Zweifel, auch wenn das der eine oder andere vielleicht in Zweifel zieht oder lächerlich findet, wir sollten nicht zulassen, dass der Halbmond – und sei es über die Geburtenraten – das Kreuz verdrängt. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Wir freuen uns, dass offensichtlich auch die Regierungsparteien die Bedeutung eines solchen Antrages erkannt haben und einen eigenen Antrag einbringen. Ich gehe davon aus, dass unser Antrag, den wir ja schon gestern abgegeben haben, dafür vielleicht die Initialzündung war.

Unser Antrag – ich habe mir jenen der Regierungsparteien auch angeschaut – geht über den Regierungsantrag insofern etwas hinaus, als wir anstreben, dass im ge­samten EU-Raum über die Grundrechtscharta diese Werte als verbindlich anerkannt werden.

Damit komme ich zum Außenpolitischen Bericht. – Herr Bundesminister, ich beginne mit einem erfreulichen Bereich, dem sogenannten Bürgerservice. Das betrifft vor allem die Unterstützung von Österreichern im Ausland durch unsere Botschaften und Konsulate.

Ich war vor Kurzem in Lissabon und bin dort selbst durch Trickdiebe in eine unan­genehme Situation gekommen. Trotz des Wochenendes hat die österreichische Botschaft umgehend reagiert und war sofort bereit, zu helfen, obwohl es eben, wie gesagt, an einem Wochenende war.

Es ist tatsächlich eine beeindruckende Bilanz, wenn allein im Jahre 2008 in 117 000 Fäl­len durch Ihre Mitarbeiter oder durch Mitarbeiter Ihres Ministeriums Hilfe geleistet werden konnte und wichtige Auskünfte erteilt werden konnten. So gesehen ist es natürlich bedauerlich, dass die Geldnot Sie zwingt, da Einsparungen vorzunehmen.

Ich komme zum Schluss: Es ist erfreulich, dass Österreich 2009/2010 Mitglied des Sicherheitsrates ist, noch wichtiger, Herr Bundesminister, wird es aber sein, nicht nur dieses Ziel erreicht zu haben, sondern auch dafür einzutreten, dass die Menschen­rechte und die Herrschaft des Rechts, wie Sie in diesem Bericht festgestellt haben, gesichert werden und dass dem auch Taten folgen.

Wir müssen an Sie appellieren, vor der UNO-Vollversammlung auch einmal die Frage der Beneš-Dekrete, der AVNOJ-Gesetze zu thematisieren. Wir möchten, dass Sie im Rahmen der UNO auch die Menschenrechtsverletzungen im Gaza-Streifen offensiv ansprechen. Und ein Thema, das auch nicht aus den Augen verloren werden soll, ist die noch immer nicht aufgeklärte Ermordung des steirischen Majors Lang durch das israelische Militär. (Beifall bei der FPÖ.)

16.02



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 143

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


16.02.35

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Der kulturelle Dialog wird immer mehr zu einem entscheidenden Faktor guter zwischenstaatlicher Beziehungen und der Gestaltung von internationalen Kooperationen.

Der Bericht 2008 zeigt sehr eindrucksvoll auf, dass es uns ein großes Anliegen ist, dass Südosteuropa in diesem interkulturellen Dialog voll in Europa integriert ist. Auch die Schwerpunkte, die Bundesminister Spindelegger heute dargebracht hat, mit dem Donauraum, mit der Schwarzmeerregion zeigen auf, wie wichtig gerade die Vorbe­reitung durch den Ausbau, die Förderung und die Pflege der kulturellen Beziehungen ist, um anschließend auch die entsprechenden wirtschaftlichen, bildungspolitischen, forschungspolitischen Schwerpunkte miteinander setzen zu können.

Der Standort Österreichs in Europa soll mit kulturellen Mitteln auch künftig verständlich und wahrnehmbar gemacht werden. Österreich und Europa werden immer auch durch die Vorstellungen seiner Bürgerinnen und Bürger geschaffen. Daher ist die Euro­päische Integration in ihrem Kern vor allem eine kulturelle Aufgabe.

Österreich verfügt – lassen Sie mich diesen Punkt aus dem umfangreichen Bericht herausgreifen – über ein weltweites Netz von 30 Kulturforen, 55 Österreich-Bibliothe­ken, neun Standorten des Österreich Institutes, speziellen Kooperationsbüros in Lem­berg, Sarajevo und Washington sowie auch die Zusammenarbeit mit den Botschaften und Generalkonsulaten, gerade in der Kulturarbeit. Dieses Netzwerk, das da entsteht, ist der Wegbereiter für spätere Gemeinsamkeiten und Kooperationen.

Ich möchte im Rahmen dieser Netzwerke drei Institutionen besonders herausstreichen, weil sie oft zu kurz kommen, das Österreich Institut, die Österreich-Bibliotheken und die österreichischen Lehrstühle. Wenn wir sehen, mit welch bescheidenen Mitteln da Netzwerke vor Ort aufgebaut, gepflegt, erhalten werden, wie sehr es gelingt, mit diesen bescheidenen Mitteln das Österreich-Bild in der Kultur, in der Sprachvarietät, in der ganzen Tradition, aber auch in der Moderne entsprechend zu verankern, so gehört diesen Institutionen an dieser Stelle auch unser Dank ausgesprochen (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger), denn sie sind es, die uns tagtäglich unterstützen, sodass unsere außenpolitischen Schwerpunkte in diesen Orten auch verankert sind.

Die Impulse gehen von der Kultur und Wissenschaft aus, sie zeigen aber auch, dass viele dieser Kooperationen später in sehr dauerhafte Kooperationen münden, so ist es gerade durch die österreichischen Lehrstühle gelungen, anschließend auch gemein­same Studienprogramme aufzusetzen, universitäre Kooperationen zu verstärken. Auch die Brücke zu Istanbul beispielsweise hat ihren Ursprung in den Aktivitäten des Öster­reich Institutes, des Kulturforums vor Ort, das zu österreichischen Kooperationen in der Wissenschaft geführt hat und letztendlich den Bogen zu einem gemeinsamen Ver­ständnis zwischen Europa und der Türkei, zwischen Österreich und der Türkei im Bilateralen spannt.

Daher: 2008 war ein wichtiges Jahr. 2009 setzen wir das fort. Lassen wir uns die Brücke in die Zukunft weiter über die Kultur bauen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Weninger zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 144

16.06.28

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Ich möchte mit einem eindringlichen Appell beginnen: Herr Außen­minis­ter, ich möchte Sie dringend ersuchen, sich bei Ihren europäischen und inter­nationalen Amtskollegen und auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die Reisefreiheit der Menschenrechtsaktivistin Aminatou Haidar einzusetzen, die sich der­zeit in Lanzarote im Hungerstreik befindet, weil ihr die Rückkehr in ihre Heimat, die Westsahara, verweigert wird.

Drei kurze Anmerkungen zum Außenpolitischen Bericht: Eine wesentliche Säule der österreichischen Außenpolitik ist die des Gastgebers, des Vermittlers und des Koordinators. Sie haben es angesprochen, derzeit haben über 20 internationale Orga­nisationen ihren Amtssitz in Wien. Österreich hat sich seine Rolle als Konferenzort als neutraler Staat in der Zeit des Kalten Krieges erarbeitet. Es ist eine bemerkenswerte Leistung und auch eine Auszeichnung für die Bundeshauptstadt Wien, dass es gelun­gen ist, nach diesen geopolitischen Veränderungen, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, nach unserem Beitritt zur Europäischen Union diese Standortgarantie abzu­geben, dass weiterhin internationale Organisationen gerne zu Gast in Österreich sind. Die weltweit geschätzte hohe Lebensqualität ist auch ein Markenzeichen der Bun­deshauptstadt Wien.

Zum zweiten Bereich: die vielen internationalen Missionen, an denen Österreich seit den sechziger Jahren beteiligt ist. Mein Danke gilt den SoldatInnen, BeamtInnen und ExpertInnen, die in vielen Teilen der Welt österreichische Interessen vertreten, im Frie­densdienst aktiv sind und damit auch ein positives Bild der österreichischen Außen­politik zeichnen.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass die österreichische Außenpolitik nach Jahren der Eurozentriertheit und der Konzentration auf die Nachbarschaftspolitik wieder ein eige­nes, globaleres Profil entwickelt und wir zunehmend wieder Impulsgeber und Dialog­partner werden.

Die Qualität und die Akzeptanz der Außenpolitik hängen in hohem Ausmaß auch von den handelnden Personen ab. Es werden sich viele noch an Zeiten erinnern, in denen Außenpolitik auch in den Medien davon bestimmt war, wer schneller einen wichtigen gesellschaftlichen Termin erreicht, wer schneller ein attraktives Foto ergattert. Wir erleben jetzt in dieser Bundesregierung eine abgestimmte internationale Politik. Mit der weltweit geschätzten Gesprächsdiplomatie unseres Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer, der verantwortungsvollen Führungsrolle auf europäischer und natio­naler Ebene von Bundeskanzler Werner Faymann sowie der engagierten und kompe­tenten Außenpolitik von Bundesminister Dr. Michael Spindelegger wurde eine Form der Außenpolitik gefunden, die ein Aushängeschild für unsere Republik als klei­ner Staat im Herzen Europas ist. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schittenhelm.)

Dafür herzlichen Dank, auch an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Wir nehmen den Bericht sehr gerne zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kurz­mann wurde vorhin ordnungsgemäß eingebracht und steht natürlich mit zur Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 145

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des Kreuzes in Europas und Österreichs Klassenzimmern

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12 Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außenpolitischen Bericht 2008 der Bundesregierung (III-89/436 d.B.) in der 46. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 19. November 2009

Am Dienstag, den 4. November 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Men­schenrechte Kreuze in öffentlichen Schulen für unvereinbar mit dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit erklärt. Grund dafür: Im April 2002 beschwerte sich die Finnin Soile Lautsi, die mit einem Italiener verheiratet ist, am „Instituto comprensivo statale Vittorino da Feltre“, einer staatlichen Mittelschule in Italien, darüber, dass in den Klas­senzimmern ihrer Söhne Kruzifixe hängen. Das sei, so Lautsi, dem Prinzip des Laizis­mus entgegengesetzt, in dem sie ihre Kinder zu erziehen wünscht. Nachdem aber die Schuldirektion die Abhängung der Kreuze verwehrte, beschritt die Finnin den Klagsweg durch alle Instanzen, die sie nationalstaatlich in Italien alle verlor. Erst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg gab ihrer Klage, in der sie sich auf Artikel zwei und neun der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beruft, statt. Dort heißt es: „Der Staat hat bei Ausübung der von ihm auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts übernommenen Aufgaben das Recht der Eltern zu achten, die Erziehung und den Unterricht entsprechend ihren eigenen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen sicherzustellen.“ Und: „Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen.“

Lautsi argumentiert in ihrer Klage, dass das Kreuz vor allem eine religiöse Bedeutung habe, was dazu führen soll, dass ein laizistischer Staat das Kreuz niemandem als Symbol aufbürden dürfe.

Dem entgegen setzt die „Verteidigungslinie“ Italiens, dass das Kreuz neben seiner religiösen Symbolik auch eine ethische Bedeutung habe, weil es auch Prinzipien versinnbildliche, die von Menschen außerhalb des christlichen Glaubens geteilt werden könnten: Gewaltlosigkeit, gleiche Würde aller Menschen, Recht und Teilhabe, Vorzug des Individuums vor dem Kollektiv, Trennung von Politik und Religion, Nächstenliebe bis zum Verzeihen seiner Feinde.

Dem konnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht folgen, und gab – wie bekannt – Lautsi Recht und erkannte ihr eine Entschädigung von € 5000,- durch die Republik Italien zu. Abgesehen davon, dass Italien durch diese Entscheidung nicht gezwungen ist, italienische Gesetze zu ändern und lediglich Sorge vor weiteren Klagen bestehen muss, wird Italien in Berufung gehen und die große Spruchkammer des Gerichtes mit 17 Richtern befassen.

In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, dass auf der einen Seite im Rahmen des Europarates, auf der anderen Seite im Rahmen der Europäischen Union, wo durch Inkrafttreten der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Art.10 dieser „Grundrechtecharta“ ist wortident mit Art. 9 EMRK), eine politische Willenserklärung stattfindet, die neben der religiösen Konnotation des Kreuzes vor allem die ethische-kulturelle Bedeutung des Kreuzes hervorhebt und in Zeiten der überbordenden Islami­sierung Europas das Kreuz in den Klassenzimmern als Symbol gegen den Verlust zentraler europäisch-abendländischer Werte manifestiert.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 146

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten – werden aufgefordert, auf natio­naler, aber vor allem auf europäischer und internationaler Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit es zum einen zu einer politischen Willensbekundung für den Erhalt des Kreuzes in europäischen und österreichischen Klassenzimmern in seiner ethisch-kulturellen Bedeutung kommt, und zum anderen die Rechtslage der Euro­päischen Union dahingehend novelliert wird, dass den europäisch-abendlän­dischen Grundwerten auch eine rechtliche Absicherung zukommt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.10.08

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Auch ich habe diesen Bericht interessiert gelesen und muss sagen, er ist redaktionell ausgezeichnet verfasst, aber es gefällt uns doch inhaltlich einiges nicht, weshalb wir diesen Bericht nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen werden. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Das heißt, wir können ihn ent­sprechend den Vorschriften nur nicht zur Kenntnis nehmen.

Ein paar Streiflichter dazu. Was uns an diesem Bericht fehlt, sind ein Funken von Kritik, von Selbstkritik, von Objektivität und das Beleuchten zweier Seiten. Ich fange vielleicht mit der EZA, der Entwicklungszusammenarbeit, an.

Da hat Kollege Glaser schon das Beispiel Bhutan genannt, wo wir gemeinsam ge­wesen sind. Ja, das ist auf der einen Seite ein gutes Beispiel, auf der anderen Seite auch ein schlechtes Beispiel. Bhutan ist ein Staat, der gelernt hat, sich zu verwalten, der eine einigermaßen funktionierende und saubere Regierung hat und wo ein Fortschritt zu sehen ist.

Wir haben dort in Zusammenarbeit mit Bhutan und aus Entwicklungshilfe­zusammen­arbeitsmitteln unter anderem zwei Kraftwerke gebaut, die insgesamt 64 Megawatt produzieren. Kaum haben wir das Kraftwerk fertig gestellt oder eigentlich schon während des Baus hat auf rein kommerzieller Basis – ich betone: auf rein kommer­zieller Basis – das Nachbarland Indien drei Kraftwerke gebaut beziehungsweise zwei begonnen und eines geplant, die zwei Mal 2 000 und einmal 4 000 Megawatt produ­zieren, also das Hundertfache dessen, was wir gebaut haben – auf rein kommerzieller Basis.

So funktioniert auch die Entwicklung von Ländern. Was überall zu sehen ist, ist: Dort, wo Geld hineingeblasen wird, geht ohne kommerziellen Hintergrund gar nichts – wie in weiten Teilen Afrikas. Dort, wo eine kommerzielle tragfähige Basis ist, wo Dinge, die vernünftig sind, von den Ländern selbst getragen, bezahlt und verwendet werden kön­nen, geschieht etwas.

Das ist der Erfolg der chinesischen „Entwicklungshilfe“ – unter Anführungszeichen – auch in Afrika, die ja keine ist, sondern die eine wirtschaftliche Aktion ist, in deren Rahmen wirtschaftlich selbsttragende und im Interesse Chinas liegende Projekte erstellt, gefördert und gebaut werden. Und das hat sich auch in Bhutan gezeigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 147

Etwas Zweites vielleicht, die Verhandlungen und Österreichs Position als Makler: Auch da ist es erforderlich, dass wir eine realistische, faire und neutrale Politik übernehmen. Wenn wir die Politik nachplappern, polemisch gesagt, die die Amerikaner oder viele europäische Länder vorgeben, dann braucht man Europa nicht.

Wenn wir uns daran beteiligen, immer auf den Iran einzuschlagen und zu warnen, er baut eine Atombombe, und übersehen, leugnen oder einfach nicht zur Kenntnis nehme, dass rundum Atombomben im Rekordtempo gebaut werden, in vorhandenen Atomaufbereitungsanlagen laufend neues waffenfähiges Plutonium hergestellt und die Atomarsenale aufgestockt werden, da ist nicht einmal Pakistan das Problem, sondern da sind die 180 bis 220 waffenfähigen Sprengköpfe, die in Demona, Israel, lagern ein Problem, dann werden wir kein ehrlicher Makler sein und dann werden wir, wie ich meine, nicht viel Gewicht bei unseren Vermittlungsbemühungen haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.13.24

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Hohes Haus! Geschätzter Herr Außenminister, Sie haben einen bedeu­tenden Schwerpunkt Ihrer außenpolitischen Tätigkeit für 2009 und 2010 auch im Vorwort des vorliegenden Außenpolitischen Berichtes beschrieben. Es ist dies der verstärkte Einsatz für die Menschenrechte im Zuge der Mitgliedschaft Österreichs im UN-Sicherheitsrat. Mit der einstimmigen Annahme der Resolution 1894 in der von Ihnen geleiteten Sitzung wurde der Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten schriftlich verankert. Angesichts der skeptischen Haltung, insbesondere Chinas, ein nicht selbstverständliches Ergebnis. Zu diesem Verhandlungserfolg und zu Ihrer ausgezeichneten Vorsitzführung darf ich Ihnen auf jeden Fall herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die österreichischen Regierungsmitglieder widmen einen erheblichen Teil ihrer außenpolitischen Aktivitäten der Mitarbeit im Rat der Europä­ischen Union und im Europäischen Rat. Und das ist wichtig und richtig. Gerade die vergangenen Monate haben uns nämlich vor Augen geführt, was passiert wäre, wenn Österreich nicht Mitglied der Europäischen Union gewesen wäre. Ohne diese Euro­päische Union, ohne eine gemeinsame Währung, ohne das rasche, koordinierte Krisenmanagement wären die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise für uns Österreicher viel schwieriger zu bewältigen gewesen. Die EU nützt und schützt nicht nur in guten Zeiten, sondern gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten profitieren wir alle. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Tiroler Abgeordneter möchte ich selbstverständlich auch auf die Südtirol-Politik eingehen. Es fand im Berichtszeitraum ein sehr reger Austausch, sei es auf formeller oder informeller Ebene, statt.

Bereits in zwei Wochen findet wiederum ein Treffen von Mitgliedern des Südtirol-Unter­ausschusses mit Politikern aus Südtirol in Bozen statt. (Abg. Gradauer: Werden wir sehen!) Zweifelsohne gibt es Punkte, die weiterhin intensiv zu diskutieren sind, und natürlich gibt es auch da und dort Handlungsbedarf.

Italienische Provokationen jeglicher Art können nicht akzeptiert werden, keine Frage. Die Faschistendenkmäler gehören nicht nur in Bozen, sondern europaweit entfernt. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Diesbezüglich gibt es, so glaube ich, parteiüber-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 148

greifend Konsens. Auch die Begnadigungen der Freiheitskämpfer müssen nach wie vor offen diskutiert werden.

Meine Damen und Herren, klar ist jedoch auch, dass das Südtirolautonomiestatut Vorbildwirkung für Minderheitenfragen in ganz Europa hat. Einschränkungen und Beschneidungen der Autonomie dürfen nicht zugelassen werden. Zurzeit sehe ich, ehr­lich gesagt, aber auch keine ernsthaften Anzeichen dafür. (Abg. Neubauer: Zeitungen aufschlagen, Herr Kollege!) Minister Spindelegger berichtet von guten Beziehungen zu seinem italienischen Amtskollegen, aber auch zu Innenminister Maroni. Die bilateralen Verhältnisse gestalten sich konfliktfrei.

Die jüngste Debatte betrifft die Frage der Schutzfunktion in der österreichischen Verfassung. Wir haben immer betont – und unser Südtirolsprecher hat das auch in seiner Rede vor etwa einem Monat hier im Hohen Haus bestätigt –, dass wir uns hier im Parlament für eine gemeinsame Lösung einsetzen werden.

Wir arbeiten an einem entsprechenden Entwurf. Sie sind alle herzlich eingeladen, sich hier konstruktiv einzubringen. Wir wollen mit möglichst großer Mehrheit diese Schutz­funktion der Republik Österreich auch in der Verfassung niedergeschrieben wissen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

 


16.17.04

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen der Diskussion zum Außenpolitischen Bericht bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Rechtssache Lautsi vs. Italien vom 3. November 2009 über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung bzw. der Bundeskanzler und die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. weiterhin dahingehend zu wirken, dass die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum und in öffentlichen Räumlichkeiten auch in Zukunft möglich ist und die Anbringung von Kreuzen in Schulklassen mit einer Mehrheit von SchülerInnen, die einer christlichen Konfession angehören, in Übereinstimmung mit der österreichischen Verfassungsordnung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen gesichert ist;

2. gegenüber dem Europarat, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Haltung zu vertreten, dass die Wertungen, Kriterien und Schlussfolgerungen des Europäischen Gerichtshofs für Men­schenrechte im gegenständlichen nicht rechtskräftigen Urteil über die diesem Gerichts­hof zukommende Auslegung der Konvention weit hinausgehen und nicht dem Ver­ständnis des im Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundrechts auf Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit entsprechen, zu dessen Gewährleistung sich Österreich durch den Beitritt zur Europäischen Menschen­rechts­konvention verpflichtet hat;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 149

3. in der Öffentlichkeit zu erläutern, dass das kritisierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist.

*****

Und das ist ein wesentlicher Unterschied.

Ich ersuche Sie alle, diesem unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Dr. Wolfgang Schüssel, Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des EGMR in der Rechtssache Lautsi vs. Italien vom 3. November 2009 über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern

eingebracht in der NR-Sitzung am 19.11.2009 im Zuge der Debatte zum TOP 12 betreffend den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses in 436 d.B. über den Außenpolitischen Bericht 2008 der Bundesregierung (III-89 d.B.)

Der außenpolitische Bericht befasst sich unter anderem mit dem internationalen Enga­gement Österreichs in Fragen der Menschenrechte sowie mit aktuellen Entwick­lungen in diesem Zusammenhang. Eines der grundlegenden Menschenrechte ist das Recht auf Religions-, Glaubens- und Gewissenfreiheit.

In Auslegung dieses Rechts hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Lautsi vs. Italien am 3.11.2009 ein wenn auch noch nicht rechtskräftiges Urteil gefällt, das europaweite Diskussionen ausgelöst hat. Die dem EGMR-Urteil zugrundeliegende Tendenz des Zurückdrängens des Religiösen beziehungsweise der Präsenz religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum hat breite Kritik ausgelöst.

In Österreich besteht durch das Religionsunterrichtsgesetz und durch das Konkordat mit dem Hl. Stuhl die verfassungsgesetzlich geschützte und völkerrechtlich verankerte Pflicht, in Schulklassen mit einer Mehrheit von SchülerInnen, die einer christlichen Kon­fession angehören, Kreuze anzubringen.

Das Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit findet sich in der österreichi­schen Rechtsordnung in Art. 14 Staatsgrundgesetz, Art. 63 Abs. 2 Staatsvertrag von Saint Germain sowie Art. 9 Abs. 1 EMRK. Auch nach herrschender Lehre ist es völlig unbestritten, dass diese Bestimmungen jedermann auch dazu berechtigt, seine Reli­gion oder Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft, öffentlich oder privat aus­zuüben.

In diesem Zusammenhang sei auf den Vertrag von Lissabon verwiesen, in dem die Europäische Union deutlich macht, dass sie das kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas respektiert.

Die fortgesetzte Anwendung der vom EGMR im gegenständlichen nicht rechtskräftigen Urteil angewendeten Kriterien könnte zu substanziellen Einschränkungen und zur Aushöhlung des Rechts auf öffentliche Religionsausübung führen. Auch eine scheinbar neutrale Haltung des Staates kann dazu führen, dass Religionen und ihre Symbole im Ergebnis aus dem öffentlichen Raum gedrängt und ihre Anhänger wegen ihrer Zuge-


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hörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft diskriminiert werden. Eine Aushöhlung des Menschenrechts auf öffentliche Religionsausübung als mögliche Folge dieses Urteils könnte sich zudem negativ auf die Situation religiöser Minderheiten in anderen Ländern der Welt auswirken.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung bzw. der Bundeskanzler und die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. weiterhin dahingehend zu wirken, dass die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum und in öffentlichen Räumlichkeiten auch in Zukunft möglich ist und die Anbringung von Kreuzen in Schulklassen mit einer Mehrheit von SchülerInnen, die einer christlichen Konfession angehören, in Übereinstimmung mit der österreichischen Verfassungsordnung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen gesichert ist;

2. gegenüber dem Europarat, dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Haltung zu vertreten, dass die Wertungen, Kriterien und Schlussfolgerungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im gegenständlichen nicht rechtskräftigen Urteil über die diesem Gerichtshof zukommende Auslegung der Konvention weit hinausgehen und nicht dem Verständnis des im Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Grundrechts auf Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit entsprechen, zu dessen Gewährleistung sich Österreich durch den Beitritt zur EMRK verpflichtet hat;

3. in der Öffentlichkeit zu erläutern, dass das kritisierte Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


16.19.32

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Meine VorrednerInnen haben sich schon sehr eingehend mit dem Außenpolitischen Bericht beschäftigt. Ich darf mich mit einem Punkt befassen, der heute auch zur Debatte steht, nämlich mit der Änderung des Konsulargebührengesetzes, und darf vier Punkte herausgreifen.

Zum einen kommt es zu einer sinnvollen Anpassung an das Gebührengesetz.

Zweitens erfolgt bei Amtshandlungen außerhalb der Dienstzeiten ein 50-prozentiger Aufschlag auf die jeweils zur Anwendung kommende Tarifgebühr. Ich begrüße diese Änderung sehr, da dies einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich Kosten und Leistungen von Dienststellen darstellt.

Drittens: Es wird die Verpflichtung zum Auslagenersatz für Bürger nach Befreiungs­aktivitäten im Ausland durch österreichische Behörden geregelt. Bei grob schuldhaftem Verhalten, zum Beispiel bei Missachtung von Reisewarnungen, beträgt diese Verpflich­tung maximal 50 000 € und bei fahrlässigem Verhalten, bei Verletzung der üblichen Sorgfaltspflicht maximal 10 000 €.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 151

Aufgrund dieser Maßnahmen wird die Eigenverantwortung erhöht. Dies dient auch zur Bewusstseinsbildung hinsichtlich Kosten und Gefahren, die durch Befreiungsaktionen entstehen.

Diese Gesetzesänderungen werden medial wohl kaum großes Echo finden. Aus Diskussionen bei den letzten Anlassfällen weiß ich, dass diese Maßnahmen allerdings auf breite Zustimmung in der Bevölkerung stoßen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein vierter Punkt ist die Streichung von Bagatellgebühren. Ich sehe auch darin einen kleinen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Insgesamt bilden 81 Botschaften und rund 82 Gene­ralkonsulate die ständige Vertretung Österreichs, verteilt auf der ganzen Welt. Ein ausgezeichnet funktionierendes Netz mit engagierten Mitarbeitern gewährleistet eine umfangreiche Beratungs- und Serviceleistung. Von diesen Leistungen profitieren nicht nur Reisende, sondern vor allem auch heimische Wirtschaftstreibende, etwa dann, wenn es für unsere vielen international tätigen und verflochtenen Betriebe darum geht, MitarbeiterInnen längere Zeit ins Ausland zu entsenden oder ausländische Fachkräfte vorübergehend nach Österreich zu holen. Ich selbst darf in meinem Bezirk auf solch erfolgreiche Partnerschaften verweisen.

In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei den vielen hoch motivierten Mitar­beitern des Außenministeriums und unseren einzelnen Vertretungsbehörden für die bereitwillige Zusammenarbeit sowie die rasche und unbürokratische Herbeiführung von Lösungen bei grenzüberschreitenden Kooperationen. Einen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.22.52

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Österreich hat 2008 außenpolitisch einiges erreicht. Dazu ist zu gratulieren. So ist es wieder gelungen, was uns alle sehr freut, einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat zu erlangen. Es ist aber auch gelungen, den Amtssitz der OPEC, Organisation erdölexportierender Länder, dauerhaft in Österreich zu behei­maten. Mit dieser dauerhaften Beheimatung der OPEC in Wien ist auch ihr positiver Impuls auf die österreichische Wirtschaft sichergestellt.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Außenpolitische Bericht 2008 reflektiert aber auch sehr kritisch die Rückschläge im Nahost-Friedensprozess, die 2008 zu verzeichnen waren. Leider ist trotz des begrüßenswerten Engagements der neuen US-Administration weiter kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Gerade den heutigen Medienberichten ist zu entnehmen, dass Israel weitere 900 neue Woh­nungen in einer Siedlung bei Jerusalem plant. Das ist mehr als entmutigend und wirk­lich alles andere als ein Friedenssignal.

Aus meiner Sicht können die EU und die USA diese Entwicklung auch nicht weiter so hinnehmen. Zu Recht haben die USA, das britische Außenministerium und der UN-Generalsekretär von einer Unterwanderung der Friedensbemühungen gesprochen. Ich wünsche mir von der EU mehr als klare Worte dazu. Herr Bundesminister, ich möchte Sie fragen: Welche Handlungsmöglichkeiten sehen Sie in diesem Fall auf EU-Ebene? – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.24



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 152

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.25.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Diese Entscheidung des EMRK-Gerichtshofes zur Frage der Anbringung von Kreuzen – in Italien heißt es Kruzifixe, das ist noch ein Unterschied – in Schulen hat eine Vorge­schichte. Das richte ich jetzt insbesondere an die Damen und Herren der Österreichi­schen Volkspartei.

Die Vorgeschichte ist, dass man bei der Formulierung des EU-Verfassungsvertrages vor den ganzen Laizisten, den ganzen französischen Jakobinern in die Knie gegangen ist und es akzeptiert hat, dass jeder Gottesbezug aus der Verfassung heraus­genom­men werden musste, obwohl er im ursprünglichen Entwurf konsensual – Kollege Molterer, du erinnerst dich – drinnen war. Und dann kam der Druck, und er musste heraus.

Dann kam die Nominierung des Rocco Buttiglione durch die Christsozialen. Es gab ein Hearing, und dann wurde Rocco Buttiglione im EU-Parlament abgelehnt, weil er katholische Positionen vertreten hat. – So viel zum Thema Religionsfreiheit in der Europäischen Union. Hätte er dort islamische, jüdische oder esoterische Positionen vertreten, wäre er heute noch Kommissar (Abg. Dr. Van der Bellen: Unsinn!) – aber natürlich, erzählen Sie mir doch nichts! –, aber weil er es gewagt hat, sich dort als Katholik zu bekennen und zu sagen, welche Auffassung er privat hat – privat, er hat nicht gesagt, ich bin der Meinung, das muss jetzt in der Kommission umgesetzt werden, er hat gesagt, ich privat stehe hier als Katholik, und hat Positionen vertreten –, musste er unter dem Druck der radikalen Laizisten, der Antiklerikalen abgezogen werden. Sie können sich gerne zu Wort melden, Herr Kollege Van der Bellen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja!)

Das ist genau die Geisteshaltung jener, die immer von der Toleranz reden, solange die Toleranz nicht katholisch ist; in dem Moment ist es aus mit der Toleranz, meine Damen und Herren. – Das ist die Vorgeschichte dazu. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in Europa heute noch ein Land, da können Sie als Jude, als Moslem, als Esoteriker, als Verrückter Ministerpräsident oder Premierminister werden, aber als Katholik können Sie das nicht werden. Aber kein Mensch schickt Großbritannien deswegen eine „Drei-Weisen-Abordnung“, so wie man uns eine geschickt hat, als wir gegen das Diktum der Political Correctness in Österreich unter Bundeskanzler Schüssel eine nicht genehme Koalition gebildet haben. Kein Mensch macht das. Niemand kommt auf die Idee, den Briten zu sagen, dass es nicht mehr ganz zeitgemäß ist, dass man Katholiken dermaßen diskriminiert, dass zum Beispiel ein Katholik gar nicht Premierminister in Großbritannien werden könnte. Kein Mensch stößt sich daran.

Jetzt kommt die Entscheidung, die – Gott sei Dank – bei der Bevölkerung Reaktionen ausgelöst hat. Nach einer entsprechenden Schrecksekunde sind dann auch die Bischöfe draufgekommen, dass das vielleicht etwas ist, wo man sich jetzt endlich wehren müsste.

Meine Damen und Herren, die Rechtslage ist eine andere im Vergleich zu Italien. Wir haben ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl, wir haben aufgrund dieses Konkordates völkerrechtliche Verpflichtungen, und selbst ein EMRK-Gerichtshof müsste diese völkerrechtlichen Verpflichtungen respektieren. So weit der völkerrechtliche Aspekt. Das heißt, hier ist durch das Konkordat einiges mit höherer Bestandsgarantie ausge­stattet, als es im Verhältnis etwa zwischen dem italienischen Staat und dem Heiligen Stuhl der Fall war.


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Aber das ist nicht des Pudels Kern. Des Pudels Kern ist, dass seit Existenz dieser Europäischen Union, aber auch schon vorher, immer wieder eine latent antikatholische politische Grundströmung vorhanden war. Und gegen diese Strömung muss sich jetzt einmal die Mehrheit zur Wehr setzen, meine Damen und Herren, denn Religionsfreiheit kann nicht heißen, dass sich die Mehrheit ständig an der Minderheit orientieren muss! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Religionsfreiheit kann nicht heißen, dass dann, wenn in einer Schulklasse in der Mehrheit Katholiken sitzen, diese ihre religiösen Symbole wegtun müssen, nur weil es einer Minderheit nicht passt, die lautstark ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter und weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ja, da ist ja der Nächste. Ich weiß nicht, in welchen sogenannten humanistischen Kreisen du dich damit populär machst. Ich sage dir, es ist jetzt hoch an der Zeit, dass sich endlich auch die Mehrheit einmal zu Wort meldet und sagt: Wir lassen es uns nicht gefallen, dass unsere religiösen Symbole weg müssen, nur weil es eine lautstarke Minderheit verlangt! Meine Damen und Herren, das ist jetzt hoch an der Zeit. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist hoch an der Zeit, auf die Frage zurückzukommen, was diesen Kontinent über­haupt gebildet hat. Wer die christlichen Wurzeln Europas leugnet, leugnet den gesamten Kontinent. Der kann nicht erwarten, dass dieses christliche Europa tatsäch­lich eine Zukunft hat.

Das führt auch zu den Beneš-Dekreten, meine Damen und Herren. Es ist mit den Beneš-Dekreten genau die gleiche verlogene Debatte gewesen! Ich erinnere mich noch: Als wir hier den Beitritt zur Europäischen Union, aber dann den Beitritt Tschechiens diskutiert haben, hat es immer geheißen, die Frage der Beneš-Dekrete werden wir bilateral lösen. – Herr Bundesminister, ich weiß, du kannst nichts dafür. Du bist auch bemüht, jetzt bei den Beneš-Dekreten einiges auf die Reihe zu bringen. Aber, meine Damen und Herren, bilateral ist mit den Tschechen bei den Beneš-Dekreten gar nichts zu machen! Im Gegenteil, es hat ihnen jetzt noch mehr den Kamm schwellen lassen, und niemand braucht zu glauben, dass das nicht mit einem gewissen schwejk­schen Augenzwinkern goutiert wurde, was Herr Vaclav Klaus in Tschechien im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag aufgeführt hat.

Im Zusammenhang mit dem Lissabon-Vertrag auch noch die Beneš-Dekrete ins europäische Recht retten zu wollen, meine Damen und Herren, das ist ja unglaublich! Und das in einer angeblichen Wertegemeinschaft! – Sie sehen: In dem Moment, in dem man einmal den Spalt aufmacht, in dem man erkennen lässt, dass es in einer Frage nicht ernst gemeint ist, werden Grundsatzfragen auf einmal ganz anders, nämlich von der negativen Seite her diskutiert, und es wird dieser Spalt genutzt.

Ein Letztes, Herr Bundesminister: Sie wissen auch aus der Debatte im Außenpoliti­schen Ausschuss, dass mir die Frage der Zukunft des Irak eine wichtige Frage ist. Ich habe mit großer Zustimmung vernommen, dass dir das auch im Sicherheitsrat ein Thema war.

Wer weiß, meine Damen und Herren, wie lange Österreich gute Wirtschafts­bezie­hungen speziell zum Irak hatte, wer weiß, wie intensiv und fruchtbar und vor allem weitreichend diese Wirtschaftsbeziehungen waren, wer weiß, welch großartigen Ruf Österreich im Irak hat und hatte, dem kann es nicht egal sein, was mit dem Irak passiert.

Und das, was die Amerikaner im Irak angerichtet haben, bedeutet im Ergebnis, dass die gesamten staatlichen Strukturen dort zerschlagen sind. Das heißt, man muss dort beginnen, einen neuen Staat aufzubauen, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)


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Es gibt als Ergebnis dieser sogenannten Befreiung heute Chaos im Irak, und ich garantiere Ihnen: Wenn die Amerikaner in den nächsten Monaten abziehen würden, herrschten dort Mord und Totschlag! Warlords werden dort jedenfalls über längere Zeit das Sagen haben. Und es gibt bis heute keine Exit-Strategie, keine Exit-Strategie!

Man hat die Amerikaner und die UNO nicht dazu gebracht, eine Strategie zu ent­wickeln, was mit dem Irak geschehen soll, wenn die Besatzungsmächte endlich dieses Land verlassen – wo sie auch nichts verloren haben –; was geschehen soll mit jenen Leuten, die durch Privatarmeen, insbesondere von Ölkonzernen, massiv geschädigt wurden, umgebracht wurden, bestohlen wurden, deren Kinder verschleppt wurden, die vergewaltigt wurden. Was geschieht dann mit diesen Leuten? Was geschieht mit den Ansprüchen auf Wiedergutmachung dieser Leute, wenn die Amerikaner einmal weg sind?

Herr Bundesminister, ich bitte Sie, diese Irak-Problematik im Auge zu behalten, denn nur ein stabiler Irak kann mittelfristig und langfristig den Mittleren Osten auch tat­sächlich befrieden. (Beifall beim BZÖ.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Stadler, Sie haben in einem Atemzug, auf einer Ebene Juden, Moslems, Esoteriker mit Verrückten genannt (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja gar nicht wahr! – Abg. Kickl: Nein, nein, nein! Das stimmt nicht!), und dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war ja gar nicht ...! ... einen Zusammenhang hergestellt! Das war niemals ein Vergleich!)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.33.32

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Die Aktivitäten seitens der ÖVP nach diesem Urteil des Europäischen Ge­richtshofs für Menschenrechte sind erstaunlich – im Schlepptau natürlich die Sozialdemokratie, die immer brav mitmacht, wenn es darum geht, den Wunsch der Österreichischen Volkspartei durchzuführen.

Es ist auch erstaunlich für mich, muss ich ganz ehrlich sagen, mit welchem Enga­gement Sie hier für Kreuze in den Klassenzimmern auftreten. Wenn Sie das gleiche Engagement in den letzten Jahren für die Schüler in den Klassenzimmern an den Tag gelegt hätten, dann würde unser Schulsystem anders ausschauen, das garantiere ich Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

Dass hier europäische Mehrheitsentscheidungen im Zusammenhang mit Menschen­rechten gefällt werden sollen, Herr Kollege Stadler, verwundert mich nicht. Das habe ich ähnlich auch schon einmal gehört. Aber so geht es in unserer demokratischen Grundordnung zum Glück nicht zu. Die Menschenrechte sind unantastbar, und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist, bitte, zu akzeptieren. Und dass Sie hier gemeinsam gegen die Meinung der bedeutendsten österreichischen Verfassungsrechtler – Heinz Mayer, Bernd-Christian Funk und so weiter – auftreten (Abg. Rädler: Was sollen wir tun? Sagen Sie es! Was wollen Sie?), ist natürlich klas­sischer Populismus. Da geht es Ihnen nicht wirklich um die Sache (Abg. Neubauer: Ich habe geglaubt, Sie sind so für die Rechtsstaatlichkeit! Bei den Zogajs ...!), sondern es geht Ihnen darum, Misstrauen in der Bevölkerung zu schüren und aufzusteigen auf eine Art der Diskussion, die eher an Instinkte appelliert denn an eine wirkliche Sach­politik. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Der Rechtspositivismus allein ist eine ganz gefährliche Position!)


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Wir leben in einem Europa der religiösen Toleranz, wir leben in einem Europa der religiösen Vielfalt, wir leben in einem Europa der weltanschaulichen Vielfalt. Und diese Werte gilt es zu schützen, und das hat der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte getan. Bei uns steht es zum Glück jedem frei, sich zu einem Glauben zu bekennen, skeptisch zu sein meinetwegen, sich zu keinem Glauben zu bekennen, oder was auch immer er tun möchte. Wir leben in einem freien Land, und das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt.

In diesem Zusammenhang noch zu dem viel weiter gehenden Antrag der Freiheit­lichen, die sich heute schon auf die 48er-Tradition berufen haben. Ihre Vorgänger würden sich im Grab umdrehen! Wir haben diese Fackel übernommen und sind eigentlich die wahren Nachfahren der 48er (Abg. Kickl: 68er! Sagen wir, 68er!), denn wir stehen zu den Werten, die damals im 19. Jahrhundert aufgestellt worden sind und mit denen man die Grundordnung im Jahre 1867 erkämpft hat.

Sascha Van der Bellen hat gestern in einer Diskussion bei uns im Klub um mehr Gelassenheit gebeten. Ich würde meinen, in dieser Diskussion wäre das auch am Platz. Und ich würde Ihnen noch einmal den Besuch eines Theaterstückes empfeh­len – über 200 Jahre alt –: Gotthold Ephraim Lessing, „Nathan der Weise“. Darin hat er deutlich gemacht, meine Damen und Herren auch von der Sozialdemokratie, die Sie sich in der Vergangenheit darauf immer wieder berufen haben, dass sich die wahre Kraft einer Religion in ihrer Praxis erweist und nicht durch Symbole oder durch politische Macht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 2 Minuten. – Bitte.

 


16.37.13

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ganz ruhig ein paar Worte: Ich persönlich – und ich spreche jetzt im Wesentlichen nur für mich, nicht für meine Fraktion – gehöre jetzt der zweitgrößten „Religionsgemeinschaft“, wenn man so will, in Österreich an, nämlich den Agnostikern. Sie liegen knapp hinter den Katholiken, glaube ich. (Abg. Neubauer: Woran glauben Sie? – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: An sich selbst!) Das sind einfach Leute, sage ich einmal ganz grob, die die Gnade des Glaubens verloren haben, aus welchen Gründen auch immer.

Geboren bin ich als Evangelischer. Ich fühle mich in keiner der beiden Funktionen diskriminiert, auch früher nicht – nicht einmal als Evangelischer in Tirol; das war kein Problem.

Ich wundere mich schon über die Ängste mancher meiner katholischen Freunde, dass sie jetzt da so wahnsinnig in die Defensive geraten. Ich würde mir denken, dass jemand im Glauben Gefestigter solche Ängste gar nicht notwendig hat. Aber das ist mein persönliches Gefühl.

Was Kreuze in Klassenzimmern betrifft, so bin ich persönlich außerstande, mich so darüber aufzuregen – vorausgesetzt, es handelt sich nur um das Kreuz. Ich persönlich habe schon von klein auf, von Kind auf Probleme mit dem gefolterten Jesus Christus am Kreuz gehabt. Ich weiß nicht, ob man das unbedingt kleinen Kindern so nahe­bringen muss.

Und wenn schon das Kreuz hängt – und das wundert mich ein bisschen bei dem Entschließungsantrag betreffend die Präsenz von religiösen Symbolen –, dann hängen wir eben neben dem Kreuz andere religiöse Symbole auch auf, wenn das dem friedlichen Zusammenleben dient – da hätte ich persönlich nichts dagegen –, inklusive


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eines kleinen sitzenden Buddhas, und was weiß ich. Also, nötig finde ich das alles nicht.

Was mich ernsthaft stört, ist das Kreuz in Gerichtssälen. Da werden keine Gottes­urteile gefällt, da beruft man sich nicht auf die Bibel, sondern da beruft man sich auf das ABGB oder das Strafrecht und so weiter. Religiöse Gefühle haben im Gerichtssaal überhaupt nichts zu suchen.

Der eigentliche Grund meiner kurzen Wortmeldung waren die Ausführungen von Herrn Stadler. Da muss man schon etwas richtigstellen.

Herr Buttiglione wurde seinerzeit von der Mehrheit des Europäischen Parlaments nicht deshalb abgelehnt, weil er Katholik war, sondern weil er als frauenfeindlich empfun­dene Äußerungen getätigt hat und weil er gegen Homosexuelle agitiert hat. (Abg. Dr. Schüssel: Nein, nein, nein! Frauenfeindlich nicht!) Ja, das mögen Positionen sein – das können Sie besser beurteilen als ich –, die man in weiten Kreisen auch als „katholisch“ bezeichnen kann. Ich hoffe nicht – aber das kann nicht ich beurteilen, das müssen die Kollegen von der katholischen Fraktion beurteilen. Aber wegen seines Katholizismus ist Buttiglione nicht abgelehnt worden, sondern wegen solcher Äuße­run­gen.

Wenn ein Evangelischer oder ein Muslim oder ein orthodoxer Jude oder wer auch immer ähnliche Äußerungen getätigt hätte – und da beziehe ich mich auf die Äußerung von Herrn Stadler –, dann wäre er von der Mehrheit des Europäischen Parlaments ebenfalls abgelehnt worden, und zwar zu recht! (Beifall bei den Grünen.)

16.40

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Dazu ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, den vorliegenden Bericht III-89 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung des Kreuzes in Europas und Österreichs Klassenzimmern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Schüssel, Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Religionsfreiheit und das Urteil des EGMR in der Rechtssache Lautsi vs. Italien vom 3. November 2009 über die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 65.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 386 der Beila­gen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 157

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­ent­wurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Annex XVIII: Welt-Fremdenverkehrsorganisation zum Übereinkommen über die Privilegien und Immuni­täten der Spezialorganisationen der Vereinten Nationen samt Mitteilung an den Gene­ral­sekretär der Vereinten Nationen, in 321 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 344 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 392 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Ziffer 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

16.44.0017. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss (III-87 d.B.) für das Jahr 2008 (428 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (394 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (429 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.44.49

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Zunächst einmal einen herzlichen Dank


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 158

an den Rechnungshof für den sehr übersichtlichen Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2008! (Demonstrativer Beifall des Abg. Jakob Auer.) Ich hoffe auch, dass die Zahlen betreffend die Haftungen, die darin erwähnt sind, dieses Mal richtig gerechnet sind.

In diesem Bericht wird eindeutig festgestellt, dass schon Ende des Jahres 2008 die Finanz- und Wirtschaftskrise ihre Spuren hinterlassen hat. Das erkennt man an der Konjunkturentwicklung: von 2,9 Prozent plus im ersten Quartel auf 0 Prozent im vierten Quartal.

Das Bruttoinlandsprodukt stieg von 270 auf 282 Milliarden €.

Nun kurz auch zu den Eckdaten des Bundesrechnungsabschlusses: Die Einnahmen des Staates waren 70 Milliarden € – alles rund gerechnet –, also um 3 Milliarden € mehr als geplant. Einen herzlichen Dank an alle Steuerzahler! Die Ausgaben waren 80 Milliarden €, also um 10 Milliarden € mehr. Das heißt: 10 Milliarden € Defizit. – In diesen 10 Milliarden sind natürlich auch die Rücklagen für das Bankenpaket von 6 Milliarden € enthalten.

Das geplante Defizit war 1,1 Prozent. Tatsächlich haben wir mit 3,4 Prozent übers Jahr abgeschlossen.

Wenn man weiß, dass das oberösterreichische Landesbudget 4,8 Milliarden € in etwa beträgt, dann kann man sich ausrechnen, welche Dimension dieses Defizit hat. Und wenn man weiß, dass die Verschuldung Österreichs Ende des Jahres 2008  176 Mil­liarden € betragen hat und für Haftungen 112 Milliarden € zu Buche stehen, dann weiß man, dass hier wirklich Gefahr im Verzug ist.

Jeder Einwohner von Österreich hat zirka 22 000 € auf seinem Buckel zu tragen – vom Kleinkind bis zum alten Herrn. (Heiterkeit und Zwischenrufe.) – Ich auch. Ich auch 22 000 €, ja.

Die Abgabenquote hat sich auf 42,9 Prozent verschlechtert.

Die Zinsen für diese Verschuldung betrugen zirka 8 Milliarden € pro Jahr.

Wenn man nun die Finanzentwicklung des Haushaltes auf österreichische Familien umrechnet, so stellt man fest, dass das Haushaltseinkommen pro Familie 2 331 € wäre, dem gegenüber stehen Ausgaben von 2 750 € pro Monat. Das heißt also, die österreichische Familie – umgerechnet auf das Haushaltsgeschehen – würde pro Monat Schulden von 419 € auf sich laden. Man kann sich ausrechnen, dass der Privat­konkurs damit vorprogrammiert wäre. Und ähnlich ist es, glaube ich, mit dem Staats­haushalt: Wenn es nicht gelingt, von diesem hemmungslosen Schuldenmachen weg­zukommen, ist der sichere Weg in die nächste Krise auch vorprogrammiert.

Was wir von der freiheitlichen Fraktion feststellen, ist, dass die Budgetdisziplin sehr zu wünschen übrig lässt – denn ich darf darauf verweisen, dass wir immerhin um 4 Milliar­den € mehr ausgegeben haben als ohnedies hoch geplante 70 Milliarden. (Abg. Dr. Bartenstein: Wir werden in Zukunft jeden blauen Antrag darauf prüfen!)

Das können Sie ohne Weiteres! Ich bin auch dafür, dass wir die Dinge, die uns weiter­bringen, forcieren, und jene, wo wir der Meinung sind, das könnte man sich ersparen, müssen wir einsparen.

Es ist über Jahre die Herbeiführung eines ausgeglichenen Haushaltes nicht erfolgt. Wir haben keine Budgetüberschüsse gebildet. Es ist zum Beispiel die Neuordnung der Finanzbeziehungen mit den Ländern, indem man das neue Haushaltsrecht auch bei den Ländern einführt, nicht durchgezogen worden.


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Wenn man sich die Zahlen des neuen Jahres anschaut, muss man mit großem Ent­setzen feststellen, dass sich die Budgetzahlen von Jänner bis September 2009 katastrophal entwickeln: 11 Prozent geringere Einnahmen, 9 Prozent höhere Ausga­ben. In den ersten Monaten haben wir einen Abgang von 12,2 Milliarden €, der Schlen­drian geht weiter. Und wenn man das hochrechnet, werden wir Ende des Jahres mit 15 bis 17 Milliarden € im Defizit sein.

Herr Finanzminister Pröll hat in seiner Rede am 14. Oktober gesagt, man könne nicht mehr herausholen, als drinnen ist. Das heißt, auf Dauer kann man nicht mehr ausge­ben, als man einnimmt. Aber diesen Sonntagsreden müssen auch Taten folgen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten.

 


16.50.57

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Dank an den Rechnungshof – wie vom Kollegen Gradauer ausgeführt – schließt sich auch unsere Fraktion an, weil wirklich ein übersichtliches und professionelles Nachschlagewerk geschaffen wurde.

Meine Damen und Herren, die ersten deutlichen Spuren der Krise des Jahres 2008 sind auch in diesem Bundesrechnungsabschluss sichtbar geworden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise – man könnte auch sagen Vertrauenskrise –, ausgehend von der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September des Jahres 2008, der mit heutigem Tag bereits weit über 120 amerikanische Banken in den Konkurs gefolgt sind, hat auch im Bundeshaushalt Österreichs entsprechende Auswirkungen, weil sich dadurch die reale Wirtschaft verändert hat.

Es stimmt, dass die Budgetausgaben deutlich gestiegen sind, es stimmt, dass die Einnahmen deutlich gestiegen sind. Aber man sollte auch dazusagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Maßnahmen, die getroffen wurden, ein ziel­gerichtetes Handeln waren, nämlich die Maßnahmen des Bankenpaketes und die zwei Konjunkturprogramme. Und man sollte auch dazusagen: Hätte Österreich dieses Bankenpaket nicht geschnürt, hätten wir einen fast ausgeglichenen Haushalt zustande gebracht. Da können viele Länder in der Europäischen Union manches von Österreich lernen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese zeitgerechten Maßnahmen, dieses zielgerichtete Handeln haben auch bewirkt, dass dieser Tage die Presse schrieb: „Österreich lässt Rezession hinter sich“.

Also trotz aller Schwierigkeiten, trotz aller schwierigen Bedingungen in Europa, trotz der Schwierigkeiten in der Wirtschaft hat Österreich zeitgerecht Maßnahmen gesetzt, sodass wir mit einem deutlich besseren Wirtschaftswachstum in der Zukunft und bereits jetzt, im letzten Quartal, aufzeigen können.

Meine Damen und Herren, es wäre also angebracht, über einiges nachzudenken. Nicht umsonst schrieb dieser Tage Matthäus  Kattinger in einem durchaus interessanten und bemerkenswerten Artikel, den Systembanken sollte man Abbitte leisten. Zu Beginn des heurigen Jahres wurde fast genussvoll zitiert, wie gigantisch das Ostrisiko der öster­reichischen Banken wäre und der österreichische Staat am Rande der Pleite. Alles, was an amerikanischen Behauptungen nachgeplappert wurde, wurde geglaubt – leider mit der Auswirkung, dass wir 100 Basispunkte mehr für Zinsen zahlen mussten. Tatsache ist – und die OECD bestätigt es dieser Tage –, dass das Risiko in den ost-


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und mitteleuropäischen Ländern deutlich geringer geworden ist, dass die Maßnahmen richtig waren.

Da, meine Damen und Herren, bleibe ich bei den Ausführungen des damaligen Staats­sekretärs Matznetter, der am 25. November 2008 – ich habe mitgeschrieben – gemeint hat, Österreich habe beim Bankenpaket wesentlich strengere Regeln aufgestellt als die Bundesrepublik Deutschland. Die Banken müssten in der Bankenwerbung nicht mit speziellen Produkten zocken.

Tatsache sei auch – hat Matznetter gemeint –, dass die Ostexpansion ein Erfolg ist und war, und damit hatte und hat er recht. Es ist natürlich klar, dass ein gewisses Risiko vorhanden ist. Aber es ist auch eindeutig festzustellen, dass gerade das deutlich höhere Wirtschaftswachstum in diesen Ländern unserer Wirtschaft geholfen hat, dass es ein Element der Dynamik ist.

Meine Damen und Herren, der Bundesrechnungsabschluss ist ein hervorragendes Nachschlagewerk, vom Rechnungshof entsprechend dargestellt. Er empfiehlt struk­turelle Maßnahmen, vor allem auch Konsolidierungen – aber zur richtigen Zeit. Er empfiehlt eine dauerhafte Konsolidierung der öffentlichen Finanzen, eine dement­sprechende Verfassungs- und Verwaltungsreform, eine Haushaltsrechtsreform – diese wurde bereits in Gang gesetzt –, eine mittelfristige Planung und Steuerung der Haus­halts­führung mit einem verbindlichen Ausgabenrahmen auf Basis des Finanzrahmen­gesetzes.

Ich füge hinzu: Eine mittelfristige Finanzplanung gibt es im Bundesland Oberösterreich, sie ist den Gemeinden bereits vorgeschrieben. Hier haben wir auf Bundesebene etwas nachgeholt. Gerade was das Haushaltsrecht betrifft, werden wir im zuständigen Bud­get­ausschuss noch darüber zu sprechen haben, weil es notwendig ist, den Budget­ausschuss stärker in die Haushaltskontrolle der Zukunft einzubinden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

 


16.55.57

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bringe gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beseitigung der Pensionsprivilegien in der Oesterreichischen Nationalbank

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Beseitigung der Oesterreichische Nationalbank-Pensionsprivilegien einen Gesetzentwurf vorzule­gen, mit dem die Gewährung zusätzlicher Ruhestandsbezüge untersagt und damit eine Gleichstellung mit ASVG-Versicherten sowie mittelbar eine Budgetentlastung erreicht wird.“

*****

Worum geht es in diesem Antrag? – Die Nationalbank ist seit Jahrzehnten ein Hort der Privilegien. Im gegenständlichen Antrag geht es genau um diese Privilegien. In der


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Oesterreichischen Nationalbank werden im Durchschnitt – sage und schreibe – 6 200 € an Pension pro Monat ausbezahlt – im Durchschnitt. Wenn man weiß, dass die ASVG-Durchschnittspension unter 1 000 € liegt, die Höchstpension bei 2 600 €, dann sieht man, dass hier einiges in die falsche Richtung läuft.

Herr Staatssekretär Lopatka hat das auch schon erkannt und angekündigt, hier einiges ändern zu wollen. Wir hören immer wieder – speziell von den Regierungsparteien –, dass Privilegien abgeschafft werden, dass hier etwas geschehen wird. Aber es ge­schieht leider nichts. In den letzten Jahrzehnten hat der Rechnungshof – ich bin froh, dass Herr Präsident Dr. Moser heute auch hier ist – immer wieder angeprangert, dass es Privilegien gibt, die nicht abgeschafft werden.

Ganz im Gegenteil: Hier wird nichts getan! Und Herr Lopatka hat im Ausschuss lakonisch berichtet, dass man bei der Telekom mit 54 Jahren, bei der Post mit 53 und bei den ÖBB mit 51 Jahren in Pension geht. Im Durchschnitt! – Schauen wir uns das an! Wenn bei den ÖBB im Durchschnitt mit 51 Jahren in Pension gegangen wird, heißt das, dass für jeden, der im Alter von 65 geht, einer mit 35 gehen muss. Das ist eine einfache Rechnung. Wenn der Durchschnitt 51 ist und einer mit 65 geht, dann gibt es einen, der mit 35 Jahren geht.

Jetzt frage ich mich, wie man das einem Normalsterblichen, der im Alter von 63 oder 64 Jahren noch arbeitet, erklären soll, dass es bei den ÖBB offensichtlich Menschen gibt, die mit 35 Jahren in Pension gehen. Deshalb müssen wir, Herr Staatssekretär, anfangen, Spielregeln zu schaffen, die für alle akzeptabel, fair und zumutbar sind. Es darf keinen Unterschied machen, ob man in einem Staatsbetrieb oder einem staats­nahen Betrieb mit Parteieinfluss arbeitet oder in der freien Wirtschaft. Das darf keinen Unterschied machen.

Es ist auch niemandem zu erklären, warum jemand eine sechs Mal so hohe Pension bekommt wie ein anderer – das ist niemandem zu erklären! –, und das Ganze vor dem Hintergrund, dass es im Pensionssystem ja ohnehin hinten und vorne nicht reicht. Das heißt, diese Privilegien sind abzuschaffen – auch mit einer Verfassungsmehrheit!; das sage ich ganz offen. Wenn es notwendig ist, die Verfassung zu ändern, um solche Privilegien abzuschaffen, sind wir die ersten, die dafür sind. Und ich bin überzeugt, dass auch die FPÖ und die Grünen zustimmen würden, wenn es notwendig sein sollte, die Verfassung zu ändern, um diese Privilegien endgültig abzustellen. (Abg. Krainer: Ich habe gedacht, es gibt keine Zweidrittelmehrheit!)

Da würden wir eine Ausnahme machen. Es stimmt, wir haben gesagt, wir stimmen bei Zweidrittelmaterien nicht mehr zu, aber in diesem Fall machen wir eine Ausnahme, weil es wirklich etwas Sinnvolles ist, etwas, das der Fairness zugutekommt und unser System langfristig erhalten wird.

Wenn Sie von der ÖVP es also ernst meinen, dann machen Sie einen Gesetzes­vorschlag, die Verfassung entsprechend zu ändern, um diese Privilegien abzuschaffen, und wir sind die ersten, die zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, auch ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Ver­hand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 162

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beseitigung der Pensionsprivilegien in der Oesterreichischen Nationalbank

eingebracht in der 46. Sitzung des Nationalrates am 19.11.2009 im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (394 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundesfinanzrahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden (429 d.B.)

Bereits im Jänner 1996 wurde von Abg. Dolinschek und Kollegen im Sinne der Beseitigung von Privilegien in der Österreichischen Nationalbank ein Entschließungs­antrag mit der Zielsetzung eingebracht, „durch geeignete gesetzgeberische Maßnah­men eine Harmonisierung der Pensionssysteme dadurch zu erreichen, dass das Pensionsrecht des ASVG auch auf die Bediensteten der OeNB anzuwenden ist.“ 

Die in der Folge von der OeNB selbst in Angriff genommene „Pensionsreform“ milderte die damals bestehenden Regelungen (35 Jahre Arbeit bzw. Vollendung des 55 Lebensjahres = Pension in Höhe von 85 % des Letztbezuges) lediglich rudimentär bzw. änderte nichts am Umstand, dass OeNB-Mitarbeiter gegenüber ASVG-Pen­sionisten nach wie vor große Vorteile genießen. Diese Tatsache hat den Rechnungs­hof in einem entsprechenden Prüfbericht (Reihe Bund 2006/9 Bd.3 (Österreichische Nationalbank; Pensionsvorsorge) zu folgender Kritik veranlasst: 

„Die OeNB führte () für die ab 1. Mai 1998 aufgenommenen Dienstnehmer ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell ein. Dieses orientierte sich an den für die OeNB Dienstnehmer schon zuvor bestehenden günstigen Rahmenbedingungen. Dadurch blieb die erhebliche Besserstellung des neuen Pensionssystems der OeNB gegenüber dem ASVG-System weiterhin bestehen.“

Mit der im Jahr 1998 eingeführten neuen Dienstordnung wurde für neu eintretende Mitarbeiter ein sogenannter Schlusspensionskassenbeitrag eingerichtet. „Er sorgt dafür, dass Mitarbeiter auch in Zukunft mit bis zu 80 % des Letztbezugs in Pension gehen,“ so der Rechnungshofpräsident gegenüber der Tageszeitung Kurier vom 23.02.2008.

Diese Pensionsprivilegien spiegeln sich unverändert noch heute eindrucksvoll in der Höhe der Brutto-Durchschnittspensionen der OeNB wider, die bei rund 75.000 Euro liegen (Quelle: APA-Meldung Nr. 176 vom 2009-11-15/13:05). Durch das lukrative Pensionssystem entstehen letztlich Nachteile für die Steuerzahler, denn – so der Rechnungshof – beeinträchtigt jede Zahlung den Gewinn der Nationalbank und damit die Höhe der Gewinnausschüttung an den Bund und dadurch wiederum dessen Budget.

Bemerkenswerterweise hat sich nun auch der ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka dieser BZÖ-Forderung angeschlossen und angekündigt, dass die OeNB-Pensionen in der nächsten Sitzung zur Verwaltungsreform am 09.12.2009 auf der Tagesordnung stünden. 

Im Sinne einer raschen Harmonisierung der Pensionssysteme und einer Beseitigung der OeNB-Pensionsprivilegien stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 163

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat zur Beseitigung der OeNB-Pensionsprivilegien einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die Ge­währung zusätzlicher  Ruhestandsbezüge untersagt und damit eine Gleichstellung mit ASVG-Versicherten sowie mittelbar eine Budgetentlastung erreicht wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


17.00.19

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf wieder zum Gegenstand der Debatte zurückkehren, nämlich zum Bundesrechnungsabschluss, vom Rechnungshof erstellt und dem Parlament vorgelegt.

Was man darin sieht, ist, dass die Krise bereits im Jahr 2008 durchgeschlagen hat. Würden wir die Auswirkungen der Krise, vor allem das Bankenpaket, herausrechnen, dann wären wir in etwa bei einem ausgeglichenen Haushalt. Das zeigt auch, dass im Sinne der Sanierung des Haushaltes die Budgetpolitik der Jahre 2007 und 2008 eine weitaus nachhaltigere war als in den Jahren davor. Wir erinnern uns an die Defizite in den Jahren 2000 bis 2006; bei 1,6 Prozent übernommen, bei 1,5 Prozent minus über­geben. Trotz teilweise sehr guter Konjunkturdaten hat es keine nachhaltige Sanierung des Haushaltes gegeben, sondern nur eine einmalige oberflächliche positive Darstel­lung, die aber in Wahrheit nur auf Einmaleffekte oder im Wesentlichen auf Einmal- und Vorzieheffekte zurückzuführen war. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Bundesrechnungsabschluss zeigt, dass seit dem Jahr 2007 eine weitaus bessere Budgetpolitik gemacht wird. Daher stehe ich auch nicht an, dem damaligen Finanzminister Molterer, der mittlerweile Abgeordneter hier im Hause ist, und seinem Staatssekretär Christoph Matznetter, die in den Jahren 2007 und 2008 die Haupt­verantwortlichen für diese Budgetpolitik waren, zu sagen, dass man hier taxfrei er­klären muss, dass der selbsternannte beste Finanzminister aller Zeiten nicht der Beste war, sondern die Nachfolger schon weitaus besser waren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was man auch sieht, wenn man sich die Eckdaten ansieht, ist, dass eine sehr wichtige Kennziffer, nämlich die Zahl der Arbeitslosen, 2007, aber auch 2008 massiv zurück­gefahren werden konnte. Das ist gerade für Sozialdemokraten eine Zahl, die min­destens ebenso wichtig ist wie das BIP und dergleichen, weil die Arbeitslosigkeit und die Verteilung der Arbeit sehr viel auch über die Mitpartizipationsmöglichkeiten der Men­schen aussagen.

Man muss aber auch sagen, weil wir gerade von Grasser und Molterer gesprochen haben, dass Herr Molterer auch ein Opfer von Grasser war. Die Spekulationsverluste, die es im Jahr 2008 bei der ÖBFA gegeben hat, fußen ja auf der Politik, die Herr Grasser dort eingeführt hat. Nicht Finanzminister Molterer hat ihnen erlaubt, zu speku­lieren, sondern das war sein Vorgänger Grasser. Das Einzige, das man in diesem Zusammenhang dem ehemaligen Finanzminister vorwerfen könnte, ist, dass er nicht für rasende Transparenz gegenüber dem Regierungspartner, gegenüber der Öffent­lichkeit, gegenüber dem Parlament gesorgt hat.

Dafür ist jetzt ein sehr guter Zeitpunkt. Wir diskutieren gerade das neue Haushalts­recht, und einer der Kernpunkte ist die Frage der Transparenz gegenüber dem Parlament und gegenüber der Öffentlichkeit. Ich denke, dass wir die Gespräche und Debatten zwischen den Fraktionen durchaus dazu nutzen sollten, zu einem sehr transparenten Haushaltsrecht zu kommen, damit wir nicht das Problem haben, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 164

Einzelne nicht für Transparenz sorgen, sondern dass das System für Transparenz sorgt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das heißt, man kann sagen, wir haben die Grauen von Grasser abgewählt!)

 


17.03.46

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Wenn Herr Grasser diese Rede jetzt gehört hätte, würde er sich, denke ich, darüber freuen, dass er nicht immer nur in „NEWS“ und „Heute“ vorkommt, sondern auch immer wieder bei Kai Jan Krainer. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber eh das Gleiche! – Abg. Rädler: Und was bringt das?)

Aber zurück zu den ernsten Dingen des Lebens! – zum Bundesrechnungs­ab­schluss 2008. Der vorliegende Bericht ist sehr strukturiert, übersichtlich und gut dokumentiert dargestellt, und dafür möchte die grüne Fraktion dem Rechnungshof sehr herzlich danken. Das erleichtert die Arbeit wesentlich. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden diesem Bericht auch zustimmen, das heißt aber nicht, dass wir die Politik, die in den Jahren 2007 und 2008 vonstatten gegangen ist, in dieser Form für gut befinden. Wir können uns in verschiedenen Bereichen der Kritik durch den Rech­nungshof durchaus anschließen.

Ich beginne jetzt einmal mit dem Bereich der Einnahmen/Ausgaben-Struktur im Jahr 2007: in einer Zeit der Hochkonjunktur – kein Wunder, Kollege Krainer, dass die Arbeitslosenrate niedrig ist; das ist auch gut so – ein Wachstum von 5,5 Prozent und dennoch ein Defizit von minus 0,5 Prozent! Das ist nicht wirklich das, was wir in dieser Form erwartet haben. Der Rechnungshof kritisiert zu Recht, dass die Untätigkeit der Politik ausschlaggebend dafür war, dass keine strukturellen Änderungen vorgenom­men wurden, die die Struktur verbessern könnten, damit sich die Probleme, mit denen wir heute noch zu kämpfen haben, nicht fortsetzen.

Manchmal vertraut man natürlich auch darauf, dass das Wirtschaftswachstum weiter so vorangeht. Das ist auch verständlich, dass man diesbezüglich Optimismus zeigt. Wirtschaftswachstum ist natürlich eine der zentralen Einnahmequellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Bricht das weg, Herr Kollege, dann hat man das, was man jetzt hat, nämlich massive Mindereinnahmen bei den meisten Steuerarten, wie das auch die Entwicklung bei den öffentlichen Abgaben für den September 2009 gezeigt hat. Mit diesen Baustellen zu arbeiten, ist natürlich in einer Situation, in der das Defizit massiv ansteigt, sehr, sehr schwierig.

Der Rechnungshof kritisiert zudem, dass es eine große Schere zwischen Einnahmen- und Ausgabenquote gibt, nämlich eine von 3,4 Prozent, und dass die Haftungen, wenn auch konjunkturbedingt, um mehr als 29 Prozent ausgeweitet wurden.

Besonders interessant sind natürlich auch die Schuldenstände außerhalb der Bun­deshaushalte. Die ÖBB haben 16,3 Milliarden Schulden, die ASFINAG hat 10,9 Milliar­den Schulden, und da kann man nicht sagen, das gehe die Republik nichts an, son­dern das ist ein weiteres Alarmzeichen auch angesichts der Schuldenrückzahlungen.

Ich komme jetzt zu den Zahlen des heurigen Jahres, mit denen Finanzminister Pröll so gerne hausieren geht: ein Schuldenstand von 190 Milliarden – 190! –, eine Neuver­schuldung von 3 Milliarden und eine Zinszahlung für 2009 von sage und schreibe 8 Milliarden €. – Erinnern Sie sich, die Studierenden sind in den letzten Wochen auf die


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Straße gegangen! Es geht um massive Mängel bei den Ressourcen an den Univer­sitäten. Rund 2 Milliarden mehr Investitionen wären notwendig.

8 Milliarden € an Zinszahlungen, 2 Milliarden fehlen in diesem Zukunftsbereich! – Wenn Schuldenmachen tatsächlich erlaubt ist, dann natürlich, um die Konjunktur zu stabilisieren, aber insbesondere auch, um in die Zukunft zu investieren. Ich spreche da von den Bereichen Bildung, Forschung und Klimaschutz – aber genau das wird nicht gemacht!

Letztendlich hat man daraus nicht gelernt. Eigentlich müssten die Debatte über den Bundesrechnungsabschluss und auch die Debatte über die Novelle in Top 18, die heute noch beraten wird, bei der es um beispielsweise 200 Millionen € an Mehr­ausgaben für Pensionen geht, daran erinnern, dass wir längst einen Gipfel bräuchten. Man sollte sich endlich an einen Tisch setzen, die Regierungsparteien, die Oppo­sitions­parteien, und sich einmal genau anschauen: Wie kann man den Staatshaushalt sanieren und damit auch die künftigen Generationen entlasten, in die Zukunft inves­tieren und Arbeitsplätze sichern? (Beifall bei den Grünen.)

17.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Staatssekretär Lopatka zu Wort. – Bitte.

 


17.09.02

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Jahr 2008 wird in die Geschichte eingehen als jenes, in dem nach den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die mit Abstand größte Finanz- und Wirtschaftskrise ihren Ausgang genommen hat. Niemand weiß in Wirklichkeit, wo wir jetzt stehen. (Abg. Mag. Haider: Sie am wenigsten!) Wir hoffen, dass wir das Tal überwunden haben. – Es ist leicht, solche Zwischenrufe zu machen, schwierig ist es, seriöse Antworten zu geben. Wir sind auf der Seite der Seriosität, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher wiederhole ich mich: Ich war gestern bei der Sitzung des ECOFIN und kann sagen, alle Experten hoffen, dass wir, gerade was die Finanzkrise betrifft, das Ärgste überwunden haben. Gleichzeitig wissen wir, was den Arbeitsmarkt betriff, dass wir das mit großer Wahrscheinlichkeit nicht behaupten können. Das Gegenteil ist der Fall! Die Wahrscheinlichkeit, dass die Probleme erst auf uns zukommen, ist viel größer.

Wir – und mit „wir“ meine ich alle hier im Haus vertretenen Fraktionen – haben im Jahr 2008 mit dem Bankenpaket rasch reagiert. Natürlich mussten wir sofort in Milliardenhöhe Geld aufnehmen. Dass das Geld dann nicht sofort im Jahr 2008 ge­braucht wurde, ist die eine Seite. Die andere ist, dass das im Budget, im adminis­trativen Defizit natürlich voll durchschlägt. Daher konnten wir die Ziele, die am Beginn des Jahres angestrebt wurden, leider am Ende nicht erreichen.

Frau Kollegin, Sie haben jetzt gerade zu Recht angesprochen, dass wir strukturelle Probleme haben. Auch dabei gilt: Bei der berühmten Sitzung am 24. September 2008 sind in diesem Haus unsere strukturellen Probleme über Jahre hinweg massiv ver­schärft worden. (Abg. Dr. Lichtenecker: Aber geh!) Man kann sagen, das war im Interesse der Familien, im Interesse der Studenten und der Pensionisten. Andererseits ist das strukturelle Problem in Milliardenhöhe verschärft worden. Das müssen Sie sich leider sagen lassen, Frau Kollegin! Es ist so! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher sage ich Ihnen, dass dieses Ergebnis, das wir letztendlich dann hatten, bei den Maßnahmen, die gesetzt worden sind, eigentlich ein sehr, sehr gutes ist. Ich wünsche mir, dass wir möglichst rasch wieder dorthin kommen, wo wir am Ende des Jah-


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res 2008 waren, nämlich bei Einnahmen von 66,9 Milliarden € und bei einem adminis­trativen Defizit von 3 Milliarden €. Wir sollten möglichst rasch wieder dorthin kommen, und wenn es geht, darunter. Die Jahre 2009 und 2010 werden hier leider ein anderes Bild zeigen.

Die großen Änderungen, die 2008 innerhalb des Budgets erfolgt sind, waren das Gegensteuern gegen diese Finanz- und Wirtschaftskrise. Dieses Gegensteuern – das ist der Unterschied zu den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts – ist im Einklang mit den anderen Staaten innerhalb der Europäischen Union erfolgt. Wir werden dann auch wieder gemeinsam vorgehen müssen, um das zu erreichen, wofür wir noch etwas Zeit haben – aber je früher wir die Schritte setzen, umso eher werden wir diese Ziele erreichen –, nämlich, dass wir im Jahr 2013 wieder zurückkommen zum Maastricht-Ziel. Ich halte das für richtig, dass wir dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen auch von meiner Seite her sagen, weil das vorhin angesprochen wurde, dass ich, wenn es um diese Rückkehr zum Maastricht-Ziel geht, sehr froh bin, dass die Regierung vom „Hilfsorgan“ des National­rates, vom Rechnungshof, eine solche Unterstützung bei der Verwaltungsreform bekommt. Ich möchte das ganz direkt ansprechen, weil wir jetzt in eine entscheidende Phase kommen. Bei der nächsten Sitzung der Verwaltungsreform-Arbeitsgruppe im Dezember geht es um Sonderregelungen in verschiedenen Bereichen, etwa bei den Pensionen.

Letztendlich wird das, was wir dort besprechen, hier im Haus landen. Und wir werden dann eine breite Unterstützung brauchen, wenn wir in Sonderregelungen wirklich eingreifen wollen, die sich beim strukturellen Defizit, das Sie angesprochen haben, über die Jahre hinweg in Milliardenhöhe zu Buche schlagen. Das wird die entschei­dende Frage sein, wenn wir es gemeinsam wieder erreichen wollen, dorthin zu kom­men, wo wir am Ende im Jahre 2008 bei diesem Bundesrechnungsabschluss waren.

Das ist die große Herausforderung. Ich bin sehr froh, dass dieser Bundesrechnungs­abschluss so gut aufbereitet wurde, wie es parteiübergreifend hier schon festgestellt worden ist, weil er eine gute Grundlage für unsere Arbeit ist. Und diese gute Grundlage für unsere Arbeit wird uns auch bei der Verwaltungsreform geliefert, die ein ganz entscheidender Schlüssel sein wird, um wieder zu guten Bundesrechnungs­abschlüs­sen zu kommen.

Soweit meine Anmerkungen aus der Sicht des Finanzministeriums zu diesem Bun­desrechnungsabschluss. Wie gesagt, er kann sich durchaus im europäischen Kontext sehen lassen. Er ist ein guter Rechnungsabschluss. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


17.14.48

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu einem meiner Vorredner, zu meinem Koalitionskollegen Jan Krainer: Ich habe mich sehr gefreut, dass er die Leistungen im Bereich der Budgetkonsolidierung des früheren Finanzministers Willi Molterer gelobt hat. Ich glaube, das war sehr anerkennenswert. Das hat er sehr fair hier dargelegt. In einem Punkt muss ich ihn leider korrigieren: Er hat gemeint, dass Herr Abgeordneter Willi Molterer ein Opfer von Karl-Heinz Grasser war. Es war, so wie ich die letzten Tage und


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Wochen erlebt habe, Willi Molterer ein Opfer von Werner Faymann und nicht von Karl-Heinz Grasser. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Oh! Ist das zitabel?)

Meine Damen und Herren, nun zum eigentlichen Thema, zum Bundesrechnungs­abschluss 2008. Zunächst einmal auch von mir, Herr Präsident, ein wirklich großes Lob, eine große Wertschätzung, was die Leistungen des Rechnungshofes betrifft. Es ist immer eine Freude, den Bundesrechnungsabschluss durchzusehen, vor allem die Kurzfassung – die schätze ich ganz besonders, das gebe ich gerne zu. Er ist präzise, übersichtlich, klar, gut gegliedert, hervorragend. Danke vielmals!

Ich betone diese Wertschätzung auch deshalb, meine Damen und Herren, weil wir in Kürze hier im Hohen Haus das Bundeshaushaltsgesetz 2013 diskutieren werden. Und auch da wird es um die Frage gehen: Beziehen wir das Know-how und die Expertise des Rechnungshofes mehr oder weniger mit ein? Daher kommt heute diese große Wertschätzung. Denn es wird auch eine wichtige Frage sein: Inwieweit wird beim neuen Bundeshaushaltsrecht die Kompetenz, das Gehirnschmalz des Rechnungs­ho­fes, also eines Organs des Parlaments, mit einbezogen: mehr oder weniger? Ich sage das ganz bewusst, nachdem ich mir den Ministerratsbeschluss vor wenigen Tagen angeschaut habe.

Zum Rechnungsabschluss selbst: Der Herr Staatssekretär hat bereits darauf hinge­wiesen, dass natürlich die ersten Spuren der größten Finanzkrise der letzten Jahr­zehnte deutlich sichtbar sind. Es war ja schon zu spüren, wenn wir uns quartalsweise das Wirtschaftswachstum angeschaut haben: im ersten Quartal 2008 betrug es noch 2,9 Prozent, im letzten Quartal null. Gott sei Dank sind im Jahresdurchschnitt noch 2 Prozent herausgekommen. Ich bin mit Prognosen immer sehr vorsichtig, aber wahr­scheinlich werden die Rechnungsabschlüsse der Jahre 2009 und 2010 lang nicht so gut sein, wie der Rechnungsabschluss 2008 war.

Auch dabei gilt, meine Damen und Herren – wir sollen uns gar nichts vormachen! –: Das wirklich schwere Jahr steht ja noch vor uns. Das wird das Jahr 2010 sein. Denn: Derzeit ist es ja so, dass wir eine unglaubliche Zweiteilung der Wirtschaft erlebt haben. In den ländlichen Regionen, die auf den Inlandskonsum abgestellt sind, ist die Krise erfreulicherweise großteils noch gar nicht angekommen, in der Exportwirtschaft gibt es aber Einbrüche von 50, 60, 70 Prozent – ganz dramatisch!

Ich fürchte, dass nicht zuletzt auch aufgrund der budgetären Lage des Bundes und damit auch der Länder und Gemeinden im nächsten Jahr auch der Inlandskonsum beeinträchtigt sein wird. Wir werden die hohen Lohnabschlüsse nicht haben, wir werden keine neue Steuersenkung von 3 Milliarden € haben, wir werden weniger Aufträge der Gemeinden an die regionale Wirtschaft haben, und, und, und. Das heißt, das Jahr 2010 wird ein unglaublich schwieriges Jahr.

Ich habe einmal schon gesagt: Außerdem ist es viel leichter, sich darüber politisch zu einigen, wie man ein paar Milliarden Euro mehr ausgibt, als dann den gegenteiligen Weg einzuschlagen.

Ich habe unlängst ein Interview von Hans-Werner Sinn, dem Präsidenten des Münch­ner Ifo-Instituts gelesen, und der hat sehr pointiert gemeint – und er hat nicht ganz Unrecht; es gab ja keine Alternative –: „Weltweit war das einzige Mittel zur Krisenbe­kämpfung die Staatsverschuldung.“ – Ich muss ehrlich sagen: Da hat er – er hat es sehr pointiert gesagt – leider recht.

Unsere Aufgabe wird es sein, einerseits zu vermeiden, dass wir den japanischen Weg mit jahrelanger Stagnation einschlagen, andererseits aber auch zu vermeiden, dass das Wirklichkeit wird, was vor drei, vier Wochen ein großes Wirtschaftsmagazin als


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Aufmacher gehabt hat, nämlich die Überschrift: „Die betrogene Generation.“ – Gemeint waren unsere Kinder und Enkelkinder.

Es gilt also, zu steuern, dass es weder zum japanischen Modell der jahrelangen Stag­nation kommt, noch dass durch die Hintertür der Staatsverschuldung die Inflation hereinkommt, noch dass wir alles an Lasten nur in die Zukunft und an unsere Kinder und Enkelkinder schieben. Ich glaube, das wird die politische Kunst sein.

Den richtigen Zeitpunkt zu finden – wahrscheinlich wird er irgendwann Ende 2010, Anfang 2011 sein –, wo man die Wirtschaftsimpulse in die Budgetkonsolidierung über­leitet, wird eine sehr heikle Entscheidung sein. Die Vorarbeiten beginnen ja jetzt schon. Denn: Ausgabenseitige Sanierungen durchzuführen, ist, wie jeder von uns weiß, viel schwerer, als eine Steuererhöhung zu beschließen. Aber jede Steuer­erhö­hung wäre kontraproduktiv zum Wachstum. Und ohne Wachstumspolitik wird es überhaupt nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


17.19.30

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident des Na­tional­rates! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Das einzig Positive an diesem Bericht ist die Art und Weise, wie der Rechnungshof diesen Bericht erstellt hat. Dafür, Herr Präsident, herzlichen Dank!

Aber an sich steht sonst nichts Neues drinnen. Wir sind es gewöhnt: Die Regierung hat auch im Jahr 2008 falsch budgetiert, nämlich zu wenig Einnahmen. Obwohl um 3 Milliarden € mehr Einnahmen, als überhaupt budgetiert waren, zustande gekommen sind, hat sie natürlich wieder einmal zu viel Ausgaben getätigt.

Zu allem Überfluss hat uns jetzt Herr Staatssekretär Lopatka – vielleicht ist es manchen aufgefallen – auch noch ein administratives Defizit verkauft, weil durch die Finanzkrise, die im vierten Quartal 2008 ausgebrochen ist, zwar einiges budgetiert werden musste, man es dann aber doch nicht gebraucht hat. Daher wäre es vielleicht doch ein Plus gewesen, aber administrativ ist es ein Minus gewesen.

Nein, Herr Staatssekretär! (Staatssekretär Dr. Lopatka: Sicher!) Obwohl um 3 Milliar­den € mehr eingenommen wurden und die Finanzkrise mit 6 Milliarden € im Jahr 2008 zu Buche schlägt, hätten Sie trotzdem noch ein Minus von 4 € Milliarden zustande gebracht. So ist es halt ein Minus von 10 Milliarden € geworden. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit den Zahlen hat sich Kollege Gradauer ohnehin schon eingehend beschäftigt: Einer­seits findet man 200 Millionen € an Zinsen, die man nicht gebraucht hat, dafür braucht man auf der anderen Seite 200 Millionen € für nicht budgetierte oder auch nicht voraussehbare Pensionen. Das Ganze verpackt man jetzt in die Finanzrahmen­ge­setze.

Zu allem Überfluss – und damit möchte ich mich jetzt noch ein bisschen eingehender beschäftigten – macht man im Ausschuss ganz schnell noch einen Abänderungs­antrag, in dem man die 12,5 Prozent an Anteil der Republik Österreich an der Brenner Basistunnel Societas Europaea auch noch der ÖBB-Infrastruktur überträgt. Es sind zwei Aspekte, die bei diesem Thema wichtig sind: Damit legt man ja schon wieder den Grundstein dafür, dass jetzt und in den nächsten Jahren Milliarden Euro an Schulden in den ÖBB geparkt werden, damit man sie nicht im Budget hat. Die nächsten Regie­rungen werden es aber dann zahlen müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 169

Wenn ich daran denke, dass wahrscheinlich die nächste Regierung freiheitlich geführt wird (ironische Heiterkeit des Abg. Mayer), dann muss ich sagen: Da können wir natürlich nicht dafür sein, Herr Kollege!

Der zweite Aspekt beim Brenner Basistunnel sind die Kosten an sich, die Errich­tungskosten nämlich. Ursprünglich hat man zunächst einmal geglaubt, das kostet 1 Milliarde €. Dann waren es schnell 2, 3, 4 Milliarden €, inzwischen steht man auf 9,7 Milliarden € Schätzung. (Abg. Schopf: Ganz genau!) Experten gehen davon aus, dass es 15 bis 16 Milliarden € werden, aber auch nur dann, wenn es keine Probleme bei der Errichtung gibt. Und davon auszugehen, dass es bei so einem Projekt keine Probleme geben wird, ist mehr als blauäugig. Da reden wir nur von den Errichtungskosten, nicht von den Finanzierungskosten, denn diese kommen noch dazu. (Abg. Schopf: Danke!)

Drehen Sie dieses Projekt ab! Bedanken Sie sich nicht nur dafür, schauen Sie, dass dieses Projekt abgedreht wird!

Zu den Zulaufstrecken – die kosten nämlich noch viel mehr –: Diese Zulaufstrecken führen von München bis zur österreichischen Grenze und in Südtirol von der Franzens­feste bis hinunter nach Verona. Diese braucht man ja auch, damit, wenn man schon so ein Projekt macht, wirklich genug Züge dann auch durchfahren können. Die Zulauf­strecken sind noch nicht einmal geplant. Die Deutschen weigern sich überhaupt. Da gibt es überhaupt nichts auf deutscher Seite. Auf italienischer Seite wird heute um 19.00 Uhr in Bozen die Machbarkeitsstudie zur Zulaufstrecke Franzensfeste-Verona präsentiert.

Wenn man weiß, was der von Ministerpräsident Berlusconi eingesetzte Projektkoor­dinator Mauro Fabris im Vorfeld schon zur Finanzierbarkeit dieser Zulaufstrecke gesagt hat – er hat nämlich gesagt: Dafür hat der italienische Staat kein Geld! –, dann weiß man, was da heute bei der Präsentation dieser Studie herauskommen wird. (Abg. Mag. Hakl: Sie haben keine Ahnung, Herr Kollege! Erschütternd!)

Nächstes Thema: Personenverkehr. – Der Brenner Basistunnel hat im Personen­ver­kehr nur dann einen Sinn, Frau Kollegin Hakl, wenn man es schafft, die Verbindung München-Verona von der Zeit her so attraktiv zu gestalten, dass sie eine Konkurrenz zum Flugzeug werden könnte! Das ist es nur dann, wenn es nicht mehr als vier Stunden dauert. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Dann kann man nämlich Tagesrandverbindungen machen, Frau Kollegin Hakl!

Der Brenner Basistunnel würde auch bei günstigster Berechnung diese Strecke von sieben auf sechs Stunden reduzieren. Da sind wir von vier Stunden ganz weit weg. Bezüglich des Personenverkehrs wird es das überhaupt nicht spielen, dass sich das Projekt jemals rechnet.

Beim Güterverkehr geht man davon aus, dass man Güter auf die Nord-Süd-Verbin­dung bringt. Jede Studie, Frau Kollegin, zeigt, dass es in den nächsten zwanzig Jahren in der anderen Richtung, nämlich Ost-West und vice versa, Güterströme geben wird, aber nicht mehr auf der Richtung Nord-Süd oder Süd-Nord. Das heißt, dieses Projekt wird ein Milliardengrab. Dafür stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der FPÖ.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


17.24.59

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich meine, Budgetdiskussionen haben einen Vorteil: Da kann ja offensichtlich jeder zu allem reden! (Abg. Neubauer: Sogar Sie!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 170

Nachdem jetzt gerade die Eisenbahnexpertise zur Frage Brenner-Basistunnel in exten­so vorgetragen wurde, möchte ich ein bisschen zu der Thematik Bundesrech­nungs­abschluss zurückkommen: Ist eine korrekte Budgetpolitik gemacht worden oder nicht?

Ein Punkt muss uns wohl klar sein: Niemand hier wird bezweifeln, dass es in Zeiten, wie wir sie derzeit seit einem Jahr erleben, in dieser Wirtschaftskrise die einzig richtige Maßnahme war, und eine, die zum Glück fast flächendeckend in den Industriestaaten ergriffen wurde: Wir müssen durch konjunkturelle Maßnahmen gegensteuern! Das heißt in der Phase 1, dass es zu einer deutlichen Verschlechterung der Verschuldens­situation, aber natürlich auch der Defizite kommen kann. So eine Politik ist genau die richtige.

Ihr Spiegel ist aber die Frage der Budgetpolitik in Hochkonjunkturzeiten. Eines muss uns auch klar sein: Der Keynesianismus wird nicht so verstanden, dass, egal, ob gute oder schlechte Zeiten sind, immer mit zu hohen Defizitständen gefahren wird. In die­sem Sinne müssen in den besseren Zeiten auch entsprechende Budgetsanierungen stattfinden.

Kollege Krainer hat ja darauf hingewiesen: Da sind die Ambitionen und die Erfolge unterschiedlich verteilt. Ich muss heute sogar Jan Krainer berichtigen: Es hat ja nicht einmal 0,1 Prozent Verbesserung bei Karl-Heinz Grasser gegeben, wir hatten nämlich auch im Jahr 2006 so wie 2000 1,6 Prozent Maastricht-Defizit. Das heißt, es gab gar keine Verbesserung in der Zeit dazwischen.

Ich sage gleich an der Stelle dazu: schlimm genug. Wir hatten damals Wachstums­raten von netto 2,5 Prozent und zuletzt, im Jahr 2006, von 3,5 Prozent. Es war dann sehr spät, als wir mit unserem Regierungseintritt anfangen mussten, mit dem Vollzug in den Jahren 2007 und 2008 – übrigens deutlich unter den Budgetansätzen, vor allem im Jahr 2007 – auf ein Viertel des Defizits herunterzukommen. Schöner wäre es gewesen, wir wären 2006 bei 3,5 Prozent Wachstum bereits bei einem ausgeglichenen Haushalt gewesen und hätten mehr Reserven gehabt.

Nichtsdestotrotz haben wir aber in diesen zwei Jahren richtig gehandelt, und wir haben auch jetzt, in den Jahren 2009 und 2010, mit diesen Budgets völlig richtig gehandelt. Wir haben die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit Europas. Und das ist ein Erfolg dieser Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Staatssekretär Lopatka, den ich sehr schätze, hat in der Frage ganz am Ende einen richtigen Hinweis gegeben: Die wirkliche Budgetsanierung findet ja über Wachs­tum statt. Jeder, der glaubt, er könne ohne Wachstum in irgendeiner Form in einem kurzen Zeitraum eine Budgetsanierung vornehmen, dem kann man heute schon sagen: Das wird so nicht funktionieren! Unsere einzige Chance sind reale oder zumindest nominelle Wachstumsraten von mindestens 4 Prozent. Dann kann man durch ergänzende Maßnahmen – Verwaltungsreform, eine Reihe anderer Dinge – viel­leicht nicht bis zum Jahr 2020 brauchen, sondern um fünf oder sechs Jahre kürzer.

Aber die Seriosität gebietet dabei auch, dass wir mit diesen Fragen auch seriös umgehen. Eine kleine Kritik an Herrn Staatssekretär Lopatka lassen Sie mich an dieser Stelle anbringen! Sie haben zu Recht die Seriosität bei den Kollegen von der FPÖ eingefordert, aber das gilt auch bei der Behandlung des 24. Septembers 2008. Denn bis auf die Studiengebühren, die gerade einmal 145 Millionen € ausgemacht haben, sind alle anderen Beschlüsse einschließlich der Stimmen der Österreichischen Volks­partei erfolgt. Da gebietet die Seriosität in diesem Bereich, zu sagen: Wir waren der Meinung, dass es richtig ist! Wir haben Wählerinnen und Wählern gesagt, wir wollen den Menschen, die in den nächsten Jahren in Pension gehen, die Sicherheit bis zum Jahr 2013 geben. Wir haben beschlossen, dass daher die Hacklerregelung – ein


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furchtbares Wort, aber die richtige Maßnahme – bis zu diesem Zeitpunkt verlängert wird.

Wir haben uns gemeinsam im Regierungsprogramm verstanden, dass wir uns für die Zeit danach überlegen, wie die Neuregelung aussieht. Genau daran arbeiten wir heute und darüber müssen wir reden. Was wir nicht tun konnten, war: Die Regelung, die Sie uns von der letzten Koalition davor hinterlassen haben – nämlich die Hacklerregelung bis zum Jahr 2010 und danach gar nichts –, beizubehalten. (Abg. Neubauer: Stimmt ja nicht!)

So geht es nämlich nicht, meine Damen und Herren! So kann man mit keinem Men­schen im Erwerbsleben umgehen. Die Menschen müssen sich ein paar Jahre vorher auf die Pension einrichten können. In diesem Sinne war das verantwortliche Politik. Daher bitte ich Sie, nicht immer auf den 24. September 2008 einzugehen! Kein Anfall maoistischer Selbstkritik auch bei der Volkspartei! Wir haben es beschlossen, wir haben es den Menschen versprochen, und wir werden das einhalten. (Abg. Neubauer: Setzt euch endlich durch!)

Ein Nachsatz noch zum Kollegen Lugar in der Sache OeNB-Pensionen: Das ist ja nicht die einzige Pension! Abgesehen davon, dass er nicht rechnen kann: Wenn bei den ÖBB tatsächlich das Durchschnittsalter 51 Jahre war, heißt das ja nicht, dass, wenn einer mit 65 Jahren in Pension geht, ein anderer mit 35 Jahren gegangen sein muss. Es könnte auch der Fall sein, dass 15 Leute mit 50 Jahren gegangen sind. Ich weiß ja gar nicht, ob die Zahl stimmt. Das wäre der Durchschnitt – kleine Rechenübung für ihn. Und beim Median stimmt es auch nicht. Also eine kleine Nachschulung beim Kollegen in dieser Frage wäre nicht schlecht.

Unser Kernproblem ist nur ein anderes, wenn er das ernst meint, was er sagt, und diese Diskussion hat Kollege Lopatka auch angefangen: Wir wollen eingreifen in private Pensionsverhältnisse, weil dort so hohe Pensionen gezahlt werden. Ich sage allen Kolleginnen und Kollegen, die das machen wollen, gleich eines dazu – ich bin ja ein Jungpolitiker, nach 1997 gekommen, wir haben bereits ASVG (Abg. Ing. Westenthaler: Der erste Jungpolitiker mit weißen Haaren!) –: Das fängt bei den Altpolitikerpensionen an, da gibt es eine Fülle von Sonderrechten in diesem Land, und wenn da angefangen wird einzugreifen, ist es nicht mehr weit, dass wir bei privaten Zusatzpensionen, bei den Lebensversicherungen sind.

Ich wünsche viel Glück, gerade dem BZÖ, zu diskutieren, wie man Leuten angesparte Dinge wegnehmen kann. Ich sage das gleich dazu, das sollten Sie vorher bedenken, bevor Sie jetzt allzu viel am Pferd Populismus reiten. Das täte Ihnen überhaupt gut, zum Beispiel bei Hypo Alpe-Adria. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


17.31.18

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Es ist immer wieder fast ein bissel eine Freude, dem Kollegen Matznetter und dem Jan Krainer zuzuhören, wie sie in der Vergan­genheit schwelgen und immer wieder Fehler suchen. Ich glaube, ihr habt es noch nicht erkannt, ihr seid in der Regierung, und ihr sollt für die Zukunft das Ruder in die Hand nehmen, um zu steuern und zu lenken – und nicht immer in der Vergangenheit danach suchen, was nicht gepasst hat! Auf die Zukunft kommt es an! (Beifall beim BZÖ.)

Weil heute schon zwei-, dreimal der Rechnungshofbericht positiv erwähnt wurde: Er ist ein gutes Nachschlagewerk, aber allein das ist es nicht, ihr sollt auch danach arbeiten, ihr sollt schauen, welche Kritiken der Rechnungshof angebracht hat. Ich denke daran,


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dass er Reformen fordert, dass er verlangt, dass grundlegende Maßnahmen gesetzt werden, um das Budget zu begleiten. Ich höre zwar immer: Ein super Bericht!, aber es fehlen dann die Maßnahmen dazu.

Es war auch schon 2007 ein guter Bericht, und auch darin ist gefordert worden, dass Maßnahmen gesetzt werden, aber leider fehlt es an Reformen. Getraut sich dann eine Partei von euch einmal ein bissel über eine Reform drüber, sei es im Schulbereich oder sonstwo, steht die andere auf und sagt: Kommt gar nicht in Frage! Kollege Matznetter, ihr könnt noch lange in der Vergangenheit schwelgen und suchen, aber so wird es für die Zukunft nicht besser werden.

Es gibt zwar ein Regierungsprogramm, in dem steht: evaluieren, schauen, prüfen und weiß Gott was alles, aber auf der anderen Seite hat man den Mut, ein Doppelbudget zu machen, wo man nicht evaluiert, wo man nicht schaut, was die Zahlen bringen werden. Man macht einfach im Blindflug ein Doppelbudget, und schon im ersten Jahr müssen wir neue Begleitmaßnahmen setzen und sagen: Hoppala, da haben wir falsche Zahlen gehabt, da haben wir uns nicht ausgekannt, da hat sich die Krise ganz anders aus­gewirkt, als man es erwartet hat. Da, liebe Kollegen, hättet ihr sehr wohl auf uns hören und ein Budget für ein Jahr machen sollen. Dann hätte man die Situation neu bewerten können, hätte man neue Zahlen gehabt, mit denen man neu hätte drauflosarbeiten können.

Wir müssen immer wieder Reparaturmaßnahmen setzen, wir müssen heute noch wegen der Abschaffung der Studiengebühren eine Berichtigung beschließen. Ich glaube, nichts hat sich so schnell überlebt wie die Studiengebühren. Tagtäglich sehen wir, dass die Studenten auf den Barrikaden sind, tagtäglich sehen wir, wie es auf den Universitäten zugeht, aber wir haben die Studiengebühren abgeschafft, was wir heute noch im Budgetrahmengesetz berichtigen müssen. Aber auf die Idee zu kommen, dass das ein falscher Weg war, und darüber nachzudenken, neue Studiengebühren einzu­führen, dazu reicht es nicht.

Ein anderes Beispiel: Wir werden die ÖBB mit dem Brenner-Basistunnel weiterhin belasten. Einer ÖBB, die ohnehin am Boden liegt, die ohnehin nicht zurechtkommt, geben wir noch weitere Infrastruktur, in der Befürchtung, dass sie eines Tages Pleite gehen und die Infrastruktur dann irgendjemand anderem gehört.

Ein ganz kleines Beispiel, das mich eigentlich auch fasziniert, wie man es nicht machen soll, ist das Thema Blauzungenkrankheit. Das ist ein ganz kleines Beispiel von 1 Million €. Zuerst haben wir gesagt, es muss gesetzlich eine verpflichtende Impfung vorgeschrieben werden. Zur verpflichtenden Impfung hätte die zweite Tranche des Impfens dazugehört. Und da auf einmal ist man draufgekommen, wir haben das Geld nicht mehr, und wir wollen es auch nicht mehr aufbringen – und bricht die Impfung ab. Das kommt mir so vor, wie wenn ich über einen Bach hüpfen will, lauf’ an und hör’ dann zu springen auf. So wird einfach Geld zum Fenster hinausgeworfen, und das sollte es in der Zukunft nicht mehr geben.

Unser Wunsch ist es, zu sparen im System, zu sparen an grundlegenden Maßnahmen, aber nicht am Bürger! Meine Bitte: Fangt an damit! Denn Erfolg hat drei Buchstaben (Abg. Kößl: ÖVP!): tun! – Nein, das wäre ein Misserfolg, lieber Kollege! (Beifall beim BZÖ.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


17.35.22

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn wir den Bundesrech-


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nungs­abschluss für das Jahr 2008 diskutieren, die Zahlen studieren und auch das Drumherum genau betrachten, dann dürfen wir durchaus feststellen, dass wir als Österreicher im internationalen Vergleich sehr, sehr gut dastehen. Und wenn der Herr Krainer heute auch den ehemaligen Minister Molterer lobt, dann muss man das wohl­tuend zur Kenntnis nehmen. Ich sage allerdings dazu, es wäre ein Lob zur rechten Zeit besser gewesen und nicht dann, wenn bereits eine große Chance für Österreich vertan worden ist durch gewisse Verhaltensweisen, in dem Fall des Bundeskanzlers. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotzdem, meine geschätzten Damen und Herren, wenn wir auch gut dastehen, die Finanz- und Wirtschaftskrise hat natürlich auch bei uns ihre Spuren hinterlassen: Das Wachstum ist geschrumpft vom ersten Quartal im Jahre 2008, wo es noch 2,9 Prozent betragen hat, auf 0 Prozent im vierten Quartal. Damit sind natürlich auch die Einnah­men gesunken – und die Ausgaben sind gestiegen, weil wir rechtzeitig reagiert haben und Maßnahmen gesetzt haben. Ich glaube, es ist wichtig, dass man das macht, denn wir müssen für die Menschen in unserem Land entsprechend arbeiten.

Die Ursachen für die Mehrausgaben, die ja auch diskutiert worden sind von einigen Vorrednern, sind in einem sehr hohen Ausmaß in der Bildung einer Rücklage im Zusam­menhang mit dem Bankenpaket zu finden. Eigentlich ist es ja kein Bankenpaket, sondern ein Paket zur Sicherung der Sparer in unserem Land und zur Sicherung der Wirtschaftsleistung.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch die Diskussionen im Ausschuss, aber teil­weise auch jetzt im Plenarsaal erwähnen. Vom Kollegen Gradauer wurde in Richtung der Abgeordneten im Ausschuss direkt gesagt: Es wird so getan, als ob es keine Krise gäbe, es wird gefordert und gefordert! – Das ist tatsächlich so, allerdings muss er sich da an die Oppositionsabgeordneten wenden – und der 24. September ist eben ein Faktum. (Abg. Dr. Lichtenecker: Reden Sie nicht immer von der Vergangenheit! Es geht um die Zukunft!)

Wenn Kollege Matznetter sagt, das waren ja nur die Studiengebühren, alles andere ist einstimmig beschlossen worden: So ist es nicht! Ich erinnere an die Absenkung der Umsatzsteuer auf Medikamente, die nicht den Menschen in unserem Land zugute gekommen ist, sondern das war ein „Sanierungsprogramm“ – unter Anführungs­zeichen – für die Krankenkassen. Das sind auch österreichische Institutionen, aber trotzdem, ich glaube, das Geld wäre anders besser eingesetzt gewesen.

Wir haben also Anstrengungen zu unternehmen, um in der jetzigen Phase der Wirt­schaft und damit den Menschen zu helfen, und wir tun das auch. Das Jahr 2009 ist schwierig, das Jahr 2010 wird noch schwieriger werden, das zeigt die Analyse, aber wir haben die Antworten dafür: die Wirtschaft stärken, die Arbeitsplätze sichern und dann zum bestmöglichen Zeitpunkt das Budget konsolidieren. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

17.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


17.38.59

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es waren sich die Redner der Regierungsparteien, sowohl Kollege Auer als auch Kollege Krainer, darüber einig, dass sich die Finanz- und Wirtschaftskrise in den Zahlen im Rechnungsabschluss 2008 bereits voll durchgeschlagen hat und erkennbar war.

Wenn Herr Kollege Matznetter meint, man sollte hier über den Rechnungsabschluss reden und nicht über den Brenner-Basistunnel und solche Dinge, dann muss ich ihm


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sagen: Wir können stundenlang über den Rechnungsabschluss reden, unterm Strich wird herauskommen, dass er mit Ihrem ursprünglichen Budget nicht mehr viel zu tun gehabt hat. Das heißt also, trotz Mehreinnahmen an Steuern haben Sie die Ausgaben dermaßen gewaltig erhöht, dass es natürlich zu einem weiteren Abgang gekommen ist.

Es wäre doch viel sinnvoller, Herr Kollege Matznetter – aber er ist jetzt nicht da –, darüber zu sprechen: Was lernt man daraus, was nimmt man an Erkenntnissen mit, und wie will man in Zukunft gegensteuern?

Herr Kollege Eßl, weil Sie gesagt haben, es wurden die richtigen Maßnahmen gesetzt im Zuge dieser Zahlen aus dem Jahr 2008, wo die Finanz- und Wirtschaftskrise erkennbar war, und man ist da auf dem richtigen Weg, so frage ich mich, warum jetzt nach den ersten drei Quartalen des neuen Jahres die Budgetzahlen noch viel ärger auseinanderlaufen, als das bereits im Jahr 2008 der Fall war.

Wir haben in den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 bereits Mindereinnahmen von 11 Prozent und Mehrausgaben von plus 9 Prozent. Das heißt, wenn Sie die richtigen Maßnahmen gesetzt haben, dann weiß ich nicht, in welchen Zahlen sich das nieder­geschlagen haben soll. Oder waren Sie beim letzten Finanzausschuss nicht dabei, oder hat man Sie nicht entsprechend informiert?

Herr Lopatka hat auch gesagt, dieser Rechnungsabschluss 2008 ist eine gute Grund­lage für die Arbeit der Regierung beim Doppelbudget 2009/2010.

So, jetzt haben Sie teilweise Konjunkturmaßnahmen, eine Tarifreform, die Sie „Steuer­reform“ genannt haben, das Konjunkturpaket II und das Doppelbudget im zweiten Quartal des neuen Jahres beschlossen, wo schon lange bekannt war, dass die Wirt­schafts- und Finanzkrise sich bereits auf den Rechnungsabschluss 2008 durchge­schlagen hat. Und was haben Sie daraus gelernt? Wenn man sich die ersten drei Quartale dieses Jahres anschaut, eigentlich gar nichts!

Herr Stummvoll hat richtigerweise gesagt, dass das schwierige Jahr erst 2010 kommen wird, weil die Arbeitslosenzahlen über den Winter noch weiter steigen werden und die Konjunktur nicht in dem Ausmaß anspringt, wie wir es brauchen würden. Ich gebe Ihnen da recht, das schwierige Jahr kommt erst nächstes Jahr. Jetzt liegen wir aber heuer schon so weit daneben, dass ich gespannt bin, wie das dann im nächsten Jahr ausschauen wird.

Herr Lopatka, Sie sagen, gemeinsam mit der EU haben Sie Anstrengungen unter­nommen, um hier gegenzusteuern, und Sie sind auf dem richtigen Weg, auch mit un­se­ren Nachbarstaaten oder Mitgliedstaaten in der Europäischen Union. Es wäre jetzt, glaube ich, noch einmal höchst an der Zeit, wenn die EU-Kommission neu besetzt wird, darüber nachzudenken. Und ich sage Ihnen nur ein paar Punkte, die sich die EU-Kommission bereits Ende des letzten Jahres und auch zu Beginn dieses neuen Jahres vorgenommen hat und die auch die österreichische Regierung versprochen hat, in der EU einzubringen.

Es wurde angekündigt, europäische Ratingagenturen zu schaffen. Die haben wir nach wie vor nicht. Wir sind nach wie vor der amerikanischen Willkür ausgesetzt.

Weiters: europäische Bilanzierungsregeln. Wir sind weit davon entfernt.

Die EU reguliert Konjunkturpakete, aber davon haben die Bürger nichts. Das ist das Einzige, was Sie gemacht haben.

EU-Kommissionspräsident Barroso hat vor einem Jahr angekündigt, einen umfassen­den Plan zur Belebung der europäischen Wirtschaft vorzulegen. Den gibt es nach wie vor nicht.


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Für Klein- und Mittelbetriebe will die EU-Kommission eine proaktive Exportstrategie entwickeln. Wo kann man diese nachlesen?

Ein weiterer Punkt: Reform des weltweiten Finanzsystems. – Bis heute ist von diesen Versprechungen absolut nichts übrig geblieben, nichts geht weiter.

Ein Transparenzdefizit ist nach wie vor auszumachen in dieser EU. Es gibt keine Maß­nahmen der EU betreffend das Problem der Liquidität. Und Lösungen für die Real­wirtschaft bleiben aus. Also wo bleibt die gemeinsame Strategie?

Wenn jetzt die EU-Kommission neu besetzt wird, dann hoffe ich, dass der öster­reichische Kommissar sich dort dementsprechend einbringt und diese Dinge auch fordert, die die österreichische Bundesregierung bereits vor einem Jahr versprochen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


17.43.32

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Aufgrund einer Entscheidung in der 16. Sitzung des Nationalrates in der XV. GP vom 7.12.1979 bin ich genötigt, statt einer tatsächlichen Berichtigung aufgrund der Bestim­mungen der Geschäftsordnung eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung zu machen.

Ich habe in der vorangegangenen Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses zum Außenpolitischen Bericht des Außenministers in meiner Wort­meldung Folgendes ausgeführt, unter Bezugnahme auf Rocco Buttiglione: „Hätte er dort islamische, jüdische oder esoterische Positionen vertreten, wäre er heute noch Kommissar ...“

Ferner habe ich gesagt: „Wir haben in Europa heute noch ein Land, da können Sie als Jude, als Moslem, als Esoteriker, als Verrückter Ministerpräsident oder Premierminister werden, aber als Katholik können Sie das nicht werden.“

Die Frau Präsidentin hat mir für diese Aussage mit der Behauptung, ich hätte eine Gleichstellung vorgenommen, einen Ordnungsruf erteilt. – Diese Gleichstellung ist aber nicht erfolgt.

Ich habe nur die Möglichkeit, im Rahmen einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung die Anregung zu machen, der Frau Präsidentin den Umstand mitzuteilen, dass sie mir eine unrichtige Aussage unterstellt hat.

Dass ich den Ordnungsruf mit Fassung trage, das möchte ich hier nur am Rande erwähnen. Ich lege nur großen Wert darauf, dass ich eine Aufzählung gemacht habe und keine Gleichstellung – und dass mir die Frau Präsidentin daher zu Unrecht eine Aussage unterstellt hat, die ich so nicht getätigt habe. (Beifall beim BZÖ.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Stadler, ich nehme Ihren Hinweis zur Kenntnis und werde die Frau Präsidentin auf das Protokoll dieses Redebeitrages in besonderer Weise hinweisen.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


17.45.36

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vor ziemlich genau 13 Monaten haben wir alle, wie wir da sitzen, etwas erlebt, was wir noch nie erlebt


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haben, nämlich den völlig freien Fall der Wirtschaft. Und wir sind jetzt, 13 Monate später, bei einer Bodenbildung angelangt, also noch lange nicht dort – und das ist ja heute schon gesagt worden –, wo wir hinkommen sollten, damit auch Konsolidierung sinnvoll und möglich ist.

Der Staat hat – und das ist völlig richtig und war auch notwendig – interveniert, und es ist natürlich auch der Schuldenstand dadurch gestiegen, auf der einen Seite durch die Interventionen und auf der anderen Seite, weil die Steuereinnahmen abgegangen sind.

Es ist heute schon diskutiert worden, und zumindest in der Vorschau steht es auch so drinnen: Wenn der Wirtschaftsaufschwung eingesetzt hat, müssen so schnell wie möglich effektive Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung und Strukturreform umgesetzt werden.

Es sind ein Paket zur Sicherung der Sparguthaben und ein Paket zur Sicherung der Wirtschaftsleistung beschlossen worden. Ich kann mich erinnern, beim Bankenpaket waren zirka 8 Milliarden € vorgesehen, und davon sind damals 900 Millionen von der Hypo Alpe-Adria in Anspruch genommen worden. Und da stellt sich mir die Frage: Was kommt da zurück, und wann kommt da etwas zurück?

Wir haben 5,8 Milliarden zurückgelegt eben für das Bankenpaket. Es sind 1,3 Milliar­den Spekulationsverluste, wenn ich das damals richtig mitgeschrieben habe, bei der Bundesfinanzierungsagentur entstanden, und das Geld sollte 2010 zurückkommen, hat es geheißen.

Für mich stellt sich die Frage, wenn wir den Haushalt konsolidieren: Wie wird kon­solidiert, wie soll das Geld zurückkommen, und wann kommt es tatsächlich zurück? Und vor allen Dingen: Wird es eine ausgeglichene Konsolidierung geben?, denn nur so kann auch der soziale Friede gehalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


17.47.56

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hagenhofer hat mir ein Stichwort geliefert, nämlich die Beurteilung der Konjunkturlage. Wenn man aufmerksam, so wie ich mir das manchmal leiste, die „Neue Zürcher“ liest, dann wird man feststellen, dass sich offensichtlich die Einsicht nicht nur der Politik, sondern auch der Wirtschaft in Veränderungsnotwendigkeiten in äußersten Grenzen hält.

Die „Neue Zürcher“ berichtet etwa über die Zunahme – ich glaube, der Begriff ist jetzt richtig – von schwarzen Löchern. Das sind Orte in den USA, wo Produkte außer­börslich gehandelt werden. Die Zahl dieser „schwarzen Löcher“ in den USA, die noch vor wenigen Jahren zehn waren, hat sich auf 25 erhöht. – Na gute Nacht, kann ich da nur sagen. An diesen Orten werden außerbörslich komplizierte Finanzprodukte gehan­delt, ohne dass es die Aufsicht oder die Einsicht über die Börse gibt.

Das ist ein deutliches Indiz dafür, dass man nichts gelernt hat und nichts zu lernen bereit ist. Und was an dieser Stelle, nachdem es hier mehrmals den Appell gegeben hat, auch zu sagen wäre, ist, dass die Politik auch jegliche Einsicht in die Not­wendigkeit, hier zu handeln, vermissen lässt – auch hier in diesem Land. Und das nächste Mal schauen wir uns das bei der Hypo Alpe-Adria an.

Jetzt komme ich aber zu den schwarzen Löchern in Österreich. Die sind dort zu finden, wo es darum geht, an welchen Orten es noch beispielsweise besondere Pen­sionsprivilegien gibt. Und da nehme ich auf den Antrag des Abgeordneten Bucher betreffend Pensionsprivilegien in der OeNB Bezug, der ja mit einer konkreten For-


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derung verbunden ist. Schwarze Löcher gibt es offensichtlich nicht nur bei der OeNB, und da ist ja auch schon einiges gesagt worden, sondern auch noch in anderen Bereichen; ich zähle sie hier nicht auf, weil ich das kurz halten will.

Wir stimmen dieser Entschließung zu, weil wir im Prinzip damit einverstanden sind, dass hier etwas passiert, und weil wir es uns nicht so einfach machen wollen wie Kollege Matznetter, der nur schulterzuckend sagt (Abg. Dolinschek: Das ist ja eine Witzfigur! Das ist ein Wahnsinn!): Da kann man nichts machen, das ist einfach so!

Gleichzeitig sage ich aber auch: So, wie das im Antrag intentional dargestellt wird, nämlich mit einem Versuch, über das private Vertragsrecht einzugreifen, wird es nicht gehen können. Aber da sind wir eben politisch gefordert, mit der OeNB – aber nicht nur mit der OeNB, sondern auch bei diesem allzu langen Übergangsrecht (Abg. Dolinschek: Mit der ÖBB!), was Politikerpensionen betrifft – Veränderungen stattfin­den zu lassen, die schon längst hätten stattfinden sollen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.50.47

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir wissen, dass seit der Erstellung beziehungsweise Verlautbarung des Bundesfinanzgesetzes 2009/2010 Entwicklungen aufgetreten sind, die ganz einfach eine Umschichtung notwendig machen. Auf Gemeindeebene würde ich sagen: Es ist ein Nachtragsvoranschlag, ein Nachtragsbudget zu machen.

Die Gründe dafür sind bekannt, sie wurden heute schon von fast allen Vorrednerinnen und ‑rednern angesprochen. Es ist dies eine Wirtschaftskrise, die in diesem Ausmaß niemand erwartet hat; auch wenn man die Signale gesehen hat, sagt man eben manchmal doch: Amerika ist weit. – Ein Zweites ist, dass wir uns am 24. Septem­ber 2008 einen Virus eingefangen haben, wir alle miteinander, an dem wir heute laborieren und dessen Heilung nicht absehbar ist, weil wir das Medikament dazu nicht kennen.

Wenn ich das sage, dann trifft sich das – und das hat auch seinen Niederschlag in den Unterlagen – mit den Ertragsanteilen für die Bundesländer und Gemeinden. Ich sage es noch einmal: Ich habe in meiner Gemeinde mein Budget mit 10 Millionen € ge­macht, mit 300 000 € weniger an Ertragsanteilen – das wurde uns vonseiten des Lan­des, sprich über den Bund, schon mitgeteilt –, aber gleichzeitig einer Erhöhung der Sozialleistungen, NÖKAS-, Sozialhilfeumlage, um 12 bis 15 Prozent.

Was ist zu tun? Was haben wir alle zu tun? – Dafür, Forderungen aufzustellen, ist das die falsche Zeit, das ist auch nicht möglich. Wohl aber eines: auf allen Ebenen zu sparen! Leistungen müssen neu hinterfragt werden, die Infrastruktur muss hinterfragt werden, auch bei uns in der Gemeinde, das sage ich als Bürgermeisterin.

Nur wenn Gemeinden, Land und Bund wirklich ernsthaft nicht nur die Diskussion führen – das ist zu wenig, wir haben keine Zeit, das in den Griff zu bekommen –, dann werden wir für die Menschen im Sinne einer guten Lebensqualität in Österreich eine Lösung finden. Wir brauchen eine Lösung, denn das Jahr 2010 wird sich in den Bundesländern und Gemeinden erst dann negativ niederschlagen, wenn wir gewisse Leistungen nicht erbringen können beziehungsweise nicht erbringen wollen, weil wir wissen, dass es nicht machbar ist.

Daher meine ich, dass unser Finanzminister Josef Pröll sehr verantwortungsbewusst und weit vorausschauend die Initiative gesetzt hat, indem er – damals noch belächelt,


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von allen in der Europäischen Union und auch hier im Haus – den ersten Schritt in den Osten gesetzt hat, um dort einmal aufzufangen, was es aufzufangen galt, damit die Rückkoppelung nach Österreich und in die Bundesländer nicht zu groß wird.

Ich danke sehr herzlich auch dem Rechnungshofpräsidenten und seinem Team für die hervorragende Aufbereitung der Unterlagen. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


17.53.39

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Wir nehmen es gerne als Selbstverständlichkeit hin, einen umfassenden und übersichtlichen Bericht zu bekommen. Es ist nicht selbst­verständlich, aber wir nehmen es gerne an. Danke dafür!

Der Bundesrechnungsabschluss 2008 ist nicht nur ein umfassendes, übersichtliches Werk, sondern auch ein guter Abschluss mit guten Zahlen, die sich sehen lassen können. Wir hätten – Kollege Krainer hat es schon erwähnt – im Jahr 2008 einen nahezu ausgeglichenen Abschluss gehabt ohne Bankenpaket, das wir ja einstimmig in diesem Haus beschlossen haben. Es ist ein Ergebnis, von dem wir uns wahrscheinlich für ein paar Jahre werden verabschieden müssen – leider, sage ich dazu.

Aus dem Bundesrechnungsabschluss geht aber auch hervor, dass für das BIP-Wachs­tum im letzten Jahr die Konsumausgaben mit 38,7 Prozent einen überdurchschnitt­lichen Beitrag geleistet haben. Das ist auch eine Bestätigung dafür, dass all jene Maßnahmen, die die Bundesregierung im heurigen Krisenjahr gesetzt hat, um die Beschäftigung hoch zu halten, richtig und notwendig waren.

Diese Bemühungen dürfen nicht zu früh beendet werden, denn hohe Beschäftigung sichert nicht nur Steuereinnahmen – wir wissen ja, dass jeder Euro, der in die aktive Arbeitsmarktpolitik geht, mehr als einmal zurückkommt –, hohe Beschäftigung sichert vor allem Einkommen. Sie hält die Kaufkraft und die Nachfrage hoch.

Die Konjunkturpakete waren wichtig und richtig. Wir dürfen uns aber noch nicht zu früh freuen, denn nur, weil einige Aktienkurse steigen, ist die Krise noch nicht überwunden. Es ist nicht sicher, ob der Aufschwung schon ein selbsttragender Aufschwung ist oder ob er noch Unterstützung durch die staatlichen Maßnahmen braucht.

Insbesondere ist ein kommunales Konjunkturpaket zu überlegen, um nicht nur den Gemeinden frisches Geld zukommen zu lassen, sondern auch vielen KMUs in unserem Land neue Aufträge zukommen zu lassen. Besonders in der Bauwirtschaft – diese reagiert infolge laufender Großaufträge bekanntermaßen mit einiger Zeitver­zöge­rung – wird es notwendig sein, mit einem neuen Konjunkturpaket die Beschäftigung weiter hoch zu halten, denn die Gefahr, dass die Realwirtschaft zurückschlägt, ist noch nicht restlos gebannt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


17.56.03

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Das Konjunkturpaket ist als richtige Maßnahme zur richtigen Zeit bezeichnet worden. Ich möchte hier auch weitere wichtige Beschlüsse erwähnen, nämlich die Steuerreform 2008, die vorgezogene Steuerreform, die Entlastung der niedrigen Einkommen und des Mittelstandes, der


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Klein- und Mittelbetriebe. Das hat positiv gewirkt. Die Zahlen zeigen im Eurobereich eine Arbeitslosigkeit von 9,8 Prozent, in Österreich eine von unter 5 Prozent. Das ist ein großer Unterschied, und das zeigt, dass beide Maßnahmen richtig waren und auch positiv wirken.

Noch ein Satz, in die Zukunft gesehen: Es wird Wirtschaftswachstum und Unterstüt­zung der Wirtschaft brauchen, um wieder neue Steuereinnahmen zu bekommen. Bei allen Differenzen, die es im Hause über den Spielraum und die Prioritätensetzung gibt, ist es doch, glaube ich, für alle von entscheidender Bedeutung, dass wir Arbeits­losigkeit so weit wie möglich verhindern, weiter die Betriebe stärken und für unsere Zukunft auch die Voraussetzungen schaffen.

Ich möchte mich abschließend bei allen bedanken, die zur Steuerleistung beigetragen haben; das ist die Voraussetzung dafür, dass wir hier agieren können. Danke! (Beifall bei der SPÖ.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. – Bitte.

 


17.57.44

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Rech­nungshofpräsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Auch wenn die Finanz- und Wirtschaftskrise laut Bundesrechnungsabschluss 2008 noch nicht voll auf das Budget durchgeschlagen hat, empfiehlt der Rechnungshof jetzt schon strukturelle Konsolidie­rungsmaßnahmen, vor allem hinsichtlich der Schere zwischen Einnahmen- und Aus­gabenquote, der Staatsverschuldung, der Verpflichtungen des Bundes und auch bezüg­lich der gegebenen Haftungen.

Die Regierung hat einiges gegen die Krise unternommen. Da wären zum Beispiel eine Steuerentlastung im Ausmaß von 3,2 Milliarden € und darunter ein Familienpaket im Ausmaß von 500 Millionen € anzuführen – 88 Prozent der Reform kommen Menschen mit Einkommen unter 4 000 € zugute, und zwischenzeitlich zahlen 160 000 Menschen keine Einkommensteuer –, oder zwei Arbeitsmarktpakete, die Tausende Arbeitsplätze sichern, was in Zeiten der Wirtschaftskrise von existenzieller Bedeutung für die Men­schen in unserem Land ist. Das alles muss finanziert werden und zeigt natürlich seinen Niederschlag im Budget, wie auch das Bankenpaket deutliche Spuren im Bundesrech­nungsabschluss 2008 geschlagen hat.

Meine geschätzten Damen und Herren! Der Abbau des zur Krisenbewältigung aufge­bauten Budgetdefizits darf aber aus Konjunkturgründen nicht zu früh begonnen werden. Geplant ist, dass mit den notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen, EU-weit akkordiert, ab 2011 begonnen werden soll.

Um finanzielle Spielräume für notwendige Zukunftsinvestitionen zu erhalten und zu gestalten, müssen die öffentlichen Haushalte auch strukturell agieren, um Produk­tivitäts- und Innovationseffekte zu vergrößern. Höhere Effizienz wird daher ebenso einen Schwerpunkt darstellen wie notwendige Aktivitäten im Hinblick auf Ausgaben und Einnahmen in Richtung von mehr Steuergerechtigkeit. Dies sollte uns allen in Zukunft ein großes Anliegen sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


18.00.06

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätztes Hohes Haus! Die Entwick­lung, die ab September 2008 auch über unser Land hereingezogen ist, hat sich natür-


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lich auch auf unser Budget, das Budget 2008, negativ ausgewirkt. Lag das BIP-Wachstum im ersten Quartal noch bei plus 2,9 Prozent, so ist durch diese Krise das BIP-Wachstum – das ist schon angesprochen worden – im vierten Quartal rasant zurückgegangen, und zwar auf 0 Prozent. Das Wirtschaftswachstum erreichte aber dennoch im Jahr 2008 einen Jahresdurchschnitt von plus 2 Prozent. Festzustellen ist, dass das Defizit des Gesamtstaates 2008 zurückging und mit 0,4 Prozent des BIP weit unter den EU-Kriterien von 3 Prozent liegt.

Aufgrund der wirtschaftlichen Krise war es notwendig, dass der Bund Maßnahmen setzte, die sich stabilitätswirksam ausgewirkt haben, den Arbeitsmarkt bestmöglich festigen und den Konsum durch Nachfrage aufrechterhalten. Diese Maßnahmen waren und sind natürlich nicht ohne zusätzliche finanzielle Mittel umzusetzen. Durch diverse Maßnahmen wie das Bankenpaket hat sich das Defizit des Staates erhöht. Gleichzeitig stieg dadurch die Staatsverschuldung auf 62,59 Prozent an. Sie lag damit geringfügig, um 2,59 Prozent, über dem EU-Referenzwert. Im Gegenzug ist die Entwicklung der Einnahmen im allgemeinen Haushalt auf 70,73 Milliarden € gestiegen; sie lag um 5,7 Prozent über dem budgetierten Ansatz.

Festhalten möchte ich aber deutlich, dass dieses Ergebnis, das Ergebnis der steigen­den Einnahmen, wesentlich auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die öffentlichen Abgaben gestiegen sind. Vor allem ist dies auf steigende Lohnsteuereinnahmen von 1,3 Milliarden € zurückzuführen.

Geschätzte Damen und Herren, es ist Aufgabe der Politik, auf veränderte Situationen zu reagieren und entsprechend zu agieren. Dies zeigt, wie wichtig und richtig die Steuerreform 2009 war, wodurch die kleineren und mittleren Einkommen sehr stark entlastet wurden. Die Regierung Faymann I hat in dieser schwierigen Situation rasch richtige Maßnahmen getroffen (Abg. Zanger: Hervorragend ...!) und dafür nicht nur national, sondern auch auf europäischer Ebene größte Anerkennung erhalten.

Meine Damen und Herren! Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserer Budgetpolitik trotz budgetärer Defizite die Situation meistern werden, damit wir dann bei besserer Konjunktur die Erfolge ernten können und das Defizit sozial ausgewogen abbauen können. (Beifall bei der SPÖ.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


18.03.26

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Die Herren auf der Regierungs­bank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren, die um diese Zeit noch von den Zuschauerrängen der Debatte lauschen! In der Debatte über den Bundesrechnungs­abschluss hat Herr Staatssekretär Lopatka im Ausschuss freundlicherweise erwähnt und bestätigt, dass es im Jahr 2008 ohne Krise kein Defizit gegeben hätte.

So viel möchte ich nur den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP mitteilen, die immer sehr gern auf den 24. September 2008 verweisen: Ihr Herr Staatssekretär hat uns bestätigt (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass die Ursache die Krise ist und nicht der 24. September des vergangenen Jahres, denn dieser war in Wirklichkeit ein Segen für die Menschheit! Er hat bedeutet ... (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Global! „Für die Menschheit“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Natürlich! Er hat letzten Endes bedeutet, dass wir der Krise in Österreich wesentlich besser als viele andere Länder begegnet sind. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte hier noch einmal als Beispiel die Steuerreform erwähnen, die zweifelsohne eine Stärkung der Kaufkraft dargestellt hat; Sie haben das ja heute selbst bestätigen müssen. Das heißt eine Stärkung der heimischen Wirtschaft, das heißt aber auch eine


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Stärkung des Tourismus, wobei wir auf Grund der zeitlichen Verschiebungen von Wirkungen noch immer nicht wissen, wie sich die Krise dort letzten Endes tatsächlich auswirken wird.

Die sozialstaatlichen Stabilisatoren möchte ich noch als zweiten Punkt erwähnen. Das ist mir deshalb wichtig, weil Sie hier schon immer über den Defizitabbau reden und die FPÖ im Ausschuss gesagt hat, es müssen rigorose Sparmaßnahmen erfolgen. Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, reden vom Sozialtransferkonto, was mich fatal an die Diskussion der sozialen Treffsicherheit erinnert, die nur geführt wurde, um Sozialleistungen abzubauen.

Statt über Sozialleistungs- und Familienleistungstransfer müssen wir endlich die Diskussion über die Ungleichbehandlung von Arbeitseinkommen und Kapitaleinkom­men führen. Es geht um Inlandskonsum, es geht um Verteilungseffekte. Wer steuert nach welchem Vermögen seinen Beitrag bei? – Herr Kollege Stummvoll, diese Frage haben Sie nicht gestellt, als Sie über den Defizitabbau gesprochen haben.

Es geht uns außerdem um eine Stärkung der Realwirtschaft. Mit uns wird es jedenfalls nicht gehen, dass diejenigen, die die Krise verursacht haben, die Partys gefeiert haben, die sich in der High-Society-Gesellschaft gesonnt haben, die für die Krise verantwortlich waren, nun diejenigen zahlen lassen, die die Krise nicht verursacht haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Die ÖBB zum Beispiel ...!) Wir werden nicht zulassen, dass diese Menschen, die nicht verantwortlich dafür sind, die Krise aus­baden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nun Herrn Präsidenten Dr. Moser das Wort. – Bitte, Herr Präsident.

 


18.06.03

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich bei Ihnen allen sehr herzlich dafür bedanken, dass die Überarbeitung des Bundesrechnungsabschlusses in der Form positive Resonanz gefunden hat, und möchte darauf hinweisen, dass die Arbeit, die wir mit dem Bundesrechnungsabschluss 2008 begonnen haben, mit dem Bundesrechnungsabschluss 2009 weitergeführt wird.

Wir werden für das Jahr 2009 beziehungsweise für den Bundesrechnungsabschluss 2009 zwei Berichte vorlegen, wobei Sie den ersten Teil des Bundesrech­nungs­ab­schlusses – auch im Hinblick auf die Beratungen im Zusammenhang mit dem Finanz­rahmengesetz – noch Ende April erhalten werden. Dabei werden Sie eine geprüfte Jahresvoranschlagsvergleichsrechnung erhalten, die Darstellung der Voranschlagsab­weichungen, die Belastung der künftigen Finanzjahre und auch die allfälligen Auswir­kungen auf den Budgetvollzug, sprich auf das Finanzrahmengesetz, im Rahmen einer sogenannten Risikoanalyse.

Darüber hinaus wird Ihnen der zweite Teil des Bundesrechnungsabschlusses so wie bisher Ende September vorliegen, wobei auch dieser Teil eine analytische und gesamtwirtschaftliche Betrachtung beinhalten wird.

Zum Budget 2008 wurde ausgeführt, dass es sehr viele positive Aspekte beinhaltet, aber natürlich auch Aspekte, die für künftige Budgets sehr wohl zu beleuchten sein wer­den. Wir können darauf verweisen, dass man, wenn man sich die gesamtwirt­schaftlichen Indikatoren anschaut, sieht, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 noch nicht voll durchgeschlagen hat. Wir hatten noch ein reales Wachstum von 2 Prozent, die Arbeitslosenquote hat – laut EUROSTAT – von 4,4 Prozent auf 3,8 Pro­zent abgenommen, und wir hatten ein Leistungsbilanzsaldo, das – im fünfjährigen


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Zeitraum betrachtet – mit 3,5 Prozent sehr beachtlich war und weit über den Vorjah­reswerten lag. Außerdem ist positiv zu vermerken, dass wir im Jahr 2008 noch einen positiven Primärsaldo von 1,7 Prozent des BIP hatten und dass die gesamtstaatliche Verschuldung von 0,5 Prozent auf 0,4 Prozent abgenommen hat.

In diesem Zusammenhang ist aber sehr wohl auch zu beleuchten – in Blickrichtung der Erstellung künftiger Budgets beziehungsweise der Nachhaltigkeit –, welche Kenn­zahlen sich massiv verschlechtert haben und dass diese belegen, dass eine Struktur­reform unabdingbar ist. Es zeigt sich, dass die Verschuldung des Bundes um 6,75 Pro­zent oder 10,6 Milliarden € zugenommen hat, die gesamtstaatliche Verschuldung um 9,57 Prozent auf 176 Milliarden € gestiegen ist, die Haftungen um 29,38 Prozent auf 112 Milliarden € zugenommen haben und der Stand jener Verpflichtungen, die bei künftigen Budgets zu berücksichtigen sein werden, 103 Milliarden € beträgt. Die Nettozinslast hat 6,7 Milliarden € ausgemacht, und gleichzeitig – auch das wurde heute im Rahmen der Debatte gesagt – ist die Schere zwischen Abgabenquote und Einnah­menquote weiter aufgegangen und hat im Jahr 2008 bereits 3,4 Prozent betragen.

Betrachtet man diese Entwicklungen und stellt man ihnen die weiteren Entwicklungen der Jahre 2008 und 2009 gegenüber, sprich – auch das wurde heute bereits ange­sprochen – dass ausgabenerhöhende beziehungsweise einnahmenmindernde Maß­nah­men gesetzt wurden: So wird im Rahmen der Budgetperiode von 2008 bis 2013 zu berücksichtigen sein, dass allein in den Jahren 2008 und 2009 ausgabenerhöhende oder einnahmenmindernde Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen bis 2013 von 17 Milliarden € gesetzt worden sind, die bei künftigen Budgetplanungen zu berück­sichtigen sein werden.

Man wird also massive strukturelle Maßnahmen anzugehen haben, man wird die Verfassungs- und Verwaltungsreform angehen müssen, wobei hier sowohl die Länder als auch die Gemeinden und insbesondere der Bund gefordert sind, ihren Beitrag zu leisten. Hierbei ist auch darauf hinzuweisen, dass die Länder in den letzten Jahren nicht in der Lage waren, die Stabilitätsverpflichtungen – das heißt, die Verpflichtungen des innerösterreichischen Stabilitätspaktes – zu erfüllen, und dass auch hier Maßnah­men gesetzt werden müssten, um den Betrag, der vorgesehen ist, zu erreichen.

Betrachtet man die Schuldenentwicklung, betrachtet man gleichzeitig die Gefahr des Wegfallens von Steuereinnahmen – auch das wurde heute bereits angesprochen –, betrachtet man die zusätzliche Ausgabendynamik durch steigende Zinslasten, gelangt man zur Erkenntnis, dass man Strukturreformen wird durchführen müssen in Richtung einer Effizienzsteigerung, einer Qualitätserhöhung und gleichzeitig von mehr Bürger­nähe. Dass diese Maßnahmen möglich sind, ist auch im Rahmen der bisherigen Beratungen zur Verwaltungsreform hervorgekommen.

Vor dem Hintergrund des Bundesrechnungsabschlusses 2008 darf ich Sie ersuchen, im Sinne einer Nachhaltigkeit des Budgets umgehend Strukturreformen anzugehen. Wenn wir die Reformen jetzt nicht angehen, werden wir in den Folgejahren Probleme haben, die wir wahrscheinlich dann nicht mehr in dem Ausmaß lösen können.

Es wurde bereits von Herrn Staatssekretär Dr. Lopatka erwähnt, dass der Rech­nungshof seine Expertise sehr gerne zur Verfügung stellt, wobei diese Expertise Ihnen allen zur Verfügung steht und der Rechnungshof Ihnen gerne jene Leistungen anbietet, die es Ihnen ermöglichen, sachkundig Ihren Beitrag zur Verwaltungsreform bezie­hungsweise die weiteren Budgets zu planen beziehungsweise festzulegen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

18.11

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.


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Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 2008 samt Titel und Eingang in 428 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmen, bitte um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2009, das Bundesfinanzgesetz 2010 sowie das Bundes­gesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2009 bis 2012 und das Bundes­finanz­rahmengesetz 2010 bis 2013 erlassen werden, geändert werden, samt Titel und Eingang in 429 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Gesetzentwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beseitigung der Pensionsprivilegien der Oesterreichischen Nationalbank.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.13.0019. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (320 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistikgesetz 2000 und das E-Government-Gesetz geändert werden (419 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 276/A der Abgeordneten DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz (RegZG), BGBl. I Nr. 33/2006 i.d.g.F., geändert wird (420 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


18.13.47

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf das Registerzählungsgesetz konkret eingehe, möchte ich noch kurz ein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 184

mal die SPÖ und deren Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter loben. Das kommt selten vor, aber heute gibt es allen Grund dazu. Wenn man den „Kurier“ von morgen liest, sieht man, dass nun, nachdem sich der frühere Minister Bartenstein für Ladungen von Ministern in den U-Ausschuss ausgesprochen hat, auch die Front bei der SPÖ bröckelt. Geschäftsführer Kräuter erklärt im morgigen „Kurier“, dass er sich das durchaus vorstellen könne und verweist darauf, dass auch in früheren Ausschüssen Minister immer wieder geladen worden sind.

Genauso ist es, Herr Bundesgeschäftsführer! Das heißt noch einmal, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP: Heben Sie die Blockade im Untersuchungsausschuss auf und lassen Sie parlamentarische Kontrolle zu! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Es wird sich nicht mehr vermeiden lassen, dass auch Minister in den Untersuchungsausschuss kommen! Ich wette schon darauf!)

Jetzt aber zum Registerzählungsgesetz, bei dem es ja auch im Ausschuss zwei große Streitpunkte gegeben hat. Der erste Streitpunkt sind vorgesehene Änderungen im Bundesstatistikgesetz. Die wesentlichste Änderung der großen Koalition besteht darin, dass man vorgehabt hat, die bisherige Verpflichtung, dass sämtliche aus öffent­lichen Mitteln finanzierte Statistiken veröffentlicht werden müssen, massiv einzuschrän­ken. Das hätte dazu geführt, dass die Öffentlichkeit, die Medien, die Presse nicht mehr Zugang zu den Statistiken von Bundeseinrichtungen gehabt hätten. Damit wäre auch die Pressefreiheit beziehungsweise die Informationsfreiheit massiv eingeschränkt worden.

Dazu hat es im Ausschuss intensive Diskussionen gegeben. Die Kollegen von SPÖ und ÖVP haben sich dann doch bereit erklärt, sich das anzuschauen, und haben jetzt auch durch die Abgeordneten Wittmann und Molterer einen entsprechenden Abän­derungsantrag eingebracht, den wir vorliegen haben.

Dazu muss ich gleich sagen, dass es seitens des BZÖ trotz dieses Abänderungs­antrags dennoch keine Zustimmung geben wird, weil Sie sich auch in diesem Abän­derungsantrag wieder ein Hintertürchen offen lassen. Sie nehmen zwar die Änderung vor, dass Sie sagen, dass alles veröffentlicht werden muss, aber dann kommt auch schon wieder das Hintertürchen: sofern durch Bundesgesetz oder Rechtsakt oder Staatsvertrag nicht anders bestimmt. Das heißt, Sie wollen mit diesem Zusatz diese Veröffentlichungspflicht wieder umgehen. Darauf fallen wir nicht hinein und werden daher auch diesem Antrag nicht zustimmen.

Ebenso werden wir dem Registerzählungsgesetz in der vorliegenden Form nicht zustimmen wegen des zweiten Streitpunktes, auf den ich jetzt zu sprechen komme und der für die Kärntnerinnen und Kärntner ganz besonders wichtig ist, weil das Register­zählungsgesetz auch sehr viel mit der Kärntner Ortstafelfrage, die aktuell auch aufgrund eines neu zu fassenden Volksgruppengesetzes wieder heftiger diskutiert wird, zu tun hat und massive Auswirkungen darauf hat. Warum? – Weil die für die Bestimmung der Anzahl der zweisprachigen Ortstafeln vorausgesetzte Erhebung der Stärke der Minderheit im Registerzählungsgesetz geregelt ist, und zwar in der Form, dass im § 1 Absatz 3 geschrieben steht, dass bei Bedarf eine Umgangssprachen­erhebung möglich ist.

Wir haben immer darauf verwiesen, auch der Verfassungsgerichtshof hat darauf verwiesen und auch der Europäische Rat, dass diese Erhebung der Umgangssprache nicht das geeignete Mittel ist, um die tatsächliche Stärke der slowenischen Minderheit in Kärnten festzustellen, weil sie nur vergröbertes statistisches Zahlenmaterial als Ergebnis hat.

Ich habe da so ein Volkszählungsergebnis mit aus dem Jahr 1951, vom 1. Juni, aus dem man das auch sehr schön herauslesen kann. (Der Redner hält ein Schriftstück in


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die Höhe.) Es wird also nach der Umgangssprache gefragt. Das Problem dabei ist, dass jede Person, die angibt, sowohl Slowenisch als auch Deutsch als Umgangs­sprache zu haben, automatisch der slowenischen Volksgruppe zugerechnet wird. Das widerspricht dem Bekenntnis, dass es jeder Person freistehen soll, zu welcher Volksgruppe sie sich zugehörig fühlt, und das führt auch dazu, dass man zu falschen Zahlen kommt, nämlich zu einem viel höheren Minderheitenanteil, als es ihn in Kärnten tatsächlich gibt.

Das ist ein wesentlicher Grund dafür, warum wir bis heute in Kärnten diesen Ortstafel­konflikt haben. Viele sagen natürlich, dass es nicht zulässig sein kann, dass sie, ohne dass sie gefragt werden, automatisch der slowenischen Volksgruppe zugerechnet werden. (Beifall beim BZÖ.)

Daher ist auch unsere Forderung – diese Forderung teilt auch die FPÖ; es gibt dazu eigentlich gleichlautende Anträge, die wir immer wieder im Zuge der Neufassung des Registerzählungsgesetzes eingebracht haben –, dass man im § 1 Absatz 3 auch die Möglichkeit einfügt, dass die zuständige Bundesregierung eine geheime Erhebung der Muttersprache mit Erhebung der Volksgruppenzugehörigkeit ermöglicht.

Nur eine geheime Erhebung der Muttersprache stellt auch nach den europäischen Bestim­mungen, nach dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minder­heiten tatsächlich sicher und ist eine Garantie dafür, dass wir die richtige Grundlage, die tatsächliche Anzahl von Angehörigen der slowenischen Minderheit in Kärnten, aber auch in anderen Bundesländern erheben und damit auch die tatsächliche Zahl der aufzustellenden zweisprachigen Ortstafeln regeln können.

Solange diese geheime Erhebung der Muttersprache nicht möglich ist, ist auch eine Lösung der Ortstafelfrage nicht möglich. Das geht auch an Ihre Adresse, Herr Staats­sekretär Lopatka! Das ist die eindeutige Position Kärntens. Es muss eine Minderheiten­feststellung geben, bevor wir über weitere zweisprachige Ortstafeln diskutieren. Würde man eine solche geheime Erhebung der Muttersprache durchführen, und darum wehren sich ja auch die Vertreter der SPÖ, der ÖVP, aber auch der Volksgruppen so vehement gegen diese geheime Erhebung, würde diese zutage fördern, dass wir bei Weitem nicht jene Anzahl an slowenischsprachigen MitbürgerInnen im Südkärntner Raum haben, wie es derzeit auf Basis der Volkszählungsergebnisse zu sein scheint.

In weiterer Folge würde das natürlich heißen, dass wir nicht mehr zweisprachige Ortstafeln in Kärnten aufstellen, sondern einige abbauen müssten. Das führt wiederum dazu, dass die Volksgruppe einen Bestandschutz für bestehende Ortstafeln fordert. Man sieht also auch, wie komplex und sensibel diese Thematik ist.

Daher hätten wir uns auch gemeinsam mit der FPÖ – ich glaube, ich kann das sagen – gewünscht, dass dieser Zusatz im Registerzählungsgesetz § 1 Absatz 3 kommt, damit die geheime Erhebung der Muttersprache möglich wird. Das ist ja nichts Verwerfliches, nichts Unanständiges, sondern durchaus auch europaweit üblich und auch vom Euro­parat empfohlen. Warum Sie sich dem so verweigern, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, ist nicht ganz nachvollziehbar, aber das werden Sie schon wissen. Vielleicht kann auch der Herr Staatssekretär eine Antwort darauf geben, wenn er heute eine Wortmeldung dazu abgibt.

Wie schon gesagt, das Fehlen dieser Möglichkeit und die davor angeführten Ände­rungen beim Bundesstatistikgesetz führen dazu, dass das BZÖ dieser Änderung des Registerzählungsgesetzes und dem Abänderungsantrag der großen Koalition keine Zustimmung erteilen kann. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

18.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 186

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


18.21.24

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Punkte zur Änderung des Statistikgesetzes sagen. Einige der Änderungen des Regis­ter­zählungsgesetzes werden notwendig durch eine europäische Verordnung, die ab dem Jahr 2011 alle zehn Jahre eine Erhebung erfordert. Und wir müssen das in diesem Gesetz anpassen.

Wir haben aufgrund europäischer Vorschriften auch die Verpflichtung übernommen, die Energieausweise statistisch zu erfassen, und das wird mit diesem Gesetz auch getan, sodass wir einen Gesamtenergieeffizienzausweis erhalten. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit dafür.

Hinsichtlich eines weiteren Ziels des Regierungsprogramms von 2008 bis 2013 möchte ich festhalten, dass die Verfahrensabläufe zwischen Behörden und Unternehmen weit­gehend elektronisch durchgeführt werden sollen beziehungsweise abzuwickeln sind. Dazu gibt es ein Unternehmerserviceportalgesetz, das in Ausarbeitung ist. Es handelt sich dabei um die Einrichtung eines Unternehmensserviceportals, und für ein solches brauche ich natürlich auch die Erhebung der statistischen Grundlagen der Angaben, sodass das im Bundesministerium für Finanzen eingerichtet werden kann. Für die Funktionsfähigkeit ist die Erhebung von Identitätsdaten notwendig, und es ist eine Serviceleistung, die dem elektronischen Zeitalter angepasst ist.

Zwei weitere Anmerkungen: Es ist in diesem Gesetz auch vorgesehen, dass man eine Kostenschätzung vornehmen soll, wenn sich der Statistikrat eine Statistik wünscht. Ich halte das für sehr zweckdienlich, damit man auch weiß, was es kostet, wenn man sich etwas anschafft, dass man auch weiß, welche Ausgaben das mit sich bringt. Ich halte das für eine Grundlage jeder Entscheidung.

Im Zuge der Diskussion im Verfassungsausschuss hat sich ergeben, dass einer der Hauptkritikpunkte die Nichtveröffentlichung von vertraglichen Statistiken war. Da sind sowohl von einigen Abgeordneten der ÖVP als auch von Abgeordneten der Oppo­sitions­parteien Einwände gekommen. Wir haben dem Rechnung getragen. Ich halte es auch für vernünftig, dass, wenn man schon durch Ministerien Statistiken erhebt, auch wenn sie vertraglich sind, diese dann auch veröffentlicht werden sollen, wenn auch mit einer zeitlichen Versetzung, um dem Urheber der Statistik einen Vorsprung einzu­räumen. Das halte ich für vernünftig, und das beinhaltet unser Abänderungsantrag.

Zum Vorwurf, dass wir das wieder eingeschränkt hätten: Das ist die Formulierung des alten Gesetzes. Die bleibt drinnen, die wird nicht verändert. Das ist jetzt schon gelten­des Recht. Das ist nicht neu, sondern das ist eine Bezugnahme, dass wir uns eben nach Staatsverträgen und anderen rechtlichen Regelungen richten müssen. Das ist keine Neuerung dieses Gesetzes, sondern das ist eigentlich eine Fortschreibung der alten Rechtslage.

Zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit dem kärntenspezifischen Thema (Abg. Petzner: Sagen Sie besser nichts, denn da kennen Sie sich nicht aus!): Ich frage mich, warum man das nicht auf Ebene der Landesstatistik erhebt. Es wird immer wieder dem Bund der Vorwurf gemacht, der Bund in die Pflicht genommen, das zu erheben. Es steht doch der Landesstatistik vollkommen frei, das zu machen. Warum tun Sie es denn nicht, wenn Sie sich das so sehr wünschen? (Abg. Petzner: Weil das bundes­gesetzlich nicht möglich ist!) Sie haben dort das Sagen und machen es nicht! Ich frage mich: Warum machen Sie es nicht? Es wäre ganz einfach. (Abg. Petzner: Das bedarf einer bundesgesetzlichen Regelung!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 187

Erheben Sie es doch über die Landesstatistik, aber machen Sie nicht permanent dem Bund Vorwürfe für etwas, für das er nicht verantwortlich ist und das wir auch nicht wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Es braucht ein Bundesgesetz!)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


18.25.37

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte BesucherInnen zu später Stunde! Wir werden die Vorlage ablehnen. Ich möch­te aber zu Beginn trotzdem die positiven Aspekte hervorheben und dann erst zur Be­grün­dung unserer Ablehnung kommen.

Positiv, und das hat Kollege Wittmann schon erwähnt, ist die Ergänzung der Daten im Wohnungs- und Gebäuderegister zur Energieeffizienz. Das ist sicher eine gute Sache. Positiv ist auch, dass jetzt ein Abänderungsantrag vorliegt, und diesem werden wir auch zustimmen, der das ursprüngliche Vorhaben, nämlich die Veröffentlichungen einzuschränken, wieder zurücknimmt. Es war auch nicht wirklich nachzuvollziehen, von welchem Geist dieses ursprüngliche Vorhaben, Statistiken bestimmter Sorte nicht mehr zu veröffentlichen, getragen war. Umso mehr freuen wir uns, dass offensichtlich der andere Geist hier gesiegt hat und dass gleichzeitig in diesem Abänderungsantrag auch eine Klarstellung enthalten ist, die in der letzten Fassung oder in der bisherigen Form noch nicht so deutlich war, aber eigentlich den Status quo darstellt.

Nicht legistisch, aber tatsächlich stellt sich natürlich die Frage bei den Vertrags­statis­tiken, die dann zwei Monate später veröffentlicht werden sollen, wie denn das mit der zentralen Veröffentlichung ist, wenn die Vertragspartner sie nicht veröffentlicht haben. Hier kann man dann unter Umständen eine Vielzahl an verschiedenen Orten vorfinden, an denen Statistiken veröffentlicht werden, und das könnte unübersichtlich werden. Das können wir aber noch abwarten.

Dass wir nicht zustimmen können, hat eine Reihe von datenschutzrechtlichen Prob­lemen zur Grundlage. Am Beispiel der Volkszählung: Hier kommt ja nicht mehr der früher eingesetzte Fragebogen zum Einsatz, sondern es werden Daten aus verschie­denen Verwaltungsregistern abgefragt, durchaus personenbezogene Daten aus ver­schie­denen Registern. Wenn es zur Divergenz verschiedener Daten zu einer Person kommt, dann wird diese Divergenz in diesen Verwaltungsregistern berichtigt, ohne die Personen zu informieren beziehungsweise ohne sich bei diesen Personen rückzu­versichern. Das kann natürlich zu seltsamen Blüten führen.

Des Weiteren wird hier in verschiedenen Formen eine Vermischung zwischen Verwal­tungsdaten und statistischen Daten vorgenommen, ein No-No in der europäischen Statistik-Szene. Diverse Interessensvertretungen und ExpertInnen haben auch darauf hingewiesen: Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer. Die haben übrigens auch auf das Problem der unterbleibenden Veröffentlichung hingewiesen, das ja beseitigt wurde. Diese Kritik hingegen wurde nicht aufgenommen. So wird es dazu kommen, dass wir auf der einen Seite statistische, auf der anderen Seite Verwaltungsdaten haben. Damit wird hier wirklich etwas unternommen, das in der europäischen statistischen Szene sonst nicht getan wird, nämlich dass statistische Daten zu Verwaltungszwecken ver­wendet werden.

Spannend ist der Abänderungsantrag in einem Detail, nämlich in der Begründung. Hier wird nämlich zu einem Punkt, der gar nicht abgeändert wird, eine Feststellung getrof­fen. Welche Rechtsform dies hat, wissen wir nicht. Vielleicht kann der Herr Staats­sekretär, sollte er sich zu Wort melden, oder auch jemand anderer dies aufklären. Das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 188

Institut der Plenarfeststellung war uns bislang so noch nicht bekannt, aber vielleicht können Sie uns dazu nähere Informationen geben.

Abschließend: Wir werden dem Abänderungsantrag zustimmen, aber die gesamte Vorlage ablehnen. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


18.30.01

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, wir haben dem Antrag 276/A nicht die Zustimmung gegeben. Wir denken, dass damit die Causa Kärnten nicht lösbar ist. Die Causa Kärnten wäre vor zwei Jahren lösbar gewesen. Bundeskanzler Schüssel hat sich damals enorm eingesetzt. Leider haben wir hier im Hohen Haus nicht die ausreichende Zustimmung gefunden.

Es geht um das Registerzählungsgesetz – schon alles gesagt –, um das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, um das Bundesstatistikgesetz, um das E-Government-Reglement. All das soll grundsätzlich zur Verwaltungsvereinfachung beitragen.

Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Aufgabe, die amtlichen Statistiken Österreichs darzustellen und diese Aufgaben wahrzunehmen. Die amtlichen Statistiken umfassen jene Statistiken, die kraft EU-Norm, Bundesgesetzen und Bundesverordnung von der Bundesanstalt zu erstellen sind. Die Bundesanstalt hat auch das Recht, aufgrund vertraglicher Vereinbarungen für Bund, Länder, Gemeinden oder sonstige juristische Personen öffentlichen Rechts und EU-Institutionen Statistiken zu erstellen.

Die Veröffentlichungspflicht war auch ein Thema im Ausschuss. Zuständig ist hier der Bundesminister, der unverzüglich informieren und das auch gleichzeitig veröffentlichen soll. Es ist aber Tatsache, dass oft im Auftragsvertrag steht, dass die Veröffentlichung nicht so stattfinden soll, und das ist der Konflikt als solches.

Durch diese Novelle soll eine Klarstellung erfolgen, indem man sagt, dass Daten unverzüglich veröffentlicht werden sollen, wobei man sich auf die EU-Verordnung über Gemeinschaftsstatistiken stützt. Dabei wird übersehen, dass diese Verordnung nur für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken und somit nicht auf vertraglich vereinbarte Statistiken anzuwenden ist. Außerdem ist eine EU-Ver­ordnung keine dezidierte Verordnungsverpflichtung als solches.

Die Änderung im Registerzählungsgesetz, die terminmäßig eine Verschiebung von 2010 auf 2011 vorsieht, soll der allgemeinen europäischen Vorgabe entsprechen. Bei ganz besonderen Anlässen kann auch eine Zählung nach fünf Jahren stattfinden.

Für wichtig halte ich das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, vor allem was die Energieausweisdatenbank betrifft. Ich denke, dass wir da in Zukunft sehr viel an Daten dieser Art brauchen und dass auch Gemeinden unentgeltlich Online-Zugriff haben sollen. Kosten, die dem Bundesamt dadurch entstehen, sind vom Auf­traggeber zu ersetzen.

Die Kollegin von den Grünen, die meinte, dass sie diesem Gesetz nicht zustimmen kann, weil sie den Datenschutz in Gefahr sieht, kann ich beruhigen. Das ist in keinster Weise der Fall. Ich denke, dass auch der Datenschutz im höchsten Maße gewahrt gesichert ist. Deshalb, glaube ich, ist dieses Gesetz, wenn man die Gesamt­verant­wortung sieht, doch für alle zustimmungsfähig.

Ich darf Ihnen aber trotzdem den Abänderungsantrag, von dem Sie schon gesprochen haben, zur Kenntnis bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 189

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistikgesetz 2000 und das E-Government-Gesetz geändert werden (320 d.B.) idF des Ausschuss­berichtes (419 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 190

1. Es wird in Artikel 3 folgende Z 11a eingefügt:

„11a. § 19 (1) erster Satz lautet:

‚Die Organe der Bundesstatistik sind verpflichtet, angeordnete (§ 4 Abs. 1) und alle anderen Statistiken sowie deren Konzepte, Definitionen und Erläuterungen unver­züg­lich der Öffentlichkeit auf geeignete Weise zugänglich zu machen, sofern durch Bun­desgesetz oder Rechtsakt gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder Staatsvertrag nichts anderes bestimmt ist.‘“

2. In Artikel 3 lautet Z 20:

„20. In § 30 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

‚(1a) Abs. 1 gilt – vorbehaltlich § 19 Abs. 1 – auch für Statistiken gemäß § 23 Abs. 1, sofern der Auftraggeber binnen zwei Monaten nach Abschluss der Statistik die Ver­öffentlichung nicht selbst vornimmt.‘“

*****

Ich darf Ihnen aber auch berichten, dass es eine Ausschussfeststellung zum Artikel 2 Z 1 gibt. Hier wird festgestellt, „dass die in den lokalen Gebäude- und Wohnungs­registern enthaltenen Verwaltungs


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daten der Gemeinden in deren Eigentum stehen. Die in § 7 Abs. 2 GWR-Gesetz (Artikel 2 Z 9) vorgesehenen Übermittlungen von Daten aus den lokalen Gebäude- und Wohnungsregistern dürfen ausschließlich für nicht kom­merzielle Zwecke“ verwenden werden.

Ich denke, dass hier ein umfassendes Gesetzeswerk vorliegt, das eine Zustimmung erwarten kann. (Beifall bei der ÖVP.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungs­vorlage betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistikgesetz 2000 und das E-Government-Gesetz geändert werden (320 dB) idF des Ausschuss­berichtes (419 dB)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1.Es wird in Artikel 3 folgende Z 11a eingefügt:

„11a. § 19 (1) erster Satz lautet:

„Die Organe der Bundesstatistik sind verpflichtet, angeordnete (§ 4 Abs. 1) und alle anderen Statistiken sowie deren Konzepte, Definitionen und Erläuterungen unver­züglich der Öffentlichkeit auf geeignete Weise zugänglich zu machen, sofern durch Bundesgesetz oder Rechtsakt gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder Staatsvertrag nichts anderes bestimmt ist.““

2. In Artikel 3 lautet Z 20:

„20. In § 30 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Abs. 1 gilt – vorbehaltlich § 19 Abs. 1 – auch für Statistiken gemäß § 23 Abs. 2, sofern der Auftraggeber binnen zwei Monaten nach Abschluss der Statistik die Veröf­fentlichung nicht selbst vornimmt.““

Begründung:

Mit den Änderungen in Artikel 3 werden notwendige Klarstellungen zur Veröffent­lichungspflicht der Statistiken getroffen.

Zu § 19 Abs. 1 BStatG 2000: Organe der Bundesstatistik sind gem. § 19 Abs 1 BStatG 2000 bereits verpflichtet, Statistiken unverzüglich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hier erfolgt zusätzlich eine Klarstellung, dass diese Verpflichtung auch solche Statistiken betrifft, für die es keine nationale oder internationale Rechtsgrundlage gibt.

Zu § 30 Abs. 1a BStatG 2000: Die RV sieht vor, die Veröffentlichungspflicht von Vertragsstatistiken einzuschränken. Es kann jedoch kein sachlicher Grund gefunden werden, warum die Hauptergebnisse von Vertragsstatistiken der Öffentlichkeit vorent­halten werden sollten. Auch im Lichte des Verhaltenskodex Europäische Statistiken wäre die Unterdrückung dieser Ergebnisse höchst bedenklich. Nunmehr soll klar­gestellt werden, dass die Veröffentlichungspflichten unabhängig davon gelten, ob eine Statistik im gesetzlichen oder vertraglichen Auftrag erstellt wird. Um den Auftraggebern die Möglichkeit zu geben die Ergebnisse selbst zu veröffentlichen, wird vorgeschlagen, eine bestimmte Frist hierfür vorzusehen, anderenfalls die Bundesanstalt zur Ver­öffentlichung der Hauptergebnisse verpflichtet ist. Sonderauswertungen gem. § 29 Abs. 1 Z 2 BStatG 2000 aus bestehenden Statistiken sind hiervon nicht betroffen. Solche Sonderauswertungen können von Statistik Austria auf Grundlage bereits er­hobener statistischer Daten gem. § 29 Abs. 1 Z 2 Bundesstatistikgesetz 2000 für jedermann gegen Entgelt erstellt werden (zB sind der PKW-Index und der Senioren­preisindex Sonderauswertungen aus den VPI-Daten). Diese Sonderauswertungen sind von Vertragsstatistiken im Sinne des § 23 Abs 2 BStatG 2000 zu unterscheiden. Bei diesen geht es nicht um die Analyse vorhandener Daten, sondern um die primär­statistische Erhebung von Daten, wie sich aus dem Wortlaut von § 23 in Zusam­menschau mit § 3 Z 5 BStatG 2000 ergibt. Die geforderte Veröffentlichungspflicht bzw. deren Klarstellung bezieht sich nur auf diese Vertragsstatistiken, nicht aber auf die og Sonderauswertungen. Diese Differenzierung ist gerechtfertigt, weil bei Erhebungen Unternehmen wie Bürger in die Pflicht genommen werden, und daher im Gegenzug ein Anrecht auf die damit erstellten Statistiken haben.

Zu Artikel 2 Z 1:Weiters wird zu Artikel 2 Z 1 (§ 1 Abs. 3 GWR-Gesetz) festgestellt, dass die in den lokalen Gebäude- und Wohnungsregistern enthaltenen Verwaltungs­daten der Gemeinden in deren Eigentum stehen. Die in § 7 Abs. 2 GWR-Gesetz (Artikel 2 Z 9) vorgesehenen Übermittlungen von Daten aus den lokalen Gebäude- und Wohnungsregistern dürfen ausschließlich für nicht kommerzielle Zwecke erfolgen.

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl. – Bitte.

 


18.35.11

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Nur ein kurzer Reflex zum Antrag des Abge­ordneten Königshofer: Seit drei Jahren, kann man sagen, grüßt das Murmeltier aus dem rechten Eck mit den immer gleichen Anträgen zur Erhebung der Muttersprache zusätzlich zur Umgangssprache, und das ist nichts anders als ein Taschenspielertrick (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ), Sie wissen das selbst, ein Taschenspielertrick, um zu erreichen, dass die slowenischstämmige Minderheit weggezählt werden soll. (Abg. Petzner: Die Wahrheit ist zumutbar!) Sie sollten sich eigentlich einmal den Kopf darüber zerbrechen, ob Sie nicht Minderheiten schützen sollten und anstatt sie weg­zuzählen und ihnen Nachteile zu verschaffen.

Sie wissen, Minderheiten outen sich nicht gerne, noch dazu, wenn sie Nachteile zu erwarten haben, und deshalb spricht auch der Volksgruppenbericht jedes Mal davon – genauso wie alle, die sich mit dem Minderheitenschutz seriös auseinandersetzen –, dass es alle möglichen Faktoren gäbe und gibt, Minderheiten festzustellen. Nicht ein­mal die Umgangssprache wäre dafür notwendige Bedingung. Sie könnten auch die Mitgliedschaft in Kulturvereinen, die Anmeldungen in Kindergärten, aber auch die Ein­schaltquoten von slowenischsprachigen Radios dazu heranziehen. (Abg. Petzner: Die Feststellung soll man bundesgesetzlich regeln!) All das wäre möglich, aber – und das ist ganz wichtig – laut Verfassungsgerichtshof und seinem Erkenntnis von 2001 ist jedenfalls die Erhebung der Umgangssprache eine hinreichende Bedingung – wörtlich: sie reicht völlig aus –, und Erkenntnisse des Verfassungsgerichteshofes sind für uns verpflichtend.

Dass das für das BZÖ nicht so ist, das wissen wir. Wie hält es eigentlich die FPÖ damit? Ich bin schon gespannt, was Herr Kollege Königshofer dazu sagen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


18.37.12

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es könnte ja die grüne Fraktion nicht ruhig schlafen, wenn nicht unter den wüstesten Unterstellungen und mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten FPÖ-Schelte betrieben werden könnte. Das ist in das Reich des unernsten Politpropagandazirkus zu verweisen. Herr Kollege Königshofer wird das sehr sauber begründen, was seinen An­trag betrifft. (Beifall bei der FPÖ.)

Hinsichtlich Beschlussfassung der vorliegenden Gesetzesmaterie ist hingegen daran zu erinnern, dass es im Ausschuss von unserer Fraktion einen sehr wesentlichen, von unserem Verfassungssprecher dann doch auch medial dargestellten Einwand gegeben hat, dass nämlich im Bereich der Vertragsstatistik eine Art Exklusivrecht entstehen sollte, dass doch mit öffentlichen Mitteln erstellte Statistiken nicht der Veröffent-


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lichungspflicht unterliegen sollten, was eigentlich eine eklatante Missachtung des Prinzips der gleichen und unprivilegierten Möglichkeit des Informationszuganges zur Folge gehabt hätte, was auch EU-rechtlich verpönt gewesen wäre.

Demzufolge haben sich die Regierungsparteien zu diesem schon vorgetragenen Abän­derungsantrag entschlossen, der den von uns beklagten Mängeln der Gesetzesvorlage in der Hauptsache gerecht wird.

Beizufügen wäre, dass es das vollkommen gelungene Gesetz möglicherweise gar nie geben wird, daher will ich auch den Mängeln, die von Vorrednern dargeboten worden sind, nicht entgegentreten. Ich bin nicht der Verteidiger des Gesetzes, aber namens meiner Fraktion sage ich wie der Richter von Zalamea bei Calderón de la Barca:

„Wer den Hauptpunkt richtig traf, darf in kleinen Dingen irren.“

Aus diesem Grund heraus stimmen wir der Vorlage zu. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.

 


18.39.38

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke Herrn Abgeordnetem Fichten­bauer für die Gnade, dass wir uns in kleinen Punkten irren dürfen. Das Gesetz, das vom Grundsatz her ein politisch nicht sehr kontroversielles ist, ist ja an sich intensiv begutachtet worden. Es hat einige Einwendungen gegeben, denen wir soweit wie möglich und auch nach der Diskussion im Ausschuss gefolgt sind.

Der eine Diskussionspunkt stand in Zusammenhang mit dem Stellungnahmerecht des Statistikrates – da ist schon im Ausschuss eine Abänderung vorgenommen worden –, der Zugang der Wissenschaft zu den Mikrodaten wurde erleichtert, die Frage der Kostenschätzung, die der Statistikrat gemeinsam mit der Statistik Austria zu erstellen hat, wurde geregelt, wobei die Statistik Austria sozusagen unterstützend mitwirkt.

Der letzte Punkt, der im Ausschuss intensiver diskutiert wurde, war die Frage der Veröffentlichungspflichten. Wir haben die diesbezüglichen Einwände ernst genommen und versucht, einen Kompromiss herbeizuführen, der auch die legitimen Interessen der Auftraggeber berücksichtigt. Das sind ja nicht nur interne Stellen, sondern auch exter­ne Stellen, und der Kompromiss, der erzielt wurde, ist eben, dass die Veröffentlichung zwei Monate später tatsächlich zu erfolgen hat. Das heißt, es gibt sozusagen einen zeitlichen Vorsprung des Auftraggebers, auch wenn das externe Aufraggeber sind. Das ist etwas, was von diesen als sinnvoll erachtet wird und auch aus unserer Sicht sinnvoll ist, damit eben die Aufträge an die Statistik Austria erteilt werden.

Also insgesamt, glaube ich, haben wir da einen guten Kompromiss gefunden. Aus­gangspunkt war ja, dass wir eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2008 umzusetzen hatten, weil das Volkszählungsjahr von 2010 auf 2011 verschoben wurde. Es wurde 2006 eine Probezählung gemacht, die gezeigt hat, dass sich das neue Register­zäh­lungsgesetz, das damals geschaffen wurde, bewährt und in der Praxis funktioniert.

Das führt insgesamt dazu – und das ist ja auch etwas, was beim vorigen Tages­ordnungspunkt anknüpft –, dass man mit Verwaltungsmaßnahmen, mit gesetzlichen Maßnahmen relativ viel Geld einsparen kann, wenn man berücksichtigt, dass die Volkszählung 2001 noch 72 Millionen € gekostet hat.

Es war anzunehmen und auch schon im Ausschuss absehbar, dass diese Gesetzes­vorlagen auch dazu genutzt werden, die Frage der Ortstafeln und die Frage der mutter-


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sprachlichen Erhebung neuerlich zu diskutieren. Ich schließe mich dem an, was der Vorsitzende des Verfassungsausschusses, Peter Wittmann, gesagt hat, dass natürlich die Länder die Möglichkeit haben, bestimmte Daten zu erheben. Also das Land Kärn­ten könnte diese Daten erheben, wenn es will, es kann aber natürlich nicht – um ein anderes Beispiel zu nennen – die Daten für das Burgenland erheben, wo das Thema Ortstafeln seit langen Jahren gelöst ist, aber es könnte das Ganze für Kärnten tun.

Wir wollen es aus mehreren Gründen nicht tun. Das eine ist, dass es schon einmal unangenehme Erfahrungen mit dem Thema gegeben hat. Mein Ziel oder unser Ziel ist ja nicht, eine Verkrampfung der Situation herbeizuführen, sondern Konsens, nicht den Konflikt zu schüren, sondern eine Lösung zu finden. (Abg. Petzner: Orientieren Sie sich an Kreisky!) Und wenn klar ist, dass sich die Volksgruppen dezidiert dagegen aussprechen, dann kann man nicht davon ausgehen, dass die Erhebung der Mutter­sprache zu einer Lösung führen würde.

Die rechtliche Argumentation, die der Herr Abgeordnete Petzner angeführt hat, wider­spricht schlicht und einfach dem, was der Verfassungsgerichtshof gesagt hat. Herr Abgeordneter Zinggl hat schon darauf hingewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich gesagt, dass eine bloß vergröberte statistische Erfassung zugrunde zu legen ist und dies ausreicht, um diese Thematik zu beurteilen. Das kann man bei allen Ent­scheidungen, die in den letzten Jahren dazu ergangen sind, nachlesen. Es wird ja, nachdem einige Fälle beim Verfassungsgerichtshof anhängig sind, diese Thematik demnächst wiederum entschieden werden. Ich gehe nicht davon aus – ohne der Ent­scheidung vorgreifen zu wollen –, dass dort eine ähnliche Linie vertreten wird.

Um es auf den Punkt zu bringen: Unser Ziel ist es, einen Konsens zu erzielen, und zwar einen möglichst breiten Konsens. Unsere Absicht ist es nicht, dass durch eine Erhebung der Muttersprache zum jetzigen Zeitpunkt dort der Konflikt weiter geschürt werden soll.

Ich würde auch alle Kräfte hier im Haus, natürlich auch die in Kärnten, darum bitten, an einem solchen Konsens mitzuwirken. Ich hoffe, dass wir mit dem nächsten Schritt, den wir vorhaben, nämlich mit der Erstellung eines neuen Minderheitenrechtes, wie wir es ja auch im Regierungsabkommen vorgesehen haben, einen Schritt weiterkommen. Es gibt dazu eine Enquete, die am 3. Dezember im Bundeskanzleramt stattfinden wird, wo wir das Thema insgesamt grundlegend und breit diskutieren wollen. Ich hoffe, dass das ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist, nämlich ein Schritt in Richtung Lösung dieser Thematik. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


18.45.34

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich muss sowohl, was die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs, als auch, was jene des Herrn Kollegen Wittmann betrifft, eine Richtigstellung machen.

Herr Kollege Wittmann hat gesagt, wenn euch die Zählung nicht passt – auf gut Deutsch –, dann macht sie in Kärnten doch selber über das landeseigene Statistikamt!

Sofort und gerne würden wir das machen, wir übernehmen auch die Kosten dafür, aber das Problem ist ja – und da muss ich auch den Staatssekretär korrigieren –, dass zwar gewisse Datenerhebungen über ein Bundesland möglich sind, aber nicht die von uns geforderte geheime Erhebung der Muttersprache. Diese muss bundesgesetzlich geregelt werden.

Wenn uns diese Möglichkeit, wie der Herr Wittmann das sagt – da kommt er herein; horch jetzt zu! –, bundesgesetzlich eingeräumt wird, dann ergreifen wir diese Mög-


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lichkeit mit Handkuss, sage ich Ihnen, denn das ist genau das, was wir immer fordern. Dann macht Kärnten die geheime Erhebung der Muttersprache auf eigene Faust und trägt auch die Kosten.

Aber noch einmal, Herr Wittmann, weil Sie jetzt erst hereingekommen sind: Das ist gesetzlich nicht möglich, weil es dafür keine landesgesetzliche Grundlage gibt. Da Sie immer sagen, Kärnten würde Urteile des Verfassungsgerichtshofs nicht einhalten, muss ich Ihnen sagen, dass Sie mit Ihrem Vorschlag die Verfassung brechen würden, weil Sie ohne Rechtsgrundlage eine Zählung der slowenischen Minderheit vornehmen wollen. Da schaue ich mir den Protest an, wenn das Wirklichkeit werden sollte. Daher: Räumen Sie uns diese gesetzliche Möglichkeit ein, dann gerne!

Zweite Anmerkung noch, da Herr Staatssekretär Ostermayer von einer sinnvollen Lösung spricht. Herr Staatssekretär, die Lösung liegt auf dem Tisch, nämlich die Lösung Ihres eigenen Bundeskanzlers Bruno Kreisky aus den siebziger Jahren, die die 25 Prozent-Regelung vorsieht. Das ist die Lösung, die Kärnten als Ziel hat.

Wir schlagen vor: Erheben wir diese Lösung in den Verfassungsrang, um sie vor Angriffen von radikalen Slowenenvertretern zu schützen, und das Problem wäre gelöst. Da brauchen wir gar keine Enqueten und gescheiten Reden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Frau Silhavy, Sie kommen aus der Steiermark, Sie haben selbst genug Schwierigkeiten mit Ihrem Landeshauptmann, also ersparen Sie sich Ihre Kommen­tare!

Noch einmal: Die 25 Prozent-Regelung in den Verfassungsrang zu heben, das ist die Lösung! Das Problem wäre von einer Sekunde auf die andere erledigt. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


18.47.56

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte mich auch nur mit dem TOP 20 auseinandersetzen, mit dem Regis­ter­zählungsgesetz, und zwar mit der Möglichkeit der Erhebung der Muttersprache oder ob mit der Erhebung der Umgangssprache das Auslangen gefunden werden kann.

Die Geschichte ist jene, dass 1950 ein Volkszählungsgesetz erlassen wurde, das 1976 novelliert wurde, bei dem es die Möglichkeit gab, die Muttersprache zu erheben. Dieses Gesetz war 30 Jahre gültig, bis 2006.

2006 – das wissen wir alle – war die SPÖ an der Regierung nicht beteiligt, wohl aber die FPÖ, respektive das BZÖ, und genau in dieser Zeit wurde das Gesetz insofern novelliert, dass die Möglichkeit abgeschafft wurde, die Muttersprache zu erheben.

Drei Jahre später – nämlich jetzt, meine Damen und Herren – kommen FPÖ und BZÖ drauf, dass sie das nicht wollten. Herr Kollege Königshofer – wir haben ja im Aus­schuss darüber geredet – hat zwar gesagt, er war damals nicht dabei, aber ich habe mir die Mühe gemacht, die Abstimmungsunterlagen von damals herauszusuchen und die Referenten zu eruieren. Es haben auch zwei Männer von der BZÖ/FPÖ-Riege das Wort ergriffen, doch davon hat niemand gesprochen.

Jetzt habe ich den Verdacht, man hat die Gesetzesvorlage, die man abgestimmt hat, vielleicht nicht nachgelesen. Aber das ist auch nicht wirklich haltbar, denn die Kollegin Stoisits und der damalige Staatssekretär Morak haben dem Plenum klar erklärt, was es mit der Novelle auf sich hat. Es kann also niemand behaupten, er hätte nicht gewusst, was er abstimmt. Nur die FPÖ und das BZÖ hatten nicht den Mut, gegen eine Regie­rungsvorlage zu stimmen, die sie selber letztlich aber mitgetragen haben.


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Heute von uns zu verlangen, das wieder zu revidieren, ist ein bisschen viel verlangt. Das werden wir nicht tun. Wir glauben nämlich, dass die einmalige Inanspruchnahme der Möglichkeit der Erhebung der Muttersprache zu ordentlichen Krawallen, zu ange­zündeten Wahlurnen in Kärnten geführt hat. Das brauchen wir heute nicht mehr. Blei­ben wir besonnen! Versuchen wir, den Weg, den wir damals gemeinsam einstimmig beschlossen haben, weiterzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.49



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 196

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


18.50.25

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Abänderung des Registerzäh­lungs­gesetzes sieht eine Verschiebung der nächsten Volks-, Arbeitsstätten-, Gebäude- und Wohnungszählung um ein Jahr auf 2011 vor. Damit ist gewährleistet, dass es durch die EU-Verordnung über Volks- und Wohnungszählungen nicht zu einer Doppel­zählung kommt. Im Sinne der Verwaltungsökonomie ist diese Abänderung für mich eine Selbstverständlichkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Ergebnis einer Volkszählung ist auch für die Gemeinden von eminenter Bedeutung. Es ist die Grundlage für die Zuteilung der Ertragsanteile, sozusagen des Anteils am gemeinsamen Steuerkuchen – für viele Ge­meinden in unserem Land die größte Einnahmequelle. Es ist daher verständlich, dass sich die Gemeinden sehr intensiv um jede/n Bürger/in in unserem Land bemühen.

Bisher hat die Statistik Austria die betroffenen Gemeinden mit Begründung über die Zuordnung von Bürgerinnen und Bürgern im Zweifelsfall in Kenntnis gesetzt. Neu ist – und das ist sehr zu begrüßen –, dass Gemeinden nun innerhalb von drei Monaten einen Einspruch gegen Entscheidungen der Statistik Austria erheben können. Auch behält der/die betroffene Bürger/in die Möglichkeit, eine Feststellung zu seinem/ihrem Hauptwohnsitz anzuschließen.

Das heißt, die betroffenen Gemeinden und die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sind in das Verfahren eingebunden. Als Bürgermeister sehe ich darin eine wesentliche Qualitätssteigerung und einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Ausschuss wurde sehr intensiv über die Veröf­fentlichungspflicht von Statistiken diskutiert. Ich begrüße, dass der von Kollegem Donabauer eingebrachte Abänderungsantrag dieser Diskussion Rechnung trägt und Klarstellungen bringt.

Erfreulich ist für mich auch die Ausschussfeststellung, dass die in den lokalen Ge­bäude- und Wohnungsregistern enthaltenen Verwaltungsdaten der Gemeinden in deren Eigentum stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, gemäß dem Regierungsprogramm 2008 bis 2013 sollen die Verfahrensabläufe zwischen Behörden und Unternehmen weitgehend elek­tronisch abgewickelt werden. Die Errichtung eines Unternehmensserviceportals durch das Bundesministerium für Finanzen ist ein Schritt in diese Richtung, da es zu einer Neuausrichtung des Unternehmensregisters bei der Statistik Austria kommt. Dadurch beziehungsweise auch durch weitere Entlastungsmöglichkeiten in diesem Gesetz werden Unternehmen entlastet.

Die Lieferung von Daten belastet viele in unserem Staat. Alle Maßnahmen zur Ent­lastung sind zu begrüßen und sind für mich ein Beitrag zur Entbürokratisierung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter DDr. Königshofer. – Bitte.

 


18.53.31

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte auf diesen von mir eingebrachten Antrag bezüglich der Zählung der Muttersprache und Umgangssprache eingehen und auf einige Vorredner Bezug nehmen.

Kollege Prähauser wirft mir beziehungsweise uns vor, wir hätten dieses Gesetz im Jahre 2006 in der Art novelliert, dass wir es abgeschafft hätten. Das mag sein. Ich war zwar mit dem Kollegen Prähauser fünf Jahre im Bundesrat, bin aber 1999 ausge­schieden und erst wieder im Jahre 2008 in das Hohe Haus gewählt worden. Ich war nicht dabei, und ich kann nur eines sagen, lieber Stefan Prähauser: Es hindert einen niemand daran, klüger zu werden, einen Fehler, den man einmal gemacht hat, zu korrigieren und dieses Gesetz wieder einzuführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Außerdem darf ich den Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion sagen: Sie loben immer dieses Südtirolpaket so sehr, die Südtirolautonomie, wie gut das dort geregelt wäre, teilweise ein Vorbild für Europa. – Es ist ja nicht schlecht geregelt, aber dort wird auch gezählt. Da gibt man auch seine Muttersprache bekannt: Deutsch, Italienisch oder Ladinisch. Hier, im eigenen Land, in Österreich selbst lehnen Sie das ab. Das ist eine komische Einstellung von Ihnen, mir nicht verständlich. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Kollege Zinggl lehnt das auch ab. Er hat überhaupt ganz komische Vorstellungen, wie man das erheben soll, mit irgendwelchen Methoden wie Kindergartenlisten. Herr Kollege Zinggl, ich schicke Ihnen die Kindergartenanmeldelisten aus der Bezirksstadt Schwaz. Die habe ich fotografiert. Da können Sie die Namen ablesen. Die Schlüsse daraus können Sie selbst ziehen. (Abg. Hörl: Hallo! Hallo! Hallo! Jetzt reicht’s aber!) Wenn wir hergehen und die Volksgruppen oder die Sprachgruppen nach Kindergar­tenlisten erheben, dann begeben wir uns aber auf dünnes Eis, das kann ich Ihnen sagen. Darauf würde ich mich nicht einlassen, von der Gemeinde Brigaden auszu­schicken, die Kindergartenliste fotografieren und dann eine Volksgruppenzuordnung machen. Da haben Sie dann wirklich die brennenden Wahlurnen bei der nächsten Wahl. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie mich als „Murmeltier aus dem rechten Eck“ bezeichnen, überlebe ich das schon, danke. Ich mache es jedoch nicht, dass ich einen Menschen als Tier bezeichne. Ich könnte Sie auch als „linke Zecke“ bezeichnen, tue es aber nicht, Herr Kollege Zinggl. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zu den Anträgen. Es geht darum, dass die Erhebung der Umgangssprache und der Muttersprache dazu dient, die autochthonen Volksgruppen hier im Lande zu erhe­ben, um dann zu wissen, welche Förderungen man ihnen angedeihen lassen kann und um die neu Zugezogenen erfassen zu können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Zuerst zu den Autochthonen: Schauen Sie, ich war schon bei einigen Besprechungen von Volksgruppenbeiräten, zum Beispiel der slowakischen Volksgruppe. Als Tiroler habe ich gar nicht gewusst, dass es in Österreich eine slowakische Volksgruppe gibt, aber die ist 3 500 Personen stark. Diese Volksgruppe, die im Raum Wien und Um­gebung lebt, redet umgangssprachlich Deutsch. Wir haben dort auch nur Deutsch ge­sprochen. Sie sind aber sehr bestrebt, ihre slowakische Muttersprache als Zweit­sprache zu erhalten. Darum gibt es slowakische Kindergärten, Volksschulen, Kultur­einrichtungen, Theater et cetera. Wenn man sie nach der Umgangssprache fragt, dann sagen sie: Deutsch. Dann fallen sie bei anderen Förderungen unter den Tisch. Deshalb soll man auch nach der Muttersprache fragen.


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Andererseits sollte man auch bei neuen Zuzüglern fragen, welche Umgangs- und welche Muttersprache sie sprechen. Wir haben hauptsächlich Zuzügler aus dem serbokroatischen und dem türkischen Bereich. Wenn die sagen: Meine Muttersprache ist Türkisch, meine Umgangssprache Deutsch, dann könnte ich sagen: Die Integration funktioniert einigermaßen. Aber wenn Tausende und Zigtausende sagen: Mutter­sprache Türkisch, Umgangssprache Türkisch, dann sehen wir, dass etwas nicht stim­men kann und dass man hier politisch ansetzen sollte. Darum geht es uns in diesem Gesetz. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht uns um eine Objektivierung der Zuordnung und das kann ich doch in einer Demokratie mit einer offenen Frage, bei der niemand die Antwort zu fürchten hat, verlangen. Deshalb noch einmal: Überlegen Sie sich, ob wir dieses Gesetz nicht wieder einführen sollten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


18.58.27

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was sind die Änderungen und Adap­tierungen beziehungsweise Verbesserungen dieser Regierungsvorlage?

Das Gebäude- und Wohnregistergesetz wird um die Daten der Energieausweise ergänzt. Somit wird den Meldeverpflichtungen der Richtlinie über die Gesamtenergie­effizienz von Gebäuden nachgekommen. Der Zugang der Wissenschaft zu Mikrodaten wurde erleichtert. Das führt auch zu einer Kostentransparenz.

Die Novelle über die Bestimmungen über das Unternehmensregister wird durch eine elektronische Abwicklung von behördlichen Abläufen ermöglicht. Somit kommt es auch zu einer Kostenreduktion beim Verwaltungsaufwand zwischen den Unternehmen und den Verwaltungsbehörden.

Das Stellungnahmerecht des Statistikrates bleibt unverändert. Der Statistikrat hat bei den Empfehlungen gemeinsam mit der Statistik Austria eine Kostenschätzung zu er­stellen.

Zusammengefasst kann man also sagen, die EU-Verordnung aus dem Jahre 2008 über Volks- und Wohnungszählungen wird umgesetzt. Die Wichtigkeit des Statistik­rates ist hierbei hervorzuheben: Der Verwaltungsökonomie wird nachgekommen, und es werden Adaptierungen vorgenommen, die durch die Erfahrungen bei der Probe­volkszählung 2006 notwendig erschienen sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


19.00.12

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst noch einmal Bemerkungen zu Dr. Wittmann betreffend Kostenschätzung. Ich glaube, es ist richtig, dass der Statistikrat diese Kostenschätzung durchzuführen haben wird, aber unter Zuhilfenahme des Amtsap­parates, weil er selbst meines Erachtens dabei überfordert wäre. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Zur Änderung des Bundesgesetzes über das Gebäude- und Wohnungsregister möchte ich Folgendes anmerken: Einerseits geht es darum, die derzeitige Doppelfunktion – der Bundesanstalt dient es als Register für statistische Zwecke und andererseits dient es


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den Gemeinden als Verwaltungsregister – zu erweitern. Das Gebäude- und Woh­nungsregister soll auch einer Nutzung für Verwaltungszwecke durch Länder und Bun­desministerien zugeführt werden.

Weiters zeigte sich ein Ergänzungsbedarf mit den Daten der Energieausweise. Und da darf ich auf die Richtlinie 2002/91/EG über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verweisen. Es geht auch um die Beantwortung von bundes- beziehungsweise länder­spezifischen energiepolitischen Fragestellungen.

Ich ersuche um Annahme dieser Gesetzesvorlagen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.01.43

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Ich möchte noch einmal ganz kurz auf den Antrag der Abgeordneten Königshofer und Stefan zurückkommen, bei dem es um die Erhebung der Muttersprache geht. Wir haben diesen Antrag im Ausschuss aus fünf Gründen abgelehnt, und diese möchte ich kurz erläutern.

Die Erhebung der Muttersprache war im Volkszählungsgesetz bis zum Inkrafttreten des Registerzählungsgesetzes ohnehin möglich. Im Registerzählungsgesetz ist im § 1 Abs. 3 die Verordnung möglich, dass es zu einer Vollerhebung der Muttersprache kommt. FPÖ und BZÖ haben immer im Zusammenhang mit der Ortstafelfrage diese geheime Muttersprachenerhebung gefordert. Die geheime Muttersprachenerhebung wurde jedoch von den Volksgruppen und letztendlich auch von den anderen Parteien abgelehnt. Was noch dazukommt, ist, dass die Erhebung der Umgangssprache auch gar keine zwingende Volksgruppenzugehörigkeit definieren kann.

Ganz kurz zum Hintergrund: Es gab bereits einmal eine Erhebung der Muttersprache. Was ist passiert? – Das hat Kollege Prähauser schon gesagt. Es haben damals Wahlurnen gebrannt, und bis zur Abschaffung der Möglichkeit der geheimen Mutter­sprachenerhebung haben FPÖ und BZÖ in politischen Auseinandersetzungen den Volksgruppen jeweils immer gedroht, dass sie geheime Muttersprachenerhebungen machen, was immer dazu geführt hat, dass es zu extremen Reaktionen gekommen ist.

Die Vollerhebung der Muttersprache ist jetzt im Registerzählungsgesetz vorgesehen. Diese Möglichkeit reicht unsererseits aus, denn laut Judikatur des Verfassungs­gerichtshofes im Zusammenhang mit der zweisprachigen topografischen Bezeichnung der Ortstafeln reicht eine vergröberte statistische Erfassung. (Abg. Petzner: Sie ken­nen den Unterschied zwischen Umgangssprache und Muttersprache nicht!)  Da Sie sich so aufregen, wird es auch stimmen. Dass es immer wieder zu Auseinander­set­zungen kommt, zeigt der heutige Presseartikel, in dem Sie schreiben: Das BZÖ warnt bereits erneut vor Ortstafelansturm.

Die Aufregung ist leider umsonst, denn es ist noch kein Gesetzentwurf, es ist leider nur eine private Initiative. Daher werden wir dem Registerzählungsgesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.04.25

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch ein Beispiel aus Kärnten bringen, woraus


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Sie ersehen können, wie wichtig oder unwichtig, wie Sie meinen, die Angabe der Mut­tersprache ist.

Ich habe hier die Anmeldung von Schülerinnen und Schülern für die Volksschule in ausgewählten Gemeinden, und da sehe ich in Ebenthal in Kärnten eine Anmeldung von Kindern für die Volksschule mit einem Anteil von 2,2 Prozent an slowenischen Schülern; in Ferlach waren es 1,9 Prozent, in Neuhaus 5 Prozent. In diesen Gemein­den stehen überall zweisprachige Ortstafeln, die aber erst bei 10 Prozent Bevölke­rungsanteil angebracht werden müssen.

Meine Damen und Herren, schaffen wir klare Regelungen in Bezug auf die Sprach­erhebung, in Bezug auf die Ortstafelerstellung! Nehmen Sie sich ein Beispiel an diesen Gemeinden, wo das nicht funktioniert, und denken wir über eine Neuregelung dieser Gesetzesmaterie nach! – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

19.05

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz, das Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister, das Bundesstatistikgesetz und das E-Government-Gesetz geändert werden in 419 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich des eben erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages vor.

Ich werde daher zunächst über den Zusatzantrag, dann über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen ent­sprechend dem Verlangen auf getrennte Abstimmung und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen daher sogleich zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Z 11a in Art. 3.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 3 Z 20.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 200

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 420 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.08.3621. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 234/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erschließung der Kunst- und Kulturwelt für sehbehinderte Menschen (455 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 316/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz österreichischer Kulturgüter (456 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 und 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Ablinger. Eingestellte Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.09.23

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Da nur mehr so wenig Zeit zur Verfügung steht, gehe ich nur auf den einen Antrag der FPÖ ein, der die Schaffung eines eigenen Gesetzes zum Schutz von Kulturgütern fordert. Dieser Antrag unterstellt, es gäbe keinen aus­reichen­den Kulturgüterschutz in Österreich, und das ist unrichtig.

Der Schutz der österreichischen Kulturgüter ist beim Denkmalschutz in der Haager Konvention geregelt; was den Diebstahl von Kunstwerken betrifft, ist es ja eine Ange­legenheit der jeweiligen Eigentümer; und das BMUKK übernimmt die Verant­wortung, was das Sammlungsgut betrifft. Im Gegensatz zur Schweiz ist ja Österreich Mitglied der EU und nimmt am umfassenden Kulturgüterschutzsystem teil. Das heißt, es gibt eine Richtlinie, die vorsieht, dass die Mitgliedstaaten Vorsorge treffen müssen, dass unrechtmäßig erworbene und gestohlene Kulturgüter, die ins Ausland verbracht wurden, im Wege des Gerichtsverfahrens ins Herkunftsland zurückgestellt werden, und es gibt auch eine Verordnung, was die Ausfuhrbewilligung betrifft.

Die UNESCO-Konvention, die angesprochen wurde, betrifft also nur noch die Kultur­güter, die von außerhalb der EU in Österreich illegal auf den Markt kommen, und dazu gibt es jetzt Verhandlungen zwischen BMJ und BMUKK. Aus all diesen Gründen lehnen wir diesen Antrag ab. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.Das überrascht Sie nicht?

Ich möchte aber trotzdem noch ganz kurz zur letzten Sitzung des Kulturausschusses etwas sagen: Wir haben ja dort auch den Kunst- und Kulturbericht endbehandelt und darüber diskutiert, und ich glaube, dieser Kunst- und Kulturbericht gibt eine schöne,


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umfassende Leistungsbilanz für das vielfältige Kulturleben und zeigt eine beein­druckende Bilanz all dieser Projekte.

Die Förderungspolitik des Bundes setzt vor allem auf Partizipation und Teilhabe, und ich finde, das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn darum geht es in der Kultur. Ich möchte dazu zum Beispiel Gerald Raunig und Therese Kaufmann zitieren, die in ihrer Arbeit über europäische Kulturpolitiken sagen:

„Kleine und mittelgroße Kulturinitiativen und Medien könnten eine wesentliche Rolle in der Ermöglichung eines Europas spielen, das radikal partizipationsorientiert ist. Kultur­politik hat die Pflicht, dazu beizutragen, diese Initiativen in eine heterogene Landschaft europäischer Öffentlichkeiten zu transformieren.“

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, ist Kulturpolitik Demokratiepolitik. Das halte ich für zentral und wesentlich, denn wer wollte nicht mehr Demokratie wagen? Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Fuhrmann. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.12.08

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich möchte mich den Worten meiner Vorrednerin anschließen. Auch ich gratuliere Ihnen, Frau Bundesminister, erstens zu der doch sehr zeitigen Übermittlung des Kunst- und Kulturberichtes. (Abg. Neubauer: Der steht ja heute gar nicht zur Debatte!) Ich finde auch die Aufbereitung sehr ordentlich und die Gliederung sehr übersichtlich; das heißt, die Anregungen der letzten Diskussion rund um den Kunst- und Kulturbericht wurden aufgenommen.

Inhaltlich lässt sich natürlich jetzt auch das feststellen, was wir im Budget vorgesehen und beschlossen haben: Es ist sowohl für die Bundestheater als auch für die Bun­desmuseen mehr Geld zur Verfügung gestellt worden. Vor allem ist im Bericht auch ersichtlich, dass Ihnen die Filmförderung ein großes Anliegen ist. Das alles drückt sich jetzt natürlich in dem Bericht aus, und umso positiver kann man diesen inhaltlich auch beurteilen.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Gelegenheit auch dazu nützen, Ihnen, Frau Bundesminister Schmied, sowie Herrn Staatssekretär Ostermayer – er ist schon weg (Abg. Scheibner: Der Ostermayer ist nur da, wenn der Bundeskanzler da ist!)  und unserem Klubobmann Kopf, der derzeit auch nicht zugegen ist, sehr herzlich zu danken und dazu zu gratulieren, was im Sinne des Kulturauftrages bei den ORF-Ver­handlungen gelungen ist.

Die gesetzliche Verankerung des Film/Fernseh-Abkommens und auch die Fest­schrei­bung der österreichischen Produktionen sowie der Erhalt des Radio-Symphonieorches­ters sind kulturpolitisch große Erfolge, die es auch gilt im Hohen Haus zu erwähnen und zu denen ich gratulieren möchte, zumal ich vor allem auch weiß, dass sowohl die Musikschaffenden als auch die Filmschaffenden das sehr zu schätzen wissen. Das soll an dieser Stelle auch erwähnt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den beiden Anträgen beziehungsweise vor allem auch zum Schutz der Kulturgüter hat meine Kollegin bereits das Wesentliche erwähnt. Wir seitens der ÖVP sind auch der Meinung, dass es, da wir Mitglied der EU sind, ein umfassendes Kulturgüter­schutzsystem gibt, an dem wir partizipieren und teilnehmen. Es gibt eine Richtlinie und eine Verordnung, die das gewährleistet. Auf der einen Seite geht es darum, dass die Ausfuhrbewilligungen, die erteilt werden, auch sehr genau angeschaut werden und auch sichergestellt wird, dass es sich um rechtmäßiges Hoheitsgebiet handelt, und die


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Richtlinie stellt sicher, dass gestohlene oder anderweitig unrechtmäßig ins Ausland verbrachte Kulturgüter dann auch ins Herkunftsland zurückgebracht werden.

Das, was wir jetzt in Angriff nehmen werden beziehungsweise was auch die Frau Bundesminister im Ausschuss schon angekündigt hat, ist, die UNESCO-Konvention, die wir 1970 nicht ratifiziert haben, nun ins Gesetz einfließen zu lassen. Wir haben in Summe ein sehr strenges Denkmalschutzgesetz ein strengeres, als es die Schweiz hat –, und insofern sind wir der Meinung, dass der Schutz der Kulturgüter in Österreich sehr wohl gegeben ist. (Abg. Neubauer: Aber der Denkmalschutz hat ja mit der UNESCO-Konvention überhaupt nichts zu tun!)

Ich möchte aber abschließend auch noch kurz erwähnen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir mit Zustimmung aller Parteien einen Antrag diskutiert haben und letzt­endlich auch einbringen konnten, der die Unterstützung von Seh- und Hörbehinderten zum Inhalt hat, weil es uns ein großes Anliegen ist, seh- und hörbehinderte Menschen einfach auch vermehrt am kulturellen Leben teilhaben zu lassen.

Wir haben uns auch seitens der Bundesregierung darauf verständigt ich verweise auf das Regierungsprogramm –, dass uns die Förderung kultureller Partizipation und die Entwicklung neuer Formen der Kulturvermittlung wichtig sind. Das gilt es jetzt umzu­setzen. Insofern ist die Frau Bundesminister auch aufgefordert, zu überlegen und Konzepte zu entwickeln, wie man verstärkt Vermittlungsprogramme für Menschen mit Behinderungen entwickeln kann, wie die aussehen könnten und wie man diese letzt­endlich auch umsetzen kann, denn darum geht es eigentlich. Wir werden sie jeden­falls dabei unterstützen.

Und da wir wissen, dass Frau Bundesministerin Schmied gerade die Kulturvermittlung ein wichtiges Anliegen ist, glaube ich, dass sie mit ihrem Team auch sehr vehement dahinter sein wird. Insofern ist es positiv, dass alle Parteien dieses Anliegen mittragen. Und ich glaube, gerade angesichts der Geschehnisse der letzten Tage, die ich ein­gangs angesprochen habe, sind wir kulturpolitisch momentan auf einem sehr guten Weg. Ich möchte abschließend noch einmal sehr herzlich gratulieren. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Fuhrmann reicht Bundesministerin Dr. Schmied die Hand.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.16.51

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich weiß nicht, irgendwie ist mir vorgekommen, Frau Kollegin Fuhrmann hat die falsche Rede mitgehabt, denn der Kulturbericht war heute eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung. Und die UNESCO-Konvention mit anderen Themen als mit der Erhaltung des eigenen Kulturgutes und mit Bestimmungen betreffend die Ein- und Ausfuhr von Raubgut zu verbinden, ist auch nicht so gut gelungen, wie man das von einem Mitglied des Kulturausschusses eigentlich erwarten dürfte. (Abg. Amon: So einen weiten Bogen kann nicht jeder spannen!)

Sei es, wie es sei, Tatsache ist, dass ich mich sehr freue und meiner Freude darüber auch Ausdruck verleihen möchte, dass es mit dem Beschluss in Tagesord­nungs­punkt 21 gelungen ist, sehr vielen Menschen in Österreich für die Zukunft etwas Gutes zu tun.

Das muss auch einmal gesagt sein: Wenn 400 000 Menschen in Österreich leben, die eine Sehbeeinträchtigung oder andere Beeinträchtigungen haben, dann muss man sich dafür einsetzen, dass es diese Menschen, wenn es bisher nicht möglich war, durch die Politik ermöglicht bekommen, täglich auch am kulturpolitischen Leben teil-


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zuhaben. Mit dem heutigen Beschluss wird das in Zukunft möglich sein. Und dafür sei allen, die dazu beigetragen haben, recht herzlich gedankt. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat schon verschiedenste Ansätze und Anläufe gegeben. Ich erinnere an den Kulturlehrpfad für behinderte Menschen in Inns­bruck. Ich selber habe im Linzer Gemeinderat einen Antrag eingebracht, um es behin­derten Menschen zu ermöglichen, an den Aktivitäten im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz 2009 teilzuhaben, und wir haben bereits im August dieses Jahres die Möglichkeit gehabt, die ersten Teile eines Behindertenlehrpfades zu eröffnen.

Wenn es jetzt aufgrund der Interventionen des Belvedere „AndersSehen“ noch gelungen ist, den Bund dazu zu bewegen, auch noch in diesen Bereichen tätig zu werden und die Ergebnisse dann auch möglichst umzusetzen, dann soll es mir recht sein, dann habe ich ein gutes Gefühl, dass es da einen guten Beginn geben kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum anderen Antrag betreffend die Mög­lichkeit, unser eigenes Kulturgut besser zu schützen, sei erwähnt, dass es wirklich eine Schande ist, dass wir seit 1970 die UNESCO-Konvention nicht unterzeichnet haben. Frau Kollegin Ablinger, wenn Sie mir sagen, dass es derzeit so viele Verordnungen und Richtlinien gibt, die unser Kulturgut schützen, dann verstehe ich Ihre zweite Rede nicht, in der Sie sagen, dass es ja schon einen Versuch gibt, den die Frau Bundes­minister Schmied an die Frau Bundesministerin Bandion-Ortner herangetragen hat, genau auf der Grundlage dieser UNESCO-Konvention ein Gesetz für Österreich zu ent­werfen.  Also kann doch nicht alles so rosa sein, wie Sie meinen, denn ansonsten wäre ja dieser Gesetzentwurf nicht notwendig!

Ich darf Ihnen sagen, solange es in Österreich so ist, dass beim Diebstahl einer Bohr­maschine die gleichen rechtlichen Konsequenzen drohen, wie wenn man eine Madon­na aus dem 15. Jahrhundert aus einer Kirche stiehlt, ist mit dem Rechtsempfinden der sozialdemokratischen Fraktion vielleicht doch das eine oder andere wirklich nicht ganz in Ordnung. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitliche machen da nämlich schon ganz entschieden einen Unterschied, weil wir meinen, dass da schon ein Unterschied bestehen muss  auch zum Schutz unse­res eigenen Landes und unseres Kulturgutes, wie ich meine.

Darum bin ich auch davon überzeugt, dass es notwendig sein wird  auch wenn Ihnen das nicht so gefällt, aber ich bin der Meinung, dass das nächste Jahr, 2010, ein gutes Jahr sein wird –, nach 40 Jahren diese Konvention im Namen Österreichs zu unter­fertigen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Markowitz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.21.12

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Bun­desministerin! Hohes Haus! Wir Österreicher definieren uns über unsere äußerst vielfältige Kultur. Österreich ist ein Kulturland, was beispielsweise den bildnerischen wie auch den plastischen Bereich betrifft. Plastische Kunstwerke können und sollen auch blinden und sehbehinderten Menschen nähergebracht werden, damit sie diese erleben und „erspüren“ können. (Beifall beim BZÖ.)

Der zur Debatte stehende Antrag geht daher absolut in die richtige Richtung und ist unterstützenswert. Die Einrichtung „AndersSehen“ kann man nur befürworten. Sie hat Vorbildcharakter, das steht außer Zweifel. Im Rahmen der Kulturhauptstadt Linz 2009


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ist es jedoch meines Erachtens durch das Zögern der Bundesregierung nicht mehr möglich, die erwähnten Pläne umzusetzen, was ich sehr bedauerlich finde.

Ich frage mich schon, warum dies erst durch Initiative einer Oppositionspartei ins Rol­len gekommen ist. Warum ist die Regierung nicht selber draufgekommen und hat sich diesbezüglich nicht früher bewegt? (Ruf beim BZÖ: Weil sie dauernd streiten!)

Wir würden uns jedenfalls wünschen, dass diese Initiative nicht nur im staatlichen Bereich umgesetzt, sondern auch auf Privatsammlungen ausgeweitet wird, denn das würde den sehbehinderten Menschen sicherlich weiterhelfen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ord­neter Dr. Zinggl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.37

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wir haben es da mit zwei ganz unterschiedlichen Anträgen zu tun.

Zunächst einmal zu jenem zur Kunstvermittlung für seh- und hörbehinderte Menschen in Museen – dazu wird meine Kollegin Helene Jarmer noch mehr sagen –, vorerst nur dies: Es soll niemand glauben, dass man, wenn man sehbehindert ist, Bilder nicht wahrnehmen kann, und es soll niemand glauben, dass Bilder überhaupt nur gesehen werden können. – Das ist ein alter Irrtum. Im Gegenteil, es erschließt sich die meiste Kunst über unser Wissen und über unsere Erfahrung. Es ist also ganz klar, dass wir Kunst durchaus schätzen, ohne sie je gesehen zu haben, und dass wir umgekehrt so manches sehen und nicht erkennen, dass es Kunst ist.

Das heißt, es geht immer um den Kontext, es geht um die Vermittlung. Und ich glaube, dass es für die Kunstvermittlung überhaupt ein wichtiger Schritt ist, dass wir jetzt über­legen, gerade für Sehbehinderte so etwas wie Audio-Guides und so weiter einzufüh­ren.

Überlegen wir uns aber einmal Folgendes: Solche Audio-Guides dürfen nicht so umge­setzt werden, wie bisher die klassische Kunstvermittlung in den Museen stattgefunden hat, nämlich dass da erklärt wird: Da sehen Sie den Erzherzog Kasimir mit seinem Schoßhündchen aus der Donauschule um 1700 und so weiter. – Das bringt überhaupt nichts. Das muss so ein spannender Plot sein, dass alle sagen: Eigentlich brauch ich das Bild gar nicht zu sehen, es ist mir jetzt so nahe gekommen, was die Entwicklungs­geschichte da geleistet hat, dass ich zufrieden bin.

Und dann können Sie mit diesem Kunstvermittlungstrick, kann ich fast sagen, auch zu den Sehenden gehen, und die werden dann auch die Kunst viel besser verstehen als bisher. Ich sehe da also eine riesige Chance für die Kunstvermittlung. (Beifall bei den Grünen.)

Aber jetzt lassen Sie mich noch ganz kurz zum Schutz österreichischer Kulturgüter – Antrag Neubauer – etwas sagen. Wir sind, glaube ich, alle für diesen Schutz, aber so wie Sie das darstellen, Herr Kollege Neubauer, müssten unsere Museen, unsere Kirchen, unsere Galerien eigentlich alle leer sein.

Ich habe mir nach der letzten Ausschusssitzung die Mühe gemacht und bin in die Minoritenkirche hinübergegangen, und ich kann Ihnen sagen: Es ist noch alles da. Es ist alles da wie eh und je, obwohl dort kein Stacheldrahtzaun ist, obwohl dort überhaupt keine Videokamera installiert ist, und ich habe auch keine Polizei gesehen. – Mag sein, dass das eine Mütterchen vor den Kerzen dort eine Zivilbeamtin war oder so, aber ich glaube jedenfalls, hier wird übertrieben.


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Wenn Herr Abgeordneter Strache heute davon gesprochen hat, dass wir die Krimi­nalität nicht hinunterspielen sollen und mit der Statistik keine Verdrehungen durch­führen sollen, dann kann ich jetzt nur sagen: Von der Kultur her sehen wir, was da wirklich passiert. Hier wird Paranoia geschürt, hier wird Bewusstsein von Panik er­zeugt, und wir sehen das an der Kultur besonders deutlich – fast exemplarisch. Herr Abgeordneter Neubauer schreibt in seinem Antrag, dass im Jahr 2007 1400 Gegen­stände gestohlen worden wären.

Na ja, ich habe mir gedacht, das ist schon ein bisschen viel, so viel sollte es eigentlich nicht sein. Also habe ich natürlich – nicht faul – im Bundeskriminalamt angerufen und mich erkundigt. Ich kann Ihnen sagen: Im Jahr 2007 waren es 131, also nicht einmal ein Zehntel davon.

Allerdings gibt es eine besonders hohe Rate in den Jahren zwischen 2001 und 2005 – da ist sie nämlich doppelt so hoch –, das ist aber immer noch nicht wirklich nennens­wert. – Sie können sich überlegen, warum das so ist. (Abg. Öllinger: Schwarz-Blau! ... immer Schwarz-Blau!) Jedenfalls passiert hier nichts anderes als Panikmache.

Noch etwas zu dem Thema, dass Diebstahl aus Kirchen weniger stark bestraft werde als zum Beispiel der Diebstahl einer Bohrmaschine – das hat Herr Kollege Neubauer als Beispiel angeführt – und als Kavaliersdelikt behandelt werde.

Es ist genau umgekehrt: Der § 127 Strafgesetzbuch schreibt für Diebstahl als Strafe maximal sechs Monate vor und für Diebstahl aus Kirchen drei Jahre – das ist sechs Mal so viel! Jetzt könnten wir überlegen, ob man das nicht überhaupt umdreht und ob das überhaupt berechtigt ist. Es ist jedenfalls nicht so, wie Sie es sagen, und es ist schön, dass die Kultur zeigt, wie da immer wieder nur Angst gemacht wird. Ich freue mich auch, dass die beiden großen Parteien der Koalition diesen Antrag nicht, wie üblich, vertagt, sondern abgelehnt haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Königsberger-Ludwig. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.27.06

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Österreich hat die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen ratifiziert und ist nunmehr gefordert – und ich meine, auch sehr aktiv –, sukzessive Verbesserungen auf dem Weg zur Teilhabe umzusetzen. Das gilt selbstverständlich auch für die Teilhabe von Menschen mit Behin­derungen am kulturellen Leben.

„Zugang“ bedeutet in diesem Zusammenhang aber nicht nur Zugänglichkeit und Be­nutzbarkeit für Menschen mit Gehbehinderungen, sondern es sind auch Maßnahmen – viele Maßnahmen! – für Menschen mit Sinnesbehinderungen und auch mit Lernbe­hinderungen zu treffen.

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur hat bereits im Jahr 2007 nach Rücksprache mit dem ÖAR einen Etappenplan ausgearbeitet und arbeitet nun sehr erfolgreich an dessen Umsetzung.

Ein Blick auf die Museumslandschaft zeigt auch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass im Bereich der Kulturvermittlung schon viel getan wurde. Im Belvedere – das wur­de heute schon angesprochen – läuft seit Februar 2008 das Projekt „AndersSehen“. Es wurde auch eine Kunstkennerin – das ist besonders wichtig bei der Kunstvermittlung – als Gebärdendolmetscherin für gehörlose Menschen ausgebildet. Der Vorteil dieser Gebärdendolmetscherin liegt einfach im persönlichen Kontakt mit den gehörlosen Menschen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 206

Die Albertina ist als ganzes Haus barrierefrei. Alle vier Ausstellungsebenen sind für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer zugänglich.

Im Technischen Museum und im MUMOK gibt es Guides mit Gebärdensprache – die Dolmetscher sind dabei auf Video zu sehen –, und unter dem Motto „Angreifen, Be­greifen“ können blinde Menschen Ausstellungsobjekte mit Handschuhen auch mit den Händen erfassen.

Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, und der heutige Fünf-Parteien-Antrag wird noch zu weiteren Verbesserungen für eine bedürfnisgerechte Vermittlung für die Teil­habe von Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen am kulturellen Leben führen.

Ich ersuche die Frau Ministerin heute, auch in der Museumsordnung die Belange von Menschen mit Behinderung explizit im § 2 festzuschreiben, und bin überzeugt davon, dass das gelingen wird, weil die Kulturvermittlung, die Kunstvermittlung unserer Frau Ministerin ein ganz besonderes Anliegen ist.

Abschließend, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich auch noch darauf hinweisen, dass das künstlerische Schaffen von behinderten Menschen auch als solches Anerkennung finden und nicht nur als Therapie abgetan werden soll, weil Kunst und Kultur für Menschen mit intellektueller Behinderung ebenso Ausdrucks­möglichkeit und Entwicklungsterrain sind.

Wenn Sie schon einmal eine Ausstellung gesehen oder ein Konzert von Menschen mit Behinderungen besucht haben, dann wissen Sie, wovon ich spreche. Es steckt ein unheimlich großes künstlerisches Potential in diesen Menschen. Sie haben eine unheimliche Ausdrucksstärke. Wir sollten dies auch erkennen, anerkennen, sehen und fördern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.30.19

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desminister! Hohes Haus! In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es im Artikel 27: „Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzu­nehmen.“

Ich begrüße daher den neuen ORF-Programmauftrag zur Barrierefreiheit, wie er im Entwurf zum neuen ORF-Gesetz verankert ist.

Blinde und sehbehinderte Menschen haben das gleiche Recht, ein erfülltes, abwechs­lungsreiches Leben zu führen, wie jeder sehende Mensch – auch im Bereich Kultur und Kunst. Alles, was dazu nötig ist, ist die richtige begleitende Unterstützung.

Wie kann begleitende Unterstützung funktionieren? – Im ORF etwa durch Erklärungs­hilfen im Zweikanalton, in Museen dadurch, dass Kunstwerke, auch Gemälde, ertastet werden können. In Baden-Baden gibt es da ein interessantes Modell, ein dreidimen­sionales Holzmodell von berühmten Gemälden.

Kunst für alle erlebbar zu machen, das ist gerade in einem Kulturland wie Österreich ein wichtiges Ziel, so meine ich. Für mich stellt sich dabei aber die Frage: Wie weit sind diese wunderbaren Kultureinrichtungen für alle Menschen in Österreich zugänglich, auch für ältere Menschen, auch für Menschen mit Gehbehinderungen? Kunst erfassen, lebenslanges Lernen: Das wollen auch viele ältere Menschen. Daher brauchen wir einen barrierefreien Zugang zu Museen und zu Kultureinrichtungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 207

Ich freue mich ganz besonders, dass als nächste Rednerin der Grünen Frau Jarmer hier ans Rednerpult treten wird. Barrieren fallen in der Politik – und hoffentlich immer häufiger auch im Bereich Kunst und Kultur! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


19.32.40

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich habe mich nun doch zu Wort gemeldet, weil ich gerne meinen Kollegen Dr. Zinggl korrigieren möchte.

Herr Dr. Zinggl, Sie sind doch Kunstwissenschaftler, wie können Sie es verharmlosen, dass Kunstgegenstände in so hohem Ausmaß in Österreich gestohlen werden? Das ist doch ein großer Skandal! Gerade Sie müssten sich in dieser Hinsicht engagieren, dass so etwas nicht vorkommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Zahlen stimmen, Herr Kollege! Es wurden 1 500 Kunstgegenstände und Kultur­gegenstände gestohlen. Allein in Oberösterreich sind 17 Kirchen ausgeraubt worden; aus diesen sind 300 Gegenstände gestohlen worden. Ich sage das auch aus folgen­dem Grund: Es wird unterschieden zwischen der Zahl der Verurteilungen und der Zahl der geraubten Güter. Das macht natürlich einen Unterschied aus! Aber Sie können doch nicht einfach darüber hinweggehen und so tun, als wären die Sorgen, die wir von den Freiheitlichen hier aussprechen, Sorgen, die es ganz einfach nicht gäbe. Das finde ich nicht in Ordnung – und das ist ein Skandal!

Nun möchte ich noch einmal zurückkommen auf den Antrag von meinem Kollegen. Anscheinend ist es irgendwie untergegangen: Er war derjenige, der den Antrag aus­gearbeitet und gestellt hat. Wenn man nämlich den Kollegen von den anderen Parteien zugehört hat, dann hätte man meinen können, dass das ein gemeinsames Unterfangen war. Ich möchte ihm noch einmal dazu gratulieren und freue mich, dass er die Sache aufgegriffen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil die anderen vom Kulturausschuss gesprochen haben, tue ich das auch. Ganz kurz nur. Stichwort: RSO. Das haben wir Freiheitlichen schon vor einem Jahr aufge­griffen. Die anderen Parteien haben monatelang geschlafen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen.)

Sie sind irgendwann einmal im Frühjahr aufgewacht, Frau Muttonen, weil Sie gemerkt haben, dass das ein wichtiges Thema ist. Die Künstler haben alle unterschrieben, und dann haben Sie sich langsam bewegt. Wir waren die Einzigen, die einen Antrag ausgearbeitet und im Ausschuss eingebracht haben. Die Frau Ministerin wird das auch bestätigen können. Ich freue mich, dass sich unser Engagement ausgezahlt hat und dass die anderen das auch eingesehen haben. Das Ganze wird jetzt hoffentlich ein gutes Ende nehmen.

Ganz kurz noch zum Thema Baustellen.

Frau Ministerin, Sie wissen, wir haben immer wieder gesagt, dass es traurig ist, dass die Basisabgeltung von den Personalkosten aufgefressen wird. Wir haben immer wie­der gesagt, dass man in dieser Hinsicht etwas unternehmen muss. Ich meine jetzt die Museenlandschaft.

Es ist auch traurig, dass die Eintrittsgelder von der Basissubvention abgezogen wer­den.

Traurig ist auch, dass die 17 Millionen €, die für die Kunstkammer vorgesehen waren, noch immer fehlen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 208

Es gibt also noch sehr viel zu tun. Ich hoffe, dass sich in Zukunft – wenn wir sehr dahinter sind, denn wenn wir da nicht Gas geben, geschieht gar nichts – da etwas tun wird. Ich hoffe auf gute Zusammenarbeit, Frau Ministerin! (Beifall bei der FPÖ.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jury. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.35.49

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Es ist nun einmal in der Politik so, Frau Abgeordnete Unterreiner und Herr Neubauer, dass die eigene Idee – ein guter Antrag, diese UNESCO-Konvention zum Schutz von Kulturgütern – von einem anderen aufgegriffen wird. Es gibt in Österreich den Denk­malschutz, es gibt die Haager-Konvention, und vielleicht gibt es nächstes Jahr auch die UNESCO-Konvention zum Schutz von Kulturgütern.

In der Politik ist es immer so, dass der Ober den Unter sticht. Wenn bei mir in der Gemeinde die Opposition gute Anträge einbringt, dann nehme ich sie auf und setze sie selbst um und verkaufe sie auch. Das ist die Natur der Politik. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) So ist es! Und so macht es wahrscheinlich auch der Kollege Hörl in Tirol. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.) Nein? Das Thema ist zu ernst, um es zu humorisieren oder darüber zu blödeln.

Ich muss eines sagen: Der Beschluss der UNESCO-Konvention ist die eine Sache, deren Umsetzung eine andere.

Es gibt in Deutschland einen anerkannten Archäologen, Dr. Michael Müller-Karpe, der am Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz arbeitet, und dieser nahm an einer Diskussion zur UNESCO-Konvention teil, in deren Ergebnis es folgendermaßen heißt:

„Ob dieser Entwurf“ – er meint den Entwurf, den Deutschland 2005 beschlossen hat und umgesetzt hat –, „den die Bundesregierung bereits beschlossen hat, geeignet ist den Import, Export und das Geschäft mit geraubtem Kulturgut tatsächlich einzu­dämmen, wird jedoch von einigen Experten“ – eben von Dr. Michael Müller-Karpe – „massiv bezweifelt. Der Mainzer Archäologe Dr. Michael Müller-Karpe äußerte bereits die Befürchtung, dass Raubgrabungen und andere illegale Praktiken durch die ge­plante Gesetzgebung eher gefördert als verhindert werden.“ – Zitatende.

Das ist auch wieder eine Materie, wo es darum geht: Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer?

Ich möchte der Frau Bundesminister noch einmal gratulieren zu ihrer Arbeit, zu ihrer Unterstützung der Kulturinitiativen im ländlichen Raum, zu ihrer Unterstützung der Kultur­vermittlungen.

Ich bin sehr froh, dass wir heute einen einstimmigen Beschluss zustande bringen im Bereich der Behinderten, damit auch diejenigen, die im Leben nicht auf der Sonnen­seite, sondern im Schatten stehen, Kultur genießen und verstehen können. – Danke sehr. (Beifall beim BZÖ.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Dr. Schmied. – Bitte.

 


19.38.57

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Kulturangebot unserer Kulturinstitutionen für alle zugänglich zu machen, ist unser großes Ziel. Frau


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 209

Abgeordnete Aubauer hat das sehr klar und deutlich formuliert, und in diesem Sinne nehme ich den Entschließungsantrag, der von so breiter Mehrheit getragen wird, mit großem Engagement und großer Motivation an.

Ich darf Sie aktuell informieren, wir haben im Kulturausschuss ja darüber gesprochen: Die Museumsordnungen sind gerade im Entstehen. Ich habe mich heute mit allen Direktorinnen und Direktoren getroffen, und wir werden einen entsprechenden Passus zu diesem Entschließungsantrag in die Museumsordnung einarbeiten. Das ist, glaube ich, ein erster wichtiger Schritt. Viele andere müssen noch folgen.

Aktuell möchte ich auch kurz Stellung nehmen zur Novelle des ORF-Gesetzes. Ich danke Ihnen, Frau Fuhrmann, und ich danke auch Herrn Abgeordnetem Molterer sowie allen Mitgliedern des Kulturausschusses, da ich sagen kann: Wir waren hier mit vereinten Kräften unterwegs. Dieser Gesetzesbeschluss wird auch für den Bereich Kunst und Kultur ganz entscheidend und wichtig sein. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.40.36

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen! Sie wissen, Österreich hat eine sehr vielfältige Kultur, und die Menschen, die sozusagen immer auf der Schattenseite des Lebens stehen, wie ich soeben hörte, möchten diese auch genießen. Ich möchte Ihnen das einfach an einem Beispiel vor Augen führen.

Wenn ich in ein Museum gehe, dann sehe ich die Exponate. Manchmal gibt es auch eine Führung. Ich kann vielleicht ein bisschen über die Schulter blicken. Und vielleicht gibt es auch einen Ausstellungskatalog, und ich kann im Katalog mitlesen.

Das heißt, Barrierefreiheit ist wirklich eine wichtige und eine sehr, sehr gute Sache. Sie müssen sich vorstellen, wie es Menschen mit einer Sehbehinderung geht. Sie können ein Bild nicht sehen. Das Bild kann man aber beschreiben, man kann die Farben beschreiben, man kann die Formen, die Strukturen vermitteln. Diese Menschen brauchen einfach eine Erklärung, wie dieses Bild aussieht. Und das ist möglich.

Stellen Sie sich vor, jetzt übertragen auf mich: Wie kann man mir Musik erklären? Ich würde sagen, das ist das Pendant dazu, wie man Menschen mit einer Sehbehin­derung, wie man blinden Menschen Bilder erklärt.

Vielleicht können Sie sich noch erinnern: Die Spice Girls waren in Wien, sie gaben hier ein Konzert. Die Spice Girls tourten durch ganz Europa. Und Sie werden es nicht glauben: Es wurden für dieses Konzert Gebärdensprachdolmetscher organisiert. Es war für gehörlose Menschen wirklich möglich, an diesem Konzert teilzuhaben. Diese Menschen haben normalerweise nie die Möglichkeit, an so etwas teilzunehmen. Und da war erstmals die Chance gegeben, das zu erleben. Und genau darum geht es: um die Chance, am kulturellen Leben teilzuhaben!

Bis jetzt gab es in Österreich vereinzelte Initiativen, zum Beispiel im MUMOK oder in der Albertina. Es gab vereinzelt schon einige Angebote. Aber für Menschen mit Behin­derungen bedeutet das, dass sie immer auf der Suche sein müssen: Wo gibt es dieses spezielle Angebot?

So war mein Leben bisher. Das heißt, wenn ich irgendwo gelesen habe, dass es am Soundsovielten eine Führung mit Gebärdensprache gibt, dann musste ich genau an


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 210

diesem Tag diese Führung besuchen. Es gibt jetzt auch einen Museumsguide neben dem Audioguide, wo man auf Nummern drückt und sich die Erklärungen zu den Exponaten anhören kann, und zwar in verschiedensten Sprachen, ob in Französisch oder in Spanisch, was auch immer.

Wie gesagt, es gibt jetzt auch – ganz neu – einen Museumsguide mit Gebärden­sprachvideos. Da kann man sich die Exponate auswählen und sich die jeweilige Erklärung in Gebärdensprache ansehen. Da muss ich schon sagen: Österreich als Kulturland ist mit dieser Initiative getoppt! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich freue mich und bedanke mich für diese Initiativen. Das ist unsere Chance, dass wir doch auf der Sonnenseite des Lebens stehen dürf­en. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.44.47

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Jarmer, danke, Sie haben uns sehr plastisch und toll erklärt, wie das aus Ihrer Sicht ist. Ich glaube, es ist für uns hier sehr wichtig, dass Sie das tun. Danke vielmals!

Ich glaube, es wird uns umso mehr ein Anliegen, dass wir diesen Antrag, den wir hier gemeinsam beschließen werden, auch wirklich wichtig nehmen und danach trachten, dass wir eine bessere Teilhabe für Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen am kulturellen Leben ermöglichen.

Konkret soll geprüft werden, welche Vermittlungsarbeiten diese Teilnahme besser ermöglichen. Es ist in den letzten Jahren schon einiges unternommen worden, aber leider noch zu wenig, um das Kulturangebot allen Menschen zugänglich zu machen. Die baulichen Maßnahmen im Zuge der Modernisierung der Bundesmuseen wurden schon erwähnt. Diese werden kombiniert oder oft ergänzt durch spezielle Vermitt­lungsprogramme für Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Besucherinnen können zum Beispiel im Rahmen von speziellen Führungen Skulpturen begreifen, befühlen, und so wird durch haptische Wahrnehmung ein Bezug zu den Kunstwerken ermöglicht. Es gibt auch Führungen in Gebärdensprache durch Sonder­aus­stellungen und Sammlungen.

Die Ausweitung dieser Programme, wie Sie es, Frau Ministerin, angekündigt haben, ist überaus wünschenswert. Alle Ressourcen und Energien, die Kultureinrichtungen in eine leichtere Zugänglichkeit zu ihren Angeboten investieren, kommen nicht nur Men­schen mit körperlichen oder intellektuellen Handicaps zugute, sondern auch in wachsender Zahl älteren Besucherinnen und Besuchern oder auch den ganz jungen Menschen.

Es gibt auch immer öfter verschiedene Formen des Gehörlosentheaters, oft sowohl für gehörloses, aber auch für hörendes Publikum erlebbar, wie visuelles choreographi­sches Theater, aber auch visuelle Musik oder physisch über Schwingungen erlebbare Musik. Ich denke, das sind Dinge, die auch für uns, die wir hören, ganz neue Erfahrun­gen bringen.

Ich glaube, es geht nicht nur um das Beenden von Benachteiligung und Ausgrenzung, sondern es geht auch um das Miteinander, um das Verständnis für die Situation von Gruppen, die weiter reichende oder andere Bedürfnisse haben als die meisten Men-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 211

schen. Das kann nur dann entstehen und wachsen, wenn für uns diese Bedürfnisse auch sichtbar und spürbar werden.

Das heißt, Toleranz und Verständnis lassen sich auch durch Kunst und Kultur erlernen. Im Sinne von kultureller Bildung gilt es, diese Bildung allen zugänglich zu machen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sacher. Ebenfalls 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.48.03

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Auch ich darf zum Abschluss noch einmal unterstreichen, dass das heute ein guter Schritt ist, um Kunst und Kultur allen Menschen noch besser zugäng­lich zu machen, und ich freue mich darüber.

Zum Zweiten möchte ich noch einmal eingehen auf den Antrag der FPÖ zum Schutz von Kulturgütern in Österreich. Es ist ja grundsätzlich sehr begrüßenswert, wenn man sich für den Schutz der Kulturgüter einsetzt, wenn man sich dafür stark macht, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, aber der FPÖ-Antrag unterstellt leider auch, dass es in Österreich keinen ausreichenden Schutz von Kulturgütern gibt.

Ich möchte noch einmal das betonen, was auch Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt haben: Man sollte nicht verunsichern, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ! Es kommt zumindest immer so rüber, als würde von Ihnen etwas unterstellt werden, wie zum Beispiel den Kulturverantwortlichen, dass sie zu wenig tun, um den Schutz von Kulturgütern in Österreich zu sichern.

Das entspricht nicht der Realität, sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, und daher haben wir auch im Ausschuss Ihrem Antrag nicht zugestimmt. Österreich weiß um den Wert seiner Kulturgüter, und Österreich sorgt auch ausreichend für seine Kulturgüter. (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Es besteht da eine umfassende Vorsorge.

Ich brauche nicht mehr all das zu wiederholen, was heute hier schon gesagt wurde. Ein paar Beispiele nur: Die Haager Konvention, Zweites Zusatzprotokoll, das im Jahr 2002 ratifiziert wurde. Oder: Im Jahr 2000 wurde eine Novelle des Denkmalschutzgesetzes mit ganz klaren weitergehenden Regelungen beschlossen.

Im Übrigen darf ich, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ, auch darauf verweisen, dass private Eigentümer von Kulturgütern auch eine eigene Verant­wortung zu tragen und wahrzunehmen haben.

Das Bundesministerium für Unterricht und Kunst kommt seiner Verantwortung nach und ist sich seines Auftrages und seiner Aufgabe bewusst. Es setzt auch laufend Verbesserungen zum Schutz und für die Sicherheit von Kulturgütern – ich verweise auf die zusätzlichen Budgetmittel, die alleine im Jahr 2009 2,8 Millionen € betragen.

Resümee der heutigen Kulturdebatte, sehr geehrte Damen und Herren: Es ist ein guter Tag für die Kulturpolitik, aber ich sage dazu, es bedarf nicht des Antrags der FPÖ (Zwischenrufe bei der FPÖ), denn ich meine: In der Kulturpolitik braucht jemand nicht zum „Schmiedl“ FPÖ zu gehen, wenn er eine Schmied hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Wer ist der Schmiedl? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

19.50



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 212

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 455 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 66.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, seinen Bericht 456 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.51.5523. Punkt

Bericht des Ausschusses für Sportangelegenheiten über den Antrag 420/A(E) der Abgeordneten Hermann Krist, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen und über den

Antrag 421/A(E) der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen (422 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krist. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.52.40

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Sportminister! Hohes Haus! Unser gemeinsames Vorhaben, das Anti-Doping-Bundes­gesetz 2007 durch Evaluierung und Weiterentwicklung zu ändern, macht mit dem heutigen Tag einen großen Schritt in Richtung Finale, in Richtung Gültigkeitstermin 1. Jänner 2010, aber vor allem auch in Richtung Rechtswirksamkeit vor den Olympi­schen Winterspielen in Vancouver.

Es war allen Beteiligten im Sportausschuss und im Sport-Unterausschuss immer ein wichtiges Anliegen, im Anti-Doping-Gesetz die Sportler und den Sport nicht generell zu kriminalisieren, aber jedenfalls eine Aktualisierung, eine Präzisierung und eine Verbes­serung zu erreichen. – Ich denke, mit der von uns gewählten Vorgangsweise, in einem Sport-Unterausschuss Expertinnen aus allen relevanten Bereichen des Sports, der Medizin, der Beamtenschaft und der Politik zu hören, wurde ein sehr sinnvoller Weg beschritten.

In 17 Punkten wird das Anti-Doping-Bundesgesetz jetzt geändert: von intensiveren Do­pingpräventionsmaßnahmen bis zu einer einjährigen Sperrfrist – Stichwort: nationa­ler Testpool –, vom aktuellsten WADA-Code bis zur Rückzahlungsverpflichtung von Bundessportfördermitteln, um nur einige wenige Punkte zu nennen. Und weil Doping in Wirklichkeit auch Betrug und Selbstbetrug ist, wird künftig mit dem neuen Begriff des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 213

Sportbetruges im Strafgesetzbuch dieser unsportlichen und inakzeptablen Vorgangs­weise Rechnung getragen.

Auch die Unterscheidung zwischen Spitzen- und Breitensport, also dem Sport, mit dem mitunter viel Geld zu verdienen ist, und dem Sport, der mehr dem gesundheitlichen Aspekt und der sinnvollen Freizeitbeschäftigung nahekommt, ist uns wichtig.

Meine Damen und Herren, ich gebe zu, dass ich über die europaweite mediale Bericht­erstattung über unser Gesetz nicht wirklich glücklich bin. Wenn in den Medien von Südtirol bis Norddeutschland vom „Vorbild in Handschellen“ oder von „Zehn Jahre Haft für Dopingsünder“ berichtet wird, sind diese Darstellungen eigentlich nicht unbedingt das Ziel unserer Arbeit.

Mir ist wichtig, dass der Sport in all seinen Facetten als wesentlicher Beitrag zu ge­sunder Lebensführung und sinnvoller, aktiver Freizeitgestaltung erkannt wird, mir ist wichtig, dass Werte wie Disziplin, Respekt, Leistungsbereitschaft und Fair Play unser gesellschaftliches Miteinander prägen. Genauso wichtig ist es aber, beim Thema Doping zwischen Spitzen- und Breitensport, aber auch zwischen Eigendoping und Doping mit Bereicherungsabsicht zu unterscheiden.

Doping ist jedenfalls als klares Fehlverhalten im Sport festzumachen – egal, ob es im Fitnessklub oder bei einer Sportveranstaltung praktiziert wird.

Wenn es uns, wie von uns gewollt, gelingt, dass diese verschiedenen Behörden vom Zoll bis zur Gesundheit, von der Justiz bis zum Sport, unterstützt durch die NADA, besser und intensiver zusammenarbeiten, wird mit diesem Anti-Doping-Gesetz eine neue Ära des sauberen Sportes beginnen.

Meine Damen und Herren, echt besorgt bin ich aber über die Berichte in den Medien, dass des Dopings überführte Sportlerinnen nun in österreichischen Schulen, zum Beispiel in Niederösterreich, Auftritte absolvieren und sich dort als Anti-Doping-Kämp­ferinnen präsentieren. – Ich sage ganz offen, das ist unglaublich und aus meiner Sicht absolut abzulehnen! Wer wochenlang beharrlich öffentlich lügt und nur dann etwas zugibt, wenn eindeutige Beweise vorliegen, hat jede Berechtigung verloren, vor Kin­dern und Jugendlichen, die sich nicht wehren können, aufzutreten.

Ich verlange, dass die Verantwortlichen und die zuständigen Stellen dieses Treiben sofort abstellen und auch künftig unterbinden! Mir wäre die tägliche Bewegungseinheit, mehr Sport, mehr Dopingprävention und aktive körperliche Betätigung in den Schulen lieber als das verpflichtende Zuhören bei Vortragenden, für die Fitness und Ehrlichkeit ein Fremdwort ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Abschließend bedanke ich mich recht herzlich bei Sportminister Darabos, bei allen Sportsprechern, bei den Mitgliedern des Sportausschusses, aber auch bei den Mitar­beitern in den Klubs und im Ministerium für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Wochen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


19.56.53

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ich möchte dort fortsetzen, wo Abgeordneter Krist aufgehört hat, nämlich in der Hinsicht, dass auch mich die Berichterstattung über das neue Anti-Doping-Gesetz ein bisschen nachdenklich gestimmt hat, dass wir die Sportler nur so quasi in „Handschellen“ präsentiert haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 214

An und für sich war das nicht das Ziel des Unterausschusses und des Sport­aus­schusses, denn eines war uns schon im Vorhinein vollkommen klar: dass wir die generelle Kriminalisierung der Sportler ablehnen, wobei wir natürlich auf der anderen Seite gesagt haben, dass wir auf jeden Fall eine Verschärfung des Anti-Doping-Ge­setzes in verschiedenen Punkten haben wollen – und das ergibt sich ja schon aus der Umsetzung des aktuellen WADA-Codes.

Wir haben also die Strafrahmen im sportrechtlichen Sinne verschärft, was auch im Sinne des Sports ist, und wir haben den Betrugstatbestand im Strafgesetz präzisiert. Ich denke aber, es ist ganz wichtig, dass wir wieder den Sport in den Mittelpunkt der Berichterstattung rücken und dass der Sport und die Sportlerinnen und die Sportler wieder einen positiven Beitrag dazu leisten, dass es wieder Spaß macht, auch in den Sportvereinen Sport zu betreiben. Die momentane Situation ist nämlich eigentlich so, dass bei den Sportvereinen und vor allem bei den Eltern eine gewisse Verunsicherung eingetreten ist, weil man nicht genau weiß, ab wann Doping in dem Bereich im Sport­verein angebracht ist, oder wann das Kind dopen muss, damit es Spitzenleistungen erreichen kann.

Für die Sportverbände ist ganz wichtig, dass wir da auch Initiativen setzen, und so haben wir von der SPORTUNION mit Unterstützung des Sportministeriums und auch mit zwei großen Unternehmen eine Kampagne gestartet, nämlich die Kampagne Star Ribbon, mit der wir ganz klar für einen sauberen Sport werben. Wir haben dabei versucht, eine breite Plattform ins Leben zu rufen, wo wir jugendliche Sportlerinnen und Sportler, aber auch Personen des öffentlichen Lebens dazu aufrufen, diese Aktion zu unterstützen. Wir haben da breiten Zulauf, und es geht uns vor allem darum, aufzuzeigen, dass man auch mit einem sauberen Sport zu Spitzenleistungen kommt, dass wir also in dieser Hinsicht aktiv sind.

Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, denn es hat ja zum Beispiel eine aktuelle Umfrage gegeben, bei der wir mittels des GfK-Instituts Folgendes abgefragt haben: Haben Sie den Eindruck, dass im österreichischen Sport selbst genug gegen Doping unternommen wird?, und da sagt immerhin jeder Zweite: Nein, in der Aufklärung wird zu wenig getan! – Und deshalb sind wir der Meinung, dass wir mit dieser Kampagne punktgenau richtig liegen, und der Zuspruch zeigt uns auch, dass das der richtige Weg ist.

Meine Damen und Herren, schauen wir also, und das ist mir ein wesentliches Anliegen, dass wir mit dem neuen Anti-Doping-Gesetz – und das ist eines der, wenn nicht das modernste in Europa – nahtlos die Arbeit der letzten Zeit im Sport fortsetzen, dass wir gemeinsam versuchen, diejenigen, die wirklich dopen, und vor allem diejenigen, die Doping organisieren, zu erwischen, denn das ist einmal der erste Punkt, der ganz wichtig ist, und der zweite Punkt ist, dass wir sie auch so nachhaltig aus dem Verkehr ziehen, dass sie keinen Schaden anrichten.

Der nächste Punkt ist – das hat Abgeordneter Krist sowieso auch bereits erwähnt –: Es geht nicht an, dass Sportler, die schon im Dopingbereich aktiv waren, dann wieder sofort und ohne jegliche Kontrollen im Sportbereich aktiv sind oder vielleicht über ein anderes Umfeld ausweichen und da wieder fragwürdige Spitzenleistungen erbringen. Kollege Brosz hat ja diesbezüglich auch den Vorstoß unternommen, den wir alle sehr begrüßen, dass eine einjährige Vorlaufzeit in diesem Fall gegeben sein muss. – Ich glaube, auch das ist ein wesentlicher Beitrag zu dieser Verschärfung.

Generell möchte ich mich bedanken – vor allem bei allen, die im Unterausschuss dabei waren und vor allem bei den Experten, denn es war sehr interessant, was diese im Unterausschuss dazu beigetragen haben, dass wir zu der Gesamtheit dieser Ge­set-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 215

zesmaterie gekommen sind, und ein Danke auch an die Kolleginnen und Kollegen Sportsprecher für die gute Zusammenarbeit.

Ich denke, dass wir mit diesem Gesetz einen weiteren wichtigen Schritt im österreichi­schen Sport gesetzt haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abgeord­neten Ing. Westenthaler und Hagen.)

20.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kickl. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

20.01.23

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe ja gegenüber meinen Vorrednern den Vorteil, dass ich mich nicht unbedingt an die Koalitionsräson halten und jetzt alles so schön­reden muss, wie es in den bisherigen beiden Beiträgen geschehen ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Auch wenn es natürlich in der Substanz stimmt, aber es hat auch die Entwicklung dieser gesetzlichen Bestimmungen, die wir jetzt auf die Reise bringen, gezeigt, dass es manchmal gescheiter ist, noch einmal nachzudenken, bevor man mit Schnell- und Hüftschüssen agiert, wie der Bundesminister das in weiten Bereichen dieser Anti-Doping-Diskussion getan hat.

Wir Freiheitliche haben immer gesagt, dass das nicht der Bereich ist, wo man die Dinge durch eine Pauschal-Verurteilung, durch eine Kriminalisierung in Bausch und Bogen übers Knie brechen kann, und deshalb freue ich mich jetzt sehr darüber, dass es uns insgesamt gelungen ist, nach vielen intensiven Diskussionen und sicherlich sehr informativen Stunden im Zusammenhang mit diesem Unterausschuss, den Minister letztendlich ins Boot zu holen und ihn ein bisschen einzubremsen, wenn er auf dem Weg war, dass die Pferde mit ihm durchgehen. (Abg. Weinzinger: ... Kavallerie!)

Das, was er gesagt hat, dass er nämlich in den Monaten seit dem Frühjahr Überzeu­gungsarbeit bei uns leisten wollte, muss man tatsächlich umdrehen: Es hat sich im Laufe dieses Prozesses herausgestellt, dass wir eigentlich diejenigen waren, die den Minister überzeugt haben.

Ein bisschen stolz bin ich darauf, dass wir von den Freiheitlichen und die Kollegen vom BZÖ auch diejenigen waren, die vom Anfang an, als diese Debatte durch die Emo­tionen im Fall Kohl sehr, sehr hoch gegangen ist, gleich gesagt haben: Moment einmal, Herr Minister, bis hierher und nicht weiter! – Und natürlich haben auch die Sport­experten im Bereich der ÖVP und der SPÖ gewusst, dass man mit den Vorstößen, wie sie der Minister unternommen hat, im Grunde genommen der Sache einen Bärendienst erweist.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir da jetzt etwas auf die Reise bringen, was weit, weit weg ist von dem „Allibert-Gesetz“, wie ich das immer nenne, das der Herr Bundes­minister eigentlich ursprünglich intendiert hatte, wo also jemand, wenn er daheim irgendwo in seinem Badezimmerschrank etwas hat, was als Doping gelten könnte und dabei irgendwo „aufgeklatscht“ wird, dann vielleicht noch mit Handschellen aus dem Wohnblock geführt wird.

Das ist nicht das, das wir haben wollen, und ich glaube, der Herr Bundesminister hat in diesen letzten Monaten auch das dazugelernt, dass es nicht immer vorteilhaft ist, wenn man Diskussionen in die Öffentlichkeit hinausträgt, die dazu angetan sind, in einer Phase, in der wir uns sehr darüber freuen sollten, dass große Teile der Bevölkerung sich überhaupt noch sportlich betätigen – wenn ich mir etwa den Zustand der männ­lichen Bevölkerung bei der Musterung anschaue –, den Breitensport in vielen Be­reichen pauschal sozusagen in ein schiefes Licht zu rücken. Ich erinnere Sie nur an


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das inzwischen legendäre Beispiel vom Radrennen – von dem wir bis heute nicht genau wissen, wo das war –, das es angeblich gegeben hat, bei dem alle zurück­gezogen haben, weil sie gehört haben, es gäbe Dopingkontrollen.

So ist das bei Weitem nicht, und ich bin sehr, sehr froh, dass wir jetzt zu dieser Sache gekommen sind und dass wir nicht mehr von einem Strafausmaß zwischen sechs Monaten und fünf Jahren reden, wie das ursprünglich der Fall war.

Jetzt ist es wichtig, wenn es dann darum geht, die exakten Buchstaben des Gesetzes zu finden, dass wir, wo wir die Straftatbestände im Dopingbereich endlich dort haben, wo sie hingehören, nämlich beim Betrugsdelikt, mit diesen strafrechtlichen Bestim­mungen nicht totes Recht schaffen, sondern dass das Ganze auch Biss hat, denn wir haben auch schon festgestellt, dass es die Möglichkeiten, in diesem Bereich zu agie­ren, schon bisher gegeben hätte, nur gemacht hat es niemand. Das heißt, die Staats­anwälte haben sich offensichtlich nicht dafür interessiert, und ich bin jetzt noch gar nicht so guter Hoffnung, dass sich das in Zukunft ändern wird.

Deswegen würde ich anregen, vielleicht noch einmal darüber nachzudenken, ob es nicht gescheit wäre, entweder einen gesonderten Staatsanwalt, der sich mit dieser Problematik befasst, zu installieren (Abg. Mag. Stadler: Bitte nicht! Bitte nicht!), oder aber in einem anderen Bereich, der offensichtlich nicht ausgelastet ist, eine gewisse Bündelung der Ressourcen, weil man ja auch ein gewisses Expertenwissen braucht, in diesem Bereich anzudenken. – Das wäre ein weiterer Vorschlag.

Wir müssen auch im Bereich der Verjährungsproblematik aufpassen, weil wir uns angesichts des rasanten Fortschritts bei den Techniken und bei den Methoden des Dopings vor dem Problem sehen, dass es durchaus sein kann, dass jemand beispiels­weise im Jahr 2009 etwas angestellt hat, was im Jahr 2015 dann als Doping erkannt wird, wenn man dann eine Probe nachträglich öffnet und die Methoden so weit sind, dass man ihm das Doping nachweisen kann, das er vor ein paar Jahren begangen hat. – Da müssen wir also darauf achten, dass uns der nicht durchs Netz schlüpft, wenn es um die Verjährungsfristen geht.

Noch etwas ist mir wichtig: Ich bin Kollegem Brosz sehr dankbar, dass er uns noch darauf aufmerksam gemacht hat, dass wir aufpassen müssen, was diese Wiederein­stiegsregelungen betrifft, dass man sich nicht quasi in der Sperrphase zur Höchstform auftrainiert und dann über Nacht sein Comeback ankündigt, und das Ganze, ohne eine einzige Probe gehabt zu haben. – Das wäre eine fatale Entwicklung!

Aber es ist noch eine Entwicklung fatal, und das ist diejenige, bei der Leute zunächst einmal in die Vollen greifen, wenn es um den Dopingbereich geht, wie Herr Kohl und Frau Hütthaler – das sind ja keine kleinen Fische, sondern da wurde schon sehr systematisch vorgegangen – und erst dann, wenn man „aufgeklatscht“ wird, mit dem Rücken zu Wand steht und nicht mehr weiter weiß, plötzlich über Nacht eine Wandlung vom Dopingtäter zum Anti-Doping-Experten durchmacht, durch die Schulen tingelt und den jungen Leuten erklärt, dass man doch das Recht auf eine zweite Chance hat und so weiter.

Ich halte davon wenig, weil diese Leute, die diese zweite Chance für sich in Anspruch nehmen wollen, genau diejenigen sind, die den anderen die erste Chance genommen haben, und ich bin froh darüber, dass wir mit dem Betrugstatbestand da jetzt einen Riegel vorschieben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 217

20.06.53

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich als Vorsitzender des Sportaus­schusses darf mich bei allen Fraktionen herzlich für die konstruktive und gute Zusam­menarbeit bedanken. Es ist ja in Zeiten wie diesen eher die Ausnahme und nicht die Regel, aber man sieht: Es geht doch noch etwas – es geht zumindest im Sportaus­schuss etwas. (Abg. Bucher: Guter Vorsitzender, muss man sagen!)

Ich freue mich auch darüber, dass das in einer Art von demokratiepolitischem Hoch­amt, muss man ehrlicherweise sagen, stattgefunden hat, mit Unterausschusssitzun­gen, mit wirklich umfassenden Hearings von Experten, die beeindruckend waren, die interessant waren. Aber vor allem, und das meine ich mit „demokratiepolitischem Hochamt“, kann ich mich nicht daran erinnern, wann es das das letzte Mal in diesem Haus überhaupt gegeben hat, aber in dem Fall hat es das gegeben, auch wenn es vielleicht „nur“ – unter Anführungszeichen – der Sportausschuss ist, wie ja oft gemunkelt wird. Es ist eines passiert: Das Parlament hat nämlich – und zwar einstim­mig, alle Fraktionen! – das Wollen eines Ministers korrigiert! Das ist für mich das demokratiepolitische Hochamt und der mögliche Erfolg einer Kontrolltätigkeit und eines Parlaments, das sich auch als Korrektiv sieht.

Herr Minister Darabos wollte einen eigenen Straftatbestand für Eigendoping, für den Besitz und für Eigenkonsum, und wir haben nachweisen können, dass diese Idee falsch ist, dass sie nicht richtig ist. Alle Experten im Unterausschuss haben das be­stätigt – und siehe da: Bei diesem Unterausschuss kommt ein Ergebnis heraus, schrift­lich in der Ausschuss-Feststellung und im Antrag, das folgendermaßen lautet – ich zitiere –:

„Gegenüber der Schaffung eines eigenen gerichtlichen Straftatbestandes für den Besitz und Konsum von Dopingmitteln durch Sportlerinnen und Sportler wird eine ablehnende Haltung eingenommen.“

Das ist auch völlig richtig, weil wir nicht alles überregulieren wollen, und weil wir auf jeden Fall keinen Sportler kriminalisieren wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), so wie das der Herr Minister eigentlich anfänglich argumentiert hat.

Herr Minister, so gut die Diskussion im Ausschuss war, so geschadet hat die anfäng­liche Diskussion durch ihre Aufregung unserem Land, denn eines ist klarzustellen, Herr Minister: Es hat den Fall Kohl gegeben, es hat im Laufsport einige Fälle gegeben, es hat Turin gegeben – wir wissen das alles. Aber, Herr Minister, Sie müssen doch mit uns zur Auffassung gelangen, dass 99 Prozent der österreichischen Sportlerinnen und Sportler sauber sind und sich nichts vorzuwerfen haben! Und hinter diesen Sportlern stehen wir und diese sollen nicht in Misskredit gebracht werden, nicht in eine Dis­kus­sion hineingezogen werden, die sie letztlich wegen einiger schwarzer Schafe, die sich durch Doping einen Vorteil verschaffen wollen, ertragen müssen. – Das wollen wir nicht!

Diese Gefahr hat bestanden! – Erinnern Sie sich: Am Gipfelpunkt der Diskussion rund um Kohl und als Sie dann Straftatbestände gefordert haben, ist Österreich plötzlich das Mekka des Dopings gewesen. Internationale Reaktionen lauteten: Was ist denn bei euch los? Ist bei euch eigentlich das Zentrum, der Umschlagplatz für Doping? – Das ist doch gar nicht wahr!

Wir haben einen sauberen Sport, und den vertreten wir auch, Herr Minister, und daher war das schon über das Ziel hinausschießend, dass Sie da einen eigenen Straftat­bestand schaffen wollten und damit indirekt – natürlich nur indirekt – die Sportler auch kriminalisieren wollten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 218

Es ist doch jeder für sich selbst zuständig! Okay, ja, machen Sie etwas beim Betrugs­strafrecht, beim geltenden Recht – ist in Ordnung, soll sein. Wenn einer – aber das müssen Sie erst einem nachweisen – wirklich dopt mit einem Bereicherungsvorsatz und damit einen Veranstalter schädigt, dann soll er zur Verantwortung gezogen wer­den. Na selbstverständlich, dagegen hat ja niemand etwas! Wenn Sie das von Anfang an gesagt hätten, hätte es überhaupt keine Diskussion gegeben und wir hätten dem Sport diese schlechte Diskussion erspart. Wir sind froh, dass das so nicht gekommen ist und dass wir das letztlich auch erfolgreich beenden konnten. Dass es eine Differenzierung gibt, wie schon gesagt worden ist, zwischen Spitzen-, Breitensport und auch Profisport, ist auch ganz wichtig.

Was mir auch besonders gefällt in dieser Angelegenheit, ist, dass man künftig auch öffentliche Förderungen zurückverlangen kann. Wenn jemand des Dopings überführt worden ist und für seine Aktivitäten vorher öffentliche Sportförderung bekommen hat, dann soll er diese wieder zurückzahlen. Ich halte das wirklich für eine sehr gute Idee. Auch das ist Ergebnis der Beratungen im Ausschuss und auch eine richtige Maß­nahme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wünschte, dass wir, ähnlich wie wir das hier jetzt beim Doping zustande gebracht haben, nämlich alle Parteien gemeinsam, jetzt sofort auch bei anderen Materien, zum Beispiel bei der Sportförderung-neu, die auf uns zukommt und die eine ganz wichtige Materie ist – Herr Kollege Wittmann, wir haben darüber auch schon im Ausschuss gesprochen –, ähnlich vorgehen, dass wir auch hier einen Unterausschuss machen, dass wir auch hier ein Expertenhearing machen und versuchen, gemeinsam – es ist im Sportausschuss ein gemeinsamer Geist, den ich sehr begrüße im Sportausschuss – auch die Sportförderung-neu auf die Beine zu stellen.

Herr Minister, helfen Sie uns dabei! Wenn Sie hier maßvoll vorgehen, gemeinsam mit dem Parlament und vielleicht ein bisschen weniger übers Ziel schießend, dann kann das eine gute Sache werden.

Ich danke noch einmal allen KollegInnen im Sportausschuss; ich denke, wir haben eine gute Arbeit geleistet. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ, bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und Grünen.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. 6 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.12.00

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Sportminister! Das ist eine merkwürdige Debatte, erfreulicherweise zwischen den Sportsprechern in diesem Haus, weil wir ja relativ viel zusammengebracht und es eigentlich immer wieder geschafft haben, gerade bei der Anti-Doping-Gesetzgebung dann auch zu gemeinsamen Be­schlüs­sen zu kommen.

Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich, Herr Minister Darabos: Ihre Vorgangsweise rund um diese Gesetzesentwicklung, um die Ausschüsse, habe ich in dieser Form in meinen zehn Jahren hier im Parlament eigentlich noch nicht erlebt. Ich habe immerhin sieben Jahre lang eine Ministerin Gehrer als Gegenüber gehabt, und es hat ja nicht unbedingt ein besonderes Naheverhältnis zwischen uns gegeben. Aber das, was Sie, Herr Minister Darabos, getan haben und wie Sie es angelegt haben, das möchte ich hier doch noch einmal in aller Deutlichkeit darstellen, weil es aus meiner Sicht noch nicht ausführlich genug beleuchtet worden ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 219

Was war der Start der Debatte? Rund um den berechtigten Anspruch, Doping ver­schärft zu bekämpfen, haben Sie eine Debatte losgetreten um einen Straftatbestand Eigendoping. Ich muss sagen, zu Beginn der Debatte – ohne da die Details zu erwähnen und wirklich in die Tiefe zu gehen – habe ich nicht einmal gefunden, dass dieser Ansatz so weit weg ist davon, dass man nicht darüber nachdenken sollte. Der Punkt war, dass sich dann in vielen Bereichen herausgestellt hat, dass es einfach auch vom pragmatischen Ansatz her der falsche Weg ist. Das haben zwar nicht alle Experten im Sportausschuss so gesehen, aber die meisten.

Auch die Leute, mit denen wir gesprochen haben, haben gesagt, dass es auch für die wirksame Aufklärung wahrscheinlich der falsche Weg wäre, nämlich unter anderem deshalb – aber darauf haben Sie nie Bezug genommen –, weil in dem Moment, wo der dopende Sportler zum Beschuldigten wird und er in der Regel der Einzige ist, der Auskunft geben kann, die Möglichkeit einer wirksamen Aufklärung in vielen Fällen verhindert wird. Denn: Wer soll denn die Daten liefern, wenn nicht die Möglichkeit besteht, die dopenden Sportler auch als Zeugen zu laden?

Diese Debatte ist an Ihnen wahrscheinlich auch deshalb vorbeigegangen, weil Sie sich ja manchmal geweigert haben, an den Unterausschusssitzungen teilzunehmen; insbe­sondere bei der Debatte ums Recht waren Sie nicht da. Beim letzten Mal waren Sie dann doch wieder da. So weit einmal so gut.

Es hat dann eine aus meiner Sicht interessante Entwicklung gegeben, dass nämlich auch die Koalitionsparteien – das war ja offensichtlich – Wert darauf gelegt haben, in der Ausschussfeststellung klar zu machen, dass die Linie, die Sie vorgegeben haben, nicht geteilt wird. Denn das, was der Kollege Westenthaler zitiert hat, ist ja nicht anderes als die Klarstellung, dass eigentlich die Position des Ministers in einer Aus­schussfeststellung deutlich abgelehnt wird.

Die Sportsprecher der Regierungsfraktionen haben sich da durchgesetzt, und es war, wie der Kollege Westenthaler auch richtig gesagt hat, ein Punkt, ein Detailpunkt, Betrug, wo man auch der Meinung war, und meines Erachtens zu Recht der Meinung ist, dass man das verändern sollte. Aus meiner Sicht ist ja das eigentlich ein Weckruf an die Justiz, das klar festzustellen.

Viele Experten – das haben Sie wahrscheinlich nicht mitbekommen, weil Sie nicht im Ausschuss waren, zum zweiten Mal – haben ja darauf hingewiesen, dass schon jetzt das bestehende Recht die Möglichkeit bieten würde, bei Betrugstatbeständen vorzu­gehen, also die Möglichkeit gegeben wäre. Nur ist die Frage, warum es denn nicht passiert – weil zum Beispiel die Anzeigen nicht erfolgen, weil offenbar auch zu wenig wirklich effektiv dagegen getan wird.

Dann gehen Sie, Herr Minister, her und sagen schon vor der Ausschusssitzung – und Sie haben dann gefragt, warum ich so aggressiv Ihnen gegenüber aufgetreten bin –, Sie haben sich durchgesetzt: Strafrecht kommt; Tatbestand Strafrecht verwirklicht! – Nichts von dem, was Sie vorher gesagt haben, war drinnen, außer ein kleiner Detail­punkt, aber Ihre Kernaussage war schlicht und einfach nicht drinnen!

Im Ausschuss habe ich mir dann gedacht: Jetzt kann man davon ausgehen, dass wir zu einer gemeinsamen Meinung kommen. Dann ist diese Woche Ministerrat, und was machen Sie? – Genau die gleiche Situation wieder: Sie gehen mit der Message hinaus, das, was verändert wird, heißt 10 Jahre Haft für Sportler.

Am Abend komme ich heim, drehe den Teletext auf, schaue mir die deutschen Teletextseiten an, Sat1, Österreich: Dopende Sportler in den Knast! – Jetzt frage ich mich: Was wollen Sie damit eigentlich bewirken, Herr Minister? Wollen Sie das Ver­trauen, das hier in der Sportpolitik zwischen den Fraktionen herrscht, völlig zerstören?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 220

Die Frage ist, ob jetzt wirklich ein Schritt der Opposition angebracht gewesen wäre, zu sagen: Was gilt jetzt eigentlich: Das, was wir im Ausschuss beschlossen haben, oder das, was Sie, Herr Minister, wider besseres Wissen gegenüber den Medien verbreiten?

Ich sage Ihnen etwas, Herr Minister Darabos: Wir haben jetzt schon lange Erfah­rungen. Wir haben mit dem Kollegen Wittmann etliche Sträuße ausgefochten, wenn es um die Frage Dachverbände, Kontrolle gegangen ist, immer wieder auch Auseinan­dersetzungen gehabt, ob das ausreichend ist. Aber in der Sportpolitik war hier im Haus eines klar: Es hat Handschlagsqualität gegeben. Was zwischen den Fraktionen vereinbart worden ist, ist dann auch im Gesetzesweg umgesetzt worden.

Sie, Herr Minister, haben diese Handschlagsqualität gebrochen! Sie gehen her und verbreiten Dinge, die eindeutig dem widersprechen, was im Ausschuss festgemacht ist. Und wenn Sie so weitermachen, werden Sie die Grundlage für vernünftige Dis­kussionen hier wirklich zerstören.

Das Zweite, was ich Ihnen vorwerfe, ist, dass Sie eine reine Scheinpolitik betreiben. Ich habe gestern erst nachher mitbekommen, dass der Reporter Sie beim Länder­match dafür gelobt hat, dass Sie 10 Jahre Haft für die dopenden Sportler wollen. Das sagen Sie beim Fußballländermatch und verbreiten genau diese Botschaft, die, wie auch die Sportsprecher der Regierungsfraktionen betont haben, nicht der Gesetzes­materie entsprechen.

Und was die Dinge angeht, bezüglich deren Sie eigentlich handeln könnten, frage ich mich: Warum tun Sie es denn nicht, Herr Minister? Dass die Verträge geändert werden – gut und schön, dass wir das jetzt hineinschreiben. Wie lange sind Sie denn jetzt Sportminister? Was ist denn in dem Jahr geschehen? Sie brauchen ja kein Gesetz dafür, dass Sie die Verträge ändern.

Wir haben nach wie vor die Situation, dass offenbar die Verträge nicht so gestaltet sind, dass man in dem Moment, wo Doping auftritt, sofort die Förderungen einkas­sieren kann. Wir können auch darüber nachdenken, ob man eine Frist setzt und zumindest sagt, die letzten sechs Monate – man kann darüber diskutieren, wie lang – wird die Sportförderung zurückbezahlt. All diese Dinge wären möglich gewesen, aber diesbezüglich haben Sie nichts gemacht.

Den einen positiven Punkt möchte ich jetzt erwähnen: Dass es relativ rasch gelungen ist, die Erweiterung der Sperrfrist für wieder einsteigende gedopte Sportler hineinzu­nehmen, von 6 Monate auf ein Jahr, und auch mit einem Anlassfall, weil das ja auch nicht an der Öffentlichkeit vorbeigegangen ist, dass eine Sportlerin, die Frau Hütthaler, der Öffentlichkeit erklärt: Ich beende meine Karriere! Und jeder in der Szene hat gewusst, sie trainiert voll weiter, hat eigentlich nie eine Trainingspause gemacht, hat im Übrigen vor dem New York-Marathon bekannt gegeben, sie fährt dort mit ihrer Mutter hin, wird eine Zeit von wahrscheinlich 4,30 Stunden laufen.

Blöde Situation, da ist wohl was schiefgegangen: Sie ist 2,49 Stunden, glaube ich, gelaufen, eineinhalb Stunden zu schnell. Das passiert halt im Marathon öfter, weil man ja nicht so genau auf die Uhr schaut. Und 3 Minuten einen Kilometer zu schnell – das kann Marathonläufern passieren, aber jeder, der nur irgendwie damit zu tun hat, weiß, was dort „gelaufen“ ist.

Am Tag nach dem Marathon sagte Frau Hütthaler: Ich erkläre meinen Wiedereintritt! Die gesamte Phase, wo sie für New York trainiert hat, hatte sie keine Kontrollen; mehr möchte ich dazu nicht sagen. Auf jeden Fall ist das ein System, das geändert gehört!

Die Problematik – auch das haben wir im Sportausschuss besprochen – ist teilweise schwierig: Sportveranstalter, die gar nicht als Verbände auftreten, sondern quasi als Private, und daher ist es schwierig, dort überhaupt Regelungen zu finden. Aber die


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Situation in Österreich macht es notwendig, dass man hier zumindest diesen Schritt geht und klar macht: Wir wollen, dass gedopte Sportler zumindest ein Jahr vorher wieder Kontrollen unterliegen müssen, bevor sie antreten können, weil viele Experten im Ausschuss gesagt haben: Na selbstverständlich, wenn ich 18 Monate unter Doping­einfluss trainieren kann, dann wird das auch noch eine Auswirkung dann haben, wenn ich nach sechs Monaten Kontrollfrist in die aktiven Sport eintrete! – Dass wir diese Lücke schließen, halte ich für notwendig.

Herr Sportminister Darabos, ich kann an Sie nur appellieren: Verlassen Sie diesen Kurs! Es hätte Ihnen überhaupt nicht geschadet, zu sagen: Ich habe mich in einem Punkt auch durchgesetzt, wir haben den Betrug hereingenommen – wäre auch ange­messen gewesen –, im anderen Punkt nicht. Wir werden weiter eine Debatte mit Ihnen führen müssen, was jetzt eigentlich der Kern dieser Gesetzesänderungen ist. Und ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie den Mumm haben, dass Sie wirklich die Feigheit auch gegenüber der Öffentlichkeit ablegen und endlich aufstehen und sagen: Das ist Sache!

Wenn wir auf diesen gemeinsamen Punkt zurückkehren, wird es auch mit Ihnen eine Kooperation geben – sonst werden wir massive Probleme bekommen, weil diese Scheinpolitik, die Sie betreiben, bin ich nicht bereit, weiter zu akzeptieren. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte.

 


20.20.02

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist heute schon angesprochen worden – und ich bin glücklich über diesen Kompromiss, den wir hier im Hohen Haus erzielen kön­nen –, es ist ein Meilenstein, der heute beschlossen wird im Kampf gegen Doping, und es ist, glaube ich, allen im Haus klar: Wer dopt, betrügt.

Es ist aus meiner Sicht unrechtmäßig und unzulässig, dass man sich durch Doping einen Vorteil verschafft, der nicht nur in einen sportlichen Erfolg mündet, sondern einen Vorteil auch bei Prämien, bei Verträgen, bei Preisgeldern, bei Sponsorgeldern bringt. Insofern bin ich sehr froh, dass es gelungen ist, gemeinsam mit der Justizministerin auch diesen – wenn Sie wollen, bin ich gerne bereit, Herr Abgeordneter Brosz – Kom­promiss, was den § 147 im Strafrecht betrifft, zu etablieren, nämlich, dass man sagt, Sportler, die dopen, sind Betrüger und werden auch jetzt mit einer Präzisierung in diesem § 147 verschärft verfolgt.

Wenn wir schon in der Detaildebatte sind: Ich weiß nicht, ob ein Sportler nach meinem ursprünglichen Vorschlag schlechter bedient gewesen wäre als jetzt mit diesem Vor­schlag, wo es einen Strafrahmen gibt, der wesentlich höher ausgeformt ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Da müssen Sie einen Bereicherungsvorsatz nachweisen!) Ja, der Bereicherungsvorsatz wird relativ leicht nachzuweisen sein, Herr Abgeordneter Wes­ten­thaler. Wenn ich sehe, dass sich jemand mit Doping sozusagen einen Wettbe­werbsvorteil verschafft, dann ist dieser Bereicherungsvorsatz relativ leicht nachzu­weisen, wie auch die Frau Justizministerin in einer Pressekonferenz sehr offen dar­gestellt hat.

Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich, ich bin bereit, diesen Schulterschluss mit Ihnen zu tätigen, aber einige Dinge muss ich schon klarstellen. Ich habe mich dem Ausschuss nicht verweigert, das möchte ich mit aller Klarheit feststellen! Wir zwei haben ein eigenes Gespräch gehabt. Ich habe gesagt, ich werde, wenn es möglich ist, bei jedem Ausschuss dabei sein. Ein Ausschuss ist gleichzeitig mit dem Ministerrat festgesetzt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 222

worden; und das war der einzige Ausschuss, an dem ich nicht teilgenommen habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Da hätten Sie lieber im Ausschuss sein sollen!)

Ich finde, man sollte auch hier in diesem Haus bei der Wahrheit bleiben und die Wahrheit auch der Öffentlichkeit so darstellen, dass sie einer Begutachtung durch die Öffentlichkeit auch standhalten kann.

Was mich ganz besonders stört in dieser Diskussion – das ist heute in sehr vielen Beiträgen angesprochen worden –, ist die Frage der generellen Kriminalisierung von Sportlern. Ja, bitte, wer kriminalisiert generell? Ich kriminalisiere nur jene Sportler, die sich einen Wettbewerbsvorteil durch Doping verschaffen. Ich kriminalisiere nicht die 99 Prozent, da bin ich beim Abgeordneten Westenthaler, die sauber Sport betreiben. Aber wir müssen doch auch gemeinsam daran interessiert sein, dass wir hier in Europa Vorreiter sind.

Die Diskussion, die Sie angesprochen haben, ist richtig. Ich bin heute in vielen Punkten Ihrer Meinung, wie etwa, dass in Europa ein Munkeln entstanden ist, dass sehr viele Zeitungen über uns geschrieben haben. Aber man sollte hier nicht Ursache mit Wir­kung verwechseln. Ich bin nicht die Ursache! Die Ursache sind Institute wie – es gilt die Unschuldsvermutung – Humanplasma, die Ursache sind Manager – es gilt die Unschuldvermutung – wie Matschiner, die Ursache sind Sportler, die sich bereit erklärt haben, sich in diesen Teufelskreis hineinziehen zu lassen, wie etwa Kohl.

Ich frage mich auch, und man sollte auch diese Diskussion einmal ganz emotionslos angehen, ob im Fall Kohl ein so kurzer Zeitabstand wirklich gescheit ist. Ich bin auch der Meinung, wenn jemand etwas Unrechtes getan hat, hat er eine Strafe abzusitzen, und dann hat er noch einmal eine Chance zu bekommen. Aber bei diesem kurzen Abstand Bernhard Kohl beispielweise sozusagen als Botschafter des Antidopings an Schulen, bei Vorträgen auftreten zu lassen, das halte ich eigentlich für verfehlt.

Ich möchte zum Ausschuss noch ganz kurz sagen: Ganz so war es nicht. Es hat Experten gegeben wie etwa den Herrn Michlmayr, immerhin Trainer von Markus Rogan, der ganz klar gesagt hat, er ist für die strafrechtliche Verfolgung von gedopten Sportlern. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aber kein Strafrechtsexperte!) – Nein, aber es ist hier im Haus so dargestellt worden, als ob alle Experten sozusagen in eine Richtung argumentiert hätten. Das war nicht so.

Im Übrigen möchte ich auch dazu sagen – und das sollte auch den Abgeordneten von der FPÖ zu denken geben, denn er war ja, glaube ich, einmal einer von Ihnen –, dass auch Elmar Lichtenegger, der selbst beim Doping erwischt wurde, gesagt hat, straf­rechtliche Verfolgung hält er sozusagen als Präventivmittel durchaus für andenkens­wert. Und es gibt auch einige andere Sportler, die eine ähnliche Haltung eingenommen haben.

Unterm Strich – und da bin ich durchaus bereit, zu sagen, das Parlament hat einen guten Vorschlag gemacht – halte ich diesen Kompromiss, auf der einen Seite das Anti-Doping-Gesetz nachzujustieren, neu zu tunen, und auf der anderen Seite im § 147 dieses Betrugsdelikt zu verschärfen beziehungsweise auch zu präzisieren, für richtig.

Wir haben eine große Verantwortung. Wir haben gesehen, dass wir auch mit diesem Beschluss, der heute gefasst werden soll, international für Aufsehen gesorgt haben, in der „New York Times“, in anderen internationalen Medien. Das sollte das österreichi­sche Parlament an und für sich stolz machen und uns auch klar aufzeigen, dass wir da auf dem richtigen Weg sind.

Herr Abgeordneter Westenthaler, ein offenes Wort, das jetzt nichts mit dem Doping zu tun hat, aber das haben Sie angesprochen. Ich bin völlig Ihrer Meinung, dass wir die Sportförderung im nächsten Jahr auf neue Beine stellen müssen, und das kann ich nur


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mit dem Hohen Haus. Und ich kann Ihnen heute versprechen, dass das auch ge­schehen wird. Ich glaube, dass wir da einigen Nachholbedarf haben, und ich möchte Ihnen heute schon versprechen, dass wir versuchen werden, einen Fünf-Parteien-Kompromiss zustande zu bringen.

Ich habe gelernt, ich gebe das auch offen zu, dass wir im Sportbereich bisher auf eine Tradition aufbauen können, wo es Fünf-Parteien-Einigungen oder All-Parteien-Einigun­gen im Parlament geben kann, und ich hoffe, dass das auch in diesem Fall möglich ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, weil es keiner der Vorredner gesagt hat, dass wir mit der Novelle zum  Anti-Doping-Bundesgesetz auch sehr viele gute, neue Aspek­te eingebracht haben, acht an der Zahl. In aller Kürze – es wurde auch schon ganz kurz angesprochen –: Lebenslänglicher Ausschluss wegen Dopingvergehen gesperrter erwachsener Sportler und Betreuungspersonen der Bundesportförderung – auch das ist ein Mittel, wo man sich zweimal überlegen sollte, ob man dopt, wenn man dann von der Bundesportförderung ausgeschlossen wird –, Rückzahlung von Bundessportför­derungsmitteln ab einem etwaigen Dopingvergehen, die einjährige Sperrfrist, von Herrn Abgeordnetem Brosz im Ausschuss angesprochen, die, statt bisher sechs Monate, wie gesagt, auf ein Jahr ausdehnt wird – das halte ich für richtig –, viertens der Ausschluss von Personen zur Betreuung von Sportlern über vier Jahre nach Ende der wegen eines Dopingvergehens gegen sie verhängten Sperre, Schaffung einer Rechtsgrundlage für verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden, gemeinsam mit der NADA, sechstens die Verbesserung der rechtlichen Möglichkeiten für Maßnahmen der Zollbe­hörden bei der Einfuhr von Dopingmitteln, siebentens Information der zuständigen Behörden über Verhängung von beruflichen Sanktionen, wenn beispielsweise Ärzte, Tierärzte, Zahnärzte, Apotheker und so weiter an Dopingvergehen mitgewirkt haben, und achtens eine angedachte Änderung des Arzneimittelgesetzes dahin gehend, dass in Packungsbeilagen von Arzneimitteln, die verbotene Wirkstoffe enthalten, ein ent­sprechender Hinweis aufzunehmen ist, um Sportler und Ärzte besser zu informieren.

Im Übrigen wird auch das Anti-Doping-Bundesgesetz an den aktuellen Code der WADA, also der World Anti-Doping Agency, angepasst, und ich hoffe, dass es gelingen wird, und es sieht so aus, dass der Fahrplan halten kann, dass wir das schon mit Anfang 2010 zur Beschlussfassung bringen können.

Ich möchte betonen: Ich werde mich als Sportminister auch in Zukunft mit aller Kraft dafür einsetzen, dass wir diese Regelungen auch international umsetzen können. Es gibt endlich einmal einen Vorstoß, und zwar der spanischen Präsidentschaft, auch die Sportminister innerhalb der Europäischen Union an einen Tisch zu bringen. Das hat es seit Jahren nicht gegeben!

Ich halte unsere Vorbildwirkung für notwendig, aber noch besser und effizienter wäre es, wenn sich die gesamte Europäische Union da einer gemeinsamen Vorgangsweise verschreiben würde, wie das beispielweise auch die bayrische Justizministerin, Beate Merk, fordert.

Ich glaube insgesamt, dass wir hier einen guten Weg beschritten und auch einen guten Kompromiss gefunden haben. Ich bin durchaus bereit, das Wort „Kompromiss“ in den Mund zu nehmen, und wir sollten hier nicht streiten, wer sich durchgesetzt hat. Wenn Sie wollen, ja, das Parlament hat sich in vielen Punkten durchgesetzt; das ist gut so. Ich bin aber mit dieser Regelung zufrieden, weil wir damit auch eine klare Präventiv­wirkung gegen Doping auch in Zukunft in Österreich Realität werden lassen können, und ich glaube, jeder Sportler in Österreich wird sich jetzt zweimal überlegen, ob der unredliche Weg des Dopings in Zukunft beschritten werden soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 224

Ich glaube, mit dieser Regelung, die wir heute beschließen, wird es eine Vorreiterrolle Österreichs geben – nicht nur Italiens, Spaniens und Frankreichs, sondern auch Österreichs. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Gessl-Ranftl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.30.23

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! „Doping ist fast so alt wie der Sport, aber heute so gefährlich wie nie zuvor.“ – So lautet ein Schlüsselsatz des Buches „Sp(r)itzenleistungen – Doping und die Zukunft des Sports“ von den Autoren Martin Sörös und Erich Vogl. Doping wird immer wieder in Folge spektakulärer Einzelfälle im Spitzensport in der öffentlichen Berichterstattung diskutiert, Doping ist aber auch ein Thema, das längst nicht mehr nur im Zusammenhang mit Leistungssport Aufmerksamkeit erfordert.

Jungen Sportlerinnen und Sportlern sollte frühzeitig Wissen über eine der schwer­wiegendsten Bedrohungen des Sports vermittelt werden. Und wer auch nur hinreichen­de Kenntnisse über dieses Phänomen hat, kann sich ein selbständiges Urteil bilden und eine eigene gefestigte Überzeugung gewinnen, mit der er diesem Problem begeg­nen kann.

Die breite Öffentlichkeit war sich bis vor einigen Jahren mit Sicherheit nicht bewusst, welches Ausmaß das Thema Doping im Spitzensport noch einnehmen wird. In letzter Zeit kamen immer mehr Aufdeckungen ans Tageslicht, die gerade dieses Thema brandheiß gemacht haben. Es zählt nur mehr die Leistung und demnach ist auch Leistung alles im Spitzensport. Wenn aber die Grenze erreicht ist und Erfolg ausbleibt, ist die Verlockung immens groß, dem Körper mit unerlaubten Substanzen auf die Sprünge zu helfen.

Für mich ist äußerst erschreckend, wie fortgeschritten eigentlich die Forschung in diesem Bereich schon ist. Daher muss es unser aller Ziel sein, dass es in Österreich einen sauberen Sport gibt und dass es für Profisportlerinnen und -sportler bei nach­gewiesenem Dopingmissbrauch klare Konsequenzen geben muss. Die Bekämpfung von Sportbetrug muss eindeutig verankert sein und eine Gesetzesnovelle soll so rasch wie möglich ausgearbeitet werden, damit diese Novelle schon Anfang 2010 in Kraft treten kann.

Doping ist kein Kavaliersdelikt; es muss uns allen klar sein, dass jede Art von Betrug durch Doping zu verurteilen ist. Es freut mich daher sehr, dass bei diesem äußerst sensiblen Thema eine Fünf-Parteien-Einigung im Ausschuss erzielt werden konnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir dürfen nicht innehalten und müssen auch in Zukunft für einen sauberen Sport in Österreich eintreten. Wo Regeln eingehalten werden, da herrscht auch Gerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

20.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.32.58

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Viele meiner Vorredner haben ja bereits erwähnt, dass vor allem in der Debatte und in der Arbeit des Ausschusses und des Unterausschusses, insbesondere natürlich immer wieder auch in der öffent­lichen Diskussion aktuelle Dopingfälle hergenommen wurden, um die Notwendigkeit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 225

eines neuen Anti-Doping-Gesetzes zu begründen. Dem war ja nicht ganz so, sondern uns war allen bewusst, dass wir in diesem Bereich etwas tun müssen. Es hat uns gerade bestärkt, dass es durch diese aktuellen Dopingfälle noch notwendiger ist, Maß­nahmen zu setzen, um einfach wieder das Vertrauen in den Sport herzustellen.

Wir alle wissen, Doping ist ein eindeutiges und klares Fehlverhalten, das jeder Einzel­ne zu verantworten hat. Man muss natürlich zwischen Profi-, Breiten- und Spitzensport und auch zwischen dem Eigendoping und den Bereicherungsabsichten unterscheiden.

Aber Faktum ist: Doping ist Betrug und im Endeffekt auch Selbstbetrug. Deswegen natürlich der Appell, dass wir auf der einen Seite in den Bereich Forschung investieren, dass wir Methoden entwickeln, um sozusagen mit modernen Dopingmethoden mithal­ten zu können, um entsprechende Kontrollen durchzuführen, aber auf der anderen Seite ist es wichtig, eine wesentliche Entscheidung für den Erfolg gegen Doping zu treffen – nämlich im Kampf gegen Doping Aufklärung und Prävention sowohl im Breiten- als auch im Spitzensport zu betreiben. Denn: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Deswegen ist es wichtig, dass wir die NADA in diesen Bemühungen unterstützen, auch die zuständigen Ressorts wie Sport, Bildung und Gesundheit entsprechend unterstüt­zen und dass natürlich auch Sportverbände, wie zum Beispiel die Sportunion, Eigen­initiativen mit ihrer Kampagne „Star Ribbon“ starten.

Wenn wir diese Maßnahmen umsetzen, dann sind wir mit Sicherheit längerfristig erfolgreich im Kampf gegen Doping. (Beifall bei der ÖVP.)

20.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.35.39

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Trotz aller Widrigkeiten der letzten Monate ist das Thema Sport immer noch mit positiven Gefühlen und Empfindungen wie Lebensfreude, Teamgeist, Wohlbefinden besetzt. Aber wir wissen auch, dass, weil Sport Teil der Vermarktungsindustrie vieler Ge­schäftszweige ist und die erfolgreichen Profisportler neben Kultstatus moderne Helden, auch hochbezahlte Werbehelden in unserem Medienzeitalter sind, viele junge Men­schen, viele junge talentierte Sportler keine Mühen scheuen, um in ihren Sportarten ganz nach oben zu kommen. Es ist heute leider sehr oft eine Lebenslüge des Spitzensportes – ich sage: Spitzensportes –, ohne Doping und nur mit sauberen, legalen Mitteln dorthin, nämlich an den Zenit der Sportindustrie zu kommen.

Und da müssen wir ansetzen, da haben wir im Parlament im Sportausschuss ange­setzt. Da müssen wir die jungen Menschen durch Schaffung gleicher Voraussetzungen und gleicher Bedingungen schützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Neben einer Schärfung des Unrechtsbewusstseins und einer Verstärkung des Prob­lem­bewusstseins müssen bei besonders krassen Fällen auch gerichtliche Sanktionen möglich sein. Wenn ein Sportler über Täuschung von Tatsachen, etwa gesteigerte Leistungsfähigkeit des gedopten Körpers, einen geldwerten Vorteil erlangt, so ist das schlicht und einfach Betrug; es ist Sportbetrug und das soll strafrechtlich geahndet werden können. Man prellt die Sauberen und Ehrlichen nicht nur um den sportlichen Wert des Wettkampfsieges, sondern man schadet seinen ehrlichen Mitbewerbern auch wirtschaftlich massiv.

Mit diesem Zustand dürfen wir uns nicht so einfach abfinden, haben wir uns auch nicht abgefunden, deshalb haben wir ja zu einer effizienten Bekämpfung von Sportbetrug im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 226

Profibereich gesagt. Genau das bringt dieses Gesetz, das nun geschaffen werden soll, zum Ausdruck.

Ganz anders stellt sich aber die Situation im Amateurbereich, im Massensport dar. Da brauchen und wollen wir kein Strafgesetzbuch. Da sagen wir nein zum Straftatbestand, wir wollen auch Hobbysportler nicht hinter Gittern sehen.

Dieser Punkt war ja auch – wie auch von Vorrednern betont wurde – der größte Friktionspunkt des Parlaments mit dem Ministerium. Wir haben es auch nicht zuletzt unserer Fraktion und dem BZÖ zu verdanken, dass wir hier dieses Gesetz, das ursprünglich ganz anders vorgesehen war, entschärft haben. Die Gefahr dieser allgemeinen Verurteilung der Sportler und die Drohung mit dem Strafgesetzbuch für den Massensport konnten wir herausreklamieren. Wir sind immer noch der Meinung, dass dies eine katastrophale Wirkung auf den gesamten Sportbetrieb gehabt hätte.

Wir glauben, dass dieses Gesetz nun ein wichtiger Schritt hin zu einem Zustand ist, wo wir wieder Sport, Fairness und Gesundheit in einem Atemzug nennen können. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Riepl.)

20.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.38.45

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bunde­sminister! Hohes Haus! Für mich als Jugendsprecher ist diese Thematik natürlich ein großes Anliegen, denn gerade junge Sportler strafrechtlich zu verfolgen, wäre nicht der richtige Weg gewesen. So bin ich sehr froh darüber, dass wir uns auf diesen Fünf-Parteien-Antrag geeinigt haben.

Diverse internationale Studien zeigen, dass Doping heute ein Problem der gesamten Gesellschaft darstellt. Leider macht Doping auch vor der Jugend nicht halt. Beginnen tut das Thema bei den Jugendlichen, die ihren Körper mit Steroiden oder Wachs­tumshormonen modellieren wollen. Gerade das übersteigerte Körperbewusstsein von Jugendlichen ist oft gepaart mit der Unkenntnis der Spätfolgen dieser Mittel. Das „klassische“ Testosteron-haltige Anabolikum ist im Sportbereich nach wie vor die am häufigsten missbrauchte Substanz. Nebenwirkungen wie Wesensveränderungen, Wachstumsschub bei Jugendlichen, Tumorbildungen et cetera sind zu erwarten.

Fakt ist, dass meines Erachtens die Prävention von Doping und Aufklärung im Schul­unterricht ein Thema sein muss. Da wird eindeutig falsch aufgeklärt. Sich zu dopen, ist kein Kavaliersdelikt, sondern mit Drogenmissbrauch gleichzusetzen.

Aber auch die Eltern sind in die Pflicht zu nehmen. Erziehungsberechtigte von ange­henden Spitzensportlern müssen sensibilisiert werden – wie eben auch bei der Dro­genproblematik. Meistens erfahren sie erst am Schluss, was mit ihrem Kind los ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns alle möglichen Mittel er­greifen, damit Sport ein fairer Wettkampf der Athleten bleibt – und nicht der Ärzte! – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

20.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.40.44

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Sport­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Vormittag haben wir sichergestellt, dass


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die Sicherheit in den österreichischen Sportstätten erhöht wird, ohne dass die Kre­ativität und der Enthusiasmus der Fans eingeschränkt werden. Jetzt, am späten Abend, beschließen wir das Anti-Doping-Paket, schaffen gesetzliche Bestimmungen gegen das organisierte Doping und gegen Betrug im Sport.

Ich glaube, das Signal ist heute ein sehr deutliches, nämlich ein klares Zeichen, dass Doping in Österreich gesellschaftlich unerwünscht ist und dass es trotzdem zu keiner Kriminalisierung der Sportlerinnen und Sportler kommt.

Zur Debatte hier im Haus möchte ich anmerken, dass das Zusammenwirken von Ministerinitiative, die Experteneinbindung und die ausführliche parlamentarische Bera­tung im Unterausschuss und im Sportausschuss zu einem sehr guten Ergebnis geführt haben und die in der Öffentlichkeit zugespitzte Debatte sicher einiges an Bewusstsein gebracht hat. Ich möchte daher dem Herrn Sportminister und den fünf Sportsprechern sehr herzlich danken.

Meine Damen und Herren, dem Kampf gegen Doping müssen aber weitere Maßnah­men folgen. Sehr wichtig scheint mir zu sein, Regelungen zu finden, die dem System der Spielermanager und der Vermittlungsagenturen klare Grenzen aufzeigen.

Weiters erscheint es mir wichtig, dass manche von internationalen Verbänden vorge­gebene Bestimmungen neu zu überlegen sind. Auch wenn das keine direkte Aufgabe der Politik ist, sollten wir hier doch bewusstseinsbildend eingreifen. Ich halte es zum Beispiel für unerträglich, dass der Internationale Fußballverband alles unternimmt, um enthusiastischen Jubel und menschliche Emotionen im Fußball zu unterbinden und zum Beispiel Ball-Wegschießen in der Emotion, Trikot-Ausziehen während des Tor­jubels und dergleichen mit gelben Karten ahndet. Emotionen gehören zum Sport – für SportlerInnen genauso wie für die Fans.

Im ganzen Sportbereich sollte gelten, was auch für andere Bereiche der Gesellschaft gilt: so viel Reglement wie notwendig, aber so wenig wie möglich.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank, Herr Sportminister, und herzlichen Dank an die fünf Sportsprecher! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.43.32

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich erfreulich, dass die Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen hier mit einem Fünf-Parteien-Antrag eingebracht wird, denn Sport soll ja gesund machen, Freude bereiten und nicht zu Krankheit, körperlichem Verfall oder Depressionen führen.

Der Unterausschuss des Sportausschusses hat gezeigt, wie diffizil und vielfältig diese Frage ist, denn der Sport beginnt bei Kindern und Jugendlichen und geht hin bis in den Spitzen- und Profisport. Daher war es ungemein bereichernd, als wir gehört haben, dass die einzelnen Experten und Sachverständigen aus ihrer Sicht heraus diese Frage beleuchtet haben. So bin ich auch froh darüber, dass wir letztendlich auch auf den gemeinsamen Nenner gekommen sind, dass Sportler nicht kriminalisiert werden, es aber trotzdem zu einer effektiveren Verfolgung bei betrügerischem Handeln in dieser Frage kommt.

Die Diskussion hat aber auch gezeigt – und darüber bin ich sehr froh –, dass der größte Platz in Österreich dem sauberen Sport gehört. Den wollen und den werden wir in Zukunft auch ganz gezielt fördern, nämlich zum Wohle der Kinder und Jugendlichen,


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zum Wohle des einzelnen Spitzensportlers und zum Wohle der gesamten Sportland­schaft Österreichs. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.45.05

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich will ich schon festhalten, dass es gelungen ist, den Grundkonsens in Dopingfragen, den wir eigentlich seit fünf Jahren haben, hier in einer Fünf-Parteien-Einigung auch weiterhin zu halten, nämlich jenen Grundkonsens, dass man nicht jeden dopenden Sportler strafrechtlich belangt, weil das zu einer Fehlleitung des Strafrechts führen würde, aber dass es uns trotzdem gelungen ist, eine Verschärfung des Anti-Doping-Gesetzes herbeizuführen, nämlich die sportrechtlichen Bestrafungsmechanismen im Anti-Doping-Gesetz schärfer zu machen. Dazu gehört, dass man die Förderungen einfrieren kann, dazu gehört, dass man den Sportler lebenslänglich sperren kann, dass man also praktisch in die Existenz eines Sportlers, eines Berufssportlers eingreifen kann.

Gleichzeitig haben wir eine Klarstellung getroffen, die meiner Meinung nach deswegen notwendig war, weil die Staatsanwaltschaft jene Fälle, die auch jetzt schon mit dem Betrugstatbestand verfolgbar gewesen wären, nicht verfolgt hat. Der Fall Kohl erfüllt alle Voraussetzungen des Strafrechts. Was braucht man für einen Betrug? – Man braucht die Täuschungsabsicht, man braucht den Vorsatz und man braucht die Bereicherungsabsicht. (Abg. Mag. Stadler: Und den Rechtsgrund, der verletzt ist!) – Und den Rechtsgrund, der verletzt ist.

Der wäre aber bei Kohl gegeben, natürlich, weil die Bereicherungsabsicht vorhanden war, er einen anderen daran gehindert hat, den Vertrag bei dem Rad-Team zu bekom­men, den er selbst bekommen hat, bei ihm daher alle drei Voraussetzungen vorge­legen wären und es für die Staatsanwaltschaft möglich gewesen wäre, auch hier schon zu verfolgen. Das hat sie eben nicht im ausreichenden Ausmaß getan.

Daher ist die Präzisierung des Tatbestandes Betrug als Spezialtatbestand durchaus gerechtfertigt, um auch ein Zeichen an die Staatsanwaltschaft zu geben, dass das keine Kleinigkeit, sondern verfolgenswert ist. Ich glaube, es ist durchaus korrekt, das zu machen.

Aber das bedeutet, dass für die strafrechtliche Verfolgung drei Voraussetzungen gege­ben sein müssen, nämlich die Bereicherungsabsicht, der Vorsatz und die Täuschung. Und das ist weit weg von einer strafrechtlichen Bestrafung aller Sportler, die dopen.

Ich glaube aber, dass die Diskussion eines gebracht hat, und zwar dass sie die Öffent­lichkeit sensibilisiert hat, dass sie die Sportler sensibilisiert hat, dass sie auch die Verfol­gungsbehörden sensibilisiert hat und man letztendlich davon ausgehen kann, dass das auch in seiner Generalprävention eine Wirksamkeit zeigt und die Sportler nicht mehr so anfällig für derartige Vorgangsweisen sind.

Das bedeutet aber in der weiteren Folge, dass wir uns endlich wieder auf die sport­lichen Erfolge der österreichischen Sportler in der Berichterstattung, in der Wahrneh­mung und auch in der öffentlichen Diskussion konzentrieren sollten, denn das ist etwas zu kurz gekommen. Unsere Sportler erbringen nach wie vor hervorragende Leistungen, erbringen hervorragende Leistungen ohne Doping, erbringen hervorragende Leistun­gen im internationalen Vergleich. Man sollte sich also in der Berichterstattung wieder auf das konzentrieren, was das Aushängeschild des Sports ist und was die Sportler an Leistung erbringen.


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Es ist ein Zeichen der Leistungsbereitschaft dieses Staates, es ist ein Zeichen der Leistungsfähigkeit dieses Staates, was wir feststellen können, wenn wir uns die inter­nationalen Erfolge unserer Sportler anschauen – wenn man ein bisschen vom gestri­gen Fußballspiel absieht.

Aber eines möchte ich doch noch sagen: Ich glaube, dass uns dieses Doping-Thema jedes Jahr beschäftigen wird, weil der wissenschaftliche Fortschritt unglaublich schnell stattfindet. Die Dopingmethoden verändern sich in der Technik sofort, sobald man sie nachweisen kann. Daher wird eine permanente Beschäftigung dieses Hauses mit den Dopingtatbeständen, mit den Dopingmechanismen und -techniken stattfinden, sodass wir wahrscheinlich jedes Jahr oder jedes zweite Jahr darüber nachdenken müssen, wie wir andere Techniken unter Strafe stellen.

In diesem Sinne ist uns, glaube ich, ein guter Kompromiss im Ausschuss gelungen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten des BZÖ sowie des Abg. Peter Haubner.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 422 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 67.)

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 422 der Beilagen ebenfalls angeschlossene Entschließung betreffend Maßnahmen gegen Doping.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 68.)

20.50.1324. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (501 St 75/09t) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten zum Nationalrat Gerhard Huber (470 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. Die Restredezeit beträgt insgesamt 11 Minuten. – Bitte.

 


20.50.58

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich glaube, wir sind es dem Kollegen Huber schon schuldig, dass wir uns einmal darüber unterhalten, wie und mit welchen Methoden man einen Abgeordneten gezielt fertigmacht, welche Rolle dabei die Polizei und welche Rolle dabei die Staatsan­waltschaft spielt und wie das Ganze in das Geschehen passt, das wir im Unter­suchungsausschuss schon aufgeklärt haben, wo beide Regierungsparteien, der Ver­treter der SPÖ Otto Pendl, aber auch Vertreter der Österreichischen Volkspartei, zu­geben mussten, dass das so nicht geht.


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Meine Damen und Herren! Zunächst ist bemerkenswert – das sollte den Immunitäts­ausschuss befassen und beschäftigen und, Herr Kollege Sonnberger, auch dazu führen, dass wir an die Frau Justizministerin herantreten –, dass die Staatsanwalt­schaft nicht in der Lage ist, ein Auslieferungsbegehren an das Parlament zu schicken – und das bei einer läppischen Sammlung von nahezu läppischen Delikten. Zwei brauchen sie.

Beim zweiten Auslieferungsbegehren – das letzte haben wir Mitte Oktober behandelt –fertigt die Staatsanwaltschaft das Begehren am 7. September aus, aber erst am 28. Oktober langt dieses Auslieferungsbegehren im Parlament ein. Zwei brauchen sie, und für das zweite brauchen sie sechs Wochen und zwei Tage, bis es im Parlament einlangt. Das ist sozusagen die Ausgangssituation, was in formaler Hinsicht auffällt.

Das Zweite ist Folgendes: Mit der Strafprozessordnung-Novelle – und das ist etwas, was nicht nur jeden Abgeordneten jederzeit betreffen kann, das kann auch jedes Regierungsmitglied treffen, aber das kann vor allem, und das ist dramatischer, jeden Bürger treffen – ist de facto – ich wiederhole es; und die Frau Ministerin hat es im Vier-Augen-Gespräch schon zugegeben – die Polizei zum Herrn des Vorverfahrens geworden.

Das muss noch kein Problem sein. Wenn die Polizei ermittelt, wie eben eine ordent­liche Polizei zu ermitteln hat, dann kann man auch riskieren, dass der Staatsanwalt in 99,9  Prozent periodisch aller Fälle den Anregungen der Polizei nachkommt. Das muss also per se noch keine Problematik darstellen.

Tatsache ist, dass der Staatsanwalt es sich gar nicht leisten kann, den Anregungen der Polizei nicht nachzukommen. Dieser Staatsanwalt würde in Zukunft bei den Akten „verhungern“, wenn er nicht das machte, was die Polizei von ihm verlangt.

Problematisch wird es dann, wenn wir es mit einer politisierenden Polizei zu tun haben, wenn wir es damit zu tun haben, dass eine Polizei beginnt, sozusagen auf eigene Rechnung, mit eigenen Methoden, zweifelhaft wie nur was, Politik zu machen. Das ist im konkreten Fall beim Kollegen Huber nachvollziehbar.

In der letzten Debatte, als ich das angedeutet habe, aber weniger Redezeit hatte, hat Kollege Öllinger gesagt: Wenn das stimmt, was Kollege Stadler sagt, dass ein konstruierter Sachverhalt zu einer Verfolgung eines Abgeordneten geführt hat, dann ist das ein starkes Stück!

Ich weiß nicht, wer sich von Ihnen die Mühe gemacht hat, sich den Akt, der im Ausschuss aufliegt, einmal anzuschauen. Das ist von A bis Z ein sogenannter konstruierter oder gefakter Akt, und zwar von A bis Z!

Aber nicht, dass die Polizei sagt: Gut, in Ordnung, wir wollen einmal wissen, was dahintersteckt, schauen wir es uns an, holen wir uns diesen Informanten her, er soll auf die Dienststelle kommen, wir werden ihn formell einvernehmen!, nein, weit gefehlt: Die Polizei geht her und führt konspirative Geheimtreffen auf Autobahnraststätten durch. Dieser Informant wird in den Akten als „Gelegenheitsinformant bekannte Person VPH.“ bezeichnet. Wir wissen mittlerweile, wer dieser feine Herr ist. Dieser VPH. – bei der Stasi hat er nicht VP., sondern IN. geheißen; VP. heißt Vertrauensperson, Gelegen­heitsinformant H. – ist niemand anderer als ein fälschlich als Privatdetektiv illegal tätiger, in Wirklichkeit aber als Immobilienhändler angemeldeter frühpensionierter Poli­zeibeamter, der offensichtlich seine alten Polizeiseilschaften dazu benutzt, Geld zu verdienen.

Und mit diesem trifft man sich bei Geheimtreffen auf Autobahnraststätten. Dieser sagt aber nicht, er habe aus eigener Wahrnehmung das und das ermittelt, nein, nein, son­dern er bezieht sich wiederum auf einen gekündigten Mitarbeiter des Kollegen Huber,


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der Interesse daran hat, mit seinem Ex-Chef eine Rechnung zu begleichen. Aber der hat auch keine eigenen Wahrnehmungen, denn der bezieht sich wiederum auf einen sehr kauzigen Typ aus Osttirol, der gerne den Job gehabt hätte, den dann dieser gekündigte Mitarbeiter bekommen hat.

So, das ist die Faktenlage (Abg. Bucher: Das ist alles bekannt!) – das ist alles bekannt – der Polizei, und aufgrund dieser Faktenlage stellt die Polizei an die Staats­anwaltschaft umfangreiche Ermittlungsersuchen.

Das führt zu zwei Auslieferungsbegehren, das führt zu einer Riesenveraktung und das führt vor allem zu etwas, nämlich zu einer wirklich rufschädigenden, wenn nicht sogar vernichtenden Presseberichterstattung, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Da können Sie machen, was Sie wollen, am Schluss wird bei der Presse­bericht­erstattung immer übrigbleiben: Na da wird schon was gewesen sein!

Meine Damen und Herren, wir sind so weit, dass jemand als Privatdetektiv eine Vernaderungsgeschichte in die Staatsanwaltschaft hineinspielen kann, jemand, der selbst ein monetäres Interesse daran hat, aber keinen einzigen Sachbeweis bis heute auf den Tisch gelegt hat, nein, nein, sogar noch von der Polizei – und das ist ja wirklich entlarvend – wortwörtlich verlangt – dies ist bitte in den Akten nachvollziehbar –, dass keine Treffen in der Dienststelle stattfinden, und die Polizei macht das auch, deswegen finden diese Treffen auf Autobahnraststätten statt, weil er nicht in den Akten auf­tauchen will, weil der Informant, der einzige „Zeuge“, der einzige Pseudozeuge nicht haben möchte, dass er namentlich in den Akten auftaucht.

Meine Damen und Herren, da hört sich der Spaß auf! Das heißt Vernaderung, das heißt schlicht und einfach, dass irgendwelche Halbweltstypen gegen einen Abgeord­neten einfach jede Geschichte in Gang setzen können – und die Staatsanwaltschaft macht daraus einen Kriminalfall.

Meine Damen und Herren, das kann jeden von Ihnen treffen. Ich habe in Erinnerung die Auseinandersetzung, wo Ihre Kollegin Melitta Trunk zu mir gekommen ist und mir erzählt hat, was ihr alles zum Teil aus den eigenen Reihen in Kärnten vorgeworfen wird, und mich gefragt hat, was sie da tun soll.

Kollege Huber hat angeblich den „horrenden“ Betrag von 2 000 € veruntreut. Aus seiner eigenen Tasche hat er eine Spende geleistet – und die Spende ist angeblich nicht dort gelandet, wo sie hätte landen sollen.

Meine Damen und Herren, ich habe noch nie erlebt, dass jemand sein eigenes Geld veruntreuen kann. Die Polizei nimmt das an, macht einen Bericht daraus, und die Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein. Das ist der Gegenstand des heutigen Auslieferungsbegehrens!

2 000 € an Spenden, die Abgeordneter Huber selber aufgetrieben hat, die er selber aufgebracht hat, hätte er veruntreut. – Eine horrende Geschichte! Na bei so etwas ist natürlich sofort zu ermitteln; da muss man natürlich ein geheimes Treffen auf Auto­bahnraststätten durchführen!

Ich behaupte, dass das Treffen auf der Autobahnraststätte den Steuerzahler mehr gekostet hat als der angeblich von Huber veruntreute Betrag von 2 000 €. (Beifall beim BZÖ.) Wegen 2 000 €, meine Damen und Herren, geht kein Abgeordneter in diesem Haus her und begeht ein Veruntreuungsdelikt.

Mittlerweile gibt es übrigens eine Bestätigung, dass das Geld eingelangt ist. Die Bestä­tigung befindet sich als Sachbeweis im Akt. Die Staatsanwaltschaft macht trotzdem ein Auslieferungsbegehren an das Parlament, weil das ja keine Ermittlungshandlungen


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sind, die sie zulassen dürfen, solange sie nicht ein Auslieferungsbegehren an das Parlament gestellt haben.

Nächste Geschichte: Wikipedia-Wissen. – Es wird dem Abgeordnetenkollegen Huber vorgeworfen – das könnte ich jedem anderen in diesem Haus, der eine Lagerhalle oder eine Garage hat, auch vorwerfen –, er hätte für den europäischen Drogenhandel, also nicht einfach nur sozusagen für den Osttiroler „Regionaldrogenhandel“, nein, für den europäischen Drogenhandel, Essigsäureanhydrid in Pulverform gelagert und damit den europäischen Markt versorgt. – Soweit die böse Geschichte. Man ist versucht, an Rainhard Fendrich zu denken:

„Gustav ans an Gustav zwa, wir moch’n heit a Razzia“, wo es dann heißt, es war nur Insulin.

Wikipedia-Wissen oder schlicht und einfach Mittelschul-Chemiewissen hätte genügt, um zu erkennen, dass es Essigsäureanhydrid in Pulverform gar nicht gibt; das gibt es nicht. Stattdessen nimmt die Staatsanwaltschaft einen Bericht der Polizei her, erfasst von einem Gelegenheitsinformanten, der im Akt nicht auftauchen will, erfahren auf einer Autobahnraststätte, und macht eine Kriminalgeschichte daraus!

Der Nationalrat hat sich damit zu beschäftigen, und die Medien stürzen sich darauf, weil offensichtlich kein Medienschaffender in diesem Land in der Lage ist, zu erkennen, dass Essigsäureanhydrid in Pulverform gar nicht möglich ist.

Dritte Geschichte: Wir haben es mit einem Mann zu tun, der in großem Stil Marken gefälscht hat.

Die andere Geschichte mit diesen – wie heißt diese nordkoreanische Währung? (Ruf: Won!), Won, ja – Won: Er hätte in großem Stil Won in Euro umgetauscht. Bitte, kann mir jemand diesen Idioten zeigen, der in Europa freiwillig Won gegen Euro ein­tauscht, meine Damen und Herren? Kann mir jemand diesen dummen Menschen zeigen?! Selbst der Altpapierwert ist höher als der Nennwert dieser Won, meine Damen und Herren! – Das hat man mittlerweile fallenlassen, weil jeder weiß, dass Won in Europa nicht wirklich konvertierbar sind.

Aber der Markenschutz, das ist natürlich eine „wilde Geschichte“. – Es gibt bis heute keinen einzigen Geschädigten, und es gibt bis heute keinen einzigen Sachbeweis für das „große“ Kriminaldelikt.

Was bleibt übrig, meine Damen und Herren? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich möchte euch einmal etwas sagen: Ihr könnt das alles unter dem Punkt „Humor“ abhaken. Ihr braucht euch aber nicht zu beklagen, wenn ich heute hier heraußen für den Kollegen Huber Recht verlange, meine Damen und Herren. Wenn Ihnen das egal ist, dann warten wir ab, bis das jemandem von Ihnen passiert.

Aber die Staatsanwaltschaft hat ein auffälliges Missverhältnis bei der Neigung zu ermitteln, je nachdem, ob es um Oppositionsabgeordnete oder um Abgeordnete der Regierungsparteien geht, meine Damen und Herren! Und das ist das Problem, das dahintersteckt. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

21.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Stadler, die Gesamtredezeit der Frak­tion ist bereits abgelaufen.

(Beifall beim BZÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Stadler.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. Eingestellte Redezeit: 2 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wegen dem Schmarrn habt ihr den Huber ausgeschlos­sen?)

 



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21.02.16

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, dass man die kurze Zeit, die diese Sitzung noch dauert, auch noch aufmerksam zuhören kann, was in unser aller Interesse ist.

Kollege Stadler, ich stehe dazu – ich habe das nicht nur einmal gesagt –: In dieser unserer Republik hat gegen niemanden ohne ordentliche Rechtsgrundlage ermittelt zu werden! – Punkt! (Abg. Ing. Westenthaler: Passiert aber pausenlos, dauernd!)

Genau das, Herr Kollege Westenthaler, und viele andere Dinge – ich möchte das nicht wiederholen; Ewald hat es schon gesagt –, die wir auch im Untersuchungsausschuss bereits erfahren haben, werden in Form eines Berichtes an dieses Haus vorgelegt werden. Es wird an uns liegen, die richtigen rechtsstaatlichen Schlüsse daraus zu zieh­en und die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich möchte jetzt schon dazu einladen: Wir werden gemeinsam in vielen Rechtsma­terien die Diskussion führen müssen. Wir werden die Frage der Nebenbeschäftigungen der Polizeibediensteten diskutieren müssen. Wir werden uns all dieser Themen – Ewald, das weißt du, ja das weiß jeder hier in diesem Haus, auch ein pensionierter Polizist unterliegt nicht nur der Disziplinargewalt, straf- und zivilrechtlich sowieso – annehmen und uns das anschauen. Diesbezüglich besteht meiner Meinung nach Konsens, und das ist für alle Abgeordneten eine wichtige, zentrale Frage. Dafür stehen wir, geschätzte Damen und Herren!

Gegen eines verwahre ich mich aber ganz entschieden: Wir wissen, dass da oder dort – ob aufgrund von Schlampigkeit oder nicht, all das dürfte nicht passieren! – solche Geschichten passieren, aber es kann nicht sein, dass da ununterbrochen irgendein Politproblem, das da mit absoluter Sicherheit nicht vorliegt, hineininterpretiert wird. Das lehne ich ab! Andernfalls könnte man glauben, dass da ausschließlich politisch vorgegangen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Bei all dem, was mich selbst bewegt von dem, was wir erfahren haben, und worüber ich mich ärgere, sollten wir sachlich, sauber, korrekt an die Arbeit gehen. Mir ist völlig egal, welches Ressort davon betroffen ist.

Ich lade Sie wirklich ein, meine geschätzten Damen und Herren, dass wir diese Themen, die enorm wichtig sind, weiter sachlich abarbeiten. Sparen wir uns jede Politshow, ich sage das in dieser Offenheit! Das sind ernste, elementare Fragen, die nicht nur in unserem Interesse, sondern auch im Interesse jeder Bürgerin und jedes Bürgers zu behandeln sind. Ewald, darin sind wir uns einig, das kann jedem passieren, aber es darf nicht passieren, und daher werden wir daran arbeiten.

In der Arbeitsgruppe Immunität wissen wir aber auch – das sind genau jene Fälle, bezüglich derer wir auch Konsens haben ... (Abg. Ing. Westenthaler: Er verteidigt das noch!) – Nein, der verteidigt das nicht, Kollege Westenthaler.

Wir müssen Änderungen vornehmen, denn es ist eben unnötig, dass eine Staats­anwalt­schaft überhaupt gewisse Dinge an das Haus heranträgt.

Ich meine, das kann am nächsten Tag da sein, das brauchen wir einander alles nicht zu erzählen. Viele Ansuchen dürften gar nicht gestellt werden. Wir kennen ja all die Geschichten.

Wer hält uns davon ab, diese offenen Fragen sehr rasch und zügig zu behandeln und einer Lösung zuzuführen? – Niemand hält uns davon ab!


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Ich ersuche darum – und dafür steht meine Fraktion und, ich gehe davon aus, auch die Bundesregierung –, dass wir in aller Klarheit und Sachlichkeit diese Probleme einer Lösung zuführen und somit aus der Welt schaffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. – Bitte.

 


21.06.27

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Nachdem Kollege Stadler sehr ausführlich zu den Inhalten des Aktes Stellung genommen hat oder diese, sagen wir einmal so, dargestellt hat, möchte ich mich auf die Debatte da nicht einlassen, denn der Kern dessen, was wir zu entscheiden und im Immunitätsausschuss zu behandeln haben, ist ja nicht die inhaltliche Überprüfung dessen, was die Staatsanwaltschaft an Vorwürfen erhebt. (Abg. Neugebauer: So ist es!)

Ich habe mir beide Akte angeschaut, einen sogar gleichzeitig mit dem Kollegen Huber, und ich stelle nur so viel dazu fest – das ist allerdings der erste Akt, nicht der, den wir heute beschließen, sondern der, wozu wir das letzte Mal die Auslieferung beschlossen haben –: Also was dort an Unterlagen drinnen ist, war für mich als jemanden, der mit solchen Akten noch nicht allzu viel zu tun gehabt hat, zumindest sehr verblüffend. Aber wenn man seitenweise Google-Übersetzungen von italienischen Texten drinnen fin­det – wer weiß, wie eine Google-Übersetzung funktioniert, der weiß auch, dass Wort­teile übersetzt werden und man sich irgendwie überlegen kann, welche Sätze das in diesem Zusammenhang sein sollen – und das Grundlage eines Auslieferungsakts der Staatsanwaltschaft ist, dann frage ich mich, wer dort bewertet, was da drinnen steht.

Diese komische Kombination aus verschiedenen Sachverhalten – Kollege Stadler hat einige Dinge dargestellt – war auch für mich sehr – wie soll ich sagen? – befremdlich, auch dass die einzige Belastungsperson namentlich nicht aufscheint, sondern diese als Vertrauensperson bezeichnet wird, dass offenbar auch dann klar herausgekommen ist, dass bei den Hausdurchsuchungen die Dinge nicht gefunden worden sind, die drinnen stehen. Bei all dem gebe ich Ihnen recht. Ich habe mich eigentlich auch gewundert, wie man aufgrund dieses Standes noch eine Auslieferung begehren kann.

Das Problem ist nur, wir diskutieren da über etwas anderes. Wenn wir das bewerten würden, würden wir sagen, das, was die Staatsanwaltschaft vorlegt, reicht inhaltlich nicht aus. Und das kann das Immunitätsgesetz aus meiner Sicht nicht hergeben. Bei diesem Akt waren wir uns übrigens auch einig. (Abg. Ing. Westenthaler: Missbrauch!) Darüber kann man jetzt sicher diskutieren. Die Frage beim ersten Verfahren war ja vor allem, warum das überhaupt hierher kommt, weil ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit im Akt ja nicht einmal ansatzweise Erwähnung gefunden hat.

Beim heutigen Akt ist es ein bisschen anders. Ich möchte auf die Vorwürfe, die dort kommen, mit dem ehemaligen Mitarbeiter – lassen wir es einmal so stehen!; sie sind auch in den Medien gewesen –, inhaltlich nicht eingehen. Wenn in der Einvernahme vom Herrn Abgeordneten Huber allerdings der Vorwurf gefallen ist, dass das eine politische Intrige ist (Abg. Mag. Stadler: Er ist noch gar nicht einvernommen worden!) und de facto sozusagen nur aufgrund seiner politischen Tätigkeit zustande kommt, dann haben wir das Problem, dass natürlich die Auslieferung hier begehrt wird. Ich möchte wirklich nicht bewerten, wer recht hat. (Zwischenrufe.)

Im Akt gibt es eine Einvernahme oder ein Protokoll dessen, was Herr Kollege Huber gesagt hat und aus seiner Sicht wahrscheinlich auch nachvollziehbar gesagt hat. Da geht es um eine Intrige gegen ihn, mit einem ehemaligen Mitarbeiter, wo es Vorwürfe gibt, die, wenn sie so gefallen sind, sicher strafrechtlich zu überprüfen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 235

Wir haben jetzt nicht zu beurteilen, ob das inhaltlich korrekt ist oder nicht, sondern ob eine Auslieferung stattfinden soll. Und aufgrund der Bewertung des Sachverhalts bleibt aus meiner Sicht nicht anderes übrig, als dieser Auslieferung zuzustimmen.

Aber noch einmal: Wenn man sich anschaut, was vor allem im ersten Akt vorliegt, dann meine ich, dass es wirklich zu einer Debatte führen müsste. Wenn ich mir denke, dass das jedem Bürger/jeder Bürgerin passieren könnte, auf Basis solcher Sachverhalte zu einem Strafverfahren zu kommen, teilweise mit Strafandrohungen, die enorm sind, dann schreckt mich das aus demokratiepolitischer Sicht ordentlich.

Ein Abgeordneter hat wahrscheinlich noch einigermaßen die Möglichkeit, sich auch rechtlich vertreten zu lassen, hat einen besseren Zugang, als ihn viele andere haben. Aber wenn das das Niveau ist, mit dem solche Ermittlungen durchgeführt werden, dann denke ich mir manchmal: Gute Nacht, was da vorgeht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

21.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 470 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ 501 St 75/09t, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber besteht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.10.48Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, dem Wis­senschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 845/A(E) betreffend sofor­tiges Notbudget von 200 Millionen € für Universitäten eine Frist bis 9. Dezember 2009 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

*****

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen, dem Wissenschaftsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 844/A(E) betreffend Qualitätsverbesserung an österreichischen Hoch­schulen eine Frist bis 9. Dezember 2009 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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21.11.42Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 870/A(E) bis 898/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3745/J bis 3765/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 21.12 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Tagesordnung ist der im Sitzungssaal verteilten schriftlichen Mitteilung zu ent­nehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.12.19Schluss der Sitzung: 21.12 Uhr

 

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1017 Wien