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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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105. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 17. Mai 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

105. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode                      Dienstag, 17. Mai 2011

Dauer der Sitzung

Dienstag, 17. Mai 2011: 9.05 – 20.33 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Österreichischer Frauengesundheitsbericht 2010/2011

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1463/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plastiktragtaschen und über den

Antrag 220/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1210/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Kunststoff­ver­packungen

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1401/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Plastiksackerl

5. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 56, 58, 60, 64, 68, 71 und 76 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 bis 25

6. Punkt: Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit

7. Punkt: Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten einerseits und der Republik Korea andererseits

8. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 25

Ordnungsrufe ......................................................................................................  122, 166


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 2

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Tierschutzszene gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ....................................... 230

Bekanntgabe .................................................................................................................. 73

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 73

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 233

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 236

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 237

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 238

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ... 240

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 241

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 242

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 73

Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 BV-G anlässlich der Beschlussfassung über den Staatsvertrag in 1176 d.B. im Sinne des § 76 Abs. 3 der Geschäftsordnung – Annahme  212, 229

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung in Bezug auf einen von Abge­ordnetem Wolfgang Großruck vorgetragenen Zweizeiler:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ... 222

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 223

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 224

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 224

Mitteilung des Präsidenten Mag. Dr. Martin Graf in diesem Zusammenhang ........ 224

Fragestunde (16.)

Frauen und öffentlicher Dienst ................................................................................... 26

Mag. Gisela Wurm (109/M); Mag. Gertrude Aubauer, Gerhard Huber, Mag. Judith Schwentner, Carmen Gartelgruber

Dorothea Schittenhelm (107/M); Ursula Haubner, Mag. Daniela Musiol, Anneliese Kitzmüller, Gabriele Binder-Maier

Werner Herbert (113/M); Rudolf Plessl, Mag. Michael Hammer, Christoph Hagen, Mag. Alev Korun

Mag. Judith Schwentner (111/M); Mag. Heidemarie Unterreiner, Hermann Krist, Johannes Schmuckenschlager, Martina Schenk

Martina Schenk (112/M); Mag. Judith Schwentner, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Hermann Lipitsch, Ridi Maria Steibl


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 3

Otto Pendl (110/M); Günter Kößl, Christoph Hagen, Mag. Daniela Musiol, Christian Lausch

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (108/M); Ernest Windholz, Dr. Harald Walser, Dr. Susanne Winter, Mag. Michael Schickhofer

Aktuelle Stunde (27.)

Thema: „Wer Ökostrom blockiert, fördert Atomstromimporte!“ .......................... 49

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 50

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................... ..... 52

Wolfgang Katzian ................................................................................................... ..... 56

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 57

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 59

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ..... 60

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 62

Petra Bayr ................................................................................................................ ..... 64

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ..... 65

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 67

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ..... 68

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 70

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 25

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 72

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Errichtung einer europäischen Transferunion (8504/J) ............................................... 134

Begründung: Heinz-Christian Strache ...................................................................... 139

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 144

Debatte:

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ... 150

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 151

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................. ... 154

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ... 156

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 160

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 162

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 163

Dr. Ursula Plassnik ................................................................................................. ... 165

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 166

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 168

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 171

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 176

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 177

Ing. Robert Lugar ..............................................................................................  179, 191

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ... 181

Bernhard Themessl .................................................................................................... 184


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 4

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 185

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 189

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend die Verhinderung einer europäischen Transfer­union – Ablehnung ...........................  173, 191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Nachbesetzung des EZB-Präsidenten – Ableh­nung ...........................................  183, 191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Anna Höllerer, Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend inneröster­reichische Umsetzung des Instruments der Europäischen Bürgerinitiative – An­nahme (E 163) ....................................................................  188, 192

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Österreichi­schen Frauengesundheitsbericht 2010/2011, vorgelegt vom Bundesminister für Gesundheit (III-228/1179 d.B.)           ............................................................................................................................... 74

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ..... 74

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ..... 76

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ..... 77

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ..... 78

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................ ..... 80

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ..... 81

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ..... 83

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 86

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ..... 87

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 90

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ..... 91

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ..... 92

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ..... 94

Renate Csörgits ...................................................................................................... ..... 95

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 96

Hermann Krist ......................................................................................................... ..... 97

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ..... 98

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ..... 99

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ... 100

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 101

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 102

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 104

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verbesserung der ambulanten psychotherapeu­tischen Versorgung – Ablehnung  85, 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Studie über Missbrauch in Behinderten­einrich­tungen – Ablehnung ....  93, 106

Kenntnisnahme des Berichtes III-228 d.B. ................................................................... 106

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 5

2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1463/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plastiktragtaschen und über den

Antrag 220/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff (1180 d.B.)                         106

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1210/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Kunststoffverpackungen (1181 d.B.)           ............................................................................................................................. 106

4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1401/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­bot von Plastiksackerl (1182 d.B.)                   106

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 106

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 108

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 109

Petra Bayr ................................................................................................................... 111

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 113

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 115

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 117

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 118

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 120

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 121

Peter Mayer .............................................................................................................. ... 122

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 123

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 124

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 125

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 126

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 127

Hannes Weninger ....................................................................................................... 128

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1180 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Plastiktragtaschen (E 162) ........................................................................................... 129

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1181 und 1182 d.B. ........................... 129

5. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 56, 58, 60, 64, 68, 71 und 76 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 bis 25 (1159 d.B.) ........ 129

Redner/Rednerinnen:

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 129

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 131

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 132

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 192

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 193

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 194

Dr. Gabriela Moser .................................................................................................. ... 195

Johann Hell .............................................................................................................. ... 197

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 198

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 199

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 200

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 201

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 202


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 6

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 202

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 204

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 205

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 206

Johann Singer ......................................................................................................... ... 206

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 207

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung des Pflegegeldes – Ablehnung ......................  133, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Schnellbahn-Haltestelle Lobau und Attraktivierung statt Angebotsverschlechterung im Bereich der Linie S 80 – Ablehnung ................................................................................................  196, 210

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1159 d.B. .................................................... 209

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (942 d.B.): Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (1176 d.B.)         ............................................................................................................................. 210

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1062 d.B.): Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits (1177 d.B.) .................................................................................... 210

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1086 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit (1178 d.B.) ....................................................................................... 210

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ursula Plassnik ................................................................................................. ... 210

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 211

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 213

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 214

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 215

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ... 217

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 218

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 219

Wolfgang Großruck ..........................................................................................  220, 222

Hannes Weninger ....................................................................................................... 221

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 225

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 226

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 227

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 227

Dr. Peter Pilz ........................................................................................................... ... 228

Genehmigung der drei Staatsverträge in 1176, 1177 und 1178 d.B. ........................... 229

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1176 und 1177 d.B.                           229


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 7

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 72

Petition betreffend „Übernahme des Schulversuches ,Volksschulen und Volks­schulklassen mit musikalischem Schwerpunkt‘ in das Regelschulwesen“ (Ord­nungsnummer 79) (überreicht vom Abgeordneten Fritz Neugebauer)

Petition betreffend „Bereitstellung von Selbständigen Behindertenarbeitsplätzen zur beruflichen Integration von Vorzugsberechtigten durch Einführung eines Tabak-, Glücksspiel-, Sportwetteneinzelhandelsfachgeschäftssystems“ (Ord­nungs­num­mer 80) (überreicht vom Abgeordneten Ing. Norbert Hofer)

Petition betreffend „Erhaltung und Betrieb der Thayatalbahn nach Übergabe an das Land Niederösterreich“ (Ordnungsnummer 81) (überreicht vom Abgeord­neten Ewald Sacher)

Petition betreffend „Zum Weltweiten Atomausstieg – Abschalten! Jetzt!“ (Ord­nungs­nummer 82) (überreicht von den Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Heinz-Christian Strache und Dr. Eva Glawischnig-Piesczek)

Petition betreffend „Erhalt des Personenverkehrs auf der Bahnstrecke Oberwart–Friedberg“ (Ordnungsnummer 83) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner)

Bericht ........................................................................................................................... 72

III-236: Bericht über den Entwicklungsstand zur Standardisierten kompetenz­orientierten schriftlichen Reife- und Diplomprüfung aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 21. Oktober 2009, E 50-NR/XXIV. GP; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 73

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbe­steue­rung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich

Anträge der Abgeordneten

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Lebens­mittelkontrolle und finanzielle Absicherung der AGES durch den Bund (1537/A)(E)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Zulassungsstopp und neuerliche Risikobewertung für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat (1538/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenfreistellung not­wendiger Impfungen für Mitarbeiter der Feuerwehr (1539/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung der Kontroll­rechte der Volksanwaltschaft (1540/A)(E)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend zentral geführtes und auswertbares Implantatregister (1541/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 8

Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich geändert wird (1542/A)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung des militärischen Standortes in Freistadt (Tilly-Kaserne) (1543/A)(E)

Mag. Kurt Gaßner, Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (1544/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umstellung bei allen Bundesgebäuden auf LED-Beleuchtung (1545/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! – Tag 72 Woche 11 (8411/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! – Tag 72 Woche 11 (8412/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Mobbing, Bossing und Staffing bei der Polizei (8413/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Strafanzeigen gegen den FPÖ-Nationalratsabgeordneten DDr. Werner Königshofer“ (8414/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Waffenlieferungen an Libyen (8415/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Waffenlieferungen an Libyen (8416/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Achse Weißrussland–Libyen–Österreich (8417/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Interventionen des libyschen Volksbüros (8418/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Vollziehung der Ersatzbestimmung für das anti-homosexuelle Sonder­strafgesetz § 209 StGB (§ 207b StGB) (8419/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Gerald M. und das Österreichische Kulturforum in New York (8420/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Evaluierung der Bundestheater (8421/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 9

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend fehlende Unterstützung für Lacrosse-Nationalteam (8422/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Handhabung des § 153 Abs. 3 StPO (8423/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Handhabung des § 153 Abs. 2 StPO (8424/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Werbeschaltungen für die Neue Mittelschule (8425/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Einstellung von Förderungen im Bereich feministische Wissenschaft und Forschung (8426/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend das finanzielle Gebaren in Zusammenhang mit Auftragsarbeiten im Nationalrat von Gerald M. (8427/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Werbeabgabe und Regierungsprogramm 2008 (8428/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Effizienzanalyse der Bundestheater (8429/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend den Förderschwerpunkt Kinderfreundliches Österreich (8430/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Österreich-Platzierung im Report des Weltwirt­schafts­forums (8431/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Postenschacherei (8432/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend sportliche Reisetätigkeit (8433/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Strategiebericht zum Bundes­finanzrahmengesetz 2012–2015 (8434/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die sogenannte Frauenquote in den Aufsichtsräten staatsnaher Betriebe (8435/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Aufgliederung des Erfolges 2010 des VA-Ansatzes 2/16514 AB 43 „Stem­pel-, Rechtsgebühren und Bundesverwaltungsabgaben“ (8436/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Kooperation der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit mit dem libyschen Auslandssicherheitsdienst (8437/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 10

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Handlungsbedarf seitens des Bundes hinsichtlich der Finanzsituation der österreichischen Gemeinden (8438/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Vollziehung von Fertigpackungsverordnung im Jahr 2010“ (8439/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Strafverfahren nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutz­gesetz (LMSVG) und nach anderen gesetzlichen Bestimmungen im Jahr 2010“ (8440/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Bundesfinanzierung von Alm- und Forststraßen in Österreich im Jahr 2010“ (8441/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Schwimm-, Bade- und Tauchunfälle (Wasserunfälle) in Österreich 2009 und 2010“ (8442/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entschädigungszahlungen im Strafprozess (8443/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Pauschalkostenersatz im Strafprozess (8444/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Paneuropäisches Picknick“ am 1.05.2011 (8445/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend die Höhe der Rücklagen des Ministeriums und deren Verwendung (8446/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! – Tag 79 Woche 12 (8447/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! Tag 79 Woche 12 (8448/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Besteuerung von Trinkgeldern (8449/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die GKK-Prüfung von Trinkgeldern (8450/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend drohenden Ärztemangel in Österreich (8451/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Wissenschaft und Forschung betreffend drohenden Ärztemangel in Österreich (8452/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Dschihad-Fahne vor dem Grazer Rathaus (8453/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 11

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Bleimunition und Umwelt­gefährdung“ (8454/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Überfälle auf BriefträgerInnen (beziehungsweise PostzustellerInnen), Post­ämter u.a. im Jahr 2010“ (8455/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Mietrechtliche Strafbestimmungen – Anwendungen in Österreich 2010?“ (8456/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Wein, Traubenmost, Obstwein, Traubensaft und Trauben: Kontrollen in Österreich 2008–2010“ (8457/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8458/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8459/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8460/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8461/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8462/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8463/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8464/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8465/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8466/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verschwendung bei Dienst­fahrten (8467/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8468/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8469/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8470/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 12

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Verschwendung bei Dienstfahrten (8471/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend einen unsachlichen Besetzungsvorgang im Bundesministerium für Landesverteidigung (8472/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend unsachliche Besetzung des Abteilungsleiters Abteilung Betriebsorganisation im Materialstab Luft (8473/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend quereingestiegene LehrerInnen ohne UP als SchulleiterIn­nen (8474/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Dienstbekleidung Ausschreibung 2008 – das bittere Ende: Bis zu 1,35 Millionen € der ÖBB im Huber-Nigl-Grasser-Umfeld versenkt. (8475/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Klimatransparenz in der Förderpolitik – Was wurde aus EmScen? (8476/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Klimatransparenz in der Förderpolitik – Was wurde aus EmScen? (8477/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Klimatransparenz in der Förderpolitik – Was wurde aus EmScen? (8478/J)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Fälle der Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde gemäß § 87 GewO (8479/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entwicklungen beim elektronisch überwachten Hausarrest (8480/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Pflanzen­schutzgesetzes im Jahr 2010“ (8481/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kopiergebühren bei Gericht (8482/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Rhetorikrettungsschirm für ÖVP-Nachwuchsregierungsmitglieder und -staatssekretäre (8483/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Visaanträge in Südafrika (8484/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schädigung der Wirtschaft durch fehlende Visaantrag­stellen in Südafrika (8485/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 13

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Cyber Defense beim BMLVS (8486/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Abschiebung straffälliger Libanesen (8487/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Leitbild im BMI (8488/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Verkauf von Grund­stücken durch die ÖBF (8489/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Ersatzansprüche Holzinger (8490/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Abfertigungszahlung an Herrn Josef K. (8491/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen einer Beilage des Wochenmagazins „NEWS“ (8492/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Inserat des BMUKK in „Heute“ am 3. Mai 2011 (8493/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Änderungswünsche im KMG (8494/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schengen-Erweiterung (8495/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Bildungsoffensive“ am 5. Mai 2011 (8496/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend schlampige Kontrollen der EU-Grenzen (8497/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend das Einfrieren libyscher Vermögenswerte in Österreich (8498/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Westring und Eisenbahnbrücke – die Zukunft des Linzer Verkehrs (8499/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Europol-Bericht (8500/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend statistische Angaben über Verjährung von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung et cetera (im Rahmen der BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt!) (8501/J)

Mag. Peter Michael Ikrath, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Spreng-Einsatz des Militärkommandos Wien (8502/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 14

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Radfahrer in Wien (8503/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Errichtung einer europäischen Transferunion (8504/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Bleimunition und Umweltgefährdung“ (8505/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend „Bleimunition und Umweltgefährdung“ (8506/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Belastung von Jugendlichen mit Pestiziden – Qualität der Schul­buffets? (8507/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Belastung von Jugendlichen mit Pestiziden – Qualität der Schulbuffets? (8508/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Kapitalabflüsse in Steueroasen (8509/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend geplante Neuregelung des Obersten Sanitätsrates (OSR) (8510/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Bildungsförderung für Bauern/Stiftung Haus Fuschl (8511/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finan­zen betreffend Schließung der Austria Tabak Fabrik in Hainburg (8512/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Streichung der Förderung der ÖOG (8513/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schließung der Austria Tabak Fabrik in Hainburg (8514/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Verbindlichkeit von Gesetzen und die Unterrichtssprache Deutsch (8515/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Schließung der Austria Tabak Fabrik in Hainburg (8516/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend bewusste Schädigung des Bunkermuseums (8517/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Werbeabgabe und Regierungsprogramm 2008 (8518/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend offene Abgabenrückstände (8519/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 15

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Privatgeschäfte eines Ministerialbeamten (8520/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Führerscheinlose Autolenker in Österreich“ (8521/J)

Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Euratom (8522/J)

Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kosten für Neubau Praterstern 3 (8523/J)

Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Vermögensaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern (8524/J)

Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Vermögensaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern (8525/J)

Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Vermögensaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern (8526/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend im Dienst verletzte Exekutivbeamte im Jahr 2010 (8527/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Rückruf des ASR(TM) XL – Hüftpfannensystem und Hüft-Oberflächenersatzsystem von DePuy (8528/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verwirrung und Verunsicherung aufgrund von abgelaufenen Kaliumjodidtabletten (8529/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend „Europatag im Museums­quartier“ am 6. Mai 2011 (8530/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die strafrechtliche Würdigung der Causa „Abberufung General Entacher“ (8531/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend neuberechnetes Berufsheer (8532/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Lohndumping und abgelaufene Waren in den Speisewagen der ÖBB (8533/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lohndumping und abgelaufene Waren in den Speisewagen der ÖBB (8534/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 16

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend trauriges Resümee bei Freiwilligenmeldungen (8535/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! – Tag 86 Woche 13 (8536/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Maßnahmen für mehr Kinderschutz vor Misshandlung und Missbrauch – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt! – Tag 86 Woche 13 (8537/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend Tod eines 17-jährigen Mädchens (8538/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kirchenasyl (8539/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neuen Assistenzeinsatz des Bundesheeres (8540/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Haftunfähigkeit (8541/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kosten der Neuen Mittelschule (NMS) (8542/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Nutzung alternativer Energiequellen für Bundesgebäude (8543/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Höhe von Target-Forderungen (8544/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Ausgaben für Aufgeld und sonstige Aufwendungen (8545/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8546/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen des Rechnungshofes (8547/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Ratlosigkeit und Frustration in Sachen Steuergerechtigkeit bei Spitzenbeamten des BMF (8548/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (8549/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Änderung der Bestimmungen zur Schweinehaltung (8550/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Änderung der Bestimmungen zur Schweinehaltung (8551/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 17

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Saatgut­gesetzes in den Jahren 2009 und 2010“ (8552/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Personalanpassung der Donaustädter Polizeiinspektionen an die Bevölke­rungsentwicklung im Bezirk (8553/J)

*****

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend das finanzielle Gebaren in Zusammenhang mit Auftrags­arbeiten im Nationalrat von Gerald M. (60/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (7731/AB zu 7809/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (7732/AB zu 7841/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7733/AB zu 7861/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (7734/AB zu 7863/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7735/AB zu 7823/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7736/AB zu 7824/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7737/AB zu 7821/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7738/AB zu 7831/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (7739/AB zu 7852/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7740/AB zu 7827/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (7741/AB zu 7828/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7742/AB zu 7830/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7743/AB zu 7845/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7744/AB zu 7859/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (7745/AB zu 7869/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7746/AB zu 7877/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7747/AB zu 7892/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7748/AB zu 7902/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7749/AB zu 7903/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7750/AB zu 7904/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7751/AB zu 7905/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7752/AB zu 7906/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7753/AB zu 7907/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7754/AB zu 7908/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7755/AB zu 7909/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7756/AB zu 7910/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7757/AB zu 7825/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (7758/AB zu 7829/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (7759/AB zu 7832/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7760/AB zu 7834/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (7761/AB zu 7826/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (7762/AB zu 7848/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (7763/AB zu 7854/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (7764/AB zu 7838/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7765/AB zu 7840/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7766/AB zu 7843/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7767/AB zu 7846/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (7768/AB zu 7853/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7769/AB zu 7855/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7770/AB zu 7856/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7771/AB zu 7857/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7772/AB zu 7858/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7773/AB zu 7862/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen (7774/AB zu 7866/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7775/AB zu 7873/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (7776/AB zu 7899/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7777/AB zu 7847/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7778/AB zu 7860/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7779/AB zu 7864/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7780/AB zu 7865/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolle­ginnen und Kollegen (7781/AB zu 8190/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (7782/AB zu 7868/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (7783/AB zu 7867/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (7784/AB zu 7880/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7785/AB zu 7871/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (7786/AB zu 7879/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7787/AB zu 7883/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (7788/AB zu 7870/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7789/AB zu 7876/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (7790/AB zu 7881/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7791/AB zu 7896/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7792/AB zu 7875/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7793/AB zu 7891/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7794/AB zu 7874/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (7795/AB zu 7882/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7796/AB zu 7889/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7797/AB zu 7884/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7798/AB zu 7925/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (7799/AB zu 7955/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (7800/AB zu 7960/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7801/AB zu 7965/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (7802/AB zu 7971/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7803/AB zu 7890/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7804/AB zu 7893/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (7805/AB zu 8255/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7806/AB zu 7886/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7807/AB zu 7888/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (7808/AB zu 7952/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (7809/AB zu 7970/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (7810/AB zu 7972/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (7811/AB zu 7975/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7812/AB zu 7959/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (7813/AB zu 8036/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (7814/AB zu 8040/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (7815/AB zu 8067/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7816/AB zu 8250/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7817/AB zu 7898/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7818/AB zu 7932/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7819/AB zu 7900/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 22

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (7820/AB zu 7901/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (7821/AB zu 7914/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (7822/AB zu 7954/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (7823/AB zu 7957/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (7824/AB zu 7961/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7825/AB zu 7969/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (7826/AB zu 7973/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (7827/AB zu 7996/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (7828/AB zu 7911/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen (7829/AB zu 8098/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (7830/AB zu 7920/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (7831/AB zu 7921/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7832/AB zu 7917/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7833/AB zu 7929/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7834/AB zu 7918/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (7835/AB zu 7919/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (7836/AB zu 7933/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (7837/AB zu 7974/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 23

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen (7838/AB zu 7912/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (7839/AB zu 7913/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7840/AB zu 7915/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (7841/AB zu 7916/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7842/AB zu 7927/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (7843/AB zu 7953/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7844/AB zu 7930/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7845/AB zu 7931/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (7846/AB zu 7936/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (7847/AB zu 7937/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (7848/AB zu 7940/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen (7849/AB zu 7943/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7850/AB zu 7945/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (7851/AB zu 7946/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (7852/AB zu 7950/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7853/AB zu 7968/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (7854/AB zu 8073/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (7855/AB zu 8224/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (7856/AB zu 8274/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7857/AB zu 7923/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen (7858/AB zu 7934/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (7859/AB zu 7938/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (7860/AB zu 7942/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7861/AB zu 7948/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen (7862/AB zu 7951/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7863/AB zu 7926/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kollegen (7864/AB zu 7928/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen (7865/AB zu 7935/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (7866/AB zu 7939/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (7867/AB zu 7941/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (7868/AB zu 7947/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (7869/AB zu 7949/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (7870/AB zu 7977/J)


09.05.08


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 25

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Die Amtlichen Protokolle der 102. Sitzung vom 28. April 2011 sowie der 103. und 104. Sitzung vom 29. April 2011 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben. (Unruhe im Saal.)

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Schüssel, Dr. Grünewald, Mag. Jarmer und Keck.

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten!

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung live übertragen wird – bis zum Ende der Aktuellen Stunde auf ORF 2 und bis zum Sitzungsschluss auf TW 1.

09.06.20Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde vereinbart, dass diese Sitzungswoche unpräjudiziell mit einer Fragestunde beginnen soll. Ich gehe daher auch so vor.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen. Die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst erfolgt vom Rednerpult der Abgeordneten.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfrage soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute betragen.

Sie kennen die Vorgangsweise, meine Damen und Herren, ich werde jedes Mal kurz vor Ablauf der jeweiligen Redezeit mit der Glocke darauf aufmerksam machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 26

Bundesministerium für Frauen und öffentlichen Dienst

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage. Das ist die der Frau Abgeordneten Mag. Wurm an die Frau Bundesministerin.

Bevor ich das Wort weitergebe, darf ich noch einmal dringend an Sie appellieren, etwas ruhiger zu sein, sonst werde ich die Sitzung nicht fortsetzen. – Besten Dank.

Frau Abgeordnete Mag. Wurm, ich bitte um die Frage.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Österreich im EU-Vergleich Vorletzter – in welchem Zusammenhang müssen wir diese Rangliste lesen? – Es geht um die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Diesbezüglich haben wir – leider, sage ich – den vorletzten Platz knapp vor Estland erreicht.

Die Einkommensdifferenzen zwischen den Geschlechtern zu ändern haben Sie, Frau Bundesministerin, sich zur Hauptaufgabe gemacht. Das bedeutet ein Anheben der Frauenlöhne, denn jetzt herrscht in diesem Bereich Ungerechtigkeit.

Welche Projekte und Maßnahmen setzen Sie, Frau Ministerin, aktuell, um diesen Miss­stand abzustellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich jetzt der Frau Bundesministerin das Wort gebe, darf ich noch einmal darauf aufmerksam machen, dass wir in der Präsidiale vereinbart haben, dass neben der Begründung die jeweilige Hauptfrage einigermaßen wortgetreu wiedergegeben wird, damit ich keine Interpretationsspielräume anwenden muss.

Frau Abgeordnete, vielleicht können Sie diese Frage noch einmal wiederholen.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Meine Frage lautet:

109/M

„Welche konkreten Projekte und Maßnahmen setzen Sie aktuell, um der geschlechts­spezifischen Lohnschere entgegenzuwirken?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte vier Projekte herausgreifen. Bevor ich das tue, sage ich aber noch: Ja, in der Tat ist es so, dass in Österreich Männer und Frauen für die gleiche und gleichwertige Arbeit leider noch sehr unterschiedlich bezahlt wer­den.

Daher ist es gut, dass es gelungen ist, in das Gleichbehandlungsgesetz zu schreiben, dass wir Einkommenstransparenz festgelegt haben. Das heißt, Betriebe müssen heuer für das letzte Jahr und danach alle zwei Jahre ganz genau darüber berichten, was die Männer und die Frauen in den jeweiligen Verdienstgruppen verdienen, anonymisiert und als Gruppe.

Das heißt: zum ersten Mal gesetzliche Festlegung für Unternehmen, dass sie das tun müssen. Und ich glaube, das wird Licht ins Dunkel bringen.

Zweitens: Bei Stelleninseraten in Zeitungen muss ab sofort – ab 2012 droht andernfalls Strafe – angegeben werden, welch ein Verdienst erwartet werden kann.

Drittes Projekt: Im Herbst werde ich einen Gehaltsrechner präsentieren, wo sich vor allem die Frauen, aber auch Männer im Internet ganz genau erkundigen können, was


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 27

in der jeweiligen Verdienstbranche zu erwarten ist, wenn man diese und jene berufliche Vorbildung hat.

Das Vierte – das ist ganz wichtig – ist, dass wir schauen, dass weniger Frauen Teilzeit und mehr Frauen Vollzeit arbeiten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Bundesministerin, welche Ursachen sehen Sie dafür, dass diese Differenz zwischen den Geschlechtern so groß ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ein Grund, der die ganz jungen Frauen betrifft, ist, dass noch immer zu viele Mädchen unter nur drei Lehrberufen wählen: Friseurin, Verkäuferin, Sekretärin. Ich sage nichts gegen diese Berufsbilder, man muss nur wissen, dass man in diesen Berufen zum Teil viel weniger verdient als in technisch orientierten Berufen. Das heißt, Mädchen dazu zu motivieren, technische Berufe zu ergreifen, ist das eine. Das ist eine der Ursachen.

Viele Frauen haben dann, wenn sie Babypause machen, wenn ein Kind auf die Welt kommt, wenn sie wieder einsteigen, schlechtere Bedingungen als vorher. Das heißt, bei Frauen, die wieder einsteigen, gehört da angesetzt.

Und eine dritte Ursache ist: Wir haben in Österreich noch viel zu wenige Frauen in Spitzenpositionen, wir haben zu wenige Chefinnen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Aubauer, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Frauen gehen früher in Pension als Männer. Das war als Belohnung gedacht, weil sie ja eine Mehrfachbelastung – Haushalt, Kinder, Beruf – tragen, aber es entgehen ihnen dadurch fünf gute Einkommensjahre, es entgehen ihnen dadurch höhere Pensionen.

Nun ist das Antrittsalter oft in Betriebsvereinbarungen festgeschrieben.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass EU-rechtswidrige, diskriminierende Betriebsver­ein­barungen gestrichen werden? Und wie wollen Sie konkret jenen Frauen helfen, die länger arbeiten wollen, aber immer noch daran gehindert werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Jede Frau, die länger arbeiten möchte, soll das auch tun können; da bin ich ganz Ihrer Meinung. Das heißt, darauf hinzuwirken, dass mit den Sozialpartnern Gespräche geführt werden darüber, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Frauen mit dem 60. Le­bensjahr sozusagen aus dem Erwerbsleben gedrängt werden. Das werde ich gerne tun.

Es ist auch jetzt schon so, dass niemand vor dem 60. Lebensjahr oder mit dem 60. Lebensjahr gehen muss, sondern dass das leider in der Praxis einfach allzu oft stattfindet. Ich werde mich dafür einsetzen, Gespräche führen, dass das in Zukunft nicht der Fall ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hub


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 28

er.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Die meisten der berufstätigen Frauen arbeiten in Klein- und Mittelbetrieben. Jetzt sind aber genau diese Klein- und Mittelbetriebe nicht verpflichtet, einen Einkommensbericht zu erstellen. Das ist irrsinnig unfair, weil dadurch natürlich nicht volle Transparenz gegeben ist.

Was tun Sie, damit sich diesbezüglich etwas ändert? Und: Finden Sie das fair?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Bis 2014 werden wir Betriebe mit 150 oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfasst haben. Freiwillig ist es natürlich jetzt schon möglich, auch für Klein- und Mittelbetriebe, diese Einkommensberichte zu legen, um zu schauen, ob ungerecht bezahlt wird. Ich kenne sogar einige Beispiele, wo die Gehaltspyramide dann sogar am Schwarzen Brett ausgewiesen ist.

Ich lade selbstverständlich alle ein – wenn Sie mir dabei helfen, ist das umso erfreu­licher –, dass auch Klein- und Mittelbetriebe Einkommensberichte erstellen, damit man Ungerechtigkeiten besser sichtbar machen kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Minister, Sie haben das Problem bei den Wiedereinsteigerinnen schon angedeutet. Zuletzt war in den Medien auch, dass die Karenzzeiten bei der Gehaltseinstufung in Kollektivverträgen nicht berücksichtigt werden. Es steht auch im Nationalen Aktionsplan, dass zumindest die Vermutung besteht, dass im kollektivvertraglichen Bereich versteckte Diskriminierung stattfindet.

Meine Frage ist: Was unternehmen Sie, um das versteckte Diskriminierungspotenzial, das ja weit über die Nicht-Anerkennung von Karenzzeiten hinausgeht, aufzuzeigen beziehungsweise zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Diesen Nationalen Aktionsplan, von dem Sie sprechen – Gleichstellung von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt –, nehme ich selbstverständlich, weil ich ihn zu verantworten habe, sehr, sehr ernst. Und die Problematik, die Sie ansprechen, betrifft einige wenige Kollektivverträge – ja. Ich habe diesbezüglich mit dem Herrn Sozial­minister bereits Gespräche aufgenommen und hoffe, dass wir demnächst hier auch eine Antwort geben können, nämlich eine Antwort im Sinne der Frauen, die da betrof­fen sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Gartel­gruber.

 


Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Guten Morgen! Frau Bundesministerin, Sie bezeichnen die verpflichtende Gehaltsoffenlegung als den Meilenstein in der österreichischen Frauenpolitik. Wenn man aber der Zeitschrift „News“ glauben darf, dann ist das mit sehr großen Problemen verbunden. Sogar ÖGB und Arbeiterkammer, die vor einem Jahr noch getönt haben, sie möchten vorpreschen und eigene Berichte vorlegen, haben da massive Probleme und können das nicht vorlegen. Jetzt könnte man auch sagen, dass natürlich auch andere größere Unternehmen Probleme haben werden, objektive Berichte zu legen.

Deshalb meine Frage an Sie: Gedenken Sie das vorliegende Gesetz wieder aufzu­heben, nachdem sich herausgestellt hat, dass es unmöglich ist, derartige Berichte objektiv der Öffentlichkeit zu präsentieren? Und welche Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um typische Frauenberufe monetär aufzuwerten?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 29

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Es ist sehr schwierig, diese Frage in einer Minute zu beantworten, Frau Kollegin. Die Einkommensberichte und die Verpflichtung von Unternehmen sind in der Tat ein großartiges Ereignis, ein Meilenstein.

Sie zu machen ist nicht schwierig, wir schulen Unternehmen. Das heißt, diesen Frage­bogen auszufüllen, was verdienen die Männer und die Frauen in den jeweiligen Berufsgruppen, ist simpel. Wir helfen dabei, wenn trotzdem Probleme auftauchen. Und ich bin überzeugt davon, dass die vom ÖGB und von anderen Institutionen angedeu­teten Einkommensberichte gemacht werden.

Die Einkommensberichte sind nur anonym und für die Unternehmen selbst. Das heißt, wir beide, Frau Abgeordnete, werden sie nicht lesen können. Sie sind für die Unter­nehmen, die in ihren eigenen Bereichen Verbesserungen vornehmen müssen, wenn Diskriminierung sozusagen aufgedeckt werden sollte.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, das ist die der Frau Abgeordneten Schittenhelm. – Bitte.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Im Regierungsprogramm ist festgeschrieben, dass es eine Verbesserung der Anrechnungszeiten der Kindererziehung auf die Pension geben soll. Jetzt wird ja nach den Abständen zwischen den Geburten berechnet, ich meine aber, dass jedes Kind gleich viel wert ist und daher auch für jedes Kind gleich viele Monate angerechnet werden sollen.

Meine Frage daher an Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin:

107/M

„Wie ist der Stand der im Regierungsprogramm vorgesehenen Überprüfung der bes­seren Anrechnung der Kindererziehungszeiten auf die Pension?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wir befinden uns jetzt in der Halbzeit dieser Legislaturperiode. Ich glaube, dass noch nicht alle Dinge, die im Regierungsprogramm festgeschrieben sind, abgearbeitet sind. Grundsätzlich möchte ich mich hier nicht aus der Verantwortung nehmen, aber das ist Sache sozusagen des Bereiches Soziales und Gesundheit und der gesetzlichen Sozialversicherung, und ich bin überzeugt davon, dass dort eben diese Überprüfung noch im Laufe dieser Legislaturperiode stattfinden wird.

Ich kann Ihnen sagen, für das Beamten-/Beamtinnenpensionsrecht haben wir etliche Punkte aufgezeigt, wie wir Kindererziehungszeiten berücksichtigen. Und was auch im­mer im ASVG-Bereich geschieht, wir werden da harmonisiert vorgehen und schauen, dass es nicht zum Nachteil der Frauen beziehungsweise der Anrechenbarkeit der Kindererziehungszeiten, die dann für die Pensionszeiten gelten sollen, ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schittenhelm.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Der Bundesminister für Gesundheit Stöger hat angekündigt, der Brustkrebsvorsorge für Frauen eine europäische Richtlinie zugrunde zu legen, das heißt, diese auch anzugleichen. Das würde aber für die Frauen in Österreich eine wesentliche Schlechterstellung bedeuten. Das würde bedeuten, dass die Finanzierung der Brustkrebsvorsorge erst ab dem 50. Lebensjahr stattfindet –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 30

jetzt haben wir sie ab dem 36. Lebensjahr. Und das würde auch vorsehen, dass anstatt der über 200 Brustkrebszentren nur noch 20 österreichweit den Frauen zur Verfügung stünden.

Daher meine Frage: Was werden Sie unternehmen, um das zu verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, das hat zwar nichts mit der Hauptfrage zu tun, aber ich lasse diese Zusatzfrage trotzdem zu.

Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ja, das ist eine wichtige Frage. Danke, Frau Präsidentin.

Ich möchte mit einem Irrtum aufräumen: Diese Zentren werden dazu da sein, um Befunde gut anzuschauen und um, wenn nötig, wenn bei der Erstuntersuchung keine Klarheit herrscht, zum Teil Doppel- und Dreifachbefundungen vorzunehmen. Das heißt, das ist eine Qualitätsverbesserung.

Zudem wird jede Frau, die ein Brustkrebs-Risiko in sich birgt, selbstverständlich auch in jungen Jahren zur Mammographie geschickt. Die Hauptrisikogruppe sind aber Frau­en ab 45 bis 50, und genau für diese will man eine Einladung aussprechen. Es soll in einem sogenannten Screening flächendeckend untersucht werden, damit alle Frauen erfasst werden können.

Bei dem, was Sie ansprechen, geht es nur darum, dass man sich doppelt und dreifach absichern möchten, wenn ein Befund beim ersten Mal nicht klar ist, und das nenne ich sehr wohl eine Verbesserung für Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin, Sie bringen sich – vielleicht auch in Ermangelung eines eigenen Familienstaatssekretariats – immer sehr engagiert auch in familienpolitischen Fragen ein. Daher geht meine Frage in Richtung Kinderbetreuung.

Seit 1. Jänner 2009 ist es möglich, die Kosten für Kinderbetreuung als außerge­wöhnliche Belastung steuerlich geltend zu machen. Die Kosten sind mit 2 300 € pro Kind und Jahr begrenzt. Die Altersgrenze liegt beim vollendeten zehnten Lebensjahr. Nun sind aus meiner Sicht aber sehr viele Auflagen damit verbunden. Vielleicht ist das auch mit ein Grund, dass mehr als 200 Millionen € im Jahr 2009 von den Eltern nicht verbraucht wurden. Es wurde dafür nicht angesucht.

Daher meine Fragen: Warum gibt es so strikte Auflagen, vor allem für jene, die im Familienverband tätig sind? Warum bewerten Sie außerhäusliche Betreuung anders als innerfamiliäre Betreuung? Was ist der Grund dafür, dass sich gerade Großeltern pädagogisch schulen lassen müssen, damit die Kinderkosten steuerlich absetzbar gemacht werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Zum einem empfinde ich die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten – und dazu zählen die Kosten für Kindergärten, Kinderkrippen, Tageseltern – als einen Fortschritt, den ich gerne mittragen möchte.

Die Hürden, die Sie ansprechen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehe ich bei weitem nicht, weil ich denke, dass ein achtstündiger Babysitterkurs keine unüberwindbare Hürde dafür sein kann, dass jemand dann ein Kind professionell betreuen kann.


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Betreffend die Millionen, die nicht abgeholt wurden, muss man nachfragen. Vielleicht wissen die Eltern das noch zu wenig. Ich hätte gute Ideen betreffend das Geld, das noch nicht abgeholt wurde: Man könnte das Geld wieder für Familien und in Kinder­betreuungsplätze – sprich: in Kindergartenplätze und Kinderkrippenplätze – investie­ren. Es wurden 65 Millionen € von 167 Millionen € abgeholt, der Rest noch nicht, und mit dem Rest könnten wir sehr Sinnvolles tun. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Musiol.

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin, um den Bogen zur Frage hinsichtlich Pensionszeiten herzustellen: Für Pensionen sind nicht nur die Kinderbe­treu­ungszeiten wichtig, sondern auch jene Zeiten, in denen man einer Betätigung nachgehen kann, und dafür ist die außerhäusliche Kinderbetreuung von eminenter Wichtigkeit.

Sie haben den Muttertag und den internationalen Tag der Familie zum Anlass genommen, um in diversen Interviews den Bundeszuschuss zur Kinderbetreuung und viele andere familienpolitische Leistungen zu fordern – grüne Forderungen, die wir auch schon in Anträgen eingebracht haben und hinsichtlich welcher Ihre KollegInnen von der SPÖ auch morgen wieder die Möglichkeit haben werden, zuzustimmen.

Meine Frage daher ganz konkret – insbesondere auch von Interesse für die Eltern, die jetzt tagtäglich auf Plätze warten und nicht wissen, wo sie im Herbst ihre Kinder hingeben sollen, wenn sie einem Job nachgehen wollen –: Wann wird dieser Bundeszuschuss kommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Diesen Bundeszuschuss oder die Anstoßfinanzierung des Bundes gibt es seit dem Jahr 2008. Das wurde unter der damaligen Frauenministerin Doris Bures verhandelt und eingeführt.

Jetzt geht es darum, dieses Erfolgsmodell fortzusetzen. Ich bin der Meinung, dass man das so schnell wie möglich tun sollte. Das habe ich auch mehrmals angedeutet und kundgetan. Wenn wir hier Zeit verlieren, verlieren auch die Bundesländer und die Gemeinden Planungssicherheit. Diesbezüglich bin ich ganz bei Ihnen!

Das heißt: Es liegt nicht an mir, schnellstens Gespräche mit dem Herrn Familienminis­ter aufzunehmen, um darüber zu reden. Wir sollten nicht warten, bis Bundesländer abgerechnet haben. Das Geld brauchen alle Bundesländer, da habe ich mich versichert. Es sind allerdings die Abrechnungsmodalitäten sehr unterschiedlich. Das heißt, wir können sagen: Die Initiative betreffend die 17 000 Plätze, die wir bis jetzt geschaffen haben – und da fehlt noch ein Jahr –, sollte so bald wie möglich fortgesetzt werden. Ich werde mich bemühen, dass das auf alle Fälle noch heuer im Sommer geschehen kann, und dazu gehört natürlich auch der Koalitionspartner.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kitzmüller.

 


Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir wissen, dass die Mütter, die ihre Kinder selber betreuen, sehr viel für den Staat und für die Allgemeinheit tun und vor allem auch sehr viel an Lasten auf sich nehmen.

Bei meiner Frage geht es darum, dass das gendergerecht formuliert wird und die Wahlmöglichkeit der Familien auch weiter ausgedehnt wird: Wie halten Sie es in diesem Zusammenhang mit einem Väter‑Mütter‑ oder einem Erziehungsgeld bezie­


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hungsweise ‑gehalt für diese Familien, die den Staat durch ihre Eigenleistung ja sehr entlasten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Unsere Familien finden sehr unterschiedliche Bedingungen vor und haben sehr unter­schiedliche Lebensentwürfe. Ich denke, dass fünf verschiedene Varianten von Kinder­betreuungsgeld durchaus ausreichend sind: Man kann länger oder kurz mit einem hohen Betrag pro Monat zu Hause bleiben, es werden für alle Mütter und Väter alle Möglichkeiten geboten, die österreichische Familien brauchen. Daher halte ich dieses System für ausreichend, das heißt, das Kinderbetreuungsgeld ersetzt allemal ein eigenes Mütter-, Väter- oder Elterngeld.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Binder-Maier.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin, die Teilhabe von Vätern an der Betreuungsarbeit von Kindern ist uns ein großes Anliegen.

Meine Frage an Sie: Können Sie uns einige Vorhaben, Programme, Ideen Ihrerseits nennen, die die Väterkarenz steigern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ziel ist es, Frau Abgeordnete, dass in den nächsten Jahren doch jeder fünfte Vater in Karenz geht. Im Moment sind es über alle Väter gerechnet nicht einmal 5 Prozent. Das heißt, ich würde mir wünschen, dass viermal so viele Väter in Karenz gehen.

Eine Sache ist, dafür zu werben. Das habe ich letzten Herbst mit einer recht witzigen Werbekampagne getan. Andererseits muss man auch informieren. Das heißt, wir gehen in Betriebe und informieren ganz einfach die Unternehmensleitung, denn wenn die Chefs und Chefinnen ganz oben wollen, dass Väter in Karenz gehen, dann haben es diese auch leichter. Das geschieht dieses Jahr in jedem Bundesland. Der Zuspruch ist recht gut. Das Interesse ist groß. Das heißt, wir informieren im Sinne einer Top-Down-Strategie, wie man das so schön nennt, bewerben das aber auch, und ich hoffe, dass wir dann die 20 Prozent Väter erreichen!

Dazu gibt es noch ein Zuckerl, nämlich das einkommensabhängige Kindergeld. Väter können, wenn sie super gut verdient haben, bis 2 000 € Kindergeld im Monat erhalten, und das kommt den Familien zugute. Das ist doch Anreiz genug!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Herbert. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Der öffentliche Dienst besteht aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Berufsgruppen, deren Tätigkeiten oft nicht viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Ich denke hier nicht nur an die Bediensteten der allgemeinen Verwaltung, sondern beispielsweise auch an die Lehrer, die Exekutive, aber auch die Heeresangehörigen. Sie alle haben aber etwas gemeinsam, nämlich ein gemeinsames Dienst- und Besoldungsrecht.

Zwischenzeitlich wurden mit den Postangehörigen Verhandlungen für ein berufs­spezifisches Dienstrecht aufgenommen, und in anderen Berufsgruppen des öffent­lichen Dienstes werden seit Langem berufsspezifische Regelungen gefordert – ich denke etwa an die Exekutive, wo seit Jahren die Forderung nach einem eigenen Exekutivdienstgesetz im Raum steht, aber auch an die Heeresangehörigen, die eben­


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falls seit Jahren eigene berufliche Regelungen einfordern. Das ist hier aber offen­sichtlich kein Thema.

Daher meine Frage:

113/M

„Wie wollen Sie den besonderen Anforderungen von Polizisten und Soldaten bei der Gestaltung eines einheitlichen Dienst- und Besoldungsrechts gerecht werden?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Abgeordneter, Sie haben es gesagt: Wir haben unterschiedliche Berufsgruppen im öffentlichen Dienst, und es bestehen natürlich unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Berufsgruppen. In der Verwaltung tätig zu sein, in der man die meiste Zeit wahrscheinlich am Computer und am Schreibtisch verbringt, bedeutet etwas anderes, als draußen zu sein, wenn man etwa Polizist oder Polizistin ist und ganz andere Herausforderungen an das Berufsbild gestellt werden.

Ich kann Ihnen versichern: Wenn wir über ein neues, einheitliches Dienst‑ und Besoldungsrecht für alle öffentlich Bediensteten sprechen – wir beginnen jetzt mit einer ganz großen Gruppe, nämlich mit den Lehrern und Lehrerinnen –, wird selbstver­ständlich, wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist, der Notwendigkeit Rech­nung getragen, dass die unterschiedlichen Anforderungen mit berücksichtigt werden, und der Tatsache, dass man nicht alle öffentlich Bediensteten über einen Kamm scheren darf und wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Herbert.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Bundesminister! Der öffentliche Dienst ist derzeit in einer großen Umbruchphase begriffen. Ein großer Generationswechsel steht bevor. Allein bei der Exekutive wird in den kommenden Jahren ein Drittel aller jetzt Dienst versehenden Exekutivbeamten und -beamtinnen in Pension gehen. Das be­haupte nicht ich, sondern eine Studie aus Ihrem Haus, aus dem BKA, über die Pen­sionsentwicklung im Bereich des öffentlichen Dienstes.

Derzeit decken wir aber mit Neuaufnahmen bei der Exekutive nicht einmal den derzeitigen Pensionsabgang ab, von – unter Anführungszeichen – „Personalan­spa­rung“ ganz zu schweigen. In diesem Bereich besteht also ein akuter Personal‑ und wohl auch Planstellenbedarf für die Zukunft, um diese Übergangszeit bewältigen zu können.

Daher meine Frage an Sie: Wie werden Sie unter dem Gesichtspunkt, dass die Ausbildung eines Polizisten zwei Jahre dauert, die wohl anfallenden Kosten für zusätzliche Planstellen zur Bewältigung dieser Übergangszeit sicherstellen, um zukünf­tig nicht nur die Arbeit der Exekutive, sondern auch die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In der Tat, Herr Kollege, ist es eine Herausforderung, den Abbau von 3 500 Planstellen bei der Exekutive in den vergangenen Jahren, bevor diese Bundesregierung ihr Regierungsprogramm gemacht hat, nämlich durch die vorvorige Bundesregierung, wieder aufzuholen, das ist keine Frage! Es ist aber in unserem Regierungsprogramm verankert – und darauf können Sie sich verlassen! –, dass wir tausend PolizistenInnen


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bis 2014 neu aufnehmen werden, nämlich 200 pro Jahr, und dieses Programm ist voll im Laufen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Plessl.

 


Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Geschätzte Ministerin! In den Ballungszentren kommt es zu einer sehr starken Belastung der Polizistinnen und Polizisten. Hervor­gerufen wird diese schwere Belastung vor allem durch einen Personalunterstand. Diese Regierung hat erstmals entsprechende Maßnahmen gesetzt, die Sie schon angesprochen haben: Es wird nach fünf Jahren um tausend Polizisten mehr geben. Das ist ein wichtiger Schritt, um hier Entlastungen zu schaffen, denn es werden teilweise auch Überstunden gemacht, um das Dienstsystem zu erhalten.

Meine Frage lautet daher: Wann wird es zu einem einheitlichen Dienst- und Besol­dungsrecht im Bundesdienst kommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Es ist natürlich Ziel, dass wir zu einem einheitlichen Dienst‑ und Besoldungsrecht kommen. Wir beginnen, wie schon vorher erwähnt, mit einer Gruppe von zirka einem Drittel aller öffentlich Bediensteten, nämlich den Lehrern und Lehrerinnen. Die Verhand­lungen sind gestartet, und ich glaube, wir sollten Schritt für Schritt danach trachten, alle Gruppen im öffentlichen Dienst zu erfassen. Eine Dienst- und Besol­dungsreform ist allerdings nicht gratis, sondern sie wird zu Beginn etwas kosten, und ich hatte bisher keine finanziellen Signale dafür. Wir wollen nämlich den Jungen höhere Einstiegsgehälter bezahlen. Wenn ich die Signale habe – Vorgespräche sind sowieso schon an der Tagesordnung –, dann können wir das mit regeln.

Ansonsten haben wir jetzt einmal mit der größten Gruppe begonnen, den Lehrern und Lehrerinnen, denn auch in diesem Bereich geht die Hälfte aller Bediensteten in den nächsten acht Jahren in Pension, und daher ist es wichtig, auch ein attraktives neues Modell für jung eintretende Lehrer und Lehrerinnen zu kreieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Hammer.

 


Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Verhandlungen zum einheitlichen Dienst- und Besoldungsrecht mit der Gewerk­schaft öffentlicher Dienst sind ja wieder im Anlaufen. Ziel sollte es sein, eine möglichst rasche Einigung über die Eckpunkte und die Ausgestaltung des neuen Dienstrechts zu erwirken.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass diese Verhandlungen zügig verlaufen, so dass bis Jahresende die inhaltlichen Vorgaben zum neuen Dienstrecht fixiert werden können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Natürlich werde ich mich dafür einsetzen, dass wir bei der Gruppe, bei der wir begonnen haben, den Lehrern und Lehrerinnen, sehr zügig weiterverhandeln, damit wir ein Ergebnis bringen können, das eine gute Orientierung für diejenigen bietet, die sich für diesen Beruf interessieren. Tatsache ist, dass das nur für neu Eintretende gelten soll, für Lehrer und Lehrerinnen im bestehenden System aber keine Veränderungen beziehungsweise Verschlechterungen bringen darf. Letztere wird es allerdings für die Neuen auch nicht bringen, denn wir wollen ja höhere Einstiegsgehälter bezahlen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 35

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Frau Bundesminister, seit der Ära Riess-Passer wird immer wieder von einem eigenen Exekutivdienstgesetz gesprochen, um den besonderen Anforderungen und Leistungen von Exekutivbeamten, welche Wechseldienst und Außendienst verrichten, gerecht zu werden. Österreichische Exekutivbeamte haben im europäischen Vergleich sowohl das geringste Einkommen als auch das höchste Pensionsantrittsalter.

Was wollen Sie ändern, um sowohl im Gehaltsbereich als auch beim Pensionsantritts­alter den besonderen Anforderungen und Belastungen bei Polizei und Justiz gerecht zu werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Selbstverständlich sind unsere Polizistinnen und Polizisten eine ganz wichtige Gruppe im öffentlichen Dienst, das ist keine Frage! Und Sie können sicher sein, Herr Abgeordneter, dass wir jedes Jahr, wenn wir eine Dienstrechts-Novelle verabschieden und etwas zur Verbesserung der Situation einzelner Berufsgruppen beizutragen ist, das auch tun.

Beispielsweise konnten wir in den Verhandlungen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst erreichen, dass bei den Reisekosten Angleichungen vorgenommen wurden und dass Polizisten und Polizistinnen in Ballungsräumen auch den Dienstweg bezahlt bekommen. So wird es jedes Jahr in den einzelnen Novellen Verbesserungen geben, und im Übrigen möchte ich hier nicht Vorschläge machen, ohne sie in alter sozialpart­ner­schaftlicher Manier mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst vorbesprochen zu haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Korun.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Um eine der Bevölkerungszusammensetzung besser entsprechende Polizei zu erreichen und den Migranten- und Migrantinnenanteil bei der Polizei zu erhöhen, hat die Wiener Polizei vor zirka zwei Jahren eine Kampagne mit dem Titel „Wien braucht dich“ gestartet, um mehr Migranten und Migrantinnen zur Polizei zu holen.

Ich wollte Sie fragen, wie Sie als Bundesministerin für den öffentlichen Dienst zu solchen – bundesweiten – Maßnahmen stehen, um den Migranten‑ und Migrantinnen­anteil bei unserer Polizei zu erhöhen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Absolut positiv, sehr geehrte Frau Abgeordnete. Es ist nicht an mir, zu bestimmen, wie wir dafür werben können, aber ich kann Ihnen sagen: Ich spreche mich dafür aus, weil ich glaube, dass Menschen mit Migrationshintergrund gute Partner und Partnerinnen in jeder Berufsgruppe im öffentlichen Dienst und so auch bei den Polizisten und Polizistinnen sein können.

Ich kann gerne das Gespräch mit der Innenministerin darüber suchen, dass wir das Wiener Modell auf ganz Österreich ausrollen, aber das ist Sache der Innenministerin und nicht Sache der Ministerin für den öffentlichen Dienst, die das allerdings befür­wortet.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 111/M der Frau Abgeordneten Mag. Schwentner. – Bitte, Frau


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 36

Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Bundesministerin, Sie waren zuletzt mit Kommissarin Reding medienwirksam in diversen Medien abgebildet, näm­lich in Bezug auf einen Brief an die Unternehmen, um den Frauenanteil in der Privat­wirtschaft, vor allem in den Führungsetagen, zu heben.

Meine Frage – über diesen Brief hinaus – an Sie lautet:

111/M

„Welche konkreten Maßnahmen – zum Beispiel die Einführung einer Quotenregelung – werden Sie ergreifen, um bis 2013 eine verbindliche und spürbare Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen in der Privatwirtschaft zu erreichen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Kommissarin Reding ist unter anderem Gleichstellungskommissarin in der EU, und daher hat sie nationale PartnerInnen gesucht. Ich bin ihre Partnerin für Österreich. Sie hat am 1. März aus ganz Europa wichtige Vorstandsvorsitzende privater, börsen­notierter Unternehmen eingeladen, und ich glaube, dass dieser frische Wind aus der EU ganz wichtig ist, dass wir in Österreich nachziehen.

Was ist der frische Wind? – Es wird gewünscht, dass wir mehr Frauen in Führungs­positionen bekommen, und ich habe jetzt in Österreich auch alle ATX-Unternehmen eingeladen, diese Selbstverpflichtung in Form einer Quotenregelung, die wir für bun­desnahe Unternehmen geschaffen haben, gemeinsam auch für die Privatwirtschaft umzusetzen, und diesbezüglich bleibe ich natürlich nationale Partnerin und hoffe, dass wir gemeinsam bis 2013 etwas für die Privatwirtschaft bewegen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Gleich zur Selbstverpflichtung in den bundesnahen beziehungsweise staatsnahen Betrieben. Eine Anfrageserie von mir hat ergeben, dass wir jetzt schon im Schnitt bei 23 Prozent stehen, was den Frauenanteil in den bundesnahen Unternehmen anlangt – in manchen ist es mehr, in anderen weniger –, die vom Ressort beschickt werden.

Meine Frage bezieht sich darauf, dass es das erste Ziel wäre, bis 2015 auf 25 Prozent zu kommen. Das ist kein besonders ambitioniertes Ziel, das ist nämlich nur ein Prozentpunkt pro Jahr. Dann geht es weiter, bis 2018 sollen es 35 Prozent sein. – Glauben Sie nicht, dass es mehr braucht als nur eine Selbstverpflichtung, nämlich tatsächlich verbindlichere Maßnahmen, um zu konkreteren Zielen, also zu einem Anteil von mehr als 35 Prozent zu kommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Es ist zum ersten Mal gelungen, dass wir uns per Selbstverpflichtung eine Quote für staatsnahe Unternehmen auferlegen. Sie ist bis 2013 zu erfüllen, nicht bis 2015. Ich denke, je früher der erste Schritt von 25 Prozent Frauen in Führungsetagen erfolgt, desto besser. Das sind zeitliche Mindestanforderungen, die wir ja unterschreiten können. Das heißt, wir können schon nächstes Jahr 25 Prozent erreichen, schon vor 2018 35 Prozent und 2018 vielleicht 40 oder 45 Prozent.

Ich bleibe eben Optimistin, weil ich denke, Frauen sind im Vormarsch, und ich glaube nicht, dass es sich die Wirtschaft auf lange Sicht leisten kann, auf dieses Potenzial gut


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 37

ausgebildeter Frauen zu verzichten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner.

 


Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie Sie wissen, sind wir Freiheitlichen gegen eine staatlich vorgeschriebene Quoten­rege­lung, weil wir denken, dass wir nicht in die Entscheidungsführung der Unternehmen eingreifen sollten. Aber wir sind natürlich auch für eine positive Entwicklung von Frauen in Führungsetagen, und so wie Sie das jetzt in Ihrem letzten Satz gesagt haben, kann ich das auch unterstreichen.

Darüber hinaus kann man aber noch positive und innovative Ideen entwickeln. Ich frage Sie daher: Was halten Sie von der Idee, in Ihrem Ministerium einen Preis zu gestalten, der Betriebe auszeichnet, die sich wiederum durch Frauen in Führungs­eta­gen auszeichnen? Ich stelle mir vor, dass es einmal im Jahr eine große Preis­verleihung mit einem großen Medienecho geben könnte, und ich glaube, dass das auch sehr viel bringen würde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Eine positive Hervorhebung, eine positive Kennzeichnung von Betrieben, die die Quote erfüllen, ist immer gut, egal, ob man das mit Preisen tut, in Interviews oder über eine eigene Homepage. Ich habe eine eigene Homepage zum Thema Frauen in Führungs­positionen – „Frauen führen“ – eingerichtet, auf der wir alle Netzwerke zusammen­fassen, die es gibt, weil ja immer die Frage gestellt wird, wo denn diese Frauen sind.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich denke, dass es natürlich wichtig ist, jene Betriebe positiv hervorzuheben, die die Quote erfüllen. Es gibt einige große Unternehmen – Beiersdorf zum Beispiel hat das erst heute bekannt gegeben –, die sich selbst Quoten auferlegen. Das sollte auch für unsere österreichischen Unter­nehmen ein Beispiel sein, dem es zu folgen gilt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krist.

 


Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Frau Bundesministerin, die Bundesregierung hat sich im März selbst verpflichtet, einen bestimmten Frauenanteil in den Aufsichts­räten der Bundesunternehmen einzuhalten. Wir kennen Sie als eine aktive Ministerin, die den Worten auch Taten folgen lässt.

Meine Frage: Wie sieht der Stufenplan genau aus, und welche Auswirkungen erwarten Sie sich da auf die Privatwirtschaft?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Dieser Stufenplan besteht – wie das Wort „Stufen“ sagt – aus mehreren, nämlich zwei Teilen. Bis 2013 wollen wir ein Viertel aller Aufsichtsratsfunktionen mit Frauen besetzt haben – sprich: 25 Prozent –, und die nächsten fünf Jahre, also eine ganze Aufsichts­ratsperiode lang, lassen wir uns noch Zeit, die 35 Prozent, die wir uns vorgenommen haben, zu erreichen. Ab sofort soll außerdem jährlich ein Bericht darüber gelegt werden, wie die Quote sich entwickelt, das heißt, welche Fortschritte gemacht werden. So kann man jedes Jahr nachschauen, ob etwas weitergeht oder nicht – und wenn nichts weitergeht, können Sie sicher sein, dass ich dafür sorgen werde, dass mehr Tempo ins Geschehen kommt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 38

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Schmuckenschlager.

 


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Bundes­mi­nister! Die Besetzung von Führungspositionen ist oft weniger eine Frage des Geschlechts als eine Frage der Motivation. Studien ergeben immer wieder, dass Frauen auch zu wenig motiviert sind, Verantwortung in Führungspositionen zu über­nehmen.

Meine Frage: Was unternimmt Ihr Ministerium, um Frauen zu motivieren, solche Positionen zu übernehmen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Motiviert sein und motiviert werden sind zwei unterschiedliche Dinge. Ich glaube, dass es schon vorkommt, dass Frauen zu wenig oft gefragt werden, ob sie für eine Führungsposition zur Verfügung stehen. Das heißt, meine Antwort geht ganz klar in die Richtung, auch von meinem Ministerium aus Frauen zu motivieren, sich das zuzutrauen, ja zu sagen und vielleicht erst im zweiten Schritt zu überlegen, ob sie das können.

Ich bin überzeugt davon, alle können das. – Männer fragen sich das manchmal auch nicht, die sagen oft Ja und überlegen nachher auch nicht mehr, ob sie das können oder nicht. (Abg. Rädler: Hallo!)

Ich darf das meiner Erfahrung nach sagen, weil ich denke, dass es nicht nur hoch qualifizierte Männer für diese Funktionen gibt, und wir haben noch zu wenige Frauen in diesen Funktionen.

Wir haben also eine Homepage eingerichtet, und ich versuche bei jedem Treffen mit Frauen, auch Netzwerke aufzubauen, auszubauen, zu erweitern und Frauen auch per­sönlich weiterzuhelfen, die sich das zutrauen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Ministerin, Sie haben in Ihrem Parteistatut, im Parteistatut der SPÖ, eine selbst auferlegte Frauenquote von 40 Prozent verordnet. Diese Frauenquote wird aber bei Ihnen innerparteilich nicht eingehalten, und das wird auch nicht sanktioniert, obwohl Sie Frauenministerin sind. Meiner Meinung nach stellt diese Haltung eine gewisse Doppelmoral dar und zeugt auch von einem gewissen Glaubwürdigkeitsdefizit.

Ich möchte Sie daher einerseits fragen, wie Sie es beurteilen, dass Sie sich mit Ihrer eigenen Quotenregelung nicht durchsetzen können, und auf der anderen Seite – Sie sind ja eine totale Befürworterin von verpflichtenden Quoten –, wie Sie es mit Quoten in Bereichen halten, in denen Männer unterrepräsentiert sind, zum Beispiel in päda­gogischen Berufen oder in Kindergärten? (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich denke, es wäre etwas einseitig, wenn ich Quotenregelungen einzelner Parteien, auch wenn sie meine Partei betreffen, vor den Vorhang hole. (Abg. Kickl: Vorbild­wirkung!) Als Frauenministerin müsste ich mir alle im Parlament vertretenen Parteien anschauen und mir auch die Frauenanteile in den einzelnen Parteien näher ansehen, denn als Frauenministerin habe ich selbstverständlich den Anspruch, dass sich die


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politische Vertretung von Frauen nicht nur auf eine Partei beschränkt, sondern dass das in allen Parteien gut funktioniert.

Wenn ich zum Beispiel in diese Richtung (in Richtung BZÖ) oder in diese Richtung (in Richtung FPÖ) schaue, sehe ich einige Unterrepräsentanz. (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ. Abg. Zanger in Richtung SPÖ deutend : Schauen Sie auf Ihre Kollegen auf der linken Seite!) – Es geht nicht um Anwesenheit, sondern um Frauenrepräsentanz.

Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Selbstverständlich ist es mein Ziel und mein Ansinnen, auch Männer in Berufen, die nicht männertypisch sind, zu verankern, aber Quoten halte ich da für verfehlt, denn wenn sich Männer nicht melden, nützt mir eine Quote auch nichts. (Abg. Steibl: Das gilt aber dann bei Frauen auch!) Wenn es genug Bewerber gäbe, dann könnten wir über Männerquoten nachdenken.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 112/M der Frau Abge­ordneten Schenk. – Bitte.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Grund­sätzlich: Wenn man die bisherige Fragestunde heute Revue passieren lässt, bemerkt man, dass man sie mit der Fragestunde von vor zwei Jahren austauschen könnte, denn es hat sich bis dato im Frauenbereich nicht wirklich etwas geändert.

Sie haben heute die Strafnovellierung im Gleichbehandlungsbereich, die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz angesprochen, gemäß derer jetzt Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen bestraft werden. Sie haben die Quotenregelung in Aufsichtsräten ange­sprochen, die vielleicht 150 bis 200 Frauen etwas bringt. Was ist aber mit den anderen Bereichen? Was ist mit dem nationalen Aktionsplan? Was ist mit dem gesetzlichen Mindestlohn, den Sie fordern? – Sie können sich nirgendwo durchsetzen, Sie führen überall nur Gespräche, Sie hoffen auf Goodwill der anderen Minister.

Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage:

112/M

„Wozu braucht Österreich ein Frauenministerium?“

(Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Völliges Versagen! Lauter Blabla, aber nichts dahinter! Ruf bei der ÖVP: Ah, der Westenthaler ist da!)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Diese Frage möchte ich sehr einfach beantworten: Solange Frauen in Österreich nicht gleich viel verdienen wie Männer, solange Männer sich nicht gleich an der Betreuungs­arbeit und an der Haushaltsarbeit beteiligen (Abg. Markowitz: Wie können Sie das wissen? Schauen Sie in jeden Haushalt hinein? Das ist eine Unterstellung!), solange es so wenige Frauen – nämlich nicht einmal 10 Prozent – in Führungspositionen gibt und so weiter, so lange braucht es eine Frauenministerin. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Aber um das nur ganz kurz zusammenzufassen – denn zwei Minuten sind zu kurz, um zu sagen, was in den letzten beiden Jahren nicht nur durch meine Anstrengung, sondern auch durch Anstrengung der Bundesregierung passiert ist –:

Wir haben im Bereich des einkommensabhängigen Kindergeldes einen wirklichen Meilen­stein geschafft, nämlich diese Kurzvariante, sodass Menschen, die sich ent­scheiden, nur 12 plus 2 Monate in Karenz zu gehen, einen guten finanziellen Anreiz haben. Das letzte Kindergartenjahr kann gratis besucht werden, sodass Kinder mit sechs Jahren alle die gleichen guten Bedingungen haben. Es wurde das zweite


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Gewalt­schutzpaket verabschiedet. Es wurde die Einkommenstransparenz ins Gesetz geschrieben. Wir haben uns für die staatsnahen Unternehmen Quoten auferlegt.

Wir haben als einziges Land in Europa die Betrachtung der Auswirkungen des Geldausgebens auf Männer und Frauen, also das Gender Budgeting, in der öster­reichischen Verfassung festgeschrieben. Wir arbeiten daran, dass bei den Budgets, egal ob im Bund, in den Ländern oder in den Gemeinden, in Zukunft ganz genau angeschaut wird, wem welches Geld zugutekommt.

Ich meine, dass wir die Frauenquote im öffentlichen Dienst, die wir um 5 Prozent erhöht haben, hier auch erwähnen sollten. Wir haben diese Selbstverpflichtung im öffentlichen Dienst, mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, auch in den Personalplan, also ins Gesetz geschrieben. Ich könnte jetzt weitere Bereiche aufzäh­len, in denen mit einer guten, gemeinsamen Kraftanstrengung vieles für die Frauen weitergegangen ist, was nicht heißt, dass ich damit schon zufrieden bin. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Schenk, bitte.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Ich darf Sie in diesem Zusammenhang mit einer Aussage vom 6. März 2011 zitieren. Sie sagen: „Ich will, dass keine Frau in diesem Land unter 1 300 € brutto im Monat verdient.“ – Das ist der gesetzliche Mindestlohn.

Meine Fragen: Wie wollen Sie den konkret umsetzen? Wo suchen Sie sich Mehr­heiten? Wie wollen Sie das als Ministerin konkret für die Besserstellung der Frauen in Österreich umsetzen? (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Eine kleine Korrektur: Es handelt sich nicht um einen gesetzlichen Mindestlohn. Ich bin der Überzeugung, dass wir in sozialpartnerschaftlicher Manier die Gespräche für jene Berufsgruppen, in denen es noch nicht 1 300 € Lohn gibt, weiter aufnehmen. (Abg. Schenk: Das sind viele!) Ich werde diese Gespräche (Abg. Schenk mit den Achseln zuckend : Gespräche?!) mit den einzelnen Gewerkschaften führen, wenn Gehaltsverhandlungen anstehen, und da können Sie sicher sein, dass ich darauf schauen werde. (Abg. Dr. Graf: „In Stein gemeißelt!“)

Ich habe mich nie für einen gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen, sondern ich möchte gerne, dass die 1 000 €, die ja in allen Kollektivverträgen verankert sind, für alle Kollektivverträge auf 1 300 € gesetzt werden, aber das ist Sache der Sozialpartner. (Abg. Dolinschek: Die bringen aber nichts weiter!) Ich werde mich da einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner.

 


Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Zurück zur eigentlichen Frage: Warum ein Frauenministerium? – Nur um das klarzustellen: Ich bin absolut dafür. Solange es eine Schieflage zwischen Männern und Frauen in Österreich gibt, brauchen wir auch ein Frauenministerium.

Trotzdem die Frage: Sie definieren Ihre Rolle immer als jemand, der sich in allen Bereichen einmischt, damit die Frauenministerin und das Frauenthema in allen Res­sorts eine Rolle spielt. Wenn es aber konkret zum Beispiel um die Frauenförderpläne der einzelnen Ressorts geht, aber auch um Gender-Budgeting, das künftig den einzelnen Ressorts verbindlich und gesetzlich vorgeschrieben ist, betonen Sie auf Nachfrage dann trotzdem immer, dass das in der Zuständigkeit der einzelnen Regie­


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rungsmitglieder liegt. Ist das nicht ein Widerspruch? Sollten Sie sich da nicht auch mehr einmischen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich würde manches Mal auch gerne schneller sein. Wir haben unlängst eine große und gute Veranstaltung durchgeführt. 10 Jahre beschäftigen wir uns schon mit Gender-Mainstreaming, viele Jahre auch schon mit Gender-Budgeting, und es ist doch immer noch so, dass nicht 100 Prozent aller, die befragt wurden, wissen, was das überhaupt ist und wofür das gut ist.

Dass es gut ist, dass wir ein Ziel formulieren können, wie wir zur Gleichstellung von Männern und Frauen kommen oder wie wir, wenn wir Geld ausgeben, schauen können, dass sich das für Männer und Frauen einigermaßen gleich auswirkt, das sind Dinge, über die wir eine Befragung durchgeführt haben und hinsichtlich derer wir sagen können: Führungskräfte im öffentlichen Dienst sind über dieses Thema schon top informiert. Geschlechtergerechte Sprache – das heißt, immer auch die Frauen mitzu­sprechen, wenn man Gesetzestexte formuliert, aber zum Beispiel auch bei Reden im Parlament – ist schon selbstverständlich geworden.

Dennoch gibt es da noch viel zu tun. Ich habe demnächst wieder eine Sitzung mit den Präsidialisten und Präsidialistinnen, das heißt mit den Chefs und Chefinnen auf Beamten-/Beamtinnenebene der Ressorts, und ich werde das natürlich wieder zum Thema machen. Gut Ding braucht Weile, das geht nicht von heute auf morgen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Sie stellen sich hier her, erzählen vom Gender-Budgeting in der Verfassung, und gleichzeitig sagen Sie, dass es Probleme gibt, dass Frauen nach wie vor nicht genug verdienen. Wir wissen, viele Frauen sind von Armut betroffen. Es ist die Hauptgruppe der von Armut Betroffenen. Grund dafür ist natürlich, dass sie sehr häufig in Niedriglohnbranchen arbeiten.

In weiterer Folge sind sie dann natürlich auch in der Pension niedriger bewertet. Frauen sind benachteiligt, was Notstandshilfe anbelangt, weil immer das Partner­einkommen einberechnet wird. Das heißt, die Selbständigkeit von Frauen ist in Wirk­lichkeit nicht gegeben. Wenn Sie jetzt also hier behaupten, Gender-Budgeting in der Verfassung ist das Allheilmittel, dann weiß ich nicht, ob das die Frauen im Handel draußen, die überhaupt nichts davon haben, auch als solches empfinden. Es ist heute also kein Jubeltag. Gleichzeitig geben Sie aber ein Interview, in dem Sie meinen, der Muttertag ist in Wirklichkeit überholt.

Meine Frage: Frau Bundesminister, glauben Sie wirklich, dass es Ihre Aufgabe als Frauenministerin ist, sich für die Abschaffung des Muttertags einzusetzen? (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ihre vielen Fragen jetzt auf einmal zu beantworten, wird etwas schwierig sein. Ich denke, zu durchleuchten, wie es sich auf Männer und Frauen auswirkt, wie wir als Bund unser Geld ausgeben, ist eine erste wichtige Maßnahme, die wir ab 2013 setzen müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 42

Das hat natürlich schon, aber nur bedingt damit zu tun, was Frauen im Handel oder sonst wo verdienen. Da haben wir mittlerweile 1 300 € Mindestlohn, und Sie können sicher sein, dass ich dafür sorgen werde, dass dieses Thema weitergetragen wird.

Weiters habe ich mich überhaupt nicht für die Abschaffung von irgendeinem Tag ausgesprochen. Ich habe mir nur selbst die Frage gestellt, ob Frauen nicht jeden Tag die Unterstützung bräuchten, die sie verdienen (Abg. Zanger: „Rabenmutter!“), weil sie, wie Sie richtig sagen, häufiger als Männer von Armut betroffen oder bedroht sind, weil Frauen einfach weniger verdienen, weil Frauen die Kinderbetreuung noch zur Gänze selbst leisten müssen und weil es nicht so ist, dass Frauen so mitentscheiden können, wie ich mir das wünschen würde.

Das heißt, an den vielen Schrauben zu drehen, die ich heute schon einige Male erwähnt habe, wird dazu beitragen und helfen, dass Frauen hoffentlich bald in einer besseren Situation sein werden, als manche es jetzt sind. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Lipitsch.

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frauenpolitik ist eine Querschnittmaterie, und jede Gesetzesentscheidung in diesem Haus hat auch Auswirkungen auf die Frauen in Österreich. Es wird von Ihnen und von Ihrem Ministerium vieles im Hintergrund getan, um bei den Gesetzen Einfluss zu nehmen. Man kann oft in der Öffentlichkeit nicht so richtig wahrnehmen, wie die positive Arbeit im Hintergrund erfolgt.

Darum meine Frage an Sie: Was waren die frauenpolitischen Meilensteine seit Ihrem Amtsantritt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich glaube, dass man Meilensteine daran messen sollte, was man in Gesetzesform gießen konnte, und da möchte ich drei Dinge erwähnen. – Eigentlich vier, denn ich halte es auch für einen Meilenstein, dass wir es gleichgeschlechtlichen Paaren endlich ermöglicht haben – heute ist der internationale Tag gegen Homophobie –, dass sie sich in einer Partnerschaft eintragen lassen können; da gibt es noch Verbesserungs­bedarf, aber das war sicher ein Meilenstein zur Gleichstellung der Menschen in unserer Gesellschaft.

Zum anderen haben wir das Gesetz über die Einkommenstransparenz verabschiedet. Das wird helfen, endlich Licht ins Dunkel darüber zu bringen, wie sich die Männer- und die Frauengehälter unterscheiden und warum sie sich unterscheiden, sodass wir da Abhilfe schaffen können.

Ich glaube, dass auch das einkommensabhängige Kindergeld, das heute schon einige Male erwähnt wurde, eine große Hilfe für Väter ist, in Karenz zu gehen, aber auch für gutverdienende Mütter, kurz und mit viel Geld im Monat beim Kind daheim zu sein.

Mit der Anstoßfinanzierung konnten wir ein gutes Modell schaffen und Erfolge verzeich­nen, und wir schauen natürlich auch weiterhin, dass diese gut fortgesetzt wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Steibl.

 


Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin, Sie treten entschieden für Quotenregelungen, auch verbunden mit entsprechenden Sanktionen für Betriebe bei Nichteinhaltung, ein und wollen in diesem Bereich auch eine Weiterentwicklung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 43

Im Rahmen der Neuorganisation der E-Control und des neuen Vorstands bezie­hungsweise der Regulierungskommission musste allerdings eine hoch qualifizierte Frau zugunsten eines Mannes verzichten, wie auch in vielen Medien berichtet wurde. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Dies erweckt für uns Frauen den Anschein, dass leider auch Sie, Frau Bundes­ministerin, wenn es um männliche Machterhaltung in den eigenen Reihen geht, Ihre Ansinnen nicht durchsetzen können.

Meine Frage daher: Wie begründen Sie als Frauenministerin, dass im Rahmen der Neubesetzung der Kommission der E-Control eine hoch qualifizierte und bestens geeignete Frau auf ihren Platz zugunsten eines Mannes verzichten beziehungsweise diesen hergeben musste? (Abg. Dr. Bartenstein: Die Parteifarbe hat nicht gestimmt!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Zu diesem Einzelfall nehme ich hier und jetzt nicht Stellung. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP. Abg. Steibl: Das ist aber sehr schade! Ich finde, das ist keine Antwort! Danke schön! Abg. Ing. Hofer: Na, das ist ein Koalitionspartner!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 110/M. (Abg. Rädler: Warum haben Sie das Mikrophon abgedreht?) – Weil es keine Zusatzfrage zur Zusatzfrage gibt, Herr Abgeordneter – ganz einfach. (Abg. Steibl: Aber es muss auch eine Antwort geben! Ruf bei der SPÖ: Aber bei Bandion-Ortner ...! Abg. Ing. Westenthaler: Sie sollten eigentlich die Abgeordneten verteidigen, nicht die Minister!)

Was die Antwort betrifft: Meine Damen und Herren, wir haben diese Debatte über die Antwortgestaltung auch in einer der letzten Präsidialen besprochen, und ich habe dort ebenfalls wiederholt dargestellt, dass ich es nicht in der Hand habe, den Damen und Herren Ministerinnen und Ministern vorzuschreiben, wie sie zu antworten haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind die Pflichtverteidigerin der Minister? Abg. Steibl: Nicht wie zu antworten, aber zu antworten!  Abg. Rädler: ... zu Hause bleiben?)

Die Abgeordneten haben das Instrument, in der Fragestunde Fragen zu stellen, sie haben die Möglichkeit, schriftliche Anfragen zu stellen, und vieles andere mehr. – So besagt es die Geschäftsordnung, meine Damen und Herren. Es ist nicht mehr und nicht weniger. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind aber auch nicht die Pflichtver­teidigerin der Regierungsmitglieder! Eigentlich sind Sie Abgeordnete! Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Wir gelangen also zur Anfrage 110/M des Herrn Abgeordneten Pendl. – Bitte.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundes­minis­terin! Heute wurde der öffentliche Dienst bereits angesprochen. In seiner großen Viel­falt leistet er hervorragende Arbeit für unsere Bürgerinnen und Bürger, dient also der Rechtssicherheit und ist auch ein Garant für unseren Wirtschaftsstandort. Innerhalb des öffentlichen Dienstes nimmt die Exekutive einen besonderen Stellenwert ein. Wir sind froh, dass sich diese Bundesregierung für diese Legislaturperiode erstmals wieder mehr als 1 000 Planstellen und auch zahlreiche Verbesserungen im Ausrüstungs­bereich vorgenommen hat. Planstellen und Ausrüstung sind aber nicht alles.

Daher meine Frage:

110/M

„Welche Verbesserungen zur Stärkung der Motivation konnten für die Exekutiv­bediens­teten erreicht werden?“

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 44

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich habe es vorher schon erwähnt: Ich glaube, dass es wirklich wichtig und gut ist, dass wir den einzelnen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst auch jeweils den Stellenwert zukommen lassen, den sie verdienen. Wir hatten große Verluste bei der Exekutive, daher ist es umso notwendiger gewesen, da wieder aufzustocken.

Das heißt, die Planstellen, die auch mit Menschen besetzt werden müssen, die motiviert in diesen Beruf gehen, sind die eine Geschichte – wie Sie eben erwähnt haben –, die andere Geschichte ist, dass in den einzelnen Dienstrechts-Novellen jedes Jahr diskutiert wird, was an Verbesserungen vorgenommen und an Ungleichheiten beseitigt werden kann.

Eine Sache, die wir letztes Jahr beseitigen konnten, ist die unterschiedliche Reise­gebührenberechnung von Polizisten/Polizistinnen in Ballungsräumen einerseits und jenen auf dem Land andererseits. Das konnten wir gleichstellen, das hat die Frau Innenministerin ungefähr 5 Millionen € gekostet, aber für die Leute, für die Bediensteten soll uns das nur recht und billig sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Bundesministerin, es sind ja auch Maßnahmen im Gange, nicht nur für den exekutiven Dienst, sondern auch für den Verwaltungs­bereich Entlastungen herbeizuführen, um die Kollegen aus dem Verwaltungsdienst in den Exekutivdienst zu bringen.

Daher meine Frage: Wie läuft der Personaltransfer von Post und Telekom zur Polizei?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Die Möglichkeit, die geschaffen wurde, insgesamt 1 000 Post- und Telekombeamte/-beamtinnen wechseln zu lassen, ist aufrecht. Bisher können wir sagen, dass rund 300 Personen diesen Wechsel vollzogen haben, und wir werden weiter daran arbeiten, diese Zahl zu erhöhen, um auf der anderen Seite die Exekutive von den Tätigkeiten am Schreibtisch zu entlasten, damit mehr Polizisten/Polizistinnen auf der Straße Dienst machen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Kößl.

 


Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Bundesminister, für den Bereich des Exe­kutivdienstes soll ein speziell zugeschnittenes Lebensarbeitszeit-Modell erarbeitet werden.

Meine Frage: Können Sie sich vorstellen, ein derartiges Lebensarbeitszeit-Modell für die Exekutive im Rahmen einer der nächsten Dienstrechts-Novellen dem Parlament vorzulegen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sie können sicher sein, Herr Abgeordneter, dass wir dieses Modell, das wir für Lehrer/Lehrerinnen bereits verabschiedet haben, für andere Berufsgruppen auch besprechen. Da bin ich in laufenden Gesprächen und Verhandlungen mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Das wird immer wieder Thema sein, und wir werden dieses Thema natürlich weiterhin behandeln.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 45

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Frau Bundesminister, unter anderem durch die wegen akuten Personalmangels bei der Polizei und Justiz immer stärker wer­denden Belastungen auf die noch im Dienst befindlichen restlichen Beamten wird das Burn-out-Syndrom verstärkt zur Berufskrankheit bei Exekutivbeamten. Auch chro­nische Krankheiten und Frustration wegen Dauerbelastung und fehlenden Erholungs­phasen verstärken dieses Phänomen.

Durch das geringe Grundeinkommen bei der Exekutive und das damit verbundene Zulagen­system auf geleistete Dienste ist es notwendig, sehr viele Überstunden zu leisten, um auf ein anständiges Gehalt zu kommen.

Meine Frage daher: Was unternehmen Sie, um den Exekutivbeamten unter Sicher­stellung eines überlebenssichernden Einkommens ausreichend Erholungsphasen und körperliche Regenerationsphasen zu gewährleisten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Selbstverständlich ist die einfachste Antwort, Überstunden zu reduzieren. Das ist natürlich ein Widerspruch, Herr Kollege Hagen, wenn Sie sagen, auf der einen Seite ist die Belastung so groß, und auf der anderen Seite sind die Überstunden auch mit Geld verbunden. Das ist klar. Wichtig ist aber: entlasten, wo es geht, und zwar durch Trans­fers, wie ich es in der Beantwortung der vorigen Anfrage darzulegen versucht habe. Wir können die Entlastung von den Schreibtischtätigkeiten durch Post- und Telekom­beamte auch in Zukunft gewährleisten, damit Polizisten/Polizistinnen nicht auch noch mit diesen Arbeiten zusätzlich be- und überlastet sind.

Im Übrigen ist natürlich ernst zu nehmen, dass psychische Belastungen und psychische Erkrankungen auch Krankenstände nach sich ziehen, wobei ich sehr stolz sagen darf, dass sich die Anzahl der Krankenstandstage der Menschen im öffentlichen Dienst nicht von jener der Bediensteten in der Privatwirtschaft unterscheidet. Das heißt, da liegen wir wirklich sehr gut.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Musiol.

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Ministerin, als grüne Oppositions­politikerin kann ich natürlich den Schmerz, den die ÖVP jetzt offenkundig das erste Mal erlebt, nämlich Fragen an ein Regierungsmitglied nicht beantwortet zu wissen, sehr gut nachvollziehen. Ich bin schon sehr in Erwartung, ob Ihre Empörung und Ihre Aufregung dann, wenn ein ÖVP-Mitglied die Fragen der Opposition wieder einmal nicht beant­wortet (Abg. Hornek: Hat es noch nicht gegeben! Abg. Steibl: Frage!), auch entsprechend groß sein wird. (Beifall bei den Grünen.)

Zu meiner Frage: In Österreich gilt die Versammlungsfreiheit. In den letzten Jahren muss man leider bemerken, dass Demonstrationen häufig vor dem Hintergrund von Verkehrsargumenten untersagt werden. Es kommt dann zu Situationen, dass trotzdem demonstriert wird und dann, wie beispielsweise bei der Demonstration gegen den WKR-Ball 2010, wo durchaus rechtsextreme Menschen in der Hofburg tänzeln, Polizisten dazu angehalten sind, ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, bitte die Frage! (Abg. Mag. Musiol: Ich bin dabei!) Sie haben die Zeit überschritten.

 


Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (fortsetzend): ... Demonstranten einzukesseln, oft stundenlang festzuhalten, auch Passanten festzuhalten und nicht mehr rauszulassen. (Abg. Dr. Bartenstein: Peinliches Schauspiel! Zwischenruf des Abg. Dr. Rosen­kranz. Rufe bei der ÖVP: Frage!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 46

Meine Frage daher: Halten Sie das für motivierend für die Exekutivbeamten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich denke, Demonstrationen, die angemeldet sind, sollten auch durchgeführt werden können, das ist keine Frage. Die Begegnung von Exekutivbeamten mit De­monstranten/Demonstrantinnen müsste man sich im Einzelfall anschauen. Ich kann nicht sagen, dass das Aufeinandertreffen dieser immer so erfolgt, wie Sie mir das gerade geschildert haben.

Es gibt auch sehr friedliche Demonstrationen, ein friedliches Aufeinandertreffen. Das ist eine Sache, bei der man natürlich schauen muss, dass es beiden Seiten möglichst gut dabei geht. Aber das ist eine Frage, hinsichtlich derer wir gerne einmal gemeinsam mit der Frau Innenministerin besprechen können, was man tun könnte, damit die Situation für beide Seiten eine angenehme – denn Demonstrationen sind nicht immer angenehm – sein kann. (Ruf bei der FPÖ: Die brauchen sich nur ruhig zu verhalten!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Lausch, bitte.

 


Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Bundesministerin, es wurde ohnehin schon angesprochen: Wie Ihnen sicher bekannt ist, kommt es zu einem wirklich dramatischen Anstieg der Burn-out-Rate im Exekutivdienst. Die letzten Jahre ist da ein rasanter Anstieg zu verzeichnen, der beängstigend ist. Eine Studie belegt sogar, dass 89 Prozent der Exekutivbediensteten von Burn-out bedroht sind. Die nächsten Jahre wird das sicherlich nicht weniger werden. Als Ursachen werden vor allem immer die Bürokratie, der Stress und die unregelmäßigen Dienstzeiten sowie der akute Personal­mangel erwähnt.

Deshalb meine Fragen an Sie: Inwieweit ist Ihnen die Problematik rund um Burn-out-Fälle im Exekutivdienst bekannt, und was haben Sie dagegen bisher unternommen? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie noch setzen, um eine Verbesserung der Situation im Exekutivdienst herbeizuführen, außer Telekom-Mitarbeiter für den Exe­kutiv­dienst zu gewinnen? Ist auch angedacht, in den nächsten Jahren mehr Personal zu lukrieren? (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sollten diesbezügliche Wünsche der Frau Innenministerin an mich herangetragen werden, kann ich Ihnen sagen: Dienstrechtlich kann man sehr vieles tun, aber Personalangelegenheiten, wie Sie sie hier hervorgehoben haben, sind einzig und allein Angelegenheit der Innenministerin.

Die psychische Belastung dieser Berufsgruppe, das gebe ich offen zu, ist sicherlich sehr hoch. Aber ich kenne aus meiner Zeit als Soziallandesrätin auch Sozial­arbeiter/Sozialarbeiterinnen aus der Jugendwohlfahrt und kann Ihnen sagen: Es gibt viele Berufsgruppen, die heutzutage sehr belastet sind, und wir sollten allgemein schauen, dass wir durch Überstundenreduktion und durch andere ausgleichende Maßnahmen wie den Wechsel von Post- und Telekombeamten zur Polizei Abhilfe schaffen. Die Bundesregierung hat sich das Ziel von diesen tausend Beamten gesetzt, und das werden wir auch durchziehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 108/M der Frau Abgeordneten Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Der Bachelor-Abschluss ist in der europäischen Bologna-Architektur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 47

der erste neue akademische Grad. Entscheidend für den Erfolg dieses Abschlusses ist die Anerkennung durch die Privatwirtschaft und durch den öffentlichen Dienst. Ein großer Teil der Wirtschaft steht diesem Abschluss sehr positiv gegenüber. Eine Studie zeigt, jedes zweite Unternehmen hat ihn in sein Gehaltssystem bereits aufgenommen. Für den öffentlichen Dienst ist dieser akademische Abschluss allerdings in der Besol­dung noch nicht umgesetzt.

Meine Frage daher:

108/M

„Warum ist die Anerkennung des Bachelor-Abschlusses als erster akademischer Grad (graduate) im öffentlichen Dienst bisher noch nicht erfolgt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wir arbeiten sehr intensiv daran, dass wir für 200 bis 300 Beamte und Beamtinnen, die im zweiten Bildungsweg gerade den Bachelor-Abschluss machen – die werden nächs­tes Jahr fertig mit dieser Ausbildung –, da eine Anerkennung finden können. Wir haben gemeinsam mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst an verschiedenen Varianten gearbeitet, sind aber noch nicht zu einer einhelligen Lösung gekommen, weil die Varianten irgendwie noch „zwicken“, wenn ich das so sagen darf. Das heißt, daran wird weiter gearbeitet.

Und im Übrigen darf ich schon bemerken, dass wir durch den Pragmatisierungsstopp ab dem Jahr 2003 in der öffentlichen Verwaltung ausschließlich Vertragsbedienstete aufnehmen und hier nicht mehr das Vorbildungsprinzip im Vordergrund steht, also gleich­zeitig mit dem Eintreten in den öffentlichen Dienst auch nach A1, sprich Aka­demiker/Akademikerinnen, bezahlt wird, sondern ausschließlich so bezahlt wird, wie der Arbeitsplatz beschrieben ist. Das heißt, für neu eintretende Bedienstete in der Verwaltung, im öffentlichen Dienst ist die Bachelor-Ausbildung sehr wohl zu berück­sichtigen und wird auch berücksichtigt, wenn der Job passt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Cortolezis-Schlager, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Es ist sehr begrüßens­wert, dass Sie an einer Lösung arbeiten für jene, die berufsbegleitend studieren. Der­zeit erlangen aber bereits 15 000 Studierende pro Jahr einen Bachelor-Abschluss, und die Tendenz ist sehr stark steigend, weil die Studienrichtungen ja umgestellt haben auf diesen neuen Abschluss. Daher drängt dieses Problem sehr.

Glauben Sie, dass die Verhandlungen zu einem positiven Abschluss auch im öffent­lichen Dienst führen können, und wann rechnen Sie mit konkreten Ergebnissen der Verhandlungen insgesamt für den Bachelor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Wenn sich diese 15 000 Personen alle für die öffentliche Verwaltung bewerben, so kann ich Ihnen sagen, was ich vorher gesagt habe, dass wir Ausbildungen sehr wohl anerkennen, weil wir das Vorbildungsprinzip nicht mehr als erste Priorität ansehen, sondern Priorität hat, wie der Job, wie der Arbeitsplatz beschrieben ist. Das heißt, hier gibt es kein Hindernis mehr für Menschen, die sich in der öffentlichen Verwaltung bewerben und diesen Abschluss haben, dass er auch anerkannt wird.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 48

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Windholz, bitte.

 


Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Bundesministerin, bei der Anerkennung dieses Bachelor-Abschlusses geht es natürlich auch um die Möglichkeit, einen solchen Arbeitsplatz zu bekommen, der eine Besserstellung im Aktivbesoldungssystem, aber natürlich auch bei den Pensionszahlungen bedeutet. Da gibt es ja dann die nächste Auswirkung.

Es gibt ja eine Harmonisierung in Richtung ASVG, und gerade die Bundesbediensteten müssen feststellen, dass es hier gravierende Unterschiede zu Landesbediensteten gibt. Ich spreche hier das „rote“ Wien an (Abg. Grosz: Privilegien!): Dort haben die Landesbediensteten noch immer weit größere Privilegien.

Frau Minister, Sie haben jetzt davon gesprochen, dass Sie hier rechtlich nachziehen wollen. Wann ist damit zu rechnen, dass Sie auch diese letzten Privilegien, insbe­sondere im roten Wien, beseitigen werden und endlich für eine faire und gerechte Behandlung aller im öffentlichen Dienst stehenden Bediensteten sorgen? (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Ich werde rechtlich natürlich nicht nachziehen, denn ich kann und werde den Ländern nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Tatsache ist, dass, wenn der Bund etwas beschließt, es in der Regel schon so ist, dass die Länder harmonisieren, das heißt einhergehen mit den Vorschlägen des Bundes. Und ich bin überzeugt, und fast alle Bundesländer haben harmonisiert, dass es gute Gründe gibt für einzelne Bundes­länder, hier andere Regelungen beizubehalten. Das ist meine Sache nicht und liegt auch nicht in meiner Kompetenz.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Walser, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Bundesministerin, Sie haben heute schon mehrfach die LehrerInnenbildung Neu angesprochen, die Verhandlungen, die diesbezüglich stattfinden. Was zu großer Verunsicherung in Kreisen der Lehrerschaft geführt hat, ist die Tatsache, dass wir hier einen achtsemestrigen Bachelor vorsehen, und die Gefahr, die da von nicht wenigen gewittert wird, ist, dass man das deshalb macht, um bei der künftigen Gehaltsregelung an das jetzige Gehalt der Pflicht­schullehrerInnen und nicht an das Gehalt der ausgebildeten AHS- und BHS-Leh­rerInnen anzuknüpfen.

Meine Frage an Sie: Gibt es diesbezügliche Überlegungen? Haben wir da mit zwei verschiedenen Gehaltspyramiden zu rechnen? Wie schaut es aus mit den Ver­hand­lungen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich nach der ersten Verhandlungsrunde, wo Arbeitspakete ausgegeben wurden, wo jetzt intensiv begonnen wird, einzelne Vorschläge, von denen Sie einige jetzt auch erwähnt haben, abzuarbeiten, nicht hier vom RednerInnenpult aus in laufende Verhandlungen ein­greife. Das möchte ich nicht tun. Ich denke, dass es für alle neu eintretenden Lehrerinnen und Lehrer wichtig ist, dass sie eine gemeinsame Ausbildung und ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht haben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Winter.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 49

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Der Bachelor-Titel, Frau Minister, ist ja in der Öffentlichkeit noch immer nicht sehr bekannt, sorgt aber nach wie vor für große Irritationen, weil eben der Bachelor-Absolvent im Bundesdienst nicht als A-wertig gilt. Da drängt man junge Leute in ein Studium und erkennt dann diesen Erfolg nicht an. Das finde ich sehr unfair. Immerhin haben in Graz zirka 6 300 Bachelor-Absolventen auf der TU und auf der Grazer Uni graduiert, und man will ja auch die Ausbildung der Volks- und Hauptschulen auf Bachelor-Niveau heben.

Meine Frage geht jetzt dahin: Haben Sie bereits Berechnungen angestellt, wie hoch die Kosten für das Budget wären, wenn alle im Staatsdienst befindlichen Bachelors im Dienstschema als Akademiker ausgewiesen und auch als solche bezahlt werden würden? Und wenn ja, wie hoch sind die Kosten? Wie schaut es mit der Finanzierung aus? (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Die Frage nach den Folgekosten ist natürlich legitim. Das ist auch immer Sache, wenn wir mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst verhandeln, dass wir das auf den Tisch legen müssen, denn Folgeforderungen nur für die Gruppe der Lehrer und Lehrerinnen lägen in der Höhe von 700 Millionen €, und das ist, denke ich, im Moment nicht verkraft­bar und auch nicht vertretbar.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schick­hofer.

 


Abgeordneter Mag. Michael Schickhofer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin, die besondere Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes wurde ja schon mehrmals angesprochen. Inwieweit sehen Sie diese Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes als guter, innovativer Dienstgeber als erfüllt an?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Es hat heute schon einige Gelegenheiten gegeben, Herr Abgeordneter, zu erwähnen, wo überall der öffentliche Dienst Vorbildwirkung hat. Ich glaube, bei Frauenförderung, bei Frauen in Führungspositionen ist es wirklich ein Meilenstein, wo wir sagen können, weil wir eine Quote haben, haben wir auch in dem Bereich schon mehr Frauen in Führungspositionen. Ich glaube, dass wir auch in der Lehrlingsausbildung, wo wir in den letzten Jahren die Zahl der Lehrlinge vervierfachen konnten, wo wir Menschen mit Behinderungen doch auch in einer Anzahl beschäftigt haben, dass wir uns nicht schämen müssen, eine gute Vorbildwirkung haben und dass wir auch einen Bereich, den die Privatwirtschaft überhaupt noch nicht angedacht hat, nämlich den Bereich des Mobbing, als Dienstpflichtverletzung eingeführt haben.

Ich glaube, das sind einige wenige Beispiele, die zeigen, dass, wenn hier die Privat­wirtschaft nachziehen würde, sich das Bild gesamtgesellschaftlich auch schnell ändern könnte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt. Die Fragestunde ist damit beendet.

Vielen Dank, Frau Bundesministerin. (Beifall bei der SPÖ.)

10.19.36Aktuelle Stunde


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Wer Ökostrom blockiert, fördert Atomstromimporte!“

Als erste Rednerin zu Wort kommt die Antragstellerin, Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.20.04

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Wirt­schaftsminister! (Die Rednerin dreht sich zur Regierungsbank um): Wo ist er denn? (Abg. Grillitsch: Hinter Ihnen! Rechts!) Ah da! Schönen „Guten Morgen“! Ich habe Sie gerade noch da drüben gesehen, auf der anderen Seite. Er sitzt links – interessant! (Abg. Grillitsch: Es ist ganz selten, dass Sie nach rechts schauen!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir wollten uns heute einmal ein bisschen ausführlicher mit unserem Energieminister auseinandersetzen, insbesondere was die Frage angeht, welche Lehren er aus der Katastrophe von Fukushima gezogen hat. Die vier Reaktoren dort zerstören sich nach wie vor selbst, die Situation ist nicht beherrschbar, und in allen Ländern der Welt hat es in der energiepolitischen Diskus­sion so etwas wie eine Zäsur gegeben.

Österreich hat einen Energieminister, der in diesen Tagen sagt, wir brauchen keine Energiewende, der davon ausgeht, dass in Österreich alles bestens ist, und der nicht fähig ist, zu reflektieren, sich die wichtige Frage durch den Kopf gehen zu lassen, ob wir nicht vielleicht doch eine Energiewende in Österreich brauchen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Daten und die Fakten sind eigentlich ernüchternd. Wir haben im Bereich Strom im Moment weniger erneuerbaren Anteil, als das noch im Jahr 1997 der Fall war, also keine Fortschritte in den letzten 15 Jahren, und im Bereich Energieeffizienz schaut es ähnlich matt aus: im Durchschnitt zwei Prozent Stromverbrauchszuwachs, vom Jahr 2009 auf das Jahr 2010 waren es sogar viereinhalb Prozent. Also: Was die großen Ziele angeht, Energieeffizienz auf der einen Seite und erneuerbare Energien zu steigern, hat Österreich noch einiges zu tun.

Jetzt haben wir ein aktuelles Gesetz, das ein Schlüssel sein könnte für diese Energie­wende. Das Ökostromgesetz könnte das Herzstück einer Energiewende auch in Österreich darstellen. Und was legen Sie uns vor? – Herr Wirtschaftsminister, Sie legen uns ein Atomstromgesetz vor. (Abg. Kopf: Wie kann man nur so einen Unsinn erzählen?!) Ich sage das in dieser Deutlichkeit, weil es tatsächlich ein Atomstrom­gesetz ist.

Wir waren jetzt viel unterwegs. Die Grünen waren in vielen Nachbarländern unterwegs, auch ich persönlich, und das Argument, das wir am häufigsten hören und das wirklich ernüchternd ist, lautet: Wie kann man glaubwürdig gegen AKWs jenseits der Grenze auftreten, wenn man mittlerweile Atomstrom in der Größenordnung eines Atomkraft­werkes in Österreich importiert? Das ist eine vollkommen berechtigte Frage, und ich denke, das größte Ziel muss es sein, in den nächsten Jahren zu 100 Prozent aus Atomstrom auszusteigen und spätestens im Jahr 2020 vollkommen auf erneuerbare Energie umgestiegen zu sein – im Bereich Strom zumindest. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem derzeit vorliegenden Gesetz wird eine Kleingeistigkeit weiter verwaltet, die im letzten Jahrzehnt, insbesondere seit 2006, die wirtschaftliche Entwicklung in Österreich nachhaltig behindert hat. Das ist selten der Fall, dass über 200 Unternehmen an den Wirtschaftsminister herantreten, sehr, sehr intensiv protestieren und sagen: Wir sind auf der ganzen Welt erfolgreich – nur in Österreich ist es nicht möglich, einen ver­nünftigen Home-Markt aufzubauen, sodass wir unsere Technologie, unser Know-how, das wir beitragen können, auch in Österreich verkaufen können. Wir haben mittlerweile Wartelisten für Hunderte von Anlagen im Bereich der Photovoltaik und der Wind­


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energie, und die Rahmenbedingungen in diesem Gesetz sind teilweise sogar noch schlimmer, als es vorher der Fall war.

Ich frage mich: Warum? Wie kann es sein, dass ein Wirtschaftsminister diese gewal­tigen Chancen – und auf der ganzen Welt tun sich nun diese Märkte auf – nicht erkennt? Hinter vorgehaltener Hand erzählen die Unternehmen, die echten Bremser sitzen in der Industriellenvereinigung. Sie sagen ganz offen: Die Industriellen­vereini­gung will keinen Cent mehr für Ökostrom, und der Wirtschaftsminister exekutiert das zu 100 Prozent. (Abg. Grillitsch: Das ist die Arbeiterkammer!) – Die Arbeiterkammer spielt hier auch nicht wirklich eine gute Rolle.

Und dann wird argumentiert mit Kosten von 20, 25, 26 € pro Jahr, mit denen ein Haushalt belastet würde. Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass Sie einmal die Kosten der Nicht-Erreichung der Klimaziele, die Österreich sich gesetzt hat, und das sind auf die Kyoto-Periode gerechnet 286 € pro Haushalt, thematisieren. (Beifall bei den Grünen.)

Als Wirtschaftsminister wissen Sie auch über die Schwankungen beim Strompreis Bescheid. Der Ökostrom-Anteil ist da ein verschwindend geringer Anteil: acht Prozent der Stromkosten, und allein die Schwankungsbreite sonst über ein Jahr gerechnet macht ein Vielfaches dieser Summe aus.

Diskutieren wir hier doch einmal seriös und ernsthaft, was diese Hemmschwelle ist und wer eigentlich der Blockierer in dieser ganzen Ökostrom-Diskussion ist. Ich habe es schon erwähnt: Das, was wir im Bereich Klima-Strafzahlungen beziehungsweise Zertifikatsnachkäufe leisten müssen, ist eine Belastung für das österreichische Budget von 1 Milliarde €. Hätten wir diese Milliarde in den letzten Jahren in den Ökostrom-Markt in Österreich gesteckt, hätten wir nicht nur den doppelt so hohen Anteil an Ökostrom in Österreich, sondern wir hätten hier auch Tausende Arbeitsplätze geschaf­fen. (Abg. Grillitsch: Das stimmt!)

Sie sagen, das stimmt nicht? (Abg. Grillitsch: Ich habe gesagt: Das stimmt!) Das stimmt, okay. Ich habe mich jetzt schon darauf vorbereit, in Ihre Richtung vorzugehen (Heiterkeit), aber okay, er sagt, das stimmt. Ja, das stimmt!

Herr Wirtschaftsminister, was ist Ihr Argument dagegen? Wie kann man über Jahre hinweg dieses Problem so „vernudeln“, dass man zum Schluss eine Milliarde de facto beim Fenster hinauswirft? Und gleichzeitig steht die eigene Wirtschaftsbranche vor der Tür, haut an diese Tür und sagt: Macht endlich diese Tür auf für eine vernünftige Ökostrommarktentwicklung!

Wenn man sich das weltweit beziehungsweise in Europa anschaut, so sieht man dort sehr ermutigende Entwicklungen. Schauen Sie zum Beispiel nach Tschechien! Tschechien ist sehr interessant, obwohl man dort wahrscheinlich auch über eine Überförderung reden muss. Die Tschechen haben es geschafft, im Bereich Photo­voltaik, Sonnenstrom in zwei Jahren (Rufe beim BZÖ und Gegenrufe bei der ÖVP) – hören Sie bitte jetzt zu, weil das sind ganz, ganz interessante Zahlen! – eine Größenordnung von 1 200 Megawatt zu erreichen. Ein Kraftwerk wie Temelίn, und das ist ein sehr großes Kraftwerk, erzeugt 1 000 Megawatt. Die Tschechen haben es geschafft, innerhalb von zwei Jahren de facto Temelίn aufzubauen in Form von Sonnenstrom. Innerhalb von zwei Jahren! Das ist wirklich eine Leistung (Beifall bei den Grünen), mit einem wahrscheinlich überförderten, aber doch ambitionierten System. (Abg. Grillitsch: Aber Biomasse ist auch nicht schlecht!) Biomasse ist auch nicht schlecht, keine Frage.

Und was die Windenergie in Europa angeht: Das entspricht mittlerweile 75 Reaktor­blöcken zu je 1 000 Megawatt! Das sind Dimensionen, bei denen man nicht mehr


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sagen kann, das ist ein bisschen ein nettes Beiwerk, sondern hier geht es wirklich um den Kern der Energiewende. Das sind die Anlagen der Zukunft, und die brauchen wir auch in Österreich, Herr Wirtschaftsminister! Die wollen wir auch in Österreich haben. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben letzten Freitag einen Ausflug gemacht. Wir sind mit einem kleinen Reisebus über die slowakische Grenze gefahren – und ich erzähle Ihnen das jetzt, weil es wirklich ein erschreckendes Erlebnis war – und haben das Kraftwerk Bohunice besucht, als grüne Aktivisten, als grüne Mandatarinnen und Mandatare. Wir sind zum Kraftwerk hingefahren, bei der Werkseinfahrt vorbeigefahren, einen halben Kilometer neben der Werkseinfahrt hat der Bus geparkt, und wir haben einmal geschaut, wie das ist, wenn man einfach auf ein AKW zugeht. Wann kommt da der Schutz für das Atomkraftwerk? Wann kommt der Werksschutz? Wann kommt die Polizei? Wann wird hier nachgefragt: Haben Sie Böses im Sinn oder sind Sie nur friedliche Aktivistinnen und Aktivisten?

Nach 25 Minuten kam die Polizei, und das Einzige, was sie bemängelt hat, war, dass der Bus falsch geparkt ist. Und die Aktivisten gehen quer durchs Rapsfeld – sehr vorsichtig, wir wollten keine einzige Rapspflanze zertreten, deswegen auch langsam (Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP), darauf legen Grüne Wert –, aber die hätten bis ins Werksgelände hinein marschieren können, und das, obwohl alle Staaten rundherum sagen: Terroristische Angriffe! Dort hat man alles im Griff, das ist überhaupt kein Problem. – Und das macht mir Angst, das sage ich Ihnen ehrlich als jemand, der schon lange in diesem Bereich arbeitet. Mir war wirklich mulmig. Man kann de facto in dieses Kraftwerk hinein marschieren, und dort liegt nicht nur der Dreck von 1972 bis heute, sondern alles in einer Reaktorhalle, gemeinsam mit zwei in Betrieb befindlichen Reaktoren!

Und dann reden die österreichischen Politiker, reden der österreichische Umwelt­minister und der österreichische Wirtschaftsminister über Stresstests! Österreich ist noch stolz darauf gewesen, der Umweltminister und auch Sie, Herr Minister Mitter­lehner, dass das ein Erfolg für die österreichische ÖVP war, Stresstests in Europa einzuführen, statt dass man einmal ernsthaft verhandelt und sagt: Abschalten dieser Risiko-Reaktoren, Schluss mit dieser Gefährdung! (Beifall bei den Grünen.)

Ernsthaft argumentieren und ernsthaft im Ausland Lobbying machen – und wir machen das im Moment, wir sind im Moment wirklich sehr viel unterwegs –, ernsthaft Lobbying in dieser Frage machen kann man nur, wenn man den Atomstrom-Anteil in Österreich auf null hinunterfährt. Und dafür brauchen wir ein Ökostromgesetz – und kein „Ökototgesetz“ und kein Bohrturmgesetz!

Wenn Sie sich aber, wie das letzte Mal, nicht trauen, mit den Grünen zu verhandeln, sondern sich wieder den billigsten Partner holen, um weiterhin dieses Stillstand mit einer Zweidrittel-Beschlussfassung einzubetonieren, dann haben Sie „Pro-Atom-Minis­ter“ als Titel verdient. (Beifall bei den Grünen.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


10.29.32

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich setze mich gerne mit der Frage auseinander, die heute hier, aber nicht nur heute, gestellt worden ist, wie es mit der Zukunft unserer Energiepolitik, insbesondere auch mit dem Ökostromgesetz –


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ich betone: Ökostromgesetz –, weitergeht, weil hier natürlich ein bestimmter Unter­schied zu dem ist, was Sie gesagt haben, Frau Glawischnig.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich bei Ihren Argumenten auch mit den Fakten auseinandersetzen würden, und auf diese möchte ich jetzt zu sprechen kommen. Und wenn wir die Widersprüchlichkeiten auflösen, sind wir auch gerne bereit, mit Ihnen zu verhandeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich, meine Damen und Herren? – Wir wollen das derzeit gültige Öko­stromgesetz aus dem Jahre 2009 – dazu liegt ein gemeinsamer Entschließungsantrag vor – wegen der Notifizierung des „Industriedeckels“, aber auch deshalb, um die Förderung bei Photovoltaik zu überprüfen, aber auch wegen des Aufbringungsmecha­nismus novellieren. Das steht jetzt an!

Zu all dem ist Fukushima hinzugekommen. Und da, Frau Glawischnig, gebe ich Ihnen und allen anderen recht, die sagen, es ist in der Argumentation doch einigermaßen doppelbödig, wenn wir andere zum Aussteigen aus der Atomenergie veranlassen wollen, selber aber sozusagen die Delle, die wir beim Import und Export von Strom haben, nicht ausgleichen. Deswegen haben wir eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die auch das zum Inhalt hat.

Sie müssen immer unterscheiden beziehungsweise bedenken, wie die Vorgangsweise bei Gesetzesvorhaben ist, nämlich: Zwischen Vorlage und endgültigem Vorhaben, das dann im Parlament beschlossen wird, muss immer auch ein Verhandlungsspielraum sein.

Die Fragestellung bei der Vorlage war: Wie können wir in der Bilanz 6 Prozent an Atomenergie, die wir bis jetzt im Strombereich gehabt haben, ausgleichen? Was wir vorgelegt haben – und Sie haben keine einzige Zahl widerlegt –, ist das Ziel, von den 6 Prozent in der Bilanz, was etwa 3,1 Terrawattstunden sind, wegzukommen durch einen Ausgleich von insgesamt 7 Terrawattstunden, und zwar unter Einrechnung der Steigerung des Stromverbrauchs um 1,5 Prozent. Damit werden wir bis zum Jahr 2015 nachweisbar die Delle ausgleichen können. Und da frage ich Sie: Was spricht da dagegen? Sie haben keine einzige Zahl genannt, die dem entgegensteht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Machen wir noch! Kein Problem!) Sie kommen noch dazu, das ist wunderbar. (Beifall bei der ÖVP.)

Nur: Wenn der Herr Landesrat Anschober in diesem Zusammenhang sagt, der Herr Mitterlehner ist der Lobbyist der alten Technologien, dann sage ich: Ja, ich bin der Lobbyist der alten Technologien, denn wie können wir diese Delle ausgleichen? Doch vor allem mit Wasser und mit Wind! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek – ironisch lachend –: Mit Wind?!) Das sind halt einmal bekannte Technologien, die uns auch jetzt schon weitergebracht haben. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Punkt: Sie sagen – und viele sagen das einfach nach –, so würden wir die Energiewende nicht schaffen. Ich sage Ihnen: Nehmen Sie sich die Mühe und differenzieren Sie zwischen Energieverbrauch und Stromverbrauch und schauen Sie sich die Gegebenheiten beim Strom an!

Da muss ich sagen: Ich kann irgendwo nachvollziehen, dass jemand von einer Energiewende spricht, der viel Atomstrom hat, wie etwa Deutschland oder Frankreich, wenn er keine ausreichende Menge an Ersatztechnologie hat und wenn er keine Wett­be­werbsfähigkeit bei den Kosten herstellen kann. Aber ich kann es nicht nachvollziehen, Frau Glawischnig, dass jemand von einer Energiewende spricht, der wie wir in der Bilanz – und schauen Sie sich das einmal an! – beim Strom 70 Prozent erneuerbare Energie von 100 Prozent aufzuweisen hat. (Abg. Dr. Glawischnig-


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Piesczek: Das haben wir 1995 auch schon gehabt!) Damit, meine Damen und Herren, sind wir Europameister! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen die Quelle dieser Zahl nennen. Das ist E-Control, aber die EU  (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 1995 haben wir das auch schon gehabt!) Es ist doch jetzt nicht entscheidend, was wir wann gehabt haben (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sicher ist es entscheidend, was die letzten 25 Jahre passiert ist!), sondern der ent­scheidende Punkt ist der, dass Sie sagen, wir brauchen eine Energiewende, um tatsächlich unsere Zukunftsvorhaben erreichen zu können. Ich sage Ihnen: Wir brauchen eine Ergänzung, wir brauchen eine Verdichtung!

Wenn ich heute höre, 90 Prozent der Bevölkerung will die Energieautarkie, dann muss ich sagen: Ich will sie auch! Aber wissen Sie, Frau Glawischnig – und das sei auch dem Herrn Anschober gesagt, der ja nicht da ist (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der ist aber nicht im Parlament!) –, wie die Voest die Hochöfen betreibt, wissen Sie, mit welcher Energie? (Abg. Dr. Pirklhuber: Mit Kohle!) – Mit Koks und teilweise auch mit Gas! – Und wissen Sie, ob man das im Produktionsprozess jetzt ersetzen kann? Sind Ihnen die Arbeitsplätze völlig egal? Passen Sie auf, was Sie sagen, denn Sie gefährden damit, wenn Sie es nicht differenziert überlegen, wahrscheinlich Arbeits­plätze. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sagen, wir würden mit dieser Vorgangsweise nicht nur der Energiewende, sondern auch dem weiteren Ausbau entgegenstehen. Da sage ich Ihnen: Ich glaube auch, dass wir die Chancen noch besser nützen können. Daher darf ich jetzt schon ankündigen, dass wir die Fördersumme entsprechend erhöhen werden.

Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie sich nicht irritieren: Es geht nicht alles nach der Fördersumme und ist damit schon gut, sondern es müssen damit auch die Parameter einigermaßen einhergehen. Jeder, der von Ökostrom nichts versteht oder wenig versteht, sagt in diesem Zusammenhang: Deckel weg!

Meine Damen und Herren, überlegen Sie einmal, was das bedeutet: Deckel weg! – Sie eröffnen damit jeder geförderten Energieform alle Möglichkeiten. In der Slowakei, die Sie gerade im Zusammenhang mit Ihrem Ausflug angesprochen haben, hat man das Gesetz dahingehend ändern müssen, dass man nicht mehr auf den Feldern die Paneele aufstellt. In Deutschland, das Sie mir gegenüber immer als Vorbild nennen, hat man die Tarife großartig gekürzt. In Frankreich gibt es ein Quotensystem. Und wissen Sie, warum wir das alles haben? – Weil man in diesem Zusammenhang gesagt hat: Wir brauchen keinen Deckel!

Meine Damen und Herren, überlegen Sie jetzt einmal diese Logik: Auf der einen Seite wird beim Benzinpreis wegen jedem Cent gerufen, man muss den Preis regulieren, aber im selben Atemzug sagen Sie bei der Energie: Unbeschränkt nach oben, der Kunde will das! Ich sage Ihnen dazu: Wir machen eine Befragung, wie weit der Kunde wirklich bereit ist, das entsprechend mitzutragen! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Kann man gerne machen!)

Jetzt komme ich zu den Widersprüchlichkeiten in Ihrer Argumentation: Als wir – und manche von Ihnen, die etwas länger im Parlament sind, können sich sicher noch daran erinnern – eine Ökostromgesetz-Novelle diskutiert haben, kam die Frage: Wer zahlt das Ganze?, und die Antwort einer Abgeordneten aus Ihren Reihen lautete damals: Das kommt aus dem Budget! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wer war das?) Ich sage es Ihnen dann, ich möchte jetzt nicht politisches Kleingeld daraus schlagen.

Wenn Sie all die an die Bundesregierung herangetragenen Interventionen lesen, dann haben Sie wirklich eine interessante Argumentation. Die Bundesregierung hat nämlich viele Mails erhalten, und da stehen unter anderem folgende Dinge drinnen: Die


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Intervenienten fordern von uns, dass wir im Sinne von Planungssicherheit die er­neuerbaren Energieträger nicht länger durch Deckelungen limitieren und die Ener­gie­wende nicht dadurch bremsen. – Das haben Sie gerade vorhin gesagt.

Aber dann kommen doch Bedenken – also, es kann nicht so ganz stimmen –, und da heißt es: Im Sinne der Planungssicherheit sind klare Ökostromhöchstbeitragsgrenzen für die privaten Haushalte und die Industrie festzulegen. (Abg. Kopf: Wer soll das denn zahlen?) Ja, meine Damen und Herren von den Grünen, ist das nicht so etwas wie ein Deckel?!

Den nächsten Widerspruch in der Logik der Argumentation schießt Herr Landesrat Anschober ab, denn er schreibt in seiner Stellungnahme: Selbstverständlich, und die Differenz zahlen wir aus dem Budget! – Wenn das Ihre Förderlogik ist, meine Damen und Herren von den Grünen, dann sind Sie meines Erachtens auf dem falschen Dampfer! (Beifall bei der ÖVP.)

Vergleichen Sie auch einmal die OMV oder andere Anbieter im Energiebereich! – Ich sage Ihnen: Wenn die 6 Prozent garantierte Gewinne hätten, dann würden sie jedem, der auf dem Markt auftritt, die Hand küssen.

Jetzt zum Nächsten: Sie sagen, wir verbauen uns Potential für die Zukunft. – Wo, in welchem Bereich, meine Damen und Herren, wird der größte Technologieweiter­entwicklungssprung stattfinden? – Experten rechnen damit, dass wir in den nächsten Jahren bei Photovoltaik Netzparität erreichen werden. (Abg. Brosz: Und deswegen fördern Sie jetzt nicht?!) Jetzt sagen manche, wir müssen uns jetzt, in dieser Situation, 13 Jahre lang festlegen auf Tarife, die sieben- oder achtmal höher sind als der Marktpreis. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Tarife müssen Sie per Verordnung festlegen!) Das ist nicht nur kein Druck auf die Technologie, sondern das ist auch unwirtschaftlich! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Deswegen macht man die Tarife jedes Jahr neu!)

Daher: Das Ökostromgesetz ist keine Angelegenheit ohne Wenn und Aber, wo aus­schließlich entscheidend ist, was wir an Fördersumme festlegen, sondern es müssen auch die anderen Parameter stimmen, nämlich die Technologieorientierung, die Marktorientierung und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit. Wir werden uns bemühen, das umzusetzen.

Und jetzt kommen wir zu dem entscheidenden Punkt, nämlich, noch stärker Einfluss zu nehmen. Die Kollegen von der Sozialdemokratie, aber auch andere kennen sicher den Herrn Weizsäcker, und der hat gesagt – und das ist identisch mit unserer Energie­strategie –: Die Relation der Energieeffizienz zu Erneuerbaren ist drei zu eins, dort muss man ansetzen! Hunderttausende Haushalte mit den noch immer verpönten Energiesparlampen bringen das Zweifache dessen, was Photovoltaik bringt!

Damit das jetzt niemand von unseren Zusehern falsch versteht: Ich glaube auch, dass die Zukunftstechnologie die Photovoltaik sein wird. Aber sie ist noch nicht so weit, dass wir unser gesamtes Geld in diesen Sektor stecken sollten! (Anhaltende Zwischen­rufe bei den Grünen.)

Deswegen werden wir ein Ausbauprogramm vorlegen – ich würde mich freuen, wenn Sie von den Grünen auch dabei wären –, das dem entspricht, was ich vorhin ange­kündigt habe:

Erstens: Atomenergie brauchen wir nicht in der Import- und Exportbilanz.

Zweitens: Wir müssen marktorientiert sein, um unsere Chancen zu nutzen.


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Drittens: Wir müssen auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und Wirtschaft beachten. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

10.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde entsprechend der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


10.40.06

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Einen schönen „Guten Morgen!“, Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Aufgrund der ersten Wortmeldung und der Antwort des Herrn Ministers stellt sich natürlich jetzt für viele folgende Frage: Was muss man tatsächlich tun, um aus der Atomenergie aussteigen zu können, und zwar europaweit aussteigen zu können, und welche Schritte sind dazu zu setzen?

Ich meine, es braucht mehrere Maßnahmen. Es reicht nicht aus, sich ausschließlich auf das Ökostromgesetz zu konzentrieren, wiewohl das im Moment die Thematik ist, mit der wir uns beschäftigen, mit der wir uns auch in den nächsten Tagen und Wochen noch beschäftigen werden, weil der erste Entwurf, der hier vorliegt, doch in einer ganzen Reihe von Punkten verbesserungs- und erweiterungswürdig erscheint. Ich werde mir erlauben, auf das eine oder andere auch einzugehen.

Was es braucht, um aus der Atomenergie auszusteigen, ist zum einen eine politische Initiative, die weit über die Aktivitäten in Österreich hinausgeht. Die Sozialdemokratie hat da in den letzten Wochen viele Initiativen auf europäischer Ebene gesetzt. Wir haben das bei unserer Klubtagung intensiv diskutiert, und ich muss sagen: Wenn wir wollen, dass sehr viele Menschen bereit sind, einen politischen Druck zu erzeugen, um aus der Atomenergie herauszukommen, dann braucht es eine europaweite Initiative. Die haben wir gesetzt, und diese werden wir jetzt weiter vorantreiben. Ich lade alle ein, da mitzumachen und uns zu helfen, entsprechend Druck zu erzeugen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was braucht es für den Ausstieg aus der Atomenergie konkret? – Wir brauchen ein Ökostromgesetz, das diesen Namen auch verdient, und zwar auch auf dem Weg zum Ausstieg aus fossiler Energie. Wir brauchen ein Energieeffizienzgesetz und Maßnah­men, um das Energiesparen zu verstärken und zu vertiefen, damit nicht das, was man über die Energieeffizienz hereinholt, durch den verschwenderischen Umgang mit der Energie wieder verlorengeht. Wir brauchen eine Erneuerung und einen Ausbau der Stromnetze. Und wir brauchen sinnvolle ergänzende Maßnahmen, etwa im Bereich der Fernwärme und der BHKWs. Also es gibt da ganz, ganz viele Möglichkeiten, es wäre dazu jetzt ein ganzes Bündel an Maßnahmen zu setzen.

Auf das neue Ökostromgesetz ist der Herr Minister schon eingegangen. Es liegt dazu ein Entwurf vor. Die Begutachtung wurde in der vergangenen Woche abgeschlossen, und jetzt geht es darum, dass darüber Gespräche geführt werden, wie die vielen Stellungnahmen, Ideen und Initiativen, die es dazu gibt, in dieses Gesetz eingearbeitet werden.

Ich gehe davon aus, Herr Bundesminister, bevor Sie das Angebot der Frau Klubobfrau Glawischnig annehmen, mit den Grünen zu verhandeln, dass wir zuerst einmal auf Koalitionsebene die entsprechenden Gespräche führen (Abg. Scheibner: Bei euch kommt ja nichts heraus!) und uns dann auch im Ausschuss mit diesem ganzen Themenbereich ausführlich auseinandersetzen.

Ich möchte nun einige wenige Eckpunkte für die konkreten Verhandlungen und Gespräche hier formulieren:


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Zum Ersten: Ich glaube, es muss klar sein, dass nach dem neuen Ökostromgesetz deutlich mehr Strom als zurzeit aus erneuerbarer Energie kommen soll.

Zum Zweiten: Wir brauchen ein verlässliches, nachvollziehbares Fördersystem.

Zum Dritten: Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen, die auch eine gewisse Per­spek­tive ermöglichen.

Und zum Vierten: Wir sind dafür, dass rohstoffunabhängige Energieformen den Vorrang haben vor rohstoffabhängigen Energieformen.

Das sind einige wesentliche Eckpunkte im Zusammenhang mit dem Ökostromgesetz.

Wir wollen, dass die Ökostromförderung fair und transparent ist. Ich glaube, es muss noch einmal klargestellt werden: Die Ökostromförderung kommt nicht aus Steuer­mitteln, sondern die Förderbeiträge kommen von den Stromkunden. Daher müssen wir politisch Verantwortlichen uns auch darüber unterhalten, was fair in diesem Zusam­menhang bedeutet.

Fair bedeutet für mich, dass sich alle Stromkunden und alle Stromkonsumenten ent­sprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an den Kosten für den Ökostrom beteiligen, dass das nicht alleine oder primär zu Lasten der Haushaltskunden geht. Aber in dem, was zurzeit als erster Entwurf vorliegt, heißt es, dass die sogenannte Netzebene 7, also die privaten Haushalte, jene sind, die zum Großteil die Zeche für diesen Ausbau zahlen. Da sind wir, glaube ich, angehalten, darüber nochmals sehr intensiv nachzudenken.

Das bedeutet nicht, dass ich nicht erkennen würde beziehungsweise dass wir nicht erkennen würden, dass wir für die Industrie, für die energieintensive Industrie, auch entsprechende Entlastungen vorsehen müssen. Das kann aber nicht bedeuten, dass in letzter Konsequenz die Lösung dann so ausschaut, dass die Bedingungen für die Industrie noch besser sind als davor und die Haushaltskunden alles bezahlen müssen. Da können wir nicht mitgehen! Da werden wir noch eine Reihe von Gesprächen brauchen, um zu erreichen, dass wir das entsprechend in den Griff bekommen.

Ich glaube, der Ausbau der Ökostromproduktion beziehungsweise das Ökostrom­gesetz als gesetzliche Grundlage dafür ist ein guter Baustein in einer Vielzahl von Maßnahmen, die wir setzen müssen für den Ausstieg aus der Atomenergie und für eine gute Energiepolitik in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein zu Wort. – Bitte.

 


10.45.36

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In der Diskussion nicht nur, aber vor allem nach Fukushima hat Österreich eine Achillesferse zu bewältigen – die ist heute schon angesprochen worden –, und das ist unser Atomstromimportanteil. Es macht sich nicht gut, in Deutschland oder anderswo, aber vor allem in Brüssel gegen Atomkraftwerke zu argumentieren – und das tun und das sollen wir –, aber gleichzeitig von unseren Gesprächspartnern darauf hingewiesen zu werden: Na ja, ihr redet euch leicht, ihr habt erstens kein Atomkraftwerk, und zweitens importiert ihr munter und fröhlich Atomstrom! Außer Streit scheint zu stehen, dass das so ist.

Dem ist tatsächlich so! 5 Prozent sind es im mehrjährigen Durchschnitt. Und das, was der Wirtschaftsminister jetzt als Energieminister vorgelegt hat und was in Begutachtung ist, nämlich eine Ökostromgesetz-Novelle, wird einen ganz erheblichen, vielleicht sogar vollständigen Beitrag dazu leisten, dass wir per 2015 werden sagen können: Wir sind


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kein Atomstromimportland mehr! So gesehen ist das ein guter Vorschlag, den Mitterlehner hier als Ökostromgesetz-Novelle vorgelegt hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Träumerei!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, richtig ist aber auch, dass Ökostrom bezahlt werden muss. Und – Abgeordneter Katzian hat darauf hingewiesen – es ist nicht das Budget, wie die grüne Fraktion noch vor Kurzem vermeint hat (Zwischenrufe bei den Grünen), es ist nicht eine anonyme Größe, sondern es sind die Stromverbraucher, die das bezahlen müssen. Da gilt es, nicht überschießend, sondern maßvoll und realitäts­bezogen zu handeln. Und auch das wird bei diesem Gesetzesvorschlag gemacht: Während heute der Durchschnittshaushalt in Österreich für Ökostrom rund 34 € pro Jahr bezahlt, soll er im Jahr 2015 rund 48 € pro Jahr bezahlen. Das ist angemessen, und das halte ich auch für verkraftbar und für zumutbar.

Das deutsche Energieeinspeisegesetz, Frau Glawischnig, das Sie hier vorbringen, ist im Vergleich dazu immer schon zu weit überschießend gewesen. Zu viel des Guten, kann man dazu nur sagen! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Dafür erreichen sie die Klimaziele!) Und die Deutschen haben jetzt alle Hände voll zu tun, um die Dinge wieder zurückzunehmen, einzufangen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Deutschland erreicht sein Klimaziel!)

Frau Glawischnig, wissen Sie überhaupt, was die Deutschen pro Ökostrom-Kilowattsunde an Zuschlag bezahlen? – 3,5 Cent sind es bereits! Wissen Sie, was das das Land pro Jahr kostet? – 13 Milliarden €! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 9 bis 10 Milliarden!)

13 Milliarden € pro Jahr an Ökostrom-Aufwendungen: Das ist einfach zu viel des Guten! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine vernünftige Investition!) Oder, auf den Haushalt bezogen: 120 € oder fast das Vierfache dessen, was in Österreich zurzeit bezahlt wird.

Wie gesagt: deutsches Beispiel – schlechtes Beispiel! Überschießend.

Das, was wir in Österreich machen, ist angemessen, ist gut und ist vernünftig! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir in Österreich über Ökostrom reden, dann reden wir anders als anderswo, genauso wenn wir in Österreich über die Energiewende reden, dann reden wir auch anders als anderswo, weil wir an sich diese Wende schon längst vollzogen haben. Wir sind auf dem „Ökostrom-Trip“, wir sind auf dem „Erneuerbare-Energien-Trip“, wir müssen uns dorthin gar nicht erst begeben.

Also, wenn wir in Österreich über Ökostrom reden, Frau Glawischnig, dann seien Sie auch einmal Manns oder „Fraus“ genug zu sagen: Dann reden wir zu 85 Prozent über Strom aus Wasserkraft!

Wissen Sie, dass der Ökostrom zu 85 Prozent in Österreich aus Wasserkraft kommt? Und wissen Sie, dass er nur zu 0,15 Prozent – 0,15 Prozent!, sozusagen ein bisschen mehr als ein Tausendstel – aus Ihrem Lieblingsthemenbereich, nämlich aus der Photovoltaik kommt? – Das gehört auch einmal gesagt.

Also, wenn man realitätsbezogen ist, heißt das: Wer Ökostrom will, muss Wasserkraft wollen, muss auch den Wasserkraftausbau wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wer „A“ sagt zu Anti-Atom, muss nicht „B“ sagen, sondern „Ö“ wie Ökostrom und „W“ wie Wasserkraft, muss auch Ja sagen zu Windkraft, muss auch Ja sagen zu Biomasse, muss auch in angemessener Form Ja sagen zu Photovoltaik – aber nicht durch ein Aufheben des Deckels, denn das würde nur dazu führen, dass Österreichs Äcker mit Photovoltaikplatten zugedeckelt würden und dabei relativ wenig herauskäme,


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weil die Effizienz von Photovoltaik nach wie vor leider Gottes recht gering ist, während die Kosten dafür recht, recht hoch sind.

Apropos Kosten, meine sehr verehrten Damen und Herren: Da muss man in Richtung Industrie an dieser Stelle schon auch eines sagen: Herr Katzian, danke für Ihre prinzipielle Zusage, da flexibel zu sein, aber da geht es schon darum, dass man sagt, Ökostrom darf nicht zu Carbon Leakage führen, Ökostrom darf nicht dazu führen, dass Stahl nicht mehr in Österreich, in Linz, sondern in China erzeugt wird – übrigens mit einem doppelt so hohen CO2-Ausstoß wie in Österreich.

Diesbezüglich muss man sich schon nach Deutschland, Frankreich und zum Beispiel nach Schweden wenden: Auch dort wird die Industrie, die energieintensive Industrie in Sachen Ökostrom geschont. – Also ein Ja zu Ökostrom, aber maßvoll. Wer in Österreich Ökostrom sagt, muss dann auch Wasserkraft sagen und gleichzeitig auch ein Ja zu einer vernünftigen Entlastung der energieintensiven Industrie, denn sonst exportieren wir Arbeitsplätze, schaden dem Klima und machen das Dümmste, was in dieser Frage überhaupt möglich wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

10.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Hofer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.50.57

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Bartenstein, ich weiß nicht, was Sie gegen die Photovoltaik haben. Auch wir sind für den Ausbau der Wasserkraft, aber ich glaube, dass Photovoltaik wirklich eine ganz wichtige Energiequelle für die Zukunft in Österreich ist und jetzt bereits ist. Sie werden sehen, dass in diesem Bereich auch viele Arbeitsplätze in Österreich geschaffen werden. (Abg. Dr. Bartenstein: Vor allem in Asien!) – Nein, nicht vor allem in Asien. Sie wissen sehr genau, dass die Module, die in Österreich eingesetzt werden, vor allem aus Deutschland kommen und auch viele in Österreich hergestellt werden. Das sollten Sie als ehemaliger Wirtschaftsminister wissen.

Henry Kissinger hat einmal etwas sehr Gescheites gesagt: Wer die Energie beherrscht, beherrscht die Nationen. – Und da ist es auch verständlich, dass immer wieder die gleichen Machtzirkel in der Welt für Kriege, für Unruhen, für Leid verantwortlich sind. Daher können wir auch verstehen, warum immer wieder in jenen Regionen, in denen Öl vorhanden ist, Kriege geführt werden.

Wenn Sie sich die Weltkarte ansehen, dann werden Sie erkennen, dort, wo es Öl gibt, gibt es auch Krieg. Die Beute wird verteilt, und Profiteure sind immer wieder die gleichen Konzerne, die gleichen Machtzirkel.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: 4 Prozent der Weltbevölkerung leben in den USA. Die USA verbrauchen 25 Prozent des Erdölbedarfs in der Welt. Ein Viertel geht in die USA. Und dieser enorme Hunger nach Öl ist es, der diese Krisen, diese Kriege auslöst. Auch wir in Europa sind davon betroffen.

Es waren einige vom neuen amerikanischen Präsidenten Obama so begeistert. Die Grünen etwa waren ganz begeistert. Aber es stellte sich heraus, dass dieser Herr Obama keine Wende in der Energiepolitik in den USA herbeiführen konnte. Überhaupt nicht! Überhaupt nicht, meine Damen und Herren! Ein Jahr nach der Katastrophe im Golf von Mexiko werden die Ölförderrahmenbedingungen wieder erleichtert. (Abg. Öllinger: ... Bush!) – Bush, Herr Kollege Öllinger – es ist völlig egal, ob der Präsident Reagan, Bush, Obama, Mickey Mouse, Hannah Montana, Lady Gaga, Lisa


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 60

Simpson oder sonst irgendwie heißt: Die Energiepolitik in den USA bleibt immer die gleiche. (Beifall bei der FPÖ.)

Eben deswegen – und das hat Henry Kissinger gesagt –: Wer die Energie beherrscht, beherrscht die Nationen. Und die Zirkel, die die Energiepolitik in den USA beherrschen, sind nun einmal immer die gleichen, meine Damen und Herren.

Ist aber Europa auf einem besseren Weg? – Diese Frage müssen wir uns stellen. Auch wir setzen in der Europäischen Union sehr stark auf Kernkraft. Die USA haben 104 Kernkraftwerke. Europa ist mit seiner Politik nicht viel besser dran. Sie müssen zum Beispiel wissen, dass Kernkraftwerke in Europa keine Haftpflichtversicherung haben. Jeder von uns, der ein Auto fährt, muss eine Haftpflichtversicherung ab­schließen. Wenn Sie, Herr Kollege Dr. Bartenstein, ein Atomkraftwerk in Europa bauen würden – Dr. Schüssel ist leider nicht da –, müssen Sie keine Haftpflichtversicherung abschließen.

Warum? – Weil keine Versicherung der Welt dieses Risiko übernimmt. Und das zeigt uns schon sehr klar, wie groß das Risiko der Nutzung der Kernkraft ist und dass wir uns unbedingt von diesem Weg verabschieden müssen. Ich sehe es auch so wie Herr Dr. Bartenstein: Wir können nicht mit dem Finger auf andere Länder zeigen und dann selbst Atomstrom importieren. Das ist ein unredlicher Weg. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Da wäre eine Maßnahme gewesen – das haben wir auch hier im Haus beantragt –, dass wir bei den Bundesgebäuden beginnen. Nehmen wir doch bei den Bundes­gebäuden auch Stromanbieter, die garantiert kernkraftfreien Strom liefern! Es gibt solche Anbieter in Österreich. Wir haben das im Parlament beantragt – es ist leider abgelehnt worden. (Abg. Neubauer: Von der ÖVP!)

Meine Damen und Herren! Österreich ist ein Glücksfall, denn wir haben alles, was wir brauchen. Wir könnten im Strombereich bis etwa zum Jahr 2020 so viel Strom durch unsere erneubaren Quellen selbst erzeugen, wie wir in Österreich verbrauchen. Bis zum Jahr 2050 könnten wir völlig energieautonom sein, das heißt, das in Österreich erzeugen, was wir verbrauchen.

Wir müssen nur diese mutigen und wichtigen Weichenstellungen jetzt in einem neuen Ökostromgesetz vornehmen, um die Abhängigkeiten in der Zukunft zu reduzieren. Wir finanzieren derzeit Scheichs und Oligarchen; Scheichs, die sich wieder einen neuen Jet als Privatflugzeug kaufen; Oligarchen, die sich wieder eine neue Fußballmann­schaft kaufen und gar nicht wissen, was sie mit ihrem Geld anstellen sollen. Wenn wir diese finanziellen Mittel hier in Österreich investieren, dann schaffen wir neue Arbeitsplätze, die Wertschöpfung bleibt hier im Land – und das muss unser Ziel auch für Österreich sein.

Meine Damen und Herren, ja, wer die Energie beherrscht, beherrscht die Nationen. Das heißt für uns im Umkehrschluss: Wir müssen unsere Energiepolitik selbst steuern, wir müssen frei sein. Und das können wir nur dann, wenn wir energieautonom werden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scheibner.)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Brunner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.56.28

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Energie­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Energieminister, ich bedanke mich für Ihre ehrlichen Worte zur Energiewende, weil ich finde, die Leute zu Hause, die raus aus Öl und raus aus Atom wollen, sollen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 61

auch endlich wissen, wie der Energieminister dazu steht. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Sie sagen, eine Energiewende brauchen wir nicht wirklich. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Bei Strom!) Ich finde, eine Wende braucht es, wenn etwas in die falsche Richtung geht. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Bei Strom!)

Schauen wir uns die Fakten an! Wir hatten in den neunziger Jahren 70 Prozent erneuerbaren Anteil beim Strom, im Jahr 2006 57 Prozent. Das ist rückläufig und geht in die falsche Richtung. Daher braucht es eine Wende. Wenn wir 2 Prozent Strom­zuwachs pro Jahr und 14 Prozent Atomstromanteil in Österreich haben, dann geht das in die falsche Richtung und dann braucht es eine Wende. Die Energiewende und der Klimawandel sind die Herausforderungen, aber auch die Chance dieses Jahrhunderts. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: Spärlicher Applaus! Das war nicht überzeugend!)

Wenn wir Grüne von Energiewende reden, dann stellen wir uns eine unabhängige Energieversorgung vor, eine dezentrale Energieversorgung für die Haushalte, für die Gemeinden. Dann ist das langfristig eine leistbare Energieversorgung, dann ist das eine Energieversorgung, die auf unseren eigenen Ressourcen beruht, von denen wir so großes Potenzial in Österreich haben, wo wir Arbeitsplätze in den Regionen, gerade auch in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch in den regionalen Betrieben schaffen und wo wir auch unsere internationalen Verpflichtungen einhalten.

Ich finde, in Österreich, wo wir so großes Potenzial und auch so tolle Betriebe hätten, um unseren Strombedarf und unseren Energiebedarf überhaupt selbst abzudecken – aus diesem großen Potenzial erwächst auch eine ganz besondere Verantwortung in Sachen Klimawandel, in Sachen Atomausstieg, die wir mit diesem Ökostromgesetz leider nicht wahrnehmen. (Abg. Grillitsch: ...! Das war nicht nett!)

Für die Energiewende ist das Ökostromgesetz das Herzstück. Aber so, wie Ihr Entwurf jetzt ausschaut, sieht das weiter nach Atomstromimporten aus. Das müssen Sie mir einmal erklären, wie Sie den Anteil erhöhen wollen, wenn Sie die Ökobranche blockie­ren! Ihr Entwurf stützt weiter das zentrale Energiesystem, das fossile Energiesystem, indem Sie die Ökobranche niederhalten und deckeln. (Abg. Grillitsch: Das stimmt nicht!)

Dann reden Sie einmal mit den Ökostrombetrieben! Wir haben mit genug Leuten gesprochen: Die haben es satt, immer wieder zu kämpfen und ständig blockiert zu werden. Diese investieren im Ausland, haben Exportquoten von an die 100 Prozent. Ich verstehe gerade von Ihnen als Wirtschaftsminister nicht, dass Sie das nicht sehen.

Gerade von Ihnen als Wirtschaftsminister finde ich es auch eigenartig, dass Sie eine Branche, die Photovoltaikbranche, die besonders, die Weltmarktführer ist, hier so abtun und die Betriebe, die so engagiert sind, einfach nicht ernst nehmen und nicht unterstützen.

Wir haben viel von Kosten gehört. Ich würde auch da sagen: Bleiben wir bei der Wahrheit! Ökostrom, egal, ob das jetzt 30 € sind, mögen es 50 € sein, die das zusätzlich an Kosten verursacht: Ja, ich glaube, das nehmen die Leute gerne in Kauf, wenn sie sich dadurch langfristig vom Atomstrom frei machen. Das ist nämlich die sozialere und jedenfalls auch die ökologisch verträglichere Variante. Denn wenn wir bei der Wahrheit bleiben, dann müssen Sie den Menschen in Österreich auch sagen, was Ihr Energiesystem – das fossile Energiesystem –, auf das Sie sich stützen, die Leute kostet.

Wir haben schon gehört: Es sind 286 € pro Jahr und Haushalt, die wir für unsere Kli­maverfehlungen zu zahlen haben. 1 700 € pro Jahr zahlen die österreichischen Haus­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 62

halte für Importe von fossilen Energieträgern. 1 700 € pro Jahr! Und dann halten Sie uns vor, dass der Ökostrom 48 € kosten soll. Ich glaube, die Leute zahlen lieber 48 € für Ökostrom als 1 700 € für fossile Energie.

Wenn Sie die Photovoltaik abtun, Herr Energieminister, dann halten Sie doch alle Leute für blöd, die sich um eine Photovoltaik-Anlage bemühen, sich anstellen und aufgrund Ihrer unzureichenden Förderungen nicht zum Zug kommen. Die Leute wollen raus aus Öl und werden von Ihnen blockiert. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gesetz strotzt überhaupt vor Ungerechtigkeiten. Ich möchte einen Betrieb aus der fossilen Wirtschaft sehen – nennen Sie mir einen! –, den Sie unterstützen, der solche Planungsunsicherheiten hat, wie Sie sie der Ökobranche zumuten, dass sich etwa die Rahmenbedingungen mitten während einer Ausschreibung plötzlich ändern können und alle Planungsgrundlagen zunichte gemacht werden. Nennen Sie mir einen Ihrer fossilen Betriebe, der solche Planungsunsicherheiten akzeptieren würde! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es wird hier ständig mit zweierlei Maß gemessen. Ich habe keine Sorge: Wenn wir alle Kosten auf den Tisch legen, auch alle Vorteile – Deutschland hat das Ökostromgesetz immerhin 280 000 Arbeitsplätze gebracht –, dann ist ganz klar, dass sich die erneuer­baren Energien durchsetzen werden. Gerade vor dem Hintergrund der Katastrophe in Fukushima ist es mir völlig unverständlich, dass wir in Österreich, wo wir die Chance hätten, wo wir auch eine Vorreiterrolle einnehmen müssten, andere Länder beim Atomausstieg unterstützen müssten, jetzt so ein Ökostromgesetz vorgelegt bekom­men. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich biete Ihnen noch einmal Folgendes an: Ich glaube, das Ökostromgesetz braucht ein grünes Gütesiegel, um ernst genommen zu werden. Wir sind da dabei. Verhandeln Sie es mit uns! Ich denke, das würde Ihnen nicht schlecht anstehen. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Und im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

11.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.02.13

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Fernsehzuschauer! Ich bin ja wirklich sehr, sehr froh darüber, dass der wahre ÖVP-Obmann Erwin Pröll aus Niederösterreich ein Machtwort gesprochen hat. (Abg. Grillitsch: Wer?) Ich bin froh, dass sogar Erwin Pröll dieses Ökostromgesetz kritisiert hat. Ich bin froh, dass der Bremsklotz Nummer 1, der normalerweise alles blockiert, in dieser Frage etwas Bewegung gezeigt hat, dem Herrn Mitterlehner als tatsächlicher ÖVP-Obmann die Rute ins Fenster stellt und sagt: Mit diesem Ökostromgesetz kommen wir nicht weiter. (Beifall beim BZÖ.)

Und das ist genau der Punkt, Herr Minister: Sie haben hier ein Ökostromverhin­de­rungsgesetz initiiert, mit dem wir nicht einmal ansatzweise in irgendeiner Form die Kyoto-Ziele erreichen oder sonst irgendwelche Verbesserungen hier in Österreich schaffen. Ihnen ist ja bekannt, dass wir ein Kyoto-Ziel zu erreichen haben. Wir sollten 13 Prozent unserer CO2-Emissionen einsparen, wir sparen aber kein Gramm ein, wir emittieren sogar noch mehr CO2, als wir sollten. Das heißt, wir sind absolutes Schlusslicht in der Europäischen Union.

Wenn Sie sich heute hier herstellen und wenn Sie ... (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Was hat das mit dem Ökostromgesetz zu tun?) – Das hat nichts damit zu tun, Herr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 63

Bundesminister?! Ich muss Sie einmal darüber aufklären, was das damit zu tun hat, wenn Sie ein brauchbares Ökostromgesetz machen. Was bedeutet denn Ökostrom? – Ökostrom sind erneuerbare Quellen und erneuerbare Quellen, wie Sie hoffentlich wissen, zählen nicht zum Kyoto-Ziel. Das heißt, da können wir CO2 einsparen und dem Kyoto-Ziel näher kommen.

Sie wissen, Herr Minister, dass wir in dem Bereich Strafzahlungen von bis zu 1,5 Milliar­den € zu erwarten haben. 1,5 Milliarden €, die wir zahlen müssen für nichts!

Aber nicht nur das! Wir zahlen ja bereits. Aufgrund der Unfähigkeit der Regierung zahlen wir eine halbe Milliarde € für sogenannte Zertifikate, wo wir uns von unserer eigenen Unfähigkeit freikaufen, wo wir Geld ins Ausland geben, ohne hier unsere Hausaufgaben zu machen.

Deswegen, Herr Minister, wenn Sie sagen, wir sind Europameister bei den Erneuerbaren (Abg. Grillitsch: Das ist richtig!) – ich weiß nicht, was für Märchen Sie uns erzählen. Wir sind Schlusslicht! (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Widerlegen Sie es!) – Ich kann es Ihnen widerlegen. Wir sind, was die Kyoto-Ziele betrifft, absolutes Schlusslicht. Wir sind das einzige Land, das die Ziele nicht erreicht. Manche Länder übererfüllen sogar die Ziele. Wir sind ganz hinten. Wir haben unsere Ziele eben nicht erreicht.

Und wenn Sie da von einem Vorzeigeland sprechen, dann frage ich mich wirklich: Auf welchem Planeten leben Sie, Herr Minister? (Beifall beim BZÖ. – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Bei Strom – der Anteil!)

Herr Minister! Zur Energieautarkie. Sie sprechen immer von der Energieautarkie. Die Energieautarkie würde 80 Prozent CO2-Einsparung verursachen. Sie schaffen es ja nicht einmal, die 13 Prozent einzusparen, die Ihnen das Kyoto-Protokoll vorgibt. Also bitte, sprechen Sie nicht von Energieautarkie, wenn Sie genau wissen, dass wir das in hundert Jahren nicht erreichen können, so wie Sie das anlegen.

Noch etwas, Herr Minister: Sie sagen immer, die Fossilen sind unverzichtbar, die sind so billig. Wir können nicht darauf verzichten, Ökostrom würde die Menschen so teuer kommen. Die Industrie würde zusammenbrechen. Sie haben heute auch gesagt: Die Voest könnte ihre Hochöfen nicht weiter betreiben, weil sie die Fossilen braucht.

Herr Minister, Sie wissen, moderne Hochöfen funktionieren mit Strom. Das sind Induktionsöfen. Die alten Öfen, das mag schon sein, funktionieren noch mit Kohle oder sonstigen fossilen Energieträgern. Aber auch hier kann man auf Biomasse umrüsten. Auch das ist möglich und das wurde auch schon weltweit gemacht. Also bitte, erzählen Sie mir nicht, dass die Voest zusammenbrechen würde, würden wir auf Erneuerbare umsteigen! (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der ÖVP: Falsche Rede!)

Der Punkt ist ganz einfach, Herr Minister: Sie sind ein Minister des Status quo. Sie sitzen am Schoß der Energielobby, die Milliarden damit verdient, dass alles so bleibt, wie es ist. Genau dieses Spiel spielen Sie. Sie wollen auf der einen Seite, dass alles so bleibt, wie es ist, dass wir weiter von den Fossilen abhängig bleiben, und auf der anderen Seite erzählen Sie uns Märchen, was Sie nicht alles für den Ökostrom und die Energiewende tun wollen. Und sogar Energieautarkie sprechen Sie an.

Das sind alles nur Nebelgranaten, Herr Minister. Geben Sie zu: Sie wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Sie wollen, dass wir weiterhin 14 Milliarden € jedes Jahr ins Aus­land für Energieimporte verpulvern. Sie wollen, dass wir weiter Atomstrom im Umfang von 15 Prozent importieren. Das ist übrigens die gesamte Energiemenge von Temelín – nur, damit wir einmal wissen, wovon wir sprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 64

Sie wollen weiters, dass die Menschen für unnötige Zertifikate zahlen. Sie wollen auch, dass wir in zwei Jahren wahrscheinlich über 1 Milliarde € an Strafzahlungen an die EU abliefern. All das wollen Sie nur deshalb, weil Sie wollen, dass die Energielobby, die fossile Lobby, weiter viel Geld verdient.

Jetzt frage ich Sie: Was wollen wir? Was will die österreichische Bevölkerung? Wollen wir weiter vom Ausland abhängig sein oder wollen wir unsere eigene Energie pro­duzieren, wo die Wertschöpfung im Land bleibt, wo wir nicht Unmengen an Milliarden ins Ausland verpulvern, ohne einen Effekt zu haben? – Das ist meine Frage.

Und ich kann Ihnen sagen, die Antwort ist einfach: Wir wollen einen ordentlichen Energieminister, der die richtigen Weichen stellt. (Abg. Grillitsch: Den haben wir!) Nur das macht Sinn. Und das wollen wir. (Beifall beim BZÖ.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


11.07.38

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Großteil jener Menschen, die Energiepolitik in entwickelten Ländern machen und die auf Atomkraftwerke setzen, hat sich einfach verrannt – einerseits verrannt in eine absolut blinde Technologiegläubigkeit und andererseits in den Irrglauben, dass wir Menschen die Natur beherrschen könnten. Wir werden mittlerweile quasi täglich eines Besseren belehrt.

Das Problem ist nur, dass wir Menschen gleichzeitig sehr schnell vergessen; sehr schnell wird eine Katastrophe von der nächsten verdrängt. Über Fukushima ist zum Beispiel die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sehr schnell vergessen worden.

Und genauso verrannt hat sich das kapitalistische Wirtschaftssystem, das eine solche Energiepolitik betreibt, das nach wie vor an grenzenloses Wachstum glaubt, keine Rücksicht auf die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen nehmen möchte und einer absolut gesellschaftszersetzenden Prämisse frönt, nämlich, dass es Gewinne privatisieren und Verluste und Schäden vergesellschaften will.

Ein solches System ist weder zukunftsfähig, noch ist es verantwortungsvoll. Wenn ich mir anschaue, dass alleine die Bundesrepublik Deutschland anno dazumal etwa 50 Milliarden D-Mark darin investiert hat, eine Infrastruktur für Atomkraftwerke aufzu­bauen und heute so ein abgeschriebenes Atomkraftwerk den privaten Betreibern 1 Million € Gewinn pro Tag einbringt, muss ich sagen, dann ist das eine irre Schief­lage – eine irre Schieflage vor allem dann, wenn ich mir anschaue, dass es nur ganz wenige Wochen von der Katastrophe von Fukushima gebraucht hat, bis dessen Betrei­ber zur japanischen Regierung gegangen sind, die Hand aufgehalten und gesagt haben: Klar, das können wir uns als Private nicht leisten, da muss der Staat ein­springen.

Wenn man sich anschaut, dass die Ukraine bis heute Jahr für Jahr 6 bis 8 Prozent ihres Bruttonationalprodukts dafür bezahlt, die Spätfolgen von Tschernobyl irgendwie in den Griff zu bekommen – mehr schlecht als recht, möchte ich behaupten –, dann ist klar, dass das nicht wird funktionieren können. Wir haben aufgrund von Tschernobyl und natürlich auch aufgrund von Fukushima Lebensmittel, die über Jahrzehnte ver­seucht sein werden. Wir haben radioaktiven Müll, dessen Lagerung uns aber viele, viele Jahrhunderte einiges kosten wird. Und wir haben gleichzeitig Generationen, denen wir es hinterlassen, diese Bürden zu tragen, denen wir aber nichts als nuklear­verseuchte Ruinen vererben.

Eine wirklich sinnvolle Energiepolitik muss auf jeden Fall anders ausschauen. Das kann nur einen europaweiten und weltweiten Atomausstieg bedeuten, und zwar nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 65

nur deswegen, weil mehrfach, empirisch leider ununterbrochen nachgewiesen wird, dass Atomkraftwerke weder sicher noch gesund sind noch der Umwelt zugutekommen, sondern vor allem auch deshalb – und ich denke, das wird auch der Hebel auf euro­päischer Ebene sein –, weil sie absolut nicht wettbewerbsfähig sind, weil sie der Wett­bewerbsgleichheit einfach nicht entsprechen. Wenn wir Haftungsregelungen für die Betreiber von Atomkraftwerken einführen würden, wenn die wirklich Rücklagen dafür bilden oder Versicherungen dafür abschließen müssten, dass über Jahrhunderte hin­weg für eine sichere Verstauung des radioaktiven Mülls gesorgt ist, oder wenn sie Haftungsrücklagen bilden müssten, um die Kosten, die die Unfälle verursachen, wirklich begleichen zu können, dann wären mit einem Schlag Atomkraftwerke überhaupt nicht mehr konkurrenzfähig, dann wäre diese Energie überhaupt nicht mehr billig.

Genau an diesem Hebel werden auch wir SozialdemokratInnen festhalten. Wir werden im nächsten Jahr versuchen, eine europaweite Bürgerinitiative zum Thema „Raus aus Atom!“ zu starten. Es ist fein, dass sich jetzt schon sehr viele Länder solidarisch zeigen. Das wird offensichtlich wirklich eine große und hoffentlich auch eine erfolgreiche Bewegung werden.

Für eine engagierte Anti-Atompolitik, für eine engagierte Energiepolitik muss natürlich auch in Österreich sehr viel gemacht werden. Ich möchte an dieser Stelle zuallererst die Energieeffizienz nennen. Es ist unser größtes potenzielles Kraftwerk, wenn wir sinnvoll und intelligent Energie sparen. Wir wissen ja, dass wir zurzeit jedes Jahr 1,7 Prozent mehr an Energie verbrauchen als im Jahr davor. Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, dann werden wir auch mit der Produktion von erneuerbaren Energien nie und nimmer weiterkommen und deren Anteil nie steigern können.

Ein österreichischer Beitrag zu einer Anti-Atompolitik führt einerseits über das Energie­sparen. Ich meine, Herr Minister, dass Sie sich – es gibt auch einen Entschließungs­antrag im Parlament dazu – auf europäischer Ebene unbedingt dafür einsetzen müssen, dass die 20 Prozent Energieeffizienz auch verbindliche 20 Prozent Energie­ef­fizienz werden, wie das andere Ziele für 2020 ja schon sind. Daneben brauchen wir natürlich auch ein Ökostromgesetz, das erneuerbare Energien fördert, statt bremst, das für die Investoren Planungssicherheit bringt und das vor allem, so finde ich, ein sozial gerechtes Ökostromgesetz sein muss.

Wenn ich mir den derzeitigen Entwurf ansehe, wonach die Haushalte und das Klein­gewerbe mit 72 Prozent der Förderkosten belastet werden bei gleichzeitig nur 47 Prozent des Energieverbrauchs, des Stromverbrauchs (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), dann, muss ich sagen, ist das eine Schieflage. Ich denke, dass wir da noch sehr viel werden diskutieren müssen, bis wir von eben diesem Entwurf zu dem notwendigen Ziel kommen. Sehr viele Argumente der Kritiker sind gut und sollten gehört werden. Ich hoffe, dass wir bald zu einem tragfähigen und vor allem zukunfts­fähigen Ökostromgesetz kommen können. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


11.13.15

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Mitterlehner! Geschätztes Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich unserem Bundesminister Mitterlehner Danke sagen – weil er ein Gesetz vorgelegt hat in einer Situation, in der es aufgrund der Ereignisse in Fukushima auch in Österreich nicht so einfach war, über ein derartiges Gesetz zu diskutieren. All die­jenigen, die heute sagen: Wir brauchen dieses Gesetz, das muss so sein, das ist alles


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 66

wichtig!, sind doch in Wirklichkeit diejenigen, die bei Teilbereichen immer gebremst haben. Jetzt liegt ein Gesetz auf dem Tisch; es ist noch nicht fertig, deshalb ist es auch in Begutachtung gegangen. Ich bedanke mich bei allen, die ihre guten Ideen einbringen. Die Diskussion läuft ja schon in vollem Ausmaß, und ich weiß auch – und dafür bedanke ich mich –, dass einiges davon bereits in sicherer Umsetzung ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Für uns gilt: Wir brauchen eine Lösung für die Verhandlungsfähigkeit Österreichs in der Atomfrage! Das ist zunächst der erste Punkt. Wir alle sind uns darin einig, dass die Kernkraft, dass der Atomstrom für Österreich nicht erwünscht ist, und wir wollen andere Länder davon überzeugen, dass sie diesen Weg ebenfalls sukzessive verlas­sen. Nur: Wir werden nicht ernst genommen werden, solange wir selbst für unsere Energieversorgung Atomstrom importieren müssen, weil es ihn eben gibt. Daher müssen wir in den nächsten Jahren ganz klar unsere eigene Stromversorgung neu ordnen, das heißt, auf der einen Seite den Verbrauch vernünftig zu reduzieren durch intelligentes Sparen, durch effiziente Verwendung, andererseits aber auch durch klare Ausbauziele in der Versorgung der Zukunft und durch entsprechend neue Quellen für österreichischen erneuerbaren Strom.

Wir wissen ganz genau: Die größte Energiequelle in Österreich ist die Biomasse. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ihr habt doch gesagt die Wasserkraft!) All jene, die von rohstoffgetriebenen Systemen reden, sollten wissen, dass an der gesamtösterreichi­schen Energiebereitstellung im Inland zunächst einmal die Biomasse den größten Anteil hat. Ähnlich hoch ist der Inlandsanteil von Wasserkraft. Beim Strom schaut es anders aus, denn beim Strom ist die Wasserkraft die primäre Energiequelle.

Wir haben aber gelernt, andere Wege zu finden. Einer davon ist Biogas, einer davon ist Wind, einer davon ist Holzverstromung. (Demonstrativer Beifall und Bravoruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Wenn wir uns das anschauen, dann sehen wir, dass das sehr viel Strom bringt. Daneben gibt es noch etwas, und das wünschen sich die Bürger – meine Wähler wollen das –, nämlich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. (Rufe bei der FPÖ: Das wollen andere auch! – Abg. Dr. Rosenkranz: In Dürnstein darf man das nicht!)

Das ist ein gutes Thema, denn das gibt uns die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie wir die unterschiedlichen Energiebereitstellungswege auch wirklich im Gesetz verankern. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es wird solche geben, die sehr rasch Produktion bringen. Es wird andere geben, die den Menschen das Gefühl der Eigen­ständigkeit geben, und es wird unterschiedliche Instrumente dafür geben, das zu bekommen und auch zu finanzieren. Diese Diskussion führen wir. Es sind sicherlich auch noch einige Fragen zu klären, aber – sollte jemand ein Problem damit haben – dazu sind wir ja da: dass wir die Dinge ausreden. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Meine Damen und Herren, das wirklich Interessante an diesem Thema ist, dass wir ganz genau wissen, dass die erneuerbaren Energieträger eine Kombination aus dem sein werden, was Österreich kann, weil damit auch unsere Kraft eingebracht wird und das Geld im Land bleibt. Das Erste, das wir können, ist Wasserkraft, das Zweite, das wir können, ist Windkraft, und das bedeutet, dass wir ein stark schwankendes Angebot verkraften müssen. Das Wasserangebot kann innerhalb eines Jahres um 20 Prozent schwanken, saisonal noch viel mehr, das Windaufkommen kann noch viel mehr schwanken, und das bedeutet, wir brauchen einen intensiven Ausbau der Stromversor­gungsleitungen, damit wir überhaupt einen Ausgleich zustande bringen, und zwar nicht nur in Österreich, sondern über Deutschland bis hin zu den Windkraftwerken in der Nordsee. Und da, Frau Glawischnig, treten Sie auf den Plan! Immer dann, wenn die Infrastruktur ausgebaut werden soll, sind die Grünen zur Stelle und sagen Nein, bringen Gesetzesvorlagen ein, die die Umsetzung verhindern, die die Umsetzung


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verzögern und in Wirklichkeit die totale Umstellung auf die neuen Energiewege unmöglich machen sollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Moser: Das stimmt ja gar nicht!) Wir wären dankbar, wenn Sie endlich Ideen brächten und eine gewisse Flexi­bilität zeigen würden, die Sie von anderen so gerne einfordern.

Meine Damen und Herren, der Weg ist gut, die Diskussion ist lebhaft. Ein paar Probleme sind schon in Arbeit. Gerade in der Frage Biogas haben wir einige harte Nüsse zu knacken, aber da weiß ich, dass wir sie lösen werden, weil dafür einiges notwendig ist, das ganz tief in die Existenz vieler hineingeht. In der Frage der Bereit­stellung für die Zukunft wird es gute Antworten geben, und in der Frage der Finan­zierung wird Bewegung notwendig sein. (Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

Ein Punkt ist wesentlich: Effizienz muss sein, aber dazu gehört eine Energiestrategie, damit wir das gemeinsam tun. Ich lade das ganze Haus, auch den Koalitionspartner, dazu ein, dass wir das miteinander angehen. – Danke, meine Damen und Herren, das wird eine gute Diskussion! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.18.49

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Das Einzige, in dem ich Ihnen, Herr Schultes, recht gebe, ist: Wir könnten in so manchen Teilbereichen schon weiter sein, wenn sich die Grünen in Sachen Ökostrom nicht immer wieder selbst blockieren würden. Denken wir nur an den Ausbau der Wasserkraft! – Es ist schon klar: Da geht es nicht nur darum, ob man eine neue Talsperre oder ein neues Kraftwerk baut, sondern da geht es auch darum, dass man bestehende Kraftwerke vielleicht effizienter gestalten will oder sonst etwas, und dann sind jedes Mal die Grünen die Ersten, die Bürgerinitiativen unterstützen, die neue UVP-Verfahren verlangen, und, und, und. In dieser Richtung könnten wir wahrscheinlich bereits weiter sein.

Aber das ändert nichts an der Tatsache, Herr Bundesminister, dass das, was Sie hier vorgelegt haben, absolut nicht Ihren Zielsetzungen und natürlich auch nicht den Ziel­setzungen des Umweltministers entspricht. Wenn laut heutiger OTS-Aussendung Herr Umweltminister Berlakovich meint, dass 90 Prozent der ÖsterreicherInnen Energie­autar­kie befürworten, und er dafür ist, dass Österreich die Nase vorne hat und nicht ein Energiesystem von gestern verfolgt, sondern ein Energiesystem für morgen, dann müssen Sie „Ihren“ Umweltminister einmal fragen, ob er Ihren Entwurf für das neue Ökostromgesetz eigentlich kennt! Das ist absolut nicht zukunftsweisend.

Noch einmal zu den Grünen, weil sie immer sagen, sie seien so viel unterwegs in Sachen erneuerbare Energie. – Ich war vor zirka eineinhalb Jahren, im Herbst 2009, in Sand in Taufers; das ist eine energieautarke Gemeinde ähnlich der Gemeinde Güssing im Burgenland. Dort hat ein dreitägiger Energiegipfel stattgefunden, bei dem es nicht nur um Photovoltaik und um Windkraft gegangen ist, sondern generell um alles, auch um Einsparungspotenziale in der Energieeffizienz. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Wissen Sie, wer dazu eingeladen hat? – Eingeladen nach Sand in Taufers hat der Öster­reichische Biomasse-Verband, und es waren auch alle Parlamentsfraktionen ein­geladen, aber – und das ist das Interessante an dieser Sache – der Einzige von uns, der dort anwesend war, war ich (Beifall bei der FPÖ), weil ich mich dafür schon seit Jahren interessiere, weil ich meine, dass dadurch natürlich nicht nur in der Tech­nologie, sondern generell für die Wirtschaft unheimlich viele Chancen entstehen wür­


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den, auch in Bezug auf neue Arbeitsplätze, in Bezug auf erneuerbare Energien, in Bezug auf neue Technologien.

Sie haben richtigerweise erwähnt, Frau Kollegin Brunner, in Deutschland hat man in der Zwischenzeit festgestellt, dass nicht 280 000 zusätzliche, neue Arbeitsplätze ent­standen sind, sondern man redet bereits von 350 000 bis 400 000. – Das ist das, was ich Herrn Wirtschaftsminister Mitterlehner eigentlich vorwerfe: dass man dieses neue Ökostromgesetz nicht dazu nutzt, wirklich einmal auch für die Wirtschaft zukunfts­weisende Schritte zu setzen und damit auch dem österreichischen Arbeits­markt neue, zusätzliche Impulse zu geben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Was Sie hier vorlegen, würde bedeuten, dass die zusätzlichen Mehrkosten für dieses Gesetz ausschließlich von den Haushalten getragen werden. Und das finde ich grundlegend falsch. Sie als ÖVP sind seit Jahren dafür bekannt, dass Sie nicht die Wirtschaftspartei für alle sind, sondern dass Sie ein Lobbying betreiben für die Groß­industrie. Sie wissen, dass die Großindustrie jetzt schon 20 Prozent niedrigere Strom­preise zu bezahlen hat als der normale Haushalt! Auch die Industrie wird umdenken müssen – einige Betriebe machen das auch schon –, wie man Energie­effizienz auch anders erreichen kann, nämlich indem man Einsparungspotenziale nutzt, indem man entsprechend darauf achtet, in Zukunft weniger Energie und diese effizienter zu verbrauchen.

Dass das in Österreich nicht funktioniert, dafür haben Sie als Beispiel den Benzinpreis erwähnt. Sie haben damals beim Benzinpreis-Gipfel gesagt, Sie werden keine Verord­nung über eine Preisobergrenze festlegen, weil Sie der Meinung sind, dass der Markt sich selbst reguliert. Jetzt wissen Sie, Herr Bundesminister, dass der Rohölpreis seit zwei, drei Wochen sinkt. Aber was merkt man davon an der Tankstelle? – Also ich habe nichts bemerkt. Ich habe vorgestern noch getankt, aber mir ist nicht aufgefallen, dass der Markt funktioniert. Ähnlich verhält es sich auch mit dieser ganzen Ökostrom-Geschichte.

Sie wissen genau – die E-Control zeigt das in ihrem jährlichen Bericht immer wieder auf –, dass der Markt in Österreich nicht funktioniert. Wir haben in Österreich über­teuerte Energiepreise im Vergleich zu angrenzenden Ländern. Der Markt funktioniert einfach nicht – auch dann nicht, wenn Sie einen zweiten Geschäftsführer in der E-Control einsetzen –, aber Sie reagieren nicht darauf! Das werfe ich Ihnen vor. Es ist nicht alles so schlecht in Österreich, wie man das vielleicht von allen Seiten behaupten will, das weiß ich, aber wir könnten viel mehr tun, und wir könnten Vorreiter sein auch für andere Länder im Umkreis. Deutschland hat das bewiesen mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Italiener haben in etwa nachgezogen in dieser Richtung – und wir sind meilenweit davon entfernt.

Das einzig Positive an diesem Gesetz, Herr Bundesminister, ist, dass Sie es allein nicht beschließen können. Sie werden eine unheimliche Kraftanstrengung brauchen, um eine der Oppositionsparteien hier davon zu überzeugen, mitzustimmen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Das ist die große Hoffnung, die ich habe. Ich glaube, Herr Bundesminister, bei ein wenig Kraftanstrengung – und das traue ich Ihnen auch zu – werden Sie das schaffen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.24.25

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Worum geht es? – Die Bundesregierung ist dabei, mit diesem Entwurf zum Ökostrom­


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gesetz eine Riesenchance zu verschlafen. Das ist die Tragödie an dieser Geschichte. Die Grundaufstellung ist vollkommen klar: Wenn wahr ist, dass jetzt ein historisches Fenster aufgeht, dann muss man jetzt dabei sein, weil man – ich möchte das nur ökonomisch durchargumentieren – jetzt vorne dabei sein muss und nicht erst später. Es geht um Riesenchancen für die heimische Industrie, für die heimische Ökostrom-Branche, und wenn wir die jetzt nicht nutzen, dann sind wir schlicht und ergreifend hintennach.

Klar ist, dass es nach Fukushima ein Raus aus dem Atomzeitalter, ein Raus aus dem fossilen Zeitalter und ein Rein ins Solarzeitalter geben muss. Das ist in Wahrheit die aktuelle industrielle Revolution, die abgeht – Gott sei Dank –, und da kann man dabei sein oder sie verschnarchen. In Österreich hätten wir die besten Voraussetzungen dafür, dabei zu sein. Das würde einen Umbau in der Wirtschaft und das würde viele Tau­sende neue Jobs bedeuten.

Jetzt, in diesem Stadium, mit kleinkrämerischen Kostenargumenten zu agieren, ist fatal. Noch dazu stimmt die Rechnung, die Sie aufmachen, hinten und vorne nicht. Was wird denn passieren? – Die fossilen Energieträger werden aufgrund ihrer Knapp­heit immer teurer werden. Die erneuerbaren Energien werden nicht absolut vielleicht, aber indirekt natürlich günstiger werden. Daher kann man gar nicht rechtzeitig genug dafür sorgen, dass man dabei ist. Der Punkt ist doch der: Wenn jetzt anständig investiert wird, ist die Bevölkerung dann, wenn die fossilen Energien noch teurer geworden sind, nicht mehr in dieser Form abhängig von den Preisschwankungen, die kommen werden und die in der Regel und tendenziell Verteuerungen sein werden.

Das heißt, es gibt eine Reihe von Argumenten, jetzt mehr zu investieren und mehr Geld dafür in die Hand zu nehmen. Wie das gemacht wird, ob das über ein Ökostrom­gesetz gemacht wird, so wie es jetzt angedacht ist, mit den Förderungsinstrumenten, über eine ökologische Steuerreform, über direkte Subventionen, ist, gemessen an dem Großen, das hier vor uns liegt, fast zweitrangig. Wir müssen uns nur die Methodik dieses Ökostromgesetzes anschauen, das Sie vorhaben. Wozu führt denn das Ganze?

Ich finde das tragisch und dramatisch, wie Sie die Probleme verniedlichen, als ob ohnehin schon alles quasi in der Energiewende drinnen wäre. Woher kommen denn dann diese Rückstaueffekte, die wir im Bereich der Windkraftbetreiber haben? Woher kommen die Rückstaueffekte im Bereich derer, die Photovoltaikanlagen bauen wollen? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) – Jetzt meint der Minister, vielleicht sind die Förderungen zu hoch. Das ist wieder typisch! (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Ja, möglich!) Wie wollen Sie erreichen – und das ist doch das Ziel –, dass wir möglichst in wenigen Jahren, längstens bis zum Jahr 2015, wegkommen von den Atomstromimporten und bis zum Jahr 2020 vollständig auf erneuerbare Energie umgestellt haben? Darum geht es – und da sagen Sie, es wird vielleicht zu viel gefördert! Ich habe Ihnen gerade eben erst vorgerechnet, dass die Kostenkalkulation in Wirklichkeit ganz anders läuft. Wenn Sie endlich einmal bereit wären, die Kyoto-Strafzahlungen einzukalkulieren, dann stimmte die Rechnung schon überhaupt nicht mehr. Das ist genau das Versäumnis dieser Bundesregierung.

Jetzt zur Fragestellung, was man noch herausholen und was man noch retten kann. Einer meiner Vorredner hat angekündigt, dass sich SPÖ und ÖVP in die nächste Verhand­lungsrunde begeben. Das ist eine mittelmäßige Drohung. Aber Gott sei Dank ist das ja auch eine sogenannte Zweidrittelmaterie. „Zweidrittelmaterie“ heißt, dass mindestens eine weitere Partei wird zustimmen müssen, damit Sie überhaupt etwas auf die Reise bekommen. Und diesmal wird es hoffentlich nicht so sein, dass es die FPÖ am Ende wieder allzu billig gibt und umfällt und somit ein Ökostromgesetz herauskommt (Abg. Dr. Rosenkranz: Geh, geh, geh! Da redet der Richtige!), das genau zu diesen Zuständen führt, die Sie jetzt alle großzügig bejammert haben.


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Wir werden uns natürlich den Verhandlungen nicht verschließen, sondern ganz im Gegenteil! Das Verhandlungsangebot steht, die Hand ist ausgestreckt. Aber ich sage Ihnen schon, es muss ein Ökostromgesetz auf den Tisch, und das muss eines werden, das die Ziele – Atomstromimport-frei im Jahr 2015 und Umstellen auf Erneuerbare im Jahr 2020, und zwar zu 100 Prozent, weil das möglich ist – auch wirklich anvisiert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Die Bevölkerung kann sich natürlich auf eines verlassen: Wenn die Grünen bei solch einem Gesetz mit verhandeln, wenn sie die entsprechenden Punkte darin unterbringen, dann ist das auch ein Gesetz, das dieses Gütesiegel verdient. Dann können wir das erste Mal wirklich von einem Ökostromgesetz reden, anstatt von einem Gesetz, das in Wirklichkeit und indirekt die Atomstromimporte weiterhin begünstigt. (Beifall bei den Grünen.)

Ökostromgesetz statt Ökotodgesetz – ein grünes Gütesiegel für ein Regierungsgesetz, das wird das Einzige sein, das die Sache noch rettet. (Beifall bei den Grünen.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.30.01

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Window of Opportunity, das Chancenfenster, ist seit Fukushima offen, aber ich be­fürchte, dass die europäische Politik – aber auch die österreichische – dieses Fenster zu lassen wird, den Ausstieg aus der Atomkraft nicht schaffen wird und auch viel zu wenig in erneuerbare Energie investieren wird.

Auch die Jugend setzt zunehmend auf zwei wichtige Themen. Das eine Thema ist das Thema Bildung und Wissenschaft und das zweite Thema ist das Thema Nachhaltigkeit, Umwelt, erneuerbare Energie, liebe Kollegen von der ÖVP. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Frau Kollegin Glawischnig, da bin ich auch schon bei Ihnen. Letzte Woche fand auf höchster parlamentarischer Ebene in Kroatien ein Treffen mit dem Parlaments­präsidenten statt. Kollege Grosz war für die Steiermark dabei. Da ging es um Krško. Da wurde mit dem Parlamentspräsidenten auch darüber diskutiert, das Kraftwerk letzt­lich zuzusperren, weil es auf einer Erdbebenlinie gelegen ist und weil das unmittelbar auch die Nachbarländer bedroht. Und wer war nicht dabei? – Es waren die Grünen nicht dabei, Kollegin Moser war nicht dabei. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.)

Das ist die Anti-Atom-Politik der Grünen: Die findet statt in der „Kronen Zeitung“, in der „ZiB 1“ und in der „ZiB 2“, und das war es dann auch schon. Aber wenn Sie glaub­würdig sein wollen, dann müssen Sie bei diesen Dingen auch mittun und mitmachen. (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt zum eigentlichen Thema. Wenn wir international und auf europäischer Ebene glaubwürdig sein wollen bei der Anti-Atom-Politik, dann müssen wir mehr auf erneuer­bare Energie setzen. Das sagen ja alle, das sagen auch Sie, Herr Minister, nur habe ich manchmal den Verdacht, man weiß zwar, was zu tun ist, aber man tut es nicht, gerade bei der ÖVP-Fraktion. Da wird von Wirtschaft gesprochen, wie wichtig und richtig das ist. Ja, natürlich müssen wir die Wirtschaft gut einbinden, aber die Wirtschaft profitiert auch davon.

Oder Energieeffizienz: Da gibt es eine IHS-Studie, die besagt, bis 2050 könnten wir 50 Prozent des Endenergieverbrauches in Österreich einsparen, wenn Maßnahmen


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gesetzt werden, wenn Sie das entsprechende Gesetz erlassen oder entsprechende Begleitmaßnahmen setzen.

Oder das Ökostromgesetz: Herr Minister, seien Sie mir bitte nicht böse, das ist wirklich ein Wurf in die Steinzeit. Das heißt, zurück zum Start. Sie machen ja wirklich „Pimperlmaßnahmen“! Von 21 auf 30 Millionen € soll die jährliche Bezuschussung erhöht werden. Das ist im Prinzip ja fast gar nichts.

Landeshauptmann Pröll, also die ÖVP, die „Gallier“ der ÖVP Niederösterreich, die sagen das ganz deutlich. Der Deckel muss weg!, sagt Herr Landeshauptmann Pröll. Und das ist der Punkt.

Ich habe Sie unlängst einmal gefragt, was es kosten würde, wenn man den Deckel weggeben würde. Sie haben mir gesagt, Sie wissen das noch nicht. Das ist kein Vorwurf, aber ich bitte Sie wirklich, hier Zahlen, Daten, Fakten auf den Tisch zu legen, einmal offenzulegen, welche Projekte bei der Windkraft, bei der Wasserkraft, bei der Photovoltaik, bei der Biomasse es noch gibt, was denn das kostet und wie man das dann auch korrekt und fair aufteilen könnte.

Ich habe in den letzten Wochen sehr viel mit den Interessenvertretern der Biomasse, der Windkraft, der Kleinwasserkraftwerke, der Photovoltaik, dem bundesweiten Ver­band Erneuerbare Energie Österreich gesprochen, und die sagen alle durch die Bank, auch innerhalb der ÖVP, dieses Ökostromgesetz ist kein Fördergesetz, es ist ein Verhinderungsgesetz von Ökostrom. Und da muss man noch viel tun. (Beifall beim BZÖ.)

Wissen Sie, meine Kollegen von der ÖVP, wenn Sie einerseits Energieautarkie inserieren – nämlich der Herr Umweltminister, der heute nicht hier ist –, und anderer­seits der Wirtschaftsflügel – die ÖVP hat da offenbar einen neuen Sprecher – uns durch Herrn Mitterlehner ausrichten lässt: Wir brauchen keine Energiewende! Na, selbstverständlich! (Abg. Mag. Stadler: Neuer Parteiobmann Treichl!) Ja, Stichwort Treichl. Wenn also die Treichl-Partei – mittlerweile wird er offenbar Sprecher dieser Partei –, uns ausrichten lässt, es braucht keine Energiewende, dann frage ich mich schon – wir haben das Glück, den Segen der Wasserkraft in Österreich, aber es gibt viele andere Punkte in der erneuerbaren Energie, wo wir investieren müssen –: Wer hat das Sagen? Ist es die Veit-Sorger-Treichl-Fraktion mit Mitterlehner, ist es die Rest-ÖVP unter Spindelegger oder ist es das gallische Dorf, die Rest-ÖVP von Nieder­österreich unter Erwin Pröll? Ich weiß es nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen mehr Ehrlichkeit, und wir brauchen auch – es ist bereits diskutiert worden – nicht nur das Ökostromgesetz. Herr Minister, was hindert Sie daran, einmal die Dividende des Verbundes, die jährlich 285 Millionen € ausmacht – das ist mehr als im ganzen Ökostromregime derzeit im Fluss ist – herzunehmen und sie nicht zum Stopfen von Budgetlöchern zu verwenden, weil die Verwaltungsreform, die Gesundheitsreform, die Bildungsreform nie stattgefunden haben, sondern dieses Geld zu nehmen, um die Zukunft zu sichern, um erneuerbare Energie aufzubauen? Damit könnte man das Förderregime verdoppeln.

Dasselbe gilt im Übrigen auch für die gesamten Landesgesellschaften. Wann ist Herr Pühringer bereit, die 160 Millionen € operatives Ergebnis der Energie AG nicht ins Land hineinzustecken, um das Budgetloch zu stopfen, sondern für erneuerbare Energie zu verwenden? Dasselbe gilt für Pröll bei der EVN oder auch für Wienstrom bei Häupl. Also nicht dort hohe Gagen subventionieren, Postenschacher betreiben und das Budgetdefizit abdecken, sondern Überschüsse aus diesen Betrieben hineinstecken in erneuerbare Energie. Das wäre Ehrlichkeit! (Beifall beim BZÖ.)


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Aber ich komme auch zurück zu den Grünen. Sie sind es, die Stromleitungen verhin­dern, sie sind es, die Pumpspeicherkraftwerke verhindern, sie sind es, die bei Treffen nicht dabei sind. Ich sage Ihnen eines ganz klar: Brechen wir ein Tabu, reden wir über Hainburg! Ich sage nicht, dass wir es bauen müssen, aber reden wir über Hainburg, ob das ein wichtiger, richtiger Schritt wäre, Österreich wieder vorwärtszubringen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

11.35.26Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 8411/J bis 8503/J;

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 60/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 7731/AB bis 7870/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 79 betreffend „Übernahme des Schulversuches ,Volksschulen und Volks­schulklassen mit musikalischem Schwerpunkt‘ in das Regelschulwesen“, überreicht vom Zweiten Präsidenten des Nationalrates Abgeordneten Fritz Neugebauer,

Petition Nr. 80 betreffend „Bereitstellung von Selbständigen Behindertenarbeitsplätzen zur beruflichen Integration von Vorzugsberechtigten durch Einführung eines Tabak-, Glücksspiel-, Sportwetteneinzelhandelsfachgeschäftssystems“, überreicht vom Abgeordneten Ing. Norbert Hofer,

Petition Nr. 81 betreffend „Erhaltung und Betrieb der Thayatalbahn nach Übergabe an das Land Niederösterreich“, überreicht vom Abgeordneten Ewald Sacher,

Petition Nr. 82 betreffend „Zum Weltweiten Atomausstieg – Abschalten! Jetzt!“, über­reicht von den Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Heinz-Christian Strache und Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,

Petition Nr. 83 betreffend „Erhalt des Personenverkehrs auf der Bahnstrecke Oberwart–Friedberg“, überreicht von der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Unterrichtsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über den Entwick­lungstand zur Standardisierten kompetenzorientierten schriftlichen Reife- und Diplom­


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prüfung aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 21. Oktober 2009, E 50-NR/XXIV. GP (III-236 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen,

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Inter­nationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich.

*****

11.35.50Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Klub der Freiheitlichen Partei Österreich hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 8504/J der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Errichtung einer euro­päischen Transferunion dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

11.36.16Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters haben die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Tätigkeit der Strafverfolgungs­behör­den im Bereich der Tierschutzszene einzusetzen.

Es liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 4 sowie 6 bis 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurden Konsens über die Dauer der Debatten erzielt und eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 84 Minuten, Freiheitliche 75 Minuten, Grüne 66 Minuten, BZÖ 63 Minuten.

Ich schlage vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minu­ten pro Debatte zu beschränken.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nom­men.

11.37.301. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Österreichischen Frauen­gesund­heitsbericht 2010/2011, vorgelegt vom Bundesminister für Gesundheit (III-228/1179 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


11.37.47

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Frauengesundheitsbericht, der fast 600 Seiten umfasst, ist ein sehr umfang­reiches Werk. Wir werden diesen Frauenbericht aber dennoch nicht zur Kenntnis nehmen. Die Gründe hiefür sind vielfältig.

Zum einen ist er so voll, dass er auch schon wieder unübersichtlich ist, zum anderen sind hier auch sehr viele Kapitel enthalten, die relativ wenig Bezug zur Frauengesund­heit haben und meines Erachtens relativ unnötig sind wie beispielsweise das Kapitel „Frau und Erwerbstätigkeit“. Da fehlt jeglicher Bezug zum Gesundheitsbereich. Da möchte ich sagen, das hätte man sich sparen und statt dessen andere Kapitel, die vielleicht wichtiger wären, ein bisschen ausführlicher gestalten können, wie etwa die Wirkung von Medikamenten, die unterschiedliche Wirkungsweise auf Männer und Frauen. Diesem Kapitel sind genau drei Seiten gewidmet.

Ein wichtiger Grund, warum wir diesen Frauengesundheitsbericht ablehnen, ist auch seine ideologische Färbung. Das kann man hier schon ganz genau erkennen, in welche Richtung es gehen soll. Es ist offensichtlich schon eine Auftragsarbeit des sozialistischen Gesundheitsministers.

Ich habe mir die Mühe gemacht, diese 600 Seiten wirklich gut durchzulesen, und bei einigen Kapiteln bin ich schon auf etwas gestoßen, was mich auch ein bisschen erstaunt hat. Ich möchte Ihnen jetzt hier einen Absatz aus diesem Frauengesund­heitsbericht vorlesen:

„Jedes vierte Kind, das in Österreich zur Welt kommt, hat eine Mutter mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Während insgesamt ein massiver Geburtenrückgang zu verzeich­nen ist, wird in Zukunft in den Kreißzimmern der Anteil an Migrantinnen unter den Gebärenden weiter steigen. Das liegt zum einen“ – da kommen dann ein paar Sätze – „daran, dass die ausländischen Staatsbürgerinnen im Vergleich zu den Österreicherin­nen eine deutlich höhere Fertilität aufweisen.“

Ich staune nur, wenn ich das lese. Hätten wir das als Freiheitliche behauptet, wäre wahrscheinlich schon die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen und hätte wegen Verhetzung untersucht. (Beifall bei der FPÖ.)

Der nächste Satz ist dann: „Die Geburtshilfe nimmt dadurch als Integrations­schnitt­stelle im Gesundheitssystem eine immer bedeutendere Rolle ein.“

Meine Damen und Herren, was bedeutet das? – Sind in Zukunft die Hebammen die Integrationsbeauftragten? Ist es in Zukunft dann so, dass die Hebammen ...


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(Zwischenrufe bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Schwentner. – Abg. Dr. Rosen­kranz: Das ist eine unangenehme Wahrheit!) Ist das jetzt in Zukunft so, Frau Kollegin? Das ist ja offensichtlich, das steht ja hier wörtlich drinnen. Wissen Sie, Frau Kollegin, ich habe mir die Mühe gemacht, diesen Bericht mit nach vorne zu nehmen, damit ich nicht falsch zitiere, sondern damit ich es herauslese, und es steht hier wörtlich so. Das heißt, die Hebammen sind die Integrationsschnittstellen im Gesundheitsbereich. Das ist es genau, denn offensichtlich geht man ja davon aus, dass Säuglinge von Müttern mit Migrationshintergrund oder mit ausländischer Staatsbürgerschaft andere Bedürf­nisse haben, andere Schreie haben. Vielleicht sollten die gleich übersetzt werden. – Ich sage Ihnen, wir von den Freiheitlichen sehen das ganz anders.

Die Konsequenzen werden ja dann gleich auf der nächsten Seite gefordert. Da heißt es, die Sprachkenntnisse der Hebammen müssen erhöht werden, und da heißt es unter anderem: „Sprache, Familienangehörige sowie Konflikte in Bezug auf das Mann-Frau-Rollenverhältnis sind die größten Hindernisse einer optimalen Betreuung“ bei der Geburt, und das Personal fühlt sich „nicht selten gestresst“, soll heißen: fühlt sich häufig gestresst, „mit Migrantinnen“. Offensichtlich soll es hier zu einer Sonderbe­hand­lung kommen.

Wir sehen das anders. Wir wollen nicht, dass es in den öffentlichen Krankenhäusern eine Sonderbehandlung gibt aufgrund kultureller oder sprachlicher Hintergründe. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wenn jemand eine Sonderbehandlung wünscht, dann hat er sie privat zu bezahlen. Das kann es doch nicht sein! Und es kann nicht sein, dass man sich permanent an den Ausländern orientiert und dass unsere eigenen Gepflogenheiten hintangestellt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen noch ein Beispiel. In einer niederösterreichischen Klinik lag ein junger querschnittgelähmter Muslim. Dessen Vater hatte wirklich die Schneid, von den Krankenschwestern zu verlangen, dass sie genau Auskunft darüber geben, wann sie ihre Menstruation haben, denn an diesen Tagen hätte der junge Mann von den Kran­kenschwestern nicht angegriffen werden sollen. Das sind Auswüchse, die mit genau solchen Forderungen auch noch unterstützt werden! Dieser junge Mann sollte dankbar sein, dass er in einem österreichischen Krankenhaus behandelt wird, und zwar eine Topbehandlung bekommt. (Zwischenrufe der Abg. Mag. Korun.)

Frau Kollegin Korun, Sie können sich gerne hier herausstellen, Sie können gerne hier etwas dazu sagen. (Beifall bei der FPÖ.) Aber, Frau Kollegin Korun, Sie sind ein Beispiel, Sie haben in Österreich studieren dürfen, Sie haben es geschafft, einen sozi­alen Aufstieg zu haben. Sie haben alles bekommen von dieser Republik und schimpfen jedes Mal, wie schlecht alles ist. (Abg. Mag. Korun: Das ist falsch!) Sie sollten sich da ein bisschen zurückhalten! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Korun: Das ist falsch, was Sie da behaupten!)

Ich glaube, dieser Gesundheitsbericht hat sehr, sehr deutlich gezeigt, was da im Busch ist. Jedes vierte Kind ist das Kind einer Mutter mit nichtösterreichischer Staats­bürgerschaft. Ich frage mich dann schon: Wie schaut es denn in den Ballungszentren aus? Das ist da gar nicht herausgearbeitet worden.

Und was lernen wir daraus? – Die Schlüsse, die Sie daraus ziehen, dass nun das Kran­kenhauspersonal mehrsprachig sein und auf die kulturellen Vielfältigkeiten ein­gehen muss, sind die falschen Schlüsse.


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Wir fordern die Integration und die Anpassung der Patientinnen und Patienten – egal, ob Männer oder Frauen – in den österreichischen Krankenhäusern. (Beifall bei der FPÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.43.20

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, wissen Sie, was im Busch ist? – Dass wir hier das erste Mal im Parlament einen Frauengesundheitsbericht diskutieren, und das ist gut so! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Endlich!) End­lich, ja. Sie hätten die Möglichkeit gehabt 2005. Jetzt diskutieren wir im Jahr 2011 das erste Mal auf Antrag der SPÖ. Nicht Sie haben ihn gestellt, wir haben diesen Antrag auf Diskussion im Plenum gestellt, und ich bin froh, dass wir hier darüber diskutieren können, dass die Medienöffentlichkeit diese Diskussion miterleben kann und dass das spezielle Problem, das zwischen Frauen und Männern auch im Bereich der Gesundheit auftritt, hier untersucht wird.

Ein wichtiges Zeichen ist auch – außer dass wir das hier diskutieren, was ja löblich ist –, dass es seit letztem Jahr einen eigenen Lehrstuhl hier in Österreich an der Universität Wien gibt, besetzt mit Frau Professorin Kautzky-Willer, der sich dem Thema der Gender-Medizin eigens widmet. Ein großer Fortschritt und ein wichtiger Bereich für mehr Gesundheit der Frauen in unserem Land.

Wenn ich erwähne, dass wir diesen Bericht erstmals hier im Plenum im Nationalrat diskutieren, möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir im letzten Ausschuss am 4. Mai ein großangelegtes, sehr hochstehendes ExpertInnen-Hearing veranstaltet ha­ben, wo AutorInnen zu Wort gekommen sind, Fraktionsexperten und ‑expertinnen zu Wort gekommen sind, wodurch wir einen Gesamtüberblick bekommen haben über dieses sehr wichtige Thema, das ja mehr als 50 Prozent der Bevölkerung unseres Landes betrifft.

Es haben die verschiedenen ExpertInnen auf unterschiedliche Bereiche hingewiesen, hingewiesen auf Unterschiedlichkeiten wie zum Beispiel, dass die Todesursache Nummer eins bei Frauen und Männern die Herz- und Kreislauferkrankungen sind, dass aber andererseits die Symptome sich anders darstellen, dass zum Beispiel bei Frauen ein Herzinfarkt eher zehn Jahre später auftritt, dass Frauen aber, wenn sie in früheren Jahren einen Herzinfarkt erleiden, eher daran sterben, und, und, und. All das sind Diagnosen, all dies sind Merkmale, die man sich genau anschauen muss, um in diesem Bereich zu helfen. (Abg. Grosz: Es gibt aber mehr Frauen, die die Männer überleben, als umgekehrt!) Es gibt mehr Frauen, die die Männer überleben, auch das stimmt, nur hat sich die unterschiedliche Lebenserwartung angeglichen, Herr Kollege Grosz. Das kommt natürlich auch auf das Gesundheitskonzept an, wenn ich das so sagen darf, Herr Abgeordneter Grosz. Frauen leben oft gesünder, gehen nicht so viel aus, betreiben nicht so gefährliche Sportarten et cetera. Damit ist auch eine Erklärung gegeben, warum Frauen zwar älter werden, aber sich, wie gesagt, das Alter zwischen den Geschlechtern angleicht.

Was ist noch eine wichtige Aussage in diesem Zusammenhang? Dass – und das ist mir auch wichtig – die Medikamente mehr geprüft werden, dass in den Forschungen darauf eingegangen wird, dass Frauen einfach anders reagieren auf die Verabreichung von verschiedenen Medikamenten, dass Frauen öfter Psychopharmaka verschrieben werden zum Beispiel. Auch das muss man sich ansehen. Das gilt auch für diesen neuen Schönheitswahn, der Frauen verordnet wird und der oft sehr tragisch endet,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 77

nämlich in Magersucht, in Ess-Brechsucht et cetera. Auch darauf muss das Augen­merk gelegt werden, dass diesen Krankheiten, die mit diesem neuen Schönheitsideal, fast könnte man sagen Schönheitswahn, besonders Frauen betreffen, entgegengewirkt wird.

Das ist ein Ansatz, der auch in diesem Gesundheitsbericht nachzulesen ist, neben all dem anderen. Es ist ein wichtiges Nachschlagewerk, es gibt wichtige Handlungs­anleitungen. Der Lehrstuhl für Gender Medicine ist ein wichtiger Ansatz, um hier auch weiterzukommen. Ich bin froh, dass wir hier darüber vernünftig, sachlich und ordentlich diskutieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


11.48.05

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Ja, der Österreichische Frauengesundheits­bericht ist ein sehr umfassendes Konvolut, und ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin Wurm, ich bin auch froh darüber, dass wir den hier im Plenum behandeln können. Ich möchte auf zwei besondere Punkte in diesem Bericht eingehen.

Das ist zunächst einmal die Brustkrebsvorsorge. Brustkrebs ist weiterhin eine große Bedrohung für Frauen. Als Tiroler Abgeordnete möchte ich natürlich darauf hinweisen, dass Tirol das erste Bundesland ist, das flächendeckend Brustkrebsvorsorge im gan­zen Landesgebiet umgesetzt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind keinesfalls bereit, dieses Programm gegen ein schlechteres einzutauschen, wie es eine EU-Richtlinie vorsieht, die der Herr Gesundheitsminister jetzt umsetzen wird. Wir werden Sie, Herr Minister, deshalb beim Wort nehmen, wenn Sie, wie Sie im Ausschuss versprochen haben, keine Kompromisse zu Lasten der Qualität in diesem Bericht machen.

Ich möchte Ihnen aber nur berichten: Auf Initiative der Tiroler Freiheitlichen gibt es einen Allparteienantrag im Tiroler Landtag, der auf eine mögliche Verschlechterung der Verhältnisse hinweist, die verhindert werden soll. Die hohen Tiroler Standards sollen so garantiert bleiben und auch ein Wegweiser für den Rest Österreichs sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf ein weiteres heikles Thema in diesem Bericht möchte ich auch noch eingehen, und zwar geht es um die Schwanger­schafts­abbrüche.

Vorweg möchte ich sagen, ich möchte hier jetzt keine Diskussion über die Fristenlösung vom Zaun brechen, aber wir haben heute schon gehört, dass dieser Bericht ziemlich ideologisch eingefärbt ist. Im Gleichbehandlungsausschuss hat Frau Dr. Anna Dieplinger auf meine Frage darauf hingewiesen, dass es sehr wohl auch internationale Studien über das Post-Abortion-Syndrom und weitere schwerwiegende Probleme von Frauen gibt, die Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt haben. – Dies löste aber einen Aufschrei bei den SPÖ-Expertinnen aus, die ohne entsprechende Grundlagen meinten, diese Studien, die ich zitiert habe, wären nur ideologisch gefärbt.

Dazu möchte ich anmerken, dass ebendiese Passagen im Gesundheitsbericht ideo­logisch gefärbt sind, so frei nach dem Motto: Was nicht sein darf, ist nicht. – Vielmehr wird in diesem Gesundheitsbericht der Schwangerschaftsabbruch als Erlösung von einer Belastung dargestellt, was für viele Frauen wirklich nicht zutrifft. Und genau jene Frauen, die unter ernsten Problemen nach Schwangerschaftsabbrüchen leiden, wer­den im Regen stehen gelassen. Gesundheitspolitik sollte aber abseits jeder ideolo­gi­


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schen Scheuklappe gemacht werden (Abg. Mag. Schwentner: Das sagen Sie!), was in diesem Punkt nicht der Fall ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese großen Probleme von Frauen müssen ernst genommen werden!

Abschließend möchte ich auf Bruno Kreisky verweisen, der bei der Einführung der Fristenlösung umfangreiche begleitende Maßnahmen versprochen hat. Genau diese Maßnahmen sind 40 Jahre nach Einführung der Fristenlösung noch immer nicht umgesetzt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


11.51.36

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frauen sind keine „kleineren Männer“. (Abg. Mag. Wurm: Ja, richtig!) Frauen haben einen Anspruch auf eine geschlechterspezifische, geschlechtergerechte und geschlechtersensible Sicht­weise der Gesundheit und damit Anspruch auf eine entsprechende Diagnostik, The­rapie, Prävention, Rehabilitation, die ihnen als Frauen zustehen, so wie Männern auch.

Ich darf Ihnen hier ein ganz kleines Beispiel bringen: Mehr als zwei Drittel der Patienten, die ein künstliches Kniegelenk erhalten, sind Frauen. Die Maße herkömm­licher Knieimplantate beruhen jedoch hauptsächlich auf Daten der männlichen Ana­tomie. Was hat man gemacht? Es wurde da nicht auf die Besonderheiten des weib­lichen Knies medizinische Rücksicht genommen – und auch nicht in der Studie –, sondern man hat ganz einfach die Implantatgröße verkleinert. Das konnte natürlich nicht die geforderte Qualität bringen, die sich die Frauen, die Patientinnen gewünscht haben.

Ein weiterer Punkt, der im Bericht gleichfalls sehr gut aufgezeigt wird und von Frau Universitätsprofessorin Jeanette Strametz-Juranek referiert wurde, sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen – da ist es ganz besonders drastisch –: In Österreich stirbt jede zweite Frau an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Frauen unter 50 Jahren weisen ein doppelt so hohes Risiko auf, an einem Herzinfarkt zu sterben, eben aufgrund der Mehrfachbelastung, die sie durch Familie und Beruf und all das, was sich da sonst noch so ergibt, ganz einfach haben!

Großteils werden Diagnosen falsch gestellt, die Alarmzeichen-Symptome bei den Frau­en werden nicht rechtzeitig oder gar nicht erkannt. Hinzu kommt, dass gerade Studien betreffend Herz- und Herzkranzgefäßerkrankungen zu 85 Prozent an den Männern durchgeführt werden und nicht an den Frauen, wobei die Herzkranzgefäßerkrankungen zeitgleich Frauen und Männer zu 50 Prozent betreffen. Hier wird Wissenschaft und Forschung an den Frauen vorbei betrieben. Das kann zu keinem positiven Ergebnis führen.

Ein wichtiger Punkt wurde schon von meinen Vorrednerinnen angesprochen, nämlich Brustkrebs. Ich darf hier aus dem Frauengesundheitsbericht zitieren:

„Das derzeitige, nicht qualitätsgesicherte, opportunistische Screening in Österreich bedeutet, dass in der Nutzen-Schaden-Bilanz mit mehr Schaden als Nutzen“ – bei einer Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchung – „zu rechnen ist. Durch das von Gesundheits­minister Alois Stöger geplante nationale Mammografie-Screening-Projekt basierend auf den EU-Guidelines“ – dazu muss man wissen, dass es immer eine Mindestanforderung bei den EU-Richtlinien gibt – „soll sich das ändern. Gleichzeitig muss das opportu­nistische Mammografie-Screening im Rahmen der Vorsorge neu für Frauen zwischen


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40 und 50 Jahre eingestellt werden. Ein Nachweis des Nutzens für diese Altersgruppe konnte wissenschaftlich noch nicht erbracht werden.“

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch nicht den Nachweis des Gegenteils, sage ich jetzt auch einmal dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage – und ich weiß das von vielen, vielen Familien und Bekannten in den Gemeinden draußen, leider Gottes ist es so –, dass es Sinn macht, da entsprechende Vorsorgeuntersuchungen zu machen! Es macht Sinn, um rechtzeitig zu erkennen, woran man erkrankt ist. Ich weiß das von meiner Schwägerin: mit 38 Jahren Brustkrebs, von meiner besten Freundin: mit 43 Jahren Brustkrebs.

Wenn wir beginnen, diese Untersuchungen erst ab 50 Jahren zu bezahlen, sie auch zuzulassen (Abg. Mag. Schwentner: Wer sagt das?), dann ist das ein Rückschritt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird auch angekündigt, dass die Zahl der zurzeit bestehenden 200 Brustkrebs­zentren auf 20 reduziert werden soll. Was bedeutet denn das für die Frauen im länd­lichen Raum, aber auch überall sonst? – Ein erschwertes Hinkommen zu diesen Brustkrebszentren für diese Frauen, die diesen Weg ohnedies schweren Herzens gehen. Man muss einmal diese psychische Belastung sehen – und dann müssen sie noch ich weiß nicht wie weit fahren, um überhaupt zu einem entsprechenden Zentrum zu gelangen!

Bisher konnten Frauen ab 30 – das ist bundesländerweise unterschiedlich geregelt – diese Untersuchung sehr wohl kostenfrei vornehmen lassen. (Abg. Dr. Oberhauser: Aber das gibt es ja weiter!) Bisher war es so, dass der Hausarzt in seiner großen Verantwortung, aber auch der Gynäkologe die Frauen zur Untersuchung geschickt hat. Jetzt spricht man da von opportunistischem und nicht qualitätsgesichertem Screening.

Meine Damen und Herren, zurzeit gibt es in Österreich jährlich 4 600 Neuerkrankungen in diesem Bereich, 1 500 Frauen sterben jährlich an Brustkrebs. Ich meine, dass gerade die Früherkennung eine der wichtigsten Gegenmaßnahmen ist.

Ich frage mich dann auf der anderen Seite: Ja, warum machen wir denn so viel Werbung? – Auf jeder Straßenbahn in Wien gibt es Werbung für die Vorsorge: „Ich sorge vor“. Es wird diese Werbung gemacht bei Großveranstaltungen, im Hörfunk, im Fernsehen, überall finden sich diese Werbeslogans. Prominente wie Vera Russwurm sagen: „Ich sorge mich nicht. Ich sorge vor!“

Meine geschätzten Damen und Herren, ich sorge mich mittlerweile, weil nicht vorgesorgt wird, so wie wir das für die Frauen in unserem Lande brauchen! (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas: Wir geben Schutz und fördern Gerechtigkeit für die Frauen am Arbeits­platz, wir geben Schutz bei höheren Positionen, wir haben ein Gender Budgeting, aber wir geben nicht den Schutz, den Frauen für ihre Gesundheit brauchen. Da sind wir gefordert!

Meine Damen und Herren, vergangene Woche hat WIFO-Chef Aiginger gesagt, die Österreicherinnen und Österreicher nehmen zehn Jahre früher die Reparaturmedizin in Anspruch, das heißt, sie brauchen ihre Kuren und entsprechende medizinische Betreu­ung schon zehn Jahre früher als die BürgerInnen in vergleichbaren anderen Ländern in Europa. – Das heißt für mich, es ist das Gebot der Stunde, die Vorsorge auszubauen und nicht abzubauen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Zanger steht bei Abg. Amon und spricht mit diesem.)

11.57



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 80

Präsident Fritz Neugebauer: Darf ich den Herrn Kollegen bitten, den Rednerinnen und Rednern nicht den Rücken zuzuwenden! (Abg. Zanger begibt sich zu seinem Sitzplatz.) – Danke.

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


11.57.52

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Liebe Frauenministerin Gabi Heinisch-Hosek! Hohes Haus! Wir haben heute den dritten Frauengesundheitsbericht auf der Tagesordnung. Wie gesagt, es ist der dritte Bericht. Den ersten gab es vor 15 Jahren und den zweiten vor fünf Jahren, aber heute ist es das erste Mal der Fall, dass der Frauengesundheitsbericht auch im Hohen Haus prä­sentiert wird.

Der Frauengesundheitsbericht soll deutlich machen, welche besondere Rolle die Frauen auch im Gesundheitssystem haben. Die Frauen stellen ja die größte Gruppe in der österreichischen Bevölkerung. Aus meiner Sicht macht der Bericht das eine, näm­lich den Blick auf die besondere Gesundheitsbelastung von Frauen sicherzustellen und auch darauf hinzuweisen. Aus meiner Sicht ist es auch wichtig, nicht nur darauf hinzu­weisen, sondern konkrete Aktionen zu setzen.

Wir haben heute in der Bundesregierung zwei entscheidende Verbesserungen auch für Frauen umgesetzt. Erstens: Ich konnte heute dem Nationalrat eine Gesetzesnovelle übermitteln – die Bundesregierung hat sie beschlossen –, in der es darum geht, das Wartezeitenmanagement in allen österreichischen Krankenanstalten einzuführen. Das bedeutet, dass den Frauen transparent, sichtbar gemacht wird, wann sie zu einer Operation kommen können, und dass damit auch erstmals sichergestellt wird, dass eine Zwei-Klassen-Medizin nicht mehr möglich ist. Das stärkt insbesondere die davon immer wieder betroffenen Frauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweitens: Den Frauen wird sehr oft Druck und sehr oft auch Angst gemacht. Den Menschen wird damit Angst gemacht, dass man nicht mehr bereit ist, Gesund­heitsleistungen zu finanzieren. Wir haben heute im Monitoringbericht der Österreichi­schen Sozialversicherung feststellen können, dass wir in Österreich es geschafft haben, trotz der Krise die gute Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, und dass es gelungen ist, Einsparungspotenziale zu heben. Es ist gelungen, nicht nur davon zu reden, sondern wir haben sicherstellen können, dass die Einsparungen im Gesund­heits­wesen gegriffen haben. Wir haben die Potenziale gehoben, und es ist insgesamt gelungen, dass alle Gebietskrankenkassen im Jahr 2010 positive Ergebnisse haben. Damit können wir alle weiteren Maßnahmen der Gesundheitsversorgung finanzieren. Ich denke, das ist ein ganz, ganz zentraler Punkt: die Sicherheit im Gesundheitswesen voranzustellen.

Nun zu den Inhalten des Frauengesundheitsberichtes. Ich denke, wir sollten sehr klar darauf hinweisen, dass dieser Gesundheitsbericht eine spezielle Sicht auf Frauen bietet, und das hilft auch den Männern, ich sage das ganz deutlich, wenn wir auch das Geschlecht beurteilen. Soziodemografisch wird deutlich, dass es im Alter mehr Frauen gibt. 19,9 Prozent der Bevölkerung sind über 65 Jahre alt, und darunter sind mehr­heitlich Frauen. Das heißt, das Alter feminisiert sich, und darauf hat das Gesundheits­system zu reagieren.

Frauen haben mehr Arztbesuche und auch mehr Krankenhausaufenthalte, sie haben allerdings den Vorteil, dass ihre Lebenserwartung höher ist.

Es ist schon angesprochen worden: Die häufigste Todesursache von Frauen sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch im Bereich der Krebserkrankungen ist der Anteil der Frauen höher – das hängt auch mit dem Brustkrebs zusammen. Und ich


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sage hier laut und deutlich: Wir wollen das Brustkrebs-Screening für Frauen über 50 beziehungsweise 45 Jahre einführen. Da werden sie eingeladen, das ist ein Screening-Programm. Darüber hinaus bleibt das bestehen, was schon bisher bestanden hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich erlaube mir, hier ganz deutlich auf eines hinzuweisen: Es gibt bei der Frage der Qua­lität eines Screening-Programmes bei mir keine Kompromisse – die Qualität muss gehoben werden! Darum ist es notwendig, dass wir jedenfalls auch die Einholung einer zweiten ärztlichen Sicht gerade beim Brustkrebs-Screening-Programm einführen.

Frauen, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben auch betreffend die psychi­sche Gesundheit mehr Probleme; es werden ihnen insgesamt auch häufiger Medi­kamente gegen Depressionen verschrieben.

Der Österreichische Frauengesundheitsbericht liefert auch einen speziellen Blick auf junge Frauen, auf Frauen im reproduktiven Alter, auf Pensionistinnen, auf Migranten, auf Frauen, die behindert sind, aber auch auf Frauen in ihrer Rolle als pflegende Angehörige.

Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, dass wir den Mädchen und den jungen Frauen Programme anbieten wie den Nationalen Aktionsplan Ernährung. Dabei geht es auch um solche Themen wie Schönheit, dabei geht es auch um solche Fragen wie Bewegung.

Es ist mir auch wichtig, dass die Frauen selbst entscheiden können, wie sie im repro­duktiven Alter agieren. Ich erinnere daran, dass ich es ermöglicht habe, eine vernünftige Notfall-Verhütung zu organisieren. Ich erinnere daran, dass der IVF-Fonds sicherstellt, dass Frauen ungewollte Kinderlosigkeit hintanhalten können und dass wir mit dem Mutter-Kind-Pass auch ein tolles Programm für Frauen anbieten, die Mütter sind.

Insgesamt ist das ein neuer Blick auch auf die Geschlechter-Sensibilität, und ich kann Ihnen hier berichten, dass ich in meinem Ministerium nach 140 Jahren erstmals eine Frau in die leitende Funktion der Sektion III bestellt habe, die dort unter anderem eine besondere Aufgabe hat, nämlich das Geschlecht der Frau in der Gesundheits­versor­gung besonders zu berücksichtigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Grosz: 140 Jahre haben wir gebraucht!)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


12.05.27

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Minister, wir hören es gerne, dass jetzt keine Einsparungen im Gesundheitsbereich mehr nötig sein werden und dass Sie das Einsparungspotenzial gehoben haben. Wir hören das gerne, aber wir glauben es nicht, denn wenn wir im Frauengesundheitsbericht nur einen Aspekt herausnehmen, nämlich die jetzt schon oft zitierte, sehr wichtige Untersuchung der weiblichen Brust im Rahmen der Vorsorge, dann geht es Ihnen dabei um ein Einsparungspotenzial von 25 Millionen €. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Stöger.)

Wer unökonomisch handelt, höre ich immer wieder in Diskussionen, handelt unethisch. Weil aber die Medizin, sage ich, keine Teilmenge der Wirtschaft ist, handelt doppelt unethisch, wer zulässt, dass Menschen aus ökonomischen Gründen Schaden nehmen. Bei der Frauengesundheit zu sparen ist geradezu kriminell. Ich sage das in dieser Drastik und Schärfe, weil mir die Frauengesundheit in Österreich wirklich am Herzen


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liegt. Kostenrechnung statt Menschlichkeit ist heute offensichtlich immer häufiger eine Kategorie in unserer heimischen Gesundheitspolitik.

Auf der einen Seite betonen Sie, Herr Minister, anlässlich des Frauengesundheits­berichtes die Wichtigkeit der geschlechtsspezifischen Unterschiede, auf der anderen Seite verschlechtern Sie bewusst die Brustkrebsvorsorge. Das ist eine Bigotterie der ganz besonderen Art. Es bedarf einer besonderen Ignoranz, auf der einen Seite die Sensibilität für Frauengesundheit erhöhen zu wollen, auf der anderen Seite das gewachsene, erfolgreiche österreichische Brustkrebs-Vorsorgeprogramm gegen ein schlechteres EU-Programm auszutauschen. Was für Albanien und die Türkei mög­licherweise ein gutes Programm ist, ist für Österreich ein schlechtes und bewirkt Schaden.

Es stellt einen massiven Eingriff in die Frauengesundheit dar, wenn sich das Gesund­heitsministerium hier durchsetzt, so wie Sie das planen. Sie wollen die mehr als 200 Brustkrebsvorsorgeeinrichtungen, die heute wirklich exzellent funktionieren, auf 20 reduzieren. Sie wollen außerdem die ganz wichtige Ultraschall-Untersuchung der weiblichen Brust bei der Krebsvorsorge drastisch zusammenstreichen und letztendlich die freie Arztwahl in diesem Bereich abschaffen.

Herr Minister! Das ist ein Wahnsinnsplan, der nach Expertenmeinungen ungefähr 500 bis 600 Frauen das Leben kosten kann. (Bundesminister Stöger: Na geh!) Es stellt eine besondere Chuzpe dar, wenn Sie anlässlich des eben stattgefundenen 100. Frau­entages Untersuchungen kürzen, die zahlreichen Frauen das Leben retten könnten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.)

Sie als Bundesregierung planen folgende Verschlechterungen: In Masseneinrichtungen soll künftig lediglich die Mammografie ohne freie Arztwahl durchgeführt werden. Das bedeutet: kein persönliches Arztgespräch mehr, kein wichtiger Ultraschall und kein Tastbefund der Brust. Die freie Arztwahl soll abgeschafft werden, anonyme Diagnose-Straßen sollen eingeführt werden. Das bedeutet extrem lange Anfahrtswege und extrem lange Wartezeiten. Es drohen schwedische Verhältnisse, wo es häufig vor­kommt, dass Patienten so lange auf eine Untersuchung warten müssen, dass sie schon tot sind, bevor sie einen Arzt sehen.

Herr Minister! Das ist eine massive Verschlechterung, die wir nicht zulassen werden! Und wenn Sie von einer Doppelbefundung sprechen, die wichtig und notwendig ist, gebe ich Ihnen recht, aber eine Doppelbefundung und keinen Ultraschall im Zuge des ersten Besuches beim untersuchenden Arzt zuzulassen, bedeutet eine Wiederein­be­stellung, einen sogenannten Recall für Frauen, die einen Verdachtsmoment aufweisen.

Wissen Sie, was das für diese Frauen bedeutet? Ein Recall bedeutet für die betrof­fenen Frauen, dass die Angst, die Todesangst ihr Lebensbegleiter ist in der Phase dieses Recall-Intervalls. Können Sie sich in die Psyche dieser Frauen versetzen? Wollen Sie das verantworten? Ist das notwendig? – Ich sage: Nein! Es ist zynisch und frauenverachtend, wenn man das in Kauf nimmt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Ober­hauser.) Gerade von Ärztinnen in der Politik, Frau Kollegin, und von Frauenpolitike­rinnen erwarte ich mir einen Aufschrei der Empörung, aber der bleibt bis heute seltsamerweise hier aus! (Beifall bei der FPÖ.)

Zuletzt sage ich Ihnen: Das ist sittenwidrig, ein Anschlag auf die Frauengesundheit. Es regiert nicht die Medizin, es regiert nicht die Ethik oder die Menschlichkeit – nein, hier regiert der Rotstift. (Beifall bei der FPÖ.)


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12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


12.10.03

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Kolleginnen von der FPÖ, zeigen Sie mir den ideologiefreien Raum, in dem Sie sich bewegen! Vor lauter polemischen Kapriolen schaffen Sie es offensichtlich nicht einmal, diese 600 Seiten so durchzulesen, dass Sie einmal Ihre Ideologie draußen lassen und sich dem Ganzen wertfrei annähern. Das würde ich mir nämlich wünschen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Insgesamt begrüße ich es auch sehr, dass es diesen Frauengesundheitsbericht gibt, auch wenn, wie wir auch im Ausschuss besprochen haben, einige Kapitel, wie gerade der jetzt schon erwähnte Körperkult, der Schönheitskult und solche Themen, die auch besonders junge Frauen betreffen, leider ausgeklammert wurden, was aber nicht heißt, dass wir dieses Thema nicht einmal nachholen werden, weil es ein wichtiges Thema ist.

Insgesamt ist die Frage offengeblieben, welche Handlungsfelder sich ergeben und welche sich für Sie in der Arbeit ergeben und wie Sie mit dem Bericht, aber auch mit den frauengesundheitlichen Themen, wie sie im Regierungsübereinkommen stehen, umgehen wollen.

Frau Belakowitsch-Jenewein, Sie haben heute gemeint, das Kapitel zur Erwerbs­tätigkeit hätte man aussparen sollen. Ich bin nicht dieser Meinung, weil es gerade im Berufsalltag und gerade im Beruf viele, viele Themen gibt, die gesundheitliche, frauengesundheitliche Relevanz haben.

Ich möchte noch etwas ansprechen – dazu gibt es auch einen Antrag von uns, der leider vom Sozialausschuss in den Gesundheitsausschuss gewandert ist und dort irgendwo herumkugelt, der viel Anerkennung gefunden hat, aber nicht entsprechende Anerkennung dahin gehend, dass man die darin enthaltene Forderung auch wirklich umsetzen würde –, nämlich die betriebliche Gesundheitsvorsorge und vor allem die Anerkennung von Berufskrankheiten von Frauen.

Wie Sie alle mittlerweile aus den verschiedenen Ausschüssen wissen, gibt es eine unterschiedliche Anerkennung von Berufskrankheiten nach dem ASVG und nach dieser berühmten Liste, die es da gibt, für Frauen und Männer. Es ist zum Beispiel so, dass ein Wirbelsäulenschaden dann anerkannt ist, wenn er von einem Pressluft­hammer her stammt, also von einer richtigen männlichen Arbeit. Wenn es aber einer Frau passiert, dass sie einen enormen Schaden im Stützapparat, in der Wirbelsäule hat, nämlich durch ihre Tätigkeit in der Altenpflege oder in einer anderen Form der Pflege, weil sie permanent alte Menschen heraus- und in das Bett hineinhebt und ihre Wirbelsäule dabei enorm belastet wird, dann wird das nicht als Berufskrankheit anerkannt. Das ist eine massive Ungleichbehandlung, und dem sollte dringend etwas entgegengesetzt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Dazu kommen weitere frauenspezifische Krankheiten wie zum Beispiel Erkrankungen des Gehörs durch das Unterrichten in Schulklassen, wo es sehr laut ist, oder im Kindergarten, wo sich gezeigt hat, dass der Lärmpegel extrem hoch ist, teilweise so hoch wie auf der Baustelle. Da werden wieder die Männerkrankheiten anerkannt, bei den Frauen wird es nicht anerkannt. Oder auch im Gastgewerbe, wo in erster Linie Frauen tätig sind.

Daher bitte ich Sie inständig um eine Unterstützung unseres Antrags, wenn er jetzt in den Gesundheitsausschuss kommt, weil ich das für sehr, sehr wichtig halte.

Dazu kommen auch die psychischen Erkrankungen und Burn-out. Mehrmals haben wir es schon im Gleichbehandlungsausschuss angesprochen und diskutiert. Ein ent­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 84

sprechender Antrag auf Erstellung einer Studie ist bis jetzt noch nicht angenommen worden. Ich halte sie für notwendig. Ich halte es für wichtig, da genau hinzuschauen, weil Frauen ganz offenkundig mehr davon betroffen sind. Frau Ministerin, Sie haben es auch im Ausschuss zum Frauengesundheitsbericht so gesagt, dass man genau hin­schauen muss, was die Frauenmehrfachbelastung anbelangt. Es ist schön, dass Sie das diagnostizieren, es wäre aber auch schön, wenn Sie dazusagen würden, was Sie politisch an Maßnahmen dazu vorhaben. Das würde ich mir von Ihnen erwarten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe dann am Schluss meiner Ausführungen auch noch einen Antrag zur Psycho­therapie auf Krankenschein ein, ein Kapitel, das uns nach wie vor als sehr wichtig erscheint, weil gerade für die Psychotherapie – und in diesem Zusammenhang auch, wenn es um Berufskrankheiten oder Burn-out bei Menschen geht, die sozial niedriger gestellt sind – die Schwelle zu hoch ist, dass Menschen das in Anspruch nehmen und Zugang dazu haben. Zugang dazu sollten alle haben, und daher bringen wir dann auch noch einen Antrag dazu ein.

Eine Sache zu diesem Screening: Ich finde es schon sehr erstaunlich, wie auch von FPÖ und ÖVP diesbezüglich Panik gemacht wird – Panik offensichtlich im Sinne von Ärztelobbyisten, die da jetzt schon Panik machen. Ich war unlängst beim Radiologen, und da liegen tatsächlich in jeder kleinen Kammer, wo man sich umzieht, aber auch beim Eingang und an den Wartetischen Unterschriftenlisten auf, wo schon, bevor wir überhaupt wissen – und das laste ich Ihnen an, Herr Minister, dass Sie das nicht klar kommunizieren –, was Sie jetzt wirklich vorhaben, Panik gemacht wird, dass künftig 600 Frauen mehr in Österreich sterben werden, wenn dieses Screening so erfolgt, wie Sie es jetzt vorhaben. – Ich glaube das nicht. Ich halte das Screening in dieser Form für richtig. Ich finde es nur nicht richtig, wie Sie das nicht kommunizieren. Ich würde mir wirklich ganz dringend wünschen, dass das besser kommuniziert wird, weil sonst eine Panik zu Lasten der Frauen und Angst entsteht, die mir in diesem Zusammenhang nicht als notwendig erscheint.

Daher ist da dringend hinzuschauen. Auch was diese alle zwei Jahre anbelangt: Jede Frau kann bei der Diagnose trotzdem nach wie vor zur Mammographie gehen, wenn das ihre Ärztin, ihr Arzt empfiehlt. Das heißt: Klären Sie bitte die Leute, die Bevöl­kerung, uns alle auf, was Sie da wirklich vorhaben! Dann wäre weniger Panik und Angst unter der Bevölkerung und auch offensichtlich unter den Ärzten, die da zusätz­lich zur Panik beitragen.

Ich bringe zum Schluss noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass umgehend wieder Verhandlungen für einen Gesamtvertrag für Psychotherapie aufgenommen werden.

Bis zum Zustandekommen des Gesamtvertrages ist der Kostenzuschuss für Psycho­therapie anzuheben, um den Versorgungsgrad der Bevölkerung zu erhöhen.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.16



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Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Freundinnen und Freunde betreffend Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gleichbehandlungsaus­schus­ses über den österreichischen Frauengesundheitsbericht 2010/2011 (III-228/1179 d.B.)

Psychische Störungen sind einer der größten Kostenverursacher unseres Gesund­heitswesens. 20 bis 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung weisen behand­lungs­bedürftige psychische Störungen auf. 2 bis 5 Prozent davon würden sofort eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen. Viele können sich eine Psychotherapie aber nicht leisten. Der Versorgungsgrad stagniert deshalb bei etwa 0,5 Prozent, bei Kindern sogar nur 0,3 Prozent. Im Vergleich dazu erreicht Deutschland 2,6 Prozent psychotherapeutische Versorgung, die von den Kassen vollfinanziert wird.

Die psychotherapeutische Behandlung ist genauso wie die ärztliche Behandlung eine Pflichtleistung der Krankenkassen, die laut ASVG im Krankheitsfall allen Versicherten auf Kassenkosten zusteht. Die psychotherapeutische Behandlung ist als Sachleistung im Rahmen eines Gesamtvertrages zu erbringen, der zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der beruflichen Interessenvertretung der Psychothera­peutIn­nen (ÖBVP) abzuschließen ist. (§ 133 Abs. 2 sowie § 349 Abs.2 ASVG)

Wenn/solange trotz allseitigen Bemühens kein Gesamtvertrag abgeschlossen ist, ist eine ausreichende Versorgung durch Verträge sicherzustellen, die wichtige in einem österreichischen Gesamtvertrag übliche Rechtsgüter (freier und gleicher Zugang zur State-of-the-art-Krankenbehandlung, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Therapie­wahl­frei­heit, Behandlungsautonomie etc.) garantieren (§ 338 (1) ASVG)

Derzeit ist der Zugang zur kassenfinanzierten Psychotherapie nur sehr selektiv mög­lich. Psychotherapeutische Behandlung ist nach wie vor an die finanzielle Leistungs­fähigkeit, den sozialen Status, die Durchsetzungsfähigkeit und die Eigeninitiative der PatientInnen gebunden. Personen, die besonders gefährdet oder belastet sind, haben immer noch die geringsten Chancen auf den Zugang zum psychotherapeutischen Versorgungssystem!

Die Zuschüsse pro Sitzungseinheit wurden seit 1992 weder erhöht noch wertangepasst und liegen bei 21,80 Euro. Eine Behandlungsstunde kostet durchschnittlich aber etwa 80,- bis 90,- Euro. Vollfinanzierte Kassenplätze sind kontingentiert, wodurch Versor­gungsengpässe entstehen. Kontingente sind z.B. in Wien und in Niederöster­reich oft schon im Frühjahr oder Mitte des Jahres erschöpft. Lange Wartezeiten für kassen­finanzierte Psychotherapie führen zur Chronifizierung von psychischen Störungen und verteuern das Gesundheitssystem.

Empirische Befunde stellen der Psychotherapie ein sehr gutes Zeugnis aus. Im Vergleich zur medikamentösen Alternativbehandlung führt vor allem die bessere Dauerhaftigkeit der Psychotherapiewirkung zu einem günstigeren Kosten-Effektivitäts-Grad. Eine alleinige Psychopharmaka-Behandlung ist einer Psychotherapie oder einer Kombination langfristig deutlich unterlegen, bis zu 80 % erleiden Rückfälle nach Absetzen der Medikation.

Die Krankenkassen gaben im Jahr 2007 rund 43 Millionen Euro für Psychotherapie aus, das sind maximal 0,2 Prozent der öffentlichen Gesundheitsleistungen.


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Im Vergleich dazu haben die Krankenversicherungsträger im Jahr 2007 rund 206 Millionen Euro für Psychopharmaka ausgegeben.

Die volkswirtschaftlichen Kosten der Nicht-Behandlung sind hoch: Seit den 90er Jahren hat sich die Zahl der Krankenstände wegen psychischer Probleme verdoppelt. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile bei den österreichischen Männer die zweithäufigste und bei Frauen die häufigste Ursache für Invaliditätspension (WIFO-Report). Laut WIFO betragen die geschätzten Kosten dafür 2,8 Mrd. Euro.

Der Zustand der Mangelversorgung und hohen finanziellen Belastung von psychisch kranken Menschen stellt eine Diskriminierung gegenüber anderen PatientInnen­grup­pen dar, die durch nichts zu rechtfertigen ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass umgehend  wieder Verhandlungen für einen Gesamtvertrag für Psychotherapie aufge­nom­men werden.

Bis zum Zustandekommen des Gesamtvertrages ist der Kostenzuschuss für Psycho­therapie anzuheben, um den Versorgungsgrad der Bevölkerung zu erhöhen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


12.16.47

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Der vorliegende Gesundheitsbericht ist sehr umfangreich, ist teilweise sehr ausführlich – das haben wir schon gehört. Es finden sich in den Inhalten auch viele Wiederholungen, im Vergleich jetzt mit dem Frauenbericht. Es fehlen aber auch einige Punkte, wie zum Beispiel eine Statistik über den Schwangerschaftsabbruch in Österreich, und es werden manche Bereiche mit nur wenigen Absätzen bedacht, wie zum Beispiel das Thema Burn-out. Hiezu finden sich im Frauengesundheitsbericht ganze drei Absätze, obwohl sich Burn-out, wie wir alle wissen, rasant verbreitet.

Einer jüngsten Umfrage zufolge wähnen sich 77 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Burn-out-gefährdet. 2,5 Millionen Krankenstandstage, Fehltage jährlich werden durch Burn-out verursacht. Das sind mittlerweile dreimal so viel wie vor 20 Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren. Umgerechnet ergibt sich daraus ein volkswirtschaftlicher Schaden von 7 Millionen € für die Allgemeinheit.

Herr Minister! Diese Zahlen sollten Sie sich zu Gemüte führen, sollten Sie zur Kenntnis nehmen und vielleicht doch die Erstellung der längst überfälligen Studie in Auftrag geben, nämlich einer neuen Burn-out-Studie, denn die Zahlen, mit denen Sie arbeiten, stammen aus dem Jahr 2007, sind längst veraltet, sind überholt und werden auch in diesem Bericht nicht aktualisiert. Es gibt hiezu also keine neuen Zahlen.

Zwiespältig zeigt sich der Herr Minister auch, was die Prävention betrifft. Sie sprechen zwar immer davon, Herr Bundesminister, allein Sie tun nichts. Ich darf nur an die Brustkrebsvorsorge erinnern, die meine Kolleginnen und Vorrednerinnen schon angesprochen haben. Hier soll von 200 auf 20 Zentren gekürzt werden. Die Prävention


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ist wichtig, die Prävention muss stattfinden, denn es ist billiger, gesund zu bleiben, als gesund zu werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Für die Präventivmedizin werden nur rund 1,9 Prozent des gesamten Gesund­heitsbudgets eingesetzt. Das sollten Sie auch überdenken, Herr Minister, denn, wie gesagt, Prävention ist besser als Reparatur.

Der Bericht zeigt großen Handlungsbedarf auf. Er zeigt, Frau Frauenministerin, dass Frauen mit geringem Einkommen, Frauen in schlecht bezahlten Berufen, Frauen mit Doppelt- und Dreifachbelastungen auch gesundheitlich mehr angeschlagen sind und betroffen sind. Der Bericht gibt auch Empfehlungen, nur: Es gibt vonseiten der Regie­rung, von Ihrer Seite keine Maßnahmen, keine Umsetzungen, keine Vorlagen. Sie haben im Ausschuss lediglich kommentiert, was ohnedies schon jeder weiß, oder dargelegt, was Sache ist, nämlich was im Bericht steht. Aber Ihrer Aufgabe, nämlich uns Vorschläge und Lösungen vorzulegen, Regierungsvorlagen zu übermitteln, sind Sie bis dato nicht nachgekommen. Vielleicht wird uns die Frau Ministerin dann in ihren Ausführungen diverse Vorschläge oder Lösungsansätze präsentieren; die zwei von Herrn Minister Stöger genannten sind im Zusammenhang mit dem Frauenbericht nicht wirklich relevant.

Ich möchte auch noch kurz auf die Ausschussarbeit eingehen, nämlich auf den letzten Gleichbehandlungsausschuss, wo wieder – „überraschenderweise“ – alle Oppositions­an­träge vertagt wurden. Und als besondere Frotzelei möchte ich es bezeichnen, dass ein Antrag von uns, der fast wortidentisch die Ausführungen der Frau Ministerin wiedergab, ebenfalls vertagt wurde. Da frage ich mich schon, wie ernst Sie es mit der Opposition nehmen, wie ernst Sie es mit Ihrer Arbeit nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien.

Ich glaube, Sie sind – ich glaube das nicht nur, sondern es ist fast eine Tatsache – zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die ÖVP hat den Obmannwechsel noch nicht überstanden – der eine Teil versucht, jetzt Abspaltungen abzuwenden, der andere Teil überlegt sich, wohin er sich vielleicht abspalten kann –, die SPÖ verharrt in Ankün­digungspolitik und Lippenbekenntnissen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So werden Sie die Probleme der Öster­reicherinnen und Österreicher nicht lösen! (Beifall beim BZÖ.)

Die Umfragen bestätigen diese meine Meinung auch, und die Politikverdrossenheit ist nicht umsonst so groß, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir vom BZÖ sind die Zukunftspartei, wir sind die Zukunftspartei Österreichs! Wir haben klare Vorschläge, klare Konzepte und klare Lösungen, und wir werden diese auch weiterhin haben und weiterhin für die österreichische Bevölkerung im besten Sinne arbeiten. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Ober­hauser. – Bitte.

 


12.21.59

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin, Sie haben gesagt, die ÖVP plane eine neue Partei. Ich kann mich ganz dumpf erinnern, ich habe irgendwo in der Zeitung gelesen, dass Ihr Klubobmann, Herr Abgeordneter Bucher, da sehr stark gehandelt wird, dass er eventuell vonseiten der Wirtschaft und Industrie der Favourite für diese Partei sein sollte. (Abg. Mag. Stadler: Das ist der Kollege Ikrath!) Also vielleicht sollte sich auch das BZÖ überlegen, ob da nicht irgendwelche Teilungs­tendenzen vorhanden sind. – Aber jetzt zum Frauenbericht, und ich glaube, dieser ist


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wichtig genug, um sich ihm auch wirklich mit ausreichender Zeit zu widmen. (Abg. Mag. Stadler: Die ÖVP streitet nicht einmal mehr ab, dass es eine Spaltung gibt!)

Erstens einmal möchte ich mich im Namen meiner Fraktion nicht nur bei den zahl­reichen Expertinnen und Experten und AutorInnen bedanken, die diesen Frauenge­sund­heitsbericht gestaltet haben, diese 600 Seiten sehr ausgewogen gestaltet haben, sondern auch bei Herrn Bundesminister Stöger, der es ermöglicht hat, dass der Gesundheitsbericht, der ja eigentlich von der Materie her, sage ich einmal, prinzipiell dem Gesundheitsausschuss zugeteilt war, im Gleichbehandlungsausschuss diskutiert werden konnte, dass er auch in diesen Ausschuss gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, das ist eine Wertschätzung der Frauen und auch eine Wertschät­zung der Arbeit, die in diesem Ausschuss geleistet wurde

Ich kann mich noch erinnern, es ist ungefähr zehn Jahre her, da habe ich Frau Professor Margarethe Hochleitner, die ja auch eine der AutorInnen dieses Berichts ist, in einem Vortrag gehört, in dem sie eine sehr provokante Frage an das Publikum gestellt hat, nämlich gerade in der Frage der Herzinfarktdiagnostik, die heute schon sehr oft angesprochen wurde.

Sie war in Innsbruck an der Klinik für Kardiologie und hat die Frage gestellt, ob wir eine ungefähre Schätzung haben, wie viele Frauen mit der Diagnose Herzinfarkt mit dem Hubschrauber pro Jahr in die Klinik nach Innsbruck gebracht werden. Es gab dann diverse Schätzungen, die bei 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent lagen. Die Antwort war dann sehr ernüchternd und sehr einfach. Sie hat gesagt: Null. Es wurde im ganzen laufenden Jahr keine einzige Frau mit der Diagnose Herzinfarkt mit dem Hubschrauber in das Spital gebracht.

Was heißt das? – Das heißt zu diesem Zeitpunkt, dass die Diagnose Herzinfarkt, koro­nare Herzerkrankung, wie auch schon von Gisi Wurm gesagt wurde, in den Symptomen anders ist, aber auch in der Wertigkeit der behandelnden Ärztinnen und Ärzte anders gehandhabt wird. (Zwischenruf bei den Grünen.) – Über 100. Das heißt, ein „deutliches“ Null, würde ich sagen.

Im Laufe der Jahre haben nicht nur zuletzt Frauenberichte, sondern auch, wie gesagt, Gender Medicine und die vermehrte Forschung in Gender Medicine dahin gehend gewirkt, dass ein Bewusstsein dafür entstanden ist, dass, wie schon von einer Kollegin gesagt worden ist, Frauen keine kleinen Männer sind, so wie Kinder keine kleinen Menschen sind, dass man in Bezug auf die Testung auf Medikamente sowohl Frauen als auch Kinder unterschiedlich wird behandeln müssen.

Das heißt, ein Frauengesundheitsbericht hat natürlich Berichtsfunktion, aber natürlich auch eine sehr große Fort- und Weiterbildungsfunktion im Hinblick auf das Bewusst­sein von sehr vielen männlichen ÄrztInnen dafür, dass darauf natürlich auch ein anderes Augenmerk gelegt werden muss.

Zum Thema Mammografie: Es wurde heute bereits in der Aktuellen Stunde von Kollegin Schittenhelm, glaube ich, die jetzt nicht im Saal ist, die Frage angesprochen, was denn unser Minister Stöger da anstelle und mit welcher minderen Qualität Frauen in Österreich jetzt behandelt würden. (Abg. Dr. Strutz: So ist es!) Ich habe heute auch schon eine Aussendung der FPK gelesen, dass die Kärntner ganz massiv Druck machen werden, dass diese wirklich menschen- und frauenverachtende Tätigkeit, wie sie sie nennen, vom Minister wieder eingestellt wird.

Ich sage Ihnen hier – und ich sage Ihnen das als Ärztin –: Ich habe noch nie in meinem Leben gesehen, dass von einer Gruppe, nämlich von einer standespolitisch vertre­tenen Gruppe, so ein massiver untergriffiger Kampf geführt wird wie jetzt in der Frage


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der Mammografie. Da geht es und ging es sehr, sehr viel ums Geld (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), und da ging es sehr, sehr wenig um die Frage der Qualität.

Wir haben ein flächendeckendes Screening-Programm – so, wie es jetzt geplant wird – mit einer Qualitätssicherung, wo ein Befund nicht nur von einem, sondern von mehreren Radiologen, wenn irgendein Zweifel aufkommt, gemacht werden kann. Das sind standardisierte Zentren. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir gesagt haben, jeder medizinische Eingriff, egal, was medizinisch gemacht wird, soll dort gemacht werden, wo Menschen das mit großer Routine tun, wo sie es nicht nur einmal oder zweimal im Jahr tun, sondern wo sie das wirklich qualitätsgesichert und mit großer Routine tun. (Abg. Mag. Hakl: Und auch dort, wo die Menschen wohnen!) Und das wird jetzt passieren.

Was die Frage des Ultraschalls und der Nacheinladung betrifft: Wissen Sie, wie viele Frauen aufgrund des opportunistischen Sreenings mit einem falschen Befund nach Hause geschickt werden und welche Todesangst da entsteht, wenn man einen falsch positiven Befund hat?

Ich glaube, dass eine qualitätsgesicherte Kontrolle durch mehreren Menschen – wobei man, wenn man einen Ultraschall braucht, diesen Ultraschall auch bekommt – deutlich klüger ist als etwas, was in Einzelordinationen vielleicht ein, zwei, drei, vier, fünf oder von mir aus auch 200 Mal, aber doch nicht in der geforderten Anzahl gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch was die Frage betrifft, dass jetzt alle 30-jährigen Frauen keine Mammographie mehr bekommen: Auch das ist diskutiert. Es gibt ein Einladeprogramm, denn dieses Screening-Programm bedeutet, dass eine gewisse Altersgruppe per Brief eingeladen wird, und dann kann man ohne weitere Zuweisung in eines dieser Zentren gehen und dort die Untersuchungen machen. (Abg. Mag. Hakl: Ab 50!) Ab 45. (Abg. Mag. Hakl: Jetzt ab 50!) Wenn Sie jetzt zu Ihrem Gynäkologen, zu Ihrem praktischen Arzt gehen und sagen, Sie haben Sorge – es gibt in der Familie Brustkrebs, oder Sie tasten etwas –, oder der Arzt tastet etwas, ist es ihm nach wie vor unbenommen, Sie zu einer Mammographie inklusive Ultraschall, inklusive Tastbefund und all diesen Dingen, zu schicken. – Was Sie hier machen, ist eine bewusste Fehlinformation von Frauen, und das kreide ich Ihnen wirklich an. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Lassen Sie mich zum Schluss vielleicht noch ein Zitat aus den „Vorarlberger Nach­richten“ – die ja nicht wirklich, sage ich jetzt einmal, der Sozialdemokratie und sozialdemokratischen Ministern nahestehen – bringen:

„Auch Gynäkologen zeigen sich“ mit dem Screening-Programm „zufrieden“

„,Das Wichtigste für uns ist die Qualität, und die scheint mit dem neuen Programm gegeben‘, sagt Primar Dr. Hans Concin vom LKH Bregenz.

Er war selbst jahrelang Mitglied einer Expertenkommission, ...“ und er sagt, dass eine Einigung, wie sie jetzt erzielt worden ist, bislang am Widerstand der Radiologen gescheitert ist. – Die Gynäkologen sind also einverstanden. (Abg. Mag. Hakl: Klar, im Krankenhaus verdienen die privaten Ärzte ja auch genug, ...!)

Und zur Frage, wer sich wo geeinigt hat und wer jetzt wo zufrieden ist, auch noch ein Zitat:

„Nun ist, wie berichtet, ein Kompromiss in Ausarbeitung, der die wichtigsten Partner zufriedenstellt.“ Die Partner sind: „Ärzteschaft und Hauptverband ebenso wie die Länder.“

Ich frage mich, wo in dieser Partnerschaft die Wichtigsten vorkommen, nämlich die Patientinnen und Patienten – in diesem Fall nur die Patientinnen. Und ich glaube, dass


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diese mit dem Sreening-Programm, das unser Gesundheitsminister macht, sehr, sehr zufrieden sein können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


12.29.16

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Parla­ment! Frau Kollegin Oberhauser, es geht hier nicht um Geld, wie Sie angemerkt haben, sondern es geht um das Leben, es geht um die Gesundheit von Frauen. Mit diesem Projekt von Bundesminister Stöger kommt es da zu einem deutlichen Rückschritt, den wir Freiheitlichen nicht haben wollen.

Es geht nicht ums Geld, denn Gewinner bei diesem Modell von Stöger wären eigentlich die großen Gruppenpraxen, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben. Aber genau diese Gruppenpraxen sprechen sich dagegen aus – und das ist wohl der beste Beweis dafür, dass Ihr Ansatz nicht stimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte auch sagen, dass wir vonseiten der Freiheitlichen ganz massiv gegen dieses Modell der Verschlechterung der Brustkrebsvorsorge eintreten, weil wir über­zeugt sind, dass wir einmal mehr eine sinnlose Vorgabe der Europäischen Union einfach ungeprüft nachvollziehen. Es ist typisch, alles soll zentralisiert und über einen Kamm geschoren werden. Ich sage Ihnen auch, wer in Wirklichkeit die Verlierer bei diesem Modell sein werden. Das werden nämlich die ländlichen Regionen sein, denn dort haben die Frauen noch Vertrauen zu ihrem Arzt vor Ort, und diese Ärzte werden in diesem Modell völlig ausgeschlossen. Das heißt, auch diese Frauen werden künftig in den klar definierten Zentren untersucht werden.

Wir bringen deshalb vonseiten der Freiheitlichen auch ganz klar heute einen Antrag ein, den wir im Gesundheitsausschuss auch behandelt haben möchten, der folgende vier Punkte beinhaltet:

Erstens: Es soll die jetzige und auch bewährte Praxis der Brustkrebsvorsorge bei­behalten werden. Das heißt: regelmäßige Untersuchungen für Frauen ab 40 Jahren und nach oben hin keine Altersgrenze, denn das Brustkrebsrisiko steigt ja, wie wir wissen, mit zunehmendem Alter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch Frau Kollegin Oberhauser, lesen Sie, bitte, den eigenen Bericht, den der Herr Gesundheitsminister vorgelegt hat! Darin heißt es: Das Durchschnittsalter bei Frauen zum Diagnosezeitpunkt liegt bei rund 46 Jahren. Bitte, das steht in Ihrem eigenen Bericht, Herr Minister! Und diese Gruppe wird in Wirklichkeit auch herausfallen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Wir wollen, zweitens, Frau Abgeordnete, dass das Mammographie-Screening nicht als Maßnahme zur bloßen Kostenreduktion dienen soll, denn es wäre gesundheitspolitisch unverantwortlich, im Vorsorgebereich zu sparen, vor allem deswegen, weil dadurch die Folgekosten höher wären. Wir hätten damit mehr Erkrankungen zu behandeln. Ich kann Ihnen, Herr Minister, etliche Projekte in Ihrem Zuständigkeitsbereich nennen. Ich erwähne nur das „Projekt ELGA“: 30 Millionen € bis heute in den Sand gesetzt.

Ich erinnere beispielsweise auch an die Beteiligung an Ihrem „Projekt e-Medikation“. Herr Schelling vom Hauptverband hat von 500 000 Personen gesprochen, die reprä­sentativ teilnehmen sollen. Sie wissen, knapp 3 000 sind es geworden. Das heißt, nicht einmal die kritische Prozentzahl von 10 Prozent haben Sie da überschritten.

Wie gesagt: 30 Millionen wurden für ein sinnloses Projekt in den Sand gesetzt. Und: technologischer Schrott, veraltete Technologie.


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Aber bei den Frauen, bei der Brustkrebsvorsorge wollen Sie den finanziellen Hebel ansetzen. Das ist verwerflich! Da werden wir Freiheitliche nicht mitmachen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen – drittens –, dass die freie Arztwahl unter Berücksichtigung von Qualitäts­vorgaben und aufgrund des Vertrauensverhältnisses, das die Patienten ja zu ihrem Arzt und zum Brustspezialisten haben, auch in Zukunft uneingeschränkt möglich ist. Die Erstellung eines Tastbefundes, auch die Durchführung von Ultraschallunter­suchun­gen, die ein unerlässlicher Bestandteil – bitte, reden Sie mit den Frauenärzten, reden Sie mit den Spezialisten! – sind, sollten auch künftig als bundesweites Modell bleiben.

Ich sage abschließend: Jede Frau, die an Brustkrebs erkrankt, ist eine Erkrankte zu viel. Es ist der völlig falsche Weg, bei der Vorsorge zu sparen. Deshalb werden wir alle parlamentarischen und auch außerparlamentarischen Mittel ausschöpfen – auch wenn es den Grünen nicht gefällt, dass jetzt Unterschriftenlisten bei den Ärzten, die sicher mehr als Sie, Frau Kollegin Schwentner, von dieser Thematik verstehen, aufliegen –, um zu verhindern, dass es in diesem Fall für die österreichischen Frauen zu drastischen Verschlechterungen kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


12.34.37

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Minister! Ich möchte einen für uns höchst wichtigen Bereich beleuchten, die Pflege. Der aktuelle Gesundheitsbericht – danke für die interessanten und aufschlussreichen Daten – stellt eindeutig klar: Pflegende Angehörige sind beson­deren Belastungen ihrer Gesundheit ausgesetzt.

Ja wer sind denn diese pflegenden Angehörigen in der Praxis? – Es sind vor allem Frauen. Konkret: Frauen leisten über 80 Prozent der Betreuung und Pflege der Familienmitglieder daheim. Meist ist es die Pflege der Eltern. Bei Betreuungspersonen, die über kein eigenes Einkommen verfügen, handelt es sich zu 91 Prozent um Frauen. Frauen versorgen zusätzlich ihre Kernfamilie. Das bedeutet Mehrfachbelastung. Das alles ist im Bericht zu lesen.

Und wie geht es diesen so mehrfach belasteten Frauen gesundheitlich? – Sie werden häufiger krank als die Durchschnittsbevölkerung. Sie leiden vor allem unter Kreuz­schmerzen, Schmerzen im Schulter-/Nackenbereich, psychischen Belastungen sowie unter Überforderung.

Das bedeutet für uns dringenden Handlungsbedarf. Wir müssen umgehend eine Entlastung der pflegenden Angehörigen schaffen. Was brauchen wir konkret? – Gesund­heitsfördernde Maßnahmen für pflegende Angehörige, mehr Beratung, zerti­fi­zierte Schulungen, mehr Angebote für Kurzzeitpflege. Es gibt ja viel zu wenig Tagesbetreuung. Auch flexible Angebote an Wochenenden, an Abenden sind auszu­bauen. Zusätzlich wäre ein pflegefreier Tag pro Monat durch organisierte, finanzierte Ersatzpflege notwendig. Denn wir wissen es alle: Wer niemals Pausen macht, der kann diese anstrengende Arbeit nicht auf Dauer schaffen.

Was mir besonders wichtig ist: Es gilt, die Männer verstärkt zur Mitarbeit zu motivieren. Immer mehr Frauen sind berufstätig, und es steht nirgendwo geschrieben, dass diese anstrengende Arbeit auf immer und ewig nur Frauen leisten sollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Schwentner: Aufgrund des Sparpakets werden diese Aufgaben zukünftig noch mehr Frauen machen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 92

Fazit: Der Frauengesundheitsbericht stellt einen Arbeitsauftrag dar. Wir müssen pflegende Angehörige dringend entlasten. Es ist auch das Ziel, dass in Zukunft Pflege vor allem daheim in den eigenen vier Wänden möglich sein soll.

Und eines soll hier auch klar gesagt sein: Ohne die aufopfernde Pflege durch die Frauen daheim würde die Pflege in Österreich schon lange nicht mehr finanzierbar sein. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


12.37.39

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Bericht ist auf alle Fälle nur so gut, wie auch die politische Umsetzung der Forderungen und Erkenntnisse dieses Berichtes erfolgt. Es mutet meiner Ansicht nach ein bisschen eigenartig an, wenn hier draußen gesagt wird, was nicht alles getan werden muss im Bereich Pflege und Betreuung, im Bereich der unbezahlten Arbeit, im Bereich der Frauengesundheit, aber gleichzeitig in der Steier­mark Sozialpakete geschnürt werden, unter denen gerade Frauen leiden. Das mutet sehr eigenartig an. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Wir könnten in Österreich meiner Ansicht nach schon viel weiter sein, was die Gesundheit von Frauen anbelangt, gerade im Bereich junger Frauen und Sexualität. Wir bräuchten hier nicht zu diskutieren über Schwangerschaftsabbrüche: ja oder nein und ab wann, machen wir die Diskussion wieder auf oder nicht?, wenn zum Beispiel die Aufklärung einen guten und wichtigen Stellenwert in der österreichischen Bil­dungspolitik, prinzipiell auch in der Gesellschaftspolitik hätte. Es ist ein schlechter Zu­gang zu Frauenärzten und Frauenärztinnen im Sinne von hochschwelligem Zugang gerade für junge Frauen gegeben. Die Umsetzung der Forderung „Verhütungsmittel auf Krankenschein“ lässt auch noch immer auf sich warten, auch die Debatte dazu. – Das alles sind Punkte, die schon längst hätten umgesetzt werden können.

Was das massive Rauchverhalten gerade von jungen Frauen betrifft, ist echt Not an Frau und Mann, ganz ehrlich gesagt, man sollte da endlich präventiv wirken.

Nur ein Prozent, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesundheitsausgaben werden für Präventionsleistungen ausgegeben, und das ist viel zu wenig. Das muss sich so schnell wie möglich ändern.

Seit Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, könnten sich auch Frauen und Kinder besser betreut fühlen, die Ziel von Gewalt sind, Gewalt im familiären Bereich, auch im strukturellen Bereich, auf der Straße, in der Öffentlichkeit. Gewalt an Frauen und Kindern ist kein Phänomen, sondern ist eine Tatsache.

Jede fünfte Frau wird in ihrem Leben mindestens einmal Opfer von männlicher Gewalt. Wir könnten hier in diesem Bereich auch durchzählen, jede fünfte Frau ist Betroffene von männlicher Gewalt. Die erste Anlaufstelle für 75 Prozent dieser Frauen sind nieder­gelassene Ärzte und Ärztinnen oder das Krankenhaus. Da braucht es ganz klar eine Prävention und eine Verbindung zwischen dem Personal des Krankenhauses, dem ärztlichen Personal, aber auch den Anlaufstellen, die es gibt.

Die Erstellung – und das richtet sich vor allem an Sie, Frau Bundesministerin – des Leitfadens ist endlich umzusetzen, denn psychische, physische und sexuelle Gewalt ist mit nichts zu rechtfertigen und muss mit allen Mitteln verhindert werden.

Aber auch die volkswirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm, was Gewalt in der Familie anbelangt. Nur zur Erinnerung: 78 Millionen € Steuergeld im Jahr betragen die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 93

Kosten im Rahmen familiärer Gewalt, und das ist zu viel. Zu diesen Kosten kommt man, wenn man im Durchschnitt alles, was im Rahmen von familiärer Gewalt und Prävention anfällt, zusammenzurechnet, nämlich Beratung und Betreuung, Begleitung, Polizeiinterventionen, Haft, Gerichtsverfahren et cetera und natürlich die ärztliche Versorgung, die therapeutische Versorgung und die Kosten für jene Dinge, die in Richtung Stärkung und selbstbestimmtes Leben führen. Das kostet, meine sehr verehr­ten Damen und Herren.

Wenn das nicht endlich präventiv angegangen wird und nicht mehr an Präventions­kosten da hineingebuttert wird, dann wird es langfristig nicht gut ausschauen, weil sich in der Folge die Kosten nur erhöhen, aber nicht vermindern werden.

Ein spezieller Punkt sind Frauen und Behinderungen und auch die strukturelle und individuelle Gewalt an Frauen mit Behinderungen. 1996 gab es eine Studie, da sagten 64 Prozent der befragten Frauen mit Behinderungen, dass sie sexuelle Übergriffe erfahren haben, oft auch im Zuge von stationärer Unterbringung, aber auch im Rah­men von Pflege und Betreuung. Diese sexualisierte Gewalt im Behindertenalltag muss eine Schwerpunktsetzung bekommen, muss auch genau angeschaut werden.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie über Missbrauch in Behinderteneinrichtungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Studie zum Thema Missbrauch von Men­schen mit Behinderungen in Institutionen in Auftrag zu geben.

*****

Der Grund dafür ist, dass die Zahlen aus den neunziger Jahren stammen und wir alle gerade im Bereich „Gewalt an Frauen und Kindern“ nur von Schätzungen leben und keine Begleitforschungen, keine Studien, Daten, Zahlen und Fakten haben, die enorm wichtig sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.43


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erlaube mir, den Antrag noch kurz zu ergänzen, weil der Halbsatz weggefallen ist: „und die Ergebnisse in Form eines Berichts dem National­rat vorzulegen.“

Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie über Missbrauch in Behinderteneinrichtungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gleichbehand­lungs­aus­schus­ses über den österreichischen Frauengesund­heits­bericht 2010/2011 (III-228/1179 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 94

Im Zuge des Aufdeckens von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen wurde in den Medien auch über Misshandlungen in Behinderteneinrichtungen berichtet.

Es ist bekannt, dass Menschen mit Behinderungen häufiger Opfer sexueller Übergriffe oder Gewalt werden als nicht behinderte Frauen und Männer.

Im Rahmen einer Fachtagung zur sexuellen Ausbeutung von Menschen mit Behin­derung wurde 1996 in Österreich die Studie „Weil das alles weh tut mit Gewalt“ vorgestellt. Darin gaben 64 % der befragten Frauen und 50 % der befragten Männer mit Behinderungen an, bereits sexuelle Gewalt erlebt zu haben.

Dass Missbräuche in Behinderteneinrichtungen oft nicht ans Tageslicht kommen, hat mehrere Gründe. Die Opfer können sich oft nur schwer artikulieren, und haben meist nicht die Chance, irgendwann aus der Einrichtung herauszukommen, haben daher Angst, lebenslang als „Nestbeschmutzer“ dazustehen.

Artikel 16 der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung beinhaltet die Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial-, Bildungs- und sonstigen Maßnahmen zu treffen, um Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch zu schützen.

Da die in Österreich zu diesem Thema erstellten Studien (neben der oben erwähnten gibt es noch die Studie „Sexualisierte Gewalt im behinderten Alltag“ aus dem Jahr 1997) bereits ca. 14 Jahre alt sind, wäre es sinnvoll, eine neue Studie zu diesem Thema zu erstellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Studie zum Thema Missbrauch von Menschen mit Behinderungen in Institutionen in Auftrag zu geben und die Ergebnisse in Form eines Berichts dem Nationalrat vorzulegen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


12.43.18

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Hohes Haus! Der Frauengesund­heits­bericht ist fürwahr ein gewaltiges Werk. Da wird auf beinahe 600 Seiten auf Frauen­gesundheit eingegangen. Es wird berichtet über Infektionskrankheiten, die Pille danach, Sexualverhalten, Depression, Burnout, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu der Tatsache, dass die Frauen im Schnitt sechs Jahre älter werden als die Männer.

Ich hoffe aber, dass dieser Bericht nicht nur als informell, sondern auch als informativ gesehen wird, das heißt, dass der Bericht nicht, nachdem er zur Kenntnis genommen worden ist, in der Schublade verschwindet, sondern dass es auf dieser Grundlage tatsächlich zu Verbesserungen und Veränderungen kommen wird. Eine von mir im Ausschuss in diese Richtung gehende Frage an die Minister wurde nicht beantwortet.

Sollte man den Bericht jedoch nur als informell ansehen, wäre es in Zukunft sinnvoller, auf diesen Bericht zu verzichten und den dafür zur Verfügung stehenden Betrag


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 95

tatsächlich für Verbesserungen im Gesundheitswesen, da vor allem im Bereich der Frauen, aufzuwenden.

Zum Schluss frage ich noch im Sinne der Gleichbehandlung: Wann wird der Männer­gesundheitsbericht vorgestellt? – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


12.44.41

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Zu den Ausführungen meines Vorredners: Manche begreifen es nie. (Beifall bei der SPÖ.) Ich will es auch dabei belassen und mich diesem hervorragenden Bericht widmen.

Ich bin insbesondere einer meiner Vorrednerinnen, nämlich der Kollegin Aubauer, sehr dankbar dafür, dass sie einen speziellen Bereich von Personen im Arbeitsleben herausgegriffen hat, die unter besonderen Belastungen arbeiten, nämlich jene Frauen, die vorwiegend Pflegetätigkeiten machen. Ich kann daher nicht ganz nachvollziehen, dass die Kollegin Belakowitsch-Jenewein zu Beginn gemeint hat, das Kapital „Frauen und Erwerbstätigkeit“ sei zu lang, zu groß und habe eigentlich nichts mit diesem Bericht zu tun.

Also eines ist ja wohl schon klar: dass Arbeitsbedingungen sehr wohl eine Auswirkung auf die Gesundheit haben beziehungsweise Verursacher von Krankheit sein können und dass natürlich auch die Frage Stress und Mehrfachbelastungen negative Auswir­kungen auf die Gesundheit hat. Daher bin ich sehr froh darüber, dass diesem sehr wichtigen Kapitel so viel Platz eingeräumt worden ist.

Lassen Sie mich auf einige Punkte eingehen, wo ich glaube, dass sehr gut heraus­gekommen ist, wo weitere Maßnahmen gesetzt werden müssen. Es gibt ja sehr viele Bestimmungen, gerade auch im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes.

Grundsätzlich kann man einmal feststellen, dass aufgrund der ganz speziellen, noch immer vorhandenen spezifischen Ausrichtung des Arbeitsmarktes die Unfallraten bei Männern höher sind. Bei Frauen gibt es eine sehr starke Belastung, insbesondere was Stress, was Mobbing anbelangt, aber auch wenn sie in speziellen Tätigkeiten beschäf­tigt sind, wo es um Reinigung, Pflege und Betreuung geht. Diese starke Belastung ist einerseits chemischer Natur, andererseits haben Heben und Tragen sehr starke negative Auswirkungen auf den Stützapparat.

Ich glaube, dass diese Auflistung einen weiteren wichtigen, guten Schritt darstellt. Es ist zu hoffen, dass jene Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, die zum Thema Ge­sundheit, Gesundheitsvorsorge schon hervorragende Betriebsvereinbarungen abge­schlossen haben und das immer wieder tun, weiter motiviert werden, einen ganz besonderen Fokus auch darauf zu legen, dass man diese auch durch die Genderbrille anschaut, dass man sich noch einmal genau anschaut, ob die eine oder andere Betriebsvereinbarung noch nachjustiert werden muss oder nicht.

Auch die von mir bereits erwähnte Frage der Doppel-, ja Mehrfachbelastung ist ein wichtiger Punkt, der Gesundheit oder Krankheit ein Stück näher- oder wegrückt. Daher ist es mir ganz wichtig, dass man einerseits dafür Sorge trägt – auch das ist schon erwähnt worden, und da gibt es ja auch immer wieder sehr viele Ansätze der Frau Bundesministerin –, dass sich auch die Väter verstärkt der Betreuung von Kindern widmen und dazu auch einen Beitrag leisten, dass aber darüber hinaus auch entsprechende öffentliche Einrichtungen verstärkt zur Verfügung gestellt werden, um so die Kinder in qualifizierten Einrichtungen gut behütet zu wissen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 96

Wenn hier das Argument gebracht worden ist, dass es keine Lösungsansätze gibt, dass nichts getan wird, dann darf ich, bevor ich zum Schluss komme, noch einen Punkt hervorheben. Einkommensunterschiede ist auch ein Punkt, der dazu beitragen kann, wie man sich fühlt, ob man sich weniger wertvoll fühlt als Männer bei ihrer Tätigkeit. Diesbezüglich hat die Frau Bundesministerin gemeinsam mit den Sozialpartnern einen hervorragenden Aktionsplan ausverhandelt und auch beschlossen. Einige wichtige Punkte sind ja unter anderem auch im Rahmen der letzten Novelle des Gleich­behandlungsgesetzes realisiert worden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


12.49.09

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minis­terin! Herr Bundesminister! Es wurde schon gesagt, im jetzt diskutierten Frauenbericht wird die Frauengesundheit natürlich in den Mittelpunkt gestellt und auch die Situation der Frauen in ihrem Lebensumfeld entsprechend beleuchtet. Mir persönlich hat ein Ansatz bezüglich der Gesundheit der Frauen im ländlichen Raum und deren Gesund­heitsversorgung gefehlt.

Ich habe im Vorwort des Herrn Bundesministers gefunden, dass im Bericht „geschlechts­spezifische Unterschiede in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen der Gesundheitsversorgung, der Medizin und im psychosozialen Umfeld“ aufgezeigt wer­den, „welche durch eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik gesteuert werden können.“

Ich bin noch in einigen anderen Kapiteln ansatzweise fündig geworden, was die gesundheitliche Situation der Bevölkerung, besonders der Frauen im ländlichen Raum betrifft, insbesondere im Bereich geschlechtsspezifische Aspekte der Inanspruch­nahme von Gesundheitseinrichtungen. Hiebei wird darauf eingegangen, dass vier von fünf Österreichern/Österreicherinnen ab 15 Jahren innerhalb eines Jahres einen Allgemeinmediziner oder eine Allgemeinmedizinerin aufsuchen. Frauen taten dies öfter als Männer. Vor allem die Häufigkeit der Inanspruchnahme von Ärztinnen der Allge­meinmedizin – und ich sage jetzt absichtlich Ärztinnen, denn die Allgemeinmedizin wird auch weiblicher; viel mehr Frauen widmen sich der Allgemeinmedizin – nimmt im Alter stark zu.

Der Begriff Feminisierung des Alters wurde heute vom Herrn Bundesminister bereits erklärt. Es geht darum, dass festgehalten wird, dass ab dem 50. Lebensjahr ein Überwiegen der weiblichen Bevölkerung zu erkennen ist, das mit zunehmendem Alter noch deutlicher wird, dass Frauen im Allgemeinen länger leben als Männer und dass hochbetagte Frauen – die sind in der Überzahl: in der Gruppe 85plus gibt es dreimal so viele Frauen wie Männer – vor allem auch im ländlichen Raum wohnhaft sind und nicht alle das Glück haben, in eine Familie eingebettet zu sein. In der Regel brauchen sie Hilfe und Unterstützung, sind aber sehr oft auf sich allein gestellt und müssen oft auch mit einer sehr geringen Pension auskommen.

Die Hauptlast der unbezahlten Care-Arbeit wird von Frauen getragen. Diese leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems.

Gerade im ländlichen Raum brauchen Frauen uneingeschränkten und gleichen Zugang zur medizinischen und auch zur medikamentösen Versorgung – vor allem den gleichen wie im urbanen Raum.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, in diesem Sinne ersuche ich Sie, die medizinische Versorgung und den Zugang so optimal zu gestalten, dass eine Versorgung mit Medi­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 97

kamenten flächendeckend auch für die Bevölkerung – insbesondere für die Frauen – im ländlichen Raum durch Aufrechterhaltung der bestehenden Hausapotheken bei Landärzten auch zukünftig möglich sein wird.

Es ist nicht einzusehen, dass die Landbevölkerung, insbesondere jene in den peri­pheren Gebieten, bezüglich der medizinischen Versorgung und der Versorgung mit Medikamenten schlechter gestellt sein soll als die Stadtbevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


12.52.41

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Frauengesundheits­bericht beleuchtet – wie heute schon öfters erwähnt wurde – auf über 500 Seiten sehr detailliert und aufschlussreich die Situation der weiblichen Bevölkerung in Österreich.

Er zeigt ganz deutlich: Frau und Gesundheit ist eine Frage der Lebensrealitäten und der Lebensweisen. Diese unterschiedlichen Lebenslagen und Rollen von Frauen haben ihre spezifischen Belastungen und daraus resultierende Auswirkungen auf die Gesundheit.

Die Beeinträchtigungen auf physischer, psychischer und sozialer Ebene fallen dabei je nach Altersgruppe und Lebenslage unterschiedlich aus. In vielen Grafiken wird das sehr anschaulich dargestellt.

Logischerweise wird im Bericht der Prävention besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Dazu tragen Sport und Bewegung essentiell bei. Ich empfinde es als erfreulich und sehr positiv, dass der Bericht auch einen Abschnitt betreffend sportliche Betätigung von Frauen enthält.

Die Daten dazu sind sehr aufschlussreich: 49 Prozent der Frauen sind einmal wöchentlich in der Freizeit sportlich unterwegs. (Abg. Dr. Lichtenecker: Wie ...?) 23 Prozent der Frauen sind an drei Tagen pro Woche sportlich unterwegs. Bei den Männern liegen die Zahlen in beiden Bereichen um 10 Prozent höher.

Deutlich sind auch die Unterschiede in den Altersklassen und Berufsgruppen. Schüler und Studenten treiben am meisten Sport, gefolgt von Selbständigen und Freiberuflern. Am wenigsten Sport betreiben Hausfrauen und Arbeitnehmerinnen. Meine Damen und Herren, dies hängt mit Sicherheit mit ihren Lebensrealitäten und dem verfügbaren Freizeitbudget zusammen.

Zur Sportausübung junger Menschen stellt der Bericht fest, dass Mädchen sich ab dem Beginn der Pubertät weniger gesund fühlen und weniger zufrieden mit ihrem Leben sind als gleichaltrige Burschen. Mädchen machen weniger Bewegung als gleichaltrige Burschen.

Interessant ist auch, dass Frauen beim Sport mehr auf ihren Körper achten als Männer. Diese verursachen nämlich 80 Prozent der Folgekosten von Sportunfällen.

Recht deutlich macht der Bericht auch, dass Frauen in fast allen Bereichen des Sportes unterrepräsentiert sind. Dazu gehören der Hochleistungs- und der Profisport, aber auch der Breitensport und auch die Ebene der Sportfunktionäre.

Aber auch – und das ist auch nicht in Ordnung; ich sage das ganz offen – beim Zugang zu den finanziellen Ressourcen beim Sport gibt es Unterschiede: Der überwiegende Teil der öffentlichen Mittel fließt nachweislich in männerdominierte Sportarten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 98

Meine Damen und Herren, es ist jedenfalls wichtig, diesen Bericht als Basis für neue Initiativen zu verwenden beziehungsweise vorhandene Initiativen zu unterstützen, wie zum Beispiel die Arbeitsgruppe „Frauen im Sport“ in der Bundes-Sportorganisation, die „Plattform Frauen im Sport“ und die Österreichische Sporthilfe, die sich mit dem Thema Frauen im Spitzensport beschäftigt. Es ist auch wichtig, dass es eine interministerielle Arbeitsgruppe zu Gender Mainstreaming gibt. Und besonders erwähnenswert finde ich das Projekt des ÖFB, der ein Nationales Zentrum für Frauenfußball in St. Pölten ins Leben gerufen hat, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.

Wichtig ist es jedenfalls, Anreize und echte Möglichkeiten zu schaffen, um Mädchen und Frauen den Zugang zu Bewegung und Sport, aber auch zur Gremienarbeit zu erleichtern, denn wie der Frauengesundheitsbericht auch feststellt: „Sport präsentiert sich als Mikrokosmos der Gesellschaft“. Und ich füge hinzu: Und Frauen sind ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Gesellschaft. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


12.56.12

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Ich möchte mich zuerst bei den AutorInnen des Berichts für diesen sehr umfangreichen, aber durchaus gut lesbaren Bericht – es handelt sich um einen Bericht, der auch sehr gute Erkenntnisse vermittelt – bedanken.

Ich möchte mich besonders dafür bedanken, dass sich die AutorInnen nicht nur auf die reinen Gesundheitsfakten gestürzt haben, sondern auch Parameter herangezogen haben, die Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben, woraus sich dann auch für die Politik Handlungsfelder und Handlungsaufträge ergeben.

Ich möchte zwei Bereiche herausgreifen: Der eine ist die Herzgesundheit. 90 Prozent der kardiovaskulären Erkrankungen haben Risikofaktoren als Ausgangsbasis – wie zum Beispiel Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen, Fehl- und Über­er­näh­rung.

Wenn wir uns vor Augen führen, dass viele dieser Risikofaktoren nicht als solche erkannt werden – bei Diabetes zum Beispiel ist das ganz augenfällig –, wenn wir auch wissen, dass Rauchen besonders bei jungen Mädchen stark im Zunehmen ist, wenn wir wissen, dass die jungen Mädchen, aber auch Burschen zum Teil stark über­gewichtig sind, dann, so meine ich, resultiert eine ganz klare Forderung daraus, die heute schon öfters gefallen ist und über die wir auch schon öfters gesprochen haben: Das ist das Thema der Prävention. Da sind wir einfach nicht gut aufgestellt. Dafür geben wir im EU-Schnitt auch wesentlich weniger aus. Wir würden uns dringend Anstrengungen in diesem Bereich erwarten.

Es ist heute auch schon angesprochen worden, dass Frauen unter 50 Jahren ein doppelt so hohes Risiko haben wie Männer, an einem Herzinfarkt zu versterben. Zirka 32 Prozent der Frauen haben diese ganz klassischen Symptome einer Angina pectoris. Auch daraus ergibt sich eine ganz klare Forderung, die heißt, die Forschung im Bereich Gender Medizin muss verstärkt werden. Natürlich müssen Pharmazeutika geschlechterspezifisch erprobt werden. Und es muss auch sichergestellt sein, dass diese Erkenntnisse bei den Medizinerinnen und Medizinern auch wirklich ankommen. Es darf nicht sein, dass es bei Frauen wesentlich länger dauert, bis sie einer richtigen Diagnose und Behandlung zugeführt werden.

Ein zweiter Bereich, der mir wichtig ist, ist der Bereich Gesundheit von Frauen mit Migrationshintergrund. Wir haben schon festgestellt: Kennzeichnend sind eine niedrige


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 99

Bildung und damit einhergehend ein niedriges Einkommen und eine geringe Erwerbs­tätigkeit. Das sind einfach Gesundheitsrisiken von Frauen. Wir wissen, Frauen mit Migrationshintergrund sind wesentlich weniger erwerbstätig. Sie sind nur zu zirka 40 Prozent erwerbstätig. Sie sind zum Teil übergewichtiger und rauchen auch mehr als vergleichbare Gruppen von Frauen ohne Migrationshintergrund.

Das heißt, auch da spielt die Prävention eine sehr große Rolle, aber natürlich auch der Bereich der Bildung und der Berufstätigkeit von Frauen. Diesbezüglich wäre die Idee einer Ausbildungspflicht bis 18 Jahre, die dafür sorgt, dass alle Mädchen eine Ausbildung und Berufsausbildung machen, eine sehr gute, wie ich meine, die beson­ders auch den Frauen mit Migrationshintergrund nützen würde.

Ich würde sagen, der Befund ist mit diesem Bericht durchaus erstellt. Was jetzt noch fehlt, sind die richtigen therapeutischen Maßnahmen. Darauf freuen wir uns schon. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schönpass.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


12.59.45

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesministerin – Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, das wäre einmal in die andere Richtung gegendert. Wir sind es ja gewohnt, dass die meisten Ministerinnen mit „Minister“ angesprochen werden. Man könnte ja einmal den Spieß umdrehen. Vielleicht wäre es ein Gewöhnungsprozess auch für die Damen und Herren im Hohen Haus. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Der dritte Gesundheitsbericht zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die spezielle Lebenssituation von Frauen und vor allem deren Rückwirkung auf die Frauengesund­heit besonders beachtet werden. Der Bericht liefert den datenbasierten Beweis dafür, dass den unterschiedlichen Bedürfnissen von Frauen und Männern von der Prävention bis zur Behandlung Rechnung zu tragen ist.

Ich begrüße daher außerordentlich, dass seit 1. Jänner 2011 mit Professorin Alexandra Kautzky-Willer ein Lehrstuhl für Gender Medicine an der MedUni in Wien gegründet wurde.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch noch einmal auf die flächendeckende Bedeutung der Arbeit der Frauengesundheitszentren hinweisen. Die Frauengesund­heits­zentren stehen für ganzheitliche Sicht auf Gesundheit, wirken durch Vernetzung, durch Öffentlichkeitsarbeit, durch Projekte, aber auch durch Kampagnen in einer breiten Fläche und leisten damit einen ganz wesentlichen Beitrag zur Bewusstseins­bildung in der Bevölkerung. Somit haben sie auch eine wichtige Funktion bei der Schaffung von Gesundheitsbewusstsein.

Ich möchte auf das Projekt „Mädchengesundheit“ hinweisen, wo man auch versucht, neuen Trends wie Körperbewusstsein und Schönheitsbildern, die derzeit die Jugend häufig prägen, zu begegnen. Es wird darauf hingewiesen, was der Umgang mit dem eigenen Körper, was Operationen bereits in jungen Jahren für die gesamte Entwicklung des Menschen bedeuten.

Dass der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Gesundheit ein beson­ders wichtiger ist, ist heute schon mehrmals betont worden. Ich darf auf die Ausführungen von Kollegin Csörgits verweisen. Wir wissen, dass Lebenszusammen­hänge wie Arbeitsumfeld, Arbeitsbedingungen, Einkommen, Mehrfachbelastungen die Frauengesundheit in ganz besonderem Maß beeinflussen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 100

Was Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, als „Ideologie“ qualifizieren, ist das Gegenteil. Es gilt, sich stark zu machen und Position für Frauen und Frauengesundheit eben durch bessere Rahmenbedingungen zu beziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wichtig ist auch das Kapitel Pflege, dem ja auch ein großer Teil in diesem Gesund­heitsbericht gewidmet wurde. Kollegin Aubauer ist schon darauf eingegangen. Ich möchte in diesem Zusammenhang schon darauf hinweisen – weil wir von der gesamt­heitlichen Sicht sprechen –, wie wichtig Gender Budgeting ist. Maßnahmen, Kürzun­gen oder Erhöhungen in diesem Bereich wirken sich ganz speziell auf Frauen aus. Daher ist Gender Budgeting auch ein ganz wesentlicher Aspekt bei den Bedingungen, in deren Rahmen Frauengesundheit steht.

Abschließend: Frauen sind meistens Pflege- und Gesundheitsmanagerinnen in den Familien. Frauen haben ein Anrecht auf genderspezifische Gesundheitsvorsorge und -versorgung. Wir sind hiebei weltweit erst einen ersten Schritt auf diesem Weg unterwegs, wenn wir an Arzneimitteltests und an Medikation denken.

Umso begrüßenswerter ist dieser Frauengesundheitsbericht mit seinem ganzheitlichen Ansatz. Er bietet uns viele Anleitungen für die Umsetzung in vielen Politikfeldern. Das geht von der Antidiskriminierung bis zu Fördermaßnahmen für Frauen. Vielleicht ist es aber auch eine Anregung, damit wir irgendwann nicht nur den Nationalen Aktionsplan für Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt haben, sondern auch zu einem Nationalen Aktionsplan für geschlechterspezifische Gesundheit kom­men. (Beifall bei der SPÖ.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.03.56

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Ich denke, die Debatte hat sehr gut gezeigt, dass eines relativ sicher ist, nämlich dass dieser Frauengesundheitsbericht, nicht nur weil er 600 Seiten hat, auch inhaltlich qualitativ sehr viele Themenbereiche abdeckt. Ich glaube auch, dass die Maßnahmen, die sich daraus ableiten und seitens der Politik ergriffen werden müssen, sehr vielfältig sind. Wenn man das ernst nimmt, dann ist heute nicht nur ein Appell an die Zuschauer auf den Galerien oder im Fernsehen zu richten, sondern vor allem auch an uns selbst, wirklich tätig zu werden.

Ich möchte nur zwei Themenbereiche aufgreifen, weil ohnehin schon sehr viel gesagt wurde. Zusammenfassend: Ich denke – was mich persönlich auch angesprochen hat und mir ins Auge gestochen ist –, dass wir politisch vor allem dort ansetzen müssen, wo wir sehen, wie sehr die Kombination von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit, die noch immer hauptsächlich auf der Frau lastet, auch auf die Psyche der Frau geht und dass diese Doppelbelastung sehr oft zu psychischen Erkrankungen bei der Frau führt, dass es zu Depressionen kommen, zu Angststörungen kommen kann. Ich denke, auch da muss die Politik unterstützend eingreifen, nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern vor allem auch zur Vermeidung der starken Doppelbelastung. – Das zum einen.

Zum anderen: Frau Kollegin Schenk hat in ihrer Rede gesagt, dass das Thema Burn-out zu wenig aufgegriffen oder auch aufgearbeitet wurde. Dieser Meinung bin ich auch. Das wäre eine Anregung für den nächsten Bericht, sich das gezielt genauer anzuschauen.

Das Thema Brustkrebs und Mammographie-Untersuchungen wurde heute schon viel­fach diskutiert. Faktum ist, dass 23 Prozent aller Todesfälle bei Frauen auf Brustkrebs zurückzuführen sind – leider! Der Herr Bundesminister hat angekündigt, auch in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 101

Zukunft tätig zu werden, damit Brustkrebsvorsorge und Mammographie für alle Frauen gesichert sind. Ich bin der Meinung, dass Frauen auch im jungen Alter durchaus Vorsorgeuntersuchungen machen lassen sollten, deren Kosten von der Krankenkasse übernommen werden müssten. Das wird zu diskutieren sein. Ich glaube, heute wurde schon viel dazu gesagt.

Wenn ein Prozent – und das scheint mir relevant zu sein – der Gesundheitsausgaben für Prävention ausgegeben wird, dann ist das für den Ansatz „Prävention vor Therapie“ viel zu wenig. Auch das wurde schon gesagt, und das kann ich nur unterstreichen.

Etwas, was mir im Bericht allerdings zu kurz kommt, sind die Gender Medizin und die Forschung. Das möchte ich kritisch anmerken. Diese ist mit nur vier von 600 Seiten in diesem Bericht zu wenig behandelt, wenngleich wir heute wissen, dass sich Medika­mente auf Männer und Frauen unterschiedlich auswirken und die Symptome bei Erkrankungen bei Männern und Frauen unterschiedlich sind. Vor einem Herzinfarkt sind die Symptome bei Männern und Frauen unterschiedlich. Dahingehend muss das Pflegepersonal geschult werden, und es muss auch bei jungen MedizinerInnen in der Ausbildung darauf eingegangen werden.

Das sind nur einige Punkte. Es gibt viel Handlungspotential. In diesem Sinne denke ich, dass es ein gelungener Bericht ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.07.23

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Herr Minister! Hohes Haus! Wie bedeutungsvoll der Frauengesundheits­bericht ist, zeigt ja, dass dieser noch nicht enderledigt wurde, sondern heute im Plenum zur Diskussion steht.

Gender Mainstreaming in der Gesundheitspolitik darf mit Sicherheit keine leere Phrase sein. Genderaspekte müssen im Gesundheitswesen noch stärkere Berücksichtigung finden, denn gute Medizin sollte und muss auch auf das Geschlecht Rücksicht nehmen.

Ein besonders wichtiger Bereich ist die Sensibilisierung für frauenspezifische Krank­heitsbilder. Anhand des Frauengesundheitsberichtes sieht man sehr wohl, dass haupt­sächlich Frauen und Mädchen an Essstörungen erkranken. Hiebei sind die sozialen und ökonomischen Aspekte im Besonderen zu berücksichtigen.

Es leiden auch weit mehr Frauen – das haben wir heute schon mehrmals gehört – an Depressionen als Männer.

Es ist auch erwiesen, dass für zahlreiche Frauen die Doppelbelastung Familie und Beruf ein sehr großes Gesundheitsrisiko darstellt. Betroffen sind allen voran Allein­erzieherinnen sowie Frauen, die Angehörige zu pflegen haben.

Weiters führt der Leistungsdruck, dem insbesondere Frauen im Berufsleben aus­gesetzt sind, immer öfter zu Burnout. Auch das haben wir bereits gehört. Hiebei geht es speziell um Frauen, die im Gesundheitssystem tätig sind und selbst starken Belastungen ausgesetzt sind. Da muss in erster Linie sehr wohl die betriebliche Gesundheitsvorsorge vorangetrieben werden. Daher muss Prävention für alle das primäre Motto sein.

Die Beachtung der unterschiedlichsten Bedürfnisse von Männern und Frauen in der Gesundheitsvorsorge sowie die Forcierung geschlechterspezifischer Methoden im Gesundheitswesen sind oberstes Gebot. Gerade dazu gibt der Bericht viele Instruk­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 102

tionen, die nicht nur in gesetzlichen Maßnahmen, sondern auch in Initiativen und Kampagnen umgesetzt werden können.

Der Bericht thematisiert unter anderem nicht nur die medizinischen und politischen Rahmenbedingungen der Frauengesundheit, sondern beleuchtet auch die Lebens­realitäten und gesundheitsbezogenen Lebensweisen der Frauen.

In diesem Bericht wird Gender Mainstreaming als die spannendste Herausforderung an die Zukunftsmedizin gesehen.

Gender Mainstreaming in der Medizin erfordert ein grundlegendes Umdenken, und ich bin sicher, dass durch diesen Frauengesundheitsbericht die Akzeptanz von Gender Mainstreaming in der Medizin erhöht wird. Dies bietet eine gute Basis für die Entwick­lung von effizienten Strategien im Rahmen der Frauengesundheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


13.10.23

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst auch bei Bundesminister Alois Stöger sehr herzlich dafür bedanken, dass der Frauengesundheitsbericht im Gleichbehandlungsausschuss sehr prominent diskutiert wurde sowie heute im Plenum diskutiert wird.

Es zeigt sich, dass Frauengesundheit ein gleichstellungspolitisches Instrument darstel­len kann und muss. Wir werden Sorge dafür tragen, dass das, was auf diesen fast 600 Seiten auf der einen Seite statistisch aufgearbeitet, auf der anderen Seite auch in Vorschlägen dargelegt ist, sehr ernst genommen wird. Wir betrachten diesen Gesund­heitsbericht nicht als einmalige Angelegenheit, sondern ich würde mir wünschen, dass er alle fünf Jahre gelegt wird und dass wir eventuell, so wie das heute das eine oder andere Mal angedeutet wurde, auch Ergänzungen vornehmen können. Das war beim Frauenbericht auch so, da wurde auch zum ersten Mal der Bereich „Frauen und ländlicher Raum“, aber auch die Thematik „Frauen mit Migrationshintergrund“ behan­delt, und ich denke mir, die Anregungen von heute könnten durchaus auch auf­ge­nom­men werden.

Auch wenn er von einigen Rednerinnen oder Rednern in Frage gestellt wurde, Tatsache ist doch, dass wir einen Bericht brauchen und ihn, wenn er wissenschaftlich aufgearbeitet, aufbereitet ist, so wie dieser, viel besser verwenden können, um Handlungen abzuleiten und Veränderungen, wenn notwendig, was das eine oder andere Mal sicher der Fall sein wird, auch herbeizuführen.

Dass Gesundheit nicht nur die Abwesenheit von Krankheit ist, sondern umfassendes Wohlbefinden von Menschen, von Männern und Frauen, beschreibt, das ist klar. Und dass dieser Frauengesundheitsbericht das in den sieben Kapiteln, die hier behandelt werden, auch sehr umfassend tut, ist auch schon einige Male gesagt worden.

Es geht schon darum, die nicht Ein-, sondern oft Mehrfachbelastung von Frauen dafür heranzuziehen, um zu sagen, das darf kein erhöhtes Risiko dafür sein, dass Frauen krank werden, sondern wir haben als Politikerinnen, als Politiker den Auftrag, dafür zu sorgen, dass Frauen möglichst lange sowohl physisch als auch psychisch gesund bleiben. Auch da gibt es – und das wurde in der Fragestunde bereits das eine oder andere Mal angedeutet – viele Möglichkeiten, um Frauen ein existenzsicherndes, auch gewaltfreies Leben zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 103

Gewalt macht krank, auch das ist ein Kapitel im Frauengesundheitsbericht. Ich glaube, es ist ein bisschen untergegangen, dass wir heute in der Früh im Ministerrat beschlos­sen haben, dass neben den Kinderschutzgruppen in Krankenhäusern auch Opfer­schutz­gruppen für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, eingerichtet werden sollen. Ich denke, es ist eine ganz wichtige und gute Sache, dass es im Krankenhaus, welches oft die erste Anlaufstelle ist, wenn Missbrauch passiert ist, wenn Gewalt gegen Frauen und/oder Kinder passiert ist, professionelle Hilfe gibt. Es ist wichtig, dass Menschen da sind, die sich um die Opfer kümmern und ihnen den nächsten Schritt erleichtern, nämlich sich an Stellen zu wenden, wo ihnen dann auch geholfen wird.

Auch das Kapitel Armut wird natürlich behandelt, denn Armut macht krank. Alles, was Armut vermeidet, ist eine Sache, die nicht nur die Frauenministerin angeht, sondern die gesamte politische Landschaft. Ich glaube, die bedarfsorientierte Mindestsicherung allein wird Armut nicht beseitigen können, wird aber sehr dazu beitragen und helfen, dass Frauen, die häufiger als Männer von Armut gefährdet sind, zumindest zeitweilig gut abgesichert sind.

Es wurde auch schon beim Forschungsbereich Frauen und Medizin erwähnt, dass Frauenherzen anders schlagen als Männerherzen. Die spezifische Wirkung von Medikamenten, sprich die Gender-Medizin, wird sehr wichtig genommen, nicht nur im Frauengesundheitsbericht, sondern auch ad personam. Es gibt eine Professorin, die beauftragt ist, Lehrgänge in diesem Bereich anzubieten, sie hat den ersten Lehrstuhl für Gender-Medizin in Österreich: Professorin Kautzky-Willer. Ich glaube, auch das ist erwähnenswert, weil wir uns hier im Kreise nicht sehr vieler Staaten befinden, die so etwas auch schon haben. Wir sind, glaube ich, die Einzigen in Europa, die diesen Lehrstuhl eingerichtet haben, und da können wir durchaus auch Vorzeigeland und beispielgebend für andere sein.

Um ganz zum Schluss noch einmal auf das Thema einzugehen, sehr geehrte Damen und Herren: Was bringt ein Screening für 45- oder 50- bis 69-jährige Frauen? – Es bringt natürlich einen großen Schub an Qualität, denn da werden alle Frauen schriftlich eingeladen, sich an einer Querschnittsuntersuchung in ganz Österreich zu beteiligen. Es geht uns darum, dass wir da niemanden verlieren, denn wir wissen, dass Frauen, wenn sie glauben, der Wechsel, sprich die Menopause, ist vorbei, sehr oft der Meinung sind, dass sie keinen Tumor in der Brust oder anderswo mehr bekommen können. Ich glaube, dass ein Brustkrebs-Screening, ein Mammographie-Screening für diese Gruppe, die eher gefährdet ist, einen Qualitätsschub nach vorne bringen wird. Das bedeutet aber absolut nicht, dass nicht nach wie vor der Arzt beziehungsweise die Ärztin bei jüngeren Frauen, wenn irgendein Risiko oder Verdacht auftaucht, über eine derartige Untersuchung entscheidet. Das war immer so und wird auch so bleiben, dass selbstverständlich auch junge Frauen zu diesen Untersuchungen geschickt werden.

Sie können mir glauben, dass ich mich für die Österreichische Krebshilfe, insbeson­dere für die Pink-Ribbon-Aktion, sehr einsetze, da ich selber einmal betroffen war – mein Tumor war gutartig –, und dass ich weiß, wie wichtig es ist, unabhängig vom Alter die Sicherheit zu haben, in ganz Österreich zu Brustkrebsuntersuchungen gehen zu können.

Uns geht es nur darum, dass man nicht mit veralteten Apparaten Fehldiagnosen stellt und so Frauen verunsichert, sondern dass man mit modernster Apparatetechnologie, deswegen diese Qualitätskriterien, versucht, die Gruppen so zu erfassen, dass jedes Risiko möglichst minimiert werden kann.

Ich glaube nicht, dass der Frauengesundheitsbericht heute dazu dienen hätte sollen – und das haben Sie sicher auch nicht gemeint –, hier Angst und Verunsicherung zu schüren, sondern es geht darum, dass wir den Frauen, die in unserem Land leben, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 104

Sicherheit geben, dass sie medizinisch nicht nur die beste Versorgung haben, sondern dass ihre Anliegen auch sehr, sehr ernst genommen werden und dass wir in jedem Bereich, nicht nur in der Reparaturmedizin, sondern auch in der Prävention, diese Gruppe, die die Hälfte der Bevölkerung darstellt, sehr, sehr ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Dr. Winter zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


13.17.32

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf den Gesundheitsbericht eingehe, möchte ich noch kurz auf die Aus­führungen einiger meiner Kollegen replizieren. Frau Silhavy hat sich ja daran gerieben, dass wir von der FPÖ immer wieder „Frau Minister“ sagen, und sie meinte, umgekehrt wäre es schön. Das heißt, in ihrem Sinne darf ich jetzt Frau Ministerin Stöger und Herrn Minister Heinisch-Hosek begrüßen. Wenn Sie meinen, dass das toll ist – wir können uns dem ganz einfach nicht anschließen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Sie haben das intellektuell nicht verstanden! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Frau Kollegin Schwentner hat uns in ihrem Vortrag vorgeworfen, dass wir von der FPÖ eine sehr verwerfliche, sinnentleerte Ideologie hätten und 600 Seiten nicht ... (Beifall und Bravorufe bei den Grünen.) Bravo! Der liebe Gott hat die Gaben gut verteilt: Dem einen hat er die Lautstärke gegeben, dem anderen den Intellekt, meine Herrschaften. (Beifall bei der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Frau Kollegin Schwentner, Ihnen kann ich nur Folgendes sagen: Ich empfehle Ihnen, die dritte, vierte Klasse Volksschule zu besuchen, da lernt man nämlich, bis 1 000 zu zählen. Dieser Bericht hat keine 600 Seiten, dieser Bericht hat 583 Seiten. (Abg. Grosz: Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Herr Minister Stöger, darf ich Sie noch kurz etwas fragen? Sie haben gemeint, Sie haben eine vernünftige Notfallverhütung eingerichtet. Meinen Sie, dass Verhütung immer vernünftig ist und dass eine Schwangerschaft ein Notfall ist? Ich kann mir das schwer vorstellen, denn dann müsste ich all die Leute, die hier am Podium hinter mir sitzen, als Notfall, der absolut nicht verhütet werden konnte, bezeichnen. Das ist nicht unsere Ideologie, das wollen wir nicht, das wollen wir nicht einmal hören! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun kurz zum Frauengesundheitsbericht. Ich möchte noch näher erläutern, warum wir diesem Bericht absolut nicht zustimmen können.

Einen großen Teil dieses Berichtes nehmen die Bereiche Scheidung und Ehe­schließungen und Frauen- und Gleichstellungspolitik in Österreich ein. Das sind Kapitel, die einfach nicht in diesen Bericht hineingehören. Deshalb wird der Bericht von uns abgelehnt.

Ein zweiter sehr ideologisierter Punkt in diesem Bericht, den wir nur zum Teil teilen können, widmet sich der Frauengesundheit. Wir sind sehr wohl für Frauengesundheit, aber wir beziehen ja in der Forschung auch die Männer mit ein, während Sie, meine Damen und Herren, ausgesprochen für die Gender-Medizin sind. Und das ist eine zweite Disziplin, mit der wir uns nicht befassen wollen und die einzig und allein den Blick auf die Frau richtet. Das wollen wir auch nicht. (Abg. Mag. Schwentner: Weil Sie noch immer nicht das Wort „Gender“ verstanden haben!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 105

Wir wollen, dass die Frauen gestärkt werden, wir wollen, dass die Frauen ihre Frei­heiten haben, aber wir wollen sie nicht in dieser Form bevormunden.

Wenn man im Bericht weiterschaut – oder auch in der Pressemappe dazu –, dann findet man einige Sätze, wo man sagt: No na net, das haben wir doch alle bereits gewusst! Es geht hier um Allgemeinplätze. Zum Beispiel steht drinnen: Mehrfach­belastung der Frau als Gesundheitsrisiko. Oder: Die weibliche Familienarbeit ist die zentrale Dimension der Ungleichheit. Und, und, und. Dieses polemisierende Gedan­kengut gegen Familie, gegen Mütter, gegen Hausfrauen zieht sich in diesem Bericht durch wie ein roter Faden.

Schauen wir doch, was bei der „Psychischen Gesundheit von Frauen“ steht:

„Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen“ – und, und, und – „durch die Schwangerschaft sind ein wichtiges Frauengesundheitsthema. Dabei spie­len die krankmachenden Lebenszusammenhänge von Frauen, die Festlegung der traditionellen Frauenrolle sowie die Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie eine große Rolle.“

Na, was ist denn das? Da zieht es sich wieder durch. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wovon sprechen Sie?) Ich kann jetzt völlig verstehen, warum Sie im Ausschuss gegen den Antrag von HC Strache mit dem Titel „Anschlag auf die Mutterschaft“ waren. (Abg. Mag. Schwentner: Wo der Herr Strache nicht einmal dabei war!) Sie wissen das, und Sie haben uns mit einem Terminus technicus belegt. Sie sagten: Wir sind der Sucht nach Missverständnissen erlegen.

Nein, meine Herrschaften, auch Obama hat unlängst erst daran gedacht, den Begriff Familie zu trennen, und zwar in Parent One und Parent Two, mit der Überlegung dahin gehend, dass man sagt, homosexuelle Paare werden dadurch diskriminiert, würde man das in dieser Form weiterführen.

Einen Punkt möchte ich im Zusammenhang mit Frau Minister Hosek noch erwähnen. Da geht es um die Fragestunde heute Vormittag. Meine Kollegin hat Ihnen vor­geworfen, dass Sie den Muttertag als solchen nicht unbedingt hochhalten und unter Umständen abschaffen wollen. Sie haben dementiert, nein, das wollen Sie nicht, ganz im Gegenteil, Sie wollen, dass die Mütter jeden Tag Muttertag haben.

Frau Ministerin, ich darf Sie kurz zitieren aus der „Presse“ vom Sonntag: „Und in diesem Jahr gedenken wir der Müttersterblichkeit weltweit, also der häufigen Todes­fälle vor und nach der Geburt. Das tun wir, um einen Gegenpol zum Muttertag zu schaffen, der überholt und konservativ ist.“

Also ich kann Ihnen nur hundertprozentig zustimmen: Sie sind absolut für den Muttertag. Sie sind absolut für die Werte, die man hochhalten sollte.

Ich darf auch noch kurz etwas zitieren, wo mit einem einzigen Wort klar und deutlich ausgedrückt wird, was auch die Medien über Sie denken. Da lässt Ihnen der „Presse“-Redakteur Wolfgang Greber ausrichten, dass er in Ihrem Geschwafel eine „Verächtlichmachung des Apfels“ sieht. Das haben Sie scheinbar auch erwähnt. Und er kommt dann zu einem erfrischenden Schluss: Feminismusgeschwätz. – Und dem schließe ich mich an! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Welcher Apfel?)

13.24

13.24.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 106

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Gleichbehandlungs­aus­schusses, den vorliegenden Bericht III-228 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie über Missbrauch in Behinderteneinrichtungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.25.202. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1463/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plastiktragtaschen und über den

Antrag 220/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff (1180 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1210/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen Kunststoffverpackungen (1181 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1401/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Plastik­sackerl (1182 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 107

 


13.26.38

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir besprechen Umweltthemen – und die Frau Glawischnig geht, und die Bänke bei den Grünen sind leer. Die Frau Glawischnig spricht eben gerne, wenn die Fernsehkameras aufgedreht sind. Nun ist die Handtasche gepackt, und sie wird den Saal, nehme ich an, demnächst verlassen, meine Damen und Herren. (Abg. Öllinger: Wo ist denn Ihr Chef? – Abg. Mag. Rudas: Wo ist denn der Strache, Herr Kollege?)

Noch ein Schmankerl möchte ich hier zum Besten geben: Heute hat es in einem Bezirksausschuss, einer Bezirksvertretung in Wien eine Abstimmung gegeben. Ein Antrag der Freiheitlichen wurde diskutiert, nämlich das Amtshaus mit Strom zu ver­sorgen, der frei von Kernkraft ist. Wissen Sie, wer dagegen gestimmt hat? – Die SPÖ und die Grünen haben dagegen gestimmt! (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Das sind die sogenannten Umweltschützer, meine Damen und Herren! (Abg. Grillitsch: Das ist aber nichts Neues!)

Wenn wir jetzt diesen Antrag betreffend Plastiksackerlverbot besprechen, dann müssen wir davon ausgehen, dass Österreich nur frei sein kann, wenn es im Rahmen seiner Rohstoffversorgung neue Wege geht. Wir brauchen eine sichere heimische Energieversorgung und müssen diese Energie auch aus eigener Kraft erzeugen können, indem wir heimische Primärenergieträger nutzen. Wir müssen versuchen, auch in unserer Nahrungsmittelversorgung autark zu sein, indem wir das im Land produzieren, was wir zum Leben brauchen, nämlich gesunde heimische Nahrungs­mittel.

Wir haben Gott sei Dank Wasser, aber wir haben in vielen Bereichen eben nicht die Rohstoffe, die wir benötigen. Wir haben nun einmal nicht reiche Vorräte an Silicium in Österreich, wir haben keine reichen Vorräte an Öl. Das heißt, wir müssen uns letzt­endlich auch vom Plastikwahn in Österreich verabschieden. Viele Produkte, die wir heute verwenden, sind aus Kunststoff, aber nicht alle diese Produkte müssen not­wendigerweise aus Kunststoff sein. Ich bin ein großer Fan von Lego, Matador ist mir trotzdem lieber. Schade, dass dieses Produkt nicht mehr so im Einsatz ist wie früher.

Auf Wiedersehen, Frau Glawischnig! (Abg. Rädler: Auf Wiedersehen!)

Meine Damen und Herren, um das Plastiksackerl vom Markt weiter zu verdrängen und auf andere Alternativen zu setzen, muss man den richtigen Weg finden. Ein Verbot ist eine Möglichkeit. Ich glaube, dass es sinnvoll ist, einen vernünftigen Weg gemeinsam mit der Wirtschaft zu gehen – auf Wiedersehen, Frau Glawischnig! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Auf Wiedersehen!) – und alles daranzusetzen, dass wir künftig diese Plastiksackerl in Österreich nicht mehr in diesem Ausmaß im Einsatz haben.

Natürlich bringt auch das Papiersackerl ein hohes Maß an Belastung mit sich. Und auch das Sackerl, erzeugt aus biogenen Kunststoffen, ist nicht zu 100 Prozent verrott­bar. Und da frage ich mich: Sind die Entsorgungsbeiträge, die wir bezahlen, vielleicht nicht angemessen? Viele von uns verzichten bereits auf irgendwelche Tragetaschen, verwenden einfach wieder den althergebrachten Korb, den sie im Kofferraum stehen oder vorne am Fahrrad montiert haben. Man braucht in Wirklichkeit keine Tragetasche bei jedem Einkauf zu erwerben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich denke, das ist auch der richtige Weg. Wir müssen erkennen, dass wir wertvolle Rohstoffe verbrauchen für etwas, was wir gar nicht wirklich benötigen. Dieses Be­wusst­sein müssen wir schaffen, indem wir klarmachen, dass Kunststoff, hergestellt aus Öl, letztendlich ein wertvoller Rohstoff ist und es zu schade ist, diesen Rohstoff für Plastiksackerl zu verwenden. – Bitte, Christiane? (Abg. Mag. Brunner: Mit Ihrer Zustim­mung öffnen Sie der Plastik-Lobby Tür und Tor!)

Nein, ich öffne keine Tür für die Plastik-Lobby! Wirklich nicht! Das ist, glaube ich, nicht sehr objektiv betrachtet. Sie wissen sehr genau, dass das ein vernünftiger Weg ist.

Ich muss es immer wieder sagen: Wir diskutieren ein Umweltthema, und die Grünen sind nicht da. Frau Glawischnig rauscht nach hinten und geht dann sowieso weg. (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 108

Mag. Rudas: Wo ist Strache?) Man fährt gerne ein sportliches Auto, man heizt die Wohnung in Wien mit Gas. – Da hilft das ganze Drehen an Ihren Haaren nichts, man kann auch diese Wischerbewegung machen. Das ist Ihr Niveau, Frau Glawischnig! Das passt sehr gut zu Ihnen. Das gefällt mir sehr gut, weil so die Menschen auch sehen, wen sie hier sitzen haben. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Das heißt, Sie sind extrem unglaubwürdig, und daher werde ich auch nicht mit Ihnen über das Ökostromgesetz verhandeln. Das werde ich mit Sicherheit nicht tun! Sie werden wieder auf der Seite stehen und zuschauen, und wir werden das Ökostromgesetz gemeinsam mit anderen Parteien beschließen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) – Ui, Frau Glawischnig hat sich in die Debatte eingemischt. Sie ist doch da! Ich hoffe, Sie werden auch die gesamte Debatte hier bleiben und nicht, wie geplant, den Sitzungssaal wieder verlassen. Ich bin sehr gespannt darauf. (Beifall bei der FPÖ.)

13.31

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.31.44

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister Berlakovich! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Ich beginne heute meine Rede mit einem Dankeschön an die vielen Freiwilligen, die in den letzten Wochen und Monaten in ganz Österreich, besonders aber in Niederösterreich und überhaupt in meiner Gemeinde draußen waren, um aufzusam­meln, was andere Leute weggeworfen haben. (Abg. Zanger: Er beginnt jede Rede mit einem Dankeschön! Das schwarze Dankeschön!) Wir haben Flurreinigungsaktionen im ganzen Land gehabt, und dabei sind wieder viele Dosen, Flaschen, jede Menge Plastiksackerln der Abfallwirtschaft zugeführt worden. (Abg. Zanger: Und vieles andere!)

Das ist etwas, das eine besondere Leistung darstellt, und ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, warum sich der Kollege von den Blauen gar so aufregt. – Haben eure Leute nichts aufzusammeln gehabt? Unsere haben es getan.

Meine Damen und Herren! Die Belastung der Umwelt durch – ich sage einmal – charakterliche Schwächen einzelner Mitbürger, die schlampig sind und Dinge weg­schmeißen, wo sie nicht hingehören, stört uns sehr. Viele Menschen stört das, mich persönlich auch, und ich werde immer wieder angesprochen, dass man da etwas tun soll.

Andererseits wissen wir, dass viel an Verpackung zum täglichen Leben gehört. Plastiktragetaschen – das heutige Thema – sind eine Errungenschaft, die das Leben bequem machen, weil man nicht viel nachdenken muss, man hat sie einfach mit.

Wir alle wissen, dass immer mehr Leute darüber nachdenken und sich fragen: Muss das so sein? Wäre es nicht besser, sie einfach durch wiederverwendbare Taschen zu ersetzen? Oder wenn schon Plastiktragetaschen, dann wenigstens solche aus Material, das verrotten kann, das wieder in die Natur zurückkehrt und nicht jahrhun­dertelang eine Belastung der Natur ist.

Unser Bundesminister Berlakovich hat ein Programm überlegt und entworfen, wie wir die Umweltbelastung in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft reduzieren können. Heute geht es darum, uns hinter dieses Programm zu stellen, und ich darf berichten, dass es schon viele gibt, auch im Handel, die sich mittlerweile bereit erklärt haben, mitzutun.

An dieser Stelle will ich mich besonders beim Kudlich-Preisträger Heinz Gstir bedan­ken, der hinter der Initiative „Bio vom Berg“ steht. Das ist eine Tiroler Biobauern­


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vereinigung, die neue Wege der Vermarktung beschritten hat und mittlerweile auch für ihre Gemüseprodukte ausschließlich wiederverwertbare, verrottbare Sackerln verwendet. Sie haben damit einen Trend in Österreich gestartet, den heute bereits hundert große Outlets übernommen haben und die großen Handelsketten sehr bald bei allen Gemüseangeboten in ihren Geschäften umsetzen werden. Das alleine wird 2000 Tonnen Erdölplastik durch verrottbares Bioplastik ersetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es beginnt mit kleinen Anfängen. Alle miteinander schaffen die Voraussetzungen, dass sie erfolgreich sind. Und wenn wir in die anderen Länder Europas schauen, dann sehen wir, dass wir nicht allein sind. Es wird auch auf europäischer Ebene gelingen, die entsprechenden Beschlüsse herbeizuführen.

Das jedenfalls sind Dinge, die den Menschen Sorgen bereiten. Mag sein, dass es Herrn Strache nicht interessiert, mag sein, dass es Frau Glawischnig nicht interessiert, für die Leute bei mir daheim ist das ein Thema, denn es geht um eine saubere Land­schaft, es geht um weniger Müll und es geht darum, dass wir ... (Abg. Mag. Stefan: Die Präsenz bei der ÖVP ist auch nicht gegeben! Zwei Reihen sind komplett leer! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Da schau her! Das Stichwort Strache bringt die Kollegen von den Blauen zum Aufwachen. Wunderbar! (Abg. Mag. Stefan: Klubob­mann Kopf fehlt!)

Bei diesem Thema setzen wir hier in diesem Haus auch um, was die Menschen wirklich brauchen, ohne jede Hetzerei, ohne jede Aufregung, einfach mit kühlem Kopf und klarem Verstand, weil es die Leute so brauchen. Österreich braucht es! Und wir sind gerne dabei. (Beifall bei der ÖVP.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.35.46

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirt­schafts­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst einmal: Die Bemerkungen zur Anwesenheit waren ziemlich unnötig. Frau Kollegin Glawischnig muss jetzt leider zu einem Begräbnis gehen. Die hätten Sie sich (in Richtung des Abg. Ing. Hofer) sparen können. (Beifall bei den Grünen.)

Und beim Ökostromgesetz wird es eben darum gehen, ob man für die Sache etwas herausverhandeln will. Dann sollten wir das, so denke ich, gemeinsam tun. Diese Entscheidung wird in nächster Zeit anstehen.

Jetzt zur Sache: Ich freue mich, dass endlich auch einmal Umweltanträge der Opposition auf der Tagesordnung stehen, auch wenn Sie das vielleicht nicht so gerne hören, Kollege Grillitsch. (Abg. Grillitsch: Frau Kollegin, wir hören Ihnen zu!) Viele werden ja leider nur vertagt. Es geht heute „nur“ – unter Anführungszeichen – um Plastiksackerln. Wir haben im Ausschuss auch über viele Anträge rund um erneuerbare Energie debattiert – das sollen die Zuseherinnen und Zuseher auch wissen –, um Besserstellungen bei der BürgerInnenbeteiligung im Unweltver­träglich­keitsprüfungsverfahren, eine Reihe von Atom-Anträgen. Die sind alle vertagt worden. Besonders befremdlich war, dass es aufgrund der Blockade der ÖVP auch nicht möglich war, engagierte Bürgerinnen und Bürger, nämlich die InitiatorInnen des Euratom-Volksbegehrens, in den Ausschuss einzuladen, weil Sie von der ÖVP nicht bereit sind, mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit Leuten, die fast hunderttausend Menschen vertreten, zu ... (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Wenn Sie vielleicht kurz zuhören könnten, dann könnten wir auch einmal über Umweltangelegenheiten diskutieren. (Abg. Grillitsch: Wir hören Ihnen ja zu!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 110

Sie sind jedenfalls nicht bereit, engagierte Bürgerinnen und Bürger auch nur anzuhören. Und das finde ich schon mehr als befremdlich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir eine offenere Diskussion im Umweltausschuss, ich wünsche mir auch viel mehr Umweltthemen hier im Parlament, wo eine Kamera mitläuft. Der Herr Umweltminister hat sich ja gewundert, warum wir Grüne uns auch im Ausschuss für Umweltanliegen einsetzen, obwohl da ja keine Kamera dabei ist. Das zahlt sich ohnehin nicht aus.

Herr Landwirtschaftsminister! Für uns Grüne ist ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich: Missinterpretation!) ... Umweltpolitik schon viel mehr als Show, aber heute haben wir eben auch die Gelegenheit, das vor der Kamera zu tun. Ich wünsche mir, dass wir das öfter hätten. Und dann ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Sind Sie also wirklich gegen Aktionismus?) Nein, ich bin für engagierte Umweltpolitik. Auch Sie können ja heute hier Ihren Einsatz zeigen.

Jetzt zum Thema Plastiksackerl. In diesem Zusammenhang möchte ich jemanden begrüßen, der international positive Schlagzeilen macht im Umweltbereich. Heute ist hier nämlich Werner Boote zu Gast, Regisseur von „Plastic Planet“. – Herzlich willkommen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte diese Gelegenheit auch nutzen, um Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister, diese DVD zu überreichen. Es steht da drauf: Wenn Sie diesen Film gesehen haben, werden Sie nie mehr aus einer Plastikflasche trinken. Ich hoffe, Sie werden auch nie mehr ein Plastiksackerl verwenden und die Plastiksackerln endlich verbieten. (Beifall bei den Grünen. – Die Rednerin übergibt Bundesminister Berlakovich eine DVD-Box.)

Noch eine Anregung: Da Sie ja Geld in Ihrem Budget haben, um CO2-Zertifikate für die Industrie zu finanzieren, vielleicht ist auch ein bisschen etwas drinnen, um eine Unter­stützung zu gewähren, damit dieser Film auch als Schulfilm gezeigt werden kann.

Wir unterstützen jedenfalls das Plastiksackerlverbot. Aus grüner Sicht ist ganz klar: Das Plastiksackerlverbot ist nicht die Lösung aller Umweltprobleme, auch nicht die Lösung aller Abfallprobleme, aber ich finde, Plastiksackerln sind so ziemlich die unnötigste Umweltverschmutzung überhaupt. Wir brauchen keine Plastiksackerln, es gibt genug Alternativen. Sie sind einfach ein Symbol für unsere Wegwerfgesellschaft. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich – die DVD-Box präsentierend –: Ist das Plastik?!) Das ist biologisch abbaubares Plastik. Keine Sorge! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: War das etwa in Plastik verpackt?) Ich habe es gerade erläutert: Es sind biologisch abbaubare Kunststoffe. Keine Sorge!

Das Plastiksackerl ist jedenfalls ein Symbol für unsere Wegwerfgesellschaft, und deswegen sehe ich nicht ein, warum wir hier in Österreich keine Initiativen setzen. Es gibt auch in Österreich genug Vorzeigeregionen – Kaindorf, Wieselburg. Die müssen Unterstützung erfahren. Auch international gibt es Beispiele: Bangladesch, Ruanda, San Francisco. Da erwarte ich mir einfach auch einen Einsatz von Ihnen, damit Sie auf EU-Ebene nicht weiter das italienische Plastiksackerlverbot anschwärzen, sondern sich endlich dafür einsetzen, dass die Verpackungsrichtlinie auch so abgeändert wird, dass Plastiksackerlverbote möglich sind.

Es gibt auch sehr viele engagierte Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, ganz viele Jugendliche, die sich eingesetzt haben, die Petitionen organisiert haben, Unterschriften gesammelt haben. Auch da erwarte ich mir Unterstützung. Es gibt Familien, die versuchen, ohne Plastik zu leben. Ich selbst habe es auch probiert. (Abg. Grillitsch: Mit welchem Ergebnis?)

Als Einzelner/als Einzelne kann man sich nur im System bewegen. Die Politik aber ist verantwortlich beziehungsweise zuständig für die Festlegung von Rahmenbedingun­


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gen, und da erwarte ich mir von Ihnen, Herr Landwirtschaftsminister, dass Sie nicht nur appellieren, denn um zu appellieren muss man nicht Minister werden. Das kann jeder andere auch tun. Da erwarte ich mir schon ordentliche Rahmenbedingungen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Regierungsantrag geht bei Weitem nicht weit genug, er ist eine Wischi-Waschi-Geschichte. Wenn ich darin lese, dass Öko-Bilanzen gemeinsam mit der Wirtschaft erstellt werden sollen, dann weiß ich schon, was herauskommen wird, denn kürzlich sind solche ja auch veröffentlicht worden. Deswegen wundert mich auch, dass die FPÖ mitmacht beim Türöffnen für die Plastik-Lobby. Diese Studien werden nämlich von der Plastik-Lobby initiiert. Dann verwundert es auch nicht, wenn herauskommt, dass das Plastiksackerl ohnehin nicht so schlimm ist.

Daher: Keine Zustimmung für eine Wischi-Waschi-Geschichte. Wir Grüne fordern ordentliche Rahmenbedingungen zur Reduktion von Kunststoffverpackungen, da ge­hört das Plastiksackerl-Verbot dazu. Weil wir seit „Plastic Planet“ wissen, dass das Ganze nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein gesundheitliches Problem ist, gehört die Kennzeichnung dazu. Die Leute müssen wissen, was in einem Produkt an Kunststoffen drinnen ist und was nicht und wie die wirken, und auch, welche Stoffe drinnen sind, von denen man vielleicht gar nicht weiß, wie sie wirken. Und es muss zu einer Beweislastumkehr kommen, denn es darf nicht sein, dass eine KonsumentIn nachweisen muss, dass sie Schaden durch einen Stoff erlitten hat, sondern die Industrie muss die Unbedenklichkeit beweisen. Die Kontrollen müssen jedenfalls unabhängig sein, und es muss auch unabhängige Studien geben, und das ist mit Ihrer Initiative leider nicht gewährleistet.

Im Abfallbereich gibt es in Österreich noch sehr viel mehr zu tun. Wir liegen beim Abfallaufkommen pro Kopf leider über dem EU-Durchschnitt. Müllverbrennungsanlagen können bei uns wie die Schwammerln aus dem Boden wachsen, obwohl der Bedarf eigentlich gar nicht gegeben ist. Der Bedarf wird nicht geprüft, und deswegen finde ich Ihre Verweise, Herr Landwirtschaftsminister, auf Recycling und Müllverbrennung auch sehr befremdlich. Wenn Sie sagen, wir brauchen Plastiksackerln nicht zu verbieten, denn wir können sie ja in die Müllverbrennungsanlagen geben, dann ist das ein Affront gegenüber allen Menschen, die neben solchen Müllverbrennungsanlagen wohnen und sich auch gegen unnötige Müllverbrennung wehren.

Abfallvermeidung muss wieder an oberster Stelle stehen. Das sehe ich bei Ihnen leider nicht. Da braucht es viel mehr Initiative, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich auf die Seite der Umwelt stellen, auf die Seite der engagierten Bürgerinnen und Bürger, nicht auf die der Wirtschaft, denn für die Umwelt sind Sie zuständig, egal, ob eine Kamera dabei ist oder nicht.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Österreich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.43.26

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man einen endlichen Rohstoff – und Erdöl ist ein endlicher Rohstoff – nutzt, und Erdöl ist auch ein Rohstoff, mit dem man durchaus sehr intelligente Dinge machen kann, und etwas ganz furchtbar Unintelligentes damit herstellt, wie das ein Plastiksackerl ist, noch dazu wo es jede Menge Alternativen dazu gäbe, aus denen man Tragebehelfe herstellen kann, wie Papier, Stoff, biogene Fasern oder Körbe oder sonst irgendetwas, dann muss man sich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 112

vor Augen halten, dass so ein Plastiksackerl in Schnitt ungefähr 30 Minuten verwendet wird und danach dann ungefähr 300 Jahre die Umwelt belastet, und zwar mehr oder weniger stark, zum Teil aber auch noch Tausende Kilometer von jeder Zivilisation entfernt.

Man kann auch in der Sahara, wo Hunderte Kilometer rundum niemand wohnt, also mitten in der Wüste Plastiksackerln sehen. Sie verschandeln Landschaften, sie ver­stopfen Abflussrohre, sie strangulieren Seevögel. Plastik wird im Magen von Meeres­tieren gefunden, was dazu führt, dass die Meerestiere verhungern, weil das Plastik natürlich energetisch nicht verwertbar ist, aber die Mägen füllt, was ganz besonders am Anfang der Nahrungskette ein echtes Problem sein kann. Wenn Farbstoffe, Zusatzstoffe ins Wasser, in den Boden gelangen, dann ist das Herstellen von üblichen Plastiksackerln wirklich ein Paradebeispiel für Kurzsichtigkeit, für Dummheit und für Nichtnachhaltigkeit des Umgangs mit Öl.

Es ist schon gesagt worden – und da sind wir uns einig – : Gegen Plastiktragetaschen vorzugehen, ist in der Tat ein Gebot der Stunde. Wir haben diesen Antrag sehr lange verhandelt, und ich hätte mir durchaus auch einige klarere Darstellungen der Zusam­menhänge gewünscht zwischen dem Verwenden von Plastiksackerln und chemischen Zusatzstoffen, chemischen Druckfarbstoffen, die da drauf sind, und der Umweltver­schmutzung. Ich hätte auch ganz supergute Beispiele gehabt für Aufdrucke, die man auf so ein Plastiksackerl hätte schreiben können, zum Beispiel: „Dieses Plastiksackerl kann Artensterben verursachen“ oder „Diese Plastiktüte wird die nächsten hundert Jahre die Umwelt verschmutzen“ et cetera. Da wäre viel drinnen gewesen, keine Frage.

Mir geht es jedenfalls darum, dass wir dazu kommen, dass wir die Abfallrahmen­richtlinie der Europäischen Union möglichst in dem Sinne ausrichten, wie sie auch gemeint ist, dass nämlich die oberste Priorität ist, Abfälle zu vermeiden, sie gar nicht entstehen zu lassen, das heißt, an sich überhaupt keine Wegwerfprodukte zu produ­zieren. In diesem Zusammenhang ist es mir sehr wichtig, zu sagen, dass ich nicht nur dafür bin, dass man Plastiksackerln aus Erdölprodukten verbietet oder möglichst zurückdrängt, sondern auch dafür bin, dass man versucht, jede Art von Einmalnutzung, von einmaligem Gebrauch zu vermeiden, denn es ist auch nicht sinnvoll, ein biologisch abbaubares Sackerl nur einmal zu verwenden und dann wegzuwerfen. Auch das ist nicht im Geiste einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung.

Ich möchte in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen zum Entschließungsantrag 1463/A(E) der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Plastiktragetaschen in der Fassung des Ausschussberichtes (1180 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Entschließungsantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Entschließungstext wird der 4. Absatz durch folgenden Text ersetzt: „eine Recherche durchzuführen, wie in anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU die Verwendung von Plastiktragetaschen reduziert oder verhindert wird.“

2. Im Entschließungstext wird der 6. Absatz durch folgenden Text ersetzt: „auf europäischer Ebene im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie die Verwendung von nicht verrottbarem Kunststoff europaweit zu reduzieren und Alternativen wie wiederverwend­


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bare Tragetaschen aus nachhaltigen und schnell biologisch abbaubaren Rohstoffen zu forcieren, wenn diese sich als vorteilhaft erweisen.“

*****

Ich habe im Umweltausschuss unter anderem auch darauf hingewiesen, dass ich die Möglichkeit gehabt habe, im Jänner des Jahres in Bangladesch zu sehen, wie sich ein Plastiksackerlverbot auswirkt. In Bangladesch im Konkreten gibt es seit 2005 diese dünnen Plastikfolien nicht mehr. Bangladesch hat sie verboten, weil es zunehmend Probleme mit verstopften Abflussrohren gegeben hat.

In der Tat ist es in der Gesellschaft, in der Umwelt, in den Städten und auch auf dem Land in Bangladesch sichtbar, dass der Plastikmüll fehlt, dass es keine durch den Wind vor sich hergetriebene Plastiktragetaschen gibt, und ich denke, das, was Bangla­desch zusammenbringt, sollten wir in der Europäischen Union auch schaffen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann. 5 Minuten Redezeit­beschränkung. – Bitte.

 


13.48.32

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Thema „Plastiksackerl: ja oder nein?“ ist ja ein Thema, das man lange diskutieren kann und muss und das auch von einem gesellschaftspolitischen Konsens getragen werden sollte. Man sollte jedoch auch eine Lösung finden, denn wenn wir es ewig diskutieren, dann werden wir in zehn Jahren immer noch darüber diskutieren, ob wir sie haben wollen oder nicht, und es geht nichts weiter. Das ist ähnlich wie die Diskussion über das Ökostromgesetz, die wir heute hier bereits abgeführt haben, wo in der Sache sehr wenig geschieht. Man ist sich zwar einig, dass Ökostrom, erneuerbare Energie wichtig sind, aber trotzdem haben wir Atomkraft, haben wir fossile Energie, haben wir Erdöl und Erdgas und geschieht nichts.

Das Plastiksackerl-Verbot ist eine Möglichkeit, um Vorbildwirkung zu zeigen, um unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit, der Jugend und der Umwelt wirklich Schritte zu setzen, die greifen, und nicht nur Absichtserklärungen zu formulieren, wie wir sie seitens der Regierungsvertreter bis dato leider nur gehört haben.

Das Plastiksackerl braucht Ressourcen: es braucht Energie, es braucht Wasser, es braucht Öl. Wir haben lange Transportwege. Es kommt auch aus Entwicklungsländern. Auch diesen Aspekt sollte man berücksichtigen und die Frage, ob hier nicht etwa oft auch Kinderarbeit dahintersteckt und Entwicklungsländer ausgebeutet werden, damit wir einige wenige Sekunden ein Plastiksackerl in der Hand haben, um damit letztlich auch wirtschaftlichen Anforderungen Rechnung zu tragen.

Die Frage ist: Gibt es Alternativen? – Ja, es gibt sie: in Form von Zucker, Zellulose, Mais, Weizen. Man kann Bio-Kunststoffe bestens erzeugen, das ist kein Problem. Es gibt Papiersackerln, Stoffsackerln, das Einkaufskörbchen, das bereits angesprochen wurde – und all diese Dinge schaffen auch Arbeitsplätze hier in Österreich bei unseren Landwirten, sie schaffen Wertschöpfung hier im Land. Wir brauchen nicht über das Ausland Energie in Form von Plastiksackerln zu importieren, was letztlich auch für die Handelsbilanz einen negativen Saldo darstellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 114

Es gibt also lauter Argumente gegen das Plastiksackerl. Der einzige Vorteil des Pastiksackerls besteht darin, dass es etwas billiger ist als eine Papiertragetasche – um rund 10 Cent. Nur frage ich mich, ob da wirklich alle, auch umweltrelevante, externe Kosten mit eingerechnet wurden. Würde man das tun, hätte das Plastiksackerl auch auf dem Markt keine Chance mehr.

In anderen Ländern – das ist schon angesprochen worden – gibt es das bereits, auf europäischer Ebene gibt es das noch nicht. Es gibt Modelle in Italien, in Spanien, in einigen amerikanischen Städten; andererseits gibt es in Australien, China und Tansania sowie in einigen amerikanischen Städten Verbote, die ich angesprochen habe.

Zu den konkreten Anträgen: Die Grünen haben da einen Antrag mit rechtlichen Konsequenzen formuliert. Da wird eine Reduktion der Plastiksackerln geprüft. Weiters ist die Kennzeichnungspflicht angesprochen worden – gut, wird unterstützt. Die FPÖ hat den Antrag sehr allgemein gehalten und, das sage ich einmal, mit der Wirtschafts­kammer abgesprochen, vielleicht auch – das weiß ich nicht – im Hinblick auf eine Koalition mit der Wirtschaftsfraktion von der ÖVP – an sich durchaus nicht negativ, kann man noch unterstützen, ist aber bereits sehr seicht formuliert. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, der ÖVP-SPÖ-Antrag ist wirklich nur ein Prüfauftrag. Da finden wir überhaupt nichts Konkretes. Da finden Sie auf zwei Seiten, wir sollen prüfen, wir sollen evaluieren, wir schauen uns das und das an; aber Sie finden da nichts Konkretes, das uns in der Sache weiterbringen könnte, es wird nur recherchiert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)

Hinter mir sitzt ein Minister, der das im Ministerium alleine machen kann. Vor zwei Jahren hat er das auch angekündigt und gesagt, er schaut sich die Modelle in Kalifornien und England an. Herr Minister, ich frage Sie: Was ist denn da heraus­gekommen? Gibt es da bereits Ergebnisse? Hören Sie auf mit dem Evaluieren, sagen Sie uns die Fakten! Sie haben zwei Jahre Zeit gehabt! Wir haben über das Plastik­sackerl genug gesprochen, jetzt wollen wir Taten sehen. (Abg. Mag. Josef Auer: Prüfen ist wichtig, generell!) Daher ist es wichtig, unseren Antrag seitens des BZÖ zu unterstützen.

Noch eine Formulierung zum ÖVP/SPÖ-Antrag: Es ist wirklich hanebüchen, wenn Sie hier zum Beispiel schreiben: „(...) auf europäischer Ebene im Sinne der Abfallrah­menrichtlinie die Verwendung von nicht verrottbarem Kunststoff europaweit zu redu­zieren“ – okay, Plastiksackerln reduzieren, das kann man noch unterschreiben, aber dann kommts: „und Alternativen wie wiederverwendbare Tragetaschen aus nach­haltigen und schnell biologisch abbaubaren Rohstoffen zu forcieren“ – und dann der Zusatz, Herr Minister, hören Sie zu: „wenn diese vorteilhaft sind.“

Was heißt denn das? – Unterstellen Sie biologischen Kunststoffen aus Mais, aus Stärke, aus Kartoffeln, dass diese nicht vorteilhaft sind? Die sind auf jeder Ebene vorteilhaft. Sie haben einen einzigen Nachteil: dass sie vielleicht noch, wie ich angesprochen habe, etwas teurer sind, weil eben nicht alle Kosten mit eingerechnet worden sind. Daher sieht unser Antrag vom BZÖ vor – das ist, glaube ich, nicht zu viel verlangt –, dass wir auf europäischer Ebene verlangen, die Verpackungsrichtlinie der EU dahingehend zu ändern, dass nationale Ausnahmen zulässig sind, dass jedes Mit­gliedsland selbst entscheiden kann: Wir verbieten die Plastiksackerln: ja oder nein?, und zwar innerhalb einer entsprechenden Übergangsfrist, eines Zeitrahmens. Das muss möglich sein, geht aber bisher nicht.

Es ist wirklich ein Treppenwitz der Geschichte: Sie haben auf der europäischen Ebene die Freiheit des Energiemixes, Sie können Öl verwenden, Sie können Atomkraft


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verwenden, Sie können Gas verwenden; aber die Wahl der Tragetaschen (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), ob sie biologisch abbaubar, nachhaltig und umweltverträglich sind, das haben Sie nicht unter dem Diktat der Wirtschaftslobbyisten in dieser EU. Damit muss Schluss sein!

Herr Minister, werden Sie dazu auf europäischer Ebene aktiv! Denn: Das Plastiksackerl hat eine Lobby, die Umwelt hat keine. (Beifall beim BZÖ.)

13.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


 13.53.55

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zu den Grundsätzen der österreichischen Abfallwirtschaft gehört erstens die Abfallvermei­dung – was nicht anfällt, muss klarerweise nicht entsorgt werden. Zweitens gehört eine flächendeckende Erfassung des Abfalls dazu. Der dritte Punkt ist, möglichst viel in den Stoffkreislauf zurückzuführen und nur, was nicht mehr wiederverwertbar ist, anderwärtig zu verwerten, thermisch zu verwerten beziehungsweise zu deponieren.

Der Effekt ist, dass wir beziehungsweise dass Österreich eine Spitzenstellung in der Abfallwirtschaft hat. Wir sind zum Beispiel Mülltrennweltmeister. Die aktuelle Zahl ist, dass 116 Kilogramm pro Kopf erfasst werden, dass in Altglas, Altmetalle, Kunststoffe, Altpapier et cetera getrennt wird. Dafür sage ich der Bevölkerung ein Dankeschön. Es sitzen viele junge Leute hier unter den Zuhörern, die von der Eltern- und Großeltern­generation in Österreich dahin gehend erzogen worden sind, dass man beim Autofahren das Papierl eben nicht hinauswirft, dass man getrennt sammelt und möglichst viel in den Stoffkreislauf zurückführt. Der Effekt: 60 Prozent des Abfalls, der in Österreich zustande kommt, wird wiederverwertet – ein internationaler Spitzenwert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn man die thermische Verwertung dazurechnet, sind es insgesamt 96 Prozent des gesamten Abfalls, das ist ein Faktum. Schauen Sie auf andere Kontinente oder auch auf Europa rund um unsere Grenzen, da hat die Abfallwirtschaft nirgends einen derart hohen Stellenwert. Das ist ein Ergebnis der Politik, der Akteure im Bund, in den Ländern und vor allem auf der Gemeindeebene, sowie der Tatsache, dass die Men­schen eben engagiert mittun, Abfall vermeiden und getrennt sammeln.

Ich halte das fest, weil Sie hier vom abfallwirtschaftlichen Chaos sprechen und gerne das Plastiksackerl als Beispiel dafür nennen – was nicht so ist. Faktum ist, dass in Österreich in etwa 5 000 bis 6 000 Tonnen an Plastiksackerln anfallen, wovon die Hälfte in den Stoffkreislauf zurückgeführt und die andere Hälfte thermisch verwertet wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Es darf kein Plastiksackerl vergraben werden oder deponiert werden, das ist gesetz­licher Zustand. Ich sage das, damit Sie sehen, dass wir geordnete Verhältnisse haben. Wenn Sie einen Film zitieren, der dieses Thema zu Recht aufs Tapet bringt, thematisiert, in Österreich und weltweit, dann stimmt das für die Welt und für Öster­reich; wenn Sie aber diesen Film als Zeugnis dafür nehmen, dass bei uns ein Plastik­chaos herrscht, dann muss ich sagen: Das stimmt einfach nicht! Da miss­brauchen Sie den Film. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Der Punkt ist, dass die Plastiksackerln in Österreich 0,01 Prozent des Abfallauf­kommens betragen! Mir geht es darum, dass wir die Kirche im Dorf lassen; weil Sie das hochstilisieren zu einem Megaproblem, was es nicht ist. Sie erwähnen Italien – in


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Italien fallen 200 000 Tonnen an Plastiksackerln an! –, Neapel als ein wiederkehrendes Beispiel einer nicht funktionierenden Abfallwirtschaft. Dass Sie als Grüne Neapel oder Italien, die das eben nicht im Griff haben, als Vorbild in der Abfallwirtschaft darstellen, ist besonders bemerkenswert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Korun: Und was tun Sie? ... Neapel!)

Tatsache ist, dass gerade dort die dünnen Plastiksackerln, die ins Meer gelangen – das ist schon von Vorrednern angesprochen worden –, ein Problem für die Meeres­lebewesen darstellen, weil sie diese Teile verschlucken und zugrunde gehen. Daher haben das erst vor Kurzem zum wiederholten Male auch die Minister auf der euro­päischen Ebene andiskutiert. Jetzt wird sogar diskutiert, ob die Fischer beauftragt werden sollen, Plastik aus dem Meer herauszufischen, um eine derartige Bedrohung der Biodiversität hintanzuhalten. – Es soll nichts beschönigt, sondern einfach die Kirche im Dorf gelassen und stattdessen klargestellt werden, wie es tatsächlich ist.

Der Punkt ist, dass es natürlich sinnvoll ist, auf Alternativen umzusteigen, dass das Plastiksackerl nicht die Ultima Ratio ist. Daher habe ich ein Fünfpunkteprogramm gestartet, um sozusagen am Ende des Tages ein Aus des Plastiksackerls zu haben, das sich auf mehrere Ebenen gliedert: Dazu gehört zum einen eine Kooperation mit dem Handel zur Vermeidung von Abfall – was Sie immer fordern, setzen wir um. Der zweite Punkt ist ein Pilotprojekt mit dem Handel, mit dem wir eben das Plastiksackerl ersetzen und abbaubare Materialien einsetzen wollen. Der dritte Punkt ist die Bewusstseinsbildung – dass die Menschen darüber aufgeklärt werden, was sie selbst dazu leisten können. Der vierte Punkt ist die Evaluierung der bestehenden Regelung in EU-Ländern; der fünfte Punkt ist eine Kennzeichnungspflicht für Kunststofftrage­taschen.

Das Pilotprojekt läuft an. Es ist uns gelungen, 98 Prozent des österreichischen Lebensmittelhandels ins Boot zu holen, alle großen Supermarktketten sind mit dabei. 98 Prozent des Lebensmittelhandels sagen, wir testen in einer mehrmonatigen Pilot­phase diese sogenannten Knotenbeutel. Diese dünnen, problematischen Plastik­sackerln werden also ersetzt.

Der Punkt ist – und das ist meine Verantwortung, und das ist vorhin gesagt worden –, dass die Erzeuger dieser abbaubaren Sackerln sagen, sie sind teurer. Es gehört zur Gesamtverantwortung, auch dem Konsumenten gegenüber, zu sehen, wie er diese Teuerung um 10 Cent pro Stück annimmt. Wir haben es uns gestern auch wieder in Supermarktfilialen angeschaut. Die Menschen nehmen das teilweise an, stecken ein, bezahlen, andere sagen, das leiste ich mir nicht. Es ist eine Evaluierungsphase. Wir haben in Österreich jetzt etwa 120 Filialen, in denen das getestet wird, wo wir sehen, wie die Konsumenten darauf reagieren.

Ich halte das für eine Abfallwirtschaftspolitik mit Weitblick – um die Menschen ins Boot zu holen und sie dann dahin zu bringen, dass wir einmal ohne Plastiksackerl voran­kommen. Wir werden dieses Pilotprojekt bewerten – hinsichtlich der erwähnten Kon­sumentenakzeptanz, aber auch in Richtung des Entsorgungsverhaltens: Wohin führen die Entsorgungswege? Weiters werden wir auch Abfallanalysen durchführen.

Sie sehen, wir haben dazu einen gesamthaften Ansatz, auch das habe ich gehalten. Auf der europäischen Ebene bin ich aktiv geworden, und ich muss Ihnen sagen: Ich habe auf der europäischen Ebene die Initiative gestartet, mit der rechtlich ermöglicht werden soll, dass ein Staat ein Plastiksackerlverbot ausspricht. Sie wissen, dass das rechtlich nicht geht. Italien hat meine Initiative begrüßt und unterstützt, allerdings mit einer Anmerkung, nicht voll unterstützt, wie es eigentlich wünschenswert gewesen wäre.


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In meiner Initiative steht jedenfalls, dass wir das Verbieten des Plastiksackerls rechtlich ermöglichen sollen; dass bestehende Regelungen in den Mitgliedstaaten evaluiert wer­den sollen, dass eine Kennzeichnungspflicht auf der europäischen Ebene eingeführt werden soll, dass Prüfungen gemacht werden sollen, inwieweit es Alternativen zu Kunst­stofftragetaschen gibt, und letztlich, dass viel in Abfallwirtschaftsprogramme investiert werden soll.

Der Effekt der Initiative auf der europäischen Ebene ist ein ganz aktueller. Die Kommission richtet, das ist eine Meldung von heute, Stakeholder Consultations ein. Das heißt, es werden Stakeholder, Interessenvertreter, die Wirtschaft, die NGOs einge­laden, an einem öffentlichen Prozess mitzutun, wenn es darum geht, Kunststoffver­packungen zu vermeiden – beteiligen Sie sich dabei!

Diese Themenbereiche werden auf der europäischen Ebene behandelt: Festlegung von Vermeidungszielen, Verbote, finanzielle Maßnahmen – freiwillige Maßnahmen, aber auch Steuern – und auch die biologische Abbaubarkeit und das Sichtbarmachen für den Konsumenten. Man kann dazu im Internet kommunizieren und die Ideen, die man dazu europaweit hat, einbringen.

Das ist ein Ergebnis meiner Initiative auf der europäischen Ebene, die münden soll in ein Grünbuch der Europäischen Kommission, mit dem im Endeffekt die Verpackungs­richtlinie geändert werden soll, und zwar in dem Sinne, wie wir es wollen – in Wahrheit sitzen wir alle in einem Boot –: den hohen Standard der österreichischen Abfall­wirt­schaft zu halten, möglichst viel in den Stoffkreislauf zurückzuführen (Abg. Mag. Brunner: Vermeiden!) – und natürlich einiges vermeiden, was auch tatsächlich passiert. Schauen Sie sich die Realität an, das ist ja so! Tatsache ist, dass wir in der Abfallwirtschaft Vorbild für Europa und für die Welt sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Rädler zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.02.00

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es gibt verschiedene Zugänge zu diesem Thema, das sehen wir schon an den verschiedenen Anträgen, die auf dem Tisch liegen; und es gibt natürlich auch ökologische Schreckensszenarien, wie sie von den Grünen gemalt werden – das hilft uns keinen Schritt weiter. (Abg. Mag. Korun: Das haben Sie bei AKW- ... auch gesagt!)

Der Zugang ist die Frage. Schauen wir einmal – zum Thema Plastiksackerln und Plastikverpackungen –, welche Ordnungsmappen auf den Pulten der einzelnen Abgeordneten in Plastik eingehüllt sind und welche nicht, so wird ein jeder drauf­kommen, dass man auch selber etwas tun kann.

Der Herr Bundesminister hat heute bereits angesprochen, dass es hier nicht darum geht, mit einem Thema die gesamte Umweltpolitik Österreichs schlechtzumachen. Wenn in einem Land 96 Prozent der Abfälle getrennt werden, dann sind wir sehr weit. Nur liegt die Verantwortung nicht allein bei dieser Bundesregierung, sie liegt auch bei den Ländern, den Kommunen und den Schulen. Dort wird begonnen, Umweltpolitik zu machen; und da sind wir alle gefordert, die Bürgermeister, die Landespolitiker und natürlich auch die Politiker auf Bundesebene. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stauber.)

Wir sprechen hier von 7 000 Tonnen an Plastiksackerln, in Italien sind es 200 000 Tonnen. Wir müssen dieser Entwicklung natürlich entgegenwirken. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, aber durch Schlechtmachen der österreichischen Umweltpolitik wird uns


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das nicht gelingen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) – Ich bin bei Ihnen, Frau Kollegin Brunner, wenn man sagt, wir brauchen eine Kennzeichnungspflicht, damit wir wissen, aus welchem Material diese Tragetasche gemacht ist, ob aus Maisstärke oder einem anderen wiederverwertbaren Rohstoff. (Abg. Mag. Brunner: Nein, es geht um ...!) Am besten wäre natürlich eine Baumwolltasche, eine wiederverwendbare Tasche, aber nicht diese umweltbelastenden Tragtaschen.

Dazu brauchen wir internationale Recherchen, Regelungen, die europaweit gelten. Wir alle wissen, dass wir das hier in diesem Haus nicht alleine beschließen können (Abg. Zanger: Warum nicht?), dass wir, um in diesem Bereich eine Umsetzung herbeizuführen, eine europäische Abfallrahmenrichtlinie brauchen. Sie können es aber auch in Ihrer Gemeinde selber machen. Nehmen wir einmal das oberösterreichische Beispiel: Hui statt pfui, wo die Oberösterreicher unterwegs sind in den Gemeinden draußen (Zwischenrufe des Abg. Höfinger) – ja, und ihre Natur pflegen und das, was andere liegen lassen, aufheben und zur Verwertung bringen.

Auch in Niederösterreich ist unser Herr Landeshauptmann aktiv auf diesem Gebiet. (Abg. Grosz: Unser Herr Bundesparteiobmann Erwin Pröll! – Heiterkeit.) Vielleicht haben Sie schon einmal, wenn Sie auf einen Einkaufsmarkt in Niederösterreich gegangen sind, Menschen gesehen, die mit einer Baumwolltasche unterwegs sind, weil jeder niederösterreichische Haushalt diese Baumwolltasche von seinem Landes­hauptmann bekommen hat, und es steht auch „Erwin Pröll“ drauf. (Beifall bei der ÖVP.) Und wo das vielleicht noch durch einen Bürgermeister ergänzt wird, steht das auch drauf.

Ich glaube daher, dass wir in Niederösterreich gut unterwegs sind, dass wir in Österreich gut unterwegs sind und dass dieser gemeinsame Entschließungsantrag von SPÖ und ÖVP in Verantwortung für die Umweltpolitik in diesem Land auch von Ihnen angenommen werden sollte. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.05.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist wirklich nicht ganz einfach, mit diesem Umweltminister über Umwelt­politik zu diskutieren. Ich möchte vorausschicken: Wir haben Sie sogar einmal wirklich ernsthaft gelobt, nämlich als Sie – es ist wahrscheinlich schon ein Dreivierteljahr her, ich erinnere mich gut daran – öffentlich einen Ökobonus für Mehrwegverpackungen verlangt haben.

Wir waren kurz begeistert, weil wir gesagt haben, da ist endlich einmal ein politisches Instrument, damit etwas weitergeht – doch ist alles wieder in der Schublade ver­schwun­den. Ihre Art von Umweltpolitik ist evaluieren, irgendwie anschauen, mit der Wirtschaft reden; aber rechtlich verbindliche Maßnahmen auf Basis guter Überle­gungen zu setzen, dem können Sie nichts abgewinnen.

Herr Bundesminister, es ist eigenartig: Sie haben den Film „Plastic Planet“ als Ge­schenk bekommen – einen Film, der wirklich eindringlich ist, in ganz Österreich so viel Stimmung gemacht und das Verständnis und das Wissen über das Problem weitgehend erweitert hat –, Sie haben die Verpackung genommen – ich habe Ihr süffisantes Grinsen von der Bank aus wahrgenommen und war ganz baff –, haben das gedreht, gewendet und gesagt: Na ja, ist ja eh ein Plastik, nicht?


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Das gibt es auch, nämlich abbaubare, biologisch abbaubare Kunststoffe auf Basis erneuerbarer Stoffe, in der Regel aus Pflanzen. Das ist die Herausforderung! Da sehen Sie, dass ein Produkt mit einer Corporate Mission, mit einer klaren Vision machbar ist, vom Film bis zum Produkt, und das ist vorzeigbar. Das ist eine private Initiative, die Öffentlichkeit schafft, die den Mut hat, die Wahrheit anzusprechen.

Sie als Umweltminister haben diesen Film nicht hergenommen und gesagt: Wir haben hier ein österreichisches Produkt, das trage ich bis zur Kommission, das trage ich in jede österreichische Schule! – Das würden wir von Ihnen erwarten, nämlich den Film „Plastic Planet“ zu einem Thema zu machen und damit die Chance zu haben, auch im öffentlichen Bewusstsein für erneuerbare Rohstoffe, für eine Lösung eines System­problems eine Bresche zu schlagen. Dieses Systemproblem haben wir auf der ganzen Palette der Energiepolitik. Das ist das Problem der fossilen Energie. Plastik ist ein Element davon.

Wenn wir uns anschauen, wie die FPÖ hier argumentiert, müssen wir feststellen, dass sie in vielen Fragen zu nichts anderem als einem Steigbügelhalter der ÖVP wird, Kollege Hofer. In vielen Fragen der Umweltpolitik tun Sie, wie man sieht, nichts anderes, als immer der ÖVP die Leiter zu machen – ob es um das Ökostromgesetz geht oder um diesen Antrag, der in der Substanz wirklich nichts hergibt, was rechts­verbindlich wäre, was weiter ginge als Lippenbekenntnisse. Das ist aus unserer Sicht zu wenig.

Es wird Ihnen auch nichts helfen, wenn Sie hier permanent versuchen, uns Grünen Ihre – politisch motivierte und so nachvollziehbare – Kritik umzuhängen, dass wir nichts tun würden. Wir haben Anträge eingebracht, Sie könnten dem zustimmen; und wenn der Minister meint, wir machen hier ein kleines Problem sozusagen zu einer riesigen Katastrophe – Herr Rädler hat das ebenfalls formuliert –, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Minister: Haben Sie nicht zugehört?

Kollegin Brunner hat klar gesagt: Das ist natürlich nicht die Lösung der gesamten Umweltprobleme, aber es wäre eine Maßnahme, die in der Praxis, im Alltag der Men­schen eine spürbare sozusagen politische und praktische Maßnahme ist, die zu Verän­derungen führt, nämlich im Bewusstsein und im täglichen Handeln – konkret beim Einkaufen –, und genau darum geht es in der heutigen Zeit.

Wenn Sie sagen, es wird nichts weggehaut, dann muss ich Ihnen leider sagen, das ist nicht die Realität! Ich war in Rumänien und habe die Müll- beziehungsweise Plastikberge dort gesehen, ich war an der Adria und habe auch dort, obwohl es in Kroatien Gebühren gibt, Berge von Plastik im Meer gesehen und auch unsere Sackerln – wobei unsere Firmen, die diese Plastikflaschen und andere Produkte in diese Länder exportieren, eine Mitverantwortung haben.

Wir haben alle eine Mitverantwortung, und gerade Sie, der Sie immer vom Umweltmusterland Österreich reden, sollten endlich auch bereit und fähig sein, diese Maßnahme zu setzen. Nichts anderes wäre ein Gebot der Stunde.

Sie, Herr Minister, ergehen sich in Unterstellungen. Sie verharmlosen noch dazu die Müllverbrennung, die nichts anderes als eine CO2-Schleuder ist, zur „thermischen Verwertung“. Das ist kein Stoffkreislauf, das ist nicht Abfallvermeidung, von der Sie auch immer reden. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Ja, was ist denn Abfall­vermeidung?  Das heißt, statt Plastik eben etwas Verwertbares zu verwenden, statt Kunststoffverpackungen eben Tragtaschen auf Basis erneuerbarer Rohstoffe.

Das wäre eine klare Ansage. Sie als Umweltminister sind nicht bereit, gegenüber der Wirtschaft Rückgrat zu zeigen, nicht bereit, den Konsumentinnen und Konsumenten auch klare Botschaften zu senden  dafür sind Sie verantwortlich. Meine Kollegin


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Brunner sagt am Ende ihrer Rede immer eines, und da kann ich ihr nur beipflichten: Es braucht ein unabhängiges und selbständiges und mutiges und selbstbewusstes Um­welt­ministerium.  Jawohl. (Beifall bei den Grünen. Abg. Grillitsch: Wie lange hat er jetzt geredet?)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.11.11

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschichte der Plastiksäcke – die Einführung, die Hochphase und auch der Verruf – ist sehr eng mit der Entwicklung unserer Gesell­schaft, von der Konsumgesellschaft zur postmateriellen Gesellschaft, verbunden. Der Weg bis zur Konsumgesellschaft ist natürlich auch sehr stark mit der Ablösung des Papiersacks durch den Plastiksack verbunden. Man hat dann mehr eingekauft, und es war auch wesentlich bequemer, die Sachen bis nach Hause zu tragen.

Der Papiersack war bis Mitte der fünfziger Jahre vorherrschend, und seit 1953 können wir einen sehr rasanten Aufstieg des Plastiksacks feststellen, wobei in den fünfziger Jahren unterschiedliche Kunststoffarten bei der Herstellung ausprobiert wurden. Letzt­endlich hat man sich für den vollsynthetischen Kunststoff, wie zum Beispiel Poly­ethylen, entschieden, aus dem bis jetzt fast ausschließlich alle Plastiksäcke hergestellt werden.

In den sechziger Jahren hat dann der Plastiksack den Papiersack immer mehr verdrängt, und zur Hochblüte der Konsumgesellschaft 1971 war auch der Marktanteil des Plastiksacks besonders hoch, er betrug 66 Prozent. Man kann bei verschiedenen Autoren auch nachlesen, dass die Plastiksäcke Ausdruck des neuen, konsum­orien­tierten Zeitalters waren. Einige Studien belegen auch, dass durch die Verwendung der Plastiksäcke das Kaufverhalten sehr stark beeinflusst wurde. So ist zum Beispiel in den Lebensmittelgeschäften der Umsatz um 21 Prozent gestiegen, wenn die Leute mit Plastiksäcken eingekauft haben.

Mit der Ölkrise 1973 ist auch der Plastiksack in eine Krise gekommen. Konsequenz war dann, dass mit dem Slogan „Jute statt Plastik“ verstärkt für alternative Rohstoffe geworben wurde. Letztendlich hat sich aber das Kaufverhalten der Konsumgesell­schaft, der Wegwerfgesellschaft an der Bequemlichkeit orientiert. Der Plastiksack ist am Markt geblieben.

Wir haben erst einen langsamen Rückgang der Plastiksäcke zu vermerken, als sich auch die Wandlung der Konsumgesellschaft zur postmateriellen Gesellschaft vollzogen hat. Das heißt, dass das Wegwerfprodukt Plastik zu einem negativen Symbol für Müll und vor allem auch für die persönliche Mitverantwortung bei der Müllvermeidung gewor­den ist.

An der Entwicklung der Tragtasche ist auch die technologische und gesellschaftliche Entwicklung erkennbar. Es ist selbstverständlich, dass wir eine ganz entschlossene Reduktion, und idealerweise natürlich auch die Abschaffung, der Plastiksäcke und die Forcierung von nachhaltigen, abbaufähigen Tragtaschen aus Maisstärke oder aus ähnlichen Produkten unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 121

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.14.47

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Ich wollte mich wirklich nicht zu Wort melden, aber jetzt tue ich es doch, nachdem ich den bekennenden und rechts­gläubigen „Erwinisten“ Rädler vorher gehört habe, wie er anbetungsvoll und andächtig von „unserem Herrn Landeshauptmann“ gesprochen und sich dabei auch rührend verneigt hat (Abg. Mag. Stadler: Immer verneigen!), als würde der niederösterreichi­sche Landeshauptmann Erwin Pröll kurz vor der Heiligsprechung stehen. (Abg. Mag. Stadler: Er ist es schon!) – Er ist schon heiliggesprochen! Wenn er im Land Niederösterreich Jutetaschen verteilt, weil Niederösterreich das Paradeland der Müll­trennung, der Abfallwirtschaft ist, schlage ich Ihnen vor, in Zukunft, Herr „Erwinist“ Rädler, Jutetaschen des Herrn Landeshauptmannes als Berührungsreliquien in St. Pöl­ten anzubieten, wenn sie der Herr Landeshauptmann Pröll auch wirklich angegriffen hat. (Ruf beim BZÖ: Sind sie schon!)

Das gehört offenbar auch zum schwarzen Jute-Voodoo dazu, den Sie seit Wochen verbreiten, der Sie aber am kommenden Freitag bei Ihrem Parteitag auch nicht vor dem Absturz retten wird. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Auch dass Sie  gerüchteweise durchgesickert –, den Herrgottswinkel jetzt in Niederösterreich mit kleinen Männchen in Black aufbauen, um damit den Herrgott zu verräumen und Ihren neuen Heiligen der ÖVP anzubeten, wird nicht funktionieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Erwin!  als „Erwinist“ immer schön verbeugen. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Auch das in Zukunft geplante erneuerbare und wiederverwertbare „Erwineum“, aus Raiffeisen-Kartoffelstärke gebaut, wird weder die ÖVP auf Erfolgskurs heben noch die Abfallwirtschaft in Österreich verbessern. Und auch wenn Sie in Niederösterreich noch so oft glauben, dass die Hubschrauberflüge des niederösterreichischen Landeshaupt­mannes vielleicht bereits die göttliche Himmelfahrt darstellen  es ist nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie sind in der Realität Ihrer gescheiterten Politik angekommen, und daher reiht sich auch nahtlos ein, was der Herr Bundesminister am Schluss gesagt hat, nämlich dass Österreich unter seiner Regentschaft Weltmeister der Abfallwiederverwertung sei. Herr Bundesminister, Sie sind  wenn ich mir alleine Ihren gescheiterten Stresstest in der Atompolitik anschaue, den Sie vorgeschlagen haben  mit Ihrer Politik bestenfalls Welt­meister der Heuchelei, denn die Untätigkeit der Regierung  auch im Bereich des Plastiksackerlverbots  wird sich so lange weiterziehen, solange ehemalige ÖVP-Mitarbeiter in führender Rolle in der österreichischen Lebensmittelindustrie tätig sind. (Abg. Grillitsch: Herr Präsident, das ist ein Ordnungsruf! „Weltmeister der Heuchelei“!)

Diese Debatte offenbart aber heute auch etwas anderes, nämlich die Haltung der Grünen, und diese Kritik kann ich Ihnen nicht ersparen, Herr Abgeordneter Öllinger. Wenn die Grünen hier, Kollegin Brunner, wie viele andere gegen die Atomkraft auftreten, dann darf ich noch kurz berichten, dass wir vorigen Montag in Zagreb waren, um mit dem kroatischen Parlamentspräsidenten Luca Bebic und der Vorsitzenden des EU-Kontrollausschusses für die Erweiterung zusammenzutreffen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Wir haben dort die kroatische Seite, die zu 50 Prozent an dem Atomkraftwerk Krško beteiligt ist, wirklich eindeutig darauf hingewiesen, dass es keinen EU-Beitritt Kroatiens gibt, wenn das Atomkraftwerk Krško nicht endlich abgeschaltet wird, und haben dort auch eine klare österreichische Botschaft abgegeben. (Beifall beim BZÖ. Abg. Grillitsch: Das ist ein Ordnungsruf! Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Aber wissen Sie, wer an diesem Montag gefehlt hat?  Die grüne Abgeordnete Moser, die erklärt hat, sie wäre beim ständigen Unterausschuss des Rechnungshof­aus­schusses in Wien. Dieser Ausschuss hat nur leider am Dienstag getagt, an dem habe


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ich selbst teilgenommen. Das zeigt auch Ihre Heuchelei in diesem Bereich. Wenn es darum geht, durch PR-Termine und Fernsehauftritte ihre Umweltpolitik darzustellen, mit Aktionismus im Parlament, dann sind Sie die Ersten. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Mag. Brunner und Mag. Korun.) Wenn es aber darum geht, konkret die Probleme, auch in unseren Nachbarländern, zu lösen, dann ist Ihnen das nicht einmal eine Zugfahrt wert, die Sie nach Kroatien hätten machen sollen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Moser und Mag. Brunner.)

Auch Ihre heutige Rede, Frau Kollegin Brunner, gegen das Plastiksackerlverbot ist kritikwürdig. Wir sind für dieses Verbot, aber so aggressiv wie Sie sollte man es auch nicht anlegen, wenn das Sakko des Abgeordneten Kogler den gleichen Polyesteranteil hat wie meines, Sie vielleicht Nylonstrümpfe tragen, am Pult des Herrn Abgeordneten Öllinger ein Plastikkugelschreiber liegt, Sie Plastikhandys benutzen und der Abgeord­nete Kogler im letzten Wahlkampf halb Graz mit Plastik-Vuvuzelas überschwemmt hat, die dann alle in die Mur geschmissen worden sind und damit die Umwelt auch tat­sächlich geschädigt haben. (Abg. Mag. Kogler: Geh bitte, das ist ein Kultgegenstand!)

Man kann auch nicht einerseits glaubhaft gegen die Atomkraft sein – um Ihre zwittrige Haltung, so möchte ich es fast formulieren, hier darzustellen –, aber andererseits in Graz die Murkraftwerke verhindern; ein Kraftwerk, das in Graz in einem bereits verbauten Gebiet der Mur gebaut wird. (Weitere Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.) Der einzige Hinderungsgrund für dieses Murkraftwerk, der für Sie herhalten muss, ist die sogenannte Huchen-Population, die der Arbeiterfischerverband des Herrn Kräuter vor einigen Jahrzehnten dort eingesetzt hat. (Ruf bei den Grünen: Das stimmt ja nicht!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wer gegen Atomkraft ist, der muss für erneuerbare Energien eintreten. (Beifall beim BZÖ.) Wer für eine Wiederverwertung des Abfalls ist, für eine Abfalltrennung, für eine ökologische Umwelt in Österreich, der muss auch glaubhaft sein und darf sich nicht nur auf PR-Schauplätzen herumtreiben.  Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Grillitsch: Den Ord­nungsruf vergessen wir nicht!)

14.19

14.19.50

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Sehr geehrter Herr Kollege Grosz, für die An­schuldigung gegenüber dem Minister: „Sie sind der Weltmeister der Heuchelei!“, erteile ich Ihnen gemäß den üblichen Usancen einen Ordnungsruf und ersuche Sie, künftig anders zu umschreiben, was Sie sagen wollen. (Abg. Grillitsch: Das ist unvor­stellbar! Abg. Kopf: Den 47. Ordnungsruf! – Abg. Riepl: Das wird nichts nutzen! – Zwischenrufe des Abg. Grosz.)

*****

Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.28

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Ja, ja, es sind nicht nur Plastiksackerl aus Erdöl entbehrlich, sondern auch so manche Redebeiträge des Abgeordneten Grosz. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Grosz: Sind Sie auch ein Erwinist?)

Es macht schon nachdenklich, wenn man den Film „Plastic Planet“ sieht und überlegt, wie man da gegensteuern kann, wohl wissend, dass wir in Österreich, in Europa eigentlich sehr vorbildlich unterwegs sind  so wie der Herr Minister gesagt hat , wenn 96 Prozent des Abfalles stofflich oder energetisch verwertet werden. Aber trotzdem besteht Handlungsbedarf.


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Ich unterstütze die Argumente meiner Vorredner, die gesagt haben: Jawohl, wir müs­sen auf mehrfach verwendbare Verpackungen umsteigen, auf den gewohnten Einkaufskorb zum Beispiel. Auch ist die Kennzeichnung der Taschen notwendig, damit man weiß, was man in der Hand hat. Aber es ist mir auch wichtig, dass man gewisse Ökobilanzen betrachtet, vor allem wenn man sagt, dass es ja schon tolle Alternativen in der Verpackungsmaterialliste gibt  etwa aus Maisstärke oder aus Kartoffelstärke. (Abg. Grosz: Raiffeisen-Kartoffelstärke!) Da kann man unsere Schulmilchbauern als positives Beispiel erwähnen, die ihr Produkt in Maisstärke und Kartoffelstärke verpacken  eine wirklich sinnvolle Alternative.

Aber trotzdem habe ich letzte Woche einer Podiumsdiskussion des Klimaschutzver­bandes beigewohnt, in der es darum gegangen ist, ob man Lebensmittel als Verpackungsmaterial überhaupt verwenden darf und ob man sich das nicht einmal genauer anschauen sollte. Da muss ich schon sagen, dass es trotzdem auch zusätzliche Alternativen im Bereich der Polymilchsäuren gibt. Die kann man nämlich aus Grasschnitt, aus Grünschnitt, Silagen, die ausgepresst werden, gewinnen. Der Rest ist nicht nur kompostierbar, sondern auch für die Verstromung geeignet. Was übrig bleibt, wird dann als Dünger auf unseren Feldern ausgebracht – eine tolle Idee! Das ist keine Zukunftsmusik, meine Damen und Herren, das funktioniert bereits. Wir haben in meinem Heimatbezirk in der Gemeinde Utzenaich eine Pilotanlage, die seit mehreren Jahren in Betrieb ist. Das funktioniert und ist eine tolle Geschichte.

Herr Abgeordneter Rädler hat schon gesagt, wir in Oberösterreich sind vorbildlich unterwegs, allein mit der Aktion „Hui statt Pfui“. Aber auch in diesem Bereich, im Forschungsbereich, sind wir vorbildlich, da kann man uns einiges nachmachen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Grosz: Sind Sie auch ein Erwinist?)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schopf. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.13

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Es wurde schon gesagt, dass in Österreich pro Jahr mittlerweile über 7 000 Tonnen Plastiksackerl verwendet werden. Das ist eine nicht geringe Zahl. Zum Glück funktioniert in unserem Land die Sammlung, und es funktioniert vor allem auch die Verwertung. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Trotzdem erleben wir immer wieder, dass ein gewisser Prozentsatz in den Feldern landet, in der Natur, in den Wäldern, an den verschiedensten Flussufern. Das passiert ja eigentlich ständig. International gesehen ist es ein großes Problem, wenn die sogenannten Plastiksackerl in die Meere oder in die Wüste – das wurde ja gesagt  gelangen. Im Urlaub sehen wir das ja leider manchmal auch. Das ist der Grund für diese Debatte, und ich denke, es ist wichtig und richtig, dass man in manchen Ländern darüber diskutiert, ob es nicht ein generelles Verbot geben soll. Bekanntlich hat man ja in Italien, wo pro Jahr 200 000 Sackerl produziert und verwendet werden, jetzt mit 1. Jänner ein derartiges Verbot beschlossen. Leider wurde es aufgrund verschiedener EU-rechtlicher Vorschriften noch immer nicht ratifiziert.

Viele Leute hierzulande fragen sich aufgrund dieser Diskussion, welchen Zusammen­hang es zwischen der Verwendung von Plastiksackerln in unserem schönen Österreich und zum Beispiel der Verschmutzung der Meere gibt.

Ich denke, es gibt einen Zusammenhang, und wir müssen diese Diskussion nützen, um eventuell nicht nur in Österreich, sondern europaweit und international als Vorbild zu wirken. Ich denke, es gibt da sehr viele Möglichkeiten, es sind ja viele Beispiele


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genannt worden, welche alternativen Produkte man verwenden könnte. Aufgrund dieser Diskussion muss letztendlich das Ziel sein, dass es ganz normal ist, dass diese Einkaufshilfen, diese Einkaufstaschen immer wieder verwendet werden.

Daher denke ich auch, dass die Initiativen, die die Regierung diesbezüglich gesetzt hat  ob das jetzt Verhandlungen, Gespräche mit der Wirtschaft, die Kennzeichnungs­pflicht oder viele andere Punkte mehr sind –, der richtige Weg sind. Am Ende dieser Diskussion muss klar sein, dass es nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa keine derartigen Sackerl mehr geben soll.

Es gibt bei uns in Österreich mittlerweile eine Reihe von guten Beispielen. In einer kleinen Gemeinde im Mühlviertel, in Kleinzell, ist es Normalität, dass kein einziges Geschäft mehr derartige Sackerl ausgibt. Für die Bevölkerung in dieser Gemeinde ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man andere Tragtaschen verwendet. Ich denke, dieses Modell kann auch in anderen Regionen, ja sogar in der gesamten Republik angewendet werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.36

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen heute Maßnahmen zur Vermeidung und Reduktion des Gebrauchs von herkömmlichen Plastiktrage­taschen. Ich möchte eingangs schon darauf hinweisen, dass es ein gutes Zeichen ist, dass sich die Bundesregierung auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten um diese Verantwortung für Umwelt und Natur kümmert und da auch Schwerpunkte setzt, denn, seien wir ehrlich, das Plastiksackerl steht nicht im Brennpunkt der Weltgeschichte, aber wir nehmen diese Verantwortung wahr und kümmern uns auch um Umwelt und Natur. (Beifall bei der ÖVP.)

Grundsätzlich geht es, und das ist in vielen Reden schon angesprochen worden, natür­lich um Bewusstseinsbildung zur Vermeidung von Plastiksackerln und natürlich auch zum Einsatz von alternativen Tragtaschen. Ich möchte das, was Herr Kollege Rädler schon für Niederösterreich gesagt hat, auch für Oberösterreich ergänzen. Herr Kollege Grosz, ich würde das nicht ins Lächerliche ziehen, weil es eine gute Initiative dieser beiden ÖVP-Gruppen ist, an jeden Haushalt Stofftragetaschen zu verteilen. Diese wer­den sehr gerne verwendet, und dafür werden viele Plastiksackerl eingespart. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich finde es richtig, dass wir diese Initiativen setzen, um Alternativen zum Einsatz von Plastiksackerln zu prüfen und zunehmend auch einzusetzen. Es ist nämlich nicht sinnvoll, dass man alles mit Verboten regelt, wohl wissend, dass das auch EU-rechts­widrig ist. Ich denke, wir brauchen da Bewusstseinsbildung, Alternativen und auch entsprechende Partner im Handel  diese gibt es, darauf hat der Herr Minister hin­gewiesen –, damit wir vom Plastiksackerl wegkommen.

Gerade in Zeiten, in denen der Ölpreis hoch und das Öl ein begehrter Rohstoff ist, sollte man wirklich zu ökologischen Herstellungsarten übergehen. Auch da gilt – wie im Bereich Energie – der Grundsatz: von fossilen hin zu erneuerbaren Materialien. Ich möchte unterstreichen, was Herr Kollege Peter Mayer schon gesagt hat: Da gibt es tolle Pilotmodelle, tolle Produktionsformen, und auf diese sollten wir auch verstärkt setzen.


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Generell sollten wir, glaube ich, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Es geht, wie gesagt, um die Bewusstseinsbildung, um die Vermeidung und um die Reduktion, auch um die Alternativen. Es ist aber schon so, und das hat der Herr Bundesminister eindrucksvoll ausgeführt, dass wir Weltmeister im Mülltrennen, im Wiederzuführen, im Wiederverwerten, im Recyceln sind und dass sehr wenig in der Natur landet.

Wenn es doch so ist, dann gibt es Initiativen  viele in ÖVP-geführten Gemeinden, wie angesprochen wurde , im Rahmen derer durch Schwerpunkaktionen Flurreinigungen durchgeführt werden. (Abg. Schönpass: Nicht nur bei der ÖVP, auch bei der SPÖ!) Das ist richtig, auch in SPÖ-geführten Gemeinden werden diese Aktionen durchgeführt, und das ist auch richtig so. Aber man stellt bei diesen Aktionen immer wieder fest, dass die Menge im Vergleich zu früheren Jahren deutlich weniger wird, weil einfach das Pflichtbewusstsein der Bevölkerung entsprechend vorhanden ist. Deswegen bin ich überzeugt davon, dass die Menschen sparsam mit den Plastik­sackerln umgehen; wenn sie sie verwenden, werden sie entsprechend wieder rück­geführt. Deswegen ist der Weg, den wir gehen, den Herr Bundesminister Berla­kovich geht, der richtige, und ich bin davon überzeugt, diesen entsprechend zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Schönpass.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Stauber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.29.37

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir diskutieren heute über ein scheinbar sehr belangloses Objekt, über ein lapidares Plastiksackerl. Man sieht aber daran, wie kontroversiell die Diskussion geführt wird, dass es verschie­dene Zugänge zu diesem Thema gibt.

Ich persönlich bin ja auch sehr stark von diesem Thema betroffen: Auf der einen Seite bin ich Mitglied des Umweltausschusses, wo wir für eine intakte Natur und Umwelt kämpfen, und auf der anderen Seite befinden sich in meinem Wahlkreis, den ich hier vertrete, zwei der größten Produzenten von Plastiktragetaschen in Österreich. Ich muss auch die Problematik mit berücksichtigen, die sich für diese Betriebe und vor allem auch für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen daraus ergibt.

Ich bin durchaus – so wie wir alle hier im Hohen Haus – auch der Ansicht, dass die Plastiktragetasche eigentlich etwas Überflüssiges ist, wie Frau Kollegin Brunner gemeint hat, und dass sie weg gehört; da bin ich voll bei dir, keine Frage. Aber ich bin auch bei Herrn Kollegen Hofer, der am Anfang gemeint hat, wir sollten einen ver­nünftigen Weg, auch mit der Wirtschaft, gehen.

Das ist für mich auch ein besonderes Anliegen, denn immerhin arbeiten in diesen beiden Betrieben – der Firma Swatek in Wolfsberg und der Firma Schluga in St. Veit – über 100 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Sektor. Wir müssen sehr behut­sam mit der Einführung eines Verbotes solcher Tragtaschen umgehen. Ich glaube, wir sollten einen Übergang finden, um auch den Betrieben die Chance zu geben, sich auf neue Situationen einstellen zu können. Wir sollten nicht von heute auf morgen ein Verbot aussprechen.

Auf derzeitiger Basis ist es auch auf EU-Rechtsebene gar nicht möglich, und so denke ich, ist es sehr gut, dass wir heute diesen gemeinsamen Entschließungsantrag ein­bringen. Wir evaluieren und prüfen und kommen dann doch zu einem Entschluss, um auch auf europäischer Ebene zu einem Gesetz zu kommen, das ein Verbot rechtfertigt, denn sonst haben wir wieder umsonst geredet. Kollege Pirklhuber, glaube ich, hat noch


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­nie in einer Gemeinde gearbeitet (Zwischenruf des Abg. Wöginger), wo man durchaus zuerst reden muss, um zu einem Ergebnis zu kommen, und dann kann man erst etwas umsetzen. Das würde ich ihm schon empfehlen.

Ich denke, wenn wir heute dieses Thema zu einem vernünftigen Abschluss bringen, können wir die Einstellung vertreten: Ganz klar ein Ja zur Umwelt, ein Ja zum Ausstieg aus der Verwendung herkömmlicher, nicht verrottbarer Plastiktragetaschen, aber mit einer realistischen Übergangsphase, damit sich auch unsere Unternehmen auf diese neue Situation einstellen können. Herr Minister, volle Unterstützung für diese Vor­gehens­weise! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Hörl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.46

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Seppi Bucher! Vielleicht richtest du dem Kollegen Grosz, der natürlich wieder nicht hier im Parlament ist, aus, er möge mit den Beschuldigungen von aufrechten ÖVP-Abgeordneten aufhören und uns nicht unterstellen, dass wir Heldenverehrung betreiben, denn gerade das BZÖ ist diesbezüglich, glaube ich, einzigartig, wenn man daran denkt, wie man an das Bärental herangeht. Wie oft pilgern Sie eigentlich dorthin?

Und wenn es um Heldenverehrung und um den Wettbewerb geht, wer der größte Pharisäer ist, dann, glaube ich, hat diesen Preis Kollege Grosz längst gewonnen. Er soll sich ein bisschen mehr zurückhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Uns ist die Problematik mit den Plastiktaschen natürlich bewusst, das wurde auch schon gesagt. Ich denke, dass wir in Österreich auf einem sehr erfolgreichen Weg sind. Wenn der Herr Minister heute zitiert hat, dass Bund und Länder, aber auch die Industrie und der Lebensmittelhandel zusammenarbeiten, dann gehören, denke ich, auch Österreichs Gemeinden in den Vordergrund gestellt.

Es ist unglaublich, was in den letzten zehn, 20 Jahren – und mein Vorredner, Bürger­meister Stauber, wird mir recht geben – in Recyclinganlagen, in Recyclingöfen, in Trennung von Müll – nicht nur bei Plastik, sondern auch in vielen anderen Bereichen – investiert wurde, und ich denke, darauf können wir stolz sein.

Und wenn wir heute fast 100 Prozent dieser Plastiktaschen verwerten, dann denke ich auch, dass wir für ein Verbot keine Notwendigkeit haben. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass das auch aufgrund der europäischen Verpackungsrichtlinie verboten ist. Das sollten auch Sie, liebe Frau Brunner, endlich akzeptieren.

Ich denke, dass der Weg, freiwillig etwas zu tun und die Menschen zu motivieren, der richtige ist. Wenn man dann auch sieht, dass die Firma Denkstatt Papiersäcken einen ungünstigeren ökologischen Fußabdruck ausstellt als Plastiksäcken, dann relativiert sich natürlich alles.

Ich bin auch froh, dass wir in Tirol wieder ein ganz tolles Beispiel mit „BIO vom BERG“ mit dem Herrn Gstir haben, der verrottbare Taschen verwendet, die in Tirol bereits in vielen Lebensmittelgeschäften verwendet werden. Natürlich muss man auch dazu­sagen, dass für diese Produkte der Preis doppelt so hoch ist und dass die Präsentation des Inhaltes der Produkte etwas schwierig ist und sie auch mit der Feuchtigkeit Probleme haben.

Wir, Frau Kollegin Brunner, müssen auch auf den Standort schauen. Wir müssen auch bei den Lebensmittelhändlern auf die Kosten schauen. Ich denke mir oft, Sie wohnen


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offenbar in einem Schlaraffenland, wo alles geht – höhere Mindestlöhne, schwerere Verfahren, höhere Steuern – und nichts eine Rolle spielt.

Die Durchsichtigkeit Ihrer Argumentation sieht man auch, wenn man sich die Diskus­sion um das ElWOG in Erinnerung ruft, wo es gelungen ist, gerade höchst aktuell für jetzt, das öffentliche Interesse wieder ein bisschen hineinzubringen. Ich denke mir, wenn wir wissen, Frau Brunner – und das sollten Sie vielleicht in Ihrer ganzen Atomdiskussion auch einmal berücksichtigen –, dass wir an die 20 000 km an Hoch­leistungsnetzen zur Verteilung Ihrer Alternativen des Ökostroms in Europa brauchen werden, dann, glaube ich, wird es dringend notwendig sein, dass wir ein Instrument in der Hand haben, mit dem wir weiterkommen.

Österreich ist ein wunderschönes Land. Ich lebe gerne hier. Hören Sie auf, an dem Ast zu sägen, auf dem wir sitzen, denn das könnte schiefgehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stauber.)

14.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.36.12

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Vor allem liebe Mitglieder des Werks-Chors der voestalpine, euch gilt ein steirisches, herzliches Glückauf! (Allgemeiner Beifall.)

Für die meisten Österreicherinnen und Österreicher ist – das wissen wir ja alle – die richtige Mülltrennung selbstverständlich. Obwohl 96 Prozent des anfallenden Mülls stofflich verwertet oder auch energetisch genutzt werden, muss aber die Müllver­meidung oberstes Gebot sein.

Unser aller Ziel sollte es sein, dass jener Müll, der nicht vermeidbar ist, so umwelt­freundlich wie möglich ist. Was heißt das? – Wir haben das heute schon mehrmals gehört: Verpackungen und Tragehilfen, deren Herstellung wichtige Ressourcen benö­tigt und sehr energieintensiv ist, sollten so rasch als möglich durch umweltschonende Materialien ersetzt werden. Das heißt zum Beispiel: weg vom Plastiksackerl hin zu ökologischen Tragehilfen.

Priorität muss es auch sein, die immer wieder verwendbaren Tragetaschen aus Stoff oder Papier zu forcieren. Zusätzlich sollten Verpackungen aus nicht verrottbarem Kunststoff durch nachhaltiges und nachwachsendes und kompostierendes Material substituiert werden. Wir alle wissen, dass ein sofortiger Umstieg von Kunststoff­ver­packungen und Plastiktragetaschen aus verschiedensten Gründen natürlich nicht möglich ist.

Daher ist es notwendig, diese Schritt für Schritt zu reduzieren, bis sie komplett ersetzt sind. Ein totales Verbot von diesen umweltfeindlichen Produkten widerspricht – und das wissen wir auch alle – dem derzeitigen EU-Recht; das hat ja auch schon Herr Abgeordneter Rädler angesprochen.

Eine Vorbildwirkung auf europäischer und internationaler Ebene ist jedoch unum­stritten, was sicherlich auch eine Änderung der Denkweise der Menschen anderer Staaten nach sich ziehen wird.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Entschließungsantrag zielt darauf ab, die Verwendung umweltfreundlicher Materialien für Verpackungen und Trage­taschen zu forcieren sowie EU-weite Initiativen dahin gehend zu durchleuchten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 128

Noch einmal erwähnen möchte ich, dass in diesem Zusammenhang in erster Linie die Müllvermeidung und die Energiesparmaßnahmen stehen müssen. Ich ersuche Sie im Sinne einer lebenswerten Umwelt, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Weninger mit 3 Minuten Redezeit zu Wort ge­mel­det. – Bitte.

 


14.39.07

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte als letzter Redner jetzt nicht noch einmal alle Argumente wiederholen, die meine Vorredner bereits eingebracht haben, die allesamt für ein Verbot von Tragetaschen aus Kunststoff sprechen, und mich bemühen, das Thema wieder etwas zu versachlichen.

Vielleicht mag dem einen oder anderen auch der Stellenwert dieser Diskussion, angesichts der aktuellen Debatte um einen AKW-Ausstieg und in Relation zu Klimawandel, Artensterben und Ressourcenknappheit als übertrieben erscheinen.

Tatsächlich ist die weltweite Diskussion über die Ressourcenvergeudung und die nachhaltige Umweltverschmutzung durch Kunststoffverpackungen, die ja, wie wir bereits gehört haben, von Los Angeles bis Wieselburg geführt wird (Zwischenruf des Abg. Rädler), auch symptomatisch dafür, dass die Konsumentinnen und Konsumenten zunehmend ihr Unbehagen über unsere Wegwerfgesellschaft formulieren.

Längst ist das „Nylonsackerl“, wie es in Österreich liebevoll genannt wird, zum Symbol für eine sinn- und zwecklose Ressourcenvergeudung geworden, zu einem Symbol für ein unerträgliches Diktat der Werbe- und Konsumgesellschaft, aber auch zum Symbol für eine Gesinnung, die nach dem Motto „Was kostet die Welt?“ die Nachfrage nach Produkten initiiert, die eigentlich niemand braucht. Lange Zeit unbedacht war das Nylonsackerl auch ein Symbol unserer Wegwerfgesellschaft; das müssen wir alle gemeinsam anerkennen.

Die Problematik der Verpackungswut geht aber weit über das berüchtigte „Billa-Sackerl“ hinaus. Während auf der einen Seite natürlich konsumentenrechtliche Bestimmungen und Hygienebestimmungen stehen, dient der Verpackungswahn zunehmend der Bewerbung, der Beschmückung und oft der Verschleierung des Inhaltes. Dabei geht die Palette vom Einkaufssackerl über den Knotenbeutel im Obstbereich über Styropor- und Folienverpackung bis hin zu Schummelpackungen im Lebensmittel- und Reinigungsbereich. Jeder, der schon einmal ein „IKEA-Kasterl“ zusammengebaut hat, weiß, dass der Stauraum eines Billy-Regals nicht wesentlich größer ist als das Volumen des entsprechenden Verpackungsmaterials.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir mit dem heutigen Antrag die kommunalen und regionalen Initiativen, die den Ausstieg aus der Verwendung der Plastiksackerl in den Kommunen fördern, den Rücken stärken. Wir wollen die Konsumentinnen und Konsumenten motivieren, darauf zu verzichten, wir wollen der Verpackungsindustrie einen volkswirtschaftlich sinnvollen Weg aufzeigen und Bewusstsein schaffen.

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, freue ich mich, wenn wir aus Mitverantwortung für unsere Umwelt eine möglichst breite Zustimmung für den Antrag der Regierungsfraktionen bekommen, und ich freue mich auf ein baldiges Aus für die Nylonsackerl. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42

14.42.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 129

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1180 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Plastiktragtaschen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den vierten und den sechsten Absatz der Entschließung bezieht.

Da nur dieser Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über die dem Ausschussbericht 1180 der Beilagen angeschlossene Entschließung unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 162.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1181 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1182 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

14.44.10 5. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 56, 58, 60, 64, 68, 71 und 76 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 bis 25 (1159 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Winter. 4 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


14.44.50

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Dieser Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen enthält sieben Petitionen und drei Bürgerinitiativen. Leider können wir auch diesem Sammelbericht nicht zustimmen.

Ich möchte Ihnen versichern – weil ich weiß, dass einige der Petenten heute zu­schauen und zuhören –, dass es keine Folgen für Sie hat, ob wir zustimmen oder nicht, denn hier kann nur im Gesamten über alle Petitionen und Bürgerinitiativen gemeinsam abgestimmt werden und nicht über die einzelnen Bürgerinitiativen und Petitionen. Das heißt, wir können von hier aus nichts mehr irgendeinem Ausschuss zuweisen.

Der Grund, warum wir nicht zustimmen, ist nicht der Inhalt der Bürgerinitiativen und Petitionen, mit dem wir nicht konform gehen könnten, denn es gibt auch eine sehr erfolgreiche Petition meiner Kollegin Carmen Gartelgruber über den Erhalt der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 130

13. Familienbeihilfe. Hier darf ich das berühmt-berüchtigte Karterl der FPÖ zum Vorschein bringen (die Rednerin stellt eine Tafel auf das Rednerpult), denn diese Petition haben 11 845 Österreicherinnen und Österreicher unterschrieben (Beifall bei der FPÖ) und damit ihre Unterstützung für dieses Anliegen kundgetan. Ich gratuliere dir, Carmen, das ist sicher ein ganz toller Erfolg. Du hast den Nerv der Menschen wirklich getroffen.

Ein nach wie vor großer Kritikpunkt am Petitionsausschuss ist jener, dass es immer wieder Schwierigkeiten mit Zuweisungen an einen bestimmten Ausschuss gibt, obwohl dies oft inhaltlich hundertprozentig möglich wäre. Es passt aber oft nicht ins Konzept der Regierungsparteien, und die Petition oder Bürgerinitiative wird daher nur zur Kennt­nis genommen.

Ich möchte einen Spruch wiederholen, den ich schon so oft gesagt habe: Kenntnis­nahme ist im Prinzip ein Begräbnis erster Klasse für jegliche Bürgerinitiative oder Petition! (Beifall bei der FPÖ.)

Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, was geschieht damit? – Sie kommt in den Sammelbericht, wird einmal kurz diskutiert und mit vielen anderen gemeinsam abgestimmt.

Dasselbe Problem ergibt sich aber auch bei der europäischen Bürgerinitiative. Da sind die Voraussetzungen natürlich wesentlich höher. Es muss eine Mindestzahl von 1 Million Personen unterschreiben. Und was ist die Folge? – Sie ist rechtlich absolut nicht verbindlich, sondern die Kommission muss sich nur ernsthaft damit beschäftigen.

Soweit zum Vorschlag von Bundeskanzler Faymann, eine Bürgerinitiative gegen den Atomstrom europaweit einzuleiten und damit auch noch einen großen politischen Erfolg einzufahren. – Das stimmt ganz einfach nicht.

Eine Bürgerinitiative, zu der es auch ein Hearing im Petitionsausschuss gegeben hat, wurde vom Präsidenten des österreichischen Zivil-Invalidenverbandes, Herrn Dr. Voget, eingereicht. Es geht darin um die Evaluierung und gleichzeitig um die Anpassung des Pflegegeldes. Immerhin wurde es 1993 eingeführt, aber bis dato nicht evaluiert. Es gab eine Inflation, das heißt, das Geld für die Behinderten wurde weniger und weniger. Die Behinderten müssen von der familiären und informellen Unterstützung auf die institutionelle Pflege ausweichen, die natürlich Arbeitsplätze bringt, aber sehr oft für die Behinderten absolut nicht das ist, was sie sich vorstellen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat dazu eine kurze Stellungnahme abgegeben, und ich möchte diese hier wiederholen. In der Stellungnahme heißt es, eine jährliche Erhöhung des Pflegegeldes ist im Hinblick auf die gesamte budgetäre Lage einfach nicht möglich.

Was das Bundesministerium aber verschweigt, ist, dass es sehr wohl einen erschwer­ten Zugang für die 1. und die 2. Pflegestufe gibt und dass dadurch die Anzahl der Anträge auf diese 1. und 2. Pflegestufe von 60 000 auf 50 000  zurückgegangen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist wieder Sparen bei den Ärmsten, bei jenen, die unbedingt unsere Hilfe brauchen. – Und das wollen wir Freiheitliche nicht! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 131

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.25

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte ZuseherInnen! Frau Kollegin Winter, es ging in der Bürger­initiative nicht um die Evaluierung des Pflegegeldes, sondern um die Valorisierung.

Ich denke, dass mit diesem Sammelbericht einmal mehr deutlich geworden ist, wie wichtig es ist, dass Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, aktuelle Themen über Petitionen und Bürgerinitiativen an das Parlament, die höchste politische Ebene, heranzutragen. Durch entsprechende Bearbeitung bekommen diese Themen auch die notwendige Aufmerksamkeit und Relevanz.

In die letzten Ausschüsse wurden immer wieder Initiatorinnen und Initiatoren von stark unterstützten Bürgerinitiativen und Petitionen gemeinsam mit VertreterInnen aus den zuständigen Ministerien zu Hearings eingeladen. Drei solcher Hearings gab es allein im letzten Ausschuss im April.

Auf eine dieser Bürgerinitiativen möchte ich näher eingehen, nämlich auf die Bürger­initiative für mehr Verteilungsgerechtigkeit aus Oberösterreich. Sie wurde zwar keinem Ausschuss zugewiesen, sorgte aber im Hearing für sehr rege Diskussion unter den Experten und Abgeordneten. Der Weg über die Bürgerinitiative wurde genützt, um unter anderem auf die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung aufmerksam zu machen und einen fairen Beitrag der Reichen zur finanziellen Absicherung des Sozialstaates zu fordern. Im Zuge der Ausführungen hat der Erstunterzeichner der Bürgerinitiative, Landesrat Dr. Hermann Kepplinger, deutlich gemacht, dass hohe und höchste Einkommen stärker ansteigen als durchschnittliche Einkommen und dass Einkünfte aus Vermögen im Unterschied zu Einkünften aus Löhnen und Gehältern überproportional zunehmen.

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur die in den Hearings bearbeiteten Petitionen und Bürgerinitiativen werden im Parlament ernst genommen, sondern auch jene, die von Einzelpersonen über Abgeordnete eingebracht und an die jeweiligen Fachaus­schüsse weitergeleitet werden. Für die drei Petitionen betreffend „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“, „Eine rasche, menschenrechtskonforme und humanitäre Reform des österreichischen Fremdenrechts“ und „Übernahme der ‚Neuen Mittelschule‘ (steiri­sches Modell) in das Regelschulsystem“ ergibt sich in der Folge die Möglichkeit, auf sachlicher Ebene lösungs- und zukunftsorientiert weiterzudiskutieren und darin ent­haltene Forderungen und Vorschläge in die Diskussion und in Gesetzesnovellen einfließen zu lassen.

Ich finde, dadurch wird deutlich, wie wichtig es ist, sich einer Sache anzunehmen und den Weg ins Parlament – über eine Petition indirekt über einen Abgeordneten oder mit mindestens 500 Unterschriften über eine Bürgerinitiative – nicht zu scheuen. Künftig werden über ein Web-Portal der Parlaments-Homepage sämtliche Bürgerinitiativen präsentiert werden, und es wird möglich sein, ein Thema elektronisch durch eine Unterstützungserklärung direkt und unkompliziert zu unterstützen.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen durch Öffentlichkeitsarbeit darauf aufmerksam gemacht werden. Wir wollen die Aktivitäten des Ausschusses und das Petitionsrecht insgesamt besser darstellen. Möglichst viele sollen darüber informiert sein, dass sie ihre Anliegen, die sich auf die Bundesgesetzgebung beziehen, in Form von Petitionen und Bürgerinitiativen einbringen können. Ich denke, dass wir durch die gute und konstruktive Zusammenarbeit der Fraktionen im Ausschuss bereits positive Verän­derungen für die Einreicher und Einreicherinnen von Petitionen und Bürgerinitiativen bewirken konnten, und bin überzeugt davon, dass es in unserem gemeinsamen Interesse ist, diesen Weg weiterzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 132

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber zu Wort gemeldet. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.53.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Lohfeyer hat schon die sehr positiven Entwicklungen – man muss es offen sagen –, was unsere Arbeitsweise im Petitionsausschuss betrifft, erwähnt. Ich möchte das auch hervor­streichen, auch wenn wir uns jetzt contra gemeldet haben – das möchte ich auch noch einmal erklären.

Aber vorneweg: Positiv ist zweifelsfrei, dass wir eine gute Gesprächskultur haben. Danke auch an die Vorsitzende! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Und wer ist das?! Sag! Wer ist denn das?!) – Ja, keine Frage. Was das Procedere betrifft auch ein großes Danke an die Parlamentsdirektion für die Unterstützung und Begleitung unserer Arbeit, die ja – sagen wir es einmal ganz offen – nicht besonders im Fokus der Öffent­lichkeit steht. Aber Gott sei Dank steht sie im Fokus der Frau Präsidentin. Das freut mich, denn es ist wichtig, die Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen. Frau Präsi­dentin, Sie kennen das, Sie übernehmen haufenweise Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern, die ganz unterschiedliche Anliegen an uns herantragen. (Abg. Mag. Prammer: Nicht alle, aber fast alle, sehr viele!) – Sehr viele, genau.

Wir haben schon einiges gemeinsam weiterentwickelt. Wir haben noch unterschied­liche Auffassungen zum Beispiel darüber, wie, wann und wo im Plenum oder im Ausschuss weiterdiskutiert werden soll. Unsere Auffassung ist nach wie vor, dass Petitionen und Bürgerinitiativen, wenn sie themenbezogen sind, möglichst zu den Fachabgeordneten kommen sollten. Eine Verkehrspetition von Bürgerinnen und Bürgern soll nicht irgendwie im Petitionsausschuss kurz angesprochen, dann im Plenum kurz behandelt werden und das war es. Nein, wir wollen, dass Fachab­geordnete Petitionen und Bürgerinitiativen in Zukunft verstärkt auf die Tagesordnung bekommen – im Verkehrsausschuss, im Umweltausschuss, in anderen Ausschüssen. Das ist sowohl eine Belebung der parlamentarischen Debatte als auch der Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern auf sehr direktem Wege. So wäre das sinnvoll und vorgesehen. (Zwischenruf des Abg. Themessl.) – Ja, Herr Kollege, das können wir gemeinsam weiterentwickeln. Das ist machbar.

Ebenfalls positiv ist es, die Möglichkeiten der Geschäftsordnung auszureizen und wirklich Hearings durchzuführen. Wir hatten einige, ich nenne nur die gemeinsame Schule oder die Frage der sozialen Situation in Österreich, „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“, um dieses Beispiel positiv zu erwähnen, was das Prozedere betrifft. Diese Initiative haben wir dem Innenausschuss zugewiesen. Das ist meiner Meinung nach die richtige Vorgangsweise. Einige sind zur Kenntnis genommen worden, von denen wir meinen, dass es wichtig wäre, sie weiterzudiskutieren. Stichwort ist zum Beispiel ein Thema, das uns weiter bewegen wird, nämlich die Frage der Verteilungs­gerechtig­keit. „Gerechtigkeit macht stark – Für mehr Verteilungsgerechtigkeit!“ – Das ist das Thema, das uns jahraus, jahrein in den nächsten Jahren beschäftigen wird, bei schrumpfendem oder stagnierendem Budget oder weniger Mitteln im Sozialbereich – auf keinen Fall aber mehr Mitteln.

Daher bringe ich auch einen Entschließungsantrag zu einer Initiative ein, nämlich zur Initiative betreffend die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes. Meine Damen und Herren, genau das ist eine ganz entscheidende Frage, um langfristig und nachhaltig Pflege überhaupt möglich zu machen und in einer eigentlich vergleichsweise kostengünstigen und sinnvollen Art und Weise möglich zu erhalten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 133

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend jährliche Valorisie­rung des Pflegegeldes

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, welcher eine jährliche Wertan­passung des Pflegegeldes an die Inflation (‚Valorisierung‘) beinhaltet.“

*****

Meine Damen und Herren, für eine Bevölkerungsgruppe, die aufopfernd Pflegetätig­keiten durchführt, die wirklich entbehrungsvoll ist, aber dafür eine Minimalanerkennung bekommen muss, sollte entsprechend dem Lebenshaltungsstandard und der durch­schnittlichen Teuerung das doch inkludiert sein.

Eine so wichtige soziale Leistung ist auch eine Frage der innergesellschaftlichen Solidarität. Das sollte uns das wert sein, das ist meiner Meinung nach eine wichtige Weichenstellung. Ich hätte es auch gut gefunden, diese Geschichte dem Fachaus­schuss zuzuweisen und dort noch einmal fachlich in der ganzen Breite zu diskutieren. Das ist leider nicht geschehen, aber mit diesem Antrag hoffe ich, einen kleinen Impuls zu setzen, und ersuche um die Zustimmung der anderen Fraktionen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Wurm, Grosz und Ursula Haubner.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend jährliche Valo­risierung des Pflegegeldes, eingebracht im Zuge der Debatte über den Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 56, 58, 60, 64, 68, 71 und 76 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 bis 25 (1159 d.B.)

Begründung

Das Pflegegeld wurde in Österreich 1993 eingeführt und hat den Zweck,

„in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnis­orientiertes Leben zu führen.“ (§ 1 BPGG).

Österreich hat im Jahr 2008 die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung ratifiziert: Artikel 28 besagt, dass sich die Vertragsstaaten verpflichten, einen angemessenen Lebensstandard zu fördern sowie die stetige Verbesserung der Lebensbedingungen zu gewährleisten.

Mit dem Pflegegeld werden die Bestimmungen der UN-Konvention teilweise umge­setzt. Um aber die Intention der Konvention gänzlich zu erfüllen, ist es erforderlich, das


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Pflegegeld dem tatsächlichen Wertverlust anzupassen. Dies ist in der Vergangenheit aber nicht in ausreichendem Maß geschehen. Seit  seiner Einführung im Jahr 1993 wurde das Pflegegeld erst zwei Mal – 1994 und 1995 valorisiert. 2008 gab es eine Einmalerhöhung.  Der reale Verlust beträgt daher bereits rund 20 Prozent.  Für Pflege­geldbezieher bedeutet das: es steht immer weniger Geld für Pflege und Betreuung  zur Verfügung. Eine jährliche Anpassung des Pflegegeldes an die Inflation („Valorisie­rung“), damit seine Kaufkraft erhalten bleibt, ist deshalb unumgänglich. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, welcher eine jährliche Wertan­passung des Pflegegeldes an die Inflation („Valorisierung“) beinhaltet.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nun die Verhandlungen über den Punkt 5 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

14.59.38Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Errichtung einer europäischen Transferunion (8504/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 8504/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Vor dem Hintergrund der Finanzkrisen und drohenden Staatspleiten in Griechenland, Irland und Portugal, und künftig vielleicht auch in Italien und Spanien, hat die politische Führung der Europäischen Union vor etwa einem Jahr zunächst ein Griechenland-Rettungspaket und in weiterer Folge einen sogenannten Euro-Rettungsschirm beschlossen.

Falsche Weichenstellungen in Brüssel – Milliardengrab Euroland

Beide Maßnahmen, die rund 750 Milliarden Euro an Bürgschaften und tatsächlich gezahlten Steuermilliarden ausmachen, werden zu Recht von zahlreichen Experten zum einen als rechtswidrig, zum anderen auch in der Sache als grundlegend falsch erachtet. Der damals beschlossene Euro-Rettungsschirm, der nur befristet bis 2012 geplant gewesen ist, hat sich zu allem Überdruss aufgrund der nicht enden wollenden Malversationen in Ländern wie Irland oder Portugal als nicht ausreichend erwiesen. Daher hat man auf europäischer Ebene festgelegt, einen zusätzlichen dauerhaften Euro-Rettungsschirm einzurichten, genannt „Europäischer Stabilitätsmechanismus“, oder kurz „ESM“. Dazu hat man eine Reihe von Maßnahmen, genannt „Pakt für den Euro“, beschlossen, die den Euro angeblich stabilisieren sollen.


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Hier die Maßnahmen im Detail:

1. Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)

Ab 2013 soll der neue Euro-Rettungsschirm (ESM) errichtet werden. Dieser wird mit einer Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro ausgestattet sein. Das Grundkapital soll 80 Milliarden Euro betragen, weitere 620 Mrd. sollen an Garantien dazu kommen. Öster­reich wird 2,2 Milliarden Euro zum Grundkapital und 17,3 Milliarden Euro an Garantien beisteuern. Das Geld soll finanzschwache Euro-Staaten vor dem Bankrott retten. Der Rettungsschirm soll zu diesem Zweck Staatsanleihen von maroden Ländern kaufen, was problematischerweise auch die Europäische Zentralbank (EZB) schon seit einem Jahr macht. Das bedeutet aber, dass diese maroden Staatsanleihen nicht mehr richtig bewertet werden und damit das finanzielle Risiko für die EZB und für den neuen Euro-Rettungsschirm unkalkulierbar wird. Dazu kommt, dass nur der Europäische Rat darüber entscheiden darf, wer Hilfe bekommt, und wer nicht - und das ohne jegliche parlamentarische Kontrolle.

2. „Pakt für den Euro“

In diesem verpflichten sich die Euroländer zu einer strengen Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik. Ziel ist unter anderem, dass sich die Löhne nach der Produktivität und das Pensionsantrittsalter nach der Lebenserwartung orientieren. Der Finanzsektor soll besser überwacht werden. Das klingt auf den ersten Blick nett, jedoch gibt es zum einen keine Sanktionen, wenn Verfehlungen auftreten, zum anderen ist es ein weiterer Schritt in Richtung zentralistischer Wirtschaftregierung in Brüssel. Desweiteren besteht die Gefahr von tiefen Einschnitten in das österreichische Sozialsystem und einer deutlichen Anhebung des Pensionsantrittsalters.

Die Leistungsträger zahlen für die Pleiteländer – bis zur eigenen Pleite?

Grundlegend ist festzuhalten, dass mit der Beschlussfassung dieses Europäischen Stabilitätsmechanismus und den damit einhergehenden Maßnahmen die Europäische Union zur Transferunion wird, in der die gutwirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich den schlecht wirtschaftenden Euro-Ländern ihre Misswirtschaft mit Milliarden-Zahlungen weiterhin ermöglichen müssen, die dazu beschlossenen Mecha­nismen zur Kontrolle der nationalen Budgets bedeuten de facto die Einführung einer zentralistischen Brüsseler Wirtschaftregierung über die Hintertür. Unabhängige Ex­perten kritisieren diese Vorgänge scharf. Einer dieser Experten ist Prof. Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung, der in der Süddeutschen Zeitung vom 2./3. März 2011 sagte:

„Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht - aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. Das Rettungssystem ist vielmehr eine tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteigt. Summa summarum liegen die Hilfszusagen für bedrängte Euroländer damit bei 1542 Milliarden Euro, und Deutschland haftet mit 391 Milliarden Euro. Nicht die weitere Öffnung des Geld­hahns, sondern allein eine Prozedur, die seine allmähliche, kontrollierte Schließung sicherstellt, kann Europa jetzt noch retten. Der Pakt für den Euro und der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus aber schwächen den Euro, unterminieren den Zusammenhalt Europas und gefährden das europäische Einigungswerk.

Aber auch von staatlichen Stellen gibt es lautstarke Warnungen, wie der nachstehende Bericht der APA vom 12. April 2011 zeigt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 136

„Deutscher Rechnungshof warnt vor Risiken durch Euro-Rettung - 22 Mrd. Euro Bar­einlage könnte nicht reichen und Deutschland zu weiteren Finanzspritzen gezwungen sein

Berlin (APA/dpa) - Das künftige Euro-Rettungspaket könnte für Deutschland nach Einschätzung des deutschen Rechnungshofes teurer werden als bisher bekannt. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages warnen die Rechnungs­prüfer vor zusätzlichen Risiken. So könnten die fast 22 Mrd. Euro Bareinlage nicht ausreichen und Deutschland notfalls zu weiteren Finanzspritzen gezwungen sein. Im Extremfall könnte die Regierung sogar überstimmt werden. In der Aufbauphase des ESM-Fonds in den Jahren 2013 bis 2016 könne es zudem "zu einem erhöhten Bedarf an Bar-Kapital kommen“, heißt es weiter.“

Das Ende und die Auswirkungen der Milliarden-Geldspritzen für Deutschland und gleichgeltend auch für Österreich sind also nicht abzuschätzen. Schon jetzt hat Österreich „echte“ Geldflüsse in der Höhe von acht Milliarden Euro aus dem Steuersäckel zu bewältigen, rechnet man die Griechenland-Hilfe, den ersten Euro-Rettungsschirm und den kommenden zusammen.

Gravierende Einschnitte in Österreichs Sozial- und Pensionssystem

Daraus resultierend drohen also weitere gravierende finanzielle Einschnitte in das österreichische Sozial- und Pensionssystem, in den österreichischen Bildungsapparat oder in die Infrastruktur.

So schreibt Peter Rabl in der Tageszeitung „Kurier“ am 10. April 2011 folgendes:

„Wir sollten uns da von der Politik nichts vormachen lassen. Die Stabilisierung des Euro durch die viele Milliarden schweren Hilfen an Griechenland, Irland und jetzt auch Portugal wird die europäischen Steuerzahler ordentlich belasten. Auch die öster­reichischen, denn wir sind bei diesen Hilfspaketen mit knapp 3 Prozent dabei.“

Das Schlimmste an den Milliardenzahlungen aber ist, dass diese den betroffenen Ländern und deren Menschen gar nicht zu gute kommen, sondern in Wahrheit weitere „Bankenrettungen“ darstellen, wie Rabl im gleichen „Kurier“-Artikel völlig richtig aufzeigt:

„Mit mehr als 210 Milliarden sind deutsche Banken in Griechenland, Portugal und Irland engagiert, die französischen Banken mit 140. Und das durch den Euro-Rettungsschirm bisher praktisch risikolos. Obwohl die Zinsen für ihre Kredite durch Risikoaufschläge (= entsprechende Mehreinnahmen für die Banken) explodieren.“

Rückkehr zum Schilling oder Schaffung eines Hartwährungsverbandes als Ausweg?

Dabei gäbe es aber Alternativen, wie es der deutsche Währungsexperte Prof. Wilhelm Hankel aufzeigt:

„Eine mögliche Lösung heißt: Die Währungssünder verlassen die Europäische Währungsunion (EWU) und sanieren sich selbst: Durch Umschuldung, Währungs­abwertung und Neustart mit Entwicklungsoffensiven. EU und IWF können dabei helfen. Die andere - vernünftigere - Alternative wäre, die Euroländer kehren zu ihren natio­nalen Währungen zurück. Länder wie die Schweiz, Norwegen oder Schweden bewei­sen schlagend, dass sie mit eigener Währung besser fahren als alle EWU-Länder. Das Törichteste aller Totschlag-Argumente lautet: Die daraus folgende Auf­wertung von D-Mark, Schilling, Gulden usw. würde diesen Ländern schaden. Das Gegenteil ist richtig: Sie würde den Wert der Währung steigern, die Zinsen senken und den Binnenmarkt beleben.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 137

Als besorgter Bürger darf man sich daher berechtigt die Frage stellen, warum SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann gemeinsam mit seinen europäischen Kollegen so stur am Beschluss des Europäischen Stabilitätsmechanismus festhält, anstatt von Experten vorgeschlagene Maßnahmen zu erwägen.

SPÖ-Kanzler Faymann verrät Wähler und verweigert eine Volksabstimmung

Dazu kommt, dass die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus einer grundlegenden Änderung des EU-Rechts bedarf. SPÖ-Kanzler Faymann, der bekannt­lich vor der letzten Wahl das Versprechen abgegeben hat, sämtliche grundlegende Änderungen des EU-Rechtes in Österreich einer Volksabstimmung zu unterziehen, hat dieses Versprechen bereits gebrochen, indem er angekündigt hat, dass der ESM nur im Nationalrat beschlossen werden soll – ohne den Volkswillen zu berücksichtigen.

An Brisanz gewinnt die gesamte Diskussion durch die in den letzten Tagen bekannt gewordenen desaströsen Zahlen und Fakten rund um den Pleitestaat Griechenland.

Die Finanzminister der größten Euro-Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und EU-Währungskommissar Olli Rehn haben vor wenigen Tagen bei einem Geheimtreffen über die Lage im hochver­schuldeten Griechenland diskutiert. Besonders unverständlich an diesem Treffen ist die Tatsache, dass sich mit Spanien und Italien zwei Länder berufen fühlen, über weitere finanzielle Hilfeleistungen zu entscheiden, die selbst von Staatspleiten massiv bedroht sind.

Griechenland ist derzeit mit zumindest 327 Milliarden Euro verschuldet. Die bislang von der EU geleiteten Zahlungen in Höhe von 110 Milliarden Euro reichen bei weitem nicht aus und sollen um zumindest 60 Milliarden Euro auf 170 Milliarden Euro erhöht werden. Dadurch muss auch Österreich einen zusätzlichen Beitrag in Milliardenhöhe leisten. Geht man von insgesamt 170 Milliarden Euro an Zahlungen seitens der EU an Griechenland aus, so beträgt der Anteil Österreichs rund 3,54 (!) Milliarden Euro, das sind 1,25 Milliarden mehr als vereinbart. Und dies zu einem Zeitpunkt, wo die Abgabenhöhe in Österreich bei 47,9%, in Griechenland aber nur bei 36,6% liegt. Griechenland besitzt ferner Immobilien im Wert von rund 280 Milliarden Euro sowie namhafte Firmenbeteiligungen, abgesehen vom im Ausland angelegten griechischen Privatvermögen in unabschätzbarer Höhe. Überlegungen, dass Griechenland bei weiterhin fehlenden Sparwillen den Euroraum verlassen muss, werden lauter.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler folgende

Anfrage:

1. Wie hoch waren bisher die Zahlungen, die Österreich im Rahmen der Griechenland-Hilfe tatsächlich geleistet hat?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, bis zu welcher maximalen Höchstsumme es seitens der EU Zahlungen an Griechenland geben wird?

3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Summe ein, mit der Österreich Griechenland sowie allfällige weitere EU-Pleitestaaten maximal unterstützen kann?

4. Sehen Sie den Rettungsschirm ähnlich wie die deutsche Bundeskanzlerin Merkl als „ungeheures Risiko und als tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteigt“?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 138

5. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung auf nationaler und internationaler Ebene bislang ergriffen, um die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die damit einhergehende Einführung einer Transferunion zu verhindern?

6. Verfolgt die Bundesregierung das Ziel der Errichtung einer Transferunion, die von Hans-Werner Sinn „allgemein gesehen als keine Lösung sondern vielmehr als das Ende von Europa“ gesehen wird?

7. Wie schätzen Sie die Überlegungen von Hans-Werner Sinn ein, dass Griechenland seine Löhne und Preise hinreichend senken soll, um wieder wettbewerbsfähig zu werden?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Überlegungen von Hans-Werner Sinn, dass Griechenland aus der Währungsunion austreten sollte?

9. Wird es im Zuge jeder grundlegenden Änderung der EU-Verfassung – insbesondere bei Einführung des ESM - zu einer Volkabstimmung in Österreich kommen, zumal Sie eine solche im letzten Wahlkampf versprochen haben?

10. Wenn ja, wann und zu welchen konkreten Punkten wird es die erste Volkabstim­mung geben?

11. Wenn nein, weshalb halten Sie dies nicht für notwendig?

12. Liegen – vor dem Hintergrund weiterer Milliardenzahlungen an Pleitestaaten – der Bundesregierung Prognosen zur Entwicklung der österreichischen Staatsfinanzen und damit auch zur sozialen Sicherheit des Landes vor und wenn ja, wie ist deren wesentlicher Inhalt?

13. In welchem Umfang plant die Bundesregierung eine weitere Abgabensteigerung und die weitere Streichung von Sozialleistungen zur Finanzierung der Griechenland-Hilfe und zur Finanzierung allenfalls weiterer Zahlungen an andere Pleitestaaten?

14. Wie will die Bundesregierung künftig der österreichischen Bevölkerung diese massiven finanziellen Einschnitte und Sparmaßnahmen erklären, die durch die finanziellen Unterstützungen für EU-Pleitestaaten notwendig sind?

15. Wann wird es endlich zu der zur Sanierung des österreichischen Budgets dringend notwendigen Struktur- und Verwaltungsreform kommen?

16. Plant die Bundesregierung Änderungen beim Pensionssystem, um das Österreichische Budget zu konsolidieren und die künftigen Zahlungen im Rahmen der EU (z.B. ESM) leisten zu können?

17. Wie beurteilen Sie die Aussagen von EZB-Chef Trichet, dass der Westen auf neue Finanzkrisen nicht vorbereitet ist?

18. Inwieweit bedrohen die österreichischen Zahlungen im Rahmen der Griechenland-Hilfe das Erreichen der Maastricht-Vorgaben?

19. Inwieweit werden Sie sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Zahlungen für Griechenland bzw. künftige Pleitestaaten nur mit einer gleichzeitigen Senkung der EU-Beitragszahlungen Österreichs einhergehen können?

20. Unter welchen Voraussetzungen wird sich die Bundesregierung auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für die Schaffung eines europäischen Hartwährungsraumes um den früheren D-Mark-Block eintreten?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 139

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Klubobmann Strache als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


14.59.39

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Euro-Haftungsschirm erweist sich immer mehr als ein Fass ohne Boden. Wir erleben die Entwicklung, dass man offenbar plant, die Zahlungen an die Euro-Pleitestaaten so lange fortzusetzen, bis wir uns in einer Situation befinden, in der wir ähnliche Probleme wie die heute schon betroffenen Länder haben werden, wie Griechenland, Portugal und Irland. Das geschieht auch mit Ihrem Zutun und Ihrer Unterstützung, nämlich vor allem auch mit österreichischen Steuergeldern.

Herr Bundeskanzler, das ist ein besonders wichtiges Thema, weil es die österreichi­sche Bevölkerung interessiert, wie man mit dieser Krise und wie man vor allem mit den österreichischen Steuergeldern umgeht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ende und die Auswirkungen der Milliarden-Geldspritzen sind nicht abzuschätzen. Wir sprechen ganz bewusst von einem Fass ohne Boden, weil manche Experten die Meinung vertreten, dass bei den 630 Milliarden bis 700 Milliarden €, die jetzt insgesamt für den Haftungsschirm im Gespräch sind, noch lange nicht das Ende sein wird. Manche Experten sprechen davon, dass es am Ende einen Euro-Rettungsschirm von bis zu 2 Milliarden € brauchen wird und diese Gefahr insgesamt besteht. (Abg. Krainer: 2 Milliarden? – Abg. Dr. Stummvoll: Bitte? 2 Milliarden?) Schon jetzt hat Österreich echte und direkte Geldflüsse in der Größenordnung von 8 Milliarden € geleistet, unsere Steuerzahler haben das aufgrund Ihrer Regierungsbeschlüsse geleis­tet, aus dem Steuersäckel bewältigt. Rechnet man die Griechenlandhilfe und den ersten und den kommenden Euro-Rettungsschirm dazu, kommt man eben auf diese Cash-Summe plus die Haftungen, die wir übernommen haben. Die Haftungen liegen bei über 17 Milliarden €, für die der österreichische Steuerzahler geradestehen muss. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Für wen werfen wir diese Milliarden aus dem Fenster, wer hat konkreten Nutzen davon? – Das ist die Frage, die sich stellt. Für das einfache griechische, irische, aber auch portugiesische Volk sehe ich und sehen viele Experten den Nutzen nicht, denn dort kommt kein einziger Cent dieser sogenannten Hilfspakete des Euro-Rettungs­schirmes an. Wer hat also ganz konkret einen Nutzen davon? – Es ist keineswegs die Bevölkerung, die von den gewaltigen Beträgen profitiert. Natürlich sind es Pleitebanken beziehungsweise Banken, die spekuliert haben, und Pleitestaaten, die von diesem Geld etwas erhalten und dadurch aufgefangen werden sollen. Das ist die Realität.

Wir zahlen daher für Großbanken, wir zahlen für Spekulanten. Herr Klubobmann Cap, das ist Ihre Politik! Sie reden immer davon, dass Sie Spekulation verhindern wollen, Sie reden immer davon, dass man den Spekulanten endlich entsprechende Rege­lungen vorgeben muss, damit das nicht mehr möglich ist, aber genau mit diesen Rettungspaketen, für die die österreichischen Steuerzahler jetzt aufkommen müssen, stehen wir den Banken, die fleißig spekuliert haben, mit Milliarden zur Seite. Die Steuerzahler werden dazu genötigt – sie wurden ja bis heute nicht gefragt, obwohl eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 140

Volksabstimmung von Herrn Bundeskanzler Faymann versprochen wurde. Herr Klubobmann Cap, das ist nicht sozial. Das ist auch nicht gerecht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir zahlen letztlich für Banken, und die maroden Strukturen bleiben weiter erhalten. An der Struktur ändert sich ja nichts. Es gibt keine Veränderung der Strukturen, es wird nur immer wieder Geld nachgepumpt. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass die Krise, vor der wir uns heute befinden, hinausgezögert, aber nicht verhindert wird. Das sind unverantwortliche Mechanismen, über die man offen und ehrlich sprechen muss.

Das ist das Absurde an der ganzen Situation: Die Banken haben die Gewinne eingesteckt. Die Gewinne sind privatisiert und in die eigene Tasche geschoben worden, für die Verluste soll jetzt aber die Allgemeinheit aufkommen. Genau das erleben wir, und das kann es wohl nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Peter Rabl, der ja wirklich kein freiheitlicher Parteigänger ist, hat im „Kurier“ vom 10. April Folgendes geschrieben – ich darf ihn zitieren –: „Mit mehr als 210 Milliarden sind deutsche Banken in Griechenland, Portugal und Irland engagiert, die fran­zösischen Banken mit 140. Und das durch den Euro-Rettungsschirm bisher praktisch risikolos.“

Ich zitiere weiter: „Obwohl die Zinsen für ihre Kredite durch Risikoaufschläge (= entsprechende Mehreinnahmen für die Banken) explodieren.“ – Zitatende.

Ja, so schaut es aus. Das Problem liegt darin, dass realisierte und latente, also nicht realisierte, Verluste der Finanzwirtschaft nicht von ihr selbst getragen werden, sondern von der Allgemeinheit, sprich von den europäischen Bürgern, übernommen werden müssen. Das ist die politische Realität, die Sie vorantreiben und weiter unterstützen. Die Banken haben es sehr gut verstanden, nicht nur wirtschaftliche Verluste zu vermeiden, sondern ihre exzessiven Gewinne trotz der Krise weiter zu lukrieren und für sich selbst Dividenden und Boni zu sichern und zu erhalten. Wir sehen das auch am Beispiel des Herrn Generaldirektors Treichl von der Erste Bank, der gerne auf die Unterstützung von über 1,2 Milliarden € zurückgegriffen hat, die der österreichische Steuerzahler für das Erste-Bank-Hilfspaket aufgewendet hat, das bis heute nicht zurückgezahlt wurde. Aber man hat in sehr frecher Art und Weise einen Affront begangen, indem man die Aufsichtsratsgagen erst vor Kurzem verdoppelt hat.

Genau das ist diese Borniertheit, mit der wir es zu tun haben, von der die Bevölkerung zu Recht angewidert ist. Alle substanziellen Reformen der Finanzmärkte sind bis dato verhindert worden. Leider Gottes haben Sie auch auf europäischer Ebene nichts von all dem weitergebracht, was Sie hier von diesem Rednerpult aus an schönen Worten zum Besten gegeben haben. Es gibt bis dato keine entsprechende Regulierung der Finanzmärkte. Die Spekulanten werden nicht zur Kasse gebeten. Nach wie vor sind Spekulationsgeschäfte munter und lustig möglich, weil die Geschäftsmodelle der Banken bis heute nicht korrigiert worden sind. Das Kasinogeschäft auf dem Rücken der europäischen Steuerzahler findet nach wie vor statt – und zwar munter und lustig – und wird zugelassen.

Mit einem Wort: Die fehlgeschlagene Finanzmarktpolitik wird zum Teil auch als alternativlos bezeichnet. Herr Kollege Stummvoll, wir haben von Ihnen auch schon des Öfteren gehört, dass Sie von fehlenden Alternativen reden. Aber natürlich gibt es Alternativen. (Abg. Dr. Stummvoll: Aber grauslicher sind sie!) Herr Stummvoll, es gibt auch keine Denkverbote. Selbstverständlich muss es erlaubt sein, über alles nachzudenken, Wege aus dieser Krise zu finden und nicht all das, was Sie vorgeben, kritiklos anzunehmen und hinzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 141

Ich sage: Es gibt Alternativen und keine Denkverbote. Bei notwendigen Sanierungen wird einfach nicht umgedacht, obwohl sich die Erfolglosigkeit des eingeschlagenen Weges gerade am Beispiel Griechenlands am besten dokumentiert und manifestiert. Wir Österreicher sind schon mehrfach zur Kasse gebeten worden. Als EU-Nettozahler zahlen wir Beiträge von 2,3 Milliarden € brutto pro Jahr nach Brüssel. Diese Gelder werden durch die Europäische Union sozusagen weiterverschifft, viele Gelder sind direkt nach Griechenland geflossen. Dort waren nämlich Korruption und schlechte Strukturen vorherrschend, und eine schwache Volkswirtschaft kann in der Eurozone nicht mithalten. Deshalb stecken wir heute in der Misere.

Das haben Ökonomen durchaus vorausgesehen, und sie haben davor gewarnt. Ich erinnere daran, dass wir Freiheitliche selbst auch vor dieser Euro-Währungszone gewarnt haben, in der schwache und starke Volkswirtschaften sozusagen zusam­mengepanscht werden. Unsere Kritik hat man damals beiseitegeschoben und gesagt: Was die Freiheitlichen da schon wieder für Schreckgespenster an die Wand malen! – Leider Gottes haben wir in diesem Bereich wieder einmal recht behalten. Viele unserer Kritikpunkte haben gestimmt und sind leider eingetroffen; aber darauf komme ich noch zu sprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt erleben wir eine Situation, in der der „kleine“ Mann durch Sie, durch die europäischen Regierungen gezwungen wird – letztlich auch im Sinne einer Massen­enteignung –, für Spekulationen, für Banken, die spekuliert haben, und für Pleite­staaten, die einfach aufgrund ihrer Struktur nicht standhalten können, geradezustehen. Unsere österreichischen Steuerzahler müssen plötzlich für den Schaden gerade­stehen, der irgendwo angerichtet wurde, obwohl wir selbst heillos verschuldet sind – seit Amtsantritt von Bundeskanzler Werner Faymann, seit dem Jahr 2006 haben wir zusätzliche Schulden von 44 Milliarden €. Das sind Entwicklungen, bei denen sich jeder Österreicher zu Recht sagt: Bitte, das können wir uns nicht mehr leisten! Wir brauchen jeden österreichischen Steuer-Cent selbst zur Bewältigung unserer Prob­leme. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sollten jeden österreichischen Steuer-Cent zur Bekämpfung unserer Probleme im Bereich der Bildung, im Bereich der Familienpolitik, im Bereich von Forschung und Innovation und in die eigene Sicherheit investieren. Dort fehlt das Geld ja an allen Ecken und Enden. Bei jeder Budgetsitzung und jedem neuen Budget erleben wir, wie die Steuerschraube wieder bei der eigenen Bevölkerung angedreht wird.

Aber man ist sehr, sehr locker, wenn es darum geht, Milliarden an österreichischen Steuergeldern für solche Pleitebanken und Pleitestaaten aufzuwenden – wo man heute auch davon ausgehen muss, dass wir nie wieder einen Cent davon sehen und zurückbekommen werden! Es ist also kein gutes Geschäft, wie Sie, Herr Stummvoll, aber auch der ehemalige Finanzminister Josef Pröll immer wieder behauptet haben – weil das ja doppelt und dreifach verzinst ist, und wenn wir diese Hilfspakete ermöglichen, werden wir am Ende ein gutes Geschäft machen –, sondern heute wissen wir, wie das Geschäft enden wird: damit, dass wir das Geld, das wir schon zur Verfügung gestellt haben, nie wieder sehen werden!

Es wird der „kleine“ Mann zur Kasse gebeten. Ja, Sie sind auch verantwortlich für eine Massenenteignung der österreichischen Bevölkerung in diesem Bereich, da die Österreicher auf der anderen Seite erleben müssen, dass um das Geld, das wir jetzt für die Pleitebanken und Pleitestaaten in der Europäischen Union aufwenden, weniger Sozialleistungen da sind, bei den Familien gespart wird, bei der Pflege gespart wird. Also überall dort, wo man nicht sparen darf, weil es letztlich wirklich sozialpolitische Strukturen in unserem Land betrifft, haben Sie offenbar überhaupt keine Skrupel – so viel zum Thema soziale Verantwortung und Gerechtigkeit! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 142

Das soll gerecht sein?! Das soll sozial sein?! – Das ist es nicht! Ich sage, mit dem Ausplündern der Österreicher muss endlich Schluss sein. Ich sage ganz bewusst: Unser Geld, bitte, für unsere Leute – das muss endlich die Prämisse sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Das Motto muss sein, unser Geld für unsere Leute aufzuwenden. Es soll kein einziger österreichischer Steuer-Cent mehr für Pleitebanken und Pleitestaaten flüssiggemacht werden, und es muss eine Transferunion, wie sie jetzt vonseiten der Europäischen Union auf dem Plan steht, verhindert werden!

Da muss ich auch den Herrn Bundeskanzler immer wieder an sein gegebenes Versprechen erinnern! Denn er selbst hat als Bundeskanzler das Versprechen gegeben, dass er, wenn es zu einer maßgeblichen Veränderung des Vertrages kommt, auch eine Volksabstimmung sicherstellen wird. Ja sogar brieflich wurde das festge­halten, in der größten Tageszeitung Österreichs: Wenn es solche nachhaltigen Verän­derungen geben sollte, dann wird er das österreichische Volk befragen, dann wird er sicherstellen, dass die Bevölkerung eingebunden sein wird.

Ja, wir wollen, dass unsere österreichische Bevölkerung eingebunden wird. Und wir wollen keine Transferunion erleben, die uns zwangsweise übergestülpt wird, so wie Sie das jetzt handhaben, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie kommt denn die österreichische Bevölkerung dazu, für Bankrotteure in die Tasche greifen zu müssen? Mit welcher Legitimation verschenken Sie, Herr Bundeskanzler, das Geld der österreichischen Steuerzahler an die Pleitebanken und Pleitestaaten Europas? Mit welcher Legitimation? Und wann wird diese Volksabstimmung endlich stattfinden, die Sie einmal versprochen haben?

Die gegenwärtige Lage bestätigt leider Gottes die Kritikpunkte der Freiheitlichen Partei, die wir ja von Beginn an, auch seit der Einführung der Eurozone, geleistet haben. Die Devise kann jetzt nur lauten: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!

Genau dort muss man ansetzen: Wir müssen uns überlegen, wie wir die öster­reichische Bevölkerung nachhaltig vor weiterer Belastung und vor weiteren negativen Entwicklungen schützen können. Das bedeutet, Griechenland muss teilweise entschul­det werden! Das wäre der ehrliche Weg: eine teilweise Entschuldung vorzunehmen und die schwachen Volkswirtschaften aus der Eurozone zu entlassen. Ja, das wünschen sich zum Teil auch diese Länder, nämlich die Bevölkerung dort; die sagen: Es wäre die einzige Chance für uns, abzuwerten und das Leben auch wieder leistbarer gestalten zu können. – Das wäre auch der ehrliche Weg, und das würde auf Dauer natürlich dazu führen, dass wir nicht für die Schäden, die woanders angerichtet worden sind, aufkommen müssen.

Dass das durchaus mögliche Wege sind, sagt auch der sehr renommierte deutsche Währungsexperte Professor Wilhelm Hankel. Er sagt Folgendes: Eine mögliche „Lösung heißt: Die Währungssünder verlassen die Europäische Währungsunion und sanieren sich selbst: durch Umschuldung, Währungsabwertung und Neustart mit Ent­wick­lungsoffensiven. EU und IWF können dabei helfen.“ Die andere, „vernünftigere“ Alternative wäre, sagt Professor Hankel aus Deutschland, die Euroländer bilden entweder eine Hartwährungszone in der Europäischen Union oder kehren zu ihren nationalen Währungen zurück.

„Länder wie Schweiz, Norwegen oder Schweden beweisen schlagend, dass sie mit eigener Währung besser fahren als alle EWU-Länder. Das Törichteste aller Totschlag-Argumente“ – sagt Professor Hankel aus Deutschland – „lautet: Die daraus folgende Aufwertung von D-Mark, Schilling, Gulden usw. würde diesen Ländern schaden. Das


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Gegenteil ist richtig: Sie würde den Wert der Währung steigern, die Zinsen senken und den Binnenmarkt beleben.“ – Zitatende. (Beifall bei der FPÖ.)

So weit von einem Währungsexperten aus Deutschland, Universitätsprofessor Hankel, der hier sehr offen auch eine andere Sichtweise als Sie vertritt. Es gibt genügend Ökonomen, die ebenfalls diese Sichtweise vertreten. Da kann man dann trefflich darüber streiten, welcher Weg der richtige ist, und genau diese Diskussion sollten wir ehrlich führen.

Wir wollen keine Ausweitung der Europäischen Union in Richtung Transferunion! Es ist mir völlig schleierhaft, warum manche – ich verwende ganz bewusst diese zuge­spitzten Begriffe – Euro-Fanatiker oder EU-Sektierer weiterhin diesen Weg ganz stur, ohne darüber nachzudenken, ob es Alternativen gäbe, einfach fortsetzen wollen. Ge­nau das ist es, was man einfach nicht verstehen kann und dem gegenüber auch die Bevölkerung verständnislos geworden ist, dass man so stur festgefahrene Strukturen, die gescheitert sind – die ja sichtbar gescheitert sind! –, einfach fortsetzt und versucht, sie letztlich festzuschreiben.

Hier wird ohne Rücksicht auf Verluste der Menschen ein Phantom am Leben erhalten, und das Phantom ist nun einmal die einheitliche Währung, die aufgrund der unter­schiedlichen wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen der Mitgliedstaaten von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Der Weg, den die Europäische Union und mit ihr Österreich da beschreitet, ist ein Weg, auf dem manche ernsthaft die Sorge haben, dass er am Ende in einer wirklich großen Katastrophe enden kann, weil am Ende gerade durch das Hinausschieben der Probleme, durch Geld-Hineinpumpen in Bereiche, deren Strukturen man nicht verändert, die Problematik eine noch viel größere sein wird und wir bei Griechenland, Irland und Portugal noch lange nicht am Ende angekommen sind, sondern letztlich vielleicht auch Spanien oder womöglich sogar noch andere südeuropäische Länder davon betroffen sein könnten.

Ich denke daher, es ist wichtig, dass wir alles an Überlegungen dafür anstellen, wie wir hier vernünftig und gesund herauskommen. Staaten wie Griechenland, Irland und Portugal haben in dieser Hartwährungsunion nichts zu suchen! Das muss man ehrlich festhalten. Man muss auch ehrlich bereit sein, diesen Schnitt herbeizuführen – zum Vorteil aller Beteiligten! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Euro frisst immer mehr den österreichischen Wohlstand auf, das ist die Realität. Abgesehen von neuen Zahlungen und Haftungen für die Pleiteländer – letztlich Banken, denn dahinter stehen natürlich deutsche Banken, französische Banken, die auch fleißig in Griechenland investieren – erleben wir auch, dass die tatsächliche Inflation weit über der heute ausgewiesenen Teuerung liegt. Wir reden von 3,3 Prozent Inflation, in Wirklichkeit ist diese ja viel, viel höher!

In Wirklichkeit ist sie viel höher, denn der Warenkorb, der heute als Preisvergleich herhalten muss – mit Computern, Handys et cetera –, enthält ja nicht den täglichen Lebensbedarf. Es sind andere Produkte, an denen man das messen muss: an den Lebensmitteln. Mehl kostet heute um 69 Prozent mehr als noch vor einem halben Jahr! Kartoffeln kosten um 34,4 Prozent mehr als vor einem halben Jahr. Bei Käse beträgt die Steigerung 21,5 Prozent, bei Kaffee 20,4 Prozent, bei Äpfeln immerhin noch 10,4 Prozent; das sind die realen Werte! Mineralöl, Benzinpreise et cetera, dort sieht man die wirkliche Entwicklung, und das zeigt, wie stark die Bürger heute von dieser Inflationsentwicklung betroffen sind.

Ich sage, da erleben wir eine ständige Wert- und Vermögensvernichtung der eigenen Bevölkerung! Denn in Wirklichkeit gibt es seit längerem Negativzinsen auf jedes Sparbuch, dort verliert ja auch jeder Bürger noch einmal. Jedes Sparbuch verliert aufgrund der Inflation ständig ein paar Prozent und damit auch weiter an Wert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 144

Dazu kommen jetzt erneut österreichische Steuermilliarden, die Sie sozusagen zusätzlich einbringen wollen, wofür natürlich der Österreicher wieder zur Kasse gebe­ten werden wird. Es ist nur die Frage, wann! Wahrscheinlich nach der nächsten Nationalratswahl, denn vorher wird man wieder versuchen, unehrlich zu operieren und den Österreichern irgendwie nicht ganz die Wahrheit darüber zu sagen, welche Schritte notwendig sein werden.

Ich sage, die Situation in Österreich ist schlimm genug, auch ohne dass wir unser Geld in andere Staaten pumpen. Wir haben selbst genügend Probleme, wir sollten hier bei uns damit beginnen, die Probleme zu meistern. Wir sollten auch in Frage stellen, ob es vernünftig ist, weiterhin den EU-Nettozahler zu spielen. Wir können es uns nicht mehr leisten! (Beifall bei der FPÖ.)

Es müsste das auch die Konsequenz sein angesichts der Krise, in der wir uns befinden, angesichts der Rekord-Staatsverschuldung, in der wir uns heute befinden, mit Rekordzinsen in Richtung 10 Milliarden € pro Jahr, die wir zu leisten haben. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schlusssatz.

Sogar Rechnungshofpräsident Moser sagt, bei diesen 10 Milliarden € pro Jahr an Zinsenbelastung, die wir in Zukunft zu leisten haben, müssen wir neue Schulden aufnehmen, weil wir es sonst gar nicht mehr zurückzahlen und tilgen, die Zinsen nicht mehr decken können. Ich sage daher, es ist in diesem Bereich fünf nach zwölf, und ich bitte Sie wirklich, Herr Bundeskanzler: Seien Sie bereit, in dieser Frage umzudenken und die Sorgen der Österreicher ernst zu nehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.20.40

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Herr Minister! Staatssekretäre! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! „Unser Geld für unsere Leute“ ist in der Begründung durch den Klubobmann sehr oft vorgekommen. Das ist auch meine Meinung: unser Geld für unsere Leute. (Ruf bei der FPÖ: Seit wann?) Österreich musste 2009, de facto wegen der Politik der heutigen FPK, 20 Milliarden € Haftung für die notverstaatlichte Hypo Kärnten bezahlen – besser wäre es gewesen, das Geld für etwas anderes einzusetzen, zuerst bei den Haftungen und dann, als wir notverstaatlichen mussten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Kickl: ... lauter Rote! – Abg. Strache: Der rote Aufsichtsrat der Hypo! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Die Wahrheit kann einen ganz schön aufregen! (Abg. Strache: ... sogar Gusenbauer noch unter Vertrag gestanden, die Bank zu beraten!)

Wenn wir die Leistungen in der Europäischen Union und in der Eurozone beurteilen, dann gebe ich Ihnen in einem Punkt sehr recht – das wird sicher auch die heutige Debatte widerspiegeln –: Wir sind weit entfernt von einer homogenen, in wesentlichen Fragen gut abgestimmten oder gar gemeinsamen Wirtschaftsregierung, sondern die Unterschiedlichkeit der Staaten in der Eurozone und in der Europäischen Union im Besonderen zeigen ein großes Gefälle in den verschiedensten Fragen auf, sodass es eine Herausforderung der nächsten Jahre werden wird, in der Europäischen Union, aber auch in der Eurozone dafür zu sorgen, dass diese Unterschiede geringer und die Gemeinsamkeiten größer werden. Das würde die Stabilität in der Europäischen Union, in der Eurozone wesentlich erhöhen.


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Was aber genauso offen anzumerken ist wie dieses Gefälle und die existierenden Konflikte, sind die gemeinsamen Leistungen, die auch zur Stunde erbracht werden. Immerhin 60 Prozent der Wirtschaftsleistungen Österreichs hängen am Export, davon geht mehr als die Hälfte in die Eurozone. Laut OeNB arbeiten eine Million Menschen in Österreich im Exportsektor, mehr als eine halbe Million Menschen leben von diesen Exporten.

Wenn dieser Euroraum zerschlagen werden würde und es diesen gemeinsamen Euroraum nicht gäbe, dann wäre das laut den Berechnungen ein Absturz der Wirt­schaftsleistungen auch bei uns von immerhin 5 Prozent. Das wäre eine gewaltige Krise, die durchaus an die Krise der dreißiger Jahre erinnern würde. Daher: Wenn man über die notwendigen Verbesserungen in der Europäischen Union spricht, muss man auch über ihre Stärken sprechen. Eine der Stärken ist es, dass uns der Euro nicht nur vor viele Aufgaben stellt, sondern dass uns der Euro in der berechenbaren Export­leistung auch geholfen hat.

Daher ist eine Bemerkung, die Sie in Ihrer Anfrage auf Seite 2 formulieren, zu unter­streichen: Hier sprechen Sie von den „gut wirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich“. Das freut mich – selten, dass ich Ihnen so zustimmen kann! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das gute Wirtschaften hängt eben auch mit diesen Exportleistungen zusammen. Das gute Wirtschaften betrifft nicht einen reinen Binnenmarkt, der losgelöst auf einer Insel funktioniert, sondern diese Leistungen sind sehr wohl auch im Zusammenhang mit dem Export zu sehen.

Nun zu Ihren Fragen im Konkreten.

Zur Frage 1:

Der bisher überwiesene Kreditbetrag sind 1,22 Milliarden € Darlehen.

Zur Frage 2:

Beschlossen sind maximal 80 Milliarden € seitens der Euroländer insgesamt.

Zur Frage 3:

Beschlossen ist: Österreichs Obergrenze für die Griechenland-Kredite 2,29 Milliar­den €; weitere Garantien 12,24 Milliarden € für den europäischen EFSF, davon Garan­tien Österreichs für Irland 1,1 Milliarden €, für Portugal 1,5 Milliarden €.

In der Frage 4 wird Frau Bundeskanzlerin Merkel ein Zitat unterstellt, das „tickende Zeitbombe“ und anderes zum Inhalt hat. Ich habe das Zitat eigentlich nur bei jemand anderem gefunden, den Sie gerne zitieren, nämlich bei Hans-Werner Sinn, aber nicht bei Frau Kanzlerin Merkel. Daher war das – dass sie das so sagt – vielleicht eine Verwechslung.

Die Fragen 4 und 5 daher zusammengenommen:

Wenn man die Aussagen der deutschen Regierungsverantwortlichen oder ihrer Wirt­schaftsweisen – auch des Vorsitzenden des Weisenrates, Wolfgang Franz – sieht, kann ich Ihnen das sehr genau zitieren: „Das Gerede über einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone halte ich für unverantwortlich“, sagt er.

Daher zeigt sich sehr genau, dass sowohl die Experten als auch die auf politischer Ebene im Beratungsstab Verantwortlichen auch bei unserem Nachbarn sehr eindring­lich vor so vereinfachten Lösungen wie „Schmeißen wir jemanden raus!“, „Laden wir jemanden aus!“, „Gehen wir hinaus!“ oder so ähnlich warnen. Im Gegenteil, auf die


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möglichen Konsequenzen einer derart unverantwortlichen Politik komme ich ohnehin noch in der weiteren Anfragebeantwortung zu sprechen.

Wenn man die gemeinsame Politik mit Deutschland in der Europäischen Union beim Stabilitätsmechanismus verfolgt, dann ist es auch unser Ziel, die Einbindung des privaten Sektors ab 2013 besonders zu beachten. Es geht auch um die Entscheidung zur Vergabe und um Programme sowie um striktere Auflagen für die betroffenen Länder. Es ist also in keiner Weise geplant, eine Transferunion einzuführen. Es sind die gegebenen Haftungen und Kredite an Bedingungen geknüpft, deren Einhaltung natürlich laufend zu kontrollieren ist, und es ist nicht so milchmädchenhaft, dass man einmal ... (Abg. Mag. Stefan: Und wenn sie nicht eingehalten werden?)

Wenn nicht, haben sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Experten, die sich das zur Stunde in Griechenland ansehen, ihre weitere Zustimmung zur nächsten Tranche an die Überprüfung ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das erkläre ich ja gerade: Die Überweisung der nächsten Tranche haben die derzeit in Griechenland befindlichen Experten – und damit natürlich auch der Bericht an die Verantwortlichen der Europäischen Union – an ihre Analyse geknüpft. Das heißt, eine Analyse, die besagen würde, dass man sich an nichts hält, würde auch die nächste Tranche nicht zur Auszahlung bringen. (Abg. Kickl: Und wenn sie die nicht überweisen, was ist dann? – Abg. Dr. Graf: Was ist dann?)

Eine Analyse, die behauptet, ein Land hält sich oder geht in die richtige Richtung, aber das eine oder andere muss überarbeitet, vielleicht verschärft, vielleicht anders bewertet werden, ist bei einem gemeinsamen Weg in den nächsten Jahren durchaus möglich. Also wird die Frage der Bedingungen durch eine laufende Kontrolle und eine laufende Überarbeitung natürlich sehr genau beachtet und auch als Bedingung überprüft.

Zur Frage 6:

Die Antwort ist daher klar: nein!

Zur Frage 7:

Der Vorschlag des Ökonomen Hans-Werner Sinn, den Sie ja mehrfach ansprechen, hat aus unserer Sicht ganz andere Notwendigkeiten zur Folge, nämlich insbesondere jene, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Sie kennen die Diskussion um den soge­nannten Pakt. Das Wort „Pakt“ scheint mir doch etwas übertrieben, wenn man erst in der Phase der gemeinsamen Koordination ist. Aber die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern muss eines der obersten Ziele sein, indem auch die Handelsbilanzen der betroffenen Länder – natürlich auch der betroffenen Länder wie Griechenland und Portugal – zu verbessern sind, weil man mit einem Handelsbilanzminus zwar anderen Ländern in der Europäischen Union eine gewisse Freude macht, aber selbst natürlich an Leistungsfähigkeit dazugewinnen muss. Diese Faktoren sind unserer Meinung nach durch Bildung, durch Forschung, durch Industrie, durch andere Faktoren zu erreichen.

Es findet sich dann allerdings auch, von der Presse wiedergegeben, ein Zitat, wonach derselbe Hans-Werner Sinn bei einem Vortrag an der Humboldt-Universität gesagt hat, dass er nicht für einen Austritt Griechenlands ist. – Ich weiß also nicht; Sie kennen ihn besser, Sie können uns ja dann sagen, was alles davon richtig oder nicht richtig ist.

Damit komme ich zu den wesentlichen Fragen 8 und 20:

Unserer Meinung nach sind die Experten, auf die wir hören, natürlich jene, die aus allen Parteien und auch ohne Parteizugehörigkeit, seien es Wirtschaftsforscher in der Oesterreichischen Nationalbank oder auf europäischer Ebene, in der Europäischen Zentralbank verantwortlich, in anderen wissenschaftlichen Bereichen tätig, sehr deutlich darauf verweisen, dass eine Empfehlung Griechenlands, einfach aus dem


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gemeinsamen Euroraum auszutreten und morgen eine neue Währung zu beginnen, ausschließlich zur Folge hätte, dass sie die Schulden in Euro und eine neue Währung, deren Gegenwart und Zukunft, keinesfalls positiv einschätzen. Im Gegenteil: Dies würde sofort zu hohen Spekulationen führen.

Wenn ein oder zwei Länder hinausgedrängt werden würden, würde das die Speku­lation nicht beseitigen, sondern richtig zur Spekulation einladen, dazu einladen, auch gegen andere Mitglieder des Euroraums spekulativ zu wetten, mit all den Folgen, die das natürlich auch hätte, mit all den Konsequenzen – auch für ein durchaus starkes Land wie Österreich. (Abg. Dr. Graf: Da muss ja jemand dagegenhalten, bei einer Wette! Wer hält da dagegen?)

Wenn morgen jemand auf die Idee käme, wieder eine eigene Währung zu machen, den Schilling wieder einzuführen, mit all den Spekulationen, die das zur Folge hätte, wäre das eine unverantwortliche Politik. Und dieser Meinung vieler Wirtschaftsforscher, der Nationalbank und anderer schließe ich mich an. Daher spiele ich auch nicht mit der Option eines Austritts, sondern – im Gegenteil – bin dafür, dass man der Öffentlichkeit sehr offen die Vor- und Nachteile des Euroraums sagt und diesbezüglich keinesfalls einseitig agiert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zu den Fragen 9 bis 11:

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen – ich durfte das schon einige Male beant­worten –, dass der zeitlich befristete Schutzschirm, der ja existiert, in einen dauer­haften umgewandelt wird und dass das kein ausdrücklicher Wunsch Österreichs war, sondern unseres deutschen Nachbarn, der im Einklang mit seiner Verfassung die jetzige Regelung des Schutzschirmes als dauerhaften Mechanismus einführen wollte.

Es ist daher eine vereinfachte Vertragsänderung, die hier zur Anwendung kommt. Ich kenne kein Land – auch keines jener Länder, die sogar gesetzliche Bestimmungen haben, wann Volksbefragungen durchzuführen sind (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer) –, das aus diesem Grund eine Volksbefragung durchführt, da es sich lediglich um die Installierung eines bestehenden, derzeit eben nicht dauerhaften, sondern kurzfristig ins Leben gerufenen Schutzschirmes handelt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Zu den Fragen 12, 13, 14, 15, 16 und 18:

Diese Fragen betreffen insbesondere die Prognosen und unseren Bundesfinanz­rah­men – morgen wird ja auch noch Gelegenheit sein, in diesem Kreis ausführlich darüber zu beraten.

Der aktuelle Budgetpfad sieht für 2011 ein gesamtstaatliches Budgetdefizit von unter 4 Prozent vor, für 2013 von unter 3 Prozent und für 2015 von bei 2 Prozent. Nun glaube auch ich, dass dieser Budgetpfad notwendig ist, um Österreich als eines der wenigen Triple-A-Länder in Europa so stabil zu halten, dass es unangreifbar für inter­nationale Spekulationen ist und bleibt – obwohl es in den verschiedenen Ressorts und Bereichen viele gute Gründe für höhere Ausgaben gäbe, weil ich gerade den Herrn Minister für Wissenschaft sehe, weil deutlich höhere Ausgaben benötigt würden (Abg. Bucher: Sie können bei Portugal sparen! Sparen Sie bei Portugal und Griechenland, dann haben Sie mehr für die Universitäten!) und es überhaupt kein Regierungsmitglied gibt, das nicht begründen könnte, dass es sowohl für die Kaufkraft des Landes als auch für die Qualitätsverbesserung viele zusätzliche Ausgaben einsetzen könnte. (Abg. Strache: Also lieber nach Griechenland zahlen, als für die Universitäten zum Einsatz zu bringen!)

Es ist notwendig, einerseits gewisse Positionen zu stärken, andererseits einen Spar­kurs zu fahren, einen Reformkurs einzuschlagen, auch hinsichtlich Bürokratieabbau,


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um diese engagierten Ziele von unter 4 Prozent, dann unter 3 Prozent und bei 2 Pro­zent zu erreichen. – Ähnlich verhält sich auch unser wichtigster Handelspartner Deutschland, der das im eigenen Land ähnlich vorgibt.

Die bisherigen Maßnahmen haben in den einzelnen Ländern unterschiedliche Kon­sequenzen ausgelöst. Das Installieren des Schutzschirmes und der Schutzschirm selbst haben in Österreich aber selbstverständlich zu keinem Sozialabbau geführt – war auch von niemandem verlangt. (Abg. Strache: Was war beim letzten Budget? Was hat es da für Kosten gegeben?) – Der Grund für diese Sparmaßnahmen waren nicht die Kosten des Schutzschirmes (Abg. Strache: Die sind ja schon mit eingerechnet worden!), sondern es ist darum gegangen, die vorgegebenen eigenen Sparziele zu erreichen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Dies hat gewisse Maßnahmen not­wendig gemacht.

Es lässt sich trefflich darüber streiten, ob die eine oder die andere Maßnahme, die in einem langfristigen Budgetpfad und im Budget untergebracht werden muss, notwendig und richtig ist. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Aber jedenfalls hat Österreich ein starkes Sozialsystem (Ruf bei der FPÖ: Griechenland auch!) und bei den wesentlichen Ausgabenpositionen, zum Beispiel bei der Altersversorgung, beim Gesundheitssystem, steigende Budgetausgaben. Daher ist dieses klare Bekenntnis zum Prinzip der Sozial­ausgaben und der sozialen Leistungen in Österreich natürlich auch im Budgetpfad ablesbar.

Ebenso ist klar ablesbar, dass die Empfehlungen, die von manchen in Europa gemacht werden, nämlich die Sozialpartnerschaft für nicht mehr notwendig zu sehen und die Lohndiskussionen sozusagen europaweit zu führen, das europaweit zu regeln, von uns klar abgelehnt wurden.

Dieser Schutzschirm war in keiner Weise mit einer Einschränkung unserer bewährten sozialpartnerschaftlichen Leistungen in Österreich verbunden. Im Gegenteil, wir haben diesen Mechanismus nicht nur im eigenen Land selbstverständlich voll aufrechtzu­erhalten, sondern ihn auch in Europa als vorbildliches Beispiel angeboten. Und ich bin überzeugt davon, dass das in Zukunft eines der Beispiele dafür ist, wie man durch die Einbindung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam zu einer besseren Sta­bilität beitragen kann, wie man sich viel stärker auch der Bekämpfung der Schatten­wirtschaft widmen kann, wie man Steuersysteme, die es bei uns gibt, so einführt und umsetzt, dass auch tatsächlich der Großteil die Steuerleistung erbringt – eigentlich sollten alle, die vom Gesetz erfasst sind, für die die Steuer also gedacht ist, die Steuerleistung erbringen. Ich halte da Österreich in sehr vielen Punkten – nicht in allen, auch wir haben einiges zu verbessern – für vorbildlich in Europa. Das bleibt auch so. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage 17:

EZB-Chef Trichet sagt ebenfalls – weil er in der Frage angesprochen wurde –, dass es keine Krise des Euro, sondern in einigen Ländern eine Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte gibt. Ich darf insbesondere im Hinblick auf Irland hinzufügen: und der Tätigkeit mancher Banken und deren Bankprodukte. Es ist dann auch ein Problem des Haushaltes, aber die Ursachen in den jeweiligen Ländern sind unterschiedlich. Diese Ursachen sind vielschichtig, und dazu gehören sicher auch spekulative Bankprodukte, die einzelne Länder in besonders große Schwierigkeiten gebracht haben.

Wir haben die Finanzkrise gemeinsam gemeistert, wissen aber sehr genau, dass die strengen Finanzmarktregulierungen, die wir verlangen, die Einführung einer Finanz­transaktionssteuer, für die ich mich auf allen Ebenen einsetze, sowie eine bessere Koordination im Euroraum, in der Europäischen Union als Rahmenbedingungen dringend notwendig sind. Es sind nicht alle Länder dieser Meinung, es gibt eine Reihe


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von Ländern, die glauben, dass sie ohne klare Regeln auf dem Finanzmarktsektor besser auskommen, also das Interesse des eigenen Landes sehen. In diesem Zusam­menhang sind natürlich die Briten zu nennen, die ihren Finanzplatz London betreffend zum Beispiel immer wieder ins Treffen führen, dass ihnen sehr strikte Regeln der Finanzmärkte Konkurrenznachteile im Vergleich zu anderen Börseplätzen auf der Welt bringen würden.

Es ist also bei Weitem nicht so, dass diesbezüglich die Politik schon einer Meinung wäre. Unser österreichischer Standpunkt wird von allen Parteien getragen, sowohl bei den Regelwerken als auch bei der Finanztransaktionssteuer. Unser österreichischer Standpunkt ist koordiniert, aber daraus lässt sich noch lange keine Mehrheit in der Europäischen Union ablesen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, unseren Standpunkt in der Europäischen Union so überzeugend durchzusetzen, dass diese Regeln, die für mich eine Voraussetzung sind, um aus der Wirtschaftskrise zu lernen und eine Wiederholung zu verhindern, die für mich sehr wichtige Bedingungen für eine gute Entwicklung der Europäischen Union in der Zukunft darstellen, eine Mehrheit finden.

Zur Frage 19:

Zum Schluss kommend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass der Grundsatz der Haushaltsdisziplin, der für nationale Haushalte gilt, natürlich auch auf EU-Ebene Anwendung findet. Ich habe mich schon einmal einer Initiative angeschlossen, die sehr kritisch verlangt, dass in Vorbereitung des neuen Haushalts für die Europäische Union diese Regel besonders einzuhalten ist. Auch ich kenne eine Reihe von Beispielen, die belegen, dass das Sparen sowohl im eigenen Land als auch natürlich in der Ver­waltung in der Europäischen Union ein wichtiger Grundsatz ist, um effizienter zu werden und auch eine steigende öffentliche Akzeptanz zu erreichen. Dafür sind diese Reformen auch auf europäischer Ebene notwendig.

Dass in der Vorschau europaweit Mittel eingesetzt werden müssen für Forschung, Bildung, Beschäftigung, aber auch für Umwelt und erneuerbare Energien, ist für mich ein Gebot der Stunde, weil sich sehr deutlich zeigt: Indem man Restriktionen, Kür­zungen und Sparprogramme durchführt, hat man ja noch nicht die Frage beantwortet: Wie kann man mehr einnehmen? Und einnehmen kann man natürlich nur durch gerechte Einnahmenpolitik, wie etwa durch die Finanztransaktionssteuer, aber auch durch mehr Leistungen, die man gemeinsam erwirtschaftet. Und diese Leistungen, die man gemeinsam erwirtschaftet, würde ich als qualitatives Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union nach ganz bestimmten Kriterien bewerten, und dazu gehören mit Sicherheit die Forschung, die Bildung, die Beschäftigung und die Investition in erneuerbare Umwelttechnologien.

Also ein klarer Kurs der österreichischen Politik, klar absehbar, in welche Richtung es gehen soll, im Interesse einer gemeinsamen Europäischen Union, in der die Interes­sen der Bevölkerung im Vordergrund stehen. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vilimsky. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 



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15.41.33

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch jene auf der Regierungsbank! Herr Bundeskanzler, Sie haben mit einem Seitenschlenker auf die Hypo in Kärnten begonnen. Da gibt es Verfehlungen, das ist keine Frage (Abg. Mag. Kogler: Gröbere!), aber ich weiß nicht, welche Per­sonen Sie in Summe gemeint haben, ob das etwa Ihr Vorgänger in Ihrem jetzigen Amt ist, Herr Gusenbauer, der dort einen fetten Beratervertrag hatte, ob es etwa Herr Staribacher war, ehemaliger SPÖ-Finanzminister, der dort Prüfer war (Abg. Neubauer: Geh, das glaube ich nicht!), oder ob es etwa Herr Lacina war, der dort im Aufsichtsrat gesessen ist. Alle haben fette Beträge kassiert! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Zum Zweiten: Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, dass diese Hilfsmaßnahmen zu keinem Sozialabbau in Österreich geführt haben und führen. Ich sage Ihnen: Genau das Gegenteil ist der Fall! Ausgehend von der Politik der Europäischen Zentralbank, die die Geldmenge ins Absurde erhöht hat, was dann in den Mitgliedsländern der Europäischen Union, insbesondere in den Euro-Ländern natürlich zu einer gewaltigen Inflation geführt hat, die jetzt in Österreich nominell mit 3,3 Prozent ausgewiesen wird, in Wirklichkeit aber, wenn man den Warenkorb genauer ansieht, also reduziert auf Lebensmittel, Medikamente, Mietkosten und Energiekosten, in Richtung 10 Prozent geht. Und diese Inflation ist in Wirklichkeit nichts anderes als eine perfide neue Steuer, die eingeführt wird, die Vermögen und Kaufkraft vernichtet und natürlich auch die sozial Schwächsten trifft. (Beifall bei der FPÖ.)

Das möchte ich Ihnen auch in Ihr Stammbuch geschrieben haben, damit Sie hier nicht versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass diese Politik des lockeren Geldes nicht zu Sozialabbau führt.

Eines muss man Ihnen aber auch in das Stammbuch schreiben, wenn Sie das so darstellen, als bräuchte man die europäische Solidarität, als wolle man Griechenland und den Griechen helfen: Sie helfen weder Griechenland noch den Griechen!

Ich hätte auch nichts dagegen, wenn man irgendeinem Staat, den Menschen in einem Staat in Europa, die notleidend wären, Hilfsmaßnahmen zukommen ließe – na selbst­verständlich! –, aber das, was hier geschieht, ist nichts anderes, als das Absichern von Bankanleihen mit Milliardenaufwand, die in den Exposures der französischen, der deutschen, der britischen, vielleicht auch der österreichischen Banken irgendwo schlummern.

Das sind nichts anderes als jene Gelder, die von dieser Bankenlandschaft um einen Prozentpunkt Zinsen von der Europäischen Zentralbank ausgeborgt wurden, in Hochrisikoanleihen gegangen sind – bis zu 25 Prozent haben die zweijährigen Staatsanleihen in Griechenland; solch ein Geschäft würde ich gerne einmal machen, mir irgendwo Geld um einen Prozentpunkt ausborgen und es mit 25 Prozent Rendite investieren –, und wenn das Ganze zu rutschen droht, dann kommt der Steuerzahler und haftet dafür!

Deswegen bin ich, Herr Bundeskanzler, schon etwas irritiert, dass Sie als Sozial­demokrat – und ich glaube, jeden ehrlichen Sozialdemokraten kann es da ja im tiefsten Inneren nur zusammenkrampfen (Beifall bei der FPÖ) – hier eine Politik vertreten, die genau diesen Banken das Geld in den Rachen wirft.

Dass wirklich keinem Griechen geholfen wurde, das stimmt nicht – da muss ich mich jetzt korrigieren –: Ein guter Freund von Herrn Barroso und auch von Herrn Papan­dreou, Herr Spiro Latsis, das ist einer der Milliardäre in Griechenland, das ist jene Person in Griechenland, die die größte Position an griechischen Staatsanleihen hält, lacht sich jetzt ins Fäustchen. Der ist da mit einem Milliardengeschäft hineingegangen,


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erhält Zinsen von bis zu 25 Prozent – und wir in Österreich dürfen es mitfinanzieren. Das ist die Wahrheit, Herr Bundeskanzler, und nichts anderes! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde mir auch wünschen, dass wir nicht darauf hören, was Sie sagen oder was wir sagen oder was andere Regierungen und Parlamente in Europa sagen, sondern wir sollten einmal auf die Bevölkerung hören, darauf, was sie zu diesem Thema zu sagen hat.

Ich bin überzeugt davon: Würde man die Österreicher fragen, ob sie jetzt den zweiten großen Schutzschirm spannen möchten, ob sie jetzt weiter Milliarden österreichischen Steuergeldes dafür verwenden wollen (Abg. Kopf: Ich glaube, wenn man ihnen die Konsequenzen erklären würde, schon!), würden sie, glaube ich, Nein sagen.

Ich glaube aber auch, dass die griechische Bevölkerung dazu Nein sagt, denn eines sage ich Ihnen auch: Das griechische Establishment ist dafür – gegen die griechische Bevölkerung aber wird Tränengas von der Polizei eingesetzt. Die wissen nicht mehr, wie sie mit dem Leben fertig werden sollen. Die wissen nicht mehr, wie sie sich selbst finanzieren können, sind die größten Verlierer. Das Wort „IWF“ ist in Griechenland das größte Schimpfwort, das es dort gibt, den hätte man am liebsten draußen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) – Der Chef des IWF ist ja unlängst in New York gewesen, aber das nur so am Rande.

Daher meine ich, dass die Zeit gekommen ist, die Völker Europas wieder mitreden zu lassen. Die Bevölkerung der Mitgliedsländer der Europäischen Union soll befinden, wie der Kurs weitergeht.

Ich sage Ihnen, Sie haben sich in einer politischen Kaste des Establishments längst abgekoppelt von der Bevölkerung Europas. Das ist eine Parallelwelt, die da entstanden ist und nicht mehr demokratisch getragen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte berücksichtigen Sie, dass es nicht nur um die Interessen der Österreicher geht, um die Interessen des österreichischen Wohlstandes, der österreichischen Kaufkraft, sondern dass es primär um die Frage geht, ob in diesem ganzen Europa in sozialer Hinsicht noch eine Situation zu bewerkstelligen ist, die nicht völlig abrutscht. Es geht auch um die Frage, ob wir in Europa die Demokratie wieder entwickeln können. Es geht auch darum, dass wir in Europa diese irrsinnigen Überwachungsinstrumente Zug um Zug wieder zurückfahren können – und nicht nur eine Politik machen, die im Interesse der Kreditwirtschaft, der Wirtschaftskapitäne und der großen Industriekonzerne ist. Das ist Ihre Politik – wir vertreten die Bevölkerung! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Krainer. – Bitte.

 


15.47.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Es gibt ein Land im Süden, das ist de facto pleite. Ohne die Haftung von“ anderen „wäre es insolvent. Eine verantwortungslose Führung und eine verblendete Wähler­mehrheit haben diesen Zustand verursacht.“ (Abg. Jury: Hören Sie doch auf, das ist doch ...!)

„Mit diesem Land ist aber nicht Griechenland gemeint“ – und auch nicht Portugal –, „sondern Kärnten.“ – Das ist ein Zitat aus dem heutigen „Standard“ von Hans Rauscher, und in Wirklichkeit hat er recht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Deswegen werden Sie abgewählt!)


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Hätte Österreich Kärnten damals pleitegehen lassen (Zwischenruf des Abg. Neubauer), hätte das Österreich mit einem Schlag 22 Milliarden € gekostet, zusätzlich zu den 1,35 Milliarden, die wir schon in die Bank gesteckt haben! (Zwischenruf des Abg. Jury.) Und natürlich hat es damals vielleicht auch einige Salzburger, einige Vorarlberger und einige Wiener gegeben, die sich gefragt haben: Wieso sollen wir für die Kärntner zahlen? Sollen sie doch ihre Seen verkaufen (Abg. Dr. Jarolim: Das Bärental verkaufen!), sollen sie doch, wenn sie über ihre Verhältnisse gelebt haben und wenn sie selbst schuld waren und diese wahnsinnigen Politiker gewählt haben, selbst aus dem Schlamassel rausfinden! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jury.)

Vielleicht hat es einige gegeben, aber seien wir froh, dass wir in Österreich in diesem Fall solidarisch waren und auch den für Österreich billigeren Weg gegangen sind, nämlich Kärnten nicht pleitegehen zu lassen, sondern Kärnten zu retten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Haben Sie mit dem Hypo-Berater Gusenbauer gesprochen oder mit dem BAWAG-Berater Hundstorfer oder mit dem Kommunalkredit-Vorstandsmitglied Schmied? Haben Sie mit denen gesprochen?)

Was hätte es denn irgendeinem Salzburger, Vorarlberger oder Wiener gebracht, wenn die Kärntner Seen privatisiert worden wären? – Na gar nichts, nicht einmal auf Urlaub hätten wir mehr hinfahren können. Genauso mag es zwar lustig klingen, jetzt zu sagen: Sollen die Griechen doch ihre Inseln verkaufen!, aber verbessert das die Situation für irgendjemanden, außer für den, der es kauft, weil er es billig bekommt? (Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.) Insofern sollten wir schon ganz genau überlegen, ob das, was da vielleicht gut klingt, in Wirklichkeit nicht falsch ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Der Weg, Kärnten nicht pleitegehen zu lassen, hat dazu geführt, dass es für uns viel billiger wurde. Das stimmt. Für die Populisten war nicht Hochsaison, die waren ganz klein mit Hut. Hier in der ersten Reihe sind sie gesessen – so groß mit Hut bei der Pleite von Kärnten, und wir haben das nicht gemacht, und das war richtig so. (Abg. Bucher: Geh, red keinen Blödsinn! – Abg. Strache: Sie haben die Bayern aus ihrer Verantwortung entlassen im Bereich der Hypo!)

Aber es ist trotzdem wichtig, dass man sich die Frage stellt: Sollen wir Griechenland, Portugal und Irland helfen oder sollen wir ihnen nicht helfen? Und da muss man sich ernsthaft die Frage stellen: Welche Ursache hat das, welchen Ausgang bedeutet das eine, welchen das andere? Was bedeutet das, wenn wir Griechenland, Portugal und Irland in solchen Situationen nicht helfen? (Abg. Bucher: Ist ein Land davon ein Bundesland von Österreich? Das zehnte Bundesland?)

Wenn Griechenland in den Staatsbankrott geht, was bedeutet das zunächst einmal? – Das Erste, was passiert, ist, alle Banken in dem Land sind am selben Tag auch in Konkurs. Was bedeutet das für die Spareinlagen in diesen Banken? – Der Staat wird für die Spareinlagen geradestehen können, wenn er die Schulden nicht zahlen kann?! Also die sind auch weg. Und das ist natürlich für die gesamte Breite der griechischen Bevölkerung etwas sehr Schlimmes – nicht für die oberen Zehntausend, deren Geld ist natürlich in der Schweiz oder in anderen Ländern mit Bankgeheimnis.

Liebe FPÖ, wenn wir hier Maßnahmen setzen, dass zum Beispiel Superreiche aus Griechenland oder anderen Ländern nicht das Bankgeheimnis missbrauchen können, dann schauen wir uns doch beim nächsten Tagesordnungspunkt, zu den Finanz­punkten morgen, an, ob Sie da dafür stimmen, dass wir das Bankgeheimnis für die oberen Zehntausend aus anderen Ländern lockern, dass die nämlich nicht ihr Geld verstecken, wie das die Griechen jetzt in der Schweiz machen. Bisher haben Sie immer dagegen gestimmt. Nur so viel zur Doppelmoral, die Sie hier vertreten. (Beifall bei der SPÖ.)


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Aber was bedeutet das? – Die Ersparnisse sind weg, die Banken gibt es auch nicht mehr. Werden die viele Kredite für griechische Unternehmen geben können, damit diese Beschäftigung schaffen oder dergleichen? – Wohl kaum, die werden eher weniger Beschäftigung haben. Das heißt, die Arbeitslosigkeit, die in Griechenland ohnehin explodiert ist, würde sich wahrscheinlich verdoppeln; wir reden dann von 30 Prozent, bei der Jugendarbeitslosigkeit von 60 Prozent. Das nur, damit wir wissen, welche Folgen das für Griechenland hätte.

Und was würde das für uns bedeuten? – Jetzt rede ich nicht über indirekte Effekte, aber das, was wohl jedenfalls passieren würde, wenn einmal der erste Staat pleitegeht, wäre, dass jeder die Sorge haben würde: Na ja, wenn einer pleitegehen kann, kann der zweite oder dritte auch pleitegehen. Was würde das bedeuten? – Die Kosten, die Staaten heute zahlen, um sich zu refinanzieren, um ihre Staatsschulden zu finanzieren, würden wohl steigen.

Was würde das für Österreich bedeuten? – Pro Prozentpunkt höhere Zinsen mittel­fristig 2 Milliarden €. Wir reden hier von kurzfristig 1 Milliarde, 2 Milliarden, 3 Milliarden, mittelfristig von 8 Milliarden €, die Österreich das kosten würde – pro Jahr. Und das ist natürlich deutlich günstiger – deutlich günstiger! –, nur dieser eine direkte Effekt, als alles, was Sie hier vorschlagen.

In der Geschichte hat es eine Phase gegeben, da ist das passiert, was FPÖ und BZÖ heute wollen: Wenn Banken pleitegehen – mein Gott na, gehen sie halt pleite! (Abg. Mag. Stefan: Was ist in Kärnten passiert?!) Aber da geht nicht eine Bank pleite, sondern Dutzende, wie zum Beispiel in Österreich in den dreißiger Jahren. Wenn ein Staat Zahlungsschwierigkeiten hat, soll er pleitegehen, soll er sich zu Tode sparen – Österreich war eines dieser Länder, die das gemacht haben. Wir hatten damals 500 000 Arbeitslose bei einem Drittel der Arbeitsplätze von heute, nur damit wir das im entsprechenden Verhältnis sehen. Also, wenn Sie das wollen – bitte. Wir wollen das sicher nicht! (Abg. Bucher: BAWAG! Sie müssen das doch am besten wissen, Sie haben Erfahrung auf dem Gebiet!)

Es gibt Länder, die das ganz anders gemacht haben. Es hat ein Land gegeben, das bei der letzten Wirtschaftskrise einen ganz anderen Weg gegangen ist. Es hat gesagt: Zunächst einmal muss ich mir die Einnahmen holen von denen, die es sich leisten können. Die haben Einkommens- und Vermögenssteuern beschlossen – da wird einem schwarz vor Augen! Wenn ich das jetzt laut sagen würde, würde ich da vom Kollegen als Kryptokommunist bezeichnet werden.

Sie haben Geld in die Hand genommen für Infrastrukturprojekte und für Bildung, und was sie noch gemacht haben: Sie haben den Finanzmarkt reguliert. Sie haben klare Regeln aufgestellt, was Banken machen dürfen, was sie nicht machen dürfen, und sie haben die Banken auch gezwungen, sich an der Finanzierung der Krise zu beteiligen.

Und was ist aus diesem Land geworden? – Eine absolut gestärkte Demokratie und ein Vorbild für die ganze Welt. Kollege Stummvoll weiß, von welchem Land ich spreche, nämlich von den Vereinigten Staaten von Amerika. Wie die in den dreißiger Jahren mit der Krise umgegangen sind, das war sicher vorbildhaft im Vergleich zu dem, was in anderen Ländern passiert ist.

Das ist sicher ein Weg, den wir hier gehen wollen. Ist alles auf europäischer Ebene in diese Richtung? – Nein! Es fehlt an der Finanztransaktionssteuer, es fehlen wesent­liche Punkte in der Regulierung, und es fehlt auch daran, dass man darauf achtet, was die Arbeitslosigkeit für ein Land bedeutet. Es gibt nicht nur Schulden, die für ein Land schlecht sind, sondern auch Arbeitslosigkeit, die für ein Land schlecht ist. Und das, worüber wir auch nachdenken müssen, ist nicht nur, wie wir anderen Staaten helfen


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können oder auch selbst darauf achten müssen, wie man mit den Schulden umgeht, sondern auch mit der Arbeitslosigkeit.

Das sind Bereiche, die fehlen. Das stimmt. Da gibt es zu viele konservative Regierun­gen in Europa, die das nicht so sehen wie wir Sozialdemokraten, aber das ist jedenfalls das, wofür wir Sozialdemokraten stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stumm­voll. – Bitte.

 


15.55.18

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Vor allem aber: Lieber Herr Klubobmann Strache, ich muss Sie heute direkt ansprechen, weil Sie mich gezwungen haben, meinen Debattenbeitrag hier in Form einer tatsächlichen Berich­tigung abzu­geben.

Der Reihe nach. – Sie haben heute in Ihrer Rede dreimal das Wort „ehrlich“ verwendet. Wenn Sie wirklich ehrlich diskutieren wollen, Herr Kollege Strache, dann müssen Sie sich jetzt einige Berichtigungen anhören zu Dingen, wo Sie leider nicht die Wahrheit gesagt haben.

Ich zitiere zunächst einmal Ihr Interview vom Samstag in der „Presse“. Da haben Sie wörtlich gesagt, der Euro ist von Beginn an eine „Totgeburt“. – Wahr ist vielmehr, der Euro ist heute eine anerkannte Weltwährung, um 40 Prozent mehr wert als der Dollar, 30 Prozent aller Weltwährungsreserven sind in Euro angelegt. Wenn Sie das als „Totgeburt“ bezeichnen, Herr Kollege, dann ist das nicht ehrlich.

Sie übersehen ja noch eines dabei: Sie übersehen dabei, dass die Österreicherinnen und Österreicher ihre Löhne und Gehälter in Euro bekommen, ihre Pensionen in Euro bekommen, ihre Sparguthaben in Euro haben. (Abg. Strache: Und sie zahlen die höchsten Preise, die sie jemals zahlen haben müssen! Der Euro als Teuro!) Ja wollen Sie die Menschen wirklich so verunsichern und ihnen sagen: Ihr habt euer Geld in der Totgeburt angelegt!? Herr Kollege Strache, bitte bedenken Sie in Zukunft, was Sie sagen, denn Sie verunsichern die Menschen mit Unwahrheiten. Sie verunsichern die Menschen mit Unwahrheiten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweiter Punkt: Sie haben in diesem Interview gesagt, es komme zu einer groß­räumigen Enteignung des österreichischen Steuerzahlers, weil wir den verschuldeten Ländern Geld schenken. – Geld schenken! Das ist die Unwahrheit, Herr Klubobmann Strache! (Abg. Strache: Das ist ehrlich!) Wir haben Griechenland bisher in vier Tranchen insgesamt 1,2 Milliarden € an Krediten gewährt. (Abg. Strache: Und wann geben sie das Geld zurück?) Die Zinsen sind bis jetzt immer regelmäßig geflossen, wir finanzieren uns billiger auf dem Finanzmarkt, daher haben wir aus der Zinsendifferenz sogar einen Vorteil. Also: Von einem Geschenk kann keine Rede sein!

Drittes Beispiel, Herr Kollege: Sie haben heute vom Rednerpult aus gesagt: Wir pumpen da Milliarden hinein, anstatt dass dort die Strukturen verändert werden. – Wahr ist vielmehr, die kriegen nur dann Geld, wenn sie die Strukturen verändern. Das wird jedes Vierteljahr vorgegeben, Herr Kollege Strache. (Abg. Strache: Der Präsident des Europäischen Rechnungshofes hat nicht einmal eine Prüfkompetenz!)

Und wenn Sie glauben, dass das lustig ist: Ich habe einmal schon hier vom Rednerpult aus gesagt, ich möchte nicht haben, dass wir in Österreich jemals in die Lage kommen, dass uns andere diktieren, was wir machen müssen, damit wir Geld bekommen. So schaut es aus! Die müssen ihre Strukturen ändern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Was ist, wenn sie es nicht machen?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 155

Vierter Punkt: Herr Kollege Strache, Sie werfen in der heutigen Dringlichen Anfrage mit Zahlen herum. (Abg. Strache: Und wenn nicht gezahlt wird, was versprechen Sie den Österreichern? Herr Stummvoll, was versprechen Sie den Österreichern, wenn nicht zurückgezahlt wird?) Hören Sie zu! Wenn Sie ehrlich diskutieren wollen, dann müssen Sie jetzt zuhören und müssen sich auch berichtigen lassen. (Abg. Dr. Graf: Jetzt müssen wir denen wieder Geld geben, damit sie die Zinsen zahlen können!)

Ich möchte zunächst einmal das korrigieren, was Sie nicht ehrlich gesagt haben. Nur eine Kleinigkeit: Sie sagen in der heutigen Dringlichen Anfrage, wir haben eine Steuer- und Abgabenquote von 47,9 Prozent. Wahr ist vielmehr, sie beträgt laut Rechnungshof 42,2 Prozent. Jetzt kann man sagen: ein paar Prozent! Die „paar Prozent“ sind in Euro 17 Milliarden Unterschied zu dem, was Sie sagen, Herr Kollege Strache. 17 Milliar­den €! Also bleiben Sie bei der Wahrheit, dann können wir gerne diskutieren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Aber sagen Sie nicht „ehrlich“, und in Wirklichkeit machen Sie das Gegenteil!

Nächster Punkt, Herr Kollege Strache: Sie wenden sich neuerlich in dieser Dringlichen Anfrage gegen den Stabilitätsmechanismus, der 2013 eintreten wird. Ich habe schon einmal gesagt, Sie wissen, was im Artikel 136 des EU-Vertrages drinsteht. Da steht drinnen, die Euro-Länder können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der akti­viert werden kann, wenn das für die Stabilität des Euro unabdingbar notwendig ist. – Das wollen Sie nicht? Dann wollen Sie Geldentwertung haben. Dann wollen Sie haben, dass der Euro entwertet wird. Wollen Sie das wirklich? (Abg. Strache: Ich habe geglaubt, das ist eine Erfolgsgeschichte! Und jetzt bestätigen Sie, dass es doch eine Krise gibt!) Wollen Sie wirklich haben, dass die Pensionen, die Sparguthaben entwertet werden?! Das darf doch nicht wahr sein, Herr Kollege Strache!

Ich habe manchmal den Eindruck, Sie wissen nicht, was Sie tun. Sie wissen nicht, was Sie tun, Herr Kollege Strache! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Das Zitat kann man Ihnen zurückgeben!) Herr Kollege Strache, ich habe einmal schon gesagt, und ich merke es immer mehr: Wenn Ihre Argumente schwach sind, wird die Stimme lauter. Okay, das ist halt leider so. (Abg. Strache: Wir haben kein Geld, aber wir zahlen es in die Welt! Das ist Ihr Motto!)

Keiner von uns hat gesagt, auch der Bundeskanzler heute nicht, keiner hat gesagt, es gibt keine Alternativen. Natürlich gibt es Alternativen! Es gibt nur leider keine ange­nehmen Alternativen, und alle Alternativen, die es gibt – Austritt aus der Eurozone, „Haircut“ –, sind grauslicher als das, was wir sonst tun müssen, Herr Kollege Strache.

Folgendes habe ich auch immer gesagt – Sie können ja die Stenographischen Proto­kolle nachlesen –: Der Stabilitätsmechanismus ist nicht mehr als ein Zeitgewinn, ein Zeitgewinn, damit die Griechen, die Portugiesen, die Iren eine Chance haben, ihre Staatshaushalte in Ordnung zu bringen. (Abg. Strache: Was ist, wenn nicht, Herr Stummvoll? – Abg. Dr. Graf: Das grausliche Ende kommt am Schluss! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Herr Kollege Strache, wir in Österreich brauchen, um unser Defizit von 4,6 Prozent auf unter 3 Prozent zu bringen, vier Jahre. Und haben Sie da ernsthaft geglaubt, dass die Griechen ein Defizit von 15 Prozent in zwei oder drei Jahren unter 3 Prozent bringen? (Abg. Strache: Die Frage müssen Sie sich selbst stellen! Glauben Sie, dass wir das Geld zurückbekommen? Die Frage müssen Sie sich selbst stellen!)

Sie, Herr Kollege Strache, sprechen selbst in Ihrer Dringlichen Anfrage von einem Privatisierungspotenzial von 280 Milliarden € in Griechenland. – Glauben Sie, um diese 280 Milliarden € kann man in ein, zwei Jahren privatisieren?! Herr Kollege Strache, Sie wissen wirklich nicht, was Sie tun! Und das macht mir Sorge, denn Sie wissen wirklich nicht, was Sie tun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 156

Herr Kollege Strache, wenn Sie ehrlich diskutieren wollen, dann müssen Sie auch dort zuhören, wo Sie nicht die Wahrheit gesagt haben, sonst ist es nicht ehrlich, sonst machen Sie nur Lippenbekenntnisse. (Abg. Mag. Stefan: Und das sagt die ÖVP!)

Wir werden dieses Thema – ich sage das ganz offen, auch wenn das vielleicht nicht populär ist – noch einige Jahre auf der Tagesordnung haben, denn Budgetkonsolidie­rung ist ein mittelfristiger Prozess.

Wir werden den Griechen auch helfen müssen – da schließe ich an die Ausführungen des Kollegen Krainer an –, dass sie auch Geld bekommen für Initiativen in Wachstum und Beschäftigung. Denn: Nur Sparen – natürlich: ohne Sparen geht es nicht –, Sparen allein ist auch zu wenig. Was haben wir gemacht in der Krise? Was hat unsere Regierung gemacht? (Rufe bei der FPÖ: Nichts!) – Wir haben gesagt, wir haben zwei Strategien: einerseits die Finanzmärkte zu stabilisieren und andererseits Initiativen für Wachstum und Beschäftigung zu setzen. (Abg. Strache: So erfolgreich wie die letzten zehn Jahre bei den Nettobeiträgen – na bumm! Wo die Gelder in dunklen Kanälen verschwunden sind! Sehr erfolgreich!)

Jetzt muss ich noch etwas sagen, Herr Kollege Strache – auch da wissen Sie nicht, was Sie sagen –: Sie haben recht, wir in Österreich sind buchhalterisch gesehen Nettozahler, aber ökonomisch gesehen sind wir haushohe Nettogewinner. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Reden Sie einmal mit Wirtschaftsexperten! Jeder Experte wird Ihnen sagen: Das Wirt­schaftswachstum in Österreich ist durch den EU-Beitritt jedes Jahr um 0,3 bis 0,4 Pro­zent höher. Wenn Sie das umrechnen, heißt das – bei 40 Prozent an Steuerquote –: Wir haben jedes Jahr ungefähr 4 Milliarden € mehr Steuern durch die Wachstums­impulse der Europäischen Union. (Abg. Strache: Das spürt der österreichische Arbeitnehmer im Geldbörsel jeden Monat!)

Das heißt, buchhalterisch haben Sie recht, wenn Sie ein Buchhalter sind, haben Sie recht, ja, wir sind Nettozahler. Ökonomisch betrachtet sind wir aber auch Nettoge­winner.

Daher: Der Euro ist eine Erfolgsstory – und Sie von der FPÖ wissen nicht, was Sie tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


16.03.06

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, es gibt eine Reihe von Problemen. Aber es gibt mit Sicherheit keine unbewältigbaren Krisen in diesem Zusammenhang.

Das wäre schon einmal zum Start ganz nützlich, bevor wir gleich alle guten Ideen und Errungenschaften der Vergangenheit „mitverramschen“, sich einmal bewusst zu machen, in welchen Dimensionen sich das abspielt und was die Ursachen sind. Eigentlich verstehe ich die Regierungsparteien nicht, dass sie hier nicht stärker dagegenhalten und eine Argumentationslinie aufbereiten, die nachvollziehbar ist. Das ist aber offensichtlich deshalb so, weil sie sich an ein paar Lösungsgeschichten klammern, die in Wahrheit nichts anderes heißen, als die Probleme auf die lange Bank zu schieben. Das erkennt die freiheitliche Fraktion in gewisser Weise richtig und kocht halt auf diesem Feuerchen, das Sie da mitbefeuern, ihr Süppchen. Das ist einmal die Grundaufstellung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 157

Nun zu den Ursachen: Es ist auch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise selbstver­ständlich, was die Schuldenkrise der Staaten betrifft, indirekt immer auch noch eine Verteilungsfrage und ein Verteilungsproblem, wie die Dinge entstanden sind und wie sie angegangen werden.

Es ist doch auffällig anlässlich dieser Krise: Nachdem diejenigen, die am lautesten geschrieen und einzelne Staaten sozusagen verdammt haben und diese geradezu hysterische neoliberale Ideologie: mehr Privat, weniger Staat! vehement gefordert haben, war es dann doch so, dass, wenn etwas damit schiefgegangen ist, genau diese sich bei den Staaten angestellt haben, und zwar alle. Dann aber, kaum kommt wieder ein bisschen Luft ins Schlauchboot, werden sie schon wieder übermütig und plan­schen, machen aber die anderen nass.

Da liegt eben die Umverteilungsproblematik drinnen, die darin besteht, dass dieje­nigen, die an den Staatsschuldenkrisen – wenn man diesen Begriff übernehmen will – gar nicht so wenig verdient haben, und zwar serienweise sozusagen, dann, wenn das Risiko schlagend wird, zum europäischen Steuerzahler gehen und die Hand aufhalten. Und wir spielen da mit. Das ist das Grundproblem! Das ist das, was Sie irgendwie anders klären und beantworten müssen, als Sie das bisher getan haben, denn sonst werden Sie diese Flanke offen haben.

Ich werde auf die Vorschläge, die es da braucht, noch zu sprechen kommen, jetzt aber nur stichwortartig zusammenfassen: Ohne dass in Griechenland oder auch in Portugal, aber vor allem in Griechenland, etwas gemacht wird – Strukturreformen beispielsweise, aber auch Investitionsprogramme, damit die wieder laufen können –, werden diese Länder niemanden einholen und die Zinsen bedienen können. Jetzt amputieren wir ihnen sozusagen gerade das zweite Bein – und dann erwarten wir, dass sie laufen sollen.

Nochmals: Notwendig sind erstens Strukturreformen, zweitens Investitionspro­gram­me – und drittens: Ja, beim „Haircut“, beim Haarschnitt wird es haarig werden. Das schaue ich mir an, wie wir da am Ende der Zeit ohne Cut herauskommen. Aber reden Sie ruhig weiter so! Tun Sie ruhig weiter so! Vielleicht ist es taktisch gescheit. Ich habe die Weisheit auch nicht mit dem Löffel gegessen und muss sagen: Ja, das ist natürlich ein schwieriges Terrain.

Jedenfalls: Die Notenbanker werden immer bis zur letzten Sekunde lügen – und in der nächsten Sekunde wird dann etwas anderes geschehen, wenn jemals etwas ge­schieht. Das ist dort nicht nur Tradition, sondern hat sozusagen sogar eine gewisse Nachvollziehbarkeit.

Irgendwann müssen wir jedenfalls einmal überlegen, wie wir das angehen, denn am Schluss muss irgendwer zahlen. Daher: Entweder die Griechen werden in die Lage versetzt, das von alleine zu bewerkstelligen – das schaue ich mir aber an in den nächsten 10, 20 oder 30 Jahren; das braucht einen glaubwürdigen Fahrplan –, oder aber das wird jemand anderer zahlen müssen. Und wer werden diese Zahler sein? Da sage ich aber schon, dass diejenigen als Erste einmal einen Beitrag leisten sollen – von ganz redet ja ohnehin kein Mensch –, die bis jetzt daran verdient haben. (Beifall bei den Grünen.)

Dass das Ganze nicht so ein dramatisches Untergangsszenario sein muss, das Sie mit Ihrem Ansatz nicht wegargumentieren können und denen noch die Tür aufmachen, das ist das Grausliche an der ganzen Sache, aber es müsste nicht so sein, wenn man sich einfach einmal ein paar Fundamentaldaten herholt.

Griechenland hat gerade einmal – das wird zunehmend weniger, und die wirkliche Tragödie setzt jetzt erst ein, auch mit den falschen Sanierungsprogrammen – 2 Pro­


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zent Anteil an der europäischen Wirtschaftsleistung. Und, wie gesagt, das wird noch weniger. In Portugal ist die Situation ähnlich. In Irland nicht mehr.

Wovon reden wir denn überhaupt? – Wir reden von ein paar Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung! Wissen Sie, meine Damen und Herren, wie in den USA zum Beispiel die kalifornische Wirtschaft im Moment schwächelt?! Die kalifornische Wirt­schaft hat jedoch einen viel, viel größeren Anteil am Bruttoinlandsprodukt der USA, aber kein Mensch kommt auf die Idee, deshalb den Dollar oder die gesamte US-Wirtschaft krankzureden. Die tun jetzt mit ihrer eigenen Schuldenbremse herum, und sie machen etwas, pragmatisch wie sie sind.

Die Amerikaner werden aber deswegen nicht anfangen, nichts mehr zu zahlen und alles krachen zu lassen, sondern sie werden ihre Schuldengrenze hinaufheben – und alle werden wieder sagen: Wunderbar, wie die das wieder hingebracht haben, und zwar Republikaner wie Demokraten! Und ich kann da nur sagen: Recht haben sie!

In Europa sind wir viel, viel besser aufgestellt – und trotzdem hängen wir uns wechselseitig das ganze Krisengerede an, bis es self-fulfilling wird. Das kann so nicht weitergehen!

Also ist die Frage: Was sind die Möglichkeiten bei dem Reichtum, der ja noch vorhanden ist? Kommen wir zum leidigen Thema Währungsaustritt. Das wird gerne dann angesprochen, wenn man an die Vergangenheit denkt, daran, wie früher Probleme gelöst wurden. Nur: Die Risiken beziehungsweise überhaupt die technische Bewerkstelligung eines Währungsaustritts muss mir erst jemand erklären. Ich weiß, dass da ein gewisses Faible dafür vorhanden ist, beim BZÖ noch mehr, und vielleicht kann uns BZÖ-Klubobmann Bucher einmal erklären, wie das über Nacht gehen soll. Da wird es gröbere Probleme geben.

Abgesehen davon, eines ist sicher: Die Schulden von Griechenland sind dann nicht nur gleich groß, sondern sogar noch größer, weil es dann zu überschießenden Anpas­sungen kommen würde. Der einzige Vorteil wäre, dass die Griechen dann wieder eine eigene Wechselkurspolitik machen könnten; was früher eben möglich war.

Aber den Weg dorthin zu beschreiben und die Kosten zu beziffern, dazu beglück­wünsche ich jeden, der das kann. Jedenfalls: Irgendwelche ideologisch irregeleitete Universitätsprofessoren werden uns da auch nicht helfen.

Bleibt also die Frage: Wer zahlt am Schluss, wenn es zum Zahlen kommt? Entweder es ist glaubwürdig, dass Griechenland das jetzt bewerkstelligen kann – da muss man ihnen aber ganz anders helfen als jetzt –, oder es wird einen Schuldenschnitt zumindest in einem gewissen Ausmaß geben müssen, oder eine Umschuldung.

Die softeste Variante, die jetzt diskutiert wird, sind Laufzeitverlängerungen und Zinssenkungen. Schaut symbolisch nicht so dramatisch aus, erzeugt aber natürlich auch Kosten, weil ein längerer Kredit zu gleichen Zinsen auch ein Nachlass für diejenigen ist, die das Geld wollen. – Meinetwegen, gar nicht so schlecht.

Im Europäischen Parlament, über die Fraktionen hinweg, inklusive der Grünen, überlegt man sich das jetzt; oder auch Zinssenkungen. Das könnte zumindest mehr Luft bringen. Nichtsdestotrotz muss es dazu führen, dass es, wie es so schön heißt, eine Gläubigerbeteiligung gibt. Das ist das, was ich vorhin beschrieben habe. Dieje­nigen, die verdient haben, sollen auch etwas zahlen. So wie jetzt kann es nicht sein.

Hier ist das Gegenteil von Marktwirtschaft zugange. 5 Prozent, dann 10 Prozent, dann 12 Prozent und am Schluss am virtuellen Markt – da ist es noch nicht realisiert – bis zu 25 Prozent Zinsen zu handeln, die dann aber nicht derjenige zahlt, der es kassiert,


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wenn etwas schiefgeht, er also die Rückzahlung verliert, sondern die Steuerzahler sollen zahlen. Das geht nicht.

Ja bitte, dann verlange ich vielleicht noch 50 oder 100 Prozent Zinsen! Da bin ich ja super heraußen. Die können sich nicht helfen? Und zahlen tut dann Kollege Jakob Auer hier drinnen, weil er ein guter Steuerzahler ist. Also das kann ja nicht die Idee des Europäischen Währungssystems und die Idee dieser Transferunion sein.

Natürlich ist es eine Transferunion! – weil das hier in Abrede gestellt wurde. Ein Währungsraum mit so vielen unterschiedlichen Volkswirtschaften führt dazu, dass zum Teil Ausgleiche stattfinden. Das haben wir in Österreich auch, zwischen Vorarlberg und dem Burgenland.

Die Frage ist nur, wie viel leistbar ist, wie viel wir wollen und wo man die Bevölkerung noch mitnimmt. Und man wird die Bevölkerung nur mitnehmen können – und da meine ich, dass die da eine gewisse Nase dafür hat –, wenn endlich einmal auch die Banken und auch die Finanzinstitutionen beteiligt werden, die bis jetzt verdient haben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Gaßner.)

Das muss gehen. Ich sehe ja die Probleme, 30 Milliarden deutsche Banken, 40 Milliar­den französische Banken. Was haben wir seit der Finanzkrise gemacht? – Wir sind ja wieder dort, dass wir am Schluss vielleicht damit nicht so viel gewonnen haben, weil wir dann die Banken wieder auffangen müssen. Das kann theoretisch wirklich möglich sein, wenn Dominoeffekte drohen.

Aber es ist ja seit zweieinhalb Jahren unterlassen worden, endlich einmal die Banken so zu restrukturieren, dass vielleicht auch ein Bankenkonkurs möglich ist. Keine Silbe von einem Bankenkonkursrecht, weder in Europa noch in Österreich.

Das bräuchte es ja, sonst werden immer alle für die zahlen, die zuerst das Geld einsammeln, also wenige Kapitaleigner, wenige, die über das Geld in der Kredit­vergabe verfügen, und am Schluss immer die anderen zahlen lassen.

Das ist doch die größte Asymmetrie, die größte fehlgeleitete Anreizwirkung, die es überhaupt gibt. Und da erklären Sie uns die Marktwirtschaft?! Das geht so nicht. Das geht genau umgekehrt herum.

Wenn die jetzt endlich zur Kasse gebeten werden, dann haben wir zwei Probleme:

Erstens: Griechenland kommt ohne Teilentschuldung nicht auf die Füße. Und was passiert dann? – Dann wird das Problem nur verschoben.

Zweitens: Es ist das falsche Signal, weil sie auch einen Beitrag leisten müssen.

Und wir sind ja mit dieser Meinung nicht alleine. Aiginger und Hahn vom Wirtschafts­forschungsinstitut, alle sagen das. Als smarten Einstieg kann man das vielleicht machen, was jetzt geplant ist, aber es wird am Schluss nicht helfen.

Und die Frau Finanzministerin in ihrer gütlichen und lustigen Härte, die sie da offensichtlich PR-mäßig übernehmen will, erklärt zur Griechenlandkrise: Ja, mit dem ganzen Programm werden wir die Griechen irgendwo hineinzwingen! Und sie, die Frau Fekter, wird darauf schauen. – Na, gratuliere! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Also da wird es andere Strukturreformen und Investitionsprogramme brauchen. Es wird so etwas Ähnliches wie einen Marshall-Plan für Griechenland brauchen, sonst kommen sie dort nie heraus. Und auch das wird eine gesamteuropäische Verantwortung werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Jakob Auer.)

16.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 160

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


16.13.48

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundeskanzler! (Der Redner stellt eine orangefarbene Tafel mit der Aufschrift „Genug gezahlt!“ vor sich auf das Redner­pult. – Abg. Rädler: Nicht schon wieder!) Wenn man sich die Zeitungskommentare durchliest, wenn man sich die öffentliche Beurteilung anhört, dann muss man feststellen: Sie haben ja im Grunde genommen nur zwei Möglichkeiten, was sozu­sagen das Defizit dieser Bundesregierung betrifft: Entweder gibt es ein Kommuni­kationsproblem dieser Bundesregierung und Sie sind einfach nicht in der Lage, den Menschen dieses Problem, das die Eurokrise, die Wirtschaftskrisefolgen ausmacht, so zu erklären, dass es auch jeder versteht, oder Sie sind auf einem fundamentalen, katastrophalen politischen Holzweg, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, das Zweite ist der Fall. Denn: Wenn Sie hier von der Regierungsbank aus sozusagen als Manager der Bundesregierung bejammern, dass wir eine katastrophale Budgetsituation haben und dass Sie liebend gerne mehr Geld, beispielsweise für die Universitäten, zur Verfügung stellen würden, Herr Bundeskanzler, warum machen Sie dann nichts? Warum leiten Sie keine Reformen ein? Warum herrscht seit zwei Jahren Stillstand in dieser Bundesregierung? Erklären sie uns doch einmal, woran es scheitert, woran es krankt, wo die Blockaden sind!

Vielleicht können wir Ihnen irgendwie helfen, diese Blockaden zu beseitigen. Wir wären ja bereit dazu, denn es wäre ja zum Wohle unserer Republik und zum Wohle der Menschen! (Beifall beim BZÖ.)

Aber die Menschen verspüren etwas anderes. Was verspüren die Menschen? Jeder, auch von den Sozialdemokraten, der sich auf die Straße traut – was hört der da aus den Gesprächen heraus? – Alles wird teurer, die Inflation steigt!

Ja wer ist denn verantwortlich für die Inflation? (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Welche Maßnahmen dieser Bundesregierung sind denn verantwortlich für diese Teue­rung, die wir gegenwärtig zu erleiden haben?

Diese Bundesregierung hinter mir – die ist verantwortlich dafür: weil die Mineralölsteuer angehoben wurde, weil die Autofahrer geschröpft wurden und weil man den Familien das Geld weggenommen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die fundamentale Wahrheit! Und das versteht die Bevölkerung nicht. Daher bejammern Sie sich ja im Grunde selber, weil Sie nicht in der Lage sind, eine ordentliche und geordnete Politik mit Verlässlichkeit und mit Plan zu machen. (Abg. Krainer: Das ist ja absurd! Absolut absurd!)

Seit zwei Jahren oder seit drei Jahren schon hören wir, Sie wollen eine Finanz­transaktionssteuer auf europäischer Ebene einführen. Ja, Herr Bundeskanzler, das wäre eine sinnvolle Maßnahme. (Abg. Dr. Matznetter – in Richtung BZÖ –: Könnt ihr das ...?) Zugegeben, eine sinnvolle Maßnahme, weil sie all jene treffen würde, die Sie derzeit eigentlich befördern. Das sind die Banken und die Spekulanten.

Herr Bundeskanzler! Denken sie einmal darüber nach, was Sie mit Ihrer ständigen Förderung für Griechenland und für Portugal machen! (Abg. Dr. Graf: Die Räuber­leiter!) Sie machen nichts anderes, als den Banken unter die Arme zu greifen. Nichts anderes ist dieses Unterfangen, das Sie hier machen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 161

Sie sind der Schutzpatron der Banken und der Spekulanten, Herr Bundeskanzler Faymann. (Abg. Strache: Und bei den Bayern der Hypo!) Das ist die alleinige Realität! Und das sollten Sie auch eingestehen. (Beifall beim BZÖ.)

Sie wissen ganz genau, das System funktioniert ja im Grunde ganz simpel. Ganz, ganz simpel! Die Banken und Spekulanten hängen sich an die Pleitestaaten. Das ist gegenwärtig die beste Anlageform überhaupt auf dem ganzen blauen Planeten, auf der ganzen Welt. Nirgendwo kann man so hohe Renditen erwirtschaften, wie wenn man derzeit gegen diese Pleitestaaten spekuliert. Und Sie fördern dieses System, Herr Bun­deskanzler Faymann. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sie fördern das! Es ist völlig klar: Bitte durchschauen Sie das System einmal! Wenn Sie eine Garantie abgeben, dass Griechenland niemals pleitegehen kann, dann kann ja jeder mit ruhigem Gewissen dagegen spekulieren, weil er weiß, die zahlen ja auch 30 Prozent Zinsen dafür. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) Und sie können nicht pleitegehen, weil es genug europäische Staaten gibt, die den Fehler machen, weiterhin Geld nach Griechenland zu pumpen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und das ist der Untergang des Euro, den Sie alleine zu verantworten haben! Sie sind also wirklich der Schutzherr und der Schutzpatron der Banken. Es ist ein völlig falsches Signal, hier in Österreich Reden zu halten und zu sagen: Ja, wir führen hier eine Bankensteuer ein! (Abg. Dr. Matznetter: Ihre Politik ...!)

Herr Bundeskanzler! Die Bankensteuer ist eine Bankkundensteuer. Schauen Sie sich doch einmal an, wenn Sie ein Girokonto haben, wie sich dort die Bankgebühren in den letzten Wochen und Monaten in die Höhe katapultiert haben!

Da ist ja von einem Zins-Spread gar nicht mehr die Rede. Das sind ja fundamentale Unterschiede. Das sind bis zu 9 Prozent Unterschied auf einem Girokonto, wo sich die Banken gegenwärtig ein anständiges Körberlgeld verdienen. Das ist Ihre Politik! (Beifall beim BZÖ.)

Sie schröpfen, Sie plündern geradezu die österreichische Bevölkerung aus. Das versteht niemand und das ist diese berühmte Euro-Lüge, von der ich immer spreche. Das ist diese Euro-Lüge, um die es eigentlich geht. Sie sprechen immer davon, den Euro zu retten. Das ist ja schon längst nicht mehr der Fall! Das ist und bleibt ein Fass ohne Boden. Das Geld, das Sie hineinpumpen, kommt ja nicht einmal in Griechenland an.

Und das ist ja die Perversität. Das Geld geht eins zu eins in die französischen und in die deutschen Banken hinein. Daher sind Sie der Schutzpatron der Banken! Nehmen Sie das endlich auch so zur Kenntnis! (Beifall beim BZÖ.)

Es gibt keine andere Möglichkeit, als Griechenland in den Selbstgesundungsprozess hineinzuzwingen, eine eigene Währung einzuführen. Eine andere Möglichkeit wird es nicht geben.

Wenn Sie sich jetzt auch noch – was weiß ich? – so verbohrt in die Situation hinein­begeben: Wir müssen, weil wir schon die ersten Zahlungen getätigt und Geld über­wiesen haben, jetzt weiter auf Kurs bleiben!, so sage ich Ihnen Folgendes: Das dürfte wirklich der Anfang vom Ende des Euro sein. Und ich will nicht ein Ende des Euro haben. Das will ich nicht haben, sondern ich möchte in einem starken Euro-Verbund Volkswirtschaften haben, die untereinander vergleichbar sind, die sich nicht belügen und betrügen und die einen gemeinsamen währungspolitischen Kurs fahren, der den Menschen in ihren Ländern gegenüber verantwortungsbewusst ist. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 162

Und das, Herr Bundeskanzler, vermisse ich bei Ihrer Politik. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Graf: Bei so vielen Milliarden gibt es nicht mal 100 Millionen für die Unis!)

16.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Linder. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.20.42

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zuerst ein herz­liches Grüß Gott den Schülerinnen und Schülern des Militärrealgymnasiums Wiener Neustadt. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Bundeskanzler, wenn jemand so wie Ihr Kollege Jan Krainer hier herinnen permanent Blödsinn über Kärnten vom Rednerpult aus von sich gibt, so ist das seine Sache. (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht nur über Kärnten!) Gefährlich wird es nur dann, wenn er diesen Blödsinn selber zu glauben anfängt, denn dann muss man sich um seine Gesundheit ernsthaft Sorgen machen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Zum Thema der Dringlichen heute: Die ganze Situation hat damit begonnen, dass sich Griechenland mit falschen Zahlen in den Euro-Raum geschwindelt hat, sich mit falschen Zahlen hineingeschwindelt hat. Als es dann Probleme gegeben hat, die Krise gekommen ist, hat man zuerst gesagt: Na ja, die brauchen einen kleinen Euro-Rettungsschirm!, und hat uns das noch als großen Erfolg verkauft, indem man sagte, dass wir verdienen werden, dass Österreich für die Zinsen sehr, sehr viel Geld einnehmen wird.

Plötzlich sind Irland, Portugal, Italien und Spanien dazugekommen – und auf einmal ist man draufgekommen, man kommt nicht mehr heraus. Man muss mehr Geld in die Hand nehmen, man muss den großen Europäischen Stabilitätsmechanismus in Kraft setzen.

Mittlerweile sind wir dabei, dass Österreich schon fast 8 Millionen € für diese Rettungs­situation aufwenden muss. (Abg. Krainer: „Millionen“?) Bisher haben wir aber schon 1,2 Milliarden € für Griechenland aufgewendet. (Abg. Strache: Und für die Unis fehlen 100 Millionen €!) 1,2 Milliarden! Bei 8,5 Millionen Einwohnern heißt das, dass jeder Bürger Österreichs 143 €, also eine vierköpfige Familie rund 570 € dafür zahlen muss, dass Griechenland überleben kann. (Abg. Krainer: Kärnten!) Und 570 € für eine Familie ist, glaube ich, nicht mehr so wenig Geld. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ganze kommt mir mittlerweile so vor wie „Der Zauberlehrling“: Etwas, was ich gerufen habe, werde ich nicht mehr los! Herr Bundeskanzler, wenn Ihnen Fachleute wie Professor Sinn sagen, dass der Rettungsschirm absolut nicht dazu da war, den Euro zu retten, sondern dass es nur darum ging, die Banken zu retten, wenn uns OeNB-Gouverneur Nowotny im Finanzausschuss am 10. Mai sagte, der Euro war nie in Gefahr, es ging eigentlich nur darum, die Banken zu retten, und wenn gestern der ehemalige Finanzminister Androsch fragte, wer eigentlich mehr Blödsinn macht: der Betrieb, der nicht wirtschaften kann, oder der, der einem kranken Betrieb noch Geld nachschiebt?, so glaube ich, dass es an der Zeit ist, darüber nachzudenken, ob es wirklich Sinn macht, Geld hinunterzuschicken, weiterhin Geld nach Griechenland zu schicken. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Oder aber: Herr Bundeskanzler, wenn Sie so permanent daran festhalten, glaube ich wirklich, dass vielleicht sogar Herr Treichl recht hat: dass Sie nicht den Mut haben, für Österreich einzutreten und sich lieber dem europäischen Diktat beugen! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 163

Wir von den Freiheitlichen fordern deshalb eine Einstellung der Zahlungen, eine nach­haltige Strategie, die Griechenland wirklich daran bindet, zu sparen und nicht auf die Straße zu gehen und gegen das Spardiktat zu demonstrieren. Und vor allem: Wenn sich die Griechen dem nicht beugen, gehört Griechenland hinaus aus dem Euro-Raum und soll eine eigene Währung einführen.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn wir von den Freiheitlichen das fordern und der Abgeordnete Matznetter dann im Finanzausschuss am 10. Mai aufsteht und sagt: Na ja, wir haben Kärnten auch nicht ausgeschlossen!, dann, Herr Bundeskanzler, muss ich sagen: Diese Aussage von einem Abgeordneten des österreichischen Parlaments finde ich letztklassig (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), wenn dieser hergeht und sagt, man solle lieber ein Bundesland ausschließen und das Geld nach Griechenland schicken. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Wenn die Geräuschkulisse in diesem Saal so enorm zunimmt, ist es hier am Präsidium nicht mehr möglich (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist beim Klatschen immer so! Was ist heute los mit Ihnen, Frau Präsidentin?) – nein, während der Wort­meldung –, alles nachzuvollziehen, was gesagt wurde. Es hat am Anfang sehr laute Zwischenrufe gegeben. Ich werde mir deswegen auch die Rede des Herrn Abgeord­neten Linder noch in schriftlicher Form anschauen und mir das Protokoll kommen lassen. (Abg. Krainer: 500 € pro Familie ...! ... für Kärnten zahlen! – Abg. Strache – in Richtung SPÖ –: Die Bayern habt ihr entschuldet mit österreichischem Steuergeld!)

Frau Abgeordnete Mag. Muttonen gelangt als Nächste zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 6 Minuten. – Bitte.

 


16.25.28

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Mittlerweile wissen wir, dass Angstmache und Verunsicherung das politische Spiel der FPÖ sind. Wir kennen das, das wiederholt sich ständig und ist immer wieder dasselbe. (Abg. Mag. Stefan: Sie werden uns jetzt beruhigen!)

Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie mich gleich am Anfang betonen: Der Euro ist und bleibt stabil. (Abg. Strache: Alles billiger geworden – wahrscheinlich in Irland!) Diese Angstmache, die von der FPÖ betrieben wird, können Sie vergessen. Österreich hat letztendlich enorm, mehr als andere Länder – als die meisten anderen Länder – vom Euro profitiert.

Anstatt uns an wilden Spekulationen zu beteiligen, die schlussendlich nur den Finanz­jongleuren helfen (Abg. Bucher: Das ist nicht Spekulation, das ist Realität!), sollten wir uns eigentlich dafür einsetzen, dass die Maßnahmen, die für die Sicherung und für die Stärkung der Euro-Zone beschlossen wurden, nun konsequent und schnellstmöglich durchgesetzt werden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wozu brauchen wir das dann?)

Denn schließlich – und das ist der springende Punkt, das werde ich Ihnen jetzt sagen – wollen wir in Österreich weiterhin vom Euro und den 20 000 Arbeitsplätzen, die er uns jährlich zusätzlich bringt, profitieren. Wenn Sie keine zusätzlichen Arbeitskräfte und Arbeitsplätze haben wollen, dann ist das Ihr Problem. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wovon reden Sie jetzt?)

Damit handeln wir also im ureigensten Interesse der Bevölkerung, nicht nur für ein stabiles, friedliches und gemeinschaftliches Europa, sondern für ein Europa, in dem ein starker Binnenmarkt, flankiert von sozialen Maßnahmen, den ÖsterreicherInnen Arbeit,


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Wohlstand und soziale Sicherheit beschert. Darum geht es! Es ist wichtig, die Stabilität der Eurozone zu erhalten.

Abenteuerliche Phantasien wie Forderungen nach einem Austritt oder vielleicht Raus­wurf von einigen Ländern, also nationalstaatliche Alleingänge, wie sie hier immer wieder vorgeschlagen werden, das ist eine rückwärtsgewandte Politik, meine Damen und Herren! Eine solche Politik bietet keine Lösungen für die Zukunft und würde uns nur direkt wieder in die nächste Krise führen, die dann schlimmer wäre als jene, die wir gerade hinter uns haben.

Zu glauben, dass wir als Österreich, als kleines Land China Paroli bieten können, das nennt Franz Vranitzky in einem Interview eine „absolute Wahnvorstellung“. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Deswegen ist es auch von großer Bedeutung, dass es den Euro-Schutzschirm gibt, und es ist wichtig, dass er seine Aufgaben erfüllen kann. Wir hätten ja Griechenland im Jahr 2010 den Finanzmärkten überlassen können, mit den katastrophalen Folgen, die das auch für uns gehabt hätte. Das haben wir aber mit gutem Grund nicht getan, wir haben die vernünftige Variante gewählt und die Kredite, die wir an Griechenland vergeben haben, an ein sehr klares Reformprogramm geknüpft.

Dieses Programm wird genau kontrolliert. Sie wissen, es gibt jetzt eine Kommission, die sich das genau anschaut. Griechenland soll so wieder auf einen sinnvollen ökonomischen Kurs geführt werden.

Niemand stellt aber in Frage, dass Griechenland nach Jahren der Misswirtschaft jetzt seinen Beitrag leisten muss und dass es noch sehr viele Hausaufgaben zu machen gibt – obwohl: Es gibt bereits Fortschritte. Es hat sich schon etwas getan, es wurde eine Vielzahl von Reformen durchgeführt. Das Defizit wurde von 15 Prozent auf 10,5 Prozent reduziert, aber wir wissen, der Weg ist noch lang, wir brauchen uns da auch nichts vorzumachen.

Aber Sparen alleine wird nicht reichen, um Griechenlands Probleme zu beseitigen. Österreich hat ja gezeigt, wie es gehen kann. Anstatt mit der Rasenmäher-Methode drüberzufahren und das Land kaputtzusparen, setzt die Bundesregierung auf gezielte Investitionen in Zukunftsbereiche und auf eine gerechte Verteilung der Lasten.

Um das zu schaffen, braucht Griechenland Zeit und Unterstützung, und das – das möchte ich schon betonen – auch im Interesse Europas und im Interesse Österreichs.

Was wir dringend zu tun haben, ist, die Profitgier der Spekulanten einzudämmen. Es ist daher ganz klar – das wurde schon erwähnt –, dass die Finanzmärkte mit der gleichen Vehemenz unter Kontrolle gebracht werden müssen wie die griechischen Schulden. Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer, wir brauchen neue und strengere Regeln für Ratingagenturen, wir brauchen Bankenabgaben, neue Eigenkapitalvorschriften sowie ein Insolvenzrecht für Banken. Da müssen wir ansetzen, da müssen wir weitermachen.

Ich möchte aber die Dringliche Anfrage der FPÖ schon noch einmal ins rechte Licht rücken. Herr Krainer hat bereits aus dem „Standard“ zitiert, leider nicht alles, und als Kärntnerin ist es mir doch ein Anliegen, an dieser Stelle fortzusetzen. Da steht, dass Kärnten von Haider und seiner Partei ruiniert wurde und die Hypo Bank letztendlich verstaatlicht werden musste. (Zwischenruf des Abg. Linder.)

„Wäre sie pleitegegangen, dann auch Kärnten, für den Bund wären etwa 22 Milliarden Euro Haftungen fällig geworden – zusätzlich zu den 1,35 Milliarden Steuergeld, die er schon direkt in die Bank gesteckt hatte. Wie griechisch ist das denn?“, fragt Herr Rauscher.


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Rauscher schreibt weiter: „Aber jetzt tritt Heinz-Christian Strache ausgerechnet in Klagenfurt auf, umringt von den alten Haider-Kumpanen, und erklärt: ,Kein Cent mehr für die Griechen ...!‘“

Ein kleines PS: Die 2,29 Milliarden Kredite an Griechenland entsprechen der Gesamtverschuldung Kärntens – obwohl der Bund um 1,35 Milliarden € die Hypo Alpe-Adria-Bank gerettet hat!

So weit zu Ihrer Dringlichen Anfrage. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. – Bitte.

 


16.32.07

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klub­obmann Strache, Ihre Realitätsverweigerung nimmt gelegentlich besorgniser­re­ende Ausmaße an. Ich zitiere aus Ihrer heutigen Begründung der Dringlichen Anfrage: Warum wird ein „Phantom“ wie der Euro „am Leben gehalten?“

Ihr Geld, mein Geld, das Geld der Österreicher und Österreicherinnen – ein Phan­tom? – Hoffentlich nicht! Unser Geld am Leben halten? – Ja! Schützen? – Ja! Sicher nicht totmachen, sicher nicht umbringen. Herr Strache, kommen Sie zurück in die Realität! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die heutige Dringliche Anfrage zeigt wie vieles andere auch, dass Ihre Europapolitik in Wirklichkeit ausgelegt ist auf Panikmache und, wenn das nicht geht, auf Verun­sicherung. (Abg. Strache: Also sind wir schuld an den Teuerungen, die wir erleben?) Damit wollen Sie Ihr politisches Geschäft machen. Ihr Geschäft ist europapolitische Seifenblasenproduktion; schaut ein bisschen schillernd aus, nichts ist drin, inhaltsleer, konzeptlos! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Jetzt zum Inhalt!) Unser Geschäft – ich spreche im Namen der Regierungsparteien und in erster Linie im Namen der Österreichischen Volkspartei – ist es, verantwortungsvoll zu handeln im Interesse Österreichs (Abg. Mag. Stefan: Das klingt aber toll!), im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, aber auch im europäischen Gesamtinteresse. Gott sei Dank!

Ja, Herr Klubobmann Strache, viele Menschen sind verunsichert, und wir sollten diese Verunsicherung ernst nehmen. (Abg. Dr. Hübner: Aber vielleicht sollte man die Wahrheit sagen, Frau Kollegin! Die Wahrheit sagen ist nicht so schlecht!) Es hilft aber nur differenziertes, ernsthaftes Argumentieren, die Dinge darzustellen, wie sie sind.

Die Europäische Union, in der Tat, steht vor epochalen Aufgaben, und deswegen macht mir Ihre Panikmache Sorge, denn diese Aufgaben sind groß. Es geht nicht nur um die Schuldenkrise einzelner Staaten, sondern es geht auch um andere Aufgaben. Es geht um die Frage, wie die Zukunft des Schengen-Vertrages ausschauen wird (Abg. Mag. Stefan: Ja wie schaut denn die aus?), wie wir mit Wirtschaftsmigration umgehen (Abg. Mag. Stefan: Fragen über Fragen!), wie wir unsere zukünftige Energiepolitik gestalten, auch die zukünftige Außenpolitik. – Nirgendwo haben Sie Rezepte anzubieten. Das Einzige, das Sie können, ist totreden und zerstören. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Hübner: Zum Thema kommen wäre auch nicht schlecht!)

Ja, manches ist suboptimal gelaufen, das ist überhaupt keine Frage. Die Griechen wissen das, und auch wir haben im letzten Jahr gelernt. Die Griechen haben sicher vieles falsch gemacht, wir aber – nicht Sie und nicht ich – sind nicht das Jüngste Gericht. Wir wollen unser Geld schützen, unsere Eurozone. Ich bin daher vollkommen


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damit einverstanden, wenn die Finanzministerin sagt, Griechenland muss jetzt seine Hausaufgaben machen. Dazu gehört in erster Linie, das Potenzial zu heben, das noch in den Privatisierungsmöglichkeiten auf griechischer Seite liegt. Dazu gehört auch, die Korruption anders und wirksamer zu bekämpfen, als das bisher geschehen ist. Dazu gehört auch, einen innenpolitischen Konsens herbeizuführen, denn es kann nicht sein, dass sich die zweite große Partei in Griechenland ganz einfach unter dem Titel „Opposition“ aus staatspolitischer Verantwortung stiehlt. (Abg. Strache: Hätte es das nicht von Anfang an tun sollen, Griechenland, laut Vertrag?) Jean-Claude Juncker hat damit vollkommen recht.

Ich finde auch, dass die Maßnahmen, die jetzt angedacht werden, richtig sind. Es geht jetzt um Fristverlängerung. Das ist klug, das haben wir im letzten Jahr dazugelernt. Der Europäische Rat hat ja bereits im März den ersten Schritt gemacht im Hinblick auf Griechenland und die Laufzeit verdoppelt. Er hat auch eine Zinsverbilligung als nächsten Schritt in Aussicht genommen. Das heißt, es wird Hilfe zur Selbsthilfe in unserem eigenen Interesse gegeben.

Für Österreich wünsche ich mir eine Bundesregierung, die aktiv ist, damit unsere Stimme in Europa zählt; eine kraftvolle Stimme, dazu haben wir jeden Grund als Österreicher und Österreicherinnen. (Abg. Dr. Hübner: Offenbar nur ein Wunsch! – Abg. Strache: Ein frommer Wunsch!)

Ich wünsche der österreichischen Bundesregierung Mut in der Europäischen Union, auch in Österreich, um die notwendigen Reformen durchzuführen, die unser Land stärken, damit Österreich dort bleibt, wo es hingehört, nämlich bei den stärksten Ländern in der Europäischen Union, und damit auch die Europäische Union und wir als Europäische Union weiterhin die stärkste, friedlichste, umweltfreundlichste Region mit der größten sozialen Sicherheit und auch mit der größten sozialen Gerechtigkeit im Weltdorf bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.37

16.37.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Linder, ich habe mir das Stenographische Protokoll über Ihre Rede kommen lassen. Für die Unterstellung und den Gebrauch des Wortes „Blödsinn“ an zweimaliger Stelle erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Riepl: Vollkommen zu Recht!)

*****

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. – Bitte.

 


16.37.47

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt eine große Frage, die über dieser Debatte um Griechenland, Portugal, Irland und den Euroraum steht, und das ist die Frage: Wo will Europa hin? Wollen wir eine starke Europäische Union, die auch eine Sozialunion ist, die auf ökologische Werte achtet? Oder wollen wir wieder zurück zu den Kleinstaaten und zu den partiellen Interessen? Das ist, glaube ich, die zentrale Frage, die hier mitdiskutiert werden muss.

Der Weg der FPÖ ist ein ganz klarer. – Ja, Sie wollen zurück zu den Kleinstaaten, Sie wollen zu den partiellen Interessen und sind in keiner Weise am großen, am geeinten, am starken Europa interessiert, was ein sehr schwerer Fehler ist.

Keine Frage: Griechenland hat seine Hausaufgaben zu machen! Griechenland hat Fehler begangen, aber die Griechen verfolgen einen harten Sparkurs. Die ersten Zah­


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len zeigen, dass sie durchaus erfolgreich sind. Die Einschnitte bei Löhnen, Pensionen, Sozialleistungen zeigen, sie sind auf dem richtigen Weg. Wichtig ist, dass sie jetzt Zeit haben, um diese Reformen auch tatsächlich umzusetzen und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft aufzubauen. Dazu gehört natürlich auch ein effizientes Steuersystem, das zurzeit beileibe nicht gegeben ist. Wir können sicher sein, ein Griechenland, das sich wieder erholt, wird der gesamten Europäischen Union nutzen und damit auch Öster­reich, aber es wird Zeit brauchen.

Wenn immer die Rede ist vom Austritt einzelner Länder aus der Eurozone, dann muss man schon auch die Frage stellen: Was heißt das? Was heißt das in letzter Konse­quenz nicht nur für diese Länder, sondern für die gesamte Währungsunion? – Experten haben berechnet, dass, wenn Griechenland austritt, das wiederum ein Minus bei der Wirtschaftsleistung von gut 7 Prozent bedeutet (Abg. Mag. Stefan: Für wen?), für Griechenland, und für die einzelnen Länder in der Europäischen Union ebenfalls ein Minus von 1 Prozent.

Rechnen Sie das jetzt einmal genauso weiter mit Irland und Portugal! – Dann kommen Sie weit weg von dem, was immer angestrebt wird, weit weg von einem starken Wirtschaftsraum, der entsprechende Steuereinnahmen hat und die entsprechenden Finanzierungen machen kann. Darüber hinaus ergibt sich ein zweites Problem. „Abwertungen“ heißt natürlich – das ist heute schon gesagt worden –, dass die Schulden in dieser Form mehr werden und nicht weniger.

Vor allem aber schauen Sie auf die Leistungsbilanz! – Diese Länder sind in der Regel Importländer. Sie haben dann auch die Güter, die sie importieren, in dieser abgewerteten Währung zu zahlen, und das macht es noch teurer. Daraus ergibt sich ein absolut negativer Trend für die gesamte Volkswirtschaft und auch für den Euro­raum. In letzter Konsequenz werden sich daraus keinerlei Vorteile ergeben. Im Gegenteil! Das wird Nachteile bringen für die gesamte Volkswirtschaft.

Es ist so einfach, so wie Sie hierzu zitieren: Raus aus dem Euro! Abwerten! Wirtschaft beleben! – Das stimmt so nicht. Das, was Sie sich vorstellen, hätte letztendlich schlimme Verwüstungen quer durch den gesamten Euroraum zur Folge, und das ist das, was wir mit Sicherheit nicht wollen und nicht brauchen können. Letztendlich sind das, was Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, hier vorschlagen, Rezepte aus den siebziger Jahren – ein völliger Rückschritt, weg von einem gemeinsamen Europa. Vorschläge in dieser Form können wir nicht brauchen.

Ja, die EU hat Handlungsbedarf. – Was soll das mit den Geheimtreffen? Es braucht die vollständige Transparenz! Zahlen auf den Tisch! Was wird verhandelt, was sind die Zielstrukturen? Es braucht schnelleres Handeln, und natürlich müssen auch die Lehren aus der Krise gezogen werden, die noch auf sich warten lassen.

Kollegin Muttonen beziehungsweise Kollegin Plassnik haben auch die Diskussionen um die Grenzen im Schengenraum angesprochen. Dieses Thema ist ein Armutszeug­nis angesichts zum Beispiel der Krise in Afrika. Das Fallen der Grenzkontrollen ist als eine große Errungenschaft der gemeinsamen Union betont worden, und das ist es auch. Für diesen gemeinsamen, offenen Raum, Reiseraum genauso wie Lebensraum und Kulturraum, sollen jetzt tatsächlich wieder Kontrollen eingeführt werden?! – Ein Armutszeugnis sondergleichen; auch die Debatte, wie die Regierung in Österreich sie teilweise dazu führt.

Zum Ausblick. – Ja, die Umschuldung braucht es. Es gibt positive erste Zeichen. Jean-Claude Juncker spricht heute schon von einer „Umprofilierung“. Das klingt noch sehr weich, sehr sanft. Es ist ganz klar, dass weitere Schritte folgen müssen, aber es ist zumindest eine erste Erkenntnis, die hoffen lässt. Selbstverständlich braucht es jetzt


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eine Laufzeitverlängerung, eine Senkung der Kreditzinsen, um weiterzukommen, um Griechenland auch tatsächlich zu helfen, aus dieser Krise rauszukommen.

Eine gemeinsame Währung braucht jetzt auch die Solidarität mit den betroffenen Ländern. Eine Forderung muss ganz klar umgesetzt werden, nämlich eine Finanz­transaktionssteuer und Maßnahmen zum Umbau der Finanzmärkte.

Schließen möchte ich damit, Herr Bundeskanzler: Eine gemeinsame Währung heißt auch, eine gemeinsame Wirtschaftspolitik zu machen. Das muss unser aller überge­ordnetes Ziel sein, um künftig solche Krisen, solche Härtefälle auch tatsächlich ver­meiden zu können. (Beifall bei den Grünen.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 8 Minuten. – Bitte.

 


16.44.32

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren insbesondere von der SPÖ! Glauben Sie wirklich, dass man mit diesen Vergleichen, Herr Bundeskanzler, mit dem ständigen Hinweis auf eine Kärntner Landesbank die Griechenland-Krise lösen kann? Kollege Krainer, glauben Sie das wirklich? (Abg. Dr. Rosenkranz: Professor Krainer schon!) Kollege Matznetter – er ist jetzt nicht im Saal – glaubt, eine besondere Meisterschaft darin zu entwickeln.

Wenn Sie glauben, dass die Ängste der Menschen draußen mit der Hypo Alpe-Adria etwas zu tun haben, dann täuschen Sie sich. Wenn Sie glauben, dass die Ängste der Menschen etwas mit einer Dringlichen Anfrage der FPÖ zu tun haben, dann täuschen Sie sich. Die Leute entwickeln tagtäglich Ängste, wenn sie die Zeitung aufmachen und sehen, dass das, was Sie ihnen vor einem Jahr versprochen haben, bis heute nicht funktioniert. Das ist das Problem, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Deshalb haben die Leute Ängste, und deshalb ist es kein verantwortungsbewusster und ein eines Bundeskanzlers nicht würdiger Umgang mit diesen Ängsten, wenn man einen Fall einer Kärntner Landesbank mit der Griechenland-Pleite vergleicht. Das ist nicht vergleichbar, und das wissen Sie, Herr Bundeskanzler! Sie müssen sich nicht selbst auf ein Niveau herunterlizitieren, das andere vorgegeben haben! Sie brauchen nicht auf das Niveau der Anfragesteller hinunterzusteigen. (He-Rufe bei der FPÖ.)

Der Punkt ist, dass Sie diese Problematik mit dem, was Sie bisher an Rezepten versucht haben, nicht lösen können und jetzt in die Situation geraten, dass Sie mit einem falschen Rezept weiterkochen müssen, um den Schaden nicht eintreten zu lassen, den Sie selbst mit verursacht haben. – Das ist das Problem.

Frau Kollegin Muttonen beziehungsweise auch meine Vorrednerin! Griechenland ist für uns so lange ein Hauptthema, solange wir in der gleichen Währung sind. Griechenland ist für uns dann ein Nebenthema, wenn wir nicht in der gleichen Währung sind. Das ist fadengerade. Das hat in den siebziger Jahren gegolten, das gilt jetzt, und das gilt auch in zwanzig Jahren noch. Verstehen Sie mich? Daher nützt es nichts, mit einer Strache-Beschimpfung die Griechenland-Krise lösen zu wollen. Das gilt übrigens auch für Frau Kollegin Plassnik, die auch wieder weg ist nach ihrer eher dürftigen Wortspende. Ich habe geglaubt, sie ist einmal Außenministerin gewesen. Sie hat hier heraußen ein paar Floskeln geliefert, ein paar Voodoo-Sätze und hat Kollegen Strache beschimpft. Das war alles, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das soll eine Krisenlösung sein? Da werden Sie sich ein bisschen mehr einfallen lassen müssen, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Ja, Herr Präsident der Landwirtschaftskammer, da hätten Sie schon viel früher zuhören


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können. Wir haben Ihnen schon viel früher gesagt, wohin dieser Weg führt. Sie haben nicht zugehört! (Abg. Ing. Schultes: In den Abgrund!) Nein, weil Sie nämlich in Ihrem Erwin-Anbetungsklub gar nicht zuhören müssen, da genügt es, wenn Erwin Pröll etwas sagt. Aber das genügt in diesem Fall auch nicht, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben zu verantworten, dass man zunächst einmal schon das mit der Laufzeit – das hat übrigens Kollegin Plassnik tatsächlich richtig geschildert – falsch eingeschätzt hat, dass man den Zinssatz schon falsch eingeschätzt hat. Jetzt muss man mit den Zinsen entgegenkommen. Das, was uns der frühere Vizekanzler Pröll noch als Riesengeschäft – Kollege Stummvoll hat das übrigens heute wieder getan – verkaufen wollte, muss man schon herunterrevidieren. Das ist so lange vielleicht ein Geschäft, solange wir das Geld wieder zurückbekommen. Aber jeder seriöse Nationalökonom sagt hinter vorgehaltener Hand: Wenn wir es überhaupt jemals zurückbekommen, wird es nicht mehr das wert sein, was es wert war zu dem Zeitpunkt, als wir es gegeben haben. Wie nennt man das (in Richtung des Abg. Ing. Schultes), Herr Landwirt­schaftskammerpräsident? – Galoppierende Inflation! Draufzahlen nennt man das! Sie nicht, aber die Bürger draußen. – Das ist das Problem, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Der Bürger liest nun – und zwar nicht in der parlamentarischen Anfrage der FPÖ, sondern in den Zeitungen, in den offiziellen Bulletins der Euro­päischen Union, der Zentralbank, der Bundesregierung –, dass die Griechen weitere 60 Milliarden brauchen, dass die Portugiesen heute 78 Milliarden bekommen haben. – Jetzt erzählen Sie uns einmal, Herr Bundeskanzler – und das ist eine seriöse Frage –: Wann endet das? Wann hört dieser Prozess auf? Hört er dann auf, wenn alle Schulden dieser Länder abgedeckt sind? Wann hört dieser Prozess auf? Welche Auswirkungen hat dieser Prozess auf die Geldmenge und letztlich auf die Geldstabilität? (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Fragen Sie einmal bei Ihrem Nachbarn nach, der hat mehr Ahnung, Herr Kammerpräsident! – Der Herr Kammerpräsident amüsiert sich darüber. Das ist alles, was er fertigbringt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Zuhören, Herr Kammerpräsident!

Wann endet dieser Prozess, Herr Bundeskanzler? (Abg. Grosz: Wenn dann Österreich ansucht!) Welchen Einfluss hat dieser Prozess auf die Geldmenge? – Wenn diesbezüglich der von Ihnen geschmähte Professor Sinn sagt – denn er sagt nicht nur lauter Unsinn, wenngleich er auch nicht nur lauter Wahres sagt, da haben Sie schon recht, aber lauter Unsinn ist es auch nicht –, dass zu viel Geld zur Verfügung gestellt wird, dass man auf Dauer die Leistungsbilanzproblematik – das haben Sie selbst indirekt auch gesagt – nicht in den Griff bekommt, indem man dauernd neue Gelder zur Verfügung stellt, dass das Ganze aus dem Ruder läuft, dass die finanzielle Unter­stützung für diese Länder, diese üppigen, zu üppigen finanziellen Unterstützungen die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzdefiziten nicht ändern können, dann ist das ökonomische Wahrheit, Frau Muttonen. Das hat in den siebziger Jahren gegolten, das gilt jetzt, und das gilt auch in 20 Jahren noch. Da nützt Ihr ganzer Voodoo nichts.

Übrigens: Warum redet Kollege Matznetter, der wieder da ist, heute nicht, wenn er so gescheit ist? Warum ist er nicht mehr Staatssekretär, wenn er so gescheit ist? (Beifall beim BZÖ.)

Matznetter könnte ja die Krise lösen. Griechenland sucht dringend einen Minister, der so gescheit ist wie der Kollege Matznetter. Export nach Griechenland – und die Krise ist gelöst! Matznetter für Griechenland, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Verstehen Sie, das ist doch alles blanker Unsinn, den Sie hier verzapfen! Sie können nicht dauernd Gelder in ein Land hineinpumpen, das seine Leistungsbilanzproblematik


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nicht in den Griff bekommt. Sie können doch nicht dauernd Kredite zur Verfügung stellen und sagen: Aber in ein paar Jahren haben wir es ausgestanden!

Herr Bundeskanzler, Sie sind uns eine Antwort schuldig geblieben, und ich frage Sie daher: Stimmt die Zahl, die der Herr Professor Sinn am 5. Mai, also vor wenigen Tagen, im „Kurier“ genannt hat, dass bereits insgesamt 1 480 Milliarden € an Geldern für diese Länder zur Verfügung gestellt wurden? 10 Prozent davon hat derzeit Öster­reich zu tragen.

Wenn diese Zahl stimmt, wenn es also wirklich so ist, dass auch die Europäische Zentralbank – mit Wissen Österreichs und der österreichischen Vertreter – bereits vorher Target-Kredite in dem Ausmaß gewährt hat, wie es hier gesagt wurde, dann mache ich mir Sorgen um die Geldmenge und damit um die Stabilität des Euro wegen dieser Zahlungen. Und da ist der ursächliche Zusammenhang, und das weiß jeder.

Wenn der Herr Trichet sagt, dass wir derzeit keine Euro-Krise haben, sondern eine Krise verschuldeter Staaten, dann stimmt das derzeit noch. Aber ich sage Ihnen: Der Zeitpunkt, wo es nicht mehr stimmen wird, weil die Geldmenge zu groß geworden sein wird, ist nicht mehr so ferne, wie es scheint. Wenn die Zahlen stimmen, die der Herr Professor Sinn genannt hat, dann wird der Herr Trichet seine eigene Aussage bald revidieren müssen, dann werden wir bald ein Problem haben, dass wir uns so vom Euro nicht erwartet haben, dann ist dieses ganze Stabilitätsgeschwafel, das Sie hier präsentiert haben, Makulatur.

Es ist übrigens schon manches Makulatur, was Ihr Vizekanzler und vormaliger Finanz­minister vor einem Jahr hier verzapft hat. Wir haben ihn damals gewarnt, indem wir gesagt haben: Es ist wesentlich vernünftiger, über Schuldennachlässe und über Sanierungen nachzudenken, auch wenn Banken dabei zum Handkuss kommen! Wie kommen wir dazu, deutsche und französische Banken retten zu müssen?! (Abg. Ing. Schultes: Oder die Hypo!)

Jetzt kommt er schon wieder mit der Hypo daher, er hat es immer noch nicht begriffen! – Bitte zurück in das „Erwineum“, in den „Anbetungsverein Erwin“, und lasst endlich die Nationalökonomie in Ruhe! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber sagen wir einmal dem Herrn Landwirtschaftskammerpräsidenten etwas! – Herr Landwirtschaftskammerpräsident, selbst wenn ich eine österreichische Bank mit österreichischem Geld retten muss, habe ich mehr davon, als wenn ich eine griechische Volkswirtschaft für französische und deutsche Banken retten muss. Geht das ins Hirn? Geht das hinein? – Wunderbar, dann haben wir schon etwas erreicht! (Beifall beim BZÖ sowie Bravoruf des Abg. Grosz.)

Wir haben beim ersten Besuch, als der griechische Botschafter bei uns war, um für das erste Griechenlandpaket Werbung zu machen, klargemacht – und ich darf Sie erinnern: Wir haben es in den Debattenbeiträgen auch so gesagt! –: Es ist vernünftiger, eine „Zwei-Paritäten-Euro-Lösung“ zu treffen! Damals wurden wir ausgelacht, da hat man gesagt: Wie soll sich das abspielen? – Das hat sich übrigens schon mehrmals in der Geschichte abgespielt. Ich könnte Ihnen ein paar historische Beispiele nennen.

Mittlerweile hat sogar Hans-Olaf Henkel – und den können Sie jetzt nicht „herunter­dodeln“, den kann nicht einmal der Herr Treichl „herunterdodeln“; übrigens: der Herr Treichl hat nicht Sie (in Richtung Regierungsbank, wo Bundeskanzler Faymann und Staatssekretär Mag. Schieder der Debatte beiwohnen) gemeint, er hat seine eigene Partei gemeint, das wollte ich Ihnen nur sagen, Sie hätten sich nicht betroffen fühlen müssen; aber nicht einmal der Herr Treichl könnte den Hans-Olaf Henkel „herunter­dodeln“ –, also mittlerweile hat sogar Hans-Olaf Henkel, der Chef des Bundes­verbandes der Deutschen Industrie, der sozusagen das Pendant der Industriellen­


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vereinigung ist – das ist sozusagen das deutsche Pendant zu unserem IV-Präsidenten, der am vergangenen Sonntag angekündigt hat, dass er eine neue ÖVP gründen will; bitte, damit werden wir das Problem auch nicht lösen –, exakt das verlangt, was wir verlangt haben: Zwei unterschiedliche Paritäten in der Europäischen Union.

Erstens: einen weicheren Süd-Euro. – Wir werden nicht um ihn herumkommen. Ich garantiere es Ihnen: Wir werden nicht um ihn herumkommen! Nur werden wir in der Zwischenzeit eine enorme Haftungssumme haben, und wir werden in der Zwischenzeit enorme Kredite gewährt haben, die dann – und das ist das Problem, das Sie dann haben werden! – mit abgewertet werden, meine Damen und Herren.

Und dann müssen wir mit in diesen sauren Apfel hineinbeißen – den wir uns dann aber nicht mehr wünschen müssen, da haben Sie recht! Aber dann haben Sie selber diese Krise und dieses Problem mit verursacht, vor dem wir vorher zeitgerecht gewarnt haben, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Diese Problematik, Herr Bundeskanzler, kriegen Sie nicht in den Griff, auch wenn Sie noch so viele Landesbanken in Österreich beschwören! Ich könnte Ihnen auch ein paar Banken nennen aus dem roten Einflussbereich, die in der Vergangenheit auch zu retten waren, und der österreichische Schilling hat es trotzdem überlebt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: BAWAG!)

16.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 5 Minuten. – Bitte.

 


16.55.02

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Rettungsschirm ist in Griechenland gescheitert, und das Gleiche wird auch in Portugal passieren, genau das Gleiche. (Beifall bei der FPÖ.)

In den letzten fünf Jahren hat sich Österreich verpflichtet oder, besser gesagt, haben Sie, die Bundesregierung, uns Österreicher verpflichtet, noch einmal 2 300 Millio­nen € und weitere Haftungen von 17 300 Millionen € – man muss die Millionen Euro schon in Tausendern sagen, denn an Milliarden haben wir uns ja schon langsam ge­wöhnt; das sind über 20 Milliarden € – zusätzlich zu den schon geleisteten Zahlungen und zusätzlich zu den schon übernommenen Haftungen und zusätzlich zu unserem extrem hohen Nettobeitrag zu zahlen. Und an wen müssen wir das zahlen? – Das ist es, worauf man gar nicht oft genug hinweisen kann! Darauf muss immer wieder hingewiesen werden.

Dieses Geld ist nicht für die Bevölkerung der in Not geratenen Länder vorgesehen, nein, dieser wird damit überhaupt nicht geholfen. Ganz im Gegenteil – und das stellt man fest, wenn man sich die Auflagen für die Kreditvergabe anschaut –: Dieses Geld ist für die Banken! (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Geld ist für die Fonds, die trotz des bekannten Risikos Kredite mit Wucher­zinsen und mit Risikoaufschlägen vergeben haben und einen ordentlichen Reibach – der Kollege Vilimsky hat es ja eh schon gesagt: bis zu 25 Prozent Reibach – auf unsere Kosten gemacht haben. Für die ist dieses Geld, für die wird dieses Geld ausgegeben – und nicht für die Menschen in diesen Staaten! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal, Kollege Matznetter, zum Mitschreiben, damit ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Herr Kollege Matznetter, was hat der Herr Treichl gesagt? Ich will es jetzt gar nicht wiederholen. Aber Sie tun wirklich alles, damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass der Herr Treichl recht hat. Das ist ja unglaublich! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 172

Noch einmal, Herr Kollege Matznetter, zum Mitschreiben: Ein hoch verschuldetes Euroland wird von den Ratingagenturen auf Grund der Höhe der Schulden hinunter­gestuft, und dieses negative Rating erhöht natürlich die Zinsen für die Schulden, der Staat wird zahlungsunfähig, und es besteht auf einmal die Gefahr, dass die Gläu­bigerbanken das Geld verlieren.

Und dann kommt der sogenannte Rettungsschirm ins Spiel. Der gibt dem Staat einen Kredit, um die hohe Zinsenlast zu bedienen. Und dieser Kredit ist dann noch dazu mit Auflagen verbunden: Steuern erhöhen, Sozialleistungen und Pensionen senken – das haben wir übrigens auch bei Ihnen: Pensionen senken –, Investitionsstopp der öffent­lichen Hand, Staatseigentum verkaufen und so weiter und so fort. Und das hat natürlich zur Folge, dass die Steuereinnahmen dieses Staates weiter sinken, die Zinsen weiter steigen und so weiter und so fort, und der Teufelskreis ist fertig. Und Griechenland ist in diesem Teufelskreis. Und aus diesem Teufelskreis kommt dieses Land nie wieder heraus. Griechenland ist schon erledigt. Und als nächstes Land ist Portugal dran, wenn Sie dort genau die gleichen Mittel und Wege anwenden, wie Sie es für Griechenland getan haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Krise wird nicht gelöst, indem Sie diesen Staaten strikte und harte Steuer­erhöhungen vorschreiben und andere Auflagen erteilen. Das treibt sie noch tiefer in die Krise. Das Problem sind die Banken und die Fonds, die mit dem Leid und mit der Unfähigkeit der anderen ihr Geld verdienen und immer mächtiger werden. Es gibt inzwischen schon Studien, die belegen, dass die Banken jetzt schon wieder mächtiger sind, als sie vor der Krise waren. Und da wird zugeschaut, und da spielen Sie alle mit. Dass die ÖVP da mitspielt, ist völlig klar, aber dass Sie von der SPÖ da mitspielen, das ist wirklich eines der großen Rätsel. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Bevölkerung von Griechenland, von Irland und von Portugal zahlt jetzt die Zeche für ihre unfähigen Regierungen. Und wir Österreicher werden die Zeche in ein paar Jahren zahlen, wenn wir zu zahlen haben für das, was unsere unfähige Regierung jetzt gerade beschließt.

Die Europäische Union als Ganzes – und da hat der Herr Kollege Kogler von den Grünen völlig recht, wenn er sagt, Griechenland bräuchte einen Marshallplan – braucht einen Marshallplan, um die hohe Staatsverschuldung aller Länder in den Griff zu bekommen. Dazu müssten als Erstes einmal die Banken entmachtet werden, und man müsste zweitens dem Kapitalmarkt strikte Auflagen erteilen und diesen einer staat­lichen Kontrolle unterwerfen.

Griechenland ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu helfen. Und die Halbierung der griechischen Staatsschulden, der „Haircut“, von dem immer wieder die Rede ist, wird kommen, der ist unumgänglich.

Und wenn Sie jetzt fragen, wer das zahlen soll, dann darf ich Ihnen sagen: Das, was die EZB betrifft, werden wir zahlen, das müssen wir ohnehin. Aber wer wirklich zahlen soll – und nur im Falle eines „Haircut“ zahlen wird –, das sind die, die schuld an dieser ganzen Misere sind, und das sind wieder die Banken und die Fonds. Die sollen endlich einmal ihren Beitrag leisten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ja, ja, Herr Matznetter! Genau, Herr Matznetter, die Banken und die Fonds sollen für die von ihnen angerichtete Misere zahlen! (Abg. Strache: Das verhindert der Herr Matznetter! Spekulanten bedienen! Herr Matznetter, schämen Sie sich!)

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 173

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Dr. Johannes Hübner, Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verhinderung einer europäischen Transfer­union

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und im Besonderen der Bundeskanzler wird aufgefordert, auf nationaler und internationaler Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die damit einher­gehende Einführung einer Transferunion zu verhindern.

Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass jede grundlegende Änderung der EU-Verfassung einer Volksabstimmung in Österreich unterzogen wird – das gilt besonders für die Ein­führung des ESM.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Dr. Johannes Hübner, Harald Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend die Verhinderung einer europäischen Transferunion

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage betreffend die Errichtung einer europäischen Transferunion in der 105. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP am 17. Mai 2011

Vor dem Hintergrund der Finanzkrisen und drohenden Staatspleiten in Griechenland, Irland und Portugal, und künftig vielleicht auch in Italien und Spanien, hat die politische Führung der Europäischen Union vor etwa einem Jahr zunächst ein Griechenland-Rettungspaket und in weiterer Folge einen sogenannten Euro-Rettungsschirm be­schlos­sen.

Falsche Weichenstellungen in Brüssel – Milliardengrab Euroland

Beide Maßnahmen, die rund 750 Milliarden Euro an Bürgschaften und tatsächlich gezahlten Steuermilliarden ausmachen, werden zu Recht von zahlreichen Experten zum einen als rechtswidrig, zum anderen auch in der Sache als grundlegend falsch erachtet. Der damals beschlossene Euro-Rettungsschirm, der nur befristet bis 2012 geplant gewesen ist, hat sich zu allem Überdruss aufgrund der nicht enden wollenden Malversationen in Ländern wie Irland oder Portugal als nicht ausreichend erwiesen.

Daher hat man auf europäischer Ebene festgelegt, einen zusätzlichen dauerhaften Euro-Rettungsschirm einzurichten, genannt "Europäischer Stabilitätsmechanismus", oder kurz "ESM". Dazu hat man einer Reihe von Maßnahmen, genannt "Pakt für den Euro", beschlossen, die den Euro angeblich stabilisieren sollen.

Hier die Maßnahmen im Detail:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 174

1. Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)

Ab 2013 soll der neue Euro-Rettungsschirm (ESM) errichtet werden. Dieser wird mit einer Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro ausgestattet sein. Das Grundkapital soll 80 Milliarden Euro betragen, weitere 620 Mrd. sollen an Garantien dazu kommen. Österreich wird 2,2 Milliarden Euro zum Grundkapital und 17,3 Milliarden Euro an Garantien beisteuern. Das Geld soll finanzschwache Euro-Staaten vor dem Bankrott retten. Der Rettungsschirm soll zu diesem Zweck Staatsanleihen von maroden Län­dern kaufen, was problematischerweise auch die Europäische Zentralbank (EZB) schon seit einem Jahr macht. Das bedeutet aber, dass diese maroden Staatsanleihen nicht mehr richtig bewertet werden und damit das finanzielle Risiko für die EZB und für den neuen Euro-Rettungsschirm unkalkulierbar wird. Dazu kommt, dass nur der Europäische Rat darüber entscheiden darf, wer Hilfe bekommt, und wer nicht - und das ohne jegliche parlamentarische Kontrolle.

2. "Pakt für den Euro"

In diesem verpflichten sich die Euroländer zu einer strengen Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik. Ziel ist unter anderem, dass sich die Löhne nach der Produktivität und das Pensionsantrittsalter nach der Lebenserwartung orientieren. Der Finanzsektor soll besser überwacht werden. Das klingt auf den ersten Blick nett, jedoch gibt es zum einen keine Sanktionen, wenn Verfehlungen auftreten, zum anderen ist es ein weiterer Schritt in Richtung zentralistischer Wirtschaftregierung in Brüssel. Desweiteren besteht die Gefahr von tiefen Einschnitten in das österreichische Sozialsystem und einer deutlichen Anhebung des Pensionsantrittsalters.

Die Leistungsträger zahlen für die Pleiteländer – bis zur eigenen Pleite?

Grundlegend ist festzuhalten, dass mit der Beschlussfassung dieses Europäischen Stabilitätsmechanismus und den damit einhergehenden Maßnahmen die Europäische Union zur Transferunion wird, in der die gutwirtschaftenden Staaten wie Deutschland oder Österreich den schlecht wirtschaftenden Euro-Ländern ihre Misswirtschaft mit Milliarden-Zahlungen weiterhin ermöglichen müssen.dem  dazu beschlossenen Mechanismen zur Kontrolle der nationalen Budgets bedeuten de facto die Einführung einer zentralistischen Brüsseler Wirtschaftregierung über die Hintertür. Unabhängige Experten kritisieren diese Vorgänge scharf. Einer dieser Experten ist Prof. Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchner IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung, der in der Süddeutschen Zeitung vom 2./3. März 2011 sagte:

"Was Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundesbank verschweigen: Der Rettungsschirm rettet den Euro nicht - aber er lastet Deutschland ungeheure Risiken auf. Die Höhe der Haftung übersteigt die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit. Das Rettungssystem ist vielmehr eine tickende Zeitbombe, deren Sprengkraft selbst die schlimmsten Ahnungen der Öffentlichkeit übersteigt. Summa summarum liegen die Hilfszusagen für bedrängte Euroländer damit bei 1542 Milliarden Euro, und Deutsch­land haftet mit 391 Milliarden Euro. Nicht die weitere Öffnung des Geldhahns, sondern allein eine Prozedur, die seine allmähliche, kontrollierte Schließung sicher­stellt, kann Europa jetzt noch retten. Der Pakt für den Euro und der sogenannte Europäische Stabilitätsmechanismus aber schwächen den Euro, unterminieren den Zusammenhalt Europas und gefährden das europäische Einigungswerk. "

Aber auch von staatlichen Stellen gibt es lautstarke Warnungen, wie der nachstehende Bericht der APA vom 12. April 2011 zeigt:

"Deutscher Rechnungshof warnt vor Risiken durch Euro-Rettung – 22 Mrd. Euro Bareinlage könnte nicht reichen und Deutschland zu weiteren Finanzspritzen gezwun­gen sein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 175

Berlin (APA/dpa) – Das künftige Euro-Rettungspaket könnte für Deutschland nach Einschätzung des deutschen Rechnungshofes teurer werden als bisher bekannt. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages warnen die Rechnungs­prüfer vor zusätzlichen Risiken. So könnten die fast 22 Mrd. Euro Bareinlage nicht ausreichen und Deutschland notfalls zu weiteren Finanzspritzen gezwungen sein. Im Extremfall könnte die Regierung sogar überstimmt werden. In der Aufbauphase des ESM-Fonds in den Jahren 2013 bis 2016 könne es zudem "zu einem erhöhten Bedarf an Bar-Kapital kommen", heißt es weiter."

Das Ende und die Auswirkungen der Milliarden-Geldspritzen für Deutschland und gleichgeltend auch für Österreich sind also nicht abzuschätzen. Schon jetzt hat Österreich "echte" Geldflüsse in der Höhenordnung von acht Milliarden Euro aus dem Steuersäckel zu bewältigen, rechnet man die Griechenlandhilfe, den ersten Euro-Rettungsschirm und den kommenden zusammen.

Gravierende Einschnitte in Österreichs Sozial – und Pensionssystem

Daraus resultierend drohen also weitere gravierende finanzielle Einschnitte in das österreichische Sozial- und Pensionssystem, in den österreichischen Bildungsapparat oder in die Infrastruktur.

So schreibt Peter Rabl in der Tageszeitung "Kurier" am 10. April 2011 Folgendes:

"Wir sollten uns da von der Politik nichts vormachen lassen. Die Stabilisierung des Euro durch die viele Milliarden schweren Hilfen an Griechenland, Irland und jetzt auch Portugal wird die europäischen Steuerzahler ordentlich belasten. Auch die öster­reichischen, denn wir sind bei diesen Hilfspaketen mit knapp 3 Prozent dabei."

Das Schlimmste an den Milliardenzahlungen aber ist, dass diese den betroffenen Ländern und deren Menschen gar nicht zu gute kommen, sondern in Wahrheit weitere "Bankenrettungen" darstellen, wie Rabl im gleichen "Kurier"-Artikel völlig richtig aufzeigt:

"Mit mehr als 210 Milliarden sind deutsche Banken in Griechenland, Portugal und Irland engagiert, die französischen Banken mit 140. Und das durch den Euro-Rettungsschirm bisher praktisch risikolos. Obwohl die Zinsen für ihre Kredite durch Risikoaufschläge (= entsprechende Mehreinnahmen für die Banken) explodieren.."

Rückkehr zum Schilling oder Schaffung eines Hartwährungsverbandes als Ausweg

Dabei gäbe es aber Alternativen, wie es der deutsche Währungsexperte Prof. Wilhelm Hankel aufzeigt:

"Eine mögliche Lösung heißt: Die Währungssünder verlassen die Europäische Währungs­union (EWU) und sanieren sich selbst: Durch Umschuldung, Währungs­abwertung und Neustart mit Entwicklungsoffensiven. EU und IWF können dabei helfen. Die andere - vernünftigere - Alternative wäre, die Euroländer kehren zu ihren nationalen Währungen zurück. Länder wie die Schweiz, Norwegen oder Schweden beweisen schlagend, dass sie mit eigener Währung besser fahren als alle EWU-Länder. Das Törichteste aller Totschlag-Argumente lautet: Die daraus folgende Aufwer­tung von D-Mark, Schilling, Gulden usw. würde diesen Ländern schaden. Das Gegenteil ist richtig: Sie würde den Wert der Währung steigern, die Zinsen senken und den Binnenmarkt beleben."

Als besorgter Bürger darf man sich daher berechtigt die Frage stellen, warum SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann gemeinsam mit seinen europäischen Kollegen so stur am Beschluss des Europäischen Stabilitätsmechanismus festhält, anstatt von Experten vorgeschlagene Maßnahmen zu erwägen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 176

SPÖ-Kanzler Faymann verrät Wähler und verweigert eine Volksabstimmung

Dazu kommt, dass die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus einer grundlegenden Änderung des EU-Rechts bedarf. SPÖ-Kanzler Faymann, der bekanntl­ich vor der letzten Wahl das Versprechen abgegeben hat, sämtliche grundlegende Änderungen des EU-Rechtes in Österreich einer Volksabstimmung zu unterziehen, hat dieses Versprechen bereits gebrochen, indem er angekündigt hat, dass der ESM nur im Nationalrat beschlossen werden soll - ohne den Volkswillen zu berücksichtigen.

Aufgrund der genannten Umstände stellen die unterfertigten Abgeordneten nachste­henden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und im Besonderen der Bundeskanzler wird aufgefordert, auf nationaler und internationaler Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und die damit einher­gehende Einführung einer Transferunion zu verhindern.

Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass jede grundlegende Änderung der EU- Verfassung einer Volkabstimmung in Österreich unterzogen wird – das gilt besonders für die Einführung des ESM."

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


17.01.46

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Kollege Haider, wir sind jetzt wieder dort, wo wir am Beginn der Debatte waren, bevor der Herr Bundeskanzler sehr eindringlich versucht hat, Ihnen zu erklären, worum es tatsächlich geht.

Von FPÖ und BZÖ wird alles vermischt: Es werden nach wie vor die Ursachen und die Folgen der Immobilien- und Wirtschaftskrise, die Auswirkungen auf die Realwirtschaft und auf die Beschäftigung in Europa mit der Krise der öffentlichen Haushalte, die unter anderem dadurch entstanden ist, dass man gegengesteuert hat, in einen Topf geworfen, und das Ganze wird unter dem Synonym „Euro-Krise“ abgehandelt.

Meine Damen und Herren, das bringt uns doch nicht weiter. Wir müssen mit den Menschen in Österreich und in den betroffenen Staaten, beginnend von der Analyse der Ursachen, die zu dieser Krise geführt haben, bis hin zu den Mechanismen zur Bewältigung der bestehenden Probleme eine wirtschaftspolitische Handlungsanleitung an die Hand geben. Die Menschen müssen klar und deutlich erkennen, dass das, was vor der Krise passiert ist, nicht in der Krise und danach noch einmal passieren darf.

Die Ursachen für die Haushaltsdefizite sind doch ganz unterschiedlich und nicht miteinander vergleichbar: In Griechenland wurden eine überbordende Bürokratie, unge­rechte Steuerprivilegien und breit angelegte Steuerverweigerung in Kombination mit wirtschaftlicher Schwäche durch überproportionale staatliche Kreditaufnahmen ausgeglichen, was zur Unfinanzierbarkeit der öffentlichen Haushalte führte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 177

In Irland hingegen schaut es ganz anders aus: Dort ist der blanke Neo-Liberalismus eingekehrt mit seinen Parolen, die auch in diesem Haus lange Zeit gepredigt wurden: niedrige Steuern, keine Regelungen für den Finanz- und Bankensektor, der viel gepriesene schwache Staat soll den Markt zum Blühen bringen.

Was ist nach dem Platzen der Blase passiert? – Da sind die irischen „Treichls“ Hand in Hand mit den europäischen „Treichls“ und den „Treichls“ aus den USA zum Staat gepilgert und haben händeringend den Steuerzahler gebeten, aus den öffentlichen Haushalten ihre Spekulationsverluste aufzufangen. Und jetzt geht es darum, das Szenario, das der Herr Strache zu zeichnen versucht hat, in Alternativen zu bringen.

Nichts im Leben ist alternativlos. Die Frage ist: Zahlungsunfähigkeit und Zusam­menbruch oder vorübergehende Hilfestellung in Kombination mit starken Reform­vorhaben in diesen Staaten? (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Seien Sie nicht enttäuscht, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, wenn wir als österreichische Parlamentarier der SPÖ in erster Linie an die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie an die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer denken. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ja, aber nur beim Schröpfen!)

Es geht ja darum, Kollege Rosenkranz, was die beste Alternative ist. Und die beste Alternative ist, Spekulationen in Zukunft zu verhindern (Abg. Mag. Stefan: Sie belohnen die Spekulation!), die Stabilität der europäischen Wirtschaft zu sichern und damit Beschäftigung in Europa zu sichern. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das fordern wir doch!)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, das, was sie predigen, ist doch unvergleichbar teuer und führt zu Massenarbeitslosigkeit in Europa. Dafür ist die SPÖ nicht zu haben! Ich hoffe, dass diese Debatte über die Dringliche Anfrage auch dazu beiträgt, dass Sie gescheiter werden.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, so wie wir in Österreich die Republik gemeinsam gut durch die schwere Krise manövriert haben, so werden wir auch die europäische Einheit sicher nicht am Altar der Spekulanten opfern. Die SPÖ steht auch in dieser Frage auf der Seite der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer und auf der Seite ihrer europäischen Kollegen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Cerberus sage ich nur! – Abg. Dr. Graf: Man kann auch die Kommunalkredit nennen!)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


17.05.53

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Dieser Tage gab es eine interessante Aussprache mit dem Gouverneur der Nationalbank, Prof. Nowotny. Es gab dazu auch eine sehr inter­es­sante Unterlage: „Österreich im Vergleich zu anderen Staaten in der Eurozone, in der Weltwirtschaft“, und da war durchaus zu entnehmen, dass Österreich sehr positiv dasteht, und zwar auf Grund einer hervorragenden Wirtschaftsleistung und zielgerich­teter und zeitgerechter Maßnahmen.

Aber bei so manchem Redner hier heute fragte man sich: Was will man eigentlich? Hemmungslose Kritik und unseriöse Panikmache konnte man hier heute erleben. Spekuliert wurde da, könnte man sagen, auf dem politischen Feld. Das mag manches Mal durchaus aufgehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 178

Spekulanten auf den Finanzmärkten freuen sich über diese hemmungslosen Popu­listen, über diese Pessimisten, die haben derzeit offensichtlich Konjunktur. Eigentlich, meine Damen und Herren, sollte man mit einer Währung bei derartig dramatischen Ereignissen nicht spekulieren, sondern seriös zu Lösungen beitragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was braucht eine Währung? – Eine Währung braucht drei Grundpfeiler:

Erstens: politische Stabilität. – Da sollte man zugeben, dass es durchaus unter­schiedliche Meinungen gibt in der EU. In der Kommission, im ECOFIN-Rat, im EU-Rat, in der EZB ist man sich nicht immer ganz einig.

Zweitens: wirtschaftliche Einheit. – Eine Währungsunion braucht auch eine Wirtschaftsunion. Auch da sollte man offen zugeben, dass es unterschiedliche Wirtschaftskraft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gibt. Gar keine Frage! Wichtig wäre auch, dass die schwächeren Länder nicht zu viel Abstand haben zu den starken Ländern wie Deutschland, Österreich, Luxemburg, Finnland.

Drittens: globale Koordination. – Ein offener globalisierter Weltmarkt braucht eine koordinierte Vorgangsweise der Notenbanken. Die war durchaus gegeben.

Wenn man heute hergeht und sagt, die Banken müssten auch an der Entschuldung und an sonstigen Maßnahmen beteiligt werden, dann muss ich sagen: Manche verges­sen, dass eine derartige Beteiligung dann den Wertberichtigungsbedarf bei den Ban­ken deutlich erhöht und damit die Steuerleistung dementsprechend sinkt. Aber das ist nach außen hin einmal sehr praktisch dargestellt. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was zahlt die Bank Austria?)

Meine Damen und Herren, was hat denn die Welt- und Wirtschaftskrise bewirkt? – Die Tatsache, dass Amerika Lehman Brothers nicht aufgefangen hat. Und jetzt haben wir die Probleme. Ausgelöst wurde das in einem dramatischen Ausmaß, weil eine so große Wirtschaftsmacht nicht bereit war, eine der größten Investmentbanken Amerikas zu stabilisieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, dann kommt der Kollege Bucher hier heraus mit einer schönen Tafel in oranger Farbe, wo draufsteht: Genug gezahlt! – Na ja, es würde mir allerhand dazu einfallen, wofür wir unter Umständen auch zahlen müssen. Aber ich sage zu den viel gescholtenen Banken nur so viel: Jene Bank, für die ich auch Verantwortung trage, trägt derzeit 29 Firmen mit über 7 000 Beschäftigten durch die Krise. So viel zu den viel gescholtenen Banken. (Abg. Mag. Stefan: Arbeiten die nicht!)

Vielleicht könnte man einmal unterscheiden, meine Damen und Herren von der FPÖ, zwischen den Banken, die in der Realwirtschaft tätig sind, und jenen, die sozusagen auf den Spekulationsmärkten zu Hause sind! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, es ist interessant, sich anzusehen, wie auf der Welt unterschiedlich geratet, also bewertet wird: Amerika hat ein Budgetdefizit von über 11 Prozent, würde also bei Weitem die EU-Kriterien nicht erfüllen – bei Weitem nicht! –, hat eine Verschuldungsquote von weit über 100 Prozent, aber ich finde keine Ratingagentur, die bereit wäre, auch die Finanzen dieses Landes anders zu raten als mit Triple A. Bemerkenswert! Viele Länder in der Eurozone, die wesentlich bessere Werte aufweisen, werden deutlich schlechter geratet.

Oder wenn man sich Japan ansieht mit einer Verschuldungsquote von 230 Prozent des BIP – aber vor dem Tsunami und dem Erdbeben –, dann stellt sich schon die Frage, wie unterschiedlich vorgegangen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 179

Aber man sollte offen zugeben, es ist durchaus herausfordernd, diese Krise zu bewäl­tigen. Es gab jenes Drama – und ich bezeichne das als Drama –, dass die ersten Defizitsünder Frankreich und Deutschland waren und dies ohne Konsequenzen geblieben ist. Und manche andere Länder meinten dann, schummeln zu können. (Abg. Dr. Graf: Na, was habt ihr geglaubt?) Das Ergebnis haben wir vor uns.

Trotzdem: Es gibt im Vergleich zu jenen Maßnahmen, die getroffen worden sind, keine Maßnahme, die besser wäre. (Abg. Dr. Graf: Habt ihr etwas anderes geglaubt?) Es gibt keine, die besser wäre, sie wird uns aber alle fordern.

Meine Damen und Herren! Und gerade auch in Ihre Richtung: Auch in Österreich sind wir in manchem Bundesland mehr als gefordert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Habt ihr vielleicht geglaubt, dass es Sanktionen gegen Frankreich geben würde?)

17.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


17.11.38

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Nein, ich glaube nicht, dass eine Transferunion errichtet wird, ich glaube, wir leben bereits in einer Transferunion, wenn man sich anschaut, dass wir bereits Geld nach Griechen­land überwiesen haben, lange bevor diese Finanzkrise und Wirtschaftskrise ausge­brochen ist. Jeder Grieche hat von uns Österreichern und anderen Ländern im Jahr 559 € erhalten, fast über ein Jahrzehnt. Wir haben schon eine Transferunion gelebt, wir haben die Griechen schon fest bezahlt! Nicht erst durch diese Krise, die entstanden ist, sind Gelder nach Griechenland geflossen.

Jetzt frage ich mich: Wenn wir schon die Griechen unterstützt haben und wenn es schon eine Transferunion gegeben hat, was haben die Griechen gemacht? Haben die Griechen ihre Hausaufgaben gemacht? Haben die Griechen ihr Budget in Ordnung gebracht? – Man kann es so auf den Punkt bringen: Die Griechen haben sich einfach gar nichts gepfiffen. Die Griechen haben so weitergemacht wie bisher, haben sich ein Militär geleistet, als würden sie einen Krieg anfangen wollen und haben im Steuervermeiden wie bei einer olympischen Disziplin ein Niveau erreicht, das seinesgleichen sucht.

In Griechenland ist es so, dass Freiberufler wie Ärzte oder Rechtsanwälte Steuer­erklärungen abgeben, die unter der Armutsgrenze liegen – das muss man sich einmal vorstellen! –, und das wird toleriert. Es wird im breiten Feld toleriert, dass da im großen Stil keine Steuern gezahlt werden. Und die Staatsquote ist in Griechenland atemberaubend hoch: fast doppelt so hoch wie in vergleichbaren Ländern!

All das hat man akzeptiert, und wir haben das Geld nach Griechenland gepumpt. Nicht nur das, was glauben Sie, wo die Griechen das viele Geld herhaben? – Das kommt aus den Ländern, die eine hohe Sparquote haben, auch aus Österreich. All jene Ban­ken, die mit den Einlagen griechische Staatsanleihen finanziert haben, haben letztlich die Griechen finanziert. Sie haben sie finanziert, sodass die Griechen sich immer weiter verschulden konnten. Letztlich haben alle zugeschaut bei dieser Sache.

Jetzt ist Griechenland pleite. Jetzt ist nicht die Frage, ob wir solidarisch sein sollen oder Sonstiges, denn glauben Sie, wenn wir in Schwierigkeiten kommen, dass Griechenland solidarisch mit uns sein wird? (Abg. Krainer: Waren Sie schon! – Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Griechenland war auch in der Vergangenheit immer pleite. Es ist ein Teil der griechischen Kultur, pleite zu sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die lieben Griechen praktisch permanent pleite. Schauen Sie in die Geschichte!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 180

Wenn wir uns jetzt an die Griechen ketten und dem schlechten Geld noch gutes hinterherwerfen, dann ist das in Wahrheit ein krimineller Akt. In der Privatwirtschaft gibt es dafür sogar einen Begriff: Eine Konkursverschleppung ist das! In der Privatwirtschaft ist das ein strafbarer Akt, eine Konkursverschleppung. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn wir jetzt den Griechen immer mehr Geld hinterherwerfen, dann hat es ja einen Grund, warum wir das tun. Es ist doch nicht so, dass wir den Euro retten müssen. Sogar Herr Nowotny – der ist doch jedem bekannt –, hat gesagt, der Euro war nie in Gefahr. – Ganz im Gegenteil: Bei einer Pleite hätte das eher deflationäre Effekte, keine inflationären Effekte; das Einzige, was einer Währung wirklich schaden kann, ist Inflation. Also eine Pleite hätte dem Euro überhaupt nicht geschadet, es hätte ihm vielleicht sogar genützt.

Das Einzige, was passiert wäre, wenn Griechenland vor einem Jahr pleite gegangen wäre, wäre, dass einige Banken große Abschreibungen gehabt hätten und wir unter Umständen dann diese Banken wieder dementsprechend hätten unterstützen müssen. Ich gebe zu, das hätte sein können. (Abg. Höfinger: Wo ist jetzt der Bucher, dass er sich das anhört? Das ist ja eine Katastrophe!)

Ich frage mich nur, warum wir die Griechen so lange stützen, bis jene Banken, die damals noch diese faulen Griechenland-Anleihen hatten, diese griechischen Anleihen nun der Europäischen Zentralbank verkauft haben. Das wissen ja die wenigsten: Die Europäische Zentralbank hat im Umfang von 70 Milliarden griechische und andere Pleiteanleihen gekauft. Jetzt gehört das dem Steuerzahler. Vor einem Jahr hätten wir noch jene zur Verantwortung ziehen können, die Profite aus diesen Anleihen erzielt haben. Jetzt hat das wieder der Steuerzahler.

Wenn wir jetzt so weitermachen und immer mehr Geld hineinstecken, immer mehr Geld nach Griechenland schicken, dann geht es letztlich nicht um die Rettung Griechenlands, denn Griechenland ist verloren – das sagt jeder, der eine Ahnung davon hat; es geht nicht um die Rettung Griechenlands –, es geht um die Rettung eines Systems, und das System heißt Schuldenmachen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Ja, genau! Das System heißt Schuldenmachen.

Frau Fekter, die ja jetzt Finanzministerin ist, hat ja schon gesagt, worauf es hinausläuft. Sie will einfach bis 2015 frisch, fröhlich weiter Schulden machen. Das wird gerettet in Wahrheit, denn auch wir wollen von den Finanzmärkten Geld haben. Auch wir wollen weiter Schulden machen, und wenn wir Griechenland fallen lassen, dann wird es auch für uns schwieriger.

Bevor wir unsere Hausaufgaben machen, machen wir einfach so weiter, unterstützen Griechenland, und letztlich wird es dann der Steuerzahler zahlen – so wie immer. Genauso funktioniert das Spiel: Die Gewinne streifen wenige ein, und die Verluste zahlen dann wieder alle. So funktioniert es, und so wird es auch weiter funktionieren!

Und für all jene, die nicht glauben, dass Griechenland pleite ist: Für zehnjährige griechische Anleihen werden im Moment 16 Prozent gezahlt und für zweijährige mittlerweile 26 Prozent – 26! Das heißt, die Finanzmärkte haben einen Konkurs eingepreist. Also für alle, die es noch nicht wissen, die Finanzmärkte wissen es schon: Griechenland ist de facto pleite.

Es gibt einen Professor, und zwar Herrn Professor Stefan Homburg, Leiter des Instituts für öffentliche Finanzen der Universität Hannover, und der sagt, Griechenland ist pleite. Er sagt: „Das ist keine Frage des Wollens, sondern eine der Mathematik.“ – Genau das ist der Punkt! (Abg. Höfinger: Genau das ist dein Problem!)

Griechenland kann sich nicht retten, und wenn jetzt der Herr Bundeskanzler hier so weitermacht, macht er sich mitschuldig – er macht sich ja de facto mitschuldig durch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 181

die Teilnahme an dieser Aktion. Das heißt, wenn wir dann letztlich auch als Öster­reicher zur Kasse gebeten werden, wenn wir dann die Steuern erhöhen, wenn wir unsere Familien wieder belasten, wenn wieder die Österreicher in die Tasche greifen müssen, dann macht sich der Herr Bundeskanzler mitschuldig, weil er das alles mitgetragen hat.

Und eines ist auch ganz sicher: Da das, was hier gemacht wird, eine Konkursver­schleppung ist, könnten sich die Gläubiger – in diesem Fall dann die Österreicher – theoretisch schadlos halten. Allein von heute in der Früh weg, heute an diesem Parla­mentstag, haben wir 1,2 Millionen nach Griechenland überwiesen – nur heute!

Herr Bundeskanzler, Sie können schon einmal anfangen zu sparen, denn ich weiß nicht, ob die Österreicher das nicht von Ihnen zurückverlangen werden. (Beifall beim BZÖ.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter DDr. Königs­hofer. – Bitte.

 


17.18.51

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Timeo Danaos et dona ferentes – ich fürchte die Griechen, auch wenn sie Geschenke bringen, hat schon Laokoon gesagt.

Herr Kollege Matznetter! Meine Herren auf der Regierungsbank! Vielleicht denken Sie einmal darüber und über den tieferen Sinn dieser Aussage nach. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Kennen Sie das Wort „Sozialmarkt“? Wissen Sie, was Sozialmärkte sind? – Das sind Märkte mit Waren minderer Qualität, wo arme, verarmte Menschen gegen Vorlage eines Ausweises Güter minderer Qualität, Waren, die bereits abgelaufen oder vor dem Ablaufdatum sind, verbilligt einkaufen können. (Abg. Mag. Musiol: Das stimmt nicht!) – Das sind solche Märkte.

Meine Damen und Herren, solche Sozialmärkte gibt es heute zu Hunderten in Öster­reich, und Hunderttausende arme und verarmte Menschen sind heute gezwungen, in solchen Märkte einzukaufen, weil sie sich den Einkauf in regulären Geschäften gar nicht mehr leisten können!

Meine Damen und Herren! Wir sind jetzt im 17. Jahr unserer EU-Mitgliedschaft, aber so haben sich die Österreicher die Mitgliedschaft in der EU nicht vorgestellt, das kann ich Ihnen sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch an die damalige Diskussion vor der Abstimmung erinnern. Da hat es eine Staatssekretärin gegeben, die den Österreichern 1 000 Schilling monatlich versprochen hat: den Ederer-Tausender. Umgesetzt wurde aber in 17 Jahren nicht der Ederer-Tausender (Staatssekretär Mag. Schieder: Es ist mehr geworden!) – mehr geworden?! –, sondern im Gegenteil: Die Leute haben weni­ger in der Tasche und sind gezwungen, in Sozialmärkte einkaufen zu gehen. (Abg. Strache: Sie haben recht, es wird den Österreichern mehr herausgenommen!)

Wir als Freiheitliche haben uns ja vor 17 Jahren nicht einmal getraut – ich war der damalige Sprecher im Bundesrat –, so etwas in den Raum zu stellen. Das ist ja schlim­mer gekommen, als wir uns das je hätten vorstellen können, meine Damen und Herren! (Abg. Strache: Das Bier kostet heute 60 Schilling! – Abg. Dr. Stummvoll: „Blutschokolade“!)

Und jetzt – ja, Herr Stummvoll weiß das schon (Abg. Strache: Der hat ja auch kein Problem damit, für das Bier 60 Schilling zu zahlen heute!) – sage ich Ihnen Folgendes:


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In dieser Situation geht die Regierung in ihrer EU-Hörigkeit her und überweist Milliarden an österreichischem Steuergeld nach Griechenland, nach Irland, nach Portu­gal, in Kürze wahrscheinlich auch nach Spanien und nach Italien und weiß genau (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer) – Herr Kollege Ostermayer, Sie wissen das auch genau –, dass dieses Geld nicht mehr zurückkommt. Dieses Geld ist versenkt in der Ägäis, in der Irischen See, im Atlantik vor Portugal und letztendlich im Mittelmeer.

Ich sage Ihnen nur kurz etwas, Herr Kollege Ostermayer und Herr Schieder: Sie wissen genau, was der französischen Finanzministerin zum Thema Irland heraus­gerutscht ist. Da hat sie gesagt, diese 85 Milliarden € werden die Iren nicht retten, sondern sie halten Irland nur drei Jahre über Wasser. – Da hat sie die Wahrheit gesagt, und das machen wir auch zum Thema in diesem Land.

Sie können nicht in einer Zeit, in der es den Österreichern schlecht geht, in der wir das Geld im eigenen Land brauchen, hergehen und so mit Steuergeld umgehen. Der Herr Wissenschaftsminister ist bis vor Kurzem hier gesessen: Er denkt Tag und Nacht darüber nach, wo er 300 Millionen € für die Wissenschaft auftreiben könnte, aber gestern schon haben wir beschlossen, wieder 1,5 Milliarden € an Haftungen für die Portugiesen zu übernehmen, die hundertprozentig schlagend werden.

So kann es nicht weitergehen, meine Damen und Herren, und deshalb sind wir dafür, endlich einmal die Reißleine zu ziehen, darüber nachzudenken, wie wir mit österreichi­schem Steuergeld umgehen, und der EU einmal zu erklären, dass wir das Geld auch hier im Lande brauchen, und einmal zu sagen: Nein, wir machen da nicht mehr mit! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, zu Griechenland noch eine kleine Erklärung für die Sozial­demokraten: Wissen Sie, wofür Griechenland das Geld gebraucht hat? – Die Griechen haben die größte Panzerarmee in Westeuropa aufgebaut mit dem Geld, auf Kredit, auf Pump, und jetzt gehen Sie her und zahlen den Banken, die den Griechen den Kredit gegeben haben, wieder das Geld zurück. (Abg. Strache: U-Boot-Flotte! U-Boote von Deutschland!)

Ihre sozialdemokratische Politik heute ist, die griechische Aufrüstung zu finanzieren, aber kein Geld zu haben für die Österreicher, für die Armen, für die Verarmten, für die Bildung, für die Wissenschaft und für die Jugend. Das ist Ihre heutige Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das eigene Bundesheer im Stich lassen!)

Griechenland hat noch vor zwei Jahren 350 nagelneue Leopard-2-Kampfpanzer angekauft, und wir müssen unsere alten hundert, die wir von der holländischen Armee gekauft haben, zum Teil einmotten, weil wir es uns nicht mehr leisten können. (Zwischenruf des Abg. Haberzettl.) Das ist Ihre Politik, auch Ihre Wehrpolitik!

Meine Damen und Herren, noch eine Entscheidung steht an in Europa, und zwar jene in Bezug auf das EZB-Präsidium. Nach Herrn Duisenberg und dem französischen Präsidenten sollte nun der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank Axel Weber Präsident der EZB werden, aber als er erfahren hat, dass sich die EZB durch den Ankauf schlechter Staatsanleihen selber zu einer Bad Bank gemacht hat, weil sie Hunderte Milliarden an Anleihen schlechter Qualität im Bauch hat, hat er seine Bereitschaft zurückgezogen, und nun soll – auch auf Antrag der deutschen Bundes­kanzlerin Angela Merkel – ein Italiener die EZB übernehmen.

Sie wissen – und unser Obmann Strache hat es heute auch schon gesagt –, es gibt Länder im EU-Raum, die besser wirtschaften, stabilere Wirtschaften und Währungen haben, und solche, die schwächer sind, das sind die klassischen Weichwährungs­länder. Herr Mario Draghi, der vorgeschlagen ist, kommt aus einem solchen klas­


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sischen Weichwährungsland, nämlich Italien, und es ist zu befürchten, dass seine Politik als EZB-Präsident dann darauf hinausläuft, den Euro irgendwie als Weich­währung zu gestalten, damit eben diese südlichen Länder drinnen gehalten werden können, was aber zum Nachteil der stabilen Länder Mittel- und Nordeuropas ist.

Deshalb, meine Damen und Herren, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, DDr. Königshofer und weiterer Abgeord­neter betreffend die Nachbesetzung des EZB-Präsidenten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die zuständige Bundesministerin für Finanzen werden aufgefordert, sich im Interesse der Republik Österreich aktiv gegen die Wahl Mario Draghis zum Präsidenten der Europäischen Zentralbank auszusprechen und auf allen möglichen Ebenen gegen dessen Wahl in dieses Amt zu stimmen.“

*****

Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, DDr. Königshofer und weiterer Abgeord­neter betreffend die Nachbesetzung des EZB-Präsidenten

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage betreffend die Errichtung einer europäischen Transferunion in der 105. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP am 17. Mai 2011

Innerhalb des Euroraumes bestehen erhebliche Zielkonflikte. Während die Volkswirt­schaften um den früheren D-Mark-Block die Wirtschaftskrise Großteils überwunden haben, stagniert die Wirtschaftsleistung des südlichen Teils weiter auf vergleichsweise niedrigem Niveau. In Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland zeichnen sich inflationäre Effekte ab. Die Immobilienpreise verzeichnen ungeahnte Zuwächse. Durch die nach wie vor niedrig gehaltenen Leitzinsen drohen die Volkswirtschaften Mitteleuro­pas zu überhitzen.

Der Süden würde durch ein höheres Zinsniveau endgültig in die Rezession gestoßen. Ein Zielkonflikt, der sich nicht unter dem Dach einer Währungsunion lösen lässt. Unter diesem Aspekt kommt der Wahl des Präsidenten der Europäischen Zentralbank besondere Bedeutung zu. Als Nachfolger Jean-Claude Trichets wird der Italiener Mario Draghi gehandelt. Axel Weber, der aussichtsreiche Kandidat und frühere Chef der Deutschen Bundesbank, ist ausgeschieden. Als die EZB begann, als Notmaßnahme ansonsten unverkäufliche Staatsanleihen zu kaufen, zog er die Konsequenzen und gab bekannt, nicht für das Amt des Präsidenten zur Verfügung zu stehen.

Die Wahl Mario Draghis wäre unter geldpolitischen Gesichtspunkten ein fatales Signal in Richtung steigender Inflationsraten. Schließlich ist Italien ein klassisches Weich­


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währungsland und obendrein hochverschuldet. Im Ernstfall wird der augenblicklich noch als Notenbankpräsident Italiens amtierende Draghi die Interessen seines Landes vertreten müssen. So wie Trichet jene Frankreichs vertreten hat. Diese Interessen sind jenen der Republik Österreich und anderer Hartwährungsländer entgegengesetzt. Wirt­schaftliche Prosperität und selbsttragender Aufschwung benötigen eine solide Wäh­rung als Grundlage. Inflationäre Politik gefährdet diese Grundsäulen und dadurch letztlich unseren Wohlstand.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die zuständige Bundesministerin für Finanzen werden aufgefordert, sich im Interesse der Republik Österreich aktiv gegen die Wahl Mario Draghis zum Präsidenten der Europäischen Zentralbank auszusprechen und auf allen möglichen Ebenen gegen dessen Wahl in dieses Amt zu stimmen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. Restredezeit Ihrer Fraktion: 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Strache – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Themessl –: Hol dir die dritte Minute!)

 


17.26.46

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Nachdem ich nur 2 Minuten habe, muss ich mich mit Ihnen befassen. Ich zitiere Ihnen jetzt ein paar Sachen, und zwar:

Es braucht eine Therapie für Griechenland. Es ist keine Lösung, Banken in Deutsch­land, Frankreich und Großbritannien zu retten. Sand in die Augen der EU-Bürger zu streuen ist auch keine Lösung, und Schulden können von einer schwachen Wirtschaft nie und nimmer in dieser Größenordnung getilgt werden. – Zitatende.

Vielleicht zum besseren Verständnis: Das Wirtschaftswachstum in Griechenland liegt bei minus 4,5 Prozent und die Inflationsrate liegt bei über 5 Prozent, nur damit man sich auskennt.

Der, den ich zitiert habe, hat das mit einer Situation verglichen, wo ein Obdachloser eine Villa mit allem Pipapo finanziert und sich dann wundert, dass er das nicht bezahlen kann. Und er stellt auch die Frage: Wer ist mehr schuld, der leichtfertige Schuldner oder der leichtfertige Kreditgeber?

Wissen Sie, woher all diese Aussagen kommen? – Sie wurden gemacht gestern Abend, 22 Uhr, in der „ZiB 2“, und sind von Hannes Androsch, Ihrem Chefökonomen, der grundsätzlich anderer Meinung ist als Sie hier herinnen, nämlich dass das die einzige Methode ist, wie man dieses Problem lösen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Und wissen Sie, was mich an Ihnen so stört (Abg. Dr. Cap: Ich komme erst!) und auch an der ÖVP, an Herrn Stummvoll? – Sie stellen sich hier hin und akzeptieren überhaupt nicht, dass es auch noch andere Lösungen geben könnte, weil Sie gar nicht bereit sind, darüber zu diskutieren.

Sie negieren Hunderte von Meinungen von Spezialisten, von Finanzexperten in ganz Europa, weil Sie einfach sagen: Wir sind die Sozialdemokraten und wir sind die ge­


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scheite ÖVP hier in dieser Regierung, und außer dieser Vorgangsweise, Griechenland und den Euro zu retten, gibt es gar nichts, und da fährt der Zug drüber! (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) – Das ist der falsche Weg! (Beifall bei der FPÖ.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


17.28.54

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte zuerst einmal einleitend folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muttonen, Höllerer, Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend inner­österreichische Umsetzung des Instruments der Europäischen Bürgerinitiative

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Damit das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative ab dem 1. April 2012 von den Bürgerinnen und Bürgern vollständig genutzt werden kann, wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat möglichst rasch, spätestens jedoch bis 30. November 2011 einen Gesetzesvorschlag zur Beschlussfassung vorzulegen, der die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen im österreichischen Recht enthält.“

*****

Das ist dann die Basis, mit der man beispielsweise im europäischen Rahmen für den Atomausstieg werben kann, Druck in der Öffentlichkeit entwickeln kann, etwas, das wir uns vorgenommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zu dem, was mein Vorredner gesagt hat betreffend Hannes Androsch und seinem Interview von gestern: Na, recht hat er! Es gibt Kreditnehmer, es gibt Kreditgeber, ja, und wenn der Kreditgeber einem Obdachlosen eine Villa finanziert und der kann das nicht zurückzahlen, dann ist auch der Kreditgeber mit schuld, ohne Zweifel. (Abg. Strache: Das macht ja ihr! Das macht ja ihr!)

Sie wissen ganz genau: Immer, wenn ich mich hier zu Wort melde, habe ich ein differenziertes Bild, auch ein kritisches Bild bezüglich der Politik, die in der Euro­päischen Union betrieben wird. (Abg. Grosz: Aber aus dieser Kurve kommen Sie nicht mehr heraus!) Ich will keine Schwarz-Weiß-Malereien. Ich habe zu wenig Zeit, das jetzt in dieser polarisierenden Debatte hier differenzierter und besser darzustellen – und das muss man differenziert machen, weil das auch eine Frage der Glaubwürdigkeit ist.

Wogegen ich mich aber wehre, ist, dass wir hier mit Bildern arbeiten, die letztlich eine wirkliche Diskussion verhindern.

Schauen Sie, was hat Hannes Androsch, und nicht nur er, auch Franz Vranitzky in seinem Interview am Samstag im „Kurier“ gesagt? – Die haben gesagt: Na ja, man wird wahrscheinlich die Kredite länger zur Verfügung stellen müssen. Man wird wahrscheinlich die Zinsen reduzieren müssen. Es muss das Ziel sein, dass sich dieses Land so erholt, dass sie endlich Wachstum und Beschäftigung haben, dass der Staat dort Einnahmen hat, in Kombination mit den Hausaufgaben, die Griechenland erfüllen muss, was die Steuerprivilegien betrifft, was allfällige Privatisierungen betrifft, weil das auch ein Modell oder ein Beispiel ist, das erfolgreich sein muss, denn sonst folgt dann wirklich demnächst die Diskussion – zwar unter anderen Bedingungen – bei Portugal, Irland und vielleicht bei anderen Ländern.


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Was ich aber nicht für sinnvoll erachte, ist, dass wir hier eine Diskussion mit apokalyp­tischen Angstbildern führen (Abg. Kickl: Wieder die gleiche Leier!), denn damit reißen Sie in Wirklichkeit die Währung ... (Abg. Kickl: Jedes Mal die gleiche Leier!) – Ja, Sie, lieber Kollege Kickl! Nur zuhören! Entspannen, zuhören! – Apokalyptische Angstbilder bringen uns nicht weiter.

Wenn man am Horizont schon die nächste Katastrophe aufsteigen sieht (Abg. Kickl: Ah, geh!), das ist bei Währungen, das ist bei Finanzmärkten, das ist in der Wirtschaft keine Methode, kein Bild. Das ist negativ, und das bringt uns nicht weiter. (Abg. Dr. Graf: So redet der Berlusconi auch immer!)

Wenn man es als Stilmittel der Politik verwendet, dann deklarieren Sie es! – Ich finde es nicht sinnvoll. (Abg. Dr. Graf: Der Berlusconi in Italien redet auch immer so!)

Zweiter Punkt: die Oppositionspolitik der hohen Latte, des Drüberspringens. Na klar, wenn ich sage: Drei Meter hoch ist die Latte; liebe Regierung, springe drüber! – Zu insinuieren, dass Österreich in Europa einen Handlungsspielraum hätte, den weiland nicht einmal Karl der Große im 9. Jahrhundert gehabt hat, das ist doch absurd, dieses Bild, das Sie entwickeln! Zu sagen: Na setzen Sie doch endlich die Finanztrans­aktionssteuer um!, oder: Wieso geschieht in der Europäischen Union dies nicht und das nicht?, das ist doch lächerlich! Da sind 27 Regierungen (Abg. Kickl: Was reden Sie immer so groß?), und davon, muss ich jetzt einmal parteipolitisch sagen, stehen uns maximal drei nahe, der Rest ist sehr neoliberal, sehr konservativ und will halt die Banken nicht wirklich zwicken und will halt nicht wirklich ein Regulativ auf den Finanz­märkten einführen.

Man könnte das schon anders machen! Die Banken heben bei der EZB zu einem Prozent Zinsen Geld ab und geben es, wie der Herr Androsch gestern richtig gesagt hat, um ein Vielfaches weiter. Da kann man schon etwas regeln! Vielleicht nur die EZB in Zukunft, oder vielleicht das zu regulieren – aber das wollen ja diese super­neoliberalen Marktwirtschaftler da drinnen nicht, und vieles andere mehr.

Aber da müssen Sie in die Tiefe gehen! Schauen Sie, es waren heute hier viele unentdeckte Begabungen ökonomischer Natur aus Ihren Reihen zu hören. Ich muss sagen, ich war beeindruckt, habe mit Interesse zugehört, aber wir müssen da viel mehr in die Tiefe gehen. Da geht es um Millionen Schicksale, um Milliarden. Wenn Sie das so vom Tisch wischen, dass unsere Mitgliedschaft in der Eurozone letztlich, vom Export her, eine halbe Millionen Arbeitsplätze betroffen hat, ein Volumen von 80 Milliar­den € und uns ein Plus von 27,5 Milliarden € gebracht hat, dann muss ich sagen: Das gehört zumindest gewürdigt!

Sie kommen heraus und sagen: Wir haben es immer schon gewusst! Im Endeffekt sagen Sie: Zurück zur Kleinstaaterei!, zurück zum Schilling!, vielleicht: zurück zum Dorf, zum Stamm! – Ich weiß nicht, was Ihnen am liebsten ist. Ich sage Ihnen nur: So werden Sie nicht konkurrenzfähig sein, mit der Stammesstruktur. Schauen Sie sich an: Österreich – China. Das ist das Match, das man niemals gewinnen kann. Aber das Match, das man vielleicht partnerschaftlich gestalten kann, ist, wenn es die Euro­päische Union als wirtschaftlichen Großraum, als politischen Großraum gibt und wenn die sozusagen auf diese Art in den globalen Wettbewerb eintreten. (Abg. Dr. Königshofer: Schauen Sie die Schweiz an!) Aber das erfordert natürlich mehr, als sich bloß herzustellen und hier diese apokalyptischen Bilder zu entwickeln.

Da, muss ich Ihnen sagen, kommt ein weiterer Aspekt dazu. Ich habe mit Interesse gehört, wie faktisch einzelne Redner heute hier gesagt haben: Wir geben einfach kein Geld mehr weiter, und die sollen sich überhaupt aus der Eurozone entfernen, und dann werden wir schon weiter sehen!, so nach dem Motto: Schauen wir einmal!


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Ich kann Ihnen sagen: „Schauen wir einmal!“, das ist natürlich kein ökonomisches Konzept. (Die Abgeordneten Mag. Stefan und Strache: Sie sagen: Zahlen wir einmal, und dann schauen wir einmal!) Ich kenne das gar nicht – außer Sie haben die Inhalte der Zweiten Internationale im 19. Jahrhundert übernommen, das war die Anarchis­tische Internationale des Michail Bakunin. Der hat gesagt: Der zerstörende Geist ist ein aufbauender Geist. – Ich habe nicht gewusst, dass Sie sich jetzt geistig zu den Anarchisten zählen wollen. Ich finde, Ökonomie zu machen unter dem Konzept: „Der zerstörende Geist ist ein aufbauender Geist“, das würden ja nicht einmal die radikalen Neoliberalen machen, obwohl die ganz knapp dran sind, muss ich sagen, sehr nahe diesem Konzept. Aber damit kann ich nichts anfangen.

Dann gibt es eine andere Gruppe, die unter dem Titel „mehr Privat, weniger Staat“ – also neoliberal – auftritt, aber eigentlich schimmert bei ihnen ein antikapitalistisch-plan­wirtschaftliches Konzept durch! So kommt mir dieser Bucher ein bisschen vor. Wenn er nicht aufpasst, rutscht ihm das manchmal heraus. – Er ist leider nicht da. Ich habe seine Rede gehört, dann hat er gehen müssen. Das war ihm zu viel für heute. Diesen Tag wollte er nicht mehr zu Ende führen. – Aber das, sage ich Ihnen, ist auch keine Lösung.

Das, was wir bräuchten, wenn wir insgesamt Glaubwürdigkeit haben wollen bei denen, die uns sehen, bei denen, die uns hören, bei denen, die uns wählen sollen, ist, dass wir hier eine Diskussion führen, die wirklich in glaubwürdigerer Art und Weise mehr in die Tiefe geht – und nicht, wo man irgendwelche Latten errichtet und sagt: Oje, drei Meter hoch! Was, kannst du nur einen Meter springen? Na so ein Pech! Geben wir es gleich auf vier Meter, dann geht es leichter! – Das ist eine Politik, die niemandem weiterhilft.

Noch einmal: Ich gehöre zu denjenigen, die wirklich sagen, es haben auch die Banken Mitverantwortung (Abg. Strache: Mitverantwortung? – Hauptverantwortung!) und es haben auch bei den Banken welche mitspekuliert. Deswegen möchte ich angesichts der Wortmeldungen der letzten Tage, nämlich betreffend Mut, sagen: Ich bin dafür, dass es auch Mut zur Selbstkritik gibt bei den Bankern, die da einiges mitzuver­antworten haben. Mut zur Selbstkritik, ja! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber auch den nötigen Mut, um für Regeln einzutreten, damit sich das alles nicht mehr wiederholt! Auch dazu gehört Mut.

Also wenn wir die Mutdebatte führen, dann, muss ich sagen, würde ich mich gerne mit einzelnen dieser Bankenverantwortlichen unterhalten, die uns so quasi sagen: Na ja, die Politik ist mutlos, der Politik fällt nichts ein, aber wir wissen, wie man es macht! Wir haben zwar jetzt ziemlich viel in den Sand gesetzt, haben uns verspekuliert, aber für Regeln wollen wir uns auch nicht einsetzen, und die einzige Regel, die wir kennen, ist: Die Gewinne wollen wir privatisieren, und die Verluste wollen wir sozialisieren!

Na das geht nicht! Das ist kein Konzept! Da bin ich dafür, dass man da eine seriöse ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) – Ich habe nicht angefangen mit der Mutdebatte! Lieber Kollege Ikrath, ich habe nicht begonnen mit der Mutdebatte, sondern es hat jemand anderer mit der Mutdebatte begonnen. (Abg. Strache: Ein ÖVP-Mitglied!) Dann führen wir sie aber auch weiter, die Mutdiskussion, und erweitern wir sie auch gleich! Denn dann, finde ich, muss man das aber hier auch wirklich ernsthaft aus­diskutieren. Dafür plädiere ich, und da, denke ich, ist das auch ein Beitrag, den wir dazu haben.

Aber als allerletzter Punkt – das Lichtlein hier am Rednerpult zeigt schon das Ende meiner Redezeit an –: Was ich irgendwie vermisst habe, das ist die Frage: Was nützt Österreich? – Das ist die entscheidende Frage! Das hätten Sie bei den Oppositions­wortmeldungen durch alle Redebeiträge durchdeklinieren lassen müssen: Wo ist Öster­reich im Mittelpunkt?


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Und da habe ich den Eindruck gehabt, das hat ganz besonders gefehlt. Neben der Konzeptlosigkeit war bei Ihnen eigentlich auch die Antwort: Österreich zuletzt!, und nicht: Österreich zuerst! – Schade, schade und noch einmal schade! Aber morgen in der Aktuellen Europastunde können wir es noch einmal probieren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das ist gesessen! – Abg. Dr. Cap – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Ein guter Zwischenruf!)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muttonen, Höllerer und Musiol Kolleginnen und Kollegen betreffend innerösterreichische Umsetzung des Instruments der Europäischen Bürgerinitiative

eingebracht in der Sitzung des Nationalrats am 17.5.2011 im Zuge der Dringlichen Anfrage der Abg. Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung einer euro­päischen Transferunion.

Die Europäische Bürgerinitiative ist ein hilfreiches Instrument, um den Bürgerinnen und Bürgern in Europa mehr Mitsprache auf europäischer Ebene zu ermöglichen und sie an der Gestaltung der europäischen Politik, insbesondere auch im Bereich der Wirtschafts- und Währungspolitik, zu beteiligen.

Die Idee einer Europäischen Bürgerinitiative wurde im Juni 2003 vom Europäischen Konvent in den Vertrag über eine Verfassung für Europa aufgenommen und schluss­endlich im Vertrag von Lissabon verankert. Im November 2009 veröffentlichte die Kommission ein Grünbuch, mit dessen Hilfe die Vorstellungen der Mitgliedstaaten, der beteiligten Europäischen Institutionen und der Zivilgesellschaft zu den Verfahrens­regeln für die Durchführung einer Europäischen Bürgerinitiative eingeholt wurden. Auf Basis dieser Konsultation, an der sich auch der Nationalrat beteiligt hat, legte die Europäische Kommission am 31. März 2010 ihren Vorschlag für eine Verordnung über die Europäische Bürgerinitiative vor. Das Europäische Parlament hat den Vorschlag nach erfolgter politischer Einigung mit dem Rat am 15. Dezember 2010 angenommen. Die formelle Annahme im Rat erfolgte am 14. Februar 2011.

Der Start der ersten Bürgerinitiative wird ab dem 1. April 2012 möglich sein. Die Mitgliedstaaten haben die notwendigen Umsetzungsmaßnahmen in ihrem nationalen Recht jedoch bereits im Vorhinein zu treffen.

Der Nationalrat hat bereits betont (so etwa in der Entschließung vom 19. Mai 2010), dass die Europäische Bürgerinitiative eine wesentliche Bereicherung für den euro­päischen Demokratieprozess darstellt. Derzeit laufen bereits intensive legistische Arbeiten zur Schaffung der entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Sofern von Seiten der Europäischen Kommission die entsprechenden Detailinformationen, insbesondere bezüglich der Open-Source Data Software, geliefert werden, liegt Österreich im vorgegebenen Zeitplan, was die legistische Umsetzung betrifft.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 189

„Damit das Instrument der Europäischen Bürgerinitiative ab dem 1. April 2012 von den Bürgerinnen und Bürgern vollständig genutzt werden kann, wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat möglichst rasch, spätestens jedoch bis 30. November 2011 einen Gesetzesvorschlag zur Beschlussfassung  vorzulegen, der die notwen­digen Umsetzungsmaßnahmen im österreichischen Recht enthält.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


17.37.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war jetzt irgendwie ein Erlebnis der besonderen Art (Ruf bei der SPÖ: Finde ich auch! Das ist richtig!): Josef Cap, ein glühender Vertreter der europäischen Sache. – Wun­derbar! Einverstanden, Josef! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe die ÖVP heute in der Debatte etwas sehr reduziert wahrgenommen. Es reicht mir nicht aus, einen Euro herzuzeigen und zu sagen: Der Euro lebt! – Das ist mir zu wenig.

Wir haben in dieser Debatte viel mehr zu beantworten. Fragen, auch wenn sie von den Freiheitlichen kommen, müssen ernst genommen werden (Abg. Neubauer: Da sind Sie gerade der Richtige!), insofern nämlich, als ich schon an die Vertreter der Regie­rung, was Griechenland im Besonderen betrifft, gerne die Frage und auch das Problem weitergebe, dass uns jemand erklären muss, warum in Griechenland unter den Bedin­gungen dieses Landes, wo Löhne und Sozialleistungen zurückgefahren werden, in einem Ausmaß, wie es wahrscheinlich für eine griechische Erholung in den nächsten Jahren absolut schädlich und kontraproduktiv ist, auf der anderen Seite ein Rüstungs­haushalt in einem erschreckend hohen Ausmaß aufrechterhalten wird – wobei wahr­scheinlich die Bundesrepublik Deutschland, die Frau Merkel, ihre Konzilianz gegenüber Griechenland bisher in dieser Frage nur deshalb in diesem Ausmaß bewiesen hat, weil ein Gutteil der Rüstungsgüter, die Griechenland in den letzten Jahren erworben hat, aus der Bundesrepublik Deutschland kommt. (Abg. Mag. Kogler: Milliarden pro Jahr! Pro Jahr!)

Da hätten wir schon etwas anderes erwartet, auch von Vertretern Europas, wenn sie mit Griechenland verhandeln, nicht das Rückfahren, das für den Währungsfonds klassisch ist – das klassische Konzept, bei den Löhnen und Sozialleistungen zurück­zufahren, und zwar in einem Ausmaß, wie es für Griechenland in den nächsten Jahren erschreckend wird –, sondern da hätten wir schon gerne andere Antworten und Vor­schläge auch von europäischer Seite gesehen.

Das lenkt etwas ab von den Banken. Ich will nicht ablenken von den Banken, lieber Josef Cap. Ich finde das ja richtig, was du gesagt hast, obwohl es noch nicht den Kern der Sache trifft, die Mutdebatte des Herrn Treichl. Denn die Mutdebatte des Herrn Treichl, die hat ja eigentlich nur deshalb stattgefunden, weil vorher eine Debatte begonnen hat über die schon große Unverschämtheit, sich die Aufsichtsratsgagen zu verdoppeln und die Boni dieser Bank zu erhöhen. Und das ist und bleibt ein Skandal! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Das sei auch an die Adresse derjenigen gesagt, die Herrn Treichl in der Debatte verteidigt haben. Es gibt da überhaupt nichts zu rechtfertigen!

Und wenn Herr Treichl sagt: Die Aufsichtsratsgagen und die Boni, die legen nicht wir fest, sondern der Markt legt das fest!, dann ist das vollends grotesk. Selbstverständlich wissen alle, die nur irgendwie ein bisschen Ahnung von der Sache haben, dass nur


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der Aufsichtsrat und der Vorstand – in der Regel der Aufsichtsrat – diese Gagen festlegen, aber sicher nicht der Markt! Der Markt hätte wahrscheinlich auch keine Gnade mit der Erste Bank, denn so hervorragend waren die Ergebnisse in den letzten Jahren, jedenfalls in dem Jahr, für das diese Boni ausbezahlt werden beziehungsweise die Erhöhung der Aufsichtsratsgagen beschlossen wurde, auch wieder nicht.

Aber sei’s drum. Das war ein wunderbarer Ablenkungsversuch von dieser Debatte und hat gemündet in eine Debatte, die mit Mut oder Schwächlichkeit der Politik zu tun hat. Soll sein, auch wenn sie jeder anders interpretiert.

Aber abschließend zu dieser Debatte, die wir heute hätten führen sollen – da gebe ich dem Josef Cap recht: vielleicht gelingt es morgen besser; nur, ehrlich gesagt, den Mut, daran zu glauben, oder das Vertrauen darin, das habe ich nicht –, nur noch eines an die Adresse der Freiheitlichen: Wenn Sie und Vertreter Ihrer Partei, der FPK, sich hier herstellen und davon reden, dass Länder wie Griechenland, Irland, Spanien und alle diese Weichwährungsländer am besten ausgeschlossen werden sollten, weil sie versagt haben (Abg. Strache: Dann hätten Sie die Bayern ausgeschlossen!), und wenn das ausgerechnet von einem Vertreter der FPK – sofern man da noch irgend­etwas Besonderes sehen will zwischen FPÖ und FPK – vertreten wird (Abg. Strache: Dann hätten Sie Bayern ausgeschlossen!), dann frage ich mich schon: Wo befinden wir uns? – Nämlich sicher nicht in der Realität! (Abg. Neubauer: Wenn man mit sich selber spricht, ist man eh nicht mehr in der Realität!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Republik der Hypo Eigenkapital eingeschossen hat, und zwar in einer Höhe von 1,4 Milliarden € bis jetzt (Abg. Strache: Für die Bayern!) – nein, die Republik (Abg. Strache: Das war wirklich skandalös, dass wir den Bayern das bezahlt haben!) –, das wir mit Sicherheit nicht zurückerhalten werden (Abg. Strache: Das ist wirklich skandalös, dass diese Regierung den Bayern das bezahlt hat!), wäh­rend das Land Kärnten Haftungen in einem Ausmaß übernommen hat, wofür es jetzt noch immer, in den vergangenen Jahren, von dieser Hypo Zahlungen erhält – dafür, dass das Land Kärnten Haftungen übernommen hat, die es in keiner Weise eingehen konnte und die selbstverständlich auf die Republik übergegangen sind. Das ist doch ein unheimlicher Frevel von Ihrer Seite, dass Sie, ausgerechnet Sie, hergehen und anderen europäischen Ländern das vorwerfen, was Sie in Ihrem eigenen Kernland in den letzten Jahren verbrochen haben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Hypothekarkredite! Das war Landes-Hypo! Hypo-Geschäft! – Sie sind ein Ahnungs­loser! Ein Ahnungsloser!)

Wofür steht denn Kärnten? – Für Parteifinanzierung, dafür, dass sich Millionäre, Milliardäre an der Hypo vergriffen haben, Milliarden, Millionen entnommen haben, dass die FPK auch noch mitgeschnitten hat (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Wo?) – na selbst­verständlich! – bei all diesen Bereicherungsversuchen, egal, ob es dem Umfeld Grasser, dem Umfeld Meischberger zuzuordnen ist oder den vielen Milliardären, die in Kärnten zu Hause sind und die diese letzten Jahre in bester Freundschaft mit der FPK verbracht haben. Alle haben sich bedient! (Abg. Dr. Graf: Reden Sie einmal von der Kommunalkredit!) Alle haben sich bedient, und die FPK hat dazu den Segen gegeben (Abg. Dr. Graf: Was ist denn mit der Kommunalkredit?), solange und soweit sie selbst aus der Parteienfinanzierung sozusagen mitgeschnitten hat. So schaut es aus! (Abg. Dr. Graf: Warum reden Sie nie von der Kommunalkredit? Sie sind auf einem Auge blind! Über die Hypo wird eh dauernd geredet, aber reden Sie über die anderen Schweinereien! Da macht ihr den Deckel zu! Wie viel ist dort geflossen?)

Das Zweite: Wenn ein Vertreter der FPÖ sich hier herausstellt – und jetzt spreche ich nicht von der FPK, sondern von der eigentlichen FPÖ – und über den Konkurs doziert, in den man die Länder wie Griechenland et cetera schicken soll, und selbst noch vor


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wenigen Jahren in seiner Firma einen Konkurs gehabt hat, wo die Frauen, die betroffenen Beschäftigten ein halbes Jahr lang kein Geld erhalten haben und nur durch den Umstand zu ihrem Geld kamen, dass wir Gott sei Dank in Österreich so etwas wie eine Transfersicherung haben, nämlich einen Insolvenzentgeltfonds, der dann den Frauen von der Firma des FPÖ-Mandatars das Geld bezahlt hat und das Geld bezah­len musste, wenn sich dieser Mandatar hier herausstellt und als Experte für die Umschuldung oder den Konkurs Griechenlands auftritt und uns hier gute Ratschläge geben will, dann muss ich sagen: Gute Nacht, FPÖ! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Sie meinen den Abgeordneten, der einen Herzinfarkt hatte, im Spital gelegen ist und zum Glück überlebt hat?)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 2 Minuten Redezeit stehen noch zur Verfügung. – Bitte.

 


17.45.36

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Vertreter auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauer zu Hause! Ich fordere Sie jetzt auf, mit mir gemeinsam, auch zu Hause an den Fernsehschirmen, eine Schweigeminute zu halten. Wir alle gemein­sam sollten jetzt eine Schweigeminute halten. (Heiterkeit. – Der Redner wirft einen Blick auf seine Uhr.) Ich hoffe, dass das funktioniert. (Ruf bei der SPÖ: Fangen Sie gleich einmal an! – Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit.)

Schweigeminute! Schweigen heißt schweigen! (Anhaltende Zwischenrufe. – Während der Redner schweigend am Rednerpult steht, ist der Geräuschpegel im Saal sehr hoch.) – Wir halten immer noch die Schweigeminute! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja Ihre Redezeit! – Das ist ja Redezeit, nicht Schweigezeit! – Weitere anhaltende Zwi­schenrufe. – Abg. Strache: So, die Redezeit ist um! Das ist BZÖ-Schweigezeit! Eine Schweigezeitbeschränkung! – Aber fehlerlose Rede! – Abg. Dr. Graf: Kein Grammatik­fehler!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Rufe bei der ÖVP: Zugabe! Zugabe! – Wei­tere anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, vielen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten jetzt eine Schweigeminute (ironi­sche Heiterkeit) für die 2 280 €, die wir in dieser Minute nach Griechenland überwiesen haben und nie wiedersehen werden. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Graf: Endlich einmal eine Rede vom BZÖ, die nicht ordnungsrufverdächtig ist! – Abg. Krainer: 80 Prozent der Rede waren am besten!)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst: Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verhinderung einer europäischen Transfer­union.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nachbesetzung des EZB-Präsidenten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 192

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Muttonen, Höllerer, Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend innerösterreichische Umsetzung des Instru­ments der Europäischen Bürgerinitiative.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 163.)

17.48.43Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über den 5. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


17.49.08

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zurück zum Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen.

Mich fragt ja niemand! – Das ist ein Satz, mit dem Sie als Politikerinnen und Politiker sicher öfters konfrontiert werden, ein Satz, mit dem Bürgerinnen und Bürger ihr Miss­fallen an manchen Maßnahmen, die auf ihr unmittelbares Lebensumfeld einwirken, ausdrücken. Schlimm wird es dann, wenn aus dieser Stimmung eine gewisse allgemeine Politikverdrossenheit erwächst, weil die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass ihre Erfahrungen, ihre Probleme von den Politikerinnen und Politikern gar nicht wahrgenommen werden.

Daraus entwickelt sich ein Bedürfnis nach mehr Beteiligung, ein Bedürfnis nach mehr Demokratie. Bürgerinitiativen und Petitionen geben den Bürgerinnen und den Bürgern die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Wichtig aber ist, dass die Hemmschwellen und die Hürden abgebaut werden, damit möglichst viele Menschen ihrem Petitionsrecht auch nachkommen können. Natürlich sollten Initiativen auch möglichst vielen politikinteres­sierten Menschen zugänglich gemacht werden, damit sie sie auch befürworten und mittragen können.

Ich bin der Meinung, je stärker die Bürger auftreten, je mehr sie Initiativen unterstützen und befürworten, desto bewusster können ihre Probleme und Anliegen auch aufgezeigt werden.

Eine Darstellung des Verhandlungsverlaufes von Petitionen und Bürgerinitiativen gibt es bereits auf der Parlaments-Homepage. Neu angedacht ist eine direkte Bürger­beteiligung durch die Möglichkeit der elektronischen Befürwortung der in Verhandlung stehenden Initiativen. Dieses E-Voting oder Befürworten auf elektronischem Wege kann den direkten Einfluss des Volkes auf die Politik neu beleben.

Neben diesem neuen Angebot, das jetzt erarbeitet wird, gibt es natürlich auch zahl­reiche weitere Verbesserungsvorschläge. Auch die Hearings konnten als wichtiges Instrument des Ausschusses weiter ausgebaut werden. Anhörungen gab es natürlich auch im letzten Ausschuss, und zwar zur Bürgerinitiative Nummer 25 „Gerechtigkeit macht stark – Für mehr Verteilungsgerechtigkeit!“

Im Hearing wurde von den Experten und von den Abgeordneten auch mehrfach darauf hingewiesen, dass viele der darin enthaltenen Forderungen bereits umgesetzt wurden. So wurde die Spekulationsfrist gestrichen und durch eine KESt-Pflicht für Veräuße­rungs­gewinne ersetzt. Ebenfalls umgesetzt sind die Stabilitätsabgabe für Banken, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 193

Anhebung der Zwischensteuer auf 25 Prozent bei Stiftungen sowie die Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Es wurden auch Anreize für umweltfreund­liches Verhalten gesetzt.

Nicht in der Bürgerinitiative enthalten ist die Forderung nach Unterstützung von Familien. An diesem Thema wird intensiv weitergearbeitet werden müssen. Gerade Familien müssen künftig auch steuerlich entlastet werden.

Ebenfalls ein Hearing gab es zur Bürgerinitiative betreffend Valorisierung des Pflege­geldes. Keine Frage: Die große Herausforderung in diesem Bereich liegt in der Finanzierung. Es wurden bereits erste Schritte in die richtige Richtung mit der Einrichtung des Pflegefonds gesetzt.

Viele weitere hochinteressante Themen werden an den Ausschuss herangetragen. Einige davon sind auch im Sammelbericht, der auf der heutigen Tagesordnung zu finden ist, enthalten, zum Beispiel auch die Petition 68 „Erhalt der 13. Familien­beihilfe“. Diese wurde nicht abgeschafft, sondern in eine Schulstarthilfe von 100 € für Kinder von sechs bis 15 Jahren umgewandelt.

Weitere Petitionen betrafen Verkehrsprobleme, einige sind auch in die Zuständigkeit von Bundesländern, insbesondere des Landes Niederösterreich, gefallen.

Drei weitere Petitionen – „Übernahme der ,Neuen Mittelschule‘“, „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ und „Eine rasche, menschenrechtskonforme und humanitäre Reform des österreichischen Fremdenrechts“ – konnten den jeweiligen Fachausschüssen zur weiteren Verhandlung zugewiesen werden.

Die Vielfalt an Initiativen zeigt auf, dass die Petenten den Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen als wichtige parlamentarische Einrichtung empfinden. Sie erwarten sich, dass ihre Probleme ernst genommen werden, und vor allem, dass sie sehr transparent dargestellt und natürlich auch diskutiert werden.

Gemeinsam arbeiten wir im Ausschuss an einer positiven Weiterentwicklung mit gutem Erfolg. Es ist eine wichtige BürgerInnen-Plattform, die natürlich jedwede Unterstützung und vor allem auch jede positive Weiterentwicklung bestens brauchen kann. Dank der Zusammenkünfte, die zur ständigen Verbesserung des Ausschusses organisiert werden, und auch der Unterstützung aller Bereichssprecher beschreiten wir damit im Sinne von mehr Transparenz und mehr Bürgernähe einen neuen und hoffentlich auch weiterhin erfolgreichen Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayerhofer. – Bitte.

 


17.54.51

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Hohen Hauses! Die FPÖ lehnt den Sammelbericht ab. Das hat bereits unsere Erstrednerin zu diesem Thema mitgeteilt.

Meine Ausführungen befassen sich mit der Umfahrung Zwettl. Ich möchte hier anmerken, dass das Verkehrsministerium fälschlicherweise um eine Stellungnahme gebeten wurde. Wir haben nämlich außer Acht gelassen, dass da nicht das Ver­kehrsministerium zuständig ist, sondern das seit März 2002 in die Kompetenz des Landes Niederösterreich fällt.

Ich möchte Ihnen, Herr Brosz, dem Initiator dieser Petition, sagen: Es wurden alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen, um eine möglichst menschengerechte Um­fahrung zu planen und in weiterer Folge zu verwirklichen. Da dies ja mein Nachbarbezirk ist, kann ich das genau beobachten und kann Zeugnis davon ablegen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 194

dass sich die Ingenieure des Landes wirklich allergrößte Mühe gegeben haben. Mir fällt es nicht leicht, ÖVP-nahen Beamten ein Lob auszusprechen, aber in diesem Fall möchte ich das schon tun. Es sind alle Bestimmungen hinsichtlich Lärmschutz und Schallschutz berücksichtigt worden. Die Verfahren wurden vom Umweltanwalt begleitet. Es wurden drei Informationsveranstaltungen umfassender Art abgehalten, in denen die Bevölkerung informiert wurde.

Insbesondere von der arbeitenden Bevölkerung verlangt man ja immer größtmögliche Mobilität, um die Arbeitslosenraten möglichst gering zu halten. Mit Recht! Die Arbeit­nehmer, insbesondere die jüngeren Arbeitnehmer haben sich dem angeschlossen, um vorerst einmal überhaupt in Beschäftigung zu kommen, und die älteren, um ihren Arbeitsplatz zu behalten. Sie sind dieser Forderung beispielhaft nachgekommen.

Nun gibt es eine Fraktion, die keine Gelegenheit auslässt, vernünftige Verkehrslösun­gen zu erschweren und so zu verhindern, dass unsere Pendler in angemessener Zeit am Arbeitsplatz erscheinen.

Ich möchte abschließend noch bemerken: Das Waldviertel ist ohne Zweifel ein schöner Platz zum Wohnen, ein wunderbarer Platz, und der Arbeitsplatz will auch in ange­messener Zeit erreicht sein. Damit wird nämlich auch der immer weiter um sich greifenden Ausdünnung des ländlichen Raumes Einhalt geboten.

Herr Abgeordneter Brosz, ich bitte Sie, das zu bedenken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


17.57.30

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Hohes Haus! Zur Petition „Keine Kür­zung von Sozialleistungen, stattdessen mehr Geld für Familien und für den Pflege­be­reich“ fand in der letzten Ausschusssitzung ein Hearing mit drei Bürgerinitiativen statt.

Die Idee, Hearings durchzuführen, stammt von unserer Ausschussvorsitzenden Uschi Haubner und erfreut sich auch großen Zuspruchs. (Beifall beim BZÖ.)

Es sind Tausende Bürger, aber auch Institutionen wie SOS-Kinderdorf, Caritas und andere, die davon Gebrauch machen, Petitionen einzureichen. Das ist direkte Demo­kratie, und diese Leute erwarten sich zu Recht, dass die Politik reagiert, indem diese Petitionen zumindest einem Fachausschuss zugewiesen werden. Die Vorgangsweise der Regierungsparteien, diese nur zur Kenntnis zu nehmen, ohne sie zu behandeln, ist eine Missachtung dieser Anliegen und abzulehnen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Neubauer.)

Zum Thema Pflegegeld: Wir unterstützen den Antrag der Grünen auf Valorisierung des Pflegegeldes. Das Pflegegeld wurde 1993 eingeführt. Es ist eine unverzichtbare Leistung für selbständige Betreuung und Pflege. Von 420 000 Beziehern werden 83 Prozent durch Angehörige und mobile Pflegedienste betreut. Das Pflegegeld wurde aber in den letzten 18 Jahren nur viermal erhöht, wodurch heute nur noch 60 Prozent der Kosten gedeckt sind. Das erklärt sich daraus, dass die Kosten der Pflegedienste gestiegen sind und die Inflation täglich überdurchschnittlich steigt. Das ist eine gefähr­liche Entwicklung, weil die Pflege zu Hause, dort, wo die Hilfe besonders notwendig ist, nicht mehr leistbar ist.

Gekürzt wird schnell, reformiert nur sehr langsam. So stärkt der Pflegefonds, der generell zu begrüßen ist, zwar die Gemeinden und die Länder, allerdings weniger den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 195

Einzelnen. Die Valorisierung des Pflegegeldes ist wohl die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Pflege zu Hause leistbar ist.

Das BZÖ wird nicht lockerlassen, durchzusetzen, dass nicht aus gesellschaftspoliti­schen Überlegungen gespart wird, sondern dort, wo es notwendig und für die Bevöl­kerung schmerzfrei ist. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.00.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Insgesamt drei der vorgelegten Petitionen beschäftigen sich mit Verkehrsproblemen. Das ist inhaltlich ein Schwerpunkt dieses Sammelberichtes. Ich möchte besonders herausgreifen die Petition, die sich um die Schnellbahn-Haltestelle Lobau bemüht. Wir sind jetzt im Wiener Raum, es sind, glaube ich, auch Menschen anwesend, die von dieser drohenden Maßnahme der Schließung dieser Haltestelle betroffen sind.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal einen Entschließungsantrag einbringen, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Schnellbahn-Haltestelle Lobau und Attraktivierung statt Angebotsverschlechterung im Bereich der Linie S 80

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Finanzen, wird aufge­fordert,

die Bahn-Haltestelle „Lobau“ dauerhaft außer Streit zu stellen und

im Zusammenhang mit der S 80 und dem Marchegger Ast in infrastruktureller wie betrieblicher Hinsicht Angebotsverschlechterungen zu beenden und stattdessen Infra­struktur und Angebot zu verbessern.

*****

Es muss nämlich oft auch im Zentralraum Wien – das kann man sich ja gar nicht vorstellen – darum gerungen werden, dass S-Bahn-Angebote überhaupt aufrechter­halten werden. Wenn wir in einem zentralen Bereich Österreichs, wo immer mehr Men­schen zur Arbeit einpendeln, den öffentlichen Verkehr dann auch noch durch An­ge­bots­verdünnung verschlechtern, dann ist das ja komplett kontraproduktiv.

Wir haben ja sowieso schon die Tendenz, dass auf Landesebene – Niederösterreich ist da ein massives Negativbeispiel – Regionalbahnen überhaupt zugesperrt und teilweise in Radwege umgewandelt werden. Dagegen haben sich ja auch diverse Petitionen ausgesprochen. Im Petitionsausschuss hat man dann gemeint, meine Güte, das geht uns auf Bundesebene nichts an, das ist Sache des Landes Niederösterreich.

Nur, wie können Sie sich dann erklären, dass Abgeordnete des Nationalrates wieder neue Petitionen zu Regionalbahnen einbringen? Das Thayatal sei hier ein Stichwort.

Wir treten immer dafür ein, dass im regionalen Bereich das Rückgrat der Eisenbahn­infrastruktur aufrecht bleibt, dass es zu keinen Stilllegungen kommt. Erst kürzlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 196

haben wir erfahren, auch im Burgenland soll der Personenverkehr auf der Strecke Oberwart–Friedberg endgültig eingestellt werden. Wir sind auf der anderen Seite auch dafür, dass das Angebot im Zentralraum insgesamt verdichtet und nicht zugesperrt wird.

Und wenn da in der Zeitung immer wieder zu lesen ist: Verlängerung der U-Bahn nach Niederösterreich, dann möchte ich dazu sagen: Zunächst ist das bestehende Netz zu attraktivieren, und der Bestand sind die S-Bahn-Netze. Gerade im S-Bahn-Bereich wäre noch vieles möglich an besseren Bedingungen, an schöneren Haltestellen, an verlässlicheren Zügen, an attraktiven Fahrplänen. Deswegen unser Entschließungsan­trag und unser Plädoyer dafür, diese Petitionen, die gerade im Verkehrsbereich wiederholt im Ausschuss behandelt werden, ernst zu nehmen, nicht abzuwimmeln und sie dem Verkehrsausschuss zuzuweisen, denn dort haben wir dann die verantwortliche Ministerin und dort können wir auch direkt über die Budgetmittel beziehungsweise über die nötigen gesetzlichen Schritte diskutieren.

Mein Plädoyer: Nehmen Sie jetzt wirklich auch die Energiewende im Verkehrsbereich ernst! Wenn heute eingangs in der Aktuellen Stunde im Bereich Ökostromgesetz an Sie appelliert worden ist, dann möchte ich hier und jetzt appellieren: Ökostrom im Verkehrsbereich heißt Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Schnellbahn-Haltestelle Lobau und Attraktivierung statt Angebotsverschlechterung im Bereich der Linie S80

eingebracht im Zuge der Debatte über Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 56, 58, 60, 64, 68, 71 und 76 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 23 bis 25 (1159 d.B.)

Die S-Bahn-Linie S80 und deren Haltestellen im Osten und Nordosten Wiens fristen derzeit eher ein Schattendasein, sind aber für die lokale Bevölkerung und Wirtschaft und auch für viele Erholungssuchende und Nationalpark-BesucherInnen wichtige Ver­kehrseinrichtungen. Die Haltestelle "Lobau" war von den ÖBB bereits 2010 zur ersatzlosen Auflassung vorgesehen. Argumentiert wurde dies u.a. mit im Bezirk errichteten neuen Stationen der U-Bahn-Linie U2, diese sind allerdings ein bis zwei Kilometer (!) weiter entfernt. Weiters auch wegen "zu geringer Fahrgastfrequenz", was nicht nachvollziehbar ist, haben die ÖBB doch mit Mio-Euro-Aufwand zB in Wien 14 eine neue Bahn-Haltestelle errichtet, die auch nach mehr als einem Jahr Anlaufzeit noch immer deutlich weniger Fahrgäste als die Haltestelle Lobau verzeichnet, dennoch aber unverändert bedient wird. Aufgrund des engagierten Widerstands der betroffenen Bevölkerung und mehrerer Fraktionen, darunter neben den Grünen u.a. auch die ÖVP, konnte die Auflassung der Haltestelle "Lobau" bisher verhindert werden; eine end­gültige Lösung und dauerhafte Absicherung ist aber bisher nicht erfolgt.

Diese Problematik wurde von engagierten Betroffenen über NR-Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek als Petition Nr.60 "Eisenbahn LEBEN. Eisenbahn-Verkehrspolitik-Probleme


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 197

und -Lösungen am Beispiel der Wiener S-Bahn-Linie ‚S80' und der Haltestelle ‚Lobau'" an den Nationalrat herangetragen.

Leider hat die Regierungsmehrheit die Zuweisung an den Verkehrsausschuss und damit eine inhaltlich vertiefende Debatte abgelehnt, entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der BürgerInnen und der Einbringerin.

Die S-Bahn-Linie S80 ist von Trasse und Kapazität her geeignet, nach einer betrieb­lichen Attraktivierung als wichtige und marktfähige Nord-Süd-Magistrale des Öffent­lichen Verkehrs zu dienen. Diese verbindet den großen, stark wachsenden Stadtteil Donaustadt u.a. mit dem zukünftigen Hauptbahnhof sowie umgekehrt weite Teile Wiens mit den wichtigen Erholungsräumen Prater und Lobau. Im größeren Zusam­menhang mit dem Marchegger Ast handelt es sich um eine zentrale, entwicklungs­fähige und entwicklungsbedürftige Achse im Raum Wien-Marchfeld-Bratislava. Da im unmittelbaren Nahbereich der Strecke weitere große Entwicklungsprojekte im Laufen sind bzw. bevorstehen, wird sich der Stellenwert dieser "Südosttangente auf Schienen" absehbar noch vergrößern. Es ist schon unter den derzeitigen Umständen, umsomehr aber in der Vorausschau unverständlich, dass bei der S80 ein Angebotsrückbau anstelle eines Ausbaus erfolgt und dass infrastrukturell dringliche Maßnahmen wie Ausbau und Elektrifizierung der Strecke Richtung Marchegg-Bratislava seit langem aufgeschoben werden.

Wie es bei der Straßen-Südosttangente A23 selbstverständlich ist, muss diese "Schie­nen-Südosttangente" auch vom Bund entsprechend höher gewichtet werden und müssen Infrastruktur und Angebot verbessert statt in Frage gestellt oder verschlechtert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im Zusammenwirken mit der Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert,

die Bahn-Haltestelle "Lobau" dauerhaft außer Streit zu stellen und

im Zusammenhang mit der S80 und dem Marchegger Ast in infrastruktureller wie betrieblicher Hinsicht Angebotsverschlechterungen zu beenden und stattdessen Infrastruktur und Angebot zu verbessern.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


18.03.51

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Für uns Mitglieder dieses Hauses sind die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die sie über Petitionen und Bürgerinitiativen einbringen, ein ganz wichtiges Barometer, um auch die Auswirkungen vieler Beschlüsse, die wir hier fassen oder die von den Ländern oder Gemeinden gefasst werden, kennenzulernen und so zu sehen, ob diese Beschlüsse bei den Menschen auch so ankommen, wie es der Gesetzgeber geplant hat. Es gibt viele Betrachtungsweisen, und nicht jedes Anliegen wird für jeden Menschen gleich große Bedeutung haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 198

Frau Abgeordnete Moser hat bereits darauf hingewiesen: Von den zehn heute hier zu behandelnden Petitionen und Bürgerinitiativen setzen sich gleich drei mit dem Thema öffentlicher Schienennahverkehr auseinander.

Meine Damen und Herren, es gibt im Ausschuss des Öfteren Diskussionen darüber, ob eine Petition nur dann erfolgreich behandelt wird, wenn sie einem Fachausschuss zugewiesen wird. Eine Kenntnisnahme im Ausschuss und eine Diskussion im Sammel­bericht werden oftmals negativ bewertet. Ich bin der Meinung, dass auch die Diskussion hier im Hohen Haus im Rahmen eines Sammelberichts eine breite öffent­liche Diskussion nach sich ziehen kann, wenn man sie offen und ehrlich führt.

Wir haben zu den Petitionen auch Stellungnahmen vom BMVIT eingeholt, die sich mit allen drei den Verkehr betreffenden Bürgerinitiativen und Petitionen auseinanderge­setzt haben, um so auch eine rechtliche Grundlage zu haben.

Meine Damen und Herren, im Jahre 1999 wurde hier im Nationalrat das Öffentliche Personennah- und Regionalverkehrsgesetz beschlossen. Dabei wurde niedergeschrie­ben, dass der Bund ein Grundangebot im Schienenpersonennahverkehr und Regional­verkehr österreichweit sicherstellen muss und es Aufgabe der Länder ist, auf Basis dieses Grundangebotes nachfrageorientierte Verkehrsleistungen sowohl im Eisen­bahn‑ als auch im Busbereich zu planen und auch zu finanzieren. Aus dieser Mitverantwortung können wir auch die Länder nicht entlassen, weil sie ja selbst diese Mitsprache immer eingefordert haben.

Viele Menschen in Niederösterreich haben die Übernahme der Regionalbahnstrecken durch das Land Niederösterreich als große Chance gesehen. Die Aussagen der Lan­des­räte, wir übernehmen die Bahnen ja nicht, um sie zuzusperren, haben bei vielen Menschen berechtigte Hoffnung auf einen Weiterbestand und auch auf eine Attraktivierung gebracht, so auch für die Menschen an der Ybbstalbahn. Dass man jetzt von Seiten des Landes Niederösterreich nur mehr 5,5 Kilometer als Citybahn betreiben und stattdessen 40 Kilometer Radwege errichten will, ist wirklich keine ver­kehrs­politische Meisterleistung des neuen Eigentümers. Daher auch die Unterstützung aller Initiativen und auch Bürgerinitiativen, die es für diese Bahn gibt, um diese auch weiterhin im Bestand zu halten und vor allem auch Nachnutzungen – eventuell auch von privater Seite – zu ermöglichen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, es gibt sehr viele Regionalbahnen, die bereits von Ländern übernommen worden sind, wo es positive Beispiele gibt. Die Krimmler Bahn in Salzburg zum Beispiel, wo man neue Wege gegangen ist, wo man erfolgreiche Wege gegangen ist für die Menschen in der Region und für jene, die tagtäglich diese Bahn benützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


18.07.58

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Über den Sammelbericht hat meine Kollegin Susanne Winter schon ausführlich berichtet und auch die Begründung dafür gegeben, warum wir diesen Bericht ablehnen.

Aber jetzt zur Petition „Erhaltung und Betrieb der Ybbstalbahn nach Übergabe an das Land Niederösterreich“. Seit Übernahme aller Nebenbahnen in Niederösterreich durch das Land Niederösterreich im Dezember 2009 ist dies Landessache, daher auch Erledigung durch Kenntnisnahme im Petitionsausschuss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 199

Noch ein paar Bemerkungen zur Ybbstalbahn. Vor der Übernahme sind auch vom Land Niederösterreich große Hoffnungen gemacht worden, dass die Ybbstalbahn saniert und weitergeführt werden soll.

Ex-Verkehrslandesrat Heuras sagte am 30.1.2010: Wir übernehmen Bahnen nicht zum Stilllegen, sondern wir wollen sie attraktiver machen, wir wollen sie ausbauen und besser gestalten.

Oder Herr Landeshauptmann Erwin Pröll: „Die Ybbstalbahn von Waidhofen/Ybbs nach Lunz am See und Ybbsitz spielt für die Region eine bedeutende touristische Rolle. Neben der landschaftlichen Schönheit der Strecke sind es vor allem die attraktiven Angebote in den Gemeinden, die dafür sorgen, dass ein Ausflug ins Ybbstal unver­gesslich bleibt. ... Am besten lässt sich das Ybbstal dabei natürlich mit der Schmal­spurbahn erkunden. ... Ob in einem dieser planmäßigen Züge oder im Nostalgie-Sonderzug – eine Fahrt mit der Ybbstalbahn ist ein Erlebnis für Groß und Klein!“

Auch vor gut einem Jahr, vor den Gemeinderatswahlen, wurden große Versprechun­gen gemacht – ein Jahr später will man nichts davon wissen und auch nichts davon hören. Der geplante Radweg soll teilweise auf der Bahntrasse gebaut werden, und das wäre das Ende der Ybbstalbahn.

Die Abtragungskosten des Streckenteils, der in den letzten zehn Jahren saniert wurde, belaufen sich auf 700 000 €. Damit die Strecke wieder befahren werden kann, brauchen nur die Hochwasserschäden behoben zu werden. Die Reparaturkosten betragen laut Kostenvoranschlag 60 000 bis 90 000 €.

Die Bevölkerung im Ybbstal will mit dieser Petition eine Kombination von Bahn und Rad erreichen, denn nur die Kombination von Bahn und Rad bedeutet eine nachhaltige Perspektive mit solider Wertschöpfung für die Region. (Beifall bei der FPÖ.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.11.20

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich beschäftige mich heute mit der Bürger­initiative des SPÖ-Landesrates aus Oberösterreich Hermann Kepplinger. „Gerechtig­keit macht stark – Für mehr Verteilungsgerechtigkeit!“ ist das Motto. Ich möchte dazu einige Fakten ausführen, weil immer wieder über Verteilungsgerechtigkeit gesprochen und das Thema permanent debattiert wird.

In dieser Bürgerinitiative wurde gefordert, die Vermögensteuer wieder einzuführen. Wir wissen, im Jahr 1989 wurde diese Vermögensteuer von SPÖ-Finanzminister Lacina aufgehoben – wohlweislich: Wir hatten damals in der Spitze ein Aufkommen von 1,2 Milliarden €. Dafür wurde die KESt auf Zinsen eingeführt, die mittlerweile insgesamt in etwa 5 Milliarden € an Einnahmen bringt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde auch gefordert, die Gruppen­besteuerung wieder aufzuheben. Ich verweise nur darauf, dass wir durch diese Gruppenbesteuerung mehr als 1 000 Unternehmer und Unternehmungen in Österreich ansiedeln konnten, die mehr als 100 000 Beschäftigte und Arbeitsplätze in Österreich geschaffen haben. Es wäre für den Wirtschaftsstandort Österreich nicht gut, wenn wir diese Gruppenbesteuerung wieder aufheben würden.

Auch eine Wertschöpfungsabgabe wird in dieser Bürgerinitiative eingefordert. Ich kann nur darauf verweisen, dass eine Wertschöpfungsabgabe den österreichischen Wirt­schaftsstandort enorm belasten und auch zu einer Abkehr vom österreichischen Unternehmensstandort führen würde. Die Spekulationssteuern, die in der Bürger­


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initiative gefordert werden, sind vielfach umgesetzt, sie waren auch schon umgesetzt. Wir haben im Einkommensteuergesetz noch zusätzlich entsprechende Maßnahmen getroffen.

Noch einmal zum Thema Verteilungsgerechtigkeit: Wir haben in Österreich ein Sozial- und Transferleistungsaufkommen von etwa 80 Milliarden €, eine Sozialquote von über 30 Milliarden €. Beim Gini-Koeffizienten, einer internationalen Maßzahl, was die Ver­teilungsgerechtigkeit anbelangt, weisen wir im weltweiten Vergleich Spitzenwerte auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen aber insgesamt danach trach­ten, dass wir den Mittelstand nicht überfordern. Es ist tatsächlich so, dass bei einem monatlichen Einkommen von 3 500 € brutto der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmer­anteil an der Sozialversicherung und die Steuerbelastung aus der Lohnsteuer mit den Verbrauchersteuern insgesamt fast 65 Prozent betragen. Ich glaube, damit ist ausreichend umverteilt. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


18.14.59

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Hell, ich muss Ihnen leider ein bisschen widersprechen, was Ihre Ankündigung betrifft, dass es genug sei, dass wir hier ein wenig über diese Petitionen sprechen können, die es nicht schaffen, in den Ausschuss zurückzukommen.

Fast alle Petitionen und Bürgerinitiativen aus der breiten Palette, die im Petitions­ausschuss behandelt wird, erleiden dasselbe Schicksal: zur Kenntnis genommen und abgelehnt. Mit direkter Demokratie hat das aber schon überhaupt nichts mehr zu tun. Die Ignoranz, mit der Sie mit den Anliegen der Bürger umgehen, ist ja wirklich nicht mehr auszuhalten.

Ich komme jetzt auf meine Petition, Nummer 68, bezüglich „Erhalt der 13. Fa­milienbeihilfe“ zu sprechen. Frau Höllerer hat sie „Schulstarthilfe“ genannt – dieser Ausdruck ist ja wirklich sehr traurig. 11 845 Österreicherinnen und Österreicher haben eine FPÖ-Petition zum Erhalt der 13. Familienbeihilfe unterschrieben (Beifall bei der FPÖ), das heißt, sie wollten, dass die 13. Familienbeihilfe vollinhaltlich beibehalten wird. Das wurde jedoch negiert.

Ich habe mir die Stellungnahmen dazu herausgesucht, die vom Finanzministerium gekommen sind. Da steht als Begründung, dass ein Maßnahmenpaket geschnürt worden sei, das den Familien auch weiterhin zugutekomme – ein höherer Kinder­absetz­betrag, die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten und so weiter und so fort.

Jetzt kommen wir aber drauf, dass diese Maßnahmen, die als sogenannte Familien­maßnahmen beschlossen wurden, nicht greifen. Der Kinderabsetzbetrag wurde mit 167 Millionen € im Budget aufgenommen, aber nur 65 Millionen € wurden von den Bürgerinnen und Bürgern abgeholt. Dasselbe gilt auch für den Kinderfreibetrag: 160 Mil­lionen € wurden budgetiert, aber nur 35 Millionen € wieder an den Bürger zurückbezahlt. Das bedeutet, dass dem Finanzminister 220 Millionen € mehr in der Kasse bleiben.

Was passiert jetzt mit diesem Geld? – Natürlich wird es im Budget bleiben, aber wenn man heute die Diskussion verfolgt hat, wie wir mit vollen Händen Geld nach Griechen­land, nach Irland und nach Portugal schicken und bei den eigenen Familien sofort den Rotstift ansetzen, dann muss ich echt sagen, das ist traurig. Deshalb muss ich auch sagen, wie Sie mit den Bürgerinitiativen umgehen und auch die familienfeindliche


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Politik, die momentan von Rot und Schwarz gemacht wird, ist wirklich traurig. Die Österreicher wissen: Die einzige Familienpartei ist die FPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


18.17.53

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte um die Struktur und Arbeitsweise des Petitionsausschusses hat heute dank der Ausführungen des Kollegen Pirklhuber eine neue Qualität bekommen – ich ersuche die restlichen Mitglieder der Grünen, dem Kollegen das auszurichten –, weil er die Bemühungen des gesamten Ausschusses anerkennt, die Debatte zu verdichten, Stellungnahmen viel breiter als in der Vergangenheit einzuholen und vor allem das Instrument der Hearings zu intensivieren.

Ich bin mir sicher, dass auch Kollege Pirklhuber noch nicht hundertprozentig zufrieden ist, aber die positive Entwicklung der Ausschussarbeit anerkennt. Ich stehe auch nicht an, stellvertretend der Vorsitzenden des Ausschusses, Kollegin Haubner, aber auch den Kolleginnen Lohfeyer und Höllerer zu danken, die diese positive Entwicklung im Ausschuss mittragen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Kollegin Lohfeyer ist ja anwesend.

Was im Widerspruch dazu steht, sind die Aussagen des Kollegen Spadiut und der Kollegin Gartelgruber. Frau Kollegin Gartelgruber beklagt das Schicksal der Petitionen und Bürgerinitiativen (Zwischenruf der Abg. Gartelgruber) – „zur Kenntnis genommen und abgelehnt“, hast du ja gesagt. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Wenn wir den Prozess verfolgen, gibt es erstens eine intensive Diskussion in erster Lesung im Petitionsausschuss. Dann werden Fachstellungnahmen eingeholt, und dann entscheidet der Ausschuss darüber, ob die Thematik einem Fachausschuss zuge­wiesen oder im Petitionsausschuss ausdiskutiert wird. (Zwischenruf der Abg. Gartel­gruber.)

Mit der Kenntnisnahme erfolgt die Aufnahme in den Sammelbericht, und damit kommt das Thema dieser Bürgerinitiative auf direktem Weg in das Plenum des Nationalrates des österreichischen Parlaments. (Weitere Zwischenrufe der Abg. Gartelgruber.) Das ist ja keine Ablehnung. Das ist doch der kürzeste Weg, um hier herinnen Bürger­anliegen zu diskutieren, liebe Kollegin, aber wenn das euer Demokratieverständnis ist, muss man auch damit umgehen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Diskussion über die Zuweisung betrifft: Natürlich ist es für einen Ausschuss, der eine derartige Querschnittsmaterie zu bearbeiten hat, trotz Fachexpertise schwer, alle Fragen beantworten zu können. Aber ich bin nicht der Meinung, dass es gut wäre, den Petitionsausschuss automatisch nur damit zu beauftragen, Petitionen und Bürgerinitiativen als einfaches Postfach an Fachausschüsse weiterzuleiten, denn damit disqualifizieren wir uns selbst. Dann gibt es den Petitionsausschuss in dieser Form nicht mehr.

Wenn das der Wunsch des BZÖ und der Freiheitlichen ist, dann sollen sie es sagen, dann gehen in Zukunft alle Petitionen direkt in die Fachausschüsse, aber unser Ausschuss hat sich damit erledigt. Ich glaube, das ist auch nicht im Sinne der direkten Demokratie und im Interesse der Petenten. Es geht natürlich auch nicht an, doppelt zu moppeln, einerseits im Petitionsausschuss und andererseits im Fachausschuss zu diskutieren.

Ich würde Sie ersuchen, diese positive Entwicklung des Ausschusses weiterhin zu begleiten und hier in der Öffentlichkeit nicht so abwertend – undemokratischer Umgang mit Bürgerinitiativen – zu tun, ganz im Gegenteil: Ich glaube, die Österreicherinnen und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 202

Österreicher können unsere Arbeit sehr positiv bewerten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


18.21.36

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Petitionen betreffend „Kinder gehören nicht in Gefängnis“ und „eine rasche, menschenrechtskonforme und humanitäre Reform des österreichischen Fremdenrechts“ gehen direkt in die politische Arbeit ein. Ich glaube, man sieht genau an diesen Petitionen, wie wichtig es ist, dass man Schwächen und Lücken im System aufzeigt und dass es die Möglichkeit gibt, direkt Einfluss zu nehmen.

Fakt ist, es hat gerade in der Vergangenheit mit dem Fremdenrechtspaket, mit der Rot-Weiß-Rot-Card, Maßnahmen gegeben, die indirekt auch diesen Petitionen nahekom­men. Es geht hier darum, dass wir die Zuwanderung auf unsere Bedürfnisse abstim­men; dass wir Qualifikation als wesentliches Kriterium voranstellen; dass wir Sprachkenntnisse als Grundvoraussetzung vorgeben; und dass wir – und das war ein Streitpunkt bezüglich der Anwesenheitspflicht – die Identität feststellen; dass wir klare Spielregeln haben, wenn es darum geht, Menschen in Österreich Aufenthalt zu gewähren und Menschen in Österreich zu beschäftigen.

Aus meiner Sicht ist auch ganz klar, dass es gerade beim Thema Schubhaft – da gab es ja starke Emotionen – klare Spielregeln geben muss. Vielleicht ist noch die eine oder andere Maßnahme notwendig, aber ich glaube, es geht um die zeitliche Limitierung bei besonders schutzwürdigen Personengruppen, bei Minderjährigen. Es geht darum, dass unmündige Minderjährige nicht in Schubhaft angehalten werden dürfen. Das hat Frau Innenminister Fekter damals ganz klar festgestellt. Es geht darum, dass gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres stets gelindere Mittel anzuordnen sind und nur bei unabdingbaren Gründen eine Schubhaft, die für zwei Monate möglich ist.

Insgesamt gibt es zusätzliche Überprüfungsmöglichkeiten bei der Schubhaft. Es ist also nicht mehr ausschließlich den Antragstellern möglich, das zu überprüfen, sondern auch die Behörde ist aufgefordert, die Überprüfung in regelmäßigen Abständen vorzu­nehmen.

Dieses Paket ist einmal ein erster Teil. Diese Petitionen werden ja an den Innenaus­schuss weitergeleitet. Es wird zukünftig auch möglich sein, dass Österreich als Land, das in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart und in der Zukunft ein gewisses Maß an Zuwanderung braucht, Spielregeln und klare Vorgaben einführt, Konflikte möglichst vermeidet und nicht Konflikte im Nachhinein fördert. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

18.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


18.24.26

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich finde es sehr positiv, dass es Ände­rungen im Ablauf des Petitionsausschusses und auch in der Dokumentation des Verlaufs der einzelnen Petitionen und Bürgerinitiativen geben wird.

Ich finde nicht, dass eine Kenntnisnahme ein Begräbnis erster Klasse ist, wie das heute schon ein paar Mal angesprochen wurde. (Ruf bei der FPÖ: Genau so ist es!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 203

Kollege Weninger hat es ja auch ganz eindeutig dargestellt: Der Ablauf einer Petition oder einer Bürgerinitiative ist einfach so, dass Stellungnahmen von Ministerien, von Staatssekretariaten, von außerparlamentarischen Stellen wie zum Beispiel der ASFINAG oder der Volksanwaltschaft eingeholt werden, auch von den ÖBB haben wir immer wieder Stellungnahmen eingeholt; dass dann noch einmal im Ausschuss beraten wird; dass auch Hearings und Anhörungen stattfinden können und dann eben eine Zuweisung oder Kenntnisnahme erfolgt.

Danach wird die Petition oder Bürgerinitiative öffentlich im Plenum debattiert. Ich denke, das ist bei Gott keine Ignoranz, sondern das ist gelebte Demokratie. Die Petitionen und Bürgerinitiativen werden sehr ernst genommen, weil sie im Ausschuss auch tatsächlich breit diskutiert werden. Ich finde es sehr schade, dass wir uns den Ausschuss immer selber so schlechtreden und somit eigentlich die Wertigkeit der direkten BürgerInnenbeteiligung ein wenig infrage stellen. Das ist nicht richtig, und ich glaube, das ist auch nicht im Sinne der Einbringerinnen und Einbringer und vermittelt jenen ein völlig falsches Bild, die Petitionen und Bürgerinitiativen einbringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, gerade die Anhörungen im letzten Petitions­ausschuss waren doch wirklich gut. Wir haben mit den Einbringerinnen und Ein­bringern diskutiert, sie konnten ihre Anliegen noch einmal vorbringen. Dass dann nicht immer im Sinne der Einbringerinnen und Einbringer entschieden wird, ist eben leider auch eine Tatsache, aber ich denke, gerade dass Anhörungen stattfinden, ist wirklich eine ganz, ganz wichtige Weiterentwicklung.

Ich möchte auf eine dieser Petitionen und Bürgerinitiativen, die im letzten Ausschuss behandelt wurden, noch kurz eingehen, nämlich auf jene betreffend die Valorisierung des Pflegegeldes, weil gesagt wurde, dass Herr Bundesminister Hundstorfer nur einen Satz als Stellungnahme geschrieben hat. – Das ist überhaupt nicht wahr. Die Stellungnahme zum Pflegegeld umfasst vier Seiten, Kollegin Winter, vier Seiten, auf denen der Herr Minister ganz eindeutig auf die großen Herausforderungen im Pflege­geldbereich eingeht und auch darauf hinweist, was im Moment gemacht wird – dass es eine Arbeitsgruppe im Ministerium gibt und dass der Pflegegeldfonds in Umsetzung ist.

Da kann man wirklich nicht davon sprechen, dass der Minister die Petition nicht ernst genommen hat. Er hat halt auch ganz ehrlich gesagt, dass im Moment aus budgetären Gründen eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes nicht angedacht ist, dass das im Moment aus budgetären Gründen nicht möglich ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, im Pflegegeldbereich beziehungsweise im Pflegebereich müssen wir alle vor allem daran arbeiten, dass er in Zukunft finanzierbar bleibt; dass die Pflegegeldleistung eine Pflegegeldleistung bleibt – das ist ganz, ganz wichtig für ein selbstbestimmtes Leben –; dass es ein bedarfs- und bedürfnisorien­tier­tes Angebot gibt (Zwischenruf bei der FPÖ); aber auch, dass es für die Pflegerinnen und Pfleger Arbeitsbedingungen gibt, die sie nicht selber krank machen; und dass wir auch in Richtung pflegende Angehörige weiterarbeiten.

Mit dem Pflegefonds sind wir auf einem sehr guten Weg, davon bin ich überzeugt. Frau Kollegin Winter, wenn Sie sich die Stellungnahme durchlesen, dann werden Sie auch sehen, in welchen Bereichen in den letzten Jahren das Pflegegeld trotz budgetärer Schwierigkeiten erhöht wurde. Wie gesagt: Meine Meinung ist, dass wir alle gemein­sam schauen müssen, dass wir das Pflegegeld auch in den nächsten Jahren finan­zierbar halten können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 204

18.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte.

 


18.28.15

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Moser, ich möchte kurz auf Ihre Ausführungen bezüglich der Verlängerung der U-Bahn von Wien ins Wiener Umland eingehen. Sie haben gesagt, dieser Ruf werde immer wieder laut. Ich darf das ein bisschen genauer erläutern.

Zuletzt war es die Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou von den Grünen, die das auch gefordert hat. Das ist eine durchaus vernünftige Forderung, die gerade ich als Abgeordneter aus dem Wiener Umland sehr unterstützen kann. Jedoch glaube ich, dass die Frage nicht ist, ob es die U-Bahn oder sonstige Verkehrsanbindungen sind (Zwischenruf des Abg. Weninger), denn das Problem ist nicht, mit welchen Verkehrsmitteln man die Leute befördert, sondern dass man sie überhaupt befördern muss.

Dabei müssen wir der globalen Entwicklung der Urbanisierung, die wir natürlich auch in Österreich haben, Rechnung tragen, denn nicht zuletzt durch das Anwachsen der Ballungszentren haben wir hier verkehrstechnische und soziale Probleme, und letzt­endlich sind das die politischen Herausforderungen.

Es wird ganz egal sein, mit welchem Verkehrsmittel man zwischen dem Wiener Umland und Wien fährt, wenn die Ballungszentren permanent wachsen und hier die Probleme liegen. Ich glaube, wenn man dem entgegenwirken will, ist es ganz wichtig, vor allem die Infrastruktur in den ländlichen Regionen auszubauen und zu erhalten.

Aber Infrastruktur ist nicht nur die Eisenbahn und die Schiene. Hier gehört vor allem auch die technologische Infrastruktur erwähnt. Ich bin sehr froh, dass es eine Petition der Tiroler Abgeordneten – vor allem von der ÖVP – zur Vergabe der digitalen Dividende zur besseren Versorgung des ländlichen Raumes mit Breitband-Internet gibt, um eine Verbesserung in den entlegenen Gebieten zu schaffen, damit wir einen Technologieschub in den ländlichen Regionen haben, um die Bevölkerung und wirtschaftliche Betriebe in entlegenen Regionen halten zu können.

Offensichtlich haben die Ersteller der Petition nun auch das Infrastrukturministerium dazu bewegt, bei der Versteigerung der digitalen Dividende endlich Tempo zu machen und dieser Zukunftsinfrastruktur nicht im Wege zu stehen.

Ein zweiter Punkt – und der ist mir auch sehr wichtig – sind die Landärzte. Es gibt eine Bürgerinitiative der Marktgemeinde Grafenegg für den Erhalt der Hausapotheke für Landärzte, wobei wir ein Problem zwischen der Ärztekammer und der Apotheker­kammer haben. Um jungen Ärzten eine Perspektive zu geben, Landarztpraxen zu übernehmen und somit auch die gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum in der breiten Fläche erhalten zu können, ist es ganz wichtig, auch die Hausapotheke zu erhalten, denn es besteht massiv das Problem, dass Arztpraxen nicht nachbesetzt werden. Es ist nicht nur die Bürgerinitiative, es sind zahlreiche Landgemeinden, die Resolutionen in ihren Gemeinderäten beschlossen haben.

Der Herr Gesundheitsminister ist sehr wohl aufgefordert, im Konflikt zwischen der Ärzte- und der Apothekerkammer einmal ein Machtwort zu sprechen und damit seine Verantwortung als Minister auch einmal wahrzunehmen. (Abg. Weninger: Herr Sobotka in Niederösterreich! Gesundheitslandesrat!)

Beide Themen, digitale Dividende sowie die Hausapotheken der Landärzte, sind sehr wichtig, und für deren Lösung wäre nicht ein einziger Cent aus dem Budget und damit aus der Tasche der Steuerzahler notwendig. Damit hätten wir sofort eine Absicherung der Lebensqualität vor allem im ländlichen Raum. (Beifall bei der ÖVP.)

18.31



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 205

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


18.31.41

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für Petitionen, man kann sich Dinge auch sehr schönreden. Vor allem der Ausschuss für Petitionen ist meiner Ansicht nach ein Gremium, in dem sehr viel Bekenntnis abgegeben wird, sehr viel Zustimmung zu Bürger- und Bürgerinnenanliegen, sehr viel: Ja, das sollten wir doch ändern!, gesagt wird, und im Endeffekt passiert mit den Petitionen nichts, mit den Bürgerinitiativen nichts. Meiner Ansicht nach ist die Art, wie jetzt im Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen gerade vonseiten der SPÖ und ÖVP mit den Petitionen und Bürgerinitiativen umgegangen wird, einfach nur fahrlässig und zynisch. (Abg. Weninger: Der Herr Kollege Pirklhuber hat das anders gesehen! – Abg. Höllerer: Der Herr Kollege Pirklhuber sieht das anders!)

Mein Kollege Pirklhuber sieht es insofern nicht anders: Sie können sich alle an die Diskussion um die Ybbstalbahn erinnern. Sie können sich alle daran erinnern (Abg. Weninger: Niederösterreichische Verkehrspolitik!), dass es ist nicht um die Diskussion gegangen ist, dass die Ybbstalbahn, der Erhalt der Ybbstalbahn und die Petition dazu zur Kenntnis genommen wird, sondern es ist in der Diskussion darum gegangen, dass Sie vonseiten der SPÖ und ÖVP nicht einmal Stellungnahmen von den verschie­densten Ministerien eingeholt haben. Das ist das, was anzuzweifeln und hier zu kritisieren ist.

Wenn sich Ihr Kollege Hell hier herstellt und sagt: Das ist doch alles großartig, was Bürgerinitiativen tun!, und gleichzeitig der Ausschuss für Petitionen nicht einmal Stellungnahmen einholt, ist das schwierig.

Jetzt höre ich die ganze Zeit: Das Land ist doch zuständig! – Okay, das Land ist doch zuständig. Ist für die Thayatalbahn auch das Land zuständig? Ist für die Thayatalbahn das Land zuständig? – Ja, wahrscheinlich schon.

Kollege Sacher von Ihrer Fraktion hat diese Petition betreffend „Erhaltung und Betrieb der Thayatalbahn“ hier im Parlament eingebracht.

Wenn sich jetzt herausstellt, dass es für die Thayatalbahn kein Problem ist, Stellungnahmen vom BMVIT einzuholen, Stellungnahmen von Minister Mitterlehner, vom Tourismusministerium einzuholen, wenn das alles kein Problem ist, warum ist es dann ein Problem für die Ybbstalbahn, meine sehr verehrten Damen und Herren? Sie tun so, als wären das zwei Paar Schuhe. Das ist nicht das Gleiche für Sie. Es ist aber das Gleiche, denn entweder ist das Land zuständig oder nicht. Und darum geht es im Endeffekt.

So verhält es sich auch mit der Petition bezüglich des Themas Kinder in Schubhaft. Kollege Gahr sagte hier vom Rednerpult aus, dass das, was von 110 000 Menschen, die diese Petition unterschrieben haben, gefordert wurde (Abg. Gahr: Ich habe nicht gesagt, dass ...!), im Innenausschuss mit dem, was schon passiert ist, und auch damit, dass Minderjährige nicht in Schubhaft genommen werden sollen, dass es familien­gerechte Unterkünfte geben soll, behandelt wird. Das ist einfach unwahr. Das, was die Petitionen fordern, ist nicht das, was in der neuen Fremdenrechtsnovelle umgesetzt wurde. Das passt nicht mehr zusammen.

Deshalb bringe ich auch meine Kritik an, dass der Ausschuss für Petitionen manchmal ein Schönwettergerede ist und das, was wirklich umgesetzt wird, einfach etwas anderes ist. Deshalb sind auch Herr Kollege Pirklhuber und ich der gleichen Ansicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig. – Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 206

Windbüchler-Souschill – das Rednerpult verlassend –: Was ist der Unterschied zwischen der Thayatalbahn und der Ybbstalbahn? Den möchte ich gerne wissen!)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


18.35.14

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Über diesen Sammelbericht ist schon sehr viel gesprochen worden. Für mich kommt durch diesen Sammelbericht mit seinen sieben Petitionen, drei Bürgerinitiativen und 14 Stellungnahmen klar die wichtige Bedeutung des Ausschusses und der durch ihn behandelten Angelegenheiten zum Ausdruck.

Bei diesen Anliegen handelt es sich um sehr vielfältige und breit gestreute Thematiken, die sowohl persönliche wie auch kollektive Interessen der Bevölkerung widerspiegeln. Bei den Hearings zu den diversen Petitionen und Bürgerinitiativen wurde, wie schon angesprochen, eingehend mit Expertinnen und Experten diskutiert. Dabei kamen wichtige Themen im familien- und sozialpolitischen Bereich, im Bereich Bildung, im Bereich Verkehr genauso wie wichtige Anliegen in der Verteilungsgerechtigkeit als zentrale Themen zur Sprache.

Ich möchte hier auf die Bürgerinitiative betreffend Pflegegeld nochmals eingehen. Wenn man sich die Geschichte des Pflegegeldes ansieht, so können wir mit Stolz feststellen, dass die Einführung wahrlich ein großer sozialpolitischer Erfolg und ein Meilenstein war und ist. Wenn seit der Einführung, die im Jahr 1993 damals durch den sozialdemokratischen Sozialminister Josef Hesoun erfolgt ist, in den bestehenden 18 Jahren das Pflegegeld vier Mal erhöht wurde – im Jahre 1994 um 2,5 Prozent, im Jahr 1998 um 2,8 Prozent, im Jahr 2005 um nur 2 Prozent –, so war die Erhöhung im Jahr 2009 mit durchschnittlich 5 Prozent ein klares und für mich deutliches Zeichen und eine Maßnahme in Richtung Anpassung des Pflegegeldes.

Welche Bedeutung das Thema Pflege für uns hat, damit jeder und jede, der oder die Pflege benötigt, auch eine entsprechende Pflege in Anspruch nehmen kann – und es sind derzeit 435 000 Personen in Österreich, die Pflegegeld beziehen –, zeigt der vorgesehene finanzielle Mehraufwand im Jahr 2011 gegenüber dem Jahr 2010, wo 63 Millionen € mehr in die Pflege investiert werden.

Wenn für die Pflege im Jahr 2011 zirka 2 Milliarden € aufgewendet werden, so bezie­hen damit in Österreich etwas über 5 Prozent an Personen Pflegegeld. Dieser Prozentsatz nimmt im internationalen Ranking den Spitzenplatz ein. Man kann sagen, wir sind im Bereich des Pflegegeldes Weltmeister.

Auch der jüngst ausverhandelte Pflegefonds, der die künftige Finanzierung der Pflege sichern wird, wo 685 Millionen € in den Jahren 2011 bis 2014 vom Bund investiert werden, ist ein weiterer Meilenstein in der Pflege.

Geschätzte Damen und Herren! Österreich war und ist in der Pflege auf dem richtigen Weg und wird diesen erfolgreichen Weg auch weiterhin gehen, damit eine gesicherte Zukunft für die pflegebedürftigen Personen gewährleistet ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


18.39.06

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im heutigen Sammelbericht sind auch zwei Petitionen enthalten, mit denen ich mich näher beschäftigen möchte, nämlich die Petition „Kinder gehören nicht ins Gefängnis“ von der Diakonie Österreich, der Caritas, dem SOS-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 207

Kinderdorf Österreich und Amnesty International und die Petition betreffend „Eine rasche, menschenrechtskonforme und humanitäre Reform des österreichischen Frem­denrechts“ des Gemeinderates der Gemeinde Aschach an der Steyr, weil sie in ihrer Begründung auch auf Kinder und Minderjährige eingeht und sich darauf bezieht.

Eines gleich vorweg, ich bekenne mich auch dazu: Ja, Kinder gehören nicht ins Gefängnis! Für mich ist es auch eine generelle Frage, wie man mit Schubhaft umgeht. Für mich muss das maßhaltend sein. Jeder Eingriff in die persönliche Freiheit bedarf einer genauen Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzung. Klar ist auch, dass Kinder bis zum 13. Lebensjahr nicht in Schubhaft genommen werden.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen alle, dass die Rückführung von Familien mit Kindern eine der schwierigsten und sensibelsten Aufgaben für die Behör­den darstellt. Für mich ist es daher wichtig, dass das Innenministerium die Vorgangs­weise bei Familienabschiebungen evaluiert hat und mehrere Maßnahmen getroffen hat, die ich auszugsweise in Erinnerung rufen möchte.

Zum einen wurde die Maßnahme getroffen, dass genau und gut geschulte Polizis­tinnen und Polizisten sich um die Außer-Landes-Bringung von Familien kümmern und auch immer wieder die Jugendwohlfahrt eingeschaltet wird, damit wir eine kinder­gerechte Betreuung in diesen Phasen sicherstellen, und dass auch ein Ombudsmann im Innenministerium geschaffen wurde, der sich ganz besonders um die Betroffenen und auch um besorgte Bürger kümmert.

Meiner Überzeugung nach ganz, ganz wichtig ist zum anderen der einheitliche Vollzug, der aus meiner Sicht in der Vergangenheit nicht immer gewährleistet war. Die Schaf­fung einer Koordinationsstelle wird diese einheitliche Vorgangsweise sicherstellen. Mit dieser Koordinationsstelle ist die Außer-Landes-Bringung nur mit Zustimmung des Bundesministeriums für Inneres zulässig.

Geschätzte Damen und Herren, in der Begründung der Petition des Gemeinderates der Gemeinde Aschach an der Steyr ist auch die Familie Komani – uns allen noch in Erinnerung – angeführt. Ich muss ehrlich gestehen, ich weiß bis heute nicht, warum es damals nicht zu einem humanitären Aufenthaltstitel gekommen ist, obwohl damals bereits in Oberösterreich eine Vielzahl solcher Aufenthaltstitel gewährt wurde und obwohl sich das humanitäre Aufenthaltsrecht für gut integrierte Personen zum damaligen Zeitpunkt schon gut bewährt hat. Ich darf erinnern, dass seit April 2009 rund 3 500 Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erteilt wurden.

Zusammenfassend – aus meiner Sicht ganz klar –: Kinder gehören nicht in Gefäng­nisse. Kinder dürfen aber auch nicht automatisch zu einem Bleiberecht führen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


18.42.45

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Was macht vielen Menschen Sorgen? – Dass sie sich einmal vielleicht ihre Pflege nicht mehr leisten können. Und damit bin ich schon bei der Bürgerinitiative zur Valorisierung des Pflegegeldes.

Kollege Hechtl hat sehr detailliert ausgeführt, wie die Erhöhungen des Pflegegeldes in der Vergangenheit erfolgt sind. Für uns ist ganz klar: Die Pflege muss in Österreich für alle leistbar und in bester Qualität sein. Das gilt es nachhaltig abzusichern, und das ist uns ein wichtiges Anliegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 208

Wo stehen wir? – Die Entwicklung läuft positiv. Pflegebedürftige können fürs Erste aufatmen, der lang gewünschte Pflegefonds steht. Auch das wurde schon ange­sprochen. Wir sind froh, dass dieser Fonds jetzt auch eine Verschnaufpause für Länder und für Gemeinden bringt. Da wird viel Geld in die Hand genommen: 685 Millionen €. Zwei Drittel davon übernimmt der Bund, ein Drittel kommt von den Ländern, und – das ist das Wichtigste – damit wird die Pflege bis zum Jahr 2014 abgesichert.

Eine weitere positive Entwicklung: Verwaltungsvereinfachungen. Anstatt der bisherigen 280 auszahlenden Stellen für Pflegegeld wird es künftig bald nur mehr eine geben. Also, es geht doch, wenn man nur will: Sparen in der Struktur und nicht bei den Betroffenen.

Weitere Verbesserungen – das wünschen wir uns auch –: Wir wollen die Sach­leistungen ausbauen, etwa im Bereich der mobilen Pflege. Wir wollen bundesein­heitliche Qualitätskriterien bei den Pflegegeldeinstufungen und vieles mehr.

Natürlich braucht es in Zukunft auch eine faire und adäquate Höhe des Pflegegeldes. Da bin ich ganz bei den Anliegen der Bürgerinitiative. Aber gehen wir doch einen Schritt nach dem anderen! Beschließen wir jetzt einmal den wichtigen neuen Pflegefonds noch vor dem Sommer! Das macht Sinn und sichert die Pflege für die nächsten Jahre. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


18.45.04

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Ausschuss für Petitionen haben wir begonnen, Bürgerinitiativen auch dadurch aufzuwerten, dass wir die Initiatoren dieser Bürgerinitiativen zu uns einladen und uns bei einer Anhörung im Ausschuss einmal genauer ihre Ideen anhören. Leider wird das Instrument dieses Ausschusses für Petitionen gerade von der SPÖ – und darum wundern mich die Wortmeldungen von der SPÖ immer wieder – für populistische Aktionen missbraucht.

Warum von den SPÖ-Abgeordneten? – Ich kann Ihnen das ganz einfach sagen. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) – Genau, Hannes Weninger! Du sagst, es ist schön, wenn wir hier im Nationalrat darüber diskutieren. Aber es geht dem Bürger nicht darum, ob wir hier darüber reden, ob wir diskutieren, ob wir etwas zerreden, sondern der Bürger will Taten sehen, der Bürger will Umsetzungen sehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, wenn ein Oppositionsabgeordneter hier Ideen einbringt, dann muss man damit rechnen, dass eine Mehrheit ihn niederstimmt. Aber wenn Abgeordnete der Regierungsmannschaft Anträge einbringen, Petitionen einbringen, Initiativen einbrin­gen, dann fragt man sich wirklich: Warum wird das nicht umgesetzt?

Es ist hier Usus, dass Petitionen durch Abgeordnete eingebracht werden. Dazu stehe ich. Wir sind Vertreter unserer Wähler. An uns werden zum Beispiel im Wahlkreis die Ideen der Bürger herangetragen. Unsere Aufgabe ist es dann, zu prüfen, ob das überhaupt Bundeskompetenz ist, ob das hier ins Parlament gehört oder ob das vielleicht eine Landeskompetenz ist. Daher wird es dann, wenn es Bundeskompetenz ist, von uns als Petition eingebracht.

Ich finde es aber interessant, wenn derartige Diskussionen in der Regierungs­mannschaft stattfinden. Im letzten Sammelbericht war zum Beispiel eine Petition zur BIG-Teilprivatisierung von drei SPÖ-Abgeordneten enthalten, die sich offensichtlich in der eigenen Regierungsmannschaft nicht mehr durchsetzen konnten und den Weg über den Ausschuss für Petitionen suchen mussten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 209

Natürlich ist jeder Abgeordnete, jeder Parteifunktionär, jeder Landesrat auch Staats­bürger. Er kann daher auch Initiator einer Bürgerinitiative sein. Es ist dann schön, wenn 55 000 Bürger, so wie es in Oberösterreich der Fall ist, das unterschreiben und unterstützen.

Von einem Landesrat erwarte ich aber eigentlich die Fähigkeit, dass er einen Antrag formulieren kann, und ich erwarte von seiner Fraktion, dass diese dann den Antrag im Parlament einbringt und dass wir über einen konkreten Antrag und nicht über eine Bürgerinitiative diskutieren.

Warum gibt es keine Umsetzung durch die SPÖ? – Kollege Weninger hat schon einen Vorschlag gemacht: Lassen wir es den Fachausschuss passieren! Das wäre eine Idee, dass wir die Petitionen und die Initiativen direkt in den Fachausschuss zur Behandlung geben. Natürlich können wir auch weiterhin den Ausschuss für Petitionen zuerst befas­sen. Wenn aber der Ausschuss für Petitionen nur dazu dient, um populistisch zu erklären: Wir haben das ohnehin schon im Parlament diskutiert!, ist das nicht sinnvoll.

Ich lese jetzt eine Presse-Aussendung der SPÖ vor:

„Die Bürgerinitiative ‚Gerechtigkeit macht stark – Für mehr Verteilungsgerechtigkeit‘, die von der SPÖ Oberösterreich letztes Jahr gestartet wurde und von 55 000 BürgerInnen mit ihrer Unterschrift unterstützt wurde, wurde heute im Petitionenaus­schuss im Parlament behandelt. ‚Landesrat Hermann Kepplinger, Erstunterzeichner der Initiative, hat heute im Rahmen einer Anhörung eindrucksvoll und mit guten Argu­menten die Anliegen der UnterzeichnerInnen im Parlament dargelegt‘, so die SPÖ-Sprecherin für Petitionen und Bürgerinitiativen, Rosa Lohfeyer. Stellung hat auch ein Experte des Finanzministeriums zu den Forderungen der Bürgerinitiative genommen, es gab eine rege Diskussion unter den Abgeordneten.“

Meine Damen und Herren, Sie entwerten das Parlament! Sie sagen in einer Presse-Aussendung: Wir reden über eure Ideen!, aber finden es nicht wert, diese auch umzu­setzen. Warum hat euer Landesrat nicht einfach einen Antrag eingebracht? Warum unterstützen Sie den Antrag nicht? Warum wird diese Initiative nicht in den Fachaus­schuss gegeben, wo man ernsthaft darüber diskutiert, welche Punkte man umsetzen kann und welche nicht?

Das wäre Mut. Aber wenn Sie jetzt nur eine Show im Ausschuss für Petitionen machen und dann noch in einer Presse-Aussendung sagen: Wir haben ohnehin über das Ganze gequatscht!, dann entwerten wir dieses Parlament. Verstehen Sie das nicht? Der Bürger will von uns Taten sehen und nicht leere Worte hören. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher sagen wir Ja zur Aufwertung von Bürgerinitiativen, aber dann müssen wir auch den Mut haben – und der fehlt der SPÖ –, diese Anträge in den zuständigen Fach­ausschüssen ernsthaft zu diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

18.49

18.50.01

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bür­ger­initiativen, seinen Bericht 1159 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 210

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung des Pflegegeldes.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Schnellbahn-Haltestelle Lobau und Attraktivierung statt Angebotsverschlechterung im Bereich der Linie S 80.

Ich bitte um Ihr unterstützendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.50.596. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (942 d.B.): Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (1176 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1062 d.B.): Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits (1177 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1086 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit (1178 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung, über welche wir die Debatte unter einem durchführen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte leitet Frau Abgeordnete Dr. Plassnik ein. – Bitte.

 


18.51.45

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behandeln drei internationale Abkommen, ein bilaterales zwischen Österreich und Mazedonien und zwei Abkommen der Europäischen Union. Sie sind für mich deswegen bemerkenswert, und ich möchte einige Worte dazu sagen, weil die beiden EU-Abkommen in Wirklichkeit Novellierungen bestehender Abkommen sind.

Beide Abkommen haben eine Klausel, die eine Revision dieses Vertrages jeweils nach fünf Jahren vorsieht. Diese Möglichkeit wurde auch konstruktiv genützt, einerseits mit unserem strategischen Partner Südafrika, andererseits mit Korea. Ich glaube, es zahlt sich aus, sich dieses koreanische Abkommen einmal vorzuknüpfen, denn hier geht es eigentlich um eine sehr interessante Entwicklung der europäischen Außenpolitik und der europäischen Außenwirtschaftspolitik.

Es ist das erste Abkommen dieser Art, das Rahmenabkommen nämlich, das wir als Europäische Union mit einem asiatischen Partner geschlossen haben. Es umfasst eine wirklich breite Palette von Themen. Sie reichen von den Menschenrechten über Ter­


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roris­musbekämpfung bis Klimawandel und Energiesicherheit. Das erste derartige Rahmenabkommen hat auch den Eckstein gelegt für das Freihandelsabkommen, das kürzlich sowohl im Europäischen Parlament als auch im koreanischen Parlament genehmigt wurde.

Mit diesem Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Korea wird immerhin das zweitgrößte Abkommen weltweit geschaffen, gleich nach dem NAFTA. Es hat allein im vergangenen Jahr ein Handelsvolumen zwischen den Partnern von mehr als 92 Milliarden Dollar umfasst. Korea ist der achtgrößte Handelspartner für die Europäische Union, die Europäische Union umgekehrt der zweitgrößte Exportmarkt für Korea.

Wir haben mit diesem Freihandelsabkommen, das erstmals nach den Regeln des Lissaboner Vertrages im Europäischen Parlament genehmigt wurde, in Wirklichkeit einen handelspolitischen Meilenstein geschaffen. Die Europäische Union hat in kurzer Zeit die Amerikaner überholt, die ebenfalls seit einigen Jahren mit Korea ein Freihandelsabkommen aushandeln wollen und die noch nicht so weit sind, wie wir es sind.

Für Österreichs Unternehmen bringt dieses Abkommen ganz konkrete Vorteile. Die Exportchancen in diesem Markt mit einem starken Wachstumspotential sind hervor­ragend. Wir haben dort 2010 ein Wachstum von 6,1 Prozent gehabt, 2011 eines von 4,5 Prozent.

Ich möchte aber diese Ausführungen nicht beenden, ohne darauf hinzuweisen, dass wir natürlich weiterarbeiten müssen und auch besser weiterarbeiten sollten an der multilateralen Handelsdiplomatie. Die Doha-Runde – das wird immer wieder in Sonntagsreden beschworen – bringt konkrete Vorteile, nicht nur für die Entwick­lungsländer, sondern auch für uns alle. Das heißt, die Liberalisierung des Welthandels auf der multilateralen Ebene darf nicht zum Stillstand kommen. Es ist schade, dass hier in der letzten Zeit nichts weitergegangen ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

18.55.39

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne zur Änderung des Abkommens mit Südafrika sprechen. Die Republik Südafrika ist für die EU ein äußerst wichtiger Kooperations- und Wirtschaftspartner im südlichen Afrika. Sie ist bei allen bestehenden Problemen ein stabiler, demokratisch regierter Rechtsstaat und die größte Volkswirt­schaft Afrikas, und sie besitzt ein großes Gewicht innerhalb der Afrikanischen Union und in der Blockfreien-Bewegung und gehört sowohl der G20 als auch der G8+5 an. Die ausgezeichnete logistische und organisatorische Leistungsfähigkeit des Landes konnten wir alle im vergangenen Sommer beobachten, als Südafrika als erstes afri­kanisches Land die Fußballweltmeisterschaft ausgerichtet hat.

Für die wirtschaftlichen, entwicklungs- und sicherheitspolitischen Interessen Öster­reichs und der EU im südlichen Afrika ist eine enge und erfolgreiche Kooperation mit Südafrika daher von entscheidender Bedeutung.

Das Änderungsabkommen nimmt eine Reihe von wichtigen Änderungen am ursprünglichen Abkommen vor. Es ist erstens die Frage der Abrüstung und Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen als wichtige Ergänzung aufgenommen worden. Das freut mich besonders. Das steht im vollen Einklang mit den außen­po­


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litischen Zielen und Sicherheitsinteressen Österreichs. Südafrika ist daher ein bedeu­tender Partner in dieser Frage.

Mit dem Ende der Apartheid hat es ein bestehendes umfangreiches Atomwaffen­pro­gramm mit sechs einsetzbaren Atombomben gegeben. Diese wurden von Südafrika aufgegeben. Südafrika engagiert sich seitdem auf internationaler Ebene für Abrüstung und Nicht-Verbreitung von Massenvernichtungswaffen. Südafrika besitzt daher einen großen Vorbildcharakter. Eine intensive Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zwischen der EU und Südafrika kann also bedeutende Impulse setzen, um dieses Thema weiter voranzubringen.

Eine weitere wichtige Ergänzung des Abkommens ist der gemeinsame Kampf gegen die Produktion, den Handel und den massenhaften Besitz von sogenannten Klein­waffen und leichten Waffen. Wenn man bedenkt, dass weltweit etwa 875 Millionen Kleinwaffen und leichte Waffen zirkulieren, dann sieht man, dass hier eine enge Zusammenarbeit besonders wichtig ist.

Außerdem begrüße ich ausdrücklich, dass die EU und Südafrika in diesem Abänderungsabkommen eine verstärkte Zusammenarbeit bei der uneingeschränkten Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof und seiner Arbeit vereinbaren. Ich hoffe daher sehr, dass uns hier eine intensive und für beide Seiten gewinn­brin­gende Kooperation gelingt.

Meine Damen und Herren, aufgrund eines redaktionellen Versehens in der Regie­rungsvorlage betreffend die Kundmachung des Staatsvertrages, des Abkommens zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten und der Republik Südafrika ist folgende Korrektur zu verlesen:

„2. Die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechi­sche, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portu­giesische, rumänische, slowakische, slowenische, spanische, schwedische, tschechi­sche und ungarische Sprachfassung des gegenständlichen Staatsvertrages sind gemäß Artikel 49 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 76 Abs. 3 GOG steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 76 Abs. 3 GOG

der/des Abgeordneten Muttonen, Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kundmachung des Staatsvertrages 942 der Beilagen: Abkommen zwischen der Euro­päischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit

In Abänderung der Ziffer 2 des Ausschussantrages in 1176 der Beilagen wolle der Nationalrat beschließen:


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„2. Die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechi­sche, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portu­giesische, rumänische, slowakische, slowenische, spanische, schwedische, tschechi­sche und ungarische Sprachfassung des gegenständlichen Staatsvertrages sind gemäß Artikel 49 Absatz 2 Bundesverfassungsgesetz dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und inter­nationale Angelegenheiten aufliegen.“

Begründung:

Damit erfolgt die Korrektur eines redaktionellen Versehens.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


18.59.42

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freunde! Auch wir stimmen allen drei Abkommen zu, auch den von Frau Kollegin Muttonen dankenswerterweise verlesenen Korrekturen betreffend Sprachfassungen und deren Veröffentlichungen.

Ich will auch nicht zu den Fragen Südkorea und Südafrika sprechen. Dazu ist schon viel gesagt worden. Ich hätte zwar einiges zu sagen, aber ich will ja Kollegin Muttonen und vor allem auch Kollegin Plassnik nicht immer widersprechen und wende mich jetzt dem Kulturabkommen mit Mazedonien zu.

Ich habe es mitgenommen; es ist nicht sehr viel, ausgedruckt sind es fünf Seiten. Wir werden aber auch diesem Abkommen zustimmen, weil es ja schon ausgehandelt und die Arbeit schon passiert ist. Aber es ist dies ein gutes Beispiel für Arbeiten der Verwaltungsstellen der Republik, die man den Bürgern, Wählern und Steuerzahlern eher nicht zeigen sollte, denn das ist ein Abkommen, worüber eine Weile verhandelt wurde, wo es Kommissionen und Verhandlungsrunden, Übersetzungen hin und her gegeben hat – und herausgekommen ist so gut wie nichts.

Dieses Abkommen ist, wie übrigens die meisten sogenannten Kulturabkommen, völlig inhaltsleer. Es beinhaltet im Wesentlichen gegenseitige Versicherungen, dass man zusam­menarbeiten wird, dass man sich unterstützen wird, dass man versuchen wird, sich auszutauschen in Bezug auf Erfahrungen, Aktivitäten und Förderungen, dass man kooperieren und sich vernetzen wird, und, und, und. Also das sind alles Sachen, wo jeder vernünftige Mensch sagen wird: Ja, machen wir es, wenn es geht. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Das Einzige, was aber wirklich Fleisch hat, sind der Art. 2 Abs. 1 lit. f und der Art. 3 Abs. 1. Art. 2 Abs. 1 lit. f sieht vor die Entsendung eines im öffentlichen Dienst des Entsendestaates stehenden Beauftragten für Bildungskooperation an eine offiziell anerkannte Bildungseinrichtung im Empfangsstaat. Und noch wichtiger im Art. 3 Abs. 1: Ein auf Grundlage des vorliegenden Abkommens entsandter Beauftragter bedarf für seine Tätigkeit, die von der zuständigen Seite genau definiert wird, keiner Beschäftigungsbewilligung.

So, das ist der Inhalt dieses Abkommens. Ich bin ja gespannt, welcher Angehöriger des öffentlichen Dienstes von Mazedonien nach Österreich entsandt wird, um hier mit uns in Sachen Bildung zu kooperieren.


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Aber es gibt natürlich eines – von daher werden wir es bald wissen; die Kollegin von der SPÖ weiß es –: eine Gemischte Kommission. Wie in jedem Abkommen wird auch in diesem die Bildung einer Gemischten Kommission vorgesehen. Diese „evaluiert den im Rahmen dieses Abkommens verwirklichten Austausch und weitere gemeinsame Aktionen und unterbreitet Empfehlungen und Vorschläge für die künftige Zusam­menarbeit, einschließlich Lösungsvorschläge für organisatorische und finanzielle Fragen.“ Und die Schlussfolgerungen werden „in Form von Protokollen der Tagungen der Gemischten Kommission angenommen, auf deren Text sich beide Delegationen einigen“. (Abg. Neubauer: No na!) No na!

Also damit haben wir das Abkommen im Wesentlichen definiert. Ich kann Sie insoweit beruhigen – uns brauche ich nicht zu beruhigen, aber die Steuerzahler und die Wähler –, als diese Kommission nur alle vier Jahre zusammentritt, es sei denn, ein Mitglied verlangt ein schnelleres Zusammentreten. Weiter will ich das nicht kommen­tieren, aber wir stimmen, nachdem alles schon geschehen ist, trotzdem zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.20

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dem vorliegenden Abkommen zwischen Österreich und Mazedonien über die kulturelle Zusammenarbeit selbstverständlich zustimmen. Wir halten es für sehr wichtig, in Zeiten wie diesen auch die kulturelle Zusammenarbeit zu stärken (Abg. Neubauer: Was heißt „in Zeiten wie diesen“?), insbesondere deshalb, weil Mazedonien auch ein mögliches Beitrittsland ist. Anzumerken ist, dass es bislang noch keine fixen Beträge gibt, die dafür vorgesehen sind.

Zu den beiden Abkommen, die Korea und Südafrika betreffen, kann ich ebenfalls sagen, dass wir diese unterstützen werden. In diesem Kontext möchte ich einen Bereich thematisieren, und das ist das Thema Handelsabkommen und Wirtschafts­abkommen generell.

Im März war eine Tagung der WTO in Genf, bei der auch die österreichischen Parlamentarier vertreten waren, und am ersten Konferenztag war ein zentrales Thema „Multilateralismus inmitten des steigenden Trends bilateraler und regionaler Handels­abkommen“. Dieses zentrale Thema wurde zu Recht thematisiert, weil es zunehmend auch Probleme mit sich bringt, wenn einzelne Länder miteinander Verträge ab­schließen und damit das Große und Ganze außer Acht lassen.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass uns Grünen natürlich besonders die Themen Klimaschutz, Energie, Ernährungssicherheit, medizinische Versorgung und Menschenrechte im Speziellen wichtig sind. Das in den Abkommen zu verankern ist eine Aufgabe im internationalen Kontext, auf europäischer Ebene und selbst­ver­ständlich auch eine Aufgabe der österreichischen Außenpolitik. Ziel muss sein, die ökologische, soziale Nachhaltigkeit und Menschenrechte zentral zu verankern.

Herr Staatssekretär Waldner, wenn wir uns den Außenpolitischen Bericht 2009 ansehen, dann finden wir darin zwar das Thema „Multilaterale Wirtschaftspolitik“, aber in einer sehr beschreibenden Form, nämlich wo welche Tagung war und was dort gesprochen worden ist. Was ich vermisse, sind eine klare Positionierung Österreichs und ein klares Eintreten für die vorhin genannten Ziele der sozialen, ökologischen Nachhaltigkeit und der Menschenrechte. Das brauchen wir in dieser Form, weil das


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Ziel einer fairen Weltwirtschaftsordnung eines ist, das ein Teil der Außenwirt­schaftspolitik und natürlich auch der außenpolitischen Maßnahmen sein muss.

Insofern steht es, wie ich meine, Österreich hier gut an, sich mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen und auch auf europäischer Ebene und internationaler Ebene dafür zu kämpfen, dass es eine faire Weltwirtschaftsordnung gibt und dass die multilateralen Verträge Vorrang vor den bilateralen haben, denn nur so ist es möglich, auch die entsprechenden Ziele zu erreichen. (Beifall bei den Grünen.)

19.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.07.15

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das ist heute wieder wunderbar: drei schöne, nette, harmlose Abkommen, ein Kulturabkommen, zwei Abkommen der Europäischen Union über Zusammenarbeit, über Gespräche. Alles wunderschön. So richtig schön auch für die Außenpolitik, für das Außenamt, für den Minister, für den Staatssekretär. Es sind solche Abkommen so schön: Da wird verhandelt, da gibt es Kommissionen, da gibt es Arbeitsgruppen, da streitet man vielleicht über den einen Punkt oder den anderen Beistrich, dann einigt man sich, dann kann man das feiern. Das ist nett. Und wir werden das auch gar nicht stören mit unserem Abstimmungsverhalten, denn wir haben es auch einmal nett und werden dem auch zustimmen.

Herr Staatssekretär, die Frage ist natürlich nur – abgesehen davon, ob diese Abkommen gerade jetzt wirklich die Notwendigkeiten in der Außenpolitik der Euro­päischen Union und in der Außenpolitik der Republik Österreich darstellen –, ob es nicht an einem Tag wie diesem, Herr Staatssekretär, wo die Tagesordnung nicht wirk­lich von vorne bis hinten mit dramatischen und wichtigen Ereignissen gefüllt ist, vielleicht auch den einen oder anderen Punkt in der Außenpolitik gegeben hätte, den wir hätten diskutieren können: etwa einen Bericht vom Außenminister über vielleicht zumindest genauso wichtige Punkte wie diese drei Abkommen. Das wäre natürlich nicht so angenehm, nicht so schön, weil man da nicht überall nur zustimmen kann. Es wäre doch vielleicht interessant, einmal eine eigene Linie Österreichs in der Außenpolitik zu entwickeln. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.)

Ja, natürlich, unser Außenpolitiker da, der Experte in der drittletzten Reihe. Das ist natürlich gut und richtig, wenn man sich da auch noch beteiligt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Ja, der nächste Außenpolitiker! Nur, meine lieben Kollegen von der Österreichischen Volkspartei, ... (Abg. Rädler: Sei nicht so überheblich!) – Nein, ich bin überhaupt nicht überheblich, nur ... (Ruf bei der ÖVP: Musst dich anhalten, damit du nicht hinunterfällst!)

Nein, ich muss mich auch nicht anhalten, nur, liebe Kollegen von der ÖVP, die ihr so geistvolle und lichtvolle Zwischenrufe macht in dieser wichtigen Diskussion über die drei Abkommen (Abg. Grosz: Tüchtige Erwinisten in der ÖVP!): Wäre es nicht interessant, auch für euch, ab und zu einmal auch über den Tellerrand der eigenen Kleingemeinde zu schauen, des eigenen Bundes, der eigenen Probleme in der Partei, wie die Bünde da unter einen Hut zu bringen sind und wer wo wie das nächste Mal in einem Vorstand abstimmt?

Man könnte sich ja einmal überlegen: Wie geht es weiter in den Krisenherden dieser Welt, die auch eine Auswirkung auf uns haben? Meine Herren in der drittletzen Reihe der Österreichischen Volkspartei! Man könnte einmal offen darüber diskutieren, wie die Flüchtlingsströme zu bewältigen sind, wie denn das jetzt mit der Europäischen Union,


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mit diesem Schengen-Abkommen, von euch sehr hoch gelobt und gewürdigt, aussieht, wenn man sieht, dass es jetzt einmal auch den Wahrheitsbeweis antreten muss, ob das dann wirklich diese gemeinsame, diese solidarische Bewältigung eines Problems ist, nicht bei Schönwetter, nicht nur bei Schönwetter, sondern auch dann, wenn eine Krise auftritt. Interessanterweise war das eine Krise, wo man geglaubt hat, dass jetzt, wo Herr Ben Ali durch die so glorreiche Revolution abgesetzt worden ist, alle zufrieden sind in Tunesien. Herr El-Gawhary hat uns ja auch erklärt, dass jetzt alles super ist. Plötzlich flüchten aber die Tunesier nach Italien.

Das geht uns alles nichts an, meine Herren aus der drittletzten Reihe der Öster­reichischen Volkspartei. Das ist alles so lustig. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer. – Abg. Ing. Westenthaler: Der kennt sich auch aus!) Auch aus der vorletzten Reihe der Österreichischen Volkspartei. Es ist auch lustig, dass wir Zwischenrufe machen, aber vielleicht wäre es interessant, auch eine österreichische Position zu diesem Problem in der Außenpolitik zu entwickeln und das hier im österreichischen Nationalrat zu entwickeln. (Beifall beim BZÖ.)

Wäre das nicht auch interessant für euch? Auch in euren Gemeinden wird euch die Bevölkerung fragen (Abg. Gahr: Damit haben wir kein Problem!), was habt ihr gemacht, um diese Flüchtlingsströme zu verhindern und wirklich auch europäische Solidarität einzumahnen? – Punkt eins.

Punkt zwei: etwa die Situation in Ägypten. Auch die wurde uns von Herrn El-Gawhary im ORF erklärt. So eine tolle Revolution! Lauter Philosophen und Künstler haben diese Revolution erwirkt. Ein bisschen negativ beleuchtet wurde es, weil dort das Militär vielleicht noch das totale Chaos verhindert hat. Jetzt plötzlich gibt es jedoch Übergriffe gegen die Christen, und die sagen: Es ist schlimmer als vorher.

Meine Damen und Herren aus der drittletzten und vorletzten Reihe! Ist das auch etwas, wo wir lustig sind und Zwischenrufe machen? Oder wäre es vielleicht auch da einmal interessant, eine österreichische Position auch innerhalb der Europäischen Union zu entwickeln, damit wir auch diese Bevölkerungsgruppe dort entsprechend absichern? (Beifall beim BZÖ.)

Oder Libyen, meine Damen und Herren, wo Österreich sogar überlegt, Bodentruppen dorthin zu entsenden. Auch da weiß niemand – ja, vielleicht wissen die Franzosen, welche Interessen sie haben, auch die Amerikaner –, was dort wirklich los ist mit den angeblich so friedlichen Revolutionären. Kennen Sie die alle? Wissen Sie, ob das eine bessere Alternative ist? Keiner redet dem Herrn Gaddafi und seinem Regime das Wort, aber denken wir, auch in der Europäischen Union, an das Danach in dieser so schwierigen Krisenregion nach. (Abg. Gahr: Haider war da ja öfter unten!) – Ja. Na super! Er ist schon wieder lustig. Es ist ganz großartig.

Denken wir wirklich darüber nach, was die Alternativen sind? Mit Bomben und mit Bodentruppen dort aufzutreten, ist sehr einfach, schwieriger ist es aber, dann der Bevölkerung einen stabilen Frieden zu sichern, um Flüchtlingsströme zu verhindern, der Bevölkerung eine Zukunftsperspektive zu geben, und zwar nicht im Islamismus oder im Chaos, sondern eine Perspektive, mit der sie in ihrer eigenen Heimat eine bessere Zukunft sehen und nicht ins Ausland flüchten auf irgendwelchen überfüllten Booten. Es wäre vielleicht auch für euch da interessant und für das österreichische Außenamt, da in der Europäischen Union einmal Druck zu machen, dass man einmal eine andere Richtung einschlägt. (Beifall beim BZÖ.)

Da gibt es noch eine ganze Reihe von anderen Themen, die man diskutieren könnte, aber ich weiß schon, ihr wollt das nicht, weil das nicht so angenehm, nicht so lustig und nicht so schön ist. Es ist vielleicht auch ein bisschen komplizierter, als über innerparteiliche Streitereien nachzudenken.


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Herr Staatssekretär, es wäre allerdings ganz interessant, wenn wir einmal bei all diesen Krisen – und wir sind Mitglied der Europäischen Union, wir zahlen überall mit, wir sind alle großartig dabei, wenn es darum geht, überall mitzuzahlen und solidarisch zu sein – die Stimme erheben würden. Ich weiß schon, das ist für manche Diplomaten ganz besonders furchtbar, wenn wir alleine sind, wenn wir alleine eine Meinung vertre­ten, bei der vielleicht kein anderer der restlichen 26 sofort auf unserer Seite ist. Es wäre schon etwas, wenn wir einmal die Stimme erheben und gegen den Strom schwimmen würden oder vielleicht sogar ein wenig schneller als der Strom und einmal eine österreichische Sicht der Außenpolitik im Rahmen der Europäischen Union, aber auch im internationalen Bereich zeigen würden.

Vielleicht bringt es nichts. Vielleicht ist es wertlos, aber wir wissen es nicht, solange wir es nicht probieren. Nur immer nette Abkommen durchzuwinken und uns zu freuen, dass wir wieder etwas beschlossen haben, ist ein bisschen zu wenig für eine Außen­politik, die auch etwas bewirkt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Das funktioniert auch beim Song Contest nicht! Auch dort wurde abgewunken!)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waldner gemeldet. – Bitte.

 


19.14.55

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Auch ich möchte kurz zu diesen drei Gesetzesvorlagen aus dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Stellung nehmen. Es wurde ja schon recht ausführlich darüber gesprochen.

Ich finde, alle drei Abkommen sind wichtig und zeigen, dass Österreich ein geschätzter und respektierter Partner in der Welt ist, sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch bei der Entwicklungszusammenarbeit und in der Kultur. Wir können in vielen Ländern der Welt unser österreichisches Know-how einbringen, und Österreich profitiert überdurch­schnittlich vom Welthandel. Bereits 60 von 100 €, die unsere Unternehmen verdienen, werden im Export verdient. Das sichert Arbeitsplätze und Wohlstand, und auch deswegen sind diese Abkommen wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Kurz zu den drei Vorlagen: die erste, das EU-Abkommen mit der Republik Südafrika über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit. Es wurde schon gesagt: Südafrika ist der größte Handelspartner der EU in Afrika. Bis zum Jahr 2010 erreichten die europäischen Exporte ein jährliches Volumen von 21,5 Milliarden €. Insgesamt ist das bilaterale Handelsvolumen seit 2004 deutlich, um mehr als ein Drittel, gestiegen.

Das Abkommen enthält Bestimmungen zum Internationalen Strafgerichtshof, zur Abrüs­tung, Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Bekämpfung des Ter­rorismus und seiner Finanzierung sowie Bekämpfung der organisierten Kriminalität, zur Prävention von Söldneraktivitäten und zum Handel mit Kleinwaffen. Auch ein vertiefter politischer Dialog über Migrationsfragen ist vorgesehen.

Die zweite Vorlage betrifft die Republik Korea. Das Abkommen wurde am 10. Mai 2010 von der Hohen Vertreterin Ashton, den EU-Mitgliedstaaten sowie dem koreanischen Außenminister unterzeichnet. Es handelt sich um das erste Abkommen dieser Art zwischen der Europäischen Union und einem Industrieland. Dieses Abkom­men soll die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, nachhaltige Entwicklung, Bildung und Kultur, Recht, Freiheit und Sicherheit sowie Tourismus, öffentliche Verwaltung und Statistik vertiefen.


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Das dritte, das bilaterale Abkommen über die kulturelle Zusammenarbeit Österreichs mit der Republik Mazedonien wurde ebenfalls im Oktober 2010 mit der mazedo­nischen Kulturministerin unterzeichnet.

Die Auslandskultur liegt uns besonders am Herzen. Kunst und Kultur aus Österreich sind auf der ganzen Welt bekannt und geschätzt, und unsere Kulturinstitute leisten hervorragende Arbeit.

Das Ziel dieses Abkommens ist die Förderung der kulturellen Zusammenarbeit zwischen Österreich und Mazedonien, und die Kosten für die Durchführung halten sich durchaus in Grenzen, jährlich an die 5 000 € bis 6 000 €.

Ich finde, alle drei Abkommen sind gut und wichtig, und ich ersuche daher um Zu­stimmung zu diesen drei Vorlagen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.18.05

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Abkommen sind meistens Ergebnis sehr langer Verhandlungen und jedenfalls wichtig, auch wenn diese Sie (in Richtung BZÖ) derzeit nur amüsieren. Das eine Richtige und Wichtige zu tun, Herr Kollege Scheibner, bedeutet nämlich nicht, die anderen Dinge, die über viele Jahre vorbereitet wurden, einfach liegen zu lassen.

Aus diesem Grund bin ich sehr dankbar dafür, dass unser Außenministerium neben den großen Herausforderungen, die sich jeden Tag stellen und zu denen das Außen­ministerium die österreichische Position auf europäischer Ebene und der Außen­minister und die anderen Minister gegenüber der Bevölkerung jeden Tag vertreten müssen, auch noch Zeit hat, langfristige und schwierige Projekte, heute vielleicht nicht die allerallerschwierigsten, sondern erfreulichere und ein wenig einfachere, auch zu Ende zu führen. Ich danke auch den Mitarbeitern im Außenamt, dass sie nicht so wie die Opposition nur auf die schnelle Schlagzeile des Tages schauen, sondern eine wichtige und langfristige Beziehungsarbeit mit unseren Freunden in aller Welt leisten. Das ist nämlich genau das, worauf ein kleines Land wie Österreich bauen muss. (Beifall der Abg. Dr. Plassnik. – Abg. Grosz: Einsamer Beifall! – Abg. Ing. Westen­thaler: Noch einmal, bitte!)

Diese langfristigen, auch freundschaftlichen Verbindungen sind insbesondere innerhalb der EU wichtig. Und Sie wissen genau, erstens, dass es die großen Flüchtlingsströme aus dem arabischen Raum, auch wenn 25 000 Menschen in Italien gelandet sind, derzeit erfreulicherweise in Europa nicht gibt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Während Sie hier in Wien sitzen, bin ich als Innsbruckerin an der Grenze zu Italien zu Hause. Sie können mir glauben, dass die allerersten aus Italien in Tirol ankommen würden und müssten. Davon ist derzeit einmal überhaupt nichts auszumachen. (Abg. Scheibner: Wir schicken die alle zu Ihnen nach Tirol, damit Sie das auch einmal mitbekommen!)

Die Polizei ist dauernd in den Zügen über den Brenner unterwegs, um die Grenzen in Form der Schleierfahndung zu überwachen. Es ist nicht auszumachen, dass ein erhöhtes Aufkommen an Ausländern aus Tunesien oder anderen arabischen Ländern in Tirol festgestellt worden wäre, auch nicht zur Durchreise. (Abg. Scheibner: Reden Sie doch einmal mit Leuten, die sich auskennen!) Schnelle und billige Schlagzeilen sind insbesondere in der Außenpolitik absolut kontraproduktiv.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 219

Herr Staatssekretär Dr. Waldner, ich freue mich ganz besonders, und ich habe zum ersten Mal die Gelegenheit, Ihnen das auch offiziell zu sagen, dass Sie diese Aufgabe jetzt wahrnehmen. (Abg. Grosz: Jetzt wird es aber innig!) Ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit mit Ihnen, und ich wünsche Ihnen im Besonderen die notwendige, ruhige Hand in schwierigen Zeiten. Ich bin sicher, dass Sie sie haben, und froh, dass das Geschick des Außenamts und Österreichs in Ihren und den Händen des Außen­ministers liegt, und nicht in den maximal amüsierten Händen unserer Opposition, die auch über wichtige Dinge meistens nur lachen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo bleiben die Blumen? – Abg. Grosz: Gibt es da vielleicht auch noch einen Kuss?)

19.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.21.03

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Grosz: Jetzt kommt der Kulturschock!) Jetzt ist gerade Herr Abgeordneter Hübner nicht mehr im Saal, er ist uns abhanden gekommen. (Rufe bei der FPÖ: Stimmt nicht! Er ist doch da!) – Ah, Entschuldigung! Er ist hier.

Herr Abgeordneter Hübner, Mazedonien liegt Ihnen am Herzen. Mir auch! Auch ich habe mir die fünf Seiten ganz genau angeschaut, habe das Abkommen also auch genau studiert, und so lächerlich finde ich dieses Übereinkommen nicht, wie Sie es dargestellt haben, Herr Dr. Hübner. Sie kennen die Mazedonier auch als Mitglieder des Europarates, und es ist nicht das einzige Übereinkommen, das wir Österreicher oder auch die EU mit Mazedonien abgeschlossen haben. Es gibt Übereinkommen über die Doppelbesteuerung, es gibt Übereinkommen über die Anerkennung von Unterhalts­titeln, es gibt, was Sie als Anwalt interessieren wird, Übereinkommen über Schieds­sprüche und, und, und.

Es gibt alle möglichen Übereinkommen, die wir in Europa, die wir Österreicher jetzt bilateral mit diesem Übereinkommen im Bezug auf kulturelle Zusammenarbeit ergän­zen werden. Ich denke schon, dass das wichtig und notwendig ist für den Einzelnen, für die Mazedonierin, für den Mazedonier, vielleicht auch für die einzelne Öster­reicherin, für den Österreicher – Sie wissen, am 5. Juni sind in Mazedonien wieder Wahlen –, dass man den kulturellen Austausch pflegt. Wir haben in dem Zusam­menhang auch Ausstellungen gehabt. Was soll denn daran so lächerlich sein? Was soll denn so witzig sein?

Was soll denn so lustig sein daran, dass zum Beispiel entsprechende kulturelle Koope­rationen auf Ebene der Literatur, auf Ebene des Films, schulische Übereinkommen bestehen, dass Reifeprüfungszeugnisse eventuell wechselseitig anerkannt werden bezie­hungsweise das komplizierte Nostrifizierungsverfahren nicht mehr nötig ist? – Dieses Übereinkommen ist wichtig für die Zusammenarbeit, für die weitere Zusam­menarbeit mit einem europäischen Land, das nicht so weit weg ist, wie es oft scheint.

Daher, sehr geehrte Damen und Herren, finde ich, dass es nicht nur ein Wohlfühlpunkt oder Wohlfühlprogramm ist, so wie das Kollege Scheibner aus der dritten Reihe immer wieder bezeichnet hat. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sitzen ganz links außen!) Morgen haben wir ja die Gelegenheit, dass wir Europa in der Aktuellen Stunde debattieren. Wir haben im Außenpolitischen Ausschuss die aktuelle Aussprache gehabt, wir haben den Südtirol-Ausschuss gehabt. Morgen werden wir Europa diskutieren. (Abg. Scheibner: Sie brauchen aber auch die Opposition dazu!)


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Wir werden uns aber auch mit den sogenannten kleinen Angelegenheiten befassen, weil die kleinen oft ganz groß sind in ihren Auswirkungen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Wenn Sie müde sind, Herr Abgeordneter Grosz, dann gehen Sie einfach schlafen. Gute Nacht, auch Ihnen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Großruck. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

(Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Herr Kollege Großruck, starten Sie, sonst geht sich der Vierzeiler nicht mehr aus. – Bitte.

 


19.24.08

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Da muss sich der Lärmpegel etwas absenken. Ich mache keine Schweigeminute, sondern ich habe gewartet, bis es etwas ruhiger wird. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass die Abkommen, die wir heute beschließen, auch wenn dort oder da gewisse Flöhe gesucht worden sind, ganz wichtig sind. (Abg. Grosz: Flöhe?) Es ist ja auch nicht das erste Mal, sondern wir beschließen ja laufend Vereinbarungen und Abkommen mit anderen Ländern. Ich erinnere, vor einigen Wochen oder Monaten haben wir mit Albanien einen Katastrophen­hilfeabkom­men beschlossen und viele andere. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass es für die zwischenstaatlichen Beziehungen und auch für die Verständigung unter den Staaten notwendig ist, derartige Abkommen abzuschließen. Wir haben heute drei vorliegen.

Es ist schon eingegangen worden auf Südafrika, auf Korea. Ich möchte kurz das Abkommen mit Mazedonien erwähnen. Es ist wichtig, ein Bildungsabkommen, das die Ausbildung an den Hochschulen, an den Mittelschulen betrifft, Kooperationen gerade auch im Hinblick auf den Bologna-Prozess mit diesen jungen Demokratien auf dem Balkan zu beschließen. Erstens ist es für sie eine Aufwertung, mit sogenannten etablierten europäischen Staaten Vereinbarungen und Übereinkommen zu haben. Es ist auch notwendig.

Was mich an der ganzen Sache, was Mazedonien anlangt, etwas stört, ist die Namensgebung. Ich habe einmal als Berichterstatter in der OSZE-Parlamen­tarierver­sammlung einen Bericht über den Südbalkan gemacht, und habe „Mazedonien“ hinein­geschrieben. Die Griechen haben gesagt: Den Bericht akzeptieren wir nicht! – War er inhaltlich falsch oder was? – Nein, den Namen, den gibt es für uns nicht. Für uns heißt es FYROM, Former Yugoslavian Republic of Macedonia. (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Also: Former Yugoslavian Republic of Macedonia. Dies noch einmal für Herrn Grosz, weil er vielleicht zu klein gehört hat. (Abg. Grosz: Nur sieben Fehler und zwei Unfälle!)

Ich glaube, solange auch hier in Europa so kleinkariert gestritten wird und es allein durch die Namensgebung zu großen Staatsaffären kommt, ist noch nicht sehr viel im Reinen, sondern da müssen wir noch viel arbeiten. Eine Kinderei für uns, für die Griechen ein unbewältigtes Problem. Da muss die Europäische Union auch mithelfen, dieses Problem zu lösen, denn die Griechen verhindern ja beispielsweise auch die Verhandlungen mit Mazedonien über den Beitritt zur Europäischen Union.

Meine Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss. (Abg. Ing. Westenthaler: Schüttelreim!) – Der Schüttelreim kommt noch. Die Zeitungen sind heute voll von einem Ereignis in New York drüben. Was war? Dazu ist mir nur ein Zweizeiler eingefallen, den ich sagen möchte:


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Obwohl er schon ein reif’rer Mann,

zeigt Dominique Strauss, was er noch „Kahn“.

Für das Protokoll: Bitte, „Kahn“ mit stummem „h“ schreiben. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Ist er vollkommen durchge­knallt? – Abg. Dr. Pilz: Ungeheuerlich!)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Weninger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.27.57

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht alles, was ein Schüttelreim sein soll, ist auch geschmackvoll. (Beifall bei der SPÖ.)

Zurück zu den vorliegenden Abkommen mit Südafrika, Mazedonien und Korea. Das gibt mir die Möglichkeit, ein paar Gedanken zur Zusammenarbeit in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht zwischen Österreich und der Republik Korea zu äußern. Immerhin gehört Korea nach China und Japan gemeinsam mit Indien zu den wichtigsten Absatzmärkten der österreichischen Wirtschaft in Asien und mit einer aktuellen Wachstumsprognose von 6 Prozent zu einem der boomendsten Hoffnungs­märkte für österreichische Unternehmen.

Importen von rund 520 Millionen € pro Jahr, vor allem in den Sektoren Elektronik und Automobilprodukte, stehen durchwegs beachtliche österreichische Exporterfolge in der Höhe von 560 Millionen € gegenüber. Den daraus resultierenden knappen, immerhin positiven Handelsbilanzüberschuss machen vor allem die österreichischen Export­erfolge im Bereich des Maschinen- und Fahrzeugbaus, des Eisen- und Stahlsektors, der Mess- und Prüfgeräte und der chemischen Produkte aus.

Die Beziehungen zwischen Österreich und der EU auf der einen Seite und Korea auf der anderen Seite haben in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen, und das vorliegende Rahmenprogramm gibt nun einen umfassenden politischen Rahmen für die zukünftige Zusammenarbeit ab. Dieses Abkommen ist eines der ersten zwischen der Europäischen Union und einem Industrieland und es behandelt die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, Nachhaltigkeit, Bildung, Kultur, Recht, Freiheit, Sicherheit, sowie Tourismus, öffentliche Verwaltung und Statistik.

Von besonderer Bedeutung sind der politische Dialog, die Diskussion über die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, die Zusammenarbeit zur friedlichen Lösung internationaler und regionaler Konflikte und die Zusammenarbeit in inter­na­tionalen Organisationen.

Im Unterschied zu reinen Freihandelsabkommen beinhaltet das vorliegende Rah­menprogramm ein deutliches Bekenntnis zum Thema Beschäftigung und Soziales. Die Vertragsparteien kommen überein, in diesem Bereich bilateral und multilateral zusam­menzuarbeiten.

Als Thema von besonderem Interesse werden die Folgen der Globalisierung, des demographischen Wandels, regionaler und sozialer Zusammenarbeit, die Integration, die soziale Sicherheit und die Bildung sowie die Gleichstellung der Geschlechter und men­schenwürdige Arbeit explizit genannt. Es wird jetzt an uns liegen, dieses Ab-kommen mit Leben zu erfüllen. Damit rückt die Welt wieder ein Stück näher zusam­men.


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Ich möchte noch zwei kurze Bemerkungen machen, die erste zum Kollegen Scheibner. Ich achte natürlich seine Ambition, in diesen Tagesordnungspunkt eine aktuelle außenpolitische Debatte hineinzubringen, aber die Formulierungen „gegen den Strom schwimmen“, etwas ausprobieren, sind sicher nicht der richtige Zugang in der inter­nationalen Politik (Abg. Scheibner: Probiere, eine eigene Meinung zu haben!), die doch sensibel ist, wie du als ehemaliger Verteidigungsminister ganz genau weißt. Diese Aussagen sind sicher nicht als Grundlage für eine fundierte, langfristige österreichische Außenpolitik zu sehen.

Abschließend noch einmal, was ich einleitend gesagt habe: Lieber Kollege Großruck, vielleicht sollte man sich den einen oder anderen Vierzeiler oder Schüttelreim vorher etwas genauer überlegen, bevor man das österreichische Parlament damit belästigt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben vielleicht schon mitbekommen, dass jetzt die eine oder andere Aufregung und viele Geschäftsordnungswortmeldungen bei mir eingelangt sind. Ich glaube, Herr Kollege Großruck – ich habe mit ihm mittlerweile über eine Mitarbeiterin der Parlaments­direktion Kontakt aufgenommen – hat einen Fehler gemacht, den er berichtigen möchte. Wir geben ihm die Chance.

Wenn wir uns dann noch immer Platz für eine Geschäftsordnungsrunde werden neh­men müssen, dann werden wir das tun.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Großruck zur Geschäftsordnung das Wort. (Zwi­schenrufe bei BZÖ und Grünen. – Abg. Grosz: Es gibt eine Rednerliste!) – Herr Kollege Großruck, bitte zur zweiten Wortmeldung.

 


19.32.41

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe nicht beabsichtigt, mit meinem Zweizeiler irgend­jemanden zu verletzen. Ich habe ihn ironisch gemeint. Dass er so in die falsche Kehle gekommen ist, bedauere ich. Ich entschuldige mich bei allen, die sich betroffen fühlen. (Abg. Grosz: Was heißt „betroffen“?!)

Sie können mir glauben, dass ich mit diesem Satz die Fehltaten von Strauss-Kahn nicht irgendwie rechtfertigen wollte, sondern ich verurteile sie zutiefst und fühle mich selbst als Politiker von so einer Sache betroffen. (Anhaltende Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.) Deshalb bitte ich, das so zu akzeptieren. Wenn es in die falsche Kehle gekommen ist, entschuldige ich mich noch einmal und ziehe diesen Zweizeiler zurück.

19.33

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Abgeordnete Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek gelangt nun zur Geschäftsordnung zu Wort. – Bitte.

 


19.33.37

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich bin jetzt in zweifacher Weise schockiert: einerseits über den Zweizeiler (Abg. Ing. Westenthaler: ... Geschäftsordnung!) beziehungsweise Zwei­reiher des Kollegen Großruck, der offensichtlich vollkommen unüberlegt eine versuchte Vergewaltigung als Leistung für einen älteren Mann dargestellt hat, und das noch dazu weiterausbaut in der Form, dass er sagt: sollte sich hier jemand verletzt fühlen. – Ich


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hätte mir erwartet, dass er seine vollkommen absurde Aussage zu 100 Prozent zurück­zieht!

Zweitens bin ich sehr erstaunt über Ihre Vorgangsweise, Herr Präsident, dass wir jetzt einfach die RednerInnenordnung über den Haufen schmeißen. (Abg. Ing. Westen­thaler: ... kein objektiver Präsident mehr! – Weitere Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.) – Ich weiß nicht, welche Vorleistungen da sind, aber hier eine ordentliche Debatte zur Entgleisung von vorhin einzuleiten, das wäre eigentlich Ihre Aufgabe als Präsident gewesen.

Wir nehmen diese Entschuldigung nicht zur Kenntnis. Es war nämlich keine Ent­schuldigung, sondern es war das im Wesentlichen eine Verharmlosung einer ver­such­ten Vergewaltigung. Und ich verlange vom ÖVP-Klubobmann eine Entschul­di­gung, die sich mit der gesamten Problematik befasst – mit dieser Verharmlosung einer versuchten Vergewaltigung als Spaß, als Witz, indem diese als Leistung eines älteren Mannes dargestellt wurde. Dafür, so glaube ich, braucht es eine Entschuldigung des ÖVP-Klubobmanns. – Danke. (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weiters zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


19.35.04

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir, meine Fraktion, sind doppelt schockiert über das, was sich hier in den letzten sieben Minuten abgespielt hat. Der erste Fall, dass der Herr Abgeordnete Großruck hier heraus­schreitet, in typisch lustiger Manier seinen Vierzeiler rezitiert und dabei sagt: Strauss-Kahn, ein alter Mann, der halt zeigt, was er kann. – Ha ha ha! (Unruhe im Saal.)

Das ist zutiefst geschmacklos, Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Herr Noch-Vorsitzende des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn wird verdächtigt, sexuelle Belästigung durchgeführt zu haben, eine versuchte Vergewaltigung, Nötigung und Köperverletzung. Das ist nicht etwas, das ein Mann kann, sondern etwas, das niemand tun sollte! Daher sind auch die geschmacklosen Zwischenrufe (Rufe bei der ÖVP: Gerade du !) dieser Fraktion zu diesem Thema und zu diesem Schandstück, das sich dieser Herr Abgeordnete hier draußen geleistet hat, verachtend, schändlich und zurückzuweisen!

Zweiter Punkt, sehr geehrter Herr Präsident: Sie geben dem Herrn Abgeordneten Großruck die Möglichkeit, sich zur Geschäftsordnung zu Wort zu melden (Zwischen­rufe beim BZÖ), tauschen aber seinen Geschäftsordnungsbeitrag in einen Redebeitrag um, obwohl er nicht zu Wort gemeldet war (Abg. Kopf: Selbstverständlich war er gemeldet!), und beschneiden Frau Klubobfrau Glawischnig-Piesczeks und meine Ge­schäfts­ordnungswortmeldungen von vorhin.

Herr Präsident Graf, Sie haben die Geschäftsordnung gebogen und gebrochen und einmal mehr gezeigt, dass Sie in einer schwierigen Situation, wenn es darum geht, das Ansehen des Hauses zu schützen, nicht in der Lage sind, den Vorsitz in diesem Haus zu führen und daher eigentlich als Erster abdanken sollten! (Beifall beim BZÖ.)


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19.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Klubob­mann Kopf, ebenfalls zur Geschäftsordnung, zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident, Sie kritisieren den von der ÖVP für das Kuscheln, dass ...!)

 


19.36.59

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Abgeordnete Großruck hat vorhin einen Vierzeiler, wie er es des Öfteren macht (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Zweizeiler! – Abg. Ing. Westen­thaler: Einen Vierzeiler aus zwei Zeilen!) oder einen Zweizeiler, okay, ist das jetzt wichtig? –, zum Besten gegeben, der zutiefst unangebracht, unangemessen und verlet­zend war. Er hat sich dafür entschuldigt.

Ich bitte Sie alle, diese Entschuldigung zur Kenntnis zu nehmen, zu akzeptieren – auch anderen ist schon einmal etwas passiert – und letzten Endes auch zu respektieren. (Ruf bei den Grünen: ... entschuldigen!) – Das hat er getan, und ich bitte Sie alle, jetzt hier nicht in dieser Art und Weise überhöht, im Nachhinein, nach seiner Entschul­digung, weiter darauf herumzureiten, sondern seine Entschuldigung zu respektieren, zu akzeptieren. Mehr kann er in dieser Situation nicht tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Jetzt könnte der Präsident noch seinen Segen dazu geben!)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


19.38.31

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Großruck hat sich in seinem Redebeitrag beziehungsweise in seinem Zweizeiler auf Herrn Strauss-Kahn bezogen, welcher der sexuellen Nötigung, der versuchten Vergewaltigung und der Körperverletzung verdächtigt wird. In diesem Zweizeiler hat sich Herr Großruck auf Strauss-Kahn in einer Art und Weise bezogen, die nicht zu akzeptieren ist.

Es ist zu akzeptieren, dass sich Herr Großruck mit einer, ich sage jetzt, missglückten Entschuldigung davon distanziert, nur muss eines noch einmal gesagt werden: Darüber kann man keine Witze machen! Da geht es um Verbrechen – ohne die Unschuldsvermutung hiemit verletzen zu wollen.

Ein solches Verhalten eignet sich nicht für irgendwelche Verharmlosungen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Mir liegt keine Geschäftsordnungswortmeldung mehr vor. Ich nehme die Kritik, die in Richtung meiner Vorsitzführung gefallen ist, natürlich zur Kenntnis (Abg. Grosz:  Segen!) und werde das in meiner weiteren Vorsitzführung berücksichtigen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Und ein Ordnungs­ruf, was ist damit?!) Ich habe versucht, einen Fehler, den ein Abgeordneter aus meiner Sicht gemacht hat, relativ rasch einer Lösung zuzuführen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Manchmal passiert es, dass sich jemand, der einen Fehler ausbessern möchte, sozu­sagen noch weiter hineinreitet. Das ist meines Erachtens hier passiert. Am Ende bitte ich aber, zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht ich den Fehler gemacht habe in der inhalt­lichen Natur, sondern nach meinem Dafürhalten ein Abgeordneter dieses Hau­ses. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben die Geschäftsordnung nicht befolgt!) – Man kann die Geschichte jetzt natürlich auch in Richtung Vorsitzführung hindrehen, wenn man es so will. Das nehme ich zur Kenntnis.

Wir setzen in der Tagesordnung fort. (Abg. Grosz: Haben Sie Sympathien auch noch dafür?!)

Herr Kollege Grosz, diese Unterstellung weise ich auf das Schärfste zurück! Ich habe überhaupt keine Sympathien mit dieser Aussage, ich habe auch sofort Herrn Kollegen


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Großruck aufgefordert, diese zurückzunehmen, weil ich glaube, dass es manchmal sinnvoller ist, wenn man eine Rücknahme oder eine Entschuldigung sofort äußert, als dass ein Ordnungsruf erteilt wird. Ich ersuche Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

Im Übrigen, Herr Abgeordneter Grosz, haben Sie schon sehr viele Ordnungsrufe bekommen und tragen das auch nicht gerade mit Demut, das sage ich schon dazu. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass der Nächste auf der Rednerliste Herr Abgeord­neter Gahr gewesen wäre – und es hat der Herr Großruck mit Herrn Gahr getauscht. Das muss man zur Kenntnis nehmen. (Abg. Ing. Westenthaler: So schnell geht das!) Das habe ich über die Intervention meinerseits, die ich veranlasst habe, letztlich so durchgeführt. (Abg. Ing. Westenthaler: Eine Geschäftsordnungsmeldung ist sofort anzumelden!)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist ohnehin Herr Abgeordneter Grosz. Ich erteile es ihm.

 


19.41.41

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Das, was Sie in den letzten 3 Minuten gesagt haben, ist noch schockierender. Sie hätten als Präsident sofort die Anmeldungen zu Geschäftsordnungsdebattenbeiträgen der Klubobfrau Glawischnig-Piesczek und von mir aufrufen müssen – und sich nicht hier in Winkeltiraden versteifen müssen, dass Sie dem Herrn Abgeordneten Großruck das Wort geben. (Beifall beim BZÖ.)

Und das Zweite, was ich erkenne, ist, dass Sie eine Grundsympathie haben für das, was gesagt wurde, nämlich so ein bisschen drüber lachen, Schenkelklopfen, haha, das ist ja eh alles so lustig, wenn einer hier herausgeht und sagt, ein alter Mann, der kann halt noch im Hotelzimmer Frauen vergewaltigen! Das ist so das Lustige, das Bierschwangere, das Schwülstige, das lernt man bei Ihnen auf den Burschen­schafterbuden – und das vollzieht sich auch in Ihrer Vorsitzführung. (Abg. Mag. Stefan: Jetzt reicht’s aber wirklich!) Das ist schändlich, denn es handelt sich um ein vor­sätzliches Verbrechen, dem in den Vereinigten Staaten nachgegangen werden muss. (Beifall beim BZÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt zum Ernst der Sache, sehr geehrte Damen und Herren, denn ganz offensichtlich ist bei den drei Abkommen ohnehin viel zu viel gelacht worden. Sehr geehrter Herr Staatssekretär, seit dem 15. Jänner 2010 hat kein einziges Mal der Menschenrechts­ausschuss getagt. Wir haben in der Zwischenzeit das Problem Ägypten, das uns sozusagen international um die Ohren fliegt – Klubobmannstellvertreter Scheibner hat die außenpoltische Situation hier richtig geschildert –, wir haben das Problem Syrien, das uns gleichfalls um die Ohren zu fliegen droht, und wir haben das Problem Libyen, wo die NATO, wo westliche Staaten in einem nicht durch ein UN-Mandat legitimierten Kriegseinsatz stehen. Verbrechen gegen die Menschenrechte gibt es weltweit, vor allem aber auch im Nahen Osten.

Seit 15. Jänner warten wir hier im österreichischen Parlament auf eine Sitzung des Menschenrechtsausschusses, um mit Ihnen beziehungsweise mit dem Außenminister darüber zu diskutieren. Auch der für Juni angesetzte Termin wäre einmal mehr ver­schoben worden – mit der „Argumentation“ des ÖVP-Klubsekretärs für Menschen­rechts­fragen: Da kann man nichts tun, denn der Herr Außenminister ist ja jetzt ÖVP-Obmann, aber er wird sich im Juni bemühen, dass wenigstens sein Staatssekretär in den Menschenrechtsausschuss kommt!


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Da frage ich mich schon, Herr Staatssekretär Waldner, wofür es Ihrer Position bedurft hat, wenn wir seit 15. Jänner auf eine Sitzung des Menschenrechtsausschusses war­ten müssen. Ich hoffe, dass nicht nur Sie, sondern vor allem auch Außenminister Spindelegger zur nächsten Sitzung des Menschenrechtsausschusses erscheinen wird und wir die zahlreichen Problematiken, die seit dem 15. Jänner aufgetreten sind, endlich mit Ihnen diskutieren können.

Das wäre aktive Außenpolitik – und nicht, wie das Kollege Scheibner schon gesagt hat, drei Abkommen in 15 Sprachen zu unterzeichnen, die ohnedies von vornherein klar waren. (Beifall beim BZÖ.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.44.17

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Menschen­rechtsausschuss hat in der Tat das letzte Mal im Jänner 2011, nicht 2010, wie mein Vorredner behauptet hat, getagt, und ich möchte noch dazusagen: Auf den entwick­lungspolitischen Unterausschusses warten wir schon seit eineinhalb Jahren. Da würde es mich auch sehr freuen, wenn wir es sehr bald schaffen würden, in diesem wieder zusammenzutreten.

Nun zum eigentlichen Thema, wobei ich jetzt zum Handelsabkommen mit Südafrika sprechen und dabei erwähnen möchte, dass es mir sehr wichtig ist, entwick­lungspolitische Kohärenz wirklich herzustellen. In solchen Handelsverträgen kommen immer schöne Worte vor zum Thema Entwicklung, zum Thema Menschenrechte, wobei übrigens im Ausschuss Vertreter der FPÖ gemeint haben, in einem Handels­vertrag brauchen wir wirklich nicht über Menschenrechte zu sprechen. – Doch, sage ich, ja, und zwar gerade dort, wo wir die Möglichkeit haben, seitens Österreich, seitens der Europäischen Union darauf hinzuwirken, dass in Nationalstaaten Menschenrechte umgesetzt werden. Wenn wir einen poltischen Hebel dazu haben, dann müssen wir doch darüber reden und jede Möglichkeit nutzen! Wo denn sonst bitte?!

Darüber hinaus wäre es auch wichtig, zum Beispiel soziale, Umwelt- und Nahrungs­mittelrechte in diese Papiere nicht nur hineinzuschreiben, sondern das auch wirklich zu leben. Die Europäische Union verhandelt ja gerade neue Verträge über die gemein­same Fischereipolitik, so unter anderem mit afrikanischen Staaten.

Wenn man sich anschaut, wie das in der Vergangenheit gehandhabt wurde, so gab es da sehr, sehr viele Probleme, vor allem eine riesengroße Überfischung. Während einheimische Fischer vor Ort mit kleinen Booten unterwegs sind, schickt die Europäische Union Flotten, über hundert große Schiffe, die zum Teil 300 Tonnen pro Tag fangen können und bis zu 6 000 Tonnen gleich auf dem Schiff verarbeiten können. Das heißt, dass nicht nur die Fischgründe und die Wiederherstellung der Fisch­bestände massiv gefährdet sind, sondern auch die Lebensgrundlagen der kleinen Fischer diesen komplett durch die Netze gehen, wenn man so sagen mag.

Die Europäische Union oder die Reeder, die unter den Verträgen der Europäischen Union fahren, kommen überhaupt nicht ihren Pflichten nach, wie der Pflicht, Wracks, die oft absichtlich zu Wracks gemacht worden sind, zu bergen, abzuschleppen. Diese Wracks bleiben dann liegen und sind sowohl eine große Gefahr für die kleinen Boote, aber auch eine gute und willkommene Ausrede, dass man mit anderen, großen Schiffen nicht an Land fahren könne und daher nicht den Fang in den Ländern vor Ort verarbeiten könne, sondern alles erst wieder in die Europäische Union bringen müsse, sodass es vor Ort selbst überhaupt keine Wertschöpfung gibt.


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Das Respektieren der Schutzgebiete der Fischer wäre genauso wichtig wie das Durch­setzen von nachhaltigen Fangmethoden. Es gibt immer noch Grundschleppnetze, die den Meeresgrund komplett ruinieren, langfristig für Jahrzehnte, und es dadurch Fischen unmöglich machen, zu laichen und ihre Bestände zu regenerieren.

Ich denke, wir müssen bei den künftigen Fischereigesetzen der Europäischen Union den Grundsatz leben, dass die natürlichen Ressourcen, in diesem Fall das Meer und das Nahrungsmittel Fisch, allen Menschen gleichermaßen gehören, die wir so aufteilen werden müssen, dass alle davon und damit leben können und eine Lebensgrundlage haben können. Österreich ist eines der wenigen Länder, die entwicklungspolitische Kohärenz im Gesetz verankert haben. Deshalb, und gerade auch als Binnenland sind wir gefordert, zu schauen, dass es auf europäischer Ebene nachhaltige und verant­wortungsvolle Fischereiverträge gibt. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.55

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurden bereits alle Argumente ausge­tauscht. Ich glaube, es gibt nicht mehr viel hinzuzufügen, aber zwei Punkte sind, meine ich, absolut wichtig. Es geht um mehr Sicherheit international, dass wir uns in der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung in Europa gegenüber Südafrika besser aufstellen. Es geht darum, dass wir Massenvernichtungswaffen abbauen und die Entwicklungszusammenarbeit mit Südafrika stärken.

Das Zweite ist die internationale Zusammenarbeit. Gerade Südkorea ist ein Land, das wirtschaftlich aufstrebt, und ich glaube, es ist durchaus positiv, wenn wir, von der Europäischen Union ausgehend, die wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärken und in den Bereichen Bildung, Kultur, Politik, Sicherheit, Tourismus und öffentliche Verwal­tung mehr zusammenarbeiten.

Zum Kulturabkommen mit Mazedonien wurde bereits einiges ausgeführt. Ich glaube, es ist ein bilaterales Abkommen, welches uns mit einem Staat, der in unserer Nach­barschaft liegt, näher zusammenbringt – bei wissenschaftlichen Institutionen, im Bil­dungs- und Kulturwesen und in der kulturellen Arbeit insgesamt. Trotz der Aufregungen, die sich hier ergeben haben, ist es, meine ich, trotzdem wichtig, dass wir alle gemeinsam diesen drei Abkommen zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort. – Bitte.

 


19.49.33

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Durch seine Lage im Herzen Europas spielt Österreich nicht nur eine Rolle als Tor zum Osten, sondern historisch bedingt auch als Tor zum Balkan. Besonders die Länder des Westbalkans nehmen einen hohen Stellenwert in der österreichischen Außenpolitik ein, sie wurden heute schon genannt: Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Kosovo, Montenegro, Mazedonien und Albanien.

Klar ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass es für einen langfristigen Frieden nur eine Option gibt, und zwar die Einbeziehung der Gesamtregion in den europäischen Integrationsprozess. Dieser stellt für die betroffenen Länder einen wirksamen Anreiz


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dar, die innerstaatlichen Reformprozesse wirklich ernsthaft voranzutreiben. Im Falle Mazedoniens scheint dieser Anreiz Früchte zu tragen. Während die OSZE 2008 bei den Parlamentswahlen noch massive Unregelmäßigkeiten festgestellt hat, verliefen die Präsidentenwahlen 2009 wesentlich ruhiger und korrekter. Sie wissen ... (Abg. Grillitsch: Wo?) – In Mazedonien, Herr Abgeordneter, in Mazedonien.

Am 5. Juni, Herr Abgeordneter, findet in Mazedonien eine vorgezogene Parlaments­wahl statt. Die führenden Parteien haben bereits einen Kodex mit einem Bekenntnis zu freien, demokratischen Wahlen unterzeichnet, und ich hoffe wirklich, dass es auch diesmal, so wie 2009 bei den Präsidentenwahlen, zu freien und fairen Wahlen kommen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus! Auch die kulturelle Zusammenarbeit ist ein wichtiges Element des gegenseitigen Austausches, das wurde heute schon richtigerweise des Öfteren festgestellt. Bislang gab es mit dem ehemaligen jugo­slawischen Teilstaat Mazedonien kein Abkommen, das die kulturellen Beziehungen regeln würde. Das heute zum Beschluss vorliegende Abkommen strebt an, für die kulturelle Zusammenarbeit eine vertragliche Basis zu schaffen und auch die Kooperation zwischen wissenschaftlichen Instituten wird geregelt.

Alles in allem, sehr geehrte Damen und Herren, ist das Abkommen mit der Republik Mazedonien ein weiterer stimmiger Schritt im Rahmen von Österreichs Engagement am Westbalkan.  Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als weiterer Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pilz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.52.16

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Ja, Kolleginnen und Kollegen, drei kurze Fest­stellungen: Erstens möchte ich den Satz – und da geht es um Kultur – des Herrn Abgeordneten Großruck nicht wiederholen, ich möchte nur eines dazu feststellen: Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ein Abgeordneter der ÖVP wegen eines sexistischen Ausspruches in einem Ausschuss gegenüber einer grünen Abgeordneten zurücktreten musste. Das war damals eine Selbstverständlichkeit. (Ruf bei der ÖVP: Das ist 20 Jahre her! 25 Jahre!) Damals hat der ÖVP-Abgeordnete allerdings kein Verbrechen, das mit dem der versuchten Vergewaltigung vergleichbar ist, zu verharmlosen versucht.

Ich halte aus diesem Grund den Rücktritt des Abgeordneten Großruck von seinem Mandat im Nationalrat für eine Selbstverständlichkeit. – Das ist der erste Punkt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.  Abg. Mag. Stefan: Das darf nicht wahr sein!)

Der zweite Punkt: Ich habe die kurze Debatte sehr genau verfolgt. Nach der Wort­meldung hat sich unsere Klubobfrau zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Der den Vorsitz führende Präsident hat das ignoriert, hat willkürlich den Abgeordneten Großruck auf die Rednerliste gesetzt – nach einem Zuruf des ÖVP-Klubobmanns – und hat damit gezeigt, wessen Interessen er in diesem Haus vertritt; und er weigert sich bis jetzt, dem Abgeordneten Großruck für die Verharmlosung eines Verbrechens gegen eine Frau auch nur einen Ordnungsruf zu erteilen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ist er schon verurteilt worden? Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Drittens: Kurz danach ist der freiheitliche Abgeordnete Hübner zu den Sitzreihen des BZÖ gegangen – einige Kollegen haben es mir bestätigt – und hat dort, durchaus lachend, erklärt: Warum regt ihr euch auf, das war ohnehin lustig!?

So! Ich hätte gerne Aufklärung, und zwar nicht nur über die Vorsitzführung, sondern auch über das Verhalten des Abgeordneten Hübner – offensichtlich findet hoffentlich


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nur er in seiner Fraktion das lustig –, und ich fordere Sie nach wie vor auf, Herr Klubobmann Kopf, nach der völlig missglückten und in eine völlig falsche Richtung gegangenen sogenannten Entschuldigung wirklich über ernsthafte Konsequenzen – nicht nur im Interesse dieser Ihrer Fraktion, sondern auch im Interesse dieses Hau­ses – zumindest nachzudenken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des BZÖ.)

19.54

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise einer der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur  Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwi­schen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Südafrika andererseits zur Änderung des Abkommens über Handel, Entwick­lung und Zusammenarbeit, in 942 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Muttonen, Großruck gemäß § 76 Abs. 3 des Geschäftsordnungsgesetzes in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 B-VG, die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, slowakische, slowenische, spanische, schwedische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staats­vertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffent­lichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Damit erübrigt sich die Abstimmung über die Ziffer 2 des Ausschussantrages in 1176 der Beilagen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Korea andererseits, in 1062 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 B-VG, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische sowie die koreanische Sprachfassung dieses Staats­vertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen sind, dass sie zur


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öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ihr Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Mazedonien über kulturelle Zusammenarbeit, in 1086 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.59.11Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Tätigkeit der Strafver­fol­gungs­behörden im Bereich der Tierschutzszene.

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Ver­lesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Steinhauser, Freundinnen und Freunde gemäß § 33 GOG auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Tierschutzszene

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungs­ausschuss im Verhältnis: 5 SPÖ, 5 ÖVP, 3 FPÖ, 2 Grüne, 1 BZÖ einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Untersuchung aufklärungsbedürftiger Vorgänge während bzw. in möglichem Zusam­menhang mit den strafverfolgungsbehördlichen Ermittlungen insbesondere der SoKo „Bekleidung“ sowie der beteiligten StaatsanwältInnen in Zusammenhang mit dem „Tierschutzprozess“ in Wiener Neustadt von November 2006 bis zum Zeitpunkt der Anklageerhebung. Sowie die Untersuchung von aufklärungsbedürftigen Vorgängen der polizeilichen Ermittlungsbehörden während bzw. in möglichem Zusammenhang mit dem „Tierschutzprozess“ in Wiener Neustadt ab Anklageerhebung.

Insbesondere soll untersucht werden:

Errichtung der Sonderkommission „Bekleidung“

Interventionen bei politischen Entscheidungsträgern

Grundlage, Umfang und Umsetzung von Ermittlungsmaßnahmen nach SPG und StPO

Informationstransfer zwischen den Strafverfolgungsbehörden

Verschweigung von Ermittlungsergebnissen


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Verletzungen von Akteneinsichtsrechten

Der Einsatz von verdeckter Ermittlung und Vertrauensperson

Die Anwendung des § 278a StGB (Kriminelle Organisation)

Die Grundlage der Anordnung und Verlängerung der Untersuchungshaft

Darstellung von Sachverhalte in Polizeiberichten insbesondere unter dem Blickwinkel des Objektivitätsgrundsatzes

Kosten der strafbehördlichen Ermittlungen

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorge­sehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten der Bundesministerien für Inneres und Justiz sowie von Akten der Sicherheits- und Justizbehörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Begründung:

Der „Tierschützerprozess“ in Wiener Neustadt dauerte vom 2. März 2010 bis zum 2. Mai. 2011. Insgesamt hat es 90 Verhandlungstage gegeben. Der „Tierschützer­prozess“ war politisch motiviert. Polizei und Justiz wurden mobilisiert um die unan­genehme Gruppe der TierschützerInnen über den Ermittlungsparagraphen § 278a StGB zu kriminalisieren. Entlastende Ermittlungsergebnisse wurden vertuscht und die Rechte der Beschuldigten verletzt.

Die Chronologie zeigt die VIP Behandlung der Firma „Kleider Bauer“ und die politische Motivation der SOKO:

Das erste Treffen von „Kleider Bauer“ mit der Polizei fand bereits am 17.11.2006 statt. Noch hat es keine Sachbeschädigungen (erst am 1.12.2006) gegeben. Thema waren die legalen „Dauerdemos“ vor „Kleider Bauer“-Filialen. Man legt die Vorgangsweise fest: Die Polizei soll nach Möglichkeit einschreiten und dokumentieren.

Das zeigt, dass das wahre Ärgernis die legalen Aktivitäten der Tierschutzszene waren.

Anfang April 2007 gibt LVT Wien-Extremismusreferatsleiter ORat Mag. Autericky der Firma „Kleider Bauer“ sogar Tipps zu weiteren Vorgangsweise. Er empfiehlt eine Kontaktaufnahme zu Medienvertretern und die Zurschaustellung beschädigter Fahr­zeuge. Sogar Ortsvorschläge für die Medienaktion werden durch das LVT gemacht: Nähe Innenministerium oder Bundeskanzleramt.

Der Verdacht liegt nahe, dass das LVT auf Seiten der Firma „Kleider Bauer“ steht und seinen eigentlichen Aufgabenbereich längst verlassen hat.

Der Eigentümer von „Kleider Bauer“ fordert, nach eigenen Angaben in seiner Ein­vernahme, am 4. April 2007 einen Termin beim damaligen Innenminister Platter ein. Bereits am 5. April kommt es zu diesem Termin. Die „Kleider Bauer“ Eigentümer Graf treffen mit der Polizeispitze HGDStV Gen. Lang, HGD Dr. Buxbaum, Genmjr. Mahrer ua. zusammen. Graf legt ein selbstverfasstes Dossier mit Vorwürfen gegen Tier­schützer vor. Diese wird von der SOKO ungeprüft übernommen. Es werden in dieser Sitzung sofort Maßnahmen festgelegt:

Ausschöpfen aller Möglichkeiten um Demonstrationen zu untersagen


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Übernahme der Koordination der Ermittlungstätigkeit durch Bundeskriminalamt

Einrichtung einer SOKO

Das Kabinett des Bundesministers wurde über die Ergebnisse der Sitzung informiert. Somit ist davon auszugehen, dass Innenminister Platter in vollem Umfang informiert wurde.

Die verdeckte Ermittlerin beginnt mit 27.4.2007 zu arbeiten. Obwohl bereits die SOKO kriminalpolizeilich ermittelt, stützt man sich auf das Sicherheitspolizeigesetz. Die ver­deckte Ermittlerin nimmt unrechtmäßiger Weise DNA-Proben ab. Ihre 15-monatige Tätigkeit führt zu keinerlei strafrechtlich relevanten Ergebnissen. Im gerichtlichen Strafverfahren sollen deshalb ihre Ermittlungserkenntnisse verschwiegen werden. Erst durch den Einsatz eines Privatdetektives kann die verdeckte Ermittlung aufgedeckt werden und ihre entlastenden Ermittlungsergebnisse dem Prozess zugeführt werden.

Am 18.12.2007 berichtet die SOKO (Zwettler/Böck) an Generaldirektor für öffentliche Sicherheit „Problemstellungen der Unternehmen entwickelt sich von den Anschlägen weg in Richtung der geschäftsstörenden Demonstrationen“.

Auch im Sicherheitsbericht für das Jahr 2007 wird auf Seite 213 unter dem Punkt „Militante Tierrechtsszene“ vermerkt: „Die Anzahl der Straftaten durch militante Tier­rechtsgruppen ist konstant relativ gering.“

Der SOKO war bewusst, dass die geschäftsstörenden Demonstrationen der zentrale Punkt der Auseinandersetzung sind. Trotzdem wurde weiter ermittelt und mangels konkreter Tatvorwürfe die nebulosen Anschuldigungen auf Bildung einer kriminellen Organisation nach § 278a StGB erhoben.

Am 23.1.2008 wird ein Schreiben von SOKO-Leiter Obstlt Josef Böck an GD Dr. Buxbaum und den Stv. GD Lang verfasst und folgendes vorgeschlagen:

Bei jeder angemeldeten Demonstration im gesamten Bundesgebiet muss ein LVT-Beamter anwesend sein.

Zusätzlich sollen mindestens zwei WEGA-Beamte pro Demonstration abgestellt wer­den.

Als Grund wird angegeben: Das hätte sich vor Weihnachten bewährt und würde die militanten Tierschützer auch in der Öffentlichkeit in das Licht außergewöhnlich gefährlicher Demonstrationen rücken, was die Rädelsführer auch wären.

Es gilt somit in der Öffentlichkeit ein Bild der „Gefährlichkeit“ zu erzeugen und Tier­schutzaktivitäten in der Wahrnehmung Dritter negativ zu beeinflussen.

Im Dezember 2007/Jänner 2008 wird erstmals der § 278a StGB - Bildung einer kriminellen Organisation durch die SOKO im Zusammenspiel mit der Staats­anwaltschaft eingebracht. Ab jetzt werden die Anträge der SOKO und die Beschlüsse der Staatsanwaltschaft auf § 278a StGB gestützt. Diese Vorgangsweise wird bis jetzt durch Justizministerin Bandion-Ortner gedeckt. Erwünschter Nebeneffekt: Die Möglich­keiten der Überwachung werden dadurch erweitert und auch genützt.

Obwohl oder gerade weil bis zu diesem Zeitpunkt den Beschuldigten keine strafbaren Taten nachgewiesen werden konnten, wird die strafrechtliche Gangart verschärft.

Die Anwendung des § 278a StGB scheitert schon daran, dass mindesten eine 10 Personen für das Vorliegen einer kriminellen Organisation notwendig sind. Es werden 13 Beschuldigte nach § 278a StGB angeklagt. 8 sind beim Verein gegen Tierfabriken (VGT) - 5 bei der Basisgruppe Tierrechte (BaT) aktiv.


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Eine Zusammenarbeit dieser beiden Gruppen kann nicht dargelegt werden. Im Gegenteil. Die verdeckte Ermittlerin hat schon in ihren Berichten angegeben, dass sich beide Gruppen von einander politisch distanziert haben. In 15 Monaten Observierung hat es laut verdeckter Ermittlerin nur eine Veranstaltung gegeben, wo VGT- und BaT-Personen zur gleichen Zeit am selben Ort waren. Auch wurde über die Rufdaten­auswertung auf Anordnung der Richterin festgestellt, dass die 8 VGT- und 5 BaT-Personen in einem Jahr gerade eine Handvoll Telefonkontakte miteinander hatten. Die SOKO hat das alles gewusst und bewusst verschwiegen. Der Staatsanwalt hat sich nicht dafür interessiert. Alleine damit bricht die Konstruktion der kriminellen Organisation nach § 278a StGB zusammen.

Die SOKO setzt die Initiative, dem Verein gegen Tierfabriken den Status der „Gemein­nützigkeit“ abzuerkennen. In einer Sitzung am 19.6.2008 werden die diesbezüglichen Schritte besprochen.

Die SOKO führt somit eine politische Auseinandersetzung mit dem Verein gegen Tierfabriken. Die Frage der Gemeinnützigkeit hat mit kriminalpolizeilichen Ermittlungen nichts zu tun und dient ausschließlich dazu, dem VGT die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen.

Gemäß § 33 GOG verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer kurzen Debatte.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in der Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


20.00.12

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Am 2. Mai wurden sämtliche 13 Beschuldigte im sogenannten Tierschützerprozess in allen Anklagepunkten freigesprochen. Es sei der Ordnung halber hinzugefügt, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Trotzdem ist es an der Zeit, mit den politischen Aufräumarbeiten zu beginnen. Nicht, weil es einen Freispruch gegeben hat – das ist Gott sei Dank in einem Rechtsstaat nicht unüblich, und es ist genau die Aufgabe der Gerichte, einen Vorwurf zu prüfen –, sondern wir müssen uns diesen Fall deswegen anschauen, weil wir fragen müssen, wie dieses Verfahren geführt wurde.

Man muss sich vorstellen: Gegen die Gruppe der Beschuldigten hat es über 100 Über­wachungsmaßnahmen gegeben, es ist nichts ausgelassen worden: Rufdaten­erfassung, Observierung, Videoüberwachung, Peilsender, Lauschangriff, Hausdurch­suchung, das gesamte Arsenal der Überwachungsmethoden ist aufgewendet worden. Es hat 105 Tage Untersuchungshaft gegeben. Es hat 14 Monate Gerichtsver­hand­lungen gegeben – mit dem Ergebnis, dass die Betroffenen jetzt existenziell ruiniert sind, weil sie 14 Monate nicht gearbeitet haben und weil sie heute auf einem Berg von Anwaltskosten sitzen.

Die entscheidenden Fragen, die wir uns stellen müssen und die wir in diesem Unter­suchungsausschuss auch untersuchen müssen, sind folgende: Waren die Ermittlungen gegen die Tierschützer politisch motiviert? Wurden Polizei und Justiz mobilisiert, um eine unliebsame Gruppe von Tierschützern zu kriminalisieren? Ich sage Ihnen, es


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besteht der dringende Tatverdacht, dass das so war. Alle Indizien weisen in die Richtung, dass der Textilkette Kleider-Bauer die Gruppe der Tierschützer vom Hals geschafft werden sollte.

Wenn man in die Akten schaut, spricht die Chronologie eine klare Sprache. Die erste Kontaktaufnahme der Firma Kleider-Bauer zur Polizei hat es gegeben, als es noch keine einzige Straftat gegeben hat, da ging es ausschließlich um die legalen De­monstrationen. Die haben Kleider-Bauer gestört, weil man sie als geschäftsschädigend empfunden hat.

Der zweite Punkt ist: Bereits im April 2007 war klar, dass es beim LVT, beim Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, nicht um objektive Ermittlungen geht, sondern dass man längst auf der Seite von Kleider-Bauer steht. Man hat damals medienstrategische Beratungen für die Firma Kleider-Bauer durchgeführt, indem man gesagt hat: Ihr müsst die öffentliche Meinung beeinflussen, stellt für die Journalisten beschädigte Autos zur Schau, dann wird die Medien­bericht­erstattung für euch positiv sein.

Dann ist es weitergegangen: Der Eigentümer der Firma Kleider-Bauer hat höchst­persönlich bei Innenminister Platter interveniert und wollte einen Termin. Das war am 4. April 2007. Am nächsten Tag, am 5. April 2007 – das muss man sich einmal vorstellen! –, hat der Eigentümer der Firma Kleider-Bauer bereits mit der versammelten Polizeispitze, angefangen beim Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, einen Termin bekommen. Ich frage Sie: Welcher Bürger und welche Bürgerin in Österreich kann höchstpersönlich beim Innenminister anrufen, einen Termin verlangen und sitzt am nächsten Tag mit der versammelten Polizeispitze zusammen?

Aber sie sind nicht nur zusammengesessen, die Firma Kleider-Bauer hat gleich ein selbstverfasstes Dossier vorgelegt, und ohne dieses Dossier zu prüfen, hat man noch bei diesem Treffen vereinbart, dass eine Sonderkommission gegründet werden muss. Ich frage Sie: Welcher Bürger kann in einem Treffen mit der Polizei sofort eine Sonder­kommission vereinbaren? – Da ist evident, dass politische Verbindungen der Firma Kleider-Bauer beziehungsweise des Eigentümers der Firma Kleider-Bauer zum Innenminister Platter und zur Polizeispitze dafür verantwortlich waren, dass die SOKO gegründet wurde.

Das Ziel war immer gleich, nämlich die legalen Demonstrationen zu stören, und daher musste über eine SOKO die Tierschützerbewegung kriminalisiert werden. Bereits nach drei Wochen haben die verdeckten Ermittlungen begonnen, nämlich am 27. April 2007, und die verdeckten Ermittlungen sind ja in dieser ganzen Causa der zentrale Punkt. Ab 1.1. 2008 hätten diese verdeckten Ermittlungen – nach der Strafprozessordnung – richterlich genehmigt werden müssen. Das ist nicht erfolgt, und die Richterin sagt dazu in der Urteilsbegründung, dass das Gericht der Ansicht sei, dass da Strukturermitt­lungen vorlagen und eine Anordnung notwendig gewesen wäre.

Das wird auch in einem Zwischenbericht vom 1. Jänner 2008 erwähnt. Es wird erwähnt, dass die verdeckten Ermittlungen genehmigungspflichtig seien, alleine, die Geneh­migung wurde nicht eingeholt. Vor Gericht sagt dann die SOKO, sie habe ja ohnehin mit Ende 2007 die Ermittlungen eingestellt und 2008 gar nicht mehr ermittelt. Das Gericht sagt dazu, man könne daraus nur schließen, dass diese Behauptung der SOKO eine reine Schutzbehauptung sei. Damit ist klar, dass die SOKO ab 1. Jänner 2008 ohne gesetzliche Grundlage, politisch motiviert gegen die TierschützerInnen ermittelt hat.

Da stellt sich schon die Frage: Wer trägt dafür die politische Verantwortung? Wer hat davon im Innenministerium gewusst? – Ich gehe davon aus – aber das wird zu untersuchen sein –, dass Innenminister Platter über jeden Schritt informiert war, denn


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es geht auch ganz klar aus den Aktenunterlagen hervor, dass es eine Berichtslinie zum Kabinett des Innenministers gibt. Das kann nur einen einzigen Zweck haben, nämlich dass der Innenminister zu jedem Zeitpunkt über die Ermittlungen im Tierschützer­prozess Bescheid weiß.

Das war aber nur ein Teil, der zweite Teil ist, dass die verdeckten Ermittlungen keinerlei verwertbare Ergebnisse hinsichtlich der Straftaten bringen. Das Gericht sagt dazu, dass nach Ansicht des Gerichts das SOKO-Team erkannt habe, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlungen über diesen langen Zeitraum nicht gerade den Tatverdacht gestützt habe.

Der entscheidende Punkt ist, dass damit das Gericht nichts anderes sagt als: Ihr habt verdeckt ermittelt, ihr habt gewusst, es gibt keine Straftaten, ihr habt aber die verdeckte Ermittlerin und damit die Ermittlungsergebnisse, die entlastend sind, vor dem Gericht vertuscht. – Und das ist in einem Rechtsstaat schlicht ein Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Die Richterin hat die verdeckte Ermittlerin mehrfach gefragt, ob es Hinweise für Sachbeschädigungen, für Brandstiftungen, für andere Straftaten gibt. Das wurde mit „Nein“ beantwortet, und sie hat bestätigt, dass das auch zu jedem Zeitpunkt in den Berichten so benannt wurde.

Daher stellt sich schon die Frage: Wer hat davon gewusst? Und wer hat vor allem davon gewusst, dass diese entlastenden Ermittlungsergebnisse offensichtlich durch die Polizei in diesem Verfahren vertuscht werden sollen? Man muss sich vorstellen: Ab 1. Jänner 2008 war der Staatsanwalt formal Herr der Ermittlungen. Die Polizei hat offensichtlich völlig losgelöst von der Staatsanwaltschaft Ermittlungen geführt – die waren ja nicht genehmigt – und die Ermittlungsergebnisse vertuscht.

Da stellt sich schon auch die Frage, wie weit die Strafprozessreform, die hier in diesem Haus beschlossen wurde, in der Realität umgesetzt wird und auch hält, oder ob es da bei den Sicherheitsbehörden einen Wildwuchs gibt: Jeder macht, was er will und speist jene Ermittlungsergebnisse, die passen, ins Verfahren ein, und die, die nicht passen, werden vertuscht, meine Damen und Herren.

Das gehört untersucht, das gehört deswegen untersucht, weil das Ergebnis war, dass wir 14 Monate einen Prozess gehabt haben, wo aufgrund der vertuschten Ermitt­lungsergebnisse der Polizei die Justiz öffentlich vorgeführt und den Betroffenen ein erklecklicher Teil ihrer Lebenszeit gestohlen wurde. Das Image der Justiz ist ruiniert. Wir müssen jetzt aufarbeiten, wie es dazu kam – denn die beste Prävention ist, dass das Parlament und die Strafbehörden diesen Fall klären, damit sich die Sicher­heitsbehörden eine derartige Vorgangsweise in Zukunft nicht mehr trauen. (Beifall bei den Grünen.)

Und obwohl der Polizei zu jedem Zeitpunkt klar war, dass es keine strafbaren Vorwürfe gibt, hat man die Gangart verschärft. Dezember 2007, Jänner 2008 hat man dann erstmals den § 278a ins Spiel gebracht, weil man gewusst hat, wenn man jetzt noch etwas draufsetzt und behauptet, dann kommt man zu noch schärferen Ermitt­lungsmöglichkeiten; und wenn man noch schärfere Ermittlungsmöglichkeiten wie den Lauschangriff hat, vielleicht findet man dann doch etwas, womit man die Ermittlungen rechtfertigen kann. Nur, meine Damen und Herren, so geht es halt in einem Rechts­staat nicht! Die Polizei kann nicht machen, was sie will, sie muss sich an die Gesetze halten, die wir beschlossen haben.

Die Aufgabe – und das ist das Entscheidende, warum wir einen Untersuchungs­ausschuss brauchen, nicht, um einzelne Politikerinnen und Politiker zu jagen, wie es manchmal gerne im Zusammenhang mit Untersuchungsausschüssen behauptet wird,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 236

nein – dieses Untersuchungsausschusses ist es, ganz konkrete Missstände im Bereich der Vollziehung und der Verwaltung zu klären, damit wir in Zukunft, gerade im sen­siblen Bereich der Strafverfolgungsbehörden, Klarheit haben und ein für alle Mal aufklären, wie Strafverfahren nicht geführt werden dürfen.

Die entscheidende Frage lautet: Wer trägt die politische Verantwortung und wer hat etwas gewusst? – Es kann nicht sein, dass in dieser Republik unliebsame Personen kriminalisiert und beliebig verfolgt werden. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

20.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


20.10.38

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich glaube, man kann dem, was hier gerade dargelegt worden ist, nicht sehr viel entgegenhalten. Wenn man sich anhört, was die Richterin im Rahmen der Urteilsverkündung dargestellt hat, zeigte eigentlich nicht das Verfahren bei Gericht, sondern schon das Vorverfahren eine skandalöse Entwicklung, die aus meiner Sicht strafrechtliche Implikationen hat, die die Staatsanwaltschaft auch prüfen muss.

Dieses Gericht ist ja in letzter Zeit durch eine Vielzahl von Verfahrenseigen­tümlichkeiten aufgefallen, etwa dass ein verurteilter Sexualstraftäter, der auf der Nationalratsliste des BZÖ kandidiert hat (Abg. Mag. Stadler: Der ist von der SPÖ gekommen! Der stammt aus der SPÖ!), nicht in Haft genommen worden ist und weiterhin seinen „Tätigkeiten“ nachgehen konnte, oder die ORF-Entscheidung, die vom Obersten Gerichtshof aufgehoben worden ist.

Es gab eine Vielzahl von schlicht unglaublichen Entwicklungen, und genau diese Staats­anwaltschaft hat auch aus meiner Sicht völlig unverhältnismäßig agiert. Sie hat so agiert, dass letztlich dann vielen – es ist ja gesagt worden – hier ihre Existenz zumindest teilweise vernichtet wurde.

Ich glaube, dass wir uns den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie man bei einem aus meiner Sicht teilweise vorsätzlichen Vorgehen, insbesondere der Sicherheitsbehörden, mit den Geschädigten umgeht, meine Damen und Herren. Ich glaube, dass es sich hier um Fälle handelt, die im klassischen Strafrecht beheimatet sind und daher ein Unter­suchungsausschuss aus der Sicht infolge der relativen Klarheit nicht notwendig ist. Was sicherlich Sinn macht, ist, die Behörden darüber zu informieren, den gesamten Sachverhalt zu prüfen.

Ich weiß nur eines: Es gab einen Strafrichter, der angesichts der offensichtlich eigenartigen Vorkommnisse die Exekutive aufgefordert hatte, ihm alle Unterlagen, von denen er wusste, dass es sie gibt, aber die noch nicht im Akt drinnen waren, zu überreichen. Dieser Richter war dann eine Woche später versetzt worden, und die Unterlagen wurden nicht herausgegeben; es gab dann in weiterer Folge eine Folgerichterin, die das nicht gewollt hat.

Das ist natürlich eine extrem eigenartige Sichtweise, und ich glaube, dass hier wirklich untersucht werden muss (Abg. Mag. Kogler: Stimmt ihr jetzt eh zu oder was? Haben wir schon eine Mehrheit?), allerdings durch die staatlichen Behörden, und das ist in dem Fall die Staatsanwaltschaft.

Es gab zudem eine Reihe anderer Vorfälle, etwa eine UVS-Richterin, gegen die staats­an­waltschaftlich noch immer ermittelt wird, weil sie im Zusammenhang mit dem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 237

Vorwurf, dass Verstöße gegen das Jagdgesetz begangen wurden, eingeschritten ist und festgestellt hat, dass die Angezeigten keine verwaltungsstrafbare Handlung ge­setzt haben. Ich glaube, diesen Fall muss man sich anschauen, mit dem muss man sich auseinandersetzen. Es ist sicherlich eine einzigartige Vorgangsweise innerhalb der Justiz, aber vor allem auch innerhalb der inneren Sicherheit des Innenministeriums, die aufgeklärt werden muss. Ich glaube, dass hier Amtsmissbrauch stattgefunden hat – das ist meine ganz persönliche Meinung – und dass dieser aufzuklären ist, aber dazu bedarf es nicht eines Untersuchungsausschusses. Da gibt es andere Fälle, die vorerst einmal sicher dringlicher zu behandeln sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Hoffentlich werden die Vorwürfe gegen Sie auch aufgeklärt!)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


20.14.15

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, auch die Österreichische Volkspartei, Herr Kollege Steinhauser, ist unmissverständlich immer für Aufklärung; Aufklärung auch von Straf­taten, Aufklärung auch im Bereich der Verwaltung. (Ironische Heiterkeit bei Grünen und BZÖ. – Abg. Petzner: Wir sind nicht beim Villacher Fasching!) Der einzige Unterschied ist, wir sind auch dann für Aufklärung und machen keinen Unterschied, ob uns Beschuldigte, Verdächtige mehr oder weniger sympathisch sind, Herr Kollege Steinhauser.

Das heißt, wir setzen uns auch dafür ein, dass Sachbeschädigung, Brandstiftung und ähnliche Verdachtsmomente von Tierschützern genauso aufgeklärt werden wie andere Sachverhalte. Ich glaube, es ist wichtig, das auch einmal festzuhalten.

Wir sind für Aufklärung, aber Aufklärung zum richtigen Zeitpunkt und auch an der richtigen Stelle, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Kogler: Wann ist der richtige Zeitpunkt?) Daher werden wir diesem Antrag auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses nicht zustimmen. Ich werde das in Folge auch kurz begründen.

Warum ist es jetzt nicht die richtige Zeit? (Ruf beim BZÖ: Weil Vollmond ist!) – Es ist ein Argument, das Sie von mir schon kennen. In diesem Fall geht es noch dazu um ein laufendes Verfahren, das nicht abgeschlossen ist, das Sie zum Anlass nehmen. Sie haben das selber bestätigt, es läuft noch ein Berufungsverfahren. In diesem laufenden Verfahren gibt es viele Gründe, warum ein paralleler Untersuchungsausschuss nicht funktionieren kann. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das eine ist, dass die Akteneinsicht damit eingeschränkt ist, dass die Verhandlungen im Untersuchungsausschuss vertraulich wären, dass Zeugen Entschlagungsrechte haben, das heißt, auch da die Aufklärung behindert wird. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Der wichtigste Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Steinhauser, ist für mich, dass dadurch auch die Gefahr besteht, dass, wenn man einen Untersuchungsausschuss zu einem einzelnen Strafverfahren parallel zu dessen Verlauf einsetzt, während es noch anhängig ist, letztlich massiver politischer Druck auf die Gerichte und hinsichtlich des Ergebnisses ausgeübt wird, wenn das Parlament parallel zum Gericht ein Parallelverfahren führt. Also ich glaube nicht, dass das richtig ist. (Abg. Öllinger: Bei mir haben sie es schon probiert!)

Es ist auch das Parlament derzeit nicht der richtige Ort für diese Untersuchung. Das Parlament und ein Untersuchungsausschuss sind dazu da  Sie haben es ja ange­


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sprochen –, dass politische Verantwortlichkeiten geklärt werden. Es haben sowohl die Frau Innenministerin als auch die Justizministerin angekündigt, dass dieses Verfahren nach Abschluss evaluiert wird, dass es geprüft, untersucht wird, dass genau diesen Vorwürfen, die Sie hier in den Raum gestellt haben, nachgegangen wird.

Ich glaube, erst nach Abschluss all dieser Ermittlungen ist allenfalls darüber zu entscheiden, ob es Hinweise auf politische Verfehlungen, auf politische Verantwort­lichkeiten gibt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Erst dann ist der Zeitpunkt gegeben, um auch über einen allfälligen Untersuchungsausschuss überhaupt ent­scheiden zu können.

Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist zu früh. Das Parlament ist auch nicht der richtige Ort, um ein einzelnes Strafverfahren auf den Prüfstand zu stellen. Es sind ganz andere Aufgaben wahrzunehmen.

Ich möchte aber aus diesem Anlass auch noch auf Folgendes hinweisen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist mir schon sehr wichtig: Ja, das Vertrauen in die Justiz ist durchaus angeschlagen, aber ich glaube, man kann es sich nicht so leicht machen, wie Sie es manchmal tun, dass man mit dem Finger in eine Richtung zeigt, sondern es ist unsere gemeinsame Verantwortung, wie wir damit umgehen, wie wir dieses Vertrauen in die Justiz auch in Zukunft wieder stärken.

Ich glaube, dass es in diesem Zusammenhang auch des Verantwortungsbewusstseins von uns als Politiker bedarf. Das heißt, nicht in Einzelverfahren – noch dazu, wenn man davon vielleicht persönlich ist oder eine nahestehende Gruppierung – immer wieder mit sehr einseitiger Kritik, mit unfairer Kritik in der Öffentlichkeit umzugehen und einzelne Strafverfahren für das tägliche politische Kleingeld zu nützen. Das ist der falsche Weg, und auch das ist mit eine Ursache für das gesunkene Vertrauen in die Justiz. (Abg. Öllinger: Der war aber gut!)

Sehr geehrter Kollege Öllinger, Sie können darüber lachen. Ich glaube, es ist ein ernstes Thema. Meine Botschaft lautet: Arbeiten wir gemeinsam daran, das Vertrauen in die Justiz entsprechend aufrechtzuerhalten, statt tagtäglich zu versuchen, es zu untergraben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


20.18.23

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Donner­bauer, ja, arbeiten wir gemeinsam daran, und am besten in einem Untersuchungs­ausschuss. (Beifall bei der FPÖ.) Sie haben uns hier als Ausrede erzählt, es gehe um politische Verantwortung.

Ich will das gar nicht bestreiten, warum soll nicht auch ein Unternehmer, dessen Geschäft beschädigt wird, einmal zum Innenminister gehen und sagen: Was passiert da gegen diese Sachbeschädigungen, gegen diese anderen Demonstrationen, die bei mir stattfinden, die an meine Existenz gehen? – Da sehe ich einmal grundsätzlich nichts Schlechtes, das Recht hat eigentlich jeder, sogar der Kollege Pilz. Warum kann der immer so einfach beim Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft ein- und ausgehen und niemand findet etwas daran? Also warum soll nicht auch ein Bürger, ein Unternehmer zum Innenminister gehen und einen Termin haben? – Wir wollen ja keine abgehobene Verwaltung haben, sondern wir wollen den Kontakt mit dem Bürger. Darin sehe ich noch nichts Verwerfliches.


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Nur, wie ist es dann weitergegangen? – Dann gab es gleich einmal eine Soko. Also, ich weiß nicht, ob das so einfach geht, dass man so etwas bekommt, aber soll auch sein. Dann findet die Aufklärung aber schon ihr jähes Ende.

Sie müssen nämlich bedenken – und das ist wahrscheinlich auch das Interessante an diesem Fall –, dass dann der Freispruch erfolgt ist. Und es hat bis jetzt eigentlich noch niemand hinsichtlich des Vertrauens in die Justiz gesagt, dass da ein Freispruch erfolgt ist. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie auch aus den Reihen der Grünen die Vorwürfe an die zuständige Richterin Arleth bezüglich ihrer Verhandlungsführung gekommen sind, wie es geheißen hat, sie ist voreingenommen, sie ist, was weiß ich was, sie hat den Prozess nicht im Griff und Ähnliches. Diese Kritik ist jetzt auf einmal, weil der Freispruch erfolgt ist, verstummt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

KollegInnen von den Grünen, die Vorverurteilung ist nach wie vor nicht Methode; wir haben das im vorigen Tagesordnungspunkt gehabt. Kollege Pilz, vorverurteilen Sie nicht! Lassen Sie Unschuldsvermutungen auch gelten, so wie wir sie immer alle gelten lassen! Das ist an sich guter rechtsstaatlicher Stil. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber was ist weiter passiert in diesem Tierschützer-Prozess? – Man hat laufend und bewusst Dinge zusammengetragen, die in Wirklichkeit nicht haltbar sind.

Das ist schon etwas, zu dem man sagt: Worum ist es hier dann offensichtlich wirklich gegangen, und zwar nicht der Justiz, sondern in erster Linie angesiedelt im Innen­ressort? – Das ist nicht das Problem der Justiz. Die Staatsanwaltschaft hat eine Anklage gemacht und das Gericht hat – und das ist schon etwas durchaus Bemer­kenswertes – nicht aus Zweifel, sondern wegen erwiesener Unschuld freigesprochen.

Das ist nämlich etwas, das in Österreich nicht sehr oft passiert, und da muss man auch einmal ganz genau hinschauen. Da ist tatsächlich die Unschuld erwiesen worden, und es sind nicht irgendwelche Zweifel aufgetaucht. Da, muss ich sagen, hat dieser Freispruch schon ein etwas anderes Gewicht.

Jetzt geht es um die Frage, was konkret der Auftrag dieser Sonderkommission Beklei­dung war. – Und da schaut es nicht sehr gut aus. Insbesondere hinsichtlich dessen, was dann das Erstgericht festgestellt hat, nämlich, dass hohe Polizeibeamte im Zeugenstand falsch ausgesagt haben, dass verdeckte Ermittler ohne Auftrag tätig waren, die noch dazu nichts gefunden haben.

Aber in Wirklichkeit hat das – darüber muss man auch hier im Hohen Haus sprechen – nicht nur dazu geführt, dass Existenzen gefährdet wurden – aber das gibt es öfter, das ist nur ein Fall, der ein bisschen stärker medial in der Ziehung war, dass man gesehen hat, dass die Verteidigerkosten mit dem, was der Staat mit einer falschen Anklage angerichtet hat, nicht in Einklang zu bringen sind. Nicht nur das, sondern man muss auch untersuchen, ob der Apparat des Innenministeriums dazu benutzt wurde, die Exis­tenz eines Vereins komplett zu zerstören, denn was war die Folge: Es ist natürlich alles beschlagnahmt worden – alle Unterlagen, auch elektronischer Natur, die gesamten Vereinsunterlagen, das heißt Listen der Vereinsmitglieder, Spenderlisten und Ähnliches; und das von einem Verein, der von Spenden lebt.

Wenn dann der Verein gekommen ist und gesagt hat, bitte, wir hätten gerne eine Ab­schrift oder eine Kopie davon gehabt, dann hat es geheißen, nein, mit der Begründung, Datenverlust wäre möglich, da können wir das nicht machen. Durch Jahre hindurch hat man versucht, mit einem Prozess diesem Verein die Existenzgrundlage zu entziehen. Und das ist sehr wohl etwas, das man – ganz unabhängig davon, ob jetzt ein Beru­fungsverfahren für Schuld oder Unschuld funktioniert – sehr wohl genau an­schauen muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 240

Wenn es darum geht, das Vertrauen in die Justiz herzustellen, dann sind das Parla­ment und ein entsprechender Untersuchungsausschuss genau der richtige Ort. Unsere Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir nicht wegschauen und sagen, die Justiz soll ihre Missstände selbst ausräumen, die Frau Ministerin wird schon ein bisschen evaluieren oder Ähnliches. Nein, wir Volksvertreter haben die Verpflichtung, das mit einem Untersuchungsausschuss zu tun, und dem werden wir daher zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Brunner. – Bitte.

 


20.23.16

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Prozess gegen die 13 TierschützerInnen ist also Gott sei Dank zu Ende und, wie ich hoffe, damit für die Betroffenen endgültig abge­schlossen, nachdem ihnen da Ungeheures zugemutet wurde, das für sie und ihre Angehörigen eine ziemliche persönliche und auch finanzielle Belastung war.

Davor noch Jahre zahlreicher Ermittlungen mit allen Schikanen, Hausdurchsuchungen, Untersuchungshaft, Spitzeleien, Lauschangriffen nicht nur gegen die Betroffenen selbst, sondern auch gegen ihre Angehörigen; und all diese Ermittlungen konnten keinen einzigen Nachweis für irgendeine strafrechtlich relevante Tat erbringen. Das hat jetzt Gott sei Dank dieser Prozess auch rechtlich ergeben.

Rechtlich ist es zu einem Freispruch gekommen. Ich hoffe, dass es dabei bleibt, auch für die Betroffenen, damit sie das endgültig abschließen können. Damit wir, wie Kollege Jarolim angesprochen hat, als Republik noch halbwegs ordentlich aus dieser Sache aussteigen können, wäre es das Mindeste, dass wir uns gut überlegen, wie wir die Betroffenen, die jetzt mitsamt ihren Angehörigen so massiv unter Druck gekommen sind, deren Existenzen bedroht wurden, entsprechend entschädigen. (Beifall bei den Grünen.)

Die rechtliche Frage ist zwar nicht endgültig, aber doch geklärt. Es ist zu einem Frei­spruch gekommen.

Die politische Frage ist aber offen, und die politische Frage lautet: War es in Österreich möglich, dass unter Anwendung von zahlreichen Ermittlungsmethoden gezielt unbe­queme Leute, unbequeme Gruppen, die sich für eine Sache einsetzen, mundtot gemacht werden sollen? – Es ist genau hier der Ort, um zu überprüfen, ob das der Fall war oder nicht. Es ist unsere Verantwortung als Parlament, auch aufzuklären, wer tatsächlich wovon gewusst hat und wer die Verantwortung für diese Vorgänge getragen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Angesichts der bisherigen Reden gehe ich davon aus, dass es spätestens nach Been­digung des Berufungsverfahrens auch die Zustimmung der ÖVP zu diesem Untersuchungsausschuss geben wird. Ich bin aber der Meinung, wir müssen jetzt aufklären, wie die Vorgänge waren, denn ziviler Ungehorsam ist ein wichtiges Gut in unserer Gesellschaft, ist wichtig in der täglichen Arbeit von NGOs und Bürgerinitiativen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) 

Ich komme aus einer Bürgerinitiative, ich habe erlebt, was diese Vorgehensweise auch bedeutet hat. Da heißt es dann: Wir sind auch kritisch. Sind wir dann die Nächsten, die eingesperrt werden? Das darf es in Österreich nicht geben! NGOs, kritische Menschen müssen ihre Arbeit machen können, ohne Angst haben zu müssen, dass sie dann Repressalien ausgesetzt sind oder sogar verfolgt werden. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Was ist mit Sachbeschädigung und Brandstiftung?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 241

Sie vermischen jetzt schon wieder Sachbeschädigung mit einem Mafia-Paragrafen. Es kann nicht sein, dass man sich wegen zivilen Ungehorsams nach einem Mafia-Para­grafen angeklagt und verfolgt sehen wird. (Beifall bei den Grünen.) Das ist eine bewusste Vermischung, die Sie vornehmen, um engagierte Menschen mundtot zu machen, und ich verurteile das aufs Schärfste!

Wir hier sind die VertreterInnen der Bürgerinnen und Bürger, auch der BürgerInnen-Rechte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Grünen und ÖVP.) Es ist auch unsere Verantwortung, klarzustellen und dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger in Österreich – gerade engagierte Bürgerinnen und Bürger, die wir so notwendig brauchen, insbesondere im Tierschutz und im Umweltschutz – auch ihre Rechte ausüben können, sich engagieren können, zivilen Ungehorsam leisten können, ohne Angst vor Repressalien zu haben, auch wenn es Ihnen vielleicht nicht passt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Die ÖVP ist ja völlig durchgeknallt! Reißt euch zusammen!)

20.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Stadler. – Bitte.

 


20.27.10

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vorgestern habe ich in der Sendung „Hohes Haus“ mit Bestürzung gehört, dass die neue Frau Justizministerin Beatrix Karl erklärt hat, sie habe ein konstruktives Gespräch mit dem ach so konstruktiven Chef der Oberstaatsanwaltschaft Dr. Pleischl gehabt.

Meine Damen und Herren Kollegen der ÖVP, wenn sich Frau Bundesministerin Karl in ihrer Tätigkeit auf den Herrn Pleischl stützt, dann sage ich ihr kein langes Leben als Justizministerin voraus. Das garantiere ich Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich sage Ihnen auch gleich ein Beispiel. (Der Redner hält eine Seite der Tageszeitung „Kurier“ in die Höhe.) Sie können heute auf Seite 20 im „Kurier“ nachlesen – Herr Kollege Donnerbauer, zum Thema angeschlagenes Image der Justiz –, wie der Herr Oberstaatsanwalt Pleischl ein Verfahren in der Sache Kampusch am 10. Sep­tember 2009 eingestellt hat, und einer der Hauptverdächtigen wurde erst einen Monat später, im Oktober, vernommen, meine Damen und Herren. Einen Monat vorher hat Pleischl mit Weisung bereits eingestellt – und das ist der neue Vertrauensberater der Frau Bundesministerin Karl! Da wünsche ich ihr viel Spaß dazu! (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Eines ist aus dem Fall, den die Grünen heute in ihrem Antrag darstellen, aber auch aus anderen Fällen, nachvollziehbar – ich bringe Ihnen einen weiteren Fall aus Graz –: Unter schwarzen Innenministern und unter schwarzen Justizministern werden syste­matisch Bürgerrechte und Grundrechte unterlaufen, und die Justiz arbeitet willig mit, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich bringe Ihnen ein weiteres Beispiel. Man kann jetzt dazu stehen, wie man will, ob man jetzt zum Tierschutz positiv oder negativ steht, zum Lebensschutz steht – Abtreibung ja oder nein –, das spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es geht jetzt einmal um die Frage, ob man in diesem Land noch seine Meinung dazu haben darf. In Graz wurden vier völlig unbescholtene Personen verurteilt; drei davon kreuz­brave Beter, die jeden Tag mit ihrem Rosenkranz in der Hand vor einer Abtrei­bungsordination gestanden sind. Dafür wurden sie verurteilt!

Die Polizei hat sich nicht entblödet, eine als Patientin getarnte Provokateurin ein­zusetzen. Das ist so ähnlich wie beim Tierschützer-Prozess, nur die Dimensionen sind andere. Das heißt, es hat alles System: das eine in Wien, das andere in Graz, das


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eine ist eine Kleiderfirma, das andere ein Arzt, der seine Geschäftsinteressen wahr­nimmt.

Da lobe ich mir den Unabhängigen Verwaltungssenat in Wien. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Wien hat in einem vergleichbaren Fall das Erkenntnis gefasst und gesagt: Die Behörde ist nicht dazu da, sich vor die Geschäftsinteressen von Privat­unternehmen spannen zu lassen! – Das hätte ich mir einmal von der Staatsan­waltschaft in Wiener Neustadt bei der Tierschützer-Angelegenheit gewünscht (Beifall beim BZÖ), oder von der Staatsanwaltschaft in Graz im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Meinungsäußerung, dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, dem Grundrecht auf Religionsfreiheit, wenn es um Angelegenheiten des Lebensschutzes geht.

Diese Menschen haben ein Recht darauf, ihre Meinung kundzutun und ihre Auffassung darüber, wie man mit Tieren und mit Ungeborenen umgeht, zu äußern. Es ist nicht zulässig, mit welchen Methoden man derzeit unter schwarzen Innenministern mit tätiger Unterstützung einer schwarz infiltrierten Justiz mit diesen Leuten umgeht – und das alles beim Lebensschutz. – So viel zum Thema Österreichische Volkspartei, wobei ich dazusagen möchte, dass dieser Prozess innerhalb eines Jahres beim Herrn Sektionschef bei der Strafsektion im Justizministerium vorbereitet wurde.

Der Pilnacek gehört meines Wissens gar nicht zur SPÖ, sondern zur ÖVP – Herr Pilnacek, der nicht den Mumm hatte, dem Staatsanwalt die Weisung zu geben, den Fortführungsantrag dem zuständigen Senat des Oberlandesgerichtes vorzulegen. Nein, man hat lieber Anklage erhoben. Der Richter hat zwar gesagt, er habe Zweifel daran, ob das überhaupt tatbestandsmäßig sei, aber es geht ja sowieso ins Rechts­mittel, darum verurteilt er einmal. Nicht der Grundsatz in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten – gilt. Nein, nein, in Graz gilt das anders: im Zweifel gegen die Angeklagten. Im Zweifel müssen die Angeklagten Geld in die Hand nehmen. Im Zweifel werden die Angeklagten ruiniert, wie das beim Tierschutzprozess der Fall ist, und dann schaut man einmal, was herauskommt.

Das alles schreit nach parlamentarischer Kontrolle. Das alles schreit nach der Wieder­einführung eines Untersuchungsrichters. Meine Damen und Herren, das alles ruft nach einer begleitenden parlamentarischen Kontrolle in Form eines Unteraus­schusses, wie wir es für die Staatspolizei und die Heeres-Nachrichtendienste bereits haben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich werde nicht müde werden, dieser Justiz so lange von dieser Rostra aus Paroli zu bieten und die Fälle aufzudecken, bis die Justizministerin erkennt, dass der Ruf der Justiz und das Vertrauen der Bevölkerung nur dadurch wiederherzustellen ist, dass die Rechte der Bürger wieder geachtet werden, Herr Kollege Donnerbauer, und nicht darauf herumgetrampelt wird, wie es einem gerade politisch ins Konzept passt. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

20.32

20.32.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll105. Sitzung / Seite 243

20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

20.32.43Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1537/A(E) bis 1545/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 8504/J bis 8553/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.34 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.33.18Schluss der Sitzung: 20.33 Uhr

 

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