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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 20. Mai 2010

 

 


Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Donnerstag, 20. Mai 2010

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 20. Mai 2010: 9.05 – 23.22 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Produktpirateriebericht 2009 des Bundesministers für Finanzen

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz-steuerge­setz 1994, das Grundsteuergesetz 1955, das Bundesgesetz über eine Abgabe von Bodenwert, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenver­waltungsorganisationsgesetz 2010, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das EUROFIMA-Gesetz, das Gesundheits- und Sozial­bereich-Beihilfengesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden (Ab­gabenänderungsgesetz 2010 – AbgÄG 2010)

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung interna­tionaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG) erlassen und das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisen­gesetz 2004) geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstegesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1042/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beibehaltung von Fremdwährungskrediten

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert werden

9. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Prüfbericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch Energieversorgungsunternehmen, auf­grund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E, XXIV. GP

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea über soziale Sicherheit

12. Punkt: 2. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der sozialen Sicherheit

13. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über soziale Sicherheit

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über soziale Sicherheit

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1106/A(E) der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ing. Norbert Hofer, Mag. Helene Jarmer, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Service- und Signalhunde

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1088/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Service- und Signalhunde im Bundesbehindertengesetz (BBG)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1091/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Service- und Signalhunde in das Bundesbehindertengesetz

18. Punkt: Bericht über den Antrag 903/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldge­setz, BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1061/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung eines neuen Begutachtungsverfah­rens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit

20. Punkt: Bericht über den Antrag 926/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Erstellung eines Gesamtkonzeptes im Pflegebereich

21. Punkt: Bericht über den Antrag 289/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härteausgleich für unverschuldet in Not geratene Unfallopfer

22. Punkt: Bericht über den Antrag 963/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Maßnahmen zur Vermittlung der Braille-Schrift

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1046/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integration behinderter Kinder

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1075/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der sogenannten Contergange­schädigten in das System des österreichischen Sozialentschädigungsrechts

25. Punkt: Bericht über den Antrag 942/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1093/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgru­ber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Grundlagen für familienorientierte Rehabilitation

27. Punkt: Bericht über den Antrag 312/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Freiwilliges Sozialdienstjahr

28. Punkt: Bericht über den Antrag 634/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Pneumokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 3

29. Punkt: Bericht über den Antrag 635/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Meningokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan

30. Punkt: Bericht über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder

31. Punkt: Bericht über den Antrag 938/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend Etablierung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder

32. Punkt: Bericht über den Antrag 941/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­legin und Kollegen betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche

33. Punkt: Bericht über den Antrag 965/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Untersuchung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten im Rahmen des Mutter-Kind-Passes

34. Punkt: Bericht über den Antrag 939/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Gesundheitspräven­tion im Gesundheitswesen und Etablierung eines Bonussystems für Eigeninitiativen

35. Punkt: Bericht über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend tarifliche Gleichbehandlung aller Rehabilitations­leistungen

36. Punkt: Bericht über den Antrag 1041/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Psychotherapie für Opfer se­xuellen Missbrauchs

37. Punkt: Bericht über den Antrag 906/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolle­gin und Kollegen betreffend Schaffung eines Lehrstuhls für Geriatrie

38. Punkt: Bericht über den Antrag 882/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrstuhl für Geriatrie

39. Punkt: Bericht über den Antrag 880/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Additivfaches für Geriatrie

40. Punkt: Bericht über den Antrag 881/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Facharztausbildung für Allge­meinmedizin

41. Punkt: Bericht über den Antrag 1100/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karls­böck, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparente Finanzierung der Krankenver­sicherung – versicherungsfremde Leistungen

42. Punkt: Bericht über den Antrag 920/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbst­behaltes bei In-vitro-Fertilisation

43. Punkt: Bericht über den Antrag 919/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenführung der Berufsbilder gewerblicher Masseur und Heilmasseur

44. Punkt: Bericht über den Antrag 992/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tabakgesetz – Verlängerung der Übergangsfrist

45. Punkt: Bericht über den Antrag 1048/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 4

46. Punkt: Bericht über den Antrag 1049/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Wiederherstellung der absoluten Nulltoleranz für Lis­terien in Lebensmitteln

47. Punkt: Bericht über den Antrag 644/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), und Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden

48. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­währung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhaltsvorschußge­setz 1985 – UVG), BGBl. Nr. 451/1985, geändert wird (1020/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 20

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 47

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 127

Fragestunde (10.)

Landesverteidigung und Sport ................................................................................... 20

Stefan Prähauser (64/M); Mag. Peter Michael Ikrath, Kurt List, Tanja Windbüch­ler-Souschill, Mario Kunasek, Dr. Martin Strutz

Oswald Klikovits (68/M); Herbert Scheibner, Mag. Christiane Brunner, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Christine Lapp

Dr. Peter Fichtenbauer (67/M); Peter Stauber, Ing. Norbert Kapeller, Christoph Hagen, Tanja Windbüchler-Souschill

Dieter Brosz (66/M); Dr. Andreas Karlsböck, Hannes Fazekas, Johann Höfinger, Ing. Peter Westenthaler

Ing. Peter Westenthaler (70/M); Dieter Brosz, Herbert Kickl, Dr. Peter Wittmann, Claudia Durchschlag

Hermann Krist (65/M); Mag. Bernd Schönegger, Gerhard Huber, Dieter Brosz, Ing. Christian Höbart

Peter Haubner (69/M); Stefan Markowitz, Dr. Harald Walser, Mario Kunasek, Andrea Gessl-Ranftl

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 20


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 5

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  45, 270

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Landesverteidigung und Sport betreffend Parteipolitik und Assistenz­einsatz (5403/J) ................................ 128

Begründung: Dr. Peter Pilz ......................................................................................... 130

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ................................................................... 135

Debatte:

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 139

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 143

Ing. Norbert Kapeller .............................................................................................. ... 145

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 146

Kurt List ................................................................................................................... ... 148

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 150

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 152

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 153

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 154

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 156

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 159

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 160

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 161

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 164

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 166

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ... 168

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 169

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung .........  142, 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Verwendung eines Teiles der Rücklagen aus dem Heeresbud­get zur Sanierung von Unterkünften des österreichischen Bundesheeres – Ableh­nung ................................................................................  163, 171

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Produktpirateriebericht 2009 des Bundesministers für Finanzen (III-123/738 d.B.) ............................................................................................. 47

Redner/Rednerinnen:

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 47

Gabriele Tamandl .................................................................................................... ..... 49

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ..... 50

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 51

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 52

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 53

Kenntnisnahme des Berichtes III-123 d.B. ..................................................................... 55


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (662 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteu­ergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz-steuergesetz 1994, das Grundsteuergesetz 1955, das Bundesgesetz über eine Abgabe von Boden­wert, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenver­waltungsorganisationsgesetz 2010, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das EUROFIMA-Gesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2010 – AbgÄG 2010) (741 d.B.)    ............................................................................................................................... 55

3. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird (742 d.B.)                                                                  55

Redner/Rednerinnen:

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 55

Konrad Steindl ........................................................................................................ ..... 56

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 57

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ..... 58

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 58

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 59

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 61

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ..... 62

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 741 und 742 d.B. ........................................... 93

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (656 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG) erlassen und das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devi­sengesetz 2004) geändert wird (739 d.B.) ..................................................................... 62

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (661 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstegesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden (740 d.B.)              ............................................................................................................................... 62

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1042/A(E) der Abge­ordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beibehal­tung von Fremdwährungskrediten (743 d.B.)                62

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (673 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (692 d.B.)                                                                                                                    63

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (671 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert werden (718 d.B.) ................................................. 63

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ...............................................................................................  63, 82

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 64

Mag. Ewald Stadler ...............................................................................................  65, 77


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 7

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................  67, 91

Dr. Peter Fichtenbauer .........................................................................................  68, 87

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 69

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ..................................................... 71

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 72

Jakob Auer .................................................................................................................... 73

Alois Gradauer ............................................................................................................. 74

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 76

Anna Franz .................................................................................................................... 79

Petra Bayr ..................................................................................................................... 80

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 80

Mag. Albert Steinhauser (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 81

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 82

Wilhelm Haberzettl ....................................................................................................... 83

Gerhard Köfer ............................................................................................................... 84

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ..................................................................................... 85

Rudolf Plessl ................................................................................................................. 85

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 86

Elisabeth Hakel ............................................................................................................. 87

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 88

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 739, 740, 692 und 718 d.B. ................................ 92

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 743 d.B. ........................................................ 93

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Prüfbe­richt der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromaufschlägen durch Energieversorgungsunternehmen, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E, XXIV. GP (III-127/716 d.B.)                  94

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 94

Franz Glaser ................................................................................................................. 95

Mag. Rainer Widmann .........................................................................................  96, 106

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 100

Staatssekretärin Christine Marek ....................................................................  101, 107

Erich Tadler ................................................................................................................. 102

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 103

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 104

Franz Hörl ................................................................................................................... 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur künftigen Verhin­derung von „Ökostrom-Körberlgeld“ für Energieversorger – Ablehnung ..............................................................................................................  98, 107

Kenntnisnahme des Berichtes III-127 d.B. ................................................................... 107

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (627 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (717 d.B.) ........ 107

Redner/Rednerinnen:

Ing. Christian Höbart ................................................................................................. 108

Konrad Steindl ............................................................................................................ 109

Mario Kunasek ............................................................................................................ 109

Franz Riepl .................................................................................................................. 112

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 113


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 8

Staatssekretärin Christine Marek ............................................................................. 115

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 116

Peter Haubner ............................................................................................................. 119

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 120

Anna Franz .................................................................................................................. 121

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 122

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Lehrstellen – Ab­lehnung .............  110, 122

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit eines Lehrlingspakets für Österreichs Ju­gend – Ablehnung ..........  117, 123

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 122

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (607 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea über soziale Sicherheit (719 d.B.)         ............................................................................................................................. 123

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (609 d.B.): 2. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der sozialen Sicherheit (720 d.B.)                                                                                                              123

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (682 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über soziale Sicherheit (721 d.B.) ....................................................................................................................................... 123

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (686 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über soziale Si­cherheit (722 d.B.) ............................................................ 123

Redner/Rednerinnen:

Renate Csörgits .......................................................................................................... 123

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 124

Herbert Kickl ............................................................................................................... 125

Karl Öllinger ................................................................................................................ 171

Ursula Haubner .......................................................................................................... 172

Dietmar Keck .............................................................................................................. 172

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 173

Genehmigung der vier Staatsverträge in 719, 720, 721 und 722 d.B. ......................... 174

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1106/A(E) der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ing. Norbert Hofer, Mag. Helene Jarmer, Sigisbert Dolinschek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Service- und Signalhunde (723 d.B.)                  174

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1088/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung der Service- und Signalhunde im Bundesbehindertenge­setz (BBG) (724 d.B.) ................................................................ 174


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 9

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1091/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Service- und Signalhunde in das Bundesbehinderten­gesetz (725 d.B.) ........................................................................... 174

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 903/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird (726 d.B.) .................... 175

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1061/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung eines neuen Begutachtungsverfahrens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (727 d.B.) ...................................................... 175

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 926/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend Erstellung eines Gesamtkonzeptes im Pflegebereich (728 d.B.) ...................................................................................................................... 175

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 289/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härteausgleich für unverschuldet in Not geratene Unfallopfer (729 d.B.)                                                                                                                             175

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 963/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Maßnahmen zur Vermittlung der Braille-Schrift (730 d.B.)                                                                                                                                      175

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1046/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integration behinderter Kinder (731 d.B.)          ............................................................................................................................. 175

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1075/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbeziehung der sogenannten Contergangeschädigten in das System des österreichischen Sozialentschädigungsrechts (732 d.B.)     ............................................................................................................................. 175

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 942/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche (733 d.B.) ...................................................................................................................... 175

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1093/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Grundlagen für familienorientierte Rehabilitation (734 d.B.)                                                                                                                        176

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 176

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 177

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 178

August Wöginger ....................................................................................................... 179

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 180

Franz Riepl .................................................................................................................. 181

Carmen Gartelgruber ................................................................................................. 182

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 183

Karl Öllinger ................................................................................................................ 184

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 185

Ing. Norbert Hofer (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 186

Ursula Haubner .......................................................................................................... 186

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 188


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 10

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................... 189

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 190

Walter Schopf ............................................................................................................. 191

Dietmar Keck .............................................................................................................. 191

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 192

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 193

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 723 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Service- und Signalhunde (E 97) ................................................................................................ 195

Kenntnisnahme der zehn Ausschussberichte 724, 725, 726, 727, 728, 729, 730, 731, 733 und 734 d.B.              ............................................................................................................................. 195

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 732 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Entschädigung für Contergangeschädigte (E 98) ........................................................ 196

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 312/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­fend Freiwilliges Sozialdienstjahr (735 d.B.)                            196

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer ....................................................................................................... 196

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 198

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 199

August Wöginger ....................................................................................................... 200

Ursula Haubner .......................................................................................................... 201

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Freiwilligen Sozialen Jahres – Ableh­nung ...................... 197, 204

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 735 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Freiwilliges soziales Jahr“ (E 99) ................................................................................. 203

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 634/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnah­me der Pneumokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan (693 d.B.)                                                                                                        204

29. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 635/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnah­me der Meningokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan (694 d.B.)                                                                                                        204

30. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 770/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder (695 d.B.) ...................................................................................................................... 204

31. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 938/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Etablierung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmit­teln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder (696 d.B.) ...................................................................................................................... 204

32. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 941/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend kostenfreie The­rapien für Kinder und Jugendliche (697 d.B.)           ............................................................................................................................. 204


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 11

33. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 965/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend verpflichtende Untersuchung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (698 d.B.)         ............................................................................................................................. 204

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 205

Renate Csörgits .......................................................................................................... 206

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 207

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 208

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 209

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 210

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 211

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 211

Karl Donabauer .......................................................................................................... 212

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 213

Ursula Haubner .......................................................................................................... 214

Werner Herbert ........................................................................................................... 215

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 217

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenlose Tuberkulose- und Tetanus-Impfung für Polizistin­nen und Polizisten – Ablehnung  216, 219

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 693 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Kindergesundheitsstrategie (E 100) ............................................................................. 219

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 694, 695, 696, 697 und 698 d.B. ........... 219

Gemeinsame Beratung über

34. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 939/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ge­setzliche Verankerung der Gesundheitsprävention im Gesundheitswesen und Etablierung eines Bonussystems für Eigeninitiativen (699 d.B.)                219

35. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 650/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend tarifli­che Gleichbehandlung aller Rehabilitationsleistungen (700 d.B.) ...................................................................................................................... 219

36. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1041/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Psychotherapie für Opfer sexuellen Missbrauchs (701 d.B.) ................................................................................................ 219

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 220

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 221

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 222

Anna Höllerer .............................................................................................................. 223

Martina Schenk ........................................................................................................... 224

Ewald Sacher .............................................................................................................. 226

Bernhard Vock ............................................................................................................ 227

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 228

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kolle­gen betreffend Burnout-Erkrankungen – Ablehnung .................................................................................  226, 229

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 699, 700 und 701 d.B. ........................... 229


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 12

Gemeinsame Beratung über

37. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 906/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Schaffung eines Lehrstuhls für Geriatrie (702 d.B.)                230

38. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 882/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehr­stuhl für Geriatrie (703 d.B.)                         230

39. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 880/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfüh­rung eines Additivfaches für Geriatrie (704 d.B.)          ............................................................................................................................. 230

40. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 881/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaf­fung einer Facharztausbildung für Allgemeinmedizin (705 d.B.) ...................................................................................................................... 230

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 230

Dr. Sabine Oberhauser, MAS .................................................................................... 231

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 231

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 232

Kurt List ....................................................................................................................... 233

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 233

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 702 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserung der Ausbildung der Allgemeinmediziner (E 101) .................................. 234

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 703, 704 und 705 d.B. ........................... 234

Gemeinsame Beratung über

41. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1100/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend trans­parente Finanzierung der Krankenversicherung – versicherungsfremde Leistun­gen (706 d.B.) ................................................................ 234

42. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 920/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation (707 d.B.)                                                                                                             234

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 234

Johann Hechtl ............................................................................................................. 235

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 236

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 237

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 238

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 238

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 706 und 707 d.B. ............................... 239

43. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 919/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusam­menführung der Berufsbilder gewerblicher Masseur und Heilmasseur (708 d.B.)                                                                                                                  239

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ............................................................................................................ 239

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 240


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 13

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 240

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 241

Gerhard Huber ............................................................................................................ 242

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 708 d.B. ...................................................... 242

44. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 992/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tabak­gesetz – Verlängerung der Übergangsfrist (709 d.B.)     ............................................................................................................................. 242

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl .................................................................................................... 243

Dietmar Keck .............................................................................................................. 243

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 244

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 244

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 245

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 245

Mag. Roman Haider .................................................................................................... 246

Lutz Weinzinger ......................................................................................................... 246

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 709 d.B. ...................................................... 247

Gemeinsame Beratung über

45. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1048/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herkunfts­kennzeichnung von Lebensmitteln (710 d.B.)                    247

46. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1049/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederherstel­lung der absoluten Nulltoleranz für Listerien in Lebensmitteln (711 d.B.) .............................................................................................. 247

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ........................................................................ 248

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 248

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 249

Karl Donabauer .......................................................................................................... 249

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 250

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 250

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 710 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel (E 102) ..................................................... 251

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 711 d.B. ...................................................... 251

47. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 644/A der Ab­geordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), und Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (688 d.B.)      ............................................................................................................................. 252

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 252

Dr. Peter Wittmann ..................................................................................................... 254

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 254

Dr. Walter Rosenkranz .............................................................................................. 255

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 256

Dr. Walter Rosenkranz (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 257

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 258


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 14

Dr. Peter Fichtenbauer (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 259

Heinz-Christian Strache (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 259

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ................................................................................... 259

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 260

Heidrun Silhavy (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 260

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 260

Hermann Krist (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 262

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 262

Dieter Brosz ................................................................................................................ 263

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 264

Karl Öllinger ................................................................................................................ 264

Mag. Dr. Martin Graf ................................................................................................... 265

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 266

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 688 d.B. ...................................................... 267

48. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhalts­vorschußgesetz 1985 – UVG), BGBl. Nr. 451/1985, geändert wird (1020/A) ....................................................................................................................................... 268

Redner/Rednerinnen:

Carmen Gartelgruber ................................................................................................. 268

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................ 269

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 269

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 269

Zuweisung des Antrages 1020/A an den Justizausschuss .......................................... 270

Eingebracht wurden

Berichte ......................................................................................................................... 46

III-136: Zwischenbericht zum Dialog Hochschulpartnerschaft; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-141: Bericht betreffend Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2010; BM f. Landesverteidigung und Sport

Anträge der Abgeordneten

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, insbesondere Schulen, samt visueller Darstellung des volkswirtschaftlichen Gesamtnutzens (1137/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Schutz, die Erhaltung und die Förderung der Kultur als Staatszielbestimmung in der Verfassung (1138/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesrahmengesetz zur ein­heitlichen Regelung von Ausbildung, Berufsdefinition und Besoldung von Tageseltern (1139/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung (1140/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung (1141/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Natur­kosmetik und Biokosmetik – Täuschungsschutz auf EU-Ebene“ (1142/A)(E)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die „Überarbeitung und Verschärfung der EU-Spielzeugrichtlinie“ (1143/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Burnout-Studie (1144/A)(E)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vermeidung unnötiger Mittel­verwendung durch Baustopp und Verschiebung des Projekts „Verlegung der 110-kV-Hochspannungsleitung Graz–Werndorf“ (1145/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bedrohung Österreichs durch die unzureichende Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Fer­tigstellung der Blöcke 3 und 4 des AKW Mochovce (1146/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes bezüglich Volkskundemuseum (1147/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes in Bezug auf das Völkerkundemuseum (1148/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Mutter-Kind-Jugend-Pass (1149/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zum Mutter-Kind-Jugend-Pass (1150/A)(E)

Peter Haubner, Hermann Krist, Herbert Kickl, Dieter Brosz, Ing. Peter Westen­thaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung von rechtlichen Rahmenbe­dingungen für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem organisierten Sport bei Bewegungsangeboten im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regelunterrichts (1151/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesrahmengesetz zur ein­heitlichen Regelung über die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von behinder­ten Menschen in der Beschäftigungstherapie (1152/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesrahmengesetz zur ein­heitlichen Regelung der Berufsausübung, Ausbildung und Besoldung von Sozialarbei­ter/innen (1153/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung von recht­lichen Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen Musikschulen und Mu­sikkapellen im Rahmen von Betreuungsformen in den Schulen außerhalb des Regel­unterrichts (1154/A)(E)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend härtere Bestrafung von Kinderschändern (1155/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend mangelnde Flexibilität bei der Anpassung des Heimbeitrags bei Internatbesuch an den tatsächlichen Bedarf (1156/A)(E)

Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Mar­kowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entzerrung der europäischen Ferienord­nung unter Berücksichtigung pädagogischer Erfordernisse (1157/A)(E)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenlose Tuberkulose- und Tetanus-Impfung für Polizistinnen und Polizisten (1158/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 16

Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Ermöglichung der Tätigkeit von SportwissenschafterInnen im therapeutischen Bereich (1159/A)(E)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung wirkungsvoller Maßnahmen zur Bekämpfung der Produktpiraterie (1160/A)(E)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Burka-Verbot in Österreich (1161/A)(E)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorübergehende Wie­dereinführung der Grenzkontrollen (1162/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Parteipolitik und Assistenzeinsatz (5403/J)

Elmar Mayer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend land- und forstwirtschaftliche Schu­len (5404/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend massive Probleme bei der Unterbringung von Salzburger Rekruten (5405/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verkehrsüberwachung im Bezirk Mödling (5406/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Danube Private University (DPU) – die unendliche Akkreditierungs­debatte (5407/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Danube Private University (DPU) – die unend­liche Akkreditierungsdebatte (5408/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Strategiebericht und Einsparungen bei der Landes­verteidigung (5409/J)

Dr. Martin Strutz, Josef Jury, Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Einsparungen im Sicherheitsbereich in Kärnten (5410/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Aussetzen der Griechenland Kredite von finanzschwachen EU-Staaten (5411/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5412/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Minister­büros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5413/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitar­beiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5414/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 17

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5415/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5416/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5417/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5418/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5419/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Minister­büros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5420/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5421/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5422/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5423/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Ministerbüros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5424/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Prämien und Belohnungen für die Mitarbeiter der Minister­büros vom 1.1.2009 bis 1.5.2010 (5425/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffent­lichen Dienst betreffend die Kampagne „Finde Deinen eigenen Weg“ (5426/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Kampagne „Finde Deinen eigenen Weg“ (5427/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kennzeichnung heimischer Le­bensmittel (5428/J)

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Hypo Group Alpe-Adria (5429/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderung einer Propaganda-Ausstellung Nordkoreas (5430/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 18

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Netzwerk Österreichischer Vertre­tungsbehörden im Ausland (5431/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Schulmilchaktion in Öster­reich – Entwicklung/Nachfrage“ (5432/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Taxigewerbe – Überfälle und sonstige Sicherheitsfragen“ (5433/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Veterinärjahresbericht 2009 – Schlachttier- und Fleischuntersuchungen in Österreich“ (5434/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Security-Personal (beziehungsweise Ordner und Türsteher) – ein Sicherheits­problem 2009“ (5435/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend kriminelle Asylwerber (5436/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend den Testamentfälschungsskandal beim Bezirksgericht Dornbirn (5437/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Ausbau des Breitband-Internets im ländlichen Raum (5438/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Leistungs- und Breitensportförderung durch das österreichi­sche Bundesheer (5439/J)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ne­bentätigkeiten, Nebenbeschäftigungen, Dienstzeit, Stellenbesetzungsgesetz und Ver­tragsschablone (5440/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Interessen der Auslandsösterrei­cher sowie Erhebungsaufträge inländischer Körperschaften und deren Umsetzung durch Österreichische Vertretungsbehörden im Ausland (5441/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend die Kosten der Inseratenkampagne „Weniger Schulden. Mehr für Österreich“ (5442/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4814/AB zu 4837/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen (4815/AB zu 4838/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (4816/AB zu 4850/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4817/AB zu 4853/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (4818/AB zu 4856/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4819/AB zu 4865/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4820/AB zu 4867/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4821/AB zu 4893/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4822/AB zu 4887/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen (4823/AB zu 4882/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (4824/AB zu 4956/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (4825/AB zu 5008/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (4826/AB zu 4907/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4827/AB zu 4921/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4828/AB zu 4923/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (4829/AB zu 4931/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (4830/AB zu 4947/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (4831/AB zu 4949/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (4832/AB zu 4963/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jar­mer, Kolleginnen und Kollegen (4833/AB zu 4891/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4834/AB zu 4896/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (4835/AB zu 4886/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 20

09.05.07Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 67. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Faul, Dr. Matznetter, Mag. Cortolezis-Schlager, Fürntrath-Moretti, Grillitsch und Mag. Korun.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilungen ge­macht:

Der Bundeskanzler Werner Faymann wird durch den Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen Dipl.-Ing. Josef Pröll und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner wird durch die Staatssekretärin Christine Marek ver­treten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde von jetzt an bis 10.20 Uhr vom ORF live über­tragen wird.

09.05.50Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Hauptfrage durch den Herrn Bundesminister soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute betragen.

Ich werde, so wie üblich, kurz vor Ende der Redezeit mit einem kurzen Klingelzeichen darauf aufmerksam machen.

Ich beginne jetzt – um 09.06 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 1. Anfrage, der des Herrn Ab­geordneten Prähauser an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport. Ich bitte um die Formulierung der Anfrage.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Guten Morgen! Das Bundesheer ist zurzeit Gegenstand öffentlicher Diskussion.

Herr Bundesminister, meine Frage lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 21

64/M

„Kann das österreichische Bundesheer seine Aufgaben im In- und Ausland noch be­wältigen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, Sie können beruhigt sein, die Österreicherinnen und Ös­terreicher können beruhigt sein: Das österreichische Bundesheer kann seine Aufgaben zu 100 Prozent erfüllen.

Wir haben verfassungsmäßig und auch einfachgesetzlich mehrere Aufgaben übertra­gen bekommen. Das ist der theoretische Fall der militärischen Landesverteidigung. Das ist der Katastrophenschutz, und das ist der Auslandseinsatz. Wir haben auch sen­sible Einrichtungen in Österreich zu überwachen und darüber hinaus in gewissen Fäl­len innenpolitische Sicherheitsmaßnahmen mitzutragen.

Das österreichische Bundesheer ist für diese Aufgaben bestens gerüstet. Wir haben beispielsweise im Bereich der Luftraumüberwachung unsere Aufgaben zu 100 Prozent erfüllt und können auch mit dem Gerät, das angekauft wurde – nicht von mir, sondern von der vorherigen Bundesregierung –, mit dem Eurofighter, die Luftraumüberwachung zu 100 Prozent durchführen.

Wir sind für den Katastropheneinsatz bestens gerüstet. Wir sind für den Auslandsein­satz bestens gerüstet. Wir haben über 1 000 Soldaten im Auslandseinsatz. Das heißt, dass wir beispielsweise im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland von der Bevölke­rungszahl her mehr Soldaten im Auslandseinsatz haben. Also das österreichische Bun­desheer ist trotz eines Sparzwanges, der nicht vom Bundesheer ausgeht, sondern von einer Wirtschaftskrise, die sich weltweit ausgebreitet hat, die auch auf Österreich über­geschwappt ist, für die Aufgaben der nächsten Jahre bestens gerüstet.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Prä­hauser.

 


Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Bundesminister! Die Luftraumüber­wachung an sich ist Gegenstand von Diskussionen. Es wird unterstellt, es seien nur ein oder zwei Eurofighter einsatzbereit.

Wie schaut es tatsächlich mit diesem Fluggerät und den Möglichkeiten, damit den Luft­raum zu überwachen, aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich möchte noch einmal betonen: Ich bin kein Freund dieser Beschaffung, weil sie sehr teuer ist. Aber es ist eine Beschaffung, die uns auch die Möglichkeit eröffnet, den Luft­raum zu überwachen. Die österreichische Bundesregierung von SPÖ und ÖVP be­kennt sich zu dieser Luftraumüberwachung, diese kann auch jetzt bestens gewähr­leistet werden.

Es ist auch interessant, dass einer der Kritiker dieser Anschaffung jetzt nicht im Saal ist, der Herr Abgeordnete Pilz von den Grünen. Aber es ist eben leichter, in der Öffent­lichkeit Dinge in den Zeitungen zu verbreiten, als die Wahrheit hier zu ertragen. Die Wahrheit ist: Der Eurofighter ist einsatzfähig. Wir haben beispielsweise bei der Über­wachung des Weltwirtschaftsforums in Davos, einer sehr sensiblen Veranstaltung im Nachbarland Schweiz, immer über zehn Eurofighter im Einsatz gehabt, einsatzbereit gehabt. Das ist ein internationaler Spitzenwert.

Wir haben eine Rotte, die jederzeit bereit ist, den österreichischen Luftraum zu überwa­chen. Daneben gibt es auch die passiven Komponenten der Luftraumüberwachung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 22

Alle Österreicherinnen und Österreicher können sich darauf verlassen, dass der öster­reichische Luftraum mit diesem Gerät, das wir jetzt zur Verfügung haben, auch bestens überwacht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Ikrath, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Bundesminister! Wie Sie wis­sen, bin ich selbst begeisterter Milizoffizier. (Oh-Rufe bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Habt acht!) Es gibt nun seitens der Milizverbände, aber auch der Offiziersge­sellschaft doch sehr massive Kritik dahin gehend, dass unter Ihrer Ressortführung die Miliz systematisch ausgehungert werden würde. Ich gestehe, auch ich mache mir hin­sichtlich der Einsatzfähigkeit der Miliz die eine oder andere Sorge. Daher möchte ich gerne folgende Fragen an Sie richten:

Erstens: Was ist an den Gerüchten dran, dass jetzt weitere Milizverbände im Zuge der Budgeteinsparungen aufgelöst werden sollen?

Zweitens: Was ist mit der Nährrate der Miliz? Wie wollen Sie sicherstellen, dass Miliz­verbände personell ausreichend befüllt werden können?

Letztlich: Ist etwa im Falle eines Hochwassers derzeit sichergestellt, dass wir, wie das 2002 der Fall war, genug Miliz mobilisieren können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, ich bekenne mich zu dem System, das in Österreich seit Jahrzehnten ein gutes System ist – im Gegensatz zu anderen Nationen, wie Slowenien, wo die Ar­mee in ein Berufsheer übergeführt worden ist. Ich bekenne mich zu dieser Teilung: Grundwehrdienst, Milizsystem, Berufskader.

Ich möchte schon etwas sagen, weil Sie das am Anfang ein bisschen süffisant ange­merkt haben: Ich war es, der die Milizübungen wieder eingeführt hat. Wir hatten über 80 Milizübungen im letzten Jahr mit über 6 000 Soldaten aus der Miliz. Wir haben im Auslandseinsatz ungefähr 50 Prozent Milizsoldaten. Und wir haben auch bei den As­sistenzeinsätzen einen Milizgrad von ungefähr 20 Prozent. Man sieht also, dass die Mi­liz nicht ausgehungert wird, sondern dass sie unter meiner Amtsführung einen Stel­lenwert bekommen hat, den sie vielleicht unter früheren Ministern nicht hatte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage aber auch offen dazu, dass ich im Gespräch mit den Milizverbänden bin und wir da auch die Attraktivierung weiter vorantreiben wollen. Es gibt einige gute Kon­zepte, auch mit Anreizsystemen für die Miliz. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.) Aber wir haben die Bataillone in den Ländern gewährleistet und haben auch – die Zeit ist einfach zu kurz, um das zu beantworten – bundesweit mit sogenann­ten Stabs-Milizbataillonen dafür gesorgt, dass auch Kompetenz von außen eingebracht werden kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter List.

 


Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Bundesminister, Ihr Chef des Generalstabes
ist völlig anderer Meinung und hat öffentlich erklärt, das Bundesheer sei nicht mehr einsatzbereit. Assistenzeinsätze bei Katastrophen wie beim Jahrhunderthochwas­ser 2002 in Niederösterreich können mit den vorhandenen Ressourcen nicht mehr be­wältigt werden.

Herr Bundesminister, wie wollen Sie trotzdem sicherstellen, dass Hochwasserkata­strophen oder ähnliche Naturereignisse mit rund 10 000 Mann des Bundesheeres be­wältigt werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 23

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, das stimmt nicht! Es passt kein Blatt Papier zwischen den Herrn Gene­ralstabchef und mich. (Ah-Rufe beim BZÖ.) – Das ist so, hundertprozentig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Na geh!)

Der Herr Generalstabchef ist ein Truppenoffizier. Er ist der beste Mann an der Spitze des österreichischen Bundesheeres. Wir haben 300 000 Arbeitsstunden im Vorjahr im Hochwasserschutzbereich abgeleistet. Nennen Sie mir ein Beispiel in Österreich, wo das österreichische Bundesheer nicht zur Stelle war! Das österreichische Bundesheer war immer zur Stelle: bei Windkatastrophen, bei Hochwasserkatastrophen, bei Lawi­nenkatastrophen.

Ich habe gewährleistet, dass wir auch ein neues Katastrophenpaket in Höhe von 15 Millionen € verabschieden werden, damit Flachwasserboote, Arbeitsboote beschafft werden, vor allem für Niederösterreich, für die Donau, aber auch für andere Flüsse, die gewährleisten, dass wir hier auch im Katastrophenfall voll einsatzbereit sind. Die 10 000 Mann sind fix. Davon können Sie ausgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill, bitte.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Guten Morgen, Herr Minister! Fakt ist doch, dass die Bundesheerreform gescheitert ist. Fakt ist auch, dass das Euro­fighter-Debakel die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Milliarden kostet. Fakt ist auch, dass der Assistenzeinsatz, der verfassungswidrig ist, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ebenfalls Millionen kostet. Mein Kollege Peter Pilz bereitet gerade eine Dringliche Anfrage für heute Nachmittag an Sie diesbezüglich vor.

Meine Frage jetzt lautet: Wie geht es weiter?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Wie geht es wo weiter? – Fakt ist, dass die Bundesheerreform nicht gescheitert ist, sondern die Bundesheerreform 2010 ist fast im vollen Umfang umgesetzt. Nur zwölf Empfeh­lungen von über 100 sind bisher nicht umgesetzt. Die anderen werden noch umgesetzt werden.

Wir haben auch, trotz eines Engpasses bei den budgetären Mitteln – das kann man gar nicht wegreden und sollte man auch nicht wegreden – gewährleistet, dass wir im Be­schaffungsbereich, im Investitionsbereich unsere Aufgaben erfüllen können.

Den Assistenzeinsatz verteidige ich zu 100 Prozent, nachdem ihn auch über 80 Pro­zent der Bevölkerung in Niederösterreich und im Burgenland unterstützen. Ich meine, dass es gut ist, Politik für die Menschen und nicht gegen die Menschen zu machen. Und deswegen stehe ich auch zu diesem Assistenzeinsatz. Das Bundesheer ist ein­satzbereit, das habe ich schon gesagt. Das wird auch in den nächsten Jahren so sein. (Beifall bei der SPÖ. )

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kunasek, bitte.

 


Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, wir seien für den Auslandseinsatz gerüstet. – In den letzten Tagen konnte man einer gro­ßen österreichischen Tageszeitung entnehmen, dass unsere Pandur-Radpanzerflotte ein Kilometerlimit von 25 000 Kilometern pro Jahr als Sparmaßnahme hat. Das ent­spricht 500 Kilometern pro Fahrzeug. Der Kommandant des für die Ausbildung der Battlegroup verantwortlichen Bataillons hat gemeint, er sehe die Vorbereitung für den Auslandseinsatz als gefährdet an.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 24

Deshalb würde mich interessieren: Sehen Sie als verantwortlicher Minister trotz die­ser – ich sage jetzt einmal – mehr als fragewürdigen Sparmaßnahme eine entspre­chende Ausbildung der Soldaten für die Auftragserfüllung, vor allem auch für ihre eige­ne Sicherheit im Auslandseinsatz als gewährleistet an?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter Kunasek, Sie sind ja im Privatberuf Bundesheerbediensteter und wissen, dass es diese Limits auch schon vor den Sparmaßnahmen gegeben hat. Es ist ja nicht so, dass das eine neue Maßnahme ist. Das wurde nur in der Öffentlichkeit so kolpor­tiert.

Es ist auch wichtig und richtig, dass wir in gewissen Bereichen einsparen. Ich sage ganz offen: Die neue Herausforderung in Österreich ist ja nicht der Panzerkrieg im Marchfeld. Der Kalte Krieg ist vorbei, und die Oststaaten gehören jetzt nicht mehr dem Warschauer Pakt an, sondern sind mehrheitlich in die NATO übergewechselt. Wir ha­ben also ganz neue Herausforderungen zu bewältigen.

Aber auf Ihre Frage ganz konkret eingehend: Ja, ich sehe die Sicherheit unserer Sol­daten im Auslandseinsatz gewährleistet. Sie werden auch zugestehen müssen, trotz aller Kritik, beispielsweise am Tschad-Einsatz, dass wir die Sicherheit unserer Solda­ten auch in der Vergangenheit gewährleisten konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Strutz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Bundesminister, ich habe eine Zusatzfrage im Zusammenhang mit Geschäften eines Waffenlobbyisten. Sie wollen die Agusta-Bell-212-Hubschrauberflotte einem Midlife-Update, einer Lebenszeit­verlängerung und Modernisierung unterwerfen, damit sie weiterhin für Katastrophen­einsätze und Hilfseinsätze im Ausland zur Verfügung steht.

Wie aus dem öffentlichen Teil des Stenographischen Protokolls über den Eurofighter-Untersuchungsausschuss bekannt ist, soll nun der Waffenlobbyist Hans Drescher die­se Geschäfte mit Agusta Bell abwickeln. Meine Frage ist Ihnen bekannt, und dieses lautet:

Hat der Waffenlobbyist Drescher oder seine Firma durch das von Ihnen initiierte Mid­life-Update der Agusta-Bell-212-Hubschrauber Zahlungen vom Bundesministerium oder von Agusta Bell erhalten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich möchte einmal grundsätzlich dazu sagen, dass dieses Update der Agusta Bell 212, des treuesten und besten Hubschrauberprodukts, das wir im österreichischen Bundesheer haben, neben den sehr modernen ... äh ... (Rufe beim BZÖ: Black Hawk!) – Black Hawk, ja; von denen haben wir neun Stück. (Ruf beim BZÖ: Das muss ein Zivildiener nicht wissen! Wir helfen Ihnen gerne!) – Lassen Sie mich bitte antworten, ich habe nur eine Minute Zeit, die Zwischenrufe stören auch den Fragesteller. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Nein, der Herr Drescher bekommt natürlich vom Verteidigungsminister und vom Vertei­digungsministerium kein Geld. Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte stammen. Wir wi­ckeln unsere Beschaffungsvorgänge nach allen rechtlichen Grundlagen ab. Sie können davon ausgehen, dass das alles rechtens ist. Ich halte das auch für eine gute Investi­tion, weil wir diese Hubschrauber auch für den Katastrophenfall brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 25

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, der des Herrn Abgeordneten Klikovits. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Schönen guten Morgen, Herr Bundes­minister! Die Militärkommanden dienen als Ansprechpartner der öffentlichen Seite in Fragen der militärischen Landesverteidigung, des Schutzes kritischer Infrastruktur so­wie des Krisenschutz- und Katastrophenschutzmanagements.

Im Zuge der Bundesheerreform 2010 ist eine Reduktion der Fähigkeiten der Militär­kommanden geplant, obwohl die Militärkommanden künftig nicht nur für die Rekru­tenausbildung sowie für die Personal- und Materialverwaltung zuständig sein könnten.

In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, darf ich folgende Anfrage an Sie richten:

68/M

„Über welche Kompetenzen werden nach der für heuer in Aussicht genommenen Über­leitung der Zielstrukturen im Zuge der Umsetzung der Bundesheerreform 2010 die Mili­tärkommanden, insbesondere das Militärkommando Burgenland, zukünftig verfügen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nur sagen, dass mir die Militärkommanden am Herzen liegen, weil ich weiß, dass die Militärkommanden das Bindeglied zwischen der Bevölkerung und dem österreichischen Bundesheer sind.

Es gibt einen Vertrag beziehungsweise eine Sideletter-Vereinbarung zwischen meinem Vorgänger und allen neun Landeshauptleuten, die darauf abzielt, dass die Militärkom­manden aliquot, aber gestrafft erhalten bleiben. Diese Frage, die Sie an mich stellen, hätten Sie an Günther Platter stellen können. Aber ich stehe dazu. Wir haben die Mi­litärkommanden, die vor allem in Assistenzeinsätzen wichtig sind, welche die Öffent­lichkeitsarbeit für das österreichische Bundesheer sowie die Sicherstellung der militä­rischen Infrastruktur in den Ländern erledigen und beispielsweise im Burgenland – wo­her Sie kommen, Herr Abgeordneter, und woher auch ich komme – auch die Truppen­übungsplätze betreuen.

Wir haben dafür zu sorgen, dass die Militärkommanden sicherstellen, dass die zivile und militärische Zusammenarbeit klappt. Somit haben diese Militärkommanden aus meiner Sicht ihre Berechtigung, und das, was Günther Platter mit den Landeshaupt­männern und -frauen ausgemacht hat, werde ich auch einhalten. Es gibt eine aliquote Straffung der Militärkommanden, aber keine gravierende Einschränkung ihrer Auf­gaben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Kli­kovits.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben die Aufga­ben der Militärkommanden aufgezählt und unter anderem auch den Truppenübungs­platz genannt.

Das Gelände des Truppenübungsplatzes in Bruckneudorf, auf dem Schieß- und Spreng­übungen durchgeführt werden, liegt allerdings in der Einflugschneise des nahe gelege­nen Flughafens Wien-Schwechat, was zu einer immensen Beeinträchtigung des Übungs­betriebes führt.

Daher darf ich folgende Frage an Sie richten: Was haben Sie bis jetzt und werden Sie künftig gemeinsam mit der Bundesministerin für Verkehr unternehmen, um eine opti­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 26

male Schieß- und Sprengausbildung auf dem Truppenübungsplatz Bruckneudorf zu gewährleisten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, diese Frage kommt nicht überraschend für mich; ich habe diese Frage erwartet.

Dieser Truppenübungsplatz liegt tatsächlich in der Einflugschneise des Flughafens Wien-Schwechat, und es sind in diesem Zusammenhang mehrere Interessen zu be­rücksichtigen.

Ich werde mir als Minister für Landesverteidigung sicherlich nicht vorwerfen lassen, dass ich dazu beitrage, dass wir im Klimaschutz zusätzliche Kosten verursachen, weil Flugzeuge im Hinblick auf die Lage des Truppenübungsplatzes umgeleitet werden müssen und damit eine längere Flugzeit in Richtung Wien haben werden.

Ich verstehe die militärischen Forderungen und Wünsche, auch jene des Militärkom­mandos Burgenland, aber es ist diesfalls eine umweltpolitische und auch eine passa­gierfreundliche Abwicklung abzuwägen, und wir sind diesbezüglich in entsprechenden Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium, um eine ideale Lösung zu finden und auch eine angemessene Ausnützung des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf zu er­möglichen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Scheibner.

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Bundesminister, die Militärkommanden sind auch für die Milizbataillone verantwortlich. Sie haben schon in einer anderen Fra­ge dazu Stellung genommen.

Die Miliz könnte einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit Österreichs leisten. Sie wis­sen aber so gut wie ich, dass durch die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Mona­te der Nachwuchs bei der Miliz fehlt, dass es noch keinen klar definierten, konkreten Auftrag gibt und auch die Einbindung der Miliz in die präsenten Einsatzverbände, etwa durch Volltruppenübungen, derzeit nicht stattfindet.

Deshalb meine Frage, Herr Bundesminister: Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um der Miliz nicht nur eine Überlebenschance zu geben, sondern auch zu gewährleisten, dass sie wirklich ein integraler Bestandteil der österreichischen Sicher­heitspolitik und des Bundesheeres sein kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, Sie waren selbst lange in diesem Ressort tätig. Die Miliz ist bereits ein integraler Bestandteil! Ich bin nicht Ihrer Meinung, dass sie etwas werden soll, son­dern ich meine, dass sie bereits Bestandteil des österreichischen Bundesheeres ist!

Es gibt eine Menge von Maßnahmen. Ich habe schon angeführt, dass wir heuer 80 Mi­lizübungen – an einer haben Sie, glaube ich, selbst teilgenommen – durchgeführt ha­ben, und das zeigt ja schon, dass die Miliz jetzt ein besseres Standing im österrei­chischen Bundesheer hat als in den letzten Jahren.

Wir werden Attraktivierungsmaßnahmen setzen, beispielsweise bei der Ausrüstung, und wir haben auch schon Maßnahmen betreffend die Auffüllung der Bataillone ge­setzt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Insgesamt kann ich aus meiner Sicht sagen, dass wir die Miliz nicht vernachlässigen. Ich bin mit den Milizverbänden in Gesprächen, und diese Gespräche sind durchaus


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ernst, obwohl sie bisher sehr kontroversiell verlaufen sind. Ich habe den Milizverbän­den in der Person des Brigadier Schaffer versprochen, dass wir auch ihre Wünsch ernst nehmen, das in den nächsten Wochen auch in der Öffentlichkeit diskutieren wer­den und möglicherweise bereits auch schon Konzepte präsentieren können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Brunner.

 


Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Verteidigungsminister, der As­sistenzeinsatz im Burgenland läuft Ende des Jahres aus. Sie und die SPÖ wollen ihn trotzdem verlängern.

Der burgenländische Landeshauptmann hat von einem Sicherheitswohlfühlland ge­sprochen, was auch immer das sein mag. – Ich als Burgenländerin muss sagen: Mein Sicherheitsgefühl wird massiv beeinflusst, wenn bewaffnete Soldaten durch unsere Ortschaften marschieren, nämlich massiv negativ. Dann frage ich mich, in welcher Zeit wir leben, dass bewaffnete Soldaten durch unsere Orte marschieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mein Sicherheitsgefühl wird insbesondere dann beeinflusst, wenn es Vorfälle wie zum Beispiel in Rax, einem Ortsteil von Jennersdorf, gibt, wo sich ein Schuss löste und in ein Haus geschossen wurde.

Dieser Einsatz kostet 22 Millionen €. – Ich frage Sie jetzt: Warum sind Sie als Vertei­digungsminister für Österreich bereit, diese österreichischen Steuergelder für den Wahlkampf des burgenländischen Landeshauptmannes zur Verfügung zu stellen? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Frau Abgeordnete, ich muss Sie doppelt korrigieren: Die FPÖ ist nicht für die Verlängerung des Assistenzeinsatzes! Sie haben von SPÖ und FPÖ gesprochen. (Abg. Mag. Brun­ner: Nein! Ich habe gesagt: Sie und die SPÖ!) – Entschuldigen Sie! Dann habe ich Sie falsch verstanden!

Ich bin für die Verlängerung des Assistenzeinsatzes, weil dieser eine wichtige sicher­heitspolitische Aufgabe im Burgenland und in Niederösterreich erfüllt. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Das glaubt ihr doch selbst nicht!) Sie sind in einer qualifizierten Minderheit! Wir haben eine Zustimmung von über 80 Prozent der Bevölkerung für diesen Assistenz­einsatz

Dass die Soldaten, wie Sie unterstellen, Unsicherheit schüren, indem sie durch die Ort­schaften patrouillieren, kann ich nicht wahrnehmen! Ich lebe im Burgenland, ich bin jeden Tag im Burgenland, und ich weiß genau, dass die Menschen im Burgenland die­sen Einsatz goutieren und sich von den Soldaten nicht bedroht fühlen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Abgeordneter Dr. Fichten­bauer.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die FPÖ steht dem Grenzeinsatz extrem kritisch beziehungsweise ablehnend gegen­über. Die Wortspende meiner Vorrednerin reizt mich jedoch geradezu, in die Gegen­richtung zu lenken. Ich meine, das Patrouillieren der Soldaten als Sicherheitsrisiko dar­zustellen, stellt die Welt auf den Kopf! (Abg. Dr. Moser: Sie trauen sich etwas!)

Ich komme zu den Militärkommanden zurück. – Die Militärkommanden haben Kompe­tenzen verloren oder – wenn man es so nennen möchte – abgegeben. Ein zentraler Punkt ist nämlich die Kompetenz für Einberufungswesen.


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Es gibt angeblich eine ein bisschen kontroversielle Situation mit dem Heeresperso­nalamt. Werden die Militärkommanden die Bescheidkompetenz für Stellungen und Ein­berufungen behalten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter, ganz kurz: Ja, die Kompetenz „Stellungs- und Ergänzungswesen“ wird bei den Militärkommanden bleiben. Wir haben hart mit dem Bundeskanzleramt ge­kämpft – und zwar, wohlgemerkt, nicht mit dem Bundeskanzler, sondern mit den Be­amten des Bundeskanzleramtes –, was die Wertigkeiten in den Militärkommanden be­trifft, und ich stehe dazu, dass wir es geschafft haben, in der Endphase noch einmal dafür zu sorgen, dass gewisse Einschränkungen dieser Kompetenz abgewehrt werden konnten, um in der Militärsprache zu bleiben.

Die Antwort auf Ihre Frage lautet also: Die Kompetenz „Stellungs- und Ergänzungs­wesen“ bleibt bei den Militärkommanden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lapp.

 


Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Das österrei­chische Bundesheer hat sich stets bewährt bei der Bewältigung von Naturkatastrophen wie Hochwässern, Stürmen, Orkanen et cetera.

Stimmt es, wie der Herr Generalstabschef festgestellt hat, dass im Katastrophenein­satz 10 000 Soldatinnen und Soldaten vonseiten des österreichischen Bundesheeres zur Bewältigung von außerordentlichen Katastrophen zur Verfügung gestellt werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich habe schon gesagt, dass wir im Hochwassereinsatz im letzten Jahr 300 000 Ar­beitsstunden absolviert haben, übrigens auch mit sehr vielen Milizsoldaten; auch das sei hier noch einmal betont. Es stimmt, dass der Herr Generalstabschef mir auch schriftlich mitgeteilt hat, dass uns diese 10 000 Mann jederzeit zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, in Österreich Katastrophen aufzuarbeiten beziehungsweise in Katastrophen für die Bevölkerung tätig zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 67/M des Herrn Abgeordneten Dr. Fichtenbauer.

Die eingereichte Anfrage, 67/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie stellen sich die Details und die Umsetzungsplanung des Militärdienstrechtes ‚Neu‘ für Soldaten dar?“

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Bundesminister! Ein ganz wesent­licher Teil der Budgetverwendung beziehungsweise Budgetbindung betrifft das Perso­nalwesen. Rund 70 Prozent des Heeresbudgets sind seit Jahren und Jahrzenten für Personalbedarf gebunden. Auch in der Bundesheerevaluierungskommission war davon die Rede, dass es unabdingbar ist, ein neues Soldatendienstrecht zu schaffen.

Wie steht die Lage? Gibt es Vorbereitungen dazu? Wie schaut das aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Sie sind bestens vertraut mit dem Bundesheer und sind auch einer, mit dem man sozusagen diese Dinge auf sachlicher Ebene diskutieren kann.

Ich möchte nur drei Punkte herausgreifen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 29

Erstens: Wir haben § 113 des Beamten-Dienstrechtes ausgeschöpft und damit ermög­licht, dass Mitarbeiter in der Umsetzung der Bundesheerreform 2010 beziehungsweise in der Umbruchphase mit einer sogenannten Fallschirmregelung die Reform besser be­wältigen können, indem es nämlich eine soziale Abfederung gibt.

Zweitens haben wir es geschafft, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einen frei­willigen Dienstortwechsel zu einem Dienstort vornehmen, der über 50 km vom bishe­rigen Dienstort entfernt ist, auch sozial unterstützt werden.

Ich möchte drittens darauf hinweisen, dass es uns mit Maßnahmen innerhalb des Res­sorts gelungen ist, über 400 Soldaten von der Verwaltung zur Truppe überwechseln zu lassen. Ganz wichtig ist mir – da sind wir sehr flexibel, und das sehe ich in anderen Ressorts nicht so –, dass wir KIOP- und KPE-Soldaten, also Soldaten der Kriseninter­ventions- und Operationstruppen und der Kaderpräsenzeinheiten, wenn sie nach drei Jahren ausscheiden, mit einem Programm ausstatten können, dass diesen jungen Menschen auch der Wechsel in die Privatwirtschaft ermöglicht wird. Wir haben das durchgesetzt, und ich habe in sehr vielen Gesprächen in den letzten Wochen von sol­chen Soldaten gehört, dass sie sehr dankbar dafür sind, dass sie wieder in die Privat­wirtschaft übergeführt werden können.

Das sind einmal die ersten drei Punkte. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Wir haben in diesem Bereich noch einiges aufzuarbeiten. Diesbezüglich bin ich bei Ih­nen: Wir sind noch nicht am Ende der Arbeiten betreffend das Militärdienstrecht „Neu“.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer.

 


Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Zum selben Thema: Das Gehalt der Berufsmilitärpersonen wird durch die Verwendungsgruppe und durch die Gehaltsstufe bestimmt. Das betrifft Berufsoffiziere und Berufsunteroffiziere. Die Gehaltsstufen nennt man MBO1 oder MBO2.

Es gibt den grundsätzlichen Ansatz, die Durchlässigkeit zwischen Gruppe 1 und Grup­pe 2 zu ermöglichen beziehungsweise zu verbessern. Wie weit sind diese dienstrechtli­chen Maßnahmen betreffend Durchlässigkeit gediehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter! Der Generalstab ist beauftragt, das durchzuarbeiten. Ich bin ein Befür­worter dieser Durchlässigkeit; das sage ich Ihnen ganz offen. Wenn nämlich jemand an der Spitze seiner Kompetenz angekommen ist, dann ist die Motivation sozusagen auch irgendwann einmal an der Spitze.

Im Hinblick darauf ist diese Durchlässigkeit sicherlich ein Anreizsystem im österreichi­schen Bundesheer und schafft Motivation und auch Kompetenz.

Wie gesagt, wir sind derzeit im Generalstab dabei, dieses System auszuarbeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Stauber.

 


Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Wir alle sind sehr stolz auf unsere Soldatinnen und Soldaten, die im internationalen Einsatz bei den verschiedensten Friedensmissionen stehen und immer wieder sehr hohes Lob für ihre Einsätze bekommen.

Natürlich kommen sie auch immer wieder in schwierige Situationen, und daher ist es sehr wichtig, dass sie sich auf klare gesetzliche Grundlagen und Regelungen verlassen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 30

Daher meine Frage: Werden Sie Maßnahmen zur Klarstellung und Regelung der Be­fugnisse im Auslandseinsatz treffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Im Rahmen der Evaluierung im Zusammenhang mit der Bundesheerreform 2010 ist diese Frage mehrfach zu Recht aufgetaucht. Es stellt sich ja auch in anderen Bereichen, et­wa bei der Polizei, die Frage, wann beispielsweise der Gebrauch einer Waffe gerecht­fertigt ist und wann nicht. Diesbezüglich wollen wir Rechtsicherheit schaffen.

Wir stehen am Beginn dieser Arbeiten. Ich habe jetzt auf Grundlage der Änderung des Auslandseinsatzgesetzes 2001 eine Novelle zur Begutachtung geschickt, und ich bin gespannt, was da herauskommt! Die Grundlage dafür ist die Situation in Österreich. Daran orientieren wir uns und wollen das auf die internationale Situation überleiten. Die Begutachtungsfrist endet am 25. Juni, und dann kann ich Ihnen Näheres dazu und zu Ihrer Frage sagen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Kapeller.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Bundesminister! Mit Ihrer freundli­chen Genehmigung besuchte ich vor zwei Tagen das Heeresspital Wien/Stammersdorf und konnte mich dort davon überzeugen, dass in diesem militärmedizinischen Zentrum hervorragend für die Gesundheit unsere Soldatinnen und Soldaten gesorgt wird.

Dazu jetzt meine Frage: Wie reagieren Sie einerseits auf die teils herbe Kritik des Rechnungshofes an dieser Institution, und wie soll andererseits in Zukunft sicher­gestellt werden, dass die Soldaten auch dann bestens versorgt werden, wenn es einen eklatanten Mangel an Sanitäts- und Facharztpersonal gibt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Herr Abgeordneter! Das ist eine ganz interessante und wichtige Frage. Ich möchte mich nicht noch einmal in Konflikt mit dem Rechnungshof begeben. Es ist aber sehr wohl eine militärstrategisch und militärpolitisch wichtige Frage, ob man ein Heeresspital auf­rechterhält oder nicht. Wenn der Rechnungshof kritisiert, dass die Auslastung nur 5 Prozent beträgt, dann muss man sich die Frage stellen: Braucht man ein Heeres­spital?

Ich als Verteidigungsminister sage: Ja, man braucht ein Heeresspital! Man braucht ein Heeresspital für Krisenfälle, und man braucht ein Heeresspital für die Soldatinnen und die Soldaten, und insofern ist eine wirtschaftliche Bewertung etwas problematisch.

Wir haben ein Konzept in Auftrag gegeben, das durch den Rechnungshofbericht ein wenig konterkariert wurde, und dieses Konzept sieht vor, dass wir drei Schwerpunkt­spitäler in Österreich schaffen, und zwar neben jenem in Stammersdorf auch in Tirol. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Die Zeit ist einfach zu kurz zum Antworten, daher sage ich jetzt nur so viel: Ich nehme die Kritik ernst, was beispielsweise die Gehälter und die Anwesenheit von Ärzten in diesem Spital betrifft, aber grundsätzlich bin ich für die Beibehaltung eines Heeresspi­tals für die österreichischen Soldatinnen und Soldaten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Herr Bundesminister! Sie denken darüber nach, das System „fünf plus eins“, also fünf Monate Grundausbildung und einen Monat Truppenübung, zur Sicherung des Nachwuchses der Milizbataillone einzuführen. Der­zeit leidet die Grundausbildung ohnehin schon auf Grund des Assistenzeinsatzes im Burgenland. Nunmehr wollen Sie die Basisausbildung auf fünf Monate reduzieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 31

Daher meine Frage: Wie wollen Sie die notwendige Ausbildung der Grundwehrdiener nach wie vor sichern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Diese Idee „fünf plus eins“ ist vom Milizverband gekommen, und ich bin keiner, der eine Idee sofort verwirft. Daher habe ich das prüfen lassen. Ich verhehle aber nicht, dass diese Idee innerhalb des Generalstabes des österreichischen Bundesheeres sehr skeptisch beurteilt wird.

Ich möchte, weil Sie den Assistenzeinsatz angesprochen haben, betonen: Wir haben ungefähr 650 bis 700 Grundwehrdiener im Assistenzeinsatz plus Kaderpersonal. Man kann also nicht sagen, dass die gesamte Rekrutenschaft des österreichischen Bundes­heeres in Mitleidenschaft gezogen wird, wiewohl ich auch dazu sage, dass es ein politi­sches Primat ist, diesen Assistenzeinsatz aufrechtzuhalten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill.

 


Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! – Herr Minis­ter, ich möchte zur Bevölkerungsgruppe der jungen Menschen etwas sagen. Sie haben ja eine Kampagne inszeniert und installiert namens „Heer 4 You“. Diese ist konzipiert für die Zielgruppe der 14- bis 18-Jährigen und hat insgesamt jetzt schon 440 000 € ge­kostet.

Sie machen Werbung für das Bundesheer bei Kindern und Jugendlichen, dass sie dann, wenn sie erwachsen sind, den Dienst an der Waffe antreten. Ich als Pazifistin fin­de das skandalös, dass Kindern und Jugendlichen nahegelegt wird, dass sie später einmal den Dienst an der Waffe antreten sollen.

Wie rechtfertigen Sie das als Bundesminister?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich finde das nicht „skandalös“, sondern in Ordnung, und zwar schwer in Ordnung (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ), denn das österreichische Bundesheer ist auf Grundlage unserer Verfassung eingerichtet und hat eben die Aufgaben, die ich in meiner ersten Anfragebeantwortung schon angesprochen habe, zu gewährleisten: Katastrophenschutz, Auslandseinsätze, militärische Landesverteidigung, Schutz von sensiblen Einrichtungen. Und es ist legi­tim, dass man diese Organisation, sprich das österreichische Bundesheer, auch be­wirbt.

Es gibt die Möglichkeit in Österreich, wie Sie wissen, zum Bundesheer zu gehen oder anstatt dessen eine andere Tätigkeit, nämlich den Zivildienst, zu machen, und ich sehe überhaupt kein Problem, das Bundesheer zu bewerben. Ganz im Gegenteil: Ich finde, dass das eine gute Maßnahme ist! Es ist im Sinne unserer Verfassung und unserer Landesverteidigung eine gute und sehr sinnvolle Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 66/M des Herrn Abgeordneten Brosz.

Die eingereichte Anfrage, 66/M, hat folgenden Wortlaut:

Sind Sie bereit, den Prüfbericht über die Missstände im Österreichischen Olympischen Comité (ÖOC), in dessen Vorstand Sie in Ihrer Funktion als Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport kooptiert sind, den Mitgliedern des Sportausschusses des Nationalrats zur Verfügung zu stellen?“

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 32

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Ich komme auf den zweiten Bereich Ihrer Tätig­keit, nämlich den Sport, zu sprechen. Leider gibt es im österreichischen Sport auch Entwicklungen, die nicht erfreulich sind, was durch viele Medien gegangen ist. Ich spie­le hier insbesondere auf die Entwicklungen beim Österreichischen Olympischen Co­mité an, wo nicht wirklich geklärt ist, was mit Millionenbeträgen passiert ist, wo sie her­gekommen sind.

Jetzt muss man wissen, dass es beim Österreichischen Olympischen Comité zwei Ein­nahmequellen gibt, nämlich erstens Sponsorgelder und zweitens Mittel aus dem öf­fentlichen Budget, aus dem Budget des Bundesministeriums, die direkt an das ÖOC fließen.

Wir haben im Sportausschuss darüber diskutiert, dass in einem internen Prüfbericht, den das Österreichische Olympische Comité in Auftrag gegeben hat, Schwachpunkte aufgezeigt worden sind, und Sie haben im Ausschuss gesagt, sollten keine daten­schutzrechtlichen Bedenken dagegen sprechen, wären Sie bereit, diesen Prüfbericht dem Hohen Haus oder den Mitgliedern des Sportausschusses zur Verfügung zu stel­len. Das ist bislang nicht erfolgt.

Ich möchte Sie daher fragen: Gibt es eine Möglichkeit, dass diese in diesem Bericht aufgezeigten Missstände auch den Mitgliedern des Sportausschusses zur Kenntnis ge­bracht werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich möchte in aller Unbescheidenheit vorwegschicken, dass ich mich schon zu jenen zähle, die dafür gesorgt haben, dass dieser Saustall im ÖOC ausgemistet wird – ich hoffe, es ist parlamentarisch okay, das zu sagen (Abg. Grosz: Das ist ein klassischer Ordnungsruf! Ich bin Experte dafür!) –. oder, sagen wir so, dass diese Ungereimtheiten im ÖOC ausgeräumt werden, weil die österreichische Sportbewegung das braucht wie einen Kropf. Es ist einfach skandalös, was dort pas­siert ist.

Ich habe diesen Bericht bisher nicht erhalten. Ich habe mehrmals urgiert, weil in der Öf­fentlichkeit auch das ehemalige Sportministerium, das im Bundeskanzleramt beheima­tet war, zumindest angesprochen wurde. Soviel ich weiß, geht es hier um Stempel, die auf irgendwelchen Belegen sein sollen, oder um eine Auto-Spende an den ehemaligen Sektionschef. Ich werde die Einsicht in diesen ÖOC-Bericht weiterhin urgieren.

Derzeit ist es so, dass dieser Bericht nur in einem Exemplar existiert und dieses Ex­emplar offensichtlich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Ich persönlich wä­re gerne bereit, diesen Bericht auch dem Sportausschuss zur Verfügung zu stellen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang noch etwas fragen, nachdem die Grünen auch schon einen Antrag im Parlament eingebracht haben, dass es für den Fall von Missständen bei Förderungsnehmern die Möglichkeit geben soll, nämlich für Sie als Sportminister, hier auf die Bremse zu steigen und Aus­zahlungen auch zu stoppen. Das ist jetzt aufgrund der gesetzlichen Situation schwer möglich, weil ja die Fördernehmer im Gesetz direkt erwähnt sind und somit einen An­spruch auf die Fördergelder haben.

Ich möchte Sie daher fragen: Unterstützen Sie diese Forderung, und sind Sie auch be­reit, eine entsprechende Regierungsvorlage einzubringen, die hier eine bessere Sank­tionsmöglichkeit durch das Ministerium beinhaltet?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 33

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich unterstütze diese Forderung zu 100 Prozent. Wir haben das Jahr 2010 auch gewählt, um eine neue Förderreform zu etablieren, gemeinsam mit den Mitgliedern des Par­laments. Es ist tatsächlich derzeit gesetzlich so, dass wir in zwölf Tranchen, also jeden Monat, dem Österreichischen Olympischen Comité Gelder auszuzahlen haben. Ob das in Zukunft so sein wird, wage ich zu bezweifeln. Ich hoffe da auf Ihre Mitarbeit, dass das geändert werden kann. – Punkt eins.

Punkt zwei: Ich habe ganz klar – ich bin erst seit Februar 2009 Sportminister – zum Ausdruck gebracht, dass die Abrechnungen beispielsweise für die Olympischen Spiele in Peking 2008 aus meiner Sicht hinterfragenswert sind, und habe diese Rechnungen dem Österreichischen Olympischen Comité auch wieder zurückgewiesen. Wir werden uns, wenn hier fälschlicherweise Gelder ausgezahlt worden sind, schadlos halten und versuchen, dieses Geld zurückzuerhalten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Minister, wie Sie richtig sagen, ist es eine riesige Sauerei, was da im Österreichischen Olympischen Comité passiert ist. (Abg. Grosz: Das ist ein Präjudiz: Also „Sauerei“ ist in Zukunft straffrei!)

Herr Bundesminister, die offenbar gewordenen Missstände im ÖOC aufzuarbeiten, das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille ist die Verhinderung der­artiger Zustände in Zukunft.

Jetzt ist uns klar, dass Sie formal nicht vollberechtigt dem ÖOC angehören, ich frage Sie aber trotzdem, was Sie als zuständiger Ressortminister in Zukunft unternehmen werden, um vollkommene Transparenz und Kontrolle im ÖOC zu gewährleisten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich halte nur der Ordnung halber fest: Das Wort „Sauerei“ wird in diesem Haus nicht verwendet. Der Herr Bundesminister hat es zu­rückgenommen. Ich gehe davon aus, Herr Dr. Karlsböck tut es auch.

Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, noch einmal gesagt: Ich glaube, dass wir die Förderreform so ausrichten müssen, dass das ÖOC in eine andere Förderstruktur kommt, weil es nicht so sein kann, dass wir über Jahre hinweg das ÖOC monatlich fördern, obwohl das ÖOC nur alle zwei Jahre, Sommer- und Winterspiele, Sportler zu Olympischen Spielen schickt.

Wir haben klar zum Ausdruck gebracht, dass wir das Fördersystem reformieren müs­sen und dass wir auch die Kontrolle der Förderung reformieren müssen, denn die Din­ge, die da passiert sind – es fehlt mir jetzt die Zeit, diese zu schildern –, kann man, wenn sie mit krimineller Energie ausgeführt werden, mit dem jetzigen Fördersystem nicht verhindern. Man kann sie verhindern, indem man versucht, herauszufinden, ob es beispielsweise Doppelförderungen gegeben hat.

Auf Ihre Frage zurückkommend: Es ist wichtig, eine Förderreform und eine Kontroll­reform jetzt im österreichischen Sport durchzuführen, und Sie können davon ausge­hen, dass ich das mit aller Kraft und mit Ihrer Hilfe im Parlament auch machen werde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Fazekas.

 


Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie sind ja bekannt da­für, die zündende und treibende Kraft bei den Vorfällen des ÖOC zu sein. (Abg. Kickl: Nein, bitte nicht!)


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Das führt mich zu der Frage: Welche Auswirkungen werden die Ereignisse, wird die Causa „ÖOC“ auf die Förderreform haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist so, dass wir im ÖOC etwas mehr als 3 Millionen € an Budget haben – nicht ich, ich bin ja nur kooptiert, und das nicht einmal als Sport­minister, sondern als Verteidigungsminister, und zwar deshalb, weil wir 300 Heeres­sportler mitfinanzieren, wie beispielsweise Wolfgang Loitzl oder die Schwimmer oder die Biathleten, um ihnen Erfolge zu ermöglichen. Insofern ist es legitim, dass auch wir als Bund nachdenken, wie wir mit dem ÖOC in Zukunft umgehen, wenn die Förderung zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von privaten Fördergebern kommt.

Wir müssen das in diese Förderreform einbauen. Diese Förderreform muss aus meiner Sicht so aussehen – aber, wie gesagt, ich möchte den Gremien nicht vorgreifen, wir haben hier mehrere Arbeitskreise installiert –, dass wir das ÖOC anlassbezogen för­dern. Es wird die Aufgabe der nächsten Monate sein, das in eine vernünftige Form zu bringen und dann auch in ein Gesetz zu gießen, das dann hier im Parlament beschlos­sen werden soll.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hö­finger.

 


Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Bundesminister! Der ÖOC-Vorstand hat durch seine Handlungsweise rasch und richtig gehandelt. Jetzt ist es natürlich vorran­gig Sache und Aufgabe der ermittelnden Behörden und in Folge der Gerichte, alles aufzuklären, und dann geht es darum, die Konsequenzen daraus zu ziehen. Jetzt soll und muss aber alles geordnet weitergehen.

Daher meine Frage: Wie und in welcher Form werden Sie das Österreichische Olympi­sche Comité bei seinem Neustart unterstützen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich meine, dass das Österreichische Olympische Comité nicht meinen Ratschlag braucht, um sich neu zu organisieren. Mit der Bestellung von Karl Stoss zum Präsidenten des Österreichischen Olympischen Comités und mit der Neuordnung des Vorstandes ist der Umstand einhergegangen, dass man übereingekommen ist, die Strukturen inner­halb des ÖOC so zu verändern, dass man auf die zeitgemäße Ausrichtung des ÖOC Rücksicht nimmt.

Das ÖOC ist das Gesicht des österreichischen Sports nach außen. Die fünf Ringe sind auch eine Marke für Olympia, aber auch für Österreich, wenn es um das ÖOC geht. In­sofern hat ein Selbstreinigungsprozess dort begonnen, der darin gipfeln wird, dass es auch Ausgliederungen geben wird. Ich bin guter Hoffnung, dass das ÖOC diese Maß­nahmen so setzen wird, dass es in Zukunft solche Skandale, wie es sie in der Vergan­genheit zu verkraften hatte, nicht mehr zu verkraften braucht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Minister! Wenn man das Wort „Sauerei“ hier nicht verwenden darf, dann einigen wir uns vielleicht darauf, dass es eine wirkliche Großferkelei ist, die sich da abspielt im ÖOC, denn: Schwarzkonten, Doppelverrechnungen, Privilegien, Machtmissbrauch, Korruption, Schmiergeldzahlun­gen, und das in Millionenhöhe – all das zieht sich offensichtlich durch den Bericht, der uns bisher ja nur aus den Medien bekannt ist, weil es der Präsident des ÖOC, der Herr


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Stoss, nicht wert gefunden hat, diesen Bericht zu veröffentlichen beziehungsweise dem Parlament zur Verfügung zu stellen. Ich erachte das in der jetzigen Situation und ange­sichts der Schwere der Vorwürfe als einen Skandal. Ja es handelt sich dabei um den größten Sportskandal in der Geschichte Österreichs! (Beifall beim BZÖ sowie bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Da wir den Bericht nicht erhalten haben, kann ich mich nur auf kolportierte Inhalte oder auf Vorwürfe beziehen, und ich frage Sie daher, Herr Minister: Können Sie ausschlie­ßen, dass Mandatare und Politiker von SPÖ und ÖVP, frühere oder aktive, in diesen Mega-Skandal des ÖOC verwickelt sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich gebe Ihnen recht, dass es sich um den größten Sportskandal in der Zweiten Republik handelt, und es ist gut, dass das alles aufgearbeitet wird. Ich bin Ihrer Meinung, dass wir diesen Bericht genau durcharbeiten müssen und dass die Staatsanwaltschaft auch ihre Schlüsse aus diesem Bericht zu ziehen hat. Es gibt ja auch einen Untersu­chungsausschuss in Salzburg, der mit einer angegliederten Organisation befasst ist, mit dem Olympia-Förderverein – man wird sehen, was da herauskommt.

Ich kann gar nichts ausschließen. Ich kann auch nicht ausschließen, dass Abgeordnete von anderen Parteien involviert sind. Soweit ich es jetzt übersehen kann – ich habe den Bericht ja nicht gesehen –, könnte es sein, dass ehemalige Mandatare aller im Parlament vertretenen Fraktionen möglicherweise auf ÖOC-Kosten bei Olympischen Spielen dabei waren. Das kann ich nicht ausschließen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 70/M des Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler.

Die eingereichte Anfrage, 70/M, hat folgenden Wortlaut:

„Kontrollausschuss und Kontrollkommission, welche die Kontrolle der Besonderen Bun­dessportfördermittel vorzunehmen haben, bestehen aus sieben beziehungsweise zehn Mitgliedern und werden von den verpolitisierten Sportverbänden ASKÖ, ASVÖ, SPORTUNION, ÖFB und BSO mehrheitlich besetzt, das Sportministerium ist beraten­des Mitglied. Damit bilden Fördergeber, Fördernehmer und Förderkontrolle in der Bun­dessportförderung eine Personalunion. – Entspricht dieser Umstand aus Ihrer Sicht den Anforderungen eines modernen, unabhängigen Controllings?“

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Minister! Es ist äußerst auf­schlussreich, dass Sie das nicht ausschließen können – ich auch nicht, vor allem für die beiden Großparteien, die diese Organisationen mit ihren Sportpolitikern beschi­cken. Das wird noch sehr interessant werden in diesem Hohen Haus.

Jetzt zur nächsten Frage. – Sie wissen, dass auch das ÖOC kontrolliert wird von ver­schiedenen Kontrollorganisationen, die Sie gemeinsam mit der BSO eingerichtet haben, nämlich vom Kontrollausschuss und der Kontrollkommission. Man stelle sich vor: Der Kontrollausschuss besteht unter anderem aus Mitgliedern von ASKÖ, ASVÖ, SPORTUNION, ÖFB und BSO. Die Kontrollkommission besteht aus Mitgliedern von ASKÖ, ASVÖ, Sportunion, ÖFB und BSO. Und das ÖOC besteht aus Mitgliedern von ASKÖ, ASVÖ, Sportunion, ÖFB und BSO.

Das heißt, wir haben eine Personalunion von Fördergebern, Fördernehmern und För­derkontrolloren. – Herr Minister, ist das die moderne, unabhängige Kontrolle der Sport­förderungsmittel?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich bin der Meinung, dass die jetzige Kontrolltätigkeit nicht


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zeitgemäß ist und auch in vielen Fällen mit Unvereinbarkeiten verbunden ist. Deshalb haben wir uns ja entschlossen, diese Kontrolle zu reformieren. Auch die BSO hat dem zugestimmt.

Es ist eine erste Maßnahme gesetzt über den sogenannten § 11a, den Sie ja kennen, wo Fördermittel vorgesehen sind, die von meinem Ministerium vergeben werden kön­nen, wo es mittlerweile eine eigene Kontrollkommission gibt.

Wir sollten dieses Jahr dazu nützen, diese Kontrolle zu reformieren. Da bin ich durch­aus Ihrer Meinung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Wes­tenthaler.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Da bin ich sehr froh und unterstütze das auch sehr – ein gutes Ergebnis dieser Fragestunde.

Herr Minister, diese beiden Kontrollorganisationen, nämlich die Kontrollkommission und der Kontrollausschuss, haben ja in dem Mega-Skandal ÖOC völlig versagt, haben keinerlei Hinweise auf diese Skandale gefunden, sondern sind einfach drübergefahren und haben nichts ans Tageslicht gebracht.

Ich frage Sie daher: Es gibt ja einen Vertrag zwischen Ihrem Ministerium und der BSO, der diese Kontrolleinrichtungen vorsieht. Werden Sie diesen Vertrag aufkündigen und damit diesem Unfug ein Ende bereiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich habe Ihnen schon in der ersten Anfragebeantwortung gesagt, dass wir diese Kontroll­kommission reformieren werden. Sie vermischen hier etwas, Sie arbeiten mit Äpfeln und Birnen: Die BSO hat nichts zu tun mit dem ÖOC. Im ÖOC – das ist ein eigener Verein – gibt es eigene Kontrollgremien, möglicherweise haben diese versagt. (Abg. Ing. Westenthaler: Die BSO sitzt im ÖOC!) Die BSO sitzt meines Wissens nicht mehr im ÖOC. (Abg. Ing. Westenthaler: Bis jetzt!) Das ist sozusagen nicht ein Versagen der Kontrolle der Bundes-Sportorganisation, sondern möglicherweise ein Versagen der Kontrolle im ÖOC.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Erstens möchte ich festhalten, dass es mir leichtfällt, festzustellen, dass von den Grünen mit Sicherheit niemand jemals auf Kos­ten des Österreichischen Olympischen Comités auf Veranstaltungen gefahren ist. Es würde mich freuen, wenn Sie das für Ihre Fraktion auch machen können. Das ist offen­bar nicht der Fall.

Zweitens möchte ich die Feststellung treffen, dass wir, soviel ich weiß, das erste Mal vor etwa fünf Jahren einen Antrag eingebracht haben mit der Forderung, eine unab­hängige Kontrolle bei den Sportfördermitteln durchzuführen. Und ich finde es schon be­merkenswert, dass wir da erst jetzt zu einer Änderung kommen, nachdem offenbar mit dem Skandal rund um das Österreichische Olympische Comité ein Anstoß gekommen ist und auch nach mehrfacher Ablehnung hier im Hohen Haus.

Meine konkrete Frage ist: Können Sie heute schon sagen, dass Ihre Regierungsvor­lage definitiv eine unabhängige Kontrolleinrichtung vorsehen wird, damit wir hier deut­lich einen Schritt weiterkommen und nicht wieder Vertagungen erleben müssen und weitere Schritte abzuwarten haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich bin, wie ich schon gesagt habe, erst seit 1. Februar 2009


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Sportminister und möchte hier klar sagen: Ich habe – das richtet sich jetzt nicht an Sie – in anderen Bereichen, wie etwa betreffend Anti-Doping-Maßnahmen, nicht immer Mehrheiten hier im Hohen Haus gefunden. Wenn ich hier eine Mehrheit finde, die Kon­trolle neu zu organisieren, dann bin ich froh. Ich bin jedenfalls dafür, dass wir das auf neue Beine stellen, und je unabhängiger die Kontrolle ist, desto besser, das ist ja völlig logisch.

Ich habe in vielen anderen Bereichen auch unabhängige Einrichtungen geschaffen, wie beispielsweise beim Team Rot-Weiß-Rot mit ehemaligen Sportlern, ehemaligen Sport­funktionären. Also Sie laufen bei mir offene Türen ein, wenn es um unabhängige Kon­trolle geht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Kickl.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Bundesminister! Es hat ja nicht erst des ÖOC-Skandals bedurft, um draufzukommen, dass es mit dem österreichischen Sport­system in einigen Bereichen ziemlich im Argen liegt. Wie Sie sicherlich wissen werden, hat der äußerst erfolgreiche ehemalige Nordische Direktor des ÖSV Toni Innauer das österreichische Sportsystem – und damit wohl auch indirekt das Sportfördersystem – als verfilzt bezeichnet. Er hat davon gesprochen, dass es eigentlich unhaltbare Kumu­lationen von Machtpositionen, sprich personelle Verfilzungen, gibt – man könnte es auch als Freunderlwirtschaft bezeichnen –, dass das ÖOC eine Art olympisches Reise­büro ist. Und ich hätte natürlich auch gerne von Ihnen gehört, wer denn die Top-Funk­tionäre und Top-Politiker waren, die mit Schwarzgeldkonten ihre Lustreisen zu diversen Sportveranstaltungen finanziert bekommen haben.

Sie verweisen einmal mehr auf Ihre Nichtzuständigkeit, deshalb frage ich Sie: Welche Maßnahmen wollen Sie als Sportminister setzen, um das System des Sports und der Sportförderung tatsächlich effizient zu gestalten? Und wie stehen Sie zu unserem frei­heitlichen Vorschlag, neben dem System der Eigenkontrolle, das sicherlich verbesse­rungswürdig ist, eine externe Kontrolle, die regelmäßig erfolgt, etwa durch den Rech­nungshof durchzuführen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Der Rechnungshof kontrolliert ja jetzt auch schon die Sportförderung, und aus dem letzten Rechnungshofbericht, der – noch einmal gesagt – vor meiner Zeit verfasst wurde, habe ich meine Lehren gezogen, und ich bin gerne be­reit, diese Frage an Sie weiterzugeben. Wir werden gemeinsam ein neues Sportför­dersystem auf die Beine stellen! Ich habe konkrete Vorstellungen, beispielsweise, nicht mit der Gießkanne zu fördern, beispielsweise, Primesportarten besser zu fördern als andere Sportarten. Aber das ist natürlich ein Prozess, der nicht in einer Fragestunde erörtert werden kann, sondern der über das nächste Jahr zu erörtern sein wird.

Ich habe Herrn Professor Mayrhofer von der Wirtschaftsuniversität Wien beauftragt, diesen Prozess zu koordinieren, und auch sehr viele unabhängige Sportwissenschaft­ler und andere Wissenschaftler eingeladen, uns hier zu helfen, abseits von Dachver­bänden, von Fachverbänden, um auch die Objektivität zu gewährleisten – und Sie sind eingeladen, hier mitzuarbeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Wittmann.

 


Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Zunächst einmal, Herr Sportminister, möch-
te ich nochmals bekräftigen: Die BSO war nie Mitglied des Österreichischen Olympi­schen Comités, die BSO ist nicht Mitglied des Olympischen Comités, und die BSO hat niemals das Olympische Comité geprüft oder zu prüfen gehabt, aber ich schließe mich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 38

natürlich dem Vorhaben an, dass wir hier eine unabhängige Prüfung – auch wir von der BSO machen das selbst – einführen werden.

Aber um eine Prüfung durchführen zu können, ist es notwendig, auch Fördermittel wei­terhin zu erhalten, und ich frage Sie daher, Herr Bundesminister:

Können Sie mir sagen, welche Auswirkungen das neue Glücksspielgesetz auf die För­derungen oder auf die Finanzierung des österreichischen Sports hat?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es ist zwar interessant, dass das Glücksspiel in Öster­reich mit Sport sozusagen kombiniert wird, aber es ist eben so. Das neue Gesetz hat folgende Auswirkungen: Wir haben im Regierungsprogramm festgelegt, dass die Sportförderung mindestens 60 Millionen € zu betragen hat. Durch die jetzige Regelung, die ich mit dem Herrn Finanzminister respektive seinen Staatssekretären ausverhan­delt habe, hat der österreichische Sport mindestens 80 Millionen € pro Jahr, und ich bin froh und es freut mich wirklich als Sportminister, dass auch alle Fach- und Dachver­bände dieses Ergebnis als respektabel und gut für den österreichischen Sport einge­stuft haben.

Es gibt, wie gesagt, 80 Millionen plus Steigerungsraten in jedem Jahr. Das heißt: Der österreichische Sport ist gesichert in seiner Finanzierung von Bundesseite her. Und das ist etwas, was uns wahrscheinlich kaum jemand zugetraut hat in Zeiten der Wirt­schafts- und Finanzkrise, aber es ist uns gelungen, durch das Bohren harter Bretter dieses Ergebnis zu erzielen, und darauf bin ich sehr stolz. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durch­schlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Bundesminister! Seit mehr als 30 Jahren stellen meine KollegInnen in der Kinderphysiotherapie und ich zum Teil dra­matische Anstiege bei Defiziten im Bereich der Motorik bei Kindern fest.

Jetzt müssen die österreichischen Sportdachverbände, wie zum Beispiel die Österrei­chische Sportunion, zum Teil sehr stark in die Bresche springen und stellen eine Art Basisförderung der Motorik von Kindern auch im Bereich der Prävention dar.

Meine Frage daher: Wie werden diese immer bedeutenderen Aufgaben der Dachver­bände im Sportreformprozess berücksichtigt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Beispielsweise beim Projekt „Kinder gesund bewegen“ hat der Bund dafür gesorgt, dass in sehr vielen Schulen, in sehr vielen Kindergärten in Zusammenarbeit mit der Sportunion, mit der ASKÖ und mit dem ASVÖ Förderungen direkt zu den Kindern kommen.

Ich möchte aber schon auch darauf hinweisen, dass natürlich die Bundessportförde­rung nur ein Teil dieser Förderung ist, dass die Länder erheblich mehr Geld als der Bund in die Sportförderung stecken können, aber alleine dieses Projekt „Kinder gesund bewegen“ zeigt, dass wir bereit sind, mit den Dachverbänden in dem von Ihnen ange­sprochenen Bereich gut zusammenzuarbeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 65/M des Herrn Abgeordneten Krist. – Bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Bundesminister! Sie haben engagiert und schlussendlich auch sehr erfolgreich für ein modernes Antidopinggesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 39

gekämpft. Für das heurige Jahr haben wir uns gemeinsam vorgenommen, das Förder­system in Angriff zu nehmen. Sie sind dafür bekannt, dass Sie gegen die Förderung mit der Gießkanne sind. Was sind die Eckpfeiler Ihrer Vorstellungen für eine neue För­derung im Sport?

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 65/M, hat folgenden Wortlaut:

„Da Sie sich gegen die Gießkanne bei Förderungen des Sports aussprechen – wie pla­nen Sie, das Fördersystem in Zukunft zu gestalten?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Es sind einige Dinge schon vorweggenommen worden in der Diskussion, aber ich möchte noch ganz kurz skizzieren, worum es geht. Es geht nicht darum – ich möchte das auch gleich unmissverständlich klarmachen –, die Dach­verbände und die Fachverbände zu beschneiden, sondern es geht darum, ein Förder­system aufzubauen, das weg von der Gießkanne hin auch zu sogenannten Prime-Sportarten geht und das beispielsweise auch ermöglicht, wie wir schon im § 11a jetzt in der Realität sehen können, dass wir schwerpunktmäßig Dinge auch vonseiten des Sportministeriums fördern können, etwa Ballsportzentren, Eishockeyzentren, Fußball­zentren, Handballzentren, egal welche Zentren.

Es hat sich schon gezeigt, dass es uns beispielsweise mit dem § 11a gelungen ist, bei den Erfolgen die Handballnationalmannschaft – wir hatten die Europameisterschaft ausgerichtet – oder die Hockeynationalmannschaft, die Europameister geworden ist, besonders zu fördern. Alle Verantwortlichen in diesen Verbänden haben gesagt, wenn es in diesem Bereich nicht zu mehr Förderungen gekommen wäre, wären diese Erfolge möglicherweise nicht möglich gewesen.

Noch einmal gesagt: Es geht darum, von der Gießkannen-Förderung wegzukommen. Der Sportler muss noch mehr im Mittelpunkt stehen, als er bis jetzt steht. Wir werden das mit den Parteien hier im Parlament zu besprechen haben. Ich habe auch gelernt in diesem Jahr: Ideen zu haben, ist das eine, aber sie dann auch umzusetzen, dazu be­darf es auch der Mitarbeit des Parlaments. Wir werden versuchen, eine Sportförderung zustande zu bringen, die, wie es im Sport bisher üblich war, auch eine einstimmige Lö­sung in diesem Haus ermöglicht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krist.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Also ich gehe einmal davon aus, dass alle Frak­tionen hier herinnen sehr gern am Förderwesen-Neu mitarbeiten, sobald alle eingela­den sind und die Möglichkeit haben, sich einzubringen. Aber ich denke, das ist verein­bart und das werden wir auch durchführen.

Wenn Sie vom Sport reden, Herr Sportminister, so wie vorhin eben auch, fällt immer wieder der Begriff „Prime-Sportarten“. Was verstehen Sie unter „Prime-Sport“?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Diese Frage ist berechtigt. Es gibt ja die Befürchtung, dass, wenn man Prime-Sportarten defi­niert, die anderen dann weniger bekommen. Natürlich ist der Kuchen nicht unbegrenzt verteilbar, aber es geht hier nicht nur um populäre oder um erfolgreiche Sportarten, sondern es geht darum, mit einem Katalog, den man evaluieren kann, zu definieren, was man unter Prime-Sportarten versteht.

Ich habe diesbezüglich noch kein endgültiges Ergebnis, aber beispielsweise gehört aus meiner Sicht Leichtathletik sicherlich zu den Prime-Sportarten, auch wenn wir in Öster­


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reich in diesem Bereich derzeit weniger Erfolge haben, weil es sehr viele Menschen in Österreich gibt, die diese Sportart betreiben.

Das heißt, es ist nicht nur der Erfolg wichtig, sondern es ist auch wichtig, wie viele Menschen diesen Sport betreiben, wie der Verband geführt ist. Und auch da möchte ich ein möglichst objektives Bewertungsverfahren installieren, auch da gibt es Exper­ten, die das mit mir gemeinsam erarbeiten wollen.

Letzter Punkt: Wir sollten uns am australischen Modell orientieren, wo man schon Jah­re vorher definieren kann: Wo will ich im Jahr 2016, 2020 hin bei Olympischen Spie­len? Welche Erfolge möchte ich dort feiern? Auch das sollte sozusagen speziell geför­dert werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Schönegger.

 


Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Sportvereine sind ja unbestritten der autonome und soziale Mittelpunkt in jeder Kommune. Sie brauchen aber auch Rechtssicherheit, Planungssicherheit und Plan­barkeit.

Wie planen Sie, in diesem Lichte die Basisfinanzierungen – ein unbestritten wichtiges Element der Finanzstruktur unserer Sportverbände – für die Zukunft abzusichern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: . Die Finanzierbarkeit ist abgesichert durch das Ergebnis, das aus der Frage des Herrn Ab­geordneten Wittmann hervorging, nämlich, dass wir mindestens 80 Millionen € pro Jahr zur Verfügung haben mit jährlichen Steigerungs-, Valorisierungsraten.

Ich bin durchaus Ihrer Meinung, dass die Sportvereine die Basis bilden, und wir haben es uns deshalb auch zum Ziel gesetzt, dass wir 2010 diese neue Sportförderung ent­wickeln wollen, dass wir sie aber erst mit dem 1. Jänner 2012 in Kraft treten lassen, um die Planbarkeit auch für die Verbände, für die Fachverbände zu gewährleisten. Also kein radikaler Schnitt. Das heißt, nicht schon mit 1. Jänner 2011, sondern erst mit 1. Jänner 2012, damit man auch vorplanen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Halten Sie die nach dem Bundessportförderungsgesetz wesentliche finanzielle und bürokrati­sche Besserstellung der politisch organisierten Fördernehmer wie der ASKÖ, des ASVÖ, der Sportunion, des ÖFB und der BSO gegenüber den nicht politisch organi­sierten Förderungsnehmern der allgemeinen Sportförderung für gerecht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Diese Frage kann ich nicht beantworten, weil ich diese politische Vereinnahmung nicht sehe. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Da sind Sie aber der Einzige in der ganzen Republik!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Bundesminister! Ich möchte grundsätzlich feststellen, dass ich ein Konzept zur Förderung von Prime-Sportarten für richtig und notwendig erachte, nämlich nicht nur deshalb, weil es darum geht, Erfolge im Sport in erster Linie dadurch einmal erzielen zu können, sondern auch deswegen, weil Erfolge auch Auswirkungen haben.


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Ich kann nur sagen, ich war einige Zeit lang als Tennislehrer aktiv, gerade in der Zeit des Muster-Booms, und was sich damals auf den Tennisanlagen abgespielt hat, war ein Beispiel dafür, wie Erfolge eigentlich auch auf den Breitensport Auswirkungen ha­ben. Das ist vielleicht auch ein gutes Beispiel dafür, wie es schiefgehen kann. Denn: Das österreichische Tennis, wo wir Ende der Neunzigerjahre noch Davis-Cup-mäßig um den Sieg mitgespielt haben, ist jetzt vor der Situation, de facto ins Niemandsland abgerutscht zu sein. Ich behaupte, das geschah deshalb, weil eben diese Förderstruk­turen zu spät gegriffen haben.

Meine konkrete Frage ist: Sehen Sie auch vor, dass Erfolge so weit ausgenützt werden können, dass dort, wo dann ein Boom entsteht, wo der Nachwuchs da ist – jetzt ist im Schwimmen beispielsweise ein hohes Ausmaß da –, sehr rasch und gezielt auch in Nachwuchsförderungen hineingegangen werden kann, um Erfolge einfach auszu­bauen, woraus dann die Situation entstehen kann, das auch langfristig zu gestalten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ich bin hundertprozentig Ihrer Meinung. Ich glaube, dass Breitensport Spitzensport befördert und Spitzensport Breitensport befördert – es geht in beide Richtungen. Ich habe das auch selbst – wie Sie es auch angesprochen haben – im Tennissport erlebt. Es ist lei­der in der Nachhaltigkeit dann nichts passiert. Aber ich bekenne mich zu diesem Leis­tungsprinzip und bin zu 100 Prozent Ihrer Meinung, dass das auch ein Teil dieser För­derreform sein soll.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Höbart.

 


Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Mit der Umstellung der Sportförderungsvergabe vom durchaus sozialistisch geprägten Gießkannensystem auf ein ziel- und bedarfsgerichtetes Fördersystem können Sie die FPÖ natürlich als Partner gewinnen. Ich muss allerdings eines dazusagen: Wir glauben nicht so recht daran, denn die Paradigmen in diesem rot-schwarzen Sportsystem – wir haben ja vorhin schon einiges darüber gehört – sind zu tief verankert, als dass wir da wirklich an grundlegende Änderung glauben.

Ich frage Sie daher, Herr Minister: Wie können Sie es ausschließen, dass der roten Reichshälfte zugehörigen Sportorganisationen mehr Förderungen zugeteilt werden, wo doch eine sehr bekannte Ex-Sportlerin und Mitarbeiterin in Ihrem Büro bei der Wiener Landtagswahl an aussichtsreicher Stelle bei der SPÖ kandidiert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Also das erste ist eine Suggestivfrage, und die kann ich nur so beantworten, dass ich kein sozialdemokratisches – nicht sozialistisches, wie Sie gesagt haben – Prinzip bei der Gießkannenförderung sehe, sondern wir stehen, wie ich gesagt habe, zur Leistung, wir stehen aber auch zum Breitensport.

Das Zweite ist: Ich bin stolz darauf, dass sich eine ehemalige Spitzensportlerin, die vier Mal bei Olympischen Spielen war – ich betone: die vier Mal bei Olympischen Spielen war; ich meine, das sollte man vielleicht auch in Ihrem Klub einmal anerkennen –, poli­tisch engagieren möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Insofern verstehe ich nicht, wohin diese Frage führen soll. Jeder Mensch in Österreich hat die Möglichkeit und das Recht, sich politisch für ein Mandat zu bewerben, wie auch die von Ihnen genannte Anja Richter, die ich im Übrigen als Mitarbeiterin sehr schätze. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 69/M des Herrn Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 



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Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Der erste Satz zur Präambel des Regierungsprogramms lautet ja, die Bundesre­gierung bekennt sich zu einem autonomen und selbstverwalteten österreichischen Sport, und im Zuge der auch von uns sehr stark unterstützten Reform der Bundes­sportförderung, die richtig und wichtig ist, muss ja das erste Ziel die Erhaltung und Stärkung der Basis von über 14 000 Vereinen in Österreich sein, in denen 100 000 eh­renamtliche Trainerinnen und Trainer und Funktionärinnen und Funktionäre tolle Arbeit leisten, denen wir auch aufrichtig Danke sagen müssen.

Zum Zweiten muss am Ende eine Bündelung der Kräfte des österreichischen Sports stehen, wobei wir uns natürlich auch ganz klar bekennen zu den Zielen: Mehr Bewe­gung für unsere Jugend, Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher und vor allem Maximierung der Erfolge im Spitzensport und darüber hinaus – heute schon oft angesprochen – ein modernes Fördermanagement und eine transparente Kontrolle.

Meine Frage daher:

69/M

„Wie stellen Sie sicher, dass die auch im Regierungsprogramm festgeschriebene Auto­nomie des österreichischen Sports im Zuge einer Reform der Bundes-Sportförderung nicht nur erhalten, sondern auch gestärkt wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, das ist leicht zu beantworten. Ich stelle das dadurch si­cher, dass Sie und Ihre Kollegen in diese Reform eingebunden werden. Ich glaube, dass die Autonomie des Sports in Österreich gegeben ist. Das heißt aber nicht – das sage ich durchaus ein bisschen kritisch –, dass man sagen kann: Okay, übergebt uns alle finanziellen Mittel, und wir machen damit, was wir wollen!

Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie hier im Parlament beispielsweise den § 11a mit beschlossen haben, der es auch ermöglicht, dass man sozusagen Schwerpunkte von sportpolitischer Seite vom Sportministerium setzen kann. Aber die Autonomie in Ös­terreichs Sport ist nicht gefährdet. Ich glaube, sie braucht daher auch nicht gestärkt werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haubner.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Zum Thema Autonomie gehört natürlich auch eine Verankerung auf EU-Ebene. Ich glaube, das ist ganz wesentlich, und Sie haben hier auch schon bei der Antidoping-Politik Impulse auf europäischer Ebene gesetzt.

Wie werden Sie auf EU-Ebene die Stärkung der Autonomie des Sports, sowohl im „Weißbuch Sport“ als auch beim letzten EU-Sportminister-Rat festgehalten, voran­treiben? Ich denke, das ist auch eine wichtige Frage.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, das ist eine ganz wichtige Frage, die mich auch ein biss­chen magerlt, um das ein bisschen salopp zu formulieren. Es ist jetzt erstmals der Fall gewesen, dass die Sportminister zusammengekommen sind, nach Jahren, und zwar offiziell, formell zusammengekommen sind in Brüssel, und ich habe nicht das Gefühl, dass alle europäische Nationen hier an einem Strang ziehen, gerade bei der Antido­ping-Politik. Es kann nicht so sein, dass Österreich hier Vorreiter ist, und die anderen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 43

lehnen sich zurück und machen weniger. Das heißt: Wir müssen auch hier in diesem Bereich sozusagen harte Bretter bohren und versuchen, möglichst viele Nationen auf unsere Seite zu ziehen und eine gemeinsame europäische Sportpolitik zu formulieren.

Die von der Europäischen Kommission angedachte Formulierung, die jetzt diskutiert wird, ist völlig okay, sie ist allerdings ziemlich stark in Schlagworten gehalten. Es liegt jetzt an den Mitgliedsländern, diese Schlagworte auch in die Tat umzusetzen und ope­rativ in den Ländern tätig zu werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Marko­witz.

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Über die Auto­nomie des Sports wurde heute sehr viel geredet. Sie sind ja auch ein Verfechter der­selben, Sie erwähnen das ja überall. Aber auf welche rechtliche Grundlage im österrei­chischen Rechtssystem beziehen Sie sich bei der sogenannten Autonomie des Sports?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Die Autonomie des Sports ist nicht nur im Regierungsprogramm festgeschrieben, sondern sie ist in der Zweiten Republik Common Sense. Sie ist auch in allen Ländern der Welt an und für sich anerkannt. Deswegen überrascht mich diese Ihre Frage.

Beispielsweise hat es einen Korruptionsfall im Fußballverband in Polen gegeben, wo die Regierung versucht hat, den polnischen Fußballverbandspräsidenten aus seiner Funktion – zu Recht, würde ich sagen – zu entfernen. Der Fußballverband hat auf die Autonomie des Sports gepocht und hat gesagt: Das geht nicht, denn der Staat darf sich in den Sport nicht einmischen!

Okay, das ist hinzunehmen. Insofern ist es in Österreich in der Zweiten Republik immer schon so gewesen. Ich halte es auch für richtig, dass sich der Sport selbst organsiert: die Bundessportorganisation sozusagen als Spitze des Daches und darunter die Dach­verbände und die Fachverbände. Grundsätzlich ist an dieser Einrichtung nichts auszu­setzen. Es gibt da und dort Erneuerungsbedarf und ein bisschen Justierungsbedarf, aber das System insgesamt in Österreich halte ich nicht für falsch.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister, meine Frage bezieht sich genau auf diesen Justierungsbedarf. Autonomie des Sports ist unbestrit­ten, Autonomie der Verbände auch. Der Staat fördert aber diese Verbände mit be­trächtlichen Geldmitteln, und es kommt immer wieder zu Vorfällen, vor allem bei Ver­einen, in denen es extremistische Tendenzen gibt.

Meine Frage – auch im Hinblick darauf, dass beispielsweise das Land Oberösterreich eingeschritten ist; wenn Sie sich erinnern an die Vorfälle des ÖTB in Wels (Abg. Wein­zinger: Was soll das heißen? Das ist ja unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) –: Können Sie sicherstellen oder möchten Sie Vorkehrungen treffen, dass Ver­eine, in denen es extremistische Tendenzen gibt, nicht gefördert werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Ja, ich bin zu 100 Prozent Ihrer Meinung. Wenn es extremistische Tendenzen gibt, sollte das auch als Förderkriterium angewandt werden, wobei dazu zu sagen ist, dass natürlich eine rechtliche Grundlage da sein muss, die diese extremistischen Tendenzen auch er­kennt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ku­nasek.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 44

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Bundesminister, Sie sind ja Verteidigungs­minister und auch Sportminister! Wir sagen auch ganz offen – und Sie wissen es –: Für uns ist der Kernbereich natürlich die Landesverteidigung. Und genau im Landesver­teidigungsbereich haben wir, wie wir in den letzten Wochen und Monaten gehört ha­ben, finanziell doch eine angespannte Situation.

Daher meine Frage: Inwieweit sind durch die Eingliederung des Sports in das Verteidi­gungsressort dringend benötigte Mittel für die Landesverteidigung in den Sport trans­feriert worden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Es sind keine Mittel in den Sport transferiert worden. Die Sportförderung ist ganz klar geregelt über das Glücksspielgesetz, und aus diesem Bereich kommt auch das Geld für den Sport. Dazu kommen Maßnahmen, auf die ich sehr stolz bin, auch wenn sie nicht von mir durchgeführt worden sind, beispielsweise die Ski-WM 2013 oder auch Dinge, die mit der Europameisterschaft 2008 zu tun haben. Aber mit dem Landesverteidigungs­ministerium hat das überhaupt nichts zu tun.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl, bitte.

 


Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Herr Bundesminister! Kern Ihres Vorha­bens ist es, die neuen Strukturen bei den Förderungen gezielter und direkter zu gestal­ten. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang in Zukunft die Rolle der Dachverbände und der Bundessportorganisation?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Die Rolle der Dachverbände zieht sich durch die Fragen vor allem der Opposition. Ich sage ganz klar: Ich bekenne mich zu den Dachverbänden. Sie leisten tolle Arbeit, vor allem im Breitensport. Schauen Sie sich in den Ländern um – ich bin selbst Präsident eines ganz, ganz kleinen Fußballvereines –, was ASVÖ oder ASKÖ oder die Sportunion dort für die kleinen Vereine leisten! Das ist total okay. Insofern ist auch die Rolle dieser Dachverbände nicht zu hinterfragen. Es ist auch jedem überlassen, einen Dachver­band zu gründen.

Die drei Dachverbände sind historisch gewachsen. Wenn es da und dort Verschlan­kungspotenziale gibt oder wenn Fördermittel beispielsweise vom Ministerium für Sport zur Verfügung gestellt werden, wie beispielsweise für die Initiative „Kinder gesund bewegen“, dann bin ich sehr offen für diese Dinge. Grundsätzlich halte ich die Institu­tion sowie die Installierung von Dachverbänden für gut. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Peter Haubner.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich bei den Fragestellerinnen und Fragestellern sowie beim Herrn Bundesminister für die hier an den Tag gelegte Disziplin.

Die Fragestunde ist beendet.

10.21.46Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 45

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 4814/AB bis 4835/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 1134/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend bundeseinheitliche Regelung zur Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Absicherung von Pflegeeltern;

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 1118/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen modernen Landraub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern;

Familienausschuss:

Antrag 1133/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend bundeseinheitliche Regelung zur Verbesserung der arbeits- und sozialrechtlichen Absi­cherung von Pflegeeltern;

Finanzausschuss:

Antrag 1130/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Abstimmung im Rat für Wirtschaft und Finanzen über die Einführung des Euro in Estland;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verankerung der SportwissenschafterInnen im MTD-Gesetz,

Antrag 1131/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende zahnärztliche Untersuchung im Rahmen des Mutter-Kind-Passes;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (Waffengesetz-Novel-
le 2010) (744 d.B.);

Justizausschuss:

Antrag 1124/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beteiligung von Menschen mit Behinderung an den geplanten Experten­gremien gegen Missbrauch,

Antrag 1125/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie über Missbrauch in Behinderteneinrichtungen,

Antrag 1126/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von Anlaufstellen für Menschen mit Behinderung, die von Miss­brauch betroffen sind;

Kulturausschuss:

Antrag 1121/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Erhöhung des Fördervolumens für aktuelle österreichische Musik,

Antrag 1122/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Auflösung des Republikvertrages mit den Wiener Philharmonikern,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 46

Antrag 1128/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Freilichtmuseum Stübing;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 1119/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend soziale und wirtschaftliche Integration von Roma;

Umweltausschuss:

Antrag 1120/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Novellierung des Immissionsschutzgesetz-Luft;

Unterrichtsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Berufsreifeprüfungsgesetz geändert wird (712 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (713 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (714 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (715 d.B.),

Antrag 1123/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der körperlich-motorischen Eignung sowie der erforderlichen Sprech- und Stimmleistung als Voraussetzung für das Studium an der Pädagogischen Hochschule,

Antrag 1127/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Inklusionsfahrplanes für die Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Bildungsbereich,

Antrag 1132/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend mangelnde Flexibilität bei der Anpassung des Internatsbesuchs an den tat­sächlichen Bedarf beim Bundesinstitut für Gehörlosenbildung/Wien;

Verfassungsausschuss:

Gesetzesantrag des Bundesrates vom 6. Mai 2010 betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäi­schen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde er­lassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle) (691 d.B.),

Antrag 1129/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einführung eines gewählten Kanzlerpräsidenten;

Verkehrsausschuss:

Antrag 1136/A(E) der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erdverkabelung der geplanten 110-kV-Leitung Graz–Werndorf in Tieflage zum Schutz der AnrainerInnen vor elektromagnetischer Strahlung;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Landesverteidigungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport betreffend Arbeitspro­gramm der Europäischen Kommission für 2010 (III-141 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Zwischenbericht der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung zum Dialog Hochschulpartnerschaft (III-136 d.B.).

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 47

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Grüne Klub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung einge­brachte schriftliche Anfrage 5403/J der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Partei­politik und Assistenzeinsatz dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 4 bis 8, 11 bis 14, 15 bis 26, 28 bis 33, 34 bis 36, 37 bis 40, 41 und 42 sowie 45 und 46 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 126 Minuten, Freiheitliche 113, Grüne 99 sowie BZÖ 95 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.23.351. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Produktpirateriebericht 2009 des Bun­desministers für Finanzen (III-123/738 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen damit zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar. Ich stelle die Uhr wunschge­mäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


10.23.54

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben in der Vergangenheit immer wieder davon gesprochen, dass die F&E-Quote erhöht wer­den muss. Wir brauchen mehr Forschung und Entwicklung. Auch Betriebe, nicht nur in Österreich, investieren viel Geld in Forschung und Entwicklung. Das Problem ist nur, dass in letzter Zeit durch Produktpiraterie diese Bemühungen immer mehr untergraben werden. Ein Unternehmen, das Milliarden in die Hand nimmt, um zu forschen, um zu entwickeln, um neue Produkte auf den Markt zu bringen, hat hinterher ein massives Pro­


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blem, wenn in Mafia-ähnlichen Strukturen Produkte gefälscht werden und diese Pro­dukte in Umlauf kommen. Auch die Konsumenten nehmen gewaltigen Schaden.

Zurück zum Schaden für die Unternehmen. – Ich habe das recherchiert. Weltweit wer­den über 300 Milliarden € mit Produktpiraterie verdient, und durch diese Auswüchse sind schon 300 000 Arbeitsplätze verloren gegangen.

Die Konsumenten haben insofern ein gewaltiges Problem, als sie in vielen Fällen gar nicht mehr unterscheiden können, ob sie ein Originalprodukt oder ein Plagiat kaufen. Genau das ist das Problem.

Es ergeben sich auch gewaltige Sicherheitsprobleme, ganz besonders dann, wenn es um Medikamente geht. In diesem Bereich haben wir ja in den letzten Jahren eine ge­waltige Explosion der Produktpiraterie erlebt. Gerade bei Medikamenten kann nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein gesundheitlicher Schaden eintreten. Wenn man sich den Bericht durchliest, erkennt man, dass eine gewisse Hilflosigkeit vorherrscht, dass diesem Problem nicht entsprechend beizukommen ist.

Man muss sich das einmal vorstellen; ich habe auch mit einigen Zollbeamten gespro­chen. Es wird immer schwieriger, zu erkennen, ob es sich um eine Fälschung handelt. Das heißt, es bedarf einer sehr aufwendigen Prozedur des Zollbeamten, um heraus­zufinden, ob es sich um eine Fälschung handelt. Wenn ja, muss der Rechteinhaber he­rangezogen werden; das ist ein sehr aufwendiges Verfahren. Nach geltender Rechtsla­ge aber – und das bestätigt auch dieser Bericht – werden 60 Prozent der Waren wieder ausgefolgt. Das muss man sich einmal vorstellen! 60 Prozent der Waren, die mühsam aussortiert werden, die mühsam erkannt werden, die mühsam zugeordnet werden, werden dann wieder in Verkehr gebracht. Genau das ist das Problem.

Jetzt frage ich Sie: Ist es verwunderlich, dass die Motivation der Beamten sinkt, wenn ihre Bemühungen in der Art honoriert werden, dass nur 40 Prozent der beschlagnahm­ten Waren langfristig aus dem Verkehr gezogen werden?

Deshalb ist dieser Bericht auch ein Weckruf für das Finanzministerium. Wir haben da­hin gehend auch einen Antrag eingebracht, den ich kurz erläutern will.

Wir brauchen erstens einen neuen Tatbestand im Finanzstrafgesetz, damit das Ganze kein Privatanklagedelikt bleibt, sondern ein Offizialdelikt wird. Das heißt, dass der Staat von sich aus aktiv wird, um diese Dinge hintanzuhalten. Wir müssen aber auch gegen die Fälschungen innerhalb der EU vorgehen, denn hier hat die Zollbehörde keine Hand­habe.

Was außerdem noch ganz, ganz wichtig ist: Im Zusammenhang mit Medikamenten müssen wir jede Fälschung, die zugeordnet wird, als eigenen Vergehenstatbestand ins Strafgesetzbuch schreiben, denn nur so können wir verhindern, dass noch mehr Men­schen zu Schaden kommen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in der Vergangenheit sehr viele Fälle erlebt, dass Menschen durch gefälsch­te Medikamente schweren Schaden genommen haben. Sogar zu Todesfällen ist es ge­kommen durch gefälschte Medikamente, die mit Quecksilber und allem Möglichem ver­setzt waren.

Das sind Maßnahmen, die wir in Österreich umsetzen müssen. Das heißt, wir müssen hier in Österreich – Herr Finanzstaatssekretär Lopatka, der Appell geht an Sie – mehr tun, um zu verhindern, dass gefälschte Waren nach Österreich kommen. Aber wir müs­sen noch ein Weiteres tun, nämlich international dafür sorgen, dass sich manche Län­der wie China oder Indien endlich an die Spielregeln halten. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Länder an die Kandare genommen werden, denn es kann nicht sein, dass ein österreichisches Unternehmen Millionen investiert, um ein neues Produkt zu entwi­ckeln – Firma Doppelmayr, Sie kennen das Beispiel –, die Chinesen dieses dann kopie­


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ren, „Doppelmayr“ draufschreiben und der Firma Doppelmayr, einer österreichischen Paradefirma, sozusagen mit derem eigenen Produkt international Konkurrenz machen. Das kann nicht sein, das müssen wir hintanhalten. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP sowie des Abg. Mayerhofer.)

Wenn wir es nicht schaffen, dass sich international alle an die Spielregeln halten, und wenn wir es nicht schaffen, zu verhindern, dass gefälschte Waren nach Österreich kommen und hier vertrieben werden, dann können wir uns die Erhöhung der F&E-Quo­te gleich sparen, dann fördern wir nämlich nur die Unternehmen in China und Indien und nicht die heimischen Unternehmen. Das wird auch keinen positiven Effekt auf die heimischen Arbeitsplätze haben. (Beifall beim BZÖ.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Tamandl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.30.01

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Lugar, vieles von dem, was Sie gesagt haben, ist selbstverständlich richtig. Es geht nicht nur um den Wegfall von Arbeitsplätzen oder den Wegfall von Wertschöpfung für Unternehmen, die jahrelang in Forschung investiert haben, sondern es geht ganz einfach auch um die Gesundheit der Menschen, darum, sie zu informieren, sie aufzufordern, darauf zu ach­ten, nicht auf gefälschte Medikamente beziehungsweise auf gefälschte Waren im All­gemeinen hereinzufallen.

Es wird heute in der Säulenhalle vom Finanzministerium eine Palette von gefälschten Produkten ausgestellt, die die Zollbehörden immer wieder aufgegriffen haben; Produk­te wie Kleidungsstücke, Schuhe, Handtaschen, Medikamente, aber natürlich auch ge­fälschte Bremsscheiben oder gefälschte Autoreifen.

Ich denke, wir müssen uns wirklich Gedanken darüber machen und die Menschen da­rüber informieren, was sie sich eigentlich damit antun, wenn sie beispielsweise aus dem Internet – und das ist der größte Brocken – gefälschte Produkte erwerben.

Es gibt natürlich bei den Medikamenten mehrere Auswirkungen. Einige zum Beispiel zeigen überhaupt keine Wirkung, dann kann man nur sagen, es hilft nicht, aber es schadet auch nicht. Es gibt aber auch viele Medikamente, die erheblichen Schaden an­richten, die zu Gesundheitsschädigungen und natürlich auch bis zum Tod führen kön­nen. Man glaubt offensichtlich, im Internet beispielsweise Diätpillen oder andere Pro­dukte wie Potenzmittel erwerben zu müssen, um nicht in eine Apotheke gehen zu müs­sen und vielleicht einer peinlichen Situation ausgesetzt zu sein. Was aber die Neben­wirkungen betrifft, gehört meines Erachtens viel mehr Aufklärung geleistet.

Was ich schade finde, Herr Kollege Lugar – er ist jetzt nicht mehr da –, ist, dass Sie dem Produktpirateriebericht aus den angeführten Gründen – wobei ich vielen Argu­menten, die Sie vorgebracht haben, zustimmen kann – nicht zustimmen, denn es gibt sehr viele engagierte Beamtinnen und Beamte bei den Zollbehörden, die diese Aufgrif­fe machen. Man merkt auch – ich habe mich vorhin in der Säulenhalle mit den Herr­schaften unterhalten –, wie gut die Zusammenarbeit beispielsweise mit den Postbe­diensteten funktioniert, denen auffällt, dass Pakete irgendwie komisch ausschauen, oder die darauf achten, wenn Medikamente gar nicht in einer Schachtel, sondern nur in der Hülle, aus der sie dann einfach herausgedrückt werden, geliefert werden.

Das heißt, es ist wichtig, eine fundierte Zusammenarbeit zustande zu bringen, und es gibt auch eine Zusammenarbeit mit Ländern beispielsweise wie China. Ich glaube, das ist unbedingt notwendig. Das Wesentliche ist Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 50

Wenn wir ein Zeichen setzen und wenn wir uns bedanken wollen bei den Kolleginnen und Kollegen der Finanzverwaltung, der Zollbehörden, dann sollten wir auch geschlos­sen diesem Bericht unsere Zustimmung geben, denn dieses Thema ist wirklich ernst. Wir sollten diese Zusammenarbeit immer weiterentwickeln. Das wird seitens der Zoll­behörden sicher gemacht. Auch seitens der Europäischen Union gibt es eine Arbeits­gruppe, in der eine Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern noch vorangetrieben wird.

Ich denke, dass Sie heute ein Zeichen setzen könnten, wenn Sie diesem Bericht zu­stimmen. Der Bericht an sich ist meines Erachtens überhaupt keiner Kritik auszuset­zen. Auch deshalb würde ich Sie bitten, mit Ihrer Fraktion noch darüber zu beraten, diesem Bericht doch zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Maier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.33.50

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Produktpirateriebericht 2009 zeigt sehr deutlich die Risken einerseits für Konsumenten, aber andererseits natürlich für die Wirtschaft auf.

Das Verfassen eines Produktpiraterieberichts wurde hier in diesem Hause einstimmig beschlossen. Wir sind eines der wenigen Länder, in welchem dem Parlament ein Pro­duktpirateriebericht vorgelegt wird. Dieser Produktpirateriebericht gibt uns die Möglich­keit, über die Problembereiche zu diskutieren, gibt uns die Möglichkeit, über gefälschte minderwertige oder gefährliche Produkte Schlussfolgerungen zu ziehen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gemeinsam mit dem Finanzministerium, mit Unterstützung aller Fraktionen, in der Säulenhalle Produk­te ausgestellt, die vom österreichischen Zoll beschlagnahmt wurden. Es sind Alltags­produkte, es sind nicht mehr die ganz teuren Produkte. Sie finden technische Geräte genauso wie Textilien, und Sie finden insbesondere Arzneimittel, die gefälscht wurden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist das widerliche Ge­schäft mit tödlichen Pillen. Hunderte Menschen sind in Afrika an gefälschten Arznei­mitteln bereits gestorben; ebenfalls in Indien und in Bangladesch. Daher kommt es ins­besondere auf die internationale Zusammenarbeit an, um dieser organisierten Krimina­lität das Handwerk zu legen. Es ist organisierte Kriminalität, und zwar nicht nur im Be­reich der Arzneimittelfälschungen, sondern auch im Dopingbereich. Die Hersteller sind dieselben. Sie stellen einerseits Arzneimittel her, bauen sie nach, und sie produzieren auch Dopingmittel. Sie können das bei unseren Ausstellungsgegenständen im Detail nachsehen, meine Damen und Herren! Sie finden Testosteronprodukte, die auch aktiv im Sport, nämlich im Spitzensport, eingesetzt werden können.

Das Hauptproblem – und das muss konkret angesprochen werden – liegt im Internet. Das Internet ist das Einfallstor für gefälschte Produkte, und zwar nicht nur für Arznei­mittel. Allerdings gehört die Arzneimittel-Kriminalität weltweit zu den lukrativsten Wachstumsmärkten, die Gewinne sind enorm. Andererseits sind aber auch die Risken besonders hoch. So wurde in Deutschland und Holland bei traditionellen chinesischen Schlankheitsmitteln Aristolochiasäure entdeckt, eine Säure, die die Nieren schädigt, Krebs hervorruft und das Erbgut verändert.

Ein Land allein wird dieses Problem nicht in den Griff bekommen. Dieses Problem kann nur durch internationale Zusammenarbeit gelöst werden, wie im letzten Jahr bei der Aktion „Pangea II“, bei der 26 Länder zusammengearbeitet haben, 995 Postsen­


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dungen beschlagnahmt und 72 Websites vom Netz genommen wurden. Innerhalb von zwei Monaten wurden 34 Millionen Stück gefälschter Arzneimittel beschlagnahmt.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem österreichischen Zoll ist im internationalen Vergleich ein hohes Kompliment auszusprechen. Ich darf das na­mens meiner Fraktion vornehmen. Wir stehen international exzellent da. Das Problem der Produktpiraterie werden wir allerdings nicht allein lösen können, sondern nur über eine verstärkte internationale Zusammenarbeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Staatsse­kretär Dr. Lopatka: Sehr richtig!)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


10.38.05

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Kampf gegen die Produktpiraterie eint uns jetzt schon einige Zeit, und so ist auch dieser Bericht wieder sehr interessant. Wir haben einen neuen Höchststand an aufgegriffenen Sendungen, nämlich 2 512 Stück. Auch wenn die Sum­me der zugrunde liegenden Produkte, also quasi die Rendite daraus, ein bisschen niedriger ist als im Vorjahr, so kann man das noch immer nicht als richtigen Erfolg wer­ten. Auf der einen Seite schon, auf der anderen Seite ist natürlich zu berücksichtigen, dass auch die Piraten ihr Verhalten geändert haben, sich einfach umgestellt haben, was die Produkte betrifft: weg von den Luxusgütern, also von den teuren Artikeln, hin zu den Massenkonsumgütern, was wirklich ein Problem darstellt.

Der medikamentöse Bereich wurde schon angesprochen, darauf gehe ich jetzt nicht mehr näher ein; er ist ausgiebig behandelt worden.

Wenn man liest, dass auch Lebensmittel, dass auch Spielzeug von Produktpiraterie betroffen sind, Autoersatzteile, et cetera, dann kann man ermessen, welche Gefahren tatsächlich hinter diesen Piraterien stecken.

80 Prozent der gefälschten Produkte kommen aus Asien. Es ist schön, dem Bericht entnehmen zu können, dass im Jahr 2009 ein Abkommen mit China getroffen wurde, um sich das Ganze einmal anzuschauen, um zu überlegen, wie sich diese Zusam­menarbeit entwickeln könnte. Das ist sozusagen jetzt noch ein Testprogramm, es sollte sich aber doch hoffentlich eine sehr fruchtbare und kooperative Zusammenarbeit erge­ben. Das ist auch der Grund dafür, dass wir von der FPÖ heuer diesem Bericht zustim­men; wir haben das im Vorjahr noch nicht getan.

Einen Kritikpunkt möchte ich allerdings noch anbringen, und das ist die Informations­politik, die wir vor Ort national sehr wohl etwas besser steuern und entwickeln könnten. Die einzige Information, auf die man trifft, ist nach langem Suchen die Seite des Bun­desministeriums für Finanzen. Unter dem Punkt „Zoll“ findet man dort etwas über Pro­duktpiraterie. Die findet man aber auch nur dann, wenn man den richtigen Begriff in den Suchmaschinen eingibt, eben den Suchbegriff „Produktpiraterie“. (Abg. Dr. Lich­tenecker: Das ist ein Experte, der Kollege!) Welcher Konsument, welcher Internet­nutzer würde, wenn er sich darüber informieren will, welche Risiken gefälschte Produk­te mit sich bringen, darauf kommen, dass der Begriff „Produktpiraterie“ derjenige ist, der genau auf diese Seite führt?

Ich glaube, hier haben wir etwas zu tun und ich glaube auch, dass diese Ausstellung, die ja wirklich ganz deutlich zeigt, wie gefährlich dieses Spiel ist, etwas sein könnte, womit man einmal eine kleine Österreichrundfahrt machen könnte. Das wäre für die Bürger dieses Landes, für die Konsumenten ganz, ganz interessant. Wenn man in die Säulenhalle geht und nicht weiß, dass es gefälschte Produkte sind, dann glaubt man,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 52

man ist eher in einem Laden für Waren aller Art, als dass es sich hier um etwas han­delt, was im Großen und Ganzen kriminell ist.

Da haben wir noch Handlungsbedarf, aber trotzdem anerkennen wir die Bemühungen auch des Bundesministeriums für Finanzen und werden diesmal diesem Bericht zu­stimmen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.41.32

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Maier hat schon sehr ausführlich darauf hingewiesen, welche Gesundheitsgefährdungen von gefälschten Produkten ausgehen können.

Aber es geht nicht wirklich nur um Medikamente oder Lebensmittel, die gefährlich sein können, sondern auch um Produkte wie beispielsweise Kinderspielzeug. Kinderspiel­zeug, das gefälscht ist, wo Sollbruchstellen fehlen, ist ganz leicht auf Märkten zu kau­fen, nicht nur über das Internet. Da muss man einfach in diesem Kontext auch klar­stellen, dass Produktpiraterie in dieser Form kein Kavaliersdelikt ist. Es ist kein Kava­liersdelikt, Produkte in dieser Form nachzubauen, zu fälschen. Die Konsumenten sind da mit Qualitätsverlust, aber auch Vertrauensmissbrauch konfrontiert. Man kauft ein Produkt, vertraut auf die Funktionsfähigkeit, auf die Qualität und bekommt das dann nicht.

Die nächste Ebene sind natürlich die Unternehmen – die Unternehmen, die massive Umsatzverluste haben, aber genauso Imageverluste. Wenn Produkte, die Erwartungen nicht erfüllen, dann heißt das auch etwas für die Marke. So auch passiert beispiels­weise beim Motorrad- und Fahrradhersteller KTM in Mattighofen in Oberösterreich. Da wurden Produkte nachgebaut, die auf Messen gefunden wurden, sozusagen im pro­fessionellen Vertrieb, und es war ganz klar, dass es mangelhafte Produkte sind, die eine große Gefährdung darstellen. Das widerspricht natürlich nicht nur dem Sicher­heitsbedürfnis, sondern auch ganz klar den Wettbewerbsregeln.

Wenn Sie es volkswirtschaftlich betrachten, dann gibt es die Einschätzung seitens Wirtschaftsorganisationen, dass weltweit inzwischen 5 bis 9 Prozent des Handels mit Markenfälschungen betrieben werden und hier ein Volumen von 450 Milliarden € ge­schätzt wird, was de facto an die zwei Millionen Arbeitsplätze darstellt. Schätzungen für Deutschland sind zwar jetzt nicht unmittelbar auf Österreich in dieser Form über­tragbar, aber nur, dass Sie auch einen Begriff haben, was das heißen könnte, gebe ich dieses Beispiel: Für Deutschland, sagt die deutsche Handelskammer, sind es in etwa 70 000 Arbeitsplätze, die dadurch verloren gehen und das ergibt einen Schaden von rund 30 Milliarden €.

Nicht zu vergessen ist etwas, was nichts sehr Unübliches darstellt, nämlich der Import von gefälschten Zigaretten. Das ist ein Verlust von Steuereinnahmen, mit dem der Staat konfrontiert ist. Ein Container gefälschter Zigaretten heißt in etwa ein Minus von 1,3 Millionen € in der Staatskasse. Also eine Anzahl von Argumenten, die ganz klar zeigen, hier herrscht Handlungsbedarf.

Herr Staatssekretär, wir sehen in diesem Bericht 2009 einen Fortschritt. Wir halten die EU-weite Kooperation in dieser Frage für einen wichtigen Schritt, auch den EU-Zoll-Aktionsplan 2009 bis 2012. Wir Grüne werden dem Bericht in dieser Form zustimmen, wiewohl wir glauben, dass es auch Punkte gibt, die weiter vorangetrieben werden müs­sen. Das sind die Öffentlichkeitsarbeit, aber ganz wesentlich die Forcierung der Netz­


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werke zur Aufklärung, zur Verhinderung von Markenfälschungen beziehungsweise dem Handel damit.

Herr Staatssekretär, ich habe eine Bitte an Sie. Es wird eine Evaluierung des Aktions­planes Mitte 2010 geben. Wir ersuchen Sie, diesen Bericht, diese Evaluierung auch in den Ausschuss zu bringen, die Diskussion darüber zu führen, damit man auch die rich­tigen Schlüsse ziehen kann, wie in dieser Form weiter effizient vorangegangen werden kann, den Schutz der KonsumentInnen, den Schutz der Unternehmen, auch im Diens­te der Volkswirtschaft, zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun ist Herr Staatssekretär Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.45.57

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mich eingangs bei allen Debattenrednern dafür bedanken, dass die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen des Zolls in dieser Frage so positiv gesehen wird. Das deckt sich auch mit dem, was ich hier in den direkten Gesprächen gemerkt habe, dass mit großem Engagement gear­beitet wird.

Das Bild, das vom Abgeordneten Lugar gezeichnet worden ist, entspricht nicht der Re­alität. Es ist völlig falsch, was Sie gesagt haben, was die Vernichtung der aufgegriffe­nen Waren betrifft. Ich darf Sie nur bitten: Lesen Sie den Bericht! Auf Seite 25 werden Sie sehen, dass von 2 516 Sendungen 2 297 im vereinfachten Verfahren vernichtet worden sind. Diese Zahl ist eindeutig. Bei den Produkten, die nicht vernichtet worden sind, handelt es sich vor allem um Schuhe, wo die betroffene Firma darauf verzichtet hat, dass diese Schuhe vernichtet werden sollen. Das nehmen wir dann zur Kenntnis, wenn das so ist.

Aber dort, wo Gefahr für Leib und Leben besteht, werden diese Produkte selbstver­ständlich vernichtet. Damit hier nicht ein falscher Eindruck entsteht: Es arbeiten die Zollbeamten, die Produkte werden aufgegriffen, die meisten werden vernichtet, und so­mit bleibt keine Gefahr für Leib und Leben aufrecht. – Also bitte bei der Wahrheit blei­ben! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

Fakt ist, dass die Herausforderungen tatsächlich größer werden und dass gerade in Krisenzeiten Menschen, die finanziell unter Druck stehen, da falsche Ausflüchte su­chen. Bei den Aufgriffen merken wir es bei Medikamenten und bei Kosmetika, also dort, wo man sich selbst einen furchtbaren gesundheitlichen Schaden zufügen kann. Gerade in diesem Bereich ist die Zahl der aufgegriffenen Produkte enorm gestiegen.

Der zweite Bereich, den man hier sehen muss, ist natürlich der Bereich der Luxus­artikel. Da würde ich Sie bitten – es war die Idee vom Abgeordneten Maier, diese Aus­stellung in der Säulenhalle zu machen (Abg. Silhavy: Immer der Maier!) –: Schauen Sie bei diesem Tisch vorbei und Sie werden sehen, was hier alles an gefälschten Pro­dukten nach Österreich kommt.

Da ist es so, dass wir hier auch ein neues Phänomen beobachten. Früher ist sehr viel über die Straße gekommen. Das geht jetzt eher zurück. Immer mehr kommt nun mit Postsendungen und das geht dann auch in den Bereich des Sports hinein, jetzt nicht nur, was Sportartikel betrifft wie Schuhe oder gefälschte Trikots. Es geht hier auch wie­der in einen Bereich, der gesundheitsgefährdend wird, wenn es um Dopingmittel geht. Auch hier ist die Zahl schon eine, die massiv steigt. Wer den Bericht liest, der wird ihm entnommen haben, dass von 2008 auf 2009 eine Steigerung um 50 Prozent zu ver­


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zeichnen ist und ich kann Ihnen berichten, dass wir auch im ersten Quartal 2010 die Zahl der aufgegriffenen Fälle um 100 Prozent steigern konnten.

Das Problem, das auch schon hier angesprochen worden ist, ist aber natürlich eines, das wir nicht als Einzelstaat, als Republik Österreich lösen können, weil es ein interna­tionales ist. Daher, was Sie angesprochen haben, diese Zusammenarbeit auf europäi­scher Ebene und auch dem Wunsch der Abgeordneten Lichtenecker, diesen Eva­luierungsbericht in den Ausschuss zu bringen, dem komme ich sehr gerne nach.

Wir haben nur eine Chance, dass wir in den Herstellerländern etwas bewirken, wenn wir europaweit gemeinsam vorgehen. In Wirklichkeit ist es vor allem ein Herstellerland, es ist China. Auch hier im Bericht werden Sie sehen, dass bei der Anzahl der Produkte, die nach Österreich gekommen sind, beinahe zwei Drittel aus China stammen. Wenn ich Hongkong dazu nehme, was eigentlich richtig wäre, dann sind sieben von zehn Sendungen aus China. Nimmt man die Gesamtmenge, sind es sogar 75 Prozent, die aus China kommen. Zunehmend an der Spitze der Herkunftsländer ist im Bereich der Arzneimittel Indien und dann, wenn es um Sportprodukte geht, ist es auch die Türkei.

Wir müssen als Europäische Union vor allem mit den Herkunftsländern ins Gespräch kommen, dass diese bereit sind, massiv gegen jene vorzugehen, die mit Produktpirate­rie ihr Geschäft machen.

Es gibt einen Punkt, der nicht im Produktpirateriegesetz angesprochen wird, aber den ich schon erwähnen möchte – Abgeordnete Lichtenecker hat diesen Bereich auch rich­tigerweise erwähnt –, das ist der Zigarettenschmuggel. Den gibt es natürlich nach wie vor. Es geht uns dabei nicht nur viel Geld verloren, sondern diese Zigaretten werden oft auch unter furchtbaren Bedingungen, was die Hygiene betrifft, hergestellt. Wir konn­ten im Jahr 2009 mehr als 46 Millionen Stück Zigaretten im Wert von rund 7 Millionen € sicherstellen. Die Zahl ist auch hier etwas gestiegen. Im Jahr 2008 waren es 45 Millio­nen Stück Zigaretten. Das ist schon ein großer Bereich im Schmuggel.

Ich werde diese Woche eine Aktion präsentieren. Weil auch bei uns die finanziellen Mittel und die Ressourcen beschränkt sind, machen wir das gemeinsam mit der Ta­bakindustrie, die natürlich auch Interesse daran hat, gegen den Schmuggel vorzuge­hen. Ich werde die Aktion, um nochmals den Kampf gegen den Zigarettenschmuggel von unserer Seite her zu verstärken, am Freitag präsentieren.

Eine Sache, die ich auch erwähnen möchte, die auch immer stärker dazu kommt, ist natürlich das Internet. Hier haben wir speziell geschulte Beamte, die sich ausschließ­lich um diesen Bereich kümmern können und auch die notwendige Expertise erwer­ben, weil wir einfach gemerkt haben, dass diese verbotenen Geschäfte, diese Produkt­piraterie – ich habe vorhin schon China und Indien erwähnt – beinahe ausschließlich über das Internet abgewickelt werden.

Was auch neu dazu gekommen ist und unsere Arbeit erschwert, ist, dass die Produkte aus Drittstaaten nicht direkt nach Österreich kommen. Anscheinend ist es einfacher für diese organisierten Syndikate, diese Verbrecherkartelle, in Tschechien ein Verteiler­zentrum zu errichten, um dann innerhalb der EU, aus einem EU-Staat heraus, diese Produkte leichter in den europäischen Raum vertreiben zu können. Das ist gerade erst aufgedeckt worden. Auch in diesem Fall werden diese Produkte nicht auf der Straße, sondern über den Postweg vertrieben.

Zusammenfassend von meiner Seite her bin ich froh, dass dieser Produktpirateriebe­richt eine so breite Zustimmung findet. Ich bin auch den Abgeordneten für ihre Anre­gungen dankbar, die wir sicher aufgreifen werden. Auch der Anregung des Abgeordne­ten Zanger und dem berechtigten Wunsch, was das leichtere Finden von Informationen auf der Website betrifft, werden wir versuchen nachzukommen, damit es einfacher wird,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 55

im Interesse der Konsumenten, auch im Interesse der Gesundheit, noch besser vorzu­gehen.

Daher von meiner Seite ein Danke für die Mitarbeit im Ausschuss, aber auch für die Zustimmung zu diesem Bericht heute. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Prähauser und Zanger.)

10.56

10.56.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, den vorlie­genden Bericht III-123/738 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

10.56.312. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (662 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz-steuergesetz 1994, das Grundsteuergesetz 1955, das Bundesgesetz über eine Abgabe von Bodenwert, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwal­tungsorganisationsgesetz 2010, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das EUROFIMA-Gesetz, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2010 – AbgÄG 2010) (741 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Tabakmonopolgesetz 1996 geändert wird (742 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 2 und 3 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster kommt Herr Abgeordneter Weinzinger zu Wort. – Bitte.

 


10.57.05

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir beraten hier über eine Regierungsvorlage, und als Erstes ma­che ich mir jetzt das Vergnügen, Sie mit dieser Materie vertraut zu machen. Es ist ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wir wissen es eh! Danke!), das Umgründungssteu­ergesetz, das Umsatzsteuergesetz, das Grundsteuergesetz, das Bundesgesetz über eine Abgabe von Bodenwert, das Gebührengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das EUROFIMA-Gesetz, das Gesundheits- und So­zialbereich-Beihilfengesetz und das Finanzausgleichsgesetz geändert werden.

Ist Ihnen klar, was allein der Titel dieses Tagesordnungspunktes zum Ausdruck bringt? – Dass wir ein verdammt schwieriges und ein nach Reform schreiendes Steuer­recht haben. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 56

Ich weiß nicht, ob Sie sich schon einmal die Mühe gemacht haben, unser Steuerrecht genauer zu studieren. Das ist ja nur ein Teil unseres Abgaberechtes. Jetzt stellen Sie sich vor, was wir brauchen, um das alles zu verwalten, welchen Aufwand wir dafür betreiben müssen! Darum kommt es ja vor, dass wir Steuern haben, die von den jewei­ligen Finanzministern, wenn sie halbwegs vernünftig sind, abgeschafft werden, weil sie feststellen müssen, dass die Einhebung und Feststellung der Bemessungsgrundlagen mehr kostet, als an Ertrag eingebracht wird. Wie gesagt, wenn einer vernünftig ist. Es gibt ja welche, die sagen, das ist eine Arbeitsbeschaffungsmethode.

Meine Damen und Herren, mit diesem Abgabenänderungsgesetz 2010 wurde uns ver­sprochen, dass es eine maßgebliche Verbesserung geben wird, eine Vereinfachung, eine Berücksichtigung der Probleme unserer Unternehmen, es wird Verbesserungen im Bereich der Unterhaltsleistungen an nicht haushaltszugehörige Kinder und so weiter geben. Das alles wird sich verbessern.

Die von der Regierung in Aussicht gestellte Entlastung der Unternehmen durch die vor­geschlagene Gesetzesänderung findet aber nicht statt. Es findet auch die Entlastung des ganz normalen Bürgers durch eine Rücknahme der Mineralölsteuererhöhung nicht statt. Das findet alles nicht statt.

Weiters findet nicht statt die Entlastung der beruflich veranlassten Pendler, da das Ki­lometergeld, das auf lächerlichen 42 Cent ist, nicht auf 52 Cent, wo es hingehört, ange­hoben wird. Das findet nicht statt. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher, meine Damen und Herren, werden wir diesem Abgabenänderungsgesetz 2010 – beim besten Willen; wir haben es versucht – die Zustimmung nicht geben. Es tut mir leid, Herr Finanzstaatssekretär. (Beifall bei der FPÖ.)

11.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

 


11.00.46

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Lutz Weinzinger ist seines Zeichens Steuerberater. Was wür­den die 30 000 Steuerberater machen, Herr Weinzinger, wenn wir nicht so ein um­fangreiches Steuerrecht hätten? (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wein­zinger: ... auch andere überleben!)

Ich befasse mich mit zwei Punkten dieses Abgabenänderungsgesetzes 2010. Der ers­te Punkt ist das Umsatzsteuergesetz. Hier, lieber Herr Kollege Weinzinger, wird tat­sächlich etwas vereinfacht bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen. Wir ha­ben die Grenzen ja allgemein angehoben, für die Umsatzsteuerpflicht schon in der Ver­gangenheit auf 30 000 €. In Zukunft werden die Umsatzsteuervoranmeldungen viertel­jährlich abgegeben werden können, eben ab dieser Grenze. Zusätzlich entfällt die Grenze von 7 500 €. Hier waren wir bisher verpflichtet, eine Jahreserklärung für die Umsatzsteuer abzugeben. Es ist also doch eine deutliche Entlastung der Steuerpflichti­gen, dass also die Abgabe der jährlichen Steuererklärungen entfällt.

Es kommt zur gleichen Regelung für alle Umsatzgrößen. Bis 100 000 € Jahresumsatz ist die vierteljährliche Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen vorgesehen, und da­mit, glaube ich, haben wir doch einen wichtigen Schritt in Richtung Verwaltungsverein­fachung gemacht.

Einen zweiten Punkt habe ich mir aus diesem umfangreichen Abgabenänderungsge­setz auch noch herausgenommen, das ist die Änderung der Normverbrauchsabga­be 1991. Hier musste die österreichische Gesetzgebung einer EuGH-Entscheidung entsprechen und den CO2-Malus entsprechend korrigieren beziehungsweise berichti­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 57

gen. Bei der Einfuhr von gebrauchten Fahrzeugen, die im Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union bereits einmal zugelassen wurden, ist der entsprechende wertge­minderte Betrag auch bei der CO2-Abgabe anzusetzen.

Abschließend möchte ich zur Besteuerung von Kraftfahrzeugen noch einmal kritisch Stellung nehmen, weil ich der Meinung bin, dass diese insgesamt viel zu hoch ist. Ge­rade bei Minivans, die vielfach von Familien benützt werden, die aber auch kleine Un­ternehmer sehr häufig einsetzen, haben wir eine Gesamtbelastung von Verbrauchs­steuern mit CO2-Malus bei einem DIN-Normverbrauch von etwa 10 Litern auf 100 Kilo­meter von über 40 Prozent. Ich glaube, das ist eindeutig zu hoch.

Wir sollten auch immer wieder bedenken, dass in Österreich fast 500 000 Menschen direkt oder indirekt vom Kfz-Sektor abhängig sind und dort ihre Arbeitsplätze haben. Insofern sollte man sich in Zukunft schon überlegen, auch entsprechende Bonifikatio­nen bei der Verbrauchsbesteuerung von Fahrzeugen auszusprechen. Vielleicht ist es auch möglich, so wie wir bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen schon entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben, entsprechende Bonifikationen auch für andere Fahr­zeuge festzulegen. Ich glaube, damit würden wir den Bürgern, aber auch der Kfz-Wirt­schaft einen guten Dienst erweisen. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.04


Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.04.24

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dieses Abgabenänderungsgesetz 2010 novelliert eine ganze Reihe von Steuergesetzen. Im Wesentlichen sind aber auch viele positive Punkte darunter, deswegen werden wir auch zustimmen. So geht es zum Bei­spiel um eine Verschärfung der Gruppenbesteuerung oder um mehr Transparenz bei Privatstiftungen.

Damit möchte ich mich jetzt aber nicht mehr länger aufhalten, sondern ich möchte mich noch mit einem zusätzlichen Gesetz, das im Ausschuss im Schnellverfahren dazuge­kommen ist, beschäftigen, nämlich dem Tabakmonopolgesetz. Ich möchte kurz die Si­tuation beschreiben, und dann möchte ich eine einzige Frage an den Herrn Staatsse­kretär stellen und würde bitten, dass Sie diese beantworten.

Es geht um das Problem, dass der Europäische Gerichtshof die Mindestpreise gekippt hat, also dieses System, das in Österreich lange vorherrschend war, dass es bestimm­te Mindestpreise für eine Schachtel Zigaretten geben soll. Da niemand in Österreich will, dass man in Zukunft Zigaretten zum Spottpreis verkaufen kann, gibt es nun eine Novellierung und eine neue Preisregulierung. Und der Vorschlag von den Regierungs­parteien ist, dass es Mindesthandelsspannen gibt, das heißt, dass nicht mehr die Ta­bakindustrie mehr einstreift, sondern der Tabakhändler.

Ich habe eine einzige Frage, Herr Staatssekretär: Warum machen wir das nicht anders und machen das über höhere Steuereinnahmen? Ich glaube, dass die Republik das im Moment sehr gut brauchen könnte. Überall platzt der Haushalt aus allen Nähten. Wa­rum also können wir das nicht über Steuererhöhungen regulieren? Warum müssen die Trafikanten und Trafikantinnen jetzt mehr verdienen? Warum kassiert das nicht der Fiskus?

Dies vor allem vor folgendem Hintergrund: Wir haben 1,4 Milliarden € an Steuereinah­men aus der Tabaksteuer. Davon wird einmal die lächerliche Summe von 12 Millio­nen €, also ein Bruchteil, nur für Prävention eingesetzt, das heißt für die ganz wichtige Arbeit, bei den Jugendlichen Aufklärung zu leisten, bei den Kindern Aufklärung zu leis­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 58

ten, bei den Eltern Aufklärung zu leisten oder zum Beispiel den Menschen, die auf­grund einer Nikotinerkrankung, also Lungenkrebs oder Atemwegserkrankungen oder Stimmbandkrebs, vielleicht eine Entwöhnungstherapie brauchen, diese aber nicht be­zahlt bekommen, zu helfen. Warum machen wir das nicht umgekehrt?

Ich hätte da gerne eine vernünftige Antwort, denn das ist mir absolut unverständlich, und das versteht niemand, vor allem auch angesichts der bevorstehenden Spar- und Kürzungswelle, die uns im Bundesfinanzrahmengesetz gestern schon vorgestellt wur­de. Vielleicht können Sie dazu Stellung nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


11.06.59

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Vorrednerin hat natürlich einen besonderen Zugang zu Tabakwaren, aber ich möchte behaupten, sie ist auch in ihrer eigenen Fraktion isoliert. Ich erinnere an die Worte des Kollegen Grünewald, der einen sehr offenen und menschenfreundlichen Zugang auch zu diesen Regelungen hat.

Ich möchte auch erklären, wieso es zu der Spannenfestlegung kommt und warum das wichtig ist. Das österreichische Tabakmonopol hat es möglich gemacht, dass nach 1945 Invalide, ob durch das KZ oder als Kriegsopfer, eine Berufsmöglichkeit gefunden haben. Heute sind es Zivilinvalide, die da Arbeit finden, die da einem Beruf nachgehen können. Es sind in Österreich immerhin 2 800 Fachgeschäfte, 4 350 Verkaufsstellen, die eine flächendeckende Versorgung bieten.

Es ist vom Herrn Staatssekretär schon der Schmuggel erwähnt worden, und auch hier sind die Zahlen sehr beeindruckend. Es gibt im angrenzenden Deutschland in den Landstrichen mit hoher Bevölkerung eine Quote von 40 Prozent geschmuggelten Ziga­retten, die dort konsumiert wurden, es gibt eine Quote von 40 Prozent der konsumier­ten Tabakwaren, die unkontrolliert, unversteuert, am Fiskus, am Steuertopf Deutsch­lands vorbeigeschwindelt werden.

Hier in Österreich sorgt das österreichische Einzelhandelsmonopol dafür, dass es eine flächendeckende Versorgung gibt, dass flächendeckend Steuern abgeliefert werden, und das in einem sehr beträchtlichen Ausmaß.

Ich komme zum Schluss und möchte mich bei allen bedanken, die aktiv an dieser posi­tiven Lösung mitgewirkt haben. Ich erinnere auch an den Solidaritätsfonds, der nicht aus öffentlichen Mitteln gespeist wird und sich in allen Bundesländern positiv entwickelt hat, insbesondere in der Steiermark, in Kärnten, Oberösterreich, in Wien, was sehr wichtig und auch notwendig war.

Ich bedanke mich bei allen, die positiv an dieser gemeinsamen Lösung mitwirken. Ich glaube, die Mittel, die von den Trafikanten aufgebracht werden, sind sehr beachtlich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Lu­gar –: Bitte sachlich bleiben! – Abg. Ing. Lugar: Ich bin immer sachlich!)

 


11.10.00

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Welcher Unternehmer hat es noch nicht erlebt, dass er beim Finanzamt anruft, um eine Rechtsauskunft bittet und je nachdem, welchen Beamten, welchen Mit­


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arbeiter er am Rohr hat, unterschiedliche Auskünfte bekommt, so nach dem Motto: Drei Experten, vier Meinungen.

Das ist leider oft bei Auskünften im Finanzamt der Fall, und man hat hinterher das Pro­blem, dass man sich bei einer Steuerprüfung auf eine mündliche Aussage beruft, die dann nicht hält. Und man wird unter Umständen zur Kasse gebeten, weil eine falsche Auskunft gegeben wurde.

Das soll nun abgestellt werden. Das heißt, es gibt ab jetzt eine verbindliche Rechtsaus­kunft mit einem Bescheid, nur: Leider wurden die Sachverhalte, für die das gilt, sehr stark eingegrenzt. Das heißt, es gilt nicht für jeden Sachverhalt.

Und das ist genau das, was wir wollen: Wir wollen, dass das für jeden Sachverhalt gilt. Es muss doch möglich sein, dass ein Unternehmer beim Finanzamt anruft und dort eine rechtsverbindliche Auskunft bekommt, die dann bei einer Steuerprüfung auch hält. Das muss möglich sein. Und wenn das nicht möglich ist, weil unser Steuersystem so komplex und so kompliziert ist, dass das nicht möglich ist, dann müssen wir eben die­ses Steuersystem ändern. Dann müssen wir die Rechtsordnung ändern, und wir müs­sen die Gesetze so machen, dass man sie auch als einfacher, ungeschulter Unter­nehmer relativ einfach überblicken kann. (Abg. Großruck: Es gibt keinen ungeschulten Unternehmer!) Es gibt viele Kleinunternehmer, die sich ihre Buchhaltung selbst ma­chen, und das sollte auch ohne Spezialausbildung möglich sein.

Ich weiß, ich spreche hier gegen das Geschäft der Steuerberater – das tut mir auch leid, Herr Weinzinger , nur: Ist es wirklich der Sinn unserer Rechtsordnung, dass wir es so komplex machen, dass wir Spezialisten brauchen, um es überhaupt zu verste­hen? (Abg. Weinzinger: Ich bin ja für die Vereinfachung!) Genau! Wir wollen eine Ver­einfachung. Da sind wir uns ja einig, Herr Weinzinger, auch Sie wollen eine Vereinfa­chung.

Es kann nicht sein, dass wir zu manchen Rechtsbeständen Bücher haben, in denen nur die Auslegung erklärt wird. Das heißt, da gibt es Gesetze, die relativ kurz sind, und dann gibt es ein ganzes Buch dazu, wie man das verstehen kann!

Ich weiß, es hat sich noch niemand darübergetraut, hier unsere Rechtsordnung zu ver­einfachen. Ich weiß, das ist eine gewaltige Aufgabe, das ist nicht einfach. Aber ich glaube, dass es nur so gehen kann. Es kann nur so gehen, dass wir wegkommen von diesem Grundsatz, alles regulieren zu müssen, alles überregulieren zu müssen. Der gelernte Österreicher weiß ja schon, in Österreich ist alles grundsätzlich verboten, außer es ist explizit erlaubt. Nur, ob es das ist, was unsere Wirtschaft langfristig weiter­bringt, ist fraglich. Wir brauchen eine einfache Rechtsordnung, wir brauchen eine Ent­rümpelung. Nur das ist im Sinne einer prosperierenden Wirtschaft, und deshalb treten wir dafür ein. Ich hoffe, dass das endlich einmal angegangen wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


11.13.19

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf einen Abänderungsantrag Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen zum Abgabenänderungsgesetz 2010 einbringen:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

I. Artikel 4 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994) wird wie folgt geändert:

1. In Z 7 lautet § 6 Abs.1 Z 10 lit. b:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 60

„b) Postdienstleistungen, die im Universaldienstbetreiber im Sinne des § 12 des Post­marktgesetzes, BGBl. I Nr. 123/2009, als solcher erbringt. Dies gilt nicht für Leistun­gen, deren Bedingungen individueller ausgehandelt worden sind;“

2. In Z 45 lautet § 28 Abs. 34 Z 2:

„2. § 3 Abs. 13 und 14, § 3a Abs. 11 lit. a, § 3a Abs. 11a, § 3 Abs. 14 Z 15, § 6 Abs. 1 Z 10 lit. b, § 6 Abs. 4 Z 3a, § 19 Abs. 1c, Art. 1 Abs.3 Z 1 lit. h, Art. 1 Abs. 6, Art. 3 Abs. 1 Z 1 lit. h und Art. 3 Abs. 5 Z 1 sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte an­zuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 ausgeführt werden beziehungsweise sich ereignen.“

*****

Was hat das geheißen, was ich gerade vorgelesen habe? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist unfair! Letzter Redner, zweite Lesung und Abänderungsantrag! Das ist eine Unkultur!) Die Kollegin Glawischnig hat das schon ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Geht das nicht im Ausschuss?) Die Abstimmung wird nach dem nächsten Tagesordnungspunkt stattfinden.

Es geht um Folgendes: Bisher ist hier gestanden: Universaldienstleister. Diesen Begriff gibt es rechtlich nicht mehr, deswegen wird das auf „Universaldienstbetreiber“ geändert.

Dann war der Verweis auf das Postgesetz, das es auch nicht mehr gibt. Jetzt heißt es „Postmarktgesetz“. Das heißt, es ist hier der Verweis richtiggestellt worden.

Und bei diesen Inkrafttretensbestimmungen, wo ich sehr viele Paragraphen vorgelesen habe, stehen alle bereits im Ausschussbericht – bis auf einen, nämlich der § 6 Abs. 1 Z 10 lit. b, das, was gerade vorhin geändert wurde, nämlich in Universaldienstbetreiber und Postmarktgesetz, und dort wird das Inkrafttreten auch normiert.

Das ist die Änderung, eine lange „Wurst“. Die stand schon dort, bis auf diesen einen Teil. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum wird das jetzt noch geändert? Was ist der Sinn?) – Erstens einmal redaktionelle Richtigstellungen, was den Universaldienst­betreiber und das Postmarktgesetz betrifft, und das Zweite ist das Inkrafttreten dieser Bestimmungen, nämlich dass dies um sechs Monate später stattfindet für EDV-Dienst­umstellungen und dergleichen. (Abg. Dr. Graf: War das vorher falsch, oder? Habt ihr wieder gehudelt?)

Aber es bekommen das alle Fraktionen, und die Abstimmung findet erst in einer Stun­de statt. Ihr habt also genug Zeit, euch das anzuschauen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.15


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist eingebracht. Die Abstim­mung zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 wird nach Erledigung der Tagesord­nungspunkte 4 bis 8 erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Grundsteuergesetz 1955, das Bundesgesetz über eine Abgabe von Bodenwert, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Normverbrauchsabgabegesetz 1991, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das EUROFIMA-Gesetz, das Gesundheits- und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 61

Sozialbereich-Beihilfengesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert wer­den – Abgabenänderungsgesetz 2010 (AbgÄG 2010), (662 der Beilagen), in der Fas­sung des Ausschussberichtes (741 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

I. Artikel 4 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994) wird wie folgt geändert:

1. In Z 7 lautet § 6 Abs.1 Z 10 lit. b:

„b) Postdienstleistungen, die im Universaldienstbetreiber im Sinne des § 12 des Post­marktgesetzes, BGBl. I Nr. 123/2009, als solcher erbringt. Dies gilt nicht für Leistun­gen, deren Bedingungen individueller ausgehandelt worden sind;“

2. In Z 45 lautet § 28 Abs. 34 Z 2:

„2. § 3 Abs. 13 und 14, § 3a Abs. 11 lit. a, § 3a Abs. 11a, § 3 Abs. 14 Z 15, § 6 Abs. 1 Z 10 lit. b, § 6 Abs. 4 Z 3a, § 19 Abs. 1c, Art. 1 Abs.3 Z 1 lit. h, Art. 1 Abs. 6, Art. 3 Abs. 1 Z 1 lit. h und Art. 3 Abs. 5 Z 1 sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte an­zuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 ausgeführt werden beziehungsweise sich ereignen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.16.21

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Die Frage der Frau Abgeordneten Glawischnig-Pieszcek hat mich auch noch einmal zu einer Wortmeldung veranlasst.

Ich hätte jetzt auch eine Frage an Sie, Herr Staatssekretär. Beim Tabakmonopolgesetz greifen Sie massiv auf die Preisgestaltung der Industrie, der Tabakindustrie, ein. Sie sagen, bis jetzt war der Mindestpreis für eine Packung Zigaretten 3,45 €. Das hat Ihnen die EU gekippt. Und jetzt sagen Sie den Tabakkonzernen: Wenn Sie die Packung Ziga­retten billiger verkaufen, dann streichen wir Ihnen die Gewinnspanne.

Das heißt, Sie bleiben bei den 3,45 € und können dadurch mehr Geld verdienen. – Jetzt kann man dazu stehen, wie man will. Das kann okay sein, das kann nicht okay sein, je nachdem, von welchem Gesichtspunkt aus man das sieht.

Jetzt steigt aber seit Monaten der Benzinpreis an den Zapfsäulen, obwohl der Rohöl­preis auf dem Ölmarkt permanent sinkt. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Lopatka.) Ja selbstverständlich! Es kommen noch mehr Aspekte dazu, und kom­men Sie mir ja nicht mit dem Schmäh, dass der Ölpreis in Dollar gehandelt wird und der Euro zu schwach ist und deswegen diese Preiserhöhungen gerechtfertigt sind, weil auch die Tabakindustrie in US-Dollar handelt. Und gestern haben Sie hier mehrmals behauptet, wie stark der Euro ist und wie stark die Eurozone ist und was mit diesen 750 Milliarden alles ausgerichtet werden kann und dass keine Gefahr für den Euro be­steht.

Das ist Augenauswischerei und zeigt wieder einmal die Zwiespältigkeit Ihrer gestrigen Aussagen ganz klar auf. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte von Ihnen wissen: Warum gehen Sie jetzt nicht her und entlasten endlich die vielen tausend Pendler in Österreich, die tagtäglich auf das Auto angewiesen sind, und greifen nicht in die Regulierung beim Benzinpreis ein? Das möchte ich von Ihnen wissen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 62

11.18.25

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat eine Frage von Klubobfrau Glawischnig gegeben – mit dem Ersuchen um eine vernünftige Antwort; ich werde mich bemühen.

Wir sind zu dieser Regelung gekommen, weil es sich ausdrücklich um eine Übergangs­regelung handelt, denn mit 1. Jänner kommt eine neue Tabaksteuerrichtlinie von der Europäischen Kommission, und dann wird die Struktur der Tabakbesteuerung richtiger­weise europaweit grundlegend überarbeitet. Und für diesen kurzen Zeitraum waren wir der Auffassung, dass diese Regelung, wie sie jetzt getroffen worden ist, eine vernünf­tige ist.

Es bleibt jetzt Ihrer Beurteilung überlassen, ob das für diesen kurzen Zeitraum vernünf­tig ist oder nicht. Wir gehen davon aus, denn alles andere hätte wenig Sinn gemacht im Wissen, dass am 1. Jänner europaweit mit der Tabaksteuerrichtlinie ohnehin eine neue Regelung kommt.

Und was die Aufhebung der Verordnung des Gesundheitsministers betrifft, bitte ich, die Fragen diesbezüglich an den Gesundheitsminister zu richten, wie er hier im Interesse der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher weiter vorgehen wird.

Zur zweiten Frage, die hier gestellt worden ist: Was die Entwicklung der Benzinpreise betrifft, ist es tatsächlich so, dass zuletzt die Rohstoffpreise auch gestiegen sind. Und ich komme Ihnen nicht, wie Sie das formuliert haben, mit dem Euro-Dollar-Schmäh, aber natürlich kommt das auch dazu – Sie wissen es. Gegen den Markt kann man nicht Politik machen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich wiederhole, dass wir die Abstimmungen zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 nach Erledigung der Punkte 4 bis 8 vornehmen werden.

11.20.394. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (656 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sank­tionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG) erlassen und das Bundes­gesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisenge­setz 2004) geändert wird (739 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (661 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördenge­setz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstegesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden (740 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1042/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beibehaltung von Fremdwährungskrediten (743 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 63

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (673 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafge­setzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (692 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (671 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert wer­den (718 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 4 bis 8 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Als Berichterstatterinnen sind die Kolleginnen Petra Bayr, Gabriele Tamandl, Ridi Ma­ria Steibl und Adelheid Irina Fürntrath-Moretti vorgesehen, die alle auf die Berichter­stattung verzichten.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Themessl. – Bitte, Herr Kol­lege.

 


11.22.10

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke eingangs für die Antwort des Herrn Staatssekretärs auf meine letzte Frage und stelle fest, dass die Regierung nicht bereit ist, die vielen tausend Men­schen, die bereit sind, Leistungen zu erbringen, und die auf ihr Auto angewiesen sind, auch durch eine Preisregelung beim Benzinpreis zu entlasten. Ich nehme das zur Kenntnis. Sie werden das dann halt rechtfertigen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich beziehe mich jetzt auf den Tagesordnungspunkt 6, und da geht es darum, dass die FMA über Ihre Anweisung Fremdwährungskredite verbietet. Ich zeige jetzt an ein paar Beispielen auf, wie – ich darf das Wort nicht verwenden – unwahr diese Debatte heute ist und wahrscheinlich auch die gestrige war.

Fremdwährungskredite sind im Prinzip nichts Böses. Der Euro war bis jetzt eine sehr sichere und stabile Währung, und eigentlich müsste man jedem Konsumenten und Bürger raten, einen Fremdwährungskredit aufzunehmen, weil er unvorstellbare Vorteile aufgrund der Verzinsung hat. Ich werde Ihnen dann ein Beispiel nennen, das einen ak­tuellen Fall betrifft.

Jetzt schreiben Sie vor, dass die FMA Fremdwährungskredite zu verbieten hat – aber nicht für alle! Die Reichen und Großen dürfen weiterhin solche Kredite aufnehmen, nur der Normalbürger und der Klein- und Mittelbetrieb haben keinen Zugriff mehr auf Fremdwährungskredite. Das, was Sie hier in versteckter Form machen, ist nichts ande­res als ein zusätzliches Bankenpaket. (Abg. Mag. Ikrath: Das gilt ja für Private!) Sie geben den Banken die Möglichkeit, auf ihre Kunden einzuwirken, sie unter sanftem Zwang dazu zu bringen, aus bestehenden Fremdwährungskrediten auszusteigen, in eine Euro-Finanzierung zu wechseln, was den Banken unter dem Strich in Summe zir­ka 1,6 Milliarden € an Mehreinnahmen, an Zinsen bringt.

Was die Banken und was auch Sie nicht dazusagen, ist, dass beim Fremdwährungs­kredit zwar auf der einen Seite ein Währungsrisiko vorhanden ist – das ist ja keine Fra­ge! –, dass aber auf der anderen Seite der Zinsvorteil dermaßen gravierend ist, dass das von den Banken den Kunden nicht mitgeteilt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 64

Ich schildere Ihnen jetzt einen aktuellen Fall: Vor fünf Jahren wurde ein Bankkredit in der Höhe von 800 000 Schweizer Franken aufgenommen mit einer Verzinsung von knapp über einem Prozent. Und nun hat die Bank unter Ausübung von sanftem Druck darauf hingewiesen, jetzt zum Euro zu wechseln, denn zurzeit hätte man nur einen Verlust von 15 000 € zu tragen, aber wenn man erst in drei oder vier Monaten wech­seln würde und der Franken weiterhin so stabil bliebe und der Euro, in den Sie so gro­ßes Vertrauen haben, weiter fiele, dann würde wahrscheinlich der Verlust wesentlich höher sein.

Die Bank redet also von 15 000 € Verlust, der zu tragen wäre, wenn man jetzt zum Euro wechseln würde, und weist darauf hin, dass man aber später wesentlich mehr draufzahlen würde. Was die Bank aber nicht dazusagt, ist, dass man in den fünf Jah­ren Laufzeit in Summe bis dato einen Zinsvorteil von 47 000 € angehäuft hat. Das heißt, der Franken kann ohne Weiteres noch weiter steigen oder der Euro weiterhin fal­len, wie auch immer, der Kunde hat dann immer noch die Möglichkeit, ein oder einein­halb Jahre zu überlegen, ob er einen Umstieg machen soll oder nicht.

Ich meine, wenn Sie hier schon solche Gesetzesvorschläge einbringen und die Leute zwingen, auf etwas umzusteigen, das sie vielleicht gar nicht wollen, dann sollten Sie schon die ganze Wahrheit dazusagen.

Und jetzt komme ich auf die gestrige Debatte zu sprechen, und da zitiere ich zunächst einmal Frau Kollegin Tamandl. Sie hat gestern hier ausdrücklich vor Fremdwährungs­krediten gewarnt. Also wenn Sie schon vor Fremdwährungskrediten warnen, dann ge­ben Sie doch gleichzeitig zu – und das haben Sie gestern nicht getan –, dass Sie abso­lut kein Vertrauen in den Euro haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, damit geben Sie indirekt zu, dass das ganze Hilfspaket von 750 Milliarden €, das die EU beschlossen hat und an dem sich Österreich mit 15 Milliarden € Haftung plus 6 Milliarden € Sofortzahlung beteiligt und von dem die griechische Bevölkerung keinen Cent sehen wird, nichts nützen wird, weil der Euro weiter fallen wird, denn sonst müssten Sie der Ehrlichkeit und der Fairness halber sagen, der Euro ist so stark, die Europäische Union ist so stark, das österreichische Parlament ist so stark, man muss absolut keine Angst haben, in Fremdwährungskredite auszuweichen, wenn man dort einen Zinsvorteil hat, der sich „gewaschen“ hat.

Wenn Sie schon eine Debatte in dieser Richtung führen, dann sagen Sie bitte die gan­ze Wahrheit und nicht nur die Hälfte! (Beifall bei der FPÖ.)

11.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


11.26.43

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen meines Vorredners sind zwar auch interessant, dazu gäbe es wahr­scheinlich noch viel zu sagen, sie sind aber nicht der Hauptpunkt, mit dem wir uns hier heute bei dieser Vorlage zu beschäftigen haben. Hauptsächlich geht es nämlich dabei um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dazu wurde ein Paket geschnürt, das jetzt hier zur Diskussion und zur Beschlussfassung vorliegt. Ziel dieses Paketes ist es, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung noch effektiver zu be­kämpfen.

Geldwäsche heißt, dass Geldmittel, Einkünfte, Erträge aus Straftaten, aus kriminellen Machenschaften in den regulären Wirtschaftskreislauf übergeführt werden. Sie ist in­zwischen ein riesiges globales Geschäftsfeld geworden. Geldwäsche ist vor allem des­wegen so ein großes Problem, weil sie ein wichtiger Anreiz ist für kriminelle Organisa­


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tionen, für kriminelle Vereinigungen, für Straftäter insgesamt, durch kriminelle Machen­schaften Erträge zu erwirtschaften. Aber das ist für sie nur dann interessant, wenn es auch möglich ist, diese Erträge in irgendeiner Form in den regulären Wirtschafts- und Geldkreislauf einzuführen. Daher ist die Bekämpfung der Geldwäsche ein ganz zen­trales und wichtiges Element bei der Bekämpfung von Kriminalität, insbesondere von organisierter Kriminalität.

Auch die Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus ist ein brandheißes Thema, weil der internationale Terrorismus davon lebt, dass Milliarden zur Finanzierung terro­ristischer Straftaten verschoben beziehungsweise verwendet werden.

Und da setzen wir jetzt in verschiedenen Bereichen an – im Bereich der Justiz, beim Finanzmarkt und auch in der Wirtschaftsgesetzgebung –, indem wir Maßnahmen er­greifen, die geeignet sind, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung noch effizienter zu verhindern und zu bekämpfen.

Ich möchte mich jetzt im Besonderen mit den Punkten, die die Justiz betreffen, mit den Maßnahmen, die wir da im Bereich der Justizgesetzgebung setzen – sie wurden schon im Justizausschuss diskutiert –, beschäftigen und diese in den folgenden Minuten kurz skizzieren beziehungsweise vorstellen.

Diese Maßnahmen ruhen auf zwei Säulen: Wir haben einerseits die Verpflichtungen, die Sorgfaltsverpflichtungen der beiden rechtsberatenden Berufe Rechtsanwalt und Notar noch klarer definiert. Dabei muss man wissen, dass auch jetzt schon Bestim­mungen in den jeweiligen Gesetzen existieren, die diesen beiden Berufen gewisse Sorgfaltsverpflichtungen auferlegen. Das ist deswegen wichtig, weil gerade die meiner Meinung nach außerordentlich wichtigen Verschwiegenheitspflichten dieser beiden Be­rufsstände auf der anderen Seite eine besondere Anziehungskraft, ein besonderer An­reiz sein können für Kriminelle, für kriminelle Organisationen, über Transaktionen bei Rechtsanwälten und bei Notaren Geld zu verschieben und Geld weißzuwaschen.

Das ist nichts Neues, sondern dadurch wird klargestellt, dass bei komplexen Trans­aktionen, bei komplexen Geschäften eine besondere Sorgfaltsverpflichtung besteht. Es ist meiner Meinung nach zu Recht und Gott sei Dank verankert worden, dass bestimm­te Länder in eine Verordnung aufgenommen werden müssen, womit entsprechende Rechtssicherheit gewährleistet wird, indem eben bei Klienten aus bestimmten Ländern eine besondere Sorgfalt an den Tag zu legen ist.

Daneben haben wir – quasi als zweite Säule – zusätzliche Ermittlungsmöglichkeiten im Rahmen der Strafprozessordnung geschaffen. Auch dieser Punkt wurde sehr lange und sehr intensiv im Justizausschuss diskutiert, weil es natürlich wichtig ist, auf der einen Seite die Einschränkung von wichtigen Rechten, wie auch dem Bankgeheimnis, zum Zweck der Ermittlung von Straftätern ganz klar zu regeln, und auf der anderen Seite – und da sind wir uns einig – das Bankgeheimnis zu wahren. In Österreich gibt es das Bankgeheimnis Gott sei Dank auf sehr hohem Niveau, aber es soll nicht dazu die­nen, Straftäter zu schützen und die Aufklärung von Straftaten zu behindern.

Daher meine ich, dass hier insgesamt ein guter, ein ausgewogener Weg gefunden wor­den ist, um einerseits kriminelle Machenschaften zu verhindern, aufzuklären, diesen vorzubeugen und auf der anderen Seite der Wahrung von wichtigen Rechten, und zwar auch des Bankgeheimnisses, weiterhin Genüge zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


11.31.32

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren! Wir hatten schon im Justizausschuss eine heftige Auseinanderset­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 66

zung über die Auswirkungen dieser Gesetzesvorlage. Auch Herr Kollege Donnerbauer hat es schon kurz erwähnt. Die Frage, ob man aus der Eigengeldwäsche, die bisher ein strafloses Nachtatverhalten war, in Zukunft, um etwas sozusagen ins Schaufenster stellen zu können, ein eigenes Delikt macht, ist eine Frage der rechtspolitischen Ent­wicklung. Wir halten das für einen falschen Weg. Das ist – Frau Bundesminister, das werden Sie zugeben müssen – schlicht und einfach der Versuch, der Financial Action Task Force zu vermitteln: Ja, Österreich macht eh alles, was international verlangt und gefordert wird!

Ich habe noch in Erinnerung – ich bin wahrscheinlich nicht der Einzige hier im Hohen Hause –, dass man, als man die Debatte über die Streichung Österreichs von der „Grauen Liste“ geführt hat, gesagt hat: Nein, das ist jetzt endgültig der letzte Eingriff ins Bankgeheimnis! Es ist endgültig das, was notwendig war, um Österreich von der „Grauen Liste“ herunterzubringen, mehr wird es nicht sein! – Aber jetzt geht es schritt­weise weiter.

Das ist natürlich ein massiver Eingriff ins Bankgeheimnis – neben der Problematik des Abstrafens wegen eines bisher straffreien Nachtatverhaltens. Das ist eine falsche und, wie ich glaube, gefährliche Rechtsentwicklung.

Problematisch für dieses Haus wird es aber – und das betrifft die Rechte des Parla­ments –, wenn man ermöglicht, einen Eingriff ins Bankgeheimnis zu tätigen, indem man in eine Ausschussfeststellung hineinschreibt, es sei keine Zweidrittelmaterie be­troffen, und damit letztlich die Rechte dieses Hauses unterläuft.

Sie wissen ganz genau, Frau Bundesminister, dass das, was Sie hier vorsehen, einen massiven Eingriff in die in § 38 Abs. 2 geregelten Ausnahmen vom grundsätzlich nor­mierten Bankgeheimnis darstellt. Das heißt, der Katalog wird ausgeweitet.

Nun sagt aber eine Bestimmung im Bankwesengesetz, dass dafür eine Zweidrittel­mehrheit erforderlich ist. Zwei Drittel heißt aber, dass Sie zumindest eine der Opposi­tionsparteien an Bord holen müssen – und das haben Sie nicht getan!

Man unterläuft das Ganze, indem man feststellt, die Möglichkeiten der Strafrechtspfle­ge, in Zukunft das Bankgeheimnis zu unterlaufen, werden ausgeweitet. Das Bankge­heimnis wird weiter aufgeweicht, aber man erklärt, es sei nicht so – und daher ist es auch nicht so, deshalb braucht man keine Zweidrittelmehrheit.

Meine Damen und Herren! Das ist rechtspolitisch und demokratiepolitisch und verfas­sungspolitisch unerträglich, daher werden wir allein schon aus diesem Grunde nicht zu­stimmen!

Es gibt noch andere Gründe – wir haben auch darüber eine Debatte im Ausschuss ge­führt –, die anzuführen wären. Ich nenne nur noch einen Hauptgrund.

Wenn man in Zukunft dem Anwalt zumutet, dass er seinen eigenen Klienten perma­nent unter Generalverdacht halten muss, ihn ausspähen muss, die Rechtsgeschäfte seines Mandanten eruieren muss, um überhaupt die Frage prüfen zu können, ob man weiterhin straflos diesen Mandanten vertreten darf, dann hört sich die freie Anwalts­wahl, dann hört sich das Grundrecht des Bürgers auf eine ordentliche anwaltliche Ver­tretung schlicht und einfach auf.

Weshalb ist das notwendig, meine Damen und Herren? Gibt es dafür eine sachliche Notwendigkeit? – Nein, es gibt sie nicht! Über alles kann man reden, wenn man sagt, man hat eine sachliche Notwendigkeit dafür – aber es gibt sie nicht! Die einzige Not­wendigkeit, die es gibt, besteht darin, dass die Frau Bundesminister auf internationaler Ebene sozusagen ein schönes Geschenk für das Schaufenster haben muss. Das ist al­les, meine Damen und Herren! Das ist aber zu wenig, um in Bürgerrechte, ins Bankge­heimnis, in Anwaltsrechte – aber auch in die Verfassungsrechte dieses Hohen Hauses einzugreifen! Das ist alles viel zu wenig für so massive rechtliche Eingriffe.


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Das, Frau Bundesminister – bei allem Respekt und bei allem Verständnis für das grundsätzliche Anliegen, das dahintersteckt –, was Sie uns als Beleg oder als Argu­ment hätten liefern müssen, um diese massiven, meiner Ansicht nach rechtspolitisch unvertretbaren Eingriffe zu tätigen, haben Sie nicht geliefert. Es ist bis heute nicht er­findlich, warum diese Maßnahmen, die zulasten des Bankgeheimnisses, zulasten der verfassungsmäßigen Rechte dieses Hauses und zulasten des Rechtes auf die freie Anwaltswahl und auf die freie anwaltliche Vertretung gehen, hier beschlossen werden sollen.

Die Gründe für all das haben Sie nicht geliefert – und daher werden wir dieser Geset­zesvorlage nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

11.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


11.36.59

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lieber Jan! Von dem, was wir bisher gehört haben, ist meiner Meinung nach zirka 80 Prozent unrichtig, und ich denke, dass wir ganz einfach die Kirche im Dorf lassen sollten, Herr Kollege Stadler.

Wir haben uns ja alle dazu bekannt – gerade auch die Freiheitliche Partei und auch das BZÖ –, dass man bei jeder Gelegenheit festhalten muss, wie wichtig es ist, Krimi­nalität zu bekämpfen. Sobald man aber ernst machen will damit, ist es so – und das ist aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar –, dass gerade die Exponenten der FPÖ da nicht mittun. Im Ausschuss wurde das mit Vehemenz und teilweise mit einer Unsach­lichkeit, die sagenhaft ist, betrieben.

Und dass du, Kollege Stadler, jetzt diese Dinge so darstellst, wie du es vorhin getan hast, erstaunt mich schon, weil gerade du als ehemaliger Volksanwalt, der sich eigent­lich mit dem gesamten Rechtssystem zu befassen hatte, wissen müsstest, dass das so nicht stimmt.

Die rechtsanwaltschaftliche Informationsverpflichtung gibt es auch jetzt, und zwar ist da eine wirklich wesentliche Differenzierung gegeben. Es steht überhaupt nicht zur De­batte, dass, wenn jemand zu einem Anwalt geht, weil er eine Straftat begangen hat, dieser verdächtigt wird oder sonst irgendwie damit in Zusammenhang steht, dieser ir­gendetwas von dem, was er als Information bekommt, weiterleiten muss. Überhaupt kein Wort!

Es ist die diesbezügliche Bestimmung in der Rechtsanwaltsordnung, nämlich der § 80, in keiner Weise geändert worden. Es gibt sohin überhaupt keine Änderung gegenüber dem Rechtsstand seit 2003 in Bezug darauf, was der Anwalt mitteilen muss oder was er nicht mitteilen muss. Das zu betonen ist außerordentlich wichtig, denn das ist im Ausschuss permanent – nahezu mutwillig oder aufgrund von Unkenntnis, ich weiß es nicht, aber beides disqualifiziert diese Redner dort – anders dargestellt worden.

Was hat sich denn nun wirklich geändert? – Wir stellen zunehmend fest, dass Rechts­anwälte herangezogen werden, bei der Strukturierung von Kapitalmarktprodukten, die sehr komplex sind – und die sollen deshalb komplex sein, damit sie der Konsument be­ziehungsweise der Verbraucher nicht durchschauen kann –, mitzuhelfen. Und da hat der Anwalt, wenn er solche Aufträge bekommt, nunmehr zusätzlich die Verpflichtung, besonders darauf zu achten, ob das nicht in Wirklichkeit dazu dient, Geldwäsche durchzuführen, und sollte dies der Fall sein, dann hat er dies bekanntzugeben, so wie er auch schon in der Vergangenheit strafrechtlich relevante Handlungen bei Unterneh­mungen, zu denen er nicht als Anwalt zum Zwecke einer Beratung, sondern als Be­


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standteil des Systems, das er zu beraten hat, damit es möglichst effizient ist, herange­zogen wurde, bekanntzugeben hatte.

Das heißt, die Verteidigungsrechte des Anwaltes, die Verteidigungsrechte der Betroffe­nen werden in keiner Weise tangiert, aber das Einbeziehen eines Anwaltes und das Hereinholen des Know-hows, damit es möglichst gut funktioniert, die Leute über den Tisch zu ziehen, wird jetzt mehr unter die Lupe genommen.

Das wird nun durch eine erhöhte Sorgsamkeitsverpflichtung sichergestellt. In dieser Bestimmung steht, dass der Anwalt zukünftig vermehrt Obsorge haben muss, welche Aufträge und welche Struktur das ist, an denen er mitarbeitet.

Kolleginnen und Kollegen aus der Anwaltschaft, ich denke, das ist eine sinnvolle Er­gänzung, weil es natürlich auch eine Frage der Ethik ist, wofür sich die Anwaltschaft insgesamt da zur Verfügung stellen kann. Einem Anwalt, nur deshalb, weil er Anwalt ist, zu sagen: Bitte, gib uns dein Know-how, damit wir ein Kapitalmarktprodukt aufset­zen können (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja jetzt schon strafbar!), um möglichst viele Leute über das Ohr zu hauen!, ist sicherlich nicht das, was unsere Zustimmung findet.

Man kann nicht sagen: Wir räumen den Kapitalmarkt auf!, aber mit dem Setzen der ersten Maßnahme schreien alle auf und sagen: Nein, aber das nicht!, obwohl das wirk­lich effizient ist.

Meine Damen und Herren! Wir werden diese Vorlage daher unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


11.41.04

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Kollege Jarolim, es hat in diesem Haus einmal einen Rechtsanwalt gegeben, der Sozialist war und der wirklich zwischen anwaltlicher Verschwiegenheit, also Einhaltung des Anwaltsgeheimnisses, und Mittä­terschaft unterscheiden konnte. – Er hieß Dr. Christian Broda. Leider ist es in der so­zialdemokratischen Fraktion nicht gelungen, dieses Kenntnisniveau aufrechtzuerhalten (Beifall bei der FPÖ), andernfalls müsste es das Eigenethos verbieten, die Auseinan­dersetzungen, die wir im Justizausschuss geführt haben, als unsachlich zu bezeich­nen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Das geht über die Hutschnur.

Wir haben ausdrücklich Folgendes festgehalten ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Der imaginäre Hut sei überreicht, hier ist der Hut und dort ist die Schnur.

Warum ist darauf Bedacht zu nehmen? – Kollege Jarolim hat sich darin verbissen, zu unterstellen, dass die Einhaltung des Anwaltsgeheimnisses ein unsachliches Standes­privileg sei. Da fängt die Hutschnur schon zu brennen an, denn der Inbegriff des Rechtsstaates ist, dass es einen Rechtsraum gibt, auf den zuzugreifen sich die Behör­de selbst verbietet. – Das nennt man Grund- und Freiheitsrechte.

Aufgrund der Judikatur des EuGH ist nun, Gott sei Dank, klargestellt, dass das An­waltsgeheimnis jedenfalls Teil der Grundrechtsherrschaft im Rahmen der Europäi­schen Union ist. Andere Staaten, zum Beispiel Nordkorea – von der sozialdemokrati­schen Unterrichtsministerin wohlgeheißenes Ausstellungsgut kommt von dort –, ken­nen solche Grund- und Freiheitsrechte nicht!

Ich gebe auch zu, dass das Einhalten und das Abschirmen von Grund- und Freiheits­rechten zu den mühsamsten Dingen der staatlichen Vollziehung zählen, selbstver­ständlich. Es ist fürwahr eine tägliche Herausforderung, zu unterscheiden, wo der


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Rechtsraum des Grund- und Freiheitsgebotes beginnt – wenn beispielsweise ein Poli­zist jemanden stoppt und sagt: Her mit dem Führerschein!, so kann er damit schon die imaginäre Linie übertreten haben –, oder ob man implementiert, dass ein bestimmter, von den Grundrechten geschützter Raum – nennen wir es Anwaltsgeheimnis, so wie der EuGH es nennt – durch staatlichen Zugriff übertreten wird oder nicht.

Ich darf zwei grundsätzliche Dinge – leider vor mäßigem Publikum, aber es wird ja im Stenographischen Protokoll des Nationalrates stehen – vor Augen führen: Es gibt zwei Säulen, die die Natur des Rechtsanwaltsberufes ausmachen.

Erste Säule: jederzeitiger Vorrang des Klienteninteresses vor dem Eigeninteresse – in Klammer: Verdienstinteresse – des Rechtsanwaltes. (Zwischenruf des Abg. Haber­zettl.) Jederzeit! Das unterscheidet den Rechtsanwalt vom Kaufmann. Der Kaufmann hat das verbriefte Recht, sein Umsatz- und Verdienstinteresse vor das Kundeninter­esse zu setzen. (Abg. Mayerhofer: Jarolim, pass auf!) Er wird dadurch begrenzt, dass er nicht gegen Normen des bürgerlichen Rechtes verstoßen darf und nicht gegen das unlautere Wettbewerbsrecht. – Hör zu, Jarolim, bei der Anwaltsprüfung hat dich das anscheinend niemand geprüft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Zweite Säule: Verschwiegenheit. Die Verschwiegenheit, also das Anwaltsgeheimnis, ist der zentrale Rechtsschutzinhalt, den der Rechtsstaat zur Beobachtung und Einhaltung zugunsten der Bürger, die sich an den Rechtsanwalt wenden, installiert hat.

Und jetzt kann doch kein Mensch daran zweifeln, dass es ein verfassungswidriger Ver­stoß gegen das Grundrecht des Anwaltsgeheimnisses ist, dem Rechtsanwalt die Ver­pflichtung aufzuerlegen, aufgrund einer Information, die ihm von seinem Klienten zu­kommt, den Klienten wegen Verdachts der Geldwäscherei anzuzeigen. Wer das nicht versteht, dem kann man halt nicht helfen! (Beifall bei der FPÖ.)

Nächster Punkt: Aus diesem Grund ist natürlich auch schon die Rechtslage, die wir jetzt in der Rechtsanwaltsordnung vorfinden, verfassungswidrig. Es wird sich die Mög­lichkeit ergeben, diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, ohne dass man sich da gegenseitig etwas an den Schädel werfen muss. Es ist eben so, dass Verfassungsrecht kollidieren kann – und in diesem Falle tut es das offenkundig – mit einfachgesetzlichen Normen.

Der zweite verfassungswidrige Inhalt der heutigen Normsetzung – das hat Kollege Stadler richtig erwähnt, auch schon im Ausschuss – ist das Problem der verfassungs­widrigen dynamischen Verweisung, um es kompliziert, aber einfacher geht es nicht, zu sagen. Auch das werden wir in geeigneter Form an den Verfassungsgerichtshof heran­tragen.

Die Materie ist bedauerlicherweise abzulehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung FPÖ –: Eine absolute Unkenntnis! Ich glaube, ihr habt nicht einmal die Vorlage gelesen! Die einzigen Profiteure sind die Hypo Alpe-Adria ...! – Abg. Strache: Herr Jarolim, versinken Sie nicht vor Scham im Bo­den? – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Am Wort ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser!

 


11.47.12

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon auffällig: Wenn es gegen Korruption und Geldwäsche geht, dann bekommt die FPÖ immer kalte Füße. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich erinnere mich noch gut an die Debatte über die Verschärfung der Korruptionsstraf­bestimmungen. Damals waren die Rechtsparteien immer an vorderster Front dagegen.


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Jetzt geht es um die Verschärfung der Strafbestimmungen gegen die Geldwäsche. Und wer übernimmt wieder den Widerstand, für die Geldwäscher? (Abg. Strache: Dass Sie von Grundrechten nichts halten, wissen wir! Dass Sie von Grundrechten als Kommunist nichts halten, wissen wir! Sie als Kommunist halten von Grundrechten gar nichts!) – Die Freiheitliche Partei Österreichs! (Abg. Dr. Fichtenbauer: Die Rechtsan­waltskammer ...! – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) 

Wenn es gegen Kleinkriminalität geht, dann ist euch keine Strafbestimmung zu scharf. Wenn wir Geldwäsche bekämpfen, dann werdet ihr laut und mutig, das ist schon auf­fällig. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man muss der Realität ins Auge schauen, meine Damen und Herren! Im März ... (Abg. Dr. Fichtenbauer: Sie behaupten, die Rechtsanwaltskammer ist Geldwäscher!)

Meine Damen und Herren, reden Sie einmal mit dem Präsidenten der Rechtsanwalts­kammer Benn-Ibler. Ich habe das ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsi­dent Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Reden Sie, bevor Sie sich auf die Rechtsanwaltskammer berufen, Kollege Fichtenbau­er, mit Präsident Benn-Ibler. Ich habe das nach der Ausschusssitzung getan. Präsident Benn-Ibler sagt, er war einbezogen, er ist nicht mit allem glücklich, aber er kann damit leben. Das ist die Position der Rechtsanwaltskammer. Und das war auch die Stellung­nahme der Rechtsanwaltskammer in diesem legistischen Vorverfahren. (Abg. Dr. Fich­tenbauer: Sie wollen behaupten, die Rechtsanwaltskammer ...! – Weitere Zwischenru­fe bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, schauen wir der Realität in die Augen: Im März dieses Jah­res war auf 14 Konten österreichischer Banken Geldwäschealarm; 2 Milliarden € der Banken wurden von der italienischen Mafia in Österreich geparkt. Österreich ist auf­grund seiner geographischen Lage, aufgrund der politischen Stabilität, aufgrund der Steuergesetze und aufgrund des Bankgeheimnisses ein attraktiver Standort für Geld­wäsche. Und da reden wir nicht über die Kontodaten von „Onkel Hans“ und „Tante Gerda“. Das Bankgeheimnis wird ja gerne instrumentalisiert, wenn man die Geldwä­scher schützen möchte.

Es geht um etwas ganz anderes: Wollen wir, dass unsere Volkswirtschaft durch krimi­nelles Kapital unterwandert wird, ja oder nein? Wir sagen klar: Nein. Was wäre nämlich die Folge: Dieses kriminelle Kapital bekäme in Österreich politischen und wirtschaftli­chen Einfluss, meine Damen und Herren, und das möchte niemand haben. Ich möchte nicht haben, dass legale Unternehmen in Österreich durch kriminelles Kapital unter­wandert werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tatsache ist, es gibt in diesem Gesetz einige Punkte, die man sich genauer anschauen muss und die wir uns auch angeschaut haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Das ist das Argument der Eigengeldwäsche. Tatsache ist, wenn die Eigengeldwäsche dazu führen würde, dass ein Beschuldigter sich selbst belasten müsste, dann wäre das jedenfalls verfassungswidrig und gegen die Menschenrechtskonvention. (Abg. Mag. Stadler: Auch schon aufgewacht?) – Nein, nicht aufgewacht, aber schauen Sie sich die Bestimmungen an. Genau dieser Punkt ist nicht strafbar.

Zweiter Punkt, Kollege Stadler. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Nein, nicht aufgewacht. Sie sollten sich die Bestimmungen anschauen. Sie reden über ein Gesetz, das Sie offensichtlich nicht kennen und studiert haben. Genau das ist nicht der Fall. Es ist eben genau nicht Artikel 6 MRK berührt, weil diese Selbstbelastung nicht vorgesehen ist.

Der nächste Punkt ist der tatsächlich heikle Punkt der Frage der Verfassungsmäßig­keit, denn unabhängig davon, wie wir diese Bestimmung inhaltlich einschätzen, ginge


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es nicht, wenn hier verfassungsrechtliche Bestimmungen umgangen würden und ver­sucht würde, einfachgesetzlich etwas durchzudrücken, was eine verfassungsrechtliche Mehrheit brauchen würde.

Wir haben uns die Argumente des Kollegen Stadler genau angeschaut, und wir teilen sie nicht. Darüber können wir ja jetzt detailliert und jenseits der Polemiken, die da von rechts kommen, diskutieren. Das ist eine reine Verfassungsdebatte.

Richtig ist, das Bankgeheimnis ist eine Verfassungsbestimmung. Keine Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht im Zusammenhang mit Strafverfahren. Unter der Voraussetzung der gerichtlichen Bewilligung, § 116 StPO, kann selbstverständlich in das Bankgeheimnis eingegriffen werden. Das heißt, wir gehen davon aus, dass der Verfassungsgesetzgeber folgende Position vertritt: Das Bankgeheimnis ist verfas­sungsrechtlich geschützt mit der Einschränkung der Strafrechtspflege.

Da die Strafrechtspflege, die Strafprozessordnung immer einfachgesetzlich geregelt war, ist daher davon auszugehen, dass auch der verfassungsrechtliche Schutz des Bankgeheimnisses nicht für den Teil der Strafrechtspflege gilt und daher, da es sich hier um ein Gesetz der Strafrechtspflege handelt, auch der verfassungsmäßige Schutz eingehalten ist. (Abg. Mag. Stadler: Das ist so ein Schmarr’n!)

Sehr geehrte Damen und Herren, Geldwäsche und Korruption da – dort ist die FPÖ; Verfolgung von Geldwäsche und Korruption – da sind die Grünen. Daher werden wir diesem Gesetz zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ort­ner zu Wort. – Bitte.

 


11.52.49

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Zauberwort heißt Verhält­nismäßigkeit, und dieses Zauberwort findet auch bei diesem Paket Anwendung.

Wir brauchen in Zeiten der Globalisierung einfach wirklich gute Instrumente im Kampf gegen Wirtschaftskriminalität, im Kampf gegen Terrorismusfinanzierung, im Kampf ge­gen Geldwäsche.

Die Financial Action Task Force hat verschiedene Defizite festgestellt, und diese Defi­zite werden jetzt beseitigt.

Sehr geehrte Damen und Herren, Geldwäsche schadet der Wirtschaft, Geldwäsche schafft eine Schattenwirtschaft und hilft, illegal erworbenes Vermögen zu verschleiern. Illegale Gewinne werden in den legalen Bereich überführt. Dagegen müssen wir ge­meinsam etwas tun, und daher ersuche ich Sie heute auch um Zustimmung zu diesem Paket. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Eigengeldwäsche soll strafbar gemacht werden. Herr Abgeordneter Stadler, es handelt sich bei Eigengeldwäsche um zusätzliche kriminelle Energie durch Verbergen, durch Verschleiern. Der Vortatenkatalog wird ausgeweitet und der Strafrahmen wird er­höht und dem Antikorruptionsstrafrecht angeglichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, aus illegalen Tätigkeiten wie Drogen- oder Waffen­handel darf niemandem ein Vorteil entstehen.

In Zukunft soll es auch präzisierte Bestimmungen über die Sorgfaltspflicht von Notaren und Anwälten geben. Ich betone: Präzisierungen. Es hat ja bis jetzt schon Sorgfalts­pflichten gegeben. Es soll verschiedene Risikokategorien geben. Wir wollen den An­wälten und Notaren helfen, damit sie nicht selbst Teil von kriminellen Netzwerken wer­den. (Abg. Mag. Stadler: Die Anwaltschaft verzichtet gerne!)


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Weiters soll die Ausforschung von kriminell erworbenem Vermögen erleichtert wer­den – auch etwas ganz Wichtiges. Dadurch wird die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich weitgehend verbessert. Es sollen nämlich die Voraussetzungen für die Auskunft über Bankdaten geändert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren und vor allem Herr Abgeordneter Stadler, Aufgabe des Bankgeheimnisses ist es nicht, bei einer Verbrechensaufklärung hinderlich zu sein.

Was soll ich noch dazu sagen? Ich glaube wirklich, dass es sehr, sehr wichtig ist, ge­meinsam gegen Wirtschaftskriminalität, gemeinsam gegen organisierte Kriminalität, ge­gen internationale Netzwerke vorzugehen.

Dieses Paket stärkt den Finanzsektor und dadurch auch den Wirtschaftsstandort Ös­terreich. Daher ersuche ich nochmals um Zustimmung zu diesem sehr wichtigen Pa­ket. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Lu­gar –: Bitte um Sachlichkeit!)

 


11.56.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Themessl von der ÖVP (Rufe: Von der FPÖ!), also Herr Themessl von der FPÖ hat sich ja besonders für Fremdwährungskredite eingesetzt. Er hat wörtlich gesagt, er wolle Fremdwährungskre­dite jedem empfehlen, weil gewaltige Vorteile damit verbunden seien und die Zinsen ja so günstig seien. Deshalb wolle er, dass auch in Zukunft Fremdwährungskredite für Häuslbauer und für alle anderen möglich und zugänglich seien.

So, jetzt schauen wir uns einmal an, wie das in der Vergangenheit war. Herr und Frau Österreicher – es gibt im Hintergrund Fälle, die genauso abgelaufen sind, ich will jetzt hier aber keine Namen nennen – wollten ein Haus. Sie haben sich das von der Bank ausrechnen lassen und hätten 1 500 € pro Monat dafür gezahlt. (Abg. Mag. Stefan: Wofür? Für das Haus? Für den Kredit? Für was?) Da sie sich das nicht leisten konn­ten, hat es einen Berater gegeben, der mit ähnlichen Worten wie Herr Themessl ge­sprochen hat. Dieser hat ihnen ausgerechnet, dass sie in Yen durch den Zinsvorteil nur 900 € im Monat zu zahlen brauchen. Herr und Frau Österreicher waren natürlich ge­waltig begeistert, denn plötzlich war es möglich, ein Haus zu kaufen.

Zusätzlich wurde ihnen dann noch ein Tilgungsträger verkauft mit einem schönen Fonds im Hintergrund, wo dann die Erträge sprudeln und sich das alles wunderbar in Wohlgefallen auflöst. (Abg. Strache: Ich glaube, der hat die falsche Rede mit!)

Sie sind bei 160 Yen pro Euro eingestiegen, mittlerweile sind wir auf 115. Die gute Fa­milie Österreicher hat jetzt 40 Prozent mehr Schulden und zahlt im Monat statt 900 € jetzt 1 300 € – hat immer noch einen optischen Vorteil, keine Frage.

Nur, was passiert jetzt, wenn die Zinsen steigen? Es sagt doch niemand, dass beim ja­panischen Yen oder Schweizer Franken die Zinsen auf alle Zeit so niedrig bleiben müssen. Die Geschichte sagt uns, dass so niedrige Zinsen eher die Ausnahme als die Regel sind. Das heißt, wir müssen also davon ausgehen, dass die Zinsen steigen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist etwas wirklich Neues! Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Mag. Stefan: Ein Kredit ist ein Risiko! Auch bei uns können sich die Zinsen erhöhen! Kredite sollte man verbieten!)

Herr und Frau Österreicher sind jetzt in diesem Yen-Kredit gefangen und können sich aussuchen, ob sie in diesem Yen-Kredit drinnen bleiben und darauf warten, bis sie sich die Raten aufgrund der steigenden Zinsen nicht mehr leisten können, oder sie steigen


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um auf Euro und können es sich dann auch nicht mehr leisten. Also für Herrn und Frau Österreicher ist es ganz egal, was sie machen, diese Entscheidung führt letztlich zu einer Katastrophe.

Das heißt, so wie die Fremdwährungskredite früher vergeben wurden, war das nicht der Weg zu einem Eigenheim, sondern es war der Weg in die Katastrophe mit lebens­langen Schulden und Privatkonkurs inklusive. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Also ich weiß nicht, warum die FPÖ das hier so ins Lächerliche zieht. Diese Fälle sind real. Ich glaube auch, dass Sie derartige Fälle kennen.

Sie kennen diese Fälle von Menschen, die diese Carry Trades nutzen – und nichts an­deres ist das, es ist ein Carry Trade. Ein Carry Trade ist eine Spekulation, bei der man sich in einer Niedrigwährung verschuldet und dann irgendwo anlegt, um einen Zins­gewinn zu erwirtschaften. Diese Spekulation trauen sich nur sehr, sehr ausgefuchste Spekulanten. Darüber ist Herr Flöttl von der BAWAG schon ordentlich gestolpert.

Das heißt, es wird einem Häuslbauer eine Spekulation mit drei Variablen zugemutet: erstens der Wechselkurs, zweitens die Zinsen und drittens die Aktiengewinne im Til­gungsträger. Da wundere ich mich, dass manche Häuslbauer überhaupt noch ruhig schlafen können.

Der einzige Grund, warum sie ruhig geschlafen haben, war wahrscheinlich der, dass sie nicht gewusst haben, worauf sie sich eingelassen haben, und genau das ist mein Anliegen. Es geht darum, dass so eine Spekulation für Menschen, die sich einen Fremdwährungskredit nehmen, weil sie sich die Finanzierung in Euro nicht leisten kön­nen, ungeeignet ist. Es ist einfach ungeeignet! (Abg. Mag. Stefan: Echt?) Sie sagen: Echt? Herr Themessl hat es jedem uneingeschränkt empfohlen. Er hat nicht gesagt, okay, für die einen schon, für die anderen nicht. Er hat gesagt – ich kann es Ihnen noch einmal vorlesen –: Fremdwährungskredite müssen jedem empfohlen werden, weil der Zinsvorteil so gewaltig ist. – Ja, das haben Sie gesagt. (Zwischenruf des Abg. The­messl.)

Genau das ist der Punkt, Herr Themessl. Ich will es auch nicht generell verbieten, aber es geht darum, dass jemand, der sich einen Fremdwährungskredit nimmt, wissen muss, worauf er sich einlässt, er muss auch mit den Folgen umgehen können. Und eines ist sicher: dass 90 Prozent der Häuslbauer, die das in der Vergangenheit ge­macht haben, mit den negativen Folgen dieser Entwicklung, die ich aufgezeigt habe, eben nicht umgehen können. Das ist der Punkt. Und die gehören geschützt vor Men­schen, die ihnen solche Dinge empfehlen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist das Problem des Tilgungsträgers!)

12.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte. (Abg. Pendl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Jakob Auer –: Jetzt hören wir wieder etwas Sachliches, Jakob!)

 


12.01.27

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michael Ikrath, Jan Krainer, Jakob Auer, Kolleginnen und Kol­legen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Fi­nanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz 1989, das Zahlungsdienstege­


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setz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Glücksspielgesetz, das Versicherungs­aufsichtsgesetz und das Bundeskriminalamt-Gesetz geändert werden (661 d.B.), in der Fassung des Finanzausschussberichtes (740 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel 1 Ziffer 21 wird § 41 Abs. 40 Z 6 letzter Satz wie folgt geändert:

„Kreditinstitute und Finanzinstitute haben durch entsprechende organisatorische Vor­kehrungen sicherzustellen, dass die Aufgaben der besonderen Beauftragten jederzeit vor Ort erfüllt werden können.“

2. In Art 8 Z 1 wird nach der Wortfolge „der Gewerbeordnung,“ die Wortfolge „dem Kör­perschaftssteuergesetz,“ eingefügt.

3. In Art 8 Z 2 wird die Wortfolge „tritt mit xx.xx.2010 in Kraft“ durch die Wortfolge „tritt mit 1. Juli 2010 in Kraft“ ersetzt.

Begründung:

Durch die Ziffer 1 wird der Intention der Regierungsvorlage und dem Inhalt der FATF-Empfehlung 15 besser Rechnung getragen, da besonderes Augenmerk auf die jeder­zeitige Funktionserfüllung der AML-Aufgaben zu legen ist.

Durch die Ziffer 2 soll auch das Körperschaftssteuergesetz, das ebenfalls Meldepflich­ten an die Geldwäschemeldestelle vorsieht, Eingang in die Aufzählung des § 4 Abs. 2 Bundeskriminalamt-Gesetz finden.

Durch die Ziffer 3 soll sichergestellt werden, dass die Änderung des Bundeskriminal­amt-Gesetzes gleichzeitig mit der Änderung der übrigen mit der Regierungsvorlage ge­änderten Gesetze in Kraft tritt.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde darauf hingewiesen, dass heute auch ein massiver Eingriff in das Bankgeheimnis erfolgt. Ja, wer etwas anderes be­hauptet, der sagt die Unwahrheit.

Zum Dritten: Die Frau Bundesministerin hat darauf hingewiesen, es ginge um das Zau­berwort Verhältnismäßigkeit. Da frage ich mich schon, Frau Bundesminister, ob es tat­sächlich verhältnismäßig ist, wenn man bei einem Sparbuch mit einer Einlage von un­ter 15 000 € in Zukunft den Ausweis, das Losungswort und so weiter braucht.

Nehmen wir ein Beispiel: Kollege Otto Pendl als Opa hat vielleicht ein kleines Spar­buch für seinen Enkel angelegt (Abg. Pendl: Wieso gerade der Otto Pendl, der arm ist?), mit einem Betrag, mit einem Inhalt, mit einer Summe von vielleicht 5 000 €. Zum Vatertag besuchen ihn seine Enkel. Da er politisch engagiert tätig ist, hat er selbst kei­ne Zeit, dieses Geld, je 100 €, für seine Enkel zu beheben, ersucht daher seine Gattin, sie möge ihm für seine Enkelkinder je 100 € von diesem besagten für die Enkel ange­legten Sparbuch abheben. Dafür braucht seine Gattin, die vielleicht seit 40, 50 Jahren bei der Bank X Kundin ist, in Zukunft das Losungswort und einen Ausweis. – Ich glau­be, das ist nicht verhältnismäßig. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


12.04.46

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Auer, herzlichen Dank


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 75

für die Stellungnahme. Was du hier gesagt hast, geht genau in die Richtung, die ich jetzt auch beschreiben möchte, wofür ich dir danke.

Financial Action Task Force heißt dieses Zauberwort, das uns die vorliegende Geset­zesänderung einbrockt. Dieses Wort kommt aus Amerika und kostet Österreich wieder Souveränität. Mit dieser Tendenz möchte ich mich jetzt kurz auseinandersetzen.

Herr Matznetter ist natürlich sehr begeistert, dass das so ist. Ich glaube, es ist der fal­sche Weg. Die EU ist Erfüllungsgehilfe dieser Richtungen, die aus Amerika kommen, Österreich ein Musterschüler, der sofort umsetzt. In welcher Geschwindigkeit das ge­schieht, zeigt die heutige Vorgehensweise. Jetzt, kurz bevor man über die Gesetzes­änderungen abstimmen will, kommen diese Abänderungsanträge, die man nicht einmal noch gesehen hat. Das kann es wirklich nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr sagt, wenn ihr euch dagegen wehrt und das nicht machen wollt, dann kommt man mit der Keule und droht mit grauen und schwarzen Listen und so weiter.

Dasselbe ist auch bei der Vorgehensweise zum Bankgeheimnis geschehen. Auch da hat man gedroht: Wenn ihr das nicht macht, dann kommt ihr auf die Liste. Was ist eigentlich mit den Schuldnern Griechenland, Spanien, Italien, Portugal, die uns diesen Riesenproblemfall bescheren, wo wir riesige Verlust einfahren? Auf welche Listen schreiben sie denn diese Leute und diese Staaten? Das frage ich mich schon lange.

Es ist im Grunde genommen nichts anderes als Erpressung. Wir werden einfach fremdbestimmt, obwohl die Bankfachleute, die Rechtsanwälte sagen: Lasst euch Zeit bei diesen Dingen, überlegen wir ganz genau, da stimmt einiges nicht zusammen!

Frau Minister, ich frage Sie: Sind die österreichischen Gesetze so schlecht, dass sie nicht dazu dienen können, Terrorismus und Geldwäsche zu verhindern? Ich glaube es Ihnen nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bürokratie wird erweitert, obwohl in Ihrem Regierungsübereinkommen steht, die Bürokratie wird bekämpft. Die Unsicherheit beim Konsumenten wird gestärkt. Ich bin sehr froh, dass auch die Bankleute das so sehen, dass mit der Losungswort-Aufhe­bung bei Sparbüchern unter 15 000 € gegen Ausweisleistung das Bankgeheimnis teil­weise wieder einmal ramponiert und abgeschafft wird. Die Betroffenen sind restlos überfordert, niemand kennt sich aus.

Ich möchte schon daran erinnern, dass das, was aus Amerika kommt, ist mit großer Vorsicht zu genießen ist. Stichwort Basel II: für die Wirtschaft eine Katastrophe. Wer hat sich nicht daran gehalten? – Die Amerikaner haben sich nicht daran gehalten. Was ist die Folge gewesen? – Die Immobilienkrise, die Finanzkrise, der ganze ... (der Red­ner räuspert sich), den wir jetzt haben. Basel III steht vor der Tür. Ich frage mich, wie die Banken ihre Eigenmittel in diesen Milliardenhöhen wieder aufstocken können. Das ist meiner Meinung nach in der heutigen Zeit nicht möglich.

Österreich ist Nettozahler in der EU, aber wir haben nichts zu reden. Das ist das Pro­blem, das wir haben. Wir sagen zu allem, was von Amerika über die OECD, über die EU und sonst woher kommt, Ja und Amen. Wir stehen nicht für uns ein, wir haben kein Selbstvertrauen mehr. Das ist das Problem, das in Zukunft abgestellt werden muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum gibt es eigentlich noch die Jersey-Inseln, warum gibt es die Cayman-Inseln, diese Steuerparadiese, wo all das läuft, was bei uns so verteufelt werden sollte? Bud­getpolitik wird in Zukunft auch bei der EU gemacht und nicht mehr in Österreich: Ich sage: nein, danke. Meine Damen und Herren, so nicht! Dazu kommt noch, wie es Sei­nitz in der „Kronen Zeitung“ geschrieben hat: „Erbsenzähler statt richtungweisende Strategen“ werden das Kommando übernehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.09



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 76

Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Herrn Kollegem Jakob Auer eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


12.09.30

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Lieber Hannes! Ich glaube, dass du völlig recht hast, wenn es um die Frage geht, wie die Gesetzgebung sich auf Fälle der Geldwäscherei und auf Probleme, auf Mal­versationen, die wir erlebt haben, auswirken würde. Das, was bei der Hypo Alpe-Adria passiert ist, würde jetzt wesentlich schwieriger gehen, wenn dieses Gesetz bereits
in Kraft wäre. Das sehe ich genauso wie du. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

Mein Vorredner hat ein bisschen ein Problem: Alles, was aus Amerika kommt, ist ein­mal prinzipiell böse. Das sehe ich nicht so. (Abg. Mag. Stefan: Außer es kommt aus der Schweiz!) Ich meine zwar nicht, dass alles, was aus Amerika kommt, immer gut ist, aber es ist auch nicht immer böse.

Was jetzt die FATF mit der Europäischen Union zu tun hat, verstehe ich auch nicht.

Einen Widerspruch haben Sie auch in Ihrer eigenen Rede gehabt: Basel II ist böse, nur wir haben es umgesetzt, die Amerikaner nicht. Aber im nächsten Satz sagen Sie sel­ber: Die, die es nicht umgesetzt haben, haben die ganzen Probleme mit der Immobi­lienblase gehabt. Das heißt, Basel II ist an und für sich ohnehin gut, denn das hätte das anscheinend verhindert, sagen Sie selber. Sehr widersprüchlich und in Wahrheit ein Kauderwelsch von Anti-Internationalismus gepaart mit allem, was irgendwie mit EU zu tun hat. Die EU kommt natürlich hinein – sie hat nichts mit der FATF zu tun, null! Es hat null mit der Europäischen Union zu tun, aber man muss natürlich wieder einmal sa­gen, wir sind Nettozahler und haben nichts zu reden, obwohl das mit der Europäischen Union nichts zu tun hat. Insofern ist die Sachlichkeit hier nicht besonders groß. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir unterstützen das. Ja, es gibt gewisse Fragen, die kann man national nicht lösen, und dazu gehören auch Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Die kann man nur im internationalen Gleichklang lösen. Da gibt es die Task Force, die sich anschaut, wie das die einzelnen Länder gesetzlich und in der Praxis regeln und ob es da noch Schlupflöcher gibt, ob es Schwächen in der Gesetzgebung gibt, ob es Schwächen in einzelnen Ländern gibt, weil sowohl Geldwäscherei als auch Terrorismusfinanzierung international laufen und von diesen Strukturen natürlich darauf geschaut wird, wo es in einzelnen Ländern Lücken gibt, die man ausnützen kann, um das nach wie vor durch­zuführen. Es ist gut, dass es diese internationalen Organisationen und Verbünde gibt, die darauf achten, wo es international in einzelnen Ländern noch Vorschläge gibt, wie man die Gesetze verbessern kann, damit das weiterhin global verhindert wird.

Das unterstützen wir, und deswegen stimmen wir dem selbstverständlich auch zu, und zwar ohne irgendein schlechtes Gewissen, sondern weil wir es für richtig halten, dass international etwas gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gemacht wird. Ja, wir leisten gerne als Österreich unseren Beitrag, damit dies weiterhin erfolgt. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Zwei Anmerkungen noch zum Bankgeheimnis. Kollege Stadler! Sie haben gesagt, wir machen das jetzt und dann ist Ruhe. – Stimmt überhaupt nicht, das haben wir nie ge­sagt. (Abg. Mag. Stadler: Natürlich!) Im Gegenteil! Ich habe in der Debatte bereits da­mals gesagt, dass in Wahrheit Karl-Heinz Grasser (Abg. Mag. Stadler: Nicht du, der Finanzminister!) – nein, hier in der Debatte, hier von diesem Rednerpult aus habe ich das gesagt –, der nach Eigendefinition beste Finanzminister aller Zeiten – in der Zwi­schenzeit muss man immer dazusagen: Karl-Heinz, es gilt die Unschuldsvermutung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 77

Grasser –, bereits vor Jahren zugesagt hat, dass Österreich den automatischen Infor­mationsaustausch einführen wird, wenn die sieben Länder plus Delaware und Nevada den Informationsaustausch auf Anfrage einführen. Das habe ich hier gesagt. Das heißt, das kommt auch noch auf uns zu, weil die Sieben haben das jetzt getan, es fehlen nur noch Delaware und Nevada, und dann kommt der automatische. Aber, bitte, da wart ihr (in Richtung FPÖ und BZÖ) in der Regierung, und Karl-Heinz Grasser hat das ge­macht, nicht wir! Das kommt. Der Zug rollt, den kann kaum noch jemand aufhalten.

Als Letztes noch zum Fremdwährungskredit. Wieso soll es da eine Einschränkung ge­ben? – Weil es für den einzelnen Kreditnehmer drei Risken gibt. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Entmündigung!) Das ist das Zinsänderungsrisiko, denn das sind nämlich keine Fixkredite, sondern Floater. Das heißt, ich habe ein Zinsänderungsrisiko. Zweitens gibt es das Fremdwährungsrisiko, das heißt das Risiko, dass es Unterschiede zur Fremd­währung gibt. Das kann positiv sein und ich kann ein Geschäft machen, wie das in der Vergangenheit manchmal geschehen ist, es kann aber auch negativ sein und zu ganz großen Problemen für den Einzelnen führen. Genauso wie Kollegen positive Beispiele gebracht haben, gibt es auch negative. (Abg. Mag. Stefan: Verbieten wir den Kredit!)

Es gibt noch ein drittes Risiko – das sind ja immer endfällige Kredite –: Dann habe ich noch das Kursentwicklungsrisiko meines endfälligen Produktes. – Ich habe hier also drei Risken (neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ), die für den Einzelnen nicht kalku­lierbar sind. Der Hintergrund ist, dass die Bank das Risiko auf den Kreditnehmer ab­schieben und nicht selber schlucken will.

Es gibt noch ein volkswirtschaftliches Problem, das ist nämlich das Refinanzierungs­risiko. Das ist dort, wo die OeNB lange vor der Finanzkrise gesagt hat, wir haben hier auch ein volkswirtschaftliches Problem, was die Refinanzierung betrifft, nämlich lang­fristige Kreditverbindlichkeiten kurzfristig refinanziert. Und die Illiquidität der Märkte hat gezeigt, dass es ganz große Probleme gegeben hat. Wenn die OeNB nicht direkt mit der Schweizer Nationalbank quasi über die Hintertür eine Refinanzierungsmöglichkeit aufgemacht hätte, dann hätten die ganzen Banken die Kredite gar nicht mehr refinan­zieren können.

Denken Sie nur daran, was vor eineinhalb Jahren der Fall war, wie alle unsere Sprech­stunden voll waren von Menschen mit Fremdwährungskrediten und mit dem Tilgungs­träger, wo nichts mehr zusammenpasste, wo nämlich alle drei Risiken nach hinten los­gegangen sind! Erinnern wir uns nur daran, wie wir alle da gesessen sind – alle! – und auch Sie verlangt haben, dass das ein Ende haben muss, dass Bürgern solche Risiken aufgebürdet und solche Dinge verkauft werden und ihnen gesagt wird, es sei nur ein Geschäft und es sei alles bestens, aber in Wahrheit geht das nach hinten los.

Insofern ist es gut, dass wir verhindern, dass all diese Risken der einzelne Bürger, ohne diese jemals einschätzen und auch bezahlen zu können, schlucken muss. Dieje­nigen, die es sich leisten können, dass sie plötzlich doppelt und dreimal so viele Schul­den haben wie vorher, sollen das in Zukunft machen können, aber nicht der, der dieses Risiko nicht tragen kann. Das ist nämlich das Unverantwortliche, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


12.16.42

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich will Ihnen ein paar Beispiele für die Qualität dieser Debatte liefern. Erstens: Die Einwände der Anwaltschaft seien nichts anderes, wird von Regierungssei­te gesagt – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, als Handlangerei für


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Geldwäsche. Ich halte fest, Herr Präsident Dr. Benn-Ibler ist kein Handlanger für Geld­wäscher. Wenn also Herr Präsident Dr. Benn-Ibler massive Einwände dagegen hat, dann hat er es nicht verdient, hier zum Handlanger für Geldwäscher erklärt zu wer­den. – Das ist das Erste, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das Zweite: Kollege Jakob Auer geht hier heraus in zelebrierter Ahnungslosigkeit von der Vorlage und sagt wörtlich: Wer behauptet, es sei ein massiver Eingriff ins Bankge­heimnis, der sagt die Unwahrheit. – Zitatende.

Herr Jakob Auer hat die Vorlage nicht gelesen, denn in den Erläuterungen zur Regie­rungsvorlage heißt es wörtlich: „Auf Grund der Eingriffsintensität der Ausnahme ...“. – Also was ist das dann? Haben wir das erfunden? Wer sagt die Unwahrheit? Oder hat es schlicht und einfach Jakob Auer nicht gelesen und das, was ihm der Sekretär ge­schrieben hat, hier vorgetragen? Peinlich genug! (Abg. Mag. Donnerbauer: Das ist peinlich, was du da sagst!) Nein, es ist nicht peinlich. Führt nicht die Leute dauernd an der Nase herum! Selbstverständlich – und das schreibt ja selbst die Regierung in die Regierungsvorlage hinein – ist es ein massiver Eingriff ins Bankgeheimnis. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wer es nicht glaubt, kann jetzt noch die Gegenüberstellung anschauen. Hier ist der § 116 Strafprozessordnung schön gegenübergestellt. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Hier ist genau die neue Eingriffsintensität auf­gelistet. Ich erspare es mir, weil meine Redezeit begrenzt ist, das jetzt vorzutragen. Aber es kann jeder nachlesen.

Frau Bundesministerin, da schreibt die Regierung dazu, das ist jetzt wirklich das Lusti­ge an der Geschichte: Nein, im § 116 geht es nicht um eine Ausweitung der Eingriffs­intensität, sondern es geht nur – ich zitiere wörtlich – um „einen Hinweis auf den Ort der Regelung der gerichtlichen Bewilligung“. – Zitatende.

Das steht wortwörtlich hier, meine Damen und Herren. Das ist die Eingriffsintensität, die vorher zugegeben wird. Und am Schluss sagt man, nein, nein, es ist keine Auswei­tung, daher ist auch keine Zweidrittelmehrheit erforderlich, weil es sich nur um „einen Hinweis auf den Ort der Regelung der gerichtlichen Bewilligung“ handelt. – Ende des Zitats.

Frau Bundesministerin, wissen Sie, wenn es sich die Grünen mittlerweile gefallen las­sen vor lauter „wir müssen die bösen Kapitalisten, die mit ihrem bösen, bösen Schmier­geldkapital die österreichischen Unternehmen unterlaufen und Macht gewinnen, böses kriminelles Kapital, das Macht gewinnt“, so ist das ihre Sache. – Da ist mit dir der Alt­marxist durchgegangen. – Aber, meine Damen und Herren, dabei wird übersehen, dass dann die Rechte des Parlaments unterlaufen, ja verletzt werden und die Verfassung verletzt wird. Das ist bitte nachzulesen im § 38 im letzten Satz, wo es heißt, dass hier eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre, im Absatz 5.

Nur, der Punkt ist der – und da zitiere ich jetzt nicht Ewald Stadler und auch nicht ir­gendjemand anderen, sondern die Wissenschaft, vielleicht verfängt das noch –: Ich zi­tiere aus Laurer – Laurer und andere: Bankwesengesetz –, wo es wörtlich zu dieser Frage heißt:

„Bei Bankgeheimnisdurchbrechungen in anderen einfachen Gesetzen“ – und das hast du ja hier in einer gewissen Verkennung der Rechtslage referiert – „kommt es auf die Subsumierbarkeit unter die Tatbestände des Abs. 2 an. Bloße Globalverweise in Abs. 2 sind zwar zulässig, doch führen Änderungen der verwiesenen Gesetze zur Frage, ob materiell eine Erweiterung der Bankgeheimnisdurchbrechungen eintritt. Diesfalls muss die Änderung trotz des Globalverweises im Katalog des Abs. 2 im Gesetzgebungs­verfahren nach Abs. 5 behandelt werden.“ Das heißt: mit Zweidrittelmehrheit. – Ende des Zitats, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Donnerbauer: „Diesfalls!“)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 79

Ja, eben „diesfalls“! Ich zitiere – noch einmal „diesfalls“ – die Regierung, denn diesfalls sagt die Regierung, ob der Eingriffsintensität sei hier die Verfassung betroffen, meine Damen und Herren. – So viel zum Thema „diesfalls“.

Nur sagt dann die Regierung am Schluss – wahrheitswidrig, im Gegensatz zur Textie­rung der Vorlage –, es sei ja nur ein – ich zitiere wörtlich – „Hinweis auf den Ort der Regelung der gerichtlichen Bewilligung“.

Jeder kann unschwer bei der Gegenüberstellung der bisher geltenden Rechtslage, der zwischenzeitlich dann überholten Rechtlage und der neuen Rechtslage überprüfen, ob das stimmt oder nicht, ob es sich nur um einen Hinweis auf den Ort der Regelung han­delt. – Das glaubst am Schluss noch du (in Richtung des Abg. Mag. Donnerbauer), das will ich dir zubilligen! Jeder hat das Recht, naiv zu sein. Wir glauben es nicht, weil wir intellektuell in der Lage sind, die Vorlage auch zu lesen und zu erfassen, meine Damen und Herren! Intellektuell erfassendes Lesen ist nicht jedermanns Sache, das gebe ich gerne zu.

Letzter Punkt: Ich lasse mir nicht unterstellen, dass wir irgendeine Terrorismusfinanzie­rung unterstützen. Wir werden das auch unter Beweis stellen. Bei einer getrennten Ab­stimmung werden wir die Ausweitung des Kataloges in § 278 Abs. 2 unterstützen, Frau Bundesminister! Das halten wir für vernünftig. Wir halten es nicht für vernünftig, das Bankwesen, das Bankgeheimnis zulasten der Bürger zu durchbrechen, wir halten es nicht für vernünftig, die Verfassung zu missachten, und wir halten es nicht für ver­nünftig, aus dem Anwaltsstand eine kriminelle Organisation zu machen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Von Sachlichkeit keine Spur!)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


12.22.57

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Nach einer schau­spielerischen Einlage gehen wir wieder zu den Fakten. (Beifall bei der ÖVP.)

Grund für diese Gesetzesänderung ist der Bericht der FATF, also der Financial Action Task Force – und nicht der EU, Herr Gradauer –, zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dieser stellt in Österreich noch Defizite in einigen Berei­chen fest. Nun soll die Umsetzung des Transparenzpaketes mit den Vorlagen im Wirt­schafts-, Justiz- und auch im Finanzbereich erfolgen. Somit wird den Forderungen der FATF nachgekommen, dass wir nicht auf dieser schwarzen Liste aufscheinen, was für den Finanzplatz Österreich ein großer Schaden wäre. Ich glaube, das ist verhältnis­mäßig, wie auch die Frau Ministerin betont hat.

Eine Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte soll ermöglicht werden, um die Ausforschung von Vermögenswerten, die aus strafbaren Handlungen stammen, zu er­leichtern. Es soll auch die Zusammenarbeit mit anderen Ländern gefördert werden. Da­bei ist die Gefahr nicht gegeben, dass Bankkonten unbeteiligter Dritter geöffnet wer­den. Internet-Kriminalität kann bis dato nicht effektiv bekämpft werden. Mit diesem Ge­setz werden nun auch Internet-Betrügereien erfasst. Anwälte sind nun verpflichtet, eine erhöhte Sorgfalt zu üben, um nicht Teil eines kriminellen Netzwerkes zu werden. Das Berufsgeheimnis des Anwalts wird jedoch nicht angetastet. Auch Notare haben bei be­sonders komplexen Geschäftsbeziehungen und ungewöhnlichen Transaktionen erhöh­te Sorgfaltspflicht. Die Strafbarkeit der Eigengeldwäscherei wird ebenfalls eingeführt.

Der Beschluss dieses Transparenzpaketes ist eine notwendige Maßnahme, wenn­gleich wir auch im Wirtschaftsausschuss feststellen mussten, dass die Gesetzesvor­lage selbst für Juristen kaum lesbar ist. Deshalb ist ein praktischer Ratgeber für Unter­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 80

nehmer unbedingt erforderlich, damit dieses Gesetz auch erfolgreich umgesetzt wer­den kann. (Beifall bei der ÖVP.)

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


12.25.28

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr und Damen Staatssekretäre! Terroristische Strukturen, internationale Verbrechen, Wirtschaftskrimi­nalität, der Handel mit Menschen, mit Waffen und mit Drogen gehen so gut wie immer einher mit Geldwäsche und mit der Hinterziehung von Steuern. Auch wenn Österreich ein relativ umfassendes und gut funktionierendes System zur Bekämpfung von Geld­wäsche und Terrorismusfinanzierung hat, so gilt – so denke ich – auch hierfür, dass das Gute der Feind des Besseren ist.

Darum ist es durchaus begrüßenswert, in Fragen von Prävention, Aufsicht, Strafrecht, Ermittlung, aber auch internationaler Zusammenarbeit in Zukunft strengere Rahmenbe­dingungen anzulegen und so den Wirtschaftsstandort Österreich vor Missbrauch durch Kriminelle zu schützen.

Die Maßnahmen, die gegen Geldwäsche gerichtet sind, umfassen die Ausweitung der Verdachtsmeldung, mehr Kompetenzen für Geldwäsche-Meldezentren, mehr Kompe­tenzen für die Finanzmarktaufsicht, eine klarere Befugnis für Geldwäschebeauftragte und eine bessere und stärkere Kontrolle des Glücksspiels.

Das alles ist notwendig, weil klar ist, dass es aufgrund der jetzigen Globalisierung rein unter neoliberaler Prämisse zu einer wesentlich höheren und freieren und weniger nachvollziehbaren Mobilität von Kapital kommt. Es gibt massive grenzüberschreitende Aktivitäten von transnationalen Konzernen. Genau diese Geldtransaktionen gehen sehr, sehr oft damit einher, dass Steuersysteme, dass nationalstaatliche Strukturen im fiskalen Bereich geschwächt werden. Diese Schwächung durch Geldwäsche, aber auch durch Steuerhinterziehung heißt ganz konkret, dass Gelder, die legitimerweise Staaten und den Menschen in Form von Steuergeldern und der Umverteilung durch staatliche Strukturen zur Verfügung stehen sollten, ihnen einfach entzogen werden, verloren gehen. Das heißt, dass wichtige Investitionen in Infrastruktur, in Da­seinsvorsorge, in Bildungs-, Gesundheits-, Pensions-, Sozialsystem und sonstige Sys­teme ausbleiben.

Alleine im Jahr 2005 haben Privatpersonen – nur Privatpersonen, reiche, wohlhabende Privatpersonen! – 11,5 Billiarden € an Geld an den staatlichen Strukturen vorbeige­schleust, was heißt, dass 225 Milliarden US-Dollar dem Fiskus vorenthalten worden sind.

Wenn man sich illegale Transaktionen nicht von Privatpersonen, sondern von Firmen anschaut, dann sieht man, dass das um ein Vielfaches mehr ist. Darum bin ich über­zeugt, dass ein engeres Stricken unseres Systems, um es sowohl einzelnen Personen als auch kriminellen Organisationen zu verunmöglichen, dass sie illegal erworbenes Kapital einfach „einsacken“ und damit auch die Rechtsstaatlichkeit aushöhlen, aus je­der Sicht zu begrüßen ist. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


12.28.47

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich glaube nicht, dass es irgendjemanden in diesem Haus gibt, der nicht so verantwortungsbewusst wäre, dass er Maßnahmen, die die Geldwäscherei und die Terrorismusfinanzierung verhindern, befürworten würde. Ich kenne Kollegen


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Peter Fichtenbauer jetzt schon sehr lange und finde es vom Kollegen Steinhauser völ­lig unangebracht, Kollegem Fichtenbauer zu unterstellen, dass er Geldwäscherei be­günstigen möchte beziehungsweise dass das die FPÖ tun möchte. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Die große Herausforderung, vor der wir gestanden sind, war ja eine ganz andere, näm­lich eben jene wirksame Bekämpfung krimineller Machenschaften in eine Balance mit dem Schutz und der Wahrung des Bankgeheimnisses, wie aber auch etwa des An­waltsgeheimnisses zu bringen. Das war die Herausforderung. Mir wird man wahr­scheinlich nicht unterstellen – Kollege Kogler langweilt sich ja gewöhnlich schon, wenn ich vom monetären Schlafzimmer unserer Bürgerinnen und Bürger spreche –, dass mir das Bankgeheimnis nicht als ein Grund- und Schutzrecht des Bürgers gegen will­kürliche Eingriffe des Staates ein extremes Anliegen darstellt. Das habe ich schon mehrfach hier von diesem Rednerpult aus festgestellt.

Wir haben daher sehr intensiv in den Ausschüssen, und zwar sowohl im Finanzaus­schuss als auch im Justizausschuss, diese Thematik diskutiert. Ich verweise darauf, dass wir den Justizausschuss deswegen einmal sogar vertagen mussten. Wir haben Abänderungsanträge eingebracht und beschlossen, von denen ich glaube, dass sie überschießende Regelungen, die in den Regierungsvorlagen schon auch enthalten wa­ren, wieder zurückgestutzt haben. Damit konnten wir das Bankgeheimnis, aber auch das Anwaltsgeheimnis in allen wesentlichen Facetten wahren und damit jene ange­strebte Ausgewogenheit zwischen beiden Interessenszielen herbeiführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher glaube ich, dass wir dieses Gesetz heute – eine kleine Quadratur des Kreises, wie dies bei gegenläufigen Interessen, die auf einen Nenner zu bringen sind, immer wieder notwendig ist – mit gutem Gewissen und Überzeugung beschließen können.

Eine letzte Anmerkung noch zu Kollegen Themessl: Dass gerade jetzt, wo wir gegen Spekulanten und Zocker zu Felde ziehen, jemand wie er herauskommt und Speku­lanten das Wort redet und – damit selbst schon fast die personifizierte Spekulation – Kursspekulation, Währungsspekulationen und Zinsspekulationen für den privaten Kre­ditnehmer geradezu fordert (Abg. Themessl: Zinsen ...!), ist schon ein starkes Stück. Ich bitte dich, lieber Kollege, geh in dich und überlege, ob das wirklich eine Forderung ist, die du verantworten kannst! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Themessl: Aber die Zin­sen ... Euro ...!)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Ikrath –: War das eine Ansprache als Lobbyist?)

 


12.31.50

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Ikrath hat behauptet, ich hätte dem Kollegen Fichtenbauer unterstellt, dass er Geldwäsche begünstigen würde. Das ist nicht richtig.

Ich habe vielmehr gesagt – und ich ersuche, wenn man im Plenum sitzt, auch zuzuhö­ren! –, dass es auffallend ist, dass sich, wenn es um die Verschärfung von Korruptions- und Geldwäschebestimmungen geht, die FPÖ immer an die Spitze des Widerstandes dagegen stellt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Dr. Jarolim: Dagegen gibt es eigentlich nichts zu sagen! Das ist ja Faktum!)

12.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 82

12.32.29

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit geraumer Zeit erleben wir, dass Gemeinden, Verbände, Firmen, Privatpersonen Probleme mit Spekulationsgeschäften haben und teilweise sehr dramatische Verluste zu verzeichnen haben. Wir haben auch gesehen, dass Anbieter oft sehr ungeniert Geschäfte anbieten, wo Probleme, die damit im Zu­sammenhang stehen können, verschwiegen werden, weil diese sie vielleicht selbst oft nicht erkennen oder auch, getrieben von der eigenen Provision, Menschen in eine un­verantwortbare Situation treiben. Das gute Geschäft hat es meist nur für den Anbieter gegeben.

Die Fremdwährungskredite, um die es jetzt auch geht, sind nichts anderes als Spekula­tionsgeschäfte, Spekulationen auf Zinsen und Währungen. Entscheidend für den Ge­winn oder auch den Verlust ist ausschließlich der Zeitpunkt des Handels, und den ent­scheidet nicht der Experte, der Verkäufer, den hat der Kunde zu entscheiden. Niemand kann die Entwicklung vorhersehen, weder der Experte und schon gar nicht der Kunde. Daher ist der Gewinn ausschließlich eine Funktion des Glücks.

Der Großteil der Fremdwährungskredite liegt im Schweizer Franken. Sehr viele befin­den sich jetzt in einer Situation, die einem Super-gau ähnlich kommt. Der Euro schwä­chelt und die Schulden steigen. Auch die Tilgungsträger, die für diese Hauptgeschäfte vereinbart wurden, sind mehr oder weniger spekulativ und nicht annähernd geeignet, das Minus, das das Hauptgeschäft aufgetan hat, aufzufangen.

Eng wird es dann, wenn Nachschuss verlangt wird oder wenn die Konvertierung nahe­gelegt wird. In dieser Situation befinden sich gegenwärtig sehr viele Leute. Daher ist der Antrag, der in Behandlung steht, nicht nachvollziehbar, denn er will genau diese Probleme fortschreiben. Es ist meiner Meinung nach völlig egal, ob es um reichere oder weniger reiche oder arme Leute geht. Derartige Geschäfte sind niemandem zu­mutbar. Jedenfalls sehen wir es als unsere Aufgabe an, zumindest die Ärmeren und Schwächeren vor solchen Geschäften zu schützen.

Daher ist es höchst an der Zeit, dass wir von dieser Zockermanier wegkommen, wo immer irgendjemand versucht, auf Kosten des anderen zu leben, und zu einer seriösen Kultur auch in dieser Frage kommen. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, eine seri­öse Kultur zu entwickeln. Der vorliegende Antrag ist kein Beitrag, der uns in diese Rich­tung führt. Daher werden wir diesen Antrag nicht unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


12.35.49

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Wissen Sie, wenn man so viele Äpfel mit Birnen vermischt, wie das hier im Zuge der Debatte über die Fremdwährungskredite passiert ist, dann kann nur eines daran positiv sein: dass es vielleicht irgendwann einmal einen guten Most gibt; aber mehr nicht.

Aber jetzt ein paar Richtigstellungen: Herr Kollege Kai Jan Krainer, Sie haben erstens das Zinsrisiko genannt! – Das Zinsrisiko haben Sie beim Euro genauso. Was hat das mit der Fremdwährung zu tun? – Gar nichts. Ich sage Ihnen, der Schweizer Franken ist von der Verzinsung her seit Jahren um Welten besser als der Euro. – Zum Ersten.

Der zweite Punkt ist das Währungsrisiko – das ist der einzige Punkt, wo Sie recht ha­ben –; zu dem komme ich noch.

Das Dritte, nämlich das, was Kollege Lugar behauptet hat, schlägt ja dem Fass den Boden aus. Herr Kollege Lugar, wissen Sie, wie viele endfällige Darlehen es in Euro


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 83

gibt? Das wissen Sie wahrscheinlich. Mindestens gleich viele wie endfällige Darlehen in Schweizer Franken. So, und wenn jetzt bei diesen endfälligen Darlehen in Euro der Tilgungsträger abstürzt, geben Sie dann dem Währungsrisiko die Schuld? Wie stellen Sie sich das vor? (Abg. Kopf: Das kann beim Franken auch ...!) Wissen Sie, wenn Sie nicht genügend beraten wurden, wie sich ein Tilgungsträger bewegen kann, und wenn Sie einen hoch spekulativen Tilgungsträger abgeschlossen haben, dann sind Sie selbst schuld. Oder es liegt an der Fehlberatung entweder des Versicherungsvertreters oder des Bankberaters.

Jetzt komme ich zum Währungsrisiko. Das Währungsrisiko ist beim Schweizer Franken absehbar. Sie wissen genau, dass die Schweiz so wie Österreich ein sehr exportorien­tiertes Land ist. Die Schweiz könnte es sich gar nicht leisten, den Schweizer Franken gegenüber dem Euro, von dem Sie ja so überzeugt sind, dass er stabil bleibt, ins Un­endliche steigen zu lassen, weil sonst die Exporte einbrechen würden. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Außerdem haben Sie von den Regierungsparteien gestern alle durch die Bank behaup­tet, wie toll sich der Euro entwickeln wird, weil Sie ihm jetzt 750 Milliarden € als Stüt­zung der Euro-Länder zur Verfügung stellen. Also, was kann da passieren? – Gar nichts.

Übertreiben Sie nicht das Währungsrisiko! Vermischen Sie nicht permanent Äpfel mit Birnen! Verwenden Sie nicht den Ausdruck, den fallenden Tilgungsträger in ein Wäh­rungsrisiko umzumünzen! Das ist grundsätzlich falsch. Sonst lassen Sie sich einmal aufklären! Und, Herr Kollege Ikrath, wenn Sie Tausende von österreichischen Sparern, Häuselbauern, Eigentumswohnungskäufern und, und, und hier als Spekulanten be­zeichnen, dann ist das ein Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Von Refi­nanzierungsrisiko kein Wort! – Abg. Dr. Jarolim: Von Ihnen würde ich mich nicht gerne beraten lassen!)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haberzettl. – Bitte.

 


12.38.37

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Verehrte Mit­glieder auf der Regierungsbank! Auch ich möchte mich mit dem Thema Fremdwäh­rungskredite befassen und möchte zu dem Antrag – eingehend auf die Formulierung – einiges richtigstellen. In der Antragsformulierung gehen Sie, Herr Themessl, davon aus, dass die FMA Fremdwährungskredite verboten hat. Das ist an und für sich un­richtig. Die FMA kann nur eine Empfehlung abgeben, restriktiv vorzugehen, und das ist auch so geschehen.

Das ist deswegen sehr wichtig, weil in Ihrem Antrag dann auch Ausnahmen von diesen „Verboten“ gefordert werden. Wenn etwas nicht verboten ist, kann ich auch nicht etwas von Verboten ausnehmen. – So weit zur Formulierung.

Ich glaube, es ist unumstritten, dass in Österreich im EU-Vergleich ein relativ hohes Volumen an Fremdwährungskrediten insbesondere der privaten Haushalte festzustel­len ist. Da bin ich vollkommen bei Ihnen, Herr Themessl! Es ist vielleicht gar nicht eine Frage des Zugangs, aber wir haben in Österreich ein Problem. Wir haben bereits beim Banken-Untersuchungsausschuss festgestellt, wir haben ein Problem der Qualität der Beratungen. Wenn die Beratung dahin geht, dass das gesamte Risiko auf kleine Häuslbauer abgetreten wird, wenn die Beratung dahin geht, dass eben auch noch das Kursrisiko durch den Kunden getragen wird, dann ist etwas faul im Hause Österreich.

Ich glaube, wir sollten nicht die Schranken aufmachen, sondern wir sollten zum Schut­ze der Konsumenten – der „kleinen“ Konsumenten – sehr genau hinschauen.

Ich darf aus einem Zeitungsbericht von dieser Woche zitieren:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 84

Der rasante Kursverlust des Euro in den vergangenen zwei Wochen vertieft die Sor­genfalten Tausender heimischer Häuslbauer, „die ihren Wohntraum mit einem langfris­tigen Kredit in Schweizer Franken finanziert haben.“ (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Und weiters: „Anfang der Woche sackte der Euro gegenüber dem Schweizer Franken auf 1,40 ab. Die Zinsbelastung für den – meist endfälligen – Kredit ist dadurch deutlich angestiegen. Vor drei Jahren etwa musste ein Kreditnehmer für jeden Franken, den er an Zinsen zu berappen hatte, rund 60 Euro-Cent bezahlen. Derzeit sind es mit 71 Cent um gut 18 Prozent mehr.“ (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Und gleichzeitig – das ist ein „Zufall“ – ist die aushaftende Summe auch um 18 Prozent gestiegen.

Ich würde sagen, da geben die Banken ordentlich Gas. Es ist ein Zockergeschäft, aber die Betroffenen, die das Risiko zu tragen haben, werden nicht darüber informiert. (Zwi­schenruf bei der ÖVP.) Das ist der Mangel an diesem Geschäft, und darum ist es gut, wenn dieser Antrag abgelehnt wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


12.41.29

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Internatio­nale Mafia bevorzugt Österreich – und da vorwiegend Wien  für die Geldwäsche. – Diese Schlagzeile im „Handelsblatt“ vom 10. März dieses Jahres zeigt, dass Österreich nicht nur eine Insel der Seligen im Bankenbereich ist.

Danach folgten mehrere Zeitungsberichte, laut denen im Zuge des Geldwäscheskan­dals um die beiden italienischen Telekommunikationskonzerne Telecom Italia und Fastweb in den Jahren 2003 bis 2007 in etwa 2 Milliarden € über Wien geflossen sein sollen. Das Positive an dieser Causa – das ist anzumerken – ist in diesem Zusammen­hang die Rolle der österreichischen Banken: Sie waren es, die diese illegalen Geldströ­me aufgedeckt haben.

Man hat sich mit dem beharrlichen Festhalten am Bankgeheimnis in Österreich nicht nur Freunde gemacht, sondern auch einen zweifelhaften Ruf erworben – den Ruf einer Steueroase. Österreich wurde daher auch auf die graue Liste der OECD gesetzt. Von dieser Liste ist Österreich inzwischen wieder gestrichen worden, aber noch im Vorjahr hat die internationale Organisation zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus­finanzierung bei einer Untersuchung einige Defizite in der österreichischen Rechtslage festgestellt.

Es wurde beispielsweise kritisiert, dass Eigengeldwäsche in Österreich kein Straftatbe­stand ist. Mit dem heute zu beschließenden Bundesgesetz, mit dem die Rechtsan­waltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Strafprozessord­nung 1975 geändert werden sollen, wird sich diese Situation wesentlich verbessern. Geldwäsche ist ja nichts Abstraktes. Wir haben das in meinem Bundesland gesehen – dem Vorstand der Hypo Alpe-Adria, Dr. Wolfgang Kulterer, wird der Vorwurf der Geld­wäsche nicht erspart bleiben.

Durch die heute zu beschließende Gesetzesänderung wird garantiert, dass dem Wirt­schaftsstandort Österreich kein Nachteil erwächst. Warum? – Würden die Änderungen nicht vorgenommen werden, würde sich Österreich auf der von der Financial Action Task Force herausgegebenen Liste wiederfinden, auf der all jene Länder aufgelistet sind, deren Gesetzgebung und Maßnahmen gegen Geldwäsche nicht den international festgesetzten Standards entsprechen. Das wäre fatal, vor allem für die Wirtschaftswelt, allen voran aber für die Vereinigten Staaten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 85

So bleibt Österreich attraktiv für die internationale Wirtschaftswelt, das ist auch gut so, und es sollte unattraktiv für all jene werden, die den Finanzplatz Österreich dafür miss­brauchen wollen, um Geldwäsche beziehungsweise Terrorismusfinanzierung zu betrei­ben. Trotz dieser Maßnahmen bleibt zu befürchten, dass die kriminelle Energie und vor allem die Fantasie nicht nachlassen werden. Es sollte aber der Weg etwas schwerer, etwas steiniger werden, und es sollte vor allem auch etwas teurer werden. Damit ist dieser Fortschritt nicht zu unterschätzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühl­bacher. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.44.44

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Staatsse­kretärin! Die FATF hat ja, wie heute schon debattiert, Defizite im Bereich Bankgeheim­nis, in den Bereichen Prävention, Aufsicht, Strafrecht, Ermittlungen und internationale Zusammenarbeit festgestellt, und in der Regierungsvorlage wurden nun Maßnahmen formuliert.

Was sind das für Maßnahmen? – Es sind Maßnahmen, die die Anpassung der Identifi­zierungs- und Sorgfaltspflichten der Rechtsanwälte und Notare betreffen, Eigengeldwä­sche soll strafbar gemacht werden, und auch die Voraussetzungen für die Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte werden geändert.

Im Justizausschuss – und auch im Plenum hat man das heute gesehen – gab es hefti­ge Reaktionen – wenn ich mir zum Beispiel den heftigen Gemütsausbruch des Herrn Kollegen Fichtenbauer noch einmal in Erinnerung rufe – im Bereich der Rechtsanwälte und Notare.

Aber das Komische daran ist ja, dass gerade diejenigen, die den Regierungsparteien des Öfteren Klientelpolitik vorwerfen, sich heute bei der Debatte ausgezeichnet haben. Herr Abgeordneter Stadler zum Beispiel hat diese Regierungsvorlage als „Schaufens­ternorm“ bezeichnet. Herr Kollege Scheibner hat im Justizausschuss bezeichnender­weise von einer „scheibchenweisen Aufweichung des Bankgeheimnisses“ gesprochen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, genau diese Möglichkeit, Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte zu erhalten, auch wenn sie im Hauptverfahren in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, hilft den BürgerInnen. Diese Möglichkeit kann nämlich auch in Verfahren wegen nicht qualifizierter Vermögensdelikte verwendet werden, das heißt, Internetkriminalität, so genannte eBay-Betrugsfälle können wirksa­mer verfolgt werden. Diese Möglichkeit – ich glaube, da sind wir uns alle einig – bedeu­tet eine Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einfach das Gesetz als Anschlag auf den Anwaltsstand zu sehen, ist hier sicherlich zu wenig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


12.47.23

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Justizministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wie bereits von den Vorrednern ausgeführt, steht heute mit der vorlie­genden Regierungsvorlage eine Abänderung aufgrund des Prüfberichtes der Financial Action Task Force auf unserer Plenartagesordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 86

Wir kommen der Empfehlung nach, adaptieren das österreichische Recht und setzen somit auch erste Maßnahmen im Rahmen des im Februar 2010 vom Ministerrat ange­nommenen Transparenzpakets für den Finanzplatz Österreich um. Bereits während der Justizausschusssitzung und auch während der Plenarsitzung haben einige Abge­ordnete der Opposition heftige Kritik am vorliegenden Entwurf geäußert und sogar Ver­fassungsklagen in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung hat im vorliegenden Entwurf einen Mittelweg gefunden, mit dem bestehende Lücken im internationalen System zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung geschlossen werden, gleichzeitig aber das in Österreich gewohnt hohe Schutzniveau beim Bankgeheimnis gewahrt bleibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte zum Thema Abschöpfung der Berei­cherung noch einige Worte sagen. Da geht es um jene Maßnahmen, die Gerichte set­zen, wenn eine Person einen Vermögensvorteil durch eine strafbare Handlung erlangt hat. Ich ersuche die Justizministerin und die Innenministerin, gemeinsam mit dem Fi­nanzminister eine Lösung für die verstärkte Durchführung der Abschöpfung der Berei­cherung zu gewährleisten.

Wir haben in diesem Bereich ein Problem. Auf der einen Seite stellen sowohl das In­nenressort als auch das Justizressort Personal und Ressourcen zur Verfügung, auf der anderen Seite kommt aber die Zuwendung in Geld- und Sachleistungen auch dem Fi­nanzministerium zugute. Hier müsste eine vernünftige Lösung gefunden werden, damit die gesetzliche Grundlage auch umgesetzt werden kann.

Schaffen wir eine schlagkräftige Fachgruppe, um gegen Bereicherung auftreten zu können, denn die Abschöpfung der Bereicherung stellt ein wichtiges Hilfsmittel zur prä­ventiven Bekämpfung von Straftaten beziehungsweise zur Zerschlagung der Struktu­ren im Bereich der Delikte Drogenhandel, Schlepperei, Menschenhandel, Betrug, Inter­netkriminalität und der kriminellen Organisation dar.

Stimmen wir für dieses Gesetz und arbeiten wir effizient gegen jede Art der unrechtmä­ßigen Bereicherung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


12.50.06

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Darstellung von Kollegen Themessl war schon bezeichnend. Was wir hier erlebt haben, war Klientelpolitik. Das waren die Argumente der Versicherungsbera­ter und der Versicherungsmakler, die ich in den Jahren 2001 und 2002 gehört habe.

Ich war derjenige im Hohen Haus, der die erste parlamentarische Anfrage zu den Fremdwährungskrediten gemacht hat – im Jahre 2001. Bereits damals haben wir auf diese Spekulationsgeschäfte hingewiesen.

Leider ist nun genau das eingetreten, was wir befürchtet haben: Menschen wurden falsch informiert, Menschen wurden überhaupt nicht informiert, und zwar von Versiche­rungsmaklern, Beratern, aber auch von Banken. Wir sind der Auffassung, dass Fremd­währungskredite in dieser Form aufgrund der bestehenden Risiken für normale Konsu­menten nicht geeignet sind.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch ganz kurz zur Änderung der Strafprozessordnung, zum § 116: Es gibt in diesem Haus anscheinend unter­schiedliche Rechtsauffassungen, ob eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses er­folgt oder nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 87

Ich glaube nicht, dass die Argumentation des Kollegen Stadler richtig ist, dass das Bankgeheimnis zulasten der Bürger durchbrochen wird. Gerade mit dem § 116 – mit der Neuregelung, dass Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte zulässig sind, wenn sie zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat erforderlich erschei­nen – kann Internetbetrug bekämpft werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Im Jahre 2009 hat es 52 437 Fälle in den Arbeiterkammern und beim Verein für Konsu­menteninformation gegeben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Damit schaffen wir Rechtssicherheit für die österreichischen Bürger. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


12.52.28

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohe Regierungsbank! Erstens: Es ist ein Gebot des Anstandes, mich bei Michael Ikrath für seine Worte der Redlichkeit zu bedanken, weil die Äußerung des Kollegen Steinhauser natürlich altmar­xistische Kampfrhetorik war. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Jury.)

Demjenigen, der im Lichte des Verfassungsrechts debattiert, zu unterstellen, dass er für Kriminelle eintritt, das kennt man, das ist ein bewährtes Muster. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Und ich danke dafür, dass bei einigen wenigen die Klarstellung gelungen ist, dass es gilt zu unterscheiden, ob ein Gesetz verfassungswidrig ist oder nicht, die Argumente, die für die Verfassungswidrigkeit sprechen, anzuhören und nicht demjenigen, der sie ausspricht, Böswilligkeit zu unterstellen. Das nur nebenbei.

Mehrmals ist durchgeklungen, die heutige Ergänzung der Bestimmungen der Rechts­anwaltsordnung sei ja nichts anderes als eine Ergänzung dessen, was es schon gibt.

Ich erinnere daran, dass die Bestimmungen der §§ 8a bis 8c auch in den 1990er Jah­ren von der Rechtsanwaltskammer massiv abgelehnt worden sind. Auch die neue Be­stimmung wird von der Rechtsanwaltskammer massiv abgelehnt.

Mein leidenschaftlicher Ausbruch hat sich darauf bezogen, was aus den Steinhauser­schen Ausführungen klar zu entnehmen war, ohne dass man jetzt Haarspalterei be­treibt: Im Ergebnis wird der Rechtsanwaltskammer Unterstützung von Geldwäscherei unterstellt, nur weil sie gegen die Bestimmungen der §§ 8a und ff. der Rechtsanwalts­ordnung neu eintritt.

Das ist unredlich, und es ist eigentlich eine Schande, dass man sich im Parlament mit solch kleinen Einmaleins-Fragen der Redlichkeit überhaupt auseinandersetzen muss. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Jury.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


12.54.32

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatse­kretär! Frau Staatssekretärin! Als vorletzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt möchte noch einmal kurz zusammenfassen beziehungsweise erklären, was Geldwä­sche ist, weil das offensichtlich noch nicht bei allen hier angekommen ist.

Geldwäsche ist eine sehr anschauliche Bezeichnung für den Vorgang, Geld aus schmutzigen – also illegalen – Geschäften salonfähig zu machen. Geldwäscherei ist ein Prozess, durch den Kriminelle versuchen die wahre Herkunft von und die Eigen­tumsverhältnisse an den Einkünften von kriminellen Aktivitäten vor den Behörden zu verbergen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 88

Sind sie dabei erfolgreich, erlaubt ihnen dies, während dieses Vorganges die Kontrolle über diese Einkünfte zu behalten und schließlich den Mantel der Legitimität darüber zu breiten. Im Unterschied zur Geldwäsche – möchte ich anmerken – könnten finanzielle Mittel zur Terrorismusfinanzierung auch aus legalen Quellen stammen.

Die Bekämpfung der Geldwäsche ist in Österreich – ebenso wie in den meisten Län­dern – ein komplexes Thema, bei dem viele Behörden zusammenarbeiten. Zentrales Ziel für alle ist es selbstverständlich, den Missbrauch des österreichischen Finanzsys­tems zur Verschleierung und Verschiebung von Geldern aus illegalen Quellen zu ver­hindern.

Natürlich hatte Österreich bisher ein umfangreiches, umfassendes und gut funktionie­rendes System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Aller­dings gab es noch immer einige Defizite, die wir jetzt im Zuge der Änderung der Ge­werbeordnung, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes beseitigen werden, damit der Wirtschaftsstandort Österreich vor einem Missbrauch durch Kriminelle in Zukunft noch besser geschützt ist.

Es wird jetzt endlich einheitliche Maßnahmen geben, die alle Angehörigen des Wirt­schaftstreuhandberufes und der Bilanzbuchhaltungsberufe dazu verpflichten, künftig erhöhte Aufmerksamkeit walten zu lassen, wenn sie mit Personen oder Firmen aus Ländern zu tun haben, in denen ein erhöhtes Risiko der Geldwäscherei und Terroris­musfinanzierung besteht. Und die Behörden können Geldwäsche-Verdachtsfällen künf­tig nachgehen, ohne sofort ein Strafverfahren einleiten zu müssen. So kann man ver­meiden, dass Kriminelle vorzeitig gewarnt werden.

Sie werden auch verpflichtet, bei der Begründung von Geschäftsbeziehungen, bei der Abwicklung von Transaktionen, beim Verdacht von Geldwäsche oder Terrorismusfinan­zierung sowie bei Zweifeln an der Echtheit von Kundenidentifikationsdaten einer risiko­adäquaten Sorgfaltspflicht nachzukommen.

Schon der leiseste Verdacht auf Geldwäsche muss bei der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt gemeldet werden. Selbstverständlich dürfen Informationen über er­folgte Meldungen nicht weitergegeben werden.

Abschließend möchte ich noch Folgendes sagen: Sorgfaltspflichten für Unternehmen bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen sind ja nichts Neues. Das hat es auch bisher gegeben. Insofern werden anständige Kaufleute mit dem vorliegenden Paket si­cherlich kein Problem haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.57.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat schon recht, dass man hier den Ein­druck gewinnt, dass bei manchen noch nicht ganz angekommen ist, was der Begriff Geldwäsche in seiner vollen Dimension eigentlich bedeutet und was damit verbunden ist.

Aber trotzdem eines vorweg: Ich respektiere die Meinung aller VorrednerInnen, die Fragen hinsichtlich des Formalvorgangs anzubringen haben oder die Regierungsvor­lage kritisch hinterfragen. Wir haben in diesem Punkt eine andere Einschätzung.

Aber trotzdem habe ich nach wie vor den Eindruck, dass auch für die Regierungsfrak­tionen – insbesondere für die ÖVP – die Angelegenheit der Geldwäsche immer noch eine ist, in der man gerade so viel tut, wie man glaubt, dass man muss. (Abg. Kößl: Das ist eine Unterstellung! Das ist unvorstellbar!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 89

Ich sage Ihnen, es ist ohnehin noch zu wenig. Es wird noch mehr brauchen. Es war ja bis vor Kurzem so – und das ist der nächste Irrtum, der dem Ganzen zugrunde liegt –, dass aufgrund dieser völlig absurden Überhöhung des Bankgeheimnisses alle anderen Kinder mit dem Bade ausgegossen wurden.

Das Bankgeheimnis – wenn es einen Sinn hätte – ist doch dazu da, dass man vor will­kürlichen Zugriffen oder Einblicken – Zugriffe ist sowieso das falsche Wort – (Zwi­schenruf des Abg. Weinzinger) des Staates in die finanziellen Verhältnisse, in Konto­daten schützt. – So weit, so gut.

Aber das muss natürlich regelmäßig dann durchbrochen werden, wenn schwere Ver­dachtsmomente vorliegen. Das ist am Papier ohnehin so geregelt. In der Praxis haben wir halt jahrelang etwas anderes festgestellt.

Und damit kommen wir jetzt schön langsam auch zum Bereich der Geldwäsche und zur internationalen Dimension. Diejenigen, die sich mit der Materie beschäftigen, wis­sen schon seit vielen Jahren – seit den Achtzigern ist das schon publizistisch nachvoll­ziehbar –, dass Österreich aufgrund verschiedener Umstände, jedenfalls auch auf­grund dieser Bankgeheimnisbestimmungen ein wunderbares Zielland für diese Geld­wäscheaktivitäten ist und gleich ganz in der obersten Liga mit der Schweiz, Liechten­stein und ähnlichen Nationen genannt wurde – in der Literatur, bitte, nicht irgendwo von irgendwelchen Dahergelaufenen, sondern von Leuten, die sich damit befassen und jahrelang darüber geschrieben haben, die ihrerseits wegen dieser Dinge immer be­droht wurden. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Warum sind sie bedroht worden? – Weil es sich bei Geldwäsche natürlich um Tatbe­stände handelt, bei denen es darum geht, dass es in Wahrheit immer auch das ent­sprechende Vorverbrechen geben wird. Und was ist das? – Da geht es um Waffenhan­del, um Menschenhandel, um Drogenhandel und ähnliche Dinge mehr; oder um schlich­te Wirtschaftskriminalität, dann aber wieder um Milliarden.

So wie zuletzt – es hätte mich ja gewundert, wenn es nicht so gewesen wäre; ich er­zähle Ihnen jetzt ein paar kleine Geschichten, die erste ist noch nicht so lange her:

Als in Italien aufgeflogen ist – da war das in Österreich noch gar kein Thema, konnte man es dort schon lesen –, dass die kalabrische ’Ndrangheta über Wirtschaftsimpe­rien, namentlich Telekom-Firmen, mehrere Milliarden Schwarzgeld weißgewaschen hat, war es für mich nur eine Frage der Zeit, bis rauskommt, wie viel über österreichi­sche Banken gelaufen ist. Es war nicht zu knapp. Wir kommen schon in den Milliarden­bereich, also keine Sorge. So ist es nämlich.

Machen wir jetzt einmal eine kurze Einblendung, wie es typischerweise in österreichi­schen Banken zugeht. Nehmen wir – wieder einmal, aber möglicherweise hängen die Dinge ja zusammen – die Hypo Alpe-Adria Group. Es war auch da kein Wunder, dass die Dinge jetzt viel stärker ans Licht kommen, aber nicht etwa, weil das Finanzminis­terium, Herr Staatssekretär, die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft so unterstüt­zen würde. Dort steht man sich ja gegenseitig im Weg. Mittlerweile fragt man sich ja, ob wirklich aufgeklärt werden soll. Die Staatsanwaltschaft beschwert sich, weil die SOKO Hypo herumtut, und umgekehrt. Ich habe ja den Verdacht, dass wieder die gro­ße schwarz-blaue Tuchent – da funktioniert sie ja vielleicht noch – über das Ganze drü­bergelegt werden soll, anstatt dass etwas aufgeklärt werden soll. Da sind Sie „Tuchent-Weltmeister“.

Aber jetzt schauen wir einmal an, was in München zutage gefördert wird. Die ganze Zudeckerei, was die Hypo betrifft, wird in Österreich überhaupt nichts helfen, weil die in München nämlich ganz anders zu Werke gehen. – Das ist ja hier nur eine Nebenschie­ne, aber die Hauptschiene ist die Geldwäscherei.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 90

Unter anderem ist dort bei der Staatsanwaltschaft gleich einmal Folgendes herausge­kommen – ich zitiere eine APA-Meldung vom 12. Mai –:

„Hypo Alpe- Adria hatte Kriegsverbrecher und Terroristen als Kunden“, „Brisante Aus­sage des Bayern LB-Beauftragten für Wirtschaftskriminalität vor Münchner Staatsan­waltschaft“. – Die haben nämlich etwas getan! Ich werde Ihnen sagen, was der Geld­wäschebeauftragte der Hypo gemacht hat. Da werden Sie noch schauen.

Zitat: Bei der „Kärntner Hypo Group Alpe Adria ... seien 24 Kriegsverbrecher und zwei Terroristen als Kunden entdeckt worden, gab der Beauftragte für Wirtschaftskriminalität der BayernLB bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft München zu Pro­tokoll.“

Aha! Aha! Bei uns hat man weiß ich wie viele Jahre gebraucht, damit das unentdeckt bleibt, denn das sind ja alte Geschichten, das sind ja nicht neue.

Und jetzt sage ich Ihnen auch etwas, was diesen Untersuchungsausschuss betrifft, den dieser Nationalrat damals im Oktober 2006 mit Mehrheit – drei Parteien – eingesetzt hat: Die Fragen der Geldwäsche sind immer weggedrängt worden! Zuerst sind die Ak­ten nicht geliefert worden – das Erste, was geliefert wurde, war das, was ohnehin auf der Homepage des Ministeriums verfügbar war –, dann sind sie monatelang zurück­gehalten worden, dann sind welche gekommen, die mehr schwarz als weiß waren – genau so, wie es der Parteifarbe entspricht. Das sind die Zustände der Aufklärung in dieser Republik. (Abg. Kößl: Bleib am Boden der Realität!)

Und was haben wir dann trotzdem bei der Hypo Alpe-Adria noch herausbekommen? – Es war ja bei den anderen auch nicht viel besser, aber bleiben wir bei einem stringen­ten Beispiel. – Dass nämlich die Firmenspitze dort, aber nicht einmal das mittlere Ma­nagement gewusst hat, der Notenbank nennen konnte – die hat nämlich die österrei­chische Untersuchung geführt –, wer überhaupt der Geldwäschebeauftragte in der Hypo ist. Das konnte nicht eruiert werden! Das waren die Zustände dort. – Dann kom­men die Bayern, schauen hinein und sehen gleich einmal, was los ist.

Okay, wenn das der Zustand des Finanzwesens und der Kontrolle in der Republik ist, dann gute Nacht! Aber es wundert einen ja nicht, und ich hoffe, dass jetzt auch einiges besser wird. Und im Untersuchungsausschuss damals haben Sie von Schwarz und Blau diese ganzen Zudeckereien noch tatkräftig gedeckt.

Aber es ist ja weitergegangen: Während der Untersuchungsausschuss gelaufen ist, ist jener Mitarbeiter des Treasury, von Kulterer, der damals schon bei den Swap-Verlusten dabei war, des Nächtens – er hat einen Koffer mit sich geführt, den berühmten schwar­zen Koffer – überfallen, niedergeschlagen worden und ist natürlich ins Spital gekom­men. Der Koffer war noch da. Wer hat ihn als Erster besucht? – Kulterer und ein Si­cherheitsbeauftragter der Bank; nicht der Geldwäschebeauftragte, sondern der Sicher­heitsbeauftragte! Den gibt es nämlich auch.

Und was haben die dem guten Verletzten anzudienen gehabt? – Vielleicht ein bisschen Zuspruch, aber eines haben sie klargemacht: Die Sicherheit und das Bankgeheim­nis – das könnt ihr alles in den Protokollen, die es gibt, nachlesen – erfordern es jetzt, dass wir den Koffer dort wieder wegnehmen! – Der ist nicht zu den Behörden gegan­gen. Die haben sich auch nicht dafür interessiert, Frau Ministerin. Das ist ja der nächs­te Skandal. Das ist überhaupt viel zu langsam, wie das in Klagenfurt vorangeht. Damit werden wir uns noch extra auseinandersetzen.

Aber: Die Sicherheit verlangt es, dass wir den Koffer wieder verschwinden lassen – und weg ist er! Wo ist der bis heute? Der findet sich nur aktenkundig, aber nicht koffer­kundig. Die einzigen „Koffer“, die da unterwegs sind, sind die Aufklärer der Republik! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 91

Wir werden uns das jetzt nicht mehr gefallen lassen! Ich sage Ihnen das, auch wenn Sie den Kopf schütteln, Kollege Molterer. Sie haben damals auch mit veranlasst, dass die Akten schwarz und nicht weiß gekommen sind. Das geht sich so nicht mehr aus! Und das passt in die Kultur des Landes. Und ich verstehe überhaupt nicht, wieso Sie bei der Geldwäschebekämpfung nicht noch mehr tun, denn dann könnten Sie diese Schatten vielleicht ausmerzen.

Ein Letztes: Die Regierungsparteien wären sicher gut beraten, einmal in sich zu gehen und einzugestehen, dass das Abdrehen des Untersuchungsausschusses rund um die Zustände in den österreichischen Banken damals ein Fehler war. Das Abdrehen ist aufgrund der Banken passiert, und immer mehr wird klar, warum: unter anderem des­wegen, weil die Geldwäschefragen nicht behandelt werden durften. Wir haben ja einen großen Fall bei Raiffeisen gehabt. Er durfte nicht mehr behandelt werden!

Wir werden ohnehin nicht lockerlassen, weil das nämlich auch zur Kultur des Parla­mentarismus gehört, dass man einmal nachschaut, wer überhaupt hier herinnen wel­chen Druck ausübt, dass sogar diejenigen, die ursprünglich den Ausschuss beschlos­sen haben, ihn am Schluss abdrehen mussten (Abg. Kößl schüttelt den Kopf), auf Druck von außerhalb, obwohl die Untersuchungsgegenstände noch gar nicht abgear­beitet waren. (Abg. Kößl: Du bist ein G’scheitl!)

Was ist da überhaupt los? So geht es nicht weiter! (Abg. Kößl: Du bist ein G’scheitl! Schau in den Spiegel! Geh in dich!) Sie haben nämlich auch einen Auftrag, die Regie­rung zu kontrollieren und nicht der Regierung nur zu assistieren. Sie sind Abgeordnete und nicht die Handlanger! (Abg. Kößl: Geh in dich, sag ich dir nur!) – Das sind Sitze des Parlaments, Herr Kollege Kößl! Das ist keine verlängerte Werkbank der Regierung. Erzählen Sie das einmal Ihren Wählern, wie Sie da fuhrwerken!

Sie gehen geradeaus an Ihrem Mandat vorbei – „Mandat“ heißt „Auftrag“, und Sie soll­ten Ihren Auftrag erfüllen und nicht hier dauernd dazwischenkeppeln. (Beifall bei den Grünen.)

Das Letzte zur FPÖ: Ganz versteht man das ja nicht. Immer ist es so: Wenn es um die Bekämpfung dieser Dinge geht, stehen Sie auf der Bremse. Sie sagen immer, Sie sei­en für die inländischen „kleinen Leute“ da und so weiter und so fort, aber in dieser Fra­ge stützen Sie immer die ausländischen Großen, und zwar die Kriminellen. Das sollten Sie sich wirklich einmal überlegen.(Beifall bei den Grünen.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.08.35

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Nur kurz eine Ergänzung: Ich meine, was die Hypo Alpe-Adria betrifft, so ist der Auftritt der Justiz und der Behörden dort sicherlich alles andere als ein Ruhmesblatt, aber ich denke, dass wir jetzt doch eine gewisse Dynamik hineinbe­kommen (Abg. Öllinger: Welche?), auch durch die Vorgabe der bayerischen Behörden (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ja unglaublich!), um hier auch entsprechend Gas zu ge­ben. (Abg. Öllinger: Gott sei Dank gibt es Bayern!)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur ausdrücklich noch dir, Kollege Fichtenbauer, da­für danken, dass du hier letztlich doch klargestellt hast, dass die FPÖ, aber auch das BZÖ in der gesamten Debatte, was die Rolle des Rechtsanwaltes anlangt, wirklich einem massiven Irrtum aufgesessen sind. Und das sollte man auch anerkennend dar­legen, weil ja immer so getan worden ist, als wäre nicht bereits seit 2003 im Gesetz, in der Rechtsanwaltsordnung die Verpflichtung enthalten, dass, wenn ein Rechtsanwalt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 92

merkt, dass er Bestandteil eines mafiosen Systems einer Geldwäsche werden soll, nämlich als Berater einer Geldwäscheeinrichtung, er das mitteilt. Seit 2003, meine Da­men und Herren, ist das so. Aber heute wurde hier der Eindruck vermittelt oder sollte vermittelt werden, erst das nunmehrige Gesetz würde diese Informationsverpflichtung einführen.

Das, was wir nunmehr neu im Gesetz haben, Herr Kollege Fichtenbauer – herzlichen Dank jedenfalls noch einmal für den Hinweis –, ist eine Verbesserung der Sorgfalts­pflichten der Rechtsanwaltschaft. Und wovor soll man sich da fürchten, meine Damen und Herren von der FPÖ? Ich glaube, mit diesen Regelungen hätten wir sicher das ge­samte Desaster und die kriminellen Vorgänge um die Hypo Alpe-Adria und den Lan­deshauptmann Haider damals rechtzeitig aufklären können. Daher sollten Sie über Ih­ren Schatten springen, auch wenn es wehtut, und der Gerechtigkeit und der Zukunft hier ihren Lauf lassen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.09

13.10.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen erlassen und das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslands­bezug geändert wird, samt Titel und Eingang in 739 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsege­setz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 661 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Ikrath, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 Z 21 sowie Artikel 8 Z 1 und 2 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Ti­tel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Ab­änderungsantrages der Abgeordneten Mag. Ikrath, Krainer, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 93

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 743 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Strafgesetzbuch und die Straf­prozessordnung geändert werden, in 692 der Beilagen.

Hiezu hat Abgeordneter Mag. Steinhauser ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel III Z 2 bis 4 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Bilanzbuch­haltungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 671 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.14.58Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 und 3

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2, über den Entwurf betreffend Abgabenänderungsgesetz 2010 in 741 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Krainer, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Ti­tel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des eben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 94

erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Krainer, Dr. Stummvoll, Kollegin­nen und Kollegen abstimmen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur verlegten Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3, über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabakmonopolgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 742 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.16.449. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bun­desministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Prüfbericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Ausweisung von Ökostromauf­schlägen durch Energieversorgungsunternehmen, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E, XXIV. GP (III-127/716 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.17.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Mei­ne Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Wir haben es mit einem Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde zu tun, die sich auf Warnung, Hinweis der E-Control die Ausweisung von Ökostrom­aufschlägen angeschaut hat und im Endeffekt gemeint hat, betragsmäßig wäre in die­sem Fall Sorge nicht so sehr berechtigt. – Gut, da kann man teilweise dieser Ansicht sein oder auch nicht, aber das Ganze ist systematisch und symptomatisch für einige Verhältnisse und vor allem für die wirtschaftlichen Verhältnisse im Bereich der Stromer­zeugung und des -handels.

Wir haben als Erstes einmal die E-Control. Man kann mit Fug und Recht behaupten, die E-Control ist eine zahnlose Kontrollagentur. Sie erstellt regelmäßig Berichte, und genauso regelmäßig werden diese Berichte ignoriert. Das heißt, die kann kontrollieren, die kann aufzeigen, was sie will, es passiert nichts Wesentliches. Wenn man das Gan­ze vonseiten der Kunden betrachtet, dann könnte man – weil unsere Kunden ja keine Juristen und schon gar keine Kartelljuristen sind – der Ansicht sein, es handelt sich um ein Oligopol.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 95

Na ja, so krass würde ich es nicht sagen, aber die Absprachen, die im Strompreisbe­reich getätigt werden, sind nicht unerheblich. Der Verbund und die Ländergesellschaf­ten teilen sich unverschämt den Markt und teilen sich unverschämt die Preise auf, wie sie es brauchen. Wir haben einmal den zuständigen Minister dazu kontaktiert und ge­fragt, was er meint, ob da nicht eine Preisregelung sinnvoll wäre, und er hat gesagt, na ja, er ist ein Befürworter des freien Marktes, denn ein freier, ordentlicher Markt regelt das von selbst.

Dem kann ich zustimmen: Ein freier Markt regelt das wirklich von selbst – wenn wir einen freien Markt hätten! Denn: Das, was wir im Bereich der Strompreise, der Strom­firmen haben, ist alles andere als ein freier Markt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben den Verbund als staatliche Gesellschaft, wir haben die Landesgesellschaf­ten – und das Wenige, was sich da vielleicht noch an Privatem tummelt, ist durchaus vernachlässigbar!

Das allein wäre es nicht! Zusätzlich kommt noch hinzu, dass diese Firmen untereinan­der verschränkt sind, das heißt, man kann eigentlich nicht mehr von einem Oligopol, sondern durchaus von einem Monopol reden. Und ein freier Markt ist das sicher nicht, sondern einfach eine Preisdiktatur durch die diversen Minister und Finanzlandesräte.

Zusätzlich kommt noch dazu – und das ist wirklich der schönste Indikator –, dass bei­spielsweise der Verbund eine Beteiligung in Frankreich genau deswegen verkaufen will, weil dort eine Preisregelung stattfindet.

Unsere Aufforderung an den zuständigen Minister wäre also in diesem Fall, doch end­lich über den eigenen Schatten zu springen, zuzugeben, dass das alles andere als ein freier Markt ist, und die Preise – ganz egal, ob es sich um Ökostromaufschläge oder ob es sich um die ganz normalen Preise handelt – endlich zu regulieren. Die Kunden wür­den es ihm danken. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.21.03

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Sollten von den Stromanbietern tatsächlich 77 Millionen € zu viel für den Ökostromzuschlag verrechnet worden sein, wie dies die Energie-Control feststellt, dann wäre das in meinen Augen ein grobes Foul an der Ökostrom-Energie, und es wäre Wasser auf die Mühlen derjenigen, die immer wieder sagen, dass sich die Stromanbieter da ein Körberlgeld machen wollten, beziehungsweise derjenigen, die die erneuerbare Energie anpatzen wollen.

Nun, die Überprüfung dieses angeprangerten Vorstoßes durch die Bundeswettbe­werbsbehörde hat ergeben, dass die Antwort nicht so einfach zu finden ist, sondern dass es natürlich leicht ist, im Nachhinein festzustellen, dass zu viel verrechnet wurde, dass man aber den Stromanbietern durchaus zugestehen muss, dass sie nicht von Haus aus wissen können, welche Mengen an erneuerbarer Energie zur Verfügung ste­hen – denken wir nur an die Windenergie, die kann man nicht so leicht vorausberech­nen –, dass sie sich natürlich mit diversen Zukäufen auf Spotmärkten absichern müs­sen und daher ein gewisser Risikoaufschlag durchaus gerechtfertigt ist.

Man sagt auch, dass die Wahrheit bezüglich dieser Summen in der Mitte liegen wird, und dennoch ist dieser Zustand in meinen Augen absolut unbefriedigend, und es ist durchaus notwendig, hier eine neue Lösung für diesen Ökostromzuschlag zu finden, den man zum Beispiel im Falle einer Novellierung des Ökostromgesetzes, die ja not­wendig sein wird, dann mitregeln könnte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 96

Ein neues Ökostromgesetz wird ja auch notwendig sein, wenn wir die Energiestrategie der Bundesregierung, die bis zum Jahr 2020 34 Prozent erneuerbare Energie haben will, umsetzen wollen. Mit dieser Energiestrategie wird man dann zum einen Energiesi­cherheit haben, man wird mehr Wertschöpfung im Inland haben, man wird Arbeits­plätze im Inland haben, und man wird damit auch für die Umwelt etwas tun können.

Noch einmal zurück zum Ökostromzuschlag: Man sollte durchaus auch überlegen, ob dieser Ökostromzuschlag noch zeitgemäß ist, denn wenn wir die wahren Kosten zum Beispiel bei den fossilen Energien berechnen würden – mit dem CO2-Ausstoß, oder wenn wir an die Katastrophe, die momentan im Golf von Mexiko passiert, denken, was dort an Natur und sonstigem Vermögen vernichtet wird –, dann käme, wenn man alles berechnete, sicherlich ein Zuschlag für die fossilen Energieträger heraus, sodass man alles in allem wirklich überlegen sollte, dass man auf diesen Ökostromzuschlag – wenn es darüber hinaus in die Richtung geht, dass wir insgesamt mehr erneuerbare Energie verwenden – in Zukunft vielleicht überhaupt verzichten sollte.

Wir werden den Bericht jedenfalls zur Kenntnis nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.24.09

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Dass wir heute diesen Bericht diskutieren können, ist letztlich einer Initiative des BZÖ zu verdanken, nachdem die E-Control einen Bericht herausgegeben hatte, in dem festgestellt wurde, dass bei der Ökostrom-Weiterverrechnung rund 77 Millionen € an Körberlgeld gemacht wurden, nämlich 0,14 Cent pro Kilowattstunde. – Das war die Ausgangslage.

Das würde bedeuten, dass ein durchschnittlicher Haushalt mit 3 500 Kilowattstunden ungefähr 6 bis 8 € pro Jahr zu viel verrechnet bekommen würde – in Summe sind das bis zu 24 Prozent des Ökostromanteiles! Also 24 Prozent nur für die Weiterverrech­nung! Man stelle sich vor, eine Wohnbaugenossenschaft würde für die Weiterverrech­nung der Miete 24 Prozent Aufschlag dazugeben: Das gäbe einen großartigen Auf­schrei in dieser Republik! – Hier ist es offenbar noch völlig egal.

Beim Gewerbe ist es noch schlimmer: Beim Gewerbe sind es bis zu 150 € je Gewer­bebetrieb, was für die Weiterverrechnung zu viel gezahlt wird.

Daher haben wir vom BZÖ am 23. September des Vorjahres den Antrag gestellt, das auch rechtlich abzustellen und entsprechende Regelungen dafür zu schaffen. Die SPÖ, die ÖVP und auch die Grünen haben das abgelehnt. – Die Regierung hat aber offenbar dann doch ein schlechtes Gewissen bekommen und eben diesen vorliegenden Bericht in Auftrag gegeben, damit wir wissen, was letztlich Sache ist. Und da sind die Fakten zwischen E-Control und auch der Bundeswettbewerbsbehörde nicht allzu weit ausein­ander.

Das Ergebnis war dann, dass die Regierung beschlossen hat, allfällige Ergebnisse aus diesem Bericht umzusetzen. Und diesbezüglich bin ich heute schon gespannt, weil wir Ihnen dabei gerne behilflich sein werden, weil wir das auch beantragen werden.

Der Bericht sagt uns nunmehr, dass die E-Control von 0,14 zu viel verrechneten Cent pro Kilowattstunde ausgeht, die Bundeswettbewerbsbehörde kommt auf 0,077 Cent, also genau die Hälfte. Das sind in Summe immer noch 39 Millionen € Körberlgeld, das den Konsumenten und den KMUs zu viel abgeknöpft wurde. Und das Problem dabei ist ja, dass 60 Prozent der Stromkunden, die betroffen sind, Großabnehmer sind. Diese haben eine Nachverrechnung bekommen – das heißt, sie wurden auch korrekt abge­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 97

rechnet. Die Haushalte und die KMUs, die sogenannten Kleinen, konnten es sich nicht richten, diese bekamen keine Nachverrechnung.

Und das überhaupt „Steilste“ kam dann eigentlich in einer Anfragebeantwortung vom April des Jahres, in der mir der Wirtschaftsminister auf die Frage, ob zu viel verrechnet worden wäre, Folgendes mitteilt: Sinngemäß meinte er, man konnte nicht abschließend klären, ob tatsächlich erhöhte Verrechnungskosten bestanden haben – obwohl zu die­sem Zeitpunkt genau dieser Bericht bereits aufgelegen ist! Das ist eine Falschauskunft des Ministers, mit der wir es hier zu tun haben! Dazu wollte ich ihn heute eigentlich be­fragen – leider ist er nicht hier.

Generell müssen wir bei der Energieproblematik feststellen, dass wir in Österreich si­chere Energie haben wollen, nachhaltige Energie haben wollen, aber auch leistbare Energie – für die Haushalte und auch für die Unternehmer. (Beifall beim BZÖ.)

Neben diesem Körberlgeld für die Ökostromverrechnung gibt es noch andere wunde Punkte, etwa dass der Anbieterwechsel viel zu lange dauert. Wir haben Anbieter­wechsel in Österreich, die bis zu sechs Monate lang dauern – wir wollen das auf drei Wochen verkürzt wissen. Es gab dazu Ansätze der Regierung mit dem sogenannten Wettbewerbsbeschleunigungsgesetz, das bereits vor zehn Monaten in Begutachtung ging, das aber irgendwo schubladiert wurde, obwohl es sehr positive Stellungnahmen dazu sowohl von der Arbeiterkammer als auch von der Wirtschaftskammer gegeben hat. – Man hat das weggeschoben.

Ich versuche jetzt auch zu erklären, warum man das gemacht hat, denn der Anbieter­wechsel würde ja vielen Haushalten bis zu 232 € Ersparnis pro Jahr bringen, wenn sie wechseln könnten. Selbst wenn man von der Hälfte ausgeht, indem man sagt, das bringt vielleicht nur 100 €, sind das bei 3,6 Millionen Haushalten in Österreich – mit 100 multipliziert, das kann man sich leicht ausrechnen – 360 Millionen €, die Sie, liebe Kol­legen von der ÖVP, aber auch von der SPÖ, zu verantworten haben, die die Haushalte zu viel bezahlt haben. (Beifall beim BZÖ.)

360 Millionen € zu viel abgezockt bei den Haushalten, bei den Mittelbetrieben, bei den kleinen und mittleren Unternehmungen! Und dafür sind Sie verantwortlich!

Ein weiterer Punkt ist die mangelnde Transparenz. Wir haben immer noch Stromrech­nungen, die – wie auch Gasrechnungen – erstens größtenteils rechtlich falsch und zweitens nicht vergleichbar sind. Der Kunde kennt sich eigentlich nicht aus!

Ein weiterer Kernpunkt ist die Weitergabe von Strompreissenkungen bei den Großhan­delspreisen. Da gibt es auch wieder Kritik sowohl von der Arbeiterkammer als auch von der Wirtschaftskammer – und Sie hier im Parlament tun einfach nichts. Es ist nicht ein­zusehen, dass etwa die Großhandelspreise im Juli 2008 von 116 € auf 68 € je Mega­wattstunde gesunken sind, also fast auf die Hälfte, und zum selben Zeitpunkt der Strompreis aber im Durchschnitt um 5 Prozent gestiegen ist. – Das ist eine Sache, die man nicht verständlich machen kann. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe Ihnen zuletzt ein kleines Plakat mitgebracht. (Der Redner stellt eine Tafel vor sich auf das Rednerpult. Die Tafel zeigt ein Foto von Bundeskanzler Faymann, in der rechten oberen Ecke den Schriftzug „www.euratom-volksbegehren“ und darunter in größerer Schrift: „EURATOM: Genug gezahlt“.) Für ÖVP und SPÖ könnte man auch das Gesicht von Bundesminister Mitterlehner abbilden. „EURATOM: Genug gezahlt“. Ich sage aber auch: Strompreis genug gezahlt, denn Sie von der Bundesregierung ha­ben diesem Land eine echte Strompreistreiberrechnung ausgestellt.

Wir zahlen 39 Millionen € – das ist nunmehr erwiesen – zu viel für die Verrechnung des Ökostromes, Punkt eins. Wir, die Kunden – die Haushalte und auch die Gewerbebe­triebe –, zahlen im Jahr 2010 rund 360 Millionen € zu viel, weil wir den Anbieterwech­


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sel nicht entsprechend durchführen können, obwohl hier große Einsparungspotenziale vorhanden wären; das sind in Summe schon 400 Millionen €. Und hinzu kommen noch – das ist hier angesprochen; die Einleitung für das Volksbegehren „Raus aus EURATOM“ läuft soeben, ein sehr sinnvolles Volksbegehren – 40 bis 100 Millionen €, die in den Euratom-Topf fließen, womit wir den Atomstrom fördern, anstatt erneuerbare Energien entsprechend zu unterstützen.

Ich sage ganz bewusst von dieser Stelle aus Danke an atomstopp Österreich, an die zwei prominenten Vertreter Roland Egger und die Gabi Schweiger, die das ermöglicht haben, weil offenbar viele Anträge hier im Parlament – vom BZÖ, aber auch von ande­ren Fraktionen – bisher bei der Regierung auf taube Ohren gestoßen sind.

Ich gebe Ihnen nunmehr die Chance, etwas zu ändern. Wenn Sie das zusammen­zählen, sind das 500 Millionen € – eine halbe Milliarde Euro! – zu viel für Strom in Ös­terreich, die sinnlos hinausgeschmissen worden sind. Ich frage Sie: Wäre es nicht bes­ser gewesen, dieses Geld aufzuteilen, einen Teil davon den Kunden zurückzugeben und einen Teil davon in erneuerbare Energie, in Nachhaltigkeit zu investieren?

Daher lade ich Sie abschließend ein, den Entschließungsantrag des BZÖ mitzutragen. Da geht es im Prinzip nur um die Umsetzung des Berichtes der Bundeswettbewerbsbe­hörde, was Sie selbst in Auftrag gegeben haben.

Der Entschließungsantrag lautet:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, vor dem Hin­tergrund der Ergebnisse des Prüfberichts der Bundeswettbewerbsbehörde dem Na­tionalrat umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit welchem eine transparente und den tatsächlichen Aufwendungen entsprechende Ausweisung der Ökostrommehr­aufwendungen durch die Stromlieferanten sichergestellt und damit eine überhöhte Wei­terverrechnung an die Konsumentinnen und Konsumenten künftig verhindert wird.“

*****

Ich lade Sie ein, Ihrer eigenen Aufforderung nachzukommen und auch diesen Antrag mit uns mitzubeschließen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur künftigen Verhinderung von „Ökostrom-Körberlgeld“ für Energieversorger

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 9: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Prüfbericht der Bundeswettbewerbsbehörde über die Praxis der Aus­weisung von Ökostromaufschlägen durch Energieversorgungsunternehmen, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 23. September 2009, 48/E XXIV. GP (III-127/716 d.B.)

Das derzeitige System der Finanzierung des Ökostroms basiert zum einen auf einer di­rekt beim Konsumenten eingehobenen Zählpunktpauschale und zum anderen auf Ver­


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rechnungspreisen, die zunächst von den Stromlieferanten bezahlt und dann aber den Stromkonsumenten weiterverrechnet werden.

Die Art der Weiterverrechnung der Aufwendungen für die Verrechnungspreise ist je­doch gesetzlich nicht im Detail geregelt.

Die Weiterverrechnung der Mehraufwendungen führte in den vergangenen Jahren da­zu, dass die Stromlieferanten – insbesondere die Landesenergieversorgungsunterneh­men aber auch andere – aus diesem Titel Mehreinnahmen zulasten der Stromkonsu­menten lukrierten.

Nach Berechnungen der e-control erfolgt eine durchschnittlich um etwa 0,14 Cent/kWh überhöhte Weiterverrechnung der Ökostrom-Verrechnungspreiskosten, was in Zahlen ausgedrückt bedeutet, dass die Stromlieferanten um nicht weniger als 77 Mio Euro pro Jahr mehr bei den Endkunden in Rechnung stellen als es entsprechend den tatsächli­chen Aufwendungen gerechtfertigt wäre.

Dies bedeutet, dass allein jeder Privathaushalt mit einem Durchschnittsverbrauch von 3.500 kWh pro Jahr die Energieversorger mit sechs bis zu acht Euro jährlich „subven­tioniert“. Somit liefert der Stromkonsument – ohne sein Wissen – bis zu 24 % seines für Ökostrom zu leistenden Gesamtaufwandes in der Höhe von rund 34 Euro jährlich an die Energieversorger ab, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten.

Gewerbetriebe werden sogar mit rund 150 Euro jährlich ungerechtfertigt unter dem Deckmäntelchen „Ökostrom“ belastet.

Auf Initiative des BZÖ wurde in der Folge eine entsprechende Prüfung dieser Vorgän­ge durch die Bundeswettbewerbsbehörde erreicht. Der gegenständliche Bericht erhär­tet nunmehr die entsprechenden Verdachtsmomente, wenn es da heißt:

„Es dürfte zutreffen, dass die EVU unter dem Titel Mehraufwendungen für Ökostrom in der Vergangenheit höhere Beträge ausgewiesen haben als sich aus tatsächlich ange­fallenen Kosten aus der Zuweisung von Ökostrom ergeben hatten.“

Der genaue Gesamtumfang dieses nicht durch Kosten gedeckten Aufschlages könne durch die Bundeswettbewerbsbehörde aber nicht abschließend ermittelt werden, dürfte jedoch deutlich unter dem im Raum stehenden Betrag von 77 Mill. € liegen.

Laut S. 16 des Berichts ergibt sich ein im Schnitt um 0,077 Ct/kWh überhöht ausgewie­sener Ökostromzuschlag!

„Dieser Tatbestand sei zweifellos unbefriedigend, könne aber – jedenfalls mit den In­strumentarien der Bundeswettbewerbsbehörde – mangels eines Verstoßes gegen kar­tellrechtliche Missbrauchsvorschriften nicht bekämpft werden.“ so im Bericht nachzu­lesen.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, vor dem Hin­tergrund der Ergebnisse des Prüfberichts der Bundeswettbewerbsbehörde dem Na­tionalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit welchem eine transparente und den tatsächlichen Aufwendungen entsprechende Ausweisung der Ökostrommehr­aufwendungen durch die Stromlieferanten sichergestellt und damit eine überhöhte Wei­terverrechnung an die Konsumentinnen und Konsumenten künftig verhindert wird.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 100

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.31.27

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Mei­ne Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob wir alle den gleichen Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde gelesen haben. Der, den ich gelesen habe, weicht doch in manchen Punkten von dem ab, was mein Vorredner hier angesprochen hat. – Ich möch­te versuchen, das entsprechend herauszuarbeiten und auch zu argumentieren.

Aus meiner Sicht bringt der vorliegende Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde zwei wesentliche Erkenntnisse mit sich. Die erste Erkenntnis ist: Der im Raum stehende Vorwurf von Mehrbelastungen in Höhe von 77 Millionen € ist nicht aufrechtzuerhalten und ist nicht letztgültig nachweisbar. Die zweite Erkenntnis ist, dass es in diesem Be­richt klare Empfehlungen in die Richtung gibt, wie etwa die Aufbringung über eine ver­brauchsabhängige Abgabe sowie die Ausweispflicht der Ökostromaufwendungen bei den Verbrauchern sein sollen – das brauchen wir auch im Hinblick auf die Vorbereitung und Diskussion für die Neugestaltung des Ökostromgesetzes.

Ich bin froh darüber, dass mit diesem Bericht auch von quasi unabhängiger Seite unse­re Argumente hinsichtlich der angepeilten Maßnahmen verstärkt werden und möchte in wenigen Sätzen noch einiges zum Bericht selbst sagen.

Dem Bericht ist ja der Vorwurf der E-Control vorausgegangen, dass die Energieversor­ger sich quasi durch eine überhöhte Weiterverrechnung der Ökostromverrechnungs­kosten 77 Millionen € pro Jahr einbehalten haben – der Vorwurf des Körberlgelds stand hier im Raum. Bei der Prüfung der Bundeswettbewerbsbehörde betreffend diesen Punkt ist grob gesagt nur herausgekommen, dass das Modell der E-Control, das ja eine Be­urteilung im Nachhinein, aus nachträglicher Sicht ist, für die Energieversorger nicht an­wendbar ist und ihnen daher aus diesem Titel heraus auch kein Vorwurf gemacht wer­den kann, wenn sie in ihren Prognoserechnungen zu anderen, klarerweise nicht so ex­akten Werten kommen.

Es sind auch die Bandbreiten dargestellt worden – Kollege Widmann ist darauf schon eingegangen. Der Punkt ist: Als mögliche Bandbreite für den Missbrauch seitens der Energieversorger, wenn man überhaupt von Missbrauch sprechen kann, berechnet die Bundeswettbewerbsbehörde einen Aufschlag von 0,077 Cent pro Kilowattstunde bezie­hungsweise 1,1 Prozent des Gesamtpreises. Umgelegt auf den Strom selbst bleiben überhaupt nur 0,4 Prozent Abweichung übrig. Einen Preismissbrauch sieht die Behör­de hier nicht für möglich an und kommt letztlich auch zu dem Schluss, dass keinerlei Rechtsvorschriften verletzt wurden.

Gleichzeitig hat der Bericht aber schon auch festgestellt, dass es nicht möglich ist zu sagen, ob die Ökostromzuschläge die Kosten übersteigen oder nicht. Und wenn nicht einmal die Bundeswettbewerbsbehörde in der Lage ist, das festzustellen, dann ist kla­rerweise der Endverbraucher schon gar nicht in der Lage, das festzustellen und zu durchblicken. Daher ist es erforderlich, entsprechende Transparenz für die Kundinnen und Kunden sicherzustellen und diese Klarheit mit einer Ausweispflicht für die Öko­stromaufwendungen bei den Rechnungen für die Endverbraucher auch entsprechend sicherzustellen.

Bei der Ausweispflicht sind wir am Ende der Verbrauchskette. Vorher benötigen wir eine generelle Neugestaltung des Aufbringungsmechanismus sowie eine Finanzie­rungsgrundlage mit fairer und transparenter Kostenverteilung zwischen allen Stromver­brauchern.

Ich denke, dass wir die Novellierung des Ökostromgesetzes dazu nutzen können, das Gesetz an sich zu verbessern, es leichter lesbar zu machen und damit ein gut funk­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 101

tionierendes Ökostromgesetz zu schaffen, damit wir die Ziele, auf die wir uns auch auf europäischer Ebene verständigt haben, entsprechend erreichen können. Das ist für mich die eigentliche Schlussfolgerung dieses Prüfberichts.

Ich glaube, das muss man jetzt in Angriff nehmen, und um das in Angriff zu nehmen, bieten sich in diesem Jahr auch noch verschiedene Möglichkeiten an. Zentral wird hier sicher die Novellierung des Ökostromgesetzes sein.

Ich glaube daher – weil wir das auch festgelegt haben, weil wir uns darauf verständigt haben –, dass wir keinen zusätzlichen Entschließungsantrag brauchen. Ich denke, die Wege, die wir gemeinsam definiert haben, funktionieren. Eine Arbeitsgruppe ist einge­setzt, und ich gehe davon aus, dass wir eine sehr positive und auch gute Grundlage schaffen werden, um letztlich eine entsprechende Neugestaltung des Ökostromgeset­zes sicherzustellen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Marek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.36.24

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir haben hier tatsächlich einen unbefriedigenden Tatbestand – das kann man so sagen –, nämlich den, dass es einfach im derzeitigen Gesetz mit den derzeitigen Instrumen­tarien nicht die Verpflichtung für die Stromversorger gibt, die Ökostromzuschläge tat­sächlich auszuweisen. Das heißt, wir haben hier durchaus Verbesserungsbedarf. Das Problem ist, wir haben derzeit keine rechtliche Handhabe.

Herr Abgeordneter! Ich glaube, hier von Abzocke zu sprechen und solche Kraftaus­drücke zu verwenden ist völlig überzogen (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann), denn Tatsache ist Folgendes: Wenn ich zur Kostenbewertung Prognosen und Schät­zungen im Vorhinein als Basis heranziehen muss, dann ist das nun einmal eine Schät­zung, die sich dann eben in der tatsächlichen Bewertung durchaus anders darstellen kann. Aber ich würde da schon bitten, die Kirche im Dorf zu lassen und hier auf dem Boden der Realität zu bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Katzian hat es angesprochen: Die Arbeitsgruppe ist eingerichtet. Seit März ist die Arbeitsgruppe im Wirtschaftsministerium eingerichtet, bei der es um die Neugestaltung der Ökostromförderung geht, wo eben genau das wichtig ist, dass eine faire, transparente Kostenverteilung zwischen allen Stromverbrauchern festgelegt wird beziehungsweise Maßnahmen, wie wir das künftig erreichen können, die Ver­brauchsabhängigkeit und natürlich transparente Endverbraucherrechnungen, gerade auch wenn es um die Ausweispflicht für Ökostromaufwendungen geht.

Wir werden etwa bis Herbst ein endgültiges Paket beziehungsweise Vorschläge hier vorlegen können. Auch beim dritten Binnenmarktpaket, das noch im Juni in Begutach­tung gehen wird, ist das ein Bestandteil des ganzen Pakets, bei dem es um die Trans­parenz für die Endkunden geht.

Abschließend, meine Damen und Herren: Herr Abgeordneter Deimek hat gesagt, den freien Markt gibt es nicht, er ist nicht existent. – Meine Damen und Herren, der freie Markt lebt von Kunden, die mobil sind (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Nützt alles nichts, wenn der Preis überall der gleiche ist!), und das ist eine Herausforderung, vor der wir tat­sächlich noch stehen.

Ich darf Sie, Herr Abgeordneter, herzlich einladen, auf die Homepage der E-Control zu gehen: Dort gibt es den Tarifkalkulator, der Ihnen individuell haargenau zeigt, wie in Ih­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 102

rem Fall die günstigste Variante aussieht, wer der günstigste Stromanbieter ist. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Und wenn der Unterschied 10 € ist, dann kann ich mir das sparen!) All das wird dort ganz klar dargestellt. Aber Tatsache ist: Wir haben bei der Mobilität der Kundinnen und Kunden noch Handlungsbedarf, und da ist sicher die Frage, wie wir die Mobilität verbessern können. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wenn der jährliche Unter­schied 10 € sind, kann ich mir das sparen! Das wird ... nicht zur Kenntnis genommen!)

Noch einmal zu Herrn Abgeordnetem Widmann, der dem Herrn Bundesminister im Ausschuss vorgeworfen hat, falsch informiert zu haben. – Der Herr Bundesminister hat Sie schon darauf hingewiesen, dass es eben derzeit die Instrumente nicht gibt, um ganz klar nachzuweisen, dass es hier Missbrauch gäbe, wie Sie es behaupten. (Abg. Mag. Widmann: Im Bericht steht es drin!) Das ist weder darstellbar noch in den In­strumenten so vorgesehen. Und, Herr Abgeordneter, eine falsche Tatsache, wie Sie sie hier behaupten, wird nicht wahrer, wenn Sie sie wiederholen. (Abg. Mag. Wid­mann: Ich lese es dann vor!) Das hat Ihnen der Herr Bundesminister schon gesagt, und ich bitte Sie, das entsprechend zu berücksichtigen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Die ministerielle Ignoranz ist ...!)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.39.55

Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin! Gestern haben wir vom ehemaligen Finanzminis­ter Molterer – er ist gerade nicht im Saal – gehört, dass wir 200 Milliarden € Schulden haben, wobei heuer 10 Milliarden € allein für die Zinsentilgung aufgewendet werden. Und jetzt wird zusätzlich auch noch mit dem Öko-Schmäh abkassiert, Frau Staatsse­kretärin. Es ist ein nettes Groscherl-Geschäft, bei dem die Stromkonzerne wirklich zu Unrecht bei den Kunden kräftig abkassieren. Ich nenne die Zahlen jetzt noch einmal: Jeder Stromkunde zahlt im Jahr 34 € als Ökostrom-Zuschlag, 4 € davon sind völlig un­berechtigt, und jeder Gewerbebetrieb, das haben wir auch schon gehört, 75 €.

Die Stromaufsichtsbehörde hat errechnet – wir haben die Summe schon des Öfteren gehört –, dass insgesamt 77 Millionen € im Jahr zu viel verrechnet werden. Diese Zahl wurde auch von der Wettbewerbsbehörde nachgeprüft und bestätigt. Fast ein Achtel des gesamtes Zuschlages für den Ökostrom wird somit unberechtigt abkassiert. Für die Elektrokonzerne gibt es natürlich keine Konsequenzen, meine Damen und Herren. Es handelt sich ja nur um einen kleinen Nepp, Frau Staatssekretärin, lediglich die 0,77 Cent pro Kilowattstunde, das sind 1,1 Prozent der Gesamtkosten. Das sind aber trotzdem 40 Millionen € im Jahr, die den Kunden von den Stromkonzernen abgeknöpft werden, Frau Staatssekretärin!

Ich frage Sie nun, da Sie gesagt haben, dass bis zum Herbst reguliert wird: Bis zu wel­chem Herbst? Den KundInnen und den SteuerzahlerInnen steht ja das Wasser schon jetzt bis zum Hals. Wie lange werden sie das noch aushalten? Verfahren wird es wei­terhin keines geben, das steht auch in dem Bericht, angeblich wegen der Bandbreite. Das haben wir auch schon gehört, Herr Katzian, und das konnte man bei uns in Salz­burg auch schon in den Medien nachlesen. Es dürfen die Stromkunden weiterhin unge­hindert abgezockt werden, wie Herr Kollege Widmann gesagt hat, dafür ist aber eine ökologische Steuerreform angedacht.

Bei uns in Salzburg baut man stattdessen den Leuten überdimensionale Strommasten vor die Nase; eine Teilverkabelung, sagt man bei uns immer, ist zu teuer. Deshalb wünsche ich auch meinem steirischen Kollegen, der da ganz oben sitzt, viel Glück bei der Diskussion um die 110-kV-Leitung in der Grazer Umgebung. Die verantwortungs­


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volle Ministerin – Frau Bures, denn da geht es um die ÖBB – darf dabei nicht verges­sen, dass in der Steiermark demnächst Landtagswahlen stattfinden.  Danke. (Beifall bei Abgeordneten von BZÖ und FPÖ.)

13.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Brunner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.42.54

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretä­rin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vorwegnehmen, dass wir den Bericht zur Kenntnis nehmen werden, weil es, glaube ich, gut ist, dass die Fakten hier einmal auf den Tisch gelegt worden sind, wenngleich wir natürlich die Fak­tenlage und den Zustand, der in der Energiepolitik besteht, nicht gutheißen.

Es ist laut dem Bericht Tatsache, dass den Kundinnen und Kunden zu viel an Öko­stromzuschlag verrechnet wurde. Das ist, finde ich, ein ganz, ganz schlechtes Signal, weil ohnehin vor allem auch vonseiten der Regierungsparteien den Leuten immer wie­der suggeriert wird, dass Ökostrom viel zu teuer ist und es sich deswegen gar nicht auszahlt, diesen Bereich zu fördern und dort hineinzugehen. Ich denke daher, das ist das ganz falsche Signal.

Ökostrom wird nämlich oft auch deswegen im Verhältnis teurer dargestellt, weil es auch immer noch Förderungen für fossile Energie, für Atomenergie, für Öl und Gas gibt. – Daher ist die Darstellung von Ökostrom so nicht gerechtfertigt, und dieser Be­richt gibt eine Grundlage dafür, dem entgegenzuwirken.

Eine Lösung ist auch aus folgendem Grund unbedingt notwendig: Die Kostenberech­nungen der Energieversorger basieren ja auf Prognosen, und zwar – das steht auch in diesem Bericht – auf Prognosen der E-Control. In diesem Bericht steht auch, dass die Prognosen selbst in den letzten Jahren oft überhöht waren und es deswegen auch zu höheren Kostenberechnungen gekommen ist. Da Nachforderungen immer problema­tisch sind, sind die Preise höher angesetzt worden, und dadurch ist dieser Ökostrom­zuschlag auch zustande gekommen. Ich denke, wir müssen unbedingt eine Lösung finden, wie damit weiter umgegangen wird, wie den Kundinnen und Kunden das, was mehr bezahlt wurde, auch wieder gutgeschrieben werden kann beziehungsweise wel­che Investitionen damit getätigt werden können.

Ich begrüße es, wenn im Rahmen der nächsten Novelle des Ökostromgesetzes solche Lösungen angedacht werden. Und wenn wir vom Ökostromgesetz reden: Es ist ja von einigen Vorrednern auch schon angesprochen worden, und das kommt ja auch von den Regierungsparteien – es ist auch schon das Thema Energiestrategie angespro­chen worden, da steht es auch drinnen –, dass es im Herbst wieder eine Novelle des Ökostromgesetzes geben wird. Da frage ich mich aber schon, ob das jetzt positiv ist oder ob das nicht eher eine gefährliche Drohung ist, denn die letzten Ökostromgesetz-Novellen haben dazu geführt, dass es zu einem Stopp beim Ökostrom gekommen ist.

Ich wundere mich immer, wenn ich Reden höre wie jene von Herrn Abgeordnetem Gla­ser vorhin, der darüber gesprochen hat, wie toll das mit dem Ökostrom sei und wie vie­le Arbeitsplätze wir bekommen werden. – Solche Reden hören wir immer in der Öffent­lichkeit, was tatsächlich passiert, ist aber ... (Abg. Hornek: Landtagswahlen im Burgen­land!) – Genau, zum Beispiel vor Landtagswahlen im Burgenland wird gesagt, wie toll das mit der erneuerbaren Energie ist, welche Arbeitsplätze das bringt, was gemacht wird. Vor allem von Ihnen kommt aber auch genau das Gegenteil; es wird nämlich ge­sagt, dass Photovoltaik viel zu teuer sei. Der burgenländische Landwirtschaftsminister erzählt im Burgenland, die Industrie könne gar nicht belegen, dass sie auch CO2 ein­sparen kann. – Das alles finde ich höchst bedenklich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 104

Sie haben den Stopp im Ökostrom zu verantworten. (Abg. Donabauer: Frau Kollegin, was sagen Sie dazu im Burgenland?) Sie haben zu verantworten, dass wir weiter ab­hängig von Öl und Gas sind – und wir sehen ja jetzt, welche Auswirkungen unsere Öl­abhängigkeit hat, nämlich gravierende, wenn wir nach Amerika schauen. Wir sehen die Auswirkungen an unserer desaströsen Klimabilanz. Es werden massiv Strafzahlungen auf uns zukommen, und wir haben leider nicht die positiven Auswirkungen, die ein or­dentliches Ökostromgesetz wie jenes in Deutschland haben könnte, nämlich dass Tau­sende Arbeitsplätze geschaffen werden können. Das finde ich zutiefst bedenklich.

Ich finde es auch bedenklich, wenn Sie die Dinge auf der einen Seite in Sonntagsreden schönreden, auf der anderen Seite dann aber ganz, ganz anders handeln. Da sollten Sie auch einmal ehrlich sein und den Leuten auch ehrlich sagen, ob Sie jetzt die Öko-Branche unterstützen wollen oder die fossile Branche. Wir werden uns massiv für eine Totalreform des Ökostromgesetzes im Herbst einsetzen – nach deutschem Vorbild.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein starkes, engagiertes und eigen­ständiges Umweltministerium. (Abg. Hornek: Das hätte mir ja gefehlt!) – Danke. (Bei­fall bei den Grünen.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.47.33

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Grünen kritisieren die Vorgangsweise, nehmen den Bericht aber zur Kennt­nis. Wir werden diesen Bericht nicht zur Kenntnis nehmen, weil wir ein Zeichen setzen wollen, dass es so nicht gehen kann.

Die E-Control hat in ihrem Bericht sehr eindrucksvoll nachgewiesen, dass die Energie­versorgungsunternehmen in Summe 77 Millionen € pro Jahr mehr bei den Endkunden in Rechnung gestellt haben. Es hat dann einen Bericht der Bundeswettbewerbsbehör­de gegeben, der vom Wirtschaftsminister beauftragt worden war, in dem dieser Vor­wurf nicht entkräftet werden konnte und in dem auch keine anderen Zahlen genannt wurden. Die Kernaussage war lediglich jene, dass man über den tatsächlichen Betrag, der zu viel verrechnet worden ist, keine genaue Aussage treffen könne.

Dann sagt die Frau Ministerin heute hier, das ist ein unbefriedigender Zustand. Sie ha­ben es ja in der Hand, die Instrumentarien einzuführen und die gesetzlichen Regelun­gen zu treffen, dass dieser unbefriedigende Zustand beseitigt wird, aber Sie haben, wie es Herr Kollege Widmann richtig kritisiert hat, in den letzten Jahren, obwohl Sie von diesen Missständen Kenntnis gehabt haben, nichts getan, auch legistisch nichts vorbe­reitet oder dem Hohen Haus vorgelegt, dass dieser, wie Sie selbst sagen, unbefriedi­gende Zustand beseitigt wird.

Deshalb werden wir auch den Entschließungsantrag des BZÖ unterstützen, der ver­langt, dass rechtliche Konsequenzen gezogen werden beziehungsweise dass jene Maßnahmen, die in den Berichten vorgeschlagen werden, auch tatsächlich legistisch umgesetzt werden.

Ich glaube, wir brauchen auf alle Fälle eine Reform des derzeitigen Förderungssys­tems, und zwar dahin gehend, dass größere Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen Kosten, die den Stromabnehmern verrechnet werden, geschaffen wird. Die Aufbrin­gung der Fördermittel über eine verbrauchsabhängige Abgabe wäre sicher auch ziel­führend.

Ich möchte aber noch etwas ansprechen, nämlich dass die E-Control nicht nur die Ökostrom-Verrechnungspraxis der heimischen Energieversorger, sondern auch den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 105

mangelnden Wettbewerb innerhalb der Energiebranche massiv kritisiert hat, vor allem die Landesversorger. International wurden die Marktpreise von Strom und Gas um rund 40 Prozent gesenkt, wenn man sich das im europäischen Vergleich ansieht. Die­ser Preisverfall ist in Österreich aber nicht an die Kunden weitergegeben worden bezie­hungsweise ist nicht angekommen. Die Preise in Österreich sind um etwa 10 Prozent zu hoch, was in absoluten Zahlen rund 100 Millionen € Mehrbelastung für die Bevölke­rung bedeutet.

Das ist aus unserer Sicht ein unhaltbarer Zustand und ein ungeniertes Abkassieren, vor allem wenn man bedenkt, dass sich die heimischen Energieversorger auch in Staats­besitz befinden.

Deshalb nehmen wir diesen Bericht nicht zur Kenntnis. Wir wollen ein Zeichen setzen, da nach wie vor keine Konsequenzen gezogen worden sind und auch Sie, Frau Staats­sekretärin, dem Parlament nach einem Jahr noch immer nichts vorgelegt haben. (Abg. Scheibner: Herr Kollege, wer ist „wir“? Abg. Mag. Stadler: Martin, wer ist „wir“? Wen meinst du mit „wir“?) Wir werden den Entschließungsantrag des BZÖ unterstützen und fordern eine gesetzliche Regelung dahin gehend, dass endlich eine exakte, transpa­rente und nachvollziehbare Preisverrechnung gesetzlich festgeschrieben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

13.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.52.09

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Vieles wurde schon gesagt, wenn auch noch nicht von allen. Wir entnehmen dem Bericht der Bun­deswettbewerbsbehörde, dass der von E-Control – und ich weiß nicht, warum Sie die­se Institution als zahnlos betrachten – erhobene Vorwurf, 77 Millionen € würden zu viel verrechnet, nicht haltbar ist. Herr Kollege Widmann, auch die 39 Millionen €, von denen Sie sprechen, sind nicht nachvollziehbar.

Aber allein das Gefühl, dass zu viel verrechnet worden sein könnte, ist nicht in Ord­nung. Wir können feststellen, dass es da keinerlei Gesetzesverstöße gibt. Die Frau Staatssekretärin hat ja bereits angekündigt, dass eine Arbeitsgruppe eingerichtet wird, und wir haben uns für den Herbst vorgenommen, das Ökostromgesetz zu novellieren. Die derzeitige Verrechnungsform ist nicht befriedigend. Man kann auch den Unterneh­mungen nicht vorwerfen, dass sie im Sinne eines ordentlichen Kaufmannes entspre­chend auf der sicheren Seite verrechnen. Wir haben da sicherlich Handlungsbedarf.

Ich gebe Ihnen auch recht, Herr Widmann, wenn Sie sagen, die Rechnungen seien zu kompliziert. Ich denke, wir sollten uns anstrengen, dass wir da zu besseren und trans­parenteren Lösungen kommen.

Ich denke aber auch, bei allen Schwierigkeiten sind Investitionen in nicht marktfähige Energieprodukte notwendig. Das muss auch in Krisenzeiten möglich sein. Wir sind ja verpflichtet – auch in der Energiestrategie –, bis 2020 ein Drittel der österreichischen Energie aus erneuerbaren Energieträgern zu holen. Wir brauchen keinen Ölteppich im Golf von Mexiko, um uns an die Verantwortung, die wir für diesen Planeten haben, zu erinnern. Das ist eine Frage des Anstandes, aber auch der wirtschaftlichen Überlegun­gen, und gerade in meinem Heimatbezirk in Schwarz gibt es über 60 Firmen, die ihren Umsatz und ihren Gewinn mit erneuerbaren Energien machen.

Ökostrom kommt zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie. Ich hoffe, dass wir mög­lichst viel davon in Österreich produzieren, damit wir ihn dann auch verbrauchen kön­nen. Es ist dazu aber auch notwendig, die Wasserkraft auszubauen. Immerhin werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 106

2,3 Milliarden € in Österreich in diesen Sektor investiert. (Abg. Öllinger: Wo denn?) Das ist auch eine Konjunkturspritze par excellence.

Herr Kollege Tadler, wenn Sie hier auf die Konzerne losgehen, bedenken Sie vielleicht auch, dass da Investitionen getätigt werden und auch entsprechend Arbeitsplätze gesi­chert werden.

Zu den Grünen: Gerade Sie erzählen hier, dass Sie für den Ausbau der Wasserkraft sind. In Wirklichkeit predigen Sie Wasser und trinken Wein aus der Steckdose. (Abg. Öllinger: Oh, ein schönes Bild! Heiterkeit und Zwischenrufe bei Grünen und FPÖ.) Frau Kollegin Brunner, wir sollten nicht nur in Sonntagsreden für den Ausbau der Was­serkraft eintreten, sondern das auch tatkräftig umsetzen, zum Beispiel beim nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan oder bei den Qualitätszielverordnungen.

Wir sind aber auch bei der Novellierung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes den richtigen Weg gegangen. Ich möchte mich da bei den beiden Bundesministern Mit­terlehner und auch Berlakovich bedanken. Ich sehe es allerdings sehr kritisch, wenn aus falsch verstandenem Föderalismus auch in den Bundesländern Kriterienkataloge erarbeitet werden, die den Ausbau der Wasserkraft eher hemmen als fördern. Da könnte man in der Verwaltung einsparen. Ich denke, entweder regelt das der Bund oder regeln das die Länder.

Strengen wir uns an, denken wir über Verbesserungen im Ökostromgesetz nach und verschärfen wir die Kontrollen, damit Ökostromzuschläge nur für Ökostrom bezahlt wer­den! Vergessen wir aber nicht, dass es unser Ziel sein muss, aus fossilen Brennstoffen möglichst auszusteigen, weil wir damit auch unsere Zukunft verbrauchen!

Frau Kollegin Brunner, das Umweltministerium ist bei Minister Berlakovich in allerbes­ten Händen. (Beifall bei der ÖVP. Heiterkeit der Abg. Mag. Brunner.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. 2 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.55.56

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn die Abgeordneten der ÖVP hier am Rednerpult stehen, hat man wirklich den Eindruck, es sind die Konzernsprecher der Energieversorger am Wort. Ich bin kein natürlicher Feind der Energieunternehmen, das sage ich jetzt auch einmal ganz klar – ganz im Gegenteil. Liebe Kollegen von der ÖVP, wie wir heute schon bemerkt haben, sollten Sie aber die Dinge, die Sie übermittelt bekommen, auch lesen. Herr Kollege Stadler hat das heute beim Sanktionengesetz bereits vorgeführt, und ich setze jetzt fort: Bitte lesen Sie zuerst und reden Sie erst dann! (Beifall beim BZÖ.)

Der Herr Minister schreibt in seiner Anfragebeantwortung:

„Eingangs ist festzuhalten, dass auch der Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde die Frage nicht abschließend klären konnte, ob tatsächlich erhöhte Ökostrom-Verrech­nungspreiskosten weiterverrechnet wurden.“ – Das sagt der Herr Minister! Er sagt, er weiß es nicht, es kann nicht festgestellt werden.

Dann schlage ich den Bericht auf – bitte schlagen Sie ihn auch auf, wenn Sie ihn mit­haben –, und auf Seite 16 lese ich ganz unten:

„Dies legt die Vermutung nahe, daß tendenziell die ausgewiesenen Kosten höher wa­ren als die tatsächlichen, wenn wohl auch in geringerem Ausmaß als von der ECG an­genommen.“

Sie finden auch die Zahlen dazu, die ich vorhin genannt habe: Es sind 0,077 Cent laut Bundeswettbewerbsbehörde und nicht 0,14 Cent, wovon man ursprünglich ausgegan­gen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 107

Frau Staatssekretärin, dann bleiben unterm Strich zumindest 39 Millionen € zu viel, die – und ich wiederhole das – abgezockt wurden. 39 Millionen €, das sind in gutem alten Geld fast 500 Millionen Schilling. Das ist Geld, das den Haushalten fehlt, das den Betrieben fehlt. Da kann man vielleicht auf Schönsprechdeutsch sagen, es ist zu viel einkassiert, zu viel einbehalten worden – ich nenne das schlichtweg Abzocke.

Der Vorwurf geht auch an Sie von ÖVP und SPÖ, dass Sie dieser Abzocke zusehen. (Abg. Großruck: Das ist ja kein Vorwurf, wenn man weiß, woher er kommt!) Sie hätten es nämlich in der Hand gehabt, diese Regelungen, die Sie jetzt im Zuge des dritten Energiebinnenmarkt-Liberalisierungspaketes realisieren wollen, bereits vor einem Jahr umzusetzen. Dann hätten wir den Wettbewerb, dann hätten wir die Transparenz, dann hätten wir einen günstigeren Strompreis und keine zu viel verrechneten Ökostromzu­schläge. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer weiteren Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Marek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.58.12

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Herr Abgeordneter Widmann, ich wiederhole es ger­ne noch einmal, und ich glaube, abschließend tut es auch gut, das noch einmal klarzu­stellen: Die Kalkulationsbasis ist unterschiedlich. Wie die Unternehmen kalkulieren, ist nicht einheitlich geregelt. Aus diesem Grund ist keine abschließende Feststellung zu machen, weil nicht klar ist, was die Kalkulationsbasis ist und wie die Aufschläge ent­sprechend kalkuliert sind.

Herr Abgeordneter, es wird nicht richtiger, wenn Sie es noch x-mal wiederholen. Genau das ist es, woran wir jetzt gemeinsam festhalten und was wir in der Arbeitsgruppe zur Neuregelung des Ökostromgesetzes definieren werden: Wie wir vorgehen, damit das künftig besser wird, damit es mehr Transparenz für die Endverbraucher gibt und damit da bessere Rahmenbedingungen vorhanden sind. Es wird nicht richtiger, wenn Sie es noch hundertmal wiederholen, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP.)

13.59

13.59.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, den vorliegenden Bericht III-127 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur künftigen Verhinderung von „Ökostrom-Körberlgeld“ für Energiever­sorger.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

14.00.1610. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (627 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (717 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 108

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Ing. Höbart. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.00.41

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin Marek! Gleich einmal vorweg: Die Freiheitliche Partei wird dieser Änderung des Be­rufsausbildungsgesetzes nicht zustimmen. Wir haben das im Ausschuss bereits klar­gestellt.

Die Hintergründe sind für uns eigentlich leicht begründbar. Grundsätzlich sind die über­betrieblichen Ausbildungszentren begrüßenswert, vor allem dahin gehend, dass sie im­plementiert und ins Leben gerufen wurden, um arbeitslosen Jugendlichen, die keine Chance haben und hatten, eine Ausbildung zu bekommen, einen Ausbildungsplatz zu geben und zu garantieren, allerdings – und ich betone das ausdrücklich – in Krisenzei­ten! Es geht ja, wie gesagt, konkret darum, ein Auffangnetz zu schaffen für diejenigen, die keine Lehrstellen finden. Aber das, was mit dieser Änderung letztlich geplant ist, ist für uns schlicht nicht zufriedenstellend.

Wenn wir uns diese Abänderung genauer ansehen, dann stellen wir fest, dass hier ein­mal, beispielsweise und unter anderem, Interessenvertretungen gegründet werden sol­len. Da kommt bei uns selbstverständlich der Verdacht auf, dass seitens der beiden Systemparteien zusätzliche Machtbastionen regelrecht geschaffen werden sollen. Man bläht das Ganze auf. Das wollen wir nicht so haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir finden letztendlich auch – und ich rede natürlich von einem Verdacht –, dass man hier schon in Richtung Verstaatlichung der dualen Ausbildung geht, wobei man ... (Abg. Öllinger: Was sind denn „Systemparteien“?) – bitte? (Abg. Öllinger: Was ist eine „Systempartei“?); das können wir im Anschluss diskutieren –, wobei letztlich ver­sucht wird, ein Abrücken des dualen Ausbildungssystems von der privaten Wirtschaft zu unterstützen. Letztlich müsste es unser aller Ziel sein – von allen Parteien, von allen Parlamentsfraktionen –, dass wir die privaten Betriebe fordern und fördern, um eben entsprechende Lehrstellen zu schaffen – und nicht die ÜAZs aufblasen und aufblähen. Das ist genau das, was wir nicht haben wollen!

Ich möchte in diesem Zusammenhang vor allem dem Arbeits- und Sozialminister Hundstorfer in Erinnerung rufen, der ja in seinen Reden immer wieder davon spricht, jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu garantieren: Wir sind davon meilenweit entfernt! Wir sprechen von rund 50 000 arbeitslosen Jugendlichen, von Tausenden Ju­gendlichen, die keine Lehrstellen haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das hat mit den ÜAZs nichts zu tun. Aber dass du von Wirtschaftspolitik nichts verstehst, kann ich dir nicht übel nehmen, Hannes.

Wir denken, dass das Geld besser investiert wäre, wenn wir beispielsweise den Blum-Bonus-Neu in den Unternehmen implementieren würden. Blum hat ja ein neues, drei­stufiges Konzept vorgeschlagen; ich würde einmal empfehlen, dieses Konzept zu eva­luieren und genauer zu eruieren.

Zum Zweiten sind wir dafür, dass wir ein weiteres Konjunkturpaket schnüren, vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen. Da wäre das Geld, denken wir, besser ein­gesetzt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. 4 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 109

14.04.01

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Nach eigehender Evaluierung wurde das Berufs­ausbildungsgesetz umfassend modifiziert. Es wurden integrative Bestandteile verbes­sert. Die Arbeitszeiten können auch entsprechend dem gesundheitlichen Zustand der Jugendlichen angepasst werden.

Überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen erhalten – wie in der Wirtschaft, im wirt­schaftlichen Bereich – entsprechende jugendliche Vertrauenspersonen, die dort ihre In­teressen vertreten können. Die Gleichbehandlung von ausländischen Ausbildungsstät­ten – natürlich ist auf entsprechende Gleichwertigkeit unserer Berufe abzustellen – ist anzuerkennen, aber nur dann, wenn auch unsere Anerkennung im Ausland entspre­chend respektiert wird. Die Bildungsmobilität wird forciert und durch die maximale An­erkennung in den Lehrjahren von vier auf sechs Monate aufgewertet. Insgesamt kann man, glaube ich, sagen, dass das duale Berufsausbildungssystem in Österreich eine wirkliche Erfolgsgeschichte ist.

Da Herr Höbart vorhin gesagt hat, wir könnten 50 000 Lehrlinge nicht unterbringen: Die konkreten Zahlen per April 2010 liegen mir vor: Wir haben per Ende April 4 398 Lehr­stellensuchende bei aktuell 2 935 offenen Lehrstellen. Es gibt also eine Differenz von 1 463; das sind diejenigen, die derzeit nicht unterkommen. Das ist beispielsweise im Vergleich zu den Zahlen von Ende Dezember 2009 erheblich weniger; damals waren es noch 2 487, die nicht untergekommen sind.

Ich glaube, gerade die Wirtschaft ist hier ihrer Verantwortung einmal mehr gerecht ge­worden. Auch in schwierigen Zeiten bilden unsere Ausbildungsbetriebe Lehrlinge aus. Insgesamt befinden sich per April 2010 122 965 Lehrlinge in Ausbildung; das sind so­gar um 0,5 Prozent mehr als im Jahr davor. Der größte Ausbildner ist die Sparte Ge­werbe und Handwerk mit 54 441 Auszubildenden. Ich glaube, dass hier die Wirtschaft einmal mehr zeigt, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst ist und ihr gerecht wird, alles auf Ausbildung zu setzen, weil es einfach wichtig ist, immer wieder entsprechen­de Facharbeiter auszubilden.

Wir sollten aber auf der anderen Seite auch die Ausbildungsbetriebe entsprechend un­terstützen. Der Lehrlingsbonus ist ein wichtiger Schritt dazu. Umgekehrt sollten wir auch danach trachten, dass junge Menschen, die die Matura bereits absolviert haben, auch Möglichkeiten im Anschluss an die Matura haben, um eine entsprechende Lehr­ausbildung durchführen zu können. Das wäre für viele sehr zweckmäßig und könnte für die weitere Berufswahl sehr dienlich sein. Nur bräuchte man hier auch monetäre Mög­lichkeiten, und da ist das AMS gefordert, dies aus seinem Bereich entsprechend zu unterstützen. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. 3 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.07.52

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden dieser Änderung des Berufsausbildungsgesetzes nicht zustim­men; Kollege Höbart hat das schon ausführlich begründet.

Herr Kollege Steindl! Ein Grund zur Euphorie ist, glaube ich, nicht gegeben. Aber ich stehe nicht an, festzustellen, dass die Maßnahmen, die jetzt ergriffen worden sind, durchaus dazu beitragen, Jugendliche von der Straße zu holen und in eine Ausbildung zu bringen.

Aber ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz allem sollte die Priorität bei der Lehrlingsausbildung in unseren Betrieben liegen, und es muss auch die Priori­tät der Förderung in unseren Betrieben liegen. Nicht umsonst, meine sehr geschätzten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 110

Kolleginnen und Kollegen, sprechen Experten durchaus von einem Facharbeiterdilem­ma und Facharbeiterdesaster, das uns in den nächsten Jahren, ab 2013, ins Haus steht.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Was wird im Jahr 2013 passieren? – Im Jahr 2013 werden die Betriebe wieder – und das hoffen wir alle – einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben und gut qualifizierte Facharbeiter benötigen. Ich sage es ganz of­fen: Ich glaube, die Überbetrieblichen Ausbildungszentren und überbetrieblichen Aus­bildungsstellen werden zwar Fachkräfte ausbilden können, die auch auf den Arbeits­markt integrierbar sind, ich bezweifle aber, dass sie das mit dem gleichen Know-how tun, wie das unsere Betriebe können. Daher werden wir Zusatzqualifikationen teuer zu­kaufen müssen und im schlimmsten Fall auch Facharbeiter aus dem Ausland nach Ös­terreich bringen müssen, um den Bedarf entsprechend abdecken zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sollten da nichts verharmlo­sen. Wir sollten diesen Rückgang der betrieblichen Ausbildungsstätten und Lehrstel­len – und wir haben 4 500 weniger, als wir zuvor hatten – ernst nehmen, und wir sollten hier wirklich entsprechend entgegensteuern. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Steindl, weil wir schon bei den Zahlen und Statistiken sind: Ja, diese mö­gen schon stimmen, aber man muss sich das natürlich auch ein bisschen in der Tiefe anschauen. Ich möchte da einmal in die Steiermark, mein Heimat-Bundesland, blicken, wo man regional durchaus erkennen muss, dass es auch schwierige Bereiche gibt, wie zum Beispiel in Bruck an der Mur, wo wir bei den Lehrstellensuchenden im Vergleich zum Vorjahr im April einen Anstieg von 34 Prozent haben. In Knittelfeld haben wir einen Anstieg von 27 Prozent und in Leibnitz gar einen von 74 Prozent. Da muss man erkennen, dass gerade im Bereich des ländlichen Gebiets und abseits der Ballungs­zentren dringender Nachholbedarf besteht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte deshalb folgenden Entschlie­ßungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kickl, Ing. Höbart und weiterer Abgeordne­ter einbringen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die versprochene Ausbildungsgarantie einzulösen, indem sie der Förderung betriebli­cher Lehrstellen wieder Priorität einräumt, insbesondere durch eine Wiedereinführung des ‚Original-Blum-Bonus I‘ und eine Zurverfügungstellung der Dotierung je Lehrstel­len-Ersatzplatz auch für KMUs in Nicht-Ballungsgebieten zur Einrichtung von zusätzli­chen Lehrplätzen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor jetzt wieder die Zurufer der ÖVP aktiv werden und uns vorhalten, dass wir hier nur alte Konzepte präsentieren: Diese Kon­zepte, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben in den Jahren 2004 bis 2008 durchaus positiv gewirkt (Abg. Großruck: Von uns kommen keine Zurufe!) und haben in Österreich 12 000 zusätzliche Lehrstellen geschaffen. Daher fordere ich Sie wirklich auch im Sinne unserer Betriebe auf, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Kickl, Ing. Höbart und weiterer Abgeordneter betreffend Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Lehrstellen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 111

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 10, Bericht des Ausschus­ses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (627 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (717 d.B.) in der 67. Sitzung des Nationalrates am 20. Mai 2010.

Die auf uns zukommende Fachkräfteproblematik gefährdet sowohl die Erhaltung unse­rer derzeit noch wettbewerbsfähigen – fachkräfteabhängigen – Unternehmen, als auch die Schaffung neuer Betriebe, die insbesondere im Produktionsgüterherstellungsbe­reich und im Dienstleistungsbereich tätig sind bzw. sein wollen.

Der enorme Rückgang der betrieblichen Lehrlingsausbildung in Österreich darf nicht als kurzfristig auftretende Zeiterscheinung bezeichnet werden. Die Schaffung von AMS-Lehrstellen nach § 30 b BAG als Reaktion der Regierung auf den gravierenden betrieb­lichen Lehrstellenschwund kann nicht als betrieblicher Lehrstellenersatz akzeptiert wer­den.

Die in den vergangenen Jahren geschaffenen „echten“ überbetrieblichen Lehrstellen mit derzeit ca. 3.600 Ausbildungsplätzen nach § 30 BAG sind als Ergänzung zur be­trieblichen Ausbildung nicht in Frage zu stellen. Anzumerken ist aber, dass sich diese durchwegs von der öffentlichen Hand finanzierten Ausbildungszentren fast ausnahms­los nur in Ballungsgebieten – und auch dort nur in einigen wenigen Berufen – gut be­gründen lassen.

Problematisch und realitätsabweichend sind die im Jahre 2009 erstmals zu den Lehr­stellen hinzugerechneten 3.825 AMS-Lehrstellen (bis 2009 JASG-Maßnahmen). Sie werden unverständlicherweise als Ersatz für fehlende betriebliche Lehrstellen geltend gemacht, anstatt sie als gesellschaftlich- soziales Engagement zu sehen, wo es in ers­ter Linie darum geht, Jugendliche von der sprichwörtlichen Straße weg zu bekommen, weil zu wenig betriebliche Lehrstellen zur Verfügung stehen.

Wenn es um das Konkretisieren von Lösungsansätzen geht, ist es wichtig, neben Schwerpunkten, die speziell auf die neue Situation auszurichten sind, auch jene Pro­gramme als „Sofortmaßnahmen“ zu prüfen, die uns in den Jahren 2004 bis 2008 zu 12.500 zusätzlichen betrieblichen Lehrstellen verholfen haben.

Zumindest sollte danach getrachtet werden, die gegenwärtig sehr hohe Dotierung je Lehrstellen-Ersatzplatz für einen eingeschränkten Zeitraum auch KMUs in Nicht-Bal­lungsgebieten zur Einrichtung von zusätzlichen Lehrplätzen anzubieten.

Seit der Umsetzung des von den Sozialpartnern vorgeschlagenen und von der Regie­rung eingeführten neuen Lehrlingspakets haben wir rückgängige Lehrlingszahlen und zwar – gegenüber August 2008 – um 5.587 weniger betriebliche Erstjahrlehrplätze.

Und das in einer Zeit, in der die Regierung wiederholt ihre „Ausbildungsplatz-Garantie“ bekundet und verspricht, allen Jugendlichen einen Lehrplatz – oder gleichwertige Aus­bildungsalternative – zur Verfügung zu stellen. Noch vor gar nicht langer Zeit wurden 5.000 zusätzliche „betriebliche Lehrstellen“ als Effekt der „erleichterten Lehrlingskün­digung“ versprochen.

Der betriebliche Lehrstellenrückgang im ersten Lehrjahr – ein sehr aussagefähiges Be­wertungskriterium in Bezug auf die Wirksamkeit des neuen Lehrlingspaketes – hat un­mittelbar nach Inkrafttreten des neuen Modells im Juli 2008 begonnen und wurde da­rüber hinaus durch die Wirtschaftslage beschleunigt. Der für die Politik und die Sozial­partner seit Monaten erkennbare Lehrstellenschwund hätte sofort ein ergebniswirksa­mes Gegensteuern zur Folge haben müssen.

In der Folge sind das fehlende qualifizierte Mitarbeiter, die in unserer Wirtschaft beim mittelfristig zu erwartenden Aufschwung – und der kommt sicher – dringend benötigt werden, um nicht zusätzlich Fachkräfte aus dem Ausland anfordern zu müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 112

Die Projektverantwortlichen für das neue Lehrlingspaket – also Regierung und Sozial­partner – hätten schon vor Monaten erkennen können, dass mit dem neuen Lehrstel­lenfördermodell ihre Versprechen – „jedem Jugendlichen einen Lehrplatz bzw. gleich­wertige Ausbildungsalternative“ – schlichtweg nicht einhaltbar sind.

Durch eine sofortige Korrektur ihrer Lehrstellenförderphilosophie kann eine positive Trendwende beim derzeitigen „betrieblichen Lehrstellenschwund“ erwirkt werden, an­statt zu versuchen, die vorhandenen Mankos mit „Pseudoqualifikationsprojekten“ zuzu­decken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die versprochene Ausbildungsgarantie einzulösen, indem sie der Förderung betriebli­cher Lehrstellen wieder Priorität einräumt, insbesondere durch eine Wiedereinführung des „Original-Blum-Bonus I“ und eine Zurverfügungstellung der Dotierung je Lehrstel­len-Ersatzplatz auch für KMUs in Nicht-Ballungsgebieten zur Einrichtung von zusätz­lichen Lehrplätzen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. 4 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.11.42

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Die und heute hier vorliegende Novelle zum Berufsausbildungsgesetz enthält mehrere Verbesserungen im Bereich der Ausbildung und der Betreuung der Ausbildung. Ich verstehe nicht die Argumente der Freiheitlichen Partei, warum sie dieser Novelle nicht zustimmt.

Wir können überall – und wir haben das im Ausschuss auch gemacht – über die Inhalte der Berufsausbildung und über die Strukturen und Förderungen diskutieren. Aber wenn Sie heute sagen, dass Sie dieser Novelle nicht zustimmen, dann heißt das: Sie stim­men eben dem nicht zu, dass wir Vereinfachungen und Klarstellungen bei der integrati­ven Berufsausbildung haben, und Sie stimmen dem nicht zu, dass wir eine bessere Anrechnung facheinschlägiger ausländischer Ausbildungszeiten auf Lehrzeiten im In­land haben, und Sie stimmen mehr Mitbestimmung im Bereich der Berufsausbildung nicht zu.

Eigentlich sind also Ihre Begründungen für die Ablehnung dieser Novelle etwas völlig anderes als das, was wir hier tatsächlich beschließen. Daher gibt es wahrscheinlich an­dere Gründe. Zum Beispiel: Sie wollen einfach nicht, dass Jugendliche mehr Mitbe­stimmung bekommen! – Das muss einmal mehr klar und deutlich ausgesprochen wer­den! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage als Gegenposition dazu: Diese Novelle ermöglicht eben jetzt – das ist eigent­lich ein Highlight im Bereich der Demokratie und Mitbestimmung – einen Lücken­schluss in der Mitbestimmung und in der Interessenvertretung durch die gesetzliche Ver­ankerung von Jugendvertretern in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen.

Als einer, der selbst gelernt beziehungsweise eine Lehrzeit hinter sich gebracht hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, als es noch kein Jugendvertrauensrätegesetz oder später Ar­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 113

beitsverfassungsgesetz gab, weiß ich, wie wichtig es ist, dass sich auch die Jugend or­ganisieren kann. Damals ging das nur auf freiwilliger Basis; in meinem Lehrbetrieb war das möglich. Man konnte sich über Ausbildungsfragen, man konnte sich über die Inhal­te der Lehrausbildung damals mit dem Meister und dem Betriebsinhaber verständigen. Ich glaube, das war ein gutes Konzept. Warum soll das nicht für jene gelten, die jetzt in überbetrieblichen Ausbildungsstätten sind?! Ich halte das für eine ganz wichtige Sache.

Erstmals können sich also, und das noch heuer, die Jugendlichen in den Ausbildungs­einrichtungen selbst organisieren und dem Gesetzestext nach ihre Interessen wahr­nehmen. Es ist, glaube ich, ein demokratiepolitisch wichtiges Signal, denjenigen, die keine Lehrstelle in der Wirtschaft gefunden und deshalb auf die Ausbildungsgarantie der Bundesregierung zurückgegriffen haben, auch diese Mitbestimmungsrechte einzu­räumen.

Nicht vergessen soll man, dass diese Initiative, die wir heute mit der Beschlussfassung ergreifen, eigentlich auf eine langjährige und beim letzten Jugendkongress der Ge­werkschaftsjugend wiederholte Forderung der Österreichischen Gewerkschaftsjugend zurückgeht. Diese Forderung und diese Argumente haben auch dazu geführt, dass in das Regierungsprogramm der derzeitigen Bundesregierung dieses Thema aufgenom­men wurde und heute abgearbeitet wird.

Sehr verehrte Damen und Herren! Neue Rechte für die Jugend und die Vertretungs­rechte, die im Gesetz definiert sind, nämlich wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche, kulturelle Interessen wahrzunehmen, sich selbst zu organisieren, sich selbst mit politi­schen, wirtschaftlichen, sozialen Zusammenhänge zu beschäftigen und das im Ausbil­dungsbetrieb gemeinsam mit dem Inhaber der Ausbildungseinrichtung abzuarbeiten, das ist, glaube ich, eine höchst demokratiepolitische Entwicklung.

Diese wollen wir von der Sozialdemokratischen Partei hier gerne – gemeinsam mit der Österreichischen Volkspartei – unterstützen, aber auch Mängel aufzeigen, Maßnah­men anregen, Ausbildungsvorschläge machen, Ausbildungsplanung mitgestalten. All das sind Dinge, die auch auf die jungen Menschen in Ausbildung zukommen, und da werden sie eingeladen, kreativ mitzuarbeiten. Es gibt auch eine Informations- und Aus­kunftspflicht für den Inhaber der Ausbildungseinrichtung, also einen Gegenverkehr, wenn er abgerufen wird.

Ich denke, die breite politische Zustimmung hier zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und ich sage es zum Schluss noch einmal: Unverständlich ist die Argumentation der Freiheitlichen! Aber es wird Gelegenheit geben, all den betroffenen Jugendlichen in den Ausbildungseinrichtungen zu sagen, dass die einen dafür waren und es den ande­ren wurscht ist, ob sie mitreden dürfen. Ich denke, auch das soll ausgesprochen wer­den. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.16.28

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz einleitend: Ich war jetzt auch ziemlich erstaunt über die Rede des Abgeordneten Höbart. Sozusagen diese Novelle, die wir durchaus unterstützen, auf die Einführung der Vertrauensleute in den überbetrieblichen Lehrstellen zu reduzieren, finde ich schon skurril in Anbetracht der sonstigen, wirklich guten Inhalte. Ich habe ja auch angemerkt, dass Vertrauensleute in Einrichtungen, die man hoffentlich nur sehr kurz besucht, viel­leicht auch administrativ etwas schwer zu managen sein werden, aber dass das wirk­lich der Grund ist, aus dem Sie diese Novelle ablehnen, kann ich mir beim besten Wil­len nicht vorstellen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 114

Ich habe mir jetzt angeschaut, was noch drinsteht und vielleicht nicht zur FPÖ-Linie passt, und ich denke, da haben wir doch die Erleichterung bei der Anrechnung im Aus­land absolvierter Ausbildungen und abgelegter Prüfungen. Vielleicht geht es der FPÖ darum, dass Personen, die im Ausland aufgewachsen sind und dort Ausbildungen ab­geschlossen und Prüfungen abgelegt haben, diese hier nicht so leicht angerechnet be­kommen sollen. Vielleicht geht es darum! Das würde viel eher ins Schema der FPÖ passen. Ich hoffe, dass das in den entsprechenden Einrichtungen auch so kommu­niziert wird.

Ich habe schon gesagt, ich finde, dass die Punkte sehr positiv sind, die in dieser Novel­le enthalten sind. Vor allem die Weiterentwicklung im Bereich der integrativen Ausbil­dung ist zu begrüßen.

Ich möchte aber noch sagen, dass im Evaluierungsbericht des Ministeriums, der ja so­zusagen die Basis für diese Weiterentwicklung war, drinsteht, dass rund 10 Prozent der Lehrlinge, die eine integrative Ausbildung machen, behindert im Sinne des Behin­derteneinstellungsgesetzes sind und rund 60 Prozent dieser jungen Menschen bereits in ihrer Schulausbildung einen sonderpädagogischen Förderbedarf hatten. Das heißt, die integrative Ausbildung ist per definitionem eingerichtet für benachteiligte Jugendli­che, die eben eine reguläre Lehre nicht schaffen, so aber trotzdem die Möglichkeit für eine Berufsausbildung und Teilqualifikation haben.

Aber wie denkt die ÖVP darüber? – Frau Abgeordnete Franz, Sie schauen mich schon so an: Sie sprachen im Ausschuss in diesem Zusammenhang von „Versagern“, denen man auf die Beine helfen muss. Ich bin sehr erschrocken, als das gehört habe. Wenn man in diesem Zusammenhang von Versagern, von Versagen sprechen kann, dann geht es wohl eher um das Versagen des Bildungssystems, dann geht es um das Ver­sagen bei der Zurverfügungstellung von hochqualitativen Kinderbetreuungseinrichtun­gen, die gerade Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien die Möglichkeit ge­ben sollen, sehr früh gefördert zu werden.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns anschauen, wer für dieses Versagen verant­wortlich ist, dann sehen wir: Es ist dies sicher die ÖVP mit ihrer Reformverweigerung in genau diesen Punkten! Ich persönlich bewundere Jugendliche in solchen Institutionen, die eben schwierige Startbedingungen haben und teilweise mit übergroßem Engage­ment bemüht sind, aufzuholen und einen Abschluss zu erlangen. Frau Abgeordnete, das sind alles andere als Versager!

Meine Damen und Herren! Das Berufsausbildungsgesetz wird heute zwar novelliert, aber eben nur in wenigen Punkten. Wir können seit Jahren beobachten, dass die Lehr­ausbildung wirklich massive Probleme hat. Die Zahl der betrieblichen Lehrausbildungs­plätze geht stetig zurück, auch diverseste Förderungen haben daran nichts geändert. Insofern ist die Wiedereinführung des Blum-Bonus sicher nicht die Lösung dieses Pro­blems.

Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten sind hier zwar eingesprungen, haben aber massive Qualitätsprobleme, gerade außerhalb Wiens. Die jetzige Kürzung des Bud­gets, auch im Bereich Arbeit, wird daran sicher nichts ändern.

Wenn wir schon von Qualitätssicherung sprechen, dann muss man auch sagen, dass da nicht nur die überbetrieblichen Ausbildungsstätten Probleme haben, sondern es auch im Bereich der betrieblichen Lehrausbildung immer wieder Probleme gibt. Das heißt, es hängt vom Glück ab, ob man eine gescheite Lehrausbildung in einem Betrieb bekommt oder eben nicht.

Meine Damen und Herren! Die Liste der Probleme, die die Lehrlingsausbildung in Ös­terreich hat, ließe sich noch fortsetzen – und eigentlich wissen Sie das alles –, aber trotzdem gibt es noch immer keine Reform, nämlich eine grundlegende Reform der Lehrausbildung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 115

Abgeordneter Steindl hat wieder gesagt: Alles ist so super! – Die heilige Kuh der Lehr­lingsausbildung in Österreich wird weiter eingemauert. Ich denke aber, es wäre wirklich an der Zeit, sich die Probleme genau anzuschauen.

Der Herr Bundesminister hat ja angekündigt, dass es da irgendeinen Bericht geben wird. Ich bin neugierig, was wirklich darin stehen wird. Ich denke aber, man muss das endlich genau analysieren und da mit einer gescheiten Reform ansetzen, damit wir hier gute Ausgangsbedingungen für die Jugend in Österreich schaffen können. (Beifall bei den Grünen.)

14.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekre­tärin Marek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.21.41

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte ein paar Aussagen, die hier gemacht wurden, richtigstellen.

Meine Damen und Herren, speziell Herr Abgeordneter Höbart und Herr Abgeordneter Kunasek! Die Gesamtzahl der Lehrlinge betrug Ende April österreichweit knapp 123 000. Das ist sogar eine leichte Steigerung, nämlich um 0,5 Prozent im Ver­gleich zum Vor­jahr. Von diesen 123 000 Lehrlingen waren nicht ganz 5 000 in einer überbetrieblichen Einrichtung – um das einmal klarzustellen.

Wenn Sie von einem massiven Rückgang bei den betrieblichen Lehrstellen aufgrund der Krise sprechen, dann muss ich sagen: Diese Zahlen beweisen genau das Gegen­teil! Wir haben das nicht zuletzt durch die massiven Verbesserungen in der betriebli­chen Lehrlingsförderung der letzten Jahre erreicht – das fällt mir ein, wenn ich auf Mar­tin Bartenstein schaue.

Da sind in den letzten Jahren massive Verbesserungen erreicht worden. Es zeigt sich ganz klar, dass die Priorität bei der dualen Ausbildung selbstverständlich in der be­trieblichen Ausbildung liegt. Aber es gibt eben Fälle, es gibt junge Menschen, die sich schwerer tun, einen betrieblichen Lehrplatz zu finden. Diese sind entsprechend gut auf­gehoben in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen – natürlich immer mit dem Ziel, wenn möglich, während der Ausbildung auch in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis zu wechseln.

Aber ich denke, wir haben richtig gehandelt, indem wir mit der letzten Novelle die Mög­lichkeit geschaffen haben, wenn eben diese Möglichkeit des Übertritts nicht besteht, die Ausbildung in der überbetrieblichen Einrichtung zu Ende zu bringen und dort eine über­betriebliche Ausbildung mit Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung zu absolvieren.

Ich bin eigentlich fassungslos über das Argument des Herrn Abgeordneten Höbart, der sagt, er lehnt die Interessenvertretung der jungen Menschen in überbetrieblichen Ein­richtungen ab.

Herr Abgeordneter, da geht es um Jugendliche, die sich ohnehin in vielerlei Hinsicht schwertun, deswegen sind sie ja in einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung. Sol­chen Jugendlichen mit solch fadenscheinigen Argumenten eine Interessenvertretung auf Augenhöhe zu verweigern, das ist, Herr Abgeordneter, an den Haaren herbei­gezogen und entbehrt jeder entsprechenden Argumentation. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.)

Ich denke, es ist wichtig, dass wir hier für junge Menschen eine Interessenvertretung, einen Vertrauensrat entsprechend dem Jugendvertrauensrat schaffen – auch in über­betrieblichen Einrichtungen. (Abg. Ing. Höbart: Wir brauchen keine Beamten, sondern Wirtschaft!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 116

Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich war lange Jahre Betriebs­rätin in der Privatwirtschaft, und für uns war das eine ganz, ganz wichtige Einrichtung, nämlich Ansprechpartner auf Augenhöhe für Kolleginnen und Kollegen zu sein. Auch Jugendliche brauchen eben Ansprechpartner auf Augenhöhe.

Was mir sehr wichtig ist: Die Verbesserungen, die wir im Bereich der integrativen Be­rufsausbildung geschaffen haben, waren eine wesentliche Forderung. Dann gab es eine wesentliche Initiative vonseiten der Behindertenanwaltschaft, die gesagt hat, mit einer reduzierten Wochenstunden- beziehungsweise Tagesarbeitszeit ist keine Ausbil­dung möglich. – Das haben wir mit dieser Novelle nun ermöglicht.

Das heißt, dass auch bei gesundheitlichen Problemen – und es gibt eben Fälle, wo das der Fall ist, und daher ist das notwendig – die Leute durch die integrative Berufsausbil­dung Chancen bekommen, eine Berufsausbildung zu erhalten.

Von den insgesamt 123 000 Lehrlingen haben wir knapp 4 800 in der integrativen Be­rufsausbildung. Wir sehen, dass von den Lehrlingen in der integrativen Berufsausbil­dung sehr, sehr viele in Betrieben ausgebildet werden, nämlich über 3 000. Auch die Be­triebe sind mit dieser Ausbildungsmöglichkeit sehr zufrieden.

Wenn es um Ausbildungsanerkennung im Herkunftsland, im Ausland geht, dann denke ich – gerade angesichts der Mobilität von Lehrlingen –, dass das schlichtweg zeitge­mäß und für die Jobfähigkeit und Beschäftigungsfähigkeit in der dualen Ausbildung ein ganz wesentlicher Punkt ist.

Ich freue mich sehr, dass diese Punkte hier auf breite Zustimmung stoßen. Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.26.16

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Ich freue mich sehr, dass heute so viele Jugendliche hier im Parla­ment sind, um dieser Debatte zu folgen.

Wir vom BZÖ werden dem Berufsausbildungsgesetz zustimmen. Ich werde hier be­gründen, warum.

Es sind wichtige Novellierungen, die den richtigen Weg weisen, nämlich den in die Zu­kunft, wenn die überbetriebliche Ausbildungslehrwerksstätte endlich eine Interessenver­tretung hat.

Die Jugendlichen brauchen einen Ansprechpartner. Auch ich brauche in der Firma das persönliche Feedback. Ich finde, das ist das Richtige. Was die Problematik betrifft, die du angesprochen hast, Herr Kollege Höbart: Bei den überbetrieblichen Lehrwerkstätten sehe ich das schon ein. Auch wir sagen immer, die Wiedereinführung vom Blum-Bonus wäre wichtig, denn gerade die Wirtschaft soll ja die Lehrlinge praxisbezogen aus­bilden.

Aber eines ist schon klar: Wenn jemand in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte ist, dann ist das allemal besser, als wenn er arbeitslos wäre und keinen Job fände. Dann wäre er frustriert und ein Langzeitarbeitsloser von morgen, und das will sicher niemand von uns. – Ein bisschen nervös (in Richtung Galerie deutend) da oben?! Was ist da das Problem? Ich führe das ganz normal aus – und fertig! Ja? – Danke.

Was die Möglichkeiten der Lehrlinge in den Gewerbebetrieben betrifft, möchte ich sa­gen: Gerade im Bereich des Tourismus wollen wir, dass Unternehmen in Zukunft im­mer mehr auf Ganzjahresbetrieb setzen, damit zukünftig dort mehr Lehrlinge ausge­bildet werden können. Da haben wir nämlich ein Problem bei den saisonalen Betrie­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 117

ben. Deswegen finde ich es wichtig, dass das BAG nun geändert wurde. Gut wäre es, dass man im Winter eine Ausbildung im Tourismus hat und im Sommer eine Sprach­ausbildung im Ausland macht. Das würde ich anregen, das fände ich sehr gut. So wür­den die Lehrlinge in Zukunft das ganze Jahr über ausgebildet, und das praxisnah.

Zum Schluss möchte ich noch einen Punkt erwähnen, der mir sehr wichtig ist, nämlich dass man, wenn man eine Lehrabschlussprüfung nicht besteht, die Prüfung in einzel­nen Fächern nachholen kann. Bei der Matura ist es ja auch so, dass man, wenn man die Matura in einzelnen Fächern nicht bestanden hat, diese nur in diesen nachma­chen muss. So kann man es leichter schaffen. Jetzt wird dieses Prinzip auch im Be­reich der Lehrlingsausbildung eingeführt, und das finde ich richtig.

Ich möchte noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Dolinschek Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dring­lichkeit eines Lehrlingspakets für Österreichs Jugend

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend bzw. der Bundesminister für Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz werden aufgefordert, im Einvernehmen mit dem jeweils fachzuständigen Regierungsmitglied sowie – wenn kompetenzrechtlich erfor­derlich – unter Einbindung der Bundesländer unter anderem im Sinne der Umsetzung nachstehender Maßnahmen umgehend die entsprechenden Schritte für ein Lehrlings­paket zu setzen und dem Nationalrat die diesbezüglichen Gesetzesvorschläge vorzu­legen:

Schaffung eines ,Blum Bonus-Modells‘, mit dem gewährleistet wird, dass Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, generell für jeden auszubildenden Lehrling für die gesamte Lehr­zeit eine Prämie erhalten;

Gänzliche Gleichstellung der Lehrlinge mit Schülerinnen und Schülern in Hinblick auf Freifahrten, Beihilfen, Förderungen etc.;

Generelle Abschaffung der von den Lehrlingen zu entrichtenden Prüfungstaxen für die Ablegung der Lehrabschlussprüfung;

Österreichweit flächendeckende Umsetzung der ‚Lehre mit Matura‘.“

*****

Ich freue mich auf eine breite Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Dolinschek Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dring­lichkeit eines Lehrlingspakets für Österreichs Jugend

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 20. Mai 2010 im Zuge der Debatte zum TOP 10, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­


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vorlage (627 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (717 d.B.)

„Alarmstufe Eins am Lehrstellenmarkt ist unübersehbar!“ so eine wenig erfreuliche Überschrift über einer entsprechenden Tabelle zur Entwicklung der Lehrlingsausbil­dung in einer Studie von Egon Blum. Dieser Studie zufolge hat sich die Anzahl der Erstjahrlehrlinge im Dezember 2009 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjah­res 2008 um 11,3 % verringert.

„Ein folgenschwerer Fachkräftekollaps bahnt sich an“ ist die Schlussfolgerung dieser Entwicklung von Egon Blum, der auch gleich die Begründung nachliefert, wenn er fest­stellt, dass im Zusammenhang mit dieser besorgniserregenden Lehrstellenentwicklung anzumerken ist, dass diese zeitgleich mit der Aussetzung des Blum-Bonus im Juli 2008 eingesetzt hat.

Damit bestätigt sich die seitens des BZÖ erhobene Kritik an der Abschaffung des be­währten Modells des Blum Bonus. Die Wiedereinführung dieser ursprünglichen Rege­lung ist daher im Interesse der Lehrlinge und insbesondere im Sinne einer Hintanhal­tung eines oben zitierten Fachkräftekollaps in Österreich umgehend umzusetzen.

Dazu kommt, dass Lehrlinge nach wie vor in vielen Bereichen einer Ungleichbehand­lung und Schlechterstellung ausgesetzt sind:

So haben Lehrlinge noch immer Prüfungstaxen für die Ablegung der Lehrabschluss­prüfung zur Abgeltung der Prüftätigkeit der Kammerfunktionäre zu entrichten, während bei Schülerinnen und Schüler diese Kosten selbstverständlich von der öffentlichen Hand getragen werden.

Gleiches gilt für den Bereich der Freifahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, bei Zu­schüssen für Heimkosten, etc., wo Lehrlinge vielfach noch immer nicht in den Genuss jener Vergünstigungen kommen, wie sie Schülerinnen und Schülern zuteil werden.

Nicht nur aber gerade in Krisenzeiten ist jedoch die Möglichkeit des Zugangs zu einer fundierten Ausbildung für unsere Jugend und ihre Zukunft von eminenter Bedeutung. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass - wie die Zahlen belegen - mit steigendem Ausbildungsniveau die Gefahr von Arbeitslosigkeit eindeutig sinkt.

Eine solche für die Jugend zunehmend drastische Entwicklung im Bereich der Lehr­lingsausbildung erfordert daher einen nationalen Schulterschluss aller Beteiligten und damit eine sich nicht nur auf Ankündigungen beschränkende Lehrlingspolitik sondern eine klare Schwerpunktsetzung, der auch die entsprechenden Taten folgen. So sind insbesondere die Bundesregierung und die Sozialpartner gefordert, in einem gemein­samen Pakt für die Lehrlinge umgehend jene Schritte zu setzen, die geeignet sind, die Lehrlingsausbildung in Österreich für Unternehmer zu attraktivieren, die Kosten dafür zu senken, den für die Lehrlinge erforderlichen Schutz zu gewährleisten sowie eine gänzliche Gleichstellung von Lehrlingen und Schülern herzustellen.

Aus den genannten Gründen und nicht zuletzt aufgrund der Dringlichkeit einer Schwer­punktsetzung im Bereich der Lehrlingsausbildung stellen die unterfertigten Abgeordne­ten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend bzw. der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz werden aufgefordert, im Einvernehmen mit dem jeweils fachzuständigen Regierungsmitglied sowie - wenn kompetenzrechtlich er­


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forderlich - unter Einbindung der Bundesländer unter anderem im Sinne der Umset­zung nachstehender Maßnahmen umgehend die entsprechenden Schritte für ein Lehr­lingspaket zu setzen und dem Nationalrat die diesbezüglichen Gesetzesvorschläge vor­zulegen:

Schaffung eines ‚Blum Bonus-Modells‘, mit dem gewährleistet wird, dass Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, generell für jeden auszubildenden Lehrling für die gesamte Lehr­zeit eine Prämie erhalten;

Gänzliche Gleichstellung der Lehrlinge mit Schülerinnen und Schülern in Hinblick auf Freifahrten, Beihilfen, Förderungen etc.;

Generelle Abschaffung der von den Lehrlingen zu entrichtenden Prüfungstaxen für die Ablegung der Lehrabschlussprüfung;

Österreichweit flächendeckende Umsetzung der ‚Lehre mit Matura‘.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.30.08

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretär! Ich denke, das österreichische duale Ausbildungssystem mit der Lehrlingsausbildung ist ein erfolgreiches Vorzeigemodell. Wir werden europaweit darum beneidet.

Auch die internationalen Wettbewerbe auf dem Lehrlingssektor, wo die österreichi­schen Lehrlinge immer mit großem Erfolg abschneiden, zeigen jährlich immer wieder, dass die betriebliche Ausbildung hier ausgezeichnet funktioniert und dass die Unterneh­merinnen und Unternehmer die Verantwortung wahrnehmen und die Lehrlinge zu Leis­tungen motivieren, die sich auch im internationalen Wettbewerb sehen lassen können.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die betriebliche Lehrlingsausbildung natürlich Vor­rang, oberste Priorität hat und die beste Art der Lehrlingsausbildung ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Kuzdas.)

Als Ergänzung kann man natürlich auch die überbetriebliche Lehrlingsausbildung anse­hen, gerade in Zeiten von Krisen. Wenn man sich das Verhältnis anschaut, kann man sagen – von den 123 000 Lehrlingen sind nämlich ungefähr 4 Prozent in der überbe­trieblichen Ausbildung –, dass das Modell der betrieblichen Ausbildung hier absolute Priorität und absoluten Vorrang hat.

Wenn wir heute hier mit dieser Novelle einige Erleichterungen beschließen sowie eini­ge Punkte, die zur Internationalisierung der Lehre beitragen, dann ist das wieder ein weiterer richtiger Weg, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Die Lehrlinge müssen in Zukunft bei der Wiederholung der Lehrabschlussprüfung nicht mehr alle Fächer wiederholen. Weiters haben wir die Anrechnungszeiten für die Ausbil­dung im Ausland erhöht. Ich glaube, dass damit die Lehre auch europäischer, interna­tionaler und natürlich auch mobiler wird – ebenfalls ein wesentlicher Schritt in die rich­tige Richtung.

Ganz wichtig ist, dass man sieht, dass die Möglichkeit einer Ausbildung von Lehrlingen vor allem von den kleinen und mittleren Unternehmen wahrgenommen wird. 80 Pro­zent der Lehrlinge werden in klein- und mittelständischen Unternehmen ausgebildet. Da ist das Verhältnis zwischen dem Lehrherrn und den Jugendlichen zum Großteil ein


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ausgezeichnetes. Es ist wirklich so, dass die jungen Menschen dadurch eine ausge­zeichnete Ausbildung und somit eine Zukunft bekommen.

Im Vergleich zur Steiermark, die Herr Kunasek angesprochen hat, kann ich mein Hei­matbundesland Salzburg hernehmen. In Salzburg haben wir einen Überschuss an Lehr­stellen. Das heißt, die Unternehmer bieten genügend Lehrstellen an, wir haben zurzeit einen Überhang von 336 Lehrstellen. In diesem Sinne ist, glaube ich, „Karriere mit Leh­re“ ein guter Ansatz und wird auch in Zukunft erfolgreich fortgeführt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.14

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch die Gewerkschafts­jugend, die auf der Galerie Platz genommen hat, sehr herzlich begrüßen (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), weil wir heute eine langjährige Forderung der Gewerkschaftsjugend erfüllen.

„In Search of Excellence“ – auf der Suche nach Spitzenleistungen, so heißt ein Buch von Peters und Waterman, zwei ehemaligen Beratern von McKinsey. Mit dieser Unter­suchung wollten sie die Ausprägung der Unternehmenskultur auf den Unternehmens­erfolg feststellen.

Spitzenleistungen gibt es aber nicht nur in der unternehmerischen Leistung, sondern auch im Bereich der Ausbildung. Wenn es um das Berufsausbildungsgesetz geht, geht es natürlich um die Lehrlingsausbildung. Die Lehrlinge in unserem Land, aber auch die ausbildenden Betriebe erbringen Spitzenleistungen.

Kollege Haubner hat schon erwähnt: Jene Betriebe, die kontinuierlich Nachwuchskräfte ausbilden, die die jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht als Kostenfaktor se­hen, sondern in die Ausbildung investieren, sind regelmäßig erfolgreich in Wettbe­werben nationaler und internationaler Natur. Sie kommen jedes Jahr mit Auszeichnun­gen und Medaillen nach Hause.

Das ist einerseits die Bestätigung, dass sich das Engagement in der Lehrlingsausbil­dung lohnt, es ist aber auch die Bestätigung, dass unsere Jugend Potenzial hat. All je­nen, die meinen, die Jugend tauge nichts, möchte ich von dieser Stelle aus sagen: Sie irren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das zeigt aber auch, dass unser Ausbildungssystem, nämlich das duale Ausbildungs­system eine hervorragende Grundlage für die Berufsausbildung ist. Überbetriebliche Ausbildung kann, soll und wird es auch in Zukunft nur ausnahmsweise geben, Herr Kollege Höbart. Die Unternehmen verstehen ihre Pflicht, und wir dürfen sie aus dieser Pflicht auch nicht entlassen.

Trotzdem, meine Damen und Herren, sollte einiges verbessert werden, insbesondere was die Gleichstellung der berufsbegleitenden Weiterbildung mit der schulischen und universitären Ausbildung betrifft. Wenn sich ein junger Mensch nach der Pflichtschule entscheidet, eine weiterführende Schule oder eine Universität zu besuchen, dann ste­hen dem Auszubildenden diese Einrichtungen natürlich kostenlos zur Verfügung. Wenn sich aber ein junger Mensch nach der Lehrabschlussprüfung zur Weiterbildung ent­schließt, hat er viele Kosten selbst zu tragen.

Ein Beispiel wäre der Ausbildungskurs für die Meisterprüfung. Da gibt es mehrere He­rausforderungen, nicht nur inhaltlicher Natur – schafft er es oder schafft er es nicht –,


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sondern auch ökonomische. Manche Kurse werden nämlich nur im Ganztagsverfahren angeboten, sodass nebenbei eine Erwerbstätigkeit unmöglich ist. Es gibt aber auch Herausforderungen, was die Ausbildungs- und Prüfungskosten betrifft, die in den ein­zelnen Bundesländern sehr unterschiedlich und zum Teil erheblich hoch sind. Das ist eine wesentliche Hürde in der Ausbildung und sollte unbedingt geändert werden.

Ein anderes Thema ist aber auch noch der Facharbeitermangel. Diesen Mangel, ge­schätzte Damen und Herren, können wir nicht allein durch Gesetze beheben. Auch wenn das Berufsausbildungsgesetz noch so gut ist, wird es das Problem nicht ein für alle Mal beseitigen. Es ist auch ein gesellschaftliches Problem und hängt mit dem Image der Lehre, der Lehrausbildung zusammen.

Früher galt das Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“. In vielen Kreisen gilt das heute nicht mehr. Daher entscheiden sich viele für eine schulische Ausbildung und ge­gen die Lehre. Das ist nicht ganz richtig so. Mit der heute zu beschließenden Geset­zesvorlage machen wir jedenfalls einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der berufli­chen Ausbildung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.37.02

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Frau Abgeordnete Schatz, Sie haben mir unterstellt, Versagen wäre irgendetwas Schlechtes und würde ir­gendwelche Abwertungen beinhalten. Versagen ist für mich ein ganz einfacher Begriff, den ich verwende, wenn ich ein Ziel nicht erreicht habe.

Das ist mir sicher schon passiert, und Ihnen und wahrscheinlich uns allen auch. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben also alle schon einmal versagt. Deshalb möchte ich Ihre Un­terstellung zurückweisen. Ich bewundere genauso wie Sie Jugendliche, die schwierige Startpositionen haben, gefördert werden und dann weiterkommen. Und genau dahin zielt dieses Gesetz, dass nämlich solche Jugendliche gefördert werden.

Ich finde es gut, dass es entstanden ist, indem das Wirtschaftsministerium evaluiert hat, man sich dann zusammengesetzt hat, mit allen beteiligten Behörden, mit den So­zialpartnern und den Lehrlingsstellen diese Dinge diskutiert und einen guten Weg ge­funden hat, sodass jetzt wesentliche Verbesserungen vorliegen.

Wir haben jetzt diese Interessenvertretung für die Jugendlichen aus überbetrieblichen Ausbildungsstätten geschaffen, diesen sogenannten Vertrauensrat. Das ist gerade für diese Gruppierung eine ganz wichtige Sache.

Auch die Neuformulierung der integrativen Berufsausbildung ist ein richtiger Schritt für die Lehrlinge. Es gibt administrative Vereinfachungen. Wenn ein Lehrling aus einem re­gulären Lehrverhältnis in ein integratives wechselt, so geschieht das jetzt einfacher. Es gibt die Möglichkeit der Abschlussprüfung – man kann jetzt auch einzelne Prüfungen machen und muss nicht mehr die gesamten noch einmal ablegen. Das sind alles Ver­besserungen, die für unsere Lehrlinge ganz wichtig sind.

Die Bildungsmobilität wird gesteigert, indem die Teilnahme an internationalen Ausbil­dungsprogrammen zeitlich verlängert wird. Es sind also nicht mehr diese vier Monate, die anerkannt werden, sondern eben sechs Monate pro Jahr.

Mit 1. Juli werden wir dieses Gesetz umsetzen. Dann gibt es diese Verbesserungen für die Jugendlichen. Es ist für junge Menschen, die nicht so gute Startbedingungen ha­ben, einen weitere Chance, im Leben weiterzukommen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 122

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu gelangt Herr Abge­ordneter Lipitsch zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.39.46

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Sehr geehrte Zuhörer auf der Tribüne! Kolleginnen und Kollegen! Die Reform im Bereich des Berufsausbildungsgesetzes wurde heute schon ein paar Mal angespro­chen.

Ich glaube, dass gerade im Bereich der Berufsausbildung ständig Reformen notwendig sind und sie auch durchgeführt werden. Das wird von den Sozialpartnern vorange­trieben. Neue Berufszweige, neue Ausbildungszweige sind im Laufe eines Jahres zwi­schen den Sozialpartnern ständiges Thema, das auch aufgearbeitet wird.

Darum ist es wichtig, dass gerade facheinschlägige Ausbildungen im Ausland besser angerechnet werden, denn junge Leute sollten im Ausland ihre Erfahrungen sammeln, wie es bereits in der schulischen Ausbildung erfolgt. Neben der Wiederholung von Teil­fächern in der Lehrabschlussprüfung ist für mich besonders die integrative Ausbildung wichtig, denn es handelt sich hier um Menschen mit einem Handicap. Es sind Men­schen, die eine Ausbildung besonders wollen, und es ist wichtig, ihnen die Möglichkeit zu geben, Stunden zu reduzieren, damit sie die Gelegenheit haben, diese Ausbildung abzuschließen.

Sehr geehrter Herr Kollege Höbart, du hast im Bereich der neu zu schaffenden Inter­essenvertretung von einer Aufblähung gesprochen. Ich möchte dich gerne einladen, mit einem Jugendvertrauensrat einmal eine Woche unterwegs zu sein, denn diese Zeit, die dieser Jugendvertrauensrat dazu verwendet, um mitzugestalten, neue Ideen einzu­bringen, um Problemlösungen den jungen Menschen zur Verfügung zu stellen, ist sei­ne Freizeit. Ich denke, du solltest einmal eine Woche mit unterwegs sein, dort sehen, was gearbeitet wird, dann wirst du anderer Meinung sein. Es ist schade, dass die Frei­heitliche Partei da nicht zustimmt. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Zum Abschluss möchte ich aber an dieser Stelle allen Jugendvertrauensräten in Öster­reich ganz besonders danken und möchte die Gewerkschaftsjugend bitten, auch das entsprechend weiterzugeben, denn sie haben eine wichtige Aufgabe und sind für die Ju­gendlichen ein Garant dafür, dass sie ihre Ausbildung abschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.41

14.41.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 717 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Besucher der Galerie spenden Beifall und halten Transparente in die Höhe.)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Förderung der betrieblichen Lehrstellen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 123

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit eines Lehr­lingspakets für Österreichs Jugend.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

14.43.3611. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (607 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea über soziale Sicherheit (719 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (609 d.B.): 2. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und Australien im Bereich der sozialen Sicherheit (720 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (682 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Na­tionen über soziale Sicherheit (721 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (686 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über soziale Sicherheit (722 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Csörgits. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.36

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesen Tagesordnungspunkten kann man wieder mit Fug und Recht sagen, dass sich die Situation der arbeitenden Men­schen in Österreich, aber vor allem auch der Menschen, die von österreichischen Fir­men ins Ausland geschickt werden, verbessert. Ich darf mich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich sowohl bei Herrn Bundesminister Hundstorfer als auch bei den Kollegin­nen und Kollegen des Ressorts, die diese Vorlagen ausgearbeitet haben, bedanken.

Als Erstes komme ich zur Regierungsvorlage, die eine Verbesserung der sozialen Si­cherheit zwischen der Republik Österreich und Korea regelt. Hier geht es vorwiegend um den Bereich der Pensionsversicherung. Es wird sichergestellt, dass es zu einer Zu­sammenrechnung der Versicherungszeiten kommt, dass zurückgelegte Versicherungs­zeiten berücksichtigt werden, und auch der Leistungsexport wird geregelt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 124

Besonders möchte ich festhalten, dass das Abkommen auch eine Regelung beinhaltet, die Doppelversicherungen, die sowohl von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch von Firmen bisher möglich waren, entgegenwirkt. Das heißt, somit ist auch si­chergestellt, dass sowohl österreichische Firmen, die in Korea Niederlassungen haben, als auch umgekehrt jetzt nur mehr jeweils einen Versicherungsbeitrag leisten.

Der zweite Bereich beschäftigt sich mit Australien. Hier darf ich festhalten, dass das Stammabkommen bereits im Jahr 1992 beschlossen worden ist. Es wurde im Jah­re 2001 verändert und verbessert. Dieses Stammabkommen regelt vor allem die Situa­tion von Österreicherinnen und Österreichern, die in der Vergangenheit nach Australien ausgewandert sind, oder aber auch von jenen Personen, die von Australien wieder zu­rückkommen und jetzt in der Situation sind, dass sie in einem Alter sind, in dem sie Pen­sionsansprüche haben.

Da gab es in der Vergangenheit einige Unklarheiten. Daher wurde erstmals die Aus­nahme von Regelungen über die Versicherungspflicht in diesem Abkommen niederge­schrieben, denn Australien war bisher der einzige Staat, mit dem zwar ein Sozialversi­cherungsabkommen bestand, das aber nicht die Versicherungspflicht von grenzüber­schreitend tätigen Personen regelte.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt in diesem Übereinkommen betrifft eine Regelung im Zusammenhang mit dem Datenschutz, nämlich dass sichergestellt ist, dass jene Da­ten, die grenzüberschreitend transferiert werden, tatsächlich nur für den Zweck der So­zialversicherung, für die Berechnungen im Zusammenhang zum Beispiel mit der Pen­sion, benützt werden.

Die beiden anderen Sozialabkommen, sowohl mit den Vereinten Nationen als auch mit der UNIDO, beinhalten ebenfalls Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Pen­sionsrecht.

Ich darf mich nochmals sehr herzlich bedanken. Damit ist wieder sichergestellt, dass für eine Gruppe von ganz speziellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine be­sondere Regelung getroffen worden ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.48.26

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Frau Kollegin Csörgits hat die In­halte dieser Abkommen dargelegt. Deshalb erübrigt es sich, dass ich im Detail darauf eingehe.

Ich möchte allgemein begrüßen, dass es Abkommen über die soziale Sicherheit zwi­schen verschiedenen Ländern gibt, in dem Fall auch, was wir heute beschließen, zwi­schen Südkorea – ich betone: Südkorea; nicht dass da falsche Verdachtsmomente aufkommen anlässlich der Ausstellung, die derzeit in Wien zu sehen ist – und der Re­publik Österreich.

Ich glaube, es ist notwendig und sinnvoll, dass auch der globalen Verflechtung Rech­nung getragen wird. „Global“ möchte ich jetzt einmal wertneutral sehen. Es wird immer geschimpft über die Globalisierung, aber ich denke, dass wir in Zeiten wie diesen ohne Globalisierung gar nicht auskommen, es liegt in der Natur der Sache mit dem Fort­schritt der Technik, der Information, der Kommunikation. Ich glaube, es ist notwendig, dass die Länder miteinander kooperieren, Handel betreiben und auch weltweit ver­flochten sind.


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Südkorea ist ein ganz besonderes Beispiel dafür, denn es sind viele Global Player dort angesiedelt. Ich mache jetzt keine Firmenwerbung, aber wenn wir an „Samsung“, an „Hyundai“ oder an „Kia“ denken, so sind das Firmen, die auch in Österreich ganz stark verflochten sind, die natürlich ihre Mitarbeiter hier haben. Vice versa gibt es österrei­chische Firmen in Korea, und es ist notwendig, dass die Mitarbeiter, die dort tätig sind, auch die entsprechende soziale Sicherheit haben, ob das im Gesundheitswesen oder im Pensionswesen ist.

Wer schon die Möglichkeit gehabt hat, Südkorea zu besuchen, weiß, dass die Men­schen dort besonders austrophil sind. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon – wir be­handeln heute auch zwei Abkommen mit den Vereinten Nationen – ist ein Liebhaber Österreichs; er war auch Botschafter in unserem Lande – die einzige Botschaft, die Ban Ki-moon geleitet hat –, und er kommt auch immer wieder gerne her. Das ist auch für Wien als UNO-Standort kein Nachteil. Insofern, meine Damen und Herren, müssen wir diesen Abkommen zustimmen und es begrüßen, dass es solche gibt.

Trotzdem, meine Damen und Herren, ist es mir lieber, in Österreich krank zu werden als in einem anderen Land. Da schließe ich Deutschland nicht aus. Ich habe es einmal erlebt, wie es ist, wenn man in Deutschland krank wird, welchen Hürdenlauf man über­winden muss. Man wird teilweise abgelehnt, bis man darauf hinweist, dass auch die deutschen Skifahrer in Österreich entsprechend behandelt werden, wenn sie sich den Fuß brechen – dann hat es funktioniert. Aber ich war überrascht, wie in sogenannten hochqualitativen Ländern die soziale Sicherheit oder die Betreuung von – unter Anfüh­rungszeichen – „Ausländern“ gegeben ist. Da, glaube ich, können wir alle stolz sein auf unser Österreich, auf die soziale Absicherung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Hierbei meine ich nicht ausschließlich die Qualität der gesundheitlichen Vorsorge, die gibt es woanders wahrscheinlich auch, aber bei der sozialen Absicherung sind wir si­cher weltmeisterlich.

Da das rote Licht leuchtet, meine Damen und Herren, komme ich zum Schluss. Korea gibt natürlich nicht viel her für einen Vierzeiler, deshalb habe ich mir heute bei der Dis­kussion über die Produktpiraterie Gedanken gemacht und Vergleiche angestellt. Das möchte ich Ihnen jetzt noch sagen:

Die Wirtschaft und die Industrie kämpfen gegen Produktpiraterie.

Dasselbe gibt’s auch bei Parteien, die bruderzwistig sich entzweien.

So sind die Orangen mit Wort und Taten der FPÖ Produktpiraten. – Oder umgekehrt. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.52.25

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Ich kann nur gratulieren zu diesem Vierzeiler – mit Ausnahme der letzten beiden Worte ist er völlig korrekt. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ich möchte auf zwei Dinge eingehen, die mein Vorredner angesprochen hat. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass wir uns allmählich in diesem Haus zumindest dazu durchringen, den Begriff Globalisierung als wertfrei einzustufen. Das ist immerhin schon ein Fortschritt gegenüber dem, dass man im Begriff „Globalisierung“ als solches den Fortschritt verkörpert sieht. Das ist nämlich eine ganz gefährliche Entwicklung, hin­ter der man lange Zeit hergelaufen ist und wo man ja gesehen hat, wohin das führt, wenn man das sozusagen kritiklos in dieser Art und Weise betreibt.


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Zu diesen Verträgen beziehungsweise zu diesen Abkommen: Man kann die Zeit nicht aufhalten und man kann sich den realen Entwicklungen – seien sie wirtschaftspoliti­scher Art, seien sie sozialpolitische Herausforderungen, die sich uns stellen – nicht ver­schließen. Deshalb spricht diese Abkommen betreffend überhaupt nichts gegen eine Zustimmung von unserer Seite; zum einen mit Südkorea – und das muss man tatsäch­lich in Zeiten wie diesen festhalten, dass es sich um den Süden und nicht um den Nor­den handelt –, mit Australien und auch mit den Vereinten Nationen.

Ich glaube, dass Österreich gut daran tut, diese Abkommen zu unterschreiben und die­se Abkommen, die eine lange Tradition haben, jetzt auch auf dieses Feld auszuweiten, weil wir zum einen damit auch die wirtschaftlichen Bemühungen Österreichs in diesem Raum entsprechend unterstützen und zum anderen eine Position, die wir in manchen Bereichen in der Vergangenheit aus unserer Sicht sträflich vernachlässigt haben, näm­lich Österreich als Standort von internationalen Organisationen entsprechend aufzu­werten, auch durch solche Aktivitäten unterstützen können.

Es geht also um Sicherheit für die Arbeitnehmer zum einen, es geht aber auch um eine zweite, ganz wesentliche Komponente, das ist die Sicherheit und die Berechenbarkeit für die Unternehmerseite. Das ist ganz wesentlich bei wirtschaftlichen Aktivitäten außerhalb Österreichs. Und es geht, das darf man nicht vergessen, um den Abbau von Doppelgleisigkeiten. All das ist zu unterstützen.

Deswegen sagen wir Freiheitliche selbstverständlich Ja zu dieser Sache, weil wir es bei dieser Art von Abkommen mit etwas zu tun haben, das leider nicht so sehr eine Selbstverständlichkeit ist dann, wenn es um zwischenstaatliche oder mehrstaatliche soziale Regelungen geht, weil wir es nämlich diesmal so haben, dass wir keine finan­ziellen Nachteile für Österreich aus diesen Regelungen erwarten müssen.

Ich muss aus Sicht der Freiheitlichen sagen, das ist leider nicht selbstverständlich. Das ist nämlich – wenn wir uns mit solchen Abkommen auseinandersetzen – ein wesentli­cher Punkt, den man zur Bewertung der Qualität dieser Abkommen auch heranziehen muss.

Ich glaube, dass wir vor einer Problematik stehen, die sich darin ausdrücken lässt, dass wir in der Vergangenheit mit vielen dieser Regelungen quantitative und qualitative Schieflagen zustande gebracht haben.

Ich möchte jetzt ein Beispiel aufgreifen, über das wir auch kurz im Sozialausschuss diskutiert haben. Es wird Kollegen Öllinger wieder zum Widerspruch auffordern, aber ich muss Herrn Staatssekretär Lopatka, der bis vor Kurzem noch dort oben gesessen ist, jetzt in diesem Zusammenhang zitieren. Er ist mit einem Vorschlag vorgestoßen, der aus unserer Sicht durchaus diskussionswürdig ist. Es ist auch ein Fall, bei dem es um grenzüberschreitende Regelungen im Sozialbereich geht, zugegebenermaßen jetzt nicht im Versicherungsbereich, aber es geht um Sozialleistungen im weitesten Sinn des Wortes, und wir haben hier einen Punkt, bei dem wir nicht die Waage haben, wie wir sie uns wünschen, sondern bei dem wir eine schiefe Ebene haben. Das ist die Dis­kussion über die Frage, wie es etwa mit dem Export von Familienleistungen aussieht.

Das ist eine Debatte, die man vorbehaltlos und sozusagen ohne ideologische Verblen­dung führen sollte. Deswegen bin ich Herrn Lopatka dankbar für diesen Vorstoß, weil wir uns in Österreich – gerade gestern haben wir den ganzen Tag darüber diskutiert – in einer Situation befinden, in der wir keinen einzigen Euro zu verschenken haben und jede einzelne Position eigentlich kritisch hinterfragen sollten.

Sie haben recht gehabt, Herr Hundstorfer, als Sie uns darauf hingewiesen haben, dass es nicht um die Türkei, nicht um Drittstaaten geht, aber es genügt schon, wenn wir die­sen Pallawatsch innerhalb der EU, nämlich im Hinblick auf die neuen Staaten im Os­ten, beieinanderhaben. Es reicht, wenn wir es dort mit einem Export von Familienleis­


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tungen zu tun haben, in der Situation, in der wir den Arbeitsmarkt mit 1. Mai nächsten Jahres öffnen werden. Hier gibt es eben den Anspruch auf die Familienleistungen, auch wenn die Mitglieder der Familie nicht in Österreich, sondern zum Beispiel in Polen, zum Beispiel in Ungarn oder zum Beispiel in der Slowakei leben. Da entsteht aus unserer Sicht eine Schieflage.

Diese Schieflage kann man nicht einfach wegtun, da kann man nicht sagen, das ist menschenverachtend, wenn man darüber diskutiert. Ich glaube, man muss das disku­tieren, weil es immer so sein wird, dass mehr Bürger dieser Länder sozusagen bei uns als Arbeitnehmer, als Selbständige, als quasi Selbständige oder als Arbeitslose in Er­scheinung treten werden, als Österreicher umgekehrt in diesen Ländern in diesen Funktionen auftauchen werden, und dadurch eine Schieflage entsteht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist der Unterschied zu Abkommen, die wir mit Australien treffen, und zu Abkom­men mit Korea, weil dort einfach die räumliche Nähe nicht gegeben ist und damit auch das Problem der Masse nicht gegeben ist. Dadurch kommt auch die Schieflage nicht zustande.

Wenn wir die Familienbeihilfe hernehmen – 105 € bis 150 €, je nachdem, wo man es jetzt ansetzt, es ist völlig egal –, müssen wir uns überlegen: Was bedeutet das an Kaufkraft in Österreich und was bedeutet das an Kaufkraft in den Nachbarländern, die jetzt in Kürze den vollen Zugang zu diesen Leistungen bekommen werden? – Da ist nicht nur die Masse ein Problem, sondern wir haben auch ein massives Gerechtigkeits­problem, weil nämlich für die Kaufkraft dieser 150 € ganz andere Voraussetzungen in der Slowakei, in Ungarn, in Polen herrschen als bei uns.

Insofern ist es eine Benachteiligung der österreichischen Staatsbürger, wenn hier etwa Familienleistungen exportiert werden und dort ungleich mehr wert sind, als sie im eige­nen Land wert sind. Für diese Benachteiligung der Inländer stehen wir Freiheitlichen nicht zur Verfügung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht also bei den Abkommen über soziale Sicherheit – bei denen, die wir neu schließen, aber auch bei denen, die wir schon seit Langem haben und die man einmal hinterfragen sollte – darum, darauf zu achten, dass ein gewisses Ebenmaß gegeben ist. Wenn das Ebenmaß der Leistungen gegeben ist, dann sind wir damit einverstan­den. Wir sind nicht damit einverstanden, wenn es eine Schieflage gibt, die im Grunde genommen zu Lasten der Österreicher ausfällt. (Beifall bei der FPÖ.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. Wir haben allerdings nur mehr 1 Minute bis zur Unterbrechung. Wollen Sie die Rede be­ginnen? – Nein. – Dann unterbreche ich kurz die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die un­terbrochene Sitzung wieder auf.


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15.00.18Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Landesverteidigung und Sport betreffend Parteipolitik und Assistenzein­satz (5403/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 5403/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verle­sung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte“, zog Verteidigungsminister Norbert Darabos am Dienstag eine erfreuliche Bilanz. [] „Damit wird ein messbarer Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit in den grenznahen Räumen geleistet sowie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöht.“ [] (OTS vom 11.5.2010)

Die Messbarkeit des Erfolges wurde durch den Rechnungshofbericht 2010/4 bestätigt. Die von SoldatInnen im Assistenzeinsatz erstatteten Meldungen betrafen deutlich unter 1 % der Gesamtkriminalität im Einsatzgebiet (2008: 0,26 %, 2009: 0,14 %). In Relation zum Ressourceneinsatz bewertete der Rechnungshof daher den Beitrag der Assistenz­kräfte zur aktiven Bekämpfung der Kriminalität im Einsatzraum als „überaus gering“.

Auch die präventive Wirkung der Präsenz schwer bewaffneter SoldatInnen im täglichen Straßenbild wurde durch den Rechnungshof gemessen: Seit der Schengenerweiterung waren demnach sowohl im Einsatzgebiet als auch im Durchschnitt der übrigen Bezirke an der ehemaligen Schengen-Außengrenze weiterhin eine niedrige Kriminalitätsrate und eine rückläufige Kriminalitätsentwicklung zu verzeichnen.

Die Messung des Rechnungshofs hat ergeben: der Assistenzeinsatz ist sinnlos. Und er kostet viel Geld: rund 270 ExekutivbeamtInnen könnten aus den jährlichen Mehrkosten bezahlt werden. Das entspricht ca. 20 % der derzeitigen burgenländischen Polizeiplan­stellen.

Dabei ist schon derzeit die burgenländische Polizei verhältnismäßig gut besetzt: Wäh­rend hier ein/e PolizistIn pro 175 EinwohnerInnen Dienst versieht, kommt in Gesamt-Österreich im Durchschnitt ein/e Polizistin auf 331 EinwohnerInnen. Deshalb ist das Burgenland auch sicher: Die Häufigkeit der Straftaten pro EinwohnerIn liegt erfreuli­cherweise bei der Hälfte des österreichischen Durchschnitts.

Dennoch erklärte Bundeskanzler Werner Faymann am 11.5.2010 nach dem Ministerrat und in einer Presseaussendung:

„Solange die Polizei personell nicht in der Lage ist ihre Aufgaben im Grenzraum ver­stärkt zu erfüllen, soll der Assistenzeinsatz verlängert werden.“

Doch auch über das eigentliche Motiv der SPÖ, den Assistenzeinsatz gegen Vernunft und Verfassung noch weiter verlängern zu wollen, klärte der Bundeskanzler die Öffent­lichkeit auf:

Bundeskanzler Werner Faymann (S) hat erstaunlich offen zugegeben, die Verlänge­rung des Bundesheer-Assistenzeinsatzes im Osten vor der burgenländischen Land­tagswahl Ende Mai fixieren zu wollen. Die SPÖ wolle vor der Wahl klarstellen, dass der Einsatz über 2010 hinaus verlängert werde – so sei der Unterschied zur ÖVP festzu­machen, sagte Faymann im gemeinsamen Pressefoyer mit Vizekanzler Josef Pröll (V) nach dem Ministerrat. (APA vom 11.5.2010)


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Wenn Institutionen wie das Bundesheer aus parteipolitischem Kalkül in sinnlose und überteuerte Einsätze geschickt werden, dann ist das eine vorsätzliche Missachtung der Verfassung und begründet den Verdacht des Amtsmissbrauchs.

Wenn aber darüber hinaus das Bundesheer im Assistenzeinsatz für die SPÖ miss­braucht wird, kündigt der Verteidigungsminister selbst einen wesentlichen Konsens der Zweiten Republik auf: dass das Militär ausschließlich das Instrument der Republik und niemals ein Instrument einer politischen Partei sein darf.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1. Wie viele Präsenzdiener sind bisher im Assistenzeinsatz an den österreichischen Ostgrenzen zum Einsatz gekommen?

2. Wie viele Präsenzdiener sind seit der Öffnung der Schengengrenzen 21.12.2007 im Assistenzeinsatz an den österreichischen Ostgrenzen zum Einsatz gekommen?

3. Wie viele gerichtlich strafbare Handlungen konnten durch Hinweise von assistenz­leistenden Soldaten seit diesem Zeitpunkt aufgeklärt werden?

4. Wie viele Präsenzdiener haben sich bisher während ihres Assistenzeinsatzes das Leben genommen?

5. Burgenländische Unternehmen haben ihre Sicherheitskräfte entlassen, weil deren Wachaufgaben durch Präsenzdiener wahrgenommen werden. Wie viele Arbeitsplätze sind auf diese Art und Weise im Burgenland verloren gegangen?

6. Sie haben gemeinsam mit dem Bundeskanzler eine weitere Verlängerung des Assis­tenzeinsatzes des Bundesheeres gefordert. Liegt für eine Assistenzleistung über das Jahr 2010 hinaus eine Anforderung durch die dafür zuständige Bundesministerin für In­neres vor?

7. Stellvertretend für den Generalstab hat sich Generalstabschef Entacher in einem Kurier-Interview in Bezug auf das Burgenland klar geäußert: „Ich hoffe, dass dort der Assistenzeinsatz mit Jahresende beendet werden kann.“ Warum wollen Sie gegen die Empfehlung Ihres Generalstabschefs den Assistenzeinsatz aufrecht erhalten?

8. Laut einem Bericht der Zeitung „Der Standard“ haben Sie erklärt, dass Sie den As­sistenzeinsatz aus „Rücklagen“ im Budget des Bundesministeriums für Landesverteidi­gung und Sport in Höhe von 140 Millionen Euro finanzieren könnten. Auf welche Weise haben Sie diese Rücklagen gebildet?

9. Wären Sie damit einverstanden, diese Rücklagen in das Budget des Innenministe­riums zu überführen, um dort zusätzliche ExekutivbeamtInnen für unterbesetzte Dienst­posten zu finanzieren?

10. Ihr Parteichef, Bundeskanzler Faymann hat erklärt, der Einsatz werde über 2010 hinaus verlängert, „um den Unterschied zur ÖVP festzumachen“. Warum hat das Bun­desheer im Burgenland die Aufgabe, den Unterschied zur ÖVP festzumachen?

11. Sie haben wiederholt – zuletzt in der Anfragebeantwortung 4815/AB vom 18.3.2010 – behauptet, dass der zusätzliche Aufwand für den Assistenzeinsatz 12 Millionen Euro jährlich betrage. Demgegenüber ermittelte der Rechnungshof einen Betrag für 2008 von 22,08 Millionen Euro und für 2009 in vergleichbarer Höhe. Die Differenz erklärten Sie wiederholt – auch in der genannten Anfragebeantwortung – damit, dass der Rech­nungshof auch Gehälter berücksichtige, die „ohnehin zu zahlen wären“. Diese Be­hauptung steht im Widerspruch zum Rechnungshofbericht, wo ausdrücklich auf Sei­te 23 festgehalten ist, dass die verrechneten Personalaufwendungen nicht die Grund­


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bezüge der Bediensteten umfassen. Wer beziffert hier die zusätzlichen Personalkosten falsch – der Rechnungshof oder Sie?

12. In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ vom 20.3.2009 werden Sie zitiert wie folgt: „Ich bin der Meinung, dass der Einsatz derzeit Sinn macht. Mir ist aber auch klar, dass er in der nächsten Zeit wird auslaufen müssen. Wir werden jetzt eva­luieren, ich erwarte dann den Vorschlag der Frau Innenminister. Sie muss für sich ent­scheiden, ob sie unsere Assistenz noch benötigt. Ich gebe aber offen zu, dass es mir aufgrund der budgetären Situation nicht so unrecht wäre, wenn das beendet werden könnte. Dann könnte man Geld in andere Bereiche umschichten.“ Rund ein Jahr später hat sich die Sicherheitslage im Burgenland nicht verändert. Verändert hat sich offenbar wahlkampfbedingt nur die Haltung des Ministers. Aus welchen Gründen treten Sie nun im Wahlkampf plötzlich für eine Verlängerung des Assistenzeinsatzes ein, obwohl Sie vor rund einem Jahr noch für dessen Beendigung waren und das Geld in andere Be­reiche umschichten wollten?

13. Nach Ansicht des Rechnungshofes dient der Assistenzeinsatz nicht der Sicherheit im Burgenland. Neben den Erklärungen Ihres Parteichefs deuten auch alle Fakten da­rauf hin, dass die Assistenzleistung ausschließlich einer Organisation dient: der SPÖ. Warum sind Sie bereit, das österreichische Bundesheer für den Wahlkampf Ihrer Partei zu missbrauchen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz als ers­tem Fragesteller zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.00.45

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister für Landesverteidigung, eingangs möchte ich Sie auf etwas hinweisen, was bei anderen Bundesministern eine Selbstverständlichkeit sein dürfte, bei Ihnen aber einer genaueren Erläuterung bedarf: Auch die Arbeit eines Bun­desministers für Landesverteidigung hat eine einzige Grundlage: Das ist die österrei­chische Bundesverfassung und das sind die geltenden österreichischen Gesetze! Das sage ich deshalb, weil Sie, und zwar nicht nur was den Assistenzeinsatz des österrei­chischen Bundesheeres betrifft, genau diese Grundlage in den letzten Jahren verlas­sen haben.

Ich zitiere Artikel 79 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes:

„Das Bundesheer ist (...) ferner bestimmt

1. auch über den Bereich der militärischen Landesverteidigung hinaus (...)

b) zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt;“

Und das wird im Wehrgesetz konkretisiert. Dort heißt es im § 2 Abs. 5 zum Assistenz­einsatz – ich zitiere wieder –:

„Zur Heranziehung des Bundesheeres zu Assistenzeinsätzen sind alle Behörden und Organe des Bundes (...) berechtigt, sofern sie eine ihnen zukommende Aufgabe (...) nur unter Mitwirkung des Bundesheeres erfüllen können.“

Das heißt, es ist ganz klar im Wehrgesetz: Nur wenn die österreichische Polizei, wenn die Polizei im Burgenland und in zwei Bezirken in Niederösterreich ihre Aufgabe ohne Hilfe


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des Bundesheeres nicht erfüllen kann, dann ist die Bundesministerin für Inneres bezie­hungsweise die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit berechtigt, einen Assistenzein­satz mit mehr als 100 Soldaten des Bundesheeres anzufordern. Lesen Sie nach in den Gesetzen!

Sie beziehungsweise – in diesem Fall – die Bundesministerin für Inneres muss zuerst einmal in der Bundesregierung beweisen, dass es ohne Bundesheer nicht geht.

Und dann heißt es ebenfalls im Wehrgesetz:

„Anlässlich jeder Anforderung des Bundesheeres zu einem Assistenzeinsatz sind an­zugeben

1. (...) und voraussichtliche Dauer eines solchen Einsatzes und“

Jetzt kommen wir zu den Fakten! Jetzt kommen wir zu Verfassungsbruch, zu Geset­zesbruch, zu öffentlicher Täuschung und zu einer Art von Populismus, wie er bisher nicht in der SPÖ, sondern ausschließlich in der Freiheitlichen Partei Österreichs be­kannt war. (Zwischenrufe bei FPÖ und SPÖ) – Ich beginne mit den Fakten. Ich begin­ne, Herr Kamerad von der SPÖ, mit den Fakten.

Am 11. Mai 2010 hat der Verteidigungsminister öffentlich erklärt – ich zitiere –:

„Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte“, (...) „Da­mit wird ein messbarer Beitrag zur Gewährleistung der Sicherheit in den grenznahen Räumen geleistet sowie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erhöht.“ (Demonstrati­ver Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde Ihnen später für diesen Zwischenapplaus noch ein Gedicht von Wolf Bier­mann widmen – erinnern Sie mich daran!

„Messbar“ – das ist der entscheidende Punkt. „Messbarer Beitrag“, sagt Norbert Dara­bos. Und ich sage: Stimmt, der Beitrag ist messbar. Kommen wir zur Messung!

Der Rechnungshof stellt fest – ich zitiere wieder –:

„Daraus ergab sich, dass die Einwohner des Burgenlandes weniger als halb so häufig von Vermögensdelikten betroffen waren wie der Durchschnitt der Einwohner Öster­reichs.“

Die erste Messung ergibt: Wenn es wo ein besonders geringes Kriminalitätsproblem gibt, dann ist es im Burgenland. Man soll es nicht verharmlosen, es gibt dort immer noch zu viele Einbrüche, noch immer zu viele Diebstähle, aber das ist die Hälfte des österrei­chischen Schnitts.

Schlussfolgerung Darabos: Nicht dort, wo wir die größten Probleme mit dem Verbre­chen haben, biete ich einen Assistenzeinsatz an, sondern dort, wo es am sichersten ist. (Abg. Kickl: Dort, wo die Grenze ist!)

Nächste Zahl. 2008: angezeigte Straftaten im Burgenland: 15 255, davon angezeigt im Rahmen des Assistenzeinsatzes: 40. – Das sind 2,6 Promille. Ich betone: 2,6 Promille! Nicht einmal 1 Prozent der Straftaten ist durch über 900 Präsenzdiener im Einsatzraum angezeigt worden!

Daraufhin wendet sich der Verteidigungsminister am 20. März 2009 wieder an die Öf­fentlichkeit und erklärt – ich zitiere Darabos –:

„Ich bin der Meinung, dass der Einsatz derzeit Sinn macht. Mir ist aber auch klar, dass er in der nächsten Zeit wird auslaufen müssen. Wir werden jetzt evaluieren, ich erwarte dann den Vorschlag der Frau Innenminister. Sie muss für sich entscheiden, ob sie un­sere Assistenz noch benötigt. Ich gebe aber offen zu, dass es mir aufgrund der bud­getären Situation nicht so unrecht wäre, wenn das beendet werden könnte. Dann könn­te man Geld in andere Bereiche umschichten.“


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Wie Sie wissen, ist ein Jahr später genau das Gegenteil der Fall. Der Verteidigungsmi­nister sagt: Nein, der Assistenzeinsatz muss bleiben, das vom März 2009 stimmt nicht mehr!

Also muss etwas passiert sein. Schauen wir nach, ob die Kriminalität im Burgenland ex­plodiert ist und nichts anderes mehr übrig bleibt, als die Soldaten weiterhin gegen die organisierte Kriminalität mit Sturmgewehren und ohne jede Befugnis loszuschicken.

2009: angezeigte Straftaten fast gleich, 15 460, davon durch Assistenzeinsatz ange­zeigt: 22. – Das sind 1,4 Promille. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist ja was!)

Herr Verteidigungsminister, die Zahlen haben sich nicht geändert. Die Kriminalität im Burgenland ist weiter rückläufig. Das Einzige, das sich geändert hat, ist, halb so viele Anzeigen durch einen gleichbleibenden Assistenzeinsatz: 1,4 Promille!

Der Rechnungshof nimmt das im Gegensatz zu Ihnen ernst und sagt – ich zitiere wieder –:

„Der RH hielt den Beitrag der Assistenzkräfte zur aktiven Bekämpfung von Kriminalität im Einsatzraum – mit jeweils unter 1 % gemessen an den angezeigten sowie aufge­klärten Straftaten – in Relation zum Ressourceneinsatz für überaus gering.“

Der Rechnungshof ist nobel. Der Rechnungshof drückt sich fein aus. Man kann es auch etwas deutlicher sagen: Der Beitrag ist lächerlich! Der Beitrag fällt nicht ins Ge­wicht. Würden Sie den Assistenzeinsatz heute beenden und würde morgen in der Früh kein einziger Präsenzdiener mehr mit dem Sturmgewehr im Burgenland auf und ab ge­hen, wäre die Einzige, die es merken würde, die burgenländische SPÖ. Und genau das ist der Punkt, und auf diesen Punkt kommen wir zurück.

Gibt es Alternativen? – Na selbstverständlich! Wenn Sie das durchrechnen – und das ist im Innenministerium gemacht worden –, kommen Sie drauf, dass Sie, um so viele Anzeigen zu erstatten, wie es ein einziger Polizist im Burgenland tut, 130 Assistenz leistende Soldaten brauchen. 130 Assistenz leistende Soldaten erstatten gleich viele Anzeigen wie ein einziger – nicht Kriminalpolizist! – Streifenpolizist im Burgenland!

Oder: Der Rechnungshof stellt fest – ich zitiere noch einmal –:

„Die gesamten personellen Mehraufwendungen entsprachen, auf ein Kalenderjahr ge­rechnet, den Personalkosten für insgesamt rd. 270 Exekutivbeamte.“

Eisenstadt und Eisenstadt-Umgebung haben derzeit 211 Exekutivbeamte. Sie könnten die Zahl der Exekutivbeamten inklusive Kriminalbeamten allein in Eisenstadt und Eisen­stadt-Umgebung mehr als verdoppeln, wenn Sie die Gelder für den Assistenzeinsatz wirklich für die Sicherheit im Burgenland verwenden würden. Der Rechnungshof sagt: Wir haben 22 Millionen € personelle Mehrkosten durch den Assistenzeinsatz pro Jahr, und das führt zu 22 Anzeigen.

Und jetzt, Herr Verteidigungsminister, bin ich mir sicher, ich überfordere Sie nicht. Was macht 22 durch 22 aus? – Eins. (Abg. Mag. Gaßner: Sehr witzig!) 1 Million € kostet eine einzige Anzeige aufgrund der Tätigkeit im Rahmen des Assistenzeinsatzes der SPÖ Burgenland oder des Bundesministeriums für Landesverteidigung – wie man ge­rade beliebt zu sagen.

22 Millionen? – Wissen Sie, dass das Budget des gesamten Bundeskriminalamtes 43 Millionen beträgt? Wissen Sie, dass man das gesamte Budget des Bundeskriminal­amtes, das das durchaus erfolgreiche Zentrum der Verbrechensbekämpfung in Öster­reich darstellt, mit diesem Geld um die Hälfte erhöhen und Hunderte zusätzliche Krimi­nalbeamte anstellen könnte? – Aber das will der Minister nicht wissen, weil ihn Sicher­heitspolitik als Sicherheitspolitik für die Menschen in Österreich nicht interessiert.

Herr Bundesminister, ich merke nur kurz an: Fünf Parteien in diesem Haus haben ge­meinsam Vorschläge für eine sehr, sehr sinnvolle Bundesheerreform erarbeitet. Sie ha­


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ben noch vor wenigen Wochen die Bundesheerreform im Nationalen Sicherheitsrat als großen Erfolg gefeiert. Eine Woche später haben Sie kleinlaut zugeben müssen, die Bundesheerreform sei am Ende. Sie haben sie zugrunde gewirtschaftet.

Sie haben gemeinsam mit Alfred Gusenbauer plakatiert: Konsequent gegen Eurofighter! „Sozialfighter“ statt Eurofighter, hat das geheißen. – Inzwischen haben Sie die Seite ge­wechselt, inzwischen sind Sie der wichtigste Eurofighter-Vertreter in Österreich, und in­zwischen scheuen Sie nicht davor zurück, offiziell als Verteidigungsminister mit öffentli­chen Erklärungen sogar angesichts der Arbeit der Staatsanwälte jeden Hinweis auf Euro­fighter-Korruption zu vertuschen. Ich frage mich schon lange: Warum vertuscht der ehe­malige Eurofighter-Gegner Darabos die Eurofighter-Korruption?

Und jetzt zum Assistenzeinsatz.

Der Generalstabschef sagt: Beenden wir den Assistenzeinsatz!

General Ségur-Cabanac, gestern im Fernsehen, sagt: Eigentlich könnte der Assistenz­einsatz dieses Jahr auslaufen.

Nur ein Einziger, gegen alle Soldaten, gegen jede Vernunft, sagt: Der Assistenzeinsatz muss weitergehen! – Und das ist der Verteidigungsminister, der oberste Parteisoldat des Bundesministeriums für Landesverteidigung.

Ich zitiere aus einer APA-Aussendung vom 11. Mai 2010:

„Bundeskanzler Werner Faymann (S) hat erstaunlich offen zugegeben, die Verlänge­rung des Bundesheer-Assistenzeinsatzes im Osten vor der burgenländischen Land­tagswahl Ende Mai fixieren zu wollen. Die SPÖ wolle vor der Wahl klarstellen, dass der Einsatz über 2010 hinaus verlängert werde – so sei der Unterschied zur ÖVP festzu­machen, sagte Faymann im gemeinsamen Pressefoyer mit Vizekanzler Josef Pröll (V) nach dem Ministerrat.“

Ein Assistenzeinsatz, um den „Unterschied zur ÖVP festzumachen“? (Abg. Kopf: Je­der auf seine Art!) Braucht die SPÖ die Assistenz des österreichischen Bundesheeres, um die Unterschiede zur Österreichischen Volkspartei herauszuarbeiten? Müssen Tau­sende Jungmänner mit Sturmgewehren im Burgenland unbefristet antreten, damit die SPÖ noch weiß, was sie von der Österreichischen Volkspartei unterscheidet? (Zwi­schenruf des Abg. Haberzettl.) Ist es wirklich so, dass bei Ihnen das Parteiwappen ein­mal die drei Pfeile waren, später zwischendurch die drei Golfschläger und Sie jetzt auf­treten mit dem Parteiwappen: die drei Sturmgewehre? Ist das wirklich das Erkennungs­merkmal der neuen SPÖ: die Sturmgewehre im Parteiwappen, der Assistenzeinsatz? (Heiterkeit bei ÖVP und BZÖ.)

Es gibt keinen Assistenzeinsatz für das Burgenland, es gibt keinen Assistenzeinsatz für das Innenministerium, es gibt nur einen Assistenzeinsatz für die burgenländische SPÖ! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.) Und das ist politisch unzu­lässig, eine ungeheure Geldverschwendung, verfassungswidrig und gesetzwidrig!

Jetzt argumentieren Bundeskanzler Faymann und Verteidigungsminister Darabos, es ginge um das Sicherheitsgefühl. Da stellt sich eine große politische Frage, die wir bis­her ausschließlich mit der FPÖ diskutiert haben. Und zwar: Wie geht die Politik mit Ängsten von Menschen um – Menschen, die sich sozial bedroht fühlen, die Angst ha­ben aufgrund schwindender Lebenschancen in der Wirtschaftskrise und die sich auch – nicht nur – von Kriminalität bedroht fühlen? Beutet die Politik diese Ängste aus, so wie es die Freiheitlichen durchaus eine Zeit lang erfolgreich vorexerziert haben, oder ver­sucht die Politik, Angst zu nehmen, zu überzeugen und für Alternativen zu gewinnen?

Viele in der SPÖ haben sich sehr lange gegen den Kurs der Freiheitlichen gewehrt und haben gesagt, oft auch gemeinsam mit uns: Wer Angst ausbeutet, der macht das Mie­


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seste, was man in der Politik machen kann, weil es eine Politik auf Kosten der Men­schen und ihrer Gefühle ist. (Abg. Kickl: Wie ist das bei Ihnen?) Aber genau das macht die SPÖ jetzt! Das Sicherheitsgefühl ist im Burgenland – und nicht nur im Bur­genland – die Schwester des gesunden Volksempfindens, und die SPÖ macht im Bur­genland längst eine Politik des gesunden Volksempfindens. (Abg. Kickl: Was machen Sie bei der Atomkraft?)

Woraus besteht in der österreichischen Innenpolitik das gesunde Volksempfinden? – Aus Ausbeutung der Kriminalitätsangst und aus Ausbeutung der Fremdenangst. (Abg. Ing. Hofer: Angst vor dem Klimawandel!)

Was ist in Eberau passiert? – Es war nicht die Freiheitliche Partei, die gesagt hat: Füh­ren wir eine Volksbefragung über Asyl durch! Jeder, der Politik versteht, weiß, wenn über Erstaufnahmezentren für AsylwerberInnen einmal abgestimmt wird, dann wird es nirgends ein Erstaufnahmezentrum geben. (Abg. Kickl: Wir brauchen auch nirgends eines!) Und dann wird das Asylrecht in Österreich ein Recht auf dem Papier bleiben, denn wenn es kein Aufnahmezentrum gibt, dann können Asylwerberinnen und Asyl­werber schlicht und einfach nicht aufgenommen werden. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie waren das, die mit diesem Kurs angefan­gen haben, und Sie waren das, die Fremdenangst im Burgenland ausgebeutet haben, um daraus politischen Profit zu schlagen. Und Sie sind in diesem Punkt inzwischen um nichts besser als die Freiheitliche Partei und ihre politische Führung!

Und jetzt gehen Sie ein zweites Mal her, beuten Ängste aus und sagen: Kriminalitäts­angst! Wir wissen zwar eh, dass es nichts nützt, wir wissen zwar eh, dass der Assis­tenzeinsatz unsinnig ist! Eigentlich will ich, der Verteidigungsminister, ihn eh schon längst beenden, aber jetzt haben wir Wahlkampf und jetzt beuten wir die Ängste aus! Und jetzt reden wir von einer Kriminalität, die es in dieser Form vielleicht in ein paar Wiener Bezirken, aber mit Sicherheit nirgends im Burgenland gibt, und jetzt sagen wir, unsere Soldaten müssen aufmarschieren, damit das Sicherheitsgefühl gestärkt wird!

Das Sicherheitsgefühl – nicht die Sicherheit, Herr Magister Darabos! Ich betone: das Sicherheitsgefühl! Der Niessl-Darabos-Kurs ist der Kurs, der der SPÖ den Weg in Rich­tung Freiheitliche weist.

Wir sehen das schon in Niederösterreich, und zwar sehen wir auf Gemeindeebene, dass immer mehr Schamgrenzen fallen und es immer mehr rot-blaue Koalitionen – jetzt einmal unten – gibt (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer – Abg. Mag. Lapp: Und in Wien? Das ist ja lächerlich!), aber wesentlich ist – und das wird eine Richtungsent­scheidung für die SPÖ –, ob das von der burgenländischen Landesebene, wo das Mal­heur schon passiert ist und wo sich die burgenländische SPÖ entschieden hat, einen freiheitlichen Kurs zu gehen, auch auf Bundesebene so weitergeht oder ob es auf Bun­desebene noch Mehrheiten in der SPÖ gegen den Niessl-Darabos-Kurs und damit ge­gen den halb-freiheitlichen Kurs gibt. Das wird die spannende Frage, und das wird auch die spannende Frage bei den burgenländischen Wahlen!

Herr Verteidigungsminister, mit Ihrem Assistenzeinsatz machen Sie ja noch etwas Wei­teres: Sie unterstellen der burgenländischen Bevölkerung, nichts von Sicherheit zu ver­stehen und auf den Schwindel mit dem Assistenzeinsatz hereinzufallen. Sie spekulie­ren mit den Ängsten und mit der Uninformiertheit der Bevölkerung. Sie halten die Men­schen für wesentlich dümmer, als sie sind. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.) Wichtig wird es sein, bei den burgenländischen Wahlen möglichst viele Menschen darauf auf­merksam zu machen, dass freiheitliche Politik (Zwischenruf der Abg. Silhavy), egal, ob sie von der FPÖ oder von der SPÖ durchgeführt wird, auch im Burgenland nicht mehr­heitsfähig sein soll und nicht mehrheitsfähig sein darf. (Beifall bei den Grünen.)


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Meine Damen und Herren, insbesondere jene von der SPÖ! Ja, es geht um Sicherheit im Burgenland. Und zwar: Es geht um sichere Arbeitsplätze. Es geht um eine sichere Ausbildung. Es geht um sichere Pensionen. Und es geht um Sicherheit in der Umwelt – das ist gerade im Burgenland ein ganz großes Problem; darüber werden wir heute noch reden. Aber das Einzige, worum es nicht geht, ist Sicherheit durch bewaffnete Soldaten ohne jede Befugnis anstelle durch gut qualifizierte Kriminalpolizisten und Kri­minalpolizistinnen.

Herr Bundesminister, Sie haben das Bundesheer zugrunde gerichtet, Sie haben der Si­cherheitspolitik enorm geschadet, Sie haben alles falsch gemacht, was man in der Si­cherheitspolitik falsch machen kann!

Der zweite Schritt, Herr Verteidigungsminister, wird eine Totalreform des Bundeshee­res sein: mit der Abschaffung der schweren Waffen, mit der Abschaffung der Wehr­pflicht, mit der Abbestellung der Eurofighter und mit dem Schaffen kleiner, hochqualifi­zierter Einheiten für internationale UNO-Einsätze, so, wie wir es in der Bundesheerre­formkommission wollten.

Aber der erste Schritt wird ein ganz anderer sein. Und Ihr Rücktritt, Herr Verteidigungs­minister, ist die Voraussetzung für zweierlei: zum Ersten, dass es auch im Bundesmi­nisterium für Landesverteidigung wieder eine ernsthafte und seriöse Sicherheitspolitik gibt, und zum Zweiten, dass die Sozialdemokratische Partei zumindest über das Bur­genland hinaus zu keiner zweiten Freiheitlichen Partei wird.

Deshalb stellen wir heute diesen Misstrauensantrag, und deswegen weisen wir in die­ser Debatte darauf hin, dass nicht nur der Missbrauch des Bundesheeres durch eine politische Partei, sondern auch die „Verfreiheitlichung“ der SPÖ (Heiterkeit bei der FPÖ) dringend politische Grenzen braucht – und diese Grenzen sollen bei der Land­tagswahl in 14 Tagen gesetzt werden! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Silhavy: Das war ja nicht einmal heiße Luft! So etwas Schwaches! Schwachsinn!)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


15.20.59

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Pilz, wenn Sie von seriöser und ernsthafter Sicherheitspolitik sprechen – ich weiß nicht, ob Sie da eine große Mehrheit in Österreich finden, die Ihnen das abnimmt. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

Ich könnte Ihnen viele Beispiele nennen, wo Sie sicherheitspolitisch agieren: bei der Abschaffung des Bundesheeres, die Sie schon gefordert haben, angefangen, bis zu vielen anderen Maßnahmen. Sie versuchen, dieses System auch von innen her auszu­höhlen, insofern kann Ihre Kritik nur an mir abprallen. Das sage ich Ihnen am Beginn meiner Wortmeldung ganz offen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber auch ganz offen am Beginn sagen: Ich lasse mir von Ihnen nicht gefal­len, dass Sie mir Vertuschung in der Eurofighter-Frage vorwerfen. Das ist einfach de­mokratiepolitisch skandalös. Sie wissen genau, auf welcher Seite ich gestanden bin. Ich habe jetzt ein Ministerium zu führen, das die Luftraumüberwachung in Österreich zu sichern hat, und ich werde sie mit diesem Fluggerät sichern. Wir haben dieses Flug­gerät gekauft, 15 Stück, nicht 18 Stück, wie es vorgeschlagen wurde von der schwarz-blauen Regierung, und Sie können davon ausgehen, dass ich sauber bin. Diese pau­senlosen Anschüttungen Ihrerseits gegen meine Person in dieser Frage, das trifft mich


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wirklich persönlich, das muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie Rufe: Er kann es nicht anders!)

Jetzt zum Thema. Sie haben eigentlich mit dem ersten Satz, den Sie hier gesprochen ha­ben, schon die Antwort gegeben. Ich berufe mich auch auf § 79 der Bundesverfassung und auf § 2 des Wehrgesetzes. Genau dadurch ist der Assistenzeinsatz verfassungs­mäßig abgesichert.

Herr Abgeordneter Pilz, sagen Sie mir bitte ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtsho­fes seit 1990, das zum Ausdruck gebracht hätte, dass dieser Einsatz verfassungswidrig war! (Ruf bei der SPÖ: Gibt es keines!) Es gibt keines – richtig! Seit 1990 gibt es kei­nes. Damit ist dieser Einsatz verfassungsmäßig, und er ist vom Ministerrat abgeseg­net, er ist vom Hauptausschuss abgesegnet, er ist vom Parlament abgesegnet, er wird von den Menschen gewünscht. Ihre pausenlosen Anschüttungen in Richtung Verfas­sungswidrigkeit entbehren ebenfalls jeder Grundlage. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich sehe es als meine Aufgabe, in Assistenz – wie schon der Name „Assistenzeinsatz“ sagt –, in Assistenz, gemeinsam mit der Frau Innenmi­nisterin Fekter, die gemeinsam mit mir den Ministerratsvortrag eingebracht hat, der dann auch in der Regierung einstimmig verabschiedet worden ist, für mehr Sicherheit in Österreich zu sorgen.

Es ehrt mich, dass Sie heute gegen mich einen Misstrauensantrag einbringen. Es ehrt mich wirklich, denn es beweist, dass wir für mehr Sicherheit stehen und Sie für weniger Sicherheit stehen. Auch das sollte den Menschen in Österreich bewusst sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die berechtigte Frage gestellt: Wie geht die Politik mit den Ängsten der Men­schen um? – Die Regierung geht verantwortungsvoll mit den Ängsten der Menschen um. Sie nimmt die Ängste der Menschen ernst und reagiert auf diese Ängste, und des­halb haben wir auch diesem Assistenzeinsatz zugestimmt und wollen ihn auch weiter­führen.

Ich sage Ihnen ganz offen: Sie sprechen mit dem Misstrauensantrag gegenüber meiner Person nicht nur mir das Misstrauen aus, sondern Sie sprechen damit auch gegenüber der österreichischen Bevölkerung das Misstrauen aus, die mehrheitlich gegen Ihren Vorschlag ist – und damit für den Assistenzeinsatz in Burgenland und in Nieder­österreich ist, und zwar mit über 80 Prozent Zustimmung. Sagen Sie mir eine politische Maßnahme in Österreich in den letzten Jahren, die eine derart qualitätsvolle und hohe Zustimmung hat wie dieser Assistenzeinsatz!

Meine Aufgabe als Politiker ist es, mit den Menschen Politik zu machen und nicht ge­gen die Menschen Politik zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen noch eines – Sie haben das wahrscheinlich wohlweislich heute vermie­den, weil Sie möglicherweise in sich gegangen sind und auch zur Ansicht gekommen sind, dass das ein schlechter Vergleich war –: Der Vergleich mit 1934 ist aus meiner Sicht skandalös! Sie wissen, was 1934 vorgefallen ist: Die Demokratie wurde abge­schafft in Österreich. Und den Assistenzeinsatz mit der Abschaffung der Demokratie in Österreich zu vergleichen – von einem grünen Politiker hätte ich mir das nicht erwartet! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Rücktrittsreif!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres ist seit 1990 eine Erfolgsgeschichte. Ihre Argumente, die Sie heute ge­bracht haben, sind nicht seriös. Sie verwechseln hier Äpfel mit Birnen. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesheeres, Anzeigen zu erstatten. Es ist Aufgabe des Bundesheeres, Augen und Ohren für die Polizei zu sein. Und ich sage Ihnen, wie diese Augen und Oh­ren für die Polizei in der Praxis arbeiten.


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Wir haben seit dem Jahre 2008 2 400 Maßnahmen mit dem österreichischen Bundes­heer gesetzt. Wir haben in über 1 800 Fällen die Polizei alarmiert. Wir wurden in 330 Fäl­len von der Polizei beigezogen. Wir wurden in 63 Fällen erfolgreich beigezogen, wenn es um lebensrettende Maßnahmen in der Bevölkerung gegangen ist. Wir wurden bei über 50 Unfällen beigezogen und haben dort Hilfe geleistet. Wir haben 26 Brandmeldungen abgegeben. Wir haben auch Banküberfälle, Bankomatsprengungen verhindert.

Wenn Sie meinen, das ist keine sicherheitspolitische Leistung, dann bleibt das Ihnen überlassen. Ich halte es für eine wichtige sicherheitspolitische Leistung in der Ostre­gion. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte an dieser Stelle zum wiederholten Male klarstellen, weil Sie auch Journa­listen mit dieser Information immer wieder füttern: Es ist nicht mehr die Aufgabe des österreichischen Bundesheeres, Illegale aufzugreifen. Das war die Aufgabe zwischen 1990 und 2007. Jetzt ist es eine sicherheitspolitische Assistenzmaßnahme, Augen und Ohren der Polizei zu sein – und dieser Aufgabe kommen wir, wie ich gerade ausgeführt habe, erfolgreich nach.

Wir machen das – das war die Anforderung der Innenministerin –, weil die Polizei auf­grund der zu geringen Zahl an Polizisten in der Ostregion das nicht machen kann. Wir sind Streife und zeigen Präsenz.

Und wenn immer wieder behauptet wird, dass die Kriminalitätsrate in Burgenland ohne­hin nicht hoch sei, dann sage ich: Ja, die Ostregion ist sicherer geworden, weil es den Assistenzeinsatz gibt! (Abg. Öllinger: Aber geh, bitte!) Damit ist der Beweis für die prä­ventive Wirkung dieses Assistenzeinsatzes und für die Abschreckung von Kriminellen erbracht. Und das ist doch eine Erfolgsgeschichte – oder würden Sie meinen, nein? (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Rechnungshofkritik: Der Rechnungshof ist ein ganz wichtiges Kontrollorgan. Keine Frage! Ich bin nur der Meinung, dass er in militärpolitischen und strategischen Fragen nicht die Kompetenz besitzt – und er kann keinen militärischen Einsatz prüfen. Das ist eine politische Entscheidung, zu der ich stehe. Ich stelle mich auch der Rechnungshof­kritik, aber ich weiß da die große Mehrheit der Bevölkerung hinter mir. Der Rechnungs­hof hat keine militärische Expertise abgegeben, sondern er hat eine wirtschaftliche Ex­pertise abgegeben, wie er auch beim Heeresspital in Stammersdorf eine abgegeben hat, wo er gemeint hat, dieses Spital sei zu wenig ausgelastet. Da muss man sich fra­gen: Brauchen wir so ein Spital? Man kann über alles diskutieren. Ich bin der Meinung, wir brauchen es, für Krisenfälle, für Katastrophenfälle, und deswegen stehen wir dazu, auch wenn der Rechnungshof das kritisiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte ganz entschieden den Begriff Wahlkampfhilfe zurückweisen. Diese Unter­stellung ist völlig an den Haaren herbeigezogen! Die Frau Innenministerin hat mit mir gemeinsam diesen Antrag im Ministerrat eingebracht, und in Niederösterreich ist dieser Einsatz genauso erfolgreich wie im Burgenland. Ich darf an dieser Stelle die „Niederös­terreichischen Nachrichten“ vom April dieses Jahres zitieren:

Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, dass ihr der Staat zur Seite steht, wenn es da­rum geht, die Sicherheit zu gewährleisten, betonte Landeshauptmann Erwin Pröll die Wichtigkeit des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres an der Grenze. – So weit der bekennende „rote“ Erwin Pröll.

Dieser Assistenzeinsatz ist keine Wahlkampfhilfe für die SPÖ, sondern ein Instrument der Republik Österreich. Die von Ihrer Seite immer wieder behauptete Verfassungswid­rigkeit habe ich schon angesprochen, die kann ich nirgends erkennen.

Ich möchte einen weiteren Aspekt einbringen. Und zwar: Wenn Sie die heutige Ausga­be der „Kronen Zeitung“ gelesen haben, dann werden Sie sicherlich den Kommentar von


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Kurt Seinitz gelesen haben, der ungarische Politiker zitiert, die über den Einsatz des ös­terreichischen Bundesheeres vor der Grenze Ungarns, wo man immer gesagt hat, es sei ein Problem, wenn wir vor der Grenze Ungarns tätig sind, sagen – ich zitiere –:

„,Eine solche Idee hätte uns in Ungarn viel früher einfallen sollen. Dann hätten wir uns ein großes Problem erspart.‘“

Und weiter heißt es: „Das Problem hat einen Namen: ,Magyar Gárda‘. Sie entstand durch das Schutzbedürfnis der Menschen besonders in ländlichen Gebieten, die aus den be­kannten Gründen um ihre Sicherheit bangen. Und aus anfänglichen Selbstschutzgrup­pen hat sich ein faschistoides Monster entwickelt, eine in Europa einzigartige, unifor­mierte Partei-Armee.“

Ich denke, Sie wollen das auch nicht, Herr Abgeordneter Pilz.

Dies hätte vermieden werden können, so Seinitz weiter, wenn die frühere ungarische „Regierung nicht die Sorgen der Menschen ignoriert“ und zur Kenntnis genommen hät­te, „dass es einen Unterschied gibt zwischen einer möglicherweise gar nicht existieren­den Sicherheitsbedrohung und einem“ empfundenen „Unsicherheitsgefühl“. Und heute heißt es in Budapest selbstkritisch: „Die Politik muss sich danach richten, was die Men­schen fühlen, und nicht, was Statistiken aussagen. Man darf Extremisten nicht die Mög­lichkeit bieten, sich als Schutzmacht aufzuspielen.“

Ich glaube, das sagt eigentlich alles.

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Ich bekenne mich zum Assistenzeinsatz des österreichischen Bundesheeres. Die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres sorgen mit ihrem Einsatz für mehr objektive und subjektive Sicherheit. Sie dienen nicht nur als Abschreckung gegen Verbrecher, sondern verhindern auch zahl­reich aktiv Verbrechen.

Politik ist dazu da, Maßnahmen für und nicht gegen die Bevölkerung zu setzen. Und Sie von den Grünen sorgen für Verunsicherung in der Bevölkerung. Mein Anliegen ist es, den Menschen Sicherheit zu geben und für Sicherheit zu sorgen.

Im Übrigen möchte ich Ihnen sagen, dass dieser Assistenzeinsatz 0,5 Prozent des ös­terreichischen Bundesheerbudgets ausmacht.

Im Einzelnen darf ich Ihre Fragen wie folgt beantworten:

Zu den Fragen 1 und 2:

Zum Schutz der Bevölkerung an der Ostgrenze wurden bis 20. Dezember 2007 258 907 Chargen und Rekruten eingesetzt, seit dem 22. Dezember 2007 bis dato 8 533.

Zur Frage 3:

Eigentlich betrifft das nicht den Gegenstand meines Ressorts, ich halte aber fest: Seit Beginn des Assistenzeinsatzes wurden über 90 000 illegale Grenzgänger aufgegriffen, und seit dem 20. Dezember 2007 wurden rund 2 400 Sicherheitsmaßnahmen vom ös­terreichischen Bundesheer gesetzt.

Zur Frage 4: Zwei.

Zur Frage 5:

Auch das ist eigentlich nicht Gegenstand meines Ressorts, ich halte aber fest: Die In­dustriellenvereinigung, keine Vorfeldorganisation der Sozialdemokratie, die Wirtschafts­kammer Burgenland und renommierte burgenländische Sicherheitsfirmen werten diese Behauptung, die Sie in den Raum stellen, als falsch ein.

Im Übrigen hat es im Burgenland noch nie so viele Arbeitsplätze gegeben wie jetzt.

Zur Frage 6: Nein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 139

Zur Frage 7:

Das Bundesheer erfüllt seinen verfassungsmäßigen Auftrag zum Wohle der Bevölke­rung.

Zur Frage 8 – da geht es um die Rücklagen –:

Das neue Budgetrecht macht eine mittel- und langfristige Budgetplanung mit Rückla­genbildungen möglich. Es ist mir wichtig, auch in Zukunft gezielte Investitionen vorneh­men zu können, um die Truppe zu stärken. Zusammengefasst kann ich sagen, es wur­de besonders effizient gearbeitet und gespart, um wichtige und notwendige Projekte ver­wirklichen zu können.

Zur Frage 9: Nein.

Zur Frage 10:

Das betrifft nicht den Gegenstand meines Ressorts und der Vollziehung meines Res­sorts. Ich mache aber hier keinen Unterschied fest, wie Sie hier behaupten.

Zur Frage 11:

Die Zusatzkosten für den Assistenzeinsatz – hier geht es immer um die Zusatzkosten – sind mit rund 12 Millionen € nicht nur veranschlagt, sondern auch nachprüfbar.

Zur Frage 12:

Ich bin immer zum Assistenzeinsatz gestanden. Das von Ihnen zitierte Interview – heu­te auch in der Rede – stammt aus dem März 2009. Wir haben den Evaluierungspro­zess im Herbst des Jahres 2009 vorgenommen, und dieser Evaluierungsprozess hat eben ergeben, dass wir diesen Assistenzeinsatz weiter brauchen – nicht nur deshalb, weil 80 bis 85 Prozent der Bevölkerung, je nach Region, zu diesem Assistenzeinsatz stehen, sondern auch nach objektiven Kriterien des Innenministeriums. Insofern ist es klar, dass ich nach wie vor zu diesem Assistenzeinsatz stehe.

Zur Frage 13:

Das Bundesheer erfüllt in Niederösterreich und im Burgenland den verfassungsmäßi­gen Auftrag zum Schutz der Bevölkerung. – Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Ich stelle die Uhr auf 10 Minu­ten. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt könnt ihr euch aber bemühen, denn bis jetzt war nicht viel los!)

 


15.35.46

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, das war eine schwache, eine enttäuschende Vorstel­lung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das war eine enttäuschende Vorstellung deshalb, weil sie leider in Ihr mittlerweile übliches Schema passt, Fragen nicht zu beantworten. (Bundesminister Mag. Darabos: Ich habe alle Fragen beantwortet!)

Das werfe ich Ihnen bei dieser Gelegenheit auch vor – und das betrifft jetzt nicht nur das Thema dieser Dringlichen Anfrage –, dass Sie derjenige Minister unter vielen Mi­nistern sind, die überhaupt keine Antworten mehr geben, wenn man ihnen parlamen­


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tarische Anfragen stellt. Sie wissen genau, wovon ich spreche, weil es auch schon mehrmals releviert wurde, in der Präsidiale, quer durch das Parlament, betrifft alle Frak­tionen oder fast alle Fraktionen.

Das ist aber noch immer nicht der Punkt, das ist mir schon klar, und ich möchte auch differenzieren, Herr Bundesminister. Zu Beginn Ihrer Amtszeit ist es mir ähnlich gegan­gen wie dem Kollegen Pilz. Ich habe durchaus auch Hoffnung in Sie gesetzt, dass Sie Punkte wie etwa den Eurofighter-Skandal, die Anschaffung der Eurofighter, alles, was damit verbunden ist, aufklären. Das ist auch nicht das Thema von heute.

Ich gestehe Ihnen zu in Ihrer Amtsführung, dass Sie als Sportminister anders arbeiten denn als Verteidigungsminister. Nur, jetzt diskutieren wir nicht über den Sportminister Darabos und seine durchaus erfreulichen Ergebnisse bei der Aufklärung bestimmter Skandale oder beim Anstoßen, dass dies geschieht, sondern jetzt diskutieren wir über den Verteidigungsminister Darabos, und zwar in einer sehr spezifischen Rolle. Und wir diskutieren hier über eine Anfragebeantwortung, und ich zeige Ihnen anhand von zwei Punkten, Herr Bundesminister, wie Sie Fragen beantworten; und das gilt für die Kolle­ginnen und Kollegen der Sozialdemokratischen Partei im Besonderen. Sie können das nachvollziehen.

Die Frage 3 war: „Wie viele gerichtlich strafbare Handlungen konnten durch Hinweise von assistenzleistenden Soldaten seit diesem Zeitpunkt aufgeklärt werden?“

Die Antwort war: Es hat rund 2 400 Sicherheitshinweise gegeben.

Sicherheitshinweise sind keine gerichtlich strafbaren Handlungen. Das weiß der Herr Bundesminister. Er versucht natürlich mit den „Sicherheitshinweisen“, die ja ein Vielfa­ches von gerichtlich verfolgbaren oder strafbaren Handlungen darstellen, den Eindruck zu erwecken, dass hier ein besonders aktives Bundesheer unterwegs sei.

Ich nehme die nächste Frage: „Wie viele Präsenzdiener haben sich bisher während ih­res Assistenzeinsatzes das Leben genommen?“ (Bundesminister Mag. Darabos: Habe ich gesagt: Zwei!) – Wo war Ihre Antwort? (Bundesminister Mag. Darabos: Zwei, habe ich gesagt! Zwei!) Ich habe sie nicht gehört! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich lese Ihnen, Herr Bundesminister, auch dieses Thema betreffend, vor, wie Sie mit Rechnungshofkritik umgehen. Der Rechnungshof versteht sich möglicherweise in wirt­schaftlichen Zahlen, sagen Sie, obwohl Sie die wirtschaftlichen Zahlen des Rech­nungshofes bestreiten. Also Sie bestreiten eigentlich, dass der Rechnungshof in wirt­schaftlichen Zahlen eine Kompetenz hat. Der Rechnungshof errechnet nämlich andere Ergebnisse für die jährlichen Kosten als das Bundesministerium.

Jetzt sage ich Ihnen, was der Rechnungshof schreibt: Mit dem Assistenzeinsatz war neben einem Verlust von Ausbildungsinhalten für Grundwehrdiener eine Beeinträchti­gung der militärischen Führungsfähigkeit und Routine sowie der Motivation der Kader­soldaten verbunden.

Der Rechnungshof führt das aus, und das ist auch ein effektives Problem. Sie wissen alle so gut wie ich, dass im Rechnungshofbericht sehr wohl ausgeführt wird, dass die Grundausbildung der Soldaten, die zum Assistenzeinsatz verpflichtet werden, nicht ab­geschlossen werden kann. Die Grundausbildung kann nicht abgeschlossen werden. Das heißt, das Bundesheer bildet Soldaten unvollständig aus. Das ist dem Assistenz­einsatz im Burgenland geschuldet.

Das Bundesheer schickt 19-jährige, 20-jährige Menschen ins Burgenland, die nicht wissen, wozu sie diesen Einsatz ausführen (Abg. Steier: Das glaubst ja selber nicht!), die oft in tiefe Krisen kommen aufgrund dessen, was sich im Burgenland oder auch in Niederösterreich – jenseits der Suizide – immer wieder im Alltag dieser jungen Men­schen abspielt. Sie wissen es nicht, und es ist auch verständlich, dass sie es nicht wis­


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sen, weil es mittlerweile tatsächlich keinen Grund gibt, diesen Assistenzeinsatz so be­ziehungsweise überhaupt zu vollziehen, wie Sie das behaupten.

Wissen Sie, Herr Bundesminister – und ich glaube, das war ein hohes Gut bei der So­zialdemokratie, ich sehe es nicht mehr –, es war durchaus noch Tradition vor wenigen Jahren, dass die Sozialdemokratie – ich erinnere nur daran – zwischen polizeilichen Aufgaben und militärischen Aufgaben einen ganz wichtigen Trennstrich gezogen hat, und auch wir ziehen diesen Trennstrich. Sie machen diesen Trennstrich nicht mehr. Sie sagen, militärische Aufgaben wie der Assistenzeinsatz im Burgenland sind nützli­che polizeiliche Aufgaben. – Das kenne ich von der Sozialdemokratie anders. Es macht einen Unterschied aus, ob ein Militär polizeiliche Arbeit leistet oder ob die Poli­zei, die dafür ausgebildet ist, polizeiliche Arbeit leistet.

Kollege Pilz hat darauf hingewiesen, dass wir im Burgenland Polizeikräfte in einem nicht unerheblich höheren Ausmaß, was die Quote des Personaleinsatzes betrifft, als im Rest des Bundesgebietes haben. All das ist bekannt. Kollege Pilz und auch der Rechnungshof haben darauf hingewiesen, dass es im Burgenland eine unterdurch­schnittliche Kriminalität, gemessen an den anderen Bundesländern, gibt. Der Rech­nungshof und Kollege Pilz haben darauf hingewiesen, dass es in allen Bundesländern einen Rückgang der Kriminalität gibt. Nur Minister Darabos behauptet, dieser Rück­gang im Burgenland und in Niederösterreich sei dem Assistenzeinsatz geschuldet. – Stimmt nicht, das ist schon wieder eine Unwahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

In allen Bundesländern, unabhängig davon, ob dort irgendwo ein Bundesheersoldat auf der Straße auftaucht, ist es zu einem Rückgang der Kriminalität gekommen.

Jetzt können Sie natürlich sagen, die Zahlen stimmen alle nicht, aber das ist dann Ihr Problem und nicht das der uns vorliegenden Statistik. Auf jeden Fall ist die Argumen­tation des Bundesministers falsch. Sie wissen das, Herr Bundesminister!

Es ist kein Zufall, dass Sie damit argumentieren, das Bundesheer habe in Niederöster­reich oder im Burgenland irgendwelche Panzerknackerbanden, die in Banken einbre­chen wollten, gestellt. – Entschuldigung, das mag sogar sein, aber diese Banden gibt es im restlichen Bundesgebiet auch, und es ist Aufgabe der Polizei, damit fertig zu wer­den, und nicht Aufgabe des Bundesheeres. Oder stellen wir in Zukunft vor jede Bank­filiale einen Panzer, damit niemand mehr mit Hilfe von Panzerknackerbanden einbre­chen kann? Das ist doch absurd und grotesk, zu welcher Argumentation Sie sich ver­steigen, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen.)

Was ich aber für besonders bedenklich und überdenkbar halte, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Verweis auf Ungarn. In Ungarn gibt es rechtsextreme Gar­den, wir wissen es, und der Herr Bundesminister sagt, damit so etwas nicht in Österreich geschieht, lassen wir im Burgenland und in Niederösterreich ein paar Bundesheersol­daten durch die Gegend marschieren. Damit sozusagen – angedeutet – nicht Freiheitli­che oder sonst irgendjemand Bürgerwehren auf die Straße schicken, übernehmen wir den Job im Burgenland und in Teilen Niederösterreichs und setzen Bundesheersolda­ten ein, um so die rechtsextremen Bürgerwehren zu verhindern. – Entschuldigung, aber geht’s noch tiefer? Geht’s noch tiefer in der Auseinandersetzung mit rechtsextre­mer Position, mit rechtsextremen Haltungen? Wundern Sie sich, dass in dieser Debatte genau bei diesem Punkt und bei anderen Punkten der Applaus seitens der Freiheitli­chen und der SPÖ sehr stark war, während der Applaus beim Rest des Hauses aus­blieb? Geht Ihnen da ein Licht auf?

Geht Ihnen überhaupt ein Licht auf, Herr Bundesminister beziehungsweise werte Kolle­ginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei, wenn Sie den Begriff „Si­cherheit“ nur mehr mit militärischer, nicht mehr mit polizeilicher und schon gar nicht mehr mit sozialer Sicherheit assoziieren? Wissen Sie, dass ausgerechnet das Burgen­


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land jenes Bundesland ist, das im Bereich Sozialhilfe die geringsten Mittel ausgibt? Wissen Sie, unabhängig von den Zahlen, die der Herr Bundesminister vorlegt – 12 Mil­lionen € für den Assistenzeinsatz, 20 Millionen €, wie der Rechnungshof behauptet –, wie hoch die Ausgaben für soziale Sicherheit, nämlich für Sozialhilfe, im Burgenland sind? – 1,5 Millionen €. Das ist ein Zehntel dessen, was für den Assistenzeinsatz aus­gegeben wird! Also ein größeres Scherbengericht für das, was Sie unter Sicherheit ver­stehen, als die Ausgaben für soziale Sicherheit im Bereich Burgenland ist nicht vorstell­bar. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Silhavy: Das ist aber ein schlechter Vergleich! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich auch noch folgenden An­trag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird im Sinne des Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen versagt.“

*****

Ich muss sagen, Sie haben es verdient.

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Sie haben bereits ordentlich überzogen.

(Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Öllinger.)

Der Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

eingebracht im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage der Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde betreffend „Parteipolitik und Assistenzeinsatz“

Mit dem Rechnungshofbericht 2010/4 wurde der Assistenzeinsatz im Grenzraum im Osten geprüft. Die Ergebnisse waren eindeutig: Der Beitrag des Assistenzeinsatzes zur aktiven Bekämpfung der Kriminalität im Einsatzraum wurde als „überaus gering“ bewertet. Im Vergleich mit anderen Grenzregionen, in denen kein Assistenzeinsatz durchgeführt wird, konnten keine Unterschiede in der Kriminalitätsentwicklung festge­stellt werden. Kritisiert wurden auch Gehaltszulagen in doppelter Höhe der Bezüge der eingesetzten BerufssoldatInnen, und durch Einsatz überqualifizierter Personen verur­sachte Kosten in Millionenhöhe.

Aus den zusätzlichen Aufwendungen für den Assistenzeinsatz könnten nach Berech­nung des Rechnungshofes die Gehälter von 270 ExekutivbeamtInnen finanziert wer­den. Zum Vergleich: das wären mehr PolizistInnen, als derzeit in den Bezirken Eisen­stadt und Eisenstadt-Umgebung im Einsatz sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 143

Obwohl die Wirkungslosigkeit und Zwecklosigkeit des Assistenzeinsatz somit (neuer­lich) objektiv nachgewiesen wurde, beharrt der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport auf einer Fortführung dieses Einsatzes. Die Kosten dafür möchte er nach Medienberichten aus „Rücklagen von 140 Millionen Euro“ decken, welche er in den letzten beiden Jahren aus dem Verteidigungsbudget gebildet habe. Das ist angesichts der allgemein bekannten Budgetknappheit im Bundesheer, die unter anderem zu un­haltbaren baulichen und hygienischen Zuständen in zahlreichen Soldatenunterkünften geführt hat, ein verantwortungsloser Umgang mit den Mitteln des Ressorts.

Aus den in der dringlichen Anfrage zitierten Aussagen des Bundesministers sowie des Bundeskanzlers wird deutlich, dass der eigentliche Zweck der angestrebten Fortfüh­rung des Assistenzeinsatzes die Unterstützung des Landtagswahlkampfes der burgen­ländischen SPÖ ist. Der Bundesminister für Landesverteidigung missbraucht damit sei­ne Position und das österreichische Bundesheer für parteipolitische Zwecke.

Eine derartige Handlungsweise ist in der Geschichte der österreichischen Republik na­hezu beispiellos, und rechtfertigt jedenfalls die Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird im Sinne des Art 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähau­ser. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


15.46.14

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Einzige, das vorange­stellt sein sollte und wohl klar ist: Gesetzesverletzungen liegen mit Sicherheit nicht vor, verfassungsgesetzliche Verletzungen liegen mit Sicherheit nicht vor! Sie, Kollege Pilz, wären mit Sicherheit der Erste gewesen, der dafür gesorgt hätte, wenn er eine Chance gehabt hätte, hier tätig zu werden, dass Anzeigen gemacht werden. Also das dürfen wir gemeinsam abhaken.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Problem der Grünen mit dem Assistenzein­satz hat einen anderen Hintergrund als jenen, der hier kolportiert wird. Das Problem der Grünen ist das Bundesheer an sich. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Doppler.) Es geht im Hintergrund einfach um die Abschaffung des Bundeshee­res. Das wird mit der Sozialdemokratie nicht möglich sein, meine Damen und Herren! Dafür bitte ich um Verständnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Während wir heute über Sinn oder Widersinn einer Erfolgsgeschichte diskutieren, erfül­len, egal welches Wetter gerade ist, 700 Soldatinnen und Soldaten ihre Pflicht an der Grenze, im Nahraum der Grenze und kommen dem Auftrag, den sie von der Regierung erhalten haben, nach. Danke dafür an die Soldatinnen und Soldaten, die diesen Dienst bei Wind und Wetter, bei Schnee, Regen oder Hitze versehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn hier kolportiert wird, Herr Bundesminister Darabos hätte das Heer zugrunde ge­richtet, so ist das mehr als starker Tobak, meine Damen und Herren! Das ist auf das


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Schärfste zurückzuweisen. Es gibt überhaupt keinen Anlass, ähnliche Unterstellungen weiter zu transportieren.

Wir haben eine Bundesheerreformkommission ins Leben gerufen; einige von uns hier im Saal waren auch Mitglied dieser Kommission. Als klar wurde, dass der Termin be­züglich Reform so nicht eingehalten werden konnte, und zwar aufgrund von Finanzpro­blemen, nicht nur in Österreich, hat man eine Evaluierungskommission ins Leben geru­fen, um einmal zu evaluieren, wie weit man denn vorangekommen ist und was wirklich zu tun ist. Dort wäre Gelegenheit gewesen, gemeinsam zu diskutieren, Vorschläge ein­zubringen.

Kollege Pilz aber hat gemeint, dort sei er nicht richtig beschäftigt, und hat es vorgezo­gen, diesem Beirat nicht beizutreten. Auf der einen Seite sagt er, was das Bundesheer machen soll, betreibt Öffentlichkeitsarbeit, entzieht sich aber letztendlich dort, wo es wichtig wäre, sich einzubringen – und es ist ja nicht so, dass Herr Kollege Pilz nicht in der Lage ist, gute Vorschläge zu machen –, der Diskussion, nämlich in Gremien, die die Vorschläge auch hätten bewerten können. Dort war er nicht anwesend.

Der Kollege vom BZÖ war übrigens auch nicht anwesend, aber ich gehe einmal davon aus, dass man das inzwischen als Fehler erkannt hat und das im Wiederholungsfalle mit Sicherheit nicht mehr so halten wird.

Von einer „schwachen Vorstellung“ ist gesprochen worden. – Naja, wenn eine Aktion, die 86 Prozent der betroffenen Bevölkerung für gut befinden, eine schwache Vorstel­lung ist, dann sollte man mehr schwache Vorstellungen dieser Art machen. Dafür, Herr Bundesminister, haben Sie unsere Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass die Politik aufgerufen ist, zunächst einmal zu ventilieren, was die Be­völkerung braucht, was der Staat braucht, und dann nach ihren Möglichkeiten und auch den finanziellen Rahmenbedingungen Maßnahmen zu gestalten. Dies ist eine Maßnahme, die 86 Prozent der Bevölkerung im Burgenland und im südöstlichen Nie­derösterreich zufriedenstellt und Lebensqualität garantiert, wofür die Politik auch ver­antwortlich ist. Wofür arbeiten wir? Was sind unsere täglichen Aufgaben? – Wir küm­mern uns darum, das Leben in diesem Land lebenswert zu machen, und dass man auch in der Lage ist, die angestrebten Ziele umzusetzen. Ob das mit Bildung, mit Pen­sionen, mit Sicherheit zu tun hat, spielt überhaupt keine Rolle.

Die SPÖ in ein rechtes Eck zu rücken (Abg. Kickl: Jetzt seid ihr auch schon Faschis­ten!) – das, meine Damen und Herren von den Grünen, mag für Sie wohl ein Wunsch­traum sein, das mag aber auch einen anderen Grund haben. Wahrscheinlich kennen Sie die Umfragedaten für die Landtagswahl, die dort bevorsteht. Es wundert mich na­türlich nicht, dass man ein bisserl übers Ziel hinausschießt – nämlich in der Sorge, da­bei unterzugehen. (Abg. Kickl: So schnell geht das!) Aber gleichzeitig zu signalisieren, mit der SPÖ in die Landesregierung eintreten zu wollen, finde ich besonders kühl, kühn und keck.

Meine Damen und Herren, wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück. Ich würde wirklich bitten: Reden wir miteinander, versuchen wir, Vorschläge auf den Tisch zu legen und das Beste daraus zu machen! Helfen wir auch der Frau Innenministerin, entsprechende Ressourcen zu bekommen, um die 300 Posten im Burgenland mit Poli­zisten und Polizistinnen besetzen zu können. Dann hat auch das Bundesheer die Mög­lichkeit, seine Ressourcen anderwärtig einzusetzen.

Es ist klar, es liegt auf der Hand: Nicht Herr Bundesminister Darabos hat beschlossen, irgendwelche Assistenzeinsätze zu führen, sondern dafür gibt es einen Auftrag durch Ministerratsbeschluss. Das sollten wir bei dieser Geschichte nicht vergessen.

Meine Damen und Herren, es gibt keinerlei Grund, dem Herrn Minister das Vertrauen zu entziehen. Ich glaube, er verdient unsere volle Unterstützung, um seine Arbeit fortset­


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zen und dafür sorgen zu können, dass die Sicherheit in Österreich ein Status ist, der aus der politischen Diskussion auf diesem Niveau herausgehalten wird. – Herr Bundes­minister, seien Sie sich unserer Unterstützung sicher, es gibt keinen Grund für Ihren Rück­tritt! (Beifall bei der SPÖ.)

15.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kapeller zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


15.52.17

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Natürlich ist schon auffällig, in welch enger zeitli­chen Nähe die Misstrauensanträge gegen Verteidigungsminister Darabos gestellt wer­den. Ich möchte betonen: Das verdient unser Verteidigungsminister dann auch wieder nicht! Obwohl ich einen sehr differenzierten Zugang zum Assistenzeinsatz an der Ost­grenze habe, möchte ich sagen, grundsätzlich reicht der Umstand allein, dass er der­zeit stattfindet, nicht, um unserem Herrn Bundesminister das Vertrauen zu entziehen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Ich möchte aber schon darauf hinweisen, dass man berücksichtigen sollte – Herr Bun­desminister, ich bitte vorweg schon um Verzeihung –, dass es einige Baustellen in Ih­rem Ressort gibt und auch einige Entscheidungen, die ich persönlich heute kurz hinter­fragen möchte, um dann wieder zum eigentlichen Corpus Delicti zurückzukehren. Es geht um das Upgrading der AB 212. Ich betone, meine Zustimmung wäre immer dann sicher gewesen, wenn es durch eine Investition von ungefähr 7 Millionen € zu einer Verlängerung der Funktionsdauer gekommen wäre, zumal dann auch die Nachtflug­tauglichkeit gewährleistet gewesen wäre – aber eine Wertkampfsteigerung um das Zehnfache? Das verstehe ich noch immer nicht ganz, und ich weiß das Warum und das Wofür schon zu hinterfragen.

Aber jetzt zurück zum Grund für den Misstrauensantrag, der heute gestellt worden ist, zurück zum Assistenzeinsatz. Ich betone, natürlich werden wir unsererseits den Herrn Verteidigungsminister verteidigen – heute genauso wie am kommenden Dienstag, wenn der Herr Verteidigungsminister wieder Anlass dafür ist, dass der Nationale Sicherheits­rat einberufen wird.

Zurück zur angeblichen – und ich sage bewusst „angeblichen“ – Erfolgsstory Assis­tenzeinsatz Ost. Der Rechnungshofbericht wurde schon zitiert, in dem eine gewisse Unausgewogenheit zwischen Mitteleinsatz und Erfolg dargestellt wird. Ich möchte dazu schon sagen, jetzt über Misstrauen oder andere Dinge zu debattieren und vielleicht Entscheidungen zu treffen, das halte ich nicht für ganz korrekt. Der Assistenzeinsatz ist bis Ende dieses Jahres zu vollziehen, und bis dahin ist meiner Meinung nach Zeit, über Fakten und Daten nachzudenken, zu evaluieren, die sachliche Grundlage auf den Tisch zu legen, um dann am Ende des Jahres auch die richtige Entscheidung zu treffen.

Das Einzige, das ich wirklich stark ankreide und anprangere, Herr Bundesminister, ist, dass Sie diesen Assistenzeinsatz selbst in den Wahlkampf hineingezogen haben, in­dem Sie beziehungsweise Ihre Partei fordern, dass die Verlängerung des Assistenzein­satzes unbedingt vor dem 30. Mai fixiert werden soll. Dem kann ich nichts abgewinnen, weil wir nämlich noch Zeit haben, darüber wirklich entkrampft, emotionslos und basie­rend auf Daten zu entscheiden.

Als Angehöriger des Innenressorts darf ich auch ganz kurz auf Faktisches eingehen. Die rückläufigen Zahlen in der Kriminalitätsstatistik sind schon angesprochen worden, und ich muss schon sagen, minus 6 Prozent im Burgenland, das ist ein Erfolg. Das ist, aus der Hüfte geschossen, auch ein Erfolg des Assistenzeinsatzes. Aber ein noch viel größerer Erfolg ist in Oberösterreich zu verzeichnen. Minus 10 Prozent, und das mit einer


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Grenze – in meinem Wahlkreis zum Beispiel – zu Südböhmen, ohne Soldaten. Ähnlich stellt sich das Gott sei Dank auch in Niederösterreich dar. Dort werden nur zwei Bezir­ke durch das Bundesheer geschützt, Gänserndorf und, ich glaube, Bruck an der Leitha. Das Waldviertel aber ist durch das Bundesheer nicht abgedeckt.

Also lassen wir den burgenländischen Wahlkampf im Burgenland! Dort wären im Vor­feld meiner Überzeugung nach noch wesentlich wichtigere Fragen zu klären, so etwa jene, ob die Stimmzettel gültig sind, die am 30. Mai zum Einsatz kommen. Machen wir es so wie geplant, nämlich dass wir am Ende des Jahres diesen Einsatz evaluieren und dann auf Grundlagen, die objektiv darzustellen sind, zu einer Entscheidung kom­men, ob der Assistenzeinsatz weitergeführt werden soll oder ob er ausgesetzt werden kann!

Ich bedanke mich herzlich und beende meine Rede. (Beifall bei der ÖVP.)

15.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten. – Bitte.

 


15.57.22

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin, entschuldigen Sie, ich habe der Höflichkeit halber die Begrüßungspyramide umgedreht! Herr Bundesmi­nister Darabos sagt, er fühle sich geehrt durch den Misstrauensantrag des Abgeordne­ten Pilz. Ich möchte rhetorisch fragen: Ich darf der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass Sie sich nicht entehrt fühlen, wenn ich Ihnen ankündige, dass die Freiheitliche Partei den Misstrauensantrag nicht unterstützt. (Beifall bei der FPÖ.)

Unter dieser Prämisse möchte ich mir erlauben, Richtiges von Unrichtigem zu trennen und das Bedeutende hervorzuheben.

Erstens: Es ist unrichtig, dass es sich bei dem in Rede stehenden Assistenzeinsatz um einen Grenzeinsatz handelt. Der Grenzeinsatz bei noch bestehender Schengen-Gren­ze zu den Ostnachbarn war ein Grenzeinsatz, der jetzige Assistenzeinsatz ist ein Ein­satz, bei dem die Assistenzkräfte nahezu ausschließlich in Siedlungsgebieten ihren Dienst verrichten und nach Anweisung und Ersuchen der Behörden, der Bundespolizei und der Bezirkshauptmannschaften im Wesentlichen kriminalitätsgefährdete Zonen be­streifen – Entschuldigung, aber das heißt so –, also Streifendienst versehen. Sie gehen nicht spazieren, sondern sie versehen einen Ordnungs- und Sicherheitsdienst nach Grundsätzen der militärischen Führungsaufgaben und der Aktionsarten, die militärisch vorgesehen sind.

Zweiter Punkt: Das Gewehr wird von ihnen immer über der Schulter hängend getragen, nicht feuerbereit gehalten, weshalb sich derart originelle Beiträge, dass sich die Bevöl­kerung geradezu fürchten muss, weil da Bewaffnete unterwegs sind, nahezu in kaba­rettartigen Dimensionen bewegen. (Abg. Öllinger: Wer hat das behauptet?) – Eine Da­me von der grünen Fraktion hat so etwas behauptet. Macht nichts. Schwamm drüber, darf auch sein.

Nächster Punkt: Herr Bundesminister, die Geschichte mit der Verfassungswidrigkeit ist nicht so einfach, wie Sie es darlegen. Ich sage, dass die Verfassungsgemäßheit nicht besteht. Das hat nichts damit zu tun, dass es keine Anrufung des Verfassungsgerichts­hofes gegeben hat und daher auch kein verfassungsrechtliches Judikat.

Wenn Sie erlauben, möchte ich mich auf die Rechtsgrundlagen konzentrieren. Arti­kel 79 der Bundesverfassung sieht vor, dass dem Bundesheer auch die Hilfeleistung obliegt bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und – lit. b – zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 147

Das Wehrgesetz sieht vor, dass dem Bundesheer neben der militärischen Landesver­teidigung – das ist ohnehin klar – auch über den Bereich der Landesverteidigung hi­naus der Schutz verfassungsmäßiger Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie der Aufrechterhaltung der Ord­nung und Sicherheit im Inneren obliegt. – So.

Zur Heranziehung des Bundesheeres zu Assistenzeinsätzen sind alle Behörden und Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden innerhalb ihres jeweiligen Wirkungs­bereiches berechtigt, sofern sie ihnen zukommende Aufgaben nach Abs. 1 nur – und das ist das Entscheidende! – unter Mitwirkung des Bundesheeres erfüllen können. Ist für den Assistenzeinsatz aber eine Heranziehung von mehr als 100 Soldaten erforder­lich, so obliegt sie der Bundesregierung. Daher kommt es zu einem Beschluss der Bun­desregierung.

Aber wie kommt der Beschluss zustande? – Es gibt keinen Assistenzeinsatz ohne An­forderung. Das heißt, an der Basis der Pyramide steht die Frau Bundesminister für In­neres, die eine solche Anforderung tätigt, weil sie offenkundig behaupten muss – das ist der gesetzliche Inhalt –, dass sie ohne diese Assistenzleistung die ihr obliegende Verantwortung in ihrem Bereich nicht wahrnehmen kann.

Das heißt, es ist eigentlich der Offenbarungseid eines erheblichen Sicherheitsdefektes, da die Anforderungen aus Kräften, die der Innenministerin zugeordnet sind, in ihrem Kom­petenzbereich nicht erfüllt werden können. Das ist aber bisher immer bestritten worden.

Wenn es also so ist, dass die Frau Bundesminister für Inneres in ihrem Wirkungsbe­reich die innere Sicherheit nicht aufrechterhalten kann, so ist das die gesetzliche Vo­raussetzung, um überhaupt zum Assistenzanforderungsvorgang zu kommen. Unge­klärt allerdings ist, ob dem Angeforderten, dem Verteidigungsminister, eine Art Abwehr­befugnis zukommt, ob er zuerst sagen kann: Beweise mir, dass du ohne mich die Si­cherheit nicht aufrechterhalten kannst. Uns ist nicht bekannt, ob es so ein Prüfungs­profil gibt. Aber die Bundesregierung als solche hat den Assistenzeinsatz beschlossen.

Jetzt kommt aber der Casus Knaxus: Ich sehe keine Anfechtungsbefugnis. Und wenn Sie wollen, ist das ein „Anfechtungsbefugnislücken-Vorgang“. Man kommt aus keiner erkennbaren Norm der Bundesverfassung mit einer Anfechtungsbefugnis zum Verfas­sungsgerichtshof, daher unterbleibt eo ipso die Möglichkeit, dass der Verfassungsge­richtshof das überprüfen kann.

Soweit zur Verfassungsgemäßheit oder zur Verfassungswidrigkeit.

Das heißt, wir haben einen Fall, wo nach ziemlich ernsten Überlegungen ein Befund erstellbar ist, dass die Bundesregierung, abgestützt auch durch die Mehrheit im Parla­ment, einen verfassungsproblematischen, um nicht zu sagen: verfassungswidrigen, Vor­gang beschließt.

Übrigens ist das durchaus im Einklang mit den meisten Verfassungsprofessoren. Man soll die Wahrheit nicht nach Köpfen zählen, aber es dürfte schon so sein: Es fehlt im Ergebnis an der Anfechtungsbefugnis.

Nächster Punkt: Es wird das Sicherheitsbedürfnis der Bewohner im Burgenland und im östlichen Niederösterreich in höchstem Maße respektiert, und es ist eine Sünde, dass diesem Bedürfnis nicht mit verfassungsadäquaten Mitteln begegnet wird. Wir haben schon lange gesagt, der Assistenzeinsatz, der dem Bundesheer auferlegt wird, ist ab­zulehnen. Es ist eine Grenzschutzeinheit unter dem Regime der Innenministerin – oder des Innenministers in der vorigen Periode – einzurichten.

Das Personal wäre aber locker vorhanden gewesen, weil durch die Beseitigung der Schengen-Grenze hunderte Zollbeamte ihren Job verloren haben. Es gibt nach wie vor genügend Personal im Dienststand des Bundes, das ohne Beschäftigung ist – siehe Post


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 148

und Bundesbahn. Dieses Personal könnte querverschoben werden. Man könnte, ohne dass es der Republik wesentlich mehr kostete, eine ordnungsgemäße, verfassungsmä­ßig saubere Lösung finden.

Nächster Punkt: Selbstverständlich hätten wir die Debatte heute nicht, wenn es nicht den burgenländischen Wahlkampf gäbe.

Nächster Punkt: Es ist kein Zweifel, dass der Assistenzeinsatz das Bundesheer schwerst belastet, wenn es auch nur 0,5 Prozent des Budgets sind. Im Lichte von ge­kürzten Budgets für Benzin, von Übungseinschränkungen und dergleichen mehr sind die 22 Millionen eine zutiefst ernstzunehmende Summe.

Wenn wir sie wenigstens ins Heeresbudget zurück bekämen – tun wir aber nicht. Vor allem durch die unselige Kürzung des Präsenzdienstes von acht auf sechs Monate durch Minister Platter ist ja die Katastrophe de facto beigeführt worden. Durch den As­sistenzeinsatz ist die Ausbildungsfähigkeit des Heeres schwerst beeinträchtigt. Es ist daher aus militärischen Gründen der Assistenzeinsatz abzulehnen.

Das Burgenland und seine Bevölkerung und die Ostgebiete Niederösterreichs haben uneingeschränkt ein Recht darauf, dass, was ihre gerechtfertigten Befürchtungen an­geht, entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Das hat überhaupt nichts mit einem Spielen mit den Ängsten der Bevölkerung zu tun, das ist Realität. Ich fordere da­her die Bundesregierung auf, einen verfassungsmäßigen Zustand herzustellen, das Heer zu schonen und eine entsprechende organisatorische, einwandfreie Regelung zu treffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber der Bundesminister für Landesverteidigung bleibt in seinem Ressort. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


16.07.01

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Innenministerin! Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Herr Brigadier, ich weiß nicht, warum Sie hier den Verteidigungsminister so liebkosen. Ich denke, es wäre besser gewesen, wenn Sie die Argumente, die das letzte Mal Ihr Kollege vorgebracht hat, aufgegriffen und den Minister etwas angegriffen hätten. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Fichtenbauer: Herr Minister, fühlen Sie sich nicht liebkost von mir! – Heiterkeit.) Aber das ist Sache der Freiheitlichen. Wenn man einen Orden bekommt, dann gibt man sich geschlagen.

Geschätzte Damen und Herren! Die Soldaten an der Grenze sind derzeit teuer und wir­kungslos. Der Rechnungshof zerpflückt den Assistenzeinsatz des Heeres. Der Nutzen ist im Verhältnis zum Ressourceneinsatz viel geringer.

Herr Bundesminister, Sie wären der Erste gewesen, der einen positiven Rechnungs­hofbericht hier im Hohen Haus verwendet hätte, wenn er Ihrer Politik zugutegekommen wäre. Es ist logisch, dass Sie sich jetzt dahinter verstecken, dass Sie dem Rechnungs­hof die Kompetenz in Landesverteidigungsangelegenheiten aberkennen. – Wir vom BZÖ sagen aber, der Rechnungshof hat sehr wohl überall Kompetenz. (Beifall beim BZÖ.)

Zurück zum Assistenzeinsatz. – Es wurden lediglich 19 illegale Einwanderer aufgegrif­fen. Es wurde kein einziger Schlepper gefasst. Die Generäle, der hohe Generalstab, der jetzt anwesend ist, spricht zähneknirschend vom Auftrag der Politik. Sie können dabei nichts machen – es ist das Primat der Politik.

Die eingesetzten Kadersoldaten, die vor Ort ihren Dienst machen im Assistenzeinsatz, schütteln nur mehr den Kopf. Sie dürfen lediglich beobachten und melden, und das ist zu wenig.


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Geschätzte Damen und Herren, da werden 22 Millionen € vorsätzlich verschwendet – und trotzdem bleiben Sie dabei, Herr Bundesminister Darabos: Der Einsatz ist ein Er­folg. Wir vom BZÖ sagen: Dieser Einsatz ist ein Misserfolg. Er geht zulasten der Steu­erzahler und muss schleunigst beendet werden! (Beifall beim BZÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Uns interessiert aber vielmehr die Rolle der ÖVP beim peinlichen Assistenzeinsatz im Burgenland. Wir vermuten, dass die ÖVP verärgert ist; Norbert Kapeller hat es bereits gesagt: Die ÖVP ist verärgert, weil der rote Regierungs­partner die Verlängerung des Assistenzeinsatzes im Alleingang durchboxen will. Fay­mann, Niessl und auch Sie, Herr Bundesminister Darabos, werden mit diesem Assis­tenzeinsatz vielleicht im Finale des burgenländischen Wahlkampfes punkten, auf alle Fälle machen Sie Werbung in eigener Sache.

Hier, geschätzte Damen und Herren, werden das österreichische Bundesheer und sei­ne Soldaten als Wahlwerbung der SPÖ eingesetzt. Diese parteipolitische Verwendung von Soldaten ist ungeheuerlich! Sie ist ungeheuerlich und wird auch vom BZÖ entschie­denst abgelehnt. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie schon die Frechheit besitzen (He-Rufe bei der SPÖ), diese Soldaten als rotes Wahlzuckerl auf Streife zu missbrauchen, dann finanzieren Sie diese Werbung auch selbst!

Meine Damen und Herren von der SPÖ, finanzieren Sie diese Werbung selbst! (Beifall beim BZÖ.) Bezahlen Sie die Verlängerung dieses Assistenzeinsatzes aus Ihrer eige­nen Parteikasse, und wenn Sie kein Geld haben, fahren Sie in die Steiermark und ho­len Sie beim Landeshauptmann die Stiftungsgelder ab. Vielleicht kann er Sie dabei un­terstützen. (He-Rufe bei der SPÖ.) Dafür haben wir Verständnis. (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)

Was sagt die ÖVP dazu? – Wollen Sie die Verlängerung des Assistenzeinsatzes, Frau Innenministerin, oder nicht? Es liegt doch ausschließlich bei der ÖVP, ob dieser sinn­lose Einsatz fortgeführt wird oder nicht.

Wer die Argumente und Meinungen von Norbert Kapeller, vom Wehrsprecher, gehört hat, weiß, er muss, so wie immer, den Verteidigungsminister verteidigen, sonst wäre ja eine Regierungskrise vom Zaun gebrochen. Er muss ihn verteidigen! Norbert Kapeller hat sich jetzt versteckt, aber jeder, der ihn kennt, weiß, dass er sicherlich den Assis­tenzeinsatz längst als überholt betrachtet. – Er hat sich schon eine Stärkung geholt nach seiner grandiosen Rede. Norbert Kapeller, der Assistenzeinsatz ist also auch aus deiner Sicht sicherlich überholt.

Geschätzte Damen und Herren, das würde logischerweise das traurige Ende des As­sistenzeinsatzes mit Auslaufen dieses Jahres bedeuten. Sollte aber die ÖVP, und das behaupte ich hier, nur die geringste Chance wittern, mit der Verlängerung des Assis­tenzeinsatzes in den letzten zehn Tagen Rückenwind für die Wahl im Burgenland zu erhaschen, dann, geschätzte Damen und Herren, wird sie sofort mit allen Mitteln für die Verlängerung des Assistenzeinsatzes kämpfen. Rasch wird die Frau Innenministerin, und das glaube ich auch, die Verlängerung beantragen. Wir vermuten, dass das ohne­hin passiert. Im Herbst wird es passieren: Die ÖVP wird sich dem Primat der roten Poli­tik unterwerfen und sich dann wahrscheinlich auf ihren Landeshauptmann Pröll ausre­den, der natürlich auch diesen Assistenzeinsatz haben will.

Zusammengefasst: Der Assistenzeinsatz, der sinnlos ist, wird von der Bundesregierung wahrscheinlich weitergeführt werden, um nicht die Koalition zu gefährden. Wir vom BZÖ sagen, die Fortführung des Assistenzeinsatzes ist verschwenderischer Frevel, und hier zitiere ich den Chefredakteur der „Kleinen Zeitung“, verschwenderischer Frevel, der von uns striktest abgelehnt wird.


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Geschätzte Damen und Herren! Das BZÖ fordert daher die Bildung einer neuen Bun­desgrenzschutzeinheit – unsere Sicherheitssprecher haben es immer wieder von die­sem Pult hier gesagt –, bestehend aus Polizei und Bundesheer. Diese Bundesgrenz­schutztruppe muss Kompetenzen erhalten, um lückenlose Grenzkontrollen vornehmen zu können. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister Darabos, Herr Bundesminister für Landesverteidigung, Sie haben heute in einer eher schwachen Fragestunde erklärt, es passt kein Blatt Papier zwischen den Verteidigungsminister und seinen roten General. Wenn das so wäre, warum, Herr Bundesminister, verlangt dann der Generalstabschef das Aus für den Grenzeinsatz? Wörtlich sagt er: „Ich hoffe, dass ... der Assistenzeinsatz mit Jahresende beendet“ wird.

Dieser Einsatz, geschätzte Damen und Herren, ist eine militärische Farce. Sie, Herr Bundesminister, sollten eher auf die Beurteilungen der Offiziere hören und diese ernst nehmen. Die Offiziere haben Ihren Job gelernt – und Sie nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Aus militärischer Notwendigkeit spricht Ihnen das BZÖ das Misstrauen aus. Die Fak­ten, Herr Bundesminister: Ihr Chef des Generalstabs hat öffentlich erklärt: Das Bundes­heer ist nicht mehr einsatzbereit, die Budgets sind seit Jahren zu gering, das Bundes­heer wird konsequent kaputtgespart, die Kasernen sind desolat und baufällig, eine qua­lifizierte Ausbildung der jungen Rekruten ist unmöglich, man will auf einzelne Waf­fengattungen verzichten, Katastropheneinsätze wie beim Hochwasser 2002 in Nieder­österreich können nicht mehr bewältigt werden – das haben wir am Vormittag in der Fragestunde bereits behandelt –, und, und, und. Es gibt noch viele weitere Kritikpunk­te, bis hin zur gescheiterten Heeresreform 2010.

Das, geschätzte Damen und Herren, sind alles Missstände, die von Profis aufgezeigt wurden, von Profis, die dieses Handwerk verstehen: Offiziere, Unteroffiziere und das Ka­der des österreichischen Bundesheeres. Für diese Missstände in der Landesverteidigung sind Sie als Minister alleine verantwortlich. Sie haben in Ihrer Ressortführung ver­sagt, Sie sind für das österreichische Bundesheer als Minister nicht geeignet!

Herr Bundesminister, das BZÖ spricht Ihnen das Misstrauen aus. (Beifall beim BZÖ.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter List, die Unterstellung „Frech­heit“ nehmen Sie, davon gehe ich aus, zurück. Ansonsten müsste ich einen Ordnungs­ruf erteilen. (Abg. List: Ich nehme den Ausdruck zurück!) Sie nehmen sie zurück – gut. Danke schön.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Ich stelle die Uhr wunsch­gemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.15.33

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Vor der burgenländischen Landtagswahl soll jetzt also der Assistenzeinsatz auf Wunsch von Landeshauptmann Niessl verlängert werden. Ich frage mich: Was machen Sie, wenn als Nächstes der Landeshauptmann von Kärnten an Sie herantritt und den Assistenzeinsatz auch haben möchte?

Auch in Wien sind Landtagswahlen. Wenn auch hier der Assistenzeinsatz gewünscht ist, lassen Sie dann das Bundesheer gleichfalls aufmarschieren, beziehungsweise wo las­sen Sie das Bundesheer aufmarschieren und wo nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Die Begründung für den Assistenzeinsatz im Burgenland liegt einzig und allein in einem Wahlkampfslogan der SPÖ, nämlich: Das Burgenland soll ein „Sicherheitswohlfühlland“ werden (Oh-Rufe bei den Grünen), was auch immer das sein mag.


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Meine Vorstellung vom Burgenland ist eine ganz andere. Ich dachte, wir sind das Land der Sonne, das Land mit intakter Natur, das Land der Vielfalt, der Gastfreundlichkeit. Das ist irgendwie „mein“ Burgenland, und „Ihres“ ist da im absoluten Gegensatz dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde, dass wir diese Potenziale, die bei Ihnen immer nur in Sonntagsreden vor­kommen, nutzen sollten, den Menschen auch Mut machen sollten, unsere eigenen Po­tenziale zu nutzen, statt ständig nur an den eigenen Machterhalt zu denken, Angst zu schüren und die Burgenländerinnen und Burgenländer dadurch ständig zu verunsichern. Das haben wir uns nicht verdient! Wir haben im Burgenland genug Potenzial für eine gute Entwicklung.

Sie sprechen immer vom „subjektiven Sicherheitsgefühl“. – Ich habe es heute in der Früh schon gesagt, und ich sage es jetzt wieder: Mein subjektives Sicherheitsgefühl wird durch den Assistenzeinsatz ganz sicher nicht verbessert; im Gegenteil, es wird massiv verschlechtert. Sie verwenden Ihre eigenen Statistiken. Die Burgenländerinnen und Burgenländer, mit denen ich rede, sehen das genauso: Mit dem Aufmarsch des Bun­desheeres suggerieren Sie ja, dass es notwendig ist, dass es so gefährlich bei uns ist, dass bewaffnete Soldaten durch unsere Ortschaften gehen müssen. Ich muss ehrlich sagen, ich habe mir nie gedacht, dass ich es erleben würde – und ich frage mich, in welcher Zeit ich lebe –, dass bewaffnete Soldaten durch meine Ortschaft marschieren und durch viele andere burgenländische Ortschaften auch.

Ich habe keine Angst vor den Soldaten, vor den jungen Burschen, die da durchmar­schieren, im Gegenteil: Sie tun mir leid. Sie tun mir leid, weil sie ihre Zeit so verbringen müssen. Sie wären die Einzigen, die eine Klage an den Verfassungsgerichtshof richten können, nur: Welcher Soldat tut das schon, wenn er dort zum Dienst bestimmt ist?

Ich habe heute in der Früh schon einen Vorfall erwähnt, den es in meiner Heimatge­meinde gegeben hat, im Ortsteil Rax – er gehört zu Jennersdorf –: Da hat sich bei einem Soldaten ein Schuss aus einer Waffe gelöst und es wurde in ein Haus geschos­sen. Das ist zum Glück glimpflich ausgegangen, es ist nichts passiert. Ich möchte mir aber nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn hier tatsächlich etwas passiert wäre! Ich finde, es ist eine Zumutung, die jungen Menschen, die jungen Burschen in solche Situationen zu bringen und sie dort dann alleine zu lassen. Und das Sicherheitsgefühl ist damit sicherlich auch nicht gehoben worden. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sagen jetzt, Sie machen Politik für die Menschen im Burgenland. 22 Millionen € setzen Sie dafür ein – wir haben schon gehört, das ist 1 Million € für jede Anzeige –, 22 Millionen € nur für diesen Assistenzeinsatz. Die gesamte Photovoltaikförderung in Österreich beträgt 21 Millionen €, also weniger als der Assistenzeinsatz im Burgenland. (Bundesminister Mag. Darabos: Das müssen Sie dem Berlakovich sagen!) – Das ist Geld, das ins Burgenland geht! Wenn Sie Politik für die Menschen im Burgenland ma­chen wollen, dann geben Sie dieses Geld für Energiesicherheit, für Versorgungssicher­heit, für Preissicherheit, für Arbeitsplatzsicherheit aus, denn wir sollten die Potenziale in der erneuerbaren Energie im Burgenland ausnutzen. (Beifall bei den Grünen.)

Oder geben Sie das Geld, wenn Sie es ins Burgenland schicken wollen, den Vereinen, in denen Jugendliche sinnvolle Tätigkeiten ausüben – den Vereinen, denen der Lan­deshauptmann, um sein eigenes Werbebudget aufzubessern, viele Zuwendungen gestri­chen hat.

Ich finde es schon eigenartig, wenn gerade die SPÖ im Burgenland von „Politik für die Menschen“ redet, während sie bei jeder Gelegenheit über alles und jeden drüberfährt. Ein Beispiel sind die Volksbefragungen, die heute hier schon angesprochen worden sind: Es gab sechs Volksbefragungen zum Straßenprojekt S 7, die eine ganz eindeuti­ge Sprache sprechen, nämlich ein Nein zu diesem Projekt. Sie wurden von der SPÖ


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 152

bisher nicht einmal ignoriert. Aber wenn der Landeshauptmann selbst eine initiiert, dann gilt’s! Aber bei den anderen wird aufgewogen, da gibt es Burgenländerinnen und Bur­genländer zweiter Klasse. Also wenn Sie Politik für die Menschen im Burgenland ma­chen wollen, dann ändern Sie Ihren Zugang zu den Interessen der Bürgerinnen und Bür­ger! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Vorstellung von Politik für die Menschen ist eine andere. Meine Vorstellung vom Burgenland ist eine andere – auch die der Grünen. Wir Grünen kämpfen für Energiesi­cherheit, für Arbeitsplatzsicherheit und für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Und ich kann Ihnen versichern: Solange es keine Kehrtwende von Landeshauptmann Niessl und der SPÖ im Burgenland von dem Rechtsruck, den Sie jetzt machen, gibt, so lange wird es auch keine Zusammenarbeit mit den Grünen geben. (Beifall bei den Grünen.)

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein starkes, eigenständiges und en­gagiertes Umweltministerium. – Danke. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.21.24

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Mi­nisterin! Assistenz heißt unterstützen, helfen, beistehen, zur Seite stehen. Den Assis­tenzeinsatz gibt es seit 2007 in neun Bezirken in Niederösterreich und im Burgenland.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen die Bevölkerung unterstützen, der Bevölkerung beistehen. Wie alle anderen staatlichen Einrichtungen und Institutionen steht das Bundesheer der Bevölkerung bei.

Die Sicherheit der Bevölkerung ist dem „Unsicherheitspolitiker“ Pilz egal. Die Grünen packen immer dann die Moralkeule aus, wenn sie darauf hinweisen wollen, dass die FPÖ und die SPÖ gemeinsame Sache machen. Aber Sie lassen die Moralkeule, werter Kollege Pilz, dann in der Ecke stehen, wenn Sie mit den Freiheitlichen gegen die So­zialdemokratie gemeinsame Sache machen, wie etwa in Wien, wo Sie gemeinsame Notariatsakte unterzeichnen. (Oh-Rufe und Beifall bei der SPÖ.)

Die Politiker der Sozialdemokratie stehen der Bevölkerung bei ihren Anliegen bei. Wir Sozialdemokraten orientieren uns an den Anliegen der Bevölkerung. Und Sicherheit hat eine sehr große Bedeutung für die Ostregion. Nicht von ungefähr ist Wien weltweit die Stadt mit der besten Lebensqualität, denn Sicherheit ist ein wichtiger Faktor in die­sem Ranking von Städten auf der ganzen Welt, bei dem Wien Platz eins einnimmt.

Die Bevölkerung ist mit dem Assistenzeinsatz einverstanden. Zu mehr als 80 Prozent gibt es Zufriedenheit damit. Und auch gestern gab es in einer Ad-hoc-Umfrage eines Privatsenders in Österreich nahezu 60 Prozent Unterstützung dafür. Da kann ich nur noch einmal sagen: Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind die Anliegen der Bevölkerung wichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

Weil sehr viele Kolleginnen und Kollegen den Rechnungshofbericht hier immer wieder zitieren: Der Rechnungshof moniert, dass nicht messbare subjektive Faktoren keine tragfähige Entscheidungsgrundlage bilden. – Und genau das ist der Punkt! Der Rech­nungshof trifft keine politischen Entscheidungen, sondern zählt Zahlen zusammen und bemisst Verhältnisse. (Abg. Dr. Pilz – ironisch lachend –: „Der Rechnungshof zählt Zahlen zusammen“!) Der Rechnungshof hat nämlich einen anderen Auftrag als die Po­litik. Der Rechnungshof hat keine politische Aufgabe zu erfüllen – aber wir sind von der Bevölkerung zu VolksvertreterInnen gewählt und müssen für diese tätig werden! (Bei­fall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 153

Landeshauptmann Pröll hat im März 2010 davon gesprochen, dass die Bevölkerung das Recht hat, dass ihr der Staat zur Seite steht. – Ich sage: Der Staat muss der Bevölke­rung in allen Belangen zur Seite stehen, also auch dann, wenn es um die Gewährleis­tung der Sicherheit geht.

Landeshauptmann Pröll, ÖVP-Chef in Niederösterreich, legt größten Wert darauf, dass diese Maßnahmen weiterhin aufrechtbleiben, und er sagt, Prävention sei nicht mess­bar. – Dem ist nicht mehr hinzuzufügen.

Die Anliegen der Bevölkerung sind viel zu wertvoll, um sie an unseriöse „Unsicherheits­politiker“ sozusagen auszuliefern. Deswegen unterstützen wir unseren seriösen und be­sonnenen Sicherheitspolitiker Bundesminister Darabos. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: Ich bin für den Assistenzeinsatz für die SPÖ!)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.25.37

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Burgenländer und einer, der an der Grenze wohnt, weiß ich seit 1989 den Assistenzeinsatz unserer jun­gen Soldatinnen und Soldaten deswegen zu schätzen, weil sie sich über alles hinweg­setzend dafür einsetzen, dass wir ruhig schlafen können und dass die Sicherheit nicht nur in unserem Bundesland, sondern auch im restlichen Österreich gewährleistet ist. Daher möchte ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen diese Gelegenheit hier wahr­nehmen, mich bei den Offizieren, bei den Soldatinnen und Soldaten dafür zu bedan­ken, dass sie sich zur Verfügung stellen für diesen Einsatz, damit wir ruhig schlafen können und damit dieses Land noch sicherer wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Aber wie wir heute schon gehört haben, ist Sicherheit nicht nur Angelegenheit des Bundesheeres, sondern in erster Linie Angelegenheit unserer Exekutivorgane, der Po­lizei. Daher, Frau Bundesminister, vielen herzlichen Dank für diese tolle Arbeit. Das darf ich vor allem als Burgenländer sagen, denn im Gegensatz zu mancher politischen Meinung, die jetzt im Wahlkampf immer lauter wird, ist das Burgenland ein sicheres Bundesland (Abg. Dr. Gabriela Moser: Na eben! Sagen wir ja auch!), weil wir eine gut arbeitende Polizei haben, die nicht nur bestens ausgerüstet ist, sondern auch her­vorragende Arbeit unter Einsatz ihres Lebens leistet. Ich bedanke mich dafür, dass un­sere umsichtige Bundesministerin dem Burgenland das nötige Personal zur Verfügung stellt, damit wir auch sicher bleiben können. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Herr Minister Darabos, das war ein schönes Hackl in Ihren Rücken!)

Es ist heute schon die Rede davon gewesen, dass das Burgenland jetzt vor seinem Wahlkampffinale steht und wir vielleicht am 30. Mai wählen werden, wenn es der Frau Bundesminister gelingt, dass sie den Herrn Landeshauptmann sozusagen vor der Wahlschlappe rettet, indem die Stimmzettel doch für gültig erklärt werden. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Also auch da wird Hilfestellung geleistet, obwohl der Herr Lan­deshauptmann mit völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen die Frau Bundesmi­nister angreift. (Abg. Mag. Stadler: Zweites Hackl!)

Genauso tut dies der Herr Verteidigungsminister. Ich habe schon mit großer Verwunde­rung, Herr Verteidigungsminister, Ihre Aussendung zur Klubklausur gelesen, in der Sie die zuständige Innenministerin kritisieren und ihr sozusagen die Forderung mit auf den Weg geben, dass sie zur Steigerung der Aufklärungsquoten beitragen soll, und vieles andere mehr.

Bei aller Wertschätzung, Herr Bundesminister: Sie haben genug eigene Baustellen, um die Sie sich kümmern müssen, da brauchen Sie sich nicht noch in andere Angelegen­


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heiten, die gut funktionieren, einzumischen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Drittes Hackl!)

Meine Damen und Herren, wir von der Österreichischen Volkspartei haben immer die­sen Einsatz mitgetragen. Wir haben ihn deshalb unterstützt, weil er notwendig ist, weil seit der Öffnung der Grenzen im Jahre 1989 die Kriminalität zweifelsohne zugenom­men hat und durch die Verlagerung der Schengen-Grenze der Kriminalität sozusagen Tür und Tor geöffnet wurden. Daher gilt es, mit guten Schutzmaßnahmen, die auch schon gesetzt wurden, zu verhindern, dass diese Kriminalität überhandnimmt. Und die Statistik spricht da eine deutliche Sprache: Das Burgenland hat, objektiv betrachtet, die höchste Zahl an Polizisten. (Abg. Mag. Stadler: Viertes Hackl!) So kommt dort auf 160 Einwohner ein Polizist. Und mit diesem Polizeieinsatz können wir natürlich eine ausgezeichnete Arbeit im Burgenland leisten. (Abg. Mag. Stadler: Fünftes Hackl!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei ist für die Evaluierung des Assistenzeinsatzes. Wir haben immer gesagt, dass wir den Assistenz­einsatz jährlich überprüfen wollen. Er muss ja auch jährlich verlängert werden.

Wir sind der Auffassung, dass wir im Herbst wieder die Kriminalstatistik überprüfen sol­len. Nach dem Wahlkampf können wir dann in aller Ruhe entscheiden, wie es weiter­gehen soll. Es ist immer im November oder im Dezember entschieden worden, ob der Assistenzeinsatz weiter bestehen soll. Wir werden also im Herbst die Evaluierung vor­nehmen, um entscheiden zu können, ob der Assistenzeinsatz weiterhin notwendig ist. Das werden wir, wie gesagt, in aller Ruhe, unbeeinflusst vom Wahlkampf, machen. (Abg. Mag. Stadler: Sechstes Hackl!)

Eines wollen wir in diesem Land erreichen: dass wir ordentlich und in aller Ruhe das Si­cherheitsgefühl der Bevölkerung weiter stärken können! (Beifall bei der ÖVP.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Weinzinger gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten. – Bitte.

 


16.31.39

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner von der ÖVP ist einer alten ÖVP-Tradition gefolgt: Er hat seine ÖVP-Ministerin einer entsprechenden Belobigung unterzogen. Er hat allerdings übersehen, dass man das mit einem Handkuss abschließt. Aber vielleicht wird das noch nachgeholt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass „Loblied-Orgien“ auch auf SPÖ-Seite im­mer wieder zu beobachten sind, wenn einer ihrer Minister hier sitzt und die SPÖ-Abge­ordneten sich submissest bei ihrem Minister oder bei ihrer Ministerin bedanken für die großartige Arbeit, die er oder sie jeweils leistet, wie sie meinen. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Amon: Man kann Leistungen auch einmal anerkennen!) Ja, selbstver­ständlich!

Meine Damen und Herren, wir haben heute gehört, der Assistenzeinsatz ist ein Instru­ment der Republik. – Gut.

Wir wissen, eine Dringliche Anfrage ist ein Instrument des Parlamentarismus. – Sehr gut.

Wir wissen: Beide sollten eigentlich kein Instrument des Wahlkampfes sein! – Wollen wir uns das einmal ein bisschen genauer ansehen!

Eine Dringliche Anfrage betreffend „Parteipolitik und Assistenzeinsatz“ wird jeden, der ein bisschen positives Gefühl für das Bundesheer hat, angenehm berühren, weil er sich sagt: Hier will jemand nachprüfen, ob nicht unser Bundesheer im Rahmen eines Assis­tenzeinsatzes missbraucht wird!


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Wenn man dann aber liest, dass diese Dringliche Anfrage von einem Herrn Pilz und einem Herrn Öllinger und seinen FreundInnen kommt, dann wird man misstrauisch, weil schließlich und endlich nicht ganz unbekannt ist, dass die Partei, die sie vertre­ten – und das sind die Grünen –, nicht unbedingt zu den glühenden Militärs gehört.

Wir haben das übrigens auch heute gehört, als Herr Peter Pilz gesagt hat, was er sich für die Zukunft vorstellt. Und zwar: die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, die Abschaffung aller schweren Waffen und eine kleine einsatzbereite, bestens ausgebil­dete Truppe, die dann den jeweiligen internationalen Mächten zur Verfügung steht, um irgendeinem eingeborenen Stamm aufs Haupt zu klopfen, wenn der nicht das tut, was die jeweilige Großmacht will. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren! Das ist natürlich nicht meine Vorstellung vom Bundes­heer – und die von vielen anderen auch nicht!

Aber es war auch nicht meine Vorstellung vom Bundesheer, dass durch eine unglück­liche Maßnahme im Rahmen der Bundesheerreformkommission – durch eine unglückli­che Maßnahme des damaligen Bundesministers für Landesverteidigung, der ein ÖVPler war (Ruf bei den Grünen: Platter!) – die Wehrdienstzeit von acht Monaten auf sechs Monate heruntergesetzt wurde, obwohl das keine Forderung der Kommission war und auch keine Forderung ihres Vorsitzenden Zilk, und zwar in keiner Weise. Aber es wur­de getan. Und daraufhin haben die Bundesheerreformkommission und die Offiziere und der Generalstab versucht, das Beste daraus zu machen und haben gesagt: Dann brau­chen wir eben diese sechs Monate zur Ausbildung, damit wir unsere Wehrpflichtigen zumindest so weit bringen, dass sie fähig sind, im Rahmen einer Einheit, einer Kompa­nie oder einer Batterie, zusammenzuwirken und militärisch, soldatisch tätig zu werden.

Dafür brauchen sie aber sechs Monate! Diese sechs Monate haben sie aber großteils nicht, weil sie einen Monat oder mehr als einen Monat in einen Assistenzeinsatz gehen müssen, von dem wir, weil der Kollege Fichtenbauer die Frage der Verfassungsmäßig­keit dieses Assistenzeinsatzes, die bisher noch nicht klargestellt wurde, hier klar darge­legt hat (Abg. Öllinger: Der Pilz auch!), inzwischen wissen, dass er eigentlich nicht verfassungsmäßig ist. Und wenn hier einer auf der Anklagebank sitzen sollte – voraus­gesetzt, dass die Regierungsbank eine Anklagebank wäre –, dann müsste dies nicht der Herr Bundesminister für Landesverteidigung sein, sondern die Frau Bundesminis­ter für Inneres, weil im Innenressort die Problematik zu suchen ist. Offensichtlich kann das Innenressort beziehungsweise die Frau Innenministerin der Aufgabe des Schutzes der Bevölkerung innerhalb des Landes schon nicht mehr nachkommen, geschweige denn an der Grenze. Aber dann müsste nicht nur die Frau Innenministerin hier sitzen, sondern die ganze Regierung, denn dann hat die gesamte Regierung versagt.

Meine Damen und Herren, wir haben das Problem, dass wir die Öffnung der Schen­gengrenze durchgeführt haben. Wir haben das Problem, dass wir die Grenze geöffnet haben, ohne vorher unsere Hausaufgaben zu erfüllen, nämlich dafür zu sorgen, dass wir dann die Sicherheit gewährleisten können.

Wir haben auch das Problem, dass wir hier etwas nicht gemacht haben, was jeder an­dere getan hätte. Denn: Wenn wir schon die Grenzen öffnen, dann stehen uns doch dadurch Menschen zur Verfügung, Beamte zur Verfügung, die nicht mehr an der Gren­ze eingesetzt werden müssen, nämlich Zöllner und Zollwachebeamte, und die kann man dann als besondere Truppe zur Grenzbewachung einsetzen.

Das haben wir aber nicht gemacht. Vermutlich hätte sich die entsprechende Gewerk­schaft dagegen gewehrt nach dem Motto: Das kann man von unseren Kollegen doch nicht verlangen! – Daher verlangt man das auf einem anderen Weg von unseren Wehr­pflichtigen und schickt sie, anstatt sie entsprechend gut auszubilden, einen Monat oder eineinhalb Monate in den Assistenzeinsatz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 156

Unsere Soldaten landen also in einem Assistenzeinsatz, in welchem sie sich allerdings gut bewähren und der Bevölkerung tatsächlich das Gefühl der Sicherheit vermitteln. Das ist schon etwas! Das spricht dafür, dass unsere Armee, obwohl sie seit Jahren und Jahr­zehnten vernachlässigt wird, gepeitscht wird (Öha-Rufe bei der SPÖ), beschimpft wird, nach Möglichkeit schlecht behandelt wird, kein Geld kriegt, zu wenig zum Leben, aber zu viel zum Sterben bekommt, trotzdem funktioniert und es ihr gelingt, nach wie vor gu­te, ordentliche junge Soldaten hervorzubringen. Und dafür sage ich Danke schön! (Beifall bei der FPÖ.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


16.39.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Lieber Lutz Weinzinger, ich hoffe, unser Bundesheer kann noch mehr als spazie­rengehen, melden und beobachten. Ich bin eigentlich davon überzeugt. Jedenfalls sollte der Assistenzeinsatz im Burgenland kein Leistungsnachweis oder vor allem kein Grad­messer für unser Bundesheer sein.

Es wird immer so locker von dem Assistenzeinsatz gesprochen. Die Frage ist: Was ist das für ein Assistenzeinsatz? Frau Kollegin Lapp, Sie haben hier aus dem Duden zi­tiert, und ich muss Ihnen sagen: Das ist falsch! Es geht nämlich hier um Gesetzmäßig­keit, um Verfassungsmäßigkeit, und da muss man schon aus dem Gesetz zitieren.

Im Wehrgesetz, Frau Kollegin Lapp, ist eindeutig geregelt, und zwar in § 2, dass ein Or­gan des Landes, der Gemeinde oder des Bundes innerhalb des eigenen Wirkungsbe­reiches nur dann berechtigt ist, das Bundesheer im Wege der Assistenz anzufordern, wenn es eine ihm zukommende Aufgabe nur unter Mitwirkung des Bundesheeres er­füllen kann.

Zu Beginn des Assistenzeinsatzes zur Grenzsicherung, als nicht klar war und man nicht wusste, wie lange es notwendig ist, unsere Grenzen gegenüber dem Osten abzusichern, um illegale Einwanderung zu verhindern, war es sinnvoll, dafür nicht eigene große Exe­kutivkörper aufzustellen, sondern das Bundesheer an die Grenzen zu schicken, um ge­meinsam ... (Zwischenruf.) Ja, aber die war sicherlich nicht in der Lage, diese Überwa­chung in den neunziger Jahren lückenlos durchzuführen.

Ich erinnere mich daran, damals haben die Grünen noch vehement dagegen ange­kämpft, und zwar nicht nur mit friedlichen Mitteln. Damals war es sinnvoll. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Sondern mit Panzern, oder was?) – Nein, aber mit Leuchtraketen gegen Hubschrauber. Das können Sie in Zeitungsmeldungen von damals nachlesen. Das sollte man auch nicht ganz vergessen.

Damals war der Assistenzeinsatz sinnvoll. Er war ein Beitrag zur Sicherheit Gesamtös­terreichs, weil jeder abgehaltene Illegale die Sicherheit Österreichs erhöht hat.

Aber es hat damals schon die Diskussion gegeben, ob ein Assistenzeinsatz über fünf, acht oder zehn Jahre gehen darf, verfassungsrechtlich, oder ob er nicht eine vorüber­gehende Dauer beinhaltet. Wir haben aus Praktikabilitätsgründen immer gesagt: Nein, aber trotzdem verlängern wir ihn immer um sechs Monate, ein Jahr! Dann hat man ge­sagt, dass die Schengen-Erweiterung bevorsteht, und wenn die Schengen-Grenzen er­weitert werden, dann hat der Assistenzeinsatz zur Grenzsicherung seine Berechtigung verloren.

Dann wurde der Schengen-Raum erweitert. Und schon damals war unsere Kritik – die­se richtet sich in erster Linie an die Frau Innenministerin –: Entweder sind die neuen Schengen-Mitglieder in der Lage, ihre Außengrenze ausreichend abzusichern, dann


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 157

brauchen wir den Assistenzeinsatz zur Grenzsicherung in Österreich nicht mehr, oder sie sind nicht dazu in der Lage. Wenn sie aber nicht in der Lage sind (Abg. Mag. Stad­ler: Brauchen wir Grenzkontrollen!), ihre Grenzen abzusichern, dann hätten wir gegen die Schengen-Erweiterung stimmen müssen.

Das heißt also: Mit dem Beschluss der österreichischen Bundesregierung, den Schen­gen-Raum zu erweitern, ist klar, dass Sie der Meinung sind, dass dieser Grenzeinsatz nicht mehr notwendig ist. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Kogler: Richtig!)

Wozu dient dann also dieser Assistenzeinsatz? – Wir haben es jetzt gehört: zur He­bung des subjektiven Sicherheitsgefühls.

Wenn ich bei den Aufgaben des Bundesheeres im § 2 Wehrgesetz nachlese, finde ich diese Aufgabe nicht: Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung – ist nicht vorhanden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, natürlich, die innere Sicherheit ge­währleisten, aber nicht das subjektive Sicherheitsgefühl, sondern die objektive Sicher­heit, Herr Verteidigungsminister, muss gehoben werden. Das ist aber eine Aufgabe des Innenministeriums. Bei den Aufgaben des Innenministeriums lese ich aber auch nichts vom subjektiven Sicherheitsgefühl, auch nichts darüber (Abg. Mag. Stadler: Für das subjektive Sicherheitsgefühl ist der Psychiater zuständig!), dass das Wandern und das Patrouillieren ohne Exekutivbefugnis – es geht auch darum, welche Befugnisse diese Soldaten haben –, das Beobachten und Melden zu den Aufgaben gehört.

Ich kenne niemanden im Bereich des Innenministeriums, der solch eine Aufgabe hat. Im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung – manche Gemeinden haben diese – und auch bei der Parkanlagenüberwachung gibt es solche „Wachorgane“ – unter Anführungszei­chen –, die mit einem Funkgerät umhergehen, zum Teil vielleicht sogar bewaffnet sind, aber keine Anhaltemaßnahmen durchführen dürfen, sondern nur über das Funkgerät melden dürfen, dass dort etwas passiert. (Abg. Mag. Stadler: Ein Hundehäuferl liegt!) Aber, Frau Innenministerin, es ist wohl klar, dass auch das keine ureigenste Aufgabe des Innenministeriums ist.

Auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage fußt nun genau diese Assistenzanforde­rung im Burgenland, dass Soldaten des österreichischen Bundesheeres ohne Exekutiv­befugnisse dort umhergehen, beobachten und melden? – Herr Verteidigungsminister, Frau Innenministerin, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, zeigen Sie mir eine Stelle im Wehrgesetz – gerade an Sie von der Sozialdemokratie ist diese Fra­ge durchaus berechtigt, denn Sie haben immer wieder auch auf die Historie hingewie­sen und schauen immer sehr genau, wenn es um Befugnisse des Bundesheeres im In­neren geht, dass da alles recht- und gesetzmäßig ist –, eine Stelle in der Bundesver­fassung, in den Bestimmungen der Sicherheitsexekutive, durch die solch eine Aufgabe ihre Rechtfertigung findet. – Sie werden sie nicht finden.

Es gibt nur eine Begründung dafür: die Innenpolitik im Burgenland. Ich verstehe es sogar noch, dass man sagt, dass es dabei um das subjektive Sicherheitsgefühl im Burgenland geht, aber das hat keine gesetzliche Deckung, meine Damen und Herren, und darum geht es.

Es ist nicht richtig, wenn man dann noch sagt, dass dadurch in ganz Österreich die Si­cherheit erhöht wird. Wodurch? – Dadurch, dass ein Einbrecher oder ein anderer Ver­brecher vielleicht davon abgehalten wird, genau in der burgenländischen Gemeinde, in der er einen Soldaten sieht, einzubrechen, aber dafür woanders, in Niederösterreich, in Wien, in der Steiermark, einbricht? – Das trägt nicht zur Hebung der Sicherheit in Ös­terreich bei. Das ist vielleicht eine Verschiebung von Delikten. Also auch das kann man nicht als Argument dafür anführen.

Und Hilfssheriffs gibt es, glaube ich, auch nicht im Innenministerium. Die kennen wir nur aus schlechten Wildwestfilmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 158

Es ist also klar: Dahinter steht die rein parteipolitische Motivation, zu sagen: Unsere Leute wollen das! – Ja, aber auch in Wien möchten das die Leute haben, selbstver­ständlich. Wenn es zu wenige Polizisten gibt, möchte man andere Leute mit Waffen zum Schutz haben. Gut, wenn das notwendig ist, dann soll man darüber reden, welche Wachkörper wir brauchen und ob da das Bundesheer dabei sein soll. Wir haben einen Grenzschutz vorgeschlagen, Innenministerium und Verteidigung gemeinsam (Abg. Mag. Stadler: Und wer finanziert es?), aber mit Exekutivbefugnissen, sodass diese Soldaten nicht missbraucht werden zum Spazierengehen, Beobachten und Melden, sondern dann auch wirklich Aufgaben erfüllen können – wenn es notwendig ist. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek. – Abg. Mag. Stadler: Wer finan­ziert es?)

Aber normalerweise müsste man sagen, die innere Sicherheit ist eine Aufgabe des In­nenministeriums.

Wir haben es schon oft gehabt, dass Ministerien, auch Landeshauptleute Verschiede­nes einsetzen, um Wahlwerbung zu betreiben, Inserate schalten. Auch die Landesver­teidigung, ich sage das immer, wird leider oft dafür herangezogen. Schon Kreisky hat das gemacht – der hat es aber geschickt gemacht. Er hat zwar von einer Verkürzung von neun auf sechs Monate gesprochen, hat aber die Dauer, weil er gewusst hat, dass das unverantwortlich wäre, nur um zwei Wochen gekürzt.

Dann ist es immer wieder um die Neutralität gegangen. In jedem Gemeinderatswahl­kampf wurde vorgegeben, die Neutralität zu retten – obwohl man sie 1998 abgeschafft hat.

Es war richtig – das war auch eine Wahltaktik –, den Wehrdienst von acht auf sechs Mo­nate zu kürzen, ohne jede sachliche Begründung. Und jetzt ist es halt der Assistenzein­satz. (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Ich glaube nur, mit der Bundesrepublik können wir uns nicht ganz vergleichen.

Das wäre eine interessante Diskussion, zu der wir heute aber nicht kommen. Wenn der Herr Verteidigungsminister heute sagt, dass er zu hundert Prozent garantieren kann, dass alle verfassungsrechtlichen Aufgaben erfüllbar sind, dann muss ich sagen: Herr Bundesminister, es gibt – und ich glaube, darin sind wir uns einig – keinen Zeitpunkt in der Zweiten Republik, in dem das Bundesheer in der Lage gewesen wäre, all die Be­drohungen aus eigenen Mitteln abzuwehren! Das gibt es gar nicht. Das kann man nicht garantieren, weil das unmöglich ist.

Es wäre interessant, einmal darüber zu diskutieren, welche Aufgaben das Bundesheer übernehmen soll. Nehmen wir doch etwa die Beistandsgarantie in der Europäischen Union wirklich ernst, und sagen wir: Okay, militärische Landesverteidigung im ur­sprünglichen Sinn ist nicht mehr Aufgabe des österreichischen Bundesheeres (Abg. Mag. Stadler: Wer zahlt es?), weil das gar nicht möglich und vielleicht auch nicht mehr sinnvoll ist. Wie schaut es mit den Auslandseinsätzen aus?

Herr Verteidigungsminister, sagen Sie nicht, dass die NATO so furchtbar und die Si­cherheitsdoktrin zu NATO-lastig ist! Sie wissen, bei jedem EU-Beschluss wird darauf verwiesen, dass es in der Europäischen Union keine Duplizitäten zur NATO geben wird. Also ein bisschen weniger Ideologie und mehr sachorientierte Diskussion im Interesse der Sicherheit wären gut und richtig. Und wir sollten doch versuchen, die Sicherheit des Landes aus Wahlkämpfen – egal, um welche Partei und um welches Bundesland es geht – herauszuhalten. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill ge­langt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. Die Gesamtrestre­dezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 159

16.49.23

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Minister! Sehr geehrte Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wäre es, wenn das österreichische Bundesheer durch einen Panzer mein Fahrrad, das ich am Wiener Neustädter Bahnhof parke, weil ich dort lebe, beschützte? – Das wäre doch großartig!

Wie wäre es, wenn Generalstabschef Entacher Jugendliche bewachte, die nach der Schule im Park herumlungern, herumhängen und dort die Anrainer und Anrainerinnen stören? (Abg. Großruck: Wie wäre es, wenn Sie nicht reden würden? – Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek – in Richtung des Abg. Großruck –: Zuhören!)

Oder: Wie wäre es, wenn wir eine Panzerbrigade an der Kärntner Grenze auffahren lie­ßen, um die Schuldenkaiser in Kärnten zu lassen und nicht in die restlichen Bundeslän­der reisen zu lassen?

Was würde all das bedeuten? – Das wäre eine österreichische Posse der Sonderklas­se. Und ebenso ist der Assistenzeinsatz eine Posse. Herr Minister, stoppen Sie endlich den Assistenzeinsatz!

Sie stellen sich immer wieder vor die Zahlen einer von Ihnen kolportierten Umfrage, wonach sich über 80 Prozent der Burgenländer und Burgenländerinnen für den Assis­tenzeinsatz aussprechen. Und warum tun Sie das? – Ich habe die einzig mögliche Ant­wort darauf: Herr Minister, Sie tun das, weil Sie keine andere Legitimation für Ihr Amt haben! Sie haben kein einziges Erfolgserlebnis, Sie haben keine Legitimation für die Politik, die Sie machen, und für die Verantwortung, die Sie eigentlich zu tragen haben.

Warum? – Erstens: das Eurofighter-Debakel, das die österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen Milliarden kostet. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Zweitens: Die Re­form des Bundesheeres ist endgültig gescheitert. – Das waren Ihre Worte. Und drit­tens: Bis 2014 müssen Sie 530 Millionen € einsparen.

Sie haben keine Erfolgsgeschichte zu verzeichnen. Das Ganze geht dann so weit, dass Sie auch noch Grundwehrdiener missbrauchen (Zwischenrufe bei der SPÖ); die­jenigen, die keine Option haben, Nein zu sagen, die in einem Zwangsdienst stehen und an die Grenze müssen, wenn man es ihnen sagt.

80 Prozent der Bevölkerung stehen positiv zum Assistenzeinsatz – laut Ihren Zahlen. Die große Frage, die noch nicht beantwortet wurde, ist: Sind diese 80 Prozent der Be­völkerung für das Bundesheer ohne Befugnis, oder würden diese 80 Prozent der Be­völkerung gerne gut ausgebildete Polizisten und Polizistinnen vor Ort, in ihrem Ortsbild, auf der Straße haben (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer), die auch die Befugnis ha­ben einzugreifen, die Befugnis haben, Kriminalität wirklich zu stoppen?

Ich bin davon überzeugt, dass der Schrei nach Uniformen, der Schrei nach Sicherheit sozusagen kein Schrei nach dem Landesverteidigungsminister, kein Schrei nach der Politik des Landesverteidigungsministers und auch kein Schrei nach dem Assistenzein­satz ist, sondern dass der Schrei nach Uniform ausschließlich mit dem ganz persönli­chen, subjektiven Sicherheitsgefühl zu tun hat. Und deshalb ist das der Schrei nach der Polizei und niemals der Schrei nach dem Bundesheer. (Abg. Öllinger: Vielleicht auch nach dem Briefträger! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Darabos.)

20 Millionen € werden jährlich verschwendet. Die Empfehlungen des Rechnungshofes werden nicht befolgt – aus völlig absurden Gründen, wie wir heute gehört haben, weil der Rechnungshof keine Kompetenz in militärischen Angelegenheiten hat. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der darf nur zusammenzählen!) Das österreichische Bun­desheer wird meiner Ansicht nach missbraucht, inklusive der Grundwehrdiener, der vielen, vielen jungen Männer, die einrücken müssen – missbraucht von der Sozialde­mokratie, missbraucht vom Landesverteidigungsminister.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 160

Herr Minister! Soziale Sicherheit für ganz Österreich sieht anders aus als die militäri­sche Unsicherheit an den sogenannten nicht mehr vorhandenen Grenzen. (Beifall bei den Grünen.)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Steier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.53.28

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Die Geschäftsführerin der In­dustriellenvereinigung Burgenland, Frau Dr. Ingrid Puschautz-Meidl, schreibt in einer E-Mail-Nachricht: Der Vorwurf des Dr. Pilz, dass burgenländische Unternehmen Sicher­heitskräfte entlassen hätten, weil deren Wachaufgaben durch Präsenzdiener wahrge­nommen werden, ist, mit Verlaub gesagt, ein völliger Schwachsinn. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf hinzufügen: Auch Ihre Anfrage und Ihre Ausführungen, die Sie bisher gemacht haben, bewirkt durch rein parteipolitisches Kalkül, sind und waren bisher peinlich und sind von unserer Seite her strikt abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Beginn eines ganz deutlich sagen: Wir BurgenländerInnen sind für den und stehen hinter dem Assistenz­einsatz. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Wie der Name schon ausdrückt, ist die­ser Einsatz eine zusätzliche Dienstleistung zur Sicherung des Grenzraumes, eine si­cherheitspolitische Assistenz der SoldatInnen für das Innenministerium, um die im Bur­genland in hohem Ausmaß fehlende Exekutive zu kompensieren. Auch wenn es auf dem Papier anders dargestellt wird: Im Burgenland fehlen PolizistInnen.

Daher ist diese Dringliche Anfrage der Grünen – bezogen auf den Assistenzeinsatz – purer Populismus auf dem Rücken der und gegen alle BurgenländerInnen.

Wir, die SPÖ, meine sehr geehrten Damen und Herren, kümmern uns um die Sorgen der Menschen und setzen uns auch dafür ein, auch wenn es manchen, wie heute, nicht passt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir jenseits allen parteipolitischen Kalküls eine ehrliche Debatte über den Assis­tenzeinsatz führen wollen, gehören einige Fakten auf den Tisch.

20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und nach der Schengen-Erweiterung haben sich die Aufgaben des Assistenzeinsatzes natürlich geändert. Ein Anachronismus ist der Assistenzeinsatz aber trotzdem nicht, wie im Übrigen auch keine verschwendete Investition oder verschlamptes Geld oder gar verfassungswidrig, wie uns bestimmte Kol­legInnen der Opposition weismachen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Burgenland ist ein Land der Dörfer, wo auch in Fragen der Sicherheit andere Maßstäbe anzusetzen sind, und sicher nicht ver­gleichbar mit urbanen Gebieten. Als Bürgermeister weiß ich aus eigener Wahrnehmung, aber auch aus vielen Rückmeldungen der Bevölkerung, wie wichtig die Patrouillen­dienste der SoldatInnen vor Ort, aber nicht nur bei Tag, sondern insbesondere in der Nacht sind. Beim Assistenzeinsatz neu geht es nicht mehr wie am Anfang primär da­rum, illegale Grenzgänger aufzugreifen, sondern es geht um die Assistenzleistung für die Polizei und darum, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die Kriminalität nicht nach oben schnellt. Bei Kriminalität, wo im Übrigen mit Statistiken oft sehr kreativ um­gegangen wird, ist, wie in dieser Sache überhaupt, große Sorgfalt gefragt.

Die Aufgabe des Assistenzeinsatzes ist im Übrigen auch für den Großraum Wien und, wie schon erwähnt, speziell auch für Niederösterreich nicht unwesentlich, denn alles, was bereits im Vorfeld abgefangen werden kann, verursacht später mit Sicherheit deut­lich weniger Probleme. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 161

Tatsache ist, „Prävention in Assistenz“ lautet das Schlagwort. Und im Übrigen, das ist schon ein paar Mal erwähnt worden, befürworten und bejahen 86 Prozent der burgen­ländischen Bevölkerung diesen Einsatz.

Das Sicherheitsgefühl der Menschen im Grenzraum wird gestärkt, und wir als SPÖ Burgenland mit unserem Landeshauptmann Hans Niessl an der Spitze setzen uns für die Bevölkerung ein und stehen zu diesem Assistenzeinsatz. Wir kümmern uns um die Sorgen der Menschen und sprechen uns gegen dieses grüne Wahlkampfgeplänkel aus.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gefühl im eigenen Umfeld, im eigenen Zuhause ist ein sehr wichtiges. Dieses Bedürfnis zu negieren beziehungsweise abzu­weisen kann nur als purer Zynismus, als parteipolitisches Kalkül bezeichnet werden; ebenso die Versuche, den Nutzen aus dem Assistenzeinsatz einer Partei zuordnen zu wollen. Nehmen Sie daher zur Kenntnis, Herr Pilz: Die Tätigkeit des Bundesheeres dient ausschließlich der Republik, also den Österreicherinnen und Österreichern, im speziellen Fall den NiederösterreicherInnen und den BurgenländerInnen, aber auch den WienerInnen.

Zum Schluss kommend darf ich Folgendes anmerken: Der Assistenzeinsatz des öster­reichischen Bundesheeres trägt entschieden zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im Burgenland bei. (Abg. Öllinger: Was ist mit der Steiermark?) Angesichts der Krimi­nalitätsentwicklung und solange die Polizei personell nicht in der Lage ist, ihren Aufga­ben völlig nachzukommen, muss und soll der Assistenzeinsatz fortgeführt werden. Da­für wird unser Bundesminister Mag. Norbert Darabos sorgen, dafür wird unser Bundes­kanzler Werner Faymann sorgen. Und wir alle seitens der Sozialdemokratie sprechen unserem Bundesminister das vollste Vertrauen aus. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kunasek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten, das ist auch die Gesamtrestredezeit. – Bitte.

 


16.59.19

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wurde soeben gefragt, warum wir Freiheitliche diesem Misstrauensan­trag heute eigentlich nicht zustimmen, obwohl zumindest in der schriftlichen Argumen­tation und Begründung für diese Dringliche Anfrage und diesen Misstrauensantrag sehr viel von dem steht, was auch wir vor einigen Wochen in diesem Haus vorgebracht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort haben uns heute eigentlich die Grünen gegeben, die in einer Art und Weise ihre Anfrage und auch diesen Misstrauens­antrag begründet haben, die vor Polemik nur so strotzt, sodass es jedem, der zum Bun­desheer und zur Sicherheitspolitik steht, den Magen überdrehen lässt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss ganz offen gestehen, ich möchte auch ein paar Beispiele anführen, etwa die Frau Abgeordnete Brunner, die heute schon in der Fragestunde „positiv“ – unter Anfüh­rungszeichen gesetzt – aufgefallen ist (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Eine absolut erfreuliche Erscheinung!), als sie gemeint hat, für sie sei es unangenehm, wenn sie bewaffnete Soldaten im Burgenland sehe. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vor­sitz.)

Frau Abgeordnete, ich sage Ihnen ganz offen, in den letzten 15 Jahren war ich mehr als ein Jahr, nämlich bei Wind und Wetter, wie das Abgeordneter Prähauser heute rich­tig erkannt hat, dort im Einsatz, bei Tag und bei Nacht. Und ich sage Ihnen ganz offen, es war dort niemand, keine einzige Burgenländerin und kein einziger Burgenländer, da­bei, der gesagt hätte, er hätte Angst vor mir oder Angst vor uns. Im Gegenteil, sie wa­ren froh, dass wir dort waren und dass wir 90 000 Illegale aufgegriffen haben. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 162

Sehr geehrter Herr Bundesminister, nichtsdestotrotz kommen wir zum aktuellen Thema und zum Assistenzeinsatz, um den es heute geht. Wie gesagt, wir sehen eigentlich einen Zickzackkurs, Herr Bundesminister, den Sie hier einschlagen. Blicken wir zurück. Vor etwas mehr als einem Jahr hat der Herr Bundesminister in einem Interview festge­stellt, und zwar in der Zeitung „Presse“ am 20.3.: „Grenzeinsatz wird auslaufen müssen“.

Ich zitiere: „Ich gebe aber offen zu, dass es mir aufgrund der budgetären Situation nicht so unrecht wäre, wenn das beendet werden könnte. Dann könnte man Geld in andere Bereiche umschichten.“ – So weit, so gut.

Etwas mehr als ein Jahr später, Bundesminister Darabos hat seine Einstellung zum As­sistenzeinsatz, ich sage jetzt einmal, durchaus radikal geändert. Er sagt am 11. Mai in einer APA-Aussendung: „Assistenzeinsatz: Darabos beharrt auf Verlängerung“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das vor dem Hintergrund, dass wir – das ha­ben wir auch gestern ausführlich hier diskutiert – in den nächsten Jahren bis 2014 540 Millionen € im Bereich der Landesverteidigung einsparen sollen. Das vor dem Hin­tergrund, dass auch der Rechnungshof diesen Assistenzeinsatz massiv kritisiert und als ineffizient dargestellt hat. Und das vor dem Hintergrund einer – und das hat der Herr Minister ja auch selbst zugegeben – gescheiterten Bundesheerreform, wo hinten und vorne die notwendigen Mittel fehlen, um diese letztendlich durchzuführen. Das – und das ist das Bemerkenswerte an dieser ganzen Sache, an diesem Sinneswandel – auch vor dem Hintergrund der kommenden Landtagswahl im Burgenland.

Herr Bundesminister, das ist auch der wahre Grund, warum Sie diesen Sinneswandel vollzogen haben. Der Herr Generalleutnant wird mir möglicherweise bestätigen, dass si­cherheitspolitische Überlegungen bei der Weiterführung des Assistenzeinsatzes in die­ser Form sicherlich nicht im Mittelpunkt gestanden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es um sicherheitspolitische Überlegun­gen geht, dann brauchen wir Exekutive, dann brauchen wir Personal, das mit ordentli­chen Kompetenzen ausgestattet ist. Genau für das steht die FPÖ und genau für das steht auch die FPÖ im Burgenland. Dafür werden wir auch entsprechend sorgen, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte hier aber noch einen anderen Bereich, einen interessanten, spannenden Be­reich ansprechen dürfen. Der Herr Bundesminister hat in den letzten Wochen in einem Interview gesagt, er habe 140 Millionen € an Rücklagen gebildet, die vor dem Hinter­grund der 540 Millionen, die wir einsparen sollten, auch dort ankommen sollten, wo sie hingehören.

Für all jene, die die „Kronen Zeitung“ vom 18. Mai nicht gelesen haben. Diese titelt: „Rat­tenfallen, Gestank & Ruinen“ in der Salzburger Schwarzenbergkaserne, wo ein dienst­führender Unteroffizier interviewt wird, der Folgendes sagt: Auf die Frage hin:

„Herr Vizeleutnant, Ihre Soldaten müssen in einer echten Ruine hausen ...“, sagt der Herr Vizeleutnant:

„Leider. Dieses Gebäude stand jahrelang leer, es wurde nur noch als Lager genützt. Dann mussten wir es wieder als Quartier für die Grundwehrdiener nehmen – mit 50-Mann-Schlafsälen und verstopften Leitungen ...“

Die nächste Frage: „Sind die Zustände nicht menschenunwürdig?“

„Das sagen uns alle“, sagt der Herr Vizeleutnant, „– der Volksanwalt, einige Kommis­sionen, einfach jeder, der das sieht. Aber trotzdem gibt es leider noch keine Verbesse­rungen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In solchen Bereichen wäre das Geld, nämlich diese 140 Millionen €, wirklich sinnvoll investiert.

Darum möchte ich hier auch folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 163

Antrag

des Abgeordneten Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Verwendung eines Teiles der Rücklagen aus dem Heeresbudget zur Sanierung von Unterkünften des ös­terreichischen Bundesheeres

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, gemäß den Empfehlungen der Volksanwaltschaft einen Großteil der in den letzten zwei Jahren ge­bildeten Rücklagen von 140 Millionen € für die dringend notwendige Sanierung von Un­terkünften zu verwenden.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das wäre, wie gesagt, gut investiertes Geld. Da geht es nicht nur um das Bundesheer, und wir dürfen nicht vergessen, das Bundes­heer besteht aus Menschen. Das sei vor allem an die grüne Fraktion gerichtet. Es sind vor allem junge Staatsbürger, die dort ihren Dienst verrichten. Ich glaube, die haben es sich verdient, in ordentlichen Unterkünften untergebracht zu werden. Darum erwarte ich mir auch Ihre Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

des Abgeordneten Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Verwendung eines Teiles der Rücklagen aus dem Heeresbudget zur Sanierung von Unterkünften des ös­terreichischen Bundesheeres

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage betreffend „Parteipolitik und Assistenzeinsatz“ in der 67. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Mai 2010.

Der Bericht der Volksanwaltschaft 2009 berichtet unter Punkt 6.9.1.1.1. „Bauzustand der Unterkünfte in den Kasernen des Österreichischen Bundesheeres“ folgendes:

„Bereits im 32. Bericht über die Tätigkeit der Volksanwaltschaft im Jahr 2008 an den Nationalrat und Bundesrat (S. 289 ff) wurde auf teilweise schlechte Wohn- und Hy­gienestandards in Kasernen aufmerksam gemacht. Dieser Eindruck hat sich nach wei­teren Besichtigungen von Mannschaftsunterkünften im abgelaufenen Berichtsjahr ver­festigt. Die Volksanwaltschaft hat das zuständige Bundesministerium über ihre Wahr­nehmungen im Detail in Kenntnis gesetzt und abermals gefordert, dass in Ergänzung bereits in Angriff genommener oder vor kurzem abgeschlossener Neubauprojekte auch ein verstärkter Abbau des über Jahrzehnte aufgelaufenen Sanierungsbedarfes geboten wäre. Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport teilte dazu mit, dass auf Grundlage der Studie „Finanzbedarfkaserne 2010“ ein Investitionsvolumen von mehr als einer Mrd. Euro notwendig wäre, um Kasernen in einen zeitgemäßen Neubaustand zu bringen. Eine Prioritätensetzung zur Verbesserung der Infrastruktur sei zwischen­zeitig zwar erfolgt, könne aber aus dem regulären Budget nur schrittweise realisiert werden.

Aufstellungen über getätigte Investitionen der Jahre 2008 und 2009 im Bereich der In­frastruktur wurden der Volksanwaltschaft vom geprüften Ressort zur Verfügung ge­stellt. Die Volksanwaltschaft anerkennt auch die Bemühungen der letzten 3 Jahre, in


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denen 311 Millionen € in diverse Bauvorhaben und Strukturerneuerungen investiert wurden. Um Missständen, welche die Akzeptanz und Attraktivität des auf der all-gemei­nen Wehrpflicht beruhenden Bundesheeres beeinträchtigen, nachhaltiger begegnen zu können, müsste die Sanierung von Mannschaftsunterkünften in den nächsten Jahren aber deutlich forciert werden.

Die Volksanwaltschaft empfiehlt der Bundesregierung eine Sonderfinanzierung im Umfang von 350 Millionen € für die Sanierung von Unterkünften in den Budgetjahren 2010 – 2014 zur Verfügung zu stellen.“

Die APA berichtete am 11. Mai 2010 unter APA178 folgendes:

„Assistenzeinsatz: Darabos beharrt auf Verlängerung BILD

Utl.: Fekter: ,Zahlen tut das der Verteidigungsminister‘ =

Wien (APA) - Im koalitionären Konflikt um die Verlängerung des Assistenzeinsatzes über 2010 hinaus hat sich Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) am Dienstag vor dem Ministerrat auf eine Fortführung des Einsatzes festgelegt. Wenn das politisch ge­wünscht werde, und davon gehe er aus, werde er die Verlängerung des

Assistenzeinsatzes aus dem Heeresbudget bezahlen, verwies Darabos auf 140 Mil­lionen Euro an Rücklagen, die er in den letzten zwei Jahren gebildet habe. ()“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird aufgefordert, gemäß den Empfehlungen der Volksanwaltschaft einen Großteil der in den letzten zwei Jahren ge­bildeten Rücklagen von 140 Millionen € für die dringend notwendige Sanierung von Un­terkünften zu verwenden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.05.28

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze Österreichs hat ja in den Anfangsjahren sehr viel gebracht und war durchwegs auch sehr sinnvoll. Seit En­de 2007 ist aber die Schengengrenze weg, und daher ist der Einsatz dort mehr als fraglich. Der Rechnungshofbericht hat ja auch gesagt, dass die Ergebnisse, die dieser Einsatz jetzt noch bringt, eigentlich in keiner Relation zum Aufwand stehen.

Ich erinnere: Assistenzeinsatz alt, nach der alten Methode, bis Ende 2007. Da durften die Soldaten Personen anhalten, Ausweisleistung verlangen, die Fahrzeuge kontrollie­ren und auch durchsuchen, Festnahmen von verdächtigen Personen durchführen und hatten auch die Befugnis zum eingeschränkten Waffengebrauch bei Notwehr und Not­hilfe.

Jetzt der Assistenzeinsatz neu: Seit Dezember 2007 sind sie im Prinzip schön grün ge­kleidete Bewegungsmelder. Sie stehen draußen und dürfen melden, wenn sie irgendet­was Verdächtiges wahrnehmen. Mehr auch schon nicht.

Seit Ende 2007 haben wir fast 12 000 Soldaten im Einsatz gehabt, im Durchschnitt 800. 2008 gab es 700 Meldungen, davon 40 gerichtlich strafbare Handlungen,verwaltungs­


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strafrechtliche. Null Schlepper wurden aufgegriffen und null illegale Einwanderer wur­den aufgegriffen. 2008! Also Leistung für den Zweck des Assistenzeinsatzes eigentlich null, was das Ziel war. 2009 eine ähnliche Situation. (Beifall beim BZÖ.)

2009 haben wir knapp 1 300 Meldungen, 79 gerichtlich strafbare Handlungen, 21 ver­waltungsstrafrechtliche Delikte, null Schlepper aufgegriffen, aber immerhin und, siehe da, neun Illegale. Also wenn man das hochrechnet, das ist heute schon gesagt worden: 1,4 Millionen € in diesem Jahr für jeden illegal Aufgegriffenen. Wenn man es hoch­rechnet auf die 16 Monate und fast 30 Millionen €, dann sind wir bei 3 Millionen € je auf­gegriffenen Illegalen.

Herr Minister, was mich besonders verwundert, ist, dass Sie das als Erfolg verzeich­nen. – Das ist doch alles andere als ein Erfolg: Die Delikte, die bekanntgegeben wor­den sind, wo sie mitgewirkt haben, sind zum Beispiel folgende: Körperverletzung, Rauf­handel, Delikte nach dem Suchtmittelgesetz. Also man hat versucht, auch Hascher und Dealer dingfest zu machen. Die erste Armee, die sich um das kümmert. Nach dem Ver­botsgesetz wurden auch Anzeigen gemacht. Alkohollenker wurden angezeigt. Die ers­te Armee, die die Alkolenker aus dem Verkehr zieht. Und ganz zum Schluss: Auch das Pickerl von Fahrzeugen wurde überprüft. Auch die erste Armee, die sich darum küm­mert, dass die Pickerl ordnungsgemäß auf den Fahrzeugen angebracht sind.

Das kann es mit Sicherheit nicht sein, dass das der Assistenzeinsatz des Bundeshee­res wäre. Wie gesagt, in 16 Monaten Kosten von knapp 30 Millionen €. Dieses Ergeb­nis ist mehr eine Minderleistung, eine Nullleistung.

Ich sage Ihnen zur rechtlichen Situation Folgendes: Wenn Sie das Wehrgesetz anse­hen, dann steht ganz klar drinnen – ich darf kurz zitieren –:

Eine Assistenzleistung ist nur zulässig, sofern die anfordernde Behörde eine ihr zu­kommende Aufgabe nur unter Mitwirkung des Bundesheeres erfüllen kann, § 2 Abs. 5 Wehrgesetz.

Es gibt dazu von Bernd-Christian Funk entsprechende Erläuterungen.

Ich glaube nicht, dass es Aufgabe des Bundesheeres ist, Drogendealer, Alkoholsünder und Pickerlsünder ausfindig zu machen und anzuzeigen. Dazu haben wir andere Be­hörden in Österreich und auch im Burgenland, die das wesentlich besser können.

Das Bundesheer hat mit Sicherheit in Zukunft ganz andere Aufgaben zu bewältigen. Da geht es um die Frage der Fahrzeuge. Da geht es um die Frage der Panzer, der Flugzeuge. Da geht es um die Frage der desolaten Kasernen, die bereits angespro­chen worden sind. Da geht es um die Bundesheerreform an sich, darum, ob diese überhaupt noch aktuell ist oder ob man sie entsprechend justieren muss. Da geht es um rechtliche Grundlagen, die für zukünftige Auslandseinsätze zu schaffen sind.

Herr Minister, es geht auch um Grundsatzfragen. Es geht auch um Fragen der Ge­rechtigkeit und der Fairness. Wenn ich Sie daran erinnern darf: Es gab im Vorjahr, im Herbst des Jahres 2009 eine Anfrage zu einem gewissen Herrn Norman. Herr Norman wollte in den Assistenzeinsatz gehen, allerdings im Ausland. Das wurde ihm ohne An­gabe von Gründen verweigert. Er hat daraufhin prozessiert und bekam von der Finanz­prokuratur recht. Nunmehr muss der Staat Österreich dafür eine entsprechende Abfin­dung zahlen.

Herr Verteidigungsminister, ich frage Sie: Steht dieser Herr Norman in irgendeinem Zu­sammenhang mit Ihrem Schwager, der zum selben Zeitpunkt auch im Ausland Dienst versehen hat?

Das würde mich interessieren, denn wenn das der Fall ist, dass Sie, Herr Darabos, als Minister Ihrem Schwager den Weg freimachen – nochmals: wenn das der Fall ist –, um


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im Ausland Dienst machen zu können, das aber bei einem anderen Österreicher, der die Voraussetzungen erfüllt, ohne Angabe von Gründen negativ beschieden wird, dann sind Sie, Herr Minister, mehr als rücktrittsreif.

Der letzte Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Wir vom BZÖ wollen – das ist ja bereits gesagt worden – eine echte Grenzschutzgruppe, eine Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundesheer, die auch die entsprechenden Befugnisse hat. Dafür gibt es je­doch leider Gottes keinerlei Vorarbeiten in Ihrem Ressort.

Folgendes auch noch, Herr Minister Darabos: Die Kriminellen kommen im Burgenland nicht über den Schilfgürtel des Neusiedler Sees herein, sondern sie kommen ganz ein­fach und direkt über die A4, über die Autobahn von Budapest nach Wien.

Wenn Sie Kontrollen wollen, dann machen Sie diese an der Grenze mit einer entspre­chenden Grenzschutztruppe und führen Sie auch wieder vorübergehend Grenzkontrol­len ein! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Diese Aufgaben kann man aber auch nicht der ÖVP überlassen, weil die ÖVP da ge­nauso säumig ist und die Exekutive mit zu wenig Personal ausstattet, und zwar egal, ob in Wien oder im Burgenland. Und daher machen Sie jetzt eine Show-Einlage à la Darabos im Wahlkampf und versprechen, dass das Bundesheer Sicherheit bringen werde.

Aber, meine Damen und Herren, nicht das Bundesheer bringt die Sicherheit, sondern letztendlich die Exekutive – und diese ist ja auch dazu da. Ihre Umfrage und dieses 80 Prozent-Ergebnis seien dahingestellt, und ich kann Ihnen nur sagen: Wie Sie von der SPÖ im Burgenland agieren, das halte ich für eine rein populistische Agitation! Sie machen Umfragen und sagen, der Bürger will Sicherheit. – Ja, aber der Bürger will wahrscheinlich nicht das Bundesheer dafür eingesetzt haben, aber dennoch möchte er sich in Sicherheit wissen und will auch Sicherheit haben, dass nicht eingebrochen, dass nicht gestohlen wird und dass die Kriminellen auch im Burgenland zurückgedrängt wer­den. Das würde Sinn machen.

Nochmals: Das, was wir jetzt vorfinden, Herr Landesverteidigungsminister, tut mir auch als Milizoffizier weh, denn ich weiß, wie dringend das Heer gerade in diesen Zeiten das Personal und auch das in diesem Zusammenhang aufgewendete Geld woanders ein­setzen könnte.

Daher fordere ich Sie auf, Herr Bundesminister Darabos: Setzen Sie ein ehrliches Zei­chen und geben auch Sie dem Rechnungshofbericht und den Fakten recht! Beenden Sie diesen sinnlosen Bundesheer-Grenzeinsatz im Burgenland! Sorgen Sie dafür, dass wir hiefür eine professionelle Grenztruppe mit den entsprechenden Befugnissen bekom­men!

Es darf keinen Missbrauch mehr des Bundesheeres für SPÖ-Wahlkampfveranstaltun­gen geben!

Daher: Unser Misstrauensantrag ist mehr als gerechtfertigt. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


17.12.34

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Hätten wir keine Landtagswahlen, würden wir dieses Thema hier gar nicht debattieren. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Das stimmt!)


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Mich würde es schon interessieren, sehr geehrte Damen und Herren, wie diese Dis­kussion heute verlaufen wäre, wenn es Ende dieses Monats Landtagswahlen in Nie­derösterreich gäbe. Es ist jedenfalls ganz lustig und interessant, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, das jetzt im Vorfeld der burgenländischen Landtagswahlen zu diskutieren, aber ich erkenne da keinen Unterschied, ob der Landeshauptmann von Niederösterreich oder der des Burgenlandes dieses Thema anspricht. Und ich darf das auch gleich begründen.

Wir alle werden von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt, und wenn wir hinausfahren in die verschiedensten Regionen, müssen wir erkennen, dass rund 90 Prozent der Be­völkerung in der Ostregion, und zwar egal, ob in niederösterreichischen oder burgen­ländischen Bezirken, den Assistenzeinsatz unseres Bundesheeres begrüßen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was ist mit Kärnten?) Daher: Das wären doch schlechte Landeshauptleute, wenn sie sich nicht für die Belange ihrer Bürgerinnen und Bürger ein­setzen würden! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle sollten auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger stehen. – Das ist ja nicht einmal eine akademische Diskussion, denn hier wer­den teilweise Äpfel mit Birnen verglichen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum sind die Kärntner Menschen zweiter Klasse? Sie haben keinen Assistenzeinsatz!)

Lieber Kollege Öllinger, da einen Vergleich in Bezug auf die Kosten dieses Assistenz­einsatzes mit der Sozialhilfe zu machen, dazu kann ich nur sagen, das müsste man ge­radezu feiern, denn wenn wir so wenig Sozialhilfe brauchen, dann geht es den Bürge­rinnen und Bürgern im Burgenland gut. So einfach ist das!

Schauen Sie sich doch im Burgenland um: ein wirklich blühendes Land, alles funktio­niert, alles glücklich. Und die Frau Bundesministerin wird alles daransetzen – davon bin ich überzeugt; die Planungen sind ja schon in Vorbereitung –, dass bis nächstes Jahr in den Grenzbereichen alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen abgeschlossen sein wer­den. Dann werden wir das auch ohne diese „Landtagswahl-Manier“ diskutieren können.

Wir alle, meine Damen und Herren, sollten den österreichischen Exekutivbeamten und Bundesheerangehörigen großen Dank aussprechen, denn das haben sie sich auch ver­dient. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

Nicht verdient haben es sich diese Beamtinnen und Beamten, und zwar eben nur des­wegen, weil bald Landtagswahlen stattfinden, da auf einmal in irgendeine parteipoliti­sche Richtung gedrängt zu werden. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Kollege Scheibner, ich schätze dich wirklich, aber dass du da jetzt so mittust, wenn Herr Pilz sagt, Minister Darabos sei ein Eurofighter-Verschleierer, das halte ich für nicht richtig. Das sind doch geradezu Verschwörungstheorien hier herinnen – und das, obwohl in Wirklichkeit jeder die Position von Bundesminister Darabos kennt, ebenso die der ge­samten SPÖ. Aber natürlich können Sie diese alten Hüte aufwärmen bis zum Geht­nichtmehr – und dennoch wird das nicht besser.

Außerdem finde ich auch, dass sich der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport so einen Umgangston nicht verdient hat. Sie alle hätten keine Freude, wenn man mit Ihnen so umgehen würde, um das auch einmal in aller Klarheit zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bin überzeugt davon, dass die Österreicherinnen und Österreicher, gerade auch wenn es um die innere Sicherheit geht, genau wissen, dass diese Bundesregierung mit ihren Einrichtungen, mit ihren Beamtinnen und Beamten – je nachdem, um welchen Be­reich es gerade geht – Hervorragendes leistet.

Daher sind diese Themen für polemische Zwecke nicht geeignet, denn das Wichtigste, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass wir gemeinsam Rahmenbedingun­


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gen schaffen, sodass sich die Menschen in unserer Republik – egal, in welcher Region sie leben – ganz einfach sicher und geborgen fühlen und für ihr weiteres Fortkommen die besten Bedingungen in unserem Lande vorfinden.

Wegen einer bevorstehenden Landtagswahl solche leicht durchschaubare „Argumente“ zu erfinden, solche Verschwörungstheorien – bis hin zum Eurofighter-Kauf – zu spin­nen und obendrein noch dem Bundesminister das Misstrauen aussprechen zu wollen, das kann man wirklich nur als starken Tobak bezeichnen.

Ich bin davon überzeugt – aber reden wir am Wahlabend weiter –: Sie werden nichts von solchen Aktionen haben! Was jedoch die politische Kultur betrifft, kann man nur sagen: Völlig unnötig solche Aktionen!

Meine Damen und Herren, ich lade Sie dazu ein, diese Themen ernst und sachlich zu diskutieren, denn dann haben die Österreicherinnen und Österreicher auch etwas da­von. Dazu lade ich Sie wirklich sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Rufe: Bravo, Otto!)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


17.17.51

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Kollege Pendl möch­te etwas über den Unterschied wissen, und da kann ich nur sagen, das ist ganz ein­fach: Zum ersten Mal stellt sich ein burgenländischer SPÖ-Verteidigungsminister her und sagt: Ich bin bereit, jedes Jahr 20 Millionen € zu verschwenden! Ich bin bereit, die Verfassung zu missachten! Ich bin bereit, Gesetze zu brechen! Ich bin bereit, den Rechnungshof zu ignorieren, damit ich meinen Parteifreunden der SPÖ-Burgenland im Wahlkampf einen Gefallen erweisen kann! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das hat es bis jetzt noch nie gegeben: weder bei einer Landespartei noch an der Spit­ze des Verteidigungsministeriums. Und, Herr Kollege Pendl, dieser Unterschied macht mich, jedoch in sehr negativer Art und Weise, sicher.

Daher: Wichtig ist, dass wir mit dieser Dringlichen Anfrage – nicht nur wir Grüne, son­dern ich sehe da eine Bereitschaft bei zumindest vier Fraktionen dieses Hauses; mit Ausnahme der SPÖ – signalisieren: Das Bundesheer soll und darf nicht von einer poli­tischen Partei missbraucht werden, auch wenn es die Partei des österreichischen Bun­deskanzlers ist. – Das ist der erste Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, Kollege Pendl: Wenn Umfragen bedeuten, dass man sich aufgrund von Umfrageergebnissen, die nur Sie kennen, an die Seite der Bürgerinnen und Bürger stellt, kann ich nur sagen: Machen Sie doch auch einmal folgende Umfrage: „Wer im Burgen­land möchte Steuern zahlen?“

Wenn dann über 92 Prozent sagen: Nein, wir wollen keine Steuern zahlen!, erklären Sie dann das Burgenland zum „Vor Steuern sicher“-Wohlfühlland?! Erklären Sie dann, dass man im Burgenland keine Steuern mehr zahlen muss? – Natürlich nicht, denn Sie kassieren die Steuern, damit der Verteidigungsminister mit 140 Millionen € eine „rote“ Geheimkasse anlegen und damit den burgenländischen Wahlkampf der SPÖ über den Assistenzeinsatz finanzieren kann! Deswegen werden Sie also nicht auf Steuern ver­zichten, sondern auf eine gesetzliche Fundierung dessen drängen, was der Verteidi­gungsminister tut.

Drittens, ich komme noch einmal auf das zurück, was Kollege Öllinger gesagt hat: Die Sozialhilfe, Herr Abgeordneter Pendl, beträgt im Burgenland 0,7 Prozent der Regie­rungsausgaben, in Wien 6,7 Prozent. Wollen Sie uns wirklich einreden, dass die Wie­ner zehnmal ärmer sind als die Burgenländer und deswegen mehr Sozialhilfe brau­chen?! Ich persönlich habe eher einen anderen Eindruck. Im Burgenland gibt es pro­


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zentuell etwa so viel Armut wie in Wien (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Mehr!), wahr­scheinlich etwas mehr.

Was, Herr Kollege Pendl, empfehlen Sie den armen Menschen im Burgenland, die nicht wissen, wie sie die Miete zahlen, die nicht wissen, ob sie sich überhaupt noch einen Urlaub leisten können, die von Theater oder Kino oder Urlaub überhaupt nicht mehr träumen können und vor deren Garten ihres wahrscheinlich verschuldeten Hauses zwei bewaffnete Präsenzdiener auf und ab gehen? Ist das der Vorschlag zur Armuts­bekämpfung, dass vor den verarmten Haushalten im Burgenland Präsenzdiener mit Sturmgewehren auf und ab gehen? Und glauben Sie, dass das für ein soziales Sicher­heitsgefühl sorgt? Ich persönlich glaube das eher nicht und plädiere dafür, die 140 Mil­lionen € der Geheimkassa für Parteizwecke genauso wie die 20 Millionen € für den As­sistenzeinsatz in Sicherheit, und zwar in soziale Sicherheit, in Bildungssicherheit und in Umweltsicherheit, zu investieren. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Vorletztes noch: Herr Verteidigungsminister, Sie haben erklärt – und das ist im Par­lament schon allerhand, das ist schon eine gewisse Unverfrorenheit! –, der Rechnungs­hof habe einfach keine Kompetenz in militärischen Dingen. – Ja, darf der Rechnungs­hof, ein Organ des österreichischen Parlaments, Ihrer Meinung nach das Verteidigungs­ministerium überhaupt noch prüfen? (Abg. Mag. Stadler: Zählen, abzählen!)

Und dann tritt Abgeordnete Lapp auf und sagt – ich zitiere –: Die Aufgabe des Rech­nungshofes ist es, zusammenzuzählen.

Stellen Sie sich einmal vor, es entsteht einmal die „Wegzählaufgabe“. Brauchen wir dann einen zweiten Rechnungshof? Was passiert im komplexen Fall der Division? Sa­gen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, welches Verhältnis haben Sie über­haupt noch zu Parlament, Verfassungsmäßigkeit, Kontrolle, ordentlicher Rechnungs­führung und zu dem Prinzip, dass auch Minister an Gesetze gebunden sind?

Ich empfehle Ihnen, nicht zusammenzuzählen, nicht wegzuzählen, sondern, meine Da­men und Herren von der SPÖ, lernen Sie einmal, bis zwei zu zählen! Und da sage ich Ihnen: Zwei freiheitliche Parteien sind genau um eine zu viel. (Rufe bei den Grünen: Um zwei zu viel!) Und deswegen ist es wichtig, dass es nach den burgenländischen Wahlen ein Zeichen gibt, dass es nur noch eine einzige freiheitliche Partei gibt, und wenn die ein bisserl kleiner würde, hätten wir auch nichts dagegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


17.23.06

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich meine, einen der wohl klügsten Sätze hat in der Tat Erwin Pröll getätigt, als er gesagt hat: Präven­tion ist nicht messbar. (Abg. Öllinger: So ein „kluger“ Satz!) Das ist genau der Kern­satz bei der Frage des Assistenzeinsatzes. Denn manchmal hört man aus Ihren Äuße­rungen, Sie sind fast traurig, dass es nicht mehr Vorkommnisse an der Grenze gibt, Sie sind fast traurig, dass es sich dort nicht abspielt oder dass da nicht irgendwie viel mehr Straffälle feststellbar sind. Das Gute an der Tatsache, dass es diesen Assistenzeinsatz gibt, ist eben die Abschreckung. Schwer messbar! Dinge, die nicht geschehen sind, kann man wirklich nicht statistisch erfassen. Daher ist das – wie ich glaube – eine sehr kluge Überlegung und ist einer der Kernpunkte, warum es diesen Assistenzeinsatz auch wirklich gibt. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Zweiter Punkt: Das war eine intellektuelle Nullakrobatik vom Kollegen Scheibner – dem ehemaligen Verteidigungsminister, muss man dazusagen –, wie er versucht hat, objek­tive Sicherheit vom subjektiven Sicherheitsgefühl zu trennen. (Abg. Dr. Glawischnig-


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Piesczek: Natürlich!) Das ist eine Leistung. Objektive Sicherheit ist sowieso das Ziel des Bundesheeres, aber zugleich natürlich soll es damit, dass es objektive Sicherheit gibt, ein subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln. (Abg. Scheibner: ... aber nur subjek­tive Sicherheit!)

Das, was Sie sagen, ist: Sie wissen schon, wie die nicht messbare Prävention ausge­hen würde. – Das ist so etwas von intellektuell daneben, da muss ich sagen: Es ist wirklich gescheit, dass Sie im Burgenland gar nicht kandidieren, aber wahrscheinlich wären Sie ohnehin unter der statistischen Wahrnehmungsgrenze gewesen.

Wenn jetzt gesagt wird, da besteht eine Verfassungswidrigkeit: Auch das stimmt nicht. Ein Judikat des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 1994 sagt, dass es hier Ver­fassungsmäßigkeit gibt, dass das vorliegt bei diesem Assistenzeinsatz an der Grenze. Also auch das ist nicht richtig.

Daher stellt sich schon die Frage, ob es klug ist, wenn man gegen die Bevölkerung und gegen ihre Sicherheitserfordernisse Politik macht. Genau das geschieht im Burgenland nicht. Dort gibt es einen verantwortungsvollen Landeshauptmann, hier gibt es einen verantwortungsvollen Verteidigungsminister, eine verantwortungsvolle Innenministerin, wenn sie bezüglich der Assistenzleistung an der Grenze mittut – und das ist das Ent­scheidende. Da soll man – so glaube ich – auf die Bedürfnisse der Bevölkerung im Bur­genland eingehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dann möchte ich noch einen Punkt hinzufügen. Schauen Sie, ich finde, der Verteidi­gungsminister Darabos macht seine Arbeit exzellent. Man muss bedenken, was er für ein Erbe angetreten hat. Vielleicht hätte der ehemalige Verteidigungsminister Scheib­ner da einiges mehr erzählen können. Er kommt immer daher, spielt den Dozenten über die Wehrpolitik, als wenn er Zeit seines Lebens nie Minister gewesen wäre und für nichts verantwortlich gewesen wäre, was auch an Fehlentscheidungen vorhanden gewesen ist. (Abg. Ursula Haubner: Das war noch ein Verteidigungsminister!)

Der jetzige Verteidigungsminister hat das zum Teil alles ausbaden müssen. Da sind einmal Panzer gekauft worden, die keiner gebraucht hat, dann sind Flugzeuge gekauft worden, die in Wahrheit auch niemand gebraucht hat, die aber sündteuer sind und wo ein Knebelungsvertrag abgeschlossen wurde, aus dem man gar nicht herausgekom­men ist. Also, ich sage das nur dazu. Das muss man schon alles auch sehen, wenn Sie da alle herauskommen und da die Besserwissernummer abziehen, vor allem wenn man selber in dem Ressort gesessen ist. Daher meine ich, er macht eine sehr, sehr gute Arbeit, und man sollte ihn dabei unterstützen. Es ist nichts Verwerfliches.

Ich finde, die heutige Dringliche ist glatt danebengegangen. Wieso Sie überhaupt auf die Idee kommen, jemandem, der die Interessen der Bevölkerung vertritt, der den Forde­rungen der Bevölkerung entgegenkommt, ihrem Sicherheitsbedürfnis entgegenkommt – über 80 Prozent wollen das! –, das Misstrauen auszusprechen! (Abg. Öllinger: Bitte nicht weinen!) Jawohl, so jemand hat das Misstrauen der Grünen und der Orangen! Sie stellen sich hier gegen die Bevölkerung, Sie sagen: Die Interessen der Bevölkerung sind mir gleichgültig, und daher braucht es Misstrauen! Das ist so unglaublich!

Schade, dass das Fernsehen das nicht direkt überträgt. Mein Gott, ist das schade! Das hätte man den Burgenländerinnen und Burgenländern wirklich mitteilen sollen, auf wel­cher Seite Sie hier stehen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie stehen nicht auf der Seite der Si­cherheitsinteressen der Burgenländerinnen und Burgenländer. Das muss man wirklich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27

17.27.20


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 171

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bun­des-Verfassungsgesetzes.

Ich stelle fest, dass mehr als die Hälfte der erforderlichen Abgeordneten anwesend ist.

Ich bitte jetzt jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauens­antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwendung eines Teiles der Rück­lagen aus dem Heeresbudget zur Sanierung von Unterkünften des österreichischen Bun­desheeres.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehr­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.28.39Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir nehmen die Verhandlungen über die Punkte 11 bis 14 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


17.28.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! An und für sich ist eine Debatte über Abkommen zur sozialen Sicher­heit eine einfache Frage, weil in der Regel ja wirklich nur Gegenstände auf der Tages­ordnung sind beziehungsweise im Rahmen dieser Abkommen beschlossen werden, die eine gegenseitige Verbesserung bei den Ländern beziehungsweise bei den betrof­fenen Personen erwirken.

Kompliziert hat es eigentlich nur der Kollege Kickl, indem er auf das repliziert hat, was ich im Sozialausschuss schon angesprochen habe: Nicht immer waren Abkommen zur sozialen Sicherheit oder die Debatte über ein Abkommen zur sozialen Sicherheit ein Anlass zur Freude oder dazu, einen Fortschritt festzustellen. Wir hatten auch schon Ab­kommen zur sozialen Sicherheit, wo es Teilkündigungen gegeben hat. Die haben die fa­milienpolitischen Leistungen betroffen.

Jetzt liegt wieder ein Vorschlag sozusagen zur Debatte auf, erstellt von Staatssekretär Lopatka, indem er vorschlägt, dass die Familienbeihilfe für bestimmte Länder – eben nicht die Länder der Europäischen Union beziehungsweise solche, die ein Assozia­tionsabkommen mit der Union haben oder wo es entsprechende Abkommen gibt, son­dern die anderen Länder – entsprechend den Kosten des Lebensunterhaltes geregelt wird.

Kollege Kickl war ganz begeistert von diesem Vorschlag heute und hat eigentlich sehr lange darüber gesprochen, dass das doch ungerecht sei, wenn wir jemandem – und das möchte ich noch einmal betonen –, der hier arbeitet, hier seine Steuern zahlt, des­sen Kind aber nicht hier lebt, weil es unter Umständen nicht hier leben darf, sondern im Ausland wohnt, die österreichische Familienbeihilfe zahlen. Er findet das ungerecht. Er findet, da wird bezüglich Ländern, wo das Lebenshaltungsniveau niedriger ist, zu viel geleistet.

Ich würde nur ersuchen, dass man dem Kollegen Kickl, der jetzt nicht da ist, einfach nur auf den Weg mitgibt, was dem österreichischen Staat dadurch erspart wird, dass das Kind nicht hier lebt. Würde es hier leben und hier leben können – das wäre ja die Alternative –, dann fielen zum Beispiel die Kosten für Kindergarten, Schule, Ausbildung et cetera hier an. Und hier zahlt der betreffende Elternteil auch die Steuern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 172

Also das Argument, es muss die Familienbeihilfe nicht vom österreichischen Niveau ab­hängig gemacht werden, sondern vom ausländischen Niveau, ist erstens vollkommen kurzsichtig, wenn die Kinder schon im Ausland leben, was ja nicht unbedingt das Beste oder gut ist, wenn sie getrennt von ihren beiden Eltern leben müssen, weil sie zu den El­tern nicht zuziehen dürfen. Das Argument zu bringen, wir müssen Steuern spa­ren, wir müssen Geld sparen, indem wir die Familienbeihilfe auch noch kürzen, greift etwas zu kurz, weil Sie die Kosten nicht wirklich berücksichtigen, die dem jeweiligen Herkunfts­land durch Ausbildung, Kindererziehungskosten et cetera anfallen.

Und umgedreht: Das wird es nicht spielen, dass wir die Kinder nicht zuziehen lassen und auf der anderen Seite sagen: Aber eure Kosten und den Aufwand, den ihr betreibt, werden nicht nach dem österreichischen Steuerniveau oder Lebenshaltungsniveau be­rechnet, sondern nach dem ausländischen. Das würde den Rückschluss erlauben, dass die Person, die hier arbeitet, dann die Steuern entsprechend dem Herkunftsland und nicht entsprechend dem Aufenthaltsland bezahlt. Es ist also ziemlich kurz gegriffen.

Ich würde Sie dringend ersuchen – abgesehen von dem bürokratischen Aufwand, den das ganze System des Herrn Lopatka verursachen würde, abgesehen davon, dass der erzielte Einsparungseffekt 15 Millionen € beträgt; und da diskutieren wir wie lange da­rüber?, so lange, bis das dem Herrn Lopatka gefällt oder ihm klar wird, dass das eigentlich ein unsinniges Argument ist? –, dass bald davon Abstand genommen wird. (Beifall bei den Grünen.)

17.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


17.33.28

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! In der heutigen Zeit wird im Wirtschafts- und im Arbeitsleben von jedem von uns – sei es ein Arbeitnehmer, ein Gewerbetreibender, ein Unternehmer – Mobilität verlangt. Ich denke, diesem Sozialversicherungsabkommen kommt in diesem Zusam­menhang eine große Bedeutung zu. Wir stehen damit in einer guten Tradition in der Ver­gangenheit. Es hat bei derartigen Sozialversicherungsabkommen auf freiwilliger Basis mit Drittstaaten ja schon einige diesbezügliche Abschlüsse gegeben.

Es geht darum, dass Angehörige der beiden Staaten – in dem Fall Südkorea bezie­hungsweise Australien – bei den Versicherungsleistungen gleich behandelt werden. Vor allem geht es darum, dass doppelte Beitragszahlungen vermieden werden.

Ich kann es daher kurz machen. Wir werden seitens des BZÖ diesen drei Sozialver­sicherungsabkommen unsere Zustimmung geben, denn wir glauben, dass es gerade in diesem Bereich notwendig ist, klare Regelungen im Sinne der Sicherheit der Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer zu setzen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


17.35.10

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Australien ist nicht nur ein sehr fernes und auch immer beliebteres Urlaubs­land, sondern es ist auch ein immer größerer Magnet für solche, die berufliche Aben­teuer suchen oder eine Karriere in der Ferne anstreben. Australien ist auch ein klas­sisches Einwanderungsland. Jedem stehen die Türen nach Australien offen, und das natürlich auch vielen Österreicherinnen und Österreichern. Viele nutzen das im Rah­men ihrer Arbeit bei multinationalen Unternehmen. Andere gehen aber auch auf eigene Faust nach Australien.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 173

Schon bisher ist der österreichische Staat diesen Bürgerinnen und Bürgern in Form eines bilateralen Abkommens mit Australien zur Seite gestanden. Geregelt wurden zum Bei­spiel Pensionsansprüche, damit die australischen Versicherungszeiten in Österreich Rechtskraft erhalten und auch österreichische Zeiten für die australischen Pensionen herangezogen werden können.

Beim zweiten Abkommen, das heute zum Beschluss kommen soll, geht es um die Ver­sicherungspflicht. Bisher war es Pflicht, dass jene Menschen, die zum Beispiel in aus­tralischen Filialen eines österreichischen Unternehmens gearbeitet haben, sowohl in Australien als auch in Österreich ihre Beiträge zur Sozialversicherung leisten mussten. Im umgekehrten Fall war es natürlich genauso. Ab sofort soll diese Doppelbelastung wegfallen. Entscheidend ist nur mehr jener Staat, in dem die Arbeit tatsächlich stattfindet.

Es wurde auch eine wichtige Nebenvereinbarung getroffen. Das ist der Umgang mit sensiblen Daten bei der Abwicklung dieser Leistungen. Es konnte eine Regelung über den Datenschutz gefunden werden, die dafür sorgt, dass alle Daten, die über die Gren­ze übermittelt werden, ausschließlich für die Sozialversicherung verwendet werden und dass es in keinem Fall zum Missbrauch oder Verlust dieser Daten kommen kann. Durch die Vereinbarung des Abkommens, im Falle von Änderungen im nationalen Recht und im Falle von Änderungen in nationalen Behördenstrukturen es regelmäßig zu adaptieren, wird dieses Recht auch in aller Zukunft leicht durchzusetzen sein. Wir ge­ben damit unseren Bürgerinnen und Bürgern in der Ferne Rechtssicherheit und einen wichtigen Rückhalt, der in jedem Fall zu begrüßen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


17.37.26

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hunds­torfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich danke einmal für die Einstimmigkeit. Leider ist Herr Abgeordneter Kickl nicht da. Ich würde die Freiheitliche Partei bitten, zu sagen, was sie wirklich will. Wir leben in einem vereinten Europa. Wir haben Verträge, wir haben eine Volksabstimmung gehabt, die­sem vereinten Europa beizutreten. (Abg. Ing. Hofer: Und wir haben Primärrecht gebro­chen!) Wir haben auch 260 000 Österreicherinnen und Österreicher, die im Ausland ar­beiten und die dort ihre Familienbeihilfen kassieren. Und genauso gibt es Menschen aus der Europäischen Union, die bei uns arbeiten, legal hier sind und auch hier für unsere Familienbeihilfen, wenn sie Kinder haben, anspruchsberechtigt sind. (Abg. Neubauer: Das müssen Sie aber dem Koalitionspartner Lopatka ...!)

Herr Kollege Neubauer, Sie gerade kommen aus einer Grenzregion, so halb. Viele Ober­österreicher sind in Bayern beschäftigt. Rechnen wir einmal! Die Kinder sind bei uns, der Vater ist in Bayern beschäftigt. Wenn die Mutter nicht arbeitet, kassiert der Vater die bayrische Familienbeihilfe, die Familienbeihilfe der Bundesrepublik Deutschland. (Abg. Mag. Stefan: Was kriegt man denn in Bayern? Weniger, oder?)

Meine Damen und Herren, bekennen Sie sich zu einem vereinten Europa, oder sagen Sie das, was Sie in Wahrheit wirklich sagen wollen! Reden Sie nicht um den Brei he­rum, sondern sagen Sie das, was Sie sagen wollen! Kommen Sie nicht immer mit ir­gendwelchen unterschwelligen Ausflüchten! 260 000 Österreicherinnen und Österrei­cher arbeiten im Ausland und haben dort Anspruch auf die dortigen Sozialleistungen. (Abg. Neubauer: Mit unterschiedlichem sozialem Niveau!) Und diejenigen, die inner­halb Europas bei uns arbeiten, haben den Anspruch hier, weil sie auch hier zahlen. – Ich danke schön. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

17.39

17.39.20



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 174

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Korea über die soziale Sicherheit, in 607 der Bei­lagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu ertei­len.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: 2. Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und Australien im Bereich der sozialen Sicherheit, in 609 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmi­gung zu er­teilen.

Ich bitte Sie um Zustimmung. – Das erfolgt einstimmig.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Ös­terreich und den Vereinten Nationen über soziale Sicherheit, in 682 der Beilagen ge­mäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte um Zustimmung. – Das erfolgt einstimmig.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Ös­terreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über soziale Sicherheit, in 686 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmi­gung zu erteilen.

Ich bitte um Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

17.41.1415. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1106/A(E) der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ing. Nor­bert Hofer, Mag. Helene Jarmer, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Service- und Signalhunde (723 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1088/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veranke­rung der Service- und Signalhunde im Bundesbehindertengesetz (BBG) (724 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1091/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnah­me der Service- und Signalhunde in das Bundesbehindertengesetz (725 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 175

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 903/A der Ab­geordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, geändert wird (726 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1061/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwick­lung eines neuen Begutachtungsverfahrens zur Feststellung der Pflegebedürftig­keit (727 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 926/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Erstellung eines Gesamtkonzeptes im Pflegebereich (728 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 289/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Härteaus­gleich für unverschuldet in Not geratene Unfallopfer (729 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 963/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwen­dige Maßnahmen zur Vermittlung der Braille-Schrift (730 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1046/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integra­tion behinderter Kinder (731 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1075/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbezie­hung der sogenannten Contergangeschädigten in das System des österreichi­schen Sozialentschädigungsrechts (732 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 942/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche (733 d.B.)


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26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1093/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ge­setzliche Grundlagen für familienorientierte Rehabilitation (734 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 15 bis 26 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hofer. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.43.35

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie haben ja gehört – wenn Sie sich diese Aufzählung anhören –, dass es sehr viele Anträge der Opposition gibt, die sich mit dem Sozialbereich befassen. Wir sind aber – und das sehen wir am Abstimmungsverhalten, auch schon im Ausschuss – damit konfrontiert, dass diese Anträge heute leider abgelehnt werden. – Schade.

Sie haben sich bestimmt die Anträge durchgelesen. Einer befasst sich zum Beispiel damit, dass Unfallopfer unter ganz bestimmten Umständen wirklich große finanzielle Schwierigkeiten bekommen können.

Ich kenne so einen Fall: Ein junger Mann, der einen Autounfall hatte – unverschuldet –, ist vom Hals abwärts gelähmt. Die Ausgaben, die er hat – Umbau der Wohnung, Adap­tierung des Badezimmers, Hilfsmittel, Heilbehelfe, Krankenhausaufenthalte, auch da gibt es einen Selbstbehalt –, alle diese Kosten übersteigen mittlerweile das, was die Haft­pflichtversicherung bezahlt hat.

Eigentlich müsste jetzt der schuldige Unfallgegner bezahlen – aber er ist in Privatkon­kurs. Und jetzt steht dieser junge Mann da und hat große finanzielle Schwierigkeiten.

Es gibt nicht so viele Fälle in Österreich, in denen der Rahmen der Haftpflichtversiche­rung gesprengt wird. Daher war unser Vorschlag, einen Fonds einzurichten, um diesen Personen auch wirklich helfen zu können. – Schade, dass das nicht der Fall ist.

Der zweite Antrag, der mir auch sehr wichtig ist, betrifft ein neues Pflegemodell. Herr Bundesminister, ich weiß, Sie arbeiten an einem Modell, um das Pflegegeld anders zu organisieren. Es gibt ein sehr gutes Konzept aus der Bundesrepublik Deutschland mit einem gesamtpflegewissenschaftlichen Ansatz, und mir gefällt dieses Modell ganz, ganz ausgezeichnet. Ich habe deswegen auch diesen Antrag hier eingebracht.

Normalerweise bin ich dafür, dass Anträge nicht vertagt werden. In diesem Fall wäre es mir lieber gewesen, man hätte ihn vertagt und sich das genauer angesehen. (Ruf bei der SPÖ: Antrag stellen!)

Ich kann nur anbieten: Falls Sie Interesse haben, dieses Modell umzusetzen – in die­ser oder einer ähnlichen Form –, vielleicht ist ein Fünf-Parteien-Antrag möglich. Ich glau­be, dass das wirklich ein guter Ansatz ist, der bei unseren Nachbarn gewählt wird.

Was Herr Bundesminister Hundstorfer zu Beginn seiner Ausführungen gesagt hat – in Richtung Herbert Kickl –, ist nicht ganz richtig. Sie dürfen nicht vergessen, Herr Bun­desminister, dass es in den östlichen Nachbarländern ein völlig anderes Lohn- und Einkommensniveau gibt und dort Kinderbetreuungsgeld, Familienbeihilfe zum Teil unter Umständen mehr ausmacht als das Durchschnittseinkommen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Darum ist es aus meiner Sicht nicht verwerflich, wenn man dem Gedanken folgt, den Herr Staatssekretär Lopatka formuliert hat, und versucht, das auf ein Niveau zu brin­gen, das auch den Einkommensverhältnissen entspricht.


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Ich erzähle kurz ein Beispiel vom Finanzamt Eisenstadt. – Das Geld wird ja rückwir­kend ausbezahlt. – Mir hat ein Mitarbeiter von folgendem Fall erzählt: Ein Mann wurde vorstellig und hat diese Familienleistungen im Nachhinein ausbezahlt bekommen – das waren mehr als 10 000 €. Das Problem war, dass zwei Tage später seine Frau gekom­men ist und das Geld auch haben wollte. Der Beamte hat gesagt, dass der Ehemann es schon abgeholt hätte. Darauf hat die Frau gesagt: Er ist aber nicht mehr nach Hau­se gekommen. Er hat also das Geld geschnappt und war dann mit dieser relativ gro­ßen Summe leider weg. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der beste Freund des Herrn Lopatka, aber ich finde, in diesem Bereich hat er einen wirklich sinnvollen und guten Vorschlag gemacht. (Beifall bei der FPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte. (Abg. Öllinger: Das kann nicht stimmen, das Beispiel, weil Familien­beihilfe an die Frau ausbezahlt wird!)

 


17.47.21

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Wir haben schon gehört, unter diesem Tagesordnungspunkt wird eine Reihe von Anträgen behandelt. Ich möchte mich auf zwei Anträge beschränken: zum einen auf den Fünf-Parteien-Antrag betreffend die Definition von Service- und Sig­nalhunden und zum anderen auf die Entschädigungszahlungen für Contergangeschä­digte.

Beim ersten Antrag geht es darum, dass wir einheitliche Definitionen für diese spezi­fisch ausgebildeten Hunde erarbeiten sollen – analog zu den Blindenführhunden, die im Bundesbehindertengesetz geregelt sind –, wir sollten Qualitätskriterien für die Aus­bildung dieser Service- und Signalhunde erarbeiten, und wir sollten bundeseinheitliche Richtlinien finden, denn zurzeit liegt das in Länderkompetenz.

Diesem Antrag – das wissen wahrscheinlich die meisten Kolleginnen und Kollegen – geht eine Bürgerinitiative voraus, die vor allem die Schwierigkeiten in diesem Bereich beleuchtet und auch auf die dringende Notwendigkeit dieser Hunde für Menschen mit Behinderungen hingewiesen hat.

Servicehunde sind Hunde, die vor allem körperbehinderten und anfallkranken Menschen zugutekommen. Signalhunde helfen gehörlosen und hörbehinderten Menschen sowie ebenfalls anfallkranken Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags.

Blindenführhunde sind seit dem Jahr 1999 im § 39a des Bundesbehindertengesetzes definiert und auch gesetzlich geregelt. Für Signal- und Servicehunde gibt es diese Re­gelung leider noch nicht.

Es gibt zurzeit nur einen Erlass des Bundesministeriums, der einen Zusatzeintrag in den Bundesbehindertenpass ermöglicht. Nun ist es eben das Ziel, die Service- und Sig­nalhunde den Blindenführhunden gleichzusetzen.

Was mich besonders freut, ist, dass im Antrag – der gemeinsam mit allen Parteien be­schlossen werden wird –, festgehalten wird, dass die Neuregelung unter Einbindung der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen erfolgen soll, dass die Län­der eingebunden werden sollen und dass vor allem auch ExpertInnen gehört und ein­gebunden werden sollen. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass bei der Umsetzung die­ses Entschließungsantrags die Interessen der betroffenen Menschen im Mittelpunkt stehen, vor allem auch die Qualität der Ausbildung, weil es für die betroffenen Men­schen wirklich wichtig ist, diese Service- und Signalhunde bestausgebildet zu erhalten, damit die bestmögliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird.


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Der zweite Antrag, über den ich noch kurz sprechen möchte, ist der Antrag über die Entschädigung von Contergangeschädigten. Es liegt ja ein Antrag des Kollegen Hofer vor, diese Regelung in das Sozialentschädigungsrecht aufzunehmen.

Ich weiß auch, dass das den Betroffenen ein ganz, ganz wichtiges und großes Anlie­gen ist, weil ich seit vielen Monaten mit diesen Menschen in Verbindung bin.

Wir hatten gemeinsam einen Termin bei Bundesminister Stöger, bei dem uns dann sig­nalisiert wurde, dass es eine Lösung geben wird. Sie alle wissen, dass es im Vorjahr eine Änderung im Conterganstiftungsgesetz gegeben hat, die es ermöglicht, dass Men­schen, die bereits abgewiesen worden sind, noch einmal einen Antrag stellen können und über dieses Conterganstiftungsgesetz – wenn sie als Opfer anerkannt worden sind – Rentenleistungen, Kapitalentschädigungen und auch Sonderzahlungen erhalten können.

Nun liegt der Vorschlag vom Gesundheitsministerium vor, rund 2,8 Millionen € an Ein­malzahlungen an die betroffenen Menschen auszuzahlen. Ich denke, es ist ein erster richtiger und ganz wichtiger Schritt – was auch die Contergangeschädigten durchaus so sehen –, dass diese 2,8 Millionen € ausbezahlt werden können.

Dem Antrag, den Sie jetzt eingebracht haben, können wir heute leider nicht unsere Zu­stimmung geben. Es gibt allerdings einen Antrag vom Kollegen Huainigg und mir, der fordert, dass diese 2,8 Millionen € ganz rasch ausbezahlt werden sollen. Ich denke, dem muss einfach vorausgehen, dass schnellstens – auf raschestem Weg – die Be­gutachtungen abgeschlossen werden, dass dann die Entschädigungen und Zahlungen noch heuer erfolgen können und dass vor allem auch die Betroffenen bei der Aus­zahlung dieser Einmalzahlungen keine Nachteile zu erwarten haben – ich meine damit Anrechnungen auf eventuell bereits vorhandene Sozialleistungen – oder auch, dass den Betroffenen dadurch keine Steuern entstehen.

Ich möchte mich wirklich ausdrücklich bei Herrn Bundesminister Stöger dafür bedan­ken, dass diese Einmalzahlungen erfolgen werden, weil ich weiß, dass es den Men­schen ein großes Anliegen ist und damit ein wichtiger Beitrag der Republik Österreich geleistet werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


17.52.12

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Ich habe mir aus dieser Reihe an Themen einige ausgewählt.

Was ich wirklich sehr positiv finde, ist unser Fünf-Parteien-Antrag in Bezug auf die Sig­nalhunde. In diesem Zusammenhang müssen wir bedenken, dass es um die große Gruppe der Rehabilitationshunde geht. Es gibt drei Gruppierungen: Das eine sind die Blindenführhunde, das heißt, blinde Menschen können an verschiedenste Orte gelan­gen und auch ihre Hunde mitnehmen. Darüber hinaus gibt es noch zwei Gruppierun­gen, das sind die Signalhunde und die Servicehunde.

Jetzt geht es darum – und das ist in diesem Antrag enthalten –, dass man überprüfen möchte, ob Signal- und Servicehunde wirklich eine Gleichstellung mit Blindenführhun­den erfahren sollen. So ist der Antrag formuliert. Was aber notwendig ist, ist, dass wir das auch im Gesetz vorfinden. Soweit ich gehört habe, haben Sie, Herr Minister, be­reits geäußert, dass Sie geplant haben, das auch wirklich umzusetzen. Schauen wir einmal, ob es auch wirklich eine Umsetzung finden wird. (Beifall bei den Grünen.)


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Dann möchte ich das Thema inklusive Bildung ansprechen. Es geht um den Antrag des Kollegen Hofer. Es ist wirklich sehr wichtig, dass es Weiterbildung in Bezug auf das Erlernen der Brailleschrift gibt. Man muss sich vorstellen, Brailleschrift ist die ein­zige Möglichkeit – nicht nur für blinde Menschen, sondern auch für Menschen, die er­blinden –, zu kommunizieren und schriftliche Texte wahrzunehmen.

Was wirklich ganz wichtig ist, ist dieser Appell an die Unterrichtsministerin und die Auf­forderung, dass wir einen Plan entwickeln – einen schrittweisen Plan zur Umsetzung der Inklusion. Es gibt viele Ideen dazu, aber es gibt bis jetzt nur Diskussionen und noch keine Pläne, wie es wirklich zur inklusiven Bildung kommt. Dieser Antrag ist jetzt ein­mal ein erster Schritt.

Zum Thema Pflege: Das sind wirklich einige wichtige Angelegenheiten. Ich finde auch den Antrag in diesem Zusammenhang sehr positiv. Man sollte aber in Bezug auf die Pflege, Herr Minister, eigentlich ein gesamtes Pflegepaket anpeilen und sich überle­gen. Natürlich ist in einem Pflegepaket das Pflegegeld enthalten, und wir wünschen uns keine Überraschungen und keine versteckten Einsparungen in diesem Zusam­menhang. Das Pflegegeld ist wirklich ganz wichtig. Wir wissen, dass wir seit der Ein­führung des Pflegegeldes de facto einen 20-prozentigen Wertverlust erleben muss­ten – in diesem Sinne sind Sie da besonders aufgefordert.

Zu den contergangeschädigten Menschen: Ich finde es auch sehr gut, dass es noch heuer zu einer Einmalzahlung kommen soll, das hat meine Kollegin Königsberger-Lud­wig bereits erwähnt. Das ist wirklich sehr begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung, aber das kann noch nicht alles sein, denn mit einer Einmalzahlung wird den Betroffenen noch nicht ermöglicht, dass sie ein wirklich selbstbestimmtes Leben führen können.

Es braucht noch weitere Maßnahmen, so wie auch der Kollege überlegt hat, das heißt Maßnahmen in Form einer monatlichen Rentenzahlung. Die betroffenen Menschen wa­ren kürzere Zeit erwerbstätig, das heißt, sie haben geringere Pensionen. In diesem Punkt gibt es Überlegungen, wie man in Form einer Rentenzahlung diese Menschen auch weiterhin gut versorgen kann.

Es geht natürlich in erster Linie darum, dass diese Menschen die gleiche Lebensqua­lität haben können – im Sinne der Inklusion und im Sinne eines gleichberechtigten Le­bens. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Hofer.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.57.43

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren zwölf Anträge des Sozialausschusses unter diesem Tagesordnungspunkt. Ich darf gleich vorwegnehmen, dass zum Fünf-Parteien-Antrag über die Signalhunde mein Kollege, unser Behinder­tensprecher Franz-Joseph Huainigg sprechen wird. Die restlichen elf Anträge sind als negative Ausschussberichte zu diskutieren.

Ich melde mich mit einigen Sätzen zum Thema Pflege zu Wort, weil ich der Meinung bin, dass das in den nächsten Monaten ein sehr wichtiges und umfassendes Thema sein wird, das uns auch hier im Hohen Haus noch beschäftigen wird. Wir haben dazu schon sehr intensiv im Ausschuss diskutiert. Ich bin der Meinung, dass wir uns auf die He­rausforderungen, die uns ins Haus stehen, gut vorbereiten und eine gemeinsame Dis­kussion zu diesem Thema führen sollen.

Ich möchte nur einige Zahlen aus der Demografie erwähnen, um zu verdeutlichen, was es überhaupt heißt, ein Pflegekonzept für die Zukunft zu erstellen, damit wir auch wis­


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sen, was die Ausgangslage ist. Es geht natürlich um die demografische Entwicklung. Ich nehme nur zwei Bereiche heraus: Der Anteil der über 60-Jährigen wird bis zum Jahr 2040 auf ein Drittel ansteigen, das heißt, in 30 Jahren wird rund ein Drittel der ös­terreichischen Bevölkerung über 60 Jahre alt sein. Die Zahl der über 75-Jährigen – und das ist schon mehr als bemerkenswert – wird sich verdoppeln. Es gibt derzeit rund 700 000 Menschen in Österreich, die über 75 Jahre alt sind, in 30 Jahren werden es doppelt so viele sein, nämlich über 1,4 Millionen Menschen in Österreich.

Ich glaube, man braucht nicht viel studiert zu haben, eigentlich sagt einem der Haus­verstand, dass es höchst an der Zeit ist, dass wir vor allem in den Bereichen, in denen wir auf Umlageverfahren aufbauen – wenn ich die Pensionen hernehme –, etwas tun, aber auch im Pflegebereich werden dementsprechend viele Menschen dazukommen, die Pflegeleistungen in Anspruch nehmen werden.

Es gibt auch eine Berechnung für das Bundes- und Landespflegegeld gemeinsam: Das wird bis zum Jahr 2030 um etwa 60 Prozent steigen, nämlich von derzeit rund 1,9 Mil­liarden € auf über 3 Milliarden €.

Deshalb sieht auch das Regierungsprogramm etliche Punkte zur Entwicklung eines Pflegekonzepts vor. Frau Kollegin Haubner hat ja hier einen Antrag eingebracht, der aber auch andere Punkte beinhaltet hat, die man noch diskutieren muss. Wenn ich et­wa an den Lehrberuf in der Pflege denke, so ist das sicherlich nicht von heute auf mor­gen zu machen. Aber das Konzept an sich ist ein richtiger Ansatz, und dazu wird es auch kommen müssen.

Die Bundesregierung arbeitet ja derzeit intensiv daran, in Zusammenarbeit mit den Bundesländern ein neues Pflegekonzept zu entwickeln. Wir haben aber in den Bundes­ländern sehr unterschiedliche Systeme. Deshalb muss der erste Schritt einmal darin bestehen, dass es eine ordentliche Datenerhebung gibt und dass man einmal gemein­sam schaut: Wie sehen diese Systeme aus, wie entwickelt sich das in den Bundeslän­dern, und was ist da auch in Zukunft zu erwarten?

Ich möchte auch noch erwähnen, dass die 24-Stunden-Betreuung meiner Ansicht nach sehr gut gelungen ist. Da ist Bundesminister außer Dienst Martin Bartenstein heute noch zu danken, dass das in die Legalität gebracht wurde. (Beifall bei der ÖVP.) Die­ses Modell ist sehr erfolgreich, und wir können, glaube ich, wirklich mit Stolz darauf ver­weisen, dass das auch von der Bevölkerung angenommen wird und dass das erfolg­reich umgesetzt wurde.

Wir werden aber im Bereich der Finanzierung vor größeren Herausforderungen stehen. Schauen wir uns die Situation in den Gemeinden an, schauen wir uns die Abgangsge­meinden an: Es besteht akuter Handlungsbedarf. Aufgrund der demografischen Zahlen steigen die Ausgaben exorbitant an, auch in den nächsten Jahren, und deshalb muss es in diesem Bereich zu einem Finanzierungskonzept mit Nachhaltigkeit kommen.

Es ist ein Gesamtüberblick notwendig, damit die richtigen Schritte gesetzt werden kön­nen. Deshalb läuft derzeit hier eine Datenerhebung, das ist richtig, damit wir dieses Konzept auch erarbeiten können. Wie gesagt, die Bundesregierung arbeitet daran, und wir werden es im Hohen Haus rechtzeitig diskutieren, damit wir auch für die nachkom­menden Generationen dieses System absichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.02.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt zwölf Anträge hier im Plenum zu de­battieren. Einer dieser Anträge hat es geschafft, die Zustimmung von allen fünf Parla­


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mentsparteien zu erhalten. Das ist der Fünf-Parteien-Antrag zu den Service- und Sig­nalhunden.

Ich glaube, dass es wichtig ist, gerade für die Menschen, die es im Leben sonst nicht so leicht haben, etwas umzusetzen. Der Einsatz von Hunden zur Unterstützung von Men­schen mit Behinderungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die spezifisch ausgebil­deten Hunde, die unter anderem als Blindenführhunde, Servicehunde für mobilitätsein­geschränkte Personen, Rehabilitationshunde, Signalhunde zur Unterstützung hörbehin­derter Menschen, anfallkranker Menschen Hilfe leisten und diese auch unterstützen, da­mit sie den Alltag leichter bewältigen, sind meiner Meinung nach ein wichtiger Beitrag.

Während für die Blindenhunde im Bundesbehindertengesetz eine gesetzliche Definition besteht und Richtlinien für die qualitätsbezogene Beurteilung erlassen wurden, stehen gleichartige Regelungen für Servicehunde und Signalhunde für gehörlose, hörbehin­derte Menschen und anfallkranke Menschen derzeit nicht zur Verfügung.

Das Ziel muss ganz einfach sein, dass einheitliche Begriffsbestimmungen und Qualitäts­kriterien für Service- und Signalhunde analog jenen für die Blindenführhunde geschaf­fen werden. Die Behindertenverbände sind hier auch mit eingebunden, das ist im Sinne auch einer Bürgerinitiative. Und es ist positiv zu bewerten, dass wir in diesem Hohen Haus alle an einem Strang ziehen für jene Menschen, die es im Leben nicht so leicht haben. – Das ist einmal das eine.

Zu unserem Antrag betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren: Da müssen die Familien die Therapien ihrer Kinder und Jugendlichen – wie Physiotherapie, Ergotherapie, logopädische Therapie und Psychotherapie – selbst be­zahlen und erhalten von den Krankenkassen nur einen geringen Teil zurück. Etwa 10 bis 15 Prozent aller Kinder bedürfen – oft nur vorübergehend – medizinisch-therapeuti­scher Behandlungen. Das sind Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsstörungen in der Motorik, in der Sprache, in der Wahrnehmung. Da geht es immer auch um chroni­sche Krankheiten oder eine Behinderung und vor allem auch um die Lebenssituation mit psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten.

Unterbleibt so eine therapeutische Behandlung, so führt dies zu einer Verschlechte­rung der individuellen Entwicklungsmöglichkeiten, was zu lebenslangen Folgekosten für die Gesellschaft durch später notwendige langfristige Therapien oder geringere Er­werbstätigkeit und geringeren Grad der Selbstversorgung führt. Diese Spätfolgen ziehen natürlich auch erhöhte Kosten nach sich. Alles, was man mit der Prävention am Anfang nicht erreicht, das hat später mit höheren Kosten zu tun. Deswegen fordern wir in die­sem Antrag auch die kostenfreie Therapie für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren.

Im Ausschuss haben die Fraktionen der SPÖ und der ÖVP dagegen gestimmt, die ver­einigte Opposition – also die Grünen, die Freiheitlichen und das BZÖ – dafür. Ich hoffe, dass in der Sozialdemokratie und in der Österreichischen Volkspartei heute im Plenum ein Umdenken erfolgt. (Beifall beim BZÖ.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.06.01

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte ganz kurz zum Antrag des Kollegen Hofer betreffend den Härteausgleich für Verkehrsunfallopfer und seine diesbezügliche Forderung ein paar Worte sagen.

Ich denke, die Intention, Herr Kollege Hofer, dass man Einzelfälle, die man kennt, über­prüft und schaut, ob man gesellschaftliche Regeln ändern soll, nachadaptieren soll, ist völlig okay. Ich habe auch überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das, was


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Sie als Beispiel gebracht haben, so zutrifft. Die Frage ist natürlich nur: Welche Lösung sucht man?

Wir haben ja Ihren Antrag auch im Ausschuss ausführlich diskutiert, und ich denke, wir haben dort auch versucht klarzumachen, dass es vielleicht nicht unbedingt der richtige Weg ist, wegen einzelner Fälle – und Sie selbst haben ja gesagt, das ist kein Fall, der tausendfach auftritt – jetzt einen Fonds mit einer Verwaltung und mit der entsprechen­den Kontrolle und mit all diesen Dingen einzurichten. Daher lehnen wir den Antrag auch ab – wegen des Weges beziehungsweise wegen der Lösung, die vorgeschlagen werden.

In der Sache selbst haben wir ja auch diskutiert, ob es nicht unter Umständen prüfens­wert ist, einmal zu schauen, wie viele Fälle es wirklich gibt, wo bei Verkehrsunfallopfern beispielsweise die Versicherungssummen nicht ausreichen, wo durch vielleicht verän­derte Situationen tatsächlich eine Adaptierung notwendig wäre in Richtung höherer Grenz­werte, die gesetzlich vorgesehen sind.

Also in diese Richtung nachdenken, das sollten wir, glaube ich, ohne Weiteres tun. Und ich bin eben der Meinung, dass bei einem Schaden primär einmal der Verursacher zahlen soll – der Verursacher oder eben seine Versicherung – und nicht die Allgemein­heit. Und, wie gesagt, wenn Versicherungssummen zu gering sind, dann reden wir da­rüber und schauen wir uns das einmal in Ruhe an! Man kann vielleicht beim Haupt­verband der Versicherungsunternehmen einmal nachfragen, wie die das sehen. Und zudem gibt es ja noch ein Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz. Ich weiß schon, das trifft nicht ganz Ihren Fall, aber jedenfalls hilft das auch in bestimmten Fällen.

Also so gesehen ist es nicht so, dass wir da jetzt aus Jux und Tollerei ablehnen, son­dern wir können sehr wohl gemeinsam vielleicht nachdenken, ob man in diesem Be­reich noch einen Handlungsbedarf hat. Nur: Die Lösung, die Sie vorschlagen, findet eben keine Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


18.08.42

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Im letzten Sozialausschuss wurde leider mein Antrag betreffend die fami­lienorientierte Rehabilitation negativ behandelt. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ist die Nachsorge kranker Kinder und Jugendlicher in Österreich noch lange nicht barrierefrei. Neben der Zuständigkeit ist auch die Übernahme der Kosten in vielen Fällen undurch­sichtig. Noch problematischer ist die Situation von betroffenen Familien, deren Kinder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen müssen. Ob Bund oder Länder zuständig sind beziehungsweise ob Sozialversicherung, Behinderten- oder So­zialhilfe die Kosten tragen, ist nämlich ungeklärt.

Noch dazu müssen, wenn es zu einer Reha-Entscheidung kommt, Kinder und deren Angehörige meist nach Deutschland ausweichen, weil es in Österreich keine vergleich­baren Angebote gibt. Es gibt zwar einige wenige kindergerechte Reha-Betten, diese decken jedoch nicht alle Krankheitsmuster ab. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, und schon gar nicht, wenn sie krank sind. Die Unterbringung in Reha-Einrichtungen für Erwachsene ist nicht zielführend. Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Extrem­belastungen, denen Familien mit schwerstkranken Kindern ausgesetzt sind, häufig zu psychischen und physischen Störungen der jungen Patienten, Eltern und Geschwister führen.

Aber wie sieht es da bei uns in Österreich aus? – Eltern, die bei ihren kranken Kindern bleiben möchten, sind nach wie vor auf ihre eigenen Ressourcen und private Initiativen


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angewiesen. Einige von ihnen nehmen eine familienorientierte Rehabilitation in Deutsch­land in Anspruch. Dies ist allerdings ein Lotteriespiel, denn ob oder für wen diese be­zahlt beziehungsweise bewilligt wird, hängt vom Wohlwollen der Gesundheitsbehörden und den Krankenkassen ab. Zwar gibt es eine Empfehlung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, die lautet, die Krankenkassen sollen die Kosten für das Kind und einen Elternteil und das jeweilige Bundesland die Kosten für die übrigen Familien­mitglieder bezahlen, allerdings zahlen verschiedene Krankenkassen je nach Bundes­land höchst unterschiedliche Kostenbeiträge, von der kompletten Kostenübernahme für die ganze Familie bis hin zu abschlägigen Entscheidungen über eine Kostenbeteiligung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht des Leidens der Familien mit schwer kranken Kindern und Jugendlichen ist es mir unverständlich, dass der Aus­schuss meinen Antrag abgelehnt hat. Und, Herr Bundesminister, der Hinweis auf die kommende neue Studie ist mehr als dürftig. Die Finanzierung einer familienorientierten Rehabilitation kostet kein Vermögen, bringt den Betroffenen aber sehr viel. Dieses Geld muss da sein, denn wir können es uns auch leisten, Milliarden von Euro nach Griechenland zu schicken. Ich darf daher an Ihre Vernunft und Menschlichkeit appel­lieren und fordere Sie auf, endlich für die kranken Kinder und ihre Eltern in Österreich zu handeln. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


18.11.58

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Wir haben 2005 das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz in diesem Haus beschlossen. Es geht darin um Barrierefreiheit, es geht um Antidiskriminierung von behinderten Menschen. Und hier ist auch einiges passiert. Es gibt Etappenpläne bei Bauten und Verkehrsmitteln und andere Initiativen. Ein Teil dieser Gleichstellung erfolgt auch durch den Einsatz der Servicehunde. Dass es auch hier eine Gleich­stellung gibt, finde ich gut und wichtig. Viel haben wir darüber jetzt schon gehört, daher gestatten Sie mir, dass ich eine Gleichstellungsfrage anspreche, die zwar nicht direkt im Sozialausschuss behandelt worden ist, die aber jetzt im Parlament zur Diskussion steht. Es geht um die Barrierefreiheit in den Medien, darum, wie der ORF Barrierefrei­heit für seine Kunden herstellt. Diese muss im neuen ORF-Gesetz geregelt und festge­legt werden.

Stellen Sie sich vor, Sie schalten den Fernseher ein und sehen zwar ein Bild, aber hö­ren nichts. So geht es vielen gehörlosen Menschen, und sie können nur mit Untertiteln das Programm verfolgen. Oder stellen Sie sich vor, Sie schalten den Fernseher ein, schauen sich einen Krimi an, und plötzlich fällt das Bild aus, gerade wenn es spannend wird und der Mörder sich dem Opfer nähert, und Sie hören nur mehr Musik und wissen nicht, was jetzt passiert. So geht es blinden Menschen, die auch fernsehen und die nur mit Erklärungshilfen, der Audiodeskription, wissen, was wirklich passiert.

Oder Sie kennen wahrscheinlich die Situation, wenn Sie in einem Programm ein Doku­ment öffnen und plötzlich sehen Sie nur Paragraphen und Hieroglyphen, irgendwelche Zeichen, die nicht lesbar sind. So geht es blinden Menschen, wenn sie mit Leseprogram­men im Internet surfen, zum Beispiel auf der ORF on-Seite, der Informationsplattform des ORF, wo sie einfach diese Seite nicht lesen können.

Hier braucht es eine Barrierefreiheit des ORF. In den letzten Jahren haben Behinderten­organisationen versucht, in Schlichtungsverfahren diese zu erreichen. Der ORF hat das nur sehr zögerlich gemacht oder gar nicht gemacht, und er liegt hier sehr weit hinten ge­genüber anderen öffentlich-rechtlichen Sendern. Und das Argument war immer: Das wurde uns ja nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben!


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Deshalb appelliere ich an Sie, dass wir das jetzt machen. Das ist jetzt die Chance, im ORF-Gesetz einen Etappenplan festzulegen, was der ORF zur Herstellung der Barrie­refreiheit umsetzen muss, auch mit einer Fristsetzung, dass man also sagt, 2015 muss auch der ORF – so wie alle anderen Bereiche des Bundes-Behindertengleichstellungs­gesetzes – seinen Kunden Barrierefreiheit gewähren, und dass man auch Inhalte fest­legt, dass das gesamte Programm von ORF 1 und ORF 2 untertitelt werden muss, wie es bereits die BBC, Frankreich und Irland zum Beispiel machen und auf diesem Weg sind, oder dass Audiodeskription ausgebaut werden muss und dass die Homepage bar­rierefrei gestaltet sein muss.

Da kommt natürlich das Kostenargument: Was kostet denn das alles? – Man muss se­hen, dass der ORF ein Gesamtbudget in Höhe von fast 1 Milliarde € hat und dass wir jetzt beschließen werden, dass der ORF 160 Millionen € an Steuermitteln bekommt. Laut Auskunft der zuständigen Abteilung im ORF würde die Barrierefreiheit 1,5 Prozent die­ses Steuerzuschusses ausmachen, das sind 2,4 Millionen €. Das müsste wirklich mach­bar sein und steht überhaupt nicht in Relation zu den anderen Kosten und Ausgaben.

Ich appelliere an Sie, dass es hierzu im Parlament eine Einigung gibt. Es müssten eigentlich alle Parteien dafür sein. Und entschuldigen Sie, Herr Sozialminister, dass ich dieses Thema hier anspreche, obwohl es gar nicht im Sozialausschuss behandelt wird, aber vielleicht können Sie auch Einfluss auf Kollegen nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und BZÖ.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


18.18.45

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegin­nen und Kollegen! Herr Bundesminister! Eigentlich wollte ich in meiner Rede kurz posi­tiv Stellung nehmen zum Antrag des Kollegen Norbert Hofer, nämlich was das pflege­wissenschaftliche Verfahren für das Pflegegeld betrifft, weil ich die Idee – jenseits des konkreten Ansatzes – für richtig und wichtig und sinnvoll halte.

Im Ausschuss ist die Debatte so gelaufen, dass Kollege Hofer ja nicht anwesend war und der Bundesminister es für meine Begriffe etwas zu einfach gemacht hat und nicht zu diesem Verfahren Stellung genommen hat, sondern so getan hat, als ob der Hofer-Antrag auch eine Umstellung auf das deutsche Pflegegeldsystem oder Pflegeversiche­rungssystem beinhalten würde. Das war nicht beinhaltet – völlig richtig, Herr Kollege Hofer. Vielleicht ist der Minister zu misstrauisch. Aber ein bisschen misstrauisch bin ich jetzt auch, und darum muss ich mehr dafür aufwenden, für das, was Sie vorher gesagt haben.

Sie haben nämlich vorhin ein Beispiel gebracht – Eisenstadt, Finanzamt: Ein Mann geht dort hin, beantragt Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, erhält 10 000 € und mar­schiert damit ab. Nach zwei Tagen, sagen Sie, kommt die Frau und bekommt das Geld nicht mehr.

Wenn das Beispiel so war, dann ist der Beamte eigentlich „fällig“: Er hat alle Richtli­nien, alle Gesetze gebrochen. Nicht der Betreffende ist in erster Linie das Problem, son­dern der Beamte. Sagen Sie das bitte dem Beamten und erstatten Sie Anzeige!

Jetzt sage ich Ihnen nämlich, wie die Sache wirklich laufen muss: Kinderbetreuungs­geld ist in erster Linie an den Wohnort hier in Österreich gebunden – anderes gibt es nur in Ausnahmefällen. Ja, selbstverständlich! Lesen Sie die entsprechenden Bestim­mungen!

Kinderbetreuungsgeld ist daran gebunden, dass die Person, die das beantragt, auch tatsächlich die Betreuung vornimmt. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Das be­


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kommt nicht der Mann, außer er kann nachweisen, dass er tatsächlich betreut hat. Dann bekommt er es selbstverständlich, aber sonst bekommt es die Frau.

Und wissen Sie, das gleiche Prinzip gilt auch für die Familienbeihilfe: Da gilt nämlich die gesetzliche Vermutung, dass in der Regel die Frau, also die Mutter, haushaltsführen­de Person ist. Wenn der Mann einen Antrag auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungs­geld stellt, dann muss er nachweisen, dass er den Haushalt geführt (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer) und das Kind betreut hat beziehungsweise für den Haushalt zuständig ist, oder die Mutter muss verzichten.

Wenn also in Österreich ein Finanzbeamter sagt – einfach weil jemand auf das Finanz­amt kommt und sagt: Familienbeihilfe her, Kinderbetreuungsgeld her! –: Ich gebe dir das, weil du so nett ausschaust!, dann ist das das Problem des Beamten, aber nicht das der Gesetze, die das viel genauer und in diesem Fall sehr sauber regeln – und bessern re­geln als gemäß dem Verdacht, den Sie hier ausgestreut haben.

Und da ist meine Vermutung: Sie machen das nicht zum ersten Mal, Herr Kollege Ho­fer. Sie sind schon ein anderes Mal mit einem Beispiel dahergekommen, an das ich mich nicht erinnern kann, aber dazu habe ich dann auch Stellung genommen. – Das sind immer solche an den Haaren herbeigezogenen Beispiele (Abg. Ing. Hofer: Na, ru­fen Sie an im Finanzamt Eisenstadt und fragen Sie!), und wenn man sie sich dann ge­nauer anschaut, merkt man, sie stimmen nicht. (Abg. Ing. Hofer: Das ist die Wahrheit!) Und das ist einfach ärgerlich, denn Sie sagen es hier vor 182 Kollegen und Sie er­zählen es vermutlich draußen genauso. Und das wirkt natürlich gut, wenn man sagt: Ich kenne da einen Finanzbeamten, der hat mir gesagt, dass da der Mann gekommen ist und 10 000 € abkassiert hat!, obwohl das so nicht stattfinden kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Hofer: Doch! Rufen Sie an beim Finanzamt Eisenstadt und fragen Sie!)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Öllinger und Abgeordneten der FPÖ.)

 


18.23.00

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Hohes Haus! Ich möchte mich jetzt dem Zukunftsthema Pflege und Betreuung zuwenden. Da­zu haben wir ja im Sozialausschuss einige Anträge diskutiert und behandelt, und dies­bezüglich wird in der Diskussion immer wieder eingefordert: Aber jetzt muss ein Ge­samtkonzept her! Da unterstelle ich, dass man dann, wenn man jetzt auf viel Papier ein sogenanntes Gesamtkonzept schreibt, die Lösung hätte oder Lösungen für die Zukunft entwickeln könnte.

Ich sehe das anders. – Ich denke mir, gerade im Bereich der Pflege und Betreuung ist es notwendig, das dieser immer wieder an die Bedürfnisse der Menschen angepasst wird. Das heißt, man kann da nicht einmal einen Guss machen und sich dann dieses Monument auf Jahrzehnte anschauen, sondern gerade der Bereich der Pflege und Be­treuung ist ein sehr lebendiger Bereich, bei dem es auch darum geht, die Regelungen, die Angebote, die Leistungen immer wieder an die Bedürfnisse der Menschen anzu­passen.

Es ist ja so, dass es da auch schon im vergangenen Jahr Anpassungen gegeben hat, indem für demenzkranke Personen bessere Einstufungen beim Pflegegeld vorgenom­men worden sind und indem im für pflegende Angehörige sehr wichtigen Bereich zu­sätzlicher Maßnahmen betreffend Pensionsversicherungszeiten und andere Versiche­rungsmöglichkeiten eine Erweiterung vorgenommen wurde.

Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsparteien! Ich möchte wirklich dringend davon abraten, dass man sagt: Man stellt jetzt eine Bronzestatue hin, die aus einem Guss ist. –


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Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man sich anschaut, welche Adaptierungen es für die Bedürfnisse der Menschen gibt.

Es ist ja so, dass Minister Hundstorfer hier sehr initiativ ist: Es gibt eine Darstellung der Leistungen der einzelnen Bundesländer, denn die einzelnen Bundesländer bieten ja die Leistungen im Bereich von Pflege und Betreuung an. Auch diesbezüglich wird es im Frühjahr und im Sommer des heurigen Jahres weitere Schritte vonseiten der Landes­sozialreferenten mit dem Bund geben, sodass wir auch da wieder einen Schritt weiter­kommen, um die Gegebenheiten an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen.

Wogegen ich mich sehr vehement ausspreche, Frau Kollegin Haubner – das haben wir auch im Ausschuss schon diskutiert –, ist, dass man einen Lehrberuf Pflege einführt. Für mich sind junge Leute mit 15, 16 Jahren noch nicht so weit. Nicht, dass sie es nicht könnten – weil Sie das im Ausschuss so aufgenommen haben, als ob wir der Meinung wären, sie würden es nicht schaffen; die jungen Leute sind Halbstarke, aber sie wer­den schon ganz stark werden –, aber ich denke mir, dass es darum geht, zu sehen, in­wiefern sie den Auswirkungen, wenn man im Bereich der Pflege und Betreuung arbei­tet, seelisch gewachsen sind. Deswegen glaube ich, dass es sehr wichtig ist, dass man darauf schaut, dass Leute, die als Fachkräfte in den Berufen des Bereichs der Pflege und Betreuung arbeiten, eine gewisse erwachsene Haltung haben, aber auch eine Kons­titution, die schon stärker mit den Gegebenheiten zurechtkommen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fragen Pflege und Betreuung werden uns immer wieder hier im Hohen Haus beschäftigen. Das finde ich wichtig, denn es geht darum, die bestmöglichen Angebote für die Menschen in Österreich zu schaffen. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Ing. Hofer wünscht eine tatsächli­che Berichtigung. – Bitte.

 


18.27.00

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Öllinger hat ausgeführt, dass Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, das an ausländische Staatsbürger in Grenzregionen rückwirkend ausbezahlt wird, jeweils von der den Haushalt führenden – in den meisten Fällen Frau – Person beantragt wer­den muss.

Ich berichtige tatsächlich: Es ist der Arbeitnehmer in Österreich, der diesen Antrag stellt. – Das wurde mir soeben von den Mitarbeitern des Finanzamtes bestätigt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Binder-Maier: Sie vermischen schon wieder!)

18.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.27.43

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Frau Kollegin Lapp, Sie haben gesagt – beziehungsweise haben Sie sie aufge­zählt –, dass es viele Anpassungen im Bereich der Pflege gegeben hat. Da gebe ich Ihnen recht: Es hat in den letzten Jahren, so wie in den Jahren davor, Anpassungen gegeben. Nur glaube ich, Sie und die Sozialdemokratie waren es auch, die 2006 vor der damaligen Nationalratswahl sozusagen das Pflegechaos ausgerufen haben. Und ich denke, wenn es wirklich ein Pflegechaos gegeben hätte, dann wären Anpassungen in der Form, wie Sie sie genannt haben, zu wenig gewesen.

Die Vielzahl der Oppositionsanträge, die jetzt unter diesem Tagesordnungspunkt verhan­delt wird, zeigt ja, wie notwendig Reparaturen beziehungsweise ein Gesamtpflegekon­


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zept oder ein Gesamtpflegepaket sind, denn diese Anträge sind ja nicht von heute auf morgen entstanden, sondern das sind Anträge, die zum Teil schon sehr lange in den Ausschüssen liegen und immer wieder vertagt wurden. Sie zeigen, dass wir großen Handlungsbedarf im Bereich der Pflege haben, dass wir auch wirkliche Baustellen ha­ben. Davor sollte man die Augen nicht verschließen!

Es ist ja nichts Neues – ich will jetzt die Zahlen nicht wiederholen –: Jeder von uns weiß, dass in den nächsten 20 Jahren die Zahl der über 60-Jährigen stark ansteigen wird. Wir wissen, dass wir uns schon heute in die Richtung entwickeln, dass mehr Nichtakti­ve viel weniger Erwerbstätigen gegenüberstehen.

Das alles sind Dinge, die uns hinlänglich bekannt sind – und nicht erst seit heute, nicht erst seit gestern, sondern schon seit Jahren! Und da fehlen mir einfach die notwendi­gen, richtigen Konsequenzen im Bereich des Sozialsystems, damit unser Sozialsystem auch in Zukunft hält, da fehlen mir die richtigen Konsequenzen im Bereich der Alters­versorgung und da fehlen mir auch die richtigen Konsequenzen im Bereich der Fami­lienpolitik. (Beifall beim BZÖ.)

Ich muss dieser Regierung einfach vorwerfen, dass sie vor den Notwendigkeiten, die die Zukunft uns bringt, die Augen verschließt – hier werden den Ministerien jetzt ein­fach Sparbudgets verordnet. Und es ist auffällig, dass mehr als die Hälfte der Kürzun­gen im Sozial-, im Gesundheitsbereich, im Familienbereich stattfinden und damit natür­lich neben Steuererhöhungen de facto Leistungskürzungen für die Menschen verbun­den sind. Ich denke, das ist etwas, was unseren Kindern gegenüber absolut unverant­wortlich ist.

Gestern hat eine Journalistin in einer Zeitung geschrieben: Am besten, wir sparen die Kinder ein. – Das ist zwar sehr stark ironisch gemeint, aber irgendwo steckt ein wahrer Kern darin.

Ich denke auch, dass wir uns gegenüber der älteren Generation, wenn wir beziehungs­weise wenn Sie so weitertun, sehr nachlässig verhalten, und ich vermisse gerade auch in diesen Bereichen die notwendigen Reformen in der Verwaltung, die Abschaffung der Mehrgleisigkeiten und so weiter, damit endlich Geld frei wird, denn die Finanzierung der zukünftigen Pflege, das wird der große Knackpunkt sein.

Ich möchte wirklich einmal hören, dass wir nicht ständig über Steuererhöhungen reden, damit die Pflege gesichert ist, oder sogenannte Reiche gegen weniger Reiche ausspie­len, sondern ich möchte einmal sehen, wie wir die finanziellen Mittel aus einem Sys­tem, das absolut reformbedürftig ist, herausnehmen können. (Abg. Mag. Lapp: Na, wem nehmen Sie es weg?) Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten (Bei­fall beim BZÖ), Beseitigung der Mehrgleisigkeiten im politischen System, Verkleinerung von Nationalrat und Landtagen (Abg. Schopf: Dann sind Sie weg!) und vieles mehr.

Daher haben wir einen Antrag zu diesem Gesamtkonzept eingebracht, denn es fehlen jetzt schon Tausende von Pflegekräften. Jetzt kann man streiten, ob das 7 000, 6 000 oder 5 000 sind – es fehlen Tausende! Wir haben nach wie vor neun unterschiedliche Landesgesetze im Bereich der Pflege, wir haben bis dato keine Valorisierung des Pfle­gegeldes – das IHS hat in seiner letzten Studie ganz vehement darauf hingewiesen – und wir haben, das ist auch nichts Neues, die Gemeinden, die immer mehr an ihre Grenzen stoßen, weil sie für Soziales, für Pflege aufkommen müssen. Wir wissen, ge­rade auch in Oberösterreich, dass jeder dritte Euro in Richtung Sozialhilfeverbände, in Richtung Krankenanstaltenfinanzierung geht. (Abg. Schopf: ... den Gemeinden! ... den Gemeinden!)

Hier ist nicht nur eine Herausforderung, sondern hier ist Handlungsbedarf, und dass sie handelt, erwarte ich mir von dieser Regierung! Ich glaube, es ist nicht besonders he­


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rausragend, wenn man sagt: Jetzt machen wir wieder eine Studie, damit wir wissen, welchen Finanzierungsbedarf wir 2015 haben. – Wenn man sie braucht – und ich bin sehr dafür, dass wir die Zukunftskonzepte auf Basis von Fakten entwickeln –, hätte es diese Studie schon längst geben können, wenn es seit 2006 anscheinend ein Pflege­chaos gibt.

In unserem Antrag – Frau Kollegin Lapp hat wieder darauf hingewiesen – gibt es unter anderem eine neue Idee betreffend die Ausbildung, die wir auch nicht von heute auf morgen fordern, sondern die schon sehr lange in Diskussion steht. Ich glaube, zu sa­gen: Die jungen Leute würden es vielleicht schon können, aber sie sind dann letztend­lich doch nicht geeignet!, ist nicht die Lösung.

Es wird ja nicht jeder in diesen Bereich gehen, es wird nicht jeder diesen Beruf ergrei­fen wollen! Ich denke, hier ist es wie in vielen anderen Berufen: dass entsprechende Eignung auch vorausgesetzt ist. Und Betreuung älterer Menschen bedeutet nicht im­mer nur die Pflege von sterbenden, von todkranken Menschen, sondern es gibt in ers­ter Linie die Betreuung, die Unterstützung, die Begleitung. – Es kann mir niemand er­zählen, dass ein junger Mensch, der verantwortungsvoll ist, der in Zukunft einen derar­tigen Beruf ergreifen will, das nicht kann und dass das nicht möglich ist!

In der Schweiz hat sich das schon seit Jahren bewährt. Im Land Oberösterreich hat es einmal seitens des Landes eine Präsentation dieses Schweizer Modells gegeben, und es hat großes Interesse und große Zustimmung hervorgerufen. Gescheitert ist es nur an manchen Organisationen, die nicht wollen, dass es in diesem Ausbildungsbereich auch im dualen System etwas gibt. Aber wir werden weiter hartnäckig sein, und ich denke, der Tag wird kommen, an dem man auch diese Dinge etwas anders sieht und darauf zurückgreift.

Daher möchte ich zum Abschluss Folgendes sagen: Wir alle wissen, dass die Proble­me täglich größer werden – ich fordere die Regierung auf, hier endlich zu handeln und die Pflege von älteren Menschen, die Betreuung von älteren Menschen auch dement­sprechend nachhaltig zu sichern! (Beifall beim BZÖ.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


18.35.22

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, Uschi Haubner, du hast als Sozialmi­nisterin vor nicht allzu langer Zeit – und du warst eine gute Sozialministerin! – die Augen vor dem Thema Pflege nicht verschlossen (Beifall bei BZÖ und ÖVP – Zwi­schenruf des Abg. Riepl), auch Staatssekretär Dolinschek hat das nicht gemacht und Minister Hundstorfer tut es auch nicht. Die derzeitige Bundesregierung tut es sicherlich auch nicht.

Man sollte das Thema Pflege so nehmen, wie es zu nehmen ist: Es ist ein Thema – Kollege Wöginger, du und andere habt darauf hingewiesen –, das in Zukunft durch das Älterwerden der Bevölkerung, letztlich auch durch weniger Kinder auf uns zukommt. Es wird einen erheblicher Finanzbedarf geben, und das wird nicht von heute auf morgen zu lösen sein, das wissen wir. Quantitativ kommt eine teure Zukunft auf uns zu, aber qualitativ ist das Thema Pflege in Österreich nicht so schlecht geregelt.

Ja, dies ist primär die Zuständigkeit der Länder – so ist das! –, aber das Bundespflege­geld als steuerfinanziertes und damit budgetfinanziertes Zusatzinstrument ist eine wichtige Erfindung. Da bin ich ganz bei Frau Kollegin Lapp: Fordern wir nicht Gesamt­konzepte ein, schauen wir nicht nach dem großen Bronzeguss, sondern schauen wir,


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dass wir einen Schritt nach dem anderen und gute Fortschritte und gute Entwicklungen erzielen! Und da ist in den letzten Jahren doch das eine oder andere gelungen: die
24-Stunden-Betreuung, der arbeitsrechtliche Rahmen, die Pflegegeldvalorisierung und einiges andere mehr.

Verunsichern wir also – da schaue ich jetzt einmal nach links – die Menschen nicht in Vorwahlzeiten mit irgendeinem künstlich ausgerufenen Pflegenotstand – den gab es damals nicht, den gibt es heute nicht –, sondern legen wir Lösungen vor und schauen wir, dass wir die Finanzierungsbedürfnisse der nächsten Jahre und auch Jahrzehnte ent­sprechend bedecken. Wir müssen es tun, es gibt keine Alternative.

Zweite Anmerkung zum Thema Pflege: Es hat sich heute die Interessengemeinschaft pflegender Angehöriger konstituiert, meine sehr verehrten Damen und Herren. – Ich glaube, eines der wichtigsten Themen in Sachen Pflege ist, dass wir auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die pflegenden Angehörigen, die Familien bei der Stange halten. 350 000 Menschen, sagen sie, werden in den Familien durch pflegende Angehörige gepflegt. Andere Statistiken, Herr Kollege Hundstorfer, sagen, 80 Prozent der Pflegeleistungen passieren innerhalb der Familie. Fast das wichtigste Thema ist es also, auch durch Begleitmaßnahmen, sozialversicherungsrechtliche Absicherung und anderes zu schauen, dass die Pflege innerhalb der Familie weiterhin gut funktioniert – im Idealfall noch besser. Ich sage: Schauen wir, dass wir das Niveau halten!

Dritte Anmerkung zum Thema Pflege, und dann bin ich schon damit durch, weil der Redebeitrag ja nicht allumfassend sein kann: Sprechen wir nicht von einer völlig wirren Finanzierung – noch einmal: es ist Ländersache, es ist zum Teil Bundessache –, und sagen wir auch, dass wir mit dieser steuerfinanzierten Seite des Bundespflegegeldes nicht schlecht fahren! Die Deutschen haben da ein anderes Modell.

All diejenigen, die sagen: Wir wollen ein beitragsfinanziertes System!, die sollen einmal eine Antwort auf die Frage geben: Wer zahlt denn die Beiträge? Sind das dann wieder die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, vielleicht je zur Hälfte? Sind das dann wieder Lohnnebenkosten? – Ich glaube, der Applaus in Richtung derjenigen, die das fordern, wird sich in Grenzen halten. Hier eine Umstellung vorzunehmen, sehe ich nicht.

Der Trend, zum Beispiel auch in Deutschland, geht eher in die Richtung, Leistungen stärker steuerzufinanzieren, um sie aus dem wettbewerbsnachteiligen Lohnnebenkos­tensystem herauszubringen. – Da plädiere ich sehr für Folgendes: Bleiben wir, jeden­falls auf Bundesebene, bei der Basis einer steuerfinanzierten und damit budgetfinan­zierten Pflegegeldleistung und bewegen wir uns nicht auf Abwege in Richtung eines Erfindens von neuen Beiträgen! (Beifall bei der ÖVP.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


18.39.15

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Bartenstein, ich war vorhin fast versucht, Sie und Ex-Minister Buchinger dafür zu loben, was Sie in der letzten Legislaturperiode an dem aufgeräumt haben, was aufzuräumen war. Da Sie es aber nicht lassen können, das parteipolitische Hickhack wieder anzuzünden, lobe ich jetzt einfach nur Ex-Minister Buchinger dafür, dass er bei dem Pflegechaos, das wir vor der Wahl hatten, doch eini­ges weitergebracht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Nein, bitte! – Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Ich möchte heute aber zu einem anderen Antrag Stellung nehmen, und zwar zur Frage der Kinderrehabilitation. Ich habe vorhin Markus Wieser auf der Besuchergalerie ge­sehen, den viele von Ihnen wahrscheinlich kennen. Er ist der Initiator der Initiative Kin­


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der- und Jugendrehabilitation in Österreich, der aus sehr persönlicher Betroffenheit mit großem Engagement das Thema Kinderrehabilitation sehr, sehr weit nach vorne getra­gen hat. Nicht zuletzt ist es auch ihm zu verdanken, dass wir derzeit in dem Kinderge­sundheitsdialog, den Minister Stöger im letzten Monat begonnen hat, ein Einzelkapitel der Kinderrehabilitation widmen, und zwar nicht nur der onkologischen Rehabilitation, sondern der Rehabilitation – so wie von der FPÖ im Prinzip auch in ihrem Antrag ange­dacht – allgemein und der Frage, wie wir das organisieren können.

Es geht um Fragen wie: Wie können Familien mit auf Rehabilitation kommen? Wie ge­hen wir damit um, dass wir in Österreich – wie Sie es gesagt haben – zwar einige Bet­ten haben, die sich aber in Rehabilitationszentren für Erwachsene befinden? Wie struk­turieren wir das neu? Wir haben gestern hier gemeinsam das Bundesfinanzrahmenge­setz beschlossen und wissen alle, wie schwierig es ist, das wenige Geld, das bleibt, or­dentlich und sachgerecht zu verteilen.

Deshalb halte ich es für ganz besonders wichtig, dass wir uns, bevor wir uns überle­gen, welchen Teil des Kuchens wir wohin schieben – und wie gesagt, Kinderrehabilita­tion wird ein ganz, ganz wichtiger Teil sein –, einmal anschauen, wie viele Betten wir brauchen, wo wir diese Betten brauchen und wie wir sie über Österreich verteilen kön­nen – oder vielleicht brauchen wir auch irgendwo ein Zentrum. All das ist, soweit ich weiß, derzeit auch Teil einer Studie des ÖBIG, die kurz vor der Fertigstellung steht, und ist auch Thema in dieser Arbeitsgruppe zur Kinderrehabilitation.

Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, gemeinsam mit Minister Stö­ger das Thema Kindermedizin von der Impfung über den Mutter-Kind-Pass bis hin zur Kinderrehabilitation so zu gewichten, dass wir das Geld, das wir durch das Bundesfi­nanzrahmengesetz im Gesundheitsministerium zur Verfügung haben, zielgerecht und ordentlich für die österreichischen Kinder einsetzen werden können. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Steibl.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


18.42.03

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die vie­len Wortmeldungen und die umfangreichen Redebeiträge zum Thema Pflege zeigen ja, dass dieses Thema immer aktuell ist. Ich reihe mich bei jenen ein, die davon spre­chen, dass wir jetzt nicht einen Pflegenotstand herbeireden sollen, den es Gott sei Dank so nicht gibt, sondern es gibt immer notwendige Anpassungen, die wir permanent vor­nehmen müssen.

Martin Bartenstein hat ja schon ausgeführt und auch darauf hingewiesen, was in der Vergangenheit Gott sei Dank permanent an Verbesserungen passiert ist – unter dieser Regierung und unter den Vorgängerregierungen. Das ist ein System, das nicht statisch ist, sondern das sich permanent weiterentwickelt. Aus eigener Erfahrung im Pflegebe­reich weiß ich natürlich, dass wir noch viele Pflegekräfte brauchen und dass wir da ge­zielt Ausbildungen vornehmen müssen.

Frau Kollegin Haubner, ich bin auch der Auffassung – und ich habe mit meinen Kolle­gInnen darüber sehr intensiv gesprochen –, dass die Lehrlingsausbildung im Pflegebe­reich noch nicht möglich ist, und zwar aus vielerlei Gründen, die ich jetzt nicht ausfüh­ren kann. Deswegen bin ich letztendlich auch gegen diesen Antrag gewesen, aus tiefs­ter Überzeugung, dass das so nicht machbar ist.

Was wir aber viel stärker tun sollten, Herr Bundesminister, ist, Frauen nach der Kinder­pause – und das sind vornehmlich Damen; die Pflege ist weiblich – zu ermöglichen, dass sie als Wiedereinsteigerinnen in der Pflege tatsächlich leichter Arbeit finden, und


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das auch besser zu finanzieren. Ich selbst stelle nach wie vor 50-jährige Frauen bei mir im Betrieb ein. – Das tun nicht sehr viele. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass mit der notwendigen Reife und mit der notwendigen finanziellen Unter­stützung durch das AMS in diesem so wichtigen Pflegebereich Abhilfe geschaffen wer­den kann. Die Pflege ist kein parteipolitisches Thema, sondern ein Thema der Mensch­lichkeit, und ich gehe schon davon aus, dass wir alle daran interessiert sind, dieses menschliche Thema auch gemeinsam zu lösen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


18.44.24

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kol­leginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte ebenfalls zum Entschließungsantrag von Kolle­gem Hofer betreffend gesetzliche Grundlagen für Familienorientierte Rehabilitation spre­chen.

Meine Damen und Herren, es ist richtig – und mir ist das Thema auch sehr wichtig –, dass wir diesbezüglich ganz sicher Handlungsbedarf haben, vor allem, wenn man sich die Finanzierung ansieht, und wer letztendlich für diese zuständig ist. Wir wissen – und das ist interessant –, dass bei angeborenen Krankheiten, bei denen Rehabilitation not­wendig ist, die Bundesländer verantwortlich und zuständig sind, und dass bei jenen Krankheiten, die eben nicht angeboren sind – vor allem bei Unfällen, was bei Kindern und Jugendlichen leider sehr oft vorkommt –, letztendlich die verschiedenen Sozialver­sicherungsträger und -einrichtungen verantwortlich sind.

Wenn man mit Experten, zum Beispiel mit Kollegem Markus Wieser von der Initiative Kinder- und Jugendrehabilitation, darüber diskutiert, so stellt man fest – und wir haben Informationen, dass demnächst auch einige Expertisen darüber veröffentlicht werden –, dass in Österreich in Zukunft zirka 300 Primär- und Sekundärbetten pro Jahr benötigt werden. Das bedeutet aber auch, dass diese Bettenanzahl finanziert werden muss. Ich denke, dass hier große Anstrengungen unternommen werden müssen, um dieses Pro­blem zu bewältigen.

Wir benötigen letztendlich Rehabilitationseinrichtungen, die kindergerecht sind. Wir benötigen in diesen Rehabilitationszentren aber auch Personal mit einer kinderpädago­gischen Ausbildung und auch eine Betreuung, im Rahmen derer das Personal kinder- und jugendgerecht agiert. Auch kinder- und jugendgerechte Einrichtungen und eine schul- und kindergartenpädagogische Begleitung sind notwendig.

Meine Damen und Herren, das ist auch der Grund dafür, warum der zuständige Bun­desminister Alois Stöger im Rahmen des Kindergesundheitsdialogs dieses Thema auf­gegriffen hat. Er hat sich dieses Themas angenommen und hat, wie meine Vorrednerin Kollegin Oberhauser ja bereits erwähnt hat, eine diesbezügliche Arbeitsgruppe mit dem ganz konkreten Ziel eingesetzt, dass bis März 2011 Ergebnisse vorgelegt werden.

Wir als Parlament, als Abgeordnete haben dann die sehr große Aufgabe, diese Vor­schläge zu diskutieren, und ich hoffe, dass wir auch die richtigen Beschlüsse fassen, dass wir dieses Problem lösen und diese Anliegen schließlich auch in die Realität um­setzen. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


18.47.21

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Minister­bank! Meine Damen und Herren! Ich bin seit Jahrzehnten im Bereich der Hundeausbil­


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dung aktiv. Ich weiß daher nur allzu gut, wie wichtig es ist, dass es Blindenführhunde, Service- und auch Signalhunde gibt. Ich weiß, dass solche Hunde weit mehr als nur die besten Freunde des Menschen sind, denn für Blinde, Gehörlose und auch schwer Er­krankte ist ein solcher Hund oft die einzige Möglichkeit, aktiv am Leben teilzuhaben.

Wenn es, wie wir in den vergangenen Tagen lesen mussten, Tierhasser wie in Leon­stein gibt, die Blindenführhunde vergiften, dann ist das nicht nur Tierquälerei, sondern es ist auch ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Ich hoffe, dass dieses Verbrechen bald aufgeklärt wird.

Meine Damen und Herren, dieses tragische Beispiel zeigt aber auch ein ganz anderes Problem auf, nämlich die horrenden Beträge, die offensichtlich für die Ausbildung von Blindenführ-, Service- und Signalhunden verlangt werden. In den Zeitungen wurden nämlich mehr als 30 000 € als finanzieller Schaden für diesen Hund, der vergiftet wur­de, angegeben. Es ist tatsächlich so, dass fast überall für die Ausbildung dieser Hunde solch hohe Beträge verlangt werden.

Ich verfüge aufgrund meiner wirklich jahrzehntelangen Erfahrung im Bereich Hunde­ausbildung über einen sehr genauen Einblick in den Aufwand und die Kosten für sol­che Ausbildungen, weil ich solche Ausbildungen vor vielen Jahren selbst durchgeführt habe. Selbst wenn man alle Kosten solcher Ausbildungen zusammenzählt – nämlich die Kosten für den Hund, für die Unterbringung während der Ausbildung, für die Ausbil­dung selbst, Impfungen, Gebühren und so weiter –, dann kann das niemals auch nur annähernd auf 30 000 € kommen.

Da verdient dann jemand sehr, sehr gut auf Kosten der Behinderten und der Kranken, meine Damen und Herren! Geht man davon aus, dass es möglich ist, acht solche Hun­de im Jahr fertig auszubilden, dann bedeutet das horrende Einnahmen für jemanden, der aktuell keinerlei Ausbildung oder Zertifikate vorweisen muss, denn solche Ausbil­dungen kann jeder durchführen.

Indirekt verdient man da natürlich auch auf Kosten des Staates, denn wenn man davon ausgeht, dass das Land Oberösterreich für die Ausbildung solcher Blindenführhunde bis zu 15 000 € an Zuschüssen zahlt, dann sieht man, dass durch diese horrend teuren Ausbildungsvorgänge auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler betrogen werden. Natürlich passiert das alles nicht nur im Bereich der Blindenführhunde, sondern auch bei den Signal- und bei den Servicehunden werden diese Summen verlangt.

Daher begrüße ich den All-Parteien-Antrag zur Schaffung einer einheitlichen Begriffs­bestimmung für Service- und Signalhunde im Bundesbehindertengesetz sehr. Wir müs­sen aber auch darauf achten, was zu welchem Preis angeboten wird und – was ganz wichtig ist – welche Ausbildung die Ausbildner haben.

Viele – zu viele! – selbsternannte „Hundeflüsterer“ ohne irgendeinen fachlichen Hinter­grund geben vor, Hunde zu Blindenführhunden, Signal- oder Servicehunden auszubil­den. Auch diese Menschen muss man einer Kontrolle unterziehen. Sie werden Aufla­gen zu erfüllen haben. Der heutige Antrag darf also kein Endpunkt sein, sondern er muss Aufforderung sein, in diesem Bereich gemeinsam mehr zu tun – und das vor al­lem zum Wohle der betroffenen behinderten Personen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


18.50.54

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Es hat 17 Debattenbeiträge gegeben, die sich ausreichend mit den Tagesordnungspunkten 15 bis 26 befasst haben. Die Ergebnisse reichen wie immer


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von Klarstellungen über Zuweisungen zu anderen zuständigen Ministerien bis hin zu zu­sätzlichen Forderungen und Maßnahmen.

Tatsache ist aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass jeder hier in diesem Saal Anlassfälle kennt, durch die auch soziale Härten sichtbar werden – soziale Härten, die in unserem Sozialsystem beziehungsweise in unserem dicht gespannten sozialen Netz noch nicht aufgefangen werden. Gerade deshalb sind diese Fälle, wie sie heute auch schon geschildert wurden, ein geeigneter Anlass, um über Verbesserungen und Ver­einfachungen zu beraten und zu diskutieren.

Tatsache ist aber auch, dass wir im internationalen Vergleich im Sozialbereich wieder spitze sind, seitdem die SPÖ wieder in Regierungsverantwortung ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP. Abg. Dolinschek: Das Behindertengleichstellungsgesetz haben aber wir gemacht, da habt ihr nichts zusammengebracht!) Diese soziale Verantwortung, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das gehört ganz einfach gesagt, weil viele er­innern sich noch daran, wie es ihnen in der Zeit von 2000 bis 2006 gegangen ist (Zwi­schenrufe bei ÖVP und BZÖ) –, ist bei unserem Sozialminister Rudolf Hundstorfer im besten Händen. Deshalb: Weiter so, Herr Sozialminister, im Interesse der betroffenen Menschen und im Interesse Österreichs! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


18.52.34

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte kurz drei Punkte ansprechen.

Zum Thema Hunde: Es ist so. Wir werden diese Arbeitsgruppe einrichten und erstens einmal versuchen, was Herr Abgeordneter Keck schon gesagt hat, die Frage der not­wendigen Qualität dieser Ausbildungen zu klären, denn es werden seitens des Bundes derzeit 100 Blindenführhunde gefördert, und der Preis ist ein relativ hoher. Wenn es notwendig ist, dann ja, aber bei den Signalhunden sollten wir uns die Chance geben, das qualitativ und auch preislich zu überprüfen.

Zweitens müssen wir auch die Frage stellen, in welcher Quantität wir diese Hunde brauchen, damit auch eine entsprechende Planung in die Zukunft hinein möglich ist.

Das heißt, das Thema Hunde ist keine Show-Partie, sondern wird angegangen und soll einer Regelung zugeführt werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das bin ich ja schon meinem Namen verpflichtet, nicht? (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Man kann es auch auf Englisch sagen, dann heißt es „Dogvillage“. Der „dog“ bleibt der „dog“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich möchte beim Thema Pfle­ge nur ein paar Dinge geraderücken. Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haubner! Ja, die Gemeinden haben Probleme, aber nicht durch die Steigerung der Kosten bei der Pfle­ge, sondern durch die sinkenden Ertragsanteile, die es aufgrund dieser Gesamtsituation gibt. (Abg. Ursula Haubner: Auch durch die Steigerung! Oja! Ich sitze in einem Ge­meinderat!) Es ist nicht die Steigerung. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Sehr geehrte Frau Abgeordnete Haubner, seien wir doch offen zueinander! Sitzen wir hier als Bundespolitiker oder nur als Landespolitiker? In Wirklichkeit haben wir einen gültigen Finanzausgleich, und im Rahmen dieses gültigen Finanzausgleiches gibt es eine komplett durchdesignte Finanzierung der Pflege, mit allem, was dazuge­hört. Jetzt wissen wir, dass es aufgrund der sinkenden Ertragsanteile nicht funktio­niert – ja. Es ist aber nicht in Ordnung, das jetzt mir umzuhängen, der ich, die Sorgen der Menschen ernst nehmend, dazu aufgerufen habe: Liebe Länder, seid so nett und


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machen wir gemeinsam diese Studie! (Abg. Scheibner: Bei so einem Aufruf!) Das war ein Aufruf, sehr geehrter Herr Abgeordneter (Abg. Großruck: Scheibner heißt er!), weil ich wollte diese Studie schon zwei Monate früher, als die Länder dann gesagt haben, wir machen es.

Jetzt führen wir diese Studie durch, und am Ende dieser Studie wissen wir dann, was wir für die Zukunft brauchen. Niemand von Ihnen kann heute exakt sagen, was wir für die Zukunft brauchen. Wir wissen, was wir heute ausgeben: Heute geben wir alle mit­einander – Gemeinden, Länder, Bund – 3,7 Milliarden € für Pflege aus. Wir wissen von den Gemeinden und von den Ländern nicht einmal ganz genau, was die Betroffenen selbst einbringen – nicht einmal das wissen wir zur Stunde genau! Was die Betroffenen einbringen, mit ihren Pensionen, mit dem Pflegegeld, das ist nämlich auch ein nicht un­wesentlicher Betrag.

Wir gehen das Thema aber trotzdem an, weil natürlich die Sorgen dieser betroffenen Menschen ernst zu nehmende Sorgen sind. Genauso gehen wir das Thema hinsicht­lich der Frage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an. Ich habe voriges Jahr über das AMS 4 000 Menschen in diesem Segment ausbilden lassen beziehungsweise die Aus­bildung beginnen lassen – Kurse für diplomierte Pfleger dauern länger, jene für Pfle­gehelfer und Altenfachpflege etwas kürzer. Wir haben diese Ausbildungsplätze heuer auf 6 000 gesteigert, um die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen.

Meine Devise ist: nicht wegschauen, sondern hinschauen! Wir nehmen diese Sorgen ernst, und wir werden gemeinsam mit den Ländern und den Gemeinden im Sommer wissen, was wir in Zukunft brauchen. Ich möchte Ihnen ein Konzept über die Gesamt­finanzierung eines Pflegefonds vorlegen, das auch hält – ein Konzept, das inhaltlich abgestimmt ist und das inhaltlich hält. Niemand von uns kann sagen, wir brauchen 2012 um 100 oder um 200 Millionen € mehr, als wir heute brauchen. Niemand kann das ernsthaft sagen. Mir geht es darum, Politik als etwas Ernsthaftes zu betrachten, keine Show-Partie (Abg. Ursula Haubner: Das ist keine Show-Partie!), sondern ernsthaft zu schauen, was wir in Zukunft brauchen – und das ist ein Anliegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch ganz kurz, weil sich das gut ergibt, da sich heute diese Interessenge­meinschaft der pflegenden Angehörigen konstituiert hat, erwähnen: Wir haben rund 400 000 Pflegegeldbezieher. Zur Stunde sind es etwas weniger. (Abg. Dr. Belako­witsch-Jenewein: Sind ein paar gestorben?) Sie wissen, es ist ein periodisches Sys­tem: Einmal gehen die Zahlen rauf, einmal runter. Wir wissen ganz genau, dass wir über das Jahr gerechnet rund 400 000 Pflegegeldbezieher haben. Ob jetzt 320 000 oder 330 000 zu Hause betreut werden, ist sekundär.

Fakt ist, es gibt diese pflegenden Angehörigen. Klar ist auch: Wir haben ein paar Ant­worten. Wir haben die Antwort der Ersatzpflege, wobei nicht nur der Bund die Ersatz­pflege anbietet, sondern auch die Länder, teilweise auch die Kommunen. Wir haben die Antwort der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung ab der Pflegestufe 3; das ist ganz gut gelöst, wie ich glaube. Es ist ein guter Fortschritt, dass diese Menschen ver­sichert sind.

Es ist auch eine, wie ich meine, sehr massive Qualitätssicherung unterwegs. Wir ha­ben im Vorjahr über das Ministerium insgesamt 18 200 Hausbesuche durchführen las­sen, bei denen es darum ging, zu schauen, wie die Qualität, wie die Betreuung ist, aber nicht nur, um hinzuschauen und Negatives zu finden, sondern auch, um Positives zu sehen. (Abg. Ursula Haubner: Das haben wir eingeführt! Abg. Dolinschek: Wann wurde das denn eingeführt?!) Ja, Frau Abgeordnete Haubner, noch einmal: Ich habe ja kein Problem damit, dass das von der Frau Kollegin Haubner während ihrer Amtszeit als Ministerin eingeführt wurde. (Abg. Dolinschek: Danke, dass Sie das sagen!) Das ist ja nicht mein Problem. (Abg. Ursula Haubner: Das soll es eh nicht sein!)


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Die Sache ist, dass es gut funktioniert, und das sage ich, nichts anderes erzähle ich, weil über diese Schiene auch den pflegenden Angehörigen geholfen wird, weil die pfle­genden Angehörigen auch Beratung und Unterstützung bekommen. Ich wollte nur sa­gen: Wir haben es weitergemacht.

Es ist auch das Demenzteam abrufbar. Das Demenzteam ist gerade für diejenigen, die zu Hause betreut werden und demenzkrank sind, ein sehr schwieriges Thema. Hier sind das Burgenland und die Steiermark mit Spezialprojekten, glaube ich, sehr gut un­terwegs.

Wir sind auch dabei, das umzusetzen, was wir den Menschen schuldig sind – und das erreichen wir zwischenzeitlich –, nämlich die Einstufung zum Pflegegeld innerhalb von 60 Tagen durchzuführen. Wir werden im Spätherbst dieses Jahres gemeinsam mit fünf Bundesländern das Pilotprojekt starten: Einstufung beim Pflegegeld durch das Pflege­personal. Insgesamt fünf Bundesländer werden sich an diesem Pilotprojekt beteiligen, und auch das werden wir tun.

Das wollte ich nur dazusagen, und zur Frage des Lehrberufes Pflege gestatte ich mir dann, nach dem Redebeitrag des Abgeordneten Neubauer noch einiges zu sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.01

19.01.10


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung und stimmen über jeden Ausschussantrag getrennt ab.

Zum Tagesordnungspunkt 15: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 723 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstim­mig angenommen. (E 97.)

Zum Tagesordnungspunkt 16: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 724 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 17: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 725 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um Ihr bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 18: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 726 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 19: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 727 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Zum Tagesordnungspunkt 20: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 728 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Zum Tagesordnungspunkt 21: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 729 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um Ihr bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 22: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 730 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem die Zustimmung geben, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 23: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 731 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 24: Abstimmung über die dem Ausschussbericht 732 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 98.)

Zum Tagesordnungspunkt 25: Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Ar­beit und Soziales, seinen Bericht 733 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dafür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 734 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.04.1327. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 312/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Freiwilliges So­zialdienstjahr (735 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.04.36

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Wir haben in Österreich die Situation, dass wir nach Auskunft von Herrn Karl Schwaiger, des Vorsitzenden der Pflegedirektoren, ein Manko von 7 000 notwendigen Pflegehelfern zu verzeichnen haben, die uns in den nächsten Jah­ren massiv abgehen werden. Wenn man die demographische Entwicklung in unserem Land berücksichtigt, dann weiß man, dass wir in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren noch einmal einige tausend dieser Pfleger massiv brauchen würden. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

In dieser für uns ohnehin schon dramatischen Situation leisten wir uns den Luxus, auf ein Modell, wie es zum Beispiel die Schweiz hat – den Pflegeberuf als einen Lehrberuf zu installieren –, und auf das Potenzial der Jugendlichen in diesem Alter zu verzichten.


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Ich darf Ihnen das Beispiel meiner eigenen Tochter geben. Meine Tochter hat mit 15 Jahren die Schule abgebrochen, weil sie den Drang verspürt hat, in einen Sozialbe­ruf zu wechseln, und sie übt ihn heute auch aktiv als Diplom-Behindertenpädagogin aus. Nur: Welche Hürden hat sie überspringen müssen, als sie mit 15 Jahren die Schule verlassen hat! Sie hat zur Antwort bekommen: Sie kann zwei Jahre eine Standperiode durchmachen! – Wenn sie nicht Eltern gehabt hätte, die sie darin unterstützt haben, dann wäre sie dem Pflegeberuf für immer verloren gegangen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb haben wir uns überlegt, wie wir die Menschen, die sich tatsächlich für den Pflegeberuf engagieren wollen, längerfristig bin­den können, indem wir sie die Zweijahresfrist bis zur tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit überwinden lassen. Es muss doch möglich sein, dass wir gemeinsam eine Lö­sung finden für die Menschen, die sich zu diesem Beruf wirklich berufen fühlen. In der Mehrheit der Fälle ist es tatsächlich eine Berufung, denn es ist gerade für junge Men­schen sehr schwierig, sich an diese ganze physische Situation und auch an die psychi­sche Situation zu gewöhnen.

Wir haben deshalb versucht, da einen Ausgleich zu finden, um die jungen Menschen an diesen Beruf zu gewöhnen und um ihnen eine Überbrückung zu ermöglichen, damit sie zu diesem Berufswunsch tatsächlich die Ausbildung machen können.

Im Namen der freiheitlichen Fraktion stelle ich deshalb folgenden Entschließungs­antrag:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, zu prüfen, ob eine Herabsetzung des Mindestalters für das Freiwillige Soziale Jahr und eine Anerkennung als theoretische Ausbildung im Bereich der Pflege- und Sozialberufe als Lehrberuf möglich und sinnvoll ist.‘“

*****

Ich ersuche, dieser Prüfung stattgeben zu wollen. Wir haben dann in den Ausschüssen genügend Möglichkeiten, alle rechtlichen und auch alle anderen Voraussetzungen einer Prüfung zu unterziehen. Nützen wir gemeinsam die Chance für unsere Jugend und für unsere älteren Menschen, die der Pflege bedürfen! Geben Sie sich einen Stoß, und stimmen Sie unserem Antrag zu! Darum appelliere ich. (Beifall bei der FPÖ.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Ing. Hofer, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Weiterentwicklung des Freiwilligen Sozialen Jahres,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 27, Bericht des Ausschus­ses für Arbeit und Soziales über den Antrag 312/A(E) der Abgeordneten Ursula Haub­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freiwilliges Sozialdienstjahr (735 d.B.) in der 67. Sitzung des Nationalrates am 20. Mai 2010.

In Österreich besteht seit dem Jahr 1968 die Möglichkeit, ein so genanntes Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu absolvieren. Junge Menschen ab 18 Jahren erhalten dabei die Chance, 10 bzw. 11 Monate lang die Arbeit im Sozialbereich kennen zu lernen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 198

Die Einsatzbereiche liegen dabei in der Arbeit mit behinderten Menschen, mit alten Menschen, Kindern oder Jugendlichen oder in einem anderen Bereich, wie z. B. Arbeit mit Obdachlosen oder Flüchtlingen. Aus unserer Sicht stellt das FSJ eine äußerst effi­ziente Form der Berufsorientierung für junge Menschen dar, die Interesse an einem Einstieg in den Pflege und Sozialdienst zeigen.

Auch Jugendliche, die Interesse an einem Pflegeberuf haben, sollten eine Möglichkeit erhalten, eine bestimmte Zeit freiwillig im Sozialbereich ableisten zu können, um erste Erfahrungen zu sammeln und abzuwägen, ob sie überhaupt für eine künftige Ausbil­dung im Sozialbereich geeignet sind.

Aufgrund der Tatsache, dass für die Ausbildung in diesem Bereich zur Zeit in den meisten Fällen ein Mindestalter von 17 Jahren erforderlich ist, wäre es notwendig, Ju­gendlichen, die die Pflichtschule verlassen, die Möglichkeit zu eröffnen, zumindest einen Teil dieser Zeit im Sinne ihres Berufswunsches zu überbrücken. Diese Zeit sollte ihnen dann im Rahmen einer anschließenden Ausbildung angerechnet werden können.

In der Schweiz gibt es bereits seit einigen Jahren einen Pflege-Lehrberuf, der im be­währten dualen Ausbildungssystem erlernt werden kann. Die Erfahrungsberichte fallen entgegen anders lautenden Behauptungen äußerst positiv aus.

Eine ähnliche Regelung wie in der Schweiz wäre auch für Österreich zu überlegen. So könnten junge Menschen mit Interesse an diesem Beruf die Ausbildung im Pflegebe­reich im Rahmen einer freiwilligen Tätigkeit beginnen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Bundesminister werden ersucht, zu prüfen, ob eine Herabsetzung des Mindestalters für das Freiwillige Soziale Jahr und eine Anerkennung als theoreti­sche Ausbildung im Bereich der Pflege- und Sozialberufe als Lehrberuf möglich und sinnvoll ist.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.08.30

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Kollege Neubauer, Sie verwechseln da immer Äpfel mit Birnen. Wir haben das ohnehin schon im Ausschuss gesagt: Der Grund unserer Ablehnung des Antrages der Kollegin Haubner war derjenige, dass das Freiwillige Soziale Jahr, um das es da geht, nicht, wie im Antrag gefordert, Teil einer Berufsausbildung ist, sondern dazu dienen soll, diese Zeit für die Jugendlichen als Per­sönlichkeitsentwicklung darzustellen, und darüber hinaus einer Berufsorientierung die­nen soll. Bei dieser Konzeption geht es um das praktische Kennenlernen all der sozial­beruflichen Tätigkeiten und auch um die persönliche Abklärung der Frage: Bin ich überhaupt dazu geeignet, in Zukunft einen Beruf im Sozial-, Gesundheits- oder Pflege­bereich zu ergreifen?

Darüber hinaus geht es uns dabei natürlich auch um das soziale Engagement, das im Mittelpunkt stehen soll. Auch all die Organisationen, welche das Freiwillige Soziale Jahr anbieten und durchführen, wollen diese Form des Einsatzes ausdrücklich nicht als Berufsausbildung, sondern als Zeit der persönlichen und beruflichen Orientierung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 199

und das in strukturierter Form, verstanden wissen – wohl wissend, dass dieses Freiwil­lige Soziale Jahr Bildungselemente enthält und die Jugendlichen auch zu einem Ein­satz, der über das klassische Freiwilligenengagement hinausgeht, verpflichten soll.

Seit nunmehr über vier Jahren leistet das Sozialministerium für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich mehr als zehn Monate lang auf Basis einer 40-Stunden-Wo­che sozial engagieren, einen Ersatz für den Entfall der Familienbeihilfe in Höhe von 150 €. Aber damit nicht genug, wird dieser Betrag sowohl sozialversicherungsrechtlich als auch steuerrechtlich als Entgeltbestandteil bewertet, was letztendlich logischerwei­se auch dazu geführt hat, dass sich die bisherigen Aufwendungen wegen dieser Lohn­nebenkosten um über 200 000 € auf einen sagenhaften Betrag von inzwischen schon 836 000 € erhöht haben.

Aber ich möchte schon anmerken – das muss man fairerweise auch sagen –, dass die derzeitige Sonderrichtlinie im Jahr 2010 ausläuft, weshalb das Sozialministerium inten­siv an einer verbesserten Lösung und an einer Verlängerung arbeitet. Jeder, der Bun­desminister Hundstorfer kennt, weiß, mit welchem Elan und mit welcher Ernsthaftigkeit er an diese Sache herangeht.

In diesem vorliegenden Entwurf befinden sich wahrlich herzeigbare Punkte, wie eben ein modernes Freiwilligengesetz ausschauen sollte, so unter anderem die genaue Defi­nition, was wir überhaupt unter Freiwilligentätigkeit verstehen, bis hin zur Frage der Verankerung des Österreichischen Freiwilligenrates, aber auch der Schaffung einer Dienstfreistellung und eines Entgeltfortzahlungsanspruches.

Es ist aber in Zukunft auch abzuklären, wer überhaupt solche Dienste des freiwilligen Sozialdienstes anbieten darf und unter welchen Qualitätskriterien so etwas erfolgen soll. Leider ist es derzeit noch nicht möglich gewesen, auch den zuständigen Minister Mitterlehner von den positiven Inhalten des vorliegenden Entwurfes zu überzeugen. Bisher hat er aus Kostengründen leider noch nicht seine Zustimmung gegeben.

Ich denke mir aber, oberstes Ziel bei der Umsetzung sollte es sein, den Jugendlichen in der Phase der Ausbildung und Berufsorientierung praktische Erfahrungen zu ermög­lichen. Deshalb sind wir dazu aufgerufen, so rasch wie möglich an die Umsetzung he­ranzugehen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.12.19

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Seit 1968 besteht das Freiwillige Soziale Jahr in Öster­reich. Unzählige junge Menschen haben sich unentgeltlich und freiwillig zum Zweck der Förderung der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, um wirklich im sozialen Bereich tä­tig zu sein, und damit natürlich auch die sozialen Institutionen unterstützt.

Zurzeit ist es de facto noch immer so, dass das nicht als Ausbildung gilt, dass die Fa­milienbeihilfe deshalb auch nicht weiter bezahlt wird – dass es somit einen Einschnitt im Beziehen der Familienbeihilfe gibt – und dass Taschengeld und Förderungsbeitrag über die Institutionenverwaltung ausbezahlt werden. Das sind 43 Jahre Erfahrung, 43 Jahre vieler junger Menschen und Institutionen, die hier wirklich Großartiges geleis­tet haben, und 43 Jahre, in denen eine gesetzliche Regelung de facto einfach noch fehlt.

Die Argumentation, warum Minister Mitterlehner hier blockiert, verstehe ich nur teilwei­se. Abgesehen von der vielen, jahrzehntelangen Erfahrung ist es ja so, dass es einen Entwurf gibt, und im Entwurf – Stand 28. 1. 2010 – wird auch angemerkt, dass dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2010 in Kraft treten sollte, nämlich das Gesetz zur Förderung von Rahmenbedingungen für ein Freiwilliges Soziales Jahr. Das ist eine Tatsache!


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Die Frage ist – und diese muss hier gestellt werden –: Was ist in den letzten vier Mona­ten passiert? Wenn es den Entwurf gibt, wenn es 40 Jahre Erfahrung gibt: Wieso kann dieser Entwurf noch nicht in Begutachtung sein? Wieso kann hier nicht ganz öffentlich diskutiert und debattiert werden? Und wieso sperrt sich noch immer ein Jugendminister der ÖVP dagegen? – Das verstehe ich nicht!

Ein wenig liegt die Annahme nahe, dass möglicherweise auch gewartet werden kann und sollte, weil das Jahr 2011 das „Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit“ ist, mit dem erklärten Ziel, Rahmenbedingungen für Freiwilligentätigkeit zu schaffen, Freiwilli­genarbeit anzuerkennen und die Sensibilisierung für Freiwilligenarbeit zu forcieren. Meine Annahme ist, dass hier im Zuge des „Europäischen Jahres der Freiwilligentätig­keit“ der große Wurf vorgestellt wird und dass gesagt wird: Ja, wir von der Bundesre­gierung machen alles für die gesetzliche Verankerung des Freiwilligen Sozialen Jah­res. – Das empfinde ich als etwas zynisch, vor allem vor dem Hintergrund, dass 40 Jahre lang das Freiwillige Soziale Jahr einfach existiert hat.

Zum Gesetz ein Punkt: Im Gesetz ist mir aufgefallen – und das wissen Sie sicher, Herr Sozialminister –, dass das Freiwillige Ökologische Jahr mit keinem Wort vorkommt. Es wird nur vom Freiwilligen Sozialen Jahr gesprochen. Wenn also die Begutachtungsfrist noch nicht begonnen hat, wenn der Gesetzwerdungsprozess sozusagen noch in Arbeit ist, fordern wir Sie schon auf, auch mit Minister Berlakovich in Verhandlungen zu treten, um wirklich alle freiwilligen Tätigkeiten auch gesetzlich zu regeln.

Zum Antrag der FPÖ: Wir werden diesem Antrag natürlich nicht zustimmen, weil wir nicht einsehen, warum nur dieser eine Bereich als Lehrberuf im Rahmen des Freiwilli­gen Sozialen Jahres gelten sollte.

Ein Freiwilliges Soziales Jahr ist ein Engagement von jungen Menschen, die sich dafür interessieren und die auch schauen und ausprobieren wollen, ob dieser Sozialberuf et­was für sie ist. Viele, die ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht haben, gehen in die soziale Arbeit. Viele, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gemacht haben, gehen in Berufsfelder des Umweltschutzes, zum Beispiel in jenes des Wasserschutzes. Deshalb müssen unbedingt das Freiwillige Ökologische Jahr und das Freiwillige Soziale Jahr in einem Entwurf gemeinsam zustande kommen. (Beifall bei den Grünen.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.16.49

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP bekennt sich seit Jahren zum Freiwilligen Sozialen Jahr. Ich möchte hier schon mit einer Irrmeinung auf­räumen, Frau Kollegin Windbüchler-Souschill: Wenn Sie der Meinung sind, dass wir diejenigen sind, die jetzt diesen Gesetzesantrag, diesen Entwurf nicht zulassen, dann täuschen Sie sich!

Es gibt einen anderen Grund dafür, und ich nenne ihn auch: Der ÖGB hat Probleme mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr, weil – ich weiß allerdings nicht, warum – dort ge­glaubt wird, man bekäme dadurch Probleme auf dem Arbeitsmarkt und es würde im Bereich der Pflegeberufe eine Konkurrenz geschaffen. Das ist aus meiner Sicht und wahrscheinlich auch aus Ihrer Sicht nicht nachvollziehbar, weil das Freiwillige Soziale Jahr in Wirklichkeit ein Berufsfindungspraktikum ist, das seit dem Jahre 1968 in Öster­reich auch so praktiziert wird.

Das ist der wahre Grund, und Sie hätten wahrscheinlich auch ein bisschen mehr Infor­mation, wären Sie beim Freiwilligenrat anwesend gewesen. Da waren von den Manda­


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taren nämlich nur Kollegin Lapp und ich am 9. April anwesend. (Abg. Windbüchler-Souschill: Trotzdem gibt es ...!) Dort ist das Freiwillige Soziale Jahr auf der Tagesord­nung gestanden, dort haben wir darüber diskutiert.

Der Herr Bundesminister hat zugesagt, dass es eine Lenkungsgruppe geben wird, in der auch das Finanzministerium, natürlich das Sozialministerium und die Vertreter des Frei­willigenrates eingebunden werden und eingebunden sind. Das ist mittlerweile auch schon angegangen worden. Dann wird noch einmal verhandelt: über das Freiwillige Soziale Jahr, über den Punkt, den Herr Kollege Spindelberger angesprochen hat, in dem es um die Dienstfreistellung und die Entgeltfortzahlung geht, dem wir immer schon skeptisch gegenübergestanden sind, und zwar nicht deswegen, weil wir das den Freiwilligen nicht zukommen lassen wollen, sondern deshalb, weil wir der Meinung sind, dass sich das ne­gativ auswirken könnte, wenn jemand auf Jobsuche ist.

Der dritte Punkt ist der Entschließungsantrag aus einem vorhergegangenen Sozialaus­schuss, in dem es um die Unterstützung von Freiwilligen geht, um unter anderem ein Bonussystem für Betriebe zu entwickeln, die viele Freiwillige beschäftigen, einen besse­ren Versicherungsschutz zu gewährleisten und eine bevorzugte Einstellung im öffentli­chen Dienst bei gleicher Qualifikation vorzusehen. Diese drei Punkte haben wir damals im Entschließungsantrag beschlossen, und das wird jetzt in einer eigenen Gruppe dis­kutiert.

Das ist die Wahrheit! Wenn Sie nicht anwesend waren, dann sage ich Ihnen das jetzt, damit Sie auf dem aktuellen Stand sind und damit Sie auch top-informiert sind.

Zum Freiwilligen Sozialen Jahr selbst: Es hat ja die Diskussion darüber schon im Ausschuss stattgefunden. Es ist so, dass wir dort einen gemeinsamen Entschließungs­antrag eingebracht und auch beschlossen haben. Wir sind der Meinung, dass natürlich der Antrag der Frau Kollegin Haubner ernst zu nehmen ist, die sich seit Jahren um das Freiwillige Soziale Jahr bemüht. Das ist anzuerkennen, und deshalb haben wir noch einmal untermauert, dass es rasch zu einem Gesetz kommen sollte. Der Gesetzent­wurf ist ja eigentlich zwischen dem Bundesminister und Staatssekretärin Marek weit­gehendst ausverhandelt. Wir fordern das mit diesem Entschließungsantrag ein, und ich gehe davon aus, dass das im heurigen Jahr auch umgesetzt wird.

Herr Bundesminister, ein Ersuchen noch an Sie: Sie wissen, es wird sich zeitlich nicht ausgehen. Wir haben die Förderrichtlinie, die es jetzt seit zwei Jahren gibt, dass dieser Einmalbetrag, den die Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres erhalten, mit Mitte des Jahres wahrscheinlich noch einmal verlängert werden muss, weil sich das parla­mentarische Prozedere nicht ausgehen wird.

Zum Antrag der FPÖ auch eine Bemerkung: Wir werden diesem Antrag nicht zustim­men. Es gibt eine sehr leichte Erklärung dafür: Das ist einfach eine Vermischung. Sie vermischen das mit den Berufen im Sozial- beziehungsweise Pflegebereich. Sie sa­gen, Sie wollen mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr einen Lehrberuf haben. Das Freiwil­lige Soziale Jahr ist aber ein Berufsfindungspraktikum, aber kein Beruf! Daher kann dieser Antrag von uns nicht unterstützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.20.59

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Aufbauend auf dem, was meine Vorredner gesagt haben, bin ich der Meinung, dass wir uns alle einig sind, dass Freiwilligenarbeit für unsere Gesell­schaft etwas sehr Wichtiges und Unverzichtbares ist, und wir froh sein müssen, wenn Mitglieder dieser Gesellschaft, vor allem junge Menschen, freiwillig tätig sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 202

Der Freiwilligenbericht des Ministeriums zeigt ganz klar auf, aus welchen Gründen jun­ge Menschen freiwillig arbeiten: weil sie helfen wollen, weil sie in der Gemeinschaft sein und Erfahrungen sammeln wollen.

Weiters zeigt dieser Bericht auf, dass junge Menschen im Bereich Katastrophendienst, also vor allem bei der Feuerwehr, aber auch in den Bereichen Umwelt, Kultur, Sport und im Sozialbereich sehr engagiert tätig sind.

Mir ist klar, dass freiwilliger Einsatz nie in Form eines Einkommens entlohnt werden kann oder soll, denn sonst wäre es eine Erwerbstätigkeit und würde dem, was wir unter freiwilliger Arbeit für die Gemeinschaft verstehen, nicht mehr entsprechen.

Trotzdem glaube ich, dass wir diese Art des informellen Lernens, die die Jugendlichen bei solchen Einsätzen machen, anerkennen müssen. Wir müssen sie anerkennen nicht nur, indem wir sie loben und sagen, wie klasse, toll und unverzichtbar sie sind; sondern sie sollen das auch für ihr weiteres berufliches Leben, für ihre spätere Absicherung spüren. Diese Aufwertung des informellen Lernens wäre auch im Zusammenhang mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr machbar. Man könnte das sichtbar beziehungsweise spürbar machen.

Es muss jetzt nicht ein großer Teil der Berufsausbildung sein, es kann sich ja auf einen Teil des Praktikums beschränken. Denn wir wissen, dass 75 Prozent derjenigen – und das sind vor allem Mädchen –, die dieses Freiwillige Soziale Jahr machen, später einen Sozialberuf ergreifen. Warum soll man also diese Arbeit, die sie schon verrichtet haben, nicht für ihre berufliche Ausbildung anerkennen? Mir ist es wirklich unverständ­lich, warum wir seit vier Jahren darüber diskutieren, wie man dieses Freiwillige So­ziale Jahr im Bereich der gesetzlichen Regelung auf entsprechende Beine stellen kann.

Für mich war es damals, 2006, als Ministerin sehr wichtig, zumindest durch eine Förde­rung die Familienbeihilfe zu ersetzen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass diese gesetz­liche Regelung so lange auf sich warten lassen müsste und wir uns nach vier Jahren noch immer im Förderbereich bewegen würden.

Kollege Wöginger hat gesagt, es werde gearbeitet. Ich vertraue und hoffe, dass gear­beitet wird und wir demnächst einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt bekom­men. Ich selbst bin Mitglied des zukünftigen Lenkungsausschusses für Freiwilligenar­beit und bin gespannt, was sich hier letztendlich tun wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich weiß, dass es jetzt vom Herrn Sozial­minister und der Frau Frauenministerin wieder eine neue Werbelinie gibt, wonach ge­rade Mädchen signalisiert wird, dass sie ihren Weg finden sollen – eine Kampagne, die wahrscheinlich mit sehr vielen finanziellen Mitteln ausgestattet ist.

Und da frage ich mich schon, warum wir jenen Mädchen, die ihren Weg gefunden ha­ben, nicht ihre konkrete Arbeitserfahrung im sozialen Bereich, ihre erworbenen sozia­len Kompetenzen sichtbar und spürbar für eine zukünftige berufliche Ausbildung ma­chen! Das wäre wirklich etwas, wo man nicht nur für etwas wirbt, sondern wo man auch handelt und etwas tut. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ werden daher auch dem Entschließungsantrag von ÖVP und SPÖ unse­re Zustimmung erteilen, um zu signalisieren, dass wir an einer Lösung ernsthaft inter­essiert sind. Wir werden aber auch dem Antrag der FPÖ zustimmen, auch wenn ich dir, Kollege Wöginger, recht geben muss: Das ist eine Mischung aus verschiedenen Din­gen. Aber ich glaube, man muss das diskutieren. Es sind gute Ansätze drinnen, vor al­lem was den Lehrberuf für Pflege und Betreuung anbelangt.

Also auch diesem Antrag werden wir unsere Zustimmung erteilen, denn wir meinen, hier besteht absoluter Handlungsbedarf, und daher wollen wir einen konstruktiven Beitrag hier leisten. (Beifall beim BZÖ.)

19.26



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 203

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.26.06

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur zwei Dinge dazu sagen, und zwar: Der Gesetzesvorschlag, den Sie in der Hand haben, Frau Abgeordnete – sie ist jetzt nicht da –, ist an und für sich ein internes Arbeitspapier, das den Weg zur Be­gutachtung noch nicht gefunden hat; aber ich bin überzeugt, es wird bald soweit sein. Wir werden natürlich die Umsetzung der entsprechenden Übergangsrichtlinie vorneh­men, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Herr Abgeordneter Neubauer! Keine Frage, angesichts des fehlenden Personals muss man versuchen, mit neuen Wegen, mit neuen Überlegungen etwas zu tun. (Zwischen­ruf des Abg. Kickl.– Er ist auch nicht da? Macht nichts. Ich erzähle Ihnen dann auch, was er über Sie gesagt hat. Sie wurden sowieso schon informiert, Herr Kickl, aber ich erzähle Ihnen das dann noch einmal.

Fakt ist: Wir haben uns das Schweizer Modell ein bisschen angeschaut. Dieses Modell gibt es dort seit 2002. Es wurde bereits zweimal extern, also von einer externen Firma evaluiert. Und da gibt es ein paar Ergebnisse, die wir nicht vom Tisch wischen sollen: 50 Prozent der Betroffenen geben an, sie seien zu früh in diesen Job eingestiegen. Die­se Erfahrung soll man nicht einfach ignorieren.

50 Prozent der Absolventen arbeiten nicht mehr in diesem Beruf, gehen also gleich nach Absolvierung der Ausbildung weg. (Abg. Kickl: Reden Sie mal mit den Kindergärtnerin­nen!) – Schauen Sie, die Kindergärtnerinnen haben in Österreich das gleiche Problem. Gar keine Frage! Aber einige von ihnen machen dann immerhin eine Volksschullehre­rInnenausbildung – und das sind tollste Volksschulpädagoginnen und -pädagogen.

Was ich damit sagen will, ist: Man soll das, was dazu in der Schweiz erhoben wurde, nicht ganz wegwischen. – Punkt eins.

Punkt zwei: Man soll sich auch fragen, warum das nur die Schweiz anbietet und sonst niemand. Ich glaube, es gibt da so etwas – und wir haben uns im Ausschuss schon be­müht, das zu diskutieren – wie ein Phänomen, und da zeigt sich, dass 15-, 16-Jährige mit dieser Frage massiv überfordert sind. Ich weiß schon, jetzt kommt das Argument: Man darf mit 16 wählen, warum soll man damit überfordert sein, die Großmutter zu pflegen? – Es ist nicht dasselbe, ob ich die eigene Großmutter pflege oder jemand an­deren.

Demzufolge werden wir dieses Thema weiter beackern. Wir werden hier weiter schau­en, aber ad hoc machen wir das, was ich zuerst schon gesagt habe: Ad hoc verstärken wir alles an Ausbildungsschritten, was über das AMS möglich ist. Weiters werden wir uns ad hoc alle gemeinsam bemühen, darzustellen, dass die Betreuung von Menschen auch etwas Tolles sein kann. Ich denke, auch das ist ein Thema, mit dem wir uns be­schäftigen sollten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.29

19.29.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 735 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 99.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 204

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Frei­willigen Sozialen Jahres.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

19.30.0928. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 634/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Pneumokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan (693 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 635/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme der Meningokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan (694 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 770/A(E) der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung des Kranken­haus-Selbstbehaltes für Kinder (695 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 938/A(E) der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Etablierung eines bundes­weit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder (696 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 941/A(E) der Abgeordne­ten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche (697 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 965/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende Untersuchung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohren­krankheiten im Rahmen des Mutter-Kind-Passes (698 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 28 bis 33 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 205

19.31.59

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stimmen hier über eine große Anzahl an Anträgen ab, die sich alle im Großen und Ganzen mit dem Thema Kinder­gesundheit auseinandersetzen. Ich muss ehrlicherweise sagen: Ich war schon im Ge­sundheitsausschuss etwas enttäuscht, dass da so salopp über die Anträge drüberge­stimmt wurde – und das mit fadenscheinigen Ausreden.

Auf zwei Anträge möchte ich besonders eingehen.

Erstens: Antrag zum Thema Pneumokokkenimpfung. – Herr Bundesminister, Sie selbst haben versprochen, dass diese Impfung ab Jänner 2010 für alle Kinder kostenlos zu­gänglich wäre. Das ist nicht passiert, das wissen wir heute. Dieses Versprechen hat auch schon Ihre Vorgängerin gegeben. Und jetzt wurde das im Ausschuss überhaupt nur noch abgelehnt – mit dem Hinweis, es solle, wann auch immer, eine viel bessere Impfung kommen, auf die gewartet werden soll.

Wenn das der Grund wäre, dann wäre das – zumindest nach meinem Empfinden – ein Grund, einen Antrag zu vertagen, aber sie haben ihn abgelehnt. Ich habe den Ein­druck, dass Ihnen das überhaupt kein Anliegen mehr ist. Es gibt wohl auch deshalb nichts mehr, weil es ja auch gar kein Geld mehr zu vergeben gibt. Daher wird das alles nicht mehr kommen. Es wird alles auf die lange Bank geschoben, was ich sehr schade finde, zumal wir für die Griechenland-Hilfe Milliarden aufwenden.

Herr Bundesminister, in Griechenland werden alle Kinder gegen Pneumokokken ge­impft; das wird dort vom Staat bezahlt! Wir könnten uns das natürlich leisten, wollen das aber nicht. Ihnen ist Kindergesundheit offensichtlich nicht besonders wichtig.

Ich weiß, dass es noch einen gemeinsamen Antrag zum Thema Kindergesundheit gibt, der vollkommen allgemein gehalten ist, wo es überhaupt nichts Konkretes gibt. Das gilt auch für die Meningokokkenimpfung wie auch für die Krankenhaus-Selbstbehalte: Bei­des lehnen Sie ab. Da gibt es immer nur den Hinweis auf den Härtefonds, auf das So­zialamt, an das sich Eltern wenden können, und so weiter.

Ich halte das für eine etwas präpotente Ansage, weil ich glaube, dass Kinder unserer Unterstützung bedürfen. Sie wissen genau, dass Kinder im Gesundheitssystem sehr unterrepräsentiert sind und verhältnismäßig wenig Leistungen bekommen.

Ich habe den Antrag gestellt, dass die Untersuchung beim HNO-Arzt in den Mutter-Kind-Pass aufgenommen werden soll. Obwohl dieser Antrag nicht einmal Geld kosten würde, haben Sie ihn abgelehnt – und zwar mit den Worten, Sie wollen den Mutter-Kind-Pass „nicht überladen“.

Herr Bundesminister, ich halte das für den völlig falschen Weg, denn ich glaube, gera­de das wäre wichtig – nämlich Eltern darauf hinzuweisen, was es überhaupt für Mög­lichkeiten gibt. Viele Eltern haben ja keine Ahnung, was es an Möglichkeiten gibt und wo sie ihre Kinder untersuchen lassen können. Dabei wissen wir, dass gerade Kinder mit Hörproblemen in weiterer Folge auch Sprachprobleme haben.

Eine HNO-Untersuchung kostet fast nichts. Die Probleme, die in weiterer Folge entste­hen können, kosten aber sehr viel mehr; diese erfordern dann nämlich jahrelange The­rapieformen bei Logopäden oder Ergotherapeuten. Diese Kinder machen oft einen jah­relangen Leidensweg mit, haben einen viel, viel schlechteren Start ins Leben – nur weil ein Hörfehler nicht erkannt wurde.

Das Argument der Kollegin Oberhauser kann ich nicht teilen, nämlich, dass Kinderärzte das erkennen würden. Es gibt viele, viele Beispiele in Österreich, wo das von den Kin­derärzten übersehen wurde. Ich halte es für kein allzu großes Opfer, den Eltern zu sa­gen, dass sie zum Facharzt gehen sollen. Wenn das ohnehin der Kinderarzt sieht, dann


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sage ich, schaffen wir die Fachärzte ab. Man hat ein bisschen den Eindruck, dass Sie in diese Richtung gehen wollen – und das ist der falsche Weg!

Ich würde meinen: Zeigen wir doch den Eltern die Möglichkeiten auf! Letzten Endes kann dann jeder entscheiden, ob er sie in Anspruch nehmen möchte oder nicht. Ich glaube, dass das der richtige Weg wäre – anstatt alles kaltschnäuzig abzulehnen! (Beifall bei der FPÖ.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Csörgits. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.49

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss meiner Vorrednerin aufs Vehemen­teste widersprechen. Gerade das Argument, dass dem Herrn Bundesminister Kinder- und Jugendgesundheit nichts wert wäre, ist völlig aus der Luft gegriffen. Wenn Sie Me­dienberichte verfolgt hätten, hätten Sie daraus entnehmen können, dass erstmals in der Geschichte der Herr Bundesminister für Gesundheit einen sogenannten Kinderge­sundheitsdialog eröffnet hat.

Dabei werden erstmals alle Interessengruppen an einen Tisch geholt und es wird ein Prozess gestartet, wo alle Betroffenen dabei sind, wobei sich der Herr Bundesminister gemeinsam mit seinen Fachexperten und Fachexpertinnen sehr genau mit Themen wie Gesundheitsförderung, Prävention, Versorgung, aber auch Rehabilitation, Risiko­schwangerschaften, Risikogeburten und Kinderarzneimittel auseinandersetzen wird.

Da ich unseren Herrn Bundesminister gut kenne, weiß ich, dass dieses Thema bei ihm in guten Händen ist und er dazu steht, diese Dinge mit Kopf und Herz angehen.

Zu den Anträgen darf ich festhalten: Was den Tagesordnungspunkt 33 anlangt, der schon von meiner Vorrednerin erläutert wurde – es handelt sich dabei um HNO-Unter­suchungen beziehungsweise um deren Aufnahme in den Mutter-Kind-Pass –, darf ich noch einmal darauf verweisen, dass diese Untersuchungen, wie wir schon im Aus­schuss diskutiert haben, derzeit auch von Allgemeinmedizinern und -medizinerinnen durchgeführt werden können, wenn diese eine dementsprechende Ausbildung haben.

Darüber hinaus können sich Eltern auch schon heute, wenn Schwierigkeiten entstehen oder wenn sie das Gefühl haben, dass da etwas nicht in Ordnung ist, an HNO-Ärzte wenden. Daher verstehe ich also diesen Antrag nicht ganz.

Was den Antrag zum Tagesordnungspunkt 31 anlangt – die Frage der Finanzierung von Heilmitteln und Rehabilitationsgeräten – sowie die Anträge, die sich mit der Erwei­terung des Impfprogrammes für Kinder beschäftigen, darf ich einerseits auf den im Ausschuss beschlossenen Entschließungsantrag verweisen. Darin wird der Bundesmi­nister ersucht, bei Vorliegen eines besseren Wirkstoffes das Impfkonzept des Bundes weiterzuentwickeln. Dieser Antrag wurde im Ausschuss beschlossen. Andererseits darf ich in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Kindergesundheitsdialog verweisen.

Der letzte Antrag, auf den ich näher eingehen möchte, ist jener zum Tagesordnungs­punkt 30 – eingebracht von der Frau Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Krankenhaus-Selbstbehaltes für Kinder.

Dazu darf ich, wie auch schon im Ausschuss festgehalten, mitteilen, dass im Mai 2009 der Bundesminister im Rahmen eines Fünf-Parteien-Entschließungsantrages ersucht wurde, mit den Ländern vorbereitende Verhandlungen über die Artikel-15a-Verträge durchzuführen. Auch da bin ich überzeugt davon, dass der Herr Bundesminister diese Verhandlungen sorgfältig und gut führen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 207

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.39.46

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dass der Dialog ein wichtiger erster Schritt ist, mag schon sein, aber wenn man den Uni-Dialog erlebt hat, hätte man gerne die Gewissheit, dass dem ersten Schritt auch ein zweiter folgt.

Die Bemerkungen, es werde alles wieder gut, sind mir – egal, von welcher Seite sie kommen – ein bisschen zu dünn.

Vorweg: Es gibt sehr viele Fälle, bei denen Hörschäden bei Kindern übersehen wur­den. Ich kenne sogar einen Arzt für Allgemeinmedizin, dessen Kind auf einem Ohr völ­lig taub ist; der hat das auch übersehen.

Was Impfungen betrifft, wissen Sie – das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen –, dass ein guter, vernünftiger Impfplan eine zentrale Säule der Prävention ist, weil die Zahl der Infektionen vermindert wird, infektionsbedingte Schäden reduziert werden und auch die Zahl infektionsbedingter Todesfälle minimiert wird.

Seit dem Jahre 2000 sind in Österreich für Kinder zusätzlich die Pneumokokkenimp­fung, die Meningokokkenimpfung und die Impfung gegen Rotaviren gekommen. Die Rotavirenimpfung ist seit 2007 kostenlos – und man fragt sich medizinisch, warum die­se schon und die anderen nicht. Das halte ich für einen Kardinalfehler. Rotaviren verur­sachen Durchfallerkrankungen, die selbstlimitierend sind; in Österreich 0,5 Todesfälle, Erwachsene einbezogen, pro Jahr. Das kann man bei Pneumokokken, Meningokokken nicht behaupten.

Die Kosten der Rotavirenimpfung liegen bei, glaube ich, 216 € – da müsste ich nach­schauen – und ein Jahr gewonnener Lebensqualität durch die Impfung 138 000 €. Alle Rechnungen sagen, dass das keine notwendige Maßnahme ist.

Bei Pneumokokken sind die Zahlen ganz anders. Hier lohnen sich Investitionen. Hier müssen die Anreize ganz niederschwellig gesetzt werden. Man sollte das auch bezah­len, weil es viel mehr Todesfälle, viel mehr ernsthafte Schäden gibt als bei Rotavirener­krankungen.

Man fragt sich: Wie fallen solche Entscheidungen? – Ich stelle die Fragen – ohne ir­gendwelche Schuldzuweisungen zu treffen –: Ist der Impfausschuss optimal besetzt? Traut die Politik jedem Mitglied des Impfausschusses oder vermutet sie – es gibt ja Bü­cher darüber, die will ich gar nicht nennen – zumindest Beziehungsgeflechte? Warum reagiert der Oberste Sanitätsrat nicht auf die Empfehlungen des Impfausschusses? – Das sind einige Fragen, die man einmal klären sollte.

Ich komme eigentlich schon zu dem Schluss, dass Impfen und Prävention vorwiegend niederschwellige Zugänge brauchen – diese stellen primär Aufklärung dar. Dabei muss man auch darauf achten, welche teilweise sektiererische Gruppen schon jede Impfung als Mord bezeichnen. Es gibt Leute, die sagen, in Afrika sterben mehr Leute an Imp­fungen als davon profitieren. Das ist wissenschaftlich erwiesenster Unsinn, aber die sind derart charismatisch, dass viele diesen Leuten auf den Leim gehen.

Zweitens geht es um die Leistbarkeit der Impfung. Wenn man die Frühsommergehirn­hautentzündungsprävention und die Influenzaprävention weglässt, kostet die Eltern die für Kinder empfohlene Impfung pro Kind über 700 €. Das ist wirklich gelebte oder erdul­dete Zwei-Klassen-Medizin und eigentlich eine Bankrotterklärung von Public Health!

Würde der Staat diese Impfungen einkaufen, würde sich das um 50 Prozent reduzie­ren. Österreich liegt, verglichen mit der Türkei sogar, anderen Nachbarstaaten und süd­


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amerikanischen Staaten, in der Durchimpfungsrate der Bevölkerung nicht einmal im Mittelfeld. Bei irgendeiner riesigen Sportveranstaltung in Österreich hat man in Bolivien vor Masern in Österreich gewarnt, weil hier zu wenige geimpft sind. Das sollte man als Minister – das ist alles vor Ihrer Zeit gewesen, das gebe ich schon zu – eigentlich nicht kommentarlos hinnehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und Dr. Karlsböck.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.45

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grünewald, ich glaube nicht – bei al­ler Würdigung Ihrer Literaturrecherchen –, dass in der Türkei oder in Bolivien die Durch­impfungsrate bei wesentlichen Krankheiten über der österreichischen liegt. (Abg. Dr. Grü­newald: Laut WHO!) – Das glaube ich nicht! (Abg. Dr. Grünewald: Vielleicht glaubt die WHO Ihnen auch nicht!) Ich weiß nicht, welche Daten da weitergegeben werden, aber meine Erfahrung, allein in Wien mit Zuzugskindern, gibt mir ganz andere Hinweise.

Es ist keine Frage, Herr Abgeordneter Grünewald, dass man darüber diskutieren muss, in welchem Tempo wir etwas machen. Ich bin jetzt schon lange in der Gesundheitspoli­tik tätig. Wir haben einmal über die Haemophilusimpfung gestritten, die Kehldeckelent­zündung hat etwa vier Kinder im Jahr das Leben gekostet. Das ist – Gott sei Dank – jetzt im Impfplan. Man kann wirklich trefflich streiten, wie schnell etwas in den Impfplan aufgenommen wird oder nicht, aber ich glaube, man kann nicht den Minister zum Übervater des Obersten Sanitätsrates machen, da würden sich die Herren Professoren sehr wohl aufregen.

Aber man kann diskutieren. Meiner Meinung nach ist die Diskussion durchaus legitim. Nur, etwas hat mir in Ihrer Diskussion nicht gefallen, das darf ich mir auch erlauben zu sagen, nämlich, dass die eine Impfung 138 000 € für ein gerettetes Lebensjahr kostet und die andere nur 38 €. Ich glaube, es war in Österreich immer Konsens, dass man sagt: Wir bewerten ein Leben nicht mit Kosten. Aber ich will Ihnen das wirklich nicht un­terschieben.

Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein, das ist alles sehr diskussionswürdig. Sie haben viele wichtige Sachen herausgegriffen. Sie waren leider, glaube ich, bei der Auf­taktveranstaltung des Gesundheitsdialogs verhindert. Es ist wesentlich, dass wir alle Betroffenen, Elterninitiativen, Experten an einen Tisch holen und einen Dialog entwi­ckeln, der nicht versanden darf, keine Frage.

Ich habe mir die Mühe gemacht, bin dort hingegangen und war eigentlich angenehm berührt. Das Entscheidende meiner Meinung nach ist, dass Kinder schon gar nichts dafür können, ob Eltern verantwortungsvoll sind, ob Eltern reich sind, ob Eltern gebildet genug sind. Die Folgen tragen sie zehn, 20 Jahre später, und deshalb ist es, denke ich, eine besonders heikle Frage.

Ich glaube auch, dass der Minister das so wahrnimmt, aber ich bin ja nicht sein Anwalt. Der wesentliche Punkt ist: Der Dialog muss fair sein und zu Ergebnissen führen.

Gehen wir weiter zu den Jugendlichen, so kann es nicht sein, dass in Österreich 25 Pro­zent der 15-Jährigen regelmäßig rauchen. Das ist völliger Unfug und beinahe eine Bank­rotterklärung.

Es kann auch nicht sein, dass das Übergewicht bei Kindern um 50 Prozent zunimmt, Kinder kaum mehr Bewegung machen. Das kann ein Gesundheitsminister nicht verord­nen, aber ich glaube, wir müssen da mehr tun. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es kann auch nicht sein, dass es in Österreich enorm viele Kinder mit Zappelphilipp-Syn­drom gibt, ADHS-Syndrom, die dann aus der Schule rausfallen und nicht betreut werden.

Ich habe beim Kindergesundheitsdialog erfahren, dass allein in Wien 1 000 Kinder auf einen Therapieplatz warten – in Vorarlberg nicht. Ich will jetzt nicht beide Länder ge­geneinander ausspielen, da auch die Selbstbehalte in Vorarlberg anders sind als in Wien.

Da muss ich ganz ehrlich sagen, wir müssen uns an der Nase nehmen: Warum geht dort etwas und da nicht? – 1 000 Kinder auf einer Warteliste bedeuten vergebene Chan­cen, Folgekosten und vielleicht irreparable Schäden.

In diesem Sinn müssen wir uns auch fragen, warum es keinen Kassenvertrag für Kin­der- und Jugendpsychiatrie gibt. Sind die Kinder alle so gesund? (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Wenn ich in der Opposition wäre, würden mir jetzt auch viele Anträge einfallen.

Ich denke, wir müssen ein stimmiges Gesamtwerk machen, und wir müssen uns den Fragen stellen, auch wenn das zum Beispiel für die Regierungsparteien unangenehm ist. Frau Abgeordnete Belakowitsch, der Verweis, Ausspielen Griechenland gegen Ge­sundheitskosten bei Kindern, war nicht die oberste Schublade. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.49.41

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Pneumokokken und Meningokokken verursachen schwere Krankhei­ten bei Kindern, bei Meningokokken kommt es meistens zum Tod. Die Pneumokokken­impfung ist für Risikokinder vorgesehen, aber was ist ein Risikokind? Welches Kind be­kommt jetzt die Impfung gratis?

Kinderärzte haben zu beurteilen, was ein Risikokind ist. Ich will den Kinderärzten die Kompetenz nicht absprechen, aber uns ist das zu wenig.

Da Erkrankungen, verursacht durch Pneumokokken, immer häufiger werden – jährlich sterben weltweit zwei Millionen Menschen an einer Pneumokokkeninfektion, davon sind ungefähr eine Million Kinder unter 5 Jahren – und da jetzt ein wirksamerer Impfstoff zur Verfügung steht, fordern wird die Aufnahme dieser Impfung in den Impfplan. Wie Kol­legin Belakowitsch-Jenewein gesagt hat, werden in Griechenland alle Kinder geimpft, da könnte man in der jetzigen Situation leicht sagen: Wir unterstützen die Impfung der Kinder in Griechenland, haben aber für die Impfung der eigenen Kinder kein Geld.

Meningokokken sind besonders gefährlich, da sie erst diagnostiziert werden können, wenn es meist zu spät ist; die Kinder versterben dann. Die Übertragung erfolgt von Mensch zu Mensch, entweder durch Trinkflaschen oder durch Küssen. Sie sind bei je­dem dritten Teenager im Hals-, Nasen- und Rachenraum heimisch, die Träger erkran­ken aber nicht.

Zwar können die Erkrankungen durch Meningokokkus B nicht verhindert werden, aber durch den neuen Meningokokkus C-Konjugatimpfstoff können bis zu 40 Prozent aller Meningokokkenerkrankungen vermieden werden. Eltern lassen ihre Kinder selten ge­gen Meningokokken impfen, das liegt wahrscheinlich daran, dass sie selbst nicht viel über diese Erkrankung wissen oder dass der Impfstoff sehr teuer ist.

Seit Juli 2006 empfiehlt die ständige Impfkonvention des Robert Koch-Institutes die Me­ningokokkenimpfung für alle Kinder. Geschehen ist bei uns bis dato nichts. Für die Schweinegrippe haben wir gleich, obwohl der Serotyp nicht genau bekannt war, eine


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Unmenge Impfstoff bestellt. Mit diesen Kosten könnten wir schon eine Menge Kinder gegen Meningokokken impfen.

Weil der Gesundheitsdialog so oft angesprochen wurde: Die Regierungsparteien ha­ben großartig versprochen, was alles für die Gesundheit getan werden soll, und dann lehnen sie im Ausschuss schon den ersten Antrag für die Kindergesundheit ab, so wie alle anderen Anträge. Das deutet natürlich sehr darauf hin, dass diese Aussagen der Regierungsparteien nichts anderes als ein Lippenbekenntnis waren. Für uns ist es zu wenig, nur Arbeitskreise einzurichten. Wir verlangen Taten. Taten zu setzen ist gefragt, und das unverzüglich. Deswegen stimmen Sie bitte diesen Anträgen zu! – Danke. (Bei­fall beim BZÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.52.38

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In meiner Rede beziehe ich mich auf den Tagesordnungspunkt 31 Antrag der Abgeordneten Haubner und Kollegen, bei dem es um die Einführung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Reha-Geräten für behinderte Kinder geht.

Grundsätzlich klingt Vereinheitlichung ganz gut, für manche wahrscheinlich sogar ver­führerisch, und es gibt in vielen Bereichen durchaus gute Gründe, sich eine einheitliche Gesetzgebung zu überlegen. Wobei es mir sehr wichtig ist zu betonen, dass ein ein­heitliches System nicht zu Qualitätsverlust und Nivellierung nach unten führen darf.

Ein Bereich, bei dem – da sind sich alle einig – dringende Reformen notwendig sind und es auch schon verschiedenste Reformvorschläge gibt, ist der Gesundheitsbereich; Stichwort zum Beispiel: Finanzierung aus einer Hand.

Die Möglichkeit, durch Vereinheitlichung der Finanzierung des Gesundheitswesens Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, Finanzierung transparent zu machen, Kosten einzu­sparen durch klarere Zuständigkeiten, gehört im Sinne der weiter gesicherten hochqua­litativen Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher dringend um­gesetzt.

Genau da setzt meine Kritik an diesem Antrag an. Der Antrag würde das Herauspicken eines noch dazu relativ kleinen Bereiches bedeuten, und das halte ich in einer Phase, in der die Gesamtarchitektur des Gesundheitswesens überdacht wird, für kontraproduktiv.

Ein paar Worte noch zur Begründung des Antrages: Seit mehr als 30 Jahren arbeite ich als Obertherapeutin mit behinderten Kindern. Ich habe mit Kindern aus verschiede­nen Bundesländern, natürlich auch mit verschiedensten Krankenkassen, gearbeitet, und ich habe eine kleine Blitzumfrage unter KollegInnen durchgeführt, die auch meine eigenen Erfahrungen bestätigt haben. Ich kann mich in meiner 30-jährigen Berufspraxis an kein Kind erinnern, das aus den von Ihnen genannten Gründen ein dringend benö­tigtes Hilfsmittel nicht bekommen hätte und daher im Heilungsverlauf benachteiligt ge­wesen wäre.

Was ich in diesem Zusammenhang für wesentlicher halten würde, ist die Vereinheitli­chung im Leistungsspektrum der Kassen, da nicht einzusehen ist, dass ein Patient in einem Bundesland oder von einer Kasse etwas zur Verfügung gestellt bekommt und in einem anderen nicht. Das ist aber auch ein Thema, das im Gesamtkontext gesehen und bearbeitet werden muss. Ich sage daher: Ja, einheitliche Standards sind wün­schenswert, aber nicht herausgelöst, sondern im Kontext der Neustrukturierung im Ge­sundheitswesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.55



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 211

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. Da ich sehr gespannt bin, welchen Teil des Redebeitrags des Herrn Dr. Spadiut Sie berichtigen wollen, erinnere ich ausdrück­lich an die Geschäftsordnung und erteile Ihnen das Wort.

 


19.55.26

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Ich hoffe, ich liege nicht daneben. Es ist eine ungewöhnliche tatsächliche Berichtigung. Dr. Grünewald hat behauptet, dass es in der Türkei eine höhere Durchimpfungsrate als in Österreich gibt. Meinen wollte Dr. Grü­newald wahrscheinlich, dass in der Türkei die Pneumokokkenimpfung gratis sei.

Eine zweite tatsächliche Berichtigung: Dr. Rasinger hat behauptet, ich würde Impfkos­ten in der Gesundheitspolitik unethisch bewerten. – Gesagt habe ich allerdings, dass Impfungen mit geringen Kosten sehr viel bewirken können und sehr teure Impfungen sehr wenige Effekte zeigen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der erste Teil war eine originelle tatsächliche Berich­tigung, der zweite Teil, Herr Kollege Grünewald, keine wirkliche tatsächliche Berichti­gung, weil Sie ja auch keinen Sachverhalt wiedergeben konnten. Weil es so originell war, sind wir alle froh – und ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Karlsböck als nächs­tem Redner das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.56.36

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, fast könnte man meinen, Sie sind ein Magier. Ihr Ressort muss in den kommenden Jahren sage und schreibe 18 Millionen € einsparen und 21 Posten noch dazu. So steht es zumindest im Budget- und Personalplan, den uns die Regierung vorgelegt hat.

Sie haben für die Umsetzung dieses Vorhabens eine sehr originelle Methode gewählt, Sie schaffen in Ihrem Ministerium acht neue Abteilungen. Sie sind, Herr Minister, dabei sehr wählerisch, Sie wählen nämlich für die Besetzung dieser sieben bis acht neuen Ab­teilungen ausschließlich rote Parteigänger.

Die anderen bereits vorhandenen Dienstposten und Mitarbeiter, die teilweise durch Ih­re schwarzen VorgängerInnen eingesetzt worden sind, werden degradiert in die Be­deutungslosigkeit. Ich bin mir nicht sicher, ob das dem Herrn Präsidenten Neugebauer in dieser Radikalität so bewusst ist.

Während Sie aber in Ihrem Haus eine sogenannte politische Säuberungswelle veran­stalten, die in dieser Art in diesem Haus bislang einzigartig ist, wie mir hochrangige Personalvertreter versichert haben, und so unnötig Geld verschwendet wird, sparen Sie bei politischen Initiativen und Ideen.

Sie, Herr Minister Stöger, haben die heute schon oft angesprochene Pneumokokken­impfung für alle Kinder in Österreich wieder einmal abgelehnt und verschoben; Sie wollen weiterprüfen. Ein neuer Impfstoff soll kommen, es soll abgewartet werden, was die Ergebnisse bringen.

Herr Minister, ich frage mich, was Sie denn da noch prüfen wollen, wo wir doch bereits wissen, dass in beinahe allen anderen EU-Ländern diese Impfungen gratis sind. Auch, wie wir heute gehört haben – und das ist kein unmoralischer Querverweis –, in Grie­chenland. In Griechenland ist diese Impfung seit Jahren gratis. Ich sage das deswe­gen, weil offensichtlich dieses Land derzeit kein Geld zur Verfügung hat, und dort ge­schieht das trotzdem. Und wir, die das Geld hinbringen, ihnen das Geld gewähren, un­wahrscheinlich hohe Milliardenkredite aufnehmen, können uns das nicht leisten?! – Das ist nicht in Ordnung und auch nur sehr schwer argumentierbar. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 212

Das ist nicht nur eine Zwei-Klassen-Medizin, sondern das ist eine Verhöhnung aller ös­terreichischen Steuerzahler!

Was aber noch viel gravierender wirkt und alarmierender ist als die politischen Umfär­beaktionen, ist die Tatsache, dass Sie das Gesundheitsministerium unter die Kuratel von Juristen stellen wollen. Das heißt, Mediziner, die momentan vorhanden sind, wer­den ins Abseits gestellt. Ein Gesundheitsministerium ohne Ärzte ist genauso grotesk wie ein Justizministerium ohne Juristen.

Aber auch in ministeriumsnahen Bereichen wüten Sie, Herr Gesundheitsminister, in per­sonellen Fragen. So sollen etwa seit Jahren bewährte Gremien, wie der heute schon genannte, politisch völlig unabhängige Oberste Sanitätsrat in eine billige, politische Ab­stimmungsmaschinerie umgearbeitet werden.

Das ist nicht in Ordnung, das ist ein Skandal, selbst dann, wenn es höchstrangige Uni­versitätsprofessoren sind, die mit Politik gar nichts am Hut haben, sondern nur ihr Fach­wissen in den Dienst der Allgemeinheit stellen.

Ich wundere mich nur, meine Kollegen von der ÖVP, warum Sie da nicht protestieren. Es darf nicht sein, dass wir Experten, Wissenschafter und Intellektuelle entsorgen und irgendwelche medizinfremde Personen dort in diese wichtigen Funktionen hineinbrin­gen wollen.

Herr Minister, ich sage Ihnen, dass Sie in erster Linie für das Wohlergehen unserer Pa­tienten, unserer Bevölkerung da sein sollen und nicht für das Wohlergehen Ihrer Partei­gänger. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ermöglichen Sie endlich die Umsetzung der Gratisimpfung für alle Kinder in Öster­reich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.01.04

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, dass sich die derzeitige Finanzkrise, die in Europa vorherrscht und gemeinsam zu bewältigen ist, kaum dazu eignet, dass wir das Heer jetzt in die Gesundheitsdiskussion hereinnehmen und vielleicht noch Neid schüren. Wir müssen als Parlamentarier schon die Gesamtverantwortung sehen.

Persönlich meine ich, ist es auch nicht ganz richtig, wenn Sie uns vorwerfen, dass wir alle Ihre Anträge abgelehnt haben. Ich unterstelle Ihnen überhaupt nichts, ich denke, dass viele Ihrer Anträge gut gemeint waren. Sie sind aber deshalb nicht angenommen worden, weil sie zum Ersten nicht finanzierbar sind und zum Zweiten, weil wir keine Zu­ständigkeit haben.

Wenn man dem österreichischen Gesundheitswesen, das eines der besten ist – das haben wir schon oft gesagt –, das natürlich nicht ganz fehlerfrei ist, etwas anlasten müsste, dann, dass wir wirklich an die Grenze der Finanzierbarkeit gekommen sind. Da macht es keinen Sinn, immer noch neue Bedürfnisse, neue Erwartungen zu wecken. Da müssen wir einmal ganz ehrlich über die ganze Sache reden. Und so, denke ich, waren auch einige Anträge zu werten.

Wenn es darum geht, den Krankenhaus-Selbstbehalt für Kinder abzuschaffen, dann, mit Verlaub, machen Sie es, aber bitte in den Landtagen! Dort wird das entschieden und nicht hier im Parlament. Das haben wir Ihnen schon einige Male gesagt. Und ich finde es schade, dass wir uns laufend mit Themen beschäftigen, die schon abgehan­delt und erledigt sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 213

Ich denke, dass es ganz entscheidend wäre, dass wir uns hier einmal mit der Sache auseinandersetzen und auch davon reden, dass es in Wirklichkeit ohnehin große Be­freiungszonen gibt.

Ich darf mir zum Selbstbehalt zwei Äußerungen erlauben. Das eine ist: Wir haben vor einigen Jahren die REGO beschlossen, die Rezeptgebührenobergrenze funktioniert gut. Trotzdem haben wir einige bedauerliche Fälle, weil die Befreiungssachverhalte in den einzelnen Systemen sehr unterschiedlich sind. Ich denke, dass wir darüber reden sollten.

Herr Bundesminister, Sie meinen, dass Ihre Zielvorstellung eine Welt ohne Kosten­anteile und ohne Selbstbehalte ist. Ich ersuche Sie, darüber müssten wir einmal reden. Es gibt schon Probleme, den Leuten zu erklären, warum sie in einem System Selbstbe­halte zahlen, Kostenanteile hinterlegen müssen, andere Leute jedoch in anderen Sys­temen zu allen Leistungen Zugang haben, ohne dass sie eine Mitverantwortung, eine Mitbeteiligung haben. Diese Diskussion wird uns nicht erspart bleiben. Ich denke, darü­ber sollten wir uns wirklich unterhalten. Dieser Antrag ist deshalb nicht angenommen worden, weil wir nicht zuständig sind.

Die letzte Betrachtung zur Frage der Zuweisung an einen HNO-Facharzt im Mutter-Kind-Pass. Wir haben auch darüber gesprochen, das ist ein ernstzunehmender Antrag. Wir meinen aber, dass der Oberste Sanitätsrat dafür zuständig ist und nicht das Parla­ment.

Ich persönlich glaube auch, dass viele Ihrer Argumente richtig sind, dass wir aber eines schon sagen müssen und sagen dürfen: Es gibt auch eine Versorgungspflicht der El­tern. Wenn ein Kind wirklich nachhaltige Probleme beim Hören hat, eine Mutter erkennt das überhaupt nicht, ein Vater nimmt das nicht wahr – und das durch Wochen, Monate oder Jahre –, dann frage ich mich schon ernstlich, ob nicht die Eltern eine größere Pflicht haben als das Parlament, sich hier über solche Dinge zu unterhalten.

Also sehen wir die Dinge umfassend und ordnen wir nicht irgendjemandem Lasten zu, die hier nicht dazugehören!

Sie werden sicherlich mit Ihren Anträgen mehr Glück dahin gehend haben, dass sie diskutiert und angenommen werden, wenn Sie die Antragsinhalte ändern. (Beifall bei der ÖVP.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.05.43

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Kinder- und Jugendgesundheit – davon sind wir Grüne über­zeugt und auch davon, dass Ihnen das alles klar ist – braucht ein umfassendes Kon­zept, braucht Rahmenbedingungen, braucht Maßnahmen und vor allem auch den poli­tischen Willen dazu.

Herr Kollege Donabauer, Föderalismus in der Frage von Kinder- und Jugendgesund­heit ist völlig absurd, denn es kann nicht sein, dass es abhängig vom Wohnort ist, wie viel Eltern nach Landesgesetzen zu zahlen haben, wie viel an Gesundheitskosten dann wirklich aufgebracht werden muss.

Nur zur Information: Österreich hat die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, und da steht genau das drinnen: Jedes Kind hat das Recht auf Gesundheit, egal, welches Ein­kommen die Eltern haben, egal, wo es lebt, und egal, welcher Herkunft es ist. (Abg. Do­nabauer: Das steht ja nicht in Frage, bitte!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 214

Der Dialog über die Kindergesundheitsstrategie, der heute schon angesprochen wurde, ist unserer Ansicht nach der erste und auch ein richtiger Schritt, die Frage ist jedoch die Umsetzung.

Wenn hier Expertisen wirklich einfließen können, wenn hier Experten/Expertinnen, Be­troffene Gehör auf Augenhöhe finden, wenn sie, wie gesagt, ernst genommen werden, dann braucht dieser Dialog aber auch eine Umsetzungsstrategie, dann braucht Prä­vention eine Umsetzungsstrategie, dann braucht auch die ganze Thematik der Thera­pie auf Krankenschein oder der durch die Krankenkasse bezahlten Therapie Umset­zungsmöglichkeiten. Und insgesamt müssen die Taten folgen, mit denen all diese Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden. – Das war jetzt ein bisschen viel, was umsetzen ist, aber ich hoffe, Sie haben verstanden, was ich meine.

Da bin ich auch schon beim Antrag von Frau Haubner betreffend kostenfreie Therapien für Kinder und Jugendliche in Österreich. Es ist eigentlich eine Schande, dass wir in Österreich zu wenig Therapeuten und Therapeutinnen haben, einerseits in der medizi­nischen Versorgung, aber andererseits auch bei allem, was Psychotherapie und psy­chosoziale Betreuung anbelangt. Wir haben gerade gehört – und das wissen wir auch aus Erfahrung –, dass auf Therapieplätze extrem lang gewartet werden muss, dass Kinder auf einer endlos langen Warteliste stehen und dann oft nicht in das System hi­neinkommen, weil es einfach zu lange dauert.

Das heißt, Jugendgesundheitsfragen, Kindergesundheitsfragen müssen einen breiten Konsens finden – abseits des Föderalismus, abseits der Ländergesetze. Deshalb wer­den wir auch diesen Dialog genau beobachten, werden immer wieder diesen Dialog und die Ergebnisse in die Diskussion einbringen, um eine klare Brücke zu einem gan­zen Maßnahmenkatalog für Kinder- und Jugendgesundheit zu schlagen. (Beifall des Abg. Dr. Grünewald.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.08.52

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, es ist am einfachsten, hier herinnen zu sagen, für das eine sind wir nicht zuständig, daher können wir gar nichts tun. Das andere ist, wie es der Herr Minis­ter auch gesagt hat, er hat zwar verhandelt, aber er hat sich nicht durchsetzen können.

Solche Antworten sind mir seitens der Regierung einfach zu wenig, wenn man sagt, dass man nicht zuständig ist, aber weiß, dass wir ein Wirrwarr an verschiedenen So­zialversicherungen im Gesundheitssystem haben. Herr Kollege Donabauer, ich gebe dir recht, wir haben vier Versicherungen, die Selbstbehalte haben. Unter der vorigen Regierung haben wir zwar eingeführt, dass alle die gleichen Beiträge zahlen, aber es haben nach wie vor nicht alle die gleichen Leistungen.

Schauen Sie sich nur an, was die Wiener Gebietskrankenkasse gibt, was die Vorarl­berger Gebietskrankenkasse gibt, was die verschiedenen anderen in Oberösterreich geben! Also da liegen zum Teil Welten dazwischen. Und das ist etwas, was aus meiner Sicht reformbedürftig ist. Das sollte man nicht nur bei den Kindern, sondern generell ein­mal in Angriff nehmen.

Herr Bundesminister, da haben Sie eminent viel zu tun. Ich fordere Sie von dieser Stel­le aus auf, endlich einmal initiativ zu werden und diese großen Baustellen in Angriff zu nehmen. Ich weiß schon, das geht nicht von heute auf morgen, aber haben Sie einmal den Mut, auch hier klare Weichen zu stellen, und verstecken Sie sich nicht hinter Alibi­aktionen! (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 215

Der Bereich Kindergesundheit ist ein Bereich, der bei uns in Österreich einfach sträflich vernachlässigt wird. 19 Prozent der Bevölkerung sind Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 18 Jahren – 19 Prozent Bevölkerungsanteil! Diese 19 Prozent erhalten 7 Prozent der Gesundheitsausgaben. Hier noch zu sparen und zu sagen, das können wir uns nicht leisten, das wird dem nicht gerecht, zu dem wir uns alle verpflichtet haben, nämlich dass Kinder unsere Zukunft sind, dass wir auf unsere Kinder schauen müssen, dass es den Kindern gut geht und dass wir diskutieren, die Rechte der Kinder in die Verfassung aufzunehmen. Dann ist das alles nur ein Lippenbekenntnis, das ist alles nur wertloses Papier.

Gerade dieser Antrag, Herr Bundesminister, die Krankenhaus-Selbstbehalte für Kinder abzuschaffen, ist schon so uralt, der liegt schon so lange im Ausschuss. Ich kann mich daran erinnern, als ich ihn das erste Mal eingebracht habe, haben Sie gesagt, Sie wer­den sich für die Entlastung der Familien einsetzen und Sie werden mit den Ländern sprechen. Und jetzt, nach zwei Jahren, sagen Sie uns, die Länder sind leider nicht ge­sprächsbereit gewesen. Das ist wirklich ein Armutszeugnis. Ich denke, gerade jetzt, in wirtschaftlich schweren Zeiten, bei den Familien noch zu sparen, das ist wirklich un­sozial, falsch und zukunftsfeindlich. (Beifall beim BZÖ.)

Heute Kinder zu haben ist ein großes Glück, Kinder zu haben bedeutet aber auch ma­terielle Einschränkungen. Wenn dann noch Kinder krank sind, dann kommen zu den fi­nanziellen Belastungen auch die emotionale Belastung der Eltern, die Sorge um das kranke Kind und der Wunsch, dass das Kind so schnell wie möglich wieder gesund wird. Dass sich dann Eltern mit den verschiedensten Selbstbehalten und Unkostenbei­trägen herumschlagen müssen, der eine nach dem Krankenanstaltengesetz, der ande­re nach dem ASVG – im Burgenland 8,68 €, in Salzburg bis zu 17,30 € –, das versteht doch kein Mensch!

Herr Minister! Ich bitte Sie wirklich, setzen Sie sich durch, zeigen Sie Herz für kranke Kinder und stärken Sie damit die Eltern! Das wäre eine richtige Leistung, die ich mir von einem Gesundheitsminister erwarte. (Beifall beim BZÖ.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.13.16

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf diesen Tagesordnungspunkt dazu nützen, um folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Herbert, Dr. Andreas Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend kostenlose Tuberkulose- und Tetanus-Impfung für Polizistinnen und Polizisten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit und die Bundesministerin für Inneres werden er­sucht, künftig die kostenlose Tuberkulose- und Tetanusimpfung für Polizistinnen und Po­lizisten sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Antrag scheint mir in zwei Punkten sehr wesentlich zu sein, einerseits weil es die kostenlose Vorsorgeimpfung gegen diese beiden gefährlichen Infektionskrankhei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 216

ten derzeit noch nicht gibt. Sie wird weder vom Bundesministerium für Inneres noch von einem Sozialversicherungsträger angeboten. Zum anderen ist es doch so, dass man es sich als Exekutivbeamter nicht aussuchen kann, wann man einschreitet, wo man eine Amtshandlung durchführt und vor allem nicht, mit wem man es zu tun hat. Das heißt, gerade im Drogen- und Obdachlosenmilieu ist die Ansteckungsgefahr mit die­sen gefährlichen Infektionskrankheiten äußerst hoch.

Daher darf ich Sie, meine Damen und Herren, einladen, diesen Entschließungsantrag auch zu unterstützen, frei nach dem Motto: Wenn schon die Bundesregierung nicht für ausreichend viele Polizeibeamte Sorge tragen kann, dann sollte uns die Gesundheit derjenigen, die wir noch haben, wohl so viel wert sein, dass wir sie möglichst lang zum Wohle der Bevölkerung erhalten.

Auch Sie, Herr Bundesminister, darf ich einladen, gemeinsam mit der Frau Innenminis­terin Ihr Möglichstes zu tun, um die Gesundheit unserer Polizistinnen und Polizisten nach­haltig sicherzustellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Herbert, Dr. Andreas Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend kostenlose Tuberkulose- und Tetanus-Impfung für Polizistinnen und Polizisten

eingebracht in der 67. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Mai 2010 im Zuge der Behandlung von TOP 28, Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 634/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnah­me der Pneumokokkenimpfung für Kinder in den kostenfreien Impfplan (693 d.B.)

Über 20.000 Polizistinnen und Polizisten sorgen in mehr als 1.000 Polizeiinspektionen für die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. Im Zuge ihrer Tätigkeit in allen An­gelegenheiten der inneren Sicherheit wie Kriminalitätsbekämpfung, Hilfeleistung und Ge­fahrenabwehr sowie Prävention gefährden die Polizisten immer wieder ihre eigene Ge­sundheit.

Impfungen stellen eine wichtige Möglichkeit dar, das gesundheitliche Risiko zu reduzie­ren. Leider sind noch weit nicht alle sinnvollen Impfungen für Polizisten kostenlos.

Tuberkulose ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die durch Tröpfcheninfek­tion hauptsächlich von Mensch zu Mensch übertragen wird. Der Krankheitsverlauf ist schleichend, oft mit Spontanheilung, aber auch fortschreitend und unbehandelt tödlich.

Der Wert einer Tetanus-Impfung ist unbestritten. Tetanuserreger kommen weltweit vor und finden sich beispielsweise im Straßenschmutz. Bei Infektion kommt es nach un­spezifischem Krankheitsbeginn zu Spasmen der Muskulatur (Kiefersperre). Absolut le­bensbedrohlich sind die Lähmungen der Atemmuskulatur. Trotz Fortschritte der Inten­sivmedizin sterben noch etwa 20 bis 30 % der an Tetanus Erkrankten.

Tuberkulose und Tetanus stellen in der täglichen Arbeit für alle Polizisten eine ständige Bedrohung dar. Um künftig eine kostenlose Schutzimpfung gegen Tuberkulose und Te­tanus für alle Polizisten sicherzustellen, stellen die unterfertigten Abgeordneten nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 217

„Der Bundesminister für Gesundheit und die Bundesministerin für Inneres werden er­sucht, künftig die kostenlose Tuberkulose- und Tetanus-Impfung für Polizistinnen und Po­lizisten sicherzustellen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghu­ber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.16

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Leider fand der Antrag be­treffend verpflichtende Untersuchung durch einen Facharzt für Hals-, Nasen- und Oh­renkrankheiten im Rahmen des Mutter-Kind-Passes im Gesundheitsausschuss bei der Abstimmung keine Mehrheit. Und auch der Antrag betreffend Abschaffung des Kran­kenhaus-Selbstbehaltes für Kinder fand keine Mehrheit. Keiner ist mehr zuständig für die Selbstbehalte im Krankenhaus, aber Tatsache ist, die Eltern werden trotzdem zur Kasse gebeten und die Eltern müssen trotzdem den Selbstkostenbeitrag zahlen.

Dann fangen wir heute einmal zu reden an, reden wir darüber, ob jetzt im Land darüber gesprochen oder das beschlossen gehört oder hier im Hohen Haus. Fangen wir am Beginn an und reden wir darüber! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Krankenhaus-Selbstbehalt für mitversicherte Kinder unter 18 Jahren ist von Bun­desland zu Bundesland verschieden und kostet die Eltern zwischen 15 und 17,30 € pro Tag. Wenn eine Mutter oder ein Vater ihr Kind beim Krankenhausaufenthalt begleitet, sind noch zusätzliche Kosten zu begleichen.

Ein Beispiel aus Niederösterreich: In Niederösterreich kostet eine Begleitperson für ein Kind ab dem 1. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr 30 € pro Tag, ab dem 14. Lebensjahr 65 € pro Tag. Also: Ein dreijähriges Kind befindet sich in einem öffentli­chen niederösterreichischen Krankenhaus in Behandlung. Das kostet in der Woche 105 €. Die Mutter begleitet ihr Kind, was für die Genesung des Kindes sehr wichtig ist. Das kostet 210 €, also zusammen 315 €. – Sozial ist das sicher nicht, besonders für sozial Schwache! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das sind eigentlich Hotelpreise, aber keine Selbstkosten­preise. Für junge Familien ist der Krankenhausaufenthalt eines Kindes bereits eine gro­ße psychische Belastung. Und der überhöhte Selbstbehalt, von dem viele Familien oft gar nichts wissen, ist meist noch ein zusätzlicher Schock, wenn bei längerem stationä­rem Krankenhausaufenthalt des Kindes die Eltern plötzlich mehrere hundert Euro zu bezahlen haben.

Herr Bundesminister, mit der Abschaffung des Selbstbehaltes im Krankenhaus für Kin­der unter 18 Jahren könnten Sie die Familienfreundlichkeit des Landes erneut unter Beweis stellen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.18.19

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist es ein Bedürfnis, darauf hinzuweisen, dass es wichtig ist, gerade der Kindergesundheit einen besonde­ren Stellenwert zu geben. Und die Diskussion über Kindergesundheit muss außerhalb einer politischen Debatte über Griechenland oder sonst etwas geführt werden. Unsere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 218

Kinder verdienen eine vernünftige Auseinandersetzung darüber, wie wir die Gesundheit stärken können.

Daher danke ich allen Abgeordneten, die beim Kindergesundheitsdialog mitgearbeitet haben und in Zukunft mitarbeiten werden, weil es darum geht, Kindergesundheit in den Vordergrund zu stellen.

Wir haben uns bemüht, sechs Themenschwerpunkte im Bereich Kindergesundheit in den Vordergrund zu stellen. Da geht es um Versorgung, da geht es um Vorbeugung, da geht es um den Umgang mit Medikamenten für Kinder, da geht es um Fragen der Re­habilitation von Kindern und Jugendlichen, und da geht es – aus meiner Sicht ganz wichtig – um die Frage, wie wir mit psychosozialer Versorgung von Kindern und Ju­gendlichen umgehen.

Herr Abgeordneter Rasinger hat völlig zu Recht gemeint, dass es Kinder gibt, die aus der Schule hinausfallen, weil sie Erkrankungen wie das ADHS-Syndrom haben. Genau darauf haben wir reagiert.

Ich habe im „Fonds Gesundes Österreich“ darauf Wert gelegt, dass ein Schwerpunkt 2010 die Frage ist, Kinder bereits im Kindergarten zu betreuen, gerade im Bereich der psychischen Gesundheit zu betreuen. Das ist heuer ein Schwerpunkt im „Fonds Ge­sundes Österreich“. Das ist mir wichtig, das wird uns auch in Zukunft wichtig sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es uns gelingt, einen Selbstbehalt ab­zuschaffen, dann feiere ich ein Fest. Ich denke, Selbstbehalte dienen dazu auszugren­zen. Ich sage aber auch dazu, dass dieser Nationalrat die 15a-Vereinbarung im Zu­sammenhang mit der Krankenanstaltenfinanzierung, mit der Finanzierung des Gesund­heitswesens beschlossen hat. Ein Teil davon sind Selbstbehalte für Kinder in den Krankenanstalten, das ist Ländersache. Ich habe mit den Ländern darüber auch Ge­spräche geführt und kann Ihnen berichten, dass das einzige Bundesland, das die Selbstbehalte reduziert hat, das Bundesland Salzburg war, aber auch nur in einem klei­nen Bereich. Es ist Teil der Krankenanstaltenfinanzierung, und das wollen wir auch mas­siv angehen.

Zum Herrn Abgeordneten Karlsböck: Was Sie alles wissen, wie das Ministerium ver­ändert wird! Das wäre auch für mich interessant. Ich kenne diese Erfahrungen, die Sie hier beschreiben, nicht, aber wir werden sehen, wo Sie die Informationen herhaben. Sagen Sie es mir im Nachhinein, und dann werden wir sehen. Ich kann Ihnen ver­sichern: Wenn ich eine Veränderung im Ministerium mache, mache ich sie so, dass auch die obersten Personalvertreter dabei mitgehen können. Darauf können Sie sich verlassen.

Ganz zentral: Kindergesundheit ist wichtig. Das Gleiche gilt auch für Impfungen. Ich er­innere daran, dass Österreich das einzige Land ist, das flächendeckend Rotaviren impft. Es ist uns gelungen, die Krankenhausaufenthalte von Kindern in diesem Zusammen­hang um 75 Prozent zu reduzieren. Wir arbeiten daran, dass Österreich auch in Zu­kunft ein gutes Gesundheitssystem hat, insbesondere ein gutes Gesundheitssystem für Kinder. Ich erinnere daran, dass gerade durch die Einführung des Mutter-Kind-Passes in Österreich die gute Kinderversorgung erst begonnen hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.22

20.22.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin beziehungsweise der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 219

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 693 der Bei­lagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 100.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend kostenlose Tuberku­lose- und Tetanusimpfung für Polizistinnen und Polizisten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 694 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 695 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 696 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 697 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 698 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

20.25.1634. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 939/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Ver­ankerung der Gesundheitsprävention im Gesundheitswesen und Etablierung eines Bonussystems für Eigeninitiativen (699 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 650/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend tarifliche Gleich­behandlung aller Rehabilitationsleistungen (700 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1041/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Psychotherapie für Opfer sexuellen Missbrauchs (701 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 220

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 34 bis 36 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Eingetra­gene Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.26.15

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich bitte noch ein Wort zur vorherigen Debatte sagen.

Herr Kollege Donabauer, wenn ich mir Ihre Ausführungen so angehört habe, würde ich meinen, es wäre gescheiter, Sie würden aus dem Gesundheitsausschuss ausscheiden. Vielleicht wären Sie besser aufgehoben im Wirtschaftsausschuss oder Tourismusaus­schuss oder irgendwo anders. Aber diese Kaltschnäuzigkeit, mit der Sie Gesundheits­themen hier behandeln, ist wirklich frustrierend, und das ist in Wahrheit asozial, wiees nur geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Bis Eltern draufkommen, dass ihr Kind vielleicht schlecht hört oder auch schlecht sieht, ist es schon zu spät, denn da sind die Symptome nämlich schon ausgeprägt. Seien Sie froh, dass Ihnen dieses Schicksal erspart geblieben ist. Viele, viele Eltern klagen da­rüber, dass sie genau diese Therapien, deren Finanzierung Sie ja auch abgelehnt ha­ben, selbst zahlen müssen, und da geht es um eine jahrelange Behandlung. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zu den jetzt zu behandelnden Anträgen, und da gibt es in Wahrheit einen Wider­spruch bei Ihnen. Da ist einmal der Antrag des Kollegen Spadiut, der ein Bonussystem für Eigeninitiative etablieren will. Sie reden immer groß von der Eigeninitiative der Men­schen, die Sie so befürworten, zumindest dann, wenn es darum geht, dass neue Unter­suchungen gemacht werden sollten, aber wenn dann ein Antrag kommt, der die Eigen­initiative etablieren sollte, sind Sie wieder dagegen. Das ist also völlig widersprüchlich.

Da sieht man, dass Sie sich mit der Materie überhaupt nicht auseinandergesetzt ha­ben, sondern nur alles wirklich wild abgelehnt haben. Ich korrigiere: Sie haben zwei Anträge der Opposition vertagt, alle anderen 29 haben Sie abgelehnt. Also tun Sie nicht so, als hätten Sie das nicht getan! Wir haben diese drei Anträge, die jetzt zur Debatte stehen, gutgeheißen.

Besonders eingehen möchte ich auf meinen eigenen Antrag. Das ist nämlich gerade in einer Zeit, in der wir wirklich sehr viel von Opfern sexuellen Missbrauchs hören, ein Drama, dass genau diese Opfer oft jahrelang auf Therapieplätze warten müssen, weil es keine Therapeuten gibt, weil es nicht bezahlt wird. All das müssen die Menschen sel­ber tragen.

Ich halte es schon für sehr süffisant und für sehr zynisch, wenn man hier sagt, das ist eh alles in Ordnung, da brauchen wir jetzt nicht mehr. Das ist etwas, was mich sehr stört. Ich würde Sie schon bitten, Sie alle, wenn Ihnen dieses Problem wirklich so wich­tig ist, wie Sie immer tun, und wenn Sie das alles so tragisch finden, wie Sie das dar­stellen, dass Sie sich auch dafür einsetzen, dass es genug Psychotherapeuten für die Opfer gibt – und nicht nur für Opfer in öffentlichen Einrichtungen, sondern für alle Opfer sexuellen Missbrauchs, aber auch Opfer körperlicher Misshandlungen. Ich glaube, das ist etwas, was wir den Opfern schuldig sind, und das kann nicht immer nur mit Geld ge­messen werden. Hier geht es letzten Endes um die Gesundheit von Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 221

20.29.16

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, wir lehnen das nicht aus Jux und Tollerei ab, sondern wir ha­ben das schon im Gesundheitsausschuss begründet, warum wir unter anderem den An­trag 939/A, bei es darum geht, ein Bonus-Malus-System einzuführen, abgelehnt haben.

Es ist ja nicht so, wie Kollegin Martina Schenk vom BZÖ gestern gesagt hat, dass alles gut wäre, wo sie dann mit einem ominösen Sparbücherl da gewunken hat, sondern wir diskutieren das jetzt wirklich sachlich. Aber bedenken Sie einmal bei der ganzen Argu­mentation, wohin das führen würde, wenn jemand einen notwendigen Arztbesuch auf­schieben würde, nur weil er vielleicht eine kleine Bonuszahlung bekommt! Das könnte unter Umständen dazu führen, dass sich das Krankheitsbild dieser Person so ver­schlechtert, dass dann für das gesamte Gesundheitssystem noch höhere Kosten entste­hen würden.

Darüber hinaus ist bei diesem Antrag zu befürchten, dass mit Ihrem vorgeschlagenen Modell jene, die ohnehin gesund leben, bevorzugt werden, indem sie Bonuszahlungen bekommen, während jene Menschen, die wenig auf ihre Gesundheit achten, wegen so kleiner, lächerlicher Prämien dann vielleicht sowieso ihr Gesundheitsverhalten nicht än­dern würden.

Viel wichtiger, als solche finanziellen Anreize im Gesundheitssystem oder für Eigenini­tiativen zu schaffen oder überhaupt über Malus-Zahlungen nachzudenken, wäre eine stärkere Verantwortung von Gesundheitsförderung und -prävention. Da müssen wir schon bei den Jüngsten in der Gesellschaft den Hebel ansetzen. Aber da hat es in der Vergangenheit – und das müssen wir auch ganz offen diskutieren – enorme Fehler ge­geben. Ich kann mich noch daran erinnern, wo eine Ministerin, die in den Jahren 2000 bis 2007 für Unterrichts- und Bildungsangelegenheiten zuständig war, den Sparstift an­gesetzt hat, nämlich genau an der falschen Stelle, indem sie die Zahl der Turnunter­richtsstunden in den Schulen gekürzt hat. Und genau diejenigen, die damals mit auf der Regierungsbank gesessen sind und diesen Vorschlägen auch noch die Zustim­mung erteilt haben, bringen nun einen Antrag ein und sagen: Gesundheitsprävention sollte man gesetzlich verankern.

Ich bin dafür, dass es eine stärkere Verantwortung, aber auch Verankerung der Ge­sundheitsförderung und -prävention gibt. Das ist berechtigt. Aber wir müssen auch, und das muss man auch ganz offen sagen, einmal sicherstellen, dass wir die dementspre­chende Finanzierung gewährleistet haben.

Aber wir sollten trotz allem – Kollege Rasinger hat es ja angeschnitten – die Augen auch nicht davor verschließen, dass 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter Übergewicht und 6 Prozent, glaube ich, sogar unter Fettleibigkeit leiden. Das hat ja Bundesminister Stöger auch auf den Plan gerufen, im Bereich Ernährung und Bewe­gung Schwerpunkte zu setzen und darüber hinaus den Gesundheitsdialog zu initiieren. Da sage ich nur: Taten statt Worte. Das zeichnet Bundesminister Stöger aus, weil er dadurch auch der Prävention in Österreich einen höheren Stellenwert eingeräumt hat.

Aber nur kurz auch noch zum Antrag nach tariflicher Gleichbehandlung aller Rehabilita­tionsleistungen. Auch dem haben wir eine klare Absage erteilt, weil in Österreich – und das sollten wir hier im Hohen Haus schon akzeptieren – die tariflichen Vereinbarungen über die Aufenthalte in den unzähligen Rehab-Einrichtungen den Vertragspartnern ob­liegen, das heißt also den Selbstverwaltungskörperschaften in den Sozialversicherungs­trägern beziehungsweise bei den privaten Rehab-Einrichtungen der Wirtschaftskammer und dem Hauptverband.

Ich wehre mich wirklich dagegen, einen generellen Vergleich dieser privaten Rehab-Einrichtungen mit jenen der Sozialversicherungsträger anzustellen. Ein tarifliches Über-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 222

den-Kamm-Scheren ist schon deshalb für mich nicht denkbar, weil jede Indikation spe­zielle medizinische Leistungen erfordert. Wenn ich da jetzt als Steirer daran denke, welche Leistungen im Rehab-Zentrum der AUVA in Tobelbad erbracht werden, wo schwerstbehinderte Menschen, querschnittgelähmte Menschen behandelt und thera­piert werden, und dem eine private Einrichtung gegenüberstelle, wo Sie und ich für 21 Ta­ge Kuraufenthalt hinfahren, dann lässt sich das einfach nicht vergleichen.

Ich denke mir, die Abgeltung für private Rehab-Einrichtungen ist nicht die schlechteste, denn sonst würden sich nicht tagtäglich beim Hauptverband neue Bewerber anstellen, um solche Verträge lukrieren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.33.57

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Es besteht, und davon bin ich überzeugt, kein Zweifel in diesem Hohen Haus, dass alles getan werden muss im Kampf gegen sexuelle Gewalt, gegen körperliche Gewalt, gegen psychische Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Ich zweifle nur daran, dass die Umsetzung eines gesamten Maßnahmenkatalogs wirklich vonstattengehen kann.

Im Gesundheitsausschuss haben wir den Antrag der Frau Abgeordneten Belakowitsch-Jenewein besprochen. Der Herr Minister hat sich auf das Verbrechensopfergesetz be­rufen, indem er gesagt hat: Nach dem Verbrechensopfergesetz kann Kindern und Ju­gendlichen, die Gewalt erfahren haben, die Therapie bezahlt werden.

Wenn man sich das Verbrechensopfergesetz genau anschaut, dann stimmt das nicht ganz. Das Verbrechensopfergesetz funktioniert so, dass eine Anzeige erstattet werden muss, dass eine rechtswidrige und vorsätzliche Tat passiert sein muss, die mit mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, und eben eine Gesundheitsschädigung erlit­ten wurde. Aber die Leistung wird nur bezahlt, wenn erstens der Therapeut oder die Therapeutin einen Krankenkassenvertrag hat und zweitens im Verfahren auf Schaden­ersatzansprüche nicht verzichtet wurde. Das sind die zwei großen Probleme, die die Therapiekostenübernahme über das VOG so schwierig machen.

Ein Beispiel: Eine Mutter bemerkt, dass ihre minderjährige Tochter sexuelle Gewalt er­fahren hat und missbraucht wurde, und erstattet Anzeige. Der Täter ist der Vater. Das kommt leider in Österreich vor. Die Tochter muss in Therapie. Das weiß die Mutter, das wissen auch die Betreuungseinrichtungen, das weiß die sozialarbeiterische Betreu­ungseinrichtung, in der sich das Kind befindet – und das Kind bekommt auch ziemlich schnell einen Therapieplatz. Das Problem ist nur, dass die Mutter die Aussage verwei­gert, sie entschlägt sich im Verfahren – und somit das Kind keinen Rechtsanspruch mehr hat, über das Verbrechensopfergesetz diese Therapie zu erhalten. Das bedeutet, dass die Kosten rückerstattet werden müssen, und das bedeutet auch, dass es keine Unterstützung mehr gibt.

Beispiel zwei wäre, wenn gar keine Anzeige erstattet wird. Wir wissen alle, gerade aus der sozialen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, gerade aus dem ärztlichen Bereich, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, dass es extrem schwierig ist, Anzeigen überhaupt zu erstatten. Gegen den Papa oder gegen den Bekannten Anzeige zu er­statten, nämlich durch die Mutter meistens – die Kinder selbst, die minderjährig sind, werden nicht oft Anzeige erstatten –, ist extrem schwierig. In diesem Fall gibt es auch keine Kostenübernahme.

So, und als drittes Problem, nach den fehlenden Therapeutinnen und Therapeuten mit Krankenkassenvertrag, nach den Schadenersatzforderungen, haben wir noch das Pro­


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blem, dass Kinder, die indirekt von Gewalt betroffen sind, nämlich all jene Kinder, die im familiären Haushalt sehen, wie der Papa die Mama schlägt, die traumatische Erfah­rungen zu Hause erleben, nicht über das Verbrechensopfergesetz gefördert werden und keine Therapie bekommen. Das ist das dritte Problem.

Wir wissen, dass alle Kinder und Jugendlichen, die von sexueller Gewalt betroffen sind, alle Möglichkeiten bekommen müssen, um ihre traumatischen Erfahrungen aufar­beiten zu können. Das heißt, dass wirklich jemand da ist, der sie begleitet und betreut, bis es halbwegs überstanden ist und bis sie selber auch normale Beziehungen einge­hen können, selber auch ein normales Leben führen können und selber auch Verant­wortung für ihr eigenes Leben übernehmen können. Das Verbrechensopfergesetz ist hier keine Lösung und ist meiner Ansicht nach die völlig falsche Argumentation.

Wir wissen, dass der Weisse Ring, die Möwe, das Kinderschutzzentrum, aber auch die Liga für Kindergesundheit sich einig darin sind, dass wir zu wenige Therapieplätze in Österreich haben. Es gibt leider noch immer Warteschlangen, auch für Betroffene von Gewalt. Es gibt zu wenig Ressourcen für die Datenerhebung. Das heißt, all diese Insti­tutionen können gar nicht sagen: Welche Kinder sind im System, die Gewalt erfahren haben? Und: Wohin wurden sie vermittelt, wenn zum Beispiel ein Therapieplatz nicht bereitgestellt werden konnte? Wo kommen diese Kinder dann hin, in welchem System sind sie dann drinnen?

Das heißt, Wartezeiten sind vorprogrammiert. Das heißt, Österreich braucht Therapie­plätze für alle betroffenen Kinder und Jugendlichen, und das heißt auch, dass entwe­der das Verbrechensopfergesetz novelliert werden muss oder gleich ein neuer Geset­zesantrag hier hereinkommt, mit dem wirklich allen Kindern und Jugendlichen, die so eine traumatische Erfahrung erleben mussten, Hilfestellung gewährleistet wird. (Beifall bei den Grünen.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.40.01

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Ich werde versuchen, kurz zu den in Verhandlung stehenden Anträ­gen Stellung zu nehmen.

Zum Antrag betreffend Gesundheitsprävention und Etablierung eines Bonussystems ist zu sagen: Zahlreiche Gesundheitsförderungs- und Präventionsaktivitäten werden direkt von den Sozialversicherungsträgern angeboten und direkt auf die Versicherten, auf die verschiedenen Bedürfnisse der versicherten Klientel zugeschnitten. Man versucht auch, Prävention möglichst nahe bei den Menschen zu machen. Wenn es notwendig ist, wer­den die Versicherten auch aus ihrem Alltagsleben herausgeholt und auf Erholungsauf­enthalten entsprechend unterstützt, je nach Bedarf.

Es gibt verschiedene Angebote der Sozialversicherungsträger, die greifen, Maßnah­men, die gesetzt werden. Ich kann am Beispiel der Sozialversicherungsanstalt der Bauern sagen, dass Erholungsaufenthalte für Kinder und für ältere Erwachsene ange­boten werden, die unter besonderen Belastungen stehen, für Frauen und Männer, die aufgrund einer schwierigen Lebenssituation unter extremem psychischem Druck stehen, und auch für pflegende Angehörige.

Es wird weiters auch in die arbeitsmedizinischen Unterweisungen investiert. Es werden Sicherheitschecks in landwirtschaftlichen Betrieben angeboten. Es wird Information und Beratung für die Anwendung von persönlicher Schutzausrüstung angeboten. Und es wird auch Information bezüglich der Lebensstiländerung angeboten, die vor allem in


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Richtung Bewegung und gesunde Ernährung abzielt. All diese Angebote werden her­vorragend und bestens genutzt.

Wir wissen natürlich, dass es darüber hinaus immer noch mehr sein kann und dass selbstverständlich auch viele Menschen an die Prävention Ansprüche stellen. Jeden­falls wird für all jene, die Prävention suchen und die sich für Gesundheitsvorsorge und für Gesundheitsförderung interessieren, gerade vonseiten der Sozialversicherungsträ­ger in hervorragende Angebote investiert.

Ich möchte vielleicht noch Folgendes erwähnen: Die Frauengesundheitstage der Nie­derösterreichischen Gebietskrankenkasse, die mit Einbindung aller Sozialversicherungs­träger und anderer Gesundheitsanbieter abgehalten, hervorragend organisiert und bes­tens angenommen werden, sind auch ein sehr positives Beispiel.

Über den Bonus, der hier verlangt wurde, den finanziellen Anreiz, um sich mit der eige­nen Gesundheit auseinanderzusetzen, wurde schon von einem meiner Vorredner refe­riert. Ein wirklicher Bonus, so denke ich, besteht darin, dass man, wenn man sich ge­sundheitsfördernd verhält, auch persönlich durch ein Mehr und einen Zugewinn an Ge­sundheit profitiert. Es ist vor allem notwendig, die Menschen dafür zu interessieren und sie dazu anzuhalten, dass sie in Eigenverantwortung in ihre eigene Gesundheit inves­tieren, und genau das erfolgt auch in vielfältigster Weise.

Zur Gleichbehandlung aller Rehabilitationsleistungen wurde berichtet, dass die Rehabi­litationseinrichtungen, die eigenen Einrichtungen der Sozialversicherungsträger und natürlich auch private Einrichtungen, in einer gewissen Konkurrenz stehen, dass aber selbstverständlich die Patientinnen und Patienten so zugewiesen werden, dass die Therapien auch gezielt angeboten werden können – auch im Hinblick auf die freien Plätze. Es gibt natürlich Vertragspartner, und diese Vertragspartner müssen selbstver­ständlich bezüglich der Tarifverhandlungen aufeinander zugehen, miteinander verhan­deln. Es ist natürlich möglich, dass jeder Vertragspartner tätig wird. Soweit mir bekannt ist, wurde in der Vergangenheit jenen, die einen Rahmenvertrag mit dem Hauptver­band haben und in Verhandlung gegangen sind, auch den privaten Anbietern, ein Mehr an Tarif zugesprochen.

In diesem Sinn haben jetzt alle Anträge eine entsprechende Begründung dafür erfah­ren, dass sie heute abgelehnt werden. Wir sind der Meinung, dass in diesem Bereich sehr viel auf den Weg gebracht wurde, und meine Fraktion ist der Überzeugung, dass wir diesen Anträgen so nicht zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.30

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kol­lege Spindelberger, Sie haben das „ominöse“ Sparbuch angesprochen. Wenn Sie das Sparbuch durchgelesen, den Inhalt gelesen hätten, würden Sie wissen, dass es nicht ominös, sondern seriös ist. Ich würde Ihnen empfehlen, es nachzulesen. (Beifall beim BZÖ.)

Nun aber zu meinen eigentlichen Ausführungen, die sich auf den Antrag 939/A(E) be­treffend Gesundheitsprävention beziehen. Wir alle wissen, wie wichtig die Prävention ist. Gesund bleiben ist billiger, als gesund werden. Man sollte meinen, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage zum Sparen anregt und uns zum Sparen bewegt.

Wo kann man besser Sparen als im Gesundheitsbereich und dort eben mit Präventiv­maßnahmen? – Darin sind wir uns alle einig. Wir sind uns einig, aber wenn es um die Umsetzung geht, fangen die Abgeordneten der Regierungsparteien zu schwächeln an.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 225

Ich will das anhand eines Beispiels auch erläutern, nämlich mit meinem Antrag auf Er­stellung einer Studie über die aktuelle Situation von Burn-out-Erkrankungen.

Dieser Antrag wurde im Gleichbehandlungsausschuss einstimmig als Fünf-Parteien-Antrag verabschiedet und dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Hier im Parlament hat Anfang dieses Jahres eine Debatte darüber stattgefunden, bei der die Oppositions­parteien und natürlich auch die VertreterInnen der Regierungsparteien diesem Antrag zugestimmt haben, es als sehr wichtig erachtet haben, eine Studie darüber zu erstellen.

Ich darf kurz die Ausführungen der Frau Abgeordneten Wurm in Erinnerung rufen. Sie sagte – ich zitiere –:

„Ich stimme mit der Antragstellerin Martina Schenk überein, dass wir diesen Antrag dem Gesundheitsausschuss zuweisen sollten, um das zu überprüfen, worum es uns dabei geht, nämlich: Gibt es genügend Daten hier in Österreich?“ – Zitatende. So weit, so gut.

Nun aber zur ÖVP. – Kollegin Schittenhelm hat gesagt:

„Burn-out ist eine Volkskrankheit, das wissen wir. Faktum ist, dass wir in Österreich da­rüber keine genauen Daten haben – weder über die Ursachen noch über die Anzahl. Die letzte Studie darüber ist im Jahr 2006 gemacht worden.“

Weiter sagt sie: „Das heißt, wir brauchen Ursachenforschung, wir brauchen Daten und Zahlen, um auch tatsächlich Lösungen finden und auch Maßnahmen setzen zu kön­nen.“ – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Antrag wurde im letzten Gesundheits­ausschuss gestellt. Was ist passiert? – „Überraschung“: Er wurde vertagt! Er wurde vertagt und ist somit mit 900 anderen Oppositionsanträgen schubladisiert. Ich finde, dass dieses Thema zu wichtig ist, als dass es von den Regierungsparteien einfach schubladisiert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Selbst Sie, Herr Minister, haben in einer Anfragebeantwortung zugegeben und festge­stellt, dass Ihr Zahlenmaterial, mit dem Sie arbeiten, aus dem Jahr 2007 stammt.

In diesem Zusammenhang und aufgrund der Wichtigkeit dieses Themas bringe ich fol­genden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schenk, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Burnout-Er­krankungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Gesundheitsminister wird aufgefordert, ehestmöglich eine umfassende Studie über Burnout-Erkrankungen in Österreich in Auftrag zu geben.“

*****

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, ersuchen, diesem Antrag heute zuzustimmen, damit wir endlich diese Studie bekommen – für die Gesundheit und im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher! – Vielen Dank. (Bei­fall beim BZÖ.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 226

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schenk, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend Burnout-Er­krankungen

eingebracht in der 67. NR-Sitzung am 20. Mai 2010 im Zuge der Debatte um Tages­ordnungspunkt 34: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 939/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Gesundheitsprävention im Gesundheitswesen und Etablierung eines Bonussystems für Eigeninitiativen (699. d.B.)

Ausgaben, die verhindert werden könnten, können wir uns bei der derzeitigen Situation am Finanzmarkt nicht leisten. Dies gilt auch im Gesundheitswesen. Eine diesbezügli­che Zeitbombe, die momentan unterschätzt wird, stellen psychosomatische Krankhei­ten wie Burnout dar. Diese sind oft schwer bzw. sehr spät zu diagnostizieren, die Dun­kelziffer ist hoch. Das heißt, wir wissen gar nicht, mit wie vielen Erkrankten wir es zu tun haben. Es gibt zahlreiche Schätzungen und Studien, allerdings sind diese mitt­lerweile veraltert. Dieses Zahlenmaterial dennoch zu verwenden, ist absolut nicht ziel­führend, da es nicht der Realität entspricht. Auch ist es schwierig adäquate Präventiv­maßnahmen zu setzen, da man über den aktuellen Ist-Stand zu wenig weiß.

Laut EU-Kommission fallen aufgrund psychischer Belastungen jährlich 20 Milliarden gesundheitsbezogene Kosten an. Betriebe bezahlen die negativen Folgen von Stress und Erschöpfung mit direkten Kosten durch Entgeldfortzahlungen und indirekten Kos­ten (für Ersatzpersonal, Produktionsausfall, etc.) Österreichische Arbeiter und Ange­stellte kamen 2009 auf über 2,4 Millionen Krankenstandstage aufgrund psychischer Probleme wie Burnout und Depressionen. Krankenstände wegen psychischer Proble­me dauern besonders lang, im Schnitt fallen die Betroffenen 37 Tage lang aus, das ist drei Mal so lang wie ein Krankenstand im Durchschnitt dauert.

Laut WHO werden bis 2020 psychische Störungen mit Abstand die wichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit sein. Schon jetzt sind laut einer Untersuchung der Europäischen Beobachtungsstelle für berufsbedingte Risiken bis zu 60 Prozent aller versäumten Ar­beitstage auf Stress zurückzuführen. Genaue Berechnungen über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Burnout sind für Österreich nicht vorhanden.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Gesundheitsminister wird aufgefordert, ehestmöglich eine umfassende Studie über Burnout-Erkrankungen in Österreich in Auftrag zu geben.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.48.15

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu dem Antrag der FPÖ betreffend Psychotherapie für Opfer sexueller Gewalt, sexuellen Missbrauchs, der im Gesundheitsausschuss abgelehnt worden ist, Stellung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 227

nehmen und auch begründen, wieso wir diesem Antrag im Ausschuss nicht zustimmen konnten.

Ich möchte vorausschicken, dass Gewalt gegen wehrlose Menschen, Gewalt gegen Kinder und Jugendliche und vor allem Missbrauch von Minderjährigen etwas Abscheu­liches sind und auf das Entschiedenste abzulehnen sind. Berichte und Aussagen Be­troffener der jüngsten Zeit rütteln uns alle auf und machen uns betroffen und zornig. Es ist auch zu beobachten, dass der Mantel des Schweigens zunehmend gelüftet wird und dass diese unangenehmen Dinge nunmehr auch öffentlich diskutiert werden.

Ich möchte zu meiner Vorrednerin, Frau Windbüchler-Souschill, sagen: Selbstverständ­lich ist es schwierig, im Bekannten- und Familienkreis diesen Mantel des Schweigens zu lüften, aber man kann die Betroffenen und die Angehörigen nur aufrufen, das auch aus eigenem Interesse zu tun, weil sie damit in den Genuss der schon existierenden Möglichkeiten nach dem hier nicht allzu positiv dargestellten Verbrechensopfergesetz kommen. Dieses Verbrechensopfergesetz garantiert sehr wohl, dass Therapiekosten übernommen werden können, wenn eine krankheitswertige Störung nach solch einem Missbrauch vorliegt, die in einem kausalen Zusammenhang mit dem Gewaltdelikt steht.

Die rechtskräftige Verurteilung ist nicht notwendig, ist nicht Voraussetzung. Es muss ak­tenkundig gemacht werden, es muss zur Anzeige gebracht werden. Daher dieser Ap­pell: Man sollte diesen Mantel des Schweigens besonders im Interesse der Opfer nicht weiter ausbreiten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die Kostenübernahme bei diesen Therapien ist in den meisten Fällen schon möglich. Es gibt auch das Regressrecht gegen die Täter, auf das man – und das ist ein Appell – nicht verzichten darf, auch nicht im Familien-, im Bekanntenkreis, um den Opfern zu helfen, um die Opfer zu unterstützen.

Ich verweise auf viele weitere Angebote, die die Krankenversicherungsträger schon ma­chen. Zumindest ein großer Teil der Opfer kann bereits jetzt eine Psychotherapie und vor allem den Ersatz der Kosten in Anspruch nehmen.

In den meisten Fällen liegen auch bereits die gesetzlichen Regelungen vor, um den Re­gress gegen die Täter einzuklagen.

Man kann es immer besser machen, sehr geehrte Damen und Herren, das wurde in der Debatte vorhin auch gesagt. Natürlich kann man vieles verbessern, muss man auch vie­les verbessern, wir dürfen aber die Kostenfrage bei aller Rücksicht nicht aus den Augen verlieren.

Aus den angeführten Gründen können wir diesem Antrag nicht die Zustimmung geben. Wir sind der Meinung, die Unterstützung für die Betroffenen ist sehr, sehr wichtig. (Bei­fall bei der SPÖ.)

20.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.51.50

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Worin wir uns wahrscheinlich noch einig sind, ist, dass Gesundheitsvorsorge sehr wichtig ist. Unterschiedliche Mei­nungen haben wir nur bei der Umsetzung. Ich habe im Ausschuss gehört, dass es schon einige Systeme gibt, und das ist auch richtig. Es gab zum Beispiel bei der SVA in den letzten Jahren den sogenannten Gesundheitshunderter. Jemand, der aktiv vor­sorgt, bekommt 100 € rückerstattet. Das war zumindest ein Versuch der Sozialversi­cherungsanstalt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 228

Die BVA zum Beispiel verschickt jährlich einen Brief, in dem sie die Mitglieder einlädt, zur Gesundheitsvorsorge zu gehen. Das ist auch eine Initiative, aber halt vielleicht auch nicht der richtige Anreiz.

In dem Antrag des Kollegen Spadiut steht: „ein fachlich fundiertes Anreizsystem für eigene Bemühungen um die physische und psychische Gesundheit“. – Nicht mehr und nicht weniger, Herr Kollege Spindelberger! Was Sie in diesen Antrag alles hineininter­pretiert haben, war schon gigantisch. Es steht nur das in dem Antrag, alles andere sind Erfindungen und Konstruktionen, um diesen Antrag jetzt mit Gewalt niederzuschmet­tern, anstatt zu überlegen: Kann man Anreize schaffen, kann man für die Vorsorge ak­tiv etwas tun?

Ich bin überzeugt, dass man, würde ein derartiger Vorschlag von einem Mitglied der Re­gierungsfraktionen kommen, diesen Antrag auch durchdiskutieren und als wichtigen Bei­trag sehen würde.

Im Interesse der Gesundheit möchte ich den Herrn Bundesminister ersuchen, dass er sich, obwohl dieser Antrag voraussichtlich mehrheitlich abgelehnt wird, trotzdem ein der­artiges System überlegt. (Beifall bei der FPÖ.)

20.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.53.39

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Menschen erkranken häufig durch Eigenverschulden. Es kann sein, dass sie zu viel essen, zu viel trinken, zu viel rauchen oder sich zu wenig bewegen. (Abg. Pendl: Zu viel arbeiten!) – Gearbeitet hat noch nie jemand zu viel. Nach unse­rem Grundsatz, Leistung muss sich lohnen, haben wir den Antrag auf Einführung eines Bonussystems für Eigeninitiative eingebracht. Es ist sicherlich als Leistung anzusehen, wenn man seine alten Gewohnheiten fallen lässt, sich geißelt, weniger isst, weniger trinkt, sich mehr bewegt.

Wenn die ÖVP diesen Antrag ins Lächerliche zieht oder die SPÖ ihn als menschenver­achtend bezeichnet, dann kommt der Verdacht hoch, dass diese beiden Parteien die­sen Antrag nicht richtig verstanden haben oder nicht verstehen wollten. Dabei ist er ganz einfach zu verstehen. (Beifall beim BZÖ.)

Machen wir es ganz einfach für die beiden Regierungsparteien, machen wir den Antrag ganz einfach: Wenn ein Beitragszahler über einen gewissen Zeitraum keine ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, deren Ursache Eigenverschulden ist – Alkoholkonsum, Niko­tin, üppige Ernährung und zu wenig Bewegung –, soll dieser in Form eines Prämien­nachlasses einen Bonus erfahren. Über die Höhe des Bonus kann man noch diskutie­ren. Ausgenommen sind natürlich Arztbesuche, die nicht auf das obgenannte Selbst­verschulden zurückzuführen sind, wie Unfälle oder Infektionskrankheiten. Ich nehme von jedem Humanmediziner an, dass er gut beurteilen und unterscheiden kann, ob eine Erkrankung durch Eigenverschulden vorliegt. Sollte ein Arztbesuch aus Eigenver­schulden notwendig sein, bleibt die Prämienhöhe natürlich gleich.

Diese Vorgangsweise wird von vielen Krankenzusatzversicherungen praktiziert, und diese finden auch nichts Lustiges oder Menschenverachtendes daran.

Meine Damen und Herren, stimmen Sie diesem Antrag zu, um der Bevölkerung einen Anreiz zu bieten, sich gesund zu erhalten, und um die Krankenkassen finanziell zu ent­lasten. (Beifall beim BZÖ.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 229

20.55.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! An der Argumentation des Kollegen Spadiut sieht man letztlich auch die ideologische Einstellung. Wenn jemand krank wird, so geht er davon aus, dass in vielen Fällen Selbstverschulden vorliegt. Er hat sich offensicht­lich noch nie angesehen, wie sich Krankheitsbilder in verschiedenen Branchen, in ver­schiedenen Berufen darstellen. Es gibt gesellschaftliche Ursachen, Kollege Spadiut, für bestimmte Krankheiten und für bestimmte Schädigungen, die Menschen erleiden, weil ihr Körper die Last ganz einfach nicht mehr tragen kann. Als Tierarzt müssten Sie eigentlich wissen, welche Situationen zum Beispiel bei den Bäuerinnen und Bauern ge­geben sind. Sie, der Sie dort als Tierarzt unterwegs sind, müssten eigentlich wissen, wie die Wirklichkeit aussieht. Daher können wir dieser Ihrer Art von Sichtweise über­haupt nichts abgewinnen. (Abg. Dr. Spadiut: Prävention! Prävention!)

Herr Bundesminister, in einem Punkt sind wir im Ausschuss doch einer Meinung gewe­sen: dass Vorsorgemedizin absolut ein Sektor ist, der in Österreich unterbewertet ist, weshalb wir dringend aufgefordert sind, etwas zu tun. Ja, Herr Kollege Spadiut, in die­ser Richtung müssen wir verstärkt vorgehen. Wenn wir das ernsthaft tun, wäre es zum Beispiel interessant, gerade den Sektor der Arbeitsmedizin genauer in Fokus zu neh­men, die Betriebe für die arbeitenden Menschen dort in die Verantwortung zu nehmen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, Pausen einzuführen. Gerade in der modernen Arbeitswelt, im Bereich IT und anderer Technologien gibt es arbeitsbedingt viele Krank­heiten, viele Spätfolgen. Hier sind wir alle aufgefordert, in diese Richtung Maßnahmen zu setzen. Positive Impulse zu geben ist sicher eine Möglichkeit.

Ich möchte nur ein Beispiel herausgreifen, damit Sie sehen, welche Möglichkeiten der­zeit nicht genutzt werden. Die Versiegelung der bleibenden Zähne schon bei Kindern würde eine gute, eine kostengünstige Möglichkeit sein, um Schäden hintanzuhalten ge­nau in jener Lebensperiode, in der aufgrund von Fehlernährung, et cetera, eben viele, viele Schäden auftreten, die dann sehr viele Kosten verursachen.

Das sind Dinge, die man im Rahmen einer Vorsorgemedizin diskutieren sollte. Der Antrag des Kollegen Spadiut findet nicht unsere Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.58

20.58.27 Abstimmung


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 699 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Burnout-Erkrankungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 700 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 230

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 701 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

21.00.0037. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 906/A(E) der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Schaffung eines Lehr­stuhls für Geriatrie (702 d.B.)

38. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 882/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrstuhl für Geria­trie (703 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 880/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines Additivfaches für Geriatrie (704 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 881/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Facharztausbildung für Allgemeinmedizin (705 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 37 bis 40 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Eingetragene Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.01.13

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich erzähle Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, dass die Österreicher immer älter werden. Das ist auf der einen Seite positiv, auf der ande­ren Seite natürlich mit einer Reihe von Problemen verknüpft. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die älteren Österreicher haben spezielle Anforderungen an die Medizin, an den Gesund­heitsbereich. Genau diese speziellen Anforderungen sollen im Fachbereich Geriatrie auf­gearbeitet werden. In diesem Zusammenhang muss die geriatrische Ausbildung sowohl der fertigen als auch der noch im Studium befindlichen Mediziner aufgewertet und neu be­wertet werden.

Österreich gehört zu den einzigen drei Ländern in Europa, in denen bis jetzt noch kein Lehrstuhl für Geriatrie eingerichtet worden ist. Das ist dringend abzustellen. Das Addi­tivfach Geriatrie, für das seit längerer Zeit ein fertiges Konzept und auch ein Curriculum existiert, wurde in der Vergangenheit immer wieder aufgeschoben. Hier sollte es nieder­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 231

gelassenen Ärzten und auch Allgemeinmedizinern ermöglicht werden, in diesem wich­tigen Bereich ihre Zusatzausbildung zu machen.

Auch die Facharztausbildung für die Allgemeinmedizin, die in 13 EU-Staaten bereits Re­alität ist, gibt es in Österreich derzeit leider noch nicht.

Wir meinen, dass es vernünftig wäre, sich bereits im Bereich des Medizinstudiums Ge­danken zu machen, wie das in Zukunft besser gestaltet werden könnte. Ich finde, dass es ein Fortschritt wäre, wenn wir das deutsche Modell übernehmen würden, wo bereits Teile der Medizinerausbildung in das Studium, in das Curriculum eingearbeitet werden und nach dem Studium, nach einem Jahr praktischer Arbeit bereits tatsächlich selb­ständig gearbeitet werden kann, als approbierter Arzt, und als Gegengeschäft sozusa­gen, wenn man möchte, die Facharztausbildung für Geriatrie einzuführen, die dann al­lerdings statt heute, wo der Turnus nur drei Jahre dauert, fünf Jahre dauert. Ich glaube aber, das ist im Interesse der Qualität der Ausbildung und auch der älteren Österrei­cher. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Ober­hauser. – Bitte.

 


21.03.32

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Frage der Zusatzausbildung für Allgemein­medizinerInnen ist etwas, was wir in einem Entschließungsantrag beschlossen haben anzugehen. Wir fordern also dazu auf, dass man diese Möglichkeit schafft, denn bis jetzt ist es für AllgemeinmedizinerInnen nicht möglich, ein Zusatzfach zu erwerben. Und gerade das Fach Geriatrie, glaube ich, umfasst einige Bereiche, die man als Zu­satzfach erwerben könnte – das wären Internisten, Physikalisten, aber natürlich auch AllgemeinmedizinerInnen.

Zur Frage des Lehrstuhls für Geriatrie, ein Antrag, der von Kurt Grünewald gekommen ist, der in seinem Antrag sehr wohl schreibt, man müsse die Wissenschaftsministerin dazu auffordern, das zu machen, gibt es keinen gemeinsamen Entschließungsantrag. Dieser Antrag wurde von uns abgelehnt. Vielleicht kann man ja im Wissenschaftsaus­schuss noch einmal versuchen, diese Thematik anzugehen. Wir haben ja in Österreich einen Lehrstuhl für Geriatrie, allerdings an einer Privatuniversität, und dieser ist noch nicht besetzt. Das heißt, im Prinzip gibt es das, aber ich glaube, dass da sicherlich noch geredet werden muss auch bezüglich dessen, wie man da weiter vorgeht.

Zur Frage des Turnus im Studium sind wir, zumindest auf den ersten Blick, geteilter Mei­nung, weil wir glauben, dass das eine deutliche Reduktion der Qualität der Ausbildung bedeuten würde, noch dazu, wenn man weiß, dass approbierte Ärztinnen und Ärzte, wie es sie in Deutschland gibt, nur im Angestelltenverhältnis und nur privat arbeiten könnten.

Das heißt, wir gehen davon aus, dass es dann vor allem Frauen treffen würde, die nach einer einjährigen Ausbildung billige Arbeitskräfte im Spital wären und dann von einer weiteren Ausbildung ausgeschlossen wären.

Das heißt, man sollte sich noch genau überlegen, ob man diesen Weg wirklich gehen möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grü­newald. – Bitte.

 


21.05.18

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ja, es ist richtig: Der Bedarf an Fachkräften in den Gesund­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 232

heitsberufen und unter ÄrztInnen für alte Menschen wird sicher steigen. Es hat ja auch in der Gesundheitsreform ein Signal gegeben, indem man versucht hat, akutgeriatri­sche Betten im stationären Bereich und im LKF-System zu etablieren.

Was man aber übersehen hat, ist, dass Kompetenzen in Ausbildung, in Diagnostik und Therapie für diese geriatrischen Betten eigentlich einer privaten Initiative oder eines Ärztekammerdiploms bedürfen. Jedenfalls gibt es keine Verankerung in der Ausbildung von jungen Medizinerinnen und Medizinern, die dafür gesorgt hätte, dass Kompetenz und Erfahrung im Behandeln alter Leute ausreichend da gewesen wäre.

Rasches Handeln ist deswegen erforderlich, weil, wie Sie wissen, eine Ausbildung zum Arzt, zum Facharzt, zum Additivfacharzt, keine Sache von Wochen und Monaten, son­dern von Jahren ist. Wenn man also heute Signale setzt, müssen wir ohnedies fünf, sechs oder noch mehr Jahre warten, bis sich die ersten Früchte zeigen. Und ich glau­be, dass alte und immer älter werdende Menschen natürlich genau solch konsequente Rechte haben müssen wie Junge, Erwachsene, Kinder und nicht sozusagen ein Stief­kind der Medizin sein müssen.

Alte Leute reagieren anders auf Medikamente, verstoffwechseln diese anders, reagie­ren teilweise paradox auf Beruhigungsmittel, indem sie dadurch in Erregungszustände versetzt werden. Sie bedürfen jedenfalls einer anderen Aufmerksamkeit, und diese Er­fahrung muss vermittelt werden. Und die wird nicht im Gesundheitsministerium vermit­telt und nicht bei den Pfadfindern oder irgendwo, sondern eben dort, wo das Studium gemacht wird, und das ist nun einmal die Medizinische Universität.

Wenn es eine Bundesregierung gibt, die gemeinsame Ministerräte abhält, frage ich mich, warum sich nicht auch zwei Ministerien zusammenraufen und solche Signale set­zen können. Man kann es in den Wissenschaftsausschuss geben, auch in den ande­ren, aber warum nicht in beide? Vielleicht sagen beide, es ist vernünftig und spart auch Geld, weil kompetente Ausbildung natürlich Behandlungsfehler reduziert.

Wenn ich alte Leute falsch behandle, überdosiere, eben bei Psychopharmaka nicht Acht gebe oder meine, wenn die alten Leute ihren Teller voll Essen zurückgeben, sie hätten keinen Hunger, in Wirklichkeit aber können sie nicht zu Messer und Gabel grei­fen – auch ein Problem der Pflege –, dann passieren Sachen, die sonst nicht passiert wären.

Da gilt es Verantwortung zu zeigen – im Wissenschaftsressort, aber auch im Gesund­heitsressort, wenn Sie so wollen, im Sozialressort. Ich wünsche mir, dass hier nicht he­rumgestritten wird, aber ich weiß, worum es da geht: Ärzte kämpfen um ihr eigenes Fach. Sie meinen, dass ihnen ein Additivfacharzt für Geriatrie dann alle alten Patienten wegnimmt. An den Kliniken meinen sie, dass man den etablierten Abteilungen, wie Psychiatrie, Neurologie, Innere Medizin, wo sehr viel alte Leute liegen, wieder Betten wegnimmt, und dann kommt ein neuer Ordinarius und der verdient dann dort, wo ich verdient hätte. Das sind die ganz banalen, primitiven und menschlichen – aber nicht er­freulichen menschlichen – Regungen. Und die Länder haben Angst, dass da jetzt noch ein geriatrisches Primariat kommt, das sie auch noch zahlen müssen. Aber was man sich dadurch erspart, darüber redet niemand.

Ich plädiere noch einmal dafür: Geben Sie auch alten Menschen das Recht, zeitgemäß so behandelt zu werden wie andere Altersgruppen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


21.09.27

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich schließe gleich an Professor Grünewald an, der gesagt hat, Medikamente wir­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 233

ken bei älteren Patienten oft verzögert, wirken anders. Deshalb haben ältere Menschen ein Recht auf altersgerechte Behandlung durch Ärzte, und zwar durch Ärzte, die spe­ziell geschult sind. Das heißt, auch die Ärzte brauchen demographische Fitness.

Wir wünschen uns diese demographische Fitness auch und vor allem für die Haus­ärzte, denn wir alle wissen, gerade ältere Menschen vertrauen ihrem Hausarzt am al­lermeisten. Und gerade die Hausärzte sind zunehmend überfordert, denn Menschen leiden unter mehreren Erkrankungen, nehmen mehrere Medikamente, und es ist schwie­rig, die einzelnen Erkrankungen zu diagnostizieren.

Deshalb konkret: Es sollte ermöglicht werden, dass sich auch Allgemeinmediziner durch ein Additivfach Geriatrie weiterbilden können. Besser ausgebildete Ärzte – und da schließe ich mich wieder Professor Grünewald an – diagnostizieren besser, helfen, sehr viel Leid zu vermeiden, und helfen natürlich auch, unnötige Kosten zu sparen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


21.11.04

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Gesundheitsminis­ter! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Ein paar Anmerkungen zum Bereich der Geriatrie. Die Menschen werden immer älter. Prognosen gehen davon aus, dass es in den nächsten 20 Jahren rund 750 000 Pflegebedürftige geben wird. Damit steigt natürlich auch die Zahl der geriatrischen Patienten, die besondere medizinische Be­treuung benötigen und diese auch erwarten dürfen. Das ist eine Voraussetzung: dass sie diese auch erwarten dürfen.

Unsere Gesellschaft steht vor einer neuen großen Herausforderung. Für diese betag­ten Menschen müssen jetzt die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Deshalb wurden wir im BZÖ aktiv. Unser Gesundheitssprecher Wolfgang Spadiut und Ursula Haubner wurden im Gesundheitsbereich tätig. Wir vom BZÖ fordern eine Aufwertung der geriatrischen Ausbildung unserer Mediziner und universitäre Forschung. Dafür, ge­schätzte Damen und Herren, ist die Errichtung eines eigenen Lehrstuhls für den Be­reich der Betreuung und Pflege älterer Menschen an den österreichischen Universi­täten ein unbedingtes Muss. Ältere Menschen verdienen die beste geriatrische Betreu­ung, die es geben kann.

Wir sind zufrieden, geschätzte Damen und Herren, dass jetzt auch die Bundesregie­rung und Sie, Herr Bundesminister, und Sie von SPÖ und ÖVP das erkannt haben, denn jede rechtzeitig im Bereich der Geriatrie getroffene Maßnahme ist eine Vorsorge für alle – eine Vorsorge für uns alle für die Zukunft. (Beifall beim BZÖ.)

21.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Stö­ger. – Bitte, Herr Minister.

 


21.12.44

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich gerade eine Ge­setzesänderung im Zusammenhang mit der ambulanten medizinischen Versorgung zur Begutachtung versendet habe. Ich habe jene Maßnahmen bereits veröffentlicht, die ich setzen möchte, damit es möglich ist, dass im niedergelassenen Bereich Altersmedizin besonders angeboten werden kann, und damit auch Allgemeinmediziner in der Lage sind, in einem Additivfach Geriatrie ausgebildet zu werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 234

Das hat bereits den Status der Begutachtung erreicht. Es sind auch positive Rückmel­dungen gekommen, und ich freue mich, wenn Sie diesem Gesetz, das bald dem Na­tionalrat zugeleitet werden wird, die Zustimmung erteilen können. Wenn das der Fall ist, bin ich gerne bereit, gemeinsam mit den Vertretern der Ärzteschaft ein Additivfach Geriatrie durchzusetzen und auch in die Ausbildungsordnung aufzunehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.14

21.14.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 702 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 101.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 703 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu Ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 704 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 705 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.15.2541. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1100/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparente Fi­nanzierung der Krankenversicherung – versicherungsfremde Leistungen (706 d.B.)

42. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 920/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation (707 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 41 und 42 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


21.16.08

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Die Ge­schichte mit den Krankenkassen ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Sie zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 235

Beispiel, Herr Minister, glauben, dass die Krankenkassa auf dem richtigen Weg wäre. – Das ist ein Missverständnis, denn wahr ist, dass die Kassen heuer wieder rote Zahlen schreiben, nachdem sie im vergangenen Jahr positiv bilanziert haben. Wo da der richti­ge Weg sein soll, das weiß ich nicht.

Ein zweites Missverständnis ist, dass diese Ergebnisse durch die „grandiosen“ Spar­leistungen der Kassen produziert wurden, denn mit eingerechnet sind die seitens der Bundesregierung zur Verfügung gestellten 100 Millionen € aus dem Strukturfonds, die, wie wir alle wissen, bereits wieder vollständig verbraten sind.

Drittes Missverständnis, Herr Minister, ist, dass Sie auch nur das Geringste mit der Sa­nierung der Kassen zu tun hätten, denn Sie haben alle diesbezüglichen Agenden aus­gelagert. – Wobei sich für mich die Frage stellt, was eigentlich im Ministerium gearbei­tet wird.

Ich kann Ihnen nur sagen, was Sie machen sollten. Sie sollten etwa ein Gesamtkon­zept für eine umfassende Gesundheitsreform vorstellen. Sie sollten die Spitäler in eine Sanierung der Krankenkassen mit einbeziehen, denn ohne Spitäler wird eine nachhal­tige Sanierung nicht möglich sein. Und Sie sollten endlich die Krankenkassen davon überzeugen, die versicherungsfremden Leistungen, die verfassungswidrig sind, einzu­klagen. Das ist nicht nur wegen der damit zu erzielenden Einsparung notwendig, son­dern auch, um die Glaubwürdigkeit den Vertrags- und Verhandlungspartnern gegen­über aufrechtzuerhalten. Denn wie will eine Krankenkasse von anderen Einsparungen verlangen, wenn sie selbst das Sparpotenzial der versicherungsfremden Leistungen nicht nützt?

Stumpfes Sparen allein ist mit Sicherheit der falsche Weg. Sie müssen endlich Kon­zepte entwickeln, wie die vorhandenen Mittel besser eingesetzt werden, denn eines ist sicher: Die Gesundheitsversorgung wird in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Geld kosten, Geld, das derzeit mit versicherungsfremden Leistungen verprasst wird.

Wir haben daher einen Entschließungsantrag eingebracht und hoffen, dass Sie diesen positiv abstimmen werden. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

21.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hechtl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.18.26

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit diesen beiden Anträgen betreffend erstens die Leistungsfähigkeit der Krankenversicherung und zweitens die finanzielle Unterstützung bei der In-vitro-Fertilisation werden zwei Themen behandelt, die uns sehr wichtig erscheinen.

Zum Antrag 920/A(E) sei angemerkt, dass mit der Einrichtung dieses Fonds für die In-vitro-Fertilisation bereits im Jahre 2000 auch gesichert wurde, dass diesbezüglich eine Unterstützung vom Fonds gewährt wird, und zwar eine Kostentragung von 70 Prozent, wodurch ein Kostenzuschuss gesichert ist. Zusätzlich wurden im Jahr 2010 mit der No­vellierung wesentliche Verbesserungen eingeführt; ich denke da an die Meldung bei der In-vitro-Fertilisation.

Auch wenn es breite Zustimmung gibt, dass Selbstbehalte im Gesundheitswesen nicht immer sozial ausgewogen sind, so möchte ich festhalten, dass der restliche Kostenan­teil durch das Einkommensteuergesetz im Rahmen der außergewöhnlichen Belastun­gen abgegolten beziehungsweise abgesetzt werden kann und somit auch für jene Per­sonen eine Kostenminderung eintritt, die die Einkommensschwächeren in unserer Ge­sellschaft sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 236

Ich möchte aber noch darauf hinweisen, dass es bei eventuellen Problemen bei der Um­setzung der Staffelung im Kostenbereich zu Mehraufwendungen aufgrund der Über­prüfung kommen würde. Die Personalkosten würden steigen, die Abrechnung würde sich verkomplizieren, und dadurch würde der Fonds finanziell mehr belastet. Das wie­derum würde den Familienlastenausgleichsfonds und die Sozialversicherungsträger be­lasten, und es würde hier zu keiner Verbesserung für jene Personen kommen, die dies benötigen.

Im Antrag 1100/A(E) wird die Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen an­gesprochen. Es gibt einen Konsens darüber, dass der Zugang zur Gesundheitsversor­gung nicht abhängig sein darf von der Herkunft beziehungsweise von der finanziellen Ausstattung der versicherten Personen, sondern jede Person das Recht haben muss, den bestmöglichen Zugang zur Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen.

Daher gilt es unserer Meinung nach, die Finanzierung des Gesundheitswesens und da­mit auch der Krankenkassen ausreichend sicherzustellen. Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Beiträge zurückgehen und die Leistungen auf hohem Niveau bestehen bleiben, gilt es umso mehr, die Krankenkassen finanziell entsprechend auszustatten.

Mit den bisherigen Maßnahmen – ich erinnere nur an die Einmalzahlung, die Auflösung des Katastrophenfonds, die Schaffung des Kassenstrukturfonds, die teilweise Senkung der Mehrwertsteuer – sind entscheidende Schritte zur Finanzierung und Sicherstellung der Gesundheitsversorgung und der Krankenkassen eingeleitet worden, wovon auch die Versicherten maßgeblich profitieren.

Erfreulich ist es, festzustellen, dass die Krankenversicherungsträger – und das war in der Zeit von 2000 bis 2006 nicht immer so – im Jahr 2009 zusammen einen Über­schuss erwirtschaften konnten. Ebenfalls steht der Saldo bei den Gebietskrankenkas­sen erstmals, erstmals seit 1998, im Plus, und zwar um 10,7 Millionen €.

Es ist notwendig, dass diese Anstrengungen, die unternommen wurden, auch in Zu­kunft weitergeführt werden, damit der Umfang der Leistungen der Krankenversicherung in der bisherigen Qualität gewährleistet bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Es stellt sich für die PatientInnen und Versicherten nicht die Frage, aus welchem Topf die Leistungen finanziert werden, sondern die Fra­ge, wie sie bei Bedarf in Anspruch genommen werden können. Wir ersuchen daher, den Ausschussbericht zur Kenntnis zu nehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grü­newald. – Bitte.

 


21.22.56

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Geschätzte Präsidentin! Herr Bundesmi­nister, wenn Sie in sich gehen, werden Sie zugeben, dass die Regierungsmaßnahmen die Kassen – dies ist unterstützt auch durch die Meinung der Experten – nicht sanieren werden. Sie wissen auch, warum.

Sie haben budgetäre Hilfestellung angeboten und gleichzeitig den Kassen Sparmaß­nahmen oktroyiert, die ein Vielfaches dieser Hilfestellung ausmachen. Es ist schon eine bewundernswerte Akrobatik, wenn diese Hilfestellung nach dem Motto läuft: Ich gebe dir 100 €, aber nur dann, wenn ich 300 € von dir bekomme! So handeln Sie jetzt bei den Kassen – obwohl Sie wissen, dass aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und der Krise die Kassen nochmals über einbrechende Einnahmen klagen werden!

Jetzt schon – wir haben es heute gehört – gibt es nicht nur in der Geriatrie, sondern auch in der Rehabilitation, in der Psychiatrie und in der Kinderheilkunde Versorgungs­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 237

schwierigkeiten, wo man, auch wenn man sparsam ist, mehr Geld brauchen würde. Und da frage ich mich: Was ist da passiert? – Diese Akrobatik, die Tatsachen nicht wahrnehmen zu wollen, lässt vermuten, dass in Sillian eine Veranstaltung „begnadeter“ Körper war, was die Akrobatik betrifft, was die Phantasie und die Ehrlichkeit betrifft, je­denfalls nicht.

Der Rechnungshof hat die Kassen geprüft. Da gibt es Licht und Schatten – zweifellos, das sehe ich auch –, aber eines ist klar, und der Rechnungshof bestätigt das: Wenn die Kassen von regierungsfremden Leistungen – regierungsfremden?!; ich denke schon zu viel an die Regierung –, also richtig, von kassenfremden Leistungen entlastet wür­den, dann würden Sie schwarze Zahlen schreiben. Aber das kann man hier hundert Mal sagen.

Eine Experten-Enquete hat das festgestellt. Der Rechnungshof hat das festgestellt. Aber Sie sagen ganz einfach: Das ist so, so gehört sich das!, und Sie nehmen es so wahr, wie konservative Kirchenfürsten glauben, dass der Zölibat eines der Zehn Ge­bote ist. So reden Sie über die Kassen! Und das kann es nicht sein.

Ich frage mich, in dem Wissen dessen, was auf die Kassen zukommt: Warum tun Sie nichts? Warum handeln Sie nicht? Warum setzen Sie die Patienten beziehungsweise die Bevölkerung dem Risiko aus, dass die Kassen ihre Leistungen werden reduzieren müssen? Und da frage ich Sie: Wie stellen Sie sich das vor? Mit weniger Geld noch mehr zu leisten, das wird nicht gehen!

Man kann da durchaus verschiedener Meinung sein, aber ich habe von Ihnen noch nie eine Antwort auf die Frage bekommen: Braucht es heute noch berufsständische Kas­sen? Sind nicht Angestellte, Arbeiter und BeamtInnen in Bezug auf Gesundheitsrisiken nicht mehr so meilenweit auseinander wie unter Bismarck? – Keine Antwort darauf!

Oder: Warum sind Privatbedienstete an den Unis und in den Gemeinden bei der GÖD und bei der BVA? Und was macht das für die Gebietskrankenkassen aus? Als ich das Hundstorfer erzählte und sagte, diesen Deal hätte ich gern gekannt, sagte er zu mir schmunzelnd: Ich war dabei! – Aber wir nicht! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


21.26.20

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Ich möchte kurz zum Antrag von Abgeordnetem Grünewald, sozial schwäche­ren Familien die Erfüllung eines Kinderwunsches zu erleichtern, Stellung nehmen, wo es um eine Staffelung geht.

Kollege Hechtl hat das ganz klar ausgeführt: Seit 1. Jänner 2000 gibt es einen Fonds, aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds und der Sozialversicherung gespeist, aus dem 70 Prozent der Kosten einer IVF bezahlt werden können.

Ich denke, dass das ein guter Ansatz ist. Wir haben ja vor einiger Zeit hier über einen anderen Antrag, der in diese Richtung ging, in erster Lesung diskutiert. Aber aufgrund von Einsparungen, über die wir nun schon zwei Plenartage diskutieren, können wir da nicht mitgehen, wiewohl es gut wäre, wenn auch dies noch breiter finanziell abgesichert wäre.

Der Ansatz ist, wie gesagt, gut, aber in Zeiten wie diesen sollten wir mehr auf andere massive Förderungen hinarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 238

21.27.39

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Nach Aussagen des Herrn Gesundheitsministers sind die Kran­kenkassen auf dem besten Weg, sich aufgrund ihrer durchgeführten Reformen finan­ziell zu sanieren. Dabei dürfte der Minister die 450 000 € vergessen haben, die den Krankenkassen zugeflossen sind.

Ganz allein sind die Krankenkassen aber nicht an der finanziellen Misere schuld, müs­sen sie doch versicherungsfremde Leistungen wie Lehrlingsförderung, Wochengeld und so weiter übernehmen. Um die finanzielle Lage der Krankenkassen ins rechte Licht zu rücken, ist es notwendig, diese Leistungen entweder kostendeckend zu erset­zen oder die Erbringung dieser durch die eigentlich zuständigen Institutionen sicherzu­stellen. – Dieser Antrag findet unsere Zustimmung.

Der Antrag betreffend die soziale Staffelung der Selbstbehalte bei In-vitro-Fertilisation macht auch Sinn. Wer nimmt die In-vitro-Fertilisation in Anspruch? – Zum einen Paare, die ihrem Berufsleben und ihrer Karriere den Vorzug geben und sich erst danach, im fortgeschrittenen Alter den Kinderwunsch erfüllen. Für diese sind die Selbstbehalte, da sie ja finanziell abgesichert sind – für eine In-vitro-Fertilisation muss man ungefähr 1 000 € rechnen, bei vierfachem Versuch sind das 4 000 € – in Ordnung. Aber es gibt auch Paare, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit die Fähigkeit verloren haben, Kin­der auf natürlichem Weg zu zeugen. Als Beispiel dafür möchte ich jene Personen an­führen, die den Beruf des Schweißers ausführen. Bei diesen kommt es durch langan­haltende große Hitze, durch Hitzeeinwirkung zu einer Verminderung der Beweglichkeit der Spermien, und dadurch wird die Befruchtung auf natürlichem Weg unmöglich ge­macht.

Da diese Paare oft nicht in der Lage sind, die hohen Selbstbehalte zu bezahlen, sollte ihr Selbstbehalt nach ihrer finanziellen Situation berechnet werden. – Auch diesem An­trag werden wir zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Bundesminister Stöger zu Wort. – Bitte.

 


21.29.48

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann Ihnen versichern, dass der Weg, den die Gebietskrankenkassen eingeschlagen haben, in die richtige Richtung weist. Es ist jetzt erstmals, und zwar seit 1998, gelungen, ein positives Gesamtergeb­nis aller Gebietskrankenkassen zustande zu bringen. Insgesamt hat die soziale Kran­kenversicherung ein positives Ergebnis in der Höhe von 168 Millionen € geschafft, und das zeigt, dass im Bereich der Krankenversicherung großes Bemühen vorhanden ist, sehr sparsam mit den vorhandenen Mitteln umzugehen.

Man bemüht sich auch, Verbesserungen in der Versorgung zustande zu bringen. Wenn es uns gelingt, durch Maßnahmen der E-Medikation, durch gezielteren Einsatz von Me­dikamenten und durch gezielteren Einsatz der Ressourcen bessere Qualitäten zustan­de zu bringen, dann ist das der richtige Weg.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei der sozialen Krankenversicherung, dass sie diesen Weg geht. Ich bedanke mich auch bei den Vertragspartnern, dass sie bereit sind, Sy­nergien zu nützen und mitzuarbeiten. Ich meine, wir sollten diesen Weg weitergehen.

Natürlich ist es notwendig, dass in Zukunft weitere Geldmittel zur Verfügung stehen. Da sind wir alle gefordert. Doch eines kann ich jetzt schon sagen: Die österreichische Be­völkerung kann auf dieses Gesundheitssystem und auf die Finanzierung dieses Gesund­heitssystems vertrauen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.31

21.31.20



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 239

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird vom Berichterstatter keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 706 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 707 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch dazu ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.32.2943. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 919/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenführung der Berufsbilder gewerblicher Masseur und Heilmasseur (708 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vock. 2 Minuten freiwillige Redezeitbe­schränkung. – Bitte.

 


21.32.58

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Im derzeitigen Recht unterscheiden wir zwischen dem gewerblichen Masseur, der keine kranken Per­sonen behandeln darf, dem medizinischen Masseur mit verpflichtendem Dienstverhält­nis und dem Heilmasseur mit freiberuflicher Ausübung.

Dabei kommt es zu zahlreichen Problemen in diesem Gesetz. Die erste Definition ist die Frage des Krankseins. Ich bringe jetzt ein Beispiel, das das veranschaulichen soll: Einen Fußballer, der einen Krampf hat, darf der Masseur behandeln, weil er ein gesun­der Mensch ist. Wenn dieser aber einen Cut am Bein hat, dann ist er als krank anzuse­hen, und den darf der Masseur nicht behandeln.

Das zweite Problem stellt der Ausdruck „freiberuflich“ dar. Das deuten viele so, dass man keinen Gewerbeschein braucht. Natürlich braucht man aber einen Gewerbeschein, und man muss Mitglied bei der Wirtschaftskammer sein.

Weiters gibt es Probleme hinsichtlich des Kostenersatzes bei den Sozialversicherun­gen: Wie hoch ist er? Bekomme ich einen Kostenersatz? Wie komme ich zu diesem Kostenersatz? Auf keinen Fall bekomme ich ihn für eine Vorsorge- oder Präventions­maßnahme, sondern nur dann, wenn ich krank bin.

Daher meine ich: Man hätte diesen Antrag dazu nützen können, ausgiebig über eine Evaluierung dieses Gesetzes zu diskutieren.

Kollege Cap beschwert sich ja immer wieder, dass die Oppositionsparteien nur kriti­sieren und keine Verbesserungsvorschläge einbringen. Heute haben wir 48 Punkte auf der Tagesordnung – 34 von den Oppositionsparteien, aber nur 14 von den Regierungs­


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parteien. Man sieht daran, wer hier wirklich die Arbeitsvorlagen einbringt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, eines sollte Ihnen zu denken geben: Alle 34 Anträge von den Oppositionsparteien werden von Ihnen abgelehnt! (Bei­fall bei der FPÖ.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kaipel. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.34.47

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein paar Anmerkungen zum Antrag betreffend die Berufsbilder ge­werblicher Masseur und Heilmasseur.

Der Beruf des Heilmasseurs umfasst Tätigkeiten, die in den Bereich der Humanmedi­zin fallen und daher dem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf vorbehalten sind. Die Berufsausübung erfordert eine ärztliche Anordnung.

Der Beruf der gewerblichen Masseure dient der Behandlung von gesunden Menschen als Wellness- beziehungsweise Wohlfühlbehandlung. Diesen ist es nicht gestattet, kran­ke Menschen zu behandeln. Es macht Sinn, wenn zwischen gesundheitlich notwendi­ger Behandlung und Wellness getrennt wird, wenn es eben darum geht, ob man etwas tun muss oder tun möchte.

Es ist wichtig, zu unterscheiden, ob man objektiv die Gesundheit verbessert oder sub­jektiv Wohlbefinden steigert. Das eine ist eine versicherungsrelevante Leistung, das an­dere eben nicht.

Entgegen den Ausführungen im gegenständlichen Antrag ist auch nach Ablauf der Über­gangsbestimmungen die Durchlässigkeit von gewerblichem Masseur zum Heilmasseur gegeben. Wir sind nur gefordert, darauf zu achten, dass diese Ausbildung auch finan­zierbar bleibt. Weiterbildung und berufliches Fortkommen dürfen nicht eine Frage der Geldbörse sein, sondern das muss eine Frage von Können und Motivation sein.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass an der Schnittstelle zwischen Wellness und Ge­sundheit viel Geld zu verdienen ist. Das wird auch die Motivation verschiedener Dis­kussionen sein.

Wichtig sind klare Richtlinien zur Orientierung der Patienten und Kunden, damit sie auch in die richtigen Hände kommen.

Es ist derzeit eine Evaluierung des Gesetzes betreffend Heilmasseure im Gange. Da­her sehen wir gegenwärtig keine Notwendigkeit, diesen Antrag zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.36.51

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir haben jetzt sehr viel über Definitionen von gewerblichen, Heil- und medizinischen Masseuren gehört. Es stimmt, die Grenze zwischen gesund und krank ist jedenfalls fließend, und ich nehme es dem Gesetzgeber gar nicht übel, dass man so fließende Grenzen schwer in Gesetze gießen kann. Trotzdem muss man sagen: Nach der Etablierung der gewerblichen Masseurinnen und Masseure, die vielfach bei Ärzten und auch in medizinischen Institutionen in der und für die Krankenbehandlung angestellt wa­


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ren, haben sich teilweise existentielle Probleme aufgetan, und zwar nicht unbeträchtli­cher Art. Das Ministerium hat vorgesorgt, indem es Übergangsbestimmungen geschaf­fen hat, wonach man sich sozusagen aufschulen lassen konnte oder mittels Nachweis von Erfahrungen aus bisherigen Tätigkeiten durch Gutachten eine Gleichwertigkeit mit der nächsten Gruppe der MasseurInnen feststellen lassen konnte.

In den meisten Bundesländern ist das gut gelaufen. Aber dieser Antrag von mir war schon problematisch, was mir allerdings erst nach Monaten in aller Schärfe bewusst wurde, weil natürlich hier jede Änderung in das Interesse anderer Berufsgruppen ein­greift. So haben sich auch SportwissenschafterInnen gemeldet, die nun ihre Berechti­gung durch ihre Ausbildung, wie sie sagen, auch für Trainingseinheiten in der Rehabili­tation, also letztlich im Krankenbereich angemeldet haben.

Wenn man sich das anschaut, dann fällt einem natürlich auf – natürlich ist es nicht, aber es fällt auf –, dass in einzelnen Bundesländern das annähernd klappt. In drei Bun­desländern spießt es sich, und wenn man dann näher nachfragt, steht man vor folgen­den interessanten Tatsachen:

Es gibt Gutachter, die über die Gleichwertigkeit befinden, und diese Gutachter – hop­pala!, sagt man dann – sind in der gewerblichen Wirtschaft und gleichzeitig Lehrbeauf­tragte und LehrerInnen, die über die gleichen Fähigkeiten Kompetenzen vermitteln sol­len. Je höher sie die Latte legen, desto besser verdienen sie. Und es war nicht allein die Kritik an diesem Gesetz, sondern die reale Praxis der Erfahrung, die in der Wirtschafts­kammer x-mal gemeldet wurde. Aber das wurde abgeschmettert, oder es wurde Ver­ständnis vorgetäuscht. Die waren bei Leitl, die waren bei Mitterlehner, überall. Aber die Gutachter unterrichten immer noch, sozusagen frank und frei, und verdienen dann, wenn die Gutachten streng sind – und das sind sie –, quasi zwangsläufig sehr viel an ih­ren eigenen Kursen.

Ich glaube, es besteht Handlungsbedarf nicht nur in der Frage der HeilmasseurInnen und deren Trennung von den gewerblichen Masseuren, sondern in vielen Berufsgrup­pen, die so ausdifferenziert sind und wo den neuen Erfordernissen einer, glaube ich, interdisziplinären oder teamorientierten Versorgung und Betreuung von Kranken oder Menschen, die Rehabilitation brauchen, bis jetzt nicht Rechnung getragen wurde.

Wir brauchen interdisziplinäre Teams, und die Ausbildung wie auch die Gesetze sollten darauf abgestellt werden. Ich kann jetzt nicht viel Vergnügen dazu wünschen, denn das ist eine Heidenarbeit, aber ich wünsche Ihnen, dass das gelingt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Dr. Rasinger. – Bitte.

 


21.40.41

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben vor einigen Jahren auf ausdrücklichen Wunsch der Berufsgruppe der Masseure, aber auch des damaligen Ressortministers Haupt, FPÖ, den neuen Titel „Heilmasseur“ eingeführt.

Jetzt kann es doch nicht so sein, dass man ein Gesetz, das relativ jung ist, einfach ad absurdum führt, indem man sagt: Egal, ob jemand das alles gelernt hat, der Titel wird hergegeben!

Die Bevölkerung hat ja ein Recht darauf, dass dort, wo Heilmasseur draufsteht, auch Heilmasseur drin ist. Im Gesetz ist ja ganz eindeutig normiert, dass der Heilmasseur Erfahrung am Kranken braucht. Der gewerbliche Masseur – auch wenn es da fließende Übergänge gibt – braucht sie eben nicht. Das ist der große Unterschied. Das wurde da­mals im Parlament mit großer Mehrheit und im Konsens mit der Berufsgruppe festge­legt. Und man kann doch nicht nur deshalb, weil Teile das nicht so wollen oder Proble­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 242

me damit haben, jetzt einfach sagen: Wir tun da nicht weiter! Denn insgesamt hat das Gesetz Erfolg gebracht: Es wurde mehr und besser ausgebildet. Und ich meine, die Österreicher haben ein Recht darauf, von kompetenten Heilmasseuren betreut zu wer­den.

Wir sind sogar den Masseuren entgegengekommen und haben die Übergangsfrist ver­längert, aber irgendwann muss jede Übergangsfrist ein Ende haben.

Das Gesetz insgesamt ist ein Erfolg – und der überwiegende Teil der Berufsgruppe sieht das ja auch so. (Beifall bei der ÖVP.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


21.42.30

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundes­minister! Der Meinung meines Vorredners kann ich mich nicht ganz anschließen, denn mit diesem Gesetz wird suggeriert, der Heilmasseur würde heilen. Das stimmt auf kei­nen Fall. Der Heilmasseur kann regenerieren, der Heilmasseur kann zu einem Wohlbe­finden des Körpers beitragen, aber der Heilmasseur kann nicht heilen.

Deswegen muss die Ausbildung durch eine Reform grundlegend verbessert werden. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Damit erhöhen wir auch die Chancengleichheit der bei­den Berufsgruppen und handeln vor allem im Sinne der Patienten. Wir schaffen für die­se Berufsgruppe damit eine Zukunft und auch Arbeitsplätze.

Heute kann der Heilmasseur niemanden anstellen. Ich weiß nicht, ob Sie das bedacht haben.

Wir brauchen die beste Ausbildung in diesem Bereich. Der Antrag ist sehr sinnvoll und sieht vor, dass eine Reform der Ausbildung eingeleitet wird. Das ist notwendig und wird von uns unterstützt. Und da möchte ich an das Gewissen der Regierungsparteien ap­pellieren, doch einmal darüber nachzudenken und mitzustimmen, denn eines ist klar: Wenn diese Berufsgruppen in Zukunft nicht energetische Arbeit nach fundierter Ausbil­dung ausführen können, dann hat das wenig Zukunft. Und das kann es nicht sein. (Bei­fall beim BZÖ.)

21.44

21.44.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, sei­nen Bericht 708 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.44.3444. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 992/A(E) der Abgeordne­ten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tabakgesetz – Ver­längerung der Übergangsfrist (709 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 44. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 243

21.45.02

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Es geht beim zur Debatte stehen­den Tagesordnungspunkt um die Raucherbestimmungen für Wirte.

Sie alle wissen, dass am 30. Juni die Übergangsregelung ausläuft und ab 1. Juli sich die Wirte klar an die Raucherregelung, die hier im Hohen Haus beschlossen wurde, zu halten haben.

Für einen Teil der Wirte bringt das keine Probleme mit sich. Wenn sie ein Lokal mit we­niger als 50 Quadratmetern haben, steht es ihnen frei, es als Raucher- oder Nichtrau­cherlokal zu deklarieren. Auch bei großen Lokalen, die mehrere Räumlichkeiten auf­weisen, gibt es kein Problem. Es gibt aber eine Unzahl von Lokalitäten, die mehr als 50 Quadratmeter haben und trotzdem nicht zwei Räumlichkeiten aufweisen.

Es ist nicht so, dass die Wirte nicht bereit wären, diesbezügliche Investitionen zu täti­gen, deren Kosten nicht zu unterschätzen sind – wir reden da von mehreren zehntau­send Euro –, sondern es geht einzig und allein darum, dass diese Wirte nicht die Ge­währleistung haben, dass diese Investitionen nächstes Jahr noch als sinnvoll ange­sehen werden können, da man nicht weiß, ob die EU vielleicht schon mit Ende dieses oder zu Beginn des nächsten Jahres eine generelle Nichtraucherregelung für Europa vorsehen wird.

Ich erinnere mich an eine „Im Zentrum“-Sendung, in der Sie, Herr Bundesminister, an­wesend waren und wo der Wirtevertreter Sie gefragt hat, welche Garantie er denn ha­be, wenn er jetzt mehrere zehntausend Euro in den Umbau des Lokals investiert, um sowohl Raucher als auch Nichtraucher bedienen zu können, und darauf haben Sie ge­antwortet, solange Sie Minister sind, so lange hat er die Garantie darauf, dass er nicht zurückbauen muss beziehungsweise die Investitionen nicht umsonst waren. Nur: Wenn man die Konstellation dieser Bundesregierung kennt und nie sicher sein kann, dass nicht irgendjemand aus dem schwarzen Lager wieder auf die Idee kommt, zu sagen: Es reicht!, gilt diese Garantie gar nichts.

Unser Antrag zielt darauf ab, dass, bis eine Entscheidung der EU gefallen ist, diese Übergangsregelung verlängert wird, um Wirte nicht zu Investitionen zu drängen, die sich vielleicht nach einem halben Jahr als sinnlos erweisen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


21.47.14

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Österreich hat seit Jahresbeginn 2009 ein Nichtraucherschutzgesetz und ist damit wahrlich kein Einzel­gänger in Europa. Und für jene Fälle, in denen aufgrund dieses Gesetzes Baumaßnah­men vorgeschrieben wurden, wurde eine wirklich großzügige Übergangsfrist erlassen. Diese Frist endet am 1. Juli 2010, also 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes und mehr als zwei Jahre nach Beginn der öffentlichen Debatte über ein solches Gesetz.

Wenn die FPÖ heute mit Unterstützung des BZÖ verlangt, diese Übergangsphase noch auszuweiten, so frage ich mich, was der Hintergrund dieses Verlangens ist. Soll das Gesetz durch das ständige Verlängern von Fristen unterwandert werden, oder ist es die Unwissenheit bezüglich Zahlen? Denn: In der letzten Sitzung des Gesundheitsaus­schusses hat Kollege Neubauer argumentiert, dass es in Linz weit über 700 Anzeigen gegen Wirte gibt. Ich muss dich korrigieren, Kollege Neubauer: Es sind knapp über 400 Anzeigen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Wenn man dem Ganzen nachgeht, stellt man fest, dass es mehr Anzeigen als Wirte in Linz gibt. Es werden daher Wiederholungstäter angezeigt. Und diese Wiederholungstä­


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ter, lieber Kollege Neubauer, sind die Einkaufszentren! Diese betreffen die meisten An­zeigen, die halten sich nicht an das Rauchergesetz, und für diese Wiederholungstäter wird es keine Verlängerung der Übergangsfrist geben.

Der Gesundheitsausschuss hat richtig entschieden, als er diesen Antrag abgelehnt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

21.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill. – Bitte.

 


21.48.40

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Position der Grünen bezüglich eines generellen Rauchverbots in Lokalen muss jetzt hier nicht noch einmal breitgetreten werden, die kennen Sie alle. Aber noch einmal ganz kurz zu den Daten und Fakten, um sie Ihnen in Erinnerung zu rufen.

Erstens: Nirgendwo in Europa rauchen so viele Jugendliche wie in Österreich.

Zweitens: Über 43 Prozent der Erwachsenen in Österreich rauchen.

Drittens: Die Umsetzung des neuen Tabakgesetzes funktioniert einfach nicht.

Das Problem an der ganzen Geschichte ist ja, dass Nichtrauchende – mehr als 50 Pro­zent der Bevölkerung – nicht die Wahlfreiheit haben und die Raucher eine irrsinnig große Lobby haben, die hinter ihnen steht. Das finde ich persönlich unsolidarisch. (Zwi­schenruf des Abg. Weinzinger.)

Ich habe gerade den Zwischenruf gehört, dass ich selbst rauche. – Ja, das stimmt, aber ich muss nicht in einem Lokal rauchen, in dem gegessen wird oder einfach nur Menschen sitzen und ihren Abend, ihren Tag verbringen wollen oder Kaffee trinken wollen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Riepl.)

In diesem Sinne möchte ich Sie alle herzlich einladen zu einer Podiumsveranstaltung – wir Grüne sind einmal mehr die konstruktive Kraft (Abg. Strache: Das beansprucht schon das BZÖ für sich! Zwei konstruktive Parteien!), hier eine Verhandlungsebene und auch eine Basis zu finden –, und zwar zum Thema „Rauchfreie Gastronomie – Ist in Österreich wirklich undenkbar, was in halb Europa normal ist?“, kommenden Diens­tag, also am Dienstag nach Pfingsten, 25. Mai, im Lokal VIII, von 10 Uhr bis 12.30 Uhr. Unter anderen wird auch Gesundheitsminister Alois Stöger da sein, und wir freuen uns auf eine rege Diskussion. (Beifall bei den Grünen.)

21.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte.

 


21.50.23

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir hatten schon bei anderen Gelegenheiten die Möglichkeit, über das Tabakgesetz und seine Vor- und Nachteile zu diskutieren. So, wie auch schon Vorredner ausgeführt haben, meine auch ich, dass die Übergangsfrist durchaus so ist, dass genügend Zeit war, sich auf diesen 1. Juli vorzubereiten.

Die Argumente, die Kollege Themessl für die Verlängerung dieser Übergangsfrist an­geführt hat, nämlich dass nicht genügend Zeit war und nicht genügend informiert wur­de, sind meiner Meinung nach nicht stichhaltig. Die Wirtschaftskammer trägt aber den Bedenken, die es da bei diesem Tabakgesetz mancherorts gibt, insofern Rechnung, als sie jetzt eine Informationskampagne für all jene, die das Gesetz noch nicht so ge­


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nau kennen, durchführt. Diese Informationskampagne mit 34 Fragen und Antworten soll an die Betroffenen herangebracht werden. Ich glaube, das ist wichtig und ein wichtiger Beitrag, damit es letztendlich Rechtssicherheit gibt.

Es kann nicht sein, dass es nur Rechtssicherheit für jene gibt, die sich bisher nicht da­ran gehalten haben, sondern es muss auch für jene Rechtssicherheit geben, die sich an die gesetzlichen Bestimmungen und die Vorgaben gehalten haben. Daher glaube ich, bei allen Für und Wider, die es natürlich immer und überall geben kann, dass wir die­sem Antrag mit gutem Gewissen die Zustimmung verweigern können. (Beifall bei der ÖVP.)

21.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 


21.52.32

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Die Position des BZÖ in Bezug auf das Tabakgesetz ist klar: Wir sind für die Entscheidungsfreiheit der Gastronomen, ihr Lokal entweder als Raucherlokal, Nichtraucherlokal oder räumlich getrenntes Lokal zu führen. Wir werden dem Antrag aber unsere Zustimmung geben, um die betroffenen Wirte zu unterstützen.

Das derzeitige Tabakgesetz, das wahrlich kein Meisterwerk ist, lässt die Frage offen, ob die beträchtlichen Investitionen für die Umbauten überhaupt notwendig sind. Sollte von der EU das generelle Rauchverbot in Gaststätten, wie von vielen vermutet bezie­hungsweise sogar erwartet wird, verordnet werden, waren diese Investitionen vergeblich.

Die Gastwirte befinden sich durch die Wirtschaftskrise schon in einer finanziell sehr an­gespannten Situation, und diese würde durch die Investitionen noch verschärft. Deswe­gen werden wir diesem Antrag zustimmen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Weinzinger.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


21.53.36

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Rauchen ist nach wie vor ein emotional beladenes und sehr kontroversiell diskutiertes: Raucher gegen Nicht­raucher, Regulierer gegen Deregulierer, Konsumentenschützer gegen Wirtevertreter. Die unterschiedlichen Meinungen gehen da quer durch die Parteien und die Weltan­schauungen, das hat sich auch in den zwei Jahren, seit wir dieses Gesetz beschlossen haben, nicht wesentlich geändert – auch meine Meinung nicht, ich gebe es zu.

Ich halte die Tendenz, alle Lebensbereiche zu reglementieren und den Menschen mög­lichst viel an Verantwortung abzunehmen, nach wie vor für problematisch. (Zwischen­ruf des Abg. Obernosterer.) Auf der anderen Seite ist für mich aber das Thema Prä­vention in den verschiedensten Lebensbereichen enorm wichtig. Und Gesundheits­schutz in Form von Prävention, von Vermeidung von vorhersehbaren Risiken hat hier daher absolute Priorität. Es gilt also, auch bei solch einem Gesetz eine Interessenab­wägung vorzunehmen.

Die Regelung, die wir vor zwei Jahren beschlossen haben, geht genau diesen Mittel­weg. Es ist eine Regulierung in einem verträglichen Rahmen, die den Bürgern ihre Ent­scheidungsfreiheit lässt, gleichzeitig aber denen, die es brauchen, den nötigen Schutz gibt.

Wenn in der letzten Ausschusssitzung im Zuge der Behandlung dieses Antrages damit argumentiert wurde, dass viele Wirte, die auf ein von der EU kommendes totales Rauch­


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verbot setzen und daher keine Umbaumaßnahmen gesetzt haben, jetzt von ihren Gäs­ten angezeigt werden, dann halte ich dieses Argument zumindest in Bezug auf das Vertrauen in den Rechtsschutz für bedenklich, denn das würde zweierlei bedeuten: Erstens, dass diejenigen, die sich an die geltende Gesetzeslage gehalten haben und mit den Umbaumaßnahmen rechtzeitig begonnen haben, jetzt die Dummen wären, und zweitens daher jene, die sich nicht gesetzeskonform verhalten, im Nachhinein Recht bekämen. Aussitzen wird zwar sehr oft als nützlich im politischen Leben gesehen, aber wenn es um die Gesundheit geht, sollte Handeln und nicht Aussitzen die Devise sein. (Beifall bei der ÖVP.)

21.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hai­der. – Bitte.

 


21.55.38

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Worum es geht, hat Kollege Themessl schon klargemacht: Alle Gastronomiebetriebe mit mehr als 50 Quadratmetern, die Raucher beherbergen möchten, sind durch das Nichtraucherschutzgesetz gezwungen, Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Und es ist wirklich schade – es ist sehr schade! –, dass Sie nicht bereit sind, diesen Wirten in der wohl schlimmsten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren ein biss­chen eine Verschnaufpause zu vergönnen, die Chance zu geben, das Geld, das sie
da möglicherweise völlig sinnlos in Umbaumaßnahmen investieren müssen, hereinzu­wirtschaften, möglicherweise auch für den Kredit, den sie vielleicht nur mit erheblichen Schwierigkeiten von ihrer Bank bekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist wirklich schade, dass Sie nicht bereit sind, den Wirten diese Verschnaufpause zu geben! Möge Ihnen bei Ihrem nächsten Gasthausbesuch der Wein im Glase sauer werden! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenru­fe bei SPÖ und ÖVP.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weinzin­ger. – Bitte.

 


21.56.53

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es soll Ihnen der Wein vielleicht doch nicht sauer werden, aber Sie sollten, bitte, doch ein wenig darüber nachdenken, was das, was da in den letzten zwei, drei Jahren in Europa und somit natürlich auch in Österreich geschieht, denn bedeutet.

Eine Gesellschaftsform, die sich in Jahrhunderten entwickelt hat, wird aufgelöst, und zwar aus Gesundheitsgründen. In Ordnung, jeder Einzelne soll sich um seine Gesund­heit kümmern – aber nicht der Staat! Der Staat hat die Möglichkeit der Aufklärung zu bieten, in der Schule und auch später, der Staat soll die Möglichkeit haben, zu sagen, dass etwas nicht gesund ist, und der Einzelne soll die Freiheit haben, sich zu ent­scheiden, ob er gesund, sehr gesund oder nicht so gesund leben will.

Meine Damen und Herren, ich rauche seit Langem und rauche mit großer Begeis­terung, und ich bin einer der Ältesten hier in diesem Saale, in diesem Hause. (Abg. Jakob Auer: Durchaus fit!) Es geht mir durchaus gut, und ich bin durchaus fit. Ich gehe sehr gerne in Gasthäuser, und ich gehe sehr gerne zu Stammtischen. (Demonstrativer Beifall und Bravoruf des Abg. Hörl.) Und ich erlebe mit großer Begeisterung noch – noch! –, wie am Stammtisch Raucher und Nichtraucher durchaus miteinander leben können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 247

Ich erlebe auch, dass der gebildete Mensch – und das sollten wir anstreben, dass wir gebildete Mitbürger haben – selbstverständlich dort nicht raucht, wo gegessen wird, dass der gebildete Mensch selbstverständlich nicht raucht, wenn ein kleines Kind am Tisch sitzt. Das ist doch ganz klar und selbstverständlich. Aber wenn wir mit Gewalt einen Zwist in die Gesellschaft bringen und sagen: Hier sitzen die Raucher und dort sit­zen die Nichtraucher, dazwischen machen wir eine Wand, und diese Wand machen wir wenn möglich nur mit einer Doppeltür auf, damit es eine Schleusenwirkung gibt!, dann frage ich: Was soll denn das? Was ist denn das für eine Entwicklung, dass die Leute auf die Straße gehen müssen, dort stehen und rauchen?

Da höre ich immer von den extremen Nichtrauchern, dass das in Italien doch geht. Dann fahren Sie doch nach Italien und schauen Sie sich das an! Die Menschen stehen draußen vor der Haustür und rauchen dort, und drinnen sind die Räume leer. Schauen Sie es sich an! Da müssen diese Heizschwammerl aufgestellt werden. Na das ist gut für die Umwelt, diese Heizschwammerl, das ist besonders günstig! (Beifall bei der FPÖ.)

Warum können wir diese unsere Kultur nicht erhalten: dass Raucher und Nichtraucher miteinander leben können?

Daher ist das Mindeste, was gemacht werden kann, dass wir das derzeitige, wenn Sie so wollen, typisch österreichische Abkommen beibehalten. Die Möglichkeit des Nicht­rauchens in größeren Lokalen muss gegeben sein. In kleineren Lokalen kann man sich entscheiden: Raucher oder Nichtraucher.

Wo man sich halbwegs verträgt, setzen sich die Nichtraucher ohnehin zu den Rauchern dazu, weil es dort lustiger ist. Lassen wir doch alle miteinander leben! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und BZÖ.)

22.00

22.00.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Es wird vom Berichterstatter kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 709 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.01.1645. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1048/A(E) der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (710 d.B.)

46. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1049/A(E) der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederherstellung der absoluten Nulltoleranz für Listerien in Lebensmitteln (711 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 45 und 46 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 248

22.01.59

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Mag. Stadler: Sind Sie Raucherin?) – Nein. Dem nächsten Antrag werden wir zustimmen, weil das etwas ist, was natürlich längst überfällig ist: eine Herkunftsbezeichnung der wichtigsten Inhalts­stoffe. Allerdings – und das ist etwas, was wir auch schon im Ausschuss diskutiert ha­ben – wäre es sehr wünschenswert, wenn diese Schrift auch seniorenfreundlich wäre, sprich in einer Norm wäre, die Menschen auch lesen können, denn es bringt nieman­dem etwas, es hat niemand etwas davon, wenn wir jetzt die Inhaltsstoffe schön detail­liert draufschreiben, aber es ein Großteil der Menschen nicht mehr lesen kann.

Ich weiß – und das stand auch im Ausschuss zur Debatte –, dass es da eine europäi­sche Norm gibt. Daher würden wir Sie, Herr Bundesminister, bitten, dass Sie sich auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass diese Norm geändert wird, einen dem­entsprechenden Antrag werden wir vorbereiten und noch einbringen, weil ich glaube, dass es schon sehr wichtig ist, dass auch unsere Senioren die Möglichkeit haben, zu erfahren, was sich in den Lebensmitteln befindet. (Beifall bei der FPÖ.)

Einen Kritikpunkt lassen Sie mich aber noch anbringen – ich habe es schon einmal ge­sagt –, dieser betrifft das AMA-Gütesiegel: Wenn eine Tiroler Speckfirma jetzt das AMA-Gütesiegel verliehen bekommt und dafür nur mindestens 34 Prozent österreichisches Fleisch in ihren Produkten haben muss, dann stellt sich für mich die Frage: Warum kann eine solche Firma mit dem AMA-Gütesiegel arbeiten? – Meiner Meinung nach soll­ten da 100 Prozent österreichisches Fleisch drinnen sein, denn alles andere ist eine Kon­sumententäuschung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde schon bitten, dass man sich auch diese Regelung einmal genauer anschaut. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Mai­er. – Bitte.

 


22.03.48

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Kollege Grosz seine Abge­ordnetentätigkeit zumindest für heute beendet hat, kann man sich sehr kurz fassen.

Es geht um zwei Anträge: Es geht um den Antrag des Kollegen Grosz betreffend Wie­derherstellung der absoluten Nulltoleranz für Listerien in Lebensmitteln. Wir haben die­sen Antrag abgelehnt, weil er schlichtweg falsch formuliert ist. Ich lese daraus vor:

„Bis zum Jahr 2004“, so Grosz im Antragstext, „galt in Österreich die vollkommene Nulltoleranz für Listerien sowohl im Betrieb als auch im Handel.“

Da dürfte er etwas verwechselt haben und sich nicht mehr an die Zeit erinnert haben, als er bei seinem ehemaligen Bundesminister Haupt gearbeitet hat. Bundesminister Haupt hat nämlich 2001, Geschäftszahl 32.014/5-IX/B/1a/00, eine Listeriengrenze für Pökelwa­ren festgesetzt, einen Grenzwert von 100 Keimen pro Gramm. Daher wird dieser Antrag abgelehnt, weil er schlichtweg falsch ist.

Wir selbst haben einen eigenen Antrag im Ausschuss vorgelegt, der den Bereich der Kennzeichnung von Lebensmitteln betrifft. Dieser Antrag geht über den Antrag des Kol­legen Grosz hinaus, ist weitergehend und soll sicherstellen, dass Österreich auf euro­päischer Ebene bei den Verhandlungen zur europäischen Informationsverordnung für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln eintritt. Die Entschei­dung wird noch heuer im Europäischen Parlament fallen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.05



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 249

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 


22.05.41

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen! Herr Kollege Maier, der Antrag ist nicht falsch! Hören Sie einmal genau zu! Laut Verordnung der EG Nummer 2073/2005 gibt es eine Toleranzgrenze für Listerien, wenn Käse im Betrieb ist. Der Käse muss den Betrieb frei von Listerien verlassen. Sind wir uns da einig?

Aufgrund der Richtlinie 92/46/EWG galt, dass Listerien in Lebensmitteln, zu welchem Zeitpunkt auch immer, nicht nachweisbar sein dürfen, und zwar sowohl im Handel als auch in Betrieben. Aber dann kam es 2004 bei der Umsetzung dieser Richtlinie zu einer Aufweichung. (Abg. Mag. Johann Maier: 2001 hat Bundesminister Haupt einen Grenzwert festgesetzt!) 2004! Und aufgrund dieser Aufweichung konnten 100 Keime pro Gramm vorhanden sein. Deswegen ist dies kein Grund für Ihre Ablehnung des An­trages. Die Aufweichung mit den 100 Koloniebildendenden Einheiten war ein Fehler, wie der Fall der Firma Prolactal zeigt. Man muss die Nulltoleranzgrenze für Listerien wieder einführen, da die Firma Prolactal selbst zugegeben hat, mit Listerien kontami­nierte Produkte in Verkehr gebracht zu haben. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Konsumentenschützer Maier, mit der Ablehnung dieses Antrages zeich­nen Sie sich als Konsumentenschützer sicher nicht aus. Sie haben gesagt, man könne Listerien nicht verbieten, da sie überall vorkommen. Das zeigt auch Ihre Inkompetenz auf diesem Gebiet. Hätten Sie sich kundig gemacht, müssten Sie wissen, dass es eine ganze Reihe von Keimen gibt, die frei in der Natur vorkommen, Clostridium botulinum, enterohämorrhagische E. coli, Salmonella Typhimurium, Yersinia enterocolitica und Campylobacter species. (Beifall beim BZÖ.)

Für all diese Keime gibt es die Nulltoleranz, also lässt es sich durchführen. – Stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall beim BZÖ.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dona­bauer. – Bitte.

 


22.08.03

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht doch nicht darum, dass wir hier einen Wer­testreit abführen. Es geht auch nicht darum, wie wir über Käse diskutieren. Es geht schlicht und einfach um eine sehr ernste Sache, und zwar die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln: ein Thema, mit dem wir uns hier im Parlament bereits im Februar beschäftigt haben, wozu wir einen Entschließungsantrag eingebracht haben. Die ganze Thematik hat natürlich mit dem Listerienproblem heuer in der Steiermark eine neue Ak­tualität erhalten. Ich denke, deshalb beschäftigen wir uns heute wieder mit diesem Thema.

Vorgestern hat sich das Europäische Parlament mit einer Verbraucherinformationsver­ordnung in der ersten Lesung beschäftigt. Wir hoffen, dass auf europäischer Ebene eine entsprechende Maßnahme getroffen wird, von der ich aber erwarte, dass sie für alle Länder wirklich verpflichtend ist und auch überall durchgehalten wird. Das ist auch der tiefere Sinn dieser Diskussion.

Der Herr Bundesminister wird aufgefordert, ersucht, „dafür Sorge zu tragen, dass der Täuschungsschutz bei der Herkunftskennzeichnung auf nationaler Ebene verbessert wird und insbesondere den Unternehmen in diesem Zusammenhang entsprechende Leitli­nien in die Hand gegeben werden“.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 250

In weiterer Folge sollen Sie, Herr Bundesminister, sich auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass diese wichtige Frage wirklich rasch beraten wird und umgehend entsprechende Gesetzesqualität bekommt, sodass für die Verbraucher genauso wie für die Produzenten ein europaweit gleicher Standard geschaffen wird und auch entspre­chender Schutz für die Verbraucher gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

22.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jan­nach. – Bitte.

Herr Abgeordneter Jannach ist nicht da. (Abg. Mag. Stadler: Er ist rauchen gegangen, Frau Präsidentin!)

Dann kommt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. – Bitte.

 


22.10.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Da ist ein Kollege irgend­wie verlorengegangen. So ist das zu später Stunde.

Aber jetzt zur Herkunftskennzeichnung: Meine Damen und Herren, wir sind auf den Antrag des Kollegen Maier draufgegangen. Wir haben ja schon mehrere gemeinsame Anträge hier im Haus beschlossen, daher glaube ich, dass es ein guter Weg ist, dass wir uns hier einigen konnten und auch durch viele Diskussionen zeigen können, dass wir auch auf europäischer Ebene damit etwas bewegen.

Warum? – Weil bei der letzten Diskussion zur EU-Verbraucherinformationsverordnung und vor allem auch bei der Abstimmung bezüglich der Schummelprodukte, des Schum­melschinkens auf europäischer Ebene auch die ÖVP-Vertreter dort gegen die Zulas­sung dieser Enzyme gestimmt haben. Das ist auch ein Teil einer Debatte, ein Ausfluss einer Debatte, die wir hier im Haus führen. Also es ist, glaube ich, wichtig, nicht nur hier für eine Herkunftskennzeichnung einzutreten, sondern auch im EU-Parlament und dort Klartext zu sprechen.

Aber ein Punkt, Herr Bundesminister, der mit Herkunftskennzeichnung zu tun hat, ist nach wie vor offen, nämlich ein österreichisches Gütesiegelgesetz. Wir warten nach wie vor auf ein gutes österreichisches Gütesiegelgesetz, das neben der Herkunft auch andere Qualitätsparameter – und wir haben gute Vorschläge dazu bereits im Aus­schuss debattiert – beinhaltet, denn der Konsument erwartet sich ein Gesamtprodukt. Nicht nur die Herkunft ist wichtig, sondern die Qualität des Produktes, die Art und Wei­se, wie es produziert ist, wie es eben auch zum Beispiel in Bezug auf Gentechnikfrei­heit gekennzeichnet sein muss und ähnliche Dinge mehr.

Zum Kollegen Grosz in Bezug auf die Listerien: Der Antrag ist fehlerhaft. Kollege Maier hat das auch richtig dargestellt. (Abg. Mag. Stadler: Der Entschließungsantrag!) – Und trotzdem, Herr Kollege Stadler, sind wir in diesem Fall der Meinung, dass wir sehr wohl über eine generelle hundertprozentige Freiheit von Listeriosekeimen diskutieren soll­ten, und zwar sowohl bei der Produktion als auch im Handel.

Er ist falsch formuliert, aber wir werden dem Antrag trotzdem zustimmen, nämlich als Symbol, weil man sich weiter damit beschäftigen sollte, auch auf europäischer Ebe­ne. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmu­ckenschlager. – Bitte.

 


22.12.55

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es ist schon bezeichnend, wenn der Agrarsprecher einer der grö­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 251

ßeren Oppositionsparteien hier im Haus bei dieser wichtigen Diskussion nicht anwe­send ist und sich auch nicht zu Wort meldet. Wahrscheinlich hat er seine gesamte Kraft gestern für das Schreiben von Pressemitteilungen verbraucht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, in einer unlängst durchgeführten Umfrage und Studie wurde erhoben, was die Österreicher wollen: Sie wollen frische, gesunde und regionale Lebensmittel.

Österreich hat eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, und gerade deswegen haben wir auch eine hohe Ernährungssicherheit und geben auch dem Konsumenten die Sicher­heit, das bis hin zum Hersteller rückverfolgen zu können.

Es wird mit dem heutigen Entschließungsantrag auch ein Weg beschritten. Im Rahmen der österreichischen Kodex-Kommission wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich speziell mit dem Thema Täuschungsschutz beschäftigen soll. Es geht darum, den hier schon bestehenden Rechtsrahmen entsprechend aufzuarbeiten und erstens die Lebensmittelaufsicht mit detaillierten Ausführungen bei ihren Entscheidungen zu unter­stützen, zweitens den Unternehmen Leitlinien an die Hand zu geben und drittens natür­lich auch auf europäischer Ebene in der jetzt laufenden Diskussion zu einer Verord­nung zum Verbraucherschutz unterstützend tätig zu sein und auch voranzutreiben, dass wir einerseits bei der Angabe der Nährwerte, bei der Deklaration am Paket, an der Packung, an der Etikettierung nachvollziehen können, was drinnen ist, und dass andererseits auch die Herkunft ausgewiesen wird. Bei dieser Bestimmung geht es ganz speziell darum, die Hauptbestandteile, die Hauptrohstoffe eines Produktes fest­setzen und das Herkunftsland bestimmen zu können.

Sie sehen, es geht einerseits auf der europäischen Ebene sehr viel voran, andererseits auf der nationalen Ebene. Aber man kann heute schon feststellen, dass wir in Öster­reich eine hohe Qualität bei den Lebensmitteln haben, einen hohen Standard bei der Lebensmittelsicherheit und eine hohe Bereitschaft der Erzeuger, den Konsumenten auch beste Produkte zur Verfügung zu stellen.

Gerade das AMA-Gütezeichen ist eines der wichtigsten Qualitäts- und Herkunftskenn­zeichen, die wir haben, denn nur durch dieses Gütezeichen haben wir die garantierte österreichische Herkunft und geprüfte österreichische Qualität. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es ist viel auf dem Weg. Und ich bitte Sie, diesem Entschließungsantrag zu­zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.15

22.15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 710 der Beila­gen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 102.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 711 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 252

22.16.3147. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 644/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), und Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des National­rates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (688 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zum 47. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser ist der Erste, der zu Wort kommt. – Bitte.

 


22.17.09

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Fehlen der Abwahlmöglichkeit eines Nationalratspräsidenten ist eine politische Lü­cke, die lange unentdeckt geblieben ist, bis sie der Dritte Nationalratspräsident Graf in der für ihn eigenen Art schonungslos aufgezeigt hat.

Wir haben hier schon öfter und lange diskutiert, und alle Argumente, die gegen diesen Antrag vorgebracht worden sind, waren schnell widerlegt.

Das erste Argument war: Das ist ja ein Minderheitenrecht, das mit einem Abwahlantrag unterlaufen werden könnte. – Das ist natürlich falsch. (Abg. Kopf: Das hat eure Partei­chefin gesagt!) Es gibt kein Minderheitenrecht, einen Nationalratspräsidenten zu stel­len. Es gibt maximal die Usance, dass eine Partei einen Vorschlag machen darf, und dieser Vorschlag wird einer Mehrheitswahl unterzogen. Insofern ist die Möglichkeit eines Abwahlantrags auch nicht die Einschränkung eines Minderheitenrechts, sondern die logische Konsequenz daraus, dass, wenn die Mehrheit jemanden wählt, sie unter bestimmten Umständen diese Person von ihrer Funktion auch wieder abberufen kann.

Als das geklärt war, hat man den Ausflug in die Geschichte versucht und auf das Jahr 1933 verwiesen. – Dieser Vergleich ist noch schlechter als das erste Argument. Richtig ist, dass im Jahr 1933 drei Nationalratspräsidenten zurückgetreten sind, aber nicht abgewählt wurden. Und der entscheidende Punkt, der hier erwähnt sein muss, damit man der Geschichte sozusagen auch zur Wahrheit verhilft: Es war nicht das Zu­rücktreten der Nationalratspräsidenten, was dem Parlamentarismus großen Schaden zugefügt hat, sondern es waren die Polizisten des Bundeskanzlers Dollfuß, die die Ab­geordneten daran gehindert haben, das Parlament zu betreten, denn die Sozialdemo­kraten und die Großdeutschen haben ja versucht, das Parlament wieder zu aktivieren. Insofern ist der Vergleich mit 1933 überhaupt nicht tauglich.

Letztes Argument, das immer wieder gekommen ist: Man soll den Nationalratspräsi­denten nicht tagespolitischen Zwängen aussetzen, indem man eine Abwahlmöglichkeit schafft. Ich sehe den Zweiten Nationalratspräsidenten Neugebauer. Tagespolitisch – ich denke an die Schulpolitik – haben Grüne und ÖVP nicht viel gemeinsam. (Abg. Neugebauer: Es ist wichtig, die Kinder in den Mittelpunkt zu stellen!) Rücktrittsforde­rungen an Nationalratspräsident Neugebauer hat es trotzdem noch nicht gegeben. Wa­rum? – Weil er als Präsident seine Aufgabe tadellos erledigt (demonstrativer Beifall bei der ÖVP) und weil gerade nicht tagespolitische Positionierungen des Kollegen Neuge­bauer entscheidend dafür sein sollen, ob er weiter Nationalratspräsident ist oder nicht.

Aber noch zynischer ist dieses Argument, wenn man sich anschaut, dass das Kontroll­organ Rechnungshofpräsident mit einfacher Mehrheit hier vom Parlament abgewählt werden kann. Das heißt, die Regierungsmehrheit, die Parteien jener Minister, die er kontrolliert, könnten diesen Rechnungshofpräsidenten mit einfacher Mehrheit abwäh­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 253

len. Das passiert nicht. Warum? – Weil auch hier genug Verantwortung da ist, das Kon­trollorgan in seiner Kontrolle zu akzeptieren.

All diese Missbrauchsargumente greifen nicht. Es geht nicht um tagespolitische Zwän­ge, sondern bei Nationalratspräsident Graf geht es schon mehr um die Frage, wie er zu den Grundfesten dieser Republik steht.

Die ÖVP hat dann einige Vorschläge gemacht, wie man sich dem Problem annähern könnte. Der letzte Vorschlag – und korrigieren Sie mich, wenn ich ihn nicht korrekt wie­dergeben sollte – war, dass man das an der strafrechtlichen Verurteilung aufhängen sollte. Das heißt, jeder Nationalratspräsident, der zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wer­den würde, würde automatisch seine Funktion verlieren.

Ich erkenne schon, dass man sich bemüht und durchaus überlegt, welche Schritte man setzen kann, aber das ist – wie ich glaube – nicht tauglich, denn hier ist die Grenze zu weit gezogen. Es kann ja nicht sein, dass man sagt, ein Präsident, der alkoholisiert Auto fährt – nicht der Kollege Graf, damit es keine Missverständnisse gibt –, soll nicht zur Diskussion stehen und soll nicht abwählbar sein, nur weil das kein strafrechtliches De­likt ist, oder ein Präsident – wieder nicht der Kollege Graf, ein hypothetisches Beispiel –, der eine Mitarbeiterin belästigt – völlig inakzeptabel –, soll nicht abwählbar sein, oder ein Präsident, der keine Abgrenzung zu extremistischen Organisationen vornimmt – und da sind wir jetzt schon etwas näher bei Präsident Graf – soll nicht abwählbar sein. (Abg. Dr. Graf: Geschlechtsneutral formulieren!)

Oder formulieren wir es direkt am Präsidenten Graf: Ein Nationalratspräsident, der den Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde übel beschimpft, soll nicht abwählbar sein?

Der Dritte Nationalratspräsident Graf, der seine Mitarbeiter aus der rechtsextremen Szene rekrutiert, die aus dem Büro des Dritten Nationalratspräsidenten dann bei Nazi-Versandhäusern bestellen, soll nicht abwählbar sein? – Das ist ja nicht erklärbar! Ein Dritter Nationalratspräsident, der einen internationalen Rechtsextremisten wie Herrn Marinovic ins Parlament einlädt – und zwar als Präsident ins Parlament einlädt –, soll nicht abwählbar sein? (Abg. Neubauer: ... der Herr Marinovic angestellt?)

Herr Marinovic ist überhaupt ein eigener Fall. Das Schmankerl möchte ich Ihnen nicht vorenthalten – die Thesen, die er dort vertreten hat, sind ja mehr als skurril –: Er hat im Parlament die drei Geißeln der Menschheit benannt, nämlich Sex, Shopping und Well­ness. Also ich hoffe, dass Ihr Parteiobmann Strache, wenn er auf seinen Disco-Touren ist, auch seine potenziellen Wähler darüber aufklärt, was laut FPÖ die potenziellen „Geißeln der Menschheit“ sind, nämlich Sex, Shopping und Wellness. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stefan: Das gehört ja „verboten“, so eine Meinung!)

Meine Damen und Herren, von einer staatstragenden Partei – und damit meine ich die ÖVP – erwarte ich mir, dass sie die Grenze nicht ausschließlich beim Strafgesetzbuch zieht, sondern schon erkennt, dass es auch politische Positionierungen gibt, die mit einer staatspolitischen Funktion unvereinbar sind. (Abg. Mag. Stefan: Eine Wellness-Partei! – Abg. Weinzinger: ... die Grenze ... linksextrem!)

Ich stelle mir immer die Frage: Warum tut sich die ÖVP so schwer? Da gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie verkennt, dass derartige Positionen inakzeptabel sind, oder – und das ist die zweite Variante – es ist der ÖVP vielleicht gar nicht un­recht, dass sich die FPÖ mit ihren Proponenten in dieser Funktion immer wieder dis­kreditiert. Zum einen schadet sie sich damit selbst, und zum anderen macht sich die FPÖ damit für die ÖVP immer wieder politisch erpressbar. Vielleicht ist das das eine oder an­dere Mal auch politisch einsetzbar.

Lange Rede, kurzer Sinn (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ): Das kann keine Frage der Parteitaktik sein. Will man einen Nationalratspräsidenten, der derartige Positionen äu­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 254

ßern kann, der seine Funktion missbraucht, um die rechtsextreme Szene salonfähig zu machen, ja oder nein? – Wir sind klar positioniert, wir sagen Nein, daher muss es auch die Abwahlmöglichkeit eines solchen Präsidenten geben. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Mayerhofer: Schlechte Rede!)

22.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 


22.24.25

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Antrag der Grünen ist ein Antrag von vielen. Mehrere Fraktionen in diesem Haus haben sich Gedanken dazu gemacht, wie es zur Abwahl eines Präsidenten kom­men kann. Es hat noch nicht die Mehrheit gegeben, die dafür notwendig ist. Das zeigt, dass der Diskussionsprozess noch nicht abgeschlossen ist und dass man etwas zu früh hier eine Entscheidung gesucht hat. Statt dass man vertagt hat, hat man den jetzigen Stand der Diskussion eingefroren. Aber das bedeutet nicht, dass das das Ende in die­ser Diskussion ist. – Es gibt mehrere Vorschläge.

Ich halte den Vorschlag, den die Grünen gebracht haben, für viel zu tagespolitisch orien­tiert. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, aus diesem Anlass heraus einen Schnell­schuss zu machen, sondern ich halte den Vorschlag, den die Präsidentin gebracht hat, für gut, nämlich 92 Abgeordnete schriftlich, dann eine Abkühlphase von sechs Wochen und dann eine Zweidrittelmehrheit. Dann weiß man, dass das kein tagespolitisches Thema ist, dann weiß man, dass man dazwischen noch diskutiert hat, dann weiß man, dass man dahinter eine Zweidrittelmehrheit braucht. Das ist noch nicht mehrheitsfähig, daher ist der Diskussionsprozess voll im Gange.

Aber dass die Politik des Dritten Präsidenten hier natürlich Anlass dazu gibt, diese Dis­kussion zu führen, daran besteht ja kein Zweifel. Man sollte sich der Würde dieses Am­tes bewusst sein. Man sollte sich mit seinen Aussagen vorsichtig entsprechend der Po­sition in diesem Lande bemühen, nicht Öl ins Feuer zu gießen und nicht am rechten Rand in trüben Gewässern herumzufischen. (Abg. Mag. Stefan: Wir entwickeln die De­mokratie weiter!) Das ist eines Nationalratspräsidenten nicht würdig, aber es ist ganz einfach zu wenig, um aus tagespolitischem Kalkül heraus Schnellschüsse zu machen. (Abg. Öllinger: Einjährige Schnellschüsse!)

Wir werden uns irgendwann betreffend die Abwahl aus den höchsten Ämtern, betref­fend die Abwahl der höchsten Personen in diesem Land eine einheitliche Regelung zu­rechtlegen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


22.26.54

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich ge­be meinem Vorredner recht: Man soll nicht im Überschwang der Emotionen Beschlüs­se fassen.

Zurück zum Kern: Worum geht es uns? – Für uns geht es nicht um die Frage, wie wir politisch unliebsame Präsidenten loswerden können. Für uns geht es um die Frage, ein objektives rechtsstaatliches Verfahren zu etablieren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das Ziel der ÖVP ist ganz klar – und da tun wir uns ganz leicht, Herr Kollege Stein­hauser –: Spitzenrepräsentanten des Parlaments sollen einer rechtlichen Verantwor­tung unterzogen werden. Wir wollen einen Mix aus rechtlicher und aus politischer Ver­antwortung. Dazu wollen wir klare sachliche Kriterien.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 255

Bereits im Februar hat die Volkspartei dazu einen Gesetzesvorschlag präsentiert. Darin ist ganz klar verankert: Ein Präsident hat Grenzen verfassungsrechtlicher und straf­rechtlicher Natur zu beachten.

Und, ganz wichtig: Ob ein Präsident sein Amt verlieren soll oder nicht, das sollen Rich­ter beurteilen und nicht politische Konkurrenten. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

22.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. – Bitte.

 


22.28.23

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mittler­weile sind noch zwei Grüne dazugekommen. Am Anfang der Debatte waren ja nur sie­ben da, die die Debatte über den eigenen Antrag interessiert hat. So ist das halt: Bei der FPÖ besteht die Spitze aus sieben Personen, bei den Grünen ist es die Basis, die aus sieben oder knapp weniger Personen besteht. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Abg. Petzner: Der Graf gehört aber nicht zu den „glorreichen Sieben“!)

Das ist der eigentliche Kern des Problems, das Sie haben: Es herrscht nicht die Usance hier im Hause – die Usance ist etwas ganz anderes –, hier herrscht das d’Hondt’sche Verfahren. Und da hat leider Gottes die grüne Fraktion bis in alle Zukunft alles ver­spielt, dass sie jemals in eine Funktion kommen wird, bei der es überhaupt eine Ab­wahlmöglichkeit gibt. Das wird es einfach nicht mehr geben, und darüber sind sie eben verbittert.

Wir müssen mit der Diskussion weitergehen, so wie es Frau Kollegin Aubauer und auch Kollege Wittmann bereits angeschnitten haben. Es geht nämlich auch um Ab­wahlmöglichkeiten von andern höchsten Staatsämtern, zum Beispiel bei der Volksan­waltschaft. Wir müssen doch auch für die Grünen ein bisschen weiterdenken, denn nach dem 30. Juni 2013 gibt es wieder einen freiheitlichen Volksanwalt, egal ob es Neuwahlen gibt oder nicht, ganz wurscht. Es wird einen Freiheitlichen geben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Wird das der Graf?) Und Sie müssen sich wieder überle­gen, wie man dann den loswerden kann, denn sonst ist ja ihre zentrale politische Aus­sage komplett verloren gegangen, an der Sie sich in den letzten Jahren immer angeklam­mert haben.

Nur eines: Kollege Steinhauser hat gemeint, dass sich Kollege Graf in irgendeiner Form vielleicht erpressen lassen könne. – Wissen Sie, Herr Präsident Graf oder die FPÖ las­sen sich nicht erpressen, am allerwenigsten durch irgendeinen linkslinken Terror, den man gerade am Beispiel des Herrn Graf beziehungsweise seiner Familie sieht. Seine minderjährigen Kinder werden durch Demonstrationen am Schulbesuch gehindert, Stei­ne werden auf sein Haus geworfen. Machen wir einmal eine basisdemokratische Grund- und Freiheitsrechtsexkursion und schauen uns das Haus mit den Verwüstungen an, die dort passiert sind, damit Sie endlich wissen, wie Ihr Lager wirkt!

Was ist der eigentliche Anlass des Ganzen gewesen? – Der Präsident einer anerkann­ten, notwendigen, wichtigen, geachteten Institution in Österreich hat die Freiheitlichen und einzelne Personen bis hin sogar mit Goebbels verglichen, und ein anderer Präsi­dent, der eben aus dieser Gesinnungsgemeinschaft kommt, hat darauf geantwortet. Das ist der Stein des Anstoßes. Aber lösen Sie sich vom Komplex, dass Sie aus dem politischen Spiel in Österreich einfach verschwinden! (Beifall bei der FPÖ.)

22.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stad­ler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 256

22.31.03

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir führen jetzt hier schon die x-te Debatte unter dem Motto: Wer fürchtet sich vorm blauen Mann? Ich habe schon vorhin Sorgen gehabt, weil Klubobmann Strache draußen war. Ich habe gedacht, der ist aber schnell verschwunden, wollte ihn allein lassen. Ich habe mich dann gefragt: Warum ist Martin Graf – wir konnten es ja auch in den Zeitungen nachlesen – bei seinem Chef so in Ungnade gefallen? Jetzt weiß ich es. Danke, Herr Kollege Pirklhuber! Wenn man gegen „Sex, Shopping und Wellness“ ist, dann muss man bei H.-C. Strache in Ungnade fallen. Das ist irgendwie nachvollziehbar. (Heiterkeit im Saal.)

Du (in Richtung des Abg. Dr. Graf) solltest dir weniger sozusagen über die ideologi­schen Dinge Sorgen machen, sondern über die wirklich wichtigen Dinge: Sex, Shop­ping und Wellness! Wie kannst du das in Frage stellen?! Damit gefährdest du dein Prä­sidentenamt dann letztlich schon noch. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Mir wür­den ein paar andere Dinge auch noch einfallen, aber die hat er noch nicht thematisiert. Das kommt vielleicht noch, aber dann ist er das Amt wirklich los.

Meine Damen und Herren, ich bin einfach der Meinung, wir müssen darauf achten, dass Präsidenten nicht zum Spielball ihrer eigenen Parteivorsitzenden werden. Wir le­sen in der Zeitung: Graf ist selbst im Wiener Wahlkampf nicht mehr geduldet. Rosen­kranz ist schon demontiert. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wieso?) Bitte, haben Sie doch Res­te von Mitleid für den Martin Graf! (Beifall beim BZÖ.) Jetzt wollen Sie dem H.-C. Stra­che auch noch den Gefallen tun, ihm den Martin Graf abzumontieren? (Abg. Mag. Ste­fan: Während Stadler immer weiter aufsteigt! Stadler im Aufwind!) Das soll er doch bit­te selber machen.

Sie wollen ihm jetzt diesen Gefallen tun? Wir sagen: Wir haben ein Herz für Verfolgte, daher wollen wir heute dem nicht zustimmen. Du bist von niemandem derzeit so ver­folgt. Die Grünen tun dir nicht weh, aber dein eigener Parteivorsitzender!

Da hinten übrigens scharrt schon dein Nachfolger am Sitz. Dr. Peter Fichtenbauer kann es kaum erwarten, wann er endlich ins Präsidentenamt kommt! Es ist arg. (Beifall und Heiterkeit bei BZÖ, ÖVP und SPÖ.)

Daher, meine Damen und Herren: An diesem Spielchen sollen wir uns nicht beteiligen! Ein Herz für Martin! Nicht übertrieben, aber wir wollen heute schauen, dass du nicht zum Spielball deines eigenen Parteichefs wirst.

Weißt du, ich habe gedacht, das Ganze ist in der Historie alles schon vorgekommen. Da feiert ein Präsident 50. Geburtstag. Na, was bekommt er von seinem Parteichef? Anderswo bekommt man ein Schluckerl Wein, eine Flasche. Er bekommt einen Säbel (Heiterkeit der Abg. Mag. Wurm), ganz martialisch, vor laufender Kamera überreicht. Das hat mich an die Vorgänge im Osmanischen Reich erinnert, wo der Sultan seinem Großwesir immer dann eine blaue Schnur geschickt hat, wenn er ihn loswerden wollte. Der durfte sich dann damit erwürgen. (Heiterkeit im Saal. – Beifall beim BZÖ.) So ähn­lich ist mir das vorgekommen. Ein Herz für Martin! Wir wollen nicht, dass du sozusagen von deinem eigenen Chef jetzt demontiert wirst, in diesem sozusagen imperialen Ge­habe.

Meine Damen und Herren, aber jetzt zum Ernst der Sache. Frau Kollegin Aubauer und meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, eines werden wir nicht machen: dass Richter entscheiden, wer da oben sitzt und wer nicht! Das entscheiden wir immer noch politisch und selbst. (Beifall bei BZÖ und SPÖ.) Also dass man das an Richter hinausdelegiert, so keusch, das werden wir sicher nicht machen. Das ist eine politische Entscheidung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 257

Frau Präsidentin, ich habe noch ein Anliegen an Sie. Es kann Ihnen Kollege Graf pas­sen oder nicht. Das ist jedem sozusagen ins politische Kalkül – entweder parteiintern oder auch nicht parteiintern – gestellt, wie dem auch sei. Aber Martin Graf ist seinerzeit von einer Mehrheit dieses Hauses gewählt worden. Und wenn man schon so sehr auf Verfassung und auf Gesetz Wert legt, Herr Kollege Wittmann, dann darf ich in Erinne­rung rufen, dass § 13 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung im letzten Satz regelt, dass den Präsidenten des Nationalrates die Vertretung nach außen obliegt einschließlich der Wahrnehmung internationaler parlamentarischer Beziehungen.

Im § 15 heißt es dann – bitte zum Mitlesen, erster Satz –: „Im Falle der Verhinderung des Präsidenten vertritt ihn der Zweite beziehungsweise der Dritte Präsident.“

Kollege Martin Graf steht vielleicht einmal auf, damit man weiß, wer das ist: Der Dritte Präsident Martin Graf! (Abg. Dr. Graf: Den kennen eh schon alle!) – Ja, das habe ich mir ohnehin gedacht. Aber ein paar andere kennen dich nicht.

Da findet ein Treffen statt: internationales Parlamentarier-Fußballturnier. Es gibt Abge­ordnete, denen ist das mindestens so wichtig wie eine Plenardebatte. Unterschätzen Sie das nicht! Kollege Krist von den Sozialdemokraten führt die Begrüßung durch. (Abg. Scheibner: Wer ist das?) Die Frau Präsidentin ist durch eine Beamtin vertreten, nicht durch den Dritten Präsidenten. Er übersieht den Dritten Präsidenten, der sogar da steht. Er wollte schon anfangen zu winken. Da hat man gesagt: Nein, lass das! Er wird dich schon noch bemerken! – Landeshauptmann Pühringer hat ihn dann am Schluss bemerkt.

Da habe ich mir gedacht: Das ist jetzt das Ende der Peinlichkeiten, aber nein, nein, es ging weiter. Die von der Frau Präsidentin leider in diese Verlegenheit gebrachte Be­amtin – die tut mir nämlich eher leid, ich schätze diese Beamtin außerordentlich – musste dann am nächsten Tag auch noch die Siegerehrung durchführen, obwohl ein Dritter Präsident anwesend war.

Wissen Sie, meine Damen und Herren und Frau Präsidentin, wenn man die Verfas­sung bemüht, wenn man die Rechtsordnung bemüht, Herr Kollege Wittmann, dann sollte man einhalten, was wir schon haben! (Abg. Mag. Kuzdas: Ewald, ich glaube, du warst ...!) Wenn wir irgendwann einmal ein Abwahlverfahren haben, kann man auch darüber re­den. Aber solange Graf Präsident ist, ist er Präsident. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Ja, mei­ne Damen und Herren! Und so lange ist er von diesem Haus gewählt, von einer Mehr­heit, und so lange haben wir auch demokratische Spielregeln zu respektieren. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Kollege Stadler, trotzdem lasse ich mir das Recht nicht nehmen, von Personen meines Vertrauens meine Grußadressen persön­lich verlesen zu lassen. Und Frau Dr. Janistyn hat eine Begrüßung verlesen. (Abg. Mag. Stadler: Die Geschäftsordnung einhalten, bitte! – Abg. Ing. Westenthaler: Na, na! Es gibt eine Geschäftsordnung! Sie sitzen nicht über der Geschäftsordnung! Nor­malerweise sollten Sie sich entschuldigen!)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.37.24

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Kollege Stadler hat soeben hier behauptet, Rosenkranz sei demontiert.

Das Gegenteil ist der Fall: Sie sehen es persönlich an mir. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

22.37



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 258

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. – Bitte.

 


22.37.59

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Stadler hat große Sorgen, was die Reputation des Herrn Dritten Nationalratspräsiden­ten anlangt. Wir haben größere Sorgen. Dass er die Preisverleihung nicht vornehmen konnte, Kollege Stadler, hat aber andere Gründe gehabt. Er wurde im ersten Spiel nicht aufgestellt, war beleidigt und ist abgereist. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Also er war gar nicht mehr anwesend bei dieser Angelegenheit. (Beifall bei den Grünen.) Daher konnte er natürlich dann auch leider keine Preisverleihung durchführen.

Die interessante Frage haben Sie aber am Anfang gestellt: Wer fürchtet sich vorm blauen Mann? – Na, fürchten muss man sich nicht vor ihnen, auch wenn sie alte Säbel haben und die Säbel auch immer noch schwingen. Sie treffen zum Glück größtenteils Gleichgesinnte und nicht Andersgesinnte. Von daher ist keine große Furcht angesagt. (Abg. Dr. Graf: Ich war bei der 55-Jahr-Feier!)

Furcht allerdings ist ein bisschen bei der ÖVP angesagt. Ich habe eher die Frage: Wo­vor fürchtet sich denn die ÖVP, die sich ja in den letzten Monaten als „Martin-Graf-Schutzverein“ hervorgetan hat und inzwischen das einzige Bollwerk ist, das dieser Herr noch hat. Denn nachdem sein Freund, ein ehemaliger Freund und Säbelfechter – nein, der darf ja nicht, der ist ja nicht satisfaktionsfähig als Nichtakademiker! –, der Herr Stra­che, ihm seine Gunst entzogen hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz) – Sie kön­nen ja wieder in Ihrer Art tatsächlich berichtigen, Herr Rosenkranz! –, da also Herr Graf auch intern keine Schutzheiligen mehr hat und irgendwie aufs Abstellgleis geschoben worden ist, sollte sich die ÖVP vielleicht wirklich einmal Gedanken darüber machen, was sie da aufführt.

Sie sind die einzige Partei in diesem Land, die derzeit noch verhindert, dass wir diesen Herrn – diesen Problemfall für dieses Hohe Haus – abwählen können. (Abg. Mag. Ste­fan: Der Rechtsstaat ist Ihnen wirklich wurscht!)

Die Sozialdemokraten trauen sich zwar zu unterschreiben (Abg. Mag. Stefan: Meinen Sie das ernst, eine Debatte so zu führen? – Zwischenrufe bei der FPÖ), vor genau einem Jahr hat beispielsweise auch Herr Wittmann, der heute herauskommt und vor einem Schnellschuss warnt (Abg. Mag. Stefan: Worum geht’s jetzt? – Um diesen Herrn?), die Initiative zur Abwahl unterschrieben, mit glücklicherweise den meisten sei­ner Parteikolleginnen und -kollegen. Also bitte nicht von einem Schnellschuss reden. Wir haben jetzt lange genug Zeit gehabt. Wir haben lange genug darüber geredet, wie wir Martin Graf loswerden können.

Und wir haben äußerst vernünftige Vorschläge auf dem Tisch. Frau Präsidentin Pram­mer hat einen Vorschlag im „Standard“ gemacht, der mir sehr, sehr gut zu sein scheint, über den man reden kann, der ganz sicher – im Vergleich zu dem, was wir jetzt haben – unsere Zustimmung finden würde. (Anhaltende Zwischenrufe.) – Ja setzen Sie es doch um! Uns haben Sie auf Ihrer Seite. Stellen Sie sich heraus und sagen Sie: Ja, wir wollen das jetzt! Und formulieren Sie diesen Wunsch so, dass man ihn auch wirklich nachvollziehen kann. Eiern Sie nicht ständig herum vor lauter Angst vor Ihrem schwarzen Koalitionspartner. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann nur sagen: Die Situation um Martin Graf wird nicht besser, auch wenn die Freiheitliche Partei versucht ihn ins Winkerl zu stellen, auch wenn die Freiheitliche Par­tei inzwischen draufgekommen ist, dass mit ihm kein Staat zu machen ist – wir haben das schon früher gewusst, Sie kommen jetzt immerhin auch drauf. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 259

Ziehen Sie bitte in dieser Angelegenheit die Grenzen, meine Damen und Herren von der schwarzen Fraktion, lesen Sie ein bisschen in der Bibel! Fürchtet euch nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


22.42.09

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Hohes Haus! Ein Kollege hat behaup­tet, ich würde als Nachfolger des Präsidenten Graf scharren. – Ich berichtige tatsäch­lich: Ich scharre nicht! (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

22.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere tatsächliche Berichtigung von Herrn Klubobmann Strache. – Bitte.

 


22.42.42

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich berichtige tatsächlich, dass der Dritte Präsident des Natio­nalrates Dr. Martin Graf bei der Siegesfeier während der Fußball-Europameisterschaft der Parlamentarier überhaupt nicht anwesend war, weil er nämlich Nationalratspräsi­dentin Prammer bei der 55-Jahr-Feier des Staatsvertrages im Belvedere vertreten hat (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser) – zwar ohne Auftrag, aber er war anwesend. Prä­sidentin Prammer war abwesend, und Präsident Graf war mit dem Bundeskanzler und den Klubobleuten im Rahmen dieser Staatsvertragsfeier im Belvedere. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neugebauer: ... Reihenfolge!)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. (Ruf bei der SPÖ: Aber die Vertretung ...! – Abg. Neubauer: Rei­henfolge beachten!)

 


22.43.31

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Wir sind der Ansicht, dass eine Abwahl durchaus möglich sein kann. Zum Kollegen Walser: Ich weiß nicht, vielleicht haben Sie nicht verstanden, wie wir das mit den Schnellschüssen mei­nen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es könnte sein, dass es gewisse Mindestfristen braucht zwischen der Einreichung und Ausschussberatung und der Abstimmung.

Vielleicht können wir zurückkommen auf die mediale Berichterstattung, die es rund um den Dritten Nationalratspräsidenten gegeben hat. Der Dritte Präsident hat den Dienst getauscht und war stattdessen auf dem Ball des Wiener Korporationsrings – man muss ja seine Prioritäten setzen. Auch hat er, wie schon erwähnt, den Präsidenten der Israe­litischen Kultusgemeinde attackiert – das war zu lesen in „NEWS“. (Ruf bei der FPÖ: Aha, im „NEWS“!) Zuletzt hat er die Infrastrukturen des Nationalratspräsidentenbüros verwendet, um mit seiner Plattform FPÖ pro Mittelstand“ in die Wirtschaftskammer­wahlen zu ziehen.

Ich denke, Graf hat sehr vieles vorzuweisen – egal, ob das jetzt die Tätigkeit als Sei­bersdorf-Geschäftsführer ist oder der Vorwurf des Rechtsradikalismus gegen seine Mit­arbeiter, wie es am 16. Jänner 2009 in der „Presse“ zu lesen war.

Herr Kollege Stadler hat ja heute schon kurz aus der Geschäftsordnung zitiert. Eine der Aufgaben eines Nationalratspräsidenten ist, dass er den Nationalrat nach außen vertritt und dafür Sorge trägt, dass die Würde und die Rechte des Nationalrats gewahrt wer­den. (Zwischenruf bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 260

Ich denke, jeder von uns kann sich seine eigene Meinung dazu bilden. Es ist zu bedau­ern, dass unser Modell der Abwahlmöglichkeit eines Nationalratspräsidenten keine Mehr­heit gefunden hat – zumindest jetzt noch nicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: ... intellektuelle Höhepunkt der SPÖ! – Ruf bei der SPÖ: Geh bitte! – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

 


22.45.45

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war selbst einige Jahre Kapitän dieses vorher schon erwähnten FC Nationalrat, und ich war eigentlich immer sehr stolz darauf, dass Parteipolitik in dieser Fußballmann­schaft (Abg. Dr. Graf: Das hat ... hineingebracht!) – in der alle fünf Fraktionen mitge­spielt haben – keine Rolle gespielt hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das war früher so!)

Ich bin daher auch nicht sehr glücklich darüber, dass das jetzt plötzlich Gegenstand einer parteipolitischen Auseinandersetzung wird. Ich will jetzt auch gar nicht näher auf das, was dort war, eingehen. Aber, Frau Präsidentin, eines muss schon gesagt sein: Ihre Reaktion vorhin auf den Vorhalt, der Ihnen gemacht wurde, dass Sie es sich vor­behalten, von wem Sie sich vertreten lassen, abseits der Geschäftsordnung (anhalten­de Zwischenrufe), ist nicht akzeptabel und wird bei der nächsten Präsidiale zu bespre­chen sein. (Lang anhaltender Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

22.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, ich wiederhole gerne meine Aussage, die ich von hier aus getätigt habe: Es wird mir auch in Zukunft überlassen bleiben, wer – welche Person des Vertrauens – meine Grußworte verliest – nur ver­liest. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei BZÖ und FPÖ: Nein! Nein!) – Sie können es ger­ne nachlesen. Ich schicke Ihnen alle das Protokoll. (Anhaltende Zwischenrufe.) Ich rate Ihnen, lesen Sie das Stenographische Protokoll! Ich habe dasselbe vorhin gesagt.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort ge­meldet. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine schlechte Kurve! Die Kurve kriegen Sie nicht mehr! Da sind Sie schon längst ...!) – Frau Abgeordnete Silhavy, tatsächliche Be­richtigung. (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


22.48.10

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Es wurde behauptet, Sie hät­ten gesagt, Sie suchen sich aus, wer Sie vertritt.

Sie haben für alle hörbar und auch nachlesbar gesagt: Sie werden entscheiden, wel­che Person Ihres Vertrauens Ihre persönlichen Grußworte überbringt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: „Grußworte“ hat sie nicht gesagt!)

 


22.48.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Mir geht es überhaupt nicht darum, wer Ihre Grußworte verliest, sondern es geht darum – wir haben das wirklich alle gehört, und es geht schon um einen größeren Kon­text –, ob hier in diesem Hohen Haus irgendjemand entscheiden kann, ob ein gewähl­tes Organ einem passt oder nicht und ob es seine verfassungsrechtlichen und ge­schäftsordnungsrechtlichen Möglichkeiten wahrnehmen kann oder nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 261

Frau Präsidentin, das steht Ihnen nicht zu, das steht niemandem in diesem Hohen Haus zu, dass er jemanden, der gewählt ist, daran hindert, seine Rechte wahrzunehmen.

Und es wundert mich, dass das gerade von der Sozialdemokratie plötzlich so flapsig behandelt wird. Sie wissen ganz genau, warum es – historisch begründet – diese kla­ren Vertretungsrechte im Präsidium des österreichischen Nationalrats gibt. (Zwischen­ruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Wegen sehr, sehr schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit, als aus taktischen Gründen das Amt des Präsidenten missbraucht wor­den ist (Abg. Ing. Westenthaler: Dreißiger Jahre!), was letztlich zu einer Verfassungs­krise und zu einem Bürgerkrieg geführt hat. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Naja, das ist alles nicht so.

Ich will das alles jetzt nicht dramatisieren, Frau Kollegin Silhavy, aber da geht es schon um den Grundsatz: Wenn in diesem Hohen Haus mit Mehrheit des Nationalrates je­mand in eine Funktion gewählt wird, dann hat man das zu akzeptieren, dann ist er ge­wählt. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Das muss man sich vorher überlegen. Auch Vertreter Ihrer Fraktion haben – soweit ich weiß – den Dritten Präsidenten Dr. Graf gewählt. Das muss man sich also vorher überlegen. (Ruf bei der SPÖ: Na, ich nicht!)

Frau Kollegin, da geht es um Grundsätze des Verfassungsrechts und der Demokratie. Und eines ist schon interessant: Wir diskutieren alle immer über Demokratie, über die­ses „Nie wieder!“ und dass wir alle unsere Grundsätze wahren müssen. – Das gilt aber immer nur so lange, solange es Ihnen passt. Wenn es Ihnen nicht mehr passt, dann gelten diese Grundsätze nicht. Aber die Demokratie und die Spielregeln der Demokra­tie gelten für alle – auch für jene, die politisch anderer Meinung sind, vielleicht auch einer Meinung, die man persönlich zutiefst ablehnt, es sei denn, das Strafrecht hat anderes vorgesehen.

Ich kenne keine strafrechtliche Regelung, Frau Präsidentin, die hier anwendbar ist. Und wenn Sie sagen – ob das das Vorlesen betrifft, ein Fußballturnier, was auch im­mer –, dass Sie darüber entscheiden – persönlich –, wer diesen Nationalrat – es geht nicht um Sie, sondern um diesen Nationalrat –, wenn Sie es nicht können oder wollen, nach außen vertritt oder nicht, dann ist das falsch. Es widerspricht der Geschäftsord­nung dieses Nationalrates, den Regeln, die wir uns gegeben haben. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und ÖVP.)

Und das sage ich jetzt auch einmal: Wehret den Anfängen! Niemand von uns kann sich die Spielregeln so anpassen, wie er das will. Jeder, der hier gewählt ist – vom Volk der Republik Österreich –, ist mit gleichen Rechten und Pflichten gewählt – egal, ob Ihnen das passt oder nicht. Frau Präsidentin, an diese Spielregeln haben sich alle hier im Ho­hen Haus zu halten, auch Sie als unsere Chefin! Ich bin sehr dafür, dass diese Grund­sätze in einer Präsidiale einmal klargestellt werden. (Beifall bei BZÖ, FPÖ und ÖVP.)

22.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner, normalerweise mache ich von hier aus keine Kommentare. Ich sage es noch einmal, weil ich möchte, dass es alle hören. (Ruf beim BZÖ: Lesen Sie’s vor! Sie haben eh das Protokoll!) – Ich habe es noch nicht, aber ich könnte es gerne besorgen. Wir können gerne die Sitzung unterbrechen und warten, bis das Stenographische Protokoll kommt. (Abg. Strache: Die Dame hat Sie vertreten und keine Begrüßung vorgelesen!) – Nein, das stimmt nicht. (Abg. Strache: ... in Ihrer Vertretung begrüßt!)

Ich wurde vom FC Parlament ersucht, Grußworte zu übermitteln, und damit diese nicht schriftlich aufliegen, wurden sie durch Frau Dr. Janistyn verlesen. Das war ein aus­drückliches Ersuchen an mich. Es wäre nichts einfacher gewesen, als dass sich Herr Kollege Dr. Graf dort als Dritter Präsident auch zu Wort meldet – das war ja überhaupt nicht das Thema. (Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Ruf bei der SPÖ: Er war ja gar


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 262

nicht dort!) Es wurde eine Grußbotschaft durch mich gewünscht, und ich persönlich kann mein Wort an andere – außer in schriftlicher Form – nicht übertragen.

*****

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Krist zu Wort gemel­det. (Abg. Strache: Es hat keine Begrüßungsverlesung gegeben! – Abg. Ing. Westen­thaler: Habt ihr Schwimmflügerl ...?)

 


22.53.54

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bei allem Verständnis für allfällige Aufgeregtheiten, aber Herr Kollege Stadler hat einiges be­hauptet, obwohl er – wie manches Mal – nicht weiß, wovon er spricht.

Ich berichtige tatsächlich: Zum einen: Wir sind beim FC Nationalrat eine sportliche Ver­einigung (Zwischenruf des Abg. Scheibner) und werden dort mit Sicherheit keine par­teipolitischen Diskussionen ... (Ruf bei der FPÖ: Und du hast die Parteipolitik dort hinein­gebracht!) – Ich? Kollege Graf ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Kollege Krist, das ist eine Wortmeldung und keine tatsächliche Berichtigung! Ich ersuche, eine tatsächliche Berichtigung vorzu­nehmen oder eine Wortmeldung abzugeben. – Bitte.

 


Abgeordneter Hermann Krist (fortsetzend): Herr Stadler hat behauptet, dass Abge­ordneter Graf – ein Spieler unserer Mannschaft – nach Hause gefahren ist, weil er nicht aufgestellt wurde.

Ich berichtige tatsächlich: Abgeordneter Graf hat sehr wohl gespielt. Er hat in der zwei­ten Halbzeit gespielt, weil ich aus dem Spiel gegangen bin, und dann ist er nach Hause gefahren. (Anhaltende Zwischenrufe.)

Und zum anderen: Es geht um eine Grußbotschaft, die bei der Siegerehrung verlesen wurde, bei der Kollege Graf nicht mehr anwesend war und daher auch gar nichts hätte sagen können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das ist schäbig von dir, wider besseres Wissen ...!)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer. – Bitte.

 


22.55.34

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Diese Debatte ist ein interessantes Beispiel, wie aus der Lust, jemanden ein bisschen an die Kniescheiben zu stoßen, plötzlich etwas ganz anderes entstehen kann, und zwar eine nicht uninteressante Debatte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Mag. Stadler.) – Hör mir doch zu! – Man hat da doch ernsthaft etwas erfahren, was ich beispielsweise nicht gewusst habe (Ruf beim BZÖ: Das glaub ich nicht!), und zwar mangels meiner Teilhabe an fußballerischen Aktivitäten meines Hauses – und ich ge­stehe, dass ich diesbezüglich keine Ambitionen habe.

Aber wenn es so ist, dass seitens des Präsidenten/der Präsidentin des Hauses eine Grußbotschaft – an wen immer der Pokal zu übergeben war – übermittelt werden soll, dann ist das keine Privatsache. Wenn Frau Präsidentin Prammer persönlich bei der Geburtstagsveranstaltung eines Fußballspielers – oder bei wem auch immer – eingela­den ist und dort eine Grußbotschaft anbringen möchte, die sie mangels persönlicher Präsenz nicht zum Ausdruck bringen kann, dann gilt es wohl, dass die Person, die das Vertrauen der Präsidentin genießt, diese Grußbotschaft verliest. Aber wenn in der Eigen­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 263

schaft der Nationalratspräsidentschaft eine Ehrung ausgesprochen wird, wird der Bo­den des privaten Vertrauensverhältnisses verlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Kabarettartige dieser Diskussion ist nicht, dass etwas Ernsthaftes an dem Begeh­ren der Grünen gewesen wäre (Ruf: Du machst es leider nicht besser!), sondern dass plötzlich herausgekommen ist, dass es möglich ist, die Geschäftsordnung auf private Weise auszulegen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Schüssel.) – Herr Bundeskanzler außer Dienst, es scheint so gewesen zu sein, dass Frau Präsidentin Prammer der Meinung war, dass ihre Präsidentschaft durch eine Person ihres Vertrauens im Wege einer Dar­bietung schriftlicher Natur ausgeübt werden kann. Falls der Sachverhalt anders gewe­sen sein mag – wobei ich zugebe, dass Ihre andere Ansicht durch Ihre persönliche Fußballleidenschaft vielleicht getrübt sein könnte –, so gilt es, den Sachverhalt zu kor­rigieren (anhaltende Zwischenrufe), aber die Vertretung, die Vertretung – das Mikrofon habe ich, ich bin lauter als Sie – der Präsidentin ist gemäß der Geschäftsordnung aus­zuüben. Alles andere ist unzulässig. – Danke für die Information. (Beifall bei der FPÖ.)

22.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


22.58.59

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Da es offenbar relativ schwierig ist, den Ablauf des ominösen Fußballturniers nachvollziehbar zu machen, versuchen wir das noch ein­mal in aller Ruhe. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat denn gewonnen?)

Das Turnier hat letzte Woche am Freitag begonnen. (Anhaltende Zwischenrufe.) Zu diesem Zeitpunkt war Kollege Graf anwesend. Es gab weder eine Grußbotschaft noch eine offizielle Stellungnahme der Präsidentin. Leider haben wir das erste Spiel gegen Deutschland gespielt – über das Ergebnis sage ich jetzt nichts. Am Ende dieses Spiels ist Präsident Graf abgereist.

Der einzige formale Akt war am zweiten Tag bei der Siegerehrung. – Da brauchst du nicht den Kopf zu schütteln, Karlheinz (in Richtung des Abg. Kopf), weil das der Ablauf war! – Zu diesem Zeitpunkt war Präsident Graf nicht anwesend, wie er selbst erwähnt hat, und zu diesem Zeitpunkt wurde eine Grußbotschaft vorgelesen. Also wenn man das halbwegs auseinandernimmt: Könnte mir vielleicht irgendwer erklären, wo da eine ge­schäftsordnungsmäßige Problematik aufgetreten ist – zu einem Zeitpunkt, zu dem nämlich niemand da war, außer der von der Frau Präsidentin beauftragten Parlaments­beamtin? (Abg. Dr. Jarolim: Und das Parlament repräsentiert werden muss!)

Also das ist wirklich völlig absurd, was hier dargestellt wird. Im Prinzip geht es ja um ganz etwas anderes: um den Versuch, die Debatte umzudrehen, zu einem Zeitpunkt, zu dem klar ist, dass seit einem Jahr die Debatte läuft, ob Präsident Graf aufgrund sei­ner politischen Äußerungen im Amt tragbar ist (Abg. Strache: „Aufgrund seiner politi­schen Äußerungen“! – Hat er eine andere Meinung als Sie?), aufgrund verschiedenster Äußerungen, die im Zusammenhang mit dem Rechtsextremismus stehen, aufgrund dessen, dass er sein Amt mehrfach missbraucht hat, um Rechtsextremismus in Öster­reich salonfähig zu machen.

Und dass Sie, Herr Kollege Kopf, das auch aufgreifen, hier herausgehen und eine De­batte um das parlamentarische Fußballturnier führen, das finde ich extrem unpassend, gerade auch angesichts dessen, was hier im Haus seit Jahren stattfindet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Das war die Antwort der Frau Präsidentin! – Das ist ja unfassbar!)

23.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Was macht eigentlich die Silhavy? Was macht die Silhavy?)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 264

23.01.03

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Werte Kollegen! Werte Kolleginnen! Zum Ers­ten frage ich mich, ob eine Veranstaltung des FC Parlament geeignet ist, die Reprä­sentation sowie die Repräsentations- und Vertretungsmöglichkeiten zu diskutieren. Ich glaube, es spricht für die Zusammensetzung dieses Nationalrates, nämlich auch den überwiegenden Männeranteil, dass wir eine Diskussion über eine Abwahl aus einer Funktion hier im Nationalrat, nämlich eines Präsidenten, einer Präsidentin, nun anhand dieses Themas debattieren.

Also noch einmal: Ich stelle die Frage, wo da überhaupt die Repräsentationsmöglich­keit im Sinne der GO gegeben ist. – Das ist der erste Punkt.

Und der zweite Punkt ist: Ich würde Sie schon bitten, auch das entsprechende Niveau, den entsprechenden Ernst dieser Diskussion zu wahren.

Zum Dritten würde ich Sie warnen – ich würde Sie nicht „warnen“, sondern ich würde Sie ersuchen (Abg. Mag. Stadler: „Warnen“?!); ich habe es zurückgenommen (Abg. Ing. Westenthaler: Vielleicht drohen Sie uns noch! Wollen Sie uns auch drohen? – Abg. Petzner: Wir fürchten uns aber nicht!) –, ich würde Sie also ersuchen, auch da­rauf Rücksicht zu nehmen, wie Sie selbst mit dieser Funktion gerade umgehen, indem Sie versuchen, den Spieß umzudrehen (Abg. Mag. Stefan: Ein „Spieß“ war das? Wer sollte denn aufgespießt werden? – Die Abgeordneten Strache und Mag. Stefan: Die sogenannten Spießgesellen!), indem Sie nun eine weibliche Inhaberin dieser Funktion, eine Präsidentin, anhand eines an den Haaren herbeigezogenen Themas schuldig zu machen versuchen. Das ist der wahre Skandal in dieser Diskussion! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

23.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Frau Präsidentin, Sie haben eine bessere Verteidigung als ...!)

 


23.02.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor al­lem in Richtung ÖVP: Machen Sie sich doch nichts vor! Wir reden hier nicht über Re­präsentationspflichten einer Präsidentin und darüber, von wem sie sich vertreten las­sen kann, sondern wir reden im Moment eigentlich über die Krise einer Partei, die zum ersten Mal seit dem letzten Jahr zugeben muss, dass sie ein Problem mit ihren rechts­extremen Rändern hat.

Wenn in Tirol Funktionäre dieser Partei ausgeschlossen werden (Zwischenrufe bei der FPÖ), weil sie NS-Wiederbetätigung machen, wenn in Oberösterreich Funktionäre der FPÖ reihum quer durch die Gemeinden bekannt sind dafür, dass sie am NS-Rand an­streifen (Abg. Strache: Das ist ein Wahnsinn!), dann führen Sie eine Debatte über Re­präsentationspflichten. (Abg. Strache: Wenn man Erfindungen zum Besten gibt, des­wegen wird es nicht wahr! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn Herr Martin Graf als Dritter Präsident gleichzeitig „alter Herr“ einer Burschen­schaft ist (Ruf bei der FPÖ: Na und?), die bekannt ist – ich rede nicht über irgendeine Burschenschaft, sondern ich rede über die Burschenschaft „Olympia“ – dafür, dass sie in den letzten Jahren einen Nazi-Redner und Nazi-Sänger nach dem anderen einge­laden hat, von Jörg Hähnel bis was weiß ich wohin, bis zu Herrn Michael Müller, der seine Nazi-Tiraden vor der Burschenschaft „Olympia“ vorgesungen hat, und jeder Mann und jede Frau in der Republik mittlerweile mitbekommen hat, was das für ein Haufen ist, dann, muss ich sagen, haben wir ein Problem mit der Repräsentation. (Bei­fall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 265

Wenn sich Herr Martin Graf noch immer nicht distanzieren kann, weil das eben sein „Lebensbund“ ist, dann haben wir nicht nur ein Problem mit der Repräsentation, son­dern nach wie vor mit den Zuständen in der Freiheitlichen Partei (Abg. Strache: Ihre Märchenstunde können Sie ruhig weitererzählen, aber Ihre Märchen bleiben Mär­chen!), denn da wird es nicht ausreichen, dass in Tirol zwei, drei, vier Funktionäre we­gen des Anstreifens am rechten Rand ausgeschlossen werden, auch wenn Sie das momentan offensichtlich wieder etwas eint und Ihnen Auftrieb nach außen gibt. (Abg. Strache: Sie können sich Märchen zusammenreimen, Wilhelm Busch und andere! Die neurotischen Märchengeschichten des Herrn Öllinger! – Sie sollten sich mit dem Zan­ger zusammentun!)

Dann, muss ich sagen, hat das Parlament ein Problem damit, dass es vertreten wird von einem Präsidenten, der sich nicht genügend distanzieren kann. (Abg. Strache: Tun Sie sich mit dem Zanger zusammen! Das ist optimal!) Und dieses Problem werden wir offensichtlich, weil es noch immer die Bedenken vonseiten der ÖVP gibt, noch immer nicht los. (Abg. Strache: Die neurotischen Märchengeschichten!) Das ist das eigentli­che Problem. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dritter Präsident Dr. Graf. – Bitte.

 


23.05.41

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Nachdem die Frau Präsidentin mehrfach Stellung genommen hat, werde ich zu diesem Thema jetzt auch etwas sagen, insbe­sondere zu dem, was sich jetzt da hervorgetan hat, zu dem ominösen Fußballspiel, da­mit man die Dinge einmal richtig einordnet.

Erstens: Herr Kollege Walser liegt falsch, wenn er sagt, ich sei nicht aufgestellt worden. Ich habe sogar gespielt dort! (Abg. Dr. Walser: Zweite Halbzeit!) – Es ist ja völlig egal, ob man die erste oder nur die zweite Halbzeit gespielt hat! (Abg. Strache: Bravo, Mar­tin! Gut warst du!) Ich bin, sage ich aus meiner persönlichen Sicht als Fußballer, natür­lich traurig, dass ich nicht die erste Halbzeit gegen Deutschland gespielt habe, denn dann hätten wir vielleicht sogar gewonnen. (Heiterkeit des Abg. Strache.) Das ist der Unterschied zu Ihnen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Das sollten wir einge­hend diskutieren!)

Aber wir haben das Spiel leider Gottes verloren. Aber ich habe gespielt und bin nicht „beleidigt abgereist“, weil ich nicht aufgestellt worden bin, wie Sie das gesagt haben. – Bitte also etwas genauer, Herr Direktor!

Und das Nächste ist – um das auch klar darzustellen –: Es waren bei der Begrüßung keine Grußworte, die verlesen wurden, und nichts, sondern der Kapitän und Organisa­tor Krist (Abg. Mag. Stadler: Wer ist das?), ein Abgeordnetenkollege, hat dort vor ver­sammelter aufgestellter Mannschaft nach Abspielen der Hymnen, der Europahymne und der vier Hymnen der teilnehmenden Mannschaften (Abg. Mag. Stadler: Also das war noch nicht privat?), die Ehrengäste begrüßt und hat dort in Vertretung der Frau Präsidentin Prammer (Ah-Rufe beim BZÖ) die Vizedirektorin Dr. Janistyn begrüßt. Das ist Faktum, und das wird er nicht in Abrede stellen können. – Das war das Thema. (Abg. Ing. Westenthaler: Das heißt, der Krist hat sie vertreten? – Abg. Mag. Stadler: Der Vierte Präsident Krist! – Vierter Präsident, oder?)

Ich habe daraus keinen lauten Lärm gemacht, aber ich bin sehr dafür, dass wir uns in der Präsidiale durchaus einmal über die Regeln und Vertretungsregeln unterhalten.

Da fällt mir ein Ereignis ein, das war zum Beispiel die Vertretung bei der letzten Sitzung der Interparlamentarischen Union in Bangkok. Wir sind alle Mitglieder der Interparla­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 266

mentarischen Union, eines Vereins, der auch Regeln hat, nämlich dass dort ein Vor­stand bestellt ist – manche werden das vielleicht nicht so wissen und nicht so genau wissen –, und dieser Vorstand hat als wesentlichste Aufgabe meines Erachtens – so lese ich die Statuten – die Delegation und auch die Delegationsleitung festzulegen.

Es hat keine Sitzung des Vorstands gegeben. Es ist eine Delegationsleitung von der Frau Präsidentin festgelegt worden, die da lautete: Heidrun Silhavy, Abgeordnetenkol­legin (Abg. Mag. Stadler: Oh! – Abg. Ing. Westenthaler: Fünfter Präsident! – Abg. Mag. Stadler: Die glorreichen Fünf!), obwohl ich zum Beispiel auch Teilnehmer der Delegation war. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Parteibuchwirtschaft, mein Lieber! Prä­sidiale Parteibuchwirtschaft ist das!)

Ich habe daraus auch keinen großen Wirbel geschlagen, aber irgendwann einmal, glau­ben Sie mir, auch persönlich, bin ich auch ein Vertreter dieses Hohen Hauses, einer von 183, der genauso wie Sie unter den gleichen Konsequenzen steht. Es ist nämlich nicht richtig, dass ein Präsident nicht aus dem Amt entfernt werden kann. So wie bei jedem Abgeordneten kann man das heute auch schon – mehrfach, es gibt verschiedene Mög­lichkeiten. Egal, aber wenn permanent irgendwelche Legenden gebildet werden (Abg. Öllinger: Welche?) und permanent Halb- und Unwahrheiten öffentlich verbreitet wer­den (Abg. Öllinger: Welche?), aber auch hier im Hohen Haus – und sei es nur bei einem, sage ich, belanglosen Fußballspiel, das sich dann auch so darstellt, weil man sich dort natürlich politisch geriert.

Früher war das nämlich nicht so. Ich bin jetzt schon länger in diesem Hohen Haus und kann das ein bisschen beurteilen. Und der Herr Kopf ist nicht der erste Kapitän gewe­sen, sondern ich habe auch den Noldi Grabner noch kennengelernt. (Abg. Mag. Stad­ler: Das war ein Super-Kapitän!) Parteipolitik war dort nie eine Sache! Aber seit Herr Krist diesen Job als Teamkapitän macht, ist, stelle ich fest, Parteipolitik dort schon eine Sache. (Abg. Mag. Schatz: Nur: Die interessiert uns überhaupt nicht!) Über solche Din­ge können wir und sollten wir natürlich auch einmal reden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Da Herr Dr. Graf mich das, was er hier jetzt vor­gebracht hat, auch in einer schriftlichen Anfrage bereits gefragt hat, wird das gesamte Plenum nachlesen können, dass es bisher immer Usance war, dass, wenn der amtie­rende Präsident nicht zu einer IPU-Versammlung fahren kann, aus derselben Fraktion der Delegationschef rekrutiert wird. (Abg. Scheibner: Wo steht das in der Geschäfts­ordnung? – Abg. Strache: Wo ist das gedeckt? – Abg. Ing. Westenthaler: Steht das bei euch im Parteibuch? Steht das im sozialistischen Parteibuch? – Abg. Strache: Das ist von keiner Rechtsgrundlage gedeckt!) Das ist noch nie anders entschieden worden, auch nicht in der Vergangenheit. Ich habe die Usancen dieses Hauses fortgesetzt. (Abg. Ing. Westenthaler: Steht das im SPÖ-Statut?)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


23.10.37

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich würde dafür plädieren, dass die Hauptakteu­re der jetzigen Diskussion (Abg. Ing. Westenthaler: Hast du zwei Schwimmflügerl für die Frau Präsidentin?), die bisher in der Präsidiale zusammengearbeitet haben, auch in Zukunft in der Präsidiale vernünftig zusammenarbeiten können, denn das ist ja die Vo­raussetzung dafür, dass wir hier herinnen vernünftige Tagesordnungen, ein vernünftiges Arbeitsklima und vernünftige Abläufe haben. – Das möchte ich jetzt nur vorausschicken, denn das halte ich für ganz wichtig.

Zweitens: Niemand hat bestritten, dass es eine gewählte Präsidentin, einen gewählten Zweiten Präsidenten und einen gewählten Dritten Präsidenten gibt. Ich verstehe diese ganze Debatte nicht, denn das ist Faktum; das hat hier stattgefunden. Politisch gibt es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 267

anzumerken, dass es viel Kritik am derzeitigen Dritten Präsidenten des Nationalrates gegeben hat (Rufe bei der FPÖ: Mittlerweile auch an der Ersten! Auch an der Ersten!), der auch wir uns angeschlossen haben – und dass wir auch zu den Fraktionen gehö­ren, die mittlerweile der Auffassung sind, dass es ein Versäumnis ist, dass es hier in diesem Haus nicht die Möglichkeit gibt, auch Präsidenten abwählen zu können, so wie wir das ja über andere Bereiche auch diskutieren. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.)

Was mir nicht gefällt an der Diskussion, ist: Vieles von dem, was heute angesprochen wurde, wurde bis jetzt immer – das war Usus, wenn es hier differierende Meinungen ge­geben hat – in der Präsidiale, und zwar in einem vernünftigen Ton, ausdebattiert. (Ruf bei der ÖVP: Das hab’ ich ja gesagt!)

Zu kritisieren ist aber, wenn hier heraußen so getan wird – in einer Art „Rechtsbelehrung“ –, als ob die Frau Präsidentin des Nationalrates nicht auf dem Boden der Verfassung, der Gesetze und der Geschäftsordnung stünde. (Abg. Mag. Stadler: Das tut sie eh ...!) – Das ist nicht akzeptabel, und das muss hier eindeutig festgestellt werden. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Dass die Frau Präsidentin und die anderen zwei Präsidenten (Abg. Kickl: Fünf, haben wir gehört!) aus unterschiedlichen politischen Richtungen und Parteien kommen, ist ja kein Geheimnis (Abg. Strache: Die unliebsame Richtung möchte man am liebsten ab­wählen!), aber was überhaupt nicht akzeptiert werden kann, ist, dass man hier gegen­über der Präsidentin indirekt ein politisches Scherbengericht zu entwickeln versucht, weil so manche Äußerungen und Auftritte von einzelnen Fraktionen hier im Haus nicht akzep­tiert werden!

Dann soll man das aber auch offen ausdiskutieren – und sich nicht hinter einem Fuß­ballspiel oder irgendwelchen Vertretungsdebatten verstecken. Dann sollen Sie ganz of­fen sagen, was Ihnen nicht gefällt – und wir diskutieren das dann heute oder auch bei anderer Gelegenheit deutlich aus.

Das jedoch, was Sie versuchen, das werden wir nicht hinnehmen, denn diese Präsiden­tin ist anständig, steht auf dem Boden der Gesetze, und wir unterstützen sie voll. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

23.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler hat er­sucht, das Stenographische Protokoll betreffend meine Aussage herbeischaffen zu las­sen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, das tät’ mich jetzt interessieren!) Dieses liegt vor – und ich zitiere nun daraus –:

„Herr Kollege Stadler, trotzdem lasse ich mir das Recht nicht nehmen, von Personen meines Vertrauens meine Grußadressen persönlich verlesen zu lassen.“

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Das ist ja keine Privatangelegenheit! – Die Abge­ordneten Ing. Westenthaler und Petzner: Wir werden uns das Video anschauen! – Abg. Ing. Westenthaler: Wir werden das Video auch noch anschauen, Frau Präsiden­tin! Das gibt’s nämlich auch noch!)

*****

Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 688 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 268

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.14.2448. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­währung von Vorschüssen auf den Unterhalt von Kindern (Unterhaltsvorschuß­gesetz 1985 – UVG), BGBl. Nr. 451/1985, geändert wird (1020/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 48. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


23.14.52

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Nach Diskussionen ums Fußballspielen wieder zu einem ernsthaften Thema. Ich be­schäftige mich in meinem Antrag mit einer Änderung bei der Gewährung von Vorschüs­sen auf den Unterhalt von Kindern. (Unruhe im Saal.)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind geschieden, haben zwei Kinder und erwarten von Ihrem Ex-Partner Unterhalt. Dieser wird aber nicht überwiesen; Sie müssen darauf war­ten. Die monatlichen Zahlungsverpflichtungen bleiben aber natürlich nicht aus. Wohnung, Strom, Heizung und auch so „banale“ Dinge wie Essen und Kleidung, besonders für die Kinder, müssen bezahlt werden. – Eigentlich hört mir keiner zu. Ich glaube, dieses The­ma interessiert jetzt niemanden mehr. Ist ein Wahnsinn, ungeheuerlich! (Demonstrati­ver Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Hagenhofer.) – Ich möchte mich hier mit einem ernsthaften Thema beschäftigen, aber die Damen und Herren haben nichts anderes mehr zu tun, als zu tratschen.

Weiter in meiner eigentlichen Rede: Um vom Staat einen Unterhaltsvorschuss zu be­kommen, benötigt man einen vollstreckbaren Exekutionstitel – und das kann, wenn man die „Geschwindigkeit“ der Gerichte in Österreich kennt, dauern. Leidtragende sind in die­sem Falle die Alleinerzieherinnen und ihre Kinder, und es kann eben dazu kommen, dass Alleinerziehende einen massiven finanziellen Nachteil haben.

Es ist mir natürlich klar, dass die öffentliche Hand nicht überall, in jeder Notlage ein­greifen kann und dass gerade im Bereich der sozialen Leistungen immer eine gewisse Missbrauchsgefahr besteht, aber gerade in diesem Fall muss es zu einer Lösung kom­men, da das geltende Recht in der Praxis einfach Schwächen gezeigt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da besteht dringender Handlungsbedarf. Wer die Zahlen kennt und weiß, wie prekär die finanzielle Bewältigung des Alltages im Le­ben von AlleinerzieherInnen ist, der weiß auch, dass hier etwas getan werden muss. Gerade der Anteil der Working Poor bei AlleinerzieherInnen ist sehr hoch.

Wir reden hier aber nicht über den Verzicht auf ein Zweitauto oder auf einen Urlaub, sondern von einem handfesten Mangel. Von den steuerlichen Erleichterungen für Fa­milien – so etwa Kinderfreibetrag oder steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs­kosten – profitieren AlleinerzieherInnen kaum, weil ihr Einkommen meist zu gering ist.

Gerade im Hinblick auf die Kinder und deren Bedürfnisse dürfen wir nicht an starren Regelungen festhalten! Es kann nicht sein, dass die Versorgung von Kindern nicht mehr gewährleistet ist, nur weil ein vollstreckbarer Exekutionstitel nicht erlassen werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen sind ehrlich bemüht, da Abhilfe zu schaffen – und deshalb begrüße ich auch sehr, dass Ende Juni eine Enquete zum Thema Obsorge und Unterhalt ab­gehalten werden wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 269

Der erste wichtige Schritt ist hiemit jetzt gesetzt, und ich fordere Sie auf, die formal­rechtlichen Hürden zum Erlangen eines Unterhaltsvorschusses etwas abzubauen und hinsichtlich des verlangten Exekutionstitels sozusagen die Maßstäbe etwas herunter­zuschrauben. (Beifall des Abgeordneten Dr. Rosenkranz.)

Ich darf Sie alle auffordern, den Weg mit uns gemeinsam zu gehen. Die betroffenen Kinder und ihre Eltern und besonders diese vom Leben nicht gerade verwöhnten Frau­en werden es Ihnen danken. (Beifall bei der FPÖ.)

23.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


23.18.22

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Gartelgruber, Sie haben recht, das ist ein ernstes Thema, denn keinen Unterhalt zu bekommen, das entzieht Familien oftmals die Basis zum Über­leben. Ich meine, eines der in diesem Zusammenhang angestrebten Ziele könnte das schwedische Modell sein, nämlich ein regelbezogener, ein bedarfsbezogener Unterhalt.

Ich bin guter Dinge, dass wir an diesem Thema weiterarbeiten, und zwar im Sinne der Kinder und aller Betroffenen, um zu einer Lösung zu kommen, dass Menschen tatsäch­lich jene Basis haben, die sie brauchen, um überleben zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

23.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


23.19.00

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Frau Präsidentin! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Ein Satz zur vorangegangenen Diskussion: Ich glaube, eine solche Debatte ist dieses Hauses unwürdig, und gerade in Zeiten wie diesen sollten wir eigentlich an wichtigeren Dingen arbeiten.

Zum Antrag der Abgeordneten Gartelgruber:

Erstens: Ich möchte zu Beginn auf das Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 hinwei­sen, das mit 1. Jänner in Kraft getreten ist.

Zweitens möchte ich im Detail noch hinzufügen, dass der vorgeschlagene § 3 Z 3 eine mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 vorgenommene Änderung des Systems von Unterhaltsfeststellung und Unterhaltsbevorschussung außer Acht lässt.

Es gäbe noch einige weitere Anmerkungen. – Wir bekommen diesen Antrag ja in den Justizausschuss, dort werden wir ihn inhaltlich korrekt weiterbehandeln beziehungsweise einer Entscheidung zuführen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gartelgruber: ...! Vielen Dank!)

23.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


23.20.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag hat seine Berechtigung, wenn man weiß, dass die Scheidungsrate steigt, dass es 300 000 Alleinerzieherinnen gibt und knapp die Hälfte der Kinder, denen Un­terhalt zusteht, diesen Unterhalt nicht regelmäßig bekommt. Alleinerzieher beziehungs­weise Alleinerzieherinnen mit Kindern sind eine der hauptarmutsgefährdeten Gruppen in Österreich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 270

Unbestritten ist auch, dass die Verfahren viel zu lange dauern. Personalmangel bei den Gerichten, auch die Tendenz der Unterhaltspflichtigen, Verfahren in die Länge zu zie­hen, schaffen für die Betroffenen eine unhaltbare Situation.

Unser Vorschlag wäre immer gewesen, dass man die Möglichkeit besitzt, eine einst­weilige Verfügung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren zu bekommen, damit diese Lü­cke nicht entsteht. Ich kann mir aber auch vorstellen, dem Antrag der Kollegin Gartel­gruber näherzutreten, wenn das ein Konsens wäre, den man finden könnte. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

23.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1020/A dem Justizausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.21.41Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1137/A(E) bis 1162/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5403/J bis 5442/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.22 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.22.10Schluss der Sitzung: 23.22 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien