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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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124. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Oktober 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

124. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Oktober 2011

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 19. Oktober 2011: 9.06  – 24.00 Uhr

                                     Donnerstag, 20. Oktober 2011: 0.00  –   2.56 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung der Bundesministerin für Finanzen zur Regierungsvorlage betref­fend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2012 samt Anlagen

2. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 sowie über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2011)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und die Gewer­beordnung 1994 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzprokuraturgesetz geändert wird

5. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Südafrika und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 4. März 1996 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen

6. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschi­kistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerum­gehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

7. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen

8. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Wolfgang Zanger, Gerald Grosz

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden


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10. Punkt: Bericht über die Petition betreffend „Vergabe der Digitalen Dividende zur besseren Versorgung des Ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preistransparenzgesetz geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Dienst­leistungen (Dienstleistungsgesetz – DLG) und ein Bundesgesetz über das internet­gestützte Behördenkooperationssystem IMI (IMI-Gesetz) erlassen, das Preisauszeich­nungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrens­gesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsvollstreckungs­ge­setz 1991 geändert und einige Bundesgesetze aufgehoben werden

13. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1237/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterführung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Ein­führung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinder­betreuungseinrichtungen

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1647/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeseinheitliche Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1524/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegefreistellung

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1278/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch von mit GVO-Futter­mitteln gefütterten Tieren

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1635/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von glyphosathältigen Pflanzenschutzmitteln in Österreich

19. Punkt: Bericht über den Antrag 180/A der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 842/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Toleranzvereinbarungen „Min­dest­anforderungen für die Haltung von Rindern in bergbäuerlichen und klein­bäuerlichen Betrieben“

21. Punkt: Bericht über den Antrag 904/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstraßen

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1006/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend strikte Einhaltung des Tierschutz­ge­setzes in der Begleithundeausbildung und bei allen weiteren Hundesportaktivitäten

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1007/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassungskriterien für Hundebesitzer zur Schutzhundeausbildung


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24. Punkt: Bericht über den Antrag 1084/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung der Exekutive mit Chiplese­geräten für Hunde

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1183/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Verfallsregel im Tiertrans­port­gesetz 2007

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1215/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1216/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Sachkundeverordnung für die Haltung exotischer Tiere

28. Punkt: Bericht über den Antrag 1257/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsauftrag zur Erhebung des Gesundheitsstatus sowie der Aufstallungs- und Arbeitsbedingungen der Fiakerpferde in Wien

29. Punkt: Bericht über den Antrag 1274/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Haltung von Riesen- und Gift­schlangen

30. Punkt: Bericht über den Antrag 1286/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Straßen­tieren („Streunertieren“) in der EU

31. Punkt: Bericht über den Antrag 1287/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haltungsbedingungen von Masthühnern

32. Punkt: Bericht über den Antrag 1431/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier

33. Punkt: Bericht über den Antrag 1470/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung von Handbüchern und Checklisten zur Selbstevaluierung „Tierschutz für Haustiere“

34. Punkt: Bericht über den Antrag 1471/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der Handbücher und Checklisten zur Selbstevaluierung Tierschutz

35. Punkt: Bericht über den Antrag 1575/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 6. August 1909 betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen (Tierseuchen­gesetz – TSG) geändert wird

36. Punkt: Bundesgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treib­hausgas­emissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz (Klima­schutzgesetz – KSG)

37. Punkt: Bericht über den Antrag 476/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimaschutzgesetz

38. Punkt: Bericht über den Antrag 296/A der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen, das Mine­


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ral­rohstoffgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert werden (Erste Energieeffizienznovelle 2008)

39. Punkt: Bericht über den Antrag 297/A der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

40. Punkt: Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgas­emis­sionszertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011 – EZG 2011)

41. Punkt: Bericht über den Antrag 1682/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend monetären Ausgleichsmechanismus im Emissionszertifikategesetz

42. Punkt: Bericht über den Antrag 209/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Photovoltaikanlagen

43. Punkt: Bericht über den Antrag 342/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Planungs- und Baustopp für eine 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat

44. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird, und Bericht über den

Antrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befugnisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) geschaffen wird

45. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Ter­rorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird, sowie

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden

46. Punkt: Bericht über den Antrag 1660/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Notariatsordnung geändert wird

47. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über soziale Sicherheit

48. Punkt: Bericht über den Antrag 1671/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend neue Wege in der Behin­derteneinstellungspolitik

49. Punkt: Bericht über den Antrag 111/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Interessenvertretung von Menschen mit beson­deren Bedürfnissen

50. Punkt: Bericht über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Werkstättenräte

51. Punkt: Bericht über den Antrag 701/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Funktionsdauer der Behinderten­vertreter im öffentlichen Dienst an die Funktionsdauer der Personalvertreter

52. Punkt: Bericht über den Antrag 227/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwerhörigenarbeit in Österreich

53. Punkt: Bericht über den Antrag 603/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden als medi­zinische Rehabilitationsmaßnahme


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54. Punkt: Bericht über den Antrag 719/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Blindenführhundeausbildung nach Schweizer Vorbild

55. Punkt: Bericht über den Antrag 921/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden als medizi­nische Rehabilitationsmaßnahme

56. Punkt: Bericht über den Antrag 937/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Etablierung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder

57. Punkt: Bericht über den Antrag 1386/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Verbesserungen im Behinderten­bereich

58. Punkt: Bericht über den Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Plans zum Abbau baulicher Bar­rieren für die vom BMLV genutzten Gebäude

59. Punkt: Bericht über den Antrag 110/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Versehen der Etappenpläne zum Abbau baulicher Barrieren mit Zeitplänen

60. Punkt: Bericht über den Antrag 1620/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung Barrierefreiheit und Behinderten­betreuung bei den ÖBB

61. Punkt: Bericht über den Antrag 781/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Behindertengleich­stel­lungsrechtes und der daraus resultierenden Bündelgesetze

62. Punkt: Bericht über den Antrag 1634/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flankierung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen im Versicherungsvertragsrecht

63. Punkt: Bericht über den Antrag 106/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte

64. Punkt: Bericht über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Recht auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO für blinde und stark sehbehinderte Menschen

65. Punkt: Bericht über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Mut­tonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird („EU-Informationsgesetz“, „EU-InfoG“) (Zweite Lesung)

66. Punkt: Bericht über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Mut­tonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Zweite Lesung)

67. Punkt: Bericht über den Antrag 1288/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend umfassende Staatsreform bei den obersten Organen der Republik


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68. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäfts­ordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1581/A)

69. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürger­liche Gesetzbuch (ABGB), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2010, geändert wird (1588/A)

70. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Renate Csörgits, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz zur Änderung der österreichischen Bundeshymne (1658/A)

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten DDr. Werner Königshofer ............................... 27

Angelobung des Abgeordneten Mathias Venier ......................................................... 27

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 27

Ordnungsruf ................................................................................................................. 142

Geschäftsbehandlung

Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend §§ 13 und 102 der Geschäftsordnung             ............................................................................................................................... 27

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2012 samt Anlagen (1405 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme         29, 29

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 29

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend Beachtung der Bestim­mungen des Artikels 57 B-VG seitens des Bundesministeriums für Justiz:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 140

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 141

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 142

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 143

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 143

Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer in diesem Zusammenhang
......................................................................................................................  141, 142, 143

Vertagung der dritten Lesung über den Gesetzentwurf in 1444 d.B. (Tages­ordnungspunkt 65) auf Vorschlag des Präsidenten Mag. Dr. Martin Graf gemäß § 74 Abs. 1 GOG ............................ 351


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Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  28, 229, 360, 363, 369

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich (9489/J)    ............................................................................................................................. 124

Begründung: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ............................................................ 127

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................. 132

Debatte:

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 139

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 144

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 146

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 148

Ursula Haubner .......................................................................................................... 150

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 153

Elmar Mayer ................................................................................................................ 158

Peter Mayer ................................................................................................................. 160

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 162

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 163

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 167

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 169

Anna Franz .............................................................................................................. ... 171

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 172

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 174

Stefan Petzner (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreu­ung – Ablehnung .........  156, 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen auf Übermittlung des Berichtes „Verwaltete Kinder“ aus dem Jahre 1974 an den Nationalrat – Ablehnung  166, 176

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung der Bundesministerin für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2012 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung  29, 29

2. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 (III-263 d.B.) sowie über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2011) (III-229 d.B.) (1449 d.B.) ...................................................................................................... 49

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 49

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 50

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 52

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 54

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 55

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 56


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Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 59

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 61

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ..... 62

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ..... 63

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 64

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 64

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ........................................................... ..... 65

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 68

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1385 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und die Gewerbe­ordnung 1994 geändert werden (1451 d.B.)        ............................................................................................................................... 68

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1384 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzprokuraturgesetz geändert wird (1452 d.B.) ................................................ 69

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................ ..... 69

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 71

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 72

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ..... 74

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 74

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 75

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 76

Johann Hechtl ......................................................................................................... ..... 77

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 78

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ..... 79

Stefan Petzner (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 80

Mag. Ewald Stadler ...............................................................................................  80, 83

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 81

Mag. Michael Schickhofer ..................................................................................... ..... 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Finanzprokuratur – Ablehnung .....................................................  84, 85

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1451 und 1452 d.B. ....................................... 85

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1395 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Südafrika und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 4. März 1996 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1453 d.B.) ................................................................. 86

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1411 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1454 d.B.) ....................................................................................................... 86

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1382 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen (1455 d.B.) .......................................................... 86


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ..................................................................................................... 86

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ................................................................................. 87

Mag. Laura Rudas ........................................................................................................ 87

Genehmigung der drei Staatsverträge in 1453, 1454 und 1455 d.B. ............................. 88

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Wolfgang Zanger, Gerald Grosz (2/URH2) (1421 d.B.)                          88

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 88

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ..... 91

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 91

Erwin Hornek .......................................................................................................... ..... 93

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 95

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 97

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 98

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 100

Johann Singer ......................................................................................................... ... 101

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 103

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 104

Mag. Ewald Stadler ...........................................................................................  105, 110

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 107

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 108

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ... 109

Kenntnisnahme des Berichtes des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses in 1421 d.B. ...................................................................................................................... 110

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1421 d.B. ................................................... 111

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1389 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Telekom­munikationsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucher­be­hörden-Kooperationsgesetz geändert werden (1450 d.B.) ........... 111

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Petition (70/PET) betreffend „Vergabe der Digitalen Dividende zur bes­seren Versorgung des Ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Hermann Gahr, Mag. Josef Lettenbichler und Franz Hörl (1464 d.B.) .................................................................................................. 111

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 111

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 112

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 113

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 114

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 115

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 116

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 117

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 118

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 120

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 121


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Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 121

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 122

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 123

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 123

Dr Dr. Gabriela Moser ............................................................................................ ... 177

Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend direkte Verankerungen der Konsumenten­schutzbestim­mungen im Telekommunikationsgesetz – Ablehnung    119, 178

Annahme des Gesetzentwurfes in 1450 d.B. .............................................................. 178

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1464 d.B. ................................................... 178

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (1081 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschafts­ge­setz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preistransparenz­gesetz geändert werden (1128 d.B.) ................................................ 178

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 179

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 180

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 181

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 183

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 193

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 194

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 196

Josef Jury ................................................................................................................ ... 197

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für ein nachhaltiges, verbraucher­freund­liches und Eigentumsrechte schützendes Gaswirtschaftsgesetz – Ablehnung ....................................................................  184, 225

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 224

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (317 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Dienstleistungen (Dienstleistungsgesetz – DLG) und ein Bundesgesetz über das internetgestützte Behördenkooperationssystem IMI (IMI-Gesetz) erlassen, das Preisauszeichnungsgesetz, das Konsumentenschutz­ge­setz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstraf­gesetz 1991 und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert und einige Bundesgesetze aufgehoben werden (523 d.B.) ......................................................................................................... 197

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................... 198

Peter Haubner ............................................................................................................. 198

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 207

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 208

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 209

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................  211, 214

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 213

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 213

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 225

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 11

13. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1406 d.B.): Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des insti­tutionellen Kinderbetreuungsangebots (1414 d.B.)                  215

14. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1237/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterführung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kin­derbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (1415 d.B.) ................... 215

15. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1647/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bun­deseinheitliche Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung (1416 d.B.) .................................................................................................................... 215

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 215

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 216

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 216

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ... 218

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 219

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 220

August Wöginger .................................................................................................... ... 222

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 223

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 223

Genehmigung der Vereinbarung in 1414 d.B. .............................................................. 224

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1415 und 1416 d.B. .......................... 224

16. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1524/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflege­freistellung (1417 d.B.) ................ 225

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 226

Christine Marek .......................................................................................................... 226

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 227

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 228

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 228

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1417 d.B. ................................................... 229

Zuweisung des Antrages 1524/A(E) an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ........ 229

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1278/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Fleisch von mit GVO-Futtermitteln gefütterten Tieren (1412 d.B.) ...................................................................................... 229

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1635/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von glyphosathältigen Pflanzenschutzmitteln in Österreich (1413 d.B.) ......................................................... 229

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 229

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 230


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 12

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 231

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 233

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 234

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 234

Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 235

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 236

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 236

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1412 und 1413 d.B. .......................... 237

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 180/A der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tier­schutz­gesetz – TSchG) geändert wird (1471 d.B.) .................................... 237

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 842/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Toleranzvereinbarungen „Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern in bergbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben“ (1472 d.B.)                       237

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 904/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bun­desstraßen (1479 d.B.) ..................................................... 237

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1006/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend strikte Einhaltung des Tierschutzgesetzes in der Begleithundeausbildung und bei allen weiteren Hundesportaktivitäten (1476 d.B.) ..... 237

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1007/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassungskriterien für Hundebesitzer zur Schutzhundeausbildung (1477 d.B.) ............................................................................ 237

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1084/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung der Exekutive mit Chiplesegeräten für Hunde (1478 d.B.) .................................................................................................................... 238

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1183/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Verfallsregel im Tiertransportgesetz 2007 (1480 d.B.) .................................................................................................................... 238

26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen (1482 d.B.)          ............................................................................................................................. 238

27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1216/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Sachkundeverordnung für die Haltung exotischer Tiere (1483 d.B.) ........................................................................................................... 238

28. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1257/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsauftrag zur Erhebung des Gesundheitsstatus sowie der Aufstallungs- und Arbeitsbedingungen der Fiakerpferde in Wien (1475 d.B.) ....... 238


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 13

29. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1274/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlangen (1484 d.B.)         ............................................................................................................................. 238

30. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1286/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Straßentieren („Streunertieren“) in der EU (1487 d.B.) ....................................................................... 238

31. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1287/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Haltungsbedingungen von Masthühnern (1473 d.B.) .............................................................................................. 238

32. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1431/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier (1474 d.B.) ....................................................................... 239

33. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1470/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung von Handbüchern und Checklisten zur Selbstevaluierung „Tierschutz für Haus­tiere“ (1485 d.B.) ............................................ 239

34. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1471/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überar­bei­tung der Handbücher und Checklisten zur Selbstevaluierung Tierschutz (1486 d.B.) .................................................................... 239

35. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1575/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 6. August 1909 betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen (Tierseuchengesetz – TSG) geändert wird (1481 d.B.)             ............................................................................................................................. 239

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 239

Dietmar Keck .............................................................................................................. 241

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 242

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 243

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 244

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 245

Josef A. Riemer ...................................................................................................... ... 246

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 247

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 247

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 248

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 249

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 249

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 249

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 250

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 251

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 252

Kenntnisnahme der zehn Ausschussberichte 1471, 1472, 1479, 1476, 1477, 1478, 1475, 1473, 1485 und 1481 d.B. ...................................................................................................................... 252

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1480 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Änderung der Verfallsregel im Tierseuchengesetz (E 196) ......................................... 253


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 14

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1482 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen (E 197) ..................................................... 253

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1483 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Schaffung einer Sachkundeverordnung für die Haltung exotischer Tiere (E 198) ....... 253

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1484 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlagen (E 199) ...................................................... 253

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1487 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zum Schutz von Straßentieren („Streunertieren“) in der EU (E 200) ..... 254

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1474 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier (E 201) ............... 254

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1486 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Überarbeitung der Handbücher und Checklisten zur Selbstevaluierung Tierschutz (E 202)                         254

Gemeinsame Beratung über

36. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1255 d.B.): Bundesgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhaus­gasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klima­schutz (Klimaschutzgesetz – KSG) (1456 d.B.) ................... 254

37. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 476/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimaschutzgesetz (1457 d.B.) .......... 254

38. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 296/A der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen, das Mineralrohstoffgesetz und das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert werden (Erste Energieeffizienz­novelle 2008) (1458 d.B.)         ............................................................................................................................. 255

39. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 297/A der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1459 d.B.) ............................................................ 255

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 255

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 256

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 257

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 259

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 260

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 261

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 263

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 264

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 265

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 265

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 266

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 266

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 267


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 15

Annahme des Gesetzentwurfes in 1456 d.B. .............................................................. 268

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1457, 1458 und 1459 d.B. .................... 268

Gemeinsame Beratung über

40. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1393 d.B.): Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhaus­gasemis­sions­zertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011 – EZG 2011) (1460 d.B.) .................................................................................................................... 268

41. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1682/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend monetären Ausgleichsmechanismus im Emissionszertifikategesetz (1461 d.B.) ....................................................................... 268

42. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 209/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend För­derung von Photovoltaikanlagen (1462 d.B.)                     268

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 269

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 270

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 270

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 273

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 274

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 276

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 277

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 278

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 279

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 279

Annahme des Gesetzentwurfes in 1460 d.B. .............................................................. 280

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1461 und 1462 d.B. .......................... 280

43. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 342/A(E) der Abge­ordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Planungs- und Baustopp für eine 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat (1463 d.B.) ....................................................................................... 281

Redner/Rednerinnen:

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 281

Thomas Einwallner ................................................................................................. ... 282

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 283

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 284

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 284

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1463 d.B. ................................................... 285

44. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungs­vorlage (1391 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird, und über den

Antrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befug­nisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) geschaf­fen wird (1418 d.B.) .................... 285

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 285

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 286


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 16

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 287

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 287

Kurt List ................................................................................................................... ... 288

Bundesminister Mag. Norbert Darabos ............................................................... ... 289

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 291

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 292

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 292

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 295

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 296

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderfinanzierung von Auslandseinsätzen gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG – Ablehnung    293, 296

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 296

45. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (674 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird, sowie über die

Regierungsvorlage (1392 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden (1422 d.B.) .................................................................................................................... 297

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 297

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 298

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 300

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 302

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 303

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ... 309

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 312

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 313

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 314

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 316

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 317

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 318

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 318

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Über­griffen auf Minderjährige – Ablehnung      307, 320

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 319

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1422 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Durchführung einer wissenschaftlichen Evaluierung des § 278a StGB (E 203) ......... 320

46. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1660/A der Abge­ordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung geändert wird (1423 d.B.) ................................................................ 320

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 320

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 321


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 17

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 321

47. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1408 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über soziale Sicherheit (1426 d.B.)    ............................................................................................................................. 321

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 321

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 322

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 323

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 323

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 323

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 324

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 324

Gemeinsame Beratung über

48. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1671/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend neue Wege in der Behinderteneinstellungspolitik (1427 d.B.) ................................................................... 324

49. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 111/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Interessenvertretung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen (1428 d.B.) ............................................................................................. 324

50. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der Werkstättenräte (1429 d.B.) .................................................................................................................... 324

51. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 701/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Funktionsdauer der Behindertenvertreter im öffentlichen Dienst an die Funktionsdauer der Personalvertreter (1430 d.B.)     ............................................................................................................................. 324

52. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 227/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwerhörigenarbeit in Österreich (1431 d.B.)              ............................................................................................................................. 325

53. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 603/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden als medizinische Rehabilita­tionsmaßnahme (1432 d.B.) ........................................................................ 325

54. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 719/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Blindenführhundeausbildung nach Schweizer Vorbild (1433 d.B.) ...................................................................................... 325

55. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 921/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anerkennung von Blindenführhunden als medizinische Reha­bilitationsmaßnahme (1434 d.B.) .................................................. 325

56. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 937/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betref­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 18

fend Etablierung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder (1435 d.B.) .................................................................................................................... 325

57. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1386/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Verbesserungen im Behindertenbereich (1436 d.B.) ................................................................................... 325

58. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Plans zum Abbau baulicher Barrieren für die vom BMLV genutzten Gebäude (1437 d.B.) ...................................................... 325

59. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 110/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Versehen der Etappenpläne zum Abbau baulicher Barrieren mit Zeitplänen (1438 d.B.) ............................................................................ 326

60. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1620/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Evaluierung Barrierefreiheit und Behindertenbetreuung bei den ÖBB (1439 d.B.) .............................................................................................. 326

61. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 781/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechtes und der daraus resultierenden Bündelgesetze (1440 d.B.)                  326

62. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1634/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flankierung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen im Versicherungsvertragsrecht (1441 d.B.) ............................. 326

63. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 106/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte (1442 d.B.) ................................ 326

64. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend das Recht auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO für blinde und stark sehbehinderte Menschen (1443 d.B.) ....................... 326

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 326

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 328

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 329

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 332

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 333

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 334

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 335

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 335

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 336

Ursula Haubner .......................................................................................................... 337

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 337

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 338


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 19

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit im Versicherungsvertragsrecht – Ablehnung ............................................................................................................  331, 341

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Franz-Josef Huainigg, Ulrike Kö­nigsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versicherungs­ver­trags­recht, Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen – Annahme (E 205) ............................................................................  339, 341

Kenntnisnahme der 15 Ausschussberichte 1427, 1428, 1429, 1430, 1431, 1432, 1433, 1434, 1436, 1437, 1438, 1439, 1440, 1441 und 1442 d.B. ........................................................................ 340

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1435 d.B. hinsichtlich des Ent­schließungs­­antrages 937/A(E)             ............................................................................................................................. 340

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1435 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Vereinfachung des Zuganges zu benötigten Hilfsmitteln für Kinder (E 204) ............... 341

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1443 d.B. hinsichtlich des Entschließungs­antrages 1528/A(E)          ............................................................................................................................. 342

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1443 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Vereinheitlichung der Begutachtung für die Ausstellung von Parkausweis und Behindertenpass (E 206)             ............................................................................................................................. 342

Gemeinsame Beratung über

65. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird („EU-Informationsgesetz“, „EU-InfoG“) (1444 d.B.) (Zweite Lesung) ................................... 342

66. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (1445 d.B.) (Zweite Lesung) .................................. 342

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 342

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 343

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 344

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ... 346

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 347

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 349

Johann Singer ......................................................................................................... ... 349

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 350

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 350

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1444 und 1445 d.B. in zweiter Lesung ........ 351

67. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1288/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Staatsreform bei den obersten Organen der Republik (1446 d.B.) .................................................................................................................... 353

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 353

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 354


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 20

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 354

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 355

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 356

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1446 d.B. ................................................... 357

68. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1581/A) ........................................................................................................................ 357

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 357

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 358

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 358

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 359

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 360

Zuweisung des Antrages 1581/A an den Geschäftsordnungsausschuss ................... 360

69. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2010, geändert wird (1588/A) ...................................................... 360

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 361

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 361

Anna Franz .............................................................................................................. ... 362

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 362

Zuweisung des Antrages 1588/A an den Justizausschuss ......................................... 363

70. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Renate Csörgits, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz zur Änderung der österreichischen Bundeshymne (1658/A) ................................................................................................ 363

Redner/Rednerinnen:

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 363

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 364

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 365

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 366

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 367

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 368

Zuweisung des Antrages 1658/A an den Verfassungsausschuss .............................. 369

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 28

1405: Bundesfinanzgesetz 2012 – BFG 2012 samt Anlagen

1465: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Interes­sen­vertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsgebühren­ge­setz geändert wird


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 21

1466: Bundesgesetz über die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Ein­richtung eines Weltraumregisters (Weltraumgesetz)

1467: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

1468: Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird (ChemG-Novelle 2011)

1469: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Guatemala über die Förderung und den Schutz von Investitionen

1494: Budgetbegleitgesetz 2012

1495: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird

Anträge der Abgeordneten

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgerechte Durchführung der AMA-Kontrollen und Auszahlung der Förderungen im Herbst/Winter 2011 (1699/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Handel mit NS-Devotionalien (1700/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 5. April 1960, mit dem bestimmte Abzeichen verboten werden (Abzeichengesetz 1960), in der Fassung des BGBl. Nr. 117/1980, geändert wird (1701/A)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz (BPGG), in der Fassung des BGBl. I Nr. 110/1993, geändert wird (1702/A)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung von EU-konformen Behindertenparkausweisen (1703/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person (1704/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (1705/A)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Optionsmöglichkeit für Politiker im Abfertigungs- und Pensionssystem „Alt“ in das Abfertigungs- und Pensionssystem „Neu“ (1706/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Planstellen für die Exekutive im Bezirk Hollabrunn (1707/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genug gezahlt!“ für überhöhte Gebühren (1708/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige (1709/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Familie & Beruf Management GmbH (9457/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 22

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Verletzung in Ausübung des Dienstes (9458/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend § 107a StGB (9459/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Förderung altösterreichischer Kulturvereine in Slowenien (9460/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Förderung altösterreichischer Kulturvereine in Slowenien (9461/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Überalterung im Heer (9462/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen durch die ASFINAG entlang der West Autobahn in Salzburg (9463/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend hohe Selbstmordrate von türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen – Maßnahmen zur Prävention und Betreuung (9464/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neue Planstellen für die Polizei in Niederösterreich (9465/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend den Status des gemeinnützigen Vereins für das Architekturzentrum Wien (9466/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Lungenschaden durch Zollkontrollen (9467/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Messerstecherei unter zwei Asylwerbern in Steyr (9468/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend grenzüberschreitende Polizeiarbeit (9469/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lungenschaden durch Zollkontrollen (9470/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Strafregister: Austausch von Informationen 2009 und 2010“ (9471/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Gesundheitsschäden durch Lärm in Diskotheken und vergleichbaren Lokalen sowie bei Veranstaltungen – Zahlen 2010“ (9472/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend hohe Selbstmordrate von türkisch-stämmigen Mädchen und Frauen – Maßnahmen zur Prävention und Betreuung (9473/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Altersstruktur bei der Exekutive (9474/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 23

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Planstellen und Überstunden (9475/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Staatstrojaner auch in Österreich?“ (9476/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Staatstrojaner auch in Österreich?“ (9477/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Staatstrojaner auch in Österreich?“ (9478/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die finanzielle Unterstützung von pflegenden Angehörigen für Ersatzpflege (9479/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Einschätzungen des BVT zu militanten Tierrechtsgruppen insbesondere im Verfassungsschutzbericht 2011 (9480/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend: Erkenntnis der Volksanwaltschaft, dass der Kastenstand nicht Tierschutzgesetz-konform ist (9481/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend „Staatstrojaner auch in Österreich?“ (9482/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kriminalitätsprävention in Österreich“ (9483/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Organic Agriculture in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (9484/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Handbücher“ zum neuen Fremdenrecht (9485/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schwerpunktaktion Radfahrer (9486/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Kampagne zum Equal Pay Day 2011 (9487/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Erwerb des Bundestrojaner (9488/J)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich (9489/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Register gegen Kindesmisshandlung (9490/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Förderungen an Pro Juventute (9491/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Steuerbelastung Betriebsaufgabe“ (9492/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 24

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Steuerbelastung Betriebsaufgabe“ (9493/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Anfragen und Auskünfte aufgrund Artikel 26 eines Doppelbesteuerungs­abkommens (9494/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Herausnahme von christlichen Geistlichen und Ordenspersonal aus dem Schutz vor Verhetzung gemäß § 283 StGB durch die Bundesministerin für Justiz selbst (9495/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Anzeige des Justizministeriums gegen den Abgeordneten Gerald Grosz vom 24. Mai 2011 und das Verfahren 30St183/11i-1 wegen des Verdachtes der Verletzung des Amtsgeheimnisses in Bezug auf seine Tätigkeit im ÖBB-Unterausschuss des Rechnungshofausschusses (9496/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9497/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9498/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend öffentliche Aufwendungen für Inte­gration (9499/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9500/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9501/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9502/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9503/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9504/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9505/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9506/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9507/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9508/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9509/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 25

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend öffentliche Aufwendungen für Integration (9510/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylwerber in Tirol (9511/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Förderungen an Pro Juventute (9512/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Österreichischen Verkehrssicher­heitsfonds – Verwendung Fondsvermögen (9513/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Gesundheit betreffend Tod eines 17-jährigen Mädchens (9514/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend meldepflichtige Ereignisse in Fällen von kontaminierter Kabinenluft – insbesondere Fälle mit dem Nervengift Trikresyl­phosphat (TKP) (9515/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Pyrotechnikgesetz (9516/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die skandalösen Vorgänge während der türkischen Parlamentswahlen (9517/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend deutsche Spionagesoftware in Österreich (9518/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend Staatstrojaner in Österreich (9519/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend bariatrische Operationen (9520/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend derzeitige Verwendung des Truppenübungsplatzes Aualm (9521/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Inneres betreffend Freitod von Wolfgang Priklopil (9522/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend Kindermorde im Bekanntenkreis der Familie Kampusch (9523/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Veranlagung nach Todesfall (2000 bis 2010)“ (9524/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Kasernenschließungsplan 2011 (9525/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (9077/AB zu 9218/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (9078/AB zu 9248/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9079/AB zu 9250/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 27

09.06.07Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Ich darf zunächst Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer sehr herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die letzte Präsidialkonferenz hat sich sehr ausführlich mit der Sitzungs- und Debattenkultur hier im Plenum beschäftigt. Dabei wurde einhellig festgestellt, und zwar von allen fünf Fraktionen, dass sich der Stil der Beiträge verschlechtert hat – dies insbesondere im Hinblick auf persönliche Verun­glimpfungen und auch Verunglimpfungen von Fraktionen.

Von allen Klubobleuten wurde der Wunsch geäußert, dass § 13 und § 102 der Geschäftsordnung – das betrifft einerseits die Wahrung der Würde des Hauses und andererseits den Ruf zur Ordnung – konsequent angewendet werden sollen.

Ich hoffe, meine Damen und Herren Abgeordnete, dass Sie wenig Anlass dazu geben. Es liegt an uns allen, bei aller Härte der politischen Auseinandersetzung einen respekt­vollen Umgang miteinander zu pflegen und somit auch der Würde des Hauses gerecht zu werden. – Ich danke Ihnen.

*****

Die Amtlichen Protokolle der 122. und 123. Sitzung vom 12. Oktober 2011 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Riepl, Mag. Fuhrmann, Großruck, Ing. Hofer und Dr. Winter.

09.08.14Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass der Abgeordnete Dr. Werner Königshofer auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Mathias Venier in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Haus anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben. – Bitte, Herr Schriftführer.

 


9.08.45

Schriftführer Jakob Auer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


9.08.57

Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den neuen Herrn Abgeordneten in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 28

09.09.14Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 9457/J bis 9488/J;

2. Anfragebeantwortungen: 9077/AB bis 9079/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesfinanzgesetz 2012 – BFG 2012 samt Anlagen (1405 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung der Transparenz bei der Wahrnehmung politischer und wirtschaftlicher Interessen (Lobbying- und Interes­senvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG) erlassen und das Gerichtsge­bühren­gesetz geändert wird (1465 d.B.),

Bundesgesetz über die Genehmigung von Weltraumaktivitäten und die Einrichtung eines Weltraumregisters (Weltraumgesetz) (1466 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Land­arbeitsgesetz 1984 geändert werden (1467 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996 geändert wird (ChemG-No­velle 2011) (1468 d.B.),

Budgetbegleitgesetz 2012 (1494 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2011 geändert wird (1495 d.B.).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Guatemala über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1469 d.B.).

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Sitzung von ORF2 bis voraussichtlich 10.30 Uhr und von TW1 in voller Länge live übertragen wird.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Klub der Grünen hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 9489/J der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 29

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanz­ge­setz 2012 – BFG 2012 samt Anlagen (1405 der Beilagen) in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 5 bis 7, 9 und 10, 13 bis 15, 17 und 18, 19 bis 35, 36 bis 39, 40 bis 42, 48 bis 64 sowie 65 und 66 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 140 Minuten, FPÖ 125 Minuten, Grüne 110 Minuten sowie BZÖ 105 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

09.11.101. Punkt

Erklärung der Bundesministerin für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2012 samt Anlagen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Ich bitte die Frau Bundesministerin um ihre Erklärung.

 


9.12.08

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank und liebe Zuse­herinnen und Zuseher auf den Rängen und vor den Bildschirmen! Die letzten Jahre waren wie ein stürmisches Tief, ein rauer Wind mit heftigen Turbulenzen und Unge­wissheit. Viele Menschen haben Angst: Sie sind sich nicht mehr ganz sicher, ob ihr Erspartes auch morgen noch etwas wert ist.

Als Ihre Finanzministerin, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich ein Ziel: Ich will Stabilität schaffen, damit unser Geld seinen Wert behält. (Beifall bei der ÖVP


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 30

und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das geht jetzt 42 Seiten so!) Stabile Finanzen für eine sichere Zukunft, das ist das Motto meiner Arbeit.

Hohes Haus! Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 hat die Weltwirtschaft über Nacht radikal verändert. Die Krise des US-amerikanischen Hypothekarkreditmarktes und ihre innovativ in alle Welt exportierten Risiken haben das sprichwörtlich „grenzenlose Wachstum“ und die Stabilität aus dem Gleichgewicht ge­bracht. Massive Irritationen an den internationalen Börsen und Finanzmärkten haben eine weltweite Rezession ausgelöst.

Damit ist vor allem Vertrauen verloren gegangen. Bis dahin war billiges Geld für alle da – für Staaten, für Banken, für Unternehmen und für Private. Plötzlich ist jedoch das Kapital auf den Märkten völlig versiegt. Durch ein entschlossenes Vorgehen auf globaler, europäischer und nationaler Ebene hat es die internationale Staatenge­meinschaft damals geschafft, Vertrauen und Stabilität an den Finanzmärkten wieder herzustellen. So ist es gelungen, Sicherheit für die Ersparnisse der Bürger und für unseren Wohlstand zu gewährleisten.

In Österreich ist damals durch den einstimmigen Beschluss im Parlament ein Bündel an Maßnahmen beschlossen worden. Insgesamt über 100 Milliarden € an Kapital und Haftungen sind für die Sicherheit der Spareinlagen zur Verfügung gestellt worden, mehr als 3 Milliarden für Konjunkturpakete und mehr als 3 Milliarden für eine Steuer­entlastung für die Österreicherinnen und Österreicher.

Diese Maßnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, waren absolut richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie haben damals all ihre Ziele erreicht, nämlich die Sicherung von Arbeitsplätzen und damit von Kaufkraft, die Sicherung des Standorts und die Verhinderung größerer Unternehmensinsolvenzen, die Sicherung von Spareinlagen und die Stabilität am Finanzmarkt und die Sicherung von neuem Wachstum nach der Krise. Es ist wohl ein großes Verdienst der Politik gewesen, dass durch richtige Maßnahmen der Schaden durch die Krise damals – 2008 – in unserem Land möglichst gering gehalten wurde.

Diese Maßnahmen haben jedoch viel Geld gekostet. Das Budgetdefizit Österreichs ist im Vergleich von 2008 auf 2010 von rund 2,6 Milliarden auf 13 Milliarden angestiegen. Die Staatsschulden haben durch die kumulierten Defizite der Jahre 2008, 2009 und 2010 um mehr als 25 Milliarden zugenommen. Österreich hat diese Herausforde­rungen durch eine umsichtige Budgetpolitik gut verkraften können – andere Staaten nicht.

Mitten im neuen Wachstum der Jahre 2010 und 2011 hat die Schuldenkrise einzelner Staaten diese Stabilität abermals ins Wanken gebracht, denn nachdem die Finanz­marktkrise scheinbar überwunden war, sind die strukturellen Schwächen einzelner Staaten offenkundig geworden. So wie die Finanzwirtschaft eineinhalb Jahre zuvor am Rande des Zusammenbruchs gestanden ist, hat vor allem Griechenland erleben müs­sen, dass durch überbordende Defizite und Schulden kein Staat zu machen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Müder Applaus bei der ÖVP!)

Die Ausgaben sind davongaloppiert, die Einnahmen sind aufgrund einer wenig konkurrenzfähigen Wirtschaft und einer ineffizienten Verwaltung ausgeblieben. Staats­schulden von mehr als 150 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, des Brutto­inlands­produktes, zeigen einen dramatischen Handlungsbedarf. Damit sind abermals das Vertrauen und die Fähigkeit zur Refinanzierung an den Märkten verloren gegan­gen.

Die Euro-Mitgliedstaaten haben daher im Mai 2010 reagiert und einen Rettungsschirm aufgespannt – diesmal nicht für Banken, sondern für einen Staat. (Abg. Kickl: Ah, das


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hat nichts miteinander zu tun?!) Mit einem Volumen von effektiven 440 Milliarden € für die Europäische Stabilitätsfazilität und der geplanten Errichtung eines dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus sollte das, was in der Finanz- und Bankenkrise funktioniert hat, auch bei der Schuldenkrise eines Staates funktionieren.

Neben Griechenland haben inzwischen auch Portugal und Irland europäische Hilfs­maßnahmen in Anspruch nehmen müssen. Österreich hat bislang rund 1,4 Milliarden an bilateralen Krediten für Griechenland aufgewendet (Abg. Grosz: Das ist alles ein Geschäft!) und Haftungen im Wege der Europäischen Stabilitätsfazilität in Höhe von bis zu knapp 22 Milliarden bereitgestellt. Von diesen ist bisher nur ein kleiner Teil in Anspruch genommen worden, und derzeit diskutieren wir auf EU-Minister-Ebene darüber, dass die Infrastruktur EFSF flexibler und effizienter aufgestellt werden soll. Österreich hat all diese Herausforderungen durch eine umsichtige Budgetpolitik und eine gesunde wirtschaftliche Basis gemeistert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten aufgrund der Schuldenkrise in inzwischen vielen europäischen Ländern mit einschneidenden Maßnahmen konfrontiert werden.

Diese Maßnahmen werden linke wie rechte Populisten auf den Plan rufen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja wohl die Höhe! Zwischenruf des Abg. Strache.) Es werden die Reichen und die Banken schuld sein. Es wird Europa schuld sein. Mir genügt es aber nicht, einfach nur Schuldige zu suchen oder nur gegen etwas zu sein. Ich werde stattdessen für etwas kämpfen. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Abg. Mag. Stadler: Was sagt die SPÖ dazu? Cap, der linke Populist!)

Ich werde für etwas kämpfen, dem ich mich persönlich verpflichtet fühle, nämlich der Sicherung unserer Währung und der Ersparnisse der Menschen in unserem Land. Ich werde kämpfen für die Sicherung des Wohlstandes und des erfolgreichen Modells Österreich, nicht zuletzt auch wegen einer leistungs- und lösungsorientierten Sozial­partnerschaft.

Ich werde kämpfen für den Abbau des Defizits und trotzdem für Wachstum, das ich im Auge behalte; und dafür braucht es, meine sehr verehrten Damen und Herren, stabile Finanzen für eine sichere Zukunft. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strache: Erfolgreicher Kampf bis dato! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Lassen Sie mich auf unsere Wirtschaftslage und unseren Arbeitsmarkt eingehen: Die österreichische Wirtschaft hat sich von der Rezession des Jahres 2009 gut erholt, und vor allem im heurigen ersten Halbjahr haben wir wieder ein sehr robustes Wachstum erlebt. Auch 2010 war ein gutes Wirtschaftsjahr. Der Rechnungsabschluss war wesentlich positiver als geplant.

Aktuell kühlt das Konjunkturklima aber deutlich ab. Die Wirtschaftsforscher erwarten, dass es im dritten Quartal ein Wachstum von nur mehr 0,1 bis 0,2 Prozent geben wird, und für die kommenden Monate rechnen wir nicht mit einer Erholung. Insgesamt wird das Wachstum 2011 voraussichtlich 2,9 Prozent betragen.

Für das nächste Jahr sind die Wirtschaftsforscher leider pessimistisch. Sie haben ihre Vorhersagen für das Wachstum stark nach unten revidiert, trotzdem trotzdem – werden wir den Kurs halten und den eingeschlagenen Konsolidierungspfad nicht verlassen. Wir haben ein stabiles Budget geplant. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Wirtschaftsforschungsinstitut geht für 2012 lediglich von einem Wachstum von 0,8 Prozent aus, das Institut für Höhere Studien prognostiziert ein Wachstum von


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1,3 Prozent. Wir haben aber für die Budgeterstellung die niedrigere Zahl angenommen, weil ich vorsichtig budgetieren möchte.

Einerseits liegt das daran, dass die Exporte zurückgehen – Grund dafür ist, dass die globale Nachfrage nachlässt, vor allem in den USA und in Europa –, andererseits bleiben die Investitionen hinter den Erwartungen zurück. Die steigende Unsicherheit in Bezug auf das wirtschaftliche Umfeld spielt da eine wichtige Rolle. Die Menschen vertrauen immer weniger darauf, dass die Wirtschaft weiterhin gut laufen wird. Das zeigen mehrere Indikatoren, und so sehen wir, dass derzeit vor allem Ersatz- aber keine Neuinvestitionen getätigt werden.

Neben diesem negativen Szenario bezüglich des Wachstums haben wir aber auch erfreuliche Zahlen, nämlich die Lage auf dem Arbeitsmarkt betreffend. Mit Ende September waren insgesamt 3 481 478 Menschen in Beschäftigung. Das ist ein Allzeithoch! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist erfreulich, denn noch nie waren in Österreich so viele Menschen in Be­schäftigung wie im September dieses Jahres. Ein Dank in diesem Zusammenhang an die Unternehmen in Österreich, ein Dank auch an die lösungsorientierten Sozial­partner, die für dieses Arbeitsumfeld sorgen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ein Dank auch an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die diese Wirtschaftsleistung erbringen. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Arbeitslosenquote liegt in Österreich derzeit bei 3,7 Prozent. Damit sind wir Europameister, gefolgt von den Niederlanden mit 4,4 Prozent und Luxemburg mit 4,9 Prozent. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit in ganz Europa. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. Abg. Öllinger: EU-Meister! Abg. Themessl: Europa ist was anderes!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Euro-Raum beispielsweise liegt die Arbeitslosenquote wesentlich höher, nämlich durchschnittlich bei 10 Prozent. Und auch wenn man die EU-27 nimmt, liegt sie bei 9,5 Prozent. Besonders stolz können wir aber auf die geringe Jugendarbeitslosigkeit sein. Die Jugend ist unsere Zukunft, und auf sie müssen wir unser besonderes Augenmerk legen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Österreich liegt da mit einer Quote von 7,9 Prozent erfreulicherweise im europäischen Spitzenfeld. Der EU-Durchschnitt, und das ist traurig, liegt bei über 20 Prozent Jugend­arbeitslosigkeit. Für nächstes Jahr erwartet das WIFO im Jahresdurchschnitt eine Arbeitslosenquote von 4,4 Prozent. Das ist ein leichter Anstieg, aber im europäischen Vergleich immer noch ein exzellenter Wert im Hinblick auf die Beschäftigung.

Diese stabile Beschäftigungssituation spiegelt sich auch in einer robusten Konsum­nachfrage wider, die wir heuer haben. Auch 2012 werden die Konsumausgaben voraussichtlich um 0,8 Prozent steigen. Mit diesem Wert sind wir in etwa auf dem Stand der Jahre 2007 und 2008, als wir Hochkonjunktur hatten.

Auch wenn derzeit die Inflationsraten hoch sind, wird das in ein paar Monaten schon anders sein. (Abg. Mag. Stadler: Wieso denn? Was begründet diesen Optimismus?) Die schwächere Konjunktur, eventuell auch sinkende Rohölpreise, werden die Teue­rung dämpfen. Nach voraussichtlich 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2011 prognos­tiziert das WIFO für 2012 eine niedrigere Inflationsrate von nunmehr 2,1 Prozent. Neben den Daten in Österreich wird es insgesamt in den nächsten Monaten jedoch vor allem darauf ankommen, dass wir umfassende und glaubwürdige Lösungen für die europaweite Schuldenkrise und die Stabilisierung der Finanzmärkte finden, denn nur in einem sicheren Umfeld können sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt positiv entwickeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine wirtschaftspolitischen Prioritäten dafür sind klar: Wir brauchen einen wettbe­werbsfähigen und lebenswerten Wirtschafts-, Wachstums- und Arbeitsstandort Öster­


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reich. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Kogler und Ing. Westenthaler.) Wir müssen die Zukunft aktiv gestalten und damit den Wohlstand vermehren. Ein erfolg­reicher, wettbewerbsfähiger und lebenswerter Wirtschafts- und Arbeitsstandort stützt sich daher auf vier Säulen. (Abg. Dr. Strutz: Phrasen!  Abg. Mag. Kogler: Zur Sache!)

Er stützt sich auf einen leistungsfähigen Staat, der zukunftsorientiert wirtschaftet, sich auf seine Kernaufgaben konzentriert und diese kompetent und effizient wahrnimmt, und auf eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, die im internationalen Umfeld erfolgreich ist und Beschäftigung und Wohlstand generiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der SPÖ. Abg. Mag. Stadler: Höchststrafe! 1 000 €!  Ruf beim BZÖ: Geldstrafe für Leersprech!)

Er stützt sich auf stabile Finanzen und einen funktionierenden Kapitalmarkt mit verlässlichen Rahmenbedingungen, damit eine hochwertige und effiziente Versorgung der gesamten Wirtschaft und der privaten Haushalte mit Finanzdienstleistungen sicher­gestellt ist, und auf eine innovative und eigenverantwortliche Gesellschaft, die auf Leistungsbereitschaft, Eigeninitiative, Freiheit und Generationengerechtigkeit fußt. Mit dem erwirtschafteten Geld und der Leistungsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher können wir dann unseren Wohlstand und den Sozialstaat finanzieren. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kickl: Die  schießen schon in die Höhe!  Abg. Ing. Westenthaler: Die Menschen jubeln Ihnen schon zu auf den Straßen!)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit all dies möglich ist, braucht es aber Stabilität und Verlässlichkeit. (Abg. Mag. Kogler: Das dauert bis 11 Uhr, wenn Sie nicht schneller lesen!) Das neue Haushaltsrecht hilft uns dabei entscheidend. Von Ihnen hier einstimmig beschlossen, verfolgt dieses neue Haus­haltsrecht einen ganz praktischen Zweck. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Es ist das Rückgrat der Budgetpolitik und dient als stabiler und verlässlicher Pfeiler, gerade in Zeiten wie diesen.

Der mittelfristige Bundesfinanzrahmen, das Bundesfinanzrahmengesetz, ist ein zentra­ler Beitrag zum Sparen. Damit haben wir einen stabilen Rahmen für vier Jahre, transparent für alle Ressorts, aber auch für den Kapitalmarkt und insbesondere auch für die Steuerzahler. Für alle ist auf einen Blick klar ersichtlich, wie unsere Ausgabenpolitik der kommenden Jahre ausschaut, wie viele Mittel pro Ressort zur Verfügung stehen und wie sich die finanzielle Situation des Staates entwickelt. Diese Ausgabendisziplin über den Finanzrahmen wirkt als erster Schritt zur Eindämmung unserer Defizite und als Schuldenbremse. Verstärkt durch eine verfassungsrechtliche Bestimmung  der Vorschlag vom Vizekanzler und mir dazu ist bekannt –, hätten wir dann eine echte, starke Pflicht zur Schuldenbremse, ohne das Wachstum aus den Augen zu verlieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bauen unsere Defizite schneller ab als geplant. Jedoch wollen wir keine Vollbrem­sung, denn das blockiert die Räder des Konjunkturmotors. (Ironische Heiterkeit beim BZÖ. Abg. Mag. Stadler: Eine echte Intellektuelle!) Um bei Konjunktureinbrüchen gegensteuern zu können, besonders mit Blick auf den Arbeitsmarkt, bestehen daher im Haushaltsrecht in bestimmten Bereichen variable Ausgabenobergrenzen. Das bedeu­tet, dass in schlechten Zeiten mehr, in guten Zeiten weniger ausgegeben wird. Damit unterstützt der Bundesfinanzrahmen die konjunkturelle Entwicklung und wirkt anti­zyklisch  und das hat sich auch bewährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine wesentliche Erneuerung und Besonderheit des Haushaltsrechts stellt die Mög­lichkeit der Bildung von Rücklagen dar. Nicht ausgegebene Mittel der Ressorts fallen nicht zurück an die Finanzministerin und damit ins Budget, sondern können im


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jeweiligen Ressort angespart und die Ausgaben können sorgsam und flexibel geplant werden.

Diese neue Bestimmung hat zudem einen großen Einsparungseffekt (Rufe beim BZÖ: Wo denn?), inzwischen ist etwa 1 Milliarde € in Rücklagen, als Reserven angelegt. Dies bedeutet für die Ministerinnen und Minister, dass diese Reserven den Ressorts in den darauffolgenden Jahren zur Verfügung stehen oder noch weitere Reserven gebildet werden. Für die Finanzministerin bedeutet das, dass dieses Geld nicht ausge­geben wurde, damit keine Schulden gemacht und Zinsen gespart wurden  daher eine positive Sache. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Reform des Haushaltsrechts ist jetzt in der ersten Phase der Umsetzung und bereits ein Erfolgsmodell. Die Umsetzung mit Schritt zwei erfolgt dann im Budget 2013 und hat ein weiteres praktisches Ziel. Durch die Einführung der Wirkungsorientierung mit klar definierten Zielen wird in Zukunft noch einfacher und transparenter dargestellt, warum und wofür wir Steuergeld ausgeben.

Generell gilt als Ziel der Haushaltsrechtsreform, das Budget als umfassendes, inte­griertes Steuerungsinstrument sowohl für Ressourcen als auch für Wirkungen und Leistungen zu etablieren. Dieses Modell, meine sehr verehrten Damen und Herren, von Österreich entwickelt, dient inzwischen auch der EU als Best-Practice-Modell und soll in Zukunft von allen Mitgliedstaaten angewandt werden. Das wurde bereits in der Richtlinie über das „Sixpack“ beschlossen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Grundlage für die Zahlen, die ich Ihnen heute präsentiere, ist im April 2011 mit den Verhandlungen zum Bun­desfinanzrahmen für die Jahre 2012 bis 2015 gelegt worden. Die Herausforderungen damals waren klar: durch eine solide und nachhaltige Budgetpolitik den Finanz- und Wirtschaftsplatz Österreich dauerhaft abzusichern und die EU-Vorgabe zu erfüllen, wonach Österreich bis 2013 ein gesamtstaatliches Defizit von weniger als 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen muss. (Abg. Strache: Das nennt man dann nicht Schuldenabbau!)

Dies war und ist wichtig, um einerseits durch das Zurückführen der Verschuldung Handlungsspielräume für unsere Zukunft mittelfristig zu ermöglichen, andererseits aber auch, um die bis dato gute Stellung Österreichs auf den Kapitalmärkten zu sichern und somit zukunftsfit zu bleiben. Der Erhalt des Triple A ist kein Selbstzweck (Abg. Mag. Stadler: Wirklich wahr?!), sondern die gute Bonität Österreichs verschafft uns niedrige Zinsen, und das soll so bleiben. Ratingagenturen sind dabei wie Schiedsrichter, und wer die Spielregeln nicht einhält, bekommt die gelbe oder die rote Karte. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ.)

Ich möchte Stabilität für eine sichere Zukunft, und deshalb werden wir uns an die Spielregeln halten, ohne unsere Identität aufzugeben. Wir halten Kurs, wir haben den Konsolidierungspfad weiter fortgesetzt, obwohl die Prognosen für das Wachstum nach unten revidiert worden sind. (Abg. Strache: 3 Milliarden € Mehrkosten pro Jahr mit höheren Zinsen!) Die Ausgangslage, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist keine einfache. Die Schulden sind auch in Österreich bedrohlich angestiegen. (Oh-Rufe bei BZÖ und FPÖ.)

Mit den gesetzlich beschlossenen Konjunkturpaketen und den massiven Steuersen­kungen waren Mehrausgaben verbunden, und dadurch müssen wir bei der Bedienung unserer Staatsschulden mit hohen Zinszahlungen rechnen. (Abg. Strache: Obwohl Sie Schulden abbauen wollen! Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Aus diesem Grund mussten wir bis 2015 rund 1,5 Milliarden € an zusätzlichen Zinsen einplanen. Darüber hinaus mussten wir die Schulden bestimmter ausgelagerter Bereiche, wie etwa der


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ÖBB und der Landeskrankenanstalten, nun dem Staatsbudget zurechnen – für mich ein Grund mehr, die Defizite so rasch wie möglich weiter herunterzufahren. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.)

Um den steigenden Schulden gegenzusteuern und die Dynamik auf der Ausgaben­seite, insbesondere bei den Zinsen, weitestmöglich abzudämpfen, hat sich die Bun­desregierung zu einem Konsolidierungspfad entschlossen. Die in Loipersdorf begon­nenen Reformen sind fortgeführt worden. (Zwischenruf des Abg. Kickl. Abg. Strache: Die Loipersdorf-Reformen!) Gleichzeitig war aber damals schon wichtig, dass trotz des Defizitabbaus klare Schwerpunkte im Finanzrahmen gesetzt werden. Also haben wir folgende Bereiche vom strengen Sparkurs ausgenommen, weil wir die Zukunft aktiv gestalten wollen: Zukunft bedeutet für uns Ausgaben für unsere Kinder. Es wird kein neues Sparpaket für Familien geben. Die Ausgaben für unsere Kinder sind die beste Investition in unser aller Zukunft. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ. Ruf beim BZÖ: Die haben eh nichts mehr!)

Kein Sparen bei den Zukunftsinvestitionen in Bildung, Forschung und Wissenschaft, die weiterhin mit hoher Priorität versehen sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Dafür streichen wir das Pflegegeld zusammen! Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Uni-Milliarde!) Mit dem Beschluss des Bundesfinanzrahmens im Frühjahr hier im Parlament bedeutet dies in Fakten und Zahlen ausgedrückt: Die Ausgaben der Republik steigen zwischen 2011 und 2015 im jährlichen Schnitt um 1,8 Prozent, also deutlich schwächer als das nominale Bruttoinlandsprodukt.

Das heißt, die Ausgaben steigen um 1,8 Prozent, das Bruttoinlandsprodukt wird aber um 4 Prozent steigen. Das unterstreicht die Budgetdisziplin des Bundes nachhaltig. Eine verantwortungsvolle Politik, für die ich stehe, hat Wachstum und Sparsamkeit im Auge zu behalten. Beide Ziele stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern sind ein Maßstab für ein gesundes Gleichgewicht.

In wirtschaftlich sensiblen Zeiten wäre es daher verfehlt, eine Vollbremsung hinzu­legen, dadurch das schwache Pflänzchen der Konjunktur zu gefährden und den Wirt­schaftsmotor abzudrehen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir schon gehört!) Wir müssen uns vor Augen halten: Wir sind aus der Krise noch nicht herausgekommen, wir sind der Krise noch nicht entwischt.

Das Defizit des Bundes reduziert sich Jahr für Jahr kontinuierlich, und wir sind dies­bezüglich besser als geplant: von 2,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2011 auf 1,6 Prozent im Jahr 2015. Im selben Zeitraum wird das gesamtstaatliche Defizit, also auch unter Einrechnung der Defizite der Länder – die Gemeinden budgetieren ausgeglichen –, und der Defizite der Sozialversicherungen und der Kammern, insgesamt von 3,6 auf 2 Prozent sinken. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eine Apotheker-Rede! Da brauchst du ein Aspro! – Heiterkeit bei der FPÖ.)

Der steigende Trend der gesamtstaatlichen Schuldenquote wird bis 2015 gebrochen. Die Schuldenquote erreicht 2013 mit 75,5 Prozent ihren Höhepunkt und geht dann wieder bis 2015 auf 74,4 Prozent zurück. Gleichzeitig mit dem Beschluss des Finanzrahmens waren die Verhandlungen zu einem neuen österreichischen Stabilitäts­pakt für Bund, Länder und Gemeinden abzuschließen, denn die Sanierung der öffentlichen Finanzen ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Da müssen aus meiner Sicht alle in die Pflicht genommen werden, nicht nur der Bund. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Eckpunkte des neuen Stabilitätspaktes, der bis 2014 gelten soll, sehen folgen­dermaßen aus: Heuer ist vorgesehen, dass die Länder noch ein maximales Defizit von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufweisen dürfen. Nächstes Jahr geht dies


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auf 0,6 Prozent zurück und in den Jahren 2013 und 2014 beträgt es jeweils nur mehr 0,5 Prozent.

Das sind deutliche Sparzwänge auch für die Bundesländer. Nur zur Erinnerung: 2010 lag das Defizit der Länder noch bei 1 Prozent. Ab sofort muss dieses Defizit laufend reduziert werden. Die Gemeinden haben sich verpflichtet, in jedem Jahr ausgeglichen zu bilanzieren. Der neue Stabilitätspakt besitzt zudem einen neu gestalteten, verschärf­ten Sanktionsmechanismus.

Durch die Einführung verbindlicher Haftungsobergrenzen für den Bund, die Länder und die Gemeinden wird zusätzlich die Transparenz erhöht. Außerdem wird der Gefahr vorgebeugt, dass Länder zu hohe Haftungen eingehen und damit die Stabilität der Gesamtstaatsfinanzen gefährden. Der Bund geht nun mit gutem Beispiel voran. Ich habe aktuell ein Bundeshaftungsobergrenzengesetz in Begutachtung geschickt, das die Grenzen für die möglichen Haftungen des Bundes regelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Abschluss der Begutachtungsfrist werden wir dieses Gesetz als Regierungsvorlage dem Hohen Haus zuleiten, und ich hoffe, dass es mit breiter Zustimmung beschlossen werden wird. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Gefährliche Drohung!)

Budget: Das ist die in Zahlen gegossene Politik. (Wow-Rufe bei FPÖ, Grünen und BZÖ.) Vorrang haben dabei die Konsolidierung (Beifall bei der ÖVP), das Vorantreiben von Reformen und das Schaffen von Anreizen für Wachstum. Dabei darf neben der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Staates, der Sicherung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes und der Sicherung der Finanzierung der sozialen Aufgaben nie der Mensch vergessen werden, denn die Politik hat für den Bürger zu arbeiten. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Bundespräsident ist schon nach Hause gegangen!) Gleich­zeitig bedeutet eine verantwortungsvolle Budgetpolitik aber vor allem auch, den Blick nach vorne zu richten, in die Zukunft, um für zukünftige Herausforderungen die dafür notwendigen finanziellen Handlungsspielräume zu erhalten. (Abg. Mag. Stadler: Das hätte der Karl-Heinz Grasser nicht besser gekonnt! – Abg. Dr. Pirklhuber: Ein bisschen mehr Tiefgang, Frau Ministerin!)

So sehr wir als Politiker mit den Herausforderungen immer der aktuellen Legislatur­periode konfrontiert sind, so muss eine Finanzministerin, heute mehr denn je, auch den Blick über den Tellerrand hinaus machen. (Abg. Kickl: Dann tun Sie es doch!) Es gilt, das große Schiff „Gesamtstaat“ fit und arbeitsfähig zu gestalten, auf Kurs zu halten und auch an die kommenden Generationen zu denken. (Abg. Mag. Stadler: Was man Ihnen alles zumutet! „Blick über den Tellerrand“!) Jede Maßnahme, die Steuergeld verschlingt, soll daher hinkünftig auf ihre Generationentauglichkeit geprüft werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich ist gut und solide ausgestattet. Es ist gerüstet für den rauen Wind. Die Republik ist auf sicherem Kurs, auch wenn die Zeiten etwas härter werden sollten. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die „hohe See“? – Abg. Mag. Stadler: Das kann nur der Schotter-See sein!) Dies deshalb, weil das Ihnen vorliegende Budget abgesichert ist durch den Konsolidierungspfad, die Eckwerte des Bundesfinanzrahmens, durch den innerösterreichischen Stabilitätspakt und durch die Fortführung der mit Loipersdorf eingeschlagenen Strukturreformen. Ein stabiles Budget für eine sichere Zukunft! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungsabschluss 2010 war besser als erwartet, auch heuer werden wir die prognostizierten Daten übertreffen. (Abg. Mag. Stadler: Sie wiederholen sich! – Abg. Ing. Westenthaler: Die Frau Minister von Loipersdorf!) Schon heuer wird das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit mit 3,6 Prozent des BIP deutlich niedriger ausfal­len, als noch im Frühjahr erwartet wurde – damals gingen wir von 3,9 Prozent aus –,


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und dies, obwohl sich die Konjunktur abschwächt. Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir halten Kurs in Hinblick auf ein Konsolidierungsbudget.

Ebenso entwickelt sich die gesamtstaatliche Verschuldungsquote besser als erwartet. Sie wird 2011, also heuer, bei 72,4 Prozent liegen, obwohl 73,6 Prozent prognostiziert und geplant waren.

Im kommenden Jahr wird das gesamtstaatliche Defizit 2012 auf rund 3,2 Prozent des BIP zurückgehen. Als wir im August das Budget verhandelt haben, haben die Ressorts gemeinsam bei 2,9 abgeschlossen. Diese erfreuliche Zahl 2,9 Budgetdefizit konnten wir aber aufgrund der doch sehr dramatischen Eintrübung der Konjunktursituation und der Wifo-Prognose aus dem September nicht halten. Mit 3,2 Prozent sind wir aber immer noch wesentlich besser als prognostiziert und liegen nahe am Maastricht-Kriterium. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Ihnen vorliegende Budgetvoranschlag für 2012 sieht im allgemeinen Haushalt Ausgaben in der Höhe von 73,6 Milliarden € und Einnahmen in der Höhe von 64,4 Mil­liarden € und damit ein administratives Defizit von rund 9,2 Milliarden € vor. Dies entspricht in etwa 3,0 Prozent des BIP. Das Maastricht-Defizit des Bundes liegt bei 2,6 Prozent und, wie vorhin schon erwähnt, zuzüglich des Defizites der Länder ergibt das dann diese 3,2 Prozent Gesamtstaatsdefizit.

Der Bundesvoranschlag 2012 baut auf dem Sanierungspaket auf, welches im Herbst 2010 beschlossen wurde und seine volle Wirkung entfaltet. Gleichzeitig setzt das Budget 2012 die beschlossenen Offensivmaßnahmen, die Investitionen in die Zukunft auch fort.

Der Weg, unsere Staatsfinanzen nachhaltig zu stabilisieren und trotzdem in die Zukunft zu investieren, wurde vor einem Jahr in Loipersdorf eingeschlagen, und wir setzen ihn fort. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Frau Minister aus Loipersdorf! Schwer zu ertragen!) Es war damals ein schmerzhaftes Paket, welches die Bundesregierung geschnürt hat, und es hat auch im Nachhinein heftige Kritik daran gegeben.

Aber bei aller Kritik dürfen wir eines nicht vergessen: Wir haben mit diesen unver­zichtbaren Maßnahmen eine Trendumkehr in der Staatsverschuldung eingeleitet und machen uns fit für zukünftige Schritte. (Abg. Ing. Westenthaler: In Loipersdorf!) Ab 2013 wird die Staatsverschuldung erstmals seit 2007 wieder sinken! (Beifall bei der ÖVP.)

Durch den Sparpfad von Loipersdorf haben wir auch Mittel für ein Offensivprogramm freimachen können (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt es schon wieder! Lassen Sie das arme Loipersdorf in Ruhe!) – für mehr Zukunftsinvestitionen in der Höhe von 400 Millionen € pro Jahr: 100 Millionen € mehr für unsere Umwelt – insbesondere durch die thermische Sanierung –, 100 Millionen € mehr für Forschung – ein wichtiger Impuls für den Wirtschaftsstandort und zur Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen (Abg. Dr. Pirklhuber: Das haben wir schon zweimal gehört!) –, 80 Millionen € mehr für die Universitäten. Das wäre beispielsweise in Schilling, in „alter Währung“, eine Uni-Milliarde gewesen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Zwischenfrage: Wie viel ist das in Lire? – Abg. Mag. Stadler: Wie viel in Drachme? Türkische Lire wäre auch interessant!)

80 Millionen € für den Ausbau der Ganztagesbetreuung im Schulbereich – auch als Entlastung für unsere Kommunen, für die Gemeinden, und ein wesentlicher Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie 40 Millionen € für die Sicherung unseres Gesundheitswesens. Weil sich der Strukturfonds im Gesundheitsbereich so gut be­


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währt hat, werden wir ihn auch weiter fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was Einsparungen bei den großen Brocken des Budgets wie zum Beispiel den Pen­sionen betrifft, so sind der Bundesregierung in Loipersdorf (Abg. Ing. Westenthaler: Achtung! Loipersdorf! – Abg. Grosz: Das hat sich Loipersdorf nicht verdient! – Abg. Ing. Westenthaler: Zum sechsten Mal Loipersdorf!) zumindest die ersten Schritte gelungen. Mit 1. Jänner 2011 ist der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten verteuert und der Nachkauf von Ausübungsersatzzeiten kostenpflichtig gemacht worden.

Ab dem Jahr 2014 ... (Rufe bei der FPÖ: Wo war das?) – In Loipersdorf. (Heiterkeit. – Abg. Ing. Westenthaler: Realsatire!) – Ab dem Jahr 2014 wird das Antrittsalter für die Hacklerregelung angehoben – auf 62 Jahre für Männer und in einem ersten Schritt auf 57 Jahre für Frauen. Diese Neuordnung der Hacklerregelung wird die Gesamtkosten­entwicklung für die Jahre 2014 bis 2018 nachhaltig abbremsen.

Aus meiner Sicht waren das erste Maßnahmen, um strukturelle Schieflagen zu beseitigen und die Dynamik der Pensionierungen vor dem gesetzlichen Pensionsalter zu dämpfen. Das ist jedoch bei Weitem noch nicht genug, um die Pensionen auch zukünftiger Generationen zu sichern. Wir müssen noch deutlich mehr tun, um den Ansturm auf die Frühpension einzudämmen. Mehr als die Hälfte aller Neuzugänge in die Pension sind entweder Früh- oder Invaliditätspensionen. Dass das langfristig nicht leistbar ist, muss uns allen klar sein. 1970 sind die Menschen mit 62 Jahren in Pension gegangen, und sie haben dann im Schnitt 13 Jahre lang Pension bezogen.

Jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen die Menschen im Schnitt mit 59 Jahren in Pension, also um drei Jahre früher als 1970, obwohl sich die Lebens­erwartung massiv erhöht hat.

Der Pensionist oder die Pensionistin von heute ist dann im Durchschnitt 22 Jahre lang in Pension. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vorschläge der Sozial­partner zur Eindämmung der Frühpensionierungen gehen in die richtige Richtung, und wir werden uns bemühen, sie weitestgehend umzusetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Budget 2012 setzt die Bundesregierung nun ein klares Signal der budgetpolitischen Berechenbarkeit und der Verantwortung für die Zukunft unseres Landes. Konsolidierung, Reformen und Wachstum haben dabei Priorität.

Mit dem Haushalt 2012 setzt die Bundesregierung diese Strategie fort. Ziel ist es, das gesamtstaatliche Defizit schrittweise von heuer 3,6 Prozent bis 2015 auf 2 Prozent zu senken.

Neben den Einsparungen, zu denen alle Ressorts und Ausgabenbereiche ihren Beitrag leisten, und zwar über die gesetzlich festgelegten Ausgaben ebenso wie über Ermes­sensausgaben, Personalausgaben, Sachausgaben, Transferleistungen, kommen auch die Effizienzsteigerungen in der Verwaltung.

Bei Verwaltung und Personal wird gespart – gleichzeitig werden Strukturreformen im Bereich der öffentlichen Verwaltung weiter verfolgt.

Die Initiative „Verwaltungskosten senken für Bürger/innen und Unternehmen“ wird weiter vorangetrieben. Verwaltungsbelastungen für Bürger und Unternehmen werden weiter reduziert, um die Verwaltungsprozesse effizienter zu gestalten. (Rufe: Wo?)

Mit der Errichtung des Bundesamtes für Asyl und Migration sollen Verfahren deutlich verkürzt, vereinfacht und die Aufgaben von derzeit 194 Behörden auf eine Verwal­tungseinheit übertragen werden.


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Die Verwaltungsgerichtsbarkeit soll reorganisiert und gestrafft werden mit dem Ziel von kürzeren Verfahrensdauern, einer Entlastung der Höchstgerichte und der Verbes­serung des Rechtsschutzes für Bürger und Wirtschaft. Noch diese Woche erwarte ich mir dazu die Ergebnisse vom Bund-Länder-Gipfel.

Die Rahmenbedingungen für eine verstärkte Kooperation zwischen den Kommunen wurden bereits Mitte 2011 durch Beschlüsse hier im Hohen Haus deutlich verbessert. Ziel ist es, den 2 357 österreichischen Gemeinden gemeinde-, bezirks- und länderüber­greifende Kooperationen in einem erheblich größeren Ausmaß als bisher zu ermög­lichen. Das erst kürzlich beschlossene Gesetz soll es den Gemeinden ermöglichen, sich verwaltungseffizient zu organisieren und damit größere Einsparungen zu realisie­ren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Pflegefondsgesetz kommt es zur Reform der Pflegeadministration. Bisher waren 303 auszahlende Stellen zuständig, künftig wird das Pflegegeld auf acht Bundesträger konzentriert. Zusätzlich wurde ein Pflegefonds geschaffen, der bis 2014 mit insgesamt 685 Millionen € dotiert ist. Diese Mittel werden auf Basis von gemeinsam fixierten, transparenten Kriterien ausbezahlt und dürfen ausschließlich für die Pflege verwendet werden. Für ein dauerhaftes Instrument nach 2014 sind wir derzeit intensiv in Verhandlungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Step by step arbeitet diese Bundesregierung auch an der Optimierung der Verwaltung. (Heiterkeit bei FPÖ, Grünen und BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Seit Loipersdorf! – Abg. Mag. Stadler: Loipers-Village!) Wir warten nicht auf den Big Bang, sondern setzen kontinuierlich um. Ich danke auch dem Hohen Haus für die dazu notwendigen Beschlüsse, die immer auch mit entsprechenden Mehrheiten gefasst werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: „Step by step“! Loipers-Village!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen die beste Qualität für die Aus­bildung unserer Kinder und Enkel. Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniver­sitäten sind künftig einer externen Qualitätssicherung unterworfen. Wir modernisieren diesen Staat.

Die Finanzierung und Organisation des Spitalsbereichs soll neu strukturiert werden. Die Reformarbeitsgruppe, in der auch ich persönlich drinnen sitze, arbeitet kontinuier­lich und wird 2012 die ersten Ergebnisse präsentieren, um Finanzströme transparenter, effizienter und kostendämpfender zu gestalten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ist das eine Analyse?)

Wir geben in Zukunft für den Familienbereich trotz Budgetkonsolidierung insgesamt nicht weniger, sondern mehr Geld aus. Dies unterstreicht, dass diese Bundesregierung auch in schwierigen Zeiten mit großem Verantwortungsbewusstsein vorgeht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nun zu den Detailzahlen dieses Budgets für die jeweiligen Ressorts.

Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung: Gerade wenn die Budget­mittel knapp sind, ist es besonders wichtig, Prioritäten zu setzen und in die Zukunft zu investieren. In der Bundesregierung unbestritten Priorität haben Forschung und Entwicklung.

Die öffentliche Hand in Österreich ist sich dessen bewusst und investiert so viel wie kein anderes Land in der OECD oder in der EU in Forschung und Entwicklung. (Abg. Öllinger: Das merkt aber keiner!) Mit 1,13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – und daher einem Finanzierungsanteil der öffentlichen Hand an den Forschungsausgaben


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von 41 Prozent – ist Österreich unangefochtener Spitzenreiter und lässt selbst Innovationsnationen wie Schweden oder Finnland hinter sich. Dieser Pfad wird auch im Budget 2012 fortgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Bund setzt für die Forschung zusätzliche Budgetmittel für Offensivmaßnahmen ein. 2012 stehen für die Förderung der angewandten Forschung 483 Millionen € zur Verfügung. Insgesamt wird bei den Budgetmitteln für Forschung und Entwicklung mit rund 2,3 Milliarden ein neuer Rekordwert erreicht.

Forschung steht für die Zukunft. Diese wollen wir gestalten und nicht bloß in der Verwaltung der Vergangenheit verharren. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Prioritäten und Schwerpunkte für 2012 sind die Umsetzung der Strategie der Bun­desregierung für Forschung, Technologie und Innovation, unter anderem durch die Förderung der Gründung von jungen technologieorientierten Unternehmen, die Op­timie­rung und Bündelung von Forschungsförderungsprogrammen, die Vereinfachung von Governance-Strukturen sowie Maßnahmen im Rahmen des Themenmana­ge­ments.

Darüber hinaus wird die besondere Herausforderung zukünftig darin liegen, mit klugen und gezielten Maßnahmen den privaten Anteil an den Forschungsausgaben auf ein angemessenes Niveau anzuheben.

Die Ausgaben für die Wissenschaft liegen 2012 um rund 66 Millionen € über dem Wert des Vorjahres und erreichen rund 3,8 Milliarden. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

2010 beschlossene Offensivmittel von jährlich 80 Millionen stehen auch heuer wieder zur Verfügung. Damit ist eine Schwerpunktsetzung besonders in den Bereichen Universitäten und Fachhochschulen möglich.

Mit einem deutlichen Budgetzuwachs kann das Spitzenforschungsinstitut IST Austria rechnen. Gegenüber dem Bundesvoranschlag von heuer verzeichnet das IST Austria ein Plus von 3,3 Millionen; das sind 10 Prozent. Aus meiner Sicht ist das IST ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Steuermittel besonders effizient eingesetzt werden können, weil beim IST auch die Drittmittel, also die privaten Finanzmittel, für Forschung ausgesprochen hoch sind. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Effizient und gerecht ist auch die Einführung sozial gestaffelter und in der Höhe vertretbarer Studienbeiträge. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, langfristig wird daran kein Weg vorbeiführen. (Abg. Ing. Westenthaler: Damit ist die Katze aus dem Sack!) Hierzu braucht es Mut und ein durchdachtes Konzept, und beides ist vorhanden. Ich bin zuversichtlich: Wir werden zu einer konsensualen Lösung kommen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Wieso steht das in einer Budgetrede?)

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur gehört auch zu jenen Ressorts, die Priorität haben. Die Ausbildung unserer Kinder ist die beste Investition in die Zukunft unseres Landes.

Für das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur werden im Budget 2012 Ausgaben von rund 8 Milliarden veranschlagt, das sind um 313 Millionen mehr als heuer.

Die in den vergangenen Jahren begonnenen Schwerpunktsetzungen im Bereich Unter­richt werden fortgesetzt: Die Maßnahme Senkung der Klassenschülerzahl auf 25 ist bereits seit dem Schuljahr 2010/11 im Bereich der allgemeinbildenden Pflichtschulen voll ausgebaut und wird auch im Budgetjahr 2012 mit rund 235 Millionen € finanziert. Auch in der neunten Schulstufe und in den weiterführenden Schulen werden die


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notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, um einen modernen Unterricht in kleinen Klassen und Gruppen zu ermöglichen.

Der schrittweise Ausbau der Neuen Mittelschule mit dem Ziel, bis zum Schul­jahr 2015/16 alle Hauptschulen auf Neue Mittelschulen umzustellen, stellt einen weite­ren wesentlichen Schwerpunkt im Bildungsbereich dar. Im Budget 2012 werden für die Neuen Mittelschulen 52 Millionen € zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wird das Projekt modulare Oberstufe in den Gymnasien weiter entwickelt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Für den Ausbau der Ganztagesbetreuung an Pflicht- und Bundesschulen werden auch im Budget 2012 Offensivmittel – wieder 80 Millionen zusätzlich – zur Verfügung gestellt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Die Zukunft unserer Kinder, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist mir wichtig. Aber trotzdem muss ich als Finanzministerin einmahnen, dass auch im Unterrichts­res­sort sorgsam mit den anvertrauten Mitteln umgegangen wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Gut zuhören! Jetzt kommen die Ermahnungen der Ministerin!)

Im OECD-Vergleich sehen wir: Unser System ist mit 11 000 US-Dollar pro Schüler im OECD-Vergleich das fünfteuerste. (Abg. Mag. Stadler: Unser System ist das fünftteuerste, aber leider nicht erfolgreich!) Ein Grund dafür ist auch die Altersstruktur der Lehrerinnen und Lehrer. Über 50 Prozent des Lehrkörpers gehen in den nächsten zehn Jahren in Pension. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, ein modernes Dienstrecht umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.) Wir müssen schauen, dass wir mit diesem maximalen Input an Geld auch zu einem optimalen Output für die Bildung unserer Kinder kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Bundesministerium für Inneres. Die Sicherheit unserer Bevölkerung hat hohe Priorität. Das Bundesministerium für Inneres hat deshalb im Jahr 2012 um rund 120 Millionen mehr zur Verfügung als 2011 und verfügt über ein Budget von 2,4 Milliarden €. Damit wird insbesondere für die Exekutive Vorsorge getroffen und somit für die tägliche Sicherheit in unserem Lande gesorgt. – Ein herzliches Danke­schön an alle Exekutiv‑Beamtinnen und ‑Beamten, die diese Aufgabe hervorragend bewältigen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Durch Einsparungen im Verwaltungsbereich des Innenressorts stehen auch aus­reichend Mittel zur Verfügung, um die Sicherheitsaufgaben, angepasst an die Erfor­dernisse moderner Verbrechensbekämpfung, wahrzunehmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Mit der Strategie INNEN.SICHER. wurde der Grundstein für ein Verwaltungsreformprojekt gelegt, das seinesgleichen sucht. Ich habe das Projekt Bundesamt für Asyl und Migration schon erwähnt. Es ist dies ein Vorzeigemodell für moderne Verwaltungsreform, und wir werden es im Jahr 2012 umsetzen.

Eine besondere Schwerpunktsetzung findet zudem im Bereich der Integration statt. Dort haben wir konkret 5 Millionen € zur Verfügung gestellt, damit konkrete Maß­nahmen zur Sprachförderung gesetzt werden können.

Zum Bundesministerium für Justiz: Auch das Budget des Bundesministeriums für Justiz steigt im kommenden Jahr um rund 35 Millionen auf 1 186 Millionen €. Im Jahr 2011 wurden die notwendigen Voraussetzungen für die Wirtschafts- und Korrup­tions­staatsanwaltschaft geschaffen, welche am 1. September 2011 ihren Dienst aufgenommen hat und für die auch 2012 die notwendigen Mittel vorgesehen sind. Angesichts aktueller Ereignisse ist dies ein wichtiger Schritt zu mehr Rechtssicherheit und raschen Verfahren.


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Zum Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport: In diesem Budget sind für das kommende Jahr 2 240 Millionen € vorgesehen. Das sind um rund 54 Mil­lionen € mehr als 2011. Mit diesen Mitteln können der laufende Dienstbetrieb, aber auch Auslandseinsätze des Bundesheers, die auf uns zukommen können, finanziert werden. In diesem Zusammenhang ist eine österreichische Beteiligung an der neuen UNO-Mission im Libanon sichergestellt.

Der Bund fördert den Sport mit insgesamt 138 Millionen €. Damit werden einerseits die großen Sportverbände, andererseits der Spitzensport, aber auch Großveranstaltungen wie etwa die Alpine Ski-WM in Schladming unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hohes Haus! Nun zum Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu­men­tenschutz: Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union liegt – wie schon erwähnt – wesentlich höher als in Österreich, nämlich bei 9,5 Prozent, während sie bei uns bei derzeit 3,7 Prozent liegt.

Das heißt: Die gute Beschäftigung erlaubt auch gute Einnahmen, und der Arbeitsmarkt zeigt sich – trotz der Ostöffnung – bei wachsender Beschäftigung und niedriger Arbeitslosigkeit weiter stabil. Da aber jeder Arbeitslose einer zu viel ist, wird auch im Jahr 2012 für die aktive Arbeitsmarktpolitik wieder mehr als 1 Milliarde € zur Verfügung stehen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Wie viel?) Insgesamt sind im Budget für die Arbeitsmarktpolitik rund 6,2 Milliarden € vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Sozialministerium ist aber auch zuständig für den Pflegefonds. Die Bundes­regierung hat im aktuellen Regierungsprogramm die langfristige Sicherung der Pflege verankert, und daher bemühen wir uns derzeit, aufbauend auf den bereits errichteten Pflegefonds, eine dauerhafte Lösung umzusetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum wird nicht erwähnt, um wie viel die Pflege gekürzt wird?)

Es muss uns allen ein Anliegen sein, soziale Sicherheit für unsere Pensionistinnen und Pensionisten zu gewährleisten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Für 2012 budgetieren wir insgesamt rund 19,1 Milliarden € für die Pensionen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Längerfristig ist der Pensionsbereich von einer besonderen Ausgabendynamik gekenn­zeichnet. Wir dürfen uns hier aber nicht in den Sack lügen. Wir alle haben eine höhere Lebenserwartung, aber wir gehen im Schnitt zu früh in Pension. Diese Rechnung kann sich – wie schon erwähnt – nicht länger ausgehen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Bis 2020 wird unser aller Lebenserwartung um mehr als zwei Jahre ansteigen. Wenn das tatsächliche Pensionsantrittsalter inzwischen nur um ein Jahr steigt, dann weiß jeder mit gesundem Hausverstand, dass das langfristig nicht funktionieren kann. Wir brauchen neue mutige Vorschläge, die die Pensionen im Interesse unserer PensionistInnen – auch zukünftiger Generationen – langfristig sichern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Diesbezüglich bekenne ich mich selbstverständlich auch zum Vertrauensschutz. Es wird daher keine Ho-ruck-Aktionen geben, sondern wir werden behutsam das Antritts­alter in die Frühpensionen sukzessive anheben.

Derzeit ist das Credo beispielsweise bei der Invaliditätspension „Rehabilitation vor Pension“. Das ist auch der richtige Ansatzpunkt, denn Invaliditätspensionen sind das größte Problem, das wir derzeit haben. Aber dieser Punkt reicht hier nicht aus. Es braucht jedenfalls entschiedene Reformen, um das Pensionssystem dauerhaft finanzierbar zu halten. Minister Hundstorfer ist diesbezüglich auf dem richtigen Weg.


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(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das gilt auch für die Mindestsicherung. Ja, ich stehe zu ihr. Österreich ist ein soziales Land. In Europa sind wir nach den skandinavischen Nationen unter den Spitzenreitern. Aber ich möchte auch sichergehen, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Ich will Hilfe zur Selbsthilfe. Auch die Betroffenen sind gefordert, aktiv zu werden und eigenverantwortlich ihr Leben in die Hand zu nehmen, um aus der Mindestsicherung wieder ins Erwerbsleben zurück zu gelangen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)  

In Österreich muss sich Leistung lohnen. Gemeinsames Ziel muss es sein, jene zu un­terstützen, die etwas leisten oder leisten wollen, aber nicht können. (Abg. Mag. Stadler: Aufpassen, Herr Hundstorfer!) Ich habe aber im Gegenzug kein Verständnis dafür, dass jene, die etwas leisten könnten, aber nicht wollen, die Österreicherinnen und Österreicher als Steuerzahler belasten. (Beifall bei der ÖVP. –Abg. Mag. Stadler: Jetzt haben Sie es gehört! – Weitere Zwischenrufe bei Abgeordneten von BZÖ und FPÖ.)

Zum Bundesministerium für Gesundheit: Gerade im Gesundheitsbereich geht es darum, unser hohes Niveau an Leistungen für die Bevölkerung abzusichern und trotzdem die Ausgabendynamik zu bremsen. 2012 wird das Bundesministerium für Gesundheit, bei dem ja nur ein kleiner Teil der Gesamtausgaben für unser Gesund­heitssystem budgetiert ist, über rund 946 Millionen € verfügen. Das sind um rund 78 Millionen € mehr als im Jahr 2011.

Im Zusammenhang mit dem Konsolidierungskurs der Krankenversicherungsträger wird auch die Dotierung des Kassenstrukturfonds in Höhe von 40 Millionen € fortgeführt. Dieser hat sich bewährt und zu erheblichen Einsparungen bei den Kassen geführt, und daher setzen wir diesen Strukturfonds fort und dotieren ihn mit 40 Millionen €. Zusätzlich stellt der Bund mittels eines eigenen Gesetzes den Gebietskrankenkassen, und zwar jenen mit negativem Reinvermögen, letztmalig 150 Millionen € zur Entschul­dung zur Verfügung. Dann werden wir die Sozialversicherungen entschuldet und halbwegs reformiert haben. (Abg. Mag. Stadler: Die Betonung liegt auf „halbwegs“!) Das ist eine Erfolgsgeschichte der Politik des Schuldenabbaus und der Kostendämp­fung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir brauchen aber auch in Zukunft einen Kostendämpfungspfad bei den Spitälern. Für das Spitalswesen stellt der Bund 2012 rund 572 Millionen € bereit. Gemeinsam mit den Ländern brauchen wir hier aber mehr Transparenz in den Zahlungsströmen und einen entsprechenden Kostendämpfungspfad, ohne das Leistungsangebot zu schmälern. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, und zwar zuerst zum Herzstück unserer Gesellschaft, nämlich Familie und Jugend: Hier sind 6,3 Milliar­den € budgetiert. Beim Kinderbetreuungsgeld wird die einkommensabhängige Variante sehr gut aufgenommen. Insbesondere die Väterbeteiligung konnte auf 31 Prozent gesteigert werden. Dies ist ein sehr ermutigendes Zeichen: Kinderbetreuung wird damit zunehmend als Aufgabe beider Elternteile angesehen, und das ist erfreulich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Familienministerium leistet vielfältige Unterstützung für unsere Kinder. Denken Sie nur an den Bildungs- und Ausbildungsbereich! Unsere Familien stehen ganz oben auf der Prioritätenliste unserer Bundesregierung.

Der Familienlastenausgleichsfonds wird im Jahr 2012 noch knapp negativ abschnei­den. Sein Schuldenstand ist mit rund 3,9 Milliarden € enorm hoch und muss in Zukunft Schritt für Schritt abgebaut werden. Dotiert wird der Familienlastenausgleichsfonds aus


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Unternehmensbeiträgen, und ich richte bei dieser Gelegenheit auch ein herzliches Dankeschön an die Wirtschaft für diese Beiträge. (Beifall bei der ÖVP.)

Für das Ja zu Kindern sind gut ausgebaute Kinderbetreuungseinrichtungen besonders wichtig. Hiezu leistet der Bund einen finanziellen Beitrag an die Kommunen. Ein entsprechender Zweckzuschuss ist mit 15 Millionen € budgetiert, insbesondere für die Priorität der Ganztageskindergärten.

Schon im Regierungsprogramm wurde eine Jugend- und Familienverträglichkeits­prüfung aller neuen Gesetze verankert. Unser Vorschlag ist derzeit in Begutachtung. Ich rechne mit positiven Rückmeldungen, denn wer an morgen denkt, muss heute damit anfangen. Wir wollen wissen und sichtbar machen, welchen Rucksack wir unseren Familien und Kindern von morgen umhängen. Daher soll es bei allen Geset­zesbeschlüssen hier im Hohen Haus auch einen sogenannten Familiencheck geben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Wir unterstützen die heimische Wirtschaft und damit die Erhaltung unzähliger Arbeits­plätze durch gezielte Förderungsmaßnahmen. Die Schwerpunkte werden im Energie­bereich bei der erneuerbaren Energie liegen, insbesondere aber auch bei der Ener­gieeffizienz. So haben wir für die thermische Sanierung wieder 100 Millionen € zur Verfügung gestellt. Im Rahmen des Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetzes wird der Ausbau weiter forciert. Weitere Impulse haben wir durch die Novelle zum Ökostromgesetz gesetzt. Insgesamt beträgt diese Dotierung rund 447 Millionen €.

Für unsere Wirtschaft ist aber nicht nur das Budget wichtig. Wir können unsere Wirtschaft auch durch die Senkung von Verwaltungskosten fördern, die durch Gesetze und Verordnungen vorgeschrieben werden.

Unter der Koordination des Finanzministeriums – unter der Federführung des Staats­sekretärs – versuchen die einzelnen Ressorts, ihren Beitrag bei der Durchforstung aller Rechtsbestimmungen im Hinblick auf mehr Verwaltungseffizienz zu leisten. Ziel ist es, unsere Unternehmen bis 2012 von Bürokratiekosten in Höhe von mehr als 1 Milliarde € zu entlasten. (Abg. Bucher: Das schau ich mir an!) Bis Mitte 2011 konnten bereits 119 Maßnahmen mit einem Entlastungsvolumen von knapp 600 Millionen € umgesetzt werden. (Abg. Bucher: Sagen Sie mir ein Beispiel!) Das Unternehmensserviceportal geht in diesen Wochen in einen erweiterten Probebetrieb und soll ab dem Frühjahr 2012 die Unternehmen bei der Erfüllung ihrer bürokratischen Pflichten unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Konkret: Diese 119 Projekte sind das, was ich unter „step by step“ verstehe. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Erfahrungen, die wir bei der Entlastung der Unternehmen von unnötiger Bürokratie gemacht haben, werden wir auch auf die Bürgerinnen und Bürger insgesamt anwenden (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler), denn diese wenden im Jahr für die 100 wichtigsten Verwaltungsverfahren weit über 32 Millionen Stunden auf. Von den Ministerien wurden bisher bereits 140 Maßnahmen formuliert, durch die die Bürge­rinnen und Bürger entlastet werden. Darunter finden sich etwa ein zentrales Personen­standsregister, Vereinfachungen bei der Schülerfreifahrt und der Arbeitnehmerveran­lagung sowie Vereinfachungen auch für die Menschen mit besonderen Bedürfnissen. (Abg. Neubauer: Alleinverdienerabsetzbetrag!) Wir müssen kontinuierlich unsere Bürokratie durchforsten und die Modernisierung der Verwaltung auf allen Ebenen vorantreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was­serwirtschaft: Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist besonders wichtig. Dies kommt durch eine gegenüber 2011 deutlich höhere Dotierung des Umweltbudgets zum Ausdruck, das um rund 142 Millionen € auf fast eine Milliarde gesteigert wurde. In


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diesem Zusammenhang kommt den Maßnahmen des Klimaschutzes besondere Bedeutung zu. Es sind aber auch, wie schon erwähnt, insgesamt 100 Millionen € an Offensivmitteln gemeinsam mit dem Wirtschaftsressort für die thermischen Sanierung veranschlagt.

Österreich ist EU-weit ein Vorreiter einer umweltfreundlichen landwirtschaftlichen Produktionsweise. Unsere Bäuerinnen und Bauern sichern nicht nur unsere Ernährung, sondern pflegen auch die Landschaft. 2012 ist für die Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft ein Betrag von insgesamt 2,1 Milliarden € vorgesehen. Alleine rund 667 Mil­lio­nen € davon sind agrarische Direktzahlungen aus EU-Mitteln. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus wurde die Ländliche Entwicklung mit 539 Millionen € an EU-Mitteln und mit entsprechenden Kofinanzierungsmitteln des Bundes von 266 Millionen € dotiert. Wir müssen hier jeden Euro aus Brüssel abholen. Wir werden kein Geld in Brüssel liegen lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Der Karas sagt das ganz anders!)

Nachdem der modernen Ausbildung unserer bäuerlichen Jugend besondere Bedeu­tung zukommt, werden die Ausgaben für das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen deutlich angehoben. Es haben für uns nämlich auch die Kinder in der Landwirtschaft besondere Priorität. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Landwirte leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unseren Wohlstand, für unseren Wirtschaftsstandort und für die regionale Nahversorgung. Ich erteile daher all jenen eine Absage, die die Verdienste der Bäuerinnen und Bauern schlechtreden und nur Neid schüren (demonstrativer Beifall bei der ÖVP – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler), und daher auch eine Absage, die Pauschalierung im bäuerlichen Einkommensteuerwesen abzuschaffen. Nicht mit mir als Finanzministerin! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Hahaha! Es darf gelacht werden! Unglaublich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders wichtig ist uns auch der Katastrophenschutz, denn die Bevölkerung muss vor Naturgefahren geschützt sein. Dafür stehen im Landwirtschaftsbudget für 2012 Mittel in der Höhe von rund 154 Millionen € bereit. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Im Budget 2012 des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie steht ein gesteigerter Betrag von insgesamt 2,9 Milliarden € zur Verfügung. Durch die Bundeszuschüsse an die ÖBB-Infrastruktur AG wird neben der Abdeckung von Infrastrukturinvestitionen der Vergangenheit gleichzeitig ein Investitionsvolumen in der Höhe von 2,1 Milliarden € für aktuelle Schienenbauprojekte zur Verfügung gestellt. Das wirkt konjunkturbelebend. Weiters wird die Qualität von über 5 000 Kilometern beste­hendem Schienennetz durch Instandhaltung gesichert, um einen sicheren Betrieb der Bundesbahnen zu gewährleisten.

Die von Bund bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn sind ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der für Österreich geltenden CO2-Einsparungsziele. Durch entsprechende Anreize soll der Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

So wichtig die Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur sind und so sehr wir da die Ausgaben steigern (Abg. Kickl: Jetzt kommt die Gelbe Karte!), so sehr sind die ÖBB in ihrem operativen Betrieb und im Personalmanagement gefordert, eine Kostenexplosion zu verhindern. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung SPÖ –: So, jetzt aufpassen bei der SPÖ!)

Nun zum Bundesministerium für europäische und äußere Angelegenheiten des Herrn Vizekanzlers. Im Bereich der Außenpolitik (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt Lob und Dank, denn jetzt kommt ein schwarzer Minister wieder dran! Das ist eine Parteitagsrede, was Sie da halten!) erleben wir im Moment in vielen Gegenden unserer


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Welt unruhige Verhältnisse. Umso wichtiger ist eine wirksame Vertretung der öster­reichischen Interessen und Hilfestellung für Österreicherinnen und Österreicher, die sich in anderen Staaten aufhalten. Dies wird durch das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten mit seinen Vertretungsbehörden im Ausland sichergestellt. Dem Ressort stehen 2012 dafür 423 Millionen € zur Verfügung.

Mit unseren Beiträgen an internationale Organisationen, etwa die Vereinten Nationen, den Europarat und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, tragen wir zu einer besseren Kooperation auf unserem Kontinent und in der ganzen Welt bei. Dafür sind im Budget rund 93 Millionen € vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zeigt, dass wir die ärmsten Regionen dieser Welt auch dann unterstützen, wenn wir selber sparen müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Gerade die Hungersnot in Afrika erfordert unser Handeln. Daher stellen wir aktuell zusätzlich 7 Millionen € Soforthilfe zur Verfügung. (Demonstrativer Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Mit den 1,5 Millionen € ergibt das insgesamt 8,5 Millionen € für die Hungersnot. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist in etwa 1 € pro Österreicher.

Das Bundeskanzleramt ist im Bundesvoranschlag mit 344 Millionen € dotiert. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung Regierungsbank –: Herr Bundeskanzler, jetzt ganze drei Sätze zu Ihnen!) Für Investitionsförderungen im Zusammenhang mit Forschung, Innovation, Umweltschutz und Risikoprävention stehen rund 95 Millionen € aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zur Verfügung. Damit werden Beiträge zu einem hohen Grad an Wettbewerbsfähigkeit, zum Beschäftigungsniveau, zum Umweltschutz und zur Gleichstellung von Männern und Frauen geleistet.

Im Bundeskanzleramt ist auch das Ressort der Frauenministerin. Zur Förderung und Unterstützung von Frauenangelegenheiten stehen für das Jahr 2012 rund 10 Millio­nen € zur Verfügung. Damit werden überwiegend die Interventionsstellen gegen Gewalt, die Gewaltschutzzentren und die frauenspezifischen Beratungseinrichtungen finanziell unterstützt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gender-Ziele sind aber in allen Ressorts zu verwirklichen. Als Teil der Haushaltsrechtsreform ist „Gender Budgeting“ notwendig. Das bedeutet, dass die Projekte und die Arbeit in den Ressorts nicht versteckt diskriminierend oder versteckt frauenfeindlich sein dürfen. Das ist auch so! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Abschließend nun zu meinem eigenen Ressort, dem Bundesministerium für Finanzen. Im Bereich des Abgabenwesens gewährleistet eine risikoorientierte Prü­fungs- und Kontrolltätigkeit die Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung und trägt damit wesentlich zu einer hohen Abgabenmoral bei. Die Besteuerung soll effizient, fair und gerecht erfolgen. Der Ausbau der Finanzpolizei ist ein entschlossener Hebel gegen Steuerbetrug. Wir schützen damit – nicht zuletzt – redliches Unternehmertum vor jenen, die glauben, sich nicht an Gesetze halten zu müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Bundesministerium für Finanzen ist auch zuständig für modernste IT-Verfahren, wodurch Effizienzsteigerungen in der Verwaltung ebenso erreicht werden wie die Unterstützung von UnternehmerInnen sowie Bürgerinnen und Bürgern. Ecksteine des Finanzministeriums sind die Vertretung der österreichischen Interessen im Bereich internationaler Finanzbeziehungen und auf dem Kapitalmarkt sowie die konsequente Wahrnehmung budgetärer Disziplin. Für diese budgetäre Disziplin bedanke ich mich bei allen Kollegen und Kolleginnen auf der Regierungsbank. Die Budgetverhandlungen waren nur deshalb so rasch und effizient möglich, weil in allen Ressorts budgetäre


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Disziplin waltet. Dafür ein Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Finanz besteht nicht nur aus dem Finanzministerium, der Zentralstelle in Wien, sondern auch aus der flächendeckenden Finanzverwaltung in den Bundesländern. Dort ist eine der Hauptaufgaben die Einhe­bung von Steuern. Werfen wir daher jetzt auch einen Blick auf die Einnahmenseite im kommenden Budget!

Das österreichische Steuer- und Abgabensystem zeichnet sich im internationalen Vergleich vor allem durch zwei Eigenschaften aus (Abg. Mag. Kogler: Es ist das ungerechteste!):

Erstens verfügt Österreich im Vergleich zu den EU-27 über eine sehr hohe Steuer- und Abgabenquote, welche vor allem auf die höheren Sozialversicherungsbeiträge – etwa ein Anteil von einem Drittel an den gesamten Steuereinnahmen – zurückzuführen ist. (Abg. Mag. Stadler: Es zeichnet sich dadurch aus, dass wir eine hohe Abgabenquote haben!)

Zweitens liegt Österreich – im Hinblick auf die Struktur – mit seinen Steuern und Abgaben insbesondere auf den Faktor Arbeit nach Schweden an der EU-Spitze. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Die Abgabenquoten – der Anteil der Gesamtsteuer- und Abgabeneinnahmen in Prozent des BIP – sind im Laufe der letzten Jahrzehnte EU- beziehungsweise OECD-weit beträchtlich angestiegen.

Bei den wichtigsten Steuern, die wir haben, nämlich auf den Konsum – Mehrwertsteuer und Verbrauchsabgaben – liegt Österreich im EU-Vergleich im Mittelfeld. (Abg. Öllinger: Und bei den Vermögenssteuern?) Das gesamte Steuer- und Abgaben­aufkommen 2012 beträgt inklusive Sozialversicherungsbeiträge 120,2 Milliarden €. (Abg. Mag. Stadler – eine schriftliche Unterlage zeigend –: Hier steht „2010“! Was ist jetzt richtig?) Von diesen 120 Milliarden € fließen bloß 59 Milliarden € in das Budget. (Abg. Mag. Stadler: Gilt jetzt „2010“ oder „2012“?)

Die Besteuerung des Faktors Arbeit in Prozenten des Gesamtsteueraufkommens ist nach Schweden die zweithöchste von allen EU-Staaten und lag – gesicherte 2009er-Zahl – bei 56,7 Prozent. Eine Zahl aus jüngerer Zeit haben wir von Eurostat nicht zur Verfügung. Im Vergleich dazu beträgt der gewichtete Durchschnitt im EU-Vergleich nur 52,1 Prozent. Wir haben also eine sehr hohe Besteuerung des Faktors Arbeit.

Österreich hat mit 50 Prozent einen sehr hohen nominellen Grenzsteuersatz auf Einkommen von natürlichen Personen. Im Vergleich dazu liegt der gewichtete Durch­schnitt des Grenzsteuersatzes in der EU bei 38 Prozent – und wir haben 50 Prozent! (Abg. Öllinger: Nominell!) Das österreichische Steueraufkommen wird zum überwiegenden Teil aus lohnabhängigen Abgaben und aus der Umsatzsteuer gespeist, wohingegen etwa Umweltsteuern eine sinkende Tendenz aufweisen und wir bei Energiesteuern im internationalen Vergleich im letzten Drittel liegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Wie schaut es mit der Vermögenssteuer aus?)

In Österreich beträgt das Aufkommen der lohnabhängigen Steuern 50,8 Prozent gemessen am Gesamtsteueraufkommen. Der gewichtete Schnitt in der EU beträgt aber nur 47,6 Prozent. Beim Aufkommen der Umsatzsteuer mit 18,9 Prozent liegen wir auch höher als die EU, wo es nur 17,3 Prozent sind. (Abg. Krainer: Aber wo sind wir niedriger? Da müssen wir wo niedriger sein! Ist das etwa bei den Vermögen?) Auf die Bezieher mittlerer Einkommen entfällt ein Großteil der Steuerbelastung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund 70 Prozent des Steueraufkommens werden von nur 20 Prozent der Bevölkerung erbracht, während 2,6 Millionen Einkom­mensbezieher in Österreich gar keine Einkommensteuer zahlen. (Abg. Mag. Kogler:


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Das stimmt ja nicht! Das ist falsch! – Abg. Mag. Gaßner: Weil sie so wenig verdienen!) Hier ist es äußerst wichtig, Leistungsanreize zu geben. Selbst wenn der Mittelstand sehr breit definiert wird – mit einem Jahreseinkommen zwischen 25 000 bis 100 000 –, handelt es sich hierbei um 38 Prozent der ArbeitnehmerInnen und Pensionisten, und diese 38 Prozent tragen 75 Prozent des Lohnsteueraufkommens.

Insgesamt stellt sich das so dar: Die Reichen in Österreich, nämlich 1,2 Prozent der Arbeitnehmer, tragen immerhin 16 Prozent des Steueraufkommens. (Abg. Dr. Cap: Zu wenig!) Bezieher mittlerer Einkommen sind derzeit durch Progression in der Einkommensteuer, durch verhältnismäßig geringe Transferleistungen und durch vermögensbezogene Steuern, wie etwa die Wertpapier-KESt, die Kapitalertragsteuer, die Sparbuchsteuer und andere Abgaben, mehrfach belastet. Der Mittelstand trägt in Österreich die überwiegende Steuerlast. Daher ist es höchste Zeit, den Mittelstand zu entlasten. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ich möchte nicht verhehlen, dass Österreich ein Hochsteuerland ist. Bereits der Einstiegssteuersatz von 36 Prozent wird von der Wissenschaft als leistungshemmend bewertet. Die Besserverdiener werden in Österreich so hoch besteuert wie fast nirgendwo sonst in Europa. Während in Österreich die Steuerbelastung ab 60 000 € Jahreseinkommen bei rund 50 Prozent liegt, haben etwa Frankreich und Deutschland vergleichsweise niedrige Spitzensteuersätze bei weit höherer Bemessungsgrundlage beziehungsweise Jahreseinkommen ab 250 000 €. (Abg. Krainer: Was hat das mit dem Budget zu tun?) Nicht budgetwirksam für 2012 (Abg. Krainer: Wieso reden wir dann darüber?), jedoch notwendig ist deshalb eine Steuerstrukturreform. Diesbezüg­lich werden wir uns im nächsten Jahr an die Arbeit machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bruttosteuereinnahmen werden mit rund 72,5 Milliarden € erwartet. Das bedeutet eine Steigerung der erwarteten Steuereinnahmen um rund 3,5 Milliarden € oder 5,1 Prozent.

Die größten Zunahmen gegenüber dem Bundesvoranschlag erwarten wir aus dem Bereich Wirtschaft und Konsum, so etwa bei der Lohnsteuer ein Plus von 1,4 Milliar­den, bei der Körperschaftsteuer ein Plus von 1 Milliarde, bei der Umsatz­steuer ein Plus von einer halben Milliarde und bei der Einkommensteuer ein Plus von 0,35 Milliarden.

Hauptsächlich geprägt ist das Steueraufkommen durch das Budgetbegleitgesetz 2011 mit der Einführung der Bankenabgabe, der Stabilitätsabgabe, dem umfangreichen Betrugsbekämpfungspaket, der Ökologisierung des Steuersystems und der Anhebung der Tabaksteuer.

Die Ertragsanteile an Länder und Gemeinden steigen um rund 1 Milliarde von 21,2 Milliarden auf 22,1 Milliarden.

Für die Beihilfen gemäß Gesundheits- und Sozialbereichs-Beihilfengesetz sind Überweisungen in Höhe von rund 2,1 Milliarden präliminiert. Für die Beiträge an den EU-Haushalt gehen wir von 2,5 Milliarden aus.

Damit bleiben dann dem Bund an öffentlichen Abgabeneinnahmen netto rund 43,7 Milliarden. Dies bedeutet ein Mehr von rund 2,3 Milliarden gegenüber dem Voranschlag 2011.

Wie wir dieses Geld ausgeben, meine sehr verehrten Damen und Herren, habe ich Ihnen ja gerade erläutert. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommt Martin Luther King: I have a dream!)

Ich habe ein klares Bild davon, wie Österreich sein soll. Ich stelle mir ein Land vor mit sozialem Frieden, mit hohem Lebensstandard (Abg. Ing. Westenthaler: Ohne Sozial­


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demokratie!), ein Land der Freiheit, in dem die Menschen selbst Regie in ihrem Leben führen können. (Abg. Strache: Deshalb lehnen Sie Volksabstimmungen ab!)

Daher gestalte ich den finanziellen Rahmen in diesem Sinne und baue meine Politik auf drei Säulen auf:

Wir müssen Defizite kontinuierlich verringern, damit die Schulden nicht aus dem Ruder laufen und damit wir unseren sozialen Frieden bewahren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir halten Kurs. Mit einem stabilen Budget erhöhen wir unseren Lebensstandard ein Stück weiter.

Und: Wir brauchen ein Steuersystem, eine neue Steuerstruktur, damit jeder Mensch selbst Regie in seinem Leben führen kann und ihm mehr im Geldbörsel bleibt.

Ich baue meine Politik auf diesen drei tragenden Säulen, weil sie Stabilität schaffen und Österreich fit für die Zukunft machen. – Danke. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Am Anfang waren es vier Säulen! Es ist Ihnen eine Säule abhandengekommen!)

10.44

10.45.122. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 (III-263 d.B.) sowie über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2010 (Voranschlagsvergleichs­rech­nung Stand 31. März 2011) (III-229 d.B.) (1449 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


10.46.01

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Nach Fekters Märchenstunde zurück zur Realität. (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Na hallo!)

Ich gehe zur Tagesordnung über und komme auf den Rechnungshofbericht zum Budget 2010 zu sprechen. Vorweg möchte ich mich beim Rechnungshof sehr herzlich für diese ausgezeichnete Unterlage bedanken; sie ist sehr übersichtlich und beschäftigt sich mit vielen Details. Ein herzliches Danke für diese Arbeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Inhalt. – 2010 verursachte diese rot-schwarze Koalition das größte gesamt­staat­liche Defizit in der Zweiten Republik: 4,6 Prozent Defizit vom BIP oder sage und schreibe 13,2 Milliarden € Verlust/Defizit.

Wir kommen damit zum jetzigen Zeitpunkt auf einen Gesamtschuldenstand Österreichs in der Höhe von 215 Milliarden €, und die Steuerzahler, Österreicherinnen und Öster­reicher zahlen dafür 8 Milliarden € an Zinsen.

Die Schulden steigen pro Sekunde um 600 €, pro Stunde demnach um 36 000 €. Und trotzdem bleibt diese Bundesregierung am Schuldenpfad. Geplant sind weitere Ver­schuldungen laut Bundesfinanzrahmengesetz von 2011 bis 2015 in der Höhe von gesamt 43 Milliarden €.


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Der Primärsaldo ist negativ. Wir brauchen Kredite, um Zinsen und Pensionen zu bezahlen. Wir sind 130 Milliarden € an Haftungen eingegangen. Die ausgelagerten Schul­den betragen 50 Milliarden € für ÖBB, Asfinag und so weiter. Die Abgaben­quote liegt bei 43,9 Prozent. Der Bundesbeitrag zu den Pensionen ist auf 8,2 Milliar­den € gestiegen und die Staatsverschuldung auf sagenhafte 72,2 Prozent vom BIP.

Das Schlimme an dieser Situation, meine Damen und Herren: Es gibt keine Anzeichen von Sanierung des Staatshaushaltes, auch 2011 nicht und schon gar nicht 2010, keine Großreformen und keine Konsolidierung der Staatsfinanzen, keine Verwaltungs-, keine Gesundheits-, keine Pensionsreform, auch keine Staatsreform.

Hier nichts zu tun ist ein Verbrechen, meine Damen und Herren – ein Verbrechen an unserer Jugend, die das alles auslöffeln muss! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Diese Regierung handelt nicht! Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Öffentlichkeit, die Österreicherinnen und Österreicher diese Haltung überhaupt nicht verstehen.

Der Eindruck ist: Einig ist man sich nur, wenn es darum geht, die eigene Bevölkerung zu belasten. Wir haben es ja gerade gehört: Das Sparpaket von Loipersdorf, das ist das, was in dieser Regierung noch eint. Aber wir belasten damit Familien, Pflege­bedürftige, Studenten, Pensionisten und über die MöSt und die Bankenabgabe alle zusammen in einem Ausmaß von 2,5 Milliarden € – Geld, welches sofort und sogleich nach Griechenland geflossen ist, auf Kredit natürlich, wie es geheißen hat, aber in Wirklichkeit auf Nimmerwiedersehen, meine Damen und Herren!

Das von Pröll angekündigte „Super-Geschäft“ endet in einer Insolvenz Griechenlands. Kein verantwortlicher Umgang mit Steuergeld! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch in EU- und Euro-Fragen ist sich diese Regierung noch einig. Man einigt sich darüber, wenn es darum geht, die Zukunft Österreichs zu verspielen und Österreich im EU-Sumpf untergehen zu lassen.

Heute erreicht uns die Hiobsbotschaft, dass Sarkozy und Merkel übereingekommen sind, die Haftungen in Europa auf 2 Billionen € auszudehnen. Meine Damen und Herren! Das hieße für Österreich weitere Haftungen von 60 Milliarden € – eine Katastrophe!

Interessant dabei ist, dass es Staaten gibt, von denen man nie spricht, wie Schweden, Dänemark, die ausgeglichen wirtschaften, halb so verschuldet sind wie der Rest Europas. Das Gleiche gilt auch für die Schweiz und für Norwegen.

Und wer bleibt auf diesem Schuldenberg immer wieder sitzen? – Der Steuerzahler ist es, meine Damen und Herren!

Ich möchte enden mit dem Ausspruch eines namhaften Wirtschaftsjournalisten namens Dirk Müller, der unlängst im „NEWS“ geschrieben hat:

„Jeder Steuerzahler hat hart für das Geld gearbeitet, und diese Milliarden werden verteilt, um den Banken Verluste zu ersparen. Das grenzt für mich an Veruntreuung von Steuergeldern.“ – Zitatende.

Mehr ist dazu nicht zu sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. – Bitte.

 


10.51.51

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So viel Objektivität, Kollege Gradauer, sollte man schon haben, dass man


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auch anerkennt, dass dieser Bundesrechnungsabschluss durchaus positiv zu sehen ist, wenn man in wirtschaftlich derart turbulenten und schwierigen Zeiten um 5,3 Milliar­den € besser bilanziert als veranschlagt.

Da Kollege Gradauer meinte, die Frau Bundesministerin Dr. Fekter hätte hier eine „Märchenstunde“ abgehalten, würde ich ihm Folgendes empfehlen: Kollege Gradauer möge sich eine halbe Stunde Zeit nehmen, sich die Redebeiträge seiner eigenen Fraktion und der übrigen Oppositionspolitiker zum Budget des letzten Jahres durch­lesen und diese dann mit dem Ergebnis vergleichen. Dann frage ich, wer hier eine Märchenstunde abgehalten hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dafür, dass dieser Bundesrechnungsabschluss trotz dieser Dramatik durchaus positiv ausgefallen ist, gebührt in erster Linie der besondere Dank den Steuerzahlern in Österreich, den Unselbständigen genauso wie den Selbständigen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Die haben dazu beigetragen, dass sich die Situation entgegen den Steuerprognosen, die von Ihnen in der Opposition negativ dargestellt wurden, wesentlich besser entwickelt hat.

Meine Damen und Herren von der FPÖ, lesen Sie Ihre falschen Behauptungen nach, und dann werden Sie eines Besseren belehrt!

Ich bedanke mich aber auch ausdrücklich bei den Beamten und Beamtinnen des Ministeriums als auch des Rechnungshofes für eine derart professionelle Unterlage, wo man auf einen Blick sehen kann, wie es um Österreichs Finanzen bestellt ist, wie sich das Defizit darstellt, wie sich die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen darstellen, die gesamtstaatlichen Indikatoren, der Zinsaufwand und so weiter. Das ist profes­sionell. Danke dafür! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Stefan.)

Ein bisschen selbstbewusster dürften wir schon sein. Sie von der Opposition sagen, dass das alles in Österreich so negativ ist. Und ich gebe zu, es wäre durchaus das eine oder andere verbesserungsbedürftig und vielleicht auch verbesserungsfähig. Aber vergleichen wir uns einmal mit anderen Staaten in Europa oder weltweit, meine Damen und Herren! Die Amerikaner erklären uns, Europa müsste sich besser um die Banken kümmern. Da frage ich aber: Warum sind dann in Amerika seit 2008 375 Banken in Konkurs geschickt worden? 375 Banken, meine Damen und Herren! Warum hat Amerika ein wesentlich höheres Defizit, sowohl gesamtstaatlich als auch laufend? Warum haben sie derartige Schwierigkeiten?

Genau jene, die uns erklären wollen, was in Europa zu geschehen hat, haben uns mit Lehman Brothers, dadurch, dass sie diese Investmentbank nicht gestützt haben, diese Probleme eingebrockt.

Österreich zählt zu den fünf Ländern in der Europäischen Union, die die Krise am besten bewältigt haben. Das soll uns doch ein bisschen freuen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben im letzten Jahr auch wesentlich bessere Beschäftigungszahlen aufzuweisen gehabt als prognostiziert. Die Regierungspolitik ist darauf ausgerichtet gewesen, und da ist durchaus anerkennend festzuhalten, dass im Bereich der Beschäftigung viel gelungen ist. Je mehr Beschäftigte, desto mehr Sozialversicherungsbeiträge, umso weniger Ausgaben in diesem Bereich. Die Maßnahmen, die notwendig sind, wurden getroffen.

Herr Kollege Gradauer, wenn du meintest, dass bei den Pensionen und so weiter nichts passieren würde, dann darf ich dich an einen bestimmten Septembertag vor einigen Jahren erinnern, an dem die Freiheitliche Partei bei allem mitgestimmt hat, was lieb und teuer ist.


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Wir haben in Verantwortung andere Wege beschritten, und ich danke der Frau Bun­desministerin, die mit ihrer Budgetrede heute den Weg der Zukunft gezeichnet hat. Das Budgetergebnis des letzten Jahres ist durchaus sehenswert, wesentlich besser als veranschlagt, und das soll uns ein bisschen optimistischer stimmen als Ihr Beitrag. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. – Bitte.

 


10.56.13

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Von einem Mann der Wirtschaft und der Banken hätte ich mir auch erwartet, dass er hinzufügt, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Unternehmer eines tun, nämlich reorganisieren. Was machen die Unternehmer, wenn es schwieriger wird? (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) – Ja, die Unternehmer, die es nicht machen, landen dann wieder bei den Banken um Kredite und begeben sich in eine Knechtschaft, aber der ordentliche Unternehmer reorganisiert und richtet das Unternehmen auf die Zukunft aus. Das macht der ordentliche Unternehmer! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Gradauer.)

Und genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, vermisse ich in der Haushaltspolitik und Haushaltsführung unserer Bundesregierung. Das hätten Sie, wenn Sie schon immer Seriosität einmahnen, hier auch einmal sagen können. Es würde Ihnen gut anstehen als Unternehmervertreter unseres Landes, einmal auch die Wahrheit auf den Tisch zu legen, anstatt sich immer zu verkriechen und zu verstecken hinter irgendwelchen Floskeln, die Sie irgendwo in den Hinterzimmern der Ministerien aufschnappen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ja unerhört, was da von Seiten der ÖVP immer vorgegaukelt wird in diesem Land. Es wird immer davon geredet, Schulden abzubauen, Defizite zurückzuführen – und dann machen Sie buchstäblich immer genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen! Und das hat der Bürger satt in unserem Land: ständig an der Nase herum­geführt zu werden von Ihnen und zusehen zu müssen, wie dieses Land in eine Schuldenkrise geführt wird. Das ist die Realität! (Beifall beim BZÖ.)

Von der Geschichtenerzählerin haben wir ja heute gehört, wohin sie unser Land führen will. Diesen Vortrag, den Sie heute gehalten haben, Frau Finanzministerin, können Sie in Kindergärten und in Altersheimen halten, aber nicht in einem Hohen Haus, wo Menschen für die Zukunft unseres Landes Verantwortung tragen! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber selbstverständlich! Ein purer Schwachsinn, der hier zum Ausdruck kommt! Sie haben uns ja schon in einem Satz sozusagen eingeschworen auf den Schilling, indem Sie angeregt haben, eine Umrechnung in die alte Währung vorzunehmen. Ich frage mich: Ist das der Beginn einer Vorbereitung auf eine eigene Landeswährung in Österreich, die es wieder geben soll?, denn wenn Sie diesen Weg einschlagen, Frau Finanzministerin, dann rechne ich Ihnen einmal den Schuldenstand in der alten Währung vor. Dann werden Sie aber wirklich vom Hocker fallen und nicht mehr so ruhig dasitzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie den Rechnungsabschluss 2010 durchlesen und seriös beurteilen – weil wir immer als unseriös dargestellt werden –, dann werden Sie zu dem Ergebnis kommen, dass wir im Jahr 2010 ein Drittel aller unserer Ausgaben für Pensionen und Zinsen aufgewendet haben, dass die Ausgaben für Pensionen und Zinsen eine dynamische Entwicklung nach oben genommen haben, dass von 2001 bis 2010 die Ausgaben für Pensionen um über 50 Prozent angestiegen


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sind. – Ja, da nickt der Herr Rechnungshofpräsident zu Recht, weil er das auch zu Recht immer einmahnt (Abg. Krainer: Stimmt ja gar nicht! Er nickt ja gar nicht!) und weil es unsere Aufgabe im Hohen Haus wäre, endlich einmal dafür zu sorgen, dass wir ein Pensionssystem schaffen, das zukunftsfähig ist, das gerecht ist und das die Pensionen so regelt, dass es keine Privilegien in Zukunft mehr gibt. (Beifall beim BZÖ.)

Oder bei den Zinsen: Da beklagt die zuständige Frau Finanzministerin die Zinsen­entwicklung. Ja wer wenn nicht Sie ist denn in der Lage, Abhilfe zu schaffen dafür, dass sich die Zinsen weiter nach oben bewegen?! Sie haben es in der Hand! Und Sie werden Verantwortung dafür tragen, dass die Bonität Österreichs nach unten revidiert wird und sich die Zinsen neuerlich nach oben katapultieren. Das ist die Realität, Frau Finanzministerin! (Beifall beim BZÖ.)

Die Zinsen haben sich in diesem Zeitraum geradezu verdoppelt – von 5 Milliarden € auf 10 Milliarden € – und haben damit die Gestaltungsspielräume für die Zukunft immer kleiner gemacht. Und dann stellen Sie sich hier heraus und sagen in Ihrer Rede, Sie haben ein Budget für die nächsten Generationen gemacht?! – Das ist doch lachhaft! Sie verpfänden unser Land, unsere Republik und Sie verschulden die nächsten Generationen in einem Ausmaß, dass unsere Kinder und Kindeskinder aus dieser Schuldenlast nicht mehr herauskommen. Das ist die Realität, und ich hätte mir von Ihnen erwartet, dass Sie das in Ihrer Budgetrede sagen.

Den Primärsaldo haben Sie wieder verschwiegen. Der Primärsaldo, meine sehr geehrten Damen und Herren, sagt nichts anderes, als dass wir nicht einmal mehr in der Lage sind, unsere Zinsen zu erwirtschaften, nicht einmal dazu reicht es mehr in unserer Einnahmenpolitik. In den achtziger Jahren hat das noch ganz anders ausgesehen, da hatten wir noch den Großteil all unserer Steuereinnahmen dafür zur Verfügung, die Aufwendungen unseres Staates zu finanzieren, mittlerweile reicht er aber nicht einmal mehr, um den Schuldendienst und die Zinsen zu finanzieren.

Der Schuldenberg wächst von Stunde zu Stunde. Er hört nicht auf zu wachsen! Im Jahr 2010 haben wir 13 Milliarden € an Schulden gemacht, wir machen 2011 wieder 9 Milliarden € an Schulden und 2012 neuerlich 10 Milliarden €. Das heißt, es werden immer wieder neue Schulden auf den Schuldenberg aufgedoppelt – und da sprechen Sie von einem Schuldenabbau, Frau Finanzministerin?! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Kehren Sie endlich einmal zur Wahrheit und zur Seriosität zurück, das erwartet sich der österreichische Steuerzahler von einem Regierungsmitglied und nicht, dass man ihm ständig auf der Nase herumtanzt. (Beifall beim BZÖ.)

Weil Sie von Konsolidierungsschritten sprechen: Ich habe heute gelesen, aber morgen wird das ohnehin Gegenstand der Debatte sein, dass Sie – wie viele? – 119 Maß­nahmen setzen werden (Abg. Krainer: Gesetzt haben!), um die Bürokratie in den Unternehmen abzubauen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Die sind schon gesetzt wor­den!) Sagen Sie mir nur eine Maßnahme, nur eine einzige Maßnahme, die dazu führt, dass die Bürokratie in der Wirtschaft, bei den Unternehmen geringer wird, nur eine einzige Maßnahme! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) In Wirklichkeit wird sie immer mehr, die Bürokratie wächst! Aufwände und Administrationen in den Unternehmen wachsen von Jahr zu Jahr, und Sie haben mit blankem Hohn heute diese Aussage gemacht, dass die Bürokratie geringer wird. Das, was hier von Ihnen gesagt und verzapft wird, ist ja fatal! (Beifall beim BZÖ.)

Das treibt ja jedem, der in der Wirtschaft Verantwortung trägt, Schweißperlen auf die Stirn. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgabendynamik – wenn Sie das Budget lesen könnten, würden Sie auf das gleiche Ergebnis kommen –: Die Arbeitslosigkeit steigt, die Schulden steigen, die Defizite steigen (Zwischenruf des Abg. Krainer), die Nettobeiträge nach Brüssel steigen. Die Beiträge für Brüssel, Irland, Portugal, für die Rettungsschirme steigen in Zukunft. Die Nettobeiträge nach Brüssel werden in Zukunft um weitere 400 Millionen € angehoben. Angesichts all dieser Entwicklungen, Frau Finanzministerin, frage ich mich: Wie werden Sie das in Zukunft finanzieren? (Abg. Krainer: Falsche Rede!) Wie werden Sie das Geld in Zukunft zusammenhalten? Das ist geradezu unmöglich!

Sie müssen endlich einmal wirkliche Konsolidierungsschritte setzen, endlich Reformen auf die Reise schicken. (Abg. Krainer: Das ist eine Übung für morgen!) Diese Reformen, das wissen Sie, brauchen sehr lange Zeit, bis sie tatsächlich wirken, aber Sie müssten endlich einmal den Mut für einen ersten Schritt dieser Reformen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Pensionen, ja auch Pflege aufbringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen ja gar nicht, welch riesiges Desaster da in den nächsten Jahrzehnten auf uns zukommt. Das, was Sie hier machen, ist nicht verantwortungsvolle, sondern verantwortungslose Politik. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: Die Hypo kommt auf uns zu!)

11.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


11.03.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mir ein bisschen selbstkritischere Worte von Gradauer und Bucher erwartet, dass sie auch klar sagen: Okay, bei der Beschlussfassung des Budgets haben wir gesagt, die Zahlen stimmen nicht, das Defizit wird viel höher sein! Sie haben gesagt, 15 Milliarden oder 16 Milliarden €, Kollege Bucher hat gesagt, 20 Milliarden € – was ist die Realität? – Budgetiert waren 13 Milliarden €, die Realität ist die Hälfte von dem, was Sie gesagt haben: unter 8 Milliarden €. Das sollte man sich einmal klarmachen!

In den Reden hier hat man versucht, den Eindruck zu erwecken, als würde alles aus dem Ruder laufen. Die Realität ist ganz anders! Der Rechnungsabschluss zeigt, dass das Budget eingehalten wurde und wesentlich besser gewirtschaftet wurde (Abg. Bucher: Ausgeglichen?), als noch budgetiert wurde, und dass Österreich sehr, sehr gut durch die Krise gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Keine Schulden und kein Defizit?)

Alle Eckzahlen, ob das das Wachstum, das Defizit, der Verschuldungsstand oder die Arbeitslosenquote ist, sind deutlich besser, als sie budgetiert waren, und geben ein sehr gutes Zeichen für die Arbeit dieser Bundesregierung ab. Wobei man auch sagen muss, dass natürlich „besser“ nicht gleich „gut“ bedeutet. Die Arbeitslosenquote ist sogar die beste in der Europäischen Union, aber noch lange nicht gut, denn sie ist noch immer höher als vor der Krise. Es sind noch immer mehr Menschen arbeitslos in Österreich als vor der Krise. Deswegen ist es auch gut, dass beim Budget, wie wir hören – wir werden das morgen debattieren –, nach wie vor die notwendigen Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorhanden sind. Das heißt, es gibt noch genug Verbesserungspotenzial, aber so zu tun, als wäre da alles schlecht, ist völlig falsch.

Ich muss auch ein paar Worte zur Einnahmensituation sagen. Sie, Frau Bundes­ministerin, haben ja selbst in Ihrer Rede nicht Budgetzahlen verwendet, sondern Zahlen aus den Rechnungsabschlüssen 2009 und 2010. Ja, es stimmt, der Faktor Arbeit ist in Österreich sehr hoch besteuert. Ja, es stimmt, die Steuereinnahmen aus dem Konsum sind höher als im europäischen Schnitt. Wenn also Arbeit und Konsum


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als die zwei großen Brocken deutlich höher besteuert sind als im europäischen Schnitt, dann muss ja irgendetwas auch niedriger besteuert sein, denn alles kann man ja nicht verhältnismäßig höher besteuern, und das sind Kapitalerträge und Vermögen. Dort besteuern wir im Verhältnis zu allen anderen Staaten, nicht nur der Europäischen Union, sondern auch der OECD, deutlich niedriger.

Das sieht man auch an folgendem Beispiel: Wenn Sie 100 € durch Arbeit verdienen, dann zahlen Sie laut Eurostat, das meiner Meinung nach nicht alles einrechnet, mehr als 40 € an Steuern, und wenn Sie 100 € aus Kapitaleinkommen verdienen, das heißt ohne Leistung, zahlen Sie weniger als 25 € an Steuern. Das allein zeigt schon – das ist ohnehin klar –, wenn wir das eine deutlich niedriger besteuern, das auch im Verhältnis zu allen anderen Ländern der Europäischen Union, dann haben wir hier eine Schieflage (Abg. Mag. Stefan: Das habe ich ja schon vorher versteuert! Das kommt ja nicht vom Himmel! Das ist ja vorher mit 40 Prozent versteuert!) und dann müssen wir daran arbeiten, dass wir diese Schieflage beseitigen. Das bedeutet, wir brauchen eine Senkung der Steuern auf Arbeit, auf Leistung, und wir brauchen gleichzeitig eine Erhöhung der Steuern, wenn wir nicht neue Schulden machen wollen, auf Kapital und auf Vermögen. Und das ist sicher der Schritt, den wir als Sozialdemokratie hier gehen wollen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


11.07.11

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Rede der Frau Finanzminister war ja so aufregend, dass sogar die Frau Nationalrats­präsidentin mit dem Schlaf gekämpft hat. Die Rede war geprägt, das sage ich ganz ehrlich, von Schönsprech, und den hat auch Kollege Krainer hier soeben zum Besten gegeben. (Abg. Rädler: „Professor“ Krainer!) Schönsprech ist anscheinend das „Pro­gramm“ dieser Regierung.

Warum sagt eine Finanzministerin hier in Ihrer Rede nicht: Die Lage ist nicht beson­ders rosig, sie ist schlecht, wir haben Defizite, wir zahlen viel Geld nach Brüssel, wir zahlen viel Geld für Pleiteländer, was können wir tun? – Nein, Sie reden alles schön, obwohl Sie nicht einmal in der Lage sind, die Zinsen zu zahlen, und für die Zinsen bereits Kredite aufnehmen müssen. (Ruf: Schön sprechen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das glaubt Ihnen keiner mehr draußen. Sie sind völlig unglaubwürdig. Haben Sie einmal Mut zur Wahrheit, sprechen Sie die Dinge aus, wie sie tatsächlich sind!

Eines ist mir auch aufgefallen: Kollege Krainer geht hier heraus und verteidigt die Regierung, obwohl die Frau Finanzministerin – und das muss man sehen – die Arbeit der ÖVP gelobt und die Arbeit der SPÖ in kein gutes Licht gestellt hat. – Meine lieben Kollegen von der SPÖ, das Klima in der Koalition ist anscheinend nicht das beste; aber zum Klimaschutzgesetz kommen wir heute noch. Doch das ist genau der Punkt! (Abg. Dr. Bartenstein: Hören Sie auf zu intrigieren!) – Kollege Bartenstein, Sie werden ja sehen, was die SPÖ darauf antworten wird.

Kollege Bucher hat es bereits ausgeführt: Ein Drittel zahlen wir bereits – das steht im Rechnungsabschluss 2010 – für Pensionen und Zinsen; Tendenz stark steigend. 2015 werden es 40 Prozent sein, also um 6 bis 7 Prozent mehr, und Sie sagen: Alles ist super, alles ist in Ordnung!, obwohl der Handlungsspielraum für echte Zukunftsfelder dadurch zunehmend eingeschränkt wird.


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Zum Primärsaldo: Wir haben 2010 minus 3 Milliarden € gehabt. 3 Milliarden € konnten wir nicht mehr finanzieren, für die Zinsen, für die Rückzahlung, für die Schulden. 2009 waren es sogar 6 Milliarden €.

Das Defizit: 4,6 Prozent vom BIP – Sie wissen, Maastricht sagt, 3 Prozent. Völlig ver­fehlt!

Bei den Schulden genau dasselbe: 72,3 Milliarden € laut Bundesrechnungs­ab­schluss 2010. Eine Quote von 72 Prozent, 60 Prozent sind erlaubt – also auch weit verfehlt! 10, 20 Prozent über das Ziel hinausgeschossen, und Sie sagen hier: Alles ist klass, es ist super, alles passt!

Sie haben die Ausgaben nicht im Griff, Sie machen keine Reformen, Sie zwingen – im Gegenteil – die Gemeinden, weiter auch Schulden zu machen. Die Gemeinden schaffen das nicht mehr. Drei Viertel der Gemeinden sind Abgangsgemeinden. Die Finanzen der Länder schauen auch nicht gerade rosig aus.

Das heißt im Klartext, es geht sich hinten und vorne nicht mehr aus. Sie sind nicht bereit, Reformen zu machen, im Pensions-, Bildungs- und Gesundheitsbereich, Sie sind aber bereit, Milliarden in die Hand zu nehmen und für Haftungen einzustehen, wie Sie das etwa für den Rettungsschirm gemacht haben. Sie sind auch bereit, den Mittelstand weiter zu belasten, auch mit dem letzten Budget. Sie haben die Mineral­ölsteuer erhöht, Sie haben Gebühren erhöht, Sie haben die Familien geschröpft, Sie haben die Studenten geschröpft und sagen hier, dass der Mittelstand genug gezahlt hat. Das schaue ich mir an, wie dann Ihre Steuerreform aussehen wird.

Dasselbe gilt im Pflegebereich: Bis 2014 ist alles noch paletti, aber dann ist Schluss mit lustig. Da haben Sie auch kein Konzept.

Zum Schluss kommend: Frau Finanzministerin, wenn Sie sagen, dass Ihr Budget von drei tragenden Säulen geprägt ist, nämlich davon, Defizite abzubauen, ein stabiles Budget zu machen und ein gerechtes Steuersystem einzuführen, dann muss ich sagen: Sie und diese Regierung haben bisher in allen drei Punkten kläglich versagt! (Beifall beim BZÖ.)

11.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.10.44

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshof­präsident! Frau Bundesministerin! An sich steht der Bundesrechnungsabschluss 2010 zur Debatte, es wird aber nicht weiter wundern, wenn wir den Bogen in Gegenwart und Zukunft spannen, nämlich hin zu Ihrer Budgetrede.

Einen speziellen Zusammenhang mit der Vergangenheit gibt es schon: Es ist ziemlich genau ein Jahr her, dass sich die Bundesregierung angeschickt hat – und das dann auch wirklich durchgesetzt hat –, hier einen Verfassungsbruch zu begehen. Die Vorlage des Budgets 2011 hat nämlich in keiner Weise den Fristen entsprochen, und das nur deshalb, weil Sie vor den Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien die Zahlen nicht auf den Tisch legen wollten.

Dazu kann man sagen: Das ist politisch opportun! Das ist eben so, gerade in Österreich!, aber ich sage Ihnen: Diese Sache hat Ihnen enorm geschadet! Es ist gut, dass Sie es nicht mehr machen. Ich erinnere auch daran, dass es einige Fraktionen und einige Abgeordnete hier im Haus gegeben hat, die das massiv bekämpft haben.

Schaden haben Sie damit angerichtet, und deshalb ist das erwähnenswert und auch für die Zukunft noch einmal festzuhalten: All diese Aktionen haben dazu geführt, dass


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sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger zu Recht fragen: Was tun die da in der Politik? Was treiben die da? Ist das ernst zu nehmen? Da geht eine Regierung her, mit Anlauf und mit Ankündigung, die Verfassung zu brechen, nur weil es ihr politisch in den Kram gepasst hat!

Wir halten hier heute fest: Das werden wir Ihnen nie mehr so durchgehen lassen! Sie haben ja offensichtlich auch die Lehren daraus gezogen, sodass das gar nicht mehr vorkommen sollte. Aber Verärgerung und Unverständnis haben Sie zumindest bei jenen MitbürgerInnen, die politisch mitdenken – und die gibt es ja Gott sei Dank –, ausgelöst, das haben Sie zu verantworten. Und das taucht auch bei diesen Bewegungen, die wir jetzt wahrnehmen, immer wieder auf, genau diese Aktion.

Weil Sie so treuherzig herschauen, Herr Dr. Stummvoll – Sie sind immerhin Vor­sit­zender des Finanzausschusses –: Sie alle haben als Abgeordnete der Regierungs­frak­tionen mitgespielt! Wunderbar, Sie sind vereidigt auf die österreichische Verfas­sung, die Regierung soll tun, was sie will, kommt mit irgendeinem Budget, wann, ist egal, völlig Blunzen. Das ist diese Haltung, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen werden! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist rund um die Einbringung des Budgets und in der Debatte um Rechnungs­abschlüsse der Vergangenheit auch einmal erwähnenswert.

Das, was heute hier vorgelegt wurde, ist im Wesentlichen Stillstandsverwaltung, insofern passt es auch zum Rechnungsabschluss 2010. Es geht in der Regel bei den Zukunftsinvestitionen nichts weiter. Ich sage ganz bewusst, es geht nicht nur darum, dass mehr Geld ausgegeben wird – natürlich an der richtigen und sinnvollen Stelle –, sondern es ginge auch darum, dass gespart wird.

Noch einmal: richtig investieren und auch richtig sparen, das vermissen wir nach wie vor! Insofern sind ja die großen Fragen, die Leitfragen eines solchen Budgets, von Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik immer die nach Innovation und letztlich auch nach Gerechtigkeit. Sie selbst haben die halbe Zeit dafür aufgewendet, zu erklären, wie toll wir uns durch die Krise manövriert hätten, aber es geht auch darum, wer die Kosten für diese Krisen trägt, und es geht darum, dass man das wirklich einmal durchleuchtet und auch tatsächlich gerecht verteilt. Dazu werden wir aber noch kommen.

Ich möchte an dieser Stelle nur kurz die Ausgaben betrachten und dann die Ein­nahmenseite. Bei der Ausgabenseite ist vollkommen klar: sparen und investieren an der richtigen Stelle. Es ist halt so, dass Sie beim Sparen wirklich die Stillstands­prognose perfekt realisiert haben.

Ich weiß nicht, was Sie da immer erzählen, wenn Sie sagen: Step by Step bei der Verwaltungsreform! Es ist in den wirklich naheliegenden Punkten ja so, dass da die Bundesregierung längst abgedankt hat. Wir haben das erlebt, wir waren ja bei den Reformbemühungen am Anfang dabei. Ihr Vorgänger Josef Pröll ist ja an den eigenen Landeshauptleuten gescheitert. Sagen wir es doch, wie es ist! Deshalb ist er nicht mehr hier und sitzen Sie jetzt hier, weil in bestimmten Bereichen – Beispiel Schul­verwaltung; ich meine jetzt nicht die ideologische schulpolitische Abteilung –, etwa in der Frage der Schulverwaltung, exakt nichts weitergeht. (Abg. Rädler: Sie sind noch da, weil es keinen grünen Landeshauptmann gibt!)

Wir haben es Ihnen voriges Jahr schon vorgerechnet, als wirklich die heiße Budgetauseinandersetzung auch in der Sache war. Dieser ganze Plunder an System von Bezirksschulinspektoren, von Landesschulräten kann umgestellt werden, die Konzepte liegen vor, nicht nur bei den Grünen, selbst bei den Beratern der Bundes­regierung, allein Sie machen es nicht, weil Sie sich so komisch gegenüber Ihren


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eigenen Landeshauptleuten verhalten. Und dann kommen Sie und erklären, die Verwaltungsreform werde Step by Step umgesetzt.

Ich würde das nicht erwähnen, wenn es nicht tatsächlich um Summen ginge – es geht um Summen! Da geht es um 50 Millionen Nettoeffekt pro Jahr, denn da haben wir schon gegengerechnet, dass die Schulverwaltung natürlich auch in einer alternativen Form Kosten verursachen wird, aber das wäre der Nettoeffekt über ganz Österreich gerechnet. Kein Millimeter davon wird angegangen, weil das weiter parteipolitisch und proporzmäßig quer über Österreich durchorganisiert werden soll. Das ist die Wahrheit!

Sie werden uns nicht erklären können, dass da irgendwo etwas weitergeht. Das ist eine Stillstandskoalition, die genau in den Bereichen, wo sie schon längst, seit Jahren etwas bewegen sollte, nach wie vor nichts weiterbringt, ja nicht einmal etwas weiterbringen will. (Beifall bei den Grünen.)

Umgekehrt die Ausgabenseite: Da sind jetzt 16 Millionen oder etwas mehr bei den Unis verbucht. Sie haben heute wieder den gleichen Schmäh erzählt wie voriges Jahr Ihr Vorgänger! 80 Millionen € mehr für die Unis, 80 Millionen € mehr für die Schulen, wissen Sie, wie das gelaufen ist? – Wenn Sie den Rahmenbeschluss 2010 mit dem von 2011 vergleichen, die Vorschau, dann werden Sie draufkommen, dass im Schul- und im Uni-Bereich 160 Millionen € herausgekürzt wurden. In Loipersdorf haben Sie dann so getan, als würden da noch einmal 80 Millionen plus 80 Millionen dazu investiert, in Wirklichkeit ist das ein Nullsummenspiel, und heute erzählen Sie diesen Schmäh schon wieder. Das ist unerträglich! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch diesmal wieder ein Budget von Schmäh und Schwindel, die Universitäten spüren das ja und wissen ja, was sich abspielt. Die wissen es ganz genau. (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) – Das stimmt schon, natürlich stimmt das! Sie haben es an anderer Stelle weggenommen und da dazugepickt, weil Sie andere Projekte damit bezahlen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staats­sekretär Mag. Schieder.) – Die Rektoren erklären Ihnen jeden Tag, was Sache ist! Was hilft denn das? Die Milliarde, von der Sie reden, kommt, wenn überhaupt, 2013 bis 2015.

Im Übrigen ist das auch ein unkorrektes Spiel, denn würden Sie das wirklich machen – und im Frühjahr war es schon angedacht –, dann hätten Sie es in den Finanzrahmen hineinschreiben müssen, denn für den Schwindel brauchen wir den Finanzrahmen auch nicht, wenn er dann ohnehin nicht eingehalten wird. Aber das ist ein weiterer parteipolitischer Punkt dieser Sache. (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie, bei den Unis sieht man ganz genau, was schiefgeht. Bei der gestrigen Demonstration vor dem Bundesministerium waren ein paar brauchbare, sehr gute Zitate von den Studierenden dabei. Das sind alles junge Leute, die eigentlich nichts anderes wollen als studieren, und Sie hindern sie daran. Es ist dort nämlich genau gesagt worden, dass das, was die Leute hören, ist – wortwörtlich –, dass Sie darüber reden, wie man die Jungen am Studieren hindert, dass Sie aber nicht darüber reden, wie man von Milliardären und Vermögenden wenigstens einen minimalen Beitrag kassieren könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Nächstes Zitat – weil im Bankenpaket ja noch 4 Milliarden übrig geblieben sind und die Banken wieder rekapitalisiert werden müssen –: Ja, die 4 Milliarden sind da, die Banken können ruhig kommen – das Zitat haben Sie sich gemerkt: die Banken können ruhig kommen –, aber die Unis und die Studierenden dürfen nicht kommen, die werden am Studieren gehindert. Das ist das, was nicht nachvollziehbar ist!

Ich sage ja nicht, dass alles falsch ist, was gemacht wird, aber mit dieser Aufstellung und dieser Performance werden Sie nicht sehr weit kommen.


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Zum Schluss sage ich Ihnen: Eine wirklich gescheite Investitionspolitik würde erken­nen, dass Bildung die sicherste Bank ist. (Beifall bei den Grünen.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.19.20

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Finanzministerin, Sie haben in Ihrer Rede auch gesagt, dass Österreich einen negativen Primärsaldo hat. Wahrscheinlich klingt das für viele hier im Saal und für viele vor dem Fernsehschirm einmal relativ harmlos. Was ist das, ein negativer Primärsaldo? Ich habe mir die Mühe gemacht, das auf einen „normalen“ Kreditnehmer umzulegen. Ein „normaler“ Mensch nimmt sich einen Kredit und zahlt, so wie das früher gelaufen ist, die Zinsen plus eine Tilgung. Das heißt, man zahlt die Zinsen, die anfallen, und es wird von dem aushaftenden Betrag immer auch ein Teil zurückgezahlt, und nach zehn, 15, 20 Jahren hat man diesen Kredit zurückgezahlt. Das ist der Normalfall.

Jetzt gibt es eine zweite Variante, die ist schon etwas bedenklicher: Es bleibt der Kreditbetrag stehen. Man nimmt sich – Hausnummer – 200 000 € auf und zahlt jedes Jahr nur die Zinsen. Die 200 000 € Kredit bleiben zehn, 15, 20 Jahre, und man hofft, dass einem dann in 20 Jahren einiges einfällt. Das ist schon etwas kritischer.

Jetzt gibt es aber noch eine Verschuldungsspirale – die dritte Variante –, etwas noch Schlimmeres, nämlich dass jemand einen Kredit aufnimmt, aber weder das Kapital noch die Zinsen zurückzahlt. Das ist sozusagen das Allerschlimmste, was einem pas­sieren kann, sollte man meinen.

Aber es geht noch schlimmer! Noch viel schlimmer ist das, was der österreichische Staat macht, und das versteckt sich hinter diesem „negativen Primärsaldo“: Der Staat kann weder seinen Kredit zurückzahlen, noch kann er die Zinsen bedienen, noch kann er mit seinem Geld wirtschaften, also er muss sozusagen für die täglichen Ausgaben zusätzlich Kredite aufnehmen.

Das heißt, es werden nicht nur die Zinsen nicht gezahlt, sondern es werden noch zusätz­liche Kredite aufgenommen – nicht nur für die Zinsen, sondern auch für den normalen Haushalt, und die Kredite werden nicht bedient. So weit sind wir schon! Und wenn man Ihren Worten Glauben schenken will, Frau Ministerin, muss man sagen, Griechenland steht diesbezüglich besser da. Griechenland hat keinen negativen Primärsaldo. Das heißt, wenn Griechenland keine Zinsen zahlen müsste, dann könnte es sein normales Budget bestreiten, und zwar ohne Defizit – Österreich kann das nicht. Das heißt, in dieser Sache stehen wir sogar noch schlechter als die Griechen da. (Abg. Silhavy: Man kann sich auch selber überdribbeln!)

Und jetzt ist die Frage: Warum tun wir nichts?

Präsident Moser vom Rechnungshof ist jemand, der, glaube ich, langsam verzweifelt in diesem Hohen Haus. Herr Moser hat – ich weiß das, seit ich in diesem Hohen Haus bin, seit drei Jahren – immer wieder gemahnt, gemahnt, gemahnt. Bei jeder Budget­rede, bei jeder Budgetvorlage, immer wieder hat der Herr Moser gesagt: Wir müssen endlich Reformen einleiten! Und was ist passiert? – Gar nichts.

Und es ist auch dieses Mal wieder festzustellen – wir haben ja die Budgetrede der Frau Ministerin gehört –: In dieser Rede sind die ganz wichtigen Positionen – wie Pen­sionen, wie Gesundheit, wie Verwaltung – zwar als wichtige Punkte angesprochen worden, und dass man da etwas tun muss, aber es ist nichts Konkretes dringestanden in dieser Budgetrede.


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Die Frau Ministerin hat es wieder einmal nicht geschafft, konkrete Ankündigungen zu machen, wie man zum Beispiel das Pensionssystem rettet. Wir wissen, wir gehen im Schnitt mit 58 in Pension. Im OECD-Vergleich sind wir nur marginal besser als Luxemburg, alle anderen gehen später in Pension. Das heißt, wir sind Weltmeister bei den Frühpensionen. Und bei der ÖBB gehen immer noch Leute mit 52 in Frühpension. (Abg. Haberzettl: Blödsinn!) – Das sind die aktuellen Zahlen! Bei der ÖBB ist das durchschnittliche Pensionsantrittsalter 52, das muss man sich einmal vorstellen!

Schauen wir uns die demografische Entwicklung an: Der Anteil der Über-60-Jährigen beträgt 23 Prozent, also ungefähr jeder Vierte ist derzeit über 60 Jahre. Das wird sich auf 36 Prozent steigern, und zwar schon sehr bald. Das heißt, bald wird mehr als jeder Dritte über 60 sein. Und da frage ich mich, und da fragt sich auch der Herr Rechnungshofpräsident Moser immer wieder: Wie sollen wir das alles stemmen? Wie sollen wir das alles zahlen, wenn nicht jetzt Reformen kommen? Und was macht die Frau Minister? – Sie macht nichts.

Das gilt auch für die Invaliditätspensionen. Wir sind ja Weltmeister bei den Invali­ditätspensionen. Woran liegt das? Mehr als doppelt, ja dreimal so viele als in anderen Ländern gehen bei uns krankheitshalber in Pension. Wie gibt es das? Wie kann so etwas sein? (Ruf bei der SPÖ: Krank machende Arbeitswelt!) Sind die Menschen bei uns kränker als in allen anderen Ländern? Oder ist einfach der Zugang erleichtert? Genau das ist der Punkt: Wenn bei uns zweimal, dreimal so viele krankheitshalber in Frühpension gehen, dann kann das nicht an der gesundheitlichen Belastung oder an Sonstigem liegen, sondern es kann am System liegen. Das System erleichtert den Gang in die Frühpension, und das wird sogar in manchen Betrieben als Kosten­spar­maßnahme eingesetzt. Deshalb müssen wir auch da ansetzen, und auch das hat der Herr Moser immer wieder gesagt.

Oder was die Deckung betrifft: Wir wissen, dass gerade bei den Beamten die Deckung der Pension mitunter nur 30 Prozent beträgt. Im ASVG liegen wir bei 60, 70 Prozent, 100 Prozent wären optimal. Das heißt, wir müssen auch da etwas tun, und auch da hat der Herr Moser immer wieder gemahnt – aber leider, es passiert nichts.

Und dann kommen Sie, Frau Ministerin, mit dieser Budgetrede, die ja austauschbar ist. Das hat der Herr Pröll ja auch nicht anders gemacht. Es sind nette Floskeln drin. Es stehen viele Allgemeinplätze drin, was Sie alles nicht wollen und was Sie alles nicht gern machen würden, aber es steht überhaupt nichts Konkretes drin. Es steht nur drin, wir müssen sichern, wir müssen schauen, dass es da keine Probleme gibt, aber letzt­lich kommt, gerade was die Schulden und was die Zinsenzahlungen betrifft, nichts von Ihnen, ganz im Gegenteil: Beim letzten Mal haben Sie noch davon gesprochen, wir müssen runter mit den Schulden, dieses Mal sagen Sie nur, wir müssen runter mit dem Defizit, was ja zwei verschiedene Paar Schuhe sind.

Offensichtlich sind Sie in Ihren Bemühungen auch noch einen Schritt zurück gegangen, statt dass Sie in den Bemühungen noch zulegen würden. Deshalb möchte ich Sie wirklich ersuchen, Frau Minister, versuchen Sie einmal, ein bisschen auch an die Menschen zu denken, die sich ja auch durchaus berechtigt Sorgen machen. Die machen sich Sorgen um ihr Erspartes, die machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz, die machen sich Sorgen um die generelle wirtschaftliche Entwicklung. Und wenn Sie nicht in der Lage und nicht willens sind, die Hausaufgaben zu machen, dann sage ich Ihnen eines: Dann wird nicht das passieren, was Sie hier schreiben – Sie wollen den Wohlstand der Bürger erhalten und noch mehren –, nein, es wird genau umgekehrt laufen: Der Wohlstand wird sukzessive verloren gehen, weil Sie anscheinend nicht in der Lage sind, Ihre Hausaufgaben zu machen.


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Deshalb möchte ich Sie nochmal daran erinnern: Als Finanzministerin sind Sie in der Pflicht, die Hausaufgaben, die Ihnen der Rechnungshof vorgibt, die wir Ihnen vorge­ben, die Ihnen ja schon die Spatzen von den Dächern vorgeben, endlich zu machen – ob das im Bildungsbereich ist, im Pensionsbereich, im Gesundheitsbereich, in der Verwaltung, in den Länderkompetenzen und, und, und. Da kann man ja gar nicht mehr aufhören, wenn man einmal anfängt.

Frau Ministerin, legen Sie einmal konkret vor, wie Sie das alles bewerkstelligen wollen!

Etwas noch zu Griechenland: Sie haben beschlossen, uns an Griechenland zu ketten. Sie haben beschlossen, unser hart verdientes Geld nach Griechenland zu schicken, statt dass Sie hier die Hausaufgaben lösen. Jetzt ist das schon passiert, das ist nicht zu ändern. Das heißt, wir hängen schon drinnen in der Sache. Wir werden mit Griechenland einen sehr schmerzlichen Verlust erleiden, das wird nicht zu ändern sein, aber Sie können ja immer noch die Hausaufgaben machen und zumindest dafür sorgen, dass die Steuererhöhungen, die dann notwendig sein werden, wenn Griechen­land pleite ist, nicht so brutal ausfallen. Und wenn Sie entsprechend die Hausaufgaben machen, können wir den Bürgern die eine oder andere Extrasteuer, die Sie noch einheben werden, vielleicht ersparen.

Ein Punkt noch zur Erste Bank und zu den Banken allgemein: Der Bürger muss sich ja wirklich gepflanzt  vorkommen. Die DEXIA zum Beispiel, die belgisch-französische Bank, war beim Stresstest vor ungefähr einem halben Jahr, dreiviertel Jahr noch eine Vorzeigebank. Mittlerweile wurde sie mit 100 Milliarden gestützt! 100 Milliarden, das muss man sich einmal vorstellen! Und jetzt kommt die Erste Bank daher, verspricht noch einen Gewinn von mehreren hundert Millionen – und von einem Tag auf den anderen kommt sie drauf: Nein, es sind doch 800 Millionen Verlust!

Und jetzt kommt man noch zusätzlich drauf, dass die Erste Bank im Umfang von 5,2 Milliarden sogenannte CDS, Credit Default Swaps, als kleine „Leichen im Keller“ liegen hat, die noch entsprechendes Ungemach verursachen können, die sie einfach irgendwie vergessen haben. Angeblich hat der Herr Treichl nicht einmal etwas gewusst davon, diese 5,2 Milliarden-Zeitbombe ist an allen irgendwie vorübergegangen.

Daher: Frau Ministerin, sorgen Sie endlich dafür, dass die Hausaufgaben in Österreich gemacht werden, und sorgen Sie vor allem dafür, dass die Banken ihre Bilanzen offenlegen und ihre „Leichen im Keller“ eingestehen müssen, denn letztlich wird unser Wohlstand davon abhängen! – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


11.29.20

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanz­minister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Mein Vorredner hat nicht nur seine Position als sogenannter wilder Abgeordneter voll ausgenützt – keine Redezeitbegrenzung –, sondern er hat auch das Thema verfehlt. Er hat nicht zum Bundesrechnungsabschluss 2010 ge­sprochen, sondern er hat die morgige Budgetdebatte vorweggenommen. Ich glaube daher, Sie können sich morgen von der Rednerliste streichen lassen, denn Ihren Debattenbeitrag haben Sie eigentlich schon heute geliefert, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man den Bundesrechnungsabschluss 2010 nüchtern und objektiv betrachtet, wie das der Rechnungshof tut, also nur aufgrund der Daten und Fakten, dann muss man


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ganz kühl feststellen, der Rechnungsabschluss enthält gute Nachrichten und enthält schlechte Nachrichten.

Die guten Nachrichten sind, dass das Krisenmanagement hervorragend funktioniert hat, dass es ein reales Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent gibt, eine Arbeitslosigkeit von 4,4 Prozent, die geringste in Europa, und einen Verbraucherpreisindex von 1,9 Prozent. – Hervorragende Daten, die zeigen, dass die Krise hervorragend gemanagt wurde.

Zweitens war das Ergebnis – das hat der Kollege vorher sogar erwähnt – um 40 Prozent oder 5 Milliarden € geringer als budgetiert. Das sind die guten Daten.

Die schlechten Daten muss man auch ganz offen nennen. Ein „negativer Primärsaldo“ heißt natürlich, dass wir nicht nur für die Zinsen der Staatsschuld neue Schulden aufgenommen haben, sondern dass wir drei Milliarden operative Ausgaben durch zusätzliche Schulden finanzieren mussten. Da liegt wirklich eine gewaltige Heraus­forderung vor uns – das wird ja morgen in der Budgetdebatte der Hauptgegenstand sein –, weil wir da in einer Staatsschuldenkrise drinnen sind, und Österreich muss sehr achtgeben, dass es nicht in diesen Strudel mit hineingezogen wird. Denn: Nur wer seinen Staatshaushalt in Ordnung hält, ist nicht den Spekulanten auf den inter­nationalen Finanzmärkten ausgeliefert.

Und ich sage auch hier etwas, was ich schon im Budgetausschuss gesagt habe, weil ich nicht die rosarote Brille aufhabe: Was mir auch Sorgen macht, ist, dass Österreich seit 2007 in allen internationalen Rankings, was die Wettbewerbsfähigkeit der Wirt­schaftsstandsorte betrifft – und „Wirtschaftsstandort“ heißt immer Arbeitsplätze, Ein­kommen und soziale Sicherheit –, Jahr für Jahr absinkt. 2007 waren wir an elfter Stelle weltweit, jetzt sind wir an Stelle 18. Da müssen wir zweifellos eine Trendumkehr einleiten, aber dazu ist, glaube ich, das, was die Frau Finanzminister gesagt hat, näm­lich Stabilität und Vertrauen in die Zukunft notwendig. Wir werden morgen ja aus­führlich darüber diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gartlehner. – Bitte.

 


11.31.53

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident Moser! Ich werde es auch ganz kurz machen. Ich habe mir heute zur Feier des Tages eine Metaller-Krawatte umgebunden. Es war, glaube ich, eine sehr gute Entscheidung der Sozialpartner, diesen Gehalts-, diesen Lohnabschluss zu tätigen (Beifall bei der SPÖ), weil es Netto­kaufkraftgewinne geben wird, weil die Mindestlöhne bei den Metallern 1 580 € betragen. Das bietet doch die Möglichkeit, nicht in großer Not leben zu müssen. Und ich glaube auch, es ist ein gutes Vorbild für andere Bereiche unserer Wirtschaft, was die Gehalts- und Lohnpolitik betrifft.

Zum Budget: Auch die Frau Bundesministerin darf sich über diese Erhöhungen freuen, sie wird im kommenden Jahr auch davon partizipieren. Je besser die Lohnabschlüsse, umso besser die Steuereinnahmen. Sie hat ja auch erklärt, dass wir in der untersten Steuerstufe mit 36 Prozent einen zu hohen Steuersatz bezahlen, und dass er eigentlich für alle Einkommensgruppen gilt. Ich glaube, es ist wirklich sehr vernünftig, diesen ersten Steuersatz, wie sie bereits angekündigt hat, zu reduzieren, um die Kaufkraft der Menschen weiter zu steigern.

Grundsätzlich glaube ich, dass man einen Rechnungsabschluss eines Staates auch nicht mit durchaus kompetenten, betriebswirtschaftlichen Argumenten beurteilen kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 63

Ein Staat hat sozusagen eine unendliche Lebensdauer, ein Staat hat Gesetze und Regeln, er muss sich daran halten. Wir können nicht einfach hergehen und von heute auf morgen die Beamten entlassen oder die Löhne reduzieren oder die Einkommen der Beamten reduzieren. Das geht nicht, und daher ist es sehr vernünftig – und ich glaube, es passiert diesbezüglich auch sehr viel –, hier einschleifende Maßnahmen, die über einen längeren Zeitraum sehr wohl wirken, zu setzen und darüber zu berichten.

Wir wissen, dass seit 1999 nur mehr jede zweite Bundesbedienstete/Bundesbeamte ersetzt wird. Inzwischen sind das mindestens 12 000 Beamtendienststellen weniger. Wir müssen versuchen, die Bundeslehrer und die Landeslehrer auf eine Gehaltsebene zu bringen. Wir wissen jetzt, 50 Prozent der Lehrer oder sogar mehr werden in den nächsten Jahren in Pension gehen. Sie haben alle ein sehr hohes Einkommen, was bedeutet, dass da einfach durch den Generationswechsel in den nächsten Jahren eine gewaltige Entlastung erfolgt. Diese Chance muss genutzt werden, um ein neues Dienstrecht für die Lehrerinnen und Lehrer zu schaffen.

Ich möchte auch noch darauf verweisen, dass seit 1995 keine neuen ÖBB-Beamten eingestellt werden. Alle Mitarbeiter der ÖBB, die nach 1995 begonnen haben, sind nach dem ASVG versichert.

Ein Schlusswort zur Demographie: Alle Staaten, die europäischen wie die asiatischen Staaten, haben das Problem, dass es derzeit durch die lebensverlängernden Maß­nahmen sehr viele ältere Menschen gibt. Bis 2030, weiß man, wird auch dieses Problem gelöst sein. Dann werden weniger Alte auf weniger Junge, die nachkommen, stoßen, wodurch dem demographischen Wandel sozusagen seine Schärfe genommen wird. Daher sollte man nicht immer von einem ewigen Desaster oder einer ewigen Problematik reden. Das wird sich von selber lösen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haberzettl. – Bitte.

 


11.36.05

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzte Herren Präsidenten! Frau Bundesminister! Sehr verehrter Herr Staatssekretär! Der Rechnungsabschluss 2010, denke ich, zeigt, in Zahlen gegossen, die Bemühungen der Bundesregierung, die Krisen, die seit dem Jahr 2008 immanent sind, zu bewältigen. Man kann aufgrund der Daten, die die Frau Bundesminister schon vorgetragen hat, sagen, es ist gelungen. Es ist uns gelungen, im Jahr 2010 – eigentlich entgegen den Erwartungen – ein relativ starkes Wirtschaftswachstum zu erzielen, einen relativ starken Binnenmarkt und darauf aufbauend auch sehr positive Rekordzahlen im Bereich der Beschäftigung zu erreichen.

Herr Kollege Lugar, ganz kurz zu Ihnen, zu Ihren Behauptungen, dass bei den ÖBB die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner noch mit 52 Jahren in Pension gehen. Das ist absolut unrichtig! Die heurige Vorgabe beträgt 54,5 Jahre. (Boah-Rufe beim BZÖ.) – Moment! Jetzt darf ich Sie auf die Kurzfassung des Rechnungsabschlusses hinweisen. (Abg. Grosz: Boah!) – Herr Kollege Grosz, Sie sollten einmal nachlesen! Die Kurzfas­sung des Rechnungsabschlusses weist eindeutig darauf hin, dass im ASVG das Pensionseintrittsalter von 40 Prozent der Beschäftigten, wo immer die auch sind, neun Jahre unter dem normalen, durchschnittlichen Pensionseintrittsalter liegt; bei Frauen sind es 50,2 Jahre, Herr Kollege Grosz, und bei Männern bei 53,8 Jahre. (Abg. Grosz: Weil die Frühpensionen, die Invaliditätspensionen etc. dabei sind!) Ja, die sind dabei, genauso wie bei den Eisenbahnern. (Abg. Grosz: Bei Ihnen ist es System!) Wenn Sie aber auch noch die Notstandszahlungen oder -beanspruchung im Vorfeld berück­sichtigen, wo man weiß – im Bereich Soziales des Budgets nachzulesen –, dass sie


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steigen, dann kommen Sie auf Pensionszahlen, die Sie dann wirklich auch kom­munizieren sollten, und dann ist das Privileg der Eisenbahner kein Privileg mehr.

Das bedeutet aber gleichzeitig, dass es wert ist, endlich Anstrengungen im Präventiv­bereich zu unternehmen und dort entsprechende Maßnahmen zu setzen, bis hin zu Präventivgesetzgebung und auch zur Verantwortung der Arbeitgeber. Ich denke, das sollte auch schon bei der Budgetdiskussion eine Herausforderung sein, und ich hoffe, dass wir in den nächsten Jahren in diesem Bereich auch etwas bewegen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


11.38.48

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ja, der Bundesrechnungsabschluss 2010 weist einen Abgang aus, aber die allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen erfordern diesen Abgang.

Positiv zu vermerken ist, dass das Defizit mit 7,8 Milliarden um 40 Prozent unter dem Voranschlag gelegen ist. Das zeigt, dass die Grundsätze der Sparsamkeit, der Wirt­schaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit von dieser Bundesregierung auch eingehalten worden sind. Die Zahlen zeigen, dass die Bundesregierung mit den Steuermitteln verantwortungsvoll umgeht.

Wenn man auf der Ausgabenseite sieht, dass für die Rubrik Arbeit, Soziales, Gesund­heit und Familie 33,2 Milliarden € ausgegeben werden und für die Rubrik Bildung, Forschung, Kunst und Kultur 11,54 Milliarden €, dann kann man durchaus sagen, dass Österreich ein Sozialstaat ist, dass sozial Schwache nicht alleingelassen werden und dass Bildung ein zentraler Schwerpunkt in der Arbeit dieser Bundesregierung ist.

Österreich steht im Vergleich sehr gut da: 3,48 Millionen Beschäftigte, noch nie so viele wie jetzt; die geringste Arbeitslosigkeit in Europa. Und Österreich ist auch ein gefragter Wirtschaftsstandort. Gut ausgebildete und ambitionierte Unternehmerinnen und Unter­nehmer, Mitarbeiter, Freiberufler und Bauern sind es, die diese Wirtschaft tragen  und dafür herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben aber auch ein vernünftiges Steuersystem. Ich glaube, mit Recht behaupten zu können, dass auch die Wertigkeit des Eigentums eine entscheidende Rolle für den Wirtschaftsstandort Österreich spielt. Und wir brauchen auch in der Zukunft eine konsequente Politik und gebührenden Schutz des Eigentums. Wir brauchen, wie ich meine, keine Besteuerung des Eigentums, sondern eine Wertschätzung desselben. Ich darf mich da auch dankend an die Frau Bundesministerin Fekter wenden, für ihre konsequente Politik für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, die da lautet: Nicht belasten, sondern entlasten. (Beifall bei der ÖVP.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


11.41.12

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staats­sekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Liebe Kollegen! Wenn wir heute hier den Regierungsparteien zuhören, die fast in Lobhudelei über den Bundesrechnungs­ab­schluss verfallen und ihn über den grünen Klee loben – Kollege Stummvoll mit leichten Einschränkungen –, dann muss ich sagen, wenn man die Zahlen von der einen Seite anschaut und meint, das Bundesrechnungsdefizit ist um 40 Prozent niedriger als veranschlagt – statt 13,1 Milliarden € sind es nur 5,3 Milliarden € –, so klingt das ja recht gut und recht einleuchtend, da hat man einen Grund zum Feiern.


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Wenn man es aber von der anderen Seite anschaut und sagt, Moment, das Defizit ist um 770 Millionen höher, 10,9 Prozent höher als 2009, das Staatsdefizit ist in Summe 4,64 Prozent, der Schuldenstand 72,26 Prozent, dann, so glaube ich, schaut die Welt schon ganz anders aus. Es ist, wie ich meine, nicht sinnvoll, diese Zahlen als Erfolg zu verkaufen, ohne Reformen zu setzen und mit dem Wissen, dass sie nur zustande gekommen sind, weil wir extrem niedrige Zinsen haben.

Wenn wir dann wissen, dass der Bundeskanzler schon Post von den Ratingagenturen bekommen hat, die sehr wohl unser Triple A in Frage stellen, dass die Oester­reichische Nationalbank schon Alarm schreit und wir Gefahr laufen, dass unsere Zinszahlungen für die Staatsschuld mit einem Schlag von 8 auf 12 Milliarden € steigen, wenn uns der Chef des Staatsschuldenausschusses Bernhard Felderer sagt, tun wir so weiter, dann laufen wir Gefahr, dass wir es nicht schaffen, dass wir zwei große Prob­leme haben, unsere Schuldenentwicklung auf der einen Seite und auf der anderen Seite den fehlenden politischen Willen, alles daranzusetzen, wieder unter 60 Prozent Staatsschulden zu kommen, dann meine ich, wenn wir uns dazu bekennen, dass wir solche Institutionen wie den Staatsschuldenausschuss brauchen und ihn einsetzen, dann sollten wir auch darauf reagieren, dann sollten wir auch mit Reformen darauf reagieren und auf die Ratschläge hören.

Ich kann Ihnen ein schönes Beispiel geben, Frau Ministerin, und zwar das Beispiel des Landes Kärnten. (Abg. Hornek: Oh je! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir haben erkannt, dass wir schlechte Zahlen haben, und auch darauf reagiert. Wir haben eine Pensionsreform umgesetzt, nicht zuletzt auf Druck des Rechnungshofes. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben einen Pragmatisierungsstopp verfügt. Wir haben bei der Verwaltung Refor­men gemacht. Wir haben die Abteilungen halbiert, einen selektiven Einstellungsstopp bei den Mitarbeitern durchgeführt und in Summe schon 200 Planstellen in der Hoheits­verwaltung eingespart und so den Personalaufwand von 260 Millionen auf 192 Millio­nen reduziert. Das, glaube ich, ist es: Man muss Reformen setzen. Man muss darauf reagieren und darf sich nicht nur über niedrige Zinsen freuen und so tun, als ob das die Leistung der Bundesregierung wäre.

Ich glaube, um es noch einmal abschließend zu sagen: Ein positives Budgetieren, ein vorsichtiges Budgetieren ist ganz wichtig, und das beruhigt ein bisschen. Das weiß ich auch als Bürgermeister. Niedrige Zinsen als Erfolg zu verkaufen, ohne selbst Reformen zu setzen, ist, wie ich meine, ein riesengroßer Fehler.

Wenn wir heute die Rede des Kollegen Haberzettl gehört haben, der sagt, das Pen­sionsantrittsalter liegt ohnehin schon bei 54 Jahren, dann sieht man, dass es höchste Zeit ist, Reformen zu setzen und wirklich die Strukturen zu verändern. (Beifall bei der FPÖ.)

11.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nun erteile ich dem Herrn Präsidenten des Rech­nungshofes Dr. Moser das Wort. – Bitte.

 


11.45.18

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Rechnungshof hat die Aufgabe, jährlich den Bundesrechnungsabschluss zu erstellen und dabei zu testieren, wie der Budgetvollzug gewesen ist, und dabei auch auf die Rahmenbedingungen hinzuweisen. Und diese Rahmenbedingungen zeigen, wenn man sich den Bundesrechnungsabschluss 2010 anschaut, dass Handlungs­be­


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darf gegeben ist, dass Strukturreformen angegangen werden müssen, will man die rechtlichen Vorgaben, die selbst gesetzten Vorgaben auch tatsächlich erfüllen.

Artikel 13 Abs. 2 der Bundesverfassung sieht vor, dass alle – Bund, Länder, Gemein­den – ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und nachhaltig geordnete Haus­halte anzustreben und gleichzeitig auch ihre Ziele im Hinblick darauf zu koordinieren haben.

Das Stabilitätsprogramm 2011 bis 2015, das Sie ja am 27. April 2011 beschlossen haben, sieht unter anderem – das wurde heute auch im Rahmen der Budgetrede der Frau Bundesministerin erwähnt – eine nachhaltige Budget- und Finanzpolitik, einen ausge­glichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus, eine gemeinsame Budgetver­antwortung der Gebietskörperschaften und gleichzeitig eine nachhaltige Budgetkon­solidierung vor.

Betrachtet man nunmehr die Daten, die im Bundesrechnungsabschluss beinhaltet sind, und berücksichtigt man gleichzeitig die Finanzkrise, so muss man darauf hinweisen, dass sich durch die Finanzkrise die budgetären Zahlen maßgeblich verschlechtert haben, dass aber auch bereits vor der Finanzkrise, nämlich in den Jahren 2006, 2007 bereits sichtbar war, dass Österreich eine Strukturreform benötigt.

Ich möchte daran erinnern, dass wir in den Jahren 2006, 2007 ein reales Wachstum von 3,7 Prozent gehabt haben, hervorragende Daten, was den Leistungsbilanzsaldo betrifft, die Arbeitslosenquote betrifft, die Zunahme der Zahl der unselbständig Be­schäftigten. Dessen ungeachtet haben wir es auch in den Jahren 2006 und 2007 nicht zustande gebracht, den Haushalt ausgeglichen zu budgetieren.

Mittlerweile hat sich durch die Finanzkrise eben diese Problematik verschärft. Dies hat dazu geführt, dass die Reformen nunmehr dringend angegangen werden müssen.

Wir hatten im Jahr 2010 bessere Konjunkturdaten, sie wurden auch für das Jahr 2011 in Aussicht gestellt. Dessen ungeachtet steigt das Defizit, dessen ungeachtet steigt der Schuldenstand.

Vergleicht man die Nettofinanzschulden des Jahres 2007 mit jenen des Jahres 2010, so sind sie um 29,4 Milliarden gestiegen. Es ist die staatliche Gesamtverschuldung um 40 Milliarden gestiegen, die Haftungen um 40 Milliarden. Die Haftungen allein betragen 129 Milliarden €, wie man aus dem Bundesrechnungsabschluss ersehen kann.

Allein in den Jahren 2009 und 2010 ist die staatliche Gesamtverschuldung um 14 Milliarden € gestiegen, die Nettofinanzschulden um 9 Milliarden €. Das heißt, es sind Maßnahmen erforderlich, auch wenn man die Budgetdaten, die Maastricht-Daten in Betracht zieht. Es wurde heute bereits mehrfach angesprochen, dass das Budgetdefizit 13,2 Milliarden € beträgt – das macht 4,6 Prozent des BIP aus – und die staatliche Finanzverschuldung bei 71,8 Prozent liegt.

Dabei muss im Hinblick auf die gesamtstaatliche Budgetverantwortung aber auch berücksichtigt werden, dass auch die Verschuldung der Länder sehr stark zuge­nommen hat, nämlich von 2006 auf 2010 von 8,5 Milliarden auf 16,4 Milliarden €, der Anteil an der Staatsverschuldung ist somit von 5,3 Prozent auf 8 Prozent gestiegen.

Betrachtet man die Gemeinden, dann sieht man, dass die Verschuldung auch da stark zugenommen hat, nämlich von 4,9 auf 8 Milliarden €, was gleichzeitig zeigt, dass die Gemeinden in einer sehr prekären Situation sind.

Das zeigt auch der Gemeindefinanzbericht des Jahres 2010 für das Jahr 2009, wo ein strukturelles Defizit für die Gemeinden in Höhe von 502 Millionen € ausgewiesen ist und gleichzeitig ausgewiesen ist, dass die freie Finanzspitze, die notwendig ist, um Investitionen durchzuführen, von noch plus 549 Millionen € im Jahr 2008 auf minus 7 Millionen € im Jahr 2009 gefallen ist und weiter fallen wird auf 260 Millionen € im


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Jahr 2010. Wie wichtig Reformen sind, zeigt auch, dass die Gemeinden allein im Bereich der sozialen Wohlfahrt eine Steigerung im Jahr 2009 von 8,8 Prozent gehabt haben und im Bereich der Gesundheit von 6,6 Prozent.

Aus dem Bundesrechnungsabschluss ergibt sich, dass wir dringend Strukturreformen benötigen, wollen wir genau das vorgesehene gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht, nachhaltig geordnete Haushalte und gleichzeitig auch eine nachhaltige Budgetkonsoli­dierung erreichen.

Das ist aber nicht nur ein Umstand, den der Rechnungshof alleine aufzeigt, sondern auch ein Umstand, den im Juni und Juli dieses Jahres der ECOFIN und gleichzeitig auch der IWF aufgezeigt haben, die darauf hingewiesen haben, dass Maßnahmen in Blickrichtung der Strukturreformen, in Blickrichtung Zusammenführung der Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung gesetzt werden müssen.

Die Zahlen des Budgetentwurfs 2012, auch unter Beachtung des Bundesfinanz­rah­mens, zeigen, dass, wenn man die Reformen nicht setzt, vergangenheitsbezogene Ausgaben zukunftsbezogene Ausgaben sozusagen auffressen.

Der Erfolg im Jahr 2010 verglichen mit den Plandaten für das Jahr 2015 zeigt, dass von den beabsichtigten 8,2 Milliarden € an Mehrausgaben rund 90 Prozent für Pen­sionen und Zinsen ausgegeben werden sollen. Dies würde dazu führen, dass wir im Jahr 2015 40 Prozent von den Gesamtausgaben für Pensionen und Zinsen ausge­geben werden, also 60 Prozent der Nettosteuereinnahmen dafür zu verwenden sein werden.

In den Jahren 2005 bis 2010 hatten wir bei den Pensionen und Zinsen noch ein Wachstum von 12,3 Prozent. Das war geringer als das BIP-Wachstum von 16,7 Pro­zent. Betrachten Sie die Jahre 2010 bis 2015, dann werden Sie sehen, es werden voraussichtlich Pensionen und Zinsen, so wie sie geplant sind, um 32,4 Prozent ansteigen, das BIP aber nur um 21,3 Prozent. Das heißt, wir haben in diesem Bereich Handlungsbedarf.

Wenn man den Bundesfinanzrahmen bis zum Jahr 2015 betrachtet, dann sieht man, dass – obwohl die letzten Jahre von der Finanzkrise beeinträchtigt waren, –, wenn man den Bundesfinanzrahmen hernimmt, vom Jahr 2010 bis 2015 eine Neuverschuldung von 53 Milliarden € geplant ist. Das ist um 5 Milliarden € höher, als die Verschuldung vom Jahr 2005 bis 2010 betragen hat, wo eben die Finanzkrise entsprechend mit hineingewirkt hat.

Dies zeigt auch, dass der ausgeglichene Haushalt über den Konjunkturzyklus schwer oder gar nicht zu erreichen sein wird, und auch die Vorgaben der Europäischen Kommission gehen von einem strukturellen Defizit von 0 bis 0,5 Prozent aus. Dies führt dazu, dass die akzeptable dauerhafte Neuverschuldung in den Jahren 2011 bis 2014 um 5 bis 9 Milliarden pro Jahr überschritten werden wird. Das strukturelle Defizit 2011 soll 2,8 Prozent und wird auch im Jahr 2014 nach wie vor 1,9 Prozent betragen.

Wir müssen also Hausaufgaben erledigen, um die Verwaltung effizienter zu machen und das Geld dorthin zu leiten, wo es benötigt wird, nämlich zum Bürger.

Wir haben Handlungsbedarf, und zwar Handlungsbedarf aufgrund von historischen Ursachen im Bereich der Bildung, im Bereich der Gesundheit, im Bereich des Rechnungswesens und auch im Bereich der Pensionen. Wir brauchen in diesem Fall auch ein Rechnungswesen, das aussagekräftig ist, ein Rechnungswesen, das uns die Möglichkeit gibt, gesamthaft über Bund, Länder und Gemeinden zu steuern. Das derzeitige Rechnungswesen der Länder und Gemeinden bietet diese Möglichkeit nicht. Wir haben keine getreue Darstellung des tatsächlichen Vermögensstandes oder der


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finanziellen Lage der Gebietskörperschaften, keine ausreichende Aussagekraft durch die Kameralistik und keine Vergleichbarkeit der einzelnen Abschlüsse.

Wir brauchen, um steuern zu können – auch bei Ländern und Gemeinden –, mehr Aussagekraft und Transparenz, indem die Vergleichbarkeit auch mit dem Bund in Blickrichtung Datengrundlagen, Kontierung und Verbuchungspraxis hergestellt wird. Wir brauchen eine Darstellung der wahren finanziellen Lage, auch unter Einbeziehung der Ergebnisse der ausgegliederten Einheiten. Wir brauchen eine Vollständigkeit des Rechnungswesens, in dem auch die Belastungen und künftige Finanzjahre – sprich Leasing, Sonderfinanzierungen und Wohnbauförderungen – mitausgewiesen werden.

Die Frau Bundesminister hat erwähnt, dass das Haushaltswesen, das Österreich beim Bund eingeführt hat, eine Benchmark für die EU ist. Aber leider ist diese Benchmark nicht ausreichend, um dies tatsächlich auch bei den Gebietskörperschaften in Öster­reich, bei Ländern und Gemeinden einzuführen, was aber notwendig wäre, will man tatsächlich gesamthaft steuern.

Dass das derzeit nur beschränkt möglich ist, zeigt auch die mittelfristige Planung, die wir derzeit haben, die auch, wenn man die Länder und den Bund hernimmt, sowohl vom Informationsgehalt, vom Zeitraum als auch von den Zielsetzungen nicht ausreichend ist, die voneinander abweicht. Wir haben keine durchgängige, rollierende Planung, keine inhaltliche Abstimmung, und die Mittelfristplanungen fließen in das Stabilitätsprogramm nicht mit ein. Die gesamthafte Steuerung, wie sie auch in der Bundesverfassung vorgesehen ist, ist also derzeit nicht ausreichend.

Was brauchen wir also? – Wir brauchen Planungsdokumente im Rahmen der jährlich rollierenden Fortschreibung und einen Planungshorizont, der sich mit dem Bundesfinanzrahmengesetz abstimmt und österreichweite Mindestanforderungen definiert, um gleichzeitig gebietskörperschaftsübergreifend jene Maßnahmen zu set­zen, die notwendig sind, um genau die Zielsetzungen, wie sie im Stabilitätsprogramm und in der Bundesverfassung vorgesehen sind, nämlich ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und nachhaltig geordnete Haushalte zu erreichen, was derzeit ohne Strukturreformen sicherlich nicht in ausreichendem Maß gewährleistet ist. – Ich danke. (Allgemeiner Beifall.)

11.55

11.55.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1449 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer den vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung unterstützt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

11.55.443. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1385 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und die Gewerbeord­nung 1994 geändert werden (1451 d.B.)


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4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1384 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Finanzprokuraturgesetz geändert wird (1452 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.56.06

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vorweg etwas Positives zu dieser Regierungsvorlage. Es war höchst an der Zeit und auch von uns immer wieder gefordert, eine Neuorientierung beziehungsweise eine Neuordnung des Berufsbildes der Wertpapiervermittler beziehungsweise Vermögensberater hier einmal anzudenken, das ist keine Frage, und vor allen Dingen auch eine Anpassung und eine Anhebung der Qualitätsstandards zu fordern.

Aber eine Frage erlaube ich mir in diesem Zusammenhang schon. Warum haben Sie vor zirka zwei Jahren, als Sie noch über eine Zweidrittelmehrheit verfügten, die Kammern in den Verfassungsrang gehoben? Ich glaube, Sie haben damit ausdrücken wollen, dass sie so unheimlich wichtig sind, auch für die Regierungsarbeit oder wie auch immer. Warum haben Sie das gemacht, wenn Sie dann auf die vielen Vorschläge der Berufsvertretungen und Interessenvertretungen in der Wirtschaftskammer so gut wie überhaupt nicht eingegangen sind?

Wir helfen Ihnen dabei, wenn Sie die Zweidrittelmehrheit brauchen, den Kammern den Verfassungsrang wieder abzuerkennen, denn wenn Sie ohnehin nicht auf die Kammern hören, wenn sie Ihnen schon so wichtig sind, dann frage ich mich, warum Sie dann auf die Hinweise der Wirtschaftskammer in diesem Bereich nicht eingehen. Und ich sage Ihnen auch, warum. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Sie haben mit dieser Richtlinie der Wertpapiervermittler eines erreicht: Es gibt jetzt 6 000 sogenannte Vermögensberater, die über die Wirtschaftskammer erfasst sind. Dadurch, dass Sie die Vorschläge der Wirtschaftskammer hier nicht berücksichtigen, sondern offensichtlich nur auf Zuruf der Banken hier reagiert haben, schaffen Sie nämlich eines: dass Sie das Berufsbild des Wertpapiervermittlers praktisch ausra­dieren. Sie wissen schon, dass der Wertpapiervermittler in Zukunft  (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie können sich dann zu Wort melden und hier dazu Stellung nehmen.

Sie können nicht verlangen, dass ein Wertpapiervermittler, der nur noch für drei Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig sein wird, in Zukunft auch nur annähernd in der Lage sein wird, den Beruf auszuüben, weil er nämlich das Haftungsdach nicht mehr hat. Und was Sie noch geschafft haben: Sie haben eine gravierende Schlech­terstellung der Versicherungsmakler und Versicherungsagenten im Vergleich zum Wertpapiervermittler erreicht.

Dazu bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Podgorschek, Themessl und weiterer Abgeordneter ein, der sich ausschließlich auf diesen Punkt bezieht, aber mehrere Paragraphen umfasst und aus diesem Grund auch verteilt wird. Ich werde ihn in seinen wesentlichen Punkten jetzt erläutern.

Sie haben damit jetzt erreicht, dass der Wertpapiervermittler zwar neue Qualitäts­standards und so weiter einführen darf, einführen muss, aber gleichzeitig Versicherun­gen verkaufen darf, und zwar nicht nur Versicherungen, die sich auf den Vermö­


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gensaufbau oder was immer beziehen – speziell Lebensversicherungen –, sondern auch alle Sachversicherungen. Im Gegenzug darf der Versicherungsvermittler bezie­hungsweise der -makler keine Vermögensberatungsprodukte verkaufen, außer er hat die zusätzliche fachliche Qualifikation. Umgekehrt ist das nicht der Fall. Und das verstehe ich nicht. Sie schützen jetzt dadurch die Banken. Und ich sage Ihnen auch, warum.

Jeder Angestellte am Schalter einer Bank ist in der Lage, sowohl Wertpapiere als auch Versicherungen zu verkaufen, obwohl er nicht die entsprechende Ausbildung hat. Das können Sie mir nicht erklären, dass alle Schalterangestellten der Banken in Österreich eine fundierte Ausbildung sowohl im Wertpapierbereich als auch im Versiche­rungs­bereich haben. Sie haben eine 08/15 Ausbildung, die Sie bei AWD-Mitarbeitern immer wieder kritisiert haben, und zwar zu Recht. Das machen aber die Banken nach wie vor. Den Versicherungsvermittler schaffen Sie praktisch ab, weil er nicht mehr in der Lage ist, wenn er nur für drei Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig sein darf, auch das entsprechende Haftungsdach zu bekommen, denn für Banken und Wertpapier­firmen darf er ja nicht tätig werden. Auf der anderen Seite stellen Sie aber den Versicherungsmakler und den Versicherungsagenten permanent schlechter.

Ich ersuche Sie aufgrund dessen, dieses Gesetz dahin gehend zu reparieren, dass Sie unseren Abänderungsantrag annehmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Der erwähnte Abänderungsantrag wurde verteilt und steht mit in Behandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Themessl und weiterer Abgeordneter

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3, Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1385 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (1451 d.B.), in der 124. Sitzung des Nationalrates am 19. Oktober 2011

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Bericht des Finanzausschusses (1451 d.B.) wird wie folgt geändert:

Im Artikel 2 (Änderung der Gewerbeordnung 1994) werden folgende Ziffern 3a., 3b., 5a., 8a., und 9a. eingefügt:

3a. § 136a Abs. 1 Z 2 lit. c lautet:

„c) Lebensversicherungen.“

3b. § 136a Abs. 2 lautet:

„(2) Bezüglich der Vermittlung von Lebensversicherungen unterliegt der Gewerbliche Vermögensberater den Bestimmungen der §§ 137 bis 138 und den sonstigen Bestimmungen betreffend Versicherungsvermittlung.“

5a. § 137f Abs. 4 lautet:

„(4) Gewerbetreibende, die das Recht zur Versicherungsvermittlung auf Grund einer Berechtigung zur Gewerblichen Vermögensberatung (§ 94 Z 75) besitzen, haben im Geschäftsverkehr und auf Papieren und Schriftstücken deutlich sichtbar im Kopf oder


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in der Fußzeile hinzuweisen, dass sie zur Versicherungsvermittlung bezüglich Lebensversicherungen berechtigt sind. Erfolgt die Tätigkeit ausschließlich in der in Abs. 2 oder in Abs. 3 genannten Form, hat der Hinweis sinngemäß Abs. 2 oder Abs. 3 zu berücksichtigen.“

8a. § 365a Abs. 1 Z 13 lautet:

„13. einen Hinweis, ob das Gewerbe der Versicherungsvermittlung in der Form “Versicherungsagent” oder in der Form “Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten” ausgeübt wird; wird das Gewerbe in beiden Formen ausgeübt, entfällt ein solcher Hinweis; bei Gewerblichen Vermögensberatern, sofern die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung nicht durch den Gewerbeumfang ausge­schlossen ist, dass Versicherungsvermittlung bezüglich Lebensversicherungen zuläs­sig ist sowie bei Gewerbetreibenden, die die Versicherungsvermittlung als Neben­gewerbe angemeldet haben, den Vermerk “Nebengewerbe”; wird die Versicherungs­vermittlung ausschließlich in einer der genannten Formen ausgeübt, auch in welcher Form,“

9a. § 365b Abs. 1 Z 10 lautet:

„10. einen Hinweis, ob das Gewerbe der Versicherungsvermittlung in der Form “Versicherungsagent” oder in der Form “Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten” ausgeübt wird; wird das Gewerbe in beiden Formen ausgeübt, entfällt ein solcher Hinweis; bei Gewerblichen Vermögensberatern, sofern die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung nicht durch den Gewerbeumfang ausge­schlossen ist, dass Versicherungsvermittlung bezüglich Lebensversicherungen zuläs­sig ist sowie bei Gewerbetreibenden, die die Versicherungsvermittlung als Neben­gewerbe angemeldet haben, den Vermerk “Nebengewerbe”; wird die Versicherungs­vermittlung ausschließlich in einer der genannten Formen ausgeübt, auch in welcher Form,“

Begründung

Durch die Streichung des § 138 Abs. 4 GewO wird den Versicherungsvermittlern (Makler & Agenten) der Gewerbeumfang beschnitten. Da davon auszugehen ist, dass es in Folge auch zur Trennung von Finanz- und Versicherungsprodukten kommt, wird mit der Streichung der Unfallversicherung ein sinnvoller Schritt (Vermögensberater) gesetzt.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


12.00.30

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanz­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erfreuliche an dem vorliegenden Gesetzespaket möchte ich zuerst hervorheben: Es geht zurück auf eine Initiative dieses Hauses. Wir haben ja hier im Dezember 2008 einen gemeinsamen Entschließungsantrag gemacht – damals war Peter Pilz auch sehr aktiv und engagiert tätig; das möchte ich besonders hervorstreichen. Wir haben damals gesagt, im Hinblick auf die große Finanzkrise, die damals an ihrem Höhepunkt war, im Hinblick auf den Vertrauensverlust und die Irritation, die bei vielen Anlegern vorhanden waren, müssten wir eigentlich den ganzen Komplex der Anlageberatungsberufe umfassend refor­mieren, und wir haben in die Entschließung hineingeschrieben, insbesondere ist das


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Berufsbild der sogenannten Finanzdienstleistungsassistenten, wie sie damals ge­heißen haben, zu prüfen und allenfalls sogar abzuschaffen.

Wir haben dann im August 2009 den Zwischenbericht der beiden Ressorts, Finanzen und Wirtschaft, bekommen. Daraufhin hat es zwei Jahre lang intensive Verhandlungen zwischen allen Beteiligten, auch mit den Betroffenen, gegeben. Herr Kollege Themessl, Sie können mir als ehemaligem Generalsekretär der Wirtschaftskammer glauben, dass ich mich wirklich immer wieder erkundigt habe: Was sagt die Wirtschaft dazu? – Die Wirtschaft sagt: Mit dem, was hier gelungen ist, können wir leben!, auch wenn natürlich nicht für alle Untergruppen alles befriedigend geregelt wurde. Aber ein Interessen­ausgleich ist eben immer sehr schwierig. Da kann sich jede Gruppe durchsetzen, wenn es einen Interessenausgleich gibt. Und es ist eine Hauptfunktion einer Wirtschafts­kammer, dass sie einen Interessenausgleich von verschiedenen Gruppierungen durchführt.

Die Versicherungsvermittler waren auch bei mir, ich habe bei der Wirtschaftskammer rückgefragt und sie hat gesagt: Das Gesamtpaket steht! Der einzige wirklich wichtige Wunsch der Wirtschaftskammer, der nicht berücksichtigt wurde – das tut auch mir leid –, war, dass sie gerne statt der Solidarhaftung der Unternehmen eine Haft­pflichtversicherung gehabt hätten, was von der Schadenswiedergutmachung eigentlich gleichbedeutend gewesen wäre. Aber es hat sich damals der Sozial- und Konsu­mentenschutzminister dagegen ausgesprochen. Also es gilt das Gesamtpaket! Und, ehrlich gesagt, hätte man, wenn nach zwei Jahren so ein Gesamtpaket auf dem Tisch gelegen wäre, es dann wieder aufgeschnürt? Dann hätte es wahrscheinlich wieder zwei Jahre gedauert, bis es zu einer Einigung gekommen wäre. Ich darf dazusagen, dass im Finanzausschuss ohnehin kritisiert wurde, dass es so lange gedauert hat, bis das vorlag.

Es wurde zweitens kritisiert – auch das möchte ich ganz objektiv sagen –, dass wir mit dem, was hier vorliegt, zwar das Berufsbild des Wertpapiervermittlers als reglemen­tiertes Gewerbe mit Befähigungsnachweis, mit Ausbildungsvorschriften, mit Weiter­bildungsvorschriften festlegen, dass aber andere Bereiche davon noch nicht erfasst sind, weil durch das Wort „insbesondere“ natürlich das alles fokussiert wurde auf diesen Bereich der – so heißt es jetzt – Wertpapiervermittler. Ich habe daher zugesagt, mit den Fraktionen – wir haben uns gerade geeinigt –, mit den Fraktionsführern morgen noch ein Gespräch zu führen, was an sonstigen Themen noch zu regeln wäre. Die Frau Finanzministerin – ich bedanke mich sehr bei ihr – hat auch zugesagt, dass ein Experte ihres Kabinetts dabei sein wird, damit wir hier, falls wir uns darauf einigen können, noch einen weiteren Schritt setzen.

In diesem Sinne freue ich mich, dass wir heute eine Initiative des Parlaments hier verabschieden können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


12.03.43

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Kolleginnen und Kollegen! Da ich zur Sache sprechen werde (Ruf bei der ÖVP: Das erste Mal! Das ist eine Premiere!) und durchaus einiges aus dem Blickwinkel der Opposition beleuchten werde, rechne ich mit einem Ordnungsruf. Aber das nur ganz am Rande. Über das werden wir uns noch gesondert unterhalten müssen.

Jetzt zum Thema selbst. Kollege Stummvoll hat mit Recht darauf hingewiesen, dass das damals eine gemeinsame Initiative von, glaube ich, allen Fraktionen war. Wir


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haben das im Ausschuss diskutiert. Die sehr kurze Entschließung des Nationalrates vom 10. Dezember 2008 lautet:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem das System der Anlageberatungsberufe umfassend reformiert wird, wobei insbesondere das Berufsbild des Finanzdienstleistungsassistenten ... zu prüfen ist, was allenfalls bis zur Streichung führen kann.“

Jetzt hat sich im Ausschuss herausgestellt, dass die Finanzministerin unter den beiden Begriffen „umfassend“ und „insbesondere“ etwas völlig anderes versteht als die Abge­ordneten dieses Hauses und der Meinung ist, „insbesondere“ ist gleich „umfassend“ und deshalb sei nur der Finanzdienstleistungsassistent zu regeln gewesen. Das war ein folgenschwerer Irrtum, denn jetzt haben wir eine kleine, sinnvolle Reform eines durchaus wichtigen Details, aber das große Problem besteht nach wie vor.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es wirkliche Leseprobleme, Ent­schließungsantrags-Leseprobleme im Bundesministerium für Finanzen (Abg. Dr. Bartenstein: Na, na, na! Wer wird denn?) – das ist dann eine Frage der Ausbildung –, oder es gibt ein gewisses Interesse dahinter. Lassen Sie mich dazu nur eine Überlegung anstellen. – Kollege Bartenstein ist da sicherlich berufen, das aus der Sicht eines ähnlich lesefreudigen Ministeriums zu kommentieren. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Wir reden heute schon noch um Mitternacht.

Lassen Sie mich nur eine Überlegung anstellen: Stellen Sie sich einmal vor, es wäre nicht um kleine Sparer und kleine Anleger und Anlegerinnen gegangen, sondern um die größten Spekulanten dieses Kontinents oder darüber hinaus und um die bedeu­tendsten Manager nicht nur der ÖVP nahestehender Banken. Na, da hätten wir nicht erst jetzt, sondern schon vor Jahren ein Rettungspaket, ein Garantiepaket, ein Schutz­paket, eine Gesetzesänderung gehabt, dass nie wieder ein Bankmanager von Armut bedroht werden darf. (Abg. Mag. Stadler: Mit grüner Zustimmung! Aber mit grüner Zustimmung!) Das wäre doch alles schon längst auf dem Tisch!

Frau Finanzministerin! Mich interessiert vor allem eines: Warum werden unter Ihrer Ministerschaft so ganz augenfällig die großen Spekulanten und die Verursacher der Krise mit allen Mitteln geschützt, und um die kleinen Anleger und Anlegerinnen, die Opfer dieser Entwicklung geworden sind und zum Teil ihr Eigenheim, ihr gesamtes Erspartes verloren haben, kümmern Sie sich nur am Rande und sind sogar nicht einmal in der Lage, eine Entschließung des Nationalrates richtig zu lesen? (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die große Frage: Warum sind Ihnen die Kleinen wurscht und interessieren Sie nur die obersten zwei Prozent dieser Republik? – Das ist der Punkt, um den es geht! Und das ist für mich der wichtigste Grund, warum ich das durchaus positiv aufgreife, wenn Herr Abgeordneter Stummvoll als Vorsitzender des Finanzausschusses zu einer weiteren Gesprächsrunde einlädt. Was die Ministerin nicht macht, vielleicht nicht willens ist, vielleicht nicht in der Lage ist zu machen, das – und das halte ich für durch­aus vernünftig, ich würde mir das auch in der Bildungspolitik oder in der Sicher­heitspolitik wünschen – zieht der Nationalrat an sich und versucht, hier etwas Besseres zu schaffen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pilz – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz, in Richtung des Präsidenten –: Kein Ordnungsruf? Was ist los? Ich fühle mich ungerecht behandelt!)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 74

12.07.57

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Pilz, es ist schon im Ausschuss zugesagt worden, dass die Regierungsfraktionen hinsichtlich dieses Themas „Umfassende Reform des Systems der Anlageberatungsberufe“ gesprächsbereit sind, und die Frau Bundesministerin hat diese Gesprächsbereitschaft ebenfalls bestätigt. Also es ist zwar schön, wenn Sie das hier noch einmal dokumentieren, aber es erübrigt sich eigentlich, weil diese Bestätigung von allen maßgeblichen Stellen vorhanden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel unseres damaligen All-Parteien-Ent­schließungsantrages – wo also auch die FPÖ dabei war – war eben insbesondere die Reform des Berufsbildes des Finanzdienstleistungsassistenten, bis hin zur Streichung des entsprechenden Paragraphen in der Gewerbeordnung. Die Ziele waren ganz klar: Es sollte wieder mehr Vertrauen geschaffen werden, mit mehr Rechtssicherheit für den Kunden, mit der Verbesserung der Beratungsqualität für die Kundinnen und Kunden, aber auch mehr Verantwortung der Konzessionsträgerinnen und -träger – das ist ja heute schon von mehreren Seiten angesprochen worden –, wo sich eben der Konsumentenschutz als wesentlicher Faktor herauskristallisiert hat. Ebenfalls gegeben ist mehr Effizienz der Aufsicht.

Das heißt, wir haben also alle miteinander das hier gewollt, und ich wundere mich, wenn jetzt auf einmal anderen Töne da sind. Frau Bundesministerin, wir haben auch angemerkt, dass auch wir ein bisschen einen Wertmutstropfen in den drei Wert­papierfirmen beziehungsweise Dienstleistungsunternehmen sehen, weil wir da durch­aus auch Haftungsprobleme orten könnten. Aber das ist nun einmal der Kompromiss gewesen, den wir gefunden haben.

Überrascht bin ich über den Abänderungsantrag der FPÖ, und zwar vor allem deshalb, weil wir alle einen Brief vom Interessenverband der österreichischen Versicherungs­agenten bekommen haben, in dem sie auf ihre Bedenken hinsichtlich der Streichung des § 138 Abs. 4 der Gewerbeordnung aufmerksam machen. Aber in Zeiten, in denen man von Korruption redet, in denen man von Dingen redet, wo man sich fragt, warum Abgeordnete welche Gesetzesänderungen wollen, bin ich sehr verwundert, wenn dann diese Interessenvertretung schreibt – ich zitiere –:

Wir ersuchen daher, wenn von einem Abgeordneten ein entsprechender Antrag im Plenum eingebracht wird, diesen zu unterstützen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren, ich halte das für eine Vermessenheit! Wenn diese Versicherungsagenten ein Anliegen haben, dann sollen sie sich an uns alle wenden und nicht bei einer Partei Unterschlupf finden, denn: Mit welcher Begründung und mit welchen Vorteilen bringen Sie nun diesen Antrag ein? – Das ist schon eine Frage, die wir uns hier stellen müssen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und Dr. Rosenkranz: Wo leben Sie? – Abg. Dr. Fichtenbauer: Die DDR ist abgeschafft! Wir sind freie Abgeordnete! – Was haben Sie für Vorstellungen?)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. – Bitte.

 


12.10.58

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Abgeordnete Silhavy, das ist schon sehr merkwürdig, was Sie da heute abgeliefert haben, denn: Wenn das Ihre Ansicht ist, dass sich Bürger und Interessenvertretungen nicht mehr an Abgeordnete wenden sollen (Abg. Silhavy: O ja! Aber an alle!), die dann auch Initiativen umsetzen, dann sollten Sie das Haus verlassen, Frau Silhavy (Abg. Grosz: Jawohl, das Haus


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verlassen!), denn dann haben Sie den Begriff des Abgeordneten nicht verstanden. Also das ist schon bemerkenswert.

Das ist ein Wunsch, der herangetragen worden ist an Abgeordnete, der inhaltlich vollkommen korrekt ist, den wir übrigens auch unterstützen, Kollegen – wir werden den Abänderungsantrag natürlich mittragen, weil er sinnvoll ist. Was Sie da schon wieder vermuten! Sie bringen das mit Korruption in Verbindung?! Ich meine, das ist ja so was Absurdes! Fragen Sie einmal Ihre ÖBB-Lobbyisten und Gewerkschafter, was Lobby­ismus heißt, die werden Ihnen das erklären können! Aber nicht, wenn die Versicherungswirtschaft auf einen Fehler aufmerksam macht. Das ist ja eigentlich wirklich unglaublich und daher auch zurückzuweisen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Frau Silhavy, wir sind aber in der Sache auch der Meinung, dass es ein erster Schritt, ein erster richtiger Schritt ist, jetzt zu reagieren – und es ist ja reagiert worden, mit der Entschließung aller Parteien. Jetzt kann man sagen, es ist immer zu wenig, wie es der Kollege Pilz macht. Das kann man sagen, aber man kann auch die andere Seite der Medaille sehen: dass es ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, nämlich den bisherigen Finanzdienstleistungsassistenten zu reformieren, der fern jeglicher Kontrolle gearbeitet hat – ungefähr 6 000 in Österreich – und wo wir ja alle gesehen haben, was herausgekommen ist: Frustrierte, Geschädigte, Zigtausende Veranlager, die ihr Geld nie mehr wieder gesehen haben.

Dass hier reagiert werden muss, ist auch klar, und daher ist die jetzige erste Reform, der erste richtige Schritt in Richtung Wertpapiervermittler natürlich richtig, weil es ein reglementiertes Gewerbe wird mit einem klaren Berufsbild, auch mit einer zumindest gewissen Art von Kontrolle, mit einer Ausbildung und mit einem Befähigungsnachweis und vor allem mit einer Rechtssicherheit für Kunden, für Anleger. Ich glaube, dass das auch ganz wichtig ist, das darf man nicht vergessen. Das heißt, für den Konzes­sionsträger, der letztlich solch eine Konzession bekommt, besteht auch eine ganz bestimmte Verantwortung.

Noch einmal: Es ist noch nicht das Gelbe vom Ei. Man kann das noch schärfer machen. Man muss aber auch aufpassen, dass man nicht einen ganzen Berufsstand kriminalisiert und gleich abschafft. Da habe ich ein bisschen den Eindruck, dass das auch die Grünen wollen. Das kam ja am Anfang so durch: Man soll solche Vermittler überhaupt abschaffen. – Das halte ich für einen Unsinn, weil es auch viele gibt, die das sehr gewissenhaft, richtig und gut machen. Alle in einen Topf zu werfen, wäre hier völlig verfehlt. Und was würde außerdem passieren, wenn man das abschaffen würde? Dann würde natürlich der Zug in die Illegalität, in den sogenannten „grauen“ Kapital­markt ganz, ganz groß werden. Es würde weiter auf Biegen und Brechen vermittelt werden, aber frage nicht, welche Produkte und welche Sicherheit dann der Kunde hätte!

Das heißt, wir stimmen heute dieser Vorlage zu, erwarten uns aber auch, Frau Minis­terin und Herr Vorsitzender des Finanzausschusses, dass es weitere Gespräche gibt, wie man immer wieder anhand auch der aktuellen Beispiele Verbesserungen anbringen kann. (Beifall beim BZÖ.)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


12.14.06

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Das wichtigste Ergebnis zu diesem Gesetz ist relativ eindeutig: Es werden eine qualitative Verbesserung in der Anlageberatung, mehr Rechtssicherheit für Kunden, mehr Verantwortung für den Konzessionsträger und


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eine wesentlich effizientere Aufsicht erreicht. Und das ist der entscheidende Punkt! Bisher war es durchaus zum Teil schon so, dass manche dieser Finanzdienstleister bei vielen Kunden relativ viele dramatische Verluste generiert haben; das sollte man auch ganz deutlichmachen.

Erinnern wir uns doch ein wenig zurück an die „Beratungsqualität“! – Die war in vielen Bereichen nicht gerade optimal, wie man sehen konnte, wenn man sich angesehen hat, was da alles angeboten wurde. Man hat ja gemeint, gerade im Bereich der Fremdwährungskredite müsste man geradezu massiv unterwegs sein. Die Ergebnisse mit zum Teil dramatischen Folgen kennen viele privaten Haushalte. Daher ist es wichtig, auch zu wissen, dass die Verantwortung der eigenen Bereiche ein bisschen näher beleuchtet wird – denn in der Finanzbranche gibt es keine Geschenke, und jeder Kunde ist gut beraten, wenn hohe Renditen versprochen werden, nicht nur einmal, sondern fünf Mal hinzusehen. Denn: Man kann nicht etwas versprechen, was nicht erwirtschaftbar ist. Da muss man schon ein bisschen genauer schauen. Wenn Renditen von fünf und mehr Prozent versprochen werden, das ist wunderbar, das haben auch manche Banken in Österreich so gemacht – Stichwort Kommunalkredit: Sparkassen unterboten, Raiffeisenbanken unterboten, dafür hat man dann spekuliert –; was herausgekommen ist, sieht man ja.

Das Gleiche gilt auch für die Finanzdienstleister. Für mich ist es wichtig, dass in Hinkunft auch die Finanzmarktaufsicht hier einen wesentlich schärferen Blick darauf hat, eine wesentlich bessere Prüfung vornimmt und wesentlich genauer hinsieht. (Beifall bei der ÖVP.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


12.16.13

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Nur ergänzend zur Bemerkung der Frau Kollegin Silhavy:

Ich darf darauf hinweisen – es gab viele Feste –: Der Mauerfall war 1989. Dann ist die DDR abgeschafft worden. Ihre vielleicht geistigen Verwandten, die SED, gibt es nicht mehr. Ich empfehle den Besuch einer Volkshochschule über Verfassungsrecht – ganz einfach. Da lernt man: freies Mandat, frei gewählter Abgeordneter; jeder Bürger Öster­reichs – klein, groß, alt, dick, dünn – kann sich an jeden Abgeordneten mit den berechtigten Anliegen wenden. Das haben Sie hier nicht zu kritisieren! Das ist eine Ungeheuerlichkeit! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Zweiter Punkt: Ich spreche über die Regierungsvorlage betreffend Änderung des Finanz­prokuraturgesetzes. Erstens: Ich halte fest, der Präsident Peschorn ist ein hervorragender Mann. Er wäre als Sektionschef oder als frei tätiger Rechtsanwalt hervorragend geeignet. Das ist aber eine verwandte Geschichte der Gesamtbetrach­tung von der Metaebene, und ich verhehle nicht, dass ich hier das wiederhole, was ich schon im Jahr 2008 gesagt habe: Die Finanzprokuratur ist die überflüssigste Behörde Österreichs, ist abzuschaffen! Keiner soll mehr das Wort „Verwaltungsreform“ in den Mund nehmen, solange diese Behörde mit rund 100 Menschen weiter besteht. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Sie ist ein Anachronismus. Ich glaube, es gibt nur in Frankreich noch so eine ähnliche Behörde. Wir haben ja immer die Bundesrepublik Deutschland als Vorbild für alles und jedes, zuletzt auch für die gewünschte Abschaffung der Wehrpflicht und so weiter und so fort. Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Bundesrepublik Deutschland! Da können


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Sie lernen, dass es hervorragend geht: Der Bund und die Länder werden dort von Rechtsanwälten, die das normale Honorar verrechnen und dafür Steuer zahlen – das sollte Sie interessieren – vertreten. (Staatssekretär Mag. Schieder: Das kostet aber viel mehr!) Das kostet überhaupt nicht viel mehr! Nein, das ist unmöglich errechenbar. (Abg. Mag. Stadler: Das ist billiger! Billiger! Selbstverständlich!) Jeder einfache Volks­wirt rechnet Ihnen vor, dass der Zukauf von Leistungen, die man nicht permanent braucht, auf jeden Fall billiger ist als das Unterhalten einer permanenten Einrichtung. Das weiß jedes Kind in Österreich (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ganze wird noch dadurch getoppt, dass ungeheuerliche Auslassungen durch die Prokuratur hingenommen werden müssen, die zur Opferverhöhnung ausarten. Ein achtjähriges Kind, misshandelt durch den Schuldirektor in Oberösterreich, wird als Betriebsunfall dargestellt – so quasi: Das Kind hat das selber verschuldet, es soll ruhig sein, hat keinen Anspruch! Dann gibt es ungeheuerliche Mobbing-Vorgänge im Bereich des Landes Niederösterreich, des Landeschulrates. Es gibt den Fall Dr. Hrubesch und den Fall Dr. Evelyn Mayer, wo in der Klagebeantwortung Auslassungen dargeboten werden, dass es sich bei Menschen um zerbrechliche Wesen handelt, welche oftmals eine genaue Feinabstimmung benötigen und bei welchen bloß geringe Veränderungen in dieser Feinabstimmung zu einem medizinischen und gesundheitlichen Absturz führen können.

Der Beamte, der mehr Geld bekommen soll, heißt Dr. Ziehensack. Solche Leute wer­den als Beamte mit erhöhtem Geldaufwand durchgefüttert. Diese Herrschaften sollen schauen, wo sie bleiben, jedenfalls nicht in der Finanzprokuratur! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Die Finanzprokuratur liefert mit solch gerichtlichen Gustostücken den Beweis dafür, dass sie abzuschaffen ist. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

12.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


12.20.23

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Finanzministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätztes Hohes Haus! Mit dieser Änderung des Wertpapieraufsichtsgesetzes und der Gewerbeordnung ist, glaube ich – das ist hier auch schon angeführt worden –, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt worden, wenngleich auch ein Schritt, der nicht allumfassend ist, weshalb es gilt, noch weitere Schritte zu machen.

Besonders bemerkenswert und auch hervorzuheben ist für mich, dass die strengeren Bestimmungen, sprich die Aufsichtsbestimmungen, die Haftungsbestimmungen der Solidarhaftung, die Ausbildungsbestimmungen, ein wesentlicher Punkt sind, um mehr Sicherheit und Qualität von den Wertvermittlern zu fordern.

Durch die strengeren Kriterien – auch das ist wesentlich, hervorzuheben – bekommt auch der Konsument bessere Chancen. Er hat zum Beispiel mehr Transparenz bei Abschluss des Wertpapiergeschäftes, mehr Sicherheit auch durch die Solidarhaftung der Wertpapierfirmen und Wertpapierunternehmungen, und er darf aufgrund der Ausbildungsbestimmungen auf wirklich fachgerechte Beratung vertrauen.

Ich bin davon überzeugt, geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses, dass mit dieser Gesetzesänderung das Vertrauen der Anleger in diesen so sensiblen Finanz­dienstleistungsbereich wieder gestärkt werden kann. Vertrauen ist die Grundlage jedes Handelns. Wie schon gesagt: ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, dem weitere Schritte folgen müssen.

Ich möchte auch noch auf die Aussage des Kollegen Themessl eingehen, der quasi immer den Verfassungsrang der Kammern kritisiert und sich dagegen ausgesprochen


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hat. Gerade die letzten paar Tage haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass es Sozialpartner gibt, wie wichtig es ist, dass die Sozialpartnerschaft im guten Konnex lebt. Die Abschlüsse der Metaller und der Sozialpartner haben gezeigt, was machbar ist für dieses Land. (Abg. Themessl: Warum haben Sie in diesem Punkt nicht darauf reagiert?)

Die Änderung des Finanzprokuraturgesetzes aus dem Jahr 2008 ist schon längst fällig. Es wird nun für jenen Dienst, der verpflichtet ist, innerhalb von fünf Jahren gewisse Prüfungen abzulegen, ein neues Gehalts- und Besoldungsschema aufgestellt. Ich denke, auch beim Bund sind faire und gerechte Löhne wichtig.

Von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön der Finanzprokuratur! Sie leistet entgegen Ihren Aussagen gute Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


12.23.14

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu meinem Vorredner: Die Finanzprokuratur leistet keine gute Arbeit, deshalb fordern wir auch heute deren Abschaffung. Ich bringe dann auch noch ein konkretes Beispiel für deren ineffiziente Arbeit.

Der Gesetzentwurf, der hier heute zur Abstimmung kommt, bewirkt weitere Kosten im Verwaltungsapparat für den Steuerzahler von über 400 000 € pro Jahr. Das BZÖ sagt: Genug gezahlt! (Beifall beim BZÖ.) Wir sind nicht bereit, zusätzlich 400 000 € Steuer­geld für eine Behörde aufzuwenden, die völlig sinnlos, nutzlos ist und auch sehr verant­wortungslos agiert, meine Damen und Herren! Die Finanzprokuratur gehört genauso abgeschafft, wie die Burghauptmannschaft abgeschafft gehört. Ebenso wie wir die Bergbaubehörde vor einiger Zeit abgeschafft haben, ist auch die Finanzprokuratur abzuschaffen.

Kommen wir auf ein aktuelles Beispiel zu sprechen; Herr Peschorn, der große Detektiv und Sherlock Holmes in der Causa Hypo Alpe-Adria, ist ja heute hier unter uns! Was hat er denn zustande gebracht, meine Damen und Herren? Was hat er bis heute über diese CSI Hypo zustande gebracht? (Bundesministerin Dr. Fekter: 54 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft!) – Keine Verurteilung, Frau Finanzministerin, keine Ergeb­nisse. Das Einzige, das er erreicht hat, sind Kosten von über 20 Millionen € für den österreichischen Steuerzahler. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Das ist das Ergebnis der Arbeit der Finanzprokuratur. – Das können wir im Sinne der Steuerzahler nicht akzeptieren. Daher fordern wir auch die Abschaffung und die Einstellung dieser völlig sinnlosen CSI Hypo, die als einzige Aufgabe hat, das Bundesland und Organe des Bundeslandes Kärnten wider besseres Wissen zu kriminalisieren, was sogar strafrechtliche Relevanz hat. (Abg. Grosz: Um die schwarze Spur zu verwischen!)

Ich bringe ein Beispiel. (Abg. Mag. Ikrath: Wer ist verantwortlich? – Zwischen­bemer­kung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Frau Finanzministerin Fekter will ein Beispiel, ich habe eines.

Herr Präsident Peschorn hat am 6. Jänner 2011 als Präsident der Finanzprokuratur in einem APA-Interview Anzeigen gegen Verdächtige in der Causa Hypo Alpe-Adria wegen Geldwäsche angekündigt. Es ist um einen Koffer mit 3 Millionen € – schönes Bild – gegangen, und Peschorn hat herumphilosophiert, was mit diesem 3-Millionen-€-Koffer passiert ist. Er hat einen Zusammenhang hergestellt mit der Causa Gri­bkowsky/Ecclestone, Formel 1 und hat gesagt, das sei alles sehr auffällig, das seien hoch interessante Zufälligkeiten, die – Zitat – „sehr seltsam“ sind, das müsse man sich


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anschauen. „Natürlich besteht der Verdacht der Geldwäsche gegen unbekannt.“ Daher würden sie das auch zur Anzeige bringen.

Was ist in Wirklichkeit geschehen? – Diese Aussage – das hat mittlerweile auch der „Kurier“ aufgedeckt, meine Damen und Herren – des Präsidenten der Finanzprokuratur am 6. Jänner 2011 widerspricht den eigenen Unterlagen, die Sie gehabt haben. Sie haben nämlich von Anfang an gewusst, wer der Besitzer dieses 3-Millionen-€-Koffers ist. Sie haben von Anfang an gewusst, dass das ein korrekter Geldtransfer ist. Sie haben gewusst, dass Herr Glock der Kunde ist. Sie haben gewusst, dass alles sauber abgelaufen ist, und haben trotzdem Organe der Bank wider besseres Wissen krimi­nalisiert. – Das ist kreditschädigend, das ist strafrechtlich relevant, und dafür werden Sie sich auch noch vor Gericht verantworten müssen, Herr Präsident Peschorn.

Dafür haben wir kein Steuergeld! Es kann nicht sein, dass wir die Kriminalisie­rungsversuche des Bundeslandes Kärnten über den Steuerzahler finanzieren. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Es ist eine Sauerei, was hier gemacht worden ist. Weitere 20 Millionen € Kosten, ohne Ergebnisse zu erzielen – völlig inakzeptabel, ineffizient! (Beifall beim BZÖ.)

Diese Finanzprokuratur ist an Nutzlosigkeit und Erfolglosigkeit nicht zu überbieten, meine Damen und Herren! Es gibt einen schönen Slogan einer großen öster­reichischen Elektrofachmarktkette, der da lautet: „Weg mit dem Dreck!“ – Das trifft auch auf die Finanzprokuratur zu. (Beifall beim BZÖ. – Rufe bei der ÖVP: Oi, oi, oi!)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


12.27.20

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Es ist ungeheuerlich, Kolleginnen und Kollegen, dass jemand wie Herr Abgeordneter Petzner, ein politisch Mitver­antwortlicher für das Milliardendesaster der Hypo Alpe-Adria, das die Steuerzahler Milliarden kostet (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen), heute „Haltet den Dieb!“ ruft und so versucht, vom eigenen eklatanten Versagen, das die Steuerzahler unendlich viel Geld kostet, abzulenken, und dann kritisiert, dass für die Finanzprokuratur, also für die „Polizei“, die jetzt dort aufräumt, auch eine entsprechende Maßnahme im Gehalts­schema getroffen werden soll. Das ist ungeheuerlich und absurd. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Anmerkung zu Kollegem Fichtenbauer: Wir orientieren uns nicht an Deutsch­land, sondern an den Bedürfnissen unserer Bürger, wenn wir derartige Gesetze im österreichischen Parlament beschließen. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Dass die FPÖ sich kulturhistorisch sehr oft an Deutschland orientiert, ist ihre Sache. Aber das jetzt uns zu unterstellen, das ist – bitte mir nicht böse zu sein – wirklich nicht bona fide. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zweitens: Dass dein Berufsstand (in Richtung des Abg. Dr. Fichtenbauer) an der Auslagerung dieser Aufgaben Interesse hat, das ist verständlich und auch legitim, aber es sollte unter deiner Würde sein, deswegen als Gesetzgeber das Stimmverhalten danach auszurichten. Bitte überleg es dir noch einmal! Es geht um Bedürfnisse unserer Bürger, und es geht um eine Gesetzgebung, die nicht berufsständischer Natur sein soll.

Eine weitere Anmerkung, und damit auch schon wieder zum Schluss kommend: Wir haben bereits im Jahr 2008 im Finanzausschuss verlangt, dass man der Ausbil­dungsqualität der Beamten der Finanzprokuratur durch ein entsprechendes Gehalts­schema Rechnung tragen soll, damit gute Leute beschäftigt werden können, wenn möglich die besten. Gerade wegen Fällen wie der Hypo Alpe-Adria benötigen wir diese


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auch. Wir waren uns einig, dass wir das regeln beziehungsweise die Bundesregierung damit beauftragen wollen.

Das ist jetzt geschehen, und ich möchte das ausdrücklich anerkennen. Wir werden diesem Gesetzesvorschlag selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Petzner hat sich zu einer tat­sächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Hornek: Ich heiße nicht Petzner!)

 


12.29.45

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Ikrath hat hier zwei Mal behauptet, ich würde zu den Verantwortlichen, auch politisch Mitverantwortlichen für die Pleite der Hypo Alpe-Adria-Bank in Kärnten gehören.

Ich stelle richtig: Ich gehöre nicht zu den politisch Verantwortlichen, weil ich damals weder ein politisches Mandat innegehabt habe noch in den damals zuständigen und verantwortlichen Gremien des Bundeslandes Kärnten wie etwa der Kärntner Landes­holding, die die Landesanteile des Landes Kärnten an der Hypo Alpe-Adria verwaltet hat, jemals Mitglied war. Die Hauptverantwortung für die Pleite trifft einzig und allein die Bayerische Landesbank, aber auch das wollen Sie vertuschen, weil es Ihre schwarzen Freunde sind. (Beifall und Bravoruf beim BZÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte. (Abg. Grosz: Jetzt kommt die Stimme der Wahrheit! – Abg. Hornek: ... wenn der Papst das Christentum ...!)

 


12.30.36

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! – Was wolltest du, Kollege Hornek, zum Christentum beitragen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.) – Ja, ich weiß, du bist ein besonders christlicher Politiker. Das weiß niemand besser als deine eigene Gattin.

Herr Kollege Ikrath, das ist besonders verunglückt gewesen, was Sie uns heute hier geliefert haben. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.) Sie stellen sich hierher und werfen Abgeordnetem Fichtenbauer vor, er würde standesrechtliche Interessen vertre­ten. – Das ausgerechnet aus dem Mund des Lobbyisten des Sparkassenverbandes, meine Damen und Herren, dem dieses schwammige Gesetz heute ein besonderes Anliegen ist, damit seine Sparkassenfreunde, seine Anleger ja nicht zu sehr in die Haftung gezogen werden!

Der Ober-Lobbyist des Sparkassenverbandes, der ebenso wie Raiffeisen-Vertreter hier sitzt, stellt sich hierher und wirft Kollegem Fichtenbauer vor, dass er angeblich anwaltliche Standesinteressen vertreten würde.

Herr Kollege Ikrath, ich kenne einigermaßen die Verhältnisse beim Kollegen Fichtenbauer. Er braucht kein Mandat, das von der Finanzprokuratur ausgeübt wird. Mit Sicherheit nicht! (Abg. Dr. Fichtenbauer: Ich würde es auch nicht kriegen!) – Du würdest es wahrscheinlich auch nicht bekommen, ja, da hast du die falsche Farbe. Dafür würde auch Kollege Ikrath sorgen, dass du ja keine falschen Mandate be­kommst.

Meine Damen und Herren! Die Ahnenreihe der Finanzprokuratur wird selbst vom jetzigen Präsidenten auf Friedrich den Großen zurückgeführt. Staufer-Zeit, 1225, das ist die Ahnenreihe der Finanzprokuratur, und das ist der Beweis für die Existenz­berechtigung der Finanzprokuratur. Ich könnte jetzt, wenn ich genügend Redezeit


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hätte, für den Oberchristen (in Richtung ÖVP) dort im hellen Sakko ellenlang Verfahren referieren, wie Beamte, die überhaupt kein Risiko tragen, mit Bürgern dieses Landes umgesprungen sind und die Bürger dabei prozessual auf der Strecke geblieben sind, meine Damen und Herren! Beispiele dafür könnte ich ellenlang bringen. Das ist natürlich der ÖVP egal, sie braucht das ja nicht, sie wird ja von den Ministerien geschützt.

Wir sind der Meinung, Herr Kollege Fichtenbauer – und damit korrigiere ich vielleicht das entstandene Bild –, die Mehrzahl der Verfahren könnte von den juristischen Mitarbeitern der jeweiligen Ministerien geführt werden – das sind nämlich Routine­verfahren –, so wie jeder PVA-Vertreter als Amtspartei jedes Sozialrechtsverfahren führen kann, meine Damen und Herren! Sollte eine Spezialleistung gebraucht wer­den – das kommt bei 800 bis 1 000 Prozessen, die zu führen sind, vielleicht bei 100 Prozessen vor –, kann man diese Leistung zukaufen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Jetzt an die Oberschwarzen: Warum leisten sich mittlerweile all die schwarzen Bürger­meister Anwälte, wenn die Finanzprokuratur so großartig ist? Die Gemeinden kaufen sich mittlerweile anwältliche Leistungen zu und pfeifen auf die Finanz­prokuratur, meine Damen und Herren! Das, obwohl das eine so großartige Einrichtung ist?! Man ist sich vielleicht nicht bewusst, dass Friedrich II. dahintersteckt, in der Geschichte der „Vogler“ genannt.

Das ist alles zu wenig. Diese Behörde ist längst abzuschaffen, weil sie überholt ist. Wir leisten uns einen sündteuren Apparat, wir dotieren ihn heute auch noch mit sehr viel Geld, und das in Zeiten, in denen wir sparen müssen. Das ist einer jener Bereiche, der der Verwaltungsreform längst anheimfallen sollte.

Nun noch eine klare Aussage zu dem Vorgehen in der CSI Hypo durch Herrn Präsidenten Peschorn. – Herr Präsident Peschorn, ich werfe Ihnen nichts vor, aber das, was Sie vor der Staatsanwaltschaft am 26. Jänner, bereits wenige Wochen vor der sogenannten Notverstaatlichung, ausgesagt haben, das haben Sie bisher in der Öffentlichkeit noch nie klargestellt. Das heißt, bei der Staatsanwaltschaft sagt man die Wahrheit, weil es gefährlich ist, wenn man dort lügt, aber in der Öffentlichkeit tut man so, als ob der Haider oder – wie Herr Ikrath soeben – sogar noch der Petzner an allem schuld wären. Das ist genau jene politische Instrumentalisierung, meine Damen und Herren, Hohes Haus, die wir sicherlich nicht mitfinanzieren werden! (Beifall beim BZÖ.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


12.34.37

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Da sich nun mehrere Redner zur Finanzprokuratur geäußert haben, möchte ich festhalten: Die Finanzprokuratur ist der Anwalt und Berater der Republik und von Gesetzes wegen berufen (Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommt wieder so eine Rede! Das ist ja ganz was Neues!), für die Republik Österreich, die Länder und Gemeinden sowie alle Einrichtungen, die der Prüfung durch den Rechnungshof unterliegen, vor den Gerichten und Behörden einzuschreiten oder diese rechtlich zu beraten. Das ist im Gesetz im Jahr 2008 dezidiert festgelegt worden (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ändern! 5 Minuten da herinnen, und es ist geändert!), und es denkt derzeit niemand daran, die Finanzprokuratur abzuschaffen; das auch deshalb nicht, weil sie gute Dienste im Hinblick auf die Aufarbeitung der Skandale um die Hypo leistet. (Abg. Petzner: Was ist rausgekommen? Gar nichts!) Dass Ihnen das nicht gefällt, Herr Petzner, das wissen wir inzwischen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Lassen Sie mich auch noch über das Finanzdienstleistergesetz sprechen! Herr Kollege Pilz hat mir in Abrede gestellt, dass ich lesen kann, also lese ich den Entschließungs­antrag, mit dem die Bundesregierung beauftragt wird, die Finanzdienstleister und das Wertpapieraufsichtsgesetz besser zu regeln, vor:

„Entschließungsantrag

,Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, mit dem das System der Anlageberatungsberufe umfassend reformiert wird, wobei insbesondere das Berufsbild des Finanzdienstleistungsassistenten nach (...)  Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (...)  iVm (...)  Gewerbeordnung 1994 (...) zu prüfen ist, was allenfalls bis zur Streichung führen kann.‘“ – Das war der Auftrag.

Entsprechend diesem Auftrag wurden die Problemstellung und die Lösungs­möglich­keiten evaluiert und ein entsprechender Gesetzentwurf hierher geleitet. Die Evalu­ierung von den Verbesserungsmöglichkeiten bezüglich dieses Berufes erfolgte anhand folgender Parameter:

1. weitestmögliche Verbesserung der Beratungsqualität für die Kunden,

2. Stärkung der Verantwortung der Konzessionsträger,

3. Rechtssicherheit für Kunden,

4. Verfassungs- und EU-Rechtskonformität,

5. Effizienz der Aufsicht,

6. soziale und erwerbspolitische Aspekte.“

Daraus ist dann dieser Entwurf entstanden. Der Beruf des Wertpapiervermittlers als reglementiertes Gewerbe mit eigenem Berufsbild und besonderer Ausbildung, vergleichbar mit jener des Vermögensberaters, mit den tätigkeitsbedingten Anpassun­gen samt laufender Weiterbildung für den Vertrieb im Auftrag von Wertpapierdienst­leistungsunternehmen und Wertpapierfirmen wurde damit neu definiert. Wegen der parallel erforderlichen Neuregelung des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 und der Gewerbeordnung 1994 war ein gemeinsames Vorgehen von Wirtschaftsministerium und Finanzministerium notwendig.

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens wurde dann auch überlegt, die Wertpapier­ver­mittlung für Banken und Versicherungen als Geschäftsherren zuzulassen. Diese Variante war aber nicht mehrheitsfähig. Wertpapiervermittler können daher künftig nur für konzessionierte Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen tätig werden. Insgesamt darf ein Vermittler nur für drei konzessionierte Geschäftsherren tätig werden. Damit soll Transparenz für die Kunden geschaffen werden.

Ich glaube, dass wir damit den Entschließungsantrag nicht nur lesen konnten, sondern auch entsprechend umgesetzt haben. Um aber strenge Maßstäbe anzulegen, um Schaden von jenen Personen, die Vermögen anlegen oder die beraten werden, abzu­wenden, bin ich gerne bereit, mitzuarbeiten, wenn das Parlament noch neuere Details zu den Produkten oder zu anderen Berufen oder in Kombination mit anderen Berufen hat. Die Expertise unseres Hauses steht dem Parlament selbstverständlich zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

12.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schick­hofer. – Bitte. (Abg. Rädler: Der neue Klubobmann! Sitzt immer in der ersten Reihe!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 83

12.40.01

Abgeordneter Mag. Michael Schickhofer (SPÖ): Ich glaube, wir alle sind schon einmal angerufen worden von einem alten Bekannten, einem Verwandten, einer Schulfreundin, einem Schulfreund: „Treffen wir uns doch auf einen Kaffee!“ (Abg. Grosz: So viele Freunde haben Sie? – Weitere Zwischenrufe.) Meistens zur Verwun­derung hat man den dann getroffen, der war angezogen mit schönem Anzug und Krawatte. (Abg. Zanger: Wie viele hast denn du schon angerufen?) Und nach einer halben Stunde Smalltalk wurden Unterlagen herausgezogen, da hat es geheißen: „Schau, da haben wir das tolle Produkt! In der Vergangenheit eine tolle Entwicklung, in Zukunft wird diese Entwicklung auch so sein. Unterschreib schnell, und du wirst gewaltige Gewinne machen!“ (Abg. Petzner: Wie war das bei der BAWAG? – Weitere Zwischenrufe.)

Dann haben wir die Wirtschaftskrise erlebt. Viele, die diese Produkte gekauft hatten, haben Geld verloren! (Abg. Zanger: Was hast du für Freunde? – Zwischenruf des Abg. Grosz.) Es waren oft auch tragische persönliche Schicksale dahinter.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir diesen Beruf des Wertpapiervermittlers, der sich allein schon vom Rahmen her unterscheidet von Gesprächen in einer Bank, klar regeln. Es ist auch im Sinne der Wertpapiervermittlerinnen und -vermittler, dass sie nicht nur Informationen darüber bekommen, wie man das Produkt vermarkten kann, sondern auch darüber, worum es im Produkt inhaltlich geht. Das heißt, wir haben hier klare Vorschriften zur Ausbildung, klare Vorschriften zur Weiterbildung.

Die Sozialdemokratie setzt sich immer im Sinne der Konsumentinnen und Konsu­menten ein. Darum gibt es auch wesentlich schärfere Haftungsbestimmungen, nicht für den Wertpapiervermittler allein, sondern vor allem für die Firmen, die im Hintergrund den Wertpapiervermittler ausgesucht haben. (Abg. Rädler: Wertverlust!) Da muss man auch sozusagen für die Auswahl Verantwortung übernehmen. Letztlich steigern wir so auch die Beratungsqualität. (Abg. Rädler: ... bei Cerberus!)

Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, den wir gemeinsam tragen sollen, im Sinne des Schutzes der kleinen Anlegerinnen und Anleger und im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


12.42.08

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das kommt heraus, wenn die Frau Finanzminister versucht, uns auf Hauptschulniveau zu erklären, was die Finanzprokuratur ist. Dann ist das das Echo der SPÖ gewesen! (Abg. Rädler: Neue Mittelschule!)

Frau Bundesminister Fekter, wenn Sie wieder einmal herauskommen und dem Parla­ment erklären, was sich bei der Hypo ereignet hat, dann sollten Sie sich vorher von Ihren Referenten das Protokoll der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 26. Jänner geben lassen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Habe ich gar nicht ...!) – Ach, das haben Sie nicht ...? – Das ist aber hochinteressant: Jetzt tun Sie sich schon wieder verabschieden!

Dort hat Ihr soeben verteidigter Herr Präsident Peschorn gegenüber der Staatsanwalt­schaft Klagenfurt Folgendes ausgesagt; ich wiederhole es in Kurzform, Sie können gern eine Kopie des Protokolls haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 84

Erstens: Anders als bei der BAWAG hat man bei der Hypo Alpe-Adria nur Global­unterlagen gehabt. Man wusste gar nicht, was in der Bank drinnen war.

Zweitens: Wenige Wochen nach der sogenannten Notverstaatlichung war Ihrem Präsidenten der Finanzprokuratur bereits klar, dass das Pricewaterhouse-Gutachten falsch war! Das steht wortwörtlich drin, das hat er ausgesagt.

Drittens: Er hat ausgesagt, dass sie bei der Finanzprokuratur nicht einmal die National­bank- und die FMA-Berichte hatten. – Kein Anwalt würde zu einer Einvernahme gehen, wenn er sich nicht vorher mit den Unterlagen vertraut gemacht hat. Ihre Finanz­prokuratur schon!

Viertens – das ist überhaupt die härteste Aussage und ist im Widerspruch zu dem, was Sie gesagt haben und was Ihr Parteifreund Ikrath gesagt hat –: Es gab keinerlei Anhaltspunkte, und es gibt sie bis heute nicht, für irgendein strafrechtlich relevantes Verhalten! Das wurde bereits im Jänner 2010 von der Finanzprokuratur ausgesagt, meine Damen und Herren – und dann gehen Sie da heraus und wollen dem Hohen Haus das Gegenteil erklären!

Daher bringe ich jetzt folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Ewald Stadler und Kollegen ein:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, mit dem die Abschaffung der Finanzprokuratur sichergestellt wird.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung der Finanzprokuratur, eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 4: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1384 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzprokuraturgesetz geändert wird (1452 d.B.) in der Sitzung des Nationalrates vom 19. Oktober 2011.

Die Institution der Finanzprokuratur in der gegenwärtigen Form ist nicht mehr zeitgemäß und kann daher mit Fug und Recht als überholt bezeichnet werden.

Die seitens der Finanzprokuratur zu erbringenden Leistungen könnten ausgelagert werden und effizienter und kostengünstiger von privaten Anwälten erbracht werden. Darüber hinaus erscheint es im Hinblick auf die angespannten Haushaltsverhältnisse nicht sinnvoll, eine abzuschaffende und überholte Einrichtung zu dotieren.

Im Sinne der seit Jahren seitens des BZÖ eingemahnten Verwaltungsreform stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden Entschließungsantrag:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 85

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzes­entwurf vorzulegen, mit dem die Abschaffung der Finanzprokuratur sichergestellt wird.“

*****

12.45.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt vornehmen.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz und die Gewerbeordnung geändert werden, in 1385 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatzantrag der Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kolle­gen vor.

Wir stimmen daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und danach über den Gesetzentwurf in der Fassung der Regierungsvorlage ab.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf die Einfügung von ZZ 3a, 3b, 5a, 8a und 9a in Art. 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Punkt 4 der Tagesordnung: Entwurf eines Bun­des­gesetzes, mit dem das Finanzprokuraturgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1384 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für diesen Entwurf sind, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Finanzprokuratur.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 86

12.46.27 5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1395 d.B.): Proto­koll zwischen der Republik Österreich und der Republik Südafrika und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 4. März 1996 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen (1453 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1411 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Proto­koll (1454 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1382 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zoll­sachen (1455 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tages­ordnung, über welche wir die Debatte unter einem durchführen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


12.47.15

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Dem Tagesordnungspunkt 7, der Vereinbarung eines Zollabkommens mit der Republik Armenien, werden wir zustimmen, weil derartige Zollabkommen natürlich eine wirksame Waffe beziehungsweise Handhabe gegen Schmuggel, auch in Bezug auf Drogenhandel, darstellen.

Nicht zustimmen werden wir allerdings den – da bleiben wir unserer Linie treu – Änderungen der Doppelbesteuerungsabkommen, nämlich dem Doppelbesteuerungs­abkommen mit Südafrika und der Neufassung eines Doppelbesteuerungsabkommens mit der Republik Tadschikistan. Wir würden gerne zustimmen, weil wir ja prinzipiell für Doppelbesteuerungsabkommen sind, die auch helfen, Steuerhinterziehung zu verhindern – allerdings nicht mit dem von Ihnen uns in diesen Vorlagen vorgelegten Artikel 26! (Beifall bei der FPÖ.)

Artikel 26 dieser Doppelbesteuerungsabkommen beinhaltet – und das muss man den Menschen auch immer wieder mitteilen – de facto die Abschaffung des österreichi­schen Bankgeheimnisses! Wir hatten früher schon Doppelbesteuerungsabkommen, es ist auch jenes mit Südafrika nach wie vor gültig. Unserer Meinung nach brauchen wir keine Neufassung dieses Artikels 26, weil er, wie gesagt, unser Bankgeheimnis aus­höhlt und für obsolet erklärt.

Wenn man sich die Geschichte dieser Doppelbesteuerungsabkommen und dieses Artikels 26 anschaut, dann zeigt sich eines: Wir machen prinzipiell immer das, was die Amerikaner von uns wollen. Die Amerikaner, nämlich die USA, wollten beispielsweise, dass die Banken von den Firmen bessere Sicherheiten bei Krediten verlangen; na,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 87

dann hat man in Europa Basel II beschlossen. Wer hält sich nicht daran? – Die Ameri­kaner!

Dann ist man auf die Banken losgegangen, dass diese mehr Eigenkapital brauchen, daraufhin hat man sich auf Basel III verständigt. Wer hält sich nicht daran? – Die Amerikaner!

Credit Default Swaps, CDS: Die Amerikaner haben sie erfunden. Wer hat das Geld reintransferiert und somit die amerikanische Subprime-Krise nach Europa gebracht? – Die Amerikaner!

Das Gleiche mit dem SWIFT-Abkommen zu den Auslandsüberweisungen: Die Ameri­kaner haben die Finger drinnen, sehen natürlich sämtliche Bankdaten, bekommen sämtliche Informationen darüber, wer welche Auslandsüberweisungen tätigt. Europa hat mit den Amerikanern das SWIFT-Abkommen getätigt, damit es auch weiterhin so bleibt, dass die amerikanischen Geheimdienste hier ganz genau Bescheid wissen.

Auch bei der OECD ist es haargenau dasselbe: Die OECD fasst den Artikel 26 neu. Und wer beschließt somit die Abschaffung des österreichischen Bankgeheimnisses? – Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesen Doppelbesteue­rungs­abkom­men! – Nicht mit uns! (Beifall bei der FPÖ.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. – Bitte.

 


12.50.29

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Zurzeit gibt es ja bereits ein Doppelbesteuerungsabkommen auf Einkommen und Vermögen mit der Republik Südafrika aus dem Jahre 1996. Durch die Anpassung, die wir heute beschließen werden, passen wir es lediglich den neuen OECD-Grundsätzen an.

Mit der Republik Tadschikistan haben wir zurzeit noch kein Doppelbesteuerungs­ab­kommen. Da aber die wirtschaftlichen Beziehungen zunehmen, begrüße ich dieses Doppelbesteuerungsabkommen, zumal es dann auch für österreichische Firmen einfacher wird, Investitionen in Tadschikistan zu tätigen.

Zur Republik Armenien: Mein Vorredner hat schon gesagt, dass es um die Zusam­menarbeit bei der Amtshilfe in Zollangelegenheiten geht. Das begrüßen wir natürlich auch, und ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


12.51.24

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage mich bei den Doppelbesteuerungen immer, wen die FPÖ eigentlich schützen will. Wenn es darum geht, ob ich Regierungen helfe, Steuerhinterzieher zu finden (Abg. Zanger: Du wirst es nie kapieren!), ist es ja, glaube ich, wohl klar, auf welcher Seite wir stehen: Das ist die der Regierungen.

Dass es bei Steuerhinterziehung gilt, aufzudecken und transparent zu sein, dass man Steuerumgehungen verhindert, sollte nicht mehr in Frage stehen. Deswegen würde ich gerne einmal die Motivation der FPÖ hören! Warum sie da immer blockiert (Abg. Zanger: Zuhören!), sich auf die Seite der Steuerhinterzieher stellt und dort den Schutz­schirm der Steuerhinterzieher – noch dazu auch der ausländischen Steuerhinter­zie­her – spielt, ist mir unklar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 88

Ich glaube, es spricht überhaupt nichts dagegen, diesem Doppelbesteuerungs­abkom­men zuzustimmen. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52

12.52.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Die Abstimmung nehmen wir über jeden Ausschussantrag getrennt vor.

Zunächst stimmen wir ab über Punkt 5 der Tagesordnung: Antrag des Finanz­aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Südafrika und Zusatzprotokoll zur Abän­derung des am 4. März 1996 unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, 1395 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Punkt 6 der Tagesordnung. Dies ist der Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Tadschikistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, 1411 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den 7. Punkt der Tagesordnung: Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Ab­kommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Armenien über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen, 1382 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte um ein entsprechendes Zeichen, wenn Sie dem Ihre Zustimmung geben. – Das ist einstimmig angenommen.

12.54.338. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betref­fend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Wolfgang Zanger, Gerald Grosz (2/URH2) (1421 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun den 8. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


12.54.59

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Unterausschuss des Rechnungshofausschusses hat sich in der Zeit von Februar bis Anfang Juli mit den Österreichischen Bundesbahnen beschäftigt, und zwar konkret mit folgenden Themen: der politischen Verantwortlichkeit für die Spekulationsgeschäfte, die mit einem Verlust von rund 300 Millionen € zu Buche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 89

schlugen. Darüber hinaus wurde versucht, den Kauf der MÁV Cargo zu durchleuchten. Hier ging es insbesondere darum, herauszuarbeiten, warum ein Lobbying-Unterneh­men namens Geuronet – ein Einpersonenunternehmen dazu – 7 Millionen € an Zah­lungen erhalten hat. Letztendlich wollte man sich noch dem Beschaffungswesen der ÖBB widmen; hier haben allerdings die Regierungsfraktionen zugeschlagen und ein sehr enges zeitliches Korsett angesetzt, sodass dies leider nicht mehr möglich war.

Wir haben neun Sitzungen abgehalten und 20 Personen befragt. An dieser Stelle möchte ich Dank an die Mitarbeiter der Parlamentsdirektion aussprechen, die sehr emsig die Ladungen durchsetzten und sich insbesondere beim Ladungsversuch des Herrn Gulya als sehr hartnäckig erwiesen, wiewohl die Bemühungen da unbelohnt geblieben sind. Ebenso bedanke ich mich bei den Mitarbeitern des Stenographischen Dienstes, die dafür Sorge getragen haben, dass wir die Protokolle sehr zeitnah, fast unmittelbar nach den Ausschusssitzungen, erhalten haben.

Der Rechnungshof hatte mit seinem akribischen Bericht über die Finanztransaktionen eine hervorragende Basis zum ersten Thema gelegt gehabt. Die Qualität eines Rech­nungshofberichtes zu erreichen, ist natürlich sehr schwierig und nahezu unmöglich. Aber was die Erhebungsberichte betrifft, die wir aus den Bundesministerien für Justiz beziehungsweise Verkehr erhalten haben, waren diese das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben standen! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

Das führt uns auch zu einer der Hürden, die der Ausschuss in seiner Arbeit zu überwinden hatte. Einerseits wollte die Opposition die beiden verantwortlichen Minister, Bandion-Ortner und Bures, am Ende der Ausschusstätigkeiten laden, um über die Erfahrungen, über die Erkenntnisse mit ihnen zu diskutieren und eventuelle Konse­quenzen zu besprechen. Dies wurde von den Regierungsfraktionen im Ausschuss nicht zugelassen, und so haben wir uns eben am Anfang mit den beiden Ministerinnen beschäftigt.

Falsch war die Annahme, dass wir vielleicht die Erhebungsberichte ein bisschen detaillierter geliefert bekommen würden; das war weit gefehlt! Die Bundesministerin für Justiz hat sich lediglich dazu bereitgefunden, die Namen der im Verfahren angeklagten Personen zu nennen. Frau Bundesminister Bures hat es geschafft, noch weniger Infor­mationsgehalt in ihre Aussagen zu verpacken! Wenn man gefragt hat, wie der Aufsichtsrat besetzt wird, so hat sie mit dem epochalen Thema der Geschlech­tergerechtigkeit geantwortet. Sie hat es auch nie der Mühe wert gefunden, sich einen Überblick über die Lage der ÖBB zu verschaffen, obwohl ihr das als Vertreter des Mehrheitseigentümers Bund jederzeit möglich gewesen wäre.

Der damals amtierende und zuständige Minister Faymann sowie dessen damaliger Kabinettchef und jetziger Staatssekretär Ostermayer wären wichtige Auskunfts­per­sonen gewesen, zumal in Faymanns Amtszeit die Entlastung der für das Finanz­desaster der ÖBB zuständigen Vorstandsmitglieder fiel. Somit kann man wenigstens eines festmachen: Die politische Verantwortung liegt im Bereich des heutigen Bun­deskanzlers Faymann!

In den Befragungen zum Thema Finanztransaktionen war besonders auffällig, dass die beiden zuständigen Vorstände Huber und Söllinger versuchten, sich an unter­gebenen Mitarbeitern abzuputzen und sich der Verantwortung zu entledigen. (Abg. Hornek: Wenn du den Rechnungshofbericht ...!) Aus den Aussagen – ich komme noch dazu, Kollege Hornek, ich komme noch dazu – der in der Folge befragten Beteiligten ging ganz klar hervor, dass beide sehr wohl über die Details informiert waren. Hier hätte man aus unserer Sicht das Instrument der Organhaftungsklage durchaus in Anspruch nehmen können. Das moralische Urteil über diese Herren ist sehr einfach zu fällen: Schäbig! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 90

Weil Sie sich da auch auf die Feststellung des Rechnungshofes berufen, Herr Kollege Hornek, dass hier ein einfacher Mitarbeiter eigenmächtig gehandelt hätte: Na ja, das ist nun einmal so in einem Ausschuss, in dem man Befragungen durchführt, dass der Ausschuss oft weiterreichende Erkenntnisse erzielt, als es der Rechnungshof getan hat. In diesem Fall war es so! (Abg. Hornek: Das ist aber Selbstüberschätzung, Herr Kollege!)

Kollege Hornek, bei Ihnen in der ÖVP ist es eben offensichtlich so: Die oberen Schich­ten werden immer gedeckt, und auf die einfachen wird hingehaut. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Das ist genau das Gleiche wie bei Ihren allgemeinen Aussagen zu den Arbeitern bei den ÖBB: Die sind nur faul, die gehen mit fünfzig in Pension, und das war’s!

Das ist eine Sauerei, das sage ich Ihnen jetzt ganz ehrlich (Zwischenruf des Abg. Hornek), weil die, die dort fleißig arbeiten, von Ihnen durch den Kakao gezogen werden. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich sage jetzt nicht, was ich mir denke. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Über die Vorgänge beim Kauf der MÁV Cargo wird Kollege Deimek dann noch berichten. Gegen Ende des Ausschusses ist im Zusammenhang mit den Italien-Ge­schäften der ÖBB noch ein interessanter Aspekt hervorgekommen. Es hat ja immer geheißen, der Verantwortliche für das Italien-Engagement, Herr Johannes Kasal – jetziger Kabinettchef des ÖVP-Parteiobmanns und Vizekanzlers Spindelegger –, habe keine außertourlichen monetären Leistungen für seine Tätigkeit in Italien erhalten.

Interessanterweise gibt es hier ein Dokument, aus dem hervorgeht, dass es doch anders war. Ich zitiere:

Herr Kasal bleibt Angestellter der RCA AG und wird weniger als 180 Tage pro Jahr in Italien verbringen. Herr Kasal erhält für die ihm durch den Auslandsaufenthalt erwach­senen Kosten eine Pauschalabgeltung in Höhe von 2 000 € netto pro Kalendermonat. Dieser Betrag wird steueroptimiert ausbezahlt. (Ruf bei der SPÖ: Steueroptimiert ausbezahlt!)

Weiters Herr Kasal einen einmaligen Wohnungseinrichtungszuschuss von 10 000 € brutto. Für die Versteuerung des Wohnungseinrichtungszuschusses hat er selbst Sorge zu tragen. – Eine Punktation, Country Management Italien, gefertigt von Herrn Friedrich Macher, Vorstandsdirektor Ferdinand Schmidt und Johannes Kasal. – Sehr spannend! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek und Dr. Moser.)

Dazu hätten wir ganz gerne noch ein bisschen mehr Informationen gehabt, aber der Antrag, Kasal vor den Ausschuss zu laden, wurde abgelehnt.

Alle diese Fakten, die ich jetzt hier ausgeführt habe, sind im Ausschussbericht der Regierungsparteien, der heute hier abgestimmt wird, nicht enthalten, weswegen wir Freiheitliche diesem natürlich nicht zustimmen. Von den Regierungsparteien wird in ihrem Bericht eine Vernebelungstaktik gefahren, die die Notwendigkeit der Entpolitisierung der ÖBB bis in die dritte oder vierte Managementebene leider wieder zudeckt.

Offensichtlich wollen SPÖ und ÖVP die ÖBB auch in Zukunft als politische Spielwiese missbrauchen. Das Ziel, die Österreichischen Bundesbahnen zu einem Paradeunter­nehmen zu machen, rückt damit wieder in weite Ferne – leider! (Beifall bei der FPÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 91

13.02.59

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Zanger, Sie haben da jetzt verschiedene Themen durch­einandergebracht (Abg. Zanger: Nein, nein, nein! Chronologisch aufgezählt, Frau Kollegin!), denn wir hatten in dem Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ein genaues Arbeitsprogramm, das wir uns vorgenommen haben. Die Aufarbeitung bei diesem Arbeitsprogramm stand sehr stark im Zusammenhang mit der Zeit, als die Freiheitlichen in Regierungsfunktionen waren und als die ÖBB filetiert und in einer sogenannten Strukturreform an den Rand des Abgrunds gebracht wurden. In den Aus­schusssitzungen, in der Diskussion mit den Auskunftspersonen, konnten wir uns damit beschäftigen. (Abg. Zanger: Aber kein Einziger hat Dreck am Stecken von den Freiheitlichen! Das ist ...!)

Werte Damen und Herren! Die Spekulationen muss man sich so vorstellen, dass Geld des Unternehmens, das von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern genommen wurde, nicht für das Unternehmen verwendet wurde, sondern für windige CDOs oder Credit Default Swaps, und nachher will dann keiner der Vorstandsdirektoren die Verantwortung übernommen haben. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Im Gegenteil: Die Verantwortung wurde auf den kleinsten Mitarbeiter abgewälzt.

Im Ausschuss wurde dann noch dargelegt, dass erstens niemand etwas gewusst hätte und dass zweitens ja die Möglichkeit bestanden hätte, dass diese Spekulationen im Jahr 2015 vielleicht noch ertragreicher gewesen wären. Das war das Zitat eines Vorstandsdirektors, den wir befragt haben, und als darüber informiert wurde, dass man sich mit diesen Spekulationen auf windige Geschäfte eingelassen hatte, haben die zuständigen Stellen kein Abgehen, keinen Rückzug von diesen Geschäften unternom­men. Das zeigt die Wirklichkeitsferne der damals zuständigen Direktoren und die Un­ver­antwortlichkeit, ein Risikospiel mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler einzugehen, das aber unter Verkehrsminister Faymann im Jahr 2007 gestoppt wurde.

Ab 2007 gab es Neuerungen bei den Österreichischen Bundesbahnen: den Code of Conduct und die Einrichtung einer Antikorruptionsstelle. Jetzt wird noch intensiv daran gearbeitet, diesen österreichischen Leitbetrieb mit 40 000 Beschäftigten, der für die Mobilität von 460 Millionen Personen im Jahr sorgt, in die Zukunft zu bringen.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei der Par­lamentsdirektion – vor allem bei den Stenographinnen und Stenographen – für die Unterstützung bedanken, da wir die Protokolle immer innerhalb weniger Tage erhalten haben und dadurch unsere parlamentarische Arbeit gut abwickeln konnten. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Hornek.)

13.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Zanger und Rädler. – Abg. Dr. Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das ist alles seriös!)

 


13.06.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Vorneweg auch mein Dank an die Parla­ments­direktion. Ich wollte Ihnen zur Veranschaulichung der Notwendigkeit dieses Dankes nur einmal kurz den Umfang der Protokolle dieses Unterausschusses des Rechnungshof­ausschusses vor Augen führen (Zwischenruf bei der SPÖ): genau durchgearbeitet, genau sortiert. (Die Rednerin verweist auf einen auf dem Rednerpult liegenden Stapel an Schriftstücken. – Zwischenruf des Abg. Hornek.) Das systematische Ergebnis – aufgabenzentriert zusammengefasst – können Sie auch in unserem Minderheitsbericht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 92

lesen, den wir aus Anlass eines etwas mangelhaften Mehrheitsberichts aus dem Aus­schuss allen Parlamentariern und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

Wir beziehen uns genau auf die Erhebungen, die Auskunftspersonen und ihre Aus­künfte und haben hier die Erkenntnisse und Ergebnisse systematisch zusammen­gestellt, weil wir ja schließlich auch am Anfang standen. Die Sonderprüfung des Rechnungshofes ging auch auf eine grüne Initiative zurück. Die Auseinandersetzungen vor Gericht wurden auch von uns veranlasst, weil – und damit komme ich zum Kern – einerseits durch die Spekulationsgeschäfte der ÖBB, andererseits durch den Erwerb der ungarischen MÁV Cargo und gewisse Aktivitäten im Beschaffungsbereich insge­samt 1 Milliarde Steuergeld unzweckmäßig – das ist harmlos ausgedrückt: eigentlich zweckwidrig – verwendet worden ist, im Prinzip verschleudert worden ist, den Bach hinuntergeflossen ist.

Wir mussten vonseiten der ÖBB an die Deutsche Bank an die 300 Millionen € zahlen – das ist unterm Strich das Ergebnis dieser wilden Spekulationsgeschäfte im Umfang von über 600 Millionen € –, und wir haben für die MÁV Cargo, die jetzt um 120 Mil­lionen € im Buch steht, über 430 Millionen € gezahlt.

Das war es nicht wert, das war ein sogenannter strategischer Preis. Wir haben untersucht, wie es so weit gekommen ist, aber gehen wir der Reihe nach vor. Ganz kurz: Die ÖBB riskierten 600 Millionen € – das hat der Unterausschuss des Rech­nungshofausschusses nachgewiesen – im vollen Bewusstsein des Gesamtumfanges des Risikos. Das konnten uns die diversen Auskunftspersonen sehr wohl mitteilen, weil es von vornherein klar war – sowohl im Vorstand der Infrastruktur Bau AG als auch im Vorstand der Holding, dass es sich um Derivatgeschäfte handelt, sprich: um Wetten. Noch dazu hat man die Gegenwette nicht gemacht. Wegen ungefähr 700 000 € hat man auf das zweite Standbein, diese Wette, verzichtet.

Als dann der volle Umfang des Risikos klar geworden ist, hat man nicht versucht, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Der Unterausschuss hat herausgefunden, das wäre um 10 bis 30 Millionen möglich gewesen – ungefähr im Zeitraum vom Septem­ber 2005 bis Jänner 2006. Nein  nein! –, man hat all diese Geschäfte noch durch zusätzliche Verhandlungen mit der Deutschen Bank abgesichert, erweitert und im Sommer 2006 formal finalisiert, ohne den Aufsichtsrat ausreichend zu informieren. Das hat uns in Summe dann 300 Millionen € gekostet.

Im Detail: Zeugenaussagen beziehungsweise Auskunftspersonen belegen, es gab Gutachten, die besagten, ein Ausstieg gegenüber der Deutschen Bank sei möglich. Die Deutsche Bank war ja noch dazu mandatiert, sich selber zu mandatieren. Das muss man sich einmal vorstellen. Alleine das wäre ein formaler Grund gewesen, da hätte man aussteigen können. Man hat es nicht gemacht.

Man hat dieses Hochrisikogeschäft wegen einer Prämie von 30 Millionen € gewagt; das sind – rechnen Sie aus! – 0,5 Prozent Verzinsung pro Jahr von den 600 Millionen, die riskiert worden sind. Jedes normale Sparbuch bringt mehr. Die ÖBB riskierten mit Wissen der jeweiligen Vorstände Kopf und Kragen und glaubten, das sei ein Swap, obwohl sie laut Vorstandsinformation und Vorstandsprotokoll sehr wohl wussten, dass es sich um Derivatgeschäfte handelt.

Letzter Akt bei diesen Spekulationsgeschäften: Obwohl die Vorstände in ihrer Infor­mationspflicht nicht dem Aktienrecht entsprachen, bei Eingang der Spekulations­ge­schäfte nicht der Sorgfaltspflicht entsprachen, vor Eingang in diese Geschäfte keine Risikoabwägung vornahmen, keine Gutachten in Auftrag gaben, hat man Ihnen von­seiten der neuen Vorstandsebene des Aufsichtsrates – sprich vom Präsidium des Aufsichtsrates – im Jahr 2008 einen generösen Golden Handshake gegeben – mehr


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als sie bekommen hätten, wenn die Verträge ausgelaufen wären. Das alles ist im Rechnungshofbericht nachlesbar.

Es gibt einen Konsulentenvertrag mit Huber, demzufolge er nichts leisten muss. Es wurde dann vor Gericht darüber gestritten, es gab massive Kritik des Rechnungshofes. In die Kritik des Rechnungshofes ist sehr wohl auch der damalige Verkehrsminister miteinbezogen, denn hier steht eindeutig auf Seite 96: „Da der Eigentümer von einer Abberufung des Vorstandsvorsitzenden Abstand genommen“ hat. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Hätte Faymann nicht entlastet, hätte Faymann Huber und Söllinger aufgrund der Verfehlungen früher verabschiedet, wäre dieser Golden Handshake unmöglich gewesen.

Zur MÁV Cargo wird mein Kollege noch Genaueres ausführen. Ich möchte es bei zwei Sätzen bewenden lassen. Sie müssen sich vorstellen: Die Due Diligence, die Bewertung der MÁV Cargo, erfolgte durch ein Raiffeisen-Unternehmen, Raiffeisen International, die Zurverfügungstellung der Kredite für die Hälfte des Kaufpreises, 160 Millionen, erfolgte auch durch Raiffeisen. Der Berater, der beigezogen wurde, da­mit dieses Geschäft gemacht werden konnte, Gulya von der Firma Geuronet, scheint nirgends auf, war relativ unbekannt, wurde von ÖVP-Kreisen vermittelt. (Abg. Grosz: Höchtl!)

Es wurde gesagt, dass der ehemalige Abgeordnete Höchtl hier tätig gewesen sei. (Abg. Grosz: Mit Pöchhacker von den Roten!) Uns ist auch gesagt worden, dass Kasal ihn gekannt haben soll. Das werden noch die Gerichte erheben. Jedenfalls gab es eine Zahlung von 7,5 Millionen für Vermittlungstätigkeiten, von denen viele sagen, das war vielleicht Schmiergeld. Der Herr Verkehrsminister hat es gewusst, Herr Pöchhacker hat es gewusst. Wir haben Anfragen gestellt. Dieses Geld liegt jetzt teilweise noch auf Konten, es gibt Gerichtsverfahren in Ungarn.

Wir konnten deutlichmachen, dass der Preis völlig überhöht war und dass man den Beschluss des Ankaufs – aufgrund EU-rechtlicher Bestimmungen – noch hätte revidieren können. Vor allem hat man auch darauf verzichtet, dass die Raaber Bahn dabei ist, die eigentlich technisch, personell alleine in der Lage gewesen wäre, die Zusammenführung dieser Unternehmen zu leisten.

Frau Ministerin! Sie waren dankenswerterweise im Ausschuss. Sie haben jetzt auch den Minderheitsbericht zur Verfügung. Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie endlich das machen, was der Rechnungshof fordert: Organhaftung, Schadenersatz. Wir haben im Ausschuss alles aufgearbeitet, es steht Ihnen in Form dieser Protokolle und Unterlagen alles zur Verfügung. Sie sollen – bitte – endlich denken: 1 Milliarde € Steuergeld! (Bei­fall bei den Grünen.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.13.42

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Verschuldung der Österreichischen Bundesbahnen steigt in diesem Jahr um 2,2 Milliarden und erreicht damit eine dramatische Dimension von über 20 Milliarden €. Das sind zirka 10 Prozent der gesamten Staatsschulden der Republik Österreich.

Ich möchte hier zu Beginn eines klarstellen: Herr Vorsitzender Zanger, der leider nicht mehr im Saal ist (Abg. Zanger: He!) – oh, Entschuldigung, Herr Kollege, das nehme ich zurück –, hat gemeint, dass ich mich an den Kleinen abputze und Ähnliches. Das


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habe ich niemals getan! Ganz im Gegenteil: Ich betrachte die Österreichischen Bundesbahnen als eine wichtige Verkehrsinfrastruktur mit einer großen Bedeutung für die Republik Österreich. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem derartigen Unternehmen bedarf es einer klugen Unternehmensführung: auf der einen Seite eine optimale Kundenorien­tierung, um die Wünsche und Interessen der Kunden zu befriedigen, weil das die wirt­schaftliche Basis darstellt; auf der anderen Seite eine optimale Kostenstruktur und ein effizientes Management in diesem Zusammenhang. Das sind die Grundprinzipien, die mehr als 40 000 Arbeitsplätze langfristig in diesem Unternehmen absichern!

Bedauerlicherweise muss ich allerdings festhalten, dass man sich mit betriebsfremden Aufgaben auseinandergesetzt hat. Das hat bereits im Jahr 1995 begonnen. Man hatte den Eindruck – und nicht nur bei den ÖBB war dies der Fall, sondern in vielen anderen Bereichen auch –, in Form von Cross-Border-Leasing-Geschäften, Finanztransak­tio­nen mit relativ geringem Aufwand zu Geld zu kommen. Es wurde in den vorher­gegangenen Tagesordnungspunkten schon klargestellt, dass es sich dabei in den meisten Fällen um einen Irrglauben handelt, dass einem jemand etwas schenken möchte, der überhaupt keinen Anlass dazu hat. Ich lehne daher derartige Vorgangs­weisen in hohem Maße ab, und das nicht nur bei den ÖBB.

Um diese Finanztransaktionen, diese Cross-Border-Leasing-Geschäfte abzusichern, hat man die CDO-Geschäfte in Angriff genommen. Bedauerlicherweise hat man das in den Anfängen gar nicht als CDOs erkannt. Ich zitiere den Rechnungshof:

„Aus Sicht des Rechnungshofes war diese Finanztransaktion von der Organisations­einheit Corporate Treasury der ÖBB-Holding AG eigenmächtig und unter Verstoß gegen bestehende Regelungen abgeschlossen worden.“

Dem ist an und für sich nicht viel hinzuzufügen, außer, dass man massiv Sorge dafür tragen muss, dass das in Zukunft nicht mehr vorkommt.

Zur MÁV Cargo: Strategisch gesehen war das eine Entscheidung, die sinnhaft ist. Die Differenz der Beträge stimmt allerdings in hohem Maße bedenklich. Die Schätzgut­achten sind von 150 bis 200 Millionen sinnhaften Kaufpreis ausgegangen, über 400 Millionen sind tatsächlich an Kosten verursacht worden. Die ungenauen Rege­lungen, die sich als sogenannte Sideletters abgespielt haben, haben noch einmal beachtliche Kosten verursacht. Bedauerlicherweise findet man bei diesen Ostgeschäf­ten immer einen Namen, den ich heute leider nicht vermeiden kann, den Namen Poschalko. Ich hoffe, es wird an anderer Stelle noch die Möglichkeit geben, das entsprechend abzuklären und klarzustellen.

Bedauerlich finde ich es auch, dass man ein Beratungsunternehmen wie Geuronet ins Spiel gebracht hat. Die Beratung in diesem Zusammenhang sehe ich ebenfalls als sehr zweifelhaft an. Im Gegensatz zu meinem Vorredner muss ich festhalten, dass manche Personen nicht klar und deutlich kundgetan haben, dass sie den Herrn schon länger kennen, obwohl sie das im Ausschuss hätten tun können.

Ich würde mir von den ÖBB in Zukunft wünschen, dass wir bei den Werbungskosten sparsamer sind, und dies zum Wohle der Kunden einsetzen (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), und das Unternehmen damit langfristig absichern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Grosz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 95

13.17.59

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es freut mich ja, dass Frau Bundesminister Bures heute hier ist. Im Ausschuss und im Rahmen sehr vieler parlamentarischer Anfragen zu diesem Thema seit Juni 2010 hat sie immer darauf verwiesen, dass es nicht ihre Aufgabe sei, in das operative Geschäft des Unternehmens ÖBB einzugreifen, dass sie das eigentlich auch nichts angehe, dass sie darüber nicht informiert sei und auch nicht gedenke, hier in irgendeiner Form Konsequenzen zu ziehen.

Daher: Herzlichen Dank, dass Sie überhaupt da sind. Ich habe es ja nicht erwartet, denn immer wenn bei den ÖBB etwas schiefgeht, findet eine Kindesweglegung statt, und wenn es darum geht, rot-schwarze Posten in den ÖBB zu besetzen, sind Sie in der ersten Reihe.

Kollege Haberzettl, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber Sie haben hier vor zirka einer Stunde zum Rechnungsabschluss des Bundes gesprochen und einmal mehr Systemfehler der ÖBB wie beispielsweise die Frühpensionierung verteidigt! Sie als Gewerkschaftsvertreter, als Arbeitnehmervertreter stehen hier – aus Ihrer Sicht durchaus sehr ehrlich – und verteidigen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Daher frage ich Sie, Herr Kollege Haberzettel: Wie geht es Ihnen eigentlich, wenn Sie heute hören und auch im Ausschuss gehört haben, dass die ÖBB – und damit die Steuerzahler – nicht durch einen Systemfehler, sondern durch zwei kapitalkriminelle Großtaten mehr als 1 Milliarde € in den Sand gesetzt haben?

Ich wiederhole noch einmal: Allein der Spekulationsverlust für die ÖBB beträgt 300 Millionen €, und was wir bei MÁV Cargo in den Sand gesetzt haben, liegt derzeit – samt den Abschreibungen – bei zirka 700 Millionen €, die wir für ein Unternehmen investieren mussten, für das wir nichts mehr bekommen. 1 Milliarde € wurde innerhalb weniger Jahre in den Sand gesetzt, und auf der anderen Seite diskutieren wir hier über die Zukunft der ÖBB.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Bereich der Spekulationsverluste hat im Juni 2010 der Rechnungshof festgestellt:

Verletzung der Sorgfaltspflicht des Vorstands (§ 84), der Berichtspflicht an den Aufsichtsrat (§ 81), Missachtung zustimmungspflichtiger Geschäfte des Aufsichtsrats (§ 95), Sorgfaltspflicht der Aufsichtsratsmitglieder (§ 99) verletzt und Verletzung von Strafbestimmungen: unrichtige und verschleierte Wiedergabe oder Verschweigen von erheblichen Umständen in Berichten an den Aufsichtsrat (§ 255).

Der Rechnungshof wendet sich im Jahr 2010 im Juni an Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin: Frau Bundesminister, tun Sie etwas! Es ist Gefahr im Verzug. Das sind Straftatbestände. Halten Sie sich schad- und klaglos an jenen, die das verursacht haben: 300 Millionen € Schaden!

Bis heute haben Sie nichts getan. Bis heute decken Sie jene im Unternehmen, die 300 Millionen € Steuergeld in den Sand gesetzt haben. Das Gleiche bei MÁV Cargo! MÁV Cargo: Die ÖBB übernehmen das ungarische Güterbetriebsunternehmen, und es wird ein gewisser András Gulya, ein Unternehmensvertreter eines Unternehmens, das aus ihm und seiner Mutter besteht, ein windiger Lobbyist, den niemand kennt, eingestellt. Herr Gulya bekommt 7,1 Millionen € an einen Postkasten in Ungarn über­wiesen und frägt: Was war meine Leistung? Und dieser Herr Gulya entzieht sich bis zum heutigen Tag der Befragung durch die Staatsanwaltschaft Wien und der Befra­gung durch den Unterausschuss des Rechnungshofausschusses.

Und dann kommen wir im Zuge dieser unzähligen Zeugenbefragungen, für deren Organisation ich der Parlamentsdirektion Danke sage, drauf, dass sich dort in beiden


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Fällen – Spekulationen und Verluste im Zusammenhang mit der MÁV-Cargo-Übernahme – hochrangige rote und schwarze Parteigänger schuldhaft verhalten haben, an der Spitze Aufsichtsratspräsident Pöchhacker, der hinter beiden Malversa­tionen steht und in beiden Bereichen selbst tief bis zum Kopf in diesem Sumpf drinnensteckt. Er arbeitet mit wechselnden Mehrheiten, einmal ist es Herr Peppi Höchtl von der ÖVP, der als Lobbyist ein wenig geholfen hat, dann wieder Herr Söllinger, dann wieder Herr Huber von der ÖVP. Mit wechselnden Mehrheiten von Rot und Schwarz wurde hier über Jahre hinweg ein System der Steuergeldvernichtung und des großkriminellen Verhaltens gepflogen.

Wir haben dann die ganzen Zeugenladungen gehabt, und im Mai habe ich dann festgestellt – Herr Präsident Graf, ich zitiere ein Ausschussmitglied –, dass sich die Auskunftspersonen nicht nur in ihren Aussagen widersprechen, sondern dass hier – Zitat – gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Weil die Auskunftspersonen im Unterausschuss nicht der Wahrheitspflicht unterliegen, haben sich die einzelnen Aus­kunftspersonen gegenseitig belastet und vice versa auch gegenseitig freigesprochen.

Ich habe dann – und das möchte ich auch aus diesem Ausschuss erzählen – am 10. Mai 2011 im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte den Ausschuss gebeten – Kollege Haberzettl wird sich erinnern –, die gesamten Protokolle der Einvernahmen an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln, weil ich und das BZÖ im Juni 2010 bereits Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht haben, und ich habe vorgeschlagen, wir legen diese Zeugenbefragungen diesen Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft bei, damit diese beiden Kriminalfälle aufgedeckt werden. Das ist dann nicht geschehen. Das hat eine Mehrheit des Ausschusses abgelehnt.

Daraufhin habe ich am 11. Mai 2011 diese Unterlagen in einem versiegelten Kuvert selbständig der Staatsanwaltschaft übergeben.

Dann geschah einmal lange Zeit überhaupt nichts. Und siehe da, am 21. Septem­ber 2011 bekomme ich von der Staatsanwaltschaft Wien an Gerald Grosz, p.A. Dr.-Karl-Renner-Ring 3, die Benachrichtigung der/des Beschuldigten von der Einstellung des Verfahrens: Strafsache gegen, Beschuldigter: Gerald Grosz; wegen: § 310 – Verletzung des Amtsgeheimnisses; Anzeige durch: Bundesministerium für Justiz, Museumstraße 7; Anzeige vom: 24. Mai 2011. (Abg. Mag. Stadler: Unglaublich!)

Abgesehen davon, dass das Justizministerium die Geschäftsordnung des National­rates auch bezüglich der Verschwiegenheitspflicht bei Unterausschüssen nicht kennt und das offenbar selbst mit den Untersuchungsausschüssen verwechselt, hat die bloße Ankündigung, dass ich der Staatsanwaltschaft, der Ermittlungsbehörde zur bestehenden Anzeige über die beiden Kriminalfälle die Ausschussprotokolle übermittle, dazu gereicht, dass Ihre Regierungskollegin, Kollegin Bures, in rot-schwarzer Zwei­samkeit, Ihre Regierungskollegin im Justizministerium mich anzeigen lässt – Anzeige durch das Bundesministerium für Justiz – wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Der Aufdecker wird angezeigt, weil er der Staatsanwaltschaft etwas übermittelt! Ich habe es nicht den Medien übermittelt, der vielzitierten „Frau Schmauswaberl“, ich habe es nicht inseriert. Ich bin im Rahmen meiner staatsbürgerlichen Pflicht und – gebe ich zu – als Nicht-Jurist, der keine Uni besucht hat, draufgekommen, dass diese Aussagen aus meiner bescheidenen, laienhaften Sicht eine strafrechtliche Relevanz haben, und habe das in einem versiegelten Kuvert der Staatsanwaltschaft übergeben und werde vom Justizministerium wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses geklagt. Und ohne mein Wissen wird bis zum  21. September 2011 ein Verfahren gegen einen Abgeordneten der Republik Österreich geführt, sehr geehrte Damen und Herren, wegen einer Aussage von mir im Unterausschuss, einer Ankündigung, etwas zu übermitteln.


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Sehr geehrte Damen und Herren, daher frage ich Sie am Ende dieses Berichts: Was haben Sie da zu verbergen, sehr geehrte Damen und Herren von Rot und Schwarz? Was haben Sie zu verbergen? Warum hat die Verkehrsministerin bis heute keinerlei Weisung gegeben, endlich gegen jene, die sich zum Schaden des Unternehmens ÖBB, zum Nachteil der Republik Österreich und zum Nachteil des Volksvermögens verhalten haben, vorzugehen? Warum haben Sie den ÖBB noch immer nicht den Auftrag gegeben, dass es endlich Haftungsbeschlüsse gibt gegenüber jenen, die die­ses Unternehmen an den Rand des Abgrundes geführt haben? Das verlangen wir heute von Ihnen auch als Reaktion auf den eben zitierten Unterausschussbericht, auf den Minderheitsbericht der Grünen und die abweichende Stellungnahme, die das BZÖ eingebracht hat. 1 Milliarde € Steuergeld, verloren durch kriminelles Verhalten, mahnen Sie dazu, im Interesse des Steuerzahlers endlich etwas zu tun. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.26.39

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Es ist ziemlich normal, wenn man nach einem Ständigen Unteraus­schuss Resümee zieht, dass es Diskussionen gibt, Kontroversen, verschiedene Meinungen, aber es gibt auch einen Tiefpunkt. Ich meine jetzt gar nicht unbedingt die Rede des Kollegen Grosz – die war Standard. Ihre Vorwürfe richten sich natürlich an die völlig falsche Adresse, das gehört schon angemerkt dazu. Der wirkliche Tiefpunkt war der 3. Mai 2011, als BZÖ-Klubobmann Bucher gemeint hat, das BZÖ ist jetzt der neue Staatsfeind der ÖBB. So etwas jemals gehört zu haben, kann ich mich überhaupt nicht erinnern. Das ist nicht nur jenseits von jedem wirtschaftspolitischen Sachver­stand, das ist auch total unfair und indiskutabel, auch dem Unternehmen gegenüber, den Beschäftigten dort gegenüber und letztlich auch eine Beleidigung der Kunden. Und eine Chuzpe ist es ja auch allemal, denn in der fragwürdigen Zeit war ja der blau-orange „Vorarlberg-too-small-Mister“, Gorbach, der politisch Verantwortliche. Na, wer ist denn verantwortlich für die Verschwendungsorgie, die es gegeben hat, für die Spekulationen, für das Missmanagement? – Gorbach, der auch „Gast“ im kommenden Untersuchungsausschuss sein wird!

Ich will jetzt nicht die ÖVP freisprechen. – Kollegen Lopatka sehe ich gerade nicht. Dort hat es ja auch ein Bashing gegeben, ein systematisches Schlechtreden, das nicht von schlechten Eltern war. (Abg. Dr. Jarolim: Richtig!) Sogar der Lobbyisten-Markt hat reagiert, und es wird tatsächlich viel Geld angeboten, um die Leute, die ein Staatsunternehmen in Misskredit bringen, umzustimmen. Das halte ich schon auch für bezeichnend. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Frau Kollegin, das ist ein schlagender Beweis, wenn Lobbyisten Geld anbieten, um mit den Leuten zu reden, die ein Unternehmen in Misskredit bringen. Da braucht man gar nichts mehr dazu zu sagen; das ist ja ein schlagender Beweis!

Die Probleme, die Schwächen des Unternehmens und deren Ursachen sind ja im kleinen Untersuchungsausschuss zutage getreten. Selbstverständlich ist es die seiner­zeitige Zersplitterung, die ja auch diese BDO, diese Wirtschaftsprüfer aus Deutschland, die jetzt interessanterweise auch wieder in der Telekom-Affäre auftauchen, fälsch­licherweise positiv bewertet hat. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Na, gar nichts! Mühsam hat die Frau Bundesministerin das reparieren müssen, damit man die fatalen Auswirkungen der Zersplitterung in den Griff bekommt.


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Oder eben auch die Spekulationen. Wir waren ja fassungslos im Ausschuss, unter welchen Bedingungen das damals in der Zeit der politischen Verantwortung von letztlich Schwarz-Blau-Orange – das kann man nicht wegdiskutieren – passiert ist.

Oder auch das Missmanagement: Wenn ich denke, dass 8 000 Personen damals in Früh­pension geschickt worden sind bei den ÖBB! (Abg. Mag. Hakl: Und sie werden das noch weiterhin!) Ich höre da immer noch Unkenrufe von verschiedenen Seiten. Das war der ganz große Bereich, in dem man das gemacht hat.

Ein Letztes noch: Die Kraftwerke der ÖBB zu verscherbeln und den Strom dann teuer woanders zu kaufen, das kann sich ja nur ein wirtschaftspolitischer Wirrkopf überlegt haben. (Abg. Grosz: Sagt das den ESTAG-Vertretern!) Und ich würde wirklich appellieren, dass man sich das auch an verantwortlicher Stelle in der ÖVP gut überlegt. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.29.50

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Ich bedanke mich beim Abgeordneten Kräuter, der in den Mittelpunkt seiner Ausführungen jene Menschen gestellt hat, die in einem für Österreich ganz wichtigen Unternehmen tagtäglich harte Arbeit leisten.

Eingangs ist es mir wichtig, zu erwähnen, wovon wir eigentlich reden. Wir reden von einem rot-weiß-roten Unternehmen, in dem 42 000 Menschen tagtäglich hart arbeiten, in dem 1 900 junge Menschen eine gute Lehrlingsausbildung bekommen. Wir reden von einem Unternehmen, das tagtäglich 1,2 Millionen Österreicherinnen und Öster­reicher befördert. Wir reden von einem Unternehmen, das jedes Jahr 100 Millionen Tonnen Güter befördert und damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Und wir reden von einem Mobilitätsunternehmen, das dazu beiträgt, dass wir ein attraktiver Wirtschaftsstandort sind und in allen Rankings, die Beschäftigung, niedrige Arbeitslosigkeit betreffen, an der Spitze Europas liegen.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es mir auch wichtig, zu erwäh­nen – und ich schließe damit vielleicht auch ein bisschen an die Budgetrede an, die ja heute stattgefunden hat –, dass wir, wenn wir von Schulden reden – Herr Abgeordneter Hornek hat darauf Bezug genommen und davon gesprochen, dass im nächsten Jahr 2,2 Milliarden € Schulden entstehen –, in den Rahmenplänen und im Budget Investitionen vorgeschlagen haben. Es sind Investitionen in Schienenkorridore, die hoffentlich auch seitens der Europäischen Union finanziell unterstützt werden. Diese Investitionen zu tätigen ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass wir die Ziele der österreichischen Verkehrspolitik, für die die Mehrheit der Österreicherinnen und Öster­reicher ist – nämlich eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene vorzunehmen, damit wir weniger LKWs auf der Straße haben –, vorantreiben können. Ja, das Budget sieht vor, dass wir 2,2 Milliarden € in einen umweltfreundlichen öffentlichen Verkehr, in die Eisenbahn investieren. Das sind Investitionen, und daher sollte man da nicht aus parteipolitischem Kalkül ein wichtiges österreichisches Unternehmen, das für Wachs­tum, Beschäftigung und Mobilität in diesem Land sorgt, permanent diffamieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe den Rechnungshofbericht, der ja auch Gegenstand im Unterausschuss war, sehr ernst genommen. Viele Punkte, die im Rechnungshofbericht angeschnitten wurden, vor allem, was die Finanztransaktionen


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betrifft, kann ich nachvollziehen. Ich teile auch einzelne Kritikpunkte des Rechnungs­hofs in diesem Zusammenhang. Sagen muss man: Diese Spekulationsgeschäfte, die tatsächlich zu einer Schwächung dieses wichtigen Unternehmens in Millionenhöhe geführt haben, haben 2005 stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt hat offensichtlich das Management – inwieweit durch die Politik der damaligen Regierung gedeckt, entzieht sich meiner Kenntnis – Spekulationen im Unternehmen ermöglicht. Das hat tatsächlich zu einer Schwächung der Eigenkapitalbasis des Unternehmens geführt. Daran besteht kein Zweifel. Ich halte das für skandalös.

Worum ist es dann unter meiner politischen Verantwortung gegangen? Darum, alles zu unternehmen, damit in Zukunft solche Risiken vom Unternehmen gar nicht mehr eingegangen werden können, alles zu unternehmen, dass etwas, was 2005 in den ÖBB möglich war, in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Daran habe ich sehr inten­siv gearbeitet, und wir haben auch konkrete Maßnahmen umgesetzt. Wir haben effizientere Unternehmensstrukturen eingeführt. Mit der Bahnzersplitterung des Jahres 2003 wurden mit Unterstützung dieses Hauses ineffiziente Strukturen etabliert. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Sie (in Richtung FPÖ) haben zugestimmt!

Dankenswerterweise wiederum mit Unterstützung dieses Hauses haben wir effiziente ÖBB-Strukturen mit mehr Transparenz geschaffen. Wir haben durch diese gesetzliche Änderung klarere Verantwortlichkeiten erreicht. Was die Fehleranfälligkeit betrifft, so haben wir auch das mit einer klaren, kompakten, transparenten ÖBB-Struktur repariert, und auch das mit einer Mehrheit dieses Hauses. Das ist ein wesentlicher Beitrag, damit so etwas, wie es da im Jahr 2005 passiert ist, nicht mehr passieren kann.

Neben gesetzlichen Veränderungen haben wir natürlich auch im Unternehmen selbst Maßnahmen gesetzt. Auch darauf wurde schon eingegangen. Wir haben vor allem eine neue Geschäftsordnung mit verschärften Bestimmungen geschaffen. Wir haben auch Finanzierungsstrategien entwickelt, die in koordinierten Vorgangsweisen mit den Vorständen und Aufsichtsräten umgesetzt werden. Wir haben interne Kontrollsysteme mit mehrstufigen Kontrollmechanismen eingeführt. Lauter Dinge also, die es in der Vergangenheit unter der damaligen politischen Verantwortung nicht gegeben hat.

Ich habe als Eigentümervertreterin auch immer meine Verantwortung wahrgenommen, wenn es darum gegangen ist, für dieses wichtige Unternehmen alles zu tun, damit es gestärkt wird, und ich habe dafür auch klare Zielvorgaben formuliert. Das Unternehmen hat die Zielvorgabe, bis im Jahr 2013 schwarze Zahlen zu schreiben. Es hat die Zielvorgabe, das Pensionsantrittsalter jährlich um ein Jahr zu steigern. Wir haben mit den Investitionen die Vorgabe verbunden, dass es bis zum Jahr 2014 keine fahrplan­relevanten Langsamfahrstrecken im Kernnetz mehr geben soll. Wir haben den gesam­ten Wirtschafts- und Finanzierungsbereich im Unternehmen effizienter und transparen­ter gestaltet, und wir haben bei den Bauvorhaben Effizienzsteigerungen von 10 Pro­zent vorgegeben, die zu erreichen sind. Das heißt, wir haben mit dem Parlament ein neues Gesetz beschlossen, wir haben klare Regelungen im Unternehmen und wir haben klare Regelungen für die Zukunft geschaffen, und das wird die Voraussetzung dafür sein, dass die Fehler der schwarz-blauen Regierung nicht wiederholt werden.

Was die rechtliche Verantwortung betrifft, Frau Abgeordnete Moser: Was die rechtliche Verantwortung betrifft, sind die Gerichte am Zug und ist die Justiz am Ball. Alles, was rechtlich relevant ist, muss auf den Tisch kommen und auch einer Klärung zugeführt werden. Meine Informationen sind die, dass die Entscheidungen, die nach Prüfung aller arbeitsrechtlichen Regelungen getroffen wurden, auch seitens der Aufsichtsräte getroffen wurden, der Auffassung entsprungen sind, dass die Auflösung der Verträge – weil das ein Punkt war –, so wie sie das getan haben – nach ihrem Informationstand –, arbeitsrechtlich der richtige Weg war. Ich gehe daher davon aus, dass der Aufsichtsrat diese Entscheidungen gemäß den Informationen, die ihnen vorgelegen sind, nach


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bestem Wissen und Gewissen getroffen hat. Daher vertraue ich dem neuen, nicht dem alten, aber dem neuen Aufsichtsrat auch im vollen Ausmaß.

Abschließend möchte ich auch kein Hehl daraus machen und Ihnen ganz offen sagen: Ich werde keine Sekunde zögern, wenn sich die Grundlage ändert. Wenn strafrechtlich relevante Handlungen, wenn Täuschungen, wenn Nicht-Information vorliegt, dann ist eine Privatbeteiligung an den Verfahren die klare Konsequenz, denn kriminelle Handlungen, so kann ich Ihnen sagen, dulde ich keine Sekunde, und ich bin eine der vehementesten MitstreiterInnen, wenn es darum geht, einen Korruptionssumpf trocken­zulegen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung – Bitte.

 


13.38.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren hier und zu Hause vor den TV-Geräten! Der Bericht, der sogenannte Mehrheitsbericht, der heute beschlossen werden soll, bein­haltet einige Punkte, die unbedingt zu präzisieren sind. Es fehlen meiner Ansicht nach und unserer Ansicht nach etliche Details, die ich zum Bereich der MÁV Cargo heraus­arbeiten möchte. Dort wären entsprechende weitere Schritte der Bundes­regierung meiner Ansicht nach dringend notwendig.

Warum? – Die MÁV Cargo ist ein relativ gutes Beispiel für die bisherige Regie­rungsarbeit und auch für die Regierungsarbeit der letzten Periode. Eine gute Strategie war der Ankauf der MÁV Cargo – ohne Zweifel! –, aber es erfolgte eine stümperhaft vergeigte Durchführung, eine Umsetzung letzter Klasse mit Begleitmusik durch den jeweiligen Regierungspartner - in dem Fall war es die ÖVP, denn die SPÖ war der Handelnde. Große Überraschung und ein böses Erwachen am Schluss, und am Ende war dann keiner Schuld. Es war die Krise oder das schlechte Wetter oder sonst irgendwer, nur nicht die Handelnden.

Fangen wir bei einem Punkt an: dem Lobbyisten Gulya mit der Geuronet. Wenn ich einen Lobbyisten nehme, der bei einer Kapitalgesellschaft 140 € Einlage hat, wenn ich weiß, dass er in Ungarn nicht registriert ist – und ein Lobbyist, der in Ungarn arbeiten möchte, muss registriert sein –, dann brauche ich so einen nicht in der Firma. Herr Höchtl stellt ihn der ÖBB-Führung vor, und er wird prompt genommen. Er wird genommen, obwohl ihn der RCA-Vorstand nicht kennt. Er kriegt einen Vertrag, obwohl der RCA-Vorstand, der Rail Cargo-Vorstand, der direkt Betroffene also, ihn nicht haben will. Er bekommt ihn trotzdem unter einem ÖBB-Chef Huber und einem Aufsichts­ratschef Pöchhacker, beide aus der PORR, die mit diesem Herrn Gulya unter dem Firmenschild PORR schon lange gearbeitet haben – aber beide kennen ihn nicht.

Und genau das ist das Problem des Rechnungshof-Unterausschusses, wie es Kollege Grosz gerade geschildert hat: die mangelnde Wahrheitspflicht. Da drinnen kann wirk­lich jeder lügen, dass sich die Balken biegen, und es hat keine Konsequenzen.

So, gehen wir weiter! Dann wird parallel zum Herrn Gulya Hochegger beschäftigt. Gut, soll sein, da haben wir den Zweiten, aber eigentlich wären beide nicht notwendig, denn der Herr Poschalko mit seinem Netz kennt jede Menge Leute da unten, die notwendig wären.

Ein Wort zu Herrn Poschalko noch – Kollege Matznetter von der SPÖ ist jetzt nicht da, weil wir uns einmal so nett über die SP-Finanzen unterhalten haben –: Der Herr Poschalko ist doch der, wenn ich mich richtig erinnere, der sich in den Ostblockländern verschiedene Bahninfrastrukturprojekte von einer österreichischen oder sagen wir


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internationalen Firma zum annähernd doppelten Preis errichten ließ, dann wurde das Ganze in die ÖBB hinein übernommen, und man kann überlegen, wohin die Differenz geflossen ist. – Das zu diesem wunderbaren Lobbyisten.

Das Management in der Rail Cargo Austria war ja nicht unbedingt besser. Macher und Riessland haben gewerkt von der Due Diligence über die Preissteigerungen, über den Rückzug der Raaberbahn, die etliche Verschlechterungen gebracht hatte, bis zum Lobbyisten Gulya, und sie haben nicht gehandelt. Sie haben sich abgesichert bei der Vertragsauszahlung für den Lobbyisten, aber das, was man von einem Manager erwarten könnte, nämlich unternehmerisches Denken und Handeln, das bringen die beiden nicht zusammen. Aber sie wurden in die Firma hineingelobt, weil sie ja von privaten Unternehmen gekommen sind. Ja, sie wurden hineingelobt, aber ihr Betriebs­umfeld wurde nicht mit hineingenommen, und offensichtlich waren beide Herren ohne ihr betriebliches Umfeld und ohne ihre Zuarbeiter nicht einmal die Hälfte des Geldes wert, das sie vorher gekostet haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann kommen wir vielleicht noch zur politischen Verantwortung, denn um die geht es.

Frau Kollegin Lapp, Sie haben vorhin ganz toll gesagt, was der Herr Bundeskanzler Faymann, damals Verkehrsminister, alles gemacht hat in seiner Amtsperiode. Schauen wir uns das jetzt an. Was hat er zur MÁV Cargo gemacht? Preissteigerung von 390 auf 720: Nichts gemacht! Lobbyistenverträge, Netzwerk offenkundig in der ÖBB: Nichts gemacht! Rückzug der Raaberbahn: Nichts gemacht! Kostenexplosion, weil die Traktion nicht dabei ist, weil die Kosten in Ungarn ins Unendliche gehen: Nichts gemacht!

Wissen Sie, seinerzeit in „Lucona“-Zeiten sind Gratz und Blecha wegen wesentlich geringerer „Sachen“ – unter Anführungszeichen – zurückgetreten. Daran sollte sich Herr Faymann orientieren, wenn er auf der einen Seite dem ÖBB-Management und dem Aufsichtsrat in der Aufsichtsratssitzung die Entlastung gibt, aber andererseits unter politischer Verantwortung versteht, dass er einfach weitermacht. Das ist das, was wir hier aufzeigen sollten, und das ist der eigentliche Skandal. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin sehr froh, dass der Herr Kern zumindest dem Herrn Macher seinen Konsulen­tenvertrag genommen hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.43.18

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! 6,7 Milliarden € Steuergeld kosten die ÖBB den Steuerzahler jährlich – ein Betrag, der für mich unglaublich ist, bei einem Gesamtbudget von 73 Milliarden. (Abg. Dr. Bartenstein: Nicht nur für dich!) Unglaublich auch, wenn aus Unkenntnis über Finanzprodukte ein Schaden von rund 300 Millionen € entsteht. Unglaublich auch, wenn durch Fehleinschätzungen oder durch verschiedene Machenschaften beim Ankauf der ungarischen MÁV Cargo wieder der Steuerzahler zum Handkuss kommt. Unglaublich für mich auch, dass sich eine Reihe von Verantwortlichen der ÖBB für diese Vorgänge vor der Justiz verantworten müssen.

Sehr geehrter Herr Kollege Kräuter, wenn Sie das Desaster dieser Finanztransaktionen der schwarz-blau-orangen Regierung zuordnen, dann gehe ich davon aus, dass Sie diese Haltung auch beim Desaster der Swap-Geschäfte in Linz so zum Ausdruck bringen, nämlich dass die Sozialdemokratie dafür verantwortlich ist.


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Der Unterausschuss, sehr geehrte Damen und Herren, hat sich sehr intensiv mit den angesprochenen Themen beschäftigt. Ich muss leider auch bestätigen, dass es mir sehr leidtut, dass eine wichtige Auskunftsperson der Befragung ferngeblieben ist, aber ich muss auch feststellen, dass es leider manche Aussagen gegeben hat, die nicht glaubwürdig sind, denn viele Fakten sprechen gegen diese Aussagen. Ich bin aber auch überzeugt, dass die Justiz in ihren Verfahren Licht ins Dunkel bringen wird und Klarheit über die Vorgänge und über die Verantwortung schaffen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich im Namen meiner Fraktion sehr herzlich bedanken für die Arbeit der Parlamentsdirektion. Das war eine ganz tolle Unterstützung für unsere Arbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Kollegen Grosz. Er hat sehr ausführlich das Schreiben der Staatsanwaltschaft zitiert. (Abg. Grosz: Ja, ja!) Er hat allerdings vergessen, dass er am 6. Oktober auch ein Schreiben des Justizministeriums erhalten hat, in dem – ich zitiere kurz – zum Ausdruck gebracht worden ist, dass der Vorwurf des Amtsmissbrauchs zurückgewiesen wird, dass die dargestellten Abläufe vermeidbar waren (Abg. Grosz: Ich habe das Schreiben noch gar nicht!) und dass es nicht vorsätzlich zu diesen verursachten Missverständnissen gekommen ist. (Abg. Öllinger: Missverständnisse? – Na, bitte!) Es wurde unmissverständlich klargestellt, dass sie keine strafbaren Handlungen begangen haben.

Ich möchte das noch ergänzen, weil Sie, wie gesagt, nur einen Teil ... (Abg. Öllinger: Und das Ganze war ein Missverständnis! Das ist aber blöd! Woher haben Sie dieses Schreiben?) – Das Schreiben ist an den Herrn Abgeordneten Gerald Grosz (Abg. Öllinger: Woher haben Sie das?) in Wien ergangen, am 6. Oktober 2011. (Abg. Grosz: Ich habe das Schreiben noch gar nicht!) Ich werde es Ihnen zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Können Sie uns dieses Schreiben zeigen, bitte?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die ÖBB fordern vom Eigentümer eine Kapital­erhöhung von 400 Millionen €. (Abg. Mag. Stadler: Zeigen Sie uns dieses Schreiben!) – Herr Kollege Stadler! Lassen Sie mich ausreden, dann werden wir darü­ber reden. (Abg. Öllinger: Woher haben Sie dieses Schreiben? – Abg. Mag. Stadler: Können wir das Schreiben haben? – Abg. Dr. Walser: Das ist ja ungeheuerlich! Sie haben ein Schreiben, das an jemand anderen gerichtet ist, der es selbst noch gar nicht erhalten hat! Sie verletzen das Postgeheimnis! Zeigen Sie uns das Schreiben!)

Ich gehe davon aus, dass die ÖBB ihre eigenen Möglichkeiten voll ausschöpfen. Ich bin nicht der Meinung, dass die ÖBB-Kraftwerke nicht verkauft werden sollen, sondern ich denke, dass das eine Möglichkeit ist, hier ein Kapital zu lukrieren. (Anhaltende Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ.) Ich denke aber auch, dass es wichtig ist, dass eine Dienstrechtsreform zustande kommt, weil es auch hier Möglichkeiten für die ÖBB gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin zutiefst überzeugt davon, dass die Öster­reichischen Bundesbahnen ein sehr wichtiges Unternehmen für Österreich sind und dass auch die Mitarbeiter eine gute Arbeit leisten. (Abg. Grosz: Sie zitieren aus einem Schreiben, das ich noch gar nicht erhalten habe!) Aber es gibt viel zu tun, um das Unternehmen konkurrenzfähig zu halten, es gibt viel zu tun, um den Anforderungen der Kunden gerecht zu werden.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie und der Vorstandsvorsitzende Mag. Kern sind besonders gefordert. Nicht die eigene Propaganda soll im Vordergrund stehen, sondern die Arbeit für das Unternehmen, das auch mit geringeren Mitteln des Steuer­zahlers für die Zukunft fit gemacht werden soll. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.48



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 103

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Walser. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung des sich zu seinem Sitz­platz begebenden Abg. Singer –: Bitte, wo ist das Schreiben! – Abg. Grosz: Könnten wir das Schreiben haben?) Ich darf vielleicht den Kollegen Grosz in dem Zusam­menhang bitten ... (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stadler und Grosz.)

Herr Kollege Grosz, wenn Sie das vielleicht mit dem Herrn Abgeordneten Singer draußen in den Couloirs erledigen. Wir wollen ja den Rednern, die jetzt drankommen, auch lauschen.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.49.15

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Das ist ein Skandal der Sonderklasse. Herr Kollege Singer, statt dass wir Parlamentarier hier einander in unseren Rechten stärken, stützen Sie ein Ministerium, das Ihnen offensichtlich hintenherum Briefe zuschickt, die der offizielle Empfänger noch gar nicht erhalten hat. Sie weigern sich zudem, hier dieses Schreiben vorzulegen, das der Herr Kollege Grosz zu Recht von Ihnen erbittet, nachdem Sie hier auf offener Rampe davon berichten. Was sich in dieser Republik inzwischen abspielt, sucht seinesgleichen. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Ich glaube, das ist ein weiterer Beleg dafür, wie dringend es hier in dieser Republik wäre, dass wir endlich eine unabhängige Justiz und – in dem Fall muss ich das leider in dieser Deutlichkeit sagen – eine unabhängige und neutrale Justizministerin haben. Diese Angelegenheit wird sicherlich noch Konsequenzen haben. Das kann ich Ihnen garantieren! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Was wir ansonsten heute hier erlebt haben, sind rot-schwarz-blaue Schuldzuweisun­gen. Es ist ein Sittenbild dieser Republik, das wir seit Monaten beobachten müssen. Ich darf nur eines dazu sagen: Bei all diesen Kindesweglegungen, die hier von allen begangen worden sind, ist eines klar: In dieser ganzen Angelegenheit wäre ohne die Tätigkeit von Gabriela Moser gar nichts ans Tageslicht gekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese ganze MÁV-Cargo-Geschichte wäre im Dunklen geblieben, und es ist Gabi Moser zu verdanken, dass da überhaupt Bewegung hineingekommen ist. Und natürlich tauchen, wie immer in solchen Fällen, die üblichen Verdächtigen auf. Vom schwarzen Grafen Mensdorff-Pouilly bis hin zum Herrn Hochegger ist alles, was diese Republik teuer kommt  muss man in dem Fall sagen –, in diesem Skandal vertreten.

Frau Ministerin Bures, Sie haben sich da ein bisserl herausgeredet und gesagt, auf­grund des Gutachtens können Sie keine Schadenersatzklage durchführen, Sie können diese arbeitsrechtlichen Verträge mit den Vorständen nur schwer lösen. Ich darf Sie schon an Folgendes erinnern, und ich zitiere aus dem Rechnungshofbericht:

„Darüber hinaus wurden dem Rechnungshof weder bis zum Ende der Gebarungs­über­prüfung an Ort und Stelle (...) noch im Stellungnahmeverfahren weitere schriftliche Gutachten zur Beurteilung der mit möglichen Sorgfaltspflichtverletzungen von Vorstandsmitgliedern begründeten Geltendmachung der Organhaftung vorgelegt.“

Das bedeutet, dieses Gutachten hätten wir auch gerne einmal gesehen. Das lag weder im Ausschuss vor, noch ist es dem Rechnungshof vorgelegen. Wo ist dieses Gutachten? Legen Sie es vor, wenn es dieses Gutachten gibt! Dann nehmen wir das gerne zur Kenntnis. Aber bis zu diesem Zeitpunkt ist unsere Forderung nach wie vor aufrecht: Wir wollen, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Österreich zumin­


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dest einen Teil des veruntreuten Geldes zurückbekommen, und wir fordern Sie energisch auf, tätig zu werden! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. 2 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.52.52

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich weiß nicht, wo Herr Abgeordneter Singer jetzt gerade ist, er ist nicht da, aber trotzdem: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Singer, auch in Abwesenheit, gerade bei Ihnen tut es mir eigentlich leid, dass Sie hier vom Rednerpult aus wirklich grobe Unwahrheiten und Unrichtigkeiten sagen. Wenn Sie davon sprechen, dass die Österreichischen Bundesbahnen vom Steuerzahler jährlich 6,7 Milliarden € an Zuschuss bekommen, dann darf ich Ihnen sagen, gerade Sie sollten wissen, dass das einfach unrichtig ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, 2011 bekommen die Österreichischen Bundes­bahnen aus dem Budget 2,1 Milliarden €, und das betrifft alles insgesamt, also gemein­wirtschaftliche Leistungen wie zum Beispiel alle Investitionen in die Infrastruktur, Brenner-Basistunnel, Koralmtunnel, Semmering-Basistunnel, und viele andere Dinge mehr, die die Infrastruktur betreffen. Auch die Personenzüge werden damit unterstützt. Es fahren 4 200 pro Tag, Güterzüge fahren 3 000 pro Tag, und insgesamt befördern die Österreichischen Bundesbahnen 500 Millionen größtenteils zufriedene Kunden pro Jahr. (Beifall bei der SPÖ.)

Also immer davon zu sprechen, dass das Zuschüsse des Steuerzahlers sind und so weiter, ist einfach schlicht und klar unrichtig.

Herr Abgeordneter Singer, wenn Sie diese Investitionskosten nicht wollen, dann sagen Sie es doch Ihren Landeshauptleuten! Sagen Sie es dem Herrn Landeshauptmann Pröll von Niederösterreich, dass wir den Semmering-Basistunnel nicht brauchen, dass wir die neue Südbahn nicht brauchen! Sagen Sie es dem Herrn Landeshauptmann von Tirol, dass wir den Brenner-Basistunnel nicht brauchen! Sagen Sie es den Landes­hauptleuten in Kärnten und auch in der Steiermark, dass wir den Koralmtunnel nicht brauchen! Das wäre ehrlich. Aber lassen Sie davon ab, Herr Abgeordneter Singer – das gilt auch für alle anderen Damen und Herren, die das tun –, hier im Hohen Haus die Österreichischen Bundesbahnen immer als Subventionsträger hinzustellen und schließlich und endlich immer von den Privilegien der Eisenbahner zu sprechen.

Leider ist meine Redezeit jetzt schon vorbei, und ich komme fast gar nicht mehr dazu, zum Unterausschuss etwas zu sagen. Ich möchte es ganz kurz machen, sehr geehrte Damen und Herren. Der Herr Abgeordnete Grosz und der Herr Abgeordnete Zanger, Ex-Ausschussvorsitzender des Unterausschusses, haben betreffend die Euro-Speku­lations­verluste gesagt, dass es eigentlich unglaublich ist, dass die Herren Ex-Vor­stände der ÖBB, Söllinger und Huber, sich jetzt an ihren Mitarbeitern abputzen wollen. Das ist wahr. Das unterschreibe ich. Da haben Sie vollkommen recht. Das möchte ich diesen Herren ins Stammbuch schreiben: Was die im Unterausschuss von sich gegeben haben, das ist, vorsichtig formuliert, charakterlich verwerflich, sehr geehrte Damen und Herren. Das möchte ich klar zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zanger.)

Herr Abgeordneter Zanger, auch wenn Sie mir jetzt applaudieren, eine kleine Kritik an Ihrer Rede habe ich zum Abschluss schon anzubringen, denn ich darf schon in Erinnerung rufen, dass all diese Malversationen, zumindest was diese Spekulations­geschäfte betrifft, in der Zeit von 2000 bis 2003 geschehen sind. Ich korrigiere mich:


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von 2000 bis 2006. Im Jahr 2003 war diese unsägliche Strukturreform, die aus meiner Sicht auch einen der Gründe darstellt, warum es bei den ÖBB zu solchen Ungereimt­heiten gekommen ist. Aber von 2000 bis 2006 hat es zwar viele Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister gegeben, aber keinen einzigen aus der Sozialdemokratie, son­dern allesamt aus der FPÖ und später vom BZÖ. Also wenn das vergessen worden wäre, möchte ich das noch in Erinnerung rufen. (Beifall des Abg. Haberzettl.)

Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Frau Bundesministerin Doris Bures hat 2009 erfolgreich eine Strukturreform der ÖBB initiiert, und diese leistet einen wesentlichen Beitrag, um solche Finanzgeschäfte, wie sie von 2000 bis 2006 passiert sind, zukünftig auszuschließen. Mit einem schlankeren Management kann nun die Modernisierung der ÖBB sprichwörtlich auf eine gute Schiene gebracht werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.57.30

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Singer hat vor wenigen Minuten hier aus einem persönlichen Brief des Justizministeriums an den Abgeordneten Grosz zitiert, den der Abgeordnete Grosz noch gar nicht bekommen hat. Das letzte Poststück, das Abgeordneter Grosz vom Justizministerium bekommen hat, ist vom 13. Oktober. Ich habe es hier, es ist noch gar nicht geöffnet. Jetzt machen wir es einmal auf. (Der Redner öffnet einen Brief­umschlag.) Schauen wir einmal nach, was bei der ÖVP bereits an persönlich an Abgeordnete adressierter Post kursiert, während es der Betreffende noch gar nicht hat. Jawohl, ich habe hier den Brief. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) So, schau! (Ruf bei der ÖVP: Woher haben Sie den Brief?)

Jetzt erklären Sie mir einmal, wie Sie dazu kommen, dass Sie diese Briefe an einen Abgeordneten haben, meine Damen und Herren! Erklären Sie mir, wie der Postfluss des Ministeriums an den ÖVP-Klub geht! Von jedem Brief, der an einen Abgeordneten dieses Hauses geht, der nicht von den Schwarzen ist, bekommt die ÖVP sofort eine Kopie? Ist das so? (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ist das so, meine Damen und Herren? Ist das so? Erklären Sie sich! Wo ist der Herr Abgeordnete Singer, wo ist er jetzt?

Frau Ministerin Bures, Sie kriegen jetzt keine Schelte, Sie haben heute schon genug Schelte von der Frau Finanzministerin bekommen. Jetzt möchte ich wissen, wo die ÖVP-Justizsprecher sind. Wo sind sie jetzt alle? Wo ist er jetzt hingegangen, der Abgeordnete Singer? Wie kommt er dazu, aus einem Brief – der ist wirklich vom 6. Oktober –, aus einem persönlichen Brief, persönlich adressiert an den Abgeordneten Grosz, zu zitieren, den der Abgeordnete Grosz noch gar nicht hat? Ein Brief nach einem Strafverfahren, das gegen den Abgeordneten Grosz geführt wurde, obwohl das Hohe Haus darüber gar nicht informiert wurde, obwohl das ein Immunitätsfall gewesen wäre, meine Damen und Herren, obwohl eindeutig der politische Zusammenhang da ist. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das Justizministerium zeigt einen Abgeordneten an, weil er in einer Presseaussendung mitteilt, dass er der Staatsanwaltschaft einen hoch kriminellen Sachverhalt, einen selbst nach den Ausführungen der Frau Bundesministerin hoch kriminellen Sach­verhalt, zur Kenntnis bringt. Da wird nicht gegen die Kriminellen ermittelt, es wird gegen den Abgeordneten ermittelt, meine Damen und Herren. Dann wird eingestellt. Dann wird ihm das in einem Schreiben vom 6. Oktober schriftlich mitgeteilt, und bevor


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es der Kollege Grosz überhaupt in der Hand hat, hat es die ÖVP bereits im Zirkular des Parlamentsklubs, meine Damen und Herren.

Das erklären Sie uns jetzt einmal! Das erklären Sie uns jetzt, sonst werden wir die Ministerin hier hereinholen, meine Damen und Herren! So weit ist es gekommen: Schwarze Abgeordnete verfügen über die Post der Abgeordneten der anderen Fraktionen, meine Damen und Herren. Das ist ein Skandal der Sonderklasse! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Es ist ein Skandal gewesen, dass Ihre Staatsanwälte bei einem schwarzen Minister die Anzeige so lange haben liegen lassen, bis die Geschichte verjährt war! Es ist ein Skandal gewesen, dass man gegen Klubmitarbeiter des BZÖ-Klubs Strafverfahren geführt hat! – Nicht Kopf schütteln, Herr Kollege Stummvoll! (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich, ...!) – Natürlich ist es unglaublich. Aber es ist eure Ministerin, und es ändert sich in diesem Ministerium nichts. Diese Ministerin hat dieses Ministerium hinten und vorne nicht in der Hand, meine Damen und Herren, das ist das Faktum! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.)

Es gab damals eindeutig Ermittlungen gegen Klubmitarbeiter, obwohl das von der sachlichen Immunität getragen war, hinsichtlich einer Rede des Abgeordneten Westenthaler. Oder erklärt mir bitte: Wo sind die Anweisungen des Herrn Pleischl, Strafverfahren gegen BZÖ-Abgeordnete zu führen? Ich habe das mittlerweile schwarz auf weiß.

Man soll mir erklären, wie es möglich war, dass man versucht hat, dem Abgeordneten Pilz den Computer wegzunehmen, zu beschlagnahmen, aber gegen die Täter, die des Amtsmissbrauchs verdächtig waren, nichts unternommen hat, nämlich bis heute nicht! Das erklären Sie mir jetzt einmal, meine Damen und Herren! Gegen den Abgeordneten Grosz wird ermittelt, aber gegen die Wirtschaftskriminellen nicht, und die Post dazu bekommt gleich der ÖVP-Parlamentsklub, meine Damen und Herren.

Herr Präsident, ich glaube, dass das jetzt eine neue Qualität hat, die ich im Übrigen auch schon in den letzten Wochen beobachtet habe. (Ruf bei der ÖVP: Ah geh!) – Was heißt „ah geh“? Wenn eine Ministerin – der gleichen Farbe wie die Justizministerin – der Staatsanwaltschaft via Medien ausrichtet, es sei ein „Skandal“, dass ihr Kabinetts­chef, wie jeder andere Bürger auch, nur vernommen wird, dann ist das ein Skandal.

Aber wenn er eine Anzeige tätigt ... (Ruf bei der ÖVP: Na ja!) – Was soll das heißen? Na selbstverständlich ist er zu vernehmen, wie jeder andere im Übrigen auch! Aber wenn es ein Schwarzer ist, dann kommt schon: „na ja“; und die Innenministerin spricht von einem Skandal, dass Herr Kloibmüller einvernommen wird, sei ein Skandal. Er wird zu einem Sachverhalt gefragt. (Zwischenruf des Abg. Kößl.) – Bitte?

Habt Ihr schon wieder mehr Wissen aus dem Justizministerium? Steh bitte auf! Viel­leicht kannst du uns berichten, was im Justizministerium aktuell läuft. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kößl.) Es ist ja offensichtlich, dass es Informationsflüsse zwischen dem Justizministerium und dem ÖVP-Parlamentsklub gibt.

Ihr solltet das Wort Rechtsstaatlichkeit nicht mehr in den Mund nehmen! Ihr seid die, die den Rechtsstaat biegen und brechen, und ihr seid die, die gegen jeden Oppositionsabgeordneten vorgehen und dafür die Verbrecher schützen! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: ... Herr Oberlehrer!)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Haberzettl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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14.03.05

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Präsident, ich würde die Emotionen ein bisschen zurückschalten, aber aufklärungsbedürftig scheint mir die Sache schon. Das Hohe Haus sollte sich sehr wohl ein bisschen darum kümmern! (Beifall bei SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

Ich versuche jetzt wieder zu den Tatsachen zurückzukehren und komme in das Jahr 2003. Im Jahre 2003 liegt nämlich die Wurzel der Entwicklungen bei den Öster­reichischen Bundesbahnen. Im Herbst 2003 wurde hier herinnen die Entscheidung getroffen, dass die ÖBB vollkommen neue Strukturen bekommt. Das sind Strukturen, die in Wirklichkeit nie harmonisieren können, nie durchgängige und schlüssige Pro­zesse zulassen werden und die eines ermöglichen, nämlich dass Entscheidungen fallen, für die niemand verantwortlich ist.

Genau das begann im Jahr 2005 im Finanzbereich vollkommen zu greifen. Tatsache ist, dass 600 Millionen € völlig widerrechtlich und dem Aktienrecht widersprechend in sogenannte CDOs investiert wurden.

Tatsache ist, dass hiezu völlig andere Beschlüsse aus den Organschaften verwendet wurden, auch widerrechtlich. Und es ist Tatsache, dass im Nachhinein die zuständigen Organe im gesamten Konzern überredet wurden, die nachträglichen Beschlüsse zu fassen; und am Ende des Tages blieben 300 Millionen € über, die letztendlich wirklich den Bach hinuntergingen.

Die Unverfrorenheit, die manche da an den Tag legen, nämlich dass der Kleinste in dieser Kette schuld sein soll, dokumentiert eines: dass die Verantwortung dem Aktien­recht entsprechend völlig negiert wird.

Es gibt Namen, die mit diesem Unglück in Verbindung zu bringen sind: Huber, Söllinger und letztendlich auch Gorbach, die gehören zu diesem Unglück dazu! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. – Abg. Hornek: Unglaublich, ...!) – Na, das wird der Richter noch feststellen (Abg. Hornek: Das glaube ich auch!), es laufen ja bereits Verfahren.

Das Zweite ist die Thematik MÁV Cargo. Es dürfte Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass die MÁV Cargo im Augenblick zumindest sehr nahe an der ausgeglichenen Bilanz ist. Hätte nach Übernahme der MÁV Cargo das Management seine Aufgabe erfüllt, nämlich die Restrukturierungen dort auch in Angriff zu nehmen, wäre die MÁV Cargo heute bereits ein Ertrag bringendes Unternehmen, trotz Wirtschaftskrise. (Abg. Hornek: Warum habt ihr nicht ...?)

Herr Kollege Hornek, ich sage Ihnen nur eines: Es ist nicht 1 Euro an Rückstellungen im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen verwendet worden. Die liegen noch dort. Da wurden alle Maßnahmen aus dem Cashflow finanziert.

Noch etwas: Wenn mir die ÖVP erklärt, sie ist die Wirtschaftspartei, dann würde ich mir nur eines wünschen: Die Termini „Zuschuss“ und „gemeinwirtschaftliche Bestellungen“ endlich einmal zu trennen. Sich hierher zu stellen und 6 Milliarden € „Zuschuss“ zu nennen, wovon ein hoher Anteil an gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu verzeichnen ist, wo alle Investitionskosten enthalten sind wobei Ihre Landeshauptleute letztendlich bei unserer Ministerin intervenieren, dass sie die Baulose bekommen –, und dann hier von „Zuschüssen“ zu reden, ist nicht nur inkompetent, sondern schlichtweg verant­wortungslos! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hornek: Was habe ich gesagt?!)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 108

14.07.08

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, von den vielen Fragen, die heute hier erörtert wurden, ist eine ganz, ganz zentral, und zwar die Frage: Warum? Warum hat der Herr Huber damals für seine 600 Millionen €, die er anscheinend übrig gehabt hat, nicht eine bessere Veranla­gungs­form gewählt? Das ist die zentrale Frage.

Schauen wir es uns genau an: Der Herr Huber hat 600 Millionen € zur Verfügung gehabt, hat dann ein Instrument gewählt, mit dem er innerhalb von 10 Jahren 30 Mil­lionen € erwirtschaftet. Das muss man sich vorstellen! Wenn man das durchrechnet, sind das in 10 Jahren 5 Prozent Gesamtrendite. Das wäre der gleiche Betrag gewesen, den man bei einem Sparbuch innerhalb von einem Jahr erwirtschaftet hätte.

Das heißt, der Herr Huber hat seine 600 Millionen € nicht auf die Bank gebracht und ein Sparbuch mit 5 Prozent Zinsen eröffnet; nein, er hat das Geld zur Deutschen Bank gebracht und hat 0,5 Prozent damit erwirtschaftet. Das muss man sich einmal vorstellen: 0,5 Prozent, das ist ein Zehntel dessen, was er komplett ohne Risiko erwirtschaften hätte können.

Das heißt, da sind auf der einen Seite diese CDO-Geschäfte mit der Wahr­schein­lichkeit eines Totalverlustes – wir haben zwar nur 50 Prozent verloren, aber es wäre auch ein Totalverlust möglich gewesen –, mit einem Prozentsatz von 0,5 Prozent; und auf der anderen Seite ist da ein Sparbuch, das noch relativ sicher ist – wenn es mit Griechenland so weitergeht, nicht mehr –, mit 5 Prozent. Was macht der Herr Huber? – Der Herr Huber nimmt natürlich die 0,5 Prozent statt der 5 Prozent, und jetzt ist die zentrale Frage: Warum?

Jetzt kann man sagen, der Herr Huber ist nicht ganz bei Trost. Nur, wenn man sich den Herrn Huber näher ansieht und sich vor allem ansieht, wie er privat wirtschaftet, wie er privat Immobiliengeschäfte tätigt, wo er innerhalb von ein, zwei Jahren eine Rendite von 100 Prozent erwirtschaftet, dann weiß man, dass der Herr Huber nicht blöd ist.

Der Herr Huber kann auch wirtschaften, nur hat er das bei den ÖBB anscheinend verlernt, ganz plötzlich – und das zum Schaden des Steuerzahlers, denn letztlich zahlt der Steuerzahler. Wir zahlen jedes Jahr 2 Milliarden € für die ÖBB. Das heißt, wir haften für diese ganzen Malversationen, für diese Verluste. Deshalb ist die zentrale Frage, und der müssen wir nachgehen: Warum?

Jetzt stellt sich die Ministerin hierher und sagt: Wir konzentrieren uns auf die Zukunft. Wir schauen, dass das in Zukunft nicht mehr passieren kann und jeder, der das anspricht, macht die ÖBB schlecht, macht vielleicht sogar die Kunden schlecht, die mit den ÖBB fahren. Frau Ministerin, wenn Sie sagen, Sie wollen in Zukunft solche Dinge verhindern, dann müssen Sie sich mit der Vergangenheit beschäftigen! (Ruf bei der SPÖ: Wo waren Sie in der Vergangenheit?!) Sie müssen wissen, warum der Herr Huber das gemacht hat!

Eines ist auch ganz sicher: Wenn der Herr Huber wider besseres Wissen das Geld für eine läppische Verzinsung riskiert – für ein Zehntel dessen, was er bekommen hätte können – und Sie nicht wissen, warum er das macht, dann kann ich Ihnen garantieren, dass es in Zukunft wieder passieren kann. Es sei denn, Sie wissen, warum er es gemacht hat, breiten hier aber den Mantel des Schweigens darüber und wollen nicht dementsprechend aktiv werden.

Eines ist auch sicher: Herr Huber hat ja noch einiges mehr bekommen. Er hat Provision für dieses Geschäft bekommen, er hat dann mit Duldung des jetzigen Herrn Bundeskanzlers Faymann noch einen Golden Handshake bekommen. Also wenn Sie hier nicht komplette Aufklärung schaffen, wenn Sie diesen Herrn Huber nicht endlich


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zur Verantwortung ziehen, dann kann ich Ihnen eines garantieren: dann bleibt der Nachgeschmack, dass da jemand daran verdient hat.

Denn eines ist auch ganz sicher: Wenn jemand ein Geschäft abschließt, das augen­scheinlich widersinnig ist, dann muss ein tieferer Sinn dahinter sein – und in diesem Fall kann es nur Korruption sein. Eine andere Möglichkeit fällt mir da nicht ein. Es sei denn, Sie haben eine bessere Idee, dann heraus damit! Und wenn nicht, dann klären Sie das bitte auf, schauen Sie, dass das dementsprechend hier aufgezeigt wird, schauen Sie, dass die Leute dementsprechend vor Gericht gestellt werden!

Es ist nicht so, wie der Herr Haberzettl das heute gesagt hat – das hat wirklich tief blicken lassen –, es sei ein Unglück, was da passiert ist. Es ist kein Unglück, da sind eindeutig Interessen dahinter. Wenn der Steuerzahler 300 Millionen € verliert, ist es kein Unglück. Da muss Aufklärung betrieben werden, und die Schuldigen müssen zur Verantwortung gezogen werden!

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Dr. Maier zu Wort. Freiwillige Redezeitbe­schrän­kung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.11.47

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Also ich will mich nicht in den Briefwechsel zwischen dem Justizministerium und dem Kollegen Grosz einmischen, aber wenn er die Briefe nicht einmal aufmacht und sie dem Herrn Stadler gibt, der diesen Brief erst hier aufgemacht hat, dann wissen wir, was überhaupt davon zu denken und zu halten ist, wie der mit Briefen umgeht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Abgeordneter Maier vertei­digte soeben eine Straftat! Ich höre keine Entschuldigung! Raiffeisen-Boss verteidigt Straftat! Fürs Protokoll bitte!)

Kurz zur Frau Bundesministerin Bures, die ja über ein rot-weiß-rotes Unternehmen gesprochen und die Österreichischen Bundesbahnen gemeint hat, und da möchte ich nur auf Folgendes hinweisen, liebe Frau Bundesministerin: Sie haben von 1,2 Millionen Passagieren täglich gesprochen, der Kollege Heinzl hat auch davon gesprochen, dass bis zu 500 Millionen Passagiere im Jahr befördert werden. Faktum ist aber, dass die Mehrheit der Passagiere mit dem Bus befördert wird. Ergo sollte man eigentlich von einem österreichische Bus-Unternehmen sprechen – und nicht von einem Bahn-Unternehmen!

Auch ich bekenne mich zu den Investitionen, weil ich glaube, dass sie wichtig sind. Wir sollten nur zwischen klugen und unklugen Investitionen differenzieren. Diese Diskus­sion wird uns noch beschäftigen.

Ein Wort noch: Man sollte auch mit offenen Augen durch die Gegend gehen. Wenn die Frau Bundesministerin immer davon spricht, dass die Verspätungen geringer wurden, muss man darauf hinweisen, dass der Vorstandsvorsitzende Kern die Fahrzeiten verlängert hat. Da ist es ja keine Kunst, dass ich etwas pünktlicher ankomme als in der Vergangenheit.

Schwarze Zahlen werden geschrieben. Ich komme jetzt kurz zum Rechnungshof-Unterausschuss. Da würde ich die Namen, die dort diskutiert wurden, noch um Poschalko und Pöchhacker ergänzen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lapp.) Pöchhacker ist heute noch der Aufsichtsratsvorsitzende und hat eine Reihe von Dingen zu verantworten. Der Herr Haberzettl hat darauf hingewiesen, das beschäftigt die Ge­richte. Ich gehe davon aus, dass wir auch diesen Fall vor Gericht noch geklärt bekom­men.


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Herr Poschalko, der nicht nur im Rechnungshof-Unterausschuss, wie manche anderen auch, erzählt hat, was er gerade wollte – denn eine Wahrheitspflicht gibt es nicht, Kolleginnen und Kollegen haben schon darauf hingewiesen –, hat auch Akquisitionen durchgeführt, ob jetzt in Griechenland, in Italien oder in Bulgarien – alles Dinge, die das Ergebnis der Österreichischen Bundesbahnen belasten.

Zum Herrn Kollegen Kern noch ein Wort – beziehungsweise dazu, wie man mit Steuer­geld umgeht, wie man mit dem Geld der Passagiere umgeht, wie man mit dem Geld umgeht, das jemandem anvertraut wird: Wenn wir den besten Mitarbeiter der Bundesbahn suchen, dann würde ich Fragebögen bei den Schaffnern ausgeben, in den Zügen auflegen, beziehungsweise auch bei den Schaltern, wo man ein Ticket kauft, übergeben, sodass jeder Passagier ankreuzen kann, wer der beste Mitarbeiter ist. Stattdessen wird das aber in einer Tageszeitung an einem Sonntag breitflächig gestreut. Ich frage Sie, warum das so ist? – Sie werden sich selbst die Antwort geben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.14.59

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Ich halte es für bemer­kenswert, dass hier ein Abgeordneter herausgeht und anstatt Aufklärung darüber zu verlangen, wie Abgeordneten-Post aus einem Ministerium bei einem anderen Klub landen kann, zufällig ... (Abg. Rädler: Sie haben ihm selber seine Briefe aufge­macht!) – Bitte? Ja, solange die ÖVP die Briefe hat, braucht er seine Briefe nicht mehr aufzumachen, Herr Kollege Rädler. Es genügt ja, wenn die Schwarzen diese Briefe haben. (Beifall beim BZÖ.)

Also anstatt dass die ÖVP hier herausgeht und sagt: Erstens entschuldigen wir uns für den Kollegen Singer, zweitens werden wir aufklären, wie der Kollege Singer zur persönlichen Post des Justizministeriums an den Abgeordneten Grosz gelangen konnte, drittens distanzieren wir uns von dieser Vorgangsweise und viertens verteidigen wir keine strafbare Handlung ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Maier, können Sie einmal zuhören, Herr Raiffeisen-Maier? Das ist eine strafbare Handlung, um die es hier geht. Es wird eine Strafanzeige dazu geben, weil es nach wie vor eine strafbare Handlung ist, Herr Maier, wenn ich eines anderen Post aufmache, die mich nichts angeht!

Jetzt sage ich Ihnen, Herr Maier, bevor Sie wieder da herauskommen und Straftaten verteidigen: Sorgen Sie dafür, dass in Ihrem Klub endlich Rechtsstaatlichkeit einkehrt – und dann, Herr Maier, reden Sie wieder mit uns! (Beifall beim BZÖ.)

14.16

14.16.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofaus­schus­ses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 1421 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 1421 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

14.17.479. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1389 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Telekommunika­tionsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz geändert werden (1450 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Petition (70/PET) betreffend „Vergabe der Digitalen Dividende zur besseren Versorgung des Ländlichen Raumes mit Breitband-Internet“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Hermann Gahr, Mag. Josef Lettenbichler und Franz Hörl (1464 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. Freiwillige Rede­zeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.18.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Das vorliegende Gesetz, das Telekomgesetz, ist, wie so viele Gesetze, die wir hier herinnen beschließen, Folge einer EU-Richtlinie aus dem EU-Telekom-Reformpaket. Wir wären haarscharf an einem Vertragsverletzungsverfahren vorbeigeschrammt, weil sich unsere Regierungsparteien wieder einmal nicht einigen konnten.

Aber kommen wir zu den durchaus positiven Aspekten dieses Gesetzes. Es besteht auf der einen Seite aus etlichen technischen Aspekten, zum Beispiel einer Wettbe­werbsstärkung und der Förderung von Investitionen – beides Dinge, die im Endeffekt auch wieder den Kunden, den Nutzern zugutekommen. Sehr wichtig und auch in unserem Grundsatzpapier für Mobiltelefonie oder überhaupt Internetdienste ist auch die Dienst- und Netzneutralität.

Was auch sehr wichtig ist, ist entsprechende Katasterführung. Darüber wurde auch schon im Ausschuss diskutiert. Es kann jetzt die Regulierungsbehörde von den jeweiligen Betreibern verlangen, dass noch nicht vorhandene Unterlagen im Zuge eines Investitionsprojektes, einer Erweiterung und so weiter ergänzt werden und im Endeffekt vorliegen.

Der Hauptpunkt dieses Gesetzes war aber ein wesentlicher, und zwar die Verbraucher­rechte. Es gab in den vergangenen Jahren unheimlich viele Beschwerden seitens der Verbraucher über die verschiedenen Mobilfunkbetreiber. Eine davon konnten wir über unsere Seite „www.unzensuriert.at“ an die Öffentlichkeit bringen. Mit diesem Gesetz wird jetzt ein großer Riegel vor etliche dieser Malversationen geschoben.

Beispielsweise wird es bessere Informationen geben. Bei einigen Mobilfunkbetreibern ist es schon seit dem Sommer so, dass man bei Erreichung von 80 Prozent seines


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Volumens eine entsprechende SMS-Warnung erhält. Oder: Etwas sehr Wichtiges sind die Papierrechnungen, vor allem für Ältere oder Firmen. Man hat jetzt verpflichtende Papierrechnungen und kann wahlweise für eine elektronische Rechnung optieren. Weitere Neuerungen für die Verbraucher sind eine Dienstsperre für Daten und Ähnliches oder die Vertragsmaximierung auf 24 Monate.

Wir sind absolut für dieses Gesetz und die dazugehörige Verordnung. Etliche Dinge, die das BZÖ in einem Entschließungsantrag fordert, werden im Zuge dieser Verord­nung klargestellt, und wir glauben auch, dass diese Verordnung durchaus ausreicht. Warum sind wir auch für das restliche Gesetz? – Wir sind in Österreich bei der Breitbandinitiative Jahre hinten, und wir glauben, dass wir dadurch einen ordentlichen Schub machen können.

Warum bin ich heute als Kontraredner hier? – Frau Hakl wird es vielleicht schon wissen, es geht um die digitale Dividende. Es gab eine Petition von ÖVP-Abgeord­neten, dass die digitale Dividende, das heißt der Verkauf der Frequenzbänder, für den Dienst in den ländlichen Regionen verwendet wird. Dahinter stehen wir. Aber bitte, Frau Kollegin Hakl, ihr seid in der Regierung! Ihr habt das in der Hand, da brauche ich keine Petition. Das ist der Grund, warum ich heute Kontraredner bin, denn so ist das populistisch. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.22.28

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Kollege Deimek hat ja schon einige Details dieser Novelle, die heute in Verhandlung steht, ausgeführt. Ich möchte grundsätzlich ein bisschen darüber reden.

Man kann nicht oft genug sagen, dass die IKT-Branche heute in der österreichischen Volkswirtschaft bedeutender ist als die Tourismuswirtschaft, also mehr erwirtschaftet als der Tourismus. Daher ist es in diesem wichtigen Segment unserer Gesellschaft nötig, gute Arbeit zu leisten.

Als Gesetzgeber ist man natürlich immer auch daran interessiert, wie sich diese Branche im internationalen Vergleich schlägt, und wir können sagen, dass wir in Österreich wirklich einen funktionierenden Markt haben, die Preise für Mobilfunk sind in Österreich europaweit führend. Wir haben eine Penetrationsrate von fast 150 Prozent im Mobilfunkbereich, wir sind in diesem Bereich ein sehr erfolgreiches Land in Europa, und mit dieser Novelle machen wir wieder einen Schritt nach vorne.

Ich möchte mich ganz besonders beim Herrn Kollegen Maier, unserem Konsumenten- und Datenschutzexperten, bedanken, der fleißig mitgewirkt hat, die Konsumenten­schutzrechte auszubauen, die wir heute beschließen werden.

Es ist schade, dass wir den Abänderungsantrag heute nicht einbringen werden. Um ehrlich zu sein, ich verstehe das nicht ganz, weil die ÖVP heute ein Gesetz ändern will, das sie selbst mitbeschlossen hat. Wir werden darüber noch reden und das bei der nächsten Gelegenheit erledigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 113

14.24.29

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Novelle des Telekomgesetzes beruht auf der Umsetzung von fünf EU-Richtlinien und einer Verordnung, das ist bereits erwähnt worden. Ziel wäre mehr Wettbewerb, mehr Verbraucher- und Konsumentenschutz im Gesetz. Genau das ist der Punkt, warum wir vom BZÖ das Gesetz ablehnen werden, denn im Gesetz ist das alles nicht in dem Umfang sichergestellt, wie wir das wollen.

Es gibt geringe Verbesserungen etwa bei den Warteschleifen, es darf hier keine Mehrwertgebühr mehr verrechnet werden. Auch beim Umzug, wenn der Konsument von einem Ort zum anderen umzieht, soll nicht mehr die volle Länge abkassiert werden dürfen, sondern nur mehr maximal 50 Prozent; das ist aber auch noch zu viel. Aber auch diese beiden Dinge sollen in der Verordnung und nicht im Gesetz geregelt werden.

Wir sind der Meinung, dass bereits genug abgezockt wird, dass wir bereits genug Belastungen haben, dass die Lebenshaltungskosten gestiegen sind, dass wir genug Steuergeld auch ins Ausland abfließen lassen, und dass wir den Konsumenten viel stärker schützen müssen.

Wir wollten eigentlich drei ganz banale Dinge durchsetzen. Wir wollten haben, dass es eine Kostensperre für Telefonkosten gibt, dass der Konsument sagen kann – Hausnummer –: maximal 50 €, dann stopp; oder auch beim Download: maximal 50 €, und dann stopp. Diesen Wechsel kann der Konsument auch selbst während des Jahres veranlassen. Das war alles nicht möglich. Da wird auf Verhandlungen mit der Branche verwiesen, die man noch führen wird müssen. Und die FPÖ sagt: Na ja, wir hoffen, wir glauben. Vielleicht beten sie auch ein bisschen, dass das geschieht. Wir vom BZÖ wollen haben, dass das direkt ins Gesetz hineingeschrieben wird.

Dazu kommt, dass die bisherigen Regelungen für den Laien oft sehr unverständlich sind. Das beginnt bei Gebührenvergleichen. Es geht darum, dass es zwar zum Teil im Inland Warnungen gibt, die aber für den normalen User eigentlich nicht verständlich sind. Daher ist diese Kostensperre unbedingt notwendig. Ich kenne einige Fälle, in denen mit der derzeitigen Regelung um das Siebzig-, Achtzig-, Hundertfache von dem, was man im Monat zahlt, mehr bezahlt werden musste, weil der Konsument nicht rechtzeitig gewarnt worden ist.

Hinzu kommen dann noch teure Gerichtsverfahren, wo noch einmal abgezockt wird, wobei ein Vielfaches dessen zu bezahlen ist, was die Rechnung eigentlich ausmacht. Es gibt tausende Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde, bei der RTR. Es ist auch schwierig, etwa über die Hotlines der Anbieter zu seinem Recht zu kommen. Man muss oft direkt vor Gericht ziehen, und das ist wiederum eine Kostenbelastung.

Unser Anliegen wäre es gewesen, das direkt ins Gesetz hineinzuschreiben, das ordentlich und sauber zu regeln und keine Nullregelung im Gesetz festzuschreiben. Denn die Qualität des Gesetzes ist schlecht, das muss man ganz ehrlich sagen, für den Konsumenten wird nichts gemacht. Es wird immer auf die Verordnung verwiesen, und im Gesetz steht de facto nichts drinnen, wie man den sogenannten kleinen Mann, den ja auch die FPÖ besser zu schützen vorgibt, schützt. (Ruf bei der SPÖ: Was ist mit der kleinen Frau?)

Daher meine Frage an die FPÖ: Warum schützen Sie nicht den Konsumenten? Warum schützen Sie nicht den kleinen Mann direkt im Gesetz und verlassen sich auf die Verordnung, die die Regierung mit der Branche ausverhandeln wird?

Eines hat mich im Ausschuss besonders irritiert: Von der ÖVP ist ja angeregt worden, dieses gute Gesetz, welches die Verbraucher angeblich schützen soll, auch zu


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inserieren, bekannt zu machen. Ich habe dann gesagt: Liebe Freunde, so kann es ja nicht sein! Zuerst braucht es Qualität im Gesetz, wenn wir es gemeinsam beschließen, dann kann man über alles reden. Aber etwas zu inserieren, von dem wir gar nicht wissen, was die Qualität ist, kommt für das BZÖ nicht in Frage, und ich wollte eine Ausschussfeststellung haben, dass wir das nicht machen. Interessanterweise hat diese Ausschussfeststellung keine Mehrheit gefunden. ÖVP, SPÖ und auch die FPÖ haben das abgelehnt – also freies Inserieren für Null-Lösungen in eigentlich qualitativ schlechten Gesetzen, die den Konsumenten nichts bringen.

Dieses Gesetz ist letztlich abzulehnen, weil es für den Konsumenten gar nichts bringt, außer dass man auf eine Verordnung hoffen wird müssen, die vielleicht in Ansätzen etwas bringt. Aber das Gesetz im jetzigen Zustand ist auf jeden Fall abzulehnen. (Beifall beim BZÖ.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.28.35

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesminister! Ich möchte mich eingangs ganz herzlich bei den Beamten des BMVIT, bei den Mitarbeitern meines Klubs und insbesondere auch bei meinem Mitarbeiter bedanken, denn bei den zahlreichen Richtlinien, die unter anderem mit diesem Gesetz umgesetzt werden, war es nicht ganz einfach, das alles in die österreichische Rechts­ordnung einzupassen. Diese Richtlinien müssen ja auch in Märkten, wo es kaum oder gar keinen Wettbewerb gibt, angewandt werden. Österreich hat den stärksten und auch für die Kunden erfolgreichsten Wettbewerb mit den niedrigsten Telefonkosten in ganz Europa, und wir mussten diese Richtlinien so umsetzen, dass diese Wett­bewerbsfähigkeit des Standortes auch weiterhin gewährleistet bleibt. (Beifall bei der ÖVP.) Frau Bundesminister, herzlichen Dank an Ihre Mitarbeiter für die gute Arbeit!

Falsch ist das, was zuletzt vom Herrn Kollegen vom BZÖ gesagt wurde. Dieses Gesetz legt insbesondere den Rahmen für eine ganz massive Stärkung aller Verbraucher­rechte fest – natürlich auch im Gesetzestext. (Abg. Mag. Widmann: Aber nicht in den wesentlichen Dingen!) Das reicht von maximalen Erstvertragslaufzeiten, die jetzt genau niedergeschrieben sind, über das Recht, zu entscheiden, in welcher Form, auf welche Art und Weise – Papier oder elektronisch – ein Kunde die Rechnung bekommt, bis dahin, welche Sperrmöglichkeiten zum Schutz vor Kostenexplosionen vorgesehen wer­den müssen.

Herr Kollege, ich halte es für völlig verfehlt, wenn wir angesichts eines sich permanent verändernden Nutzerverhaltens dauernd große Gesetzesänderungen brauchen, wenn hier Missstände auftreten. Jetzt gibt es die Smartphones, neue Dienste werden nicht nur von den Jungen, sondern Gott sei Dank von der gesamten Bevölkerung immer mehr genutzt und angewandt, rasant steigen die mobilen Datenvolumina und vor allem anfangs auch die Probleme mit der Abrechnung. (Abg. Mag. Widmann: Es geht immer um die Kostenfrage!) Ich will eine Behörde, die zum Schutz der Verbraucher rasch eingreifen und Missstände abstellen kann. Aus diesem Grund werden diese Details in der Verordnung geregelt. Der Verbraucher wird wesentlich besser geschützt.

Kollege Deimek kann und will der Petition der Tiroler ÖVP-Abgeordneten für eine rasche Vergabe der digitalen Dividende nicht zustimmen, weil sie nicht wie dort gefordert im Jahr 2011 kommt, sondern erst 2012. Ich sage, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, das große Volksvermögen, das in Form von unglaublich wertvollen Funkfrequenzen, die eine gute Ausbreitungswirkung haben und in der Lage


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sind, den Engpass der Versorgung insbesondere in den ländlichen Regionen rasch zu beseitigen, zur Verfügung steht, auch tatsächlich rasch zu vergeben.

Im Zuge des Versuches, besonders schnell zu sein, hat es sich aber ergeben, dass gemeinsam mit den 800-Megahertz-Frequenzen der digitalen Dividende die Vergabe des gesamten 900-Megahertz-Frequenzbandes samt zumindest Teilen des 1 800-Megahertz-Frequenzbandes erforderlich ist. Diese Versteigerung des Gesamtpaketes wird im Jahr 2012 erfolgen. Ich fordere, dass aus den Einnahmen, die in der Vergan­genheit immer direkt ins Budget geflossen sind, mindestens 250 Millionen für die Förderung des Breitbandausbaues dort, wo es sich trotz dieser neuen Möglichkeiten nicht rentiert, in den verästelten ländlichen Regionen, technologieneutral zur Verfügung gestellt werden.

Wenn wir diese Viertelmilliarde aus den zu erwartenden Einnahmen bei der Vergabe der digitalen Dividende und der anderen Frequenzen zur Verfügung stellen, dann schaffen wir es tatsächlich in wenigen Jahren, flächendeckend ultraschnelles Breitband für alle Österreicherinnen und Österreicher zu haben. Das muss unser Ziel sein, und deswegen erwarte ich, dass wir die nächsten Schritte rasch machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.05

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Telekommunikationsgesetz ist für uns ein Minimal­konsens. Trotzdem werden wir zustimmen und begrüßen einige vorgesehene Verände­run­gen – ich brauche sie jetzt aufgrund des Zeitmangels nicht alle aufzuzählen –, wie zum Beispiel die schnellen Rufnummernportierungen, verbesserte Zugänglichkeit des Notdienstes und viele andere Änderungen, die durchaus positiv zu sehen sind.

Aber leider sind in diesem Zusammenhang auch einige schwere Defizite von uns bemän­gelt worden, die den Datenschutz, den Kostenschutz, den Schuldnerschutz, also zusammengefasst den Konsumentenschutz, betreffen. Wie Frau Kollegin Hakl schon gesagt hat, ändern sich die Zeiten in der Technik rasant, und darauf muss eingegangen werden. So sind zum Beispiel die eingebauten GPS-Sender in den Smartphones ein Riesenproblem, was den Datenschutz angeht. Wir haben im Sommer gesehen, was damit geschieht. Anbieter legen schlicht und einfach Location Based Services an, die natürlich für den Konsumenten eine Bequemlichkeit in der Anwendung darstellen, allerdings aus Sicht des Datenschutzes ausgesprochen problematisch sind. Wir hätten uns vorgestellt, dass darauf im Gesetz schon in irgendeiner Form reagiert worden wäre.

Oder die Roaming-Gebühren: Natürlich hat es beim Thema Roaming-Gebühren gewisse Verbesserungen gegeben, aber es gibt auch heute noch immer wieder Fälle, in denen erhebliche Roaming-Gebühren entstehen – vor allem bei Smartphones, wo Handy-Apps im Hintergrund Datenverkehr erzeugen. Wir alle wissen davon und haben diese Dinge in unserem Bekannten- und Familienkreis schon erlebt, wo mehrere hundert Euro Zusatzkosten anfallen.

Ich habe den Eindruck und werde den Verdacht nicht los, dass die Unternehmen selbst auch damit spekulieren, dass genau diese Dinge passieren. Wenn man das und die gesamte Vertragsgebühr, die man in einem bestimmten Bereich bezahlt hat, dann zusammenzählt, haben wir in Österreich nicht mehr die billigsten Anbieter. Das ist auf dem Papier so, aber nicht in der Realität.


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Ein weiteres Beispiel sind die Mehrwertnummern oder Servicenummern, wie sich das nennt. Das ist reine Abzocke, die heute stattfindet. Wenn Sie heute – ich bin auch erst vor kurzem zufällig darauf gekommen – bei Ihrer Hausbank anrufen, wie Sie das früher gemacht haben, und nur eine Information wollen oder mit Ihrem vertrauten Bankberater sprechen möchten, werden Sie über eine 05er-Nummer geleitet, und die ist offensicht­lich kostenpflichtig. (Ruf beim BZÖ: Ja, so ist es!) So entstehen dann diese berühmten Kosten, es sind ja nur 5 € im Monat, aber auf die gesamte Bevölkerung gerechnet kommt ordentlich etwas zusammen. Das gehört rigoros abgestellt!

Noch einmal zurück zu den Roaming-Gebühren: Ich glaube, es ist Aufgabe Ihrer Ministerschaft, in der EU wirklich aktiv zu werden, nicht zu warten, was die Wettbe­werbskommissarin macht, sondern aus österreichischer Sicht einzuwirken, damit wir mit den Roaming-Gebühren wirklich herunterkommen. Es ist auch schon gesagt worden, dass es technische Möglichkeiten gibt, dass wirkliche Barrieren eingezogen werden.

Ganz zum Schluss möchte ich noch auf den Ausbau des Glasfasernetzes zurück­kommen. Wir sagen, wir haben eine hohe Mobilpenetration, mit niedrigen Preisen – das hat jetzt nichts mit Glasfaser zu tun, es geht jetzt über die Leitungen, die hier laufen. Die hohe Dichte an mobilem Breitband ist auf dem Papier vorhanden, tat­sächlich ist aber der Anspruch höher als das in der Realität Vorhandene. Wir sind in Österreich im Breitbandausbau sieben Jahre hinten. Ich hoffe, dass dieses Gesetz dazu beitragen wird, eine Beschleunigung zu bewirken.

Es darf aber nicht so sein, dass es in Randgegenden, auch einer Großstadt, in den nächsten Jahren zu keinem Ausbau kommen wird – wie es auch mir persönlich passiert ist. Denn die großen Unternehmen, vor allem die Telekom, haben Interesse daran, nur die Ballungszentren auszubauen. Dort, wo es nicht mehr kostendeckend sein würde, wird einfach darauf vergessen und auf den Sankt Nimmerleinstag ver­tröstet. Das ist eine schwere Beeinträchtigung des Standortes Österreich, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Mag. Josef Auer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Klub!) Freiwillige Klubredezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.37.25

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus recht aktuellem Anlass möchte ich jetzt doch, weil zweimal die digitale Dividende angesprochen worden ist und ich nicht mehr Zeit habe, auf diesen Punkt kurz eingehen.

Ich habe mir das relativ genau angeschaut: Erst im Mai des Jahres 2010 sind auf EU-Ebene durch einen Beschluss der Kommission die Voraussetzungen zur Nutzung der digitalen Dividende geschaffen worden. Bereits zwei Monate später, im Juli 2010, hat es – Sie wissen das, sehr verehrte Frau Ministerin – einen Ministerratsbeschluss gege­ben, wobei entschieden worden ist, dass es zur Vergabe der digitalen Dividende kommt. Erst im Dezember desselben Jahres hat es von den vier Tiroler Kollegen und Kolleginnen die diesbezügliche Petition gegeben. Als Tiroler Abgeordneter sage ich, wie wir eben in Tirol sagen, hilft’s nicht, schadet’s nicht. Es wäre meines Erachtens nicht unbedingt notwendig gewesen (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), weil ja die Schritte auf Ministerebene und auf Koalitionsebene bereits gegeben waren. Deshalb verstehe ich auch die Aussage des Kollegen Deimek ein bisschen.


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In Summe kann man aber jedenfalls sagen, dass wir sehr zufrieden sein können. Den Kollegen Widmann vom BZÖ kann ich nicht ganz verstehen. Er sagt, er ist dagegen, weil es zu keiner Kostensperre kommt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Dienste kann man sperren, und zwar einmal pro Jahr, und das kostenlos. Das zeigt, dass seine Aussage eigentlich nicht stimmt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.) Das haben wir im Ausschuss schon besprochen. Wir können mit dem Gesetz sehr zufrieden sein. Sie haben selbst gesagt, dass sehr, sehr vieles darin positiv zu bewerten ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Bures zu Wort gemeldet. – Bitte.

14.39.34

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eingangs möchte ich kurz ein Wort zur bevorstehenden Versteigerung von Funkfrequenzen sagen, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, dass wir in Zukunft dort, wo es noch eine digitale Kluft gibt – das ist zum Beispiel zwischen Stadt und Land –, diese auch tatsächlich schließen können.

Was mir in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist, dass unsere Republik nicht nur wirtschaftlich und möglicherweise budgetär gesehen, sondern vor allem auch volks­wirtschaftlich den größten Nutzen aus dieser Versteigerung zieht. Daher steht für mich Qualität vor der Frage der Geschwindigkeit. So eine Auktion muss transparent sein und in Absprache mit allen Marktteilnehmern erfolgen. Es ist eine Voraussetzung für die Auktion, dass auch fundierte wettbewerbspolitische Analysen dafür vorliegen, die auch noch in detaillierterer Art und Weise, als wir das derzeit haben, vorzulegen sind.

Wichtig ist auch, was mit den Erlösen passieren soll. Sie werden das Budget in den nächsten Tagen ja diskutieren. 250 Millionen € an möglichen Einnahmen sind im Finanzministerium im Budget dazu eingestellt, und ich lade natürlich auch ein, zu sagen, geben wir dem Geld ein Mascherl und versuchen wir, so viel wie möglich für die Überwindung der digitalen Kluft – und da ist nicht nur Stadt und Land, wir haben auch eine Kluft zwischen jungen und älteren Menschen, wir haben auch eine Kluft auch zwischen Arm und Reich –, was diese Anwendungen betrifft, einzusetzen. Wir wollen keine Zweiklassengesellschaft in der Digitalisierung, sondern allen diesen Wissens­zugang auch tatsächlich ermöglichen.

Wenn wir da investieren, ist es gut investiertes Geld. Ich bin auch der Auffassung, dass im Bereich der Landwirtschaftsförderung, wenn es um den ländlichen Raum, um die Regionen geht, es nicht nur Agrarförderungen sind, sondern auch die Digitalisierung, der Anschluss des ländlichen Raums, der seitens des Landwirtschaftsministeriums stärker unterstützt werden könnte. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

Die Novelle, die vorliegt, ist eine sehr umfangreiche Novelle. Sie setzt das dritte EU-Telekom-Paket um, bei dem es vor allem um wettbewerbsrechtliche Fragen geht, wo wir den Wettbewerb stärken, wo wir die Investitionen der Telekommunikationsbranche auch stärken wollen. Wir haben Bestimmungen darin, die vorsehen, dass es ein Regulierungskonzept geben muss, dass es für die Unternehmen auch refinanzierbar sein wird, wenn sie investieren. Das bedeutet also eine Verringerung von Investitions­risiken. Wir haben die Förderung potenzieller neuer Marktteilnehmer, um den Wettbe­werb zu unterstützen. Das sind also eine Reihe an konkreten Maßnahmen, die den Wettbewerb stärken, und wir haben eine Reihe an Maßnahmen, die weit über die EU-Richtlinie hinausgehen, wo wir und das österreichische Parlament sagen, wir wollen die VerbraucherInnenrechte in Österreich stärken. Wir wollen neue Technologien, die


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natürlich große Chancen bieten, aber bei denen es auch Risiken gibt, und dazu brauchen wir auch Schutzregelungen im Bereich des Konsumentenschutzes.

Daher werden wir diese Maßnahmen vorschlagen beziehungsweise habe ich diese Maßnahmen vorgeschlagen, zum Beispiel verpflichtende Warn-SMS, wenn man bei einer individuellen, selbst angegeben Kostengrenze bei Handyrechnungen gewarnt wird: Achtung, deine Handyrechnung ist zu hoch! Damit wird man dieser Falle und der Gefahr erhöhter Handykosten auch einen Riegel vorschieben.

Wir haben bei den Vertragsbindungen Kürzungen vorgenommen. Wir haben die kos­tenlose Papierrechnung auch auf Wunsch der Kundinnen und Kunden eingeführt, auch deshalb, weil man weiß, dass 60 Prozent der Menschen über 60 Jahre gar keinen Internetzugang haben. Sie sind auf Papierrechnungen angewiesen, und es ist gut, dass sie das auch kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen werden.

Zusammenfassend in aller Kürze: Die vorliegende TKG-Novelle bringt eine Stärkung des Wettbewerbs, bringt sozusagen auch eine Stärkung dieser wichtigen IKT-Branche, und sie bringt bessere KonsumentInnenschutzregelungen weit über die EU-Richtlinien hinaus. Daher bedanke ich mich wirklich bei allen, bei den Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern meines Hauses, aber auch bei vielen von Ihnen und auch bei Vertreterinnen der Branche, die so konstruktiv an dieser wirklich guten Novelle mitgearbeitet haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.28

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Sie, Frau Bundesministerin, haben zu der vorliegenden Änderung des Telekommunikationsgesetzes jetzt gesagt, dass der Wettbewerb dadurch gestärkt und auch der Konsumentenschutz wesentlich verbessert wird, weit über die EU-Richtlinie hinaus.

Meiner Meinung nach ist es jedoch so, dass der Konsumentenschutz und der Schuld­nerschutz ganz einfach in diesem Bereich zu kurz kommen und damit die Kostenfalle weiterhin sperrangelweit offen ist.

Eine verpflichtende Handykostensperre muss im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten möglich sein. In der vorliegenden Änderung zum Telekommunikations­gesetz ist das nicht der Fall. Zu viele Konsumentenschutzbestimmungen müssen nach dieser Gesetzesvorlage erst auf dem Verordnungsweg erlassen werden, wo erneut Einvernehmen mit der Branche erzielt werden muss, da die Verordnungsermächtigung ja nicht allein bei Ihnen, Frau Bundesminister, liegt. Das kann, wenn man das jetzt so durchzieht, Jahre dauern, und es ist garantiert in der Folge, weil eben Kompromisse zu schließen sind auf dem Verhandlungswege, keine konsumentenschutzgerechte Umset­zung, wie ich das sehe.

Zu den hohen Handyrechnungen und Rechnungen für Downloads: Die Konsumenten werden mit der Fülle von Angeboten in Zukunft nicht mehr zurande kommen, die hohen Rechnungen werden vor allem das Haushaltsbudget der Familien schmälern und insbesondere junge Menschen in die Schuldenfalle treiben.

Ich bringe auch aus diesem Grund folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, List, Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend direkte Verankerungen der Konsumentenschutzbestimmungen im Telekommuni­ka­tionsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, durch den sichergestellt wird, dass nachfolgende Konsumentenschutzbestimmungen direkt im Telekommunika­tions­gesetz verankert sind.

Die Möglichkeit einer erstmaligen kostenlosen monatlichen Begrenzung der Telefon­kosten vom Konsumenten mit Warn-SMS vor der Überschreitung und mit sofortiger automatischer Wegrufsperre vom Betreiber bei Überschreitung für den Rest dieses Monats, sodass für den Kunden nie mehr als die Maximalgebühr anfallen kann, auch wenn die Kosten im Ausland durch Roaming entstanden sind.

Die Möglichkeit einer erstmaligen kostenlosen monatlichen Begrenzung der Download­kosten vom Konsumenten mit Warn-SMS vor der Überschreitung mit sofortiger auto­matischer Downloadsperre vom Betreiber bei Überschreitung für den Rest dieses Monats, sodass für den Kunden niemals mehr als die Maximalgebühr anfallen kann, auch wenn die Kosten sozusagen im Ausland entstanden sind.

Dass diese beiden selbstauferlegten Kostensperren von den Konsumenten jederzeit nach Bedarf und finanzieller Situation, aber jedenfalls kostengünstig erweitert und vermindert werden können.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! In der vorliegenden Regierungsvorlage werden die Rechte der Konsumenten nicht so gestärkt, wie es mit etwas gutem Willen möglich gewesen wäre. (Beifall beim BZÖ.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, List, Dolinschek Kolleginnen und Kollegen betref­fend direkte Verankerungen der Konsumentenschutzbestimmungen im Telekommuni­kations­gesetz

eingebracht im Zuge der Debatte des Nationalrates über den Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (1389 d.B.): Telekommunikationsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucher­behörden-Kooperationsgesetz (1450 d.B.)

Eine verpflichtende Handy-Kostensperre muss im Interesse der KonsumentInnen und Konsumenten möglich sein. In der vorliegenden Änderung zum Telekommunikations­gesetz ist das nicht der Fall. Zu viele Konsumentenschutzbestimmungen müssen nach der vorliegenden Gesetzesvorlage erst auf dem Verordnungsweg erlassen werden - wo erneut Einvernehmen mit der Branche erzielt werden muss, da die Verordnungs­


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ermächtigung nicht bei der zuständigen Ministerin alleine liegt. Das kann Jahre dauern und garantiert infolge von Kompromissen die am Verhandlungswege immer eingegan­gen werden müssen keine konsumentenschutzgerechte Umsetzung.

Zu hohe Handyrechnungen und Rechnungen für Downloads werden die Konsumen­tinnen und Konsumenten die mit der Fülle der Angebote nicht zurande kommen weiter belasten, das Haushaltsbudget insbesondere von Familien schmälern und insbeson­dere junge Menschen in die Schuldenfalle treiben. Der Konsumentenschutz und ins­besondere der Schuldnerschutz kommen zu kurz und damit wird diese Kostenfalle weiterhin offen gelassen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, durch den sichergestellt wird, dass nachfolgende Konsumentenschutz-Bestimmungen direkt im Telekommunikations­gesetz verankert sind:

die Möglichkeit einer erstmalig kostenlosen monatlichen Begrenzung der Telefon-Kosten (Maximalkosten) vom Konsumenten – mit Warn-SMS vor der Überschreitung und mit sofortiger automatischer Wegrufsperre vom Betreiber bei Überschreitung für den Rest dieses Monats - so dass für den Kunden nie mehr als die Maximalgebühr anfallen kann – auch wenn die Kosten im Ausland (roaming) entstanden sind;

die Möglichkeit einer erstmalig kostenlosen monatlichen Begrenzung der Download- Kosten (Maximalkosten) vom Konsumenten – mit Warn-SMS vor der Überschreitung und mit sofortiger automatischer Downloadsperre vom Betreiber bei Überschreitung für den Rest dieses Monats - so dass für den Kunden nie mehr als die Maximalgebühr anfallen kann – auch wenn die Kosten im Ausland (roaming) entstanden sind;

dass diese beiden selbst auferlegten Kostensperren von den Konsumentinnen und Kon­sumenten jederzeit nach Bedarf - und finanzieller Situation - aber jedenfalls kostengünstig erweitert oder vermindert werden können.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.47.31

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde ja eingangs heute schon intensiv über die digitale Dividende diskutiert, und ich glaube, es ist für uns alle wichtig, dass wir hier einen Ausbau dieser Infrastruktur vorantreiben und dass wir das unterstützen.

90 Prozent der österreichischen Bevölkerung nützen heute Handy, Smartphone und mobiles Internet. Die Zahl der Nutzer wird tagtäglich größer, und zwar sowohl im städtischen Bereich als auch in ländlichen Regionen. Die Datenmengen werden größer, und auch die Übertragungsraten werden schneller und sicherer. Aus diesem Grund – und ich glaube, wir wissen, dass es eine Lücke in ländlichen Regionen gibt – und zur Unterstützung haben wir Tiroler Abgeordnete diese Petition eingebracht und im Petitionsausschuss und im Verkehrsausschuss diskutiert. Damit haben wir dem, wie


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ich meine, eine gewisse Gewichtung gegeben und verleihen stellvertretend für alle Menschen in den ländlichen Regionen und Wirtschaftsbetrieben der Forderung nach einem Ausbau gerade in ländlichen Regionen Nachdruck.

Da gibt es Unzufriedenheit; Kollege Auer hat das ja schon irgendwie bestätigt. Ich habe in meinem Wahlkreis 15 Gemeinden, wo Bürgermeister an mich herangetreten sind, es wird überall großspurig kommuniziert, es gibt eine gute Internetverbindung und den Breitbandausbau, aber in ihrer Gemeinde gibt es dabei Probleme. Diese Probleme sollten wir, wie ich meine, ernst nehmen. Ich bin der Frau Bundesminister durchaus dankbar, dass sie im Ausschuss auch ein Bekenntnis dazu abgegeben hat, dass wir uns hier bemühen werden, die Chancengleichheit für ländliche Regionen zu wahren und den Ausbau zu forcieren.

Unser Ziel muss es sein, dass wir weiße Flecken und schlecht versorgte Gebiete besser und effizienter versorgen. Ziel muss es aber auch sein, dass wir – es gibt EU-Programme, die ja bis 2020 einen 50-prozentigen Ausbau mit 100 Mbit/s vorgeben –, Bund, Land und EU gemeinsam vorgehen.

In Tirol gibt es einen Landtagsantrag und jetzt einen Regierungsbeschluss, dass auch das Land Tirol hier aktiv wird und den Breitbandausbau vorantreibt, weil es ja unbestritten ein Wirtschaftsfaktor ist, aber auch eine Verbesserung der Lebensqualität bedeutet. Leistungsfähige Infrastruktur, glaube ich, ist die beste Zukunftsvorsorge für Vernetzung und sichere Kommunikation. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.50.10

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Diese neue Novelle bringt mehr Sicherheit, bringt mehr Transparenz. Wir alle kennen die Berichte, die immer wieder veröffentlicht werden, wir alle wissen, dass es unvor­stellbar hohe Telefonrechnungen gibt, und da gibt es jetzt verstärkte Kontrollen, die es ermöglichen, dass die Konsumenten auch zu ihrem Recht kommen. – Das ist gut so.

Zum Zweiten: Zu den angeführten positiven Punkten, die schon die Kolleginnen und Kollegen hier vorgestellt haben, möchte ich noch einen hinzufügen, der mir sehr wichtig erscheint, nämlich dass die anfängliche Vertragsdauer begrenzt wird. Damit ist die Umstiegsmöglichkeit bedeutend erleichtert worden. Ich glaube, das ist ein wesent­licher Punkt.

Zur Petition möchte ich festhalten, dass es wichtig ist, dass es auch am Land, ja überall in Österreich eine rasche Internetverbindung gibt. Das ist wichtig für den Wirt­schaftsstandort, es ist wichtig für die Wirtschaftskraft unseres Landes, und wir Sozial­demokraten stehen dazu, neben der Budgetdisziplin auch für Beschäftigung, Wachs­tum, Investitionen und für zukunftsorientierte gute Arbeitsplätze zu sorgen, die dadurch sicherer werden und auch geschaffen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.52.01

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wenn ich so in die Runde schaue, dann sehe ich, es sind ja einige mit ihren Handys beschäftigt, und wie wir im Ausschuss gehört haben, ist es auch schon Abgeordneten passiert, dass sie in eine böse Kostenfalle getappt sind.


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Telefonrechnungen von durchschnittlich 750 € sind keine Seltenheit. Das führt zu viel Leid und großen Ärger.

Umso größer ist der Erfolg, dass wir heute neue Bestimmungen im Telekommunika­tionsgesetz beschließen. – Vielen Dank, Frau Minister, und ein Dankeschön an alle, die hier mitgewirkt haben.

Es geht um einen wirksamen Schutz vor diesen Horror-Handyrechnungen. Kann das überhaupt funktionieren? – Wirtschaft und Konsumenten sagen Ja. Alle Anbieter müssen – die Betonung liegt auf müssen – eine Warn-SMS an den Nutzer senden, sobald das individuell ausgemachte Kostenlimit überschritten wurde. Diese Warnung ist uns besonders wichtig, weil viele gar nicht merken, wenn sie das Kostenlimit überschreiten. (Abg. Mag. Widmann: Das ist der Mehrwert des Gesetzes!) – Herr Kollege Widmann, Informationen, die nicht den Konsumenten erreichen, sind praktisch wertlos, weil er sie nicht nutzen kann. Ich nehme an, auch Sie werden Ihre Rede und Ihre Informationen aussenden oder auf einer Homepage veröffentlichen. Das heißt natürlich, in einer Informationsgesellschaft sollten Informationen dorthin gelangen, wo sie hingehören.

Was uns Senioren besonders wichtig ist – das hat ja die Frau Minister bereits ausge­führt –: Es wird Papierrechnungen, und zwar kostenlos, geben. Warum sind die wichtig? – Weil zwei Drittel der Senioren im Alter von 60 plus über kein Internet verfügen. Also für die älteren Menschen ist das eine wichtige Verbesserung, aber nicht nur für sie. Was wir heute beschließen, ist ein weiterer wichtiger Schritt zu stärkeren Konsumentenrechten, und das ist gut so. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.18

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Mit dem nun vorliegenden Kommunikationsgesetz werden auf der einen Seite die Vorgaben der EU umgesetzt, auf der anderen Seite werden die Verbraucherrechte weiter gestärkt.

Gerade im Zeitalter einer digitalen Welt muss der Schutz unserer Konsumentinnen und Konsumenten oberste Priorität haben, und daher freut es mich umso mehr, dass mit diesem Gesetz die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden. Es ist zum Beispiel gelungen, das Problem der kostenpflichtigen Warteschleifen zu lösen. Das heißt, wenn vom Unternehmen keine Leistungen erbracht werden, dürfen auch zukünf­tig keine Kosten mehr verrechnet werden. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist auch, dass in Zukunft eine verpflichtende Warn-SMS darauf aufmerksam machen soll, dass bereits ein bestimmtes Kostenlimit erreicht wurde.

Jährlich beschweren sich – und das sagt auch die Statistik – über 4 000 Konsumen­tinnen und Konsumenten bei der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde über sehr hohe Telefonrechnungen. Vielleicht können Sie sich alle noch an den Fall eines Vorarlberger Skilehrers erinnern, der mit seinem Handy ein Datenvolumen von über 7 Gigabyte verbrauchte und dann letztendlich eine Rechnung von 25 000 € erhielt. Die Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde hat nun durch diese Novelle die Mög­lichkeit, die Betreiber zu verpflichten, dass den Kunden Kontrollinstrumente zur Verfü­gung gestellt werden, und das natürlich kostenlos. Dadurch wissen die Konsumentin­nen und Konsumenten, wann sie ihr Download-Limit erreicht haben, und auch, wie hoch die laufenden Kosten sind.


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Besonders positiv hervorzuheben ist noch, dass es für ältere Menschen ohne Internet­zugang einen wesentlichen Vorteil darstellt, dass es nun auch eine Verpflichtung zur kostenlosen Bereitstellung einer Papierrechnung gibt.

Abschließend ist festzuhalten, dass dieses Gesetz mit Sicherheit sehr ausgewogen ist und die Grundlage für einen fairen Wettbewerb darstellt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.56.53

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir wissen, dass die Ansprüche an die Dateninfrastruktur immer höher werden, eine immer größere Anzahl von Menschen nutzt das Internet beziehungsweise digitale Mobilendgeräte.

Auf europäischer Ebene hat man sich deshalb zum Ziel gesetzt, bis 2013 die Breitband-Grundversorgung aller Bürger zu gewährleisten und bis 2020 für alle Europäer einen Internetzugang mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von mehr als 30 Mbit/s zur Verfügung zu stellen.

Wir haben im Regierungsprogramm ambitioniert festgelegt, die Versorgung bis 2013 mit zumindest 25 Mbit/s zu erreichen, und wenn wir das erreichen wollen, kommen wir um eine Versteigerung der digitalen Dividende nicht herum. Dieser frei gewordene Frequenzbereich sollte rasch an die Mobilfunkbetreiber versteigert werden, weil wir dadurch den zusätzlichen Nutzen hätten, eben mit diesen lukrierten Mitteln den Breitbandausbau vor allem in ländlichen Regionen voranzutreiben.

Wenn wir heute in Tirol von Breitbandverbindung reden, so bewegt sich diese im ländlichen Raum bei gerade einmal 2 Mbit/s. Da besteht absoluter Handlungsbedarf, denn die Ausdünnung des ländlichen Raumes beginnt mitunter auch mit einer schlechten Breitband-Infrastruktur. Kein Unternehmen, keine Privatperson will länger in einer Gegend leben beziehungsweise arbeiten, wo eine strukturelle Benachteiligung gegenüber den Ballungszentren herrscht.

Es freut mich auch, wie es mein Kollege Gahr bereits angesprochen hat, dass die Frau Bundesminister im Ausschuss ein Bekenntnis einerseits zum ländlichen Raum abgelegt hat und andererseits auch zur Versteigerung der digitalen Dividende. In einem zeitlichen Fahrplan war angekündigt, dass diese im Herbst 2011 erfolgen hätte sollen. Jetzt sind wir in einer Diskussion – ich bin hinzugestoßen –, wo es geheißen hat, es wird frühestens 2013 sein. Ich würde mir wünschen und ich fordere auch ein, dass wir diese Versteigerung im ersten Quartal vornehmen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minuten Redezeit. Ich mache darauf aufmerksam, dass ich um 15 Uhr die Rede zum Aufruf der Dringlichen Anfrage unterbrechen werde. – Bitte.

 


14.59.11

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein den heutigen Anforderungen angepasstes Telekommunikationsgesetz ist, glaube ich, Voraussetzung für einen erfolgreichen Wirtschaftsstandort Österreich. Qualitätsverpflichtungen und eine verbes­


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serte Information gegenüber den Teilnehmern sind meiner Meinung nach ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Umsetzung.

Es geht, wie ich meine, um einen Mehrwert für den Konsumenten. Und dazu gehören auch ein Tarifvergleich, der Online funktionieren sollte, eine Verbesserung bei der Nummernübertragung und der Vertragsdauer und nicht zuletzt auch die Verbesserung der Qualität bei den Notrufdiensten.

Ein Hauptziel dieses Gesetzes soll aber auch das Beseitigen von Regelungsdefiziten durch die Behörde sein, um den Wettbewerb zu fördern und Doppelgleisigkeiten in der Telekommunikationsinfrastruktur abzubauen. Da begrüße ich, dass mit diesem Gesetz die Mitbenützung dieser Einrichtungen durch verschiedene Anbieter geregelt wird. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Abschließend möchte ich aber noch einmal mehr auf den Breitbandausbau im länd­lichen Raum hinweisen. Es liegt auf der Hand, dass sich der Ausbau dort um einiges schwieriger gestaltet als in den Ballungszentren. Viele meiner Vorredner haben auch auf die Kostendeckung hingewiesen. Ich möchte darauf hinweisen, der Zusammen­hang erfolgreicher Wirtschaftsstandort und Telekommunikationsinfrastruktur gilt auch für den ländlichen Raum. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 9 und 10 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung pünktlich um 15 Uhr stattfinden kann.

15.01.01Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich (9489/J)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 9489/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Die Bundesregierung hat sich mit dem Regierungsprogramm aus dem Jahr 2008 auf Reformen im Bildungsbereich geeinigt. Die medialen Ankündigungen in der Folge gingen zum Teil noch weiter. Einige große wie eine Vielzahl kleinerer Vorhaben sind aber weiterhin offen.

So hat etwa Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek Anfang Februar 2010 in der APA noch einheitliche Standards und ein Bundesrahmengesetz für die Kindergärten gefordert. Insbesondere sollten die Öffnungszeiten ausgeweitet und die Zahl der Schließtage reduziert werden. Am 6. März 2010 ging ihre Forderung noch weiter: Heinisch-Hosek verlangte in der ORF-Pressestunde einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung.

Noch vor etwas mehr als einem halben Jahr war auch die Ausbildung der Kinder­gartenpädagogInnen an den Pädagogischen Hochschulen ausgemachte Sache: So


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war der APA am 14. März 2011 zu entnehmen: „Auch wenn in der Vorberei­tungsgruppe zur neuen Lehrerausbildung noch immer über Details diskutiert wird, sind einige Eckpunkte bereits fixiert. Ziel ist ein ,Upgrade für alle‘, deshalb soll künftig jeder Pädagoge – vom Kindergarten bis zur Schule mit Maturaabschluss – verpflichtend ein Masterstudium abschließen“, so der Leiter der von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SP) und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (VP) eingesetzten Gruppe, Ex-VP-Bundesrat Andreas Schnider. Der Bachelor soll dabei vier Jahre dauern. „Alle pädagogischen Berufe müssen das gleiche wissenschaftliche Niveau haben“, betonte Schnider gegenüber der APA.

Am 14. Dezember 2010 hat Bundeskanzler Werner Faymann im Pressefoyer nach einer Ministerratssitzung 2011 zum „Jahr der Bildung“ erklärt. Als Schwerpunkte nannte er die vorschulische Kinderbetreuung, die Neue Mittelschule, die Universitäten sowie die Ganztagsschule. Der Homepage des Bundeskanzlers war zu entnehmen: „Das kommende Jahr werde, so der Bundeskanzler weiter, ganz im Zeichen der Bildung stehen. Dabei gebe es vier Schwerpunkte: Die vorschulische Kinderbetreuung, die Neue Mittelschule, die Universitäten sowie die Ganztagsschule. Bei der Kinderbetreuung sei sich die Koalition einig, dass diese quantitativ ausgebaut und qualitativ weiter entwickelt werden müsse, vor allem was die Förderung von Kreativität betreffe. Dazu gehöre auch die von Finanzminister Josef Pröll eingeforderte Sprach­förderung. Über die Neue Mittelschule seien noch Gespräche zu führen. Das gelte auch für die Universitäten, bei denen es auch um eine Einigung über die Studien­platzfinanzierung gehen müsse. „Man kann natürlich über Verbesserungen im Stipen­diensystem diskutieren. Der freie Zugang zu den Universitäten bleibt aber ein zentraler Grundsatz für die Sozialdemokratie. Hier halte ich an meiner Meinung fest“, stellte Bundeskanzler Faymann noch einmal fest. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Ganztagsschule.

Am 12. November 2010 proklamierten Bundesministerin Claudia Schmied und Bun­desministerin Beatrix Karl via OTS: „Ziel ist der Start des ersten Jahrgangs der LehrerInnenbildung NEU noch in dieser Legislaturperiode. „Die Qualität und Chancen­gerechtigkeit des österreichischen Bildungssystems stehen im Zentrum unserer politischen und gesellschaftlichen Überlegungen. Es geht um die Umsetzung der Bildungsreformen. Noch in dieser Legislaturperiode soll die LehrerInnenbildung NEU starten, an der wir intensiv arbeiten“, betonten Bildungsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl abschließend.

Das moderne Dienst- und Besoldungsrecht für neu eintretende LehrerInnen rückt inzwischen in eine immer fernere Zukunft, während die Gesetzgebungsperiode sich dem Ende zuneigt. Gleichzeitig steht eine Pensionierungswelle bevor, die etwa 50.000 LehrerInnen in den kommenden 15 Jahren betrifft. Die Einigung zwischen dem Unterrichtsministerium und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst über das neue Dienst- und Besoldungsrecht sollte vor dem Sommer 2011 vorgelegt werden. Im September wurde die Aufschiebung auf Ende des Jahres verkündet. Am 12. Oktober 2011 kündigte Unterrichtsministerin Claudia Schmied an, dass eine Einigung frühestens im Sommer 2012 vorliegen werde.

Der gesamte Bereich der Verwaltungsreform im Schulbereich wurde noch nicht in Angriff genommen. Im Regierungsprogramm ist klar die Einrichtung von Bildungs­direktionen vereinbart. Ebenso die Abschaffung der Bezirksschulräte, die Streichung der (politisch besetzten) Kollegien an den Landesschulräten und eine Flexibilisierung der Schulsprengel. Am 30. März 2011 kündigte Unterrichtsministerin Schmied in einer Pressekonferenz ihre Vorhaben für das Bildungsjahr 2011 an. Darin rückt sie von einer umfassenden Verwaltungsreform ab. Nur noch von einer Schulaufsicht „NEU“ war die Rede, Kernstück darin die Bildungsstandards.


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Das ursprüngliche Ziel, die Schullaufbahnentscheidung an das Ende der 8. Schulstufe zu verschieben, wurde aufgegeben. Zwar werden alle Hauptschulen schrittweise auf Neue Mittelschulen umgestellt, die AHS-Unterstufen bleiben jedoch in der bestehenden Form erhalten. Im Rahmen eines Chats mit dem Online-Standard sprach sich Bundes­ministerin Claudia Schmied am 5. Oktober 2011 „natürlich für die Beibehaltung der AHS-Unterstufe“ aus.

Die Universitäten benötigen dringend die angekündigte Uni-Milliarde, und zwar ohne Junktimierung, damit der versprochene Zwei Prozent-Pfad noch annähernd erreichbar ist. Am 4. März 2010 wähnte sich die damalige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl im Interview mit den Salzburger Nachrichten noch auf einem guten Weg: „Wir bewegen uns im Moment in Richtung zwei Prozent des BIP.“ Heute kann keine Rede mehr davon sein.

Karrieren in Forschung und Entwicklung sollten gefördert werden, doch fehlen auch hier die Mittel. Eine innovationsorientierte Hochschul- und Forschungspolitik für die Schaffung weiterer qualifizierter Arbeitsplätze sowie die massive Erhöhung des FWF-Budgets lassen weiterhin auf sich warten.

Selbst Studiengebühren sind wieder im Gespräch, obwohl die Beseitigung der Hürden und der verbesserte Zugang zu Studien notwendig wären, um die AkademikerIn­nen­quote in Österreich anzuheben.

Das Bundesfinanzgesetz 2012 wird heute und morgen im Nationalrat diskutiert und in den kommenden Wochen verhandelt. Damit die zwischen den Koalitionspartnern ver­ein­barten Reformvorhaben umgesetzt werden können, müssen entsprechende Vorkehrungen im Budget für die Jahre 2012 und 2013 vorgesehen werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Dringliche Anfrage:

1. Wann plant die Bundesregierung die Ausbildung der  KindergartenpädagogInnen an den Pädagogischen Hochschulen bis zu Bachelor-Studiengängen durchzuführen, um den Beruf deutlich aufzuwerten und entsprechend höhere Gehälter durchzusetzen?

2. Welche budgetären Vorkehrungen wird die Bundesregierung für den kontinuierlichen Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen für unter Dreijährige in den Jahren 2012 und 2013 vorsehen? Wie viel Betreuungsplätze sollen zusätzlich errichtet werden?

3. Wann wird die Bundesregierung bundesweit einheitliche Standards für die Öffnungs­zeiten, Schließtage und Betreuungsverhältnisse zur Qualitätssicherung in den Kindergärten vorlegen?

4. Welche Pläne gibt es seitens der Bundesregierung, die Gehälter der Kindergarten­pädagogInnen spürbar zu erhöhen und bundesweit zu vereinheitlichen?

5. Welche Maßnahmen werden seitens der Bundesregierung gesetzt, um das Ziel des flächendeckenden Ausbaus ganztägiger Schulformen mit verschränktem Unterricht voranzutreiben?

6. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Schullaufbahnent­scheidung an das Ende der Sekundarstufe I zu verschieben und dem Ziel einer Gemeinsamen Schule näher zu kommen?

7. Wann wird die Bundesregierung dem Parlament eine Novelle des Dienst- und Besoldungsrechts für neu eintretende LehrerInnen vorlegen, das den Anforderungen eines modernen, leistungsgerechten Schulbetriebes gerecht wird?


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8. Welche Maßnahmen werden seitens der Bundesregierung ergriffen, um die Aus­bildung aller PädagogInnen vom Kindergarten bis zu den Universitäten in einem gemeinsamen Modell zusammenzuführen?

9. Wann wird die Bundesregierung die Entwürfe zu den gesetzlichen Rahmenbedin­gungen für eine verstärkte Autonomie der Schulen hinsichtlich Personalauswahl und Standortentwicklung dem Parlament vorlegen?

10. Weshalb wurde vom Regierungsvorhaben der Einrichtung von Bildungsdirektionen, der Abschaffung der Landesschulräte, der Beseitigung von Doppelstrukturen und der Abschaffung politisch besetzter Kollegien Abstand genommen?

11. Welche budgetären Mittel wird die Bundesregierung zur Verfügung stellen, um die intensive Kooperation zwischen Schulen auf der Sekundarstufe II und tertiären Bildungseinrichtungen zu finanzieren?

12. Welche budgetären Vorkehrungen wird die Bundesregierung in den Jahren 2012 und 2013 treffen, um das geplante Ziel zwei Prozent des BIP für den tertiären Sektor zu erreichen?

13. Wie steht die Bundesregierung zur neuerlichen Einführung von Studiengebühren?

14. Welche budgetären Mittel wird die Bundesregierung bereitstellen, um die Zahl der Studierenden und AbsolventInnen an Hochschulen und Universitäten in den Jah­ren 2012 und 2013 anzuheben? In welchem Ausmaß soll die Zahl an AbsolventInnen angehoben werden?

15. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung setzen, um die soziale Absicherung von Studierenden zu verbessern, die Zahl und Höhe der Stipendien deutlich zu erhöhen und eine Grundsicherung für Studierende einzuführen?

16. Welche Mittel stellt die Bundesregierung für die Optimierung der Betreuungs­relation Lehrende-Studierende nach internationalen Standards in den Jahren 2012 und 2013 zur Verfügung?

18. Wie weit sind die Pläne der Bundesregierung zur Entwicklung neuer Karriere­modelle in Wissenschaft und Forschung gediehen? Welche budgetären Mittel stehen für universitäre Forschung und Entwicklung in den Jahren 2012 und 2013 den Universitäten und dem Fonds der Förderung der wissenschaftlichen Forschung zusätz­lich zur Verfügung?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Frau Klubvorsitzender Dr. Glawischnig-Piesczek als erster Fragestellerin zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.01.28

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Vielleicht haben einige von Ihnen am 15. Oktober, am vergangenen Wochenende, an Demonstrationen teilgenommen oder sich angehört, was junge Menschen in Österreich, aber auch in vielen anderen europäischen Städten der Politik zu sagen haben. Ich habe das gemacht und hoffe, auch der Herr Bundeskanzler hat zumindest einmal versucht, die Ohren aufzumachen und zuzuhören, was ihre Anliegen sind. Und


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eines der größten und wichtigsten Anliegen, das immer wieder kommt, ist die Frage der Bildungspolitik – Vorrang für Bildung.

Gestern haben auch wieder Tausende Studentinnen und Studenten in Wien protestiert. Sie haben eine ganz klare Meinung von der österreichischen Bildungspolitik, nämlich Stillstand, Selbstblockade, Ignoranz und Versprechen, die nicht eingehalten werden.

Am 14. Dezember 2010 hat es nach einer Ministerratssitzung von Ihnen, Herr Bundeskanzler, das Versprechen gegeben, dass das Jahr 2011 zum Jahr der Bildung werden soll. Ist jemandem in diesem Jahr etwas Besonderes aufgefallen, was sich im Bereich der Bildungspolitik deutlich zum Besseren gewandelt hat? – Außer dem Bil­dungs­volksbegehren, das viele Engagierte aus allen Sektoren, von den Kindergärt­nerinnen und Kindergärtnern über Lehrerinnen und Lehrer bis hin zu sehr vielen jungen Leuten, die das selber betrifft, jetzt unterschreiben wollen, hat es im Wesentlichen keine Fortschritte gegeben.

Der Höhepunkt ist heute im Haus passiert, nämlich mit einem Budget. Und das ist das Budget für das nächste Jahr, in dem de facto der Bildungssparkurs in aller Drastik fortgesetzt wird.

Wir wollen uns mit dem nicht zufriedengeben. Junge Menschen in Österreich verdie­nen eine Chance; und sie verdienen eine Chance, die sich im Budget auch wieder­findet. Wir möchten dafür sorgen, dass sie diese Chance auch bekommen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben einmal den Satz gesagt – ich weiß nicht, ob Sie jetzt vielleicht rot werden würden, wenn Sie den noch einmal sagen müssten –: Nichts versprechen, was ich nicht halten kann!

Jetzt stellt sich die Frage, was mit „versprechen“ gemeint ist, ob man unter „ver­sprechen“ Dinge versteht, die man in Inseraten schaltet, oder Dinge versteht, die man im Parlament ankündigt, oder ob „versprechen“ tatsächlich in Zahlen gegossene Politik ist, nämlich dass ein Schwerpunkt auch im Budget zu erkennen ist. – Und an dem wollen wir Sie auch messen.

Es gab in den letzten Monaten eine Reihe von Ankündigungen, und ich möchte ein paar davon aufzählen. Ich möchte von Ihnen heute ganz konkret wissen, was aus diesen Ankündigungen geworden ist, was aus ihnen wird und wann Sie gedenken gewisse wichtige Projekte tatsächlich auch umzusetzen und nicht nur anzukündigen.

Im Sommer gab es das große Versprechen von Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek – immer wieder auch im Parlament diskutiert –: Es wird ein Bundesrahmen­gesetz für die Kinderbetreuung in Österreich geben. Es wird einheitliche Standards geben. Es wird mehr Qualität geben. Es wird – was so viele Eltern auch bedrückt – tatsächlich Tempo geben.

Wenn ich in Wien oder wo auch immer gefragt werde: Können Sie mir einen Tipp geben, in welchem Schwangerschaftsmonat ich mich für einen Kinderbetreuungsplatz anmelden soll?, dann sage ich immer: Gleich direkt nach dem positiven Test. Und das ist jetzt nicht lustig gemeint, sondern wirklich ernst.

Wenn wir bei der Kinderbetreuung im selben Schneckentempo weitermachen wie bisher, dann sind wir im Jahr 2020 gerade einmal dort, dass ein Drittel der Kinder unter drei Jahren einen Kinderbetreuungsplatz hat. Und das kann ja nicht ernsthaft „Vorrang für Bildung“ heißen. Wir wollen Qualität im Kindergarten! (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Bereich im Kindergarten: die dort Tätigen, vor allem Frauen.


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Heute hat es mich wieder gerissen. Immer wenn Frau Ministerin Fekter von „Leistung“ spricht, dann definiert sie „Leistung“ bei einem Einkommen ab 1 200 €. Das heißt definitiv, alle Menschen, die weniger verdienen – das sind viele Kindergartenhelferin­nen und -helfer –, sind für sie keine Leistungsträger in Österreich. Und alle, die Kinder haben und jeden Tag ihre Kinder in diese Einrichtungen bringen, wissen ganz genau, was diese Frauen – vor allem Frauen, aber auch Männer – jeden Tag leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich wünsche mir von Ihnen auch einmal eine Klarstellung: Was ist der Leistungsbegriff dieser Bundesregierung? – Wir wollen uns nicht immer die unterschiedlichen Varianten anhören; wir wollen auch nicht ein rotes und ein schwarzes Budget und auch nicht eine rote und eine schwarze Bildungspolitik, sondern es wäre einmal wichtig, Bildungspolitik für die Jugend dieses Landes zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Was kommt dabei heraus, wenn eine rote und eine schwarze Ministerin eine Arbeits­gruppe einsetzen, deren Vorsitzender Andreas Schnider dann ein Ergebnis verkün­det? – Die Eckpunkte sind fixiert: Alle pädagogischen Berufe sollen die gleiche wissenschaftliche Ausbildung haben, das gleiche Niveau. Das heißt Aufwertung der Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen. Was wurde denn aus dem? Was wurde aus diesem äußerst wichtigen Vorhaben außer wieder neuerliche gegen­seitige Blockade?

Was wurde eigentlich aus dem neuen Dienst- und Besoldungsrecht? – Das wird mittlerweile jedes Monat um ein weiteres halbes Jahr nach hinten verschoben. Eigentlich hätte es im Sommer 2011 vorliegen sollen – das war das Versprechen. Im September wurde es auf Ende des Jahres verschoben, und im Oktober wurde es auf das nächste Jahr verschoben. Also wenn ich das weiter rechne, dann ist es so, dass wir dieses moderne Dienst- und Besoldungsrecht, wenn das in diesem Monatsabstand weitergeht, im Jahr 2040 bekommen. Und das ist viel zu spät. Das ist einer der Schlüssel.

Es kommt eine große Pensionierungswelle auf uns zu – 50 000 Lehrerinnen und Lehrer in den kommenden 15 Jahren. Wir brauchen dieses neue Dienst- und Besol­dungsrecht wie einen Bissen Brot, um echte Schulreformen durchsetzen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Also konkret: Wann kommt das?

Wir, die Parteichefs und ich als einzige Parteichefin, haben uns öfters mit Ihnen im Ministerratszimmer gegenüber dem Plenarsaal getroffen und die sogenannten Österreich-Gespräche geführt. Eines der konkreten Ergebnisse dort und auch hier im Haus unter allen Bildungssprechern war die Verwaltungsreform im Bildungsbereich, von allen Bildungssprechern akkordiert, ein akkordiertes Papier. Auch im Regierungs­übereinkommen haben wir es schon verankert gesehen. Aber mittlerweile ist dieses große, große Vorhaben offensichtlich abgesagt. Kernstück darin waren Bildungs­standards. Wiederum auf dem Rücken der Jugend ein großes, wichtiges Projekt ein­fach abgesagt. – „Ich verspreche nur das, was ich halten kann.“

Ich würde mir von Ihnen erwarten und wünschen, dass Sie die heutige Sitzung dazu nutzen, um zu erklären, warum all diese Projekte nicht auf die Reise geschickt wurden, auch einmal die Verantwortlichen zu nennen, damit wir hier einen Schritt weiter kommen, und auch einen konkreten Zeitplan vorzulegen, wie wir diesen Vorrang für Bildung in Österreich im nächsten Jahr tatsächlich durchsetzen können.

Das Budget: Heute Vormittag wurde es vorgelegt; es ist das Budget der gesamten Bundesregierung, nicht von Frau Ministerin Fekter allein.


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Ich habe mir lange überlegt, ob ich von Ihnen Folgendes verlangen kann, nämlich ein Machtwort zu sprechen. Ich bin mir aber bei Ihnen nicht sicher, ob Sie mit diesem Begriff wirklich etwas anfangen können. Aber es wäre unbedingt notwendig, in dieser Regierung einmal ein Machtwort zu sprechen gegenüber einer Finanzministerin Fekter, auch gegenüber einem Wissenschaftsminister Töchterle – auf den werde ich noch zu sprechen kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Zu sagen, hier wird die Priorität auf die Bildung gelegt, das ist ja ein echter Witz. Und wir können das auch im Detail begründen:

Es wurde heute bei der Budgetrede immer wieder auf das berühmte Loipersdorf verwiesen, also auf die Regierungsklausur, bei der dann tatsächlich etwas herausge­kommen ist, nämlich ein Bildungssparpaket. Das ist nur schon wieder in Vergessenheit geraten, habe ich den Eindruck gehabt.

Können Sie sich noch erinnern? – Kürzung der Familienbeihilfe, Reduktion der 13. Fa­mi­lienbeihilfe, Entfall der Familienbeihilfe für drei Monate nach Beendigung der Berufsausbildung, Streichung der Familienbeihilfe bei Arbeit suchenden Jugendlichen, bei Arbeit suchenden Jugendlichen zwischen 18 und 21. All das hat sich in Loipersdorf wiedergefunden. Auch die Sparmaßnahmen im Uni-Bereich: Die Streichung de facto der Selbstversicherung für Studierende, Streichungen für Studentenheime und, und, und.

Das war ein Bildungssparpaket, das mit dem Entwurf Fekter von heute fortgesetzt wird. Es wird weiterhin bei der Bildung gespart.

Da Sie jetzt mit den berühmten Offensivmitteln kommen, noch einmal ein offenes Wort: Die ursprüngliche Variante, Bundesfinanzrahmengesetz 2011, sah eine Kürzung im Bildungsbereich um 161 Millionen € vor, 49 Millionen € bei den Universitäten und 112 Millionen € bei der Bildung. Dann fuhren Sie nach Loipersdorf und haben Offensivmittel für diesen Bereich in Höhe von 160 Millionen € beschlossen.

Diesen Schmäh können Sie vielleicht, ich weiß nicht, inserieren, aber zuerst 161 Mil­lionen € abzuziehen und dann 160 Millionen € wieder draufzugeben und zu sagen, das ist jetzt das Offensivprogramm für die Bildung, ist im Übrigen  (Abg. Dr. Pirklhuber: Es ist um eine Million € weniger!) – Kollege Pirklhuber hat gut aufgepasst, es ist um eine Million € weniger. Versuchen Sie bitte nicht, uns das heute wieder weiszumachen! Das ist nachvollziehbar, wenn man sich die Bundesfinanzrahmengesetze der Reihe nach anschaut. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Da höre ich schon den ersten Redebeitrag.

Eines frage ich mich schon: Woran erkennt man, dass ein Bereich Priorität hat? Er­kennt man Priorität daran, dass man einfach sagt: Bildung hat Priorität!? Oder erkennt man Priorität daran, dass deutlich Geld in die Hand genommen wird? – Ich würde schon sagen, dass wir uns auf das Zweite verständigen könnten. Einfach zu behaup­ten, es gibt einen Schwerpunkt im Bereich Bildung, den es nicht gibt, ist schon noch etwas anderes, als das deutlich im Budget wiederzufinden. (Beifall bei den Grünen.)

In ganz Europa wird über Investitionen diskutiert, über Bildungsinvestitionen an erster Stelle. Das ist eines der wichtigsten Vorhaben, die wir jetzt in Zeiten der Krise lösen müssen. Und es ist, glaube ich, viel zu ernst, um hier mit Budgetschmähs und mit Budgettricks zu arbeiten, es wäre vielmehr der Zeitpunkt gewesen, jetzt einige der Korrekturen an diesem Bildungssparkurs von Loipersdorf zu machen und sehr viel Geld in die Hand zu nehmen.

Schaut man sich das Budget ernsthaft an, so ist es im Wesentlichen ein Pensions­zuschussbudget: 330 Millionen € mehr an Zuschüssen des Bundes für die Beamten­


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pen­sionen, für die sonstigen Pensionen 600 Millionen € mehr an Zuschüssen. Das ist insgesamt fast eine Milliarde.

Und dann kommen Sie bei den Universitäten mit vielleicht plus 14 Millionen €. Und bei der Bildung? – Ich weiß nicht, mögen es vielleicht im Bereich der Kinderbetreuung plus 15 Millionen € sein. Aber wissen Sie, wir sollten hier über ganz andere Dimension reden. Reden wir einmal beim Kindergarten über 300 Millionen €! Und reden wir bei den Unis über 2 Milliarden €, die uns auf das Ziel 2015: 2 Prozent des BIP fehlen.

Damit bin ich jetzt bei den Unis: Das ist wirklich das Beschämendste, was man im Moment beobachten kann. Anstatt hier eine ernsthafte Diskussion über die Bildungs­politik zu führen und auch Ergebnisse zu präsentieren, hetzt diese Bundesregierung, allen voran auch der Wissenschaftsminister, die Studierenden und die Universitäten in einen beschämenden Studiengebührenkleinkrieg, in einen beschämenden Politklein­krieg. Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis, dass man demokratische Entschei­dungen dieses Hauses nicht zur Kenntnis nehmen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Ich kenne Ihre Haltung, Herr Bundeskanzler. Sie sagen: Keine Studiengebühren! (Abg. Dr. Pirklhuber: Er horcht ja gar nicht zu!) Aber irgendwann wird man etwas von dieser Haltung auch in der Regierung merken müssen. Irgendwann muss das einmal fest­gestellt werden, und irgendwann muss das beendet werden, dass überall dort, wo die ÖVP nicht dabei war  (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Es gibt auch demokratische Beschlüsse, gegen die die ÖVP ist. Aber dann sollte die ÖVP diese Beschlüsse auch akzeptieren. Das ist das Wesen der Demokratie! Aber mit diesem Töchterle-Vorstoß über ein Rechtsgutachten – ich meine, stellen Sie sich das einmal vor, was das bedeutet! Die Uni, die jetzt anfängt, Studiengebühren einzuheben, begibt sich  (Abg. Hörl: Recht ist Recht!) – Was heißt Recht ist Recht? – Demokratie ist Demokratie, würde ich sagen. Demokratische Mehrheit ist Mehrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Die einzige Instanz – und so sehr ich Professor Mayer auch schätze –, die das recht­lich abschließend klären kann, ist der Verfassungsgerichtshof. Wollen Sie das, dass alle Studierenden jetzt einmal keine Studiengebühren zahlen, Mahnschreiben ausge­stellt werden, ein unglaublicher Verwaltungsapparat in Gang gesetzt wird, um dann am Ende von vielen, vielen Monaten Streit ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu haben, ob das nun zulässig war oder nicht? Ist das ein vernünftiger Weg in der Uni-Politik? – Das kann ja nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei den Grünen.)

Ich wiederhole es, zwar nicht sehr hoffnungsvoll, aber doch: Sprechen Sie hier ein Machtwort gegenüber Ihrem Wissenschaftsminister! Das geht so nicht weiter. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Es wird damit der Eindruck erweckt, man könnte den Finanzierungsnotstand mit Studiengebühren abdecken. Glauben Sie das? (Abg. Dr. Grünewald: Nein!) Okay, dann rechnen wir einmal durch: Ich glaube, wir stimmen überein mit der Zahl 300 Millionen € – das sagen die Rektoren –, das ist jetzt das Mindeste, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das würde hochgerechnet auf die alten Studiengebührenzahlenden bedeuten, dass wir Studiengebühren von 2 000 € einheben wollen. Wollen Sie das? – Ich nicht.

Wenn Sie tatsächlich ernsthaft die Lücke schließen wollen – 2 Milliarden € fehlen auf die 2 Prozent Wirtschaftsleistung, Anteil tertiärer Bildungssektor –, dann müssten wir Studiengebühren von 10 000 € einheben. Das ist ja völliger Blödsinn!

Bekennen Sie einmal, dass Sie die Unis nicht so wichtig nehmen, dass Sie ihnen tatsächlich eine halbe Milliarde oder eine Milliarde € im Jahr geben wollen! Sie begeben sich lieber in einen politischen Kleinkrieg um die Studiengebühren mit den Studierenden.


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Die ÖVP war immer gegen neue Steuern, oder? – Das ist, glaube ich, Credo. Was sind denn Studiengebühren? – Da zahlen Auszubildende eine neue Steuer in einem riesigen Ausmaß. Ist das Ihre Antwort? (Beifall bei den Grünen.)

Keine neuen Steuern, war Ihre Meinung. Bei den Vermögenden spreizen Sie sich und wehren Sie sich mit Händen und Füßen, und wenn es um unsere Jugend geht, dann sagen Sie: Das ist vollkommen in Ordnung. Überlegen Sie einmal! (Abg. Amon: Das ist doch Populismus!) – Nein, das ist nicht Populismus. Was ist denn daran popu­listisch? – Das ist durchgerechnet. Meine Meinung: Sie können sehr wohl auch höhere Steuern oder mehr Steuern einnehmen, aber nicht nur bei denjenigen, die in Aus­bildung sind, sondern bei allen Vermögenden oder solchen, die leistungsloses Einkommen über Vermögenszuwächse kassieren. Diese können sehr wohl mehr zum Bildungssystem beitragen. Warum denn nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Aber jetzt habe ich mich ein bisschen ablenken lassen, Herr Bundeskanzler, von diesen Provokationen der ÖVP und ihren neuen Steuern. (Abg. Dr. Pirklhuber: Er hört ja gar nicht gescheit zu!) Er hört nicht zu, das ist schlecht, jetzt kommen nämlich ein paar Fragen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Sie haben ja gar kein Konzept!)

Herr Bundeskanzler! Ich möchte heute von Ihnen eine ernsthafte Verpflichtung, dass Sie dieses Budget wieder aufschnüren und tatsächlich einen Bildungsschwerpunkt hineinschreiben, sonst können Sie sich das Budget wirklich behalten! Und vor allem diese Vorgaben mit  – Sorry! Zurück zum Absender. (Abg. Kopf: Das ist Ihr offizielles Demokratieverständnis, oder wie? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir werden das im Haus diskutieren. Sie werden unseren erbitterten Widerstand spüren, was die Bildungsfrage betrifft. Mir ist das sehr wichtig und sehr ernst. Reden Sie einmal mit Eltern, mit Kindern, mit Jugendlichen! Niemand versteht das. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Für die Beamtenpensionen 330 Millionen € mehr, und die sind alle deutlich über der Durchschnittspension des ASVG-Pensionisten oder der ASVG-Pensionistin. Ist das die Priorität? – Nein. Wir wollen in diesem Budget echte Verbesserungen für den Bildungs­bereich – von der Kinderbetreuung über die Schule bis zu den Universitäten. Und da wird eine Milliarde aus meiner Sicht nicht ausreichen.

Wissen Sie, was die jungen Leute am Minoritenplatz gesagt haben? – Sie haben das Gefühl, für die Banken wird unglaublich viel Energie verschwendet, um alles abzu­fe­dern, sich alles Mögliche zu überlegen für die Stabilisierung des Euroraumes. Da geht unglaublich viel politische Energie hinein. Aber in Überlegungen über ihre Zukunft – und sie brauchen eine Chance, sie verdienen eine Chance – geht überhaupt keine Energie hinein, außer eben, um irgendwelche Prioritäten oder sonstige Schwerpunkte ausschließlich verbal darzustellen, aber nicht, um Geld in die Hand zu nehmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Das werden wir von Ihnen einfordern, von Ihnen, Herr Bundeskanzler, ein paar konkrete Auskünfte, wann jetzt endlich relevante Dinge tatsächlich geschehen, und von Ihnen und von Ihnen auch Nachbesserungen bei diesem Budget, das wahrlich keinen Bildungsschwerpunkt enthält. (Beifall bei den Grünen.)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.18.56

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! (Die Abgeordneten


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der Grünen halten jeweils eine Tafel mit der Aufschrift: „Bildungsvolksbegehren 3.-10. November 2011. Bitte unterschreiben gehen!“ in die Höhe.) Ich möchte nur auf zwei Argumente kurz eingehen, die eben von der Frau Klubvorsitzenden Glawischnig gebracht wurden. Das eine war das mit dem „Machtwort“. Tatsächlich ist es so, dass ich bei vielen Bürgerversammlungen gefragt werde: Wofür sind Sie in der einen oder anderen gesellschaftspolitischen Frage? – Und wenn ich dann meine  (Ruf bei der FPÖ: Das verstehe ich, dass diese Fragen gestellt werden!)

Sehr witzig! Sehr witzig, aber ich habe mir eigentlich gedacht, es geht um eine ernsthafte Diskussion und nicht um ein Treffen mit Austausch von witzigen Bemerkungen. Dafür, finde ich, sind eigentlich die Zeit, während der wir über Bildung diskutieren, und das Thema „Bildung“ zu wichtig, um es in irgendwelche pseudowitzige Bemerkungen abgleiten zu lassen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Tatsächlich ist es so, dass zwei Parteien – und das ist auch gar nicht verwunderlich – natürlich auch zu gesellschaftspolitischen Themen verschiedene Meinungen haben. „Ein Machtwort“ hieße ja, nicht zu wissen, wie eine Koalition zu funktionieren hat, „ein Machtwort“ klingt ein bisschen so, als ob man sich hinstellt und dem anderen sagt, was er zu tun hat. Da Sie ja jetzt auch auf Landesebene und anderswo in Koalitionen sind, werden Sie wissen, wie das ausschaut mit Machtworten.

„Ein Machtwort“ heißt, den anderen in der Koalition zu respektieren und miteinander zu Ergebnissen zu kommen. Das ist in der Regel nicht lupenrein das, was der eine oder der andere gesellschaftspolitisch vertritt – vor allem nicht bei jenen Themen, bei denen es verschiedene Meinungen gibt. Daher ist es überhaupt keine Schande, zu sagen: Jawohl, eine Koalition funktioniert anders als eine Regierung mit absoluter Mehrheit. Da kann eine Partei ein „Machtwort“ sprechen.

Das zuzugeben, genauso wie zuzugeben, dass ich nicht mehr versprechen möchte, als ich halten kann, und dass Ihnen als Oppositionspartei das in Bildungs- und in anderen Fragen mit Sicherheit viel zu wenig ist (Zwischenruf des Abg. Neubauer), ist auch eine redliche Bemerkung, die ich zu machen habe.

Ich sage Ihnen, dass wir es – während die meisten Länder in der Europäischen Union derzeit Kürzungen vornehmen müssen, und zwar massive Kürzungen vornehmen müssen – bei den Budgetmitteln doch erreichen, dass wir auch in Bereichen wie der Bildung durch die von Ihnen genannten Offensivmittel, aber dann natürlich auch durch die zusätzlichen Mittel zum Ausbau der Neuen Mittelschule insgesamt ein Plus zu verzeichnen haben. Sie haben nur die Offensivmittel und die vorherigen Einsparungs­effekte gerechnet und haben dann die Ausgaben für die Neue Mittelschule nicht mehr mitgerechnet, sonst wäre es sich schon auf ein Plus ausgegangen.

Wenn ein Ressort im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Sparmaßnahmen durch­führen muss, weil die Durchrechnung, wie viel man pro Schülerin oder Schüler im Vergleich zu anderen Ländern in der Europäischen Union ausgibt, durchaus zeigt, dass wir bei diesen Durchrechnungen über dem Durchschnitt in der Europäischen Union sind, dass man also gewisse Effizienzsteigerungen nicht ausschließt und dass das sogar bei der Bildung gemacht werden darf, wenn man dann diese Effizienz­steigerungen – dieses Minus, wie Sie es zuerst genannt haben – auf der anderen Seite wieder mit Offensivmitteln und mit zusätzlichen Mitteln für die Neue Mittelschule und den Ausbau ganztägiger Schulformen auffüllt, was soll daran unredlich sein?

Das sind die Dinge, die wir versprechen können in einer Zeit, in der die Parlamente in der Europäischen Union und in der Euro-Zone wahrlich ganz andere Diskussionen über Kürzungen führen als wir, obwohl zuzugeben ist, dass, hätten wir die finanziellen Mittel, wir noch viel mehr in Bildung investieren würden. Das ist der einzige Punkt, den ich Ihnen als Oppositionspartei eingestehen muss. Aber den sehe ich nicht als


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unredlich, und dabei bleibe ich. Ich verspreche Ihnen nicht mehr, als wir uns dann in diesen schwierigen Zeiten auch finanziell leisten können.

Warum soll ich jungen Leute erklären, dass sie sich entweder um die Stabilität des Euro oder um die Bildung Sorgen machen sollen? Sie werden beides brauchen! Und damit die Stabilität in der Euro-Zone in einem gewissen Umfang gewährleistet ist – eine hundertprozentige Stabilität, das wissen wir ja längst, gibt es nicht –, gibt es natür­lich diesen Interessenausgleich in der Euro-Zone. Ich frage mich, warum Sie gerade dieses Beispiel bringen, nämlich dass die jungen Leute fragen, warum für die Stabilität des Euro so viel Energie aufgewandt wird. – Ja, weil eine stabile, sozial und wirt­schaftlich einigermaßen funktionierende Euro-Zone auch die Einnahmen für die Bildungsausgaben bringt, die wir in den nächsten Jahren in ganz Europa notwendig haben. Warum stellen wir uns nicht hin und sagen das den jungen Leuten, wenn sie uns solche Fragen stellen? Auch das wäre nicht unredlich! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun darf ich – natürlich in engstem Einvernehmen mit der Frau Ministerin, die dafür ja auch viel an Verantwortung übernommen und auch an Maßnahmen ausverhandelt hat – zu den einzelnen Fragen kommen und die Maßnahmen vorstellen. Zunächst einmal zu den kleineren Klassen, den Bildungsstandards, der Sprachförderung, der neuen Matura, dem Projekt Lehre mit Matura, zum Ausbau der Ganztagsschule und der Neuen Mittelschule.

Das sind 41 Regierungsvorlagen zum Thema Bildung. Nun weiß ich schon: Quan­tität/Qualität – ich komme noch auf die Qualität zu sprechen –, aber 41 Regie­rungs­vorlagen, finde ich, rechtfertigen jedenfalls nicht die Frage, ob ich heuer schon etwas betreffend Bildungsinitiativen gehört habe. – Das sind 41 Bildungsvorlagen, die so wichtige inhaltliche Punkte wie die Ganztagsbetreuung ansprechen oder den Ausbau der Neuen Mittelschule: 2010 gab es 320 Standorte, mit Schulbeginn im Herbst 2011 114 neue und bis zum Jahr 2016 werden alle 1 178 bisherigen Hauptschulen in Österreich Neue Mittelschulen sein. Auch die Finanzierung dafür ist gesichert.

Zu den Fragen 1 und 8 betreffend PädagogInnenbildung neu inklusive Kindergarten­pädagogInnen:

Die Frühkindpädagogik und die Weiterentwicklung der Kindergärten zu Bildungsein­rich­tungen sind Themen, denen wir gemeinsam große Aufmerksamkeit widmen. Die Frau Ministerin hat diesbezüglich am 5. Oktober, das ist also noch gar nicht so lange her, drei Reformpakete vorgestellt. Diese umfassen die Stärkung der Forschungs­kompetenz, neue Studienangebote und die Qualitätsentwicklung und Qualitätssiche­rung.

Die Umsetzung des neuen Dienstrechts für die Pädagogischen Hochschulen ist dazu ein wichtiger Schritt. Auch um die zukünftigen standortbezogenen Kooperationen von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen zu ermöglichen, braucht es Vorberei­tungs­schritte, die derzeit in Arbeit sind. Auch zum Dienstrecht tagen Arbeitsgruppen, die diese Diskussion, die Sie ja gut kennen, vorbereiten und diesbezüglich einen ge­meinsamen Vorschlag entwickeln sollen.

Zu den Fragen 2 bis 4 betreffend Kinderbetreuung:

In der ersten Artikel-15a-Vereinbarung mit den Ländern haben wir beschlossen, 2008 und 2010 24 000 neue Plätze und an die 9 000 neue Jobs zu schaffen. Diese Vor­gaben haben wir umgesetzt.

Es gibt Bundesländer, die, wie Sie wissen, in der Versorgung, in der Zurverfügung­stellung der wichtigen Bildungseinrichtung Kinderbetreuung auch für die unter Dreijährigen viel stärker sind, und andere, die weiter zurück sind. Natürlich ist das auch auf Länderebene durch die Kompetenzen, die Sie ja so gut kennen wie ich, etwas, das


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man natürlich auch im jeweiligen Bundesland unterstützen muss, aber die 15a-Vereinbarungen sind so etwas wie ein Mittel dazu, Qualitätssicherung, Öffnungszeiten, zusätzlichen Ausbau zu unterstützen. – Das Zehnfache wäre zehnmal so gut, aber das war ein Schritt in die richtige Richtung.

Dass es Bundesländer oder auch Regionen innerhalb von Bundesländern gibt, die diesbezüglich vorbildlicher als andere agieren, wissen Sie. Man kann relativ leicht nachvollziehen, wie die Versorgungssituation in den einzelnen Städten oder Regionen Österreichs ist, und dann braucht man nicht so allgemein zu sagen, dass es keine gescheiten Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, sondern dann kann man sagen: Es gibt in diesen und jenen Städten eine vorbildliche Situation und in anderen Regionen Versäumnisse. – Ich finde, je konkreter wir das ansprechen, umso besser ist es, damit wir aus der Allgemeinposition „Das ist alles zu wenig!“ auch herauskommen. Das hilft ja dann letztlich auch bei der Umsetzung der zusätzlichen Kinderbetreu­ungsein­rich­tungen.

Zur Frage 5 betreffend ganztägige Schulformen:

Im Parlament wurde im Juli 2011 das Paket zum Ausbau der ganztägigen Schulformen beschlossen. Mit den Bundesländern wurde eine 15a-Vereinbarung abgeschlossen, die die Länder bei der Finanzierung der Freizeitbetreuung und beim Ausbau der Infrastruktur unterstützt.

Insgesamt werden bis 2015 jährlich 80 Millionen € an Offensivmitteln investiert mit dem Ziel, bis 2015 insgesamt 210 000 Betreuungsplätze für Kindern zur Verfügung zu stellen.

Ich weiß, die Frage der ganztägigen Betreuung war keine kontroversielle Diskussion mit Ihnen, aber es gab, wenn ich die Diskussion österreichweit betrachte, doch eine Reihe von Regionen in Österreich, aber auch politisch unterschiedliche Interessen­gruppen, die sich eine Zeit lang gewehrt haben, die ganztägige Kinderbetreuung oder auch später die ganztägige Schulform als Bildungseinrichtung als Fortschritt, als Chance, als das Bieten einer Wahlfreiheit anzuerkennen. Hier ist ein gemeinsamer Diskus­sionsprozess zu einem Ergebnis gekommen und hat sich auch in ganz konkreten Maßnahmen und dementsprechenden finanziellen Beschlüssen abgebildet.

Zur Frage 6 betreffend die Neue Mittelschule:

Die Verschiebung der Schullaufbahnentscheidung vom 10. auf das 14. Lebensjahr ist, wie Sie wissen, ein wichtiges Ziel, das wir immer unterstützt haben, und die Bundesregierung hat diesen von mir schon genannten flächendeckenden Ausbau der Neuen Mittelschule – also nicht ein Pilotprojekt hie und da, das Stadium ist längst vorbei; wir wollen den flächendeckenden Ausbau – auch für das Jahr 2012 mit zusätzlichen 61,1 Millionen € finanziert.

Die entsprechende Novelle für die Übernahme der Neuen Mittelschule vom Schulversuch in das Regelschulwesen ist in Vorbereitung und wird, so sagt mir die Frau Ministerin, und ich glaube, ich kann das auch gemeinsam mit dem Verhandler des Koalitionspartners sagen, noch vor Weihnachten dem Parlament zugeleitet. Also wir sind hier quasi in der Endphase auch hinsichtlich des Regelschulwesens und der entsprechenden Novellen.

Zur Frage 7 betreffend Dienst- und Besoldungsrecht:

Es wurde, wie von mir schon kurz angesprochen, bei der Regierungsklausur ebenfalls vereinbart, bis zum Sommer 2012 dieses neue Dienstrecht vorzulegen. Die Arbeits­gruppen dazu gibt es.


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Ja, ich sage Ihnen auch Folgendes: Natürlich ist diese Verhandlung eine, die mehr Zeit in Anspruch nimmt, als das wahrscheinlich in anderen vergleichbaren Bereichen der Fall ist. Das hängt auch stark damit zusammen, dass die Argumente der Belegschafts­vertreter etwas weiter gehen, als die Zeit der Anwesenheit diskutieren zu wollen, sondern es war die Frage der Ausstattung der Schulen und der Möglichkeit, den Arbeitsplatz an der Schule zu haben, es waren diese Argumente, die diese Diskussion in den Arbeitsgruppen natürlich auch verlängert haben.

Ich bin aber davon überzeugt, dass wir bis zum Sommer 2012 trotz der Vielschich­tigkeit der Debatte zum Schluss zu einem klaren Ergebnis kommen und erreichen werden, dass wir die Arbeitsbedingungen entsprechend gestalten können und trotzdem eine höhere Verpflichtung für neu beginnende Lehrerinnen und Lehrer direkt an der Schule erreichen, weil ja sonst die Umsetzung von ganztägigen Schulformen auf Dauer auch auf Finanzierungs- und Organisationsprobleme stoßen würde.

Also es stimmt, das dauert länger. Ich wollte Ihnen nur sagen, warum sich die Diskussion in diesem Zusammenhang vor allem auch in Richtung Arbeitsbedingungen der Lehrerinnen und Lehrer etwas erweitert hat.

Die Bundesregierung versucht natürlich, das – wie in anderen Fragen auch – sozial­partnerschaftlich abzuhandeln. Selbstverständlich könnte man rein rechtlich und theoretisch fragen, wofür man da überhaupt mit jemandem zu verhandeln braucht, aber ich glaube, dass dieses Auf-Augenhöhe-sozialpartnerschaftlich-miteinander-Um­gehen in Österreich ein Asset ist, das wir auch in anderen Fragen sehr schätzen und das daher eben auch in diesem Fall zu leben ist.

Zur Frage 9 betreffend Autonomie an Schulen:

Mit der Gesetzesnovelle im Frühjahr 2011 wurden die Aufgaben der Schulleiter gesetzlich fixiert. Damit gibt es Verantwortung der Leitung am Schulstandort. Personal­entwicklung, Entwicklung von Schulprofilen und stärkere Mitsprache der Schulleiter bei der Auswahl des Lehrerteams werden in einzelnen Bundesländern bereits gelebt und zeitigen, wie auch die Frau Ministerin ausgeführt hat, gute Ergebnisse.

Die Profilbildung und die pädagogischen Schwerpunktsetzungen an Schulstandorten sind bereits heute im Rahmen der Schulautonomie möglich und gelebte Praxis.

Zur Frage 10:

Das ist ein wichtiger Punkt, da er, insbesondere was die Frage auch der Kompetenzen betrifft, schon in der Vergangenheit zu heftigen Debatten in unserem föderalistischen System zwischen der Frage, wohin die Lehrer gehören, und all den Extremen, die wir in der Debatte erlebt haben, geführt hat. – Es ist hier doch eine Haltung herausge­kommen, die ich grundsätzlich für richtig halte, nämlich dass es da eine zentrale Ver­antwortung des Bundes gibt, dass aber gleichzeitig Doppelgleisigkeiten zu beseitigen sind.

In fünf von neun Landesschulräten wird schon jetzt der Vollzug von LandeslehrerInnen vom Landesschulrat wahrgenommen; das bedeutet in diesem Fall eine Beseitigung von Doppelgleisigkeiten. Wir haben uns also wegbewegt von der Debatte, wo sie angestellt sein sollen – mittelbare/unmittelbare Bundesverwaltung –, hin zur Problem­stellung, dass man dann, wenn man etwas an Doppelgleisigkeit in der Verwaltung beseitigen will, das natürlich auch ermöglichen muss.

Da es das in fünf von neun Landesschulräten bereits gibt und die anderen Bun­desländer auch eingeladen sind, diese Effizienzsteigerung durchzuführen, ist es notwendig, eine Klarstellung in der Bundesverfassung vorzunehmen, damit das auch abgesichert ist für die, die es schon machen, und für jene, die wir einladen, diese


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Möglichkeit in Zukunft gleichfalls wahrzunehmen. Das ist unmittelbar in Vorbereitung und wird auch bei den weiteren Diskussionen mit den Bundesländern eine Rolle spielen.

Zur Frage 11, Kooperationen von Schulen auf der Sekundarstufe II und tertiären Bildungseinrichtungen:

Das betrifft die Kooperationen, die bereits jetzt in unterschiedlicher Weise und in Abhängigkeit von regionalen Schwerpunkten stattfinden. Besonders ausgeprägt sind diese im berufsbildenden höheren Schulwesen. Auch die neue Reife- und Diplom­prüfung wird in engen Kooperationen mit den Universitäten entwickelt und der Übergang von der Schule zur Universität verbessert.

Zur Frage 12, Budgetziele tertiärer Sektor:

Im Regierungsprogramm ist der 2-prozentige BIP-Anteil – gemeint ist bis 2020 – für den tertiären Sektor verankert. Österreichs Investitionen in die tertiäre Bildung liegen bereits heute nahe dem OECD-Schnitt, sind also noch auszubauen, und liegen in Österreich bei 1,3 Prozent. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist nahe?! 1,3 zu 2 Prozent ist nahe?!) Die Steigerung auf 2 Prozent bleibt unser Ziel, und es ist auch notwendig, zusätzlich mehr und besser ausgebildete Hochschulabsolventen zu fördern. Darauf komme ich aber noch zurück.

Wichtig sind eine effiziente Struktur und qualitativ hochwertige Rahmenbedingungen im Hochschulplan, der gerade ausgearbeitet wird.

Das bringt mich nahtlos zu den Fragen 13 bis 16:

Es gibt für die Einführung von Studienbeiträgen im Regierungsprogramm keine Verein­barung. Daher ist das eine Diskussion, von der Sie wissen, dass wir diesbezüglich noch keine gemeinsame Auffassung haben, sondern dass es da verschiedene Auffassungen gibt. Ich teile allerdings – und möchte das auch immer wieder betonen – die Meinung jener, die sagen, dass wir betreffend die Frage der Reform der Hochschulen, des Hochschulplanes, der Zurverfügungstellung dieser einen Milliarde auf drei Jahre verteilt, schon erwähnen müssen, dass die Studienbeiträge, die in der Vergangenheit eingehoben wurden – ein wenig mehr als 150 Millionen € –, den Univer­sitäten bis 2013 aus dem Allgemeinbudget zur Verfügung gestellt werden.

Das muss ich deshalb immer erwähnen, weil manche den Eindruck erwecken, als würde das Geld zur Stunde an den Universitäten fehlen. Es fehlt an den Universitäten nicht, sondern die politische Diskussion ist, ob es aus dem allgemeinen Steuertopf bezahlt werden soll oder ob es dem Einzelnen zumutbar wäre, dass er diese Studiengebühren bezahlt. Hier gibt es die bekannten Positionen, die etwas mit sozialer Treffsicherheit zu tun haben, damit, wie das Verhältnis Studierende zu Stipendien ist, wie das Steueraufkommen insgesamt zu bewerten ist, und mit der Frage, ob diese Beiträge den Universitäten aus dem Allgemeinbudget zu refundieren sind. Das ist in der Debatte wichtig, weil man in der Diskussion oft damit konfrontiert wird, dass die Studienbeiträge den Universitäten fehlen. Daher muss man das in aller Redlichkeit auch immer wieder betonen.

Die Europäische Kommission fordert in der EU-2020-Strategie, die Hochschulbildung für breitere Gesellschaftsschichten attraktiver zu machen, insbesondere für benach­teiligte und sozial schwache Gruppen. Das heißt, auch da haben wir uns eigentlich committet in Richtung stärkerer sozialer Gerechtigkeit und dazu, allen sozialen Schichten die Möglichkeit zu bieten, an den Universitäten zu studieren. Das ist daher in dieser Debatte natürlich ebenfalls ernst zu nehmen und in diese mit einzubeziehen.


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Jeder einzelne Absolvent – ich habe jetzt keine Statistik, ob es nicht doch fünf Ausnahmen gibt, aber im Großen und Ganzen ist das so – ist ein Gewinn für den Steuerzahler und bringt langfristig mehr, weil er eine höhere Erwerbsquote, ein höheres Steueraufkommen hat. Deswegen sind Absolventen der Universität natürlich langfristig auch ein Vorteil für die Gesellschaft. Daher werden zu Recht die Bedin­gungen an den Universitäten, der Hochschulplan, die Notwendigkeiten angesprochen, weil das ein Ziel ist, das nicht nur in der Europäischen Union vereinbart wurde, sondern natürlich für jedes Land – auch für Österreich –, für die Zukunft des Landes bedeutend ist. Daher verweise ich noch einmal auf diese Diskussion im Zusammenhang mit der Erarbeitung des neuen Hochschulplanes.

Auch betreffend die Betreuung und die Relation der Lehrenden zu den Studierenden ist es so, dass bis 2012 zusätzliche Offensivmittel von 80 Millionen € eingesetzt werden, um auch da gleichzeitig Effizienzsteigerungen oder Beiträge von den Universitäten in Richtung Effizienzsteigerungen einzufordern.

Zur Frage 17 betreffend budgetäre Mittel für Forschung und Entwicklung:

Die österreichischen Universitäten erhalten von den budgetierten Forschungsmitteln 1,36 Milliarden €. Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung be­kommt laut dem Budget 2012 knapp 139 Millionen € an Bundesmitteln.

Die Universitäten haben dreijährige Globalbudgets, und die Globalbudgets für 2013 bis 2015 werden gerade mit dem BMF hinsichtlich des nächsten BFRG verhandelt.

Hinsichtlich der Entwicklung von Karrieremodellen in Forschung, Technologie und Inno­vation gibt es Förderprogramme mit den unterschiedlichen Ministerien, auch mit dem BMVIT. 5 600 Forschungsarbeitsplätze in forschenden Unternehmen werden direkt gefördert.

Ich möchte aber auch diese Gelegenheit wahrnehmen, gerade auch in dieser Debatte jenen verantwortlichen Regierungsmitgliedern, aber auch vielen von Ihnen, die in all diese Ergebnisse, in all diese Prozesse, für die Bildung verstärkte Schwerpunkte zu setzen, in der Vergangenheit involviert waren, dies mit verhandelt haben, Ergebnisse gebracht haben, aber auch noch involviert sind, um die Bildung weiter zu verbessern, danken, denn eines ist für mich ganz unbestritten: Wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes verbessern wollen oder wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union diskutieren – morgen, glaube ich, wieder bei der Dringlichen zum Thema Euro oder auch bei anderen Themen –, dann ist ein ganz wesentlicher Punkt, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, die Frage der Bildung. (Abg. Hörl: Der Standort!)

Dies entscheidet stark darüber, wie die Wettbewerbsfähigkeit, auch der nächsten Generation, ist, und daher nütze ich auch diese Beantwortung, um mich bei all jenen zu bedanken, die dieses Thema auch in der Vergangenheit ernst genommen und zu diesen bisherigen Ergebnissen beigetragen haben. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte. (Abg. Dr. Walser begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Aufschrift: „Bildungsvolks­begehren 3.-10. November 2011. Bitte unterschreiben gehen!“)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 139

15.41.23

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! So ganz dieses von Eva Glawischnig gewünschte Machtwort war das jetzt aber nicht, was wir hier gehört haben. (Abg. Amon: Das hat früher immer der Haider g’macht, das mit den Taferln!)

Das, was wir gehört haben, waren weitere Ankündigungen, war weiteres Beschönigen der Loipersdorfer Grauslichkeiten und hat eigentlich überhaupt nichts beigetragen zu dem, was wir wollten (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP), nämlich ein klares Bekenntnis zu mehr Bildung, ein klares Bekenntnis zu mehr Budgetmitteln. All das sind Sie uns jetzt leider schuldig geblieben. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich machen es Ihnen die Herrschaften von der ÖVP sehr, sehr einfach. Man kann sich natürlich schnell auf den Koalitionspartner ausreden, der in der Tat nicht will. Aber ein paar Zahlen möchte ich Ihnen doch zurechtrücken. Wenn Sie sagen, dass da mehr investiert worden ist: Ich meine, den Loipersdorfer Schmäh hat Eva Glawischnig ja schon aufgedeckt, aber auch die Entwicklung der Bildungsausgaben in den letzten 15 Jahren spricht eine deutliche Sprache.

Die OECD belegt uns Jahr für Jahr, dass unsere Bildungsausgaben sukzessive sinken, im Vergleich zum BIP von 6,5 auf inzwischen 5,4 Prozent. Wir liegen damit inzwischen unter dem OECD-Schnitt. Ich bitte Sie also schon, auch diese Zahlen zur Kenntnis zu nehmen und nicht schönzureden und so zu tun, als ob es da einen massiven Ausbau im Bildungsbereich gäbe.

Dort, Herr Bundeskanzler, wo Sie jetzt konkret geworden sind, gleicht diese Konkre­tisierung einer gefährlichen Drohung, denn wenn Sie uns allen Ernstes jetzt verkaufen wollen, dass die Neue Mittelschule der große Reformschub ist, dann darf ich daran erinnern, dass Ihre eigenen Fachleute  sofern sie sich an den Universitäten befinden, sofern sie nicht mehr in der Politik sind  das ganz, ganz anders sehen und klar darauf hinweisen, dass die Neue Mittelschule eine absolute Fehlentwicklung ist. Und wenn Sie jetzt ankündigen, dass wir noch heuer diese Neue Mittelschule ins Regelschul­wesen überführen, dann ist das eine Bankrotterklärung für den Bildungsstandort Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Eine Bankrotterklärung ist es deshalb, weil Sie mit der Neuen Mittelschule selber beschlossen haben, dass die Bildungslaufbahnentscheidung hinausgeschoben werden soll, das Alter von 10 auf 14 Jahre erhöht werden soll, dass die von uns geforderte gemeinsame Schule kommen soll und dass das Endprodukt dieses Schulversuchs die Neue Mittelschule sein soll – das hat übrigens auch die ÖVP mit entschieden. Das, was jetzt aber kommen kann, nämlich die Überführung dessen, was in den letzten vier Jahren geschehen ist – Türschild „Hauptschule“ weg, Türschild „Neue Mittelschule“ drauf, ansonsten bleibt alles beim Alten –, das hat mit Reform beileibe gar nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Ursula Haubner.)

Ähnlich schaut es leider auch in anderen Bereichen aus. Ich meine, Sie haben uns in Ihrer Regierungserklärung versprochen: Die gemeinsame Ausbildung aller Pädago­gInnen ist das Ziel. Dieses Ziel ist jetzt schon aufgegeben worden. Ministerin Schmied hat klargemacht, dass es im Bereich der KindergartenpädagogInnen nicht einmal ein Schrittchen hin zur Hochschulausbildung geben wird.

Es ist ein schwieriges Unterfangen. Ich habe Ihnen, Frau Ministerin, das im Ausschuss auch zugestanden, und ich weiß, wir werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht dorthin kommen. Worum es jetzt aber geht, ist eine Weichenstellung in diese Richtung, und diese Weichenstellung erfolgt nach wie vor nicht. Das ist also in dieser Legislaturperiode ganz sicher nicht zu erwarten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 140

Leider gilt Ähnliches für das Dienst- und Besoldungsrecht. Ich habe ja, das sind es mittlerweile – vor 33 Jahren meinen Dienst am Gymnasium Feldkirch angetreten, und damals hat mir ein älterer Kollege gesagt, als er angefangen habe, habe man ihm ein neues Dienst- und Besoldungsrecht versprochen, das war Ende der vierziger Jahre. Jetzt sind wir gleich weit. Wir sind noch keinen Schritt weitergekommen, die Relation von Anfangsgehalt zu Endgehalt ist nach wie vor 1 : 2,6.

Also wenn wir da weitere Schritte setzen  wollen, dann, bitte, machen Sie Nägel mit Köpfen. Frau Ministerin! Das, was wir hier gehört haben, ist nur: Man kann nicht darüber reden, weil wir die Verhandlungen nicht torpedieren wollen. Ich sehe das ein, da gibt es eine Verhandlungsstrategie. Nur, das, was man so unter der Hand aus diesen Verhandlungen erfährt, ist nicht das, was wir wollen. Da sind wir, glaube ich, schlussendlich auch weit weg. Da sind die KindergartenpädagogInnen nicht einge­gliedert, da ist nach wie vor das Problem der VolksschullehrerInnen mit ihrem beson­deren Gehalt. Also da sehe ich wenig Erbauliches.

Zur Nachmittagsbetreuung: Heuer hat für 83 000 Erstklässler die Volksschule begon­nen, und gleichzeitig hat für sie die Nachmittagsbetreuung geendet, denn wir stellen im Bereich der Volksschule für diese Erstklässler gerade einmal 15 000 Plätze bereit. Das hatten die aber zuvor. Wir haben eine 91-prozentige Deckung, was die Nachmittags­betreuung in den Kindergärten, bei den 3- bis 6-Jährigen anlangt. Das ist ein Rückschritt, den die Eltern bitter büßen, bitter bezahlen und bitter spüren. Da sind wir weit entfernt von den Zielen, die Sie uns vorgeben.

Ich könnte jetzt weitermachen. Es ist bei all Ihren Ankündigungen, die wir haben, in der Realität wirklich nichts weitergegangen. Ich hätte zum Schluss eine Bitte an Sie: Hören Sie auf mit Ihrer Ankündigungspolitik! Unterstützen Sie endlich die wirklichen Reform­kräfte in diesem Land, die es gibt! (Abg. Klikovits: Wer ist denn das?) Unterstützen Sie das Bildungsvolksbegehren, das ja theoretisch von Ihnen gewünscht werden müsste! Da wird es zu wenig sein, Frau Ministerin, wenn Sie selber sagen, Sie gehen eventuell unterschreiben. Da wird es zu wenig sein, wenn Sie uns erzählen, Sie hätten schon 70 Prozent umgesetzt. Die Initiatoren sehen das deutlich anders.

Aber, Frau Ministerin, das eine haben wir Ihnen immer zugestanden: Sie hatten vom Anfang Ihrer Regierungstätigkeit an zumindest höhere Ziele. Ich muss auch dazu sagen, Sie wurden von Ihrer eigenen Partei im Stich gelassen. Darum mein Appell, Herr Bundeskanzler, an Sie: Unterstützen Sie endlich die Ministerin dort, wo sie Nägel mit Köpfen machen möchte! Unterstützen Sie sie dort, wo es in die richtige Richtung geht, und lassen Sie sie nicht wieder, wie bei sämtlichen Konflikten in der Vergangenheit, im Regen stehen! (Beifall bei den Grünen.)

15.49

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.49.26

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Mir liegt nunmehr das Protokoll des Redebeitrags des Abgeordneten Johann Singer von der ÖVP ab 13.43 Uhr vor. Es hat sich zwischenzeitlich aufgrund dieses Redebeitrags der Sachverhalt wie folgt aufgeklärt:

Der Abgeordnete Singer hat über einen Brief verfügt, der persönlich an den Kollegen Grosz gerichtet ist, der dem Kollegen Grosz zwar an die Adresse des BZÖ zugestellt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 141

wurde, nämlich an die Partei-Adresse, dann hier an das Haus weitergeleitet wurde und somit erst heute in seiner Post war. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Dieser Brief wurde von mir heute am Rednerpult geöffnet; Kollege Grosz hatte ihn zu der Zeit noch gar nicht. Dieser Brief ist aus dem Justizministerium und ist vom Kollegen Singer in diesem Redebeitrag vorgetragen worden. Abgeordneter Singer hatte den Brief auch dabei, er hat ihn auch hergezeigt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich bitte Sie, Frau Präsidentin, an das Justizministerium mit zwei Anliegen heranzu­treten: Diesem ganzen Sachverhalt liegt ein Strafverfahren zugrunde, das seit Mai des Jahres bis zur Einstellung  weil es völlig unsinnig war  im September dieses Jahres gegen den Abgeordneten Grosz geführt wurde, ohne dass der Abgeordnete Grosz davon erfahren hat. Und wie ich zwischenzeitlich in Erfahrung bringen konnte, wurde auch das Haus nicht verständigt. Die Frage ist, wie es möglich war, dass gegen den Abgeordneten, ein Mitglied dieses Hauses, ermittelt wird, ohne dass die Bestimmung des Art. 57 B-VG vom Justizministerium  zum wiederholten Male, ich erinnere an Ihren Schriftverkehr mit der früheren Frau Ministerin  beachtet wurde.

Frau Präsidentin, ich bitte Sie, diesen ersten Punkt an das Justizministerium neuerlich heranzutragen, vielleicht mit etwas mehr Nachdruck.

Der zweite Punkt ist die Frage, wie es möglich ist, dass Schriftverkehr, der von einem Ministerium persönlich an ein Mitglied dieses Hauses gerichtet wird, gleichzeitig oder sogar noch davor an einen Parlamentsklub dieses Hauses weitergeleitet wird  „zufällig“ der gleichen Partei wie die entsprechende Ministerin. Ich bitte Sie, mit diesen zwei Anliegen an das Ministerium heranzutreten! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!)

15.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Stadler, es steht Ihnen natürlich immer frei, eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung abzugeben, aber ich weiß jetzt gar nicht, wozu Sie das gemacht haben, da Sie sicherlich wissen, dass ich mit dem Herrn Abgeordneten Grosz bereits ein Gespräch hatte und genau das, was Sie jetzt ins Treffen geführt haben, bereits mit ihm vereinbart habe, nämlich dass ich die Frau Ministerin um Klärung bitten werde. Also den Grund für Ihre Wortmeldung weiß ich jetzt nicht genau. (Abg. Grosz: Das wollen wir im Stenographischen Protokoll haben! Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ebenfalls zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Kopf zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


15.52.04

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich unterstütze das Ersuchen des Kollegen Stadler an Sie, dass Sie die Frau Bundesministerin ersuchen, in der Angelegenheit dieses Verfahrens oder dieser Untersuchungen gegen den Abgeordne­ten Grosz Klarheit hineinzubringen. Ich meine, es ist generell tatsächlich immer wieder ein Problem, dass die Staatsanwaltschaft an das Parlament herantritt, auch in Fällen um Aufhebung der Immunität bittet, wo klar ersichtlich ist – entweder im Zusam­menhang mit der politischen Tätigkeit oder in anderen Fällen auch –, dass es keinen Zusammenhang gibt. Und es entsteht dadurch  (Abg. Neubauer: Um das geht es doch gar nicht!) – Ich komme gleich darauf!

Es entsteht dadurch tatsächlich immer wieder das Problem, dass durch diese erbetene Aufhebung der Immunität das Ganze in die Öffentlichkeit getragen wird, und zwar unnötigerweise in die Öffentlichkeit getragen wird, und da, glaube ich, haben wir wirklich Ursache, das einmal klarzustellen. – Das zum Ersten. (Zwischenruf bei der


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SPÖ. Abg. Mag. Kogler: Deshalb schickt die ÖVP die ganze Post Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Zum Zweiten: Ich erinnere mich, dass der Kollege Pilz im Besonderen dauernd aus Akten zitiert, die ihm aus Ministerien, von Beamten oder von wem auch immer, zuge­spielt werden, und kein Mensch dieses Hauses findet irgendetwas daran, wenn der Kollege Pilz das macht. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen. Abg. Grosz: Also ihr verteidigt’s diese Methoden?! Unglaublich!) – Der Hooligan-Sektor möge ruhig sein, bitte! (Rufe bei BZÖ, FPÖ und Grünen: Unglaublich!)

Und wenn – einen Satz noch, Frau Präsidentin – dasselbe einem ÖVP-Abgeordneten widerfährt, dass er so ein Schriftstück anonym zugeleitet bekommt, dann wird von dieser selben Stelle ein Riesenskandal daraus gemacht. Da kann der Kollege Singer nichts dafür. Er weiß selber nicht, woher er dieses Dokument bekommen hat und von wem. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei BZÖ und Grünen.)

15.54

15.54.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf, für die Aussage „Hooligan-Sektor“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.) – Es ist auch nicht notwendig, einen Applaus zu geben! Das ist eine Vereinbarung, die wir geschlossen haben.

Zum Zweiten möchte ich nur daran erinnern, wie notwendig es ist, dass wir jene Debatte zu Ende bringen, die gut begonnen hat, nämlich die Neuregelung des Immu­nitätsrechts, denn damit wäre natürlich ein Riesenschritt in Richtung Lösung all dieser immer wieder aufgeworfenen Fragen gegeben. Ich hoffe, dass wir auch hier zu einem guten Abschluss kommen. (Abg. Mag. Stadler: Aber das erklärt den Briefverkehr nicht!)

Es gibt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung von Herrn Abgeordnetem Öllinger. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Da ist der Pilz der Experte!)

 


15.54.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Kopf, Sie haben zwar einige Punkte angesprochen, die nicht unrelevant sind, also den Umstand, dass die Staatsanwaltschaft auch in Verfahren wegen des Begehrens einer Auslieferung an das Parlament herantritt, wo es offen­sichtlich ist, dass sie nicht an das Parlament herantreten müsste oder sollte, aber das ist nicht der Punkt.

Der Punkt, um den es hier geht – und deshalb finde ich das Begehren durchaus verfol­genswert –, ist der Umstand, dass der Abgeordnete Singer in seinem Redebeitrag aus einem Brief zitiert hat, der dem Abgeordneten Singer nicht zugänglich sein dürfte und eigentlich niemandem in der ÖVP zugänglich sein dürfte, der nur an den Abgeordneten Grosz gerichtet war. (Abg. Kopf: Das stimmt! Zwischenrufe der Abgeordneten Klikovits und Grosz.)

Der Brief war an den Abgeordneten Grosz gerichtet, und es wurde vom Rednerpult aus vom Abgeordneten Singer aus diesem Brief an den Abgeordneten Grosz zitiert – sogar mit der Bemerkung: Ich stelle Ihnen das Schreiben zur Verfügung! –, wie das Protokoll ergibt. (Abg. Kopf: Wie oft macht das der Pilz, bitte?!)

Das heißt, wir haben es hier wirklich mit dem ernsthaften Vorwurf der Verletzung des Briefgeheimnisses und möglicherweise auch dem Verdacht des Amtsmissbrauches zu tun – und das, Herr Abgeordneter Amon, in diesem Fall durch eine Behörde, möglicherweise. (Beifall bei Grünen und BZÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 143

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer weiteren Wortmeldung zur Geschäfts­behandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.56.49

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Ich glaube, die wechselseitigen Schuldzuweisungen, die jetzt ÖVP und Grüne gemacht haben – was der Herr Kollege Singer haben darf oder nicht haben darf und der Kollege Pilz in noch viel größerer Zahl haben darf oder nicht haben darf –, zeigen nur eines ganz deutlich aus dem Justizministerium: Ich gehe davon aus, dass alle Indiskretionen, die es hier gibt und alle Gesetzesverletzungen auch immer zu Ermitt­lungen geführt haben – nur gibt es in der gesamten Justiz kein Ergebnis.

Es passieren permanent – gerade wenn es um Abgeordnete geht, geht es um Geheim­nisverletzungen – strafbare Handlungen. Es werden dann die Strafverfahren eingeleitet, aber es gibt kein einziges Ergebnis, obwohl ganz klar ist, dass es bei der Justiz beheimatet sein muss, denn woher soll es sonst kommen. Das betrachten wir als eigentlichen Skandal, und die Frau Justizministerin wäre gut damit beraten, dem Haus einmal über diese Zustände Auskunft zu erteilen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

15.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Wortmeldung zur Geschäfts­behand­lung: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


15.57.53

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Nachdem die Affäre Singer jetzt noch durch eine Reihe von weiteren Beschuldigungen eskaliert worden ist (Abg. Klikovits: „Affäre Singer“?!), möchte ich gerne Folgendes feststellen:

Eine der wichtigsten Aufgaben dieses Hohen Hauses ist die Kontrolle der Verwaltung. Das gilt nicht nur für das Justizministerium. Wir werden, hoffe ich, morgen einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um schwere Missstände in eben dieser Verwal­tung und vorgelagerten Organisationen zu kontrollieren, wie es den Abgeordneten zum Nationalrat zukommt.

Und ich garantiere Ihnen eines: Auch wenn es jetzt alle möglichen prophylaktischen Beschuldigungen und Unterstellungen vonseiten der Österreichischen Volkspartei gibt, auch diesen Missstand, der heute zutage getreten ist – der Verdacht des Amtsmiss­brauchs und der Verletzung des Briefgeheimnisses im Interesse der Österreichischen Volkspartei, möglicherweise durch einen Abgeordneten der Österreichischen Volks­partei –, auch diesen Verdacht werden wir in unserem eigenen Interesse, da ein Abgeordneter dieses Hauses davon betroffen und möglicherweise zum Opfer gewor­den ist, untersuchen müssen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das garantiere ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! (Beifall bei Grünen und BZÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich sehe keine Wortmeldungen zur Geschäfts­behandlung mehr. Ich halte noch einmal fest, dass ich das mache, was ich mit dem Herrn Abgeordneten Grosz vereinbart habe, nämlich an die Frau Bundesministerin mit der dringenden Bitte um Klärung der Umstände heranzutreten. Es gibt zwei Umstände, einmal die Frage: Wie kann ermittelt werden ohne ein entsprechendes Verlangen? (Abg. Grosz: Und noch was!)  Ich weiß, ich zähle jetzt nicht alles noch einmal auf.

Und zweitens: Wie kann es passieren, dass ein Schreiben in die Öffentlichkeit gerät, das der Herr Abgeordnete Grosz noch gar nicht hat (Abg. Mag. Stadler: ÖVP-Klub! – Abg. Grosz: Das ist keine Verletzung des Amtsgeheimnisses, wenn ich etwas an den


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Staatsanwalt gebe! Das ist doch ein Irrsinn!) beziehungsweise, wie ist es dort über­haupt hingekommen? – Gut. Das ist so weit festgehalten.

*****

Wir gehen weiter in der Debatte.

Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.00.27

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zurück zur Bildungspolitik. Das Bildungssystem von den Kleinkindern bis zur Hochschule chancengerechter zu gestalten ist – und das ist, denke ich, unbestritten – ein sehr langjähriges Anliegen der Sozialdemokratie. Und auch deshalb verstehe ich die Ungeduld der Grünen, der Opposition darüber, dass das schneller gehen und in größeren Schritten vorankommen sollte – und eigentlich mehr.

Wir verstehen die Ungeduld nicht nur, wir teilen die Ungeduld über weite Strecken, aber – und das ist wahrscheinlich ein wesentlicher Unterschied – wir sind damit kon­frontiert, Politik in der realen wirtschaftspolitischen und auch budgetären Situation zu machen und im Rahmen dessen aber möglichst viele Schritte in die richtige Richtung weiter zu bewegen; und das passiert auch.

Ich habe mich ein wenig gewundert, muss ich ehrlich sagen, ausgerechnet von den Grünen den Ruf nach einem Machtwort zu hören (Abg. Dr. Graf: Von der Basis!), von den Grünen mit ihren basisdemokratischen Wurzeln, wobei ich zugebe, dass ich zuerst verlockt war – wir wissen alle, wie Politik funktioniert – und mir gedacht habe: Wäre es doch nur so, dass der Bundeskanzler ein Machtwort sprechen könnte und alles wäre anders und könnte in schnelleren und größeren Schritten vorangehen. Und dann habe ich mir gedacht: So sehr ich mir das wünsche, dass sich die Dinge schneller entwickeln, es ist gut so, dass es nicht geht, dass eine einzelne Person ein Machtwort sprechen kann. Es ist zwar mühsamer, aber es ist Demokratie und es ist wichtig, dass wir im demokratischen System arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber trotzdem wollen wir, dass vieles schneller weitergeht – und daran arbeiten ja viele, unter anderem die Bildungsministerin –: vom frühkindlichen Bereich an. Wir wer­den heute eine Artikel-15a-Vereinbarung in diesem Haus beschließen, in der es darum geht, die Anstoßfinanzierung zu verlängern, damit für die Unter-Dreijährigen mehr Plätze da sind und die Öffnungszeiten besser werden. Das verpflichtende Kinder­gartenjahr, das letzte Gratis-Kindergartenjahr bleibt ja erhalten. In Wien haben wir einen Gratis-Kindergarten als Vorbild generell, auch die Neue Mittelschule wird ausgebaut.

Und da teile ich gar nicht die Einschätzung des Kollegen Walser, dass das eine Fehlentwicklung ist. Es ist nicht die gemeinsame Schule. Es ist eine Reform, aber in die richtige Richtung. Es ist eine Reform, die dazu führt, dass dieses Schuljahr schon 57 000 Schüler und Schülerinnen besser gefördert, individueller gefördert werden. Und das ist keine Fehlentwicklung. Ganz im Gegenteil! Das sind extrem wichtige Schritte.

Es wird mehr kleinere Klassen geben, die Ganztagsbetreuung wird ausgebaut, die Oberstufe wird reformiert. Also Schritte, wo, denke ich, auch die Grünen zugeben müssen, nicht in dem Tempo, wie sie es gerne hätten, nicht in dem Tempo, wie wir es gerne hätten, aber Schritte in die richtige Richtung.

Da ich gesagt habe, ein chancengerechtes Bildungssystem von der frühkindlichen Förderung bis zur Hochschule, möchte ich natürlich auch besonders zu den Hoch­schulen etwas sagen und da zur aktuellen Debatte über die Studiengebühren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 145

Es ist bekannt, dass sich die SPÖ gegen finanzielle Hürden zur höheren Bildung aus­spricht. Deshalb haben wir auch vor der Wahl gemeinsam mit anderen Parteien, gemeinsam mit den Grünen und den Freiheitlichen, die Studiengebühren abgeschafft. Und wir haben auch trotz großem Druck in den Regierungsverhandlungen die Studiengebühren nicht wieder eingeführt. Das ist auch bekannt. Das ist auch dem Regierungspartner bekannt. Denn wir sagen immer, dass wir etwas, was wir vor den Wahlen abgeschafft haben, nicht nach den Wahlen wieder einführen werden.

Jetzt gibt es einen Spruch des Verfassungsgerichtshofs, der darauf hinausläuft, dass man technische Details – nicht die Regelung im Grundsatz – reparieren, in Wahrheit aktualisieren muss. Das ist eine Reparatur, die sehr unkompliziert und schnell möglich ist.

Ich bedauere daher sehr, dass hier der Wissenschaftsminister aus parteipolitischen Motiven seit einigen Tagen eine Eskalationsstrategie fährt, deren Ziel mir noch nicht ganz klar ist. Denn, wenn er den Universitäten empfiehlt, einfach selber Studienge­bühren in beliebiger Höhe einzuheben, dann empfiehlt er ihnen in Wahrheit, in einen rechtsunsicheren Zustand zu gehen. Das ist von einem Ministerium, von dem wir eigentlich die Rechtsaufsicht erwarten würden, doch eine, rechtsstaatlich gesehen, sehr eigenwillige Vorgangsweise. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Politisch gesehen ja sowieso, denn die Universitäten sind dann unsicher, ob nicht Studenten klagen werden, zum Verfassungsgerichtshof gehen werden, das wieder aufgehoben wird, die Universitäten das Geld zurückziehen werden. Und damit haben wir hier auch eine Vorgangsweise, die vom Wissenschaftsminister vorgeschlagen wird, die eigentlich niemand will, die auch die Rektoren abgelehnt haben und die eigentlich nur mehr die ÖVP will.

Es ist im Übrigen gerade über die APA gekommen, dass ein Gutachten des Ver­fassungsdienstes des Bundeskanzleramtes, also des Gutachters der Republik vorliegt, der dem Gutachten, das der Wissenschaftsminister vorgelegt hat, widerspricht und festhält (Abg. Rädler: Wer war denn das?) – was mich wenig überrascht –, dass nach eingehender juristischer Analyse sehr wohl gesetzliche Grundlagen notwendig sind, um Studiengebühren einheben zu können. (Abg. Rädler: Vom BSA, oder?!)

Ich bedauere, dass die ÖVP unbedingt eine zusätzliche Bildungssteuer von mittel­ständischen Familien einheben will, wo sich die Familien im Moment verunsichert genug fühlen und ich fordere die ÖVP auf, wirklich wieder zu sachpolitischen Dis­kussionen zurückzufinden und mit uns diese sehr einfache und unkomplizierte Reparatur eines Gesetzes zu machen, das das Parlament hier vor einiger Zeit beschlossen hat.

Außerdem finde ich es sehr bedauerlich, dass die Hochschuldebatte so verengt geführt wird hin auf die Frage Studiengebühren. Ich denke, dass man die Energien, die da hineinfließen, für sinnvollere Fragestellungen verwenden und aufwenden sollte. (De­monstrativer Beifall des Abg. Dr. Grünewald.) Wir brauchen dringend einen Hoch­schulplan und damit die wesentlichen strategischen Grundlagen, um die Weichenstel­lungen, die in nächster Zeit notwendig werden und anstehen, auch auf Basis der entsprechenden Grundlagen stellen zu können. Daher: Konzentrieren wir lieber die Kräfte darauf und nicht darauf, neue Steuern einzuheben!

Im Übrigen haben die Experten, die der Wissenschaftsminister selber beauftragt hat, ja empfohlen, Verhandlungen mit den Herkunftsländern zum Beispiel der Numerus-clausus-Flüchtlinge zu führen. Hier sagen die Experten des Wissenschaftsministers, man könnte 280 € einnehmen, also wesentlich mehr als mit den Studiengebühren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 146

Bitte nehmen Sie da Gespräche auf! Auch da wäre die Energie deutlich sinnvoller investiert. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager zu Wort. – Bitte.

 


16.08.40

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kolle­gen! Ich habe gedacht, das ist eine Dringliche und habe verzweifelt bei den 17 Fragen herauszufinden versucht, wo das Dringliche im Sinne von Informationsbedarf ist, denn wir hatten letzte Woche und diese Woche Bildungsausschuss, Wissenschafts­ausschuss, einen Unterausschuss und all die 17 Punkte sind dort ausführlich in der Ak­tuellen Aussprache in allen Diskussionen beantwortet worden. (Abg. Dr. Grünewald: Das glauben nur Sie!)

Gerne aber greife ich das strategisch wichtige Thema hier im Plenum auf. Aber unter „dringlich“ verstehe ich etwas, wo ich ein Informationsdefizit habe. Ich kann nur sagen, ich sehe bei keinem der 17 Punkte ein Informationsdefizit. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Binder-Maier.) Man kann sagen, man ist nicht zufrieden damit. – Ja. Aber Informationsdefizit ist keines da. Die Regierungsbank hat sich trotzdem Zeit genommen, was ihr sehr hoch anzurechnen ist und ja auch zeigt, dass uns allen das Thema Bildung, Wissenschaft ein ganz großes Anliegen ist.

Das Zweite, was ich von Frau Kollegin Glawischnig gehört habe, war eine Reihe von Beispielen aus Wien. Als Wiener Abgeordnete nehme ich die gerne mit. Ich darf zitieren: Probleme beim Anmelden im Kindergarten, Probleme in der Pflichtschule, Probleme in der Nachmittagsbetreuung, Probleme mit dem Gehalt der Kindergärtne­rinnen und Kindergärtner.

Meine Damen und Herren! Soviel ich als Wiener Abgeordnete weiß, ist die grüne Fraktion in der Wiener Landesregierung, in der Wiener Stadtregierung. (Abg. Neubauer: Und in Oberösterreich!) Und soweit ich die Verfassung kenne, sind all die Punkte, die ich hier aufgezählt habe – von der Verfassung her –, im Zuständigkeitsbereich der Stadt Wien und des Landes Wien. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Also Sie haben sich hier ein Podium verschafft, wo Sie sich eigentlich schleunigst dransetzen sollten, das in Wien umzusetzen. Wir von der Wiener ÖVP warten darauf. Setzen Sie es rasch um, dass Kindergärtnerinnen und Kindergärtner das Gehalt bekommen, das ihnen zusteht! Niemand auf der Welt hindert die Gemeinde Wien daran, das möglichst rasch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Die leeren Gemeindekassen!)

Meine Damen und Herren! Ich weiß, wenn man sparen muss, ist es schwierig; und jeder hätte gerne, dass die andere Gebietskörperschaft das tut und dass man selbst derjenige ist, der das Geld verteilen kann. Aber in dieser Situation, meine Damen und Herren, sind wir nicht mehr. Nehmen wir uns die Steiermark als Vorbild, in der beide Koalitionspartner sagen, in schweren Zeiten haben wir gemeinsam Verantwortung zu tragen.

Und da denke ich nur an die Pensionsregelung in der Stadt Wien: Über 400 Millionen kostet es die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – und es ist egal, ob das Geld über den Finanzausgleich kommt oder nicht –, dass Wien bis heute die Pensionsregelung, zu der sich die Bundesbediensteten schon längst bekannt haben, nicht umgesetzt hat – Geld, das den Kindergärten fehlt, Geld, das in der Nachmittagsbetreuung fehlt, Geld, das aber auch unseren Pflichtschulen fehlt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 147

Kollegin Glawischnig, richten Sie das Ihren Kolleginnen und Kollegen in Wien aus! Wir würden sie in Wien gerne darin unterstützen, aber heute sind wir im Parlament. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nun zu den Bildungsanliegen kommen, die uns alle beschäftigen. Ich darf Ihnen als Wissenschaftssprecherin auf der einen Seite versichern, all die Bildungs­zahlen, auch im Schulbereich, die der Herr Bundeskanzler heute angeführt hat, kann ich nur zu 100 Prozent unterstreichen. Heute Vormittag hat schon unsere Frau Finanz­ministerin alle Zahlen deutlich dargelegt. Ich möchte nicht alle im Einzelnen wieder­holen, aber vor allem auf den Wissenschaftsbereich zu sprechen kommen, weil Sie diesen auch zitiert haben.

Auch da habe ich den Eindruck, manche Statistiken wollen Sie einfach nicht zur Kenntnis nehmen. 1,3 Prozent des BIP, das ist das, wo wir derzeit bereits sind. Wir alle hier haben uns auf das 2 Prozent-Ziel „committet“. Wir alle haben es vereinbart. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Rechnen Sie nach!) – Wir alle rechnen nach, Frau Abge­ord­nete. Ich rechne es Ihnen ganz klar vor.

Da lese ich zum Beispiel, dass uns die OECD-Bildungsstudie zeigt, dass wir bei den öffentlichen Mitteln deutlich über dem Durchschnitt sind, im obersten Bereich sind, dass wir aber bei den privaten Mitteln deutlich unter dem Durchschnitt sind. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist was anderes! Forschung und Entwicklung!) – Das sind die OECD-Studien, ich kann sie Ihnen gerne schriftlich nachreichen. (Abg. Dr. Grünewald: Sie sind bei der angewandten Forschung! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie sind ganz woanders! – Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist Forschung und Entwicklung!)

So ist zum Beispiel der OECD-Durchschnitt im privaten Bereich fünfmal so hoch wie in Österreich. Die privaten Mittel als Beitrag zum BIP sind im OECD-Durchschnitt fünfmal so hoch. (Abg. Dr. Grünewald: Das hat mit dem tertiären Sektor nichts zu tun!) – Die Studie leite ich Ihnen gerne weiter. Ich kann das im Ausschuss noch gerne im Detail bringen.

Das heißt, was wir sehen, ist, dass wir im öffentlichen Bereich sehr gut liegen. Auch da darf ich Ihnen zum Beispiel eine erst kürzlich erschienene Studie zur Kenntnis bringen, nämlich eine von der Europäischen Kommission. Vielleicht glauben Sie der etwas, wenn Sie schon jener der OECD nicht geglaubt haben. Bildungsmittel wurden am stärksten aufgestockt: in Österreich, Frankreich, Finnland, Malta. – Kürzlich, jüngste Studie der Europäischen Kommission. Vielleicht ist das etwas, dem Sie glauben, ich kann Ihnen noch viele weitere Studien bringen.

Ich glaube, wir sollten den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern unser Budget nicht schlechterreden, wir wissen, wir müssen sparen (Abg. Dr. Grünewald: Aber auch nicht besser!), wir sollen es auch nicht besserreden, aber wir sollen ihnen das sagen, worauf sie stolz sein können, dass sie das Geld in die Jugend investieren. Und ich sage Ihnen: Jene Länder, die derzeit die größte Benachteiligung den Jugendlichen gegenüber haben, das ist Griechenland, das ist Spanien und das ist Irland. Das sind jene Länder, die nämlich nicht auf das Budgetdefizit geachtet haben und bis zu 166 Prozent des BIP ausgeben.

Wir wollen eine Senkung des Schuldenstandes, wir wollen aber gleichzeitig, dass wir den Top-Wert in der Jugendarbeitslosigkeit auch weiter haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Es ist ein bisschen ein Unterschied zwischen Spanien und Irland ...!) – In Spanien ist jeder zweite Jugendliche von Jugendarbeitslosigkeit bedroht. Wir liegen bei den Top-Werten! Da können Sie doch nicht sagen, dass unsere Frühförderung, unsere Schulen und unsere Hochschulen so schlecht sind. (Beifall bei der ÖVP.) Wir schaffen


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es, dass wir Beschäftigung sichern, damit auch die Jugendlichen in die Eigenverant­wortung kommen und auch eine Lösung finden.

Lassen Sie mich abschließen! Das Thema Studienbeiträge und Hochschulplan wird uns weiter beschäftigen. Selbstverständlich! Wir bekennen uns dazu, dass private Mittel auch bei einer sozialen Abfederung Studienbeiträge sind, wie übrigens 66 Pro­zent der österreichischen Bevölkerung schon längst den Eindruck haben, dass das hier entsprechend geregelt wird. Wir vertreten jene 66 Prozent, die sich für Studienbeiträge mit einem klaren sozialen Modell aussprechen. Sie finden bei uns eine Heimat, wir werden für sie und ihre Anliegen eintreten.

Uns ist ein sozial abgefedertes Studienbeitragsmodell ein ganz wichtiges Anliegen, uns ist aber auch wichtig, dass die Wirtschaft mehr, noch besser vernetzt wird mit unseren Hochschulen und daher der Drittmittelanteil entsprechend gesteigert wird, denn Geld können wir nie genug haben für die Zukunft unserer Kinder, unserer Jugendlichen und unserer Gesellschaft.

Es ist daher die Kooperation zwischen Hochschule und Studierenden – im Sinne eines sozial verträglichen Studienbeitragsmodells – und der Wirtschaft der Schlüssel für die Zukunft. Wir müssen schauen, dass wir die privaten Mittel auch entsprechend steigern können. Ich darf Ihnen vorrechnen: Es geht bei den Studienbeiträgen um keine Kleinig­keit. Selbst wenn wir alle sozialen Kriterien anwenden, sind wir immer noch bei der Hochschul-Milliarde, zuerst einmal bei 330 Millionen € pro Jahr, plus rund 170 bis 200, ganz, ganz vorsichtig gerechnet. Mit allen sozialen Kriterien haben wir eine halbe Milliarde an Möglichkeit für die Hochschulen, ihnen dieses Geld zur Verfügung zu stellen. Und dazu sollten wir uns gemeinsam bekennen – im Sinne unserer Jugend­lichen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.17.17

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich darf gleich bei Frau Kollegin Cortolezis-Schlager beginnen, die gemeint hat, sie mahnt die Sachpolitik ein, so wie sie in der Steiermark propagiert und gelebt wird. Die Aussage vom Herrn Landeshauptmann Voves, ihr gebt uns die Studiengebühren, dafür geben wir euch die Gesamtschule – wenn das Sachpolitik ist, dann muss ich sagen: Nein, es ist keine! Das ist Kuhhandel und nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.) Davor darf auch eine Reform des österreichischen Bildungssystems, so notwendig sie ist, nicht in die Knie gehen, hier darf nicht Kuhhandel im Vordergrund stehen.

Aber auch etwas anderes nicht: Machtdenken, Besitzdenken, Parteibuchwirtschaft und Proporz. Das alles habe ich nämlich in dieser Debatte bis jetzt komplett vermisst, denn auch diese Prinzipien sind Bestandteil des österreichischen Bildungssystems. Ich habe jetzt über die Reform des Lehrerdienstrechts etwas gehört, die angesprochen wurde, die Ausbildung werde sich ändern, werde besser werden, aber für die Einstellung wird nach wie vor das Parteibuch, entweder von Schwarz oder Rot, das Entscheidende sein. Dagegen müssen wir ebenfalls entschieden auftreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Walser hat hier sein Taferl hergestellt, das grüne Logo drauf, das steht ihm auch zu. Er hat für das Bildungsvolksbegehren geworben, für das bald irgendwann einmal die Eintragungswoche sein wird: Man sieht ganz genau, wie die Einteilung ist, wer das unterstützt (Abg. Rädler: Reformgeist Androsch!), welche Teile der Par­teienlandschaft das unterstützen. Jedenfalls eines ist es nicht, was uns der Herr


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Androsch weismachen möchte: dass es ein unabhängiges Volksbegehren, getragen von der Basis, ist.

Nein! Es ist aufgrund des Stillstandes in der Bildungspolitik – das wurde bereits angesprochen – der Versuch eines Teiles der politischen Landschaft, hier eine Dyna­mik hinzubringen, wo wir mit manchen Punkten, sogar mit vielen Punkten, durchaus übereinstimmen können, aber mit manchen Punkten eben nicht, weil die Bildungs­debatte ideologisch geprägt ist.

Die Frage Volksbegehren hat für mich auch noch einen gewissen Anreiz, denn über die Frage, welches Schulsystem kommen soll, wie die Einstiegsgehälter für Lehrer sein sollen oder Ähnliches, darüber kann man das Volk fragen, dafür machen die Grünen sogar Werbung.

Wenn aber das Geld verspielt wird, mit dem wir die Bildung in Österreich nachhaltig für Jahre und Jahrzehnte sichern könnten, dann wollen Sie das Volk nicht befragen. Das haben wir bei der letzten Sitzung erlebt, wo es um den Europäischen Rettungsschirm, um den ESM und die EFSF gegangen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann wollen Sie die Bevölkerung nicht befragen, wenn das Geld verjuxt wird, das wir in Österreich dringend bräuchten. Wir bräuchten überhaupt nicht nachzudenken, ob wir jetzt noch zusätzlich eine Uni-Milliarde zur Verfügung stellen können oder nicht, wenn Sie einmal schauen würden, dass das Geld im Land bleibt, und nicht nur den Steig­bügelhalter für die Koalition, die von Brüssel gesteuert ist, machen würden.

Aber die Koalition ist es nicht, Sie sind es ja selbst – und das ist das Problem; Sie sind in Brüssel schon vor der Haustüre –, weil Sie die Nationalstaaten zerschlagen wollen, weil Sie einen großen Sowjet in Europa einrichten wollen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Mich wundert es ja, dass Sie noch nicht vorgeschlagen haben, dass Brüssel die Partnerstadt von Moskau wird. Aber so sind Sie: Das Volk wird nur dann gefragt, wenn die Meinung von vornherein feststeht, sonst nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wieder zurück zur Bildungspolitik. – Die Parteibuchwirtschaft habe ich bereits angeprangert. Was tatsächlich passiert: Die große Koalition ist in der Bildungsfrage der Garant für den Stillstand, denn wer, wenn nicht die Parteien Schwarz und Rot hätten es in der Hand, auch mit ihrem Einfluss auf der Landesebene die entsprechenden Reformen durchzubringen, für die man auch die Zustimmung der Länder braucht. Das heißt, da sieht man ganz eindeutig: Es ist Stillstand angesagt!

Der Herr Bundeskanzler hat gesagt: Na ja, es wird doch so viel getan! Und die Frau Bundesministerin hat erst am 5. Oktober wieder drei Pakete vorgestellt. – Ja, aber das Paketvorstellen ist noch keine Umsetzung!

Und in Bezug auf die Dringlichkeit hat Frau Kollegin Cortolezis-Schlager gemeint, sie könne überhaupt nichts Dringliches darin erblicken.

In ihrer Budgetrede hat die Frau Finanzministerin an mehreren Stellen gesagt, die Jugend sei unsere Zukunft, aber sie hat auch gesagt: „Die Zukunft unserer Kinder ist mir wichtig. Aber trotzdem muss ich als Finanzministerin einmahnen, dass auch im Unterrichtsressort sorgsam mit den anvertrauten Mitteln umgegangen wird.“ – Stichwort: Inseratenkampagnen, wo ein paar Millionen noch zu haben wären.

Im OECD-Vergleich sehen wir: „Unser System ist das fünftteuerste, auch wegen der Altersstruktur der Lehrerinnen und Lehrer“, heißt es in der Budgetrede. – Es ist das fünftteuerste, aber es kommt dabei zu wenig heraus. Und in Anbetracht dessen wird nicht daran gedacht, dieses System in irgendeiner Form zu ändern? Da heißt es: Da kriegen wir keine Mehrheiten zusammen, da ist der Stillstand propagiert, das machen


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wir jetzt so! Aber aufgrund der ins Haus stehenden Pensionierungen sagte die Frau Finanzministerin:

„Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, ein modernes Dienstrecht umzusetzen.“

Was ist „jetzt“? Was geschieht heute in dieser Sitzung? Wann kommt dieses neue Dienstrecht der Lehrer? Was haben wir alles in diesem Zusammenhang? – Wir haben Expertenkommissionen, Expertengremien, Arbeitsgruppen, die machen ein Papier, das wird verdichtet, dann wird es als verdichtetes wieder an eine Gruppe zurückgeschickt und dann wird es in Stakeholder-Konferenzen noch einmal breitgewälzt. Also es wird nur Papier produziert, ohne dass irgendetwas Konkretes hier ankommt, und wahr­scheinlich steht am Ende der Entwicklung die Verhandlung mit der Gewerkschaft, wo nach einem langen Prozess ohnehin wieder das Nein der Beamtengewerkschaft dasteht. So wird die Struktur nicht verändert werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Etwas anderes fällt mir auf: Es wird doch immer davon gesprochen, dass der Zuzug von Migranten und Migrantinnen für Österreich so wahnsinnig wichtig wäre und uns etwas brächte, ohne diesen könnten wir uns vieles gar nicht leisten. Daher müssen wir, höre ich fortwährend, in die Bildungseinrichtungen, beginnend beim Kindergarten, investieren. Herr Staatssekretär Kurz hat da erst vor Kurzen einen Erfolg gefeiert. – Da müssen wir Millionen und Abermillionen des Geldes, das wir jetzt haben, zuerst einmal hineinstecken, damit überhaupt die Integration gelingen kann, von der wir erwarten, dass sie uns einmal mehr bringt. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Nein, wir zahlen hinein! Das ist in Wahrheit das, was uns hier eingebrockt wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Ein Punkt fehlt mir komplett, und der betrifft die Frage der ganztägigen Betreuung. – Wir Freiheitliche sagen ein ganz klares Ja zur Ganztagsbetreuung, aber ein Nein zur „Zwangstagsbetreuung“. Und verschränkter Unterricht soll unserer Meinung nach auch nicht verpflichtend sein, sondern wir sehen die Familie als einen Ort, wo ebenfalls Erziehung und Bildung stattfinden kann, wenn das die Eltern wollen, wünschen und auch können. Dazu müssen wir natürlich die Eltern auch befähigen. (Beifall bei der FPÖ.) Für uns Freiheitliche ist das jedenfalls nach wie vor ein Credo, und davon können uns auch jene, die das unter Umständen auch gut meinen, mit Sicherheit nicht abbringen.

Kinder haben in der Familie aufgehoben zu sein. Die Bildungseinrichtung ist dazu eine äußerst wichtige Ergänzung. Sie ist aber in erster Linie Bildungseinrichtung und nicht Erziehungs- und Sozialanstalt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neubauer: Ja, so ist es!)

16.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. – Bitte.

 


16.25.00

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Das generelle Vertrauen in diese Politik der Regierung von SPÖ und ÖVP geht von Tag zu Tag seitens der Bürgerinnen und Bürger immer mehr verloren. Wir können das in verschie­denen Gesprächen feststellen. Ich selbst erlebe es immer wieder im Kontakt mit Bürgern, die Petitionen einbringen, die Bürgerinitiativen starten: Man glaubt nicht mehr an die Lösungs- und Handlungsfähigkeit dieser Regierung! Die Gründe dafür sind sehr vielfältig: Einerseits sind es zum Beispiel die Kürzungen im Sozial- und Familien­bereich, die Kürzungen, was Familienbeihilfen anbelangt, der erschwerte Zugang zum Pflegegeld, es sind aber andererseits auch die großen Belastungen durch Gebühren und Tarife, die ständig erhöht werden.


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Wir leben in einem Höchststeuerland, wie es die Frau Finanzministerin ja heute selbst zugegeben hat. Jeder Bürger/jede Bürgerin arbeitet ein halbes Jahr sozusagen für den Staat und ein halbes Jahr für sein/ihr eigenes Einkommen. Demgegenüber zahlen wir Millionen und Abermillionen und haften mit Millionen für marode EU-Staaten. Das versteht niemand mehr.

Die Menschen verstehen auch nicht, dass es in dieser Regierung entweder Stillstand oder Streit gibt, und sie verstehen auch nicht, dass hier der Reformwille fehlt, der gerade in schwierigen Zeiten so notwendig wäre.

Ich höre immer nur: Es ist alles so schwierig, wir haben wenig Geld, wir müssen sparen! – Das stimmt schon, aber warum geht man nicht die wichtigen Reformen an, um Geld freizubekommen für das, was wir an Investitionen brauchen – an Investitionen auch für die Bildung?! (Beifall beim BZÖ.)

Das beste Beispiel für Ankündigungen war heute die Budgetrede der Frau Bundes­ministerin. Von ihr ist nichts Konkretes gesagt worden. Das Einzige, was ich mir in Bezug auf den Bildungssektor gemerkt habe, waren die Worte „sorgsamer Umgang mit Budgetmitteln“ – eine Aufforderung an die Frau Unterrichtsministerin. Sonst waren es nur allgemeine Ankündigungen. Also Stillstand setzt sich auch da weiter fort.

In der Bildungspolitik – ganz gleich, wo man politisch steht – liegt vieles im Argen. Ich gebe Ihnen schon recht, wenn Sie sagen, es ist einiges geschehen. – Ja, es ist einiges geschehen, es ist an einigen Schräubchen gedreht worden. Aber das allein ist zu wenig. Eines dieser Schräubchen ist zum Beispiel der Ausbau der Tagesbetreuung. Wir werden jetzt sehen: Kommt das Geld auch dort an, wo Sie glauben, dass es hinkommen soll?

Ein weiteres Schräubchen ist die Zentralmatura, wo wir auch nicht genau wissen, wie das jetzt wirklich funktionieren wird und ob wir da noch nachbessern müssen. Und das Paradeprojekt „Neue Mittelschule“ ist ja nichts anderes als ein Kompromiss zwischen SPÖ und ÖVP, weil man die „Gemeinsame Schule“ nicht durchbringt.

Also seien wir ehrlich: Es sind zwar kleine Schräubchen im System verändert worden, aber was die Vereinfachung der Strukturen oder die Beseitigung von Mehrgleisigkeiten anbelangt, herrscht absoluter Stillstand! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nach wie vor ein Match zwischen Bund und Land und ein Match zwischen Rot und Schwarz, wo es um die Frage geht: Wer ist für die Lehrer zuständig? Wir haben nach wie vor neun Landesschulräte, die partei­politisch besetzt sind. Wir haben nach wie vor zahllose Bezirksschulräte, die partei­politisch besetzt sind. Das geht hinunter bis zur letzten Reinigungskraft, muss ich sagen, das gibt es nicht nur beim Präsidenten und Vizepräsidenten.

Daher fordere ich Sie noch einmal auf: Sorgen Sie endlich dafür, dass die Parteipolitik aus der Schule herauskommt! Das ist ein Grundübel unseres Bildungssystems. (Beifall beim BZÖ.)

Wir opfern die Interessen der jungen Menschen und unserer Kinder, der zukünftigen Generationen, den machtpolitischen Interessen. Wir brauchen dringend eine Kom­petenz­vereinfachung bei der Zuständigkeit für die Lehrer. Wir brauchen klare Regeln für die Schulerhalter. Wir brauchen ein Schulmanagement basierend nur auf einer Dienststelle, wie zum Beispiel Bildungsdirektionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben genug gezahlt für ein System, das nicht ausschließlich die Interessen der jungen Menschen vertritt! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)


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Die Zeit drängt, was diese Reformen anbelangt. Sie alle wissen, dass das nicht von heute auf morgen geht. Es braucht mindestens zehn Jahre, bis die Dinge greifen. Der Herr Rechnungshofpräsident hat das einmal sehr anschaulich bezeichnet, indem er gesagt hat: Wenn wir jetzt nichts tun, gerade was die Bildungsreform betrifft, dann frisst die Vergangenheit die Zukunft auf! – Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.

Wir brauchen auch dringend Korrekturen, was das Bild des Lehrers im Gesamten anbelangt. Da brauchen wir von den guten Leuten die allerbesten. Als Beispiel sei Finnland genannt. In Finnland gibt es drei Berufe, die am angesehensten sind: Das ist der Arzt, der Lehrer und der Jurist. Schauen Sie einmal, wo bei uns die Lehrer rangieren! Daher ist es notwendig, dass wir klare Regeln haben: Wer kann diese Studienrichtung wählen, wer ist geeignet dafür?

Wir brauchen natürlich in diesem Bereich auch ein modernes Dienst- und Besol­dungsrecht mit einer neuen Gesamtdienstzeit, damit sich Lehrer nicht ständig recht­fertigen müssen, vor allem die engagierten, dass sie eh was tun. Ein neues Gesamt­dienstrecht ist vonnöten. Wir brauchen auch klare Definitionen für die Tätigkeiten der Lehrer, damit wir das eine oder andere falsche Bild vom Lehrer korrigieren.

Übereinstimmung gibt es sicher im Bereich der Sprachförderung; da habe ich sehr viel Positives gehört. Meiner Meinung nach war es allerdings sehr blamabel – ich habe selber im Unterrichtsausschuss nachgefragt, und es ist heute auch ein Antrag des BZÖ bezüglich Sprachförderung in Verhandlung –, dass für die Kosten bis vor einer Woche niemand zuständig war. Niemand erklärte sich in den letzten Tagen für zuständig für die Mittel, die für die Sprachförderung notwendig sind. Wir sind uns alle darüber einig, dass das letzte Kindergartenjahr ein ganz wichtiges Bildungsjahr ist, aber dann entsteht eine Streiterei zwischen Rot und Schwarz, wer das Geld dafür hergibt, und dann muss ein Staatssekretär sozusagen als edler Ritter auftreten und schauen, dass die Dinge wieder in Ordnung sind.

Wir haben weitere Baustellen: Eine neunte Schulstufe, ein Berufsfindungsjahr als Tor zu einer qualifizierten Lehre wäre ganz wichtig.

Nächster Punkt: Autonomie der Schulen. – Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, da geschehe eh schon viel. Ich denke da etwa an Oberösterreich. In Oberösterreich sind es zwei Schulen, wo es möglich ist, Autonomie bei der Lehrerauswahl anzuwen­den. Insgesamt sind es österreichweit 12 Schulen, wo das möglich ist. Aber bei uns in Oberösterreich streitet schon wieder die Bildungslandesrätin mit dem Landesschul­ratspräsidentin. Die Bildungslandesrätin sagt, es sei eine gute Idee, dass die Schulen beziehungsweise die Direktoren die Lehrer auswählen, und der Landesschulrats­präsident sagt: Nein, nein, das können wir nicht so machen, das geben wir nicht aus der Hand! – Ist eh klar, denn er würde dadurch seinen parteipolitischen Einfluss verlieren. Ich meine, diese Diskussionen sind mehr denn je entbehrlich.

Weiterer Punkt: Wir haben nach wie vor ein Nachhilfe-Unwesen. 140 Millionen € müssen Familien, müssen Eltern bezahlen, damit ihre Kinder die Schule positiv been­den können. Wir beginnen nun mit der modularen Oberstufe, wo es auch eine sehr verunglückte Diskussion gegeben hat, die aufgehängt wurde auf der Frage: Mit wie vielen Fünfern kann man aufsteigen, mit wie vielen Fünfern muss man sitzen bleiben? – Auch da wissen wir noch viel zu wenig.

Aus meiner Sicht ist es ein absolutes Armutszeugnis für diese Regierung, dass Institutionen und Altpolitiker jetzt ein Bildungsvolksbegehren starten müssen. (Beifall beim BZÖ.)


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Das ist ein Armutszeugnis für diese Regierung, denn in diesem Volksbegehren heißt es, wir fordern ein „weltoffenes Bildungssystem“, und das sagt aus, dass eigentlich diese Regierung für ein weltoffenes Bildungssystem nichts übrig hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns vom BZÖ ist es wichtig, dass Kinder, dass Jugendliche erfolgreich lernen können. Erfolgreich lernen heißt für uns Leistung erbringen, und zwar jeder in einem anderen Tempo gemäß seinen Fähigkeiten. Erfolg­reich lernen heißt für uns, dass Kinder und Jugendliche eine gute Basis in den Kulturtechniken bekommen, eine gute Basis in den Schlüsselqualifikationen, dass aber auch Eigeninitiative, vernetztes Denken und soziale Kompetenz gefordert und geför­dert werden. Wichtig ist daher, dass man in einem Schulsystem neue Ideen zulässt, die man vorher wirklich seriös diskutiert, dass man Altbewährtes weiter­ent­wickelt und dass vor allem, was mir persönlich ein großes Anliegen ist, die Schule zu einer parteipolitikfreien Zone erklärt wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Musiol gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Musiol begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Aufschrift: „Bildungsvolksbegehren: 3.-10. Nov. 2011. Bitte unterschreiben gehen!“)

 


16.34.38

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werte die schon geraume Zeit währende Abwesenheit des Bun­des­kanzlers nicht unbedingt als Zeichen für seine Prioritätensetzung, was dieses Thema betrifft. Ich habe Verständnis dafür, dass es manchmal Bedürfnisse gibt, die drängen, und es nicht möglich ist, Debatten durchgängig zu folgen, aber ich hoffe, dass ich in meinem Optimismus nicht enttäuscht werde.

Wir haben heute schon gehört: Bildung vom Kindergarten bis zur Uni. – Ich möchte mich jetzt hier mit den Kleinsten beziehungsweise mit den Kleinen beschäftigen, und da mit den Kinderkrippen und den Kindergärten als Bildungseinrichtungen. Das hat ja der Herr Bundeskanzler hier auch so gesagt.

Der Herr Bundeskanzler sagt auch, es dürfe nicht zum Allgemeinsatz werden: Alles ist zu wenig! – Ich fürchte, es ist die Realität. Denn: Alles ist tatsächlich zu wenig! Es gibt zum Beispiel zu wenig Kinderbetreuungsplätze. Ich selber kann das auch nicht mehr hören, aber ich muss es Ihnen jedes Mal hier von diesem Platz aus erklären, weil sich daran leider nichts geändert hat. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt zu wenig Kinderbetreuungsplätze, und es ist uninteressant, ob wir uns hier gegenseitig erklären, dass es genug oder zu wenig sind, Tatsache ist, dass die Leute draußen – das sage ich ganz bewusst –, die Eltern für ihre Kinder dringend einen Platz brauchen, und zwar nicht nur zu Betreuungszwecken, um Vereinbarkeit von Familie und Beruf leben zu können, beide Elternteile nämlich, sondern auch, um von Beginn an die gleichen Bildungschancen zu haben und von Beginn an einen qualitativen Betreuungsplatz zu haben, der wirklich den Namen „Bildung“ verdient. Die haben keine Zeit mehr, zu warten. Und wenn Sie in dem Tempo, das meine Klubobfrau heute skizziert hat, weiter vorgehen, dann kann ich Ihnen sagen: Bis Sie das Versprechen, dass hier immer wieder von RegierungspolitikerInnen gegeben wird, zu erfüllen geden­ken, sind diese Kinder längst aus dem Kindergarten, aus der Schule und aus der Universität draußen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn sich die SPÖ regelmäßig auf ihren Koalitionspartner ausredet, dann muss ich sagen: Sorry, das ist zu billig!, denn Sie haben Institutionen, die Ihnen sehr nahe­stehen, wie beispielsweise die Arbeiterkammer, von wo einige von Ihnen biographisch-


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karrieretechnisch herausgekommen sind. Die haben Ihnen ganz genau vorgerechnet, beispielsweise in ihrer Stellungnahme zur Artikel-15a-Vereinbarung, welche Investition notwendig wäre, um für alle Kinder, die einen Platz brauchen, einen solchen auch zu gewährleisten. Da hören Sie nicht hin! Sie reden sich lieber auf den Koalitionspartner aus. Manchmal reden Sie sich, nämlich ÖVP und SPÖ, darauf aus, dass das Lan­des­sache sei und dass man gar nicht zuständig sei. Was ist denn das für eine Verant­wortung, die Sie da tragen? Sie können doch nicht so tun, als wären alle anderen zuständig, aber Sie selber nicht?!

Tatsache ist, es geht um alle österreichischen Kinder, und Tatsache ist, alle öster­reichi­schen Kinder haben die beste Bildung verdient, von Vorarlberg bis Wien, vom kleinsten Ort bis zur größten Stadt, und da können wir uns als Bundes­gesetzgeber nicht einfach zurücklehnen und sagen, es ginge und nichts an, wenn die Länder da nichts tun.

Jetzt können Sie mir entgegenhalten: Wir zahlen eh 15 Millionen!, aber – und die Arbeiterkammer hat es vorgerechnet – 15 Millionen sind viel zu wenig. Es würden schon 70 Millionen helfen. Wir sind da gar nicht bei den 300 Millionen, die wir Grüne fordern, damit wirklich flächendeckend ein Rechtsanspruch gewährleistet werden kann. Die Arbeiterkammer hat es vorgerechnet und gesagt, dass schon 70 Millionen aus­reichen würden, um 33 000 Plätze zu schaffen und nicht nur 14 000. Damit würden nicht nur Plätze für die Kinder geschaffen, sondern auch Zehntausende Arbeitsplätze. In einer Zeit, wo wir permanent von Krise und Arbeitslosigkeit sprechen, wäre das kein unwesentlicher Faktor. Und es könnten 27 000 Eltern einer Beschäftigung nachgehen. Das ist doch nicht nichts, das kann man doch nicht einfach vom Tisch wischen?!

Vor diesem Hintergrund ist es dringend notwendig – und wir werden das nachher auch bei der Artikel-15a-Vereinbarung diskutieren –, sich hier nicht auszuruhen und zu sagen: Wir warten den nächsten Finanzausgleich ab, und dann wird schon alles besser sein!, denn: Die Landeshauptleute werden diese Macht nicht aus den Händen geben wollen, und die Gemeinden werden aufschreien. Sie alle wissen es, denn hier sitzen solche Bürgermeister und Bürgermeisterinnen aus den Gemeinden.

Eine SPÖ-Bürgermeisterin hat schon vor zwei Jahren im Ausschuss gesagt, es wäre sinnvoll, da dem Bund die Kompetenz zu übertragen, denn wenn Sie sich ihre Kolleginnen und Kollegen, die Bürgermeister aus allen möglichen Fraktionen, ansieht, dann sei sie nicht sicher, ob die Bildungseinrichtung „Kindergarten“ da gut aufgehoben ist. Also ringen wir uns doch durch, ringen Sie sich doch durch und machen Sie Bildung wirklich zur Priorität und schaffen Sie Plätze für alle Kinder! (Beifall bei den Grünen.)

Gar keine Antwort hat der Herr Bundeskanzler auf die Frage 3 betreffend die Bundes­einheitlichkeit gegeben. Kein Wunder, denn er hat auf der einen Seite Regierungs­mitglieder in seinen Reihen, die das regelmäßig fordern, aber auf der anderen Seite eine Regierungsfraktion, die SPÖ, die jedes Mal, wenn dieser Antrag gestellt wird – und hier wieder eine Ankündigung; auch heute können Sie wieder sitzen bleiben –, nicht zustimmt, obwohl Sie sagen, dass Sie es für sinnvoll halten.

Ich weiß schon, Sie haben diese Vereinbarung, dass Sie sich nicht gegenseitig über­stimmen, aber dann nehmen Sie doch Ihr eigenes Wort ernst, nehmen Sie die Forde­rung Ihrer Frauenministerin ernst, und setzen Sie sich einmal mit Ihrem Koalitions­partner und mit den Landeshauptleuten ernsthaft auseinander über die Frage: Wann kann ein bundeseinheitliches Gesetz kommen, das verpflichtende Qualitätsstandards festschreibt?

Es stimmt nicht, was der Bundeskanzler sagt: Es gibt auch mit der 15a-Vereinbarung keine vereinheitlichten Qualitätsstandards und schon gar keine verpflichtenden. Das


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wurde abgelehnt. Unser Antrag steht heute zur Diskussion. Der wurde abgelehnt, weil man sich hier nicht drüber traut. Von der Ausbildung der PädagogInnen ganz zu schweigen.

Sie wissen alle ganz genau, unter welchen Rahmenbedingungen Kindergartenpäda­gogInnen, Personal in Kindergärten arbeiten: große Gruppen, keine Möglichkeit, wirk­lich ihrem Bildungsauftrag nachzukommen, kleine Räumlichkeiten, unmögliche Betreu­ungsschlüssel und – das ist das Wesentliche für die individuelle Situation der PädagogInnen – ein Gehalt, mit dem sie nicht einmal einen Kredit bekommen, weil ihnen die Banken sagen: Mit diesem Gehalt können wir Ihnen keinen Kredit geben!

Also es besteht da dringend Handlungsbedarf. Es handelt sich um eine Berufsgruppe, die sehr wohl auch – vor allem, wenn sie alleine sind und Kinder zu betreuen haben – an der Armutsgrenze entlang schrammt. Und das gilt nicht nur für die einzelnen Bundesländer, das muss für ganz Österreich gelten. Vor diesem Hintergrund haben wir auch in unseren heutigen Antrag, den ich gleich einbringen werde, diesen Punkt hineingenommen. Der Herr Bundeskanzler hat kein einziges Wort dazu verloren.

Frau Cortolezis-Schlager, Frau Kollegin Glawischnig hat nicht nur Wiener Beispiele gebracht. Ihr Ansatz ist der beste Beweis dafür, dass da Bundeseinheitlichkeit notwendig ist, am Beispiel der Kinderbetreuung. In Wien gibt es zahlreiche Kinder, die keinen Platz haben. Aber warum nicht? – Weil die Plätze nicht geschaffen werden können, weil die PädagogInnen fehlen. Und warum fehlen die PädagogInnen? – Weil Wien zwar ausbildet und Personen auch qualifiziert, die schon länger in Kindergärten arbeiten, aber nicht die pädagogische Ausbildung haben, aber das Land Nieder­österreich – und Sie wissen, wer dort das Sagen hat – nicht bereit ist, in die Päda­gogInnenausbildung zu investieren.

Sondern was macht das Land Niederösterreich? Das Land Niederösterreich bezahlt den PädagogInnen die Konventionalstrafen, die sie zahlen müssen, weil sie den Vertrag nicht einhalten, dass sie nach ihrer Ausbildung in Wien arbeiten. So sieht nämlich die Realität aus! (Beifall bei den Grünen.) Das heißt, Sie können hier nicht alles auf einzelne Bundesländer schieben. Da ist dringender Bedarf, dass alle Bundes­länder handeln.

Vor diesem Hintergrund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

betreffend Bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, eine Änderung des Bundes-Verfas­sungsgesetzes zur Schaffung einer Grundsatzkompetenz des Bundes für das Kinder­betreuungswesen sowie ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz zur Kinderbetreuung vorzubereiten und entsprechende Vorlagen dem Nationalrat zuzuleiten, damit sicher­gestellt wird, dass:

Kindergärten und Horte nicht mehr alleinige Landessache sind, sondern die Grundsatz­gesetzgebung dem Bund und die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung den Ländern obliegen,

die Bezeichnung „Kindergärten und Horte“ erweitert wird. In einem Grundsatzgesetz zur Kinderbetreuung müssen alle Tagesbetreuungsmodelle von Kindern bis zum Ende


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der Schulpflicht eingeschlossen sein: Kindergärten, Kinderkrippen, Horte, Kinder­gruppen, Tageseltern, altersgemischte Gruppen.

Ein Grundsatzgesetz schließt folgende Bereiche ein:

Mindeststandards für pädagogische Qualitäten (einschließlich Ausbildung von Tages­eltern)

Die Ausbildung für alle pädagogischen Berufe (KindergartenpädagogIn, Hortpäda­gogIn, SozialpädagogIn, FamilienpädagogIn) hat auf tertiärer Ebene an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen beziehungsweise Fachhochschulen zu erfolgen.

Einheitliche Anstellungserfordernisse

Arbeitsbedingungen für PädagogInnen (angemessene Bezahlung wie Anhebung der Einstiegs­gehälter für alle PädagogInnen, Vor- und Nachbereitungszeit)

Schaffung damit verbundener Rahmenbedingungen von Ausbildung bis Betreuungs­schlüssel

Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr

Verpflichtende Kindergartenkernzeiten im Ausmaß von 12 Wochenstunden in den beiden letzten Jahren vor dem Schuleintritt

Einheitliche Regelung von: Betreuungsschlüssel, Gruppengröße, Vor- und Nachberei­tungs­zeit, Ausstattung von Einrichtungen, Raumgröße, Personalerfordernisse

Kinderbetreuungsplätze entsprechend VIF Kriterien (ganztägige Berufstätigkeit beider Eltern muss möglich sein, das heißt, es braucht ausgedehnte Öffnungszeiten und wenig Schließtage in den Ferienzeiten)

Österreichweit gültiger Bildungsplan

*****

(Abg. Dr. Kräuter: Bitte einen Finanzierungsvorschlag dazu, Frau Kollegin! Bitte!)

Der Bundeskanzler hat das „Jahr der Bildung“ ausgerufen. Die Bundesregierung hat damit Stillstand gemeint. Wer wirklich das „Jahr der Bildung“ lebt, sind die Bürgerinnen und Bürger. Sie haben ein Bildungsvolksbegehren initiiert, und dieses Bildungsvolks­begehren ist von 3. bis 10. November zu unterschreiben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde betreffend Bundes­ein­heitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Harald Walser, Daniela Musiol, Kurt Grünewald an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich


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Begründung

Gemäß Art. 14 Abs. 4 lit. b B-VG ist das Kindergarten- und Hortwesen Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Dies hat zur Folge, dass Kinderbetreuung in den einzelnen Bundesländern höchst unterschiedlich in ihrem Angebot und ihrer Qualität ist.

Die Grundsatzgesetzgebung liegt beim Bund gemäß Art. 14 Abs 4 lit d lediglich hinsichtlich der fachlichen Anstellungserfordernisse für die von den Ländern, Gemein­den oder von Gemeindeverbänden anzustellenden Kindergärtnerinnen und Erzieher an Horten und an Schülerheimen, die ausschließlich oder vorwiegend für Schüler von Pflichtschulen bestimmt sind. Die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung liegt diesbezüglich bei den Ländern.

Ab welchem Alter ein Kind einen Kindergarten besuchen darf, wie viel die Betreuung kostet, nach welchem Betreuungsschlüssel betreut wird, welche Qualifikationen das Personal zu erfüllen hat und wie viel Platz ein Kind zum Spielen hat, ist jedoch nicht bundeseinheitlich geregelt.

Maßnahmen für den elementaren Bildungsbereich scheitern bzw. verzögern sich durch Kompetenz-Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern. Die ungleiche Behandlung von Kindern in Österreich beruht nicht auf ihren unterschiedlichen Bedürfnissen bei außerhäuslicher Betreuung, sondern ist Ergebnis der Länderkompetenz und ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung.

Mittels 15a-Vereinbarungen, wie zuletzt über den Ausbau des institutionellen Kinder­betreu­ungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplanes, kann der Bund über die Vergabe von Bundeszuschüssen gewisse Mindestkriterien für die Verwendung der Mittel einfordern. Dennoch hat der Bund in wesentlichen Bereichen der Kinderbetreuung keinen Einfluss.

Um ein Mindestmaß an pädagogischen Standards zu erreichen und auch Organi­satorisches wie Ausstattung, Größe und Beschaffenheit der Räume, Gruppengrößen und Öffnungszeiten regeln zu können, darf das Kindergarten- und Hortwesen nicht mehr alleinige Landessache sein. Eine Änderung der verfassungsrechtlichen Kompe­tenz­bestimmungen für den vorschulischen Bildungs- und Betreuungsbereich sind dafür ebenso notwendig wie die Schaffung eines bundeseinheitlichen Grundsatzgesetzes zur Kinderbetreuung, das österreichweite gemeinsame Standards setzt.

Gleiche Leistung sollte gleich entlohnt werden: die Löhne aller PädagogInnen, vom Kindergarten an, sollen an das der AHS-LehrerInnen angeglichen werden, weil Leis­tung in allen Bildungseinrichtungen mit gleicher Wertigkeit stattfindet. Eine bundes­einheitlich geregelte, höhere Bezahlung aller PädagogInnen würde zu vermehrtem Interesse am Berufsfeld führen und auch für mehr Männer attraktiv sein.

Die Grundsatzgesetzgebung sollte Bundessache sein, die Ausführungs-Gesetzgebung und die Vollziehung sollten weiterhin bei den Ländern liegen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, eine Änderung des Bundes-Verfas­sungsgesetzes zur Schaffung einer Grundsatzkompetenz des Bundes für das Kinder­


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betreuungswesen sowie ein bundeseinheitliches Grundsatzgesetz zur Kinderbetreuung vorzubereiten und entsprechende Vorlagen dem Nationalrat zuzuleiten damit sicher­gestellt wird, dass:

Kindergärten und Horte nicht mehr alleinige Landessache sind, sondern die Grundsatz­gesetzgebung dem Bund und die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung den Län­dern obliegen,

die Bezeichnung "Kindergärten und Horte" erweitert wird. In einem Grundsatzgesetz zur Kinderbetreuung müssen alle Tagesbetreuungsmodelle von Kindern bis zum Ende der Schulpflicht eingeschlossen sein: Kindergärten, Kinderkrippen, Horte, Kindergrup­pen, Tageseltern, altersgemischte Gruppen.

Ein Grundsatzgesetz schließt folgende Bereiche ein:

Mindeststandards für pädagogische Qualitäten (einschließlich Ausbildung von Tages­eltern)

Die Ausbildung für alle pädagogischen Berufe (KindergartenpädagogIn, Hortpäda­gogIn, SozialpädagogIn, FamilienpädagogIn) hat auf tertiärer Ebene an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen bzw. Fachhochschulen zu erfolgen.

Einheitliche Anstellungserfordernisse

Arbeitsbedingungen für PädagogInnen (angemessene Bezahlung wie Anhebung der Einstiegsgehälter für alle PädagogInnen, Vor- und Nachbereitungszeit)

Schaffung damit verbundener Rahmenbedingungen von Ausbildung bis Betreuungs­schlüssel

Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr

Verpflichtende Kindergartenkernzeiten im Ausmaß von 12 Wochenstunden in den beiden letzten Jahren vor dem Schuleintritt

Einheitliche Regelung von: Betreuungsschlüssel, Gruppengröße, Vor- und Nachbe­reitungszeit, Ausstattung von Einrichtungen, Raumgröße, Personalerfordernisse

Kinderbetreuungsplätze entsprechen VIF Kriterien (ganztägige Berufstätigkeit beider Eltern muss möglich sein, d.h. es braucht ausgedehnte Öffnungszeiten und wenig Schließtage in den Ferienzeiten)

Österreichweit gültiger Bildungsplan

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


16.45.23

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es fällt ein bisschen schwer, wenn man die diversen Wortmeldungen der Opposition hört, zu glauben, dass man gemeinsam, zum überwiegenden Teil gemeinsam, 41 Gesetze in den letzten Jahren beschlossen hat, die allein die Schule betreffen. Und Sie alle wissen ganz genau, dass sehr viel in diesem Bereich vorwärtsgegangen ist. Und für uns – das sage ich auch ganz offen – ist es wichtig, gerade in dieser Situation, wie wir sie jetzt diskutieren und beschreiben, dass wir ein klares Bildungsleitbild haben. Es ist für uns wichtig, dass kein Kind auf der Strecke bleiben darf und dass möglichst alle


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jungen Menschen entsprechend ihrer Begabung gefördert werden und ihre Chancen nützen können. Das ist das Entscheidende.

Ich sage gleich auch zu Beginn – und ich unterstreiche das, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat –, dass es bei zwei entscheidenden Fragen unterschiedliche Positionen gibt. Das eine ist die Frage der gemeinsamen Schule. Wir alle wissen, wir hätten in diesem Parlament eine Mehrheit für eine gemeinsame Schule. Caritas, Kirche, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Bildungswissen­schafter, egal, wen wir aufzählen, bis auf ganz wenige schwarze AHS-Gewerkschafter, alle sagen, das wäre der richtige Schritt. Aber der Kanzler sagt zu Recht, ich kann nicht wegen dieser Frage die Koalition platzen lassen. Ihr müsst getreu unserem Motto möglichst alle Kinder mitnehmen, möglichst gut fördern und andere Modelle ent­wickeln, damit die Koalition Fortbestand hat, damit wir weiterarbeiten können. Und genau diesen Auftrag erfüllen wir: Es ist immer das Kind im Mittelpunkt. Es geht um das Kind, es geht um die kommenden Generationen.

Daher ist es auch wichtig festzustellen – und da führe ich gerne jede Debatte mit der Opposition –, dass alle Maßnahmen, die wir gesetzt haben und noch setzen werden, diesem Leitbild entsprechen, möglichst alle Kinder optimalst zu fördern, so wie wir es in der derzeitigen Konstellation und Koalition machen können.

Von den 41 Maßnahmen greife ich jetzt nur einmal drei heraus – das sage ich auch als aktiver Lehrer, der auch jahrelang Schulleiter war –, die unglaublich segensreich für den Schulalltag sind, und das kann man nicht krankreden. Wir haben als Erstes sogar gemeinsam kleinere Klassen durch eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl be­schlossen. Fast 2 000 neue Dienstposten hat es allein in den ersten Jahren für diese Maßnahme gegeben. Ich erinnere daran, vor sechs, sieben Jahren hat es Kürzungen um 6 000 Dienstposten gegeben, weil man an den Schulen Stunden gekürzt hat, deren Auswirkungen wir jetzt noch bei PISA-Tests spüren.

Man hat Deutsch-, Lesestunden, Mathematikstunden und so weiter gekürzt. Die Auswirkungen spüren wir heute noch, weil es sehr nachhaltig ist. Auch die Fehlent­wicklungen, die wir gehabt haben, sind nachhaltig. Aber da wird ganz bewusst und gut und, ich meine, ganz gezielt gegengesteuert. Diese kleineren Klassen sind ein wich­tiger Schritt, der jetzt durchgängig in Volks-, Haupt- und Neuen Mittelschulen erreicht worden ist und eine wesentliche Erleichterung bringt.

Der zweite Punkt ist die Entwicklung der Neuen Mittelschule. Ich hätte lieber und gerne gleich die gemeinsame Schule. Aber auf dem Weg dorthin ist es wichtig, dass wir die 10- bis 14-Jährigen nicht auf der Strecke stehen lassen und sagen: Es ist uns egal, es gibt halt dafür keine Mehrheit im Parlament, wir können das so nicht beschließen, daher kriegt ihr keine Förderung! Und dieses Modell der Neuen Mittelschule stellt genau darauf ab, jene mitzunehmen, die sonst auf der Strecke bleiben würden. Es mag immer noch der eine oder andere auf der Strecke bleiben, aber wir reduzieren das, wir bemühen uns mit neuen Ausbildungsformen, mit neuen Lehr- und Lernformen genau diese Defizite zu beseitigen. Und was soll falsch daran sein zu sagen, ich entwickle lieber ein System weiter, als im Status quo zu verharren und gar nichts zu bewegen!?

Der dritte und meiner Überzeugung nach ganz entscheidende Bereich, der ein ganz wesentlicher neuer Beginn in der Schullandschaft ist, ist die Reform der Oberstufe, die Umsetzung der modularen Oberstufe. Wer sich die Mühe macht und sich damit auseinandersetzt, was damit gemeint ist, wer weiß, wie da das System umgestellt wird, der erkennt, wie wichtig dieses neue Lernen ist, dass auch Begabungen besser damit gefördert werden können, dass Schwächere mitgenommen werden können. Schulver­suche zeigen, dass es in diesem System bis zu 66, 70 Prozent weniger Wiederho­


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lungen gibt. Damit sind wir auf dem richtigen Weg, und es wäre, glaube ich, gut, dies auch einmal, zumindest in einem Nebensatz, zu erwähnen.

Das Ganze wird mit Leistungs- und Chancengerechtigkeit im Bereich der Bildungsstan­dards ausgebaut, die nicht, wie die Frau Kollegin Glawischnig gesagt hat, jetzt auf Eis gelegt sind. Ganz im Gegenteil: Sie sind ein wichtiger Bestandteil der neuen, moder­nen, leistungsgerechten Schule, um in der vierten und achten Schulstufe, bis hin zur neuen Matura, neue Qualitätsanforderungen zu setzen. Es zeigen sich jetzt schon Ansätze, dass sich die Qualität des Unterrichts wesentlich verbessert.

Daher kann man nicht von Stillstand, von Selbstblockade, von Bildungssparkurs und so weiter reden, und was da noch alles an Schlagwörtern und Worthülsen in den Raum gestellt wurde.

Abschließend möchte ich sagen: Der Weg, den wir gehen wollen  und ich glaube, alle gemeinsam gehen wollen –, ist eine leistungs- und chancengerechte Schule für alle zu errichten und zu haben, bei der kein Kind zurückbleibt und wo möglichst alle jungen Menschen ihre Chancen nützen können. Dafür arbeiten wir, und davon lassen wir uns auch von noch so vielen Schwarzmalern nicht abhalten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


16.51.15

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich oft, und das vielleicht sehr laienhaft, welche Erfolgskennzahlen man heranziehen kann, um Bil­dungspolitik zu messen. Ist das vielleicht die PISA-Studie, die aussagt, wir haben im internationalen Vergleich schon relativ hohe Kosten, aber nur mittelmäßige Ergeb­nisse? Oder soll man die Anzahl der Akademiker in der Bevölkerung als Erfolgs­kennzahl heranziehen? Oder vielleicht den Anteil der Lehrer, die wir beauftragen, im Bildungsbereich tätig zu sein?

Ich glaube vielmehr, es wäre vielleicht praxisorientiert, wenn wir sagen: Orientieren wir uns an der Jugendarbeitslosigkeit, um zu sehen, wie erfolgreich wir in der Bildung sind. Wir haben nach wie vor eine hohe Anzahl an Jugendlichen, die nach dem neunten Pflichtschuljahr keine Ausbildung machen. Wir haben zum Beispiel in Oberösterreich die Ausbildungsverpflichtung nach dem neunten Schuljahr angedacht und werden diese auch vorantreiben. Das ist ein wichtiger Punkt, denn Menschen brauchen Arbeit und müssen dafür auch dementsprechend qualifiziert sein. Letztendlich sollten wir eine niedrige Arbeitslosenzahl haben. Daraus folgen mehr Wohlstand und mehr Wirtschaftsleistung für Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber wir sollen uns nicht auf Erfolgen ausruhen, sondern in die Zukunft investieren, und dazu haben wir heute Vormittag unsere Finanzministerin Maria Fekter gehört. Sie hat vor allem drei Dinge gesagt: erstens Sparen, zweitens Sparen und drittens Spa­ren – nicht bei Familie, Bildung, Wissenschaft und Forschung. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was ist denn bei den Familien? Sagen Sie bitte eine konkrete Maßnahme im Familienbereich!)

Wenn die Kollegin Glawischnig gerade den Kopf schüttelt und sie in ihrer Rede vom Streichkonzert in Loipersdorf gesprochen hat, möchte ich schon darauf hinweisen, dass 2009 gerade für die Familien wesentliche Schritte beschlossen worden sind und die Schritte, die in Loipersdorf gesetzt worden sind, höchstens ein halber Rückschritt sind, denn wenn ich die Leistungen von heute mit den Leistungen von 2008 vergleiche,


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vor der großen Reform 2009, dann stehen wir nach wie vor bei den Unterstützungen für die Familien noch besser da als damals. Das muss auch einmal gesagt sein an dieser Stelle. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die katholische Kirche hat sich sogar aufgeregt wegen Kürzungen im Familienbereich!)

Wenn wir über Bildung diskutieren, dann meistens schwerpunktmäßig über die Kinder­betreuung und frühe Bildungseinrichtungen wie Kindergärten oder über die Hoch­schulen. Und alles, was dazwischen stattfindet, wird nur nebensächlich diskutiert. Ich frage mich: Warum reden wir nicht mehr über die Situation der Lehrlinge, über die Situation der Personen, die eine Schlossermeisterausbildung und dergleichen machen, die eine Berufsqualifikation erreichen wollen. Welche Bedingungen finden diese Menschen vor? Wie geht es denen?  Die müssen große Einschnitte in Kauf nehmen, müssen privat sehr viel Geld in die Hand nehmen, um das machen zu können. (Abg. Dr. Grünewald: Tun Sie etwas dagegen?) Gerade diese Menschen unterstützen unsere KMUs, die Wirtschaft, damit sie erfolgreich sind. Das sind wesentliche Leis­tungsträger unserer Gesellschaft, und über diese wird mir hier zu wenig diskutiert.

Genauso ist es im Bereich der HBLAs und der HTLs. Wir haben da regional einen sehr hohen Bedarf, und nur mit Unterstützung aus der Wirtschaft, die zum Teil in der Finanzierung eines HTL-Standortes in den Vorgriff geht, kann so manche HTL in den Regionen draußen, dort, wo sie gebraucht werden, damit sich Betriebe ansiedeln, verwirklicht werden. Da möchte ich schon einen Dank an die Wirtschaft aussprechen, die da eine große Leistung erbringt.

Wenn ich jetzt Berufsausbildung mit Hochschulbildung vergleiche, dann sehen wir, wir haben hohe private Ausbildungskosten in der Berufswelt, wir haben zum Teil Zugangs­beschränkungen, denn wenn die Klasse in der HTL mit 30 Plätzen voll ist, dann ist sie eben voll. Da werden nicht 60 hineingestopft. Und an den erfolgreichen Universitäts­standorten in Europa, auf der Welt, was finden wir dort vor? – Zugangsbeschrän­kungen, Studiengebühren. Ausnahmslos, meine Damen und Herren. Daran sollten wir uns endlich auch einmal orientieren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schickhofer: Aber Sie wollten ja gerade einen leichteren Zugang zu den HTLs!)  Da gebe ich Ihnen recht. Das sollte auch unser Ziel sein. (Abg. Mag. Schickhofer: Ja, das ist unser Ziel! Das ist das richtige Ziel!)

Wenn ich von Studiengebühren rede, dann möchte ich auch die soziale Gerechtigkeit anführen. Ich hatte zwei Kinder im Kindergarten in Oberösterreich und musste damals monatlich 150 € dafür bezahlen. Ich, als Besserverdienender, konnte es mir leicht leisten, fand das auch gerecht und frage: Warum nicht? Genauso könnte das bei den Universitäten funktionieren, meine Damen und Herren.

Wenn im Hochschulplan unseres Bundesministers drinnen steht, dass es Ausnahmen bei der Studiengebühr für jene gibt, die es sich nicht leisten können, die berufstätig sind, die vielleicht ein Kind zu versorgen haben oder vielleicht gesundheitliche Ein­schränkungen in Kauf nehmen müssen, dann glaube ich schon, dass da die soziale Treffsicherheit nicht so schlecht ist.

Wenn hier Horrorszenarien verbreitet werden – 2 000 € Studiengebühren pro Semes­ter –, dann sollte man sich endlich einmal den Hochschulplan unseres Bundesministers durchlesen, der ja schon lange aufliegt, Frau Kuntzl, und sich zu Gemüte führen, dass dort drinnen steht: maximal 500 €, je nach Universitätsstandort.

Abschließend möchte ich auf Folgendes hinweisen: Dort, wo im Bildungssystem die ÖVP die Verantwortung hat, zum Beispiel bei den Universitäten, liegen Lösungen vor. Wir brauchen sie nur aufzunehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 162

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Höbart gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.57.04

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, was wir heute hier wieder einmal eindrucksvoll erleben, ist eine Streiterei zwischen den beiden Regierungsparteien par excellence. Das ist ja wirklich nicht mehr zu überbieten. Herr Kollege Mayer von der SPÖ spricht hier von einer klaren Strategie im Bildungsbereich. Das, was wir wiederum vom Kollegen Mayer von der ÖVP gehört haben, ist, dass das Ganze letztendlich einem Fleckerlteppich gleicht. Es ist in Wahrheit eine Katastrophe, in welchem Zustand sich unser Bildungssystem befindet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zukunft Österreichs liegt – und da sollten wir uns einig sein – in den Händen unserer Jugendlichen, unserer Kinder, und wir sollten ihnen einen guten Start, gute Rahmenbedingungen für den Start ins Leben sicherstellen. Darauf sollte unser aller Augenmerk gerichtet sein.

Die österreichische Jugend braucht Herausforderungen, Verantwortung, Freiheit, Per­spektiven, Vorbilder und Werte sowie ein Bewusstsein dafür, woher sie kommt und wonach sie strebt. Zur Bewältigung all dieser Aufgaben sollten wir gesunde, gut ausgebildete und leistungsbewusste Jugendliche heranziehen. Und daher – da sollten wir uns wiederum alle einig sein – steht für uns fest, dass eine unbürokratische, moderne und zukunftsorientierte Ausbildung respektive Bildungspolitik der Schlüssel zur Weiterentwicklung der Heimat Österreich und des Standortes Österreich ist. Das wiederum heißt – das ist der Umkehrschluss oder der logische Schluss –: Jede sinnvolle Investition in die Ausbildung, in die Bildung ist eine zukunftssichere Maß­nahme. Und da muss man auch festhalten, dass es letztendlich die einzige Investition mit sicherer Verzinsung ist. Das sollte uns allen hier einmal klar sein.

Aus diesem Grund schlägt die Freiheitliche Partei schon seit Jahren verschiedenste Schwerpunkte vor, um alle wichtigen Säulen im Ausbildungs- und Bildungssystem zu stärken. Zum einen das Schulsystem. Wir fordern praxis- und projektorientierten Unterricht, modernen Unterricht mit flächendeckenden sogenannten Laptop-Klassen, was übrigens heute noch nicht flächendeckend angeboten wird. Wir verlangen schon seit jeher den PISA-Test auch für Lehrer. Letztendlich muss ja auch die Qualität in der Ausbildung und in der Weiterbildung der Lehrerschaft laufend sichergestellt werden. Wir verlangen mehr Sportstunden, Schi- und Sportwochen.

Die Freiheitliche Partei steht für keine Gesamtschule. Wir sind hier für eine Differen­zierung, weil es wichtig ist, dass diejenigen Kinder und Jugendlichen, die besondere Fähigkeiten haben, auch besonders gefördert werden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Sie haben die Gesamtschule noch nicht verstanden!) – Ganz sicher nicht, liebe Kollegen von der SPÖ!

Die zweite wichtige Säule ist die Lehre, und dazu habe ich heute noch überhaupt nichts oder nur sehr wenig gehört. Wir sollten auch die Berufsschullehrer besser ausbilden, vor allem auch, was die pädagogischen Fähigkeiten betrifft. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.)

Wir sollten die Unterstufenschüler zeitgerecht darüber informieren, welche zukunfts­trächtigen Lehrberufe es gibt. Wir alle wissen, dass die Wirtschaft geradezu stöhnt nach Wirtschafts-Facharbeitskräften. Man muss den Schwerpunkt in diese Richtung legen, bevor man darüber nachdenkt, mit irgendwelchen dubiosen rot-weiß-roten Karten Zuwanderer aus Drittstaaten nach Österreich zu holen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 163

Wir fordern auch – und das auch schon seit Jahren – eine verstärkte Akzeptanz der Lehrberufe, weil wir immer das Gefühl haben, dass gerade eine bestimmte Partei gerne jeden Österreicher als Akademiker hätte. Ich meine, die Ausgewogenheit muss das Ziel sein, die Ausgewogenheit zwischen Fachkräften und Akademikern, denn nur so kann dieses System funktionieren. (Ruf bei der SPÖ: Wer darf Akademiker sein?)

Ein weiteres Beispiel sind Schülervergünstigungen, Studentenvergünstigungen, diese sollten auch für Lehrlinge gelten. Wir verstehen schon seit Jahren nicht, warum es da noch immer eine Diskrepanz gibt. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Nun zum dritten Punkt, zu den Hochschulen, die natürlich auch eine entscheidende Rolle spielen. Es gibt ja schon seit Längerem den Antrag unseres Präsidenten Martin Graf, der einen nationalen Kraftakt in unserer Republik fordert, die Umsetzung eines 12-Punkte-Plans für österreichische Universitäten.

Nur ein paar Punkte daraus: Wir fordern selbstverständlich den freien Hochschul­zugang, also ohne Zugangsbeschränkungen.

2 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt sind nach wie vor ein Ziel von uns. Das heißt, wir fordern die Universitätsmilliarde.

Wir fordern zusätzliche Studienplätze für österreichische Studierende mit dem Ziel, bis zum Jahr 2015 300 000 Studienplätze sicherzustellen.

Wir fordern auch, ein Online-Studium für alle Studienrichtungen umzusetzen. Das ist ja durchaus möglich. Wir wissen, dass beispielsweise die Kepler Universität in Linz das Studium der Rechtswissenschaften auch in Online-Form anbietet. Es gibt kaum Argu­mente, dass man das nicht flächendeckend für sämtliche Studien anbieten kann.

Wir fordern selbstverständlich immer die höchstwertige Ausbildung für alle Studenten, bei, ich habe das vorher erwähnt, gleichzeitiger Findung und besonderer Förderung von Spitzenbegabungen. Das muss für uns immer ein Ziel sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Investition in eine solide, innovative Ausbildung und Bildung unserer jungen Menschen ist die einzige Investition, ich habe es bereits gesagt, die mit Sicherheit als gut verzinst angesehen werden kann. Daher fordere ich die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auf, endlich einmal diese – ich muss es so bezeichnen – lästigen Diskussionen in der Bildungspolitik zu beenden. Da richtet Ministerin Schmied Herrn Minister Töchterle etwas aus. Herr Bundeskanzler Faymann hält sich aus diesen Diskussionen so wie immer vornehm heraus.

Wir fordern, diese bildungspolitische Schlafpartie namens Bundesregierung endlich in die politische Wüste zu schicken! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


17.03.31

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Ich darf an die Ausführungen des Bildungssprechers der SPÖ, Kollegen Mayer, anschließen. Er hat davon gesprochen, dass kein Kind auf der Strecke bleiben darf. Diese Aussage kann ich nur zu 100 Prozent unterstreichen.

Ich möchte dieses Zitat aber auch als Einleitung für ein Thema wählen, das meiner Meinung nach heute hier im Parlament auch behandelt werden muss und das in den letzten Tagen die Öffentlichkeit sehr beschäftigt. Kollege Mayer, wir müssen uns nämlich auch fragen: Welche Kinder sind warum auf der Strecke geblieben? Was ist in den vergangenen Jahrzehnten in diversen Einrichtungen der Stadt Wien zum Beispiel, aber auch in Bundeseinrichtungen, sonderpädagogischen Einrichtungen, Kinder­hei­


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men passiert? Was ist dort vorgefallen? Welche Opfer gibt es zu beklagen? Aber auch: Wo liegt die politische Verantwortung? Wo sind die politischen Verantwortungsträger? Und gibt es nicht auch eine politische Verantwortung dieses Parlaments, des Hohen Hauses, das seiner politischen Verantwortung hätte nachkommen müssen, aber das offensichtlich auch nicht getan hat? – Meine Damen und Herren, das muss heute hier auch thematisiert werden.

Es ist viel von richtiger Ausbildung gesprochen worden, auch im Antrag der Grünen, von der richtigen Pädagogik, von den fehlenden Ausbildungsplänen. Und in diesem Zusam­menhang muss man auch die Frage stellen, was mit der Ausbildung von Erziehern, von Menschen ist, die mit kleinen Kindern zu tun haben und dafür verantwortlich sind, kleine Kinder ins Leben zu begleiten?

Meine Damen und Herren! Es gibt schwere Vorwürfe, erschreckende, erschütternde Vorwürfe, die heute und in den letzten Tagen das Licht der Öffentlichkeit – Gott sei Dank – erblickt haben. Es gibt Opfer, die oft nach Jahrzehnten ihr Schweigen brechen und zu reden beginnen. Es sind, wie gesagt, schwere Vorwürfe, die da zutage treten. Es gibt Schilderungen von sexuellem Missbrauch, von Gewalt, von schwarzer Pädagogik, die angewendet wurde, von schwerer seelischer und körperlicher Folter bis hin zum Vorwurf der Sklaverei und Kinderprostitution. Das Kinderheim am Wilhel­minenberg ist das Symbolbild für diese Zustände. Und es gibt eine klare politische Verantwortung für diese Zustände, die heute hier auch thematisiert werden muss.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie müssen sich fragen, ob Sie Ihrer politischen Verantwortung nicht nur in der Stadt Wien, sondern auch auf Bundesebene in diesem Bereich nachgekommen sind oder ob Sie nicht zu Beitragstätern von Mördern an Kinderseelen geworden sind. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: Geh, hör auf! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Grosz – in Richtung SPÖ –: Ihr habt das bei der Kirche jetzt monatelang gemacht, jeder Pfarrer war ein Schwer­verbrecher! Jetzt hört euch das auch einmal an!)

Ihre Aufregung zeigt nur, dass Sie da massiven Aufklärungsbedarf haben! Ich kann das auch begründen.

Eine Abgeordnete aus Ihren Reihen, die Abgeordnete Irmtraut Karlsson, hat bereits im Jahr 1974 einen Bericht vorgelegt mit dem Titel „Verwaltete Kinder“, in dem sie diese Missstände aufgedeckt hat. Ich will heute hier wissen und stelle auch einen entsprechenden Antrag: War dieser Bericht der Parlamentsfraktion der SPÖ bekannt? Hat sich das Parlament damit auch beschäftigt, oder hat auch der Parlamentsklub der SPÖ in den siebziger Jahren bewusst weggesehen?

Was steht in diesem Bericht der ehemaligen SPÖ-Abgeordneten Karlsson? – Sie schreibt darin, dass es totalitäre Institutionen der Stadt Wien gewesen sind, die es da gegeben hat, wo ein – Zitat – „derartiges Ausmaß von Zerstörung der Individuen und von Inhumanität vorhanden“ sei, dass man in 14 Fällen sogar nur mehr von „Kin­dergefängnissen“ sprechen könne. – Welch schreckliches, grausliches Wort und welch eine Schande, dass mit Steuergeld über die Stadt Wien Kindergefängnisse finanziert wurden, wo mittlerweile eine immer größere Opferzahl zu beklagen ist.

Wir als Parlament haben die Aufgabe und die Pflicht, uns dieser Kinder anzunehmen und hier auch parlamentarische Aufklärungsarbeit zu leisten, denn Frau Karlsson sagt weiter: „Es war alles bekannt. Es hat nur niemanden interessiert.“ (Zwischenruf beim BZÖ.) – Heute ist der Tag, an dem sich auch das Hohe Haus dafür zu interessieren beginnen muss. Diese Kinder, diese verletzten Kinderseelen haben ein Recht darauf, spät, aber doch Gerechtigkeit zu erfahren und auch eine entsprechende finanzielle Entschädigung zu bekommen.


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Meine Damen und Herren! Der ORF hat das heute im „Morgenjournal“ sehr schön formuliert. In der Einleitung wurde gesagt, das ist die „Initialzündung für immer mehr Sprengstoff unter einer jahrzehntedicken Schicht politischer Vertuschung“. – Meine Damen und Herren, auch der SPÖ, beenden Sie diese politische Vertuschung!

Auch die ÖVP ist gefordert, politische Vertuschung zu beenden, denn es ist mir heute die Information zugetragen worden, dass demnächst auch Fälle aus dem ÖVP-Bundesland Niederösterreich auftauchen werden, in einer ähnlichen Dimension, von ähnlicher Grauslichkeit und in einer ähnlichen Größenordnung, wo sich die ÖVP auch die Frage stellen muss, auch der Herr Landeshauptmann in Niederösterreich, was sie in ihrem Verantwortungsbereich auf Landesebene und Bundesebene da gemacht hat. (Abg. Mag. Gaßner: Die Angelegenheit ist zu ernst, als dass Sie sich damit beschäf­tigen!)

Ich sage und thematisiere das heute auch deswegen, weil genau die SPÖ-Abge­ordnete Karlsson auch davor warnt, dass wieder vertuscht wird und dass nichts ge­schieht.

Frau Karlsson hat heute in der Früh in einem Interview gesagt – Zitat –: Jetzt habe ich auch wieder das Gefühl, dass man jetzt schon wieder die Gegenwelle veranstaltet, also: So war es ja gar nicht! Die denken sich das alles nur aus! Oder, wie ein leiten­dender Beamter gesagt hat: Na ja, das hätte dann ja System haben müssen.

Und Karlsson sagt dann: Ja, dieses System hat es gegeben, und die Stadt Wien hat weggesehen. – Die politisch Verantwortlichen in der SPÖ haben vertuscht und weggesehen. Schämen Sie sich! (Beifall beim BZÖ.)

Mir fehlen fast die Worte, aber ich möchte das heute hier auch gesagt haben, weil wirklich erschütternd ist, welche Berichte hier zutage treten, beginnend mit systema­tischem Missbrauch, damit, dass Kinder gezwungen werden, Erbrochenes zu essen, Kniebeugen in Brennnesseln, Duschwasser ausgeschaltet, seelische Verletzungen, körperliche Verletzungen in einem Ausmaß, ich möchte das gar nicht weiter zitieren, dass einem wirklich fast die Worte fehlen.

Noch einmal: Es muss ja auch das Parlament seinen Beitrag zur Aufklärung leisten und vor allem auch die SPÖ sich ihrer Verantwortung stellen, in der Stadt Wien und auch auf Bundesebene. Denn dass jetzt schon wieder die Kommission enorm lange dauert (Abg. Mag. Gaßner: Die Sache ist zu ernst, als dass Sie Ihr politisches Spiel damit treiben!), dass man, obwohl man es seit den siebziger Jahren gewusst hat, bis heute keine Konsequenzen gezogen hat, das letzte Heim erst im Jahr 2000 geschlos­sen wurde, eine derartige Einrichtung, das schreit nach politischer Aufklärung und das muss auch hier im Parlament thematisiert werden, notfalls auch in einem Unter­suchungs­ausschuss, das möchte ich hier ganz offen sagen, wenn sich diese Vorwürfe weiter in diese Richtung verdichten und Sie weiterhin die politische Aufklärung verweigern. (Abg. Mag. Gaßner: Wer verweigert es denn?)

Nur ein Beispiel noch: Sie haben es damals nicht einmal zugelassen, dass der Bericht veröffentlicht wird, sondern haben ihn zensiert und haben mit Codes verdeckt, welche Heime betroffen sind, und die Zustände sind geblieben und niemand hat diesen Kin­dern geholfen, kein Arzt. Das Gesundheitswesen hat versagt, das Bildungssystem, die Lehrer, die alle weggeschaut haben, haben versagt, und die Erzieher in diesen Einrich­tungen haben weggesehen. Die Kinder haben weiter gelitten, und niemand hat ihnen geholfen! (Beifall beim BZÖ.)

Das muss heute auch einmal thematisiert werden, dass es nicht nur um die Studenten, um Studiengebühren und um Geld geht, sondern dass es dabei immer auch um Menschen geht. In der Bildung geht es um Menschen, in der Erziehung geht es um


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Menschen, und es gibt nichts Schlimmeres als kleine hilflose, wehrlose Wesen, die, wo sie ohnehin schon ein schweres Schicksal haben, indem sie in einem Kinderheim landen, dort noch vergewaltigt, missbraucht, geschlagen – ich weiß nicht, was alles – werden. Und Sie haben weggesehen! (Abg. Mag. Gaßner: Sie machen Ihr politisches Spiel daraus!)

Nein, das ist kein politisches Spiel (Abg. Binder-Maier: O ja! Schämen Sie sich! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ), sondern ich glaube, Sie merken, dass mir das ein sehr ernsthaftes Anliegen ist, und das lasse ich mir gerade von Ihnen, von Ihrer Partei nicht vorwerfen, die das seit über 30 Jahren vertuscht. Sie sollten sich schämen, Sie kommen Ihrer politischen Verantwortung nicht nach!

Ich darf daher folgenden Antrag, der nur ein erster Schritt ist, einbringen:

Antrag

der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen auf Übermittlung des Berichtes „Verwaltete Kinder“ aus dem Jahre 1974 an den Nationalrat

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Stadt Wien zu ersuchen, den im Jahre 1974 verfassten und der Stadt Wien vorgelegten Bericht von Irmtraut Karlsson ,Verwaltete Kinder‘ unverzüglich dem Nationalrat zuzuleiten, sodass dieser Bericht im zuständigen Ausschuss und in der Folge im Nationalrat behandelt werden kann und die notwendigen institutionellen und gesetzlichen Maßnahmen gesetzt werden können, um ähnliche Missstände in Zukunft sicher zu verhindern.“

*****

Ich glaube, es ist hoch an der Zeit, hier auch diese gesetzlichen Maßnahmen zu treffen, auch im Strafrechtsbereich. Schaffen wir endlich die Verjährung bei Sexual­strafdelikten ab! Führen wir endlich die gesetzlichen Verschärfungen durch, die da notwendig sind! Sorgen wir für eine generelle Anzeigepflicht bei Verdacht auf Miss­brauch und Misshandlung! Führen wir ein Gesetz ein, das lautet: lebenslang auch bei Quälen mit Todesfolge! Und lassen wir es nicht zu, dass Sexualstraftaten verjähren können und es Opfer gibt, die oft erst nach 40 Jahren und nach viel Psychotherapie darüber sprechen können – und dann kommen die Täter ungeschoren davon, weil die Staats­anwaltschaft Wien sagt, dass leider alles verjährt ist!

Das kann es doch wirklich nicht sein, meine Damen und Herren, dass diese Täter – und für mich gehören Verbrechen an Kindern und Sexualverbrechen an Kindern zu den schwersten Verbrechen – ungestraft davonkommen, weil es verjährt ist. (Beifall beim BZÖ.)

17.13


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen auf Übermittlung des Berichtes „Verwaltete Kinder“ aus dem Jahre 1974 an den Nationalrat


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eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczeck, Harald Walser, Danilea Musiol, Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde an den Bundeskanzler betreffend budgetäre Vorkehrungen der Bundes­regierung neuer Reformen im Bildungsbereich

Kinder sind unsere Zukunft! Darüber sind sich Parteien und Volksvertreter im Hohen Hause aller Couleurs wohl einig. Einigkeit herrscht auch darüber, dass Bildung bereits im Kindergarten beginnt und dass Kindergärten Ausbildungsstätten und nicht Kinder­aufbewahrungsstätten sein dürfen! Doch was ist mit den Kinderheimen unseres Lan­des? Diese sind nicht nur Aufbewahrungsstätten, sondern, im Lichte der erst kürzlich enthüllten Gräueltaten, die sich hinter den Mauern dieser Heime abspielen, manchmal auch Stätten der Gewalt und des Verbrechens!

Diese Tatsachen werden im Bericht der ehemaligen Abgeordneten Karlsson ihrer eige­nen Aussage zufolge detailliert geschildert, ein Tatsachenbericht der 1974 der Stadt Wien übermittelt, jedoch nie behandelt wurde! Seit über 35 Jahren werden diese Gräueltaten unter den Teppich gekehrt, nun müssen sie endlich be- und verurteilt werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden Antrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Stadt Wien zu ersuchen, den im Jahre 1974 verfassten und der Stadt Wien vorgelegten Bericht von Irmtraud Karlsson „Ver­waltete Kinder“ unverzüglich dem Nationalrat zuzuleiten, sodass dieser Bericht im zuständigen Ausschuss und in der Folge im Nationalrat behandelt werden kann und die notwendigen institutionellen und gesetzlichen Maßnahmen gesetzt werden können, um ähnliche Missstände in Zukunft sicher zu verhindern.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


17.14.00

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Kolleginnen und Kollegen! Ich gestehe offen, es macht mich ziemlich wütend, wenn ich merke, wie bei einem solch zukunfts­weisenden Thema Realität verdreht und geleugnet wird.

Die Budgetrede von Bundesministerin Fekter trifft, was das Bildungswesen anlangt, so daneben, dass ich sagen würde, das ist wie eine Rede irgendwo bei einem Weltkon­gress der Zauberer. Wir sind so gut aufgestellt, dass ich es fast als Frechheit des Bundesministers Töchterle empfinden muss, wenn er jetzt noch eine zusätzliche Milliarde verlangt. Wir sind ja überall spitze, heißt es, überall spitze!

Ich komme jetzt zu ein paar Dingen, die Sie da sehr verdrehen.

Meine Kollegin Cortolezis-Schlager spricht davon, dass wir die besten Budgets im OECD- und EU-Bereich haben, und meint dabei aber Forschung und Entwicklung und nicht das tertiäre Bildungswesen.

Sie sagt auch, der private Finanzierungsanteil sei gering, und ich sage ihr: Es gibt Zahlen der OECD, die belegen, der Beitrag der Wirtschaft und Industrie ist weit unterdurchschnittlich. Das wird freundlicherweise durch die Republik etwas sozusagen wettgemacht. Aber wer ist denn der Wirtschaftsbund, wer ist denn die Wirtschafts­


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kammer, wer ist denn die IV? – Das ist ja auch Ihre Klientel, aber das sagen Sie nie dazu!

Dann kommt die Meisterprüfung. Ich bin auch dafür, dass Gesellen und Gesellinnen, die eine Meisterprüfung machen, das nicht blutig, mit viel Geld bezahlen müssen. Aber wer kassiert denn dort? – Das ist die Wirtschaftskammer, die bei diesen Prüfungen kassiert. Das ist Ihre Klientel.

Es ist ein ständiges Schwarzer-Peter-Spiel. Wenn ich jetzt höre, dass der Bildungs­begriff von Bundesminister Töchterle so gesehen wird, dass er meint, die Opposition sei dermaßen hochnäsig, sie sehe nur Universität und Fachhochschulen: Das stimmt nicht, Sie haben heute gehört, wir sehen alle Bereiche, wir sehen auch die Lehrlinge und die Gesellen, die eine Meisterprüfung machen müssen.

Was antwortet Töchterle? – Er kennt einen armen Schmied, der spielt Mozart auf der Violine. – Ich finde das toll, ich mache jetzt keinen Scherz, toll, respektabel, aber es bringt uns im Bildungsranking keinen Millimeter nach vorne. Das sind einfach saftige Aussagen, die in sich zerbröseln. Und das ärgert mich. Mich ärgert das massiv!

Zum Budget: Wir sind schon seit Grasser nicht verwöhnt, und jede Budgetrede ähnelt einem Plagiat. Grasser verkaufte: plus 800 Millionen € für die Universitäten. Was wahr ist: Das Personal ist vom Bundeskanzleramt in das Wissenschaftsressort gewandert – ein Nullsummenspiel, er verbuchte es als ein Plus von 800 Millionen €.

Wie war es? – Sie haben die Studiengebühren eingeführt und dann genau dieses Geld, das die Unis eingenommen haben, ihnen wieder weggenommen. Sie haben Bildung und Wissenschaft um 161 Millionen € gekürzt und geben dann 80 Millionen dazu und verkaufen es als Fresh Money, wie Grasser gesagt hat. Das ist ja alles Chuzpe, das ist ein Witz. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Jugendarbeitslosigkeit: Wenn wir Finnland nennen, passt Ihnen das nicht. Dann sagen Sie, die haben eine viel größere Jugendarbeitslosigkeit. Aber wissen Sie, warum? – Weil jeder Jugendliche, der seine Ausbildung beendet, Schule, Sekundar­bereich, Tertiärbereich, sofort in der Statistik aufscheint. Bei uns muss man monate­lang irgendwo in einem Anstellungsverhältnis gewesen sein und eine gewisse Einkom­mensschwelle überschritten haben, damit man überhaupt erfasst wird. Das sagen Sie auch nicht dazu.

Bei der Kinderbetreuung wieder dasselbe: Wissen Sie, wie viele Forscherinnen und Forscher ich kenne, die damit an den einzelnen Universitätsstandorten Schwierigkeiten haben?

Noch etwas: Der FWF und die Akademie der Wissenschaften stagnieren, und alle Zugewinne, die Sie hier nennen, sind durch Auflösung von Rücklagen bedingt. Sie wissen es: Seit Hahn sind über 400 Millionen € Budgetgelder nicht an die Unis ausge­schüttet, sondern als Rücklagen gehortet worden.

Ich warte nur darauf, dass Sie dann diese 300 Millionen € ausschütten und Frau Fekter sagt: Lieber Karlheinz, nimm doch das von den 400 Millionen €! – Das sind aber Gelder der Unis, die zurückgehalten wurden.

Es ist Geld da, und das ärgert mich. Die Finanzierung der Uni und des tertiären Sek­tors, der gesamten Bildung ist nicht allein eine Frage des Könnens, sondern eigentlich des Wollens und des Verstehens.

Zu Gutachten Folgendes: Wenn die Politik sich so weit zurückzieht, dass ein Gutach­ten, ein einzelnes Gutachten – nicht Vielfalt, eine Debatte oder Auseinanderset­zung, sondern ein einziges Gutachten –, die Politik bestimmt, ist das ein Rückzug, den ich verurteile.


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Ich würde vorschlagen, dann wünschen wir uns einen Bundespräsidenten, der statt 14 Ministern 14 Gutachter angelobt, und der Vizekanzler und Kanzler suchen sich aus dem Gutachten durch Kopieren ein Regierungsmodell oder ein Regierungsprogramm.

Wenn jetzt Töchterle sagt: Alles, was nicht verboten ist, ist erlaubt, das bedeutet, dass Unis ab 1. März nächsten Jahres Studienbeiträge in beliebiger Höhe verlangen kön­nen!, lese ich jetzt ein ganz kurzes Kommuniqué der Universität Innsbruck, Büro Öffentlichkeitsarbeit, vor, und zwar eine Resolution der Geisteswissenschaftlichen Fa­kul­tät.

 „Resolution des Fakultätskollegiums der Geisteswissenschaflichen Fakultät ... zur Bildungspolitik und zur Einführung von Studiengebühren:

1. Die Fakultät verurteilt aufs schärfste die Vorgangsweise zur Durchführung von bildungspolitischen Maßnahmen:

ohne Diskussion mit Betroffenen

ohne Konsens mit den Sozialpartnern

undemokratisch

überfallsartig, da kurz zuvor eine Einführung von allgemeinen Studiengebühren noch verneint wurde.

2. Die Fakultät verurteilt die Inhalte der sogenannten Bildungsmaßnahmen:

sie sind bildungsfeindlich

sie bevorzugen finanzielle Eliten

sie führen zur Reduktion der ohnehin schon geringen AkademikerInnenquote in Österreich

sie dienen nur der Budgetkonsolidierung, machen aber junge Leute zu SchuldnerInnen

3. Die Fakultät lehnt daher die Einführung von Studiengebühren ab.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Karlheinz Töchterle (Fakultätsvorsitzender der Geisteswissenschaftlichen Fakultät)“

Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


17.21.11

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein paar Bemerkungen zu den vorangegangenen Reden.

Herr Kollege Petzner hat uns mit einer Situation beschäftigt, die wahrlich grauenhaft war für die betroffenen Kinder und die nicht nachvollziehbar ist. Nur: Mich beschleicht das Gefühl, dass es dem Kollegen Petzner eigentlich um die Inszenierung hier am Rednerpult gegangen ist und nicht wahrhaftig um die Thematik, so wie er sich gebärdet hat. Das Spiel ist vorbei – er ist nicht mehr im Saal. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Das als „Spiel“ zu bezeichnen ist widerwärtig, Frau Kollegin! Ihre Frau Karlsson sagt, das hat System: Rote Falken, Kinderfreunde! Das ist kein „Spiel“!)


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Zweite Bemerkung: Meine Damen und Herren, was ich nicht verstehe, ist, dass Wien im internationalen Ranking immer am vordersten Platz ist, was Zufriedenheit, Lebensqualität, Sicherheit betrifft, aber Wien immer wieder angepatzt wird. (Abg. Grosz: Frau Karlsson in der „Krone“! Lesen Sie es!)

Ich verstehe es nicht. Es ist meine, unsere Bundeshauptstadt, und wir sollten bei den Fakten bleiben. (Abg. Grosz: Lesen Sie es!) – Herr Kollege Grosz, schreien Sie nicht so. Ich habe Sie schon gehört. Mir ist das Thema wichtig und nicht Sie. (Abg. Grosz: Karlsson in der „Krone“!)

Meine Damen und Herren, mir ist das Thema Bildung, Ausbildung, Weiterbildung sehr wichtig, und deshalb zu Beginn meines Beitrages Dank, Respekt und Anerkennung an all die Menschen, an die Frauen und Männer, die als Pädagoginnen/Pädagogen, Lehrer/Lehrerinnen arbeiten, die mit Kindern arbeiten, mit Jugendlichen, mit jungen Erwachsenen. Sie leisten hervorragende Arbeit! Sie sind mit viel Engagement dabei, und wir dürfen nicht jene verunglimpfen, die mit viel Einsatz für die Kinder in Österreich aktiv sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Dritter Punkt, meine Damen und Herren: Ich habe heute aufgrund einiger Aussagen manchmal den Eindruck gehabt, dass in den Gemeindestuben, in den Landes­regierungen unverantwortliche Politikerinnen und Politiker sich mit dem Thema Bildung beschäftigen. Auch das weise ich zurück – im Gegenteil: Die Männer und Frauen in politischen Funktionen sind sehr energisch, wenn es darum geht, für die Zukunft der Kinder zu arbeiten.

Und während die Grünen hier Taferln präsentieren, habe ich mir Fakten besorgt, Frau Kollegin Glawischnig.

Stadtgemeinde St. Valentin: Junge Bürgermeisterin, Mag. Kerstin Suchan, 9 000 Ein­wohne­rin­nen und Einwohner, und ich sage Ihnen, wie unsere Bildungs- und Betreu­ungsarbeit in meiner Stadtgemeinde aussieht: 14 Kindergartengruppen, 280 Kinder werden betreut, 23 PädagogInnen, 16 KinderbetreuerInnen und MitarbeiterInnen zu­sätzlich; zwei Hortgruppen mit 50 Kindern, drei PädagogInnen, eine zusätzliche Betreuerin; eine Kleinkindeinrichtung: 15 Kinder werden betreut und gefördert, eine Pädagogin, zwei Betreuerinnen zusätzlich. Es gibt in allen Einrichtungen Mittagessen, ganztägige Betreuung und ganz kurze Schließzeiten. (Abg. Mag. Gaßner: Das sind rote Gemeinden! Das sind sozialdemokratische Gemeinden!)

Wir können also auf etwas hinweisen, auf das wir stolz sind, und wir können nicht Maßstäbe über das ganze Land legen, die nicht in Ordnung sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, aber wir wollen es bundeseinheitlich! Ich glaube, das ist nicht zu hoch gegriffen!)

Meine Damen und Herren, ich zitiere aus dem Artikel des „Spiegel“, Nr. 42:

„Heranwachsende müssen jede Menge leisten: in der Schule glänzen, den Eltern genügen, zufriedene Menschen werden und die Zukunft ... garantieren. Häufig halten sie dem Druck kaum stand. Für sie ist alles zu viel – und doch zu wenig.“

Wir müssen diese Aussage sehr, sehr ernst nehmen, denn junge Menschen stehen wirklich vor vielen Herausforderungen, die nicht einfach sind.

Bildung als Basis auf allen Ebenen ist wichtig für die persönliche Lebensgestaltung, für die zukünftige Entwicklung des persönlichen Lebens. Wir wissen – und jetzt komme ich zu meinem eigentlichen Thema: zu den jüngeren Kindern –, dass Frühförderung ein wichtiges Element ist, und: Je früher ich fördere, desto eher kann ich mir später manche teure Maßnahme ersparen und desto besser sind die Startchancen.


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Es wurde schon gesagt, wir beschließen heute wieder einen Artikel-15a-Vertrag, wo­nach der weitere Ausbau von Kindergärten für Unterdreijährige, für Überdreijährige finanziert wird. Länder, Gemeinden, Bund nehmen damit ihre Verantwortung wahr. Ich bin auch überzeugt, dass Eltern unterstützende, begleitende Betreuung brauchen, und ich bin auch davon überzeugt – und da bin ich der Meinung der Grünen –, dass es gut wäre, einheitliche Bildungskonzepte zu haben. Der zuständige Familienminister wird noch viel Arbeit vor sich haben, die Länder zu motivieren, mit einzubeziehen und gemein­same Lösungen zu finden, denn grundsätzlich, meine Damen und Herren, geht es uns darum, die Bildung und Ausbildung unserer Kinder zu garantieren – als Chance und als ein Mehr an Gerechtigkeit für ihr weiteres Leben.

Dafür treten wir ein, und daran arbeiten wir auch weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


17.27.07

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Minis­terin! Herr Minister! Hohes Haus! In der heutigen Dringlichen Anfrage der Grünen geht es angefangen von der Kinderbetreuung über die Qualität im Kindergarten über die PädagogInnenbildung bis hin zu den Universitäten, also um alle Bildungsbereiche.

Die Grünen beklagen die fehlenden Mittel in allen diesen Bereichen. Ich stelle fest, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie habe heute nicht aufgepasst bei der Budgetrede unserer Ministerin (Oh-Rufe bei den Grünen), denn sie hat erklärt – und ich zitiere –:

„Gerade wenn die Budgetmittel knapp sind, ist es besonders wichtig, Prioritäten zu setzen und in die Zukunft zu investieren. In der Bundesregierung unbestrittene Prioritäten sind Forschung und Entwicklung.“

Sie haben alle dieses wunderbare Diagramm (die Rednerin zeigt eine Graphik): Farb­lich sticht hier das Blau heraus, das die Mittel, die in die Bildung investiert werden, kennzeichnet. Und man kann tatsächlich nicht sagen, dass das ein mickriger Betrag wäre! (Beifall bei der ÖVP.)

Bei den Budgetmitteln für Forschung und Entwicklung wird mit rund 2,4 Milliarden € ein Rekordwert erreicht.

Die Ausgaben für die Wissenschaft werden im kommenden Jahr rund 66 Millionen € über dem Wert von 2011 liegen.

Und mit der Hochschulmilliarde für 2013 und notwendigen Studienbeiträgen gehen wir zielgerecht auf die 2 Prozent des BIP zu. Es ist ganz klar: Dieses Ziel werden wir erreichen!

Für Unterricht, Kunst und Kultur wird es rund 313 Millionen € mehr als 2011 geben. Die Schwerpunkte Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, Ausbau der Mittelschule, Aus­bau der ganztägigen Betreuungen werden fortgesetzt.

Zur PädagogInnenbildung-Neu: Die Arbeitsgruppe von Bundesrat Schnider hat ein Papier vorgelegt, das eine gute Diskussionsgrundlage für die Weiterentwicklung der PädagogInnenbildung ist. Es ist wird nun notwendig sein, ein Anforderungsprofil für die Aufgaben der PädagogInnen zu erstellen und entsprechend diesem Anforderungsprofil die Ausbildung auszurichten.

Die Lehrerausbildung an den Pädagogischen Hochschulen und an den Unis wird verbessert. Die große Bedeutung der PädagogInnenbildung ist allen bewusst. So werden Kooperationen zwischen PHs und Unis geplant, und es wird auch in Aussicht


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gestellt, dass in Vorarlberg – und das finde ich besonders gut – eine Pädagogische Universität geschaffen werden soll.

Das alles kann aber nicht von heute auf morgen entstehen. Das braucht Zeit und sorgfältige Planung. Wir sind mit der Mittelschule auf bestem Weg, dass diese flächendeckend umgesetzt wird; die modulare Oberstufe ist gut geplant und wird demnächst umgesetzt. Sehr dringend ist aber die Schaffung eines modernen und leistungsgerechten Dienst- und Besoldungsrechtes für Lehrerinnen und Lehrer, denn das derzeitige Dienstrecht entspricht nicht mehr dem heutigen Schulbetrieb. Darüber hinaus gehen in den nächsten zehn Jahren über 50 Prozent der Lehrpersonen in Pension. Deshalb ist da wirklich Eile geboten; aber wir hören ohnehin, dass die Verhandlungen darüber gut laufen.

Schmunzeln muss ich, wenn ich die Frage 13 der Dringlichen Anfrage lese, die lautet:

„Wie steht die Bundesregierung zur neuerlichen Einführung von Studiengebühren?“

Laut Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Heinz Mayer hat der Verfassungsgerichtshof die Abschaffung der Studiengebühren, die von SPÖ, Grünen und FPÖ im September 2008 in einer Nacht- und Nebelaktion beschlossen wurden (Hö-Rufe bei der SPÖ – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das war eine Nationalratssitzung!), wegen unpräziser Bestimmungen aufgehoben. Daher werden die Unis autonom Studiengebühren einführen können: in einer autonom bestimmten Höhe. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Im Übrigen: Zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung sind für Studiengebühren. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammenfassend kann gesagt werden: Die budgetären Vorkehrungen der Bundes­regierung für Reformen im Bildungsbereich sind getroffen – an der Umsetzung der Reformen wird eifrigst gearbeitet. (Beifall bei der ÖVP.)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.31.51

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu den Ausführungen der Kollegin Binder-Maier von der SPÖ: Das Spiel ist vorbei!, haben Sie gesagt. – Ich weiß nicht, wie Sie das meinen, aber wenn es um Kinderschutz geht, wenn es um Kinderrechte geht, ist es schon so, dass Sie mein Kollege Petzner intensiv auf Ihr Versagen im rot regierten Wien aufmerksam gemacht hat. Das ist der Punkt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Der Petzner ist kein Kind mehr, er benimmt sich nur so!)

Wir vom BZÖ stehen auch da für volle Aufklärung, für strengste Gesetze und für keine Verjährung, wenn Kinder missbraucht wurden. Wir werden ja sehen, ob Sie heute bereit sind, unseren diesbezüglichen Antrag mitzutragen. Und wir werden auch sehen, wie ernst Sie das meinen, und ob Sie bereit sind, diesen Weg zum Schutz für die Kinder gemeinsam mit uns zu gehen.

Das Thema Bildung ist sehr breit gefächert; der Hochschulbereich ist ein Bereich davon; die Studiengebühren sind ein noch kleinerer Bereich davon. Wir wissen alle, dass wir die Rahmenbedingungen verbessern müssen, dass man den Hochschulplan sozusagen mit Leben erfüllen und einmal festschreiben muss, was dort überhaupt hineinkommen soll, um wirklich gute Voraussetzungen bieten zu können.

Jedenfalls wird eines wird nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, nämlich immer nur zu sagen: Die Akademikerquote ist zu erhöhen, die Ausbildung muss besser werden, das Professoren-, das Studentenfeld


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muss besser werden, aber nicht dazu zu sagen, wie das Ganze finanziert werden soll. Das funktioniert so nicht!

Studiengebühren haben ja zwei Funktionen, und daher muss man, wenn man ehrlich ist, auch darüber reden, dass ernsthaft über Studiengebühren als Teil der Finanzierung nachgedacht werden muss, wie das eben üblich ist in weiten Teilen Europas, ja auf der ganzen Welt, dass man auch nachdenken wird müssen, ob es Einschreibgebühren wird geben können, die man vielleicht dann den Österreicherinnen und Österreichern wieder rückvergütet, damit es keinen Nachteil gibt. Das alles also immer mit Begleitmaßnahmen.

Das BZÖ hat nie gesagt: Studiengebühren zum Abkassieren, zum Fernhalten von Studenten, sondern das BZÖ hat gesagt: Studiengebühren als Teil der Uni-Finan­zierung – damit können 10 bis 15 Prozent der Gesamtkosten gedeckt werden –, und, zweitens, Studiengebühren als Lenkungsfunktion, damit der Ansturm aus dem Ausland – da könnte Österreich Vorreiter sein – an die Unis in Österreich eingedämmt wird. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt ja nicht! Das ist falsch!) – Herr Kollege Matznetter, das ist richtig.

60 000 ausländische Studenten in Österreich, die wir mit unseren Steuergeldern ausbilden, sind international, sind OECD-mäßig einfach zu viel. Das ist etwas, was man hier wirklich einmal festhalten muss.

Daher treten wir vom BZÖ für Studiengebühren ein, und wir wollen weiters haben, dass man auch eine Einschreibgebühr in Höhe von 5 000 € einführt, das aber dann jenen zurückgibt, die bei uns in Österreich maturiert oder hier eine Studienberech­tigungsprüfung abgelegt haben.

Diesbezüglich geschieht jedoch nichts! Sie vom Linksblock haben offensichtlich eine echte Denkblockade – ich sage das immer wieder –, was Studiengebühren betrifft! Setzen Sie sich einmal hin und schreiben Sie für sich die Vor- und Nachteile von Studiengebühren auf; erwägen Sie, was es bringt – und was alles kostet! Hören Sie nicht immer nur auf das Geschrei von linker Seite, und zwar von roten und grünen Studienvertretern auf der Uni!

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes treten eindeutig für Studiengebühren ein. Und überhaupt: Dann muss der Student auch eine entsprechende Leistung dafür bekommen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Der Student bekommt eine Leistung und hat ein Anrecht auf gute Studienvoraussetzungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Hören Sie endlich auf mit diesem ideologischen Geschwätz, dass Studiengebühren eine soziale Mischung beeinträchtigen würden, denn das stimmt einfach nicht! Wir wissen, dass im FH-Bereich dem nicht so ist, und wir wissen auch vom Uni-Bereich, dass dort eine soziale Durchmischung nicht wirklich gegeben ist – und das, obwohl es keine Studiengebühren gibt.

Im Klartext und um es verständlich zu machen für Sie von der SPÖ: Was die Unis betrifft, zahlen der Mittelstand, der Arbeiter, der kleine Angestellte, der „kleine“ Bauer dafür, dass die „Reicheren“ – unter Anführungszeichen – studieren dürfen, finanziert via öffentliches Budget.

Meine Damen und Herren von der SPÖ: Wollen Sie das bitte wirklich – oder wollen Sie das endlich mit uns gemeinsam ändern?! (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) Legen Sie Ihre Bildungsschranken, was Studiengebühren anlangt, ab und kommen Sie mit uns zu pragmatischen Lösungen! Und dazu zählen mit Sicherheit Studiengebühren und Einschreibgebühren.


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Zu guter Letzt: Ich bin froh darüber, dass Herr Minister Töchterle zu diesem Thema ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, wobei ich dazu sagen möchte: Auch das ist mit Vorsicht zu genießen, denn natürlich kommt dann sofort auch ein Gutachten des Verfassungsdienstes, das das Gegenteil besagt; natürlich völlig „überraschend“ für uns. Uns war doch klar, dass das so kommen würde.

Jedenfalls: Was die Studenten, was die Unis, was die Professoren brauchen, ist Sicherheit, und Sicherheit kann die Regierung, kann der Nationalrat schaffen, aber kein Gutachten. Für Sicherheit ist also zu sorgen in unserem Land. (Beifall beim BZÖ.)

Daher fordere ich Sie auf, das von Bundesminister Töchterle in Auftrag gegebene Gutachten zum Anlass zu nehmen, entsprechend zu handeln. Und ich wünsche mir auch von Minister Töchterle, dass er es ernst meint und tatsächlich mit März kom­menden Jahres die Einführung von Studiengebühren seitens der Universitäten zulässt, dass diese jedoch einheitlich geregelt werden, und zwar von Innsbruck bis Wien, denn es kann doch nicht sein, dass man in Innsbruck für ein Medizinstudium vielleicht 500 € pro Semester zahlt, in Wien hingegen, weil man dort ach! so sozial und sozialistisch ist, zahlt man dafür vielleicht symbolisch sozusagen 1 €, obwohl die Verwaltung ein Vielfaches kostet.

Studiengebühren also in einheitlicher Höhe; keine unfairen Wettbewerbe; das muss man schon bedenken. Begleitend dazu sollte bis zum März auch – dazu hätte man jetzt Zeit – die Studienbeihilfe adaptiert werden. Passen Sie das an!

Wenn dieses Gesamtpaket dann passt, dann bin ich mir sicher, dass man in diesem Teilbereich der Bildung, in diesem Teilbereich der Wissenschaft, der Forschung und der Universitäten eine gute Lösung erzielen wird können.

Zum Schluss und an die Frau Finanzministerin gerichtet, die hier heute von einer Uni-Milliarde nach altem Geld gesprochen hat, da in diesen Bereich 80 Millionen € investiert werden sollen. Dazu kann ich nur sagen: Das ist doch geradezu eine Verhöh­nung! Da geht es um den Faktor 13,76! 80 Millionen € ist doch in diesem Bereich fast nichts. Die Frau Finanzministerin hat gesagt, das ist 1 Milliarde. Ja, aber 1 Milliarde Schilling.

Wir reden hier von 1 Milliarde Euro. Das ist es, was die Unis in den nächsten drei bis vier Jahren brauchen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

17.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


17.37.56

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Ministerinnen! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Bezug nehmen auf den Antrag, den Herr Abgeordneter Petzner hier eingebracht hat und der auch sagte, das sei das Schlimmste gewesen, was nur passieren hat können.

Herr Abgeordneter Petzner, es gibt diesen vorgelegten Bericht der Stadt Wien nicht, wie Sie das behaupten, denn diesen Bericht gibt es seit 1975, den können Sie im Stadt- und Landesarchiv nachlesen. (Abg. Petzner: Ihre eigene Abgeordnete hat gesagt, dass Sie vertuscht haben! Ihre eigene Abgeordnete!) Seit 1976 gibt es ein Buch zu kaufen, in dem das Vorwort von Gertrude Fröhlich-Sandner verfasst wurde. Seitdem hätten Sie sich, Herr Abgeordneter Petzner, dafür interessieren können. Sie können mir daher nicht erklären und weismachen, dass es da nicht um kleinkariertes politisches Kleingeldmachen von Ihnen geht! Was Sie da tun, ist doch verab­scheuungswürdig bis zum Letzten! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Petzner: Sie vertuschen seit 30 Jahren! Ihre eigene SPÖ-Abgeordnete sagt, dass Sie seit 30 Jahren vertuschen!)


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Sie sollten wissen, dass ab dem Jahre 1977 diese Heime sukzessive geschlossen wurden! Sie sollten wissen, dass es einen Fonds in Höhe von 5,8 Millionen € gibt, dessen Mittel ausbezahlt wurden! Sie sollten wissen, dass der „Weiße Ring“ damit beauftragt wurde, dass er sich um die Opfer und um die Opferfürsorge kümmert! (Abg. Petzner: Sie sollten sich schämen!)

Außerdem sollten Sie wissen, wenn Sie sich schon damals dafür interessiert bezie­hungsweise aufgepasst hätten, dass es dazu seit dem vergangenen Jahr zusätzlich eine Historikerkommission gibt, die sich mit der Aufarbeitung von Vorwürfen und Geschehnissen im Zusammenhang mit diesen Kinderheimen befasst. Zusätzlich zu den jetzigen Vorfällen wurde seitens der Stadt Wien eine Sonderkommission eingerich­tet. Und da zu behaupten, es sei vertuscht und verheimlicht worden, ist doch wirklich ein Affront! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Das sagt Ihre Abgeordnete!)

Ich möchte jetzt noch einmal kurz zurückkommen zum heutigen Dringlichen Antrag der grünen Fraktion und möchte einen Halbsatz zitieren, in dem sich etwas findet, was die Frau Finanzministerin heute in ihrer Budgetrede als eine der drei wichtigsten Säulen bezeichnet hat: Jeder sollte in seinem Leben selbst Regie führen können. – Ja, dazu stehe ich auch. Jeder und jede sollte in seinem Leben Regie führen können! – Das halte ich für einen guten Ansatz. (Abg. Petzner: Was haben Sie gemacht in den letzten 30 Jahren – außer gescheit reden?)

Und da möchte ich betonen – und das ist relativ das Einzige, was mich mit dem Herrn Kollegen Höbart verbindet –, Bildung beginnt bereits im Elternhaus. Dazu stehe ich auch. Und der Kindergarten ist keine Garderobe, wo man die Kinder wie einen Mantel abgeben kann, sondern der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn die Grünen fordern, sie hätten dafür gerne 300 Millionen € mehr, dann muss ich sagen, ich verstehe Ihren Unmut und ich verstehe Ihre Ungeduld – auch uns geht es manchmal nicht schnell genug –, aber dann sagen Sie auch ehrlich dazu, wenn wir die 300 Millionen € jetzt ausschütten sollten: Wo nehmen wir es weg? Wem nehmen wir es weg? Das ist etwas, was Sie selbst noch nicht argumentiert haben.

Frau Musiol, wenn Sie behaupten, es sei nichts geschehen, dann muss ich dem entgegenhalten: Zwischen 2008 und 2010 haben wir 24 000 neue Plätze geschaffen und gleichzeitig 9 000 Arbeitsplätze großteils für Frauen, weil es leider noch immer nicht gelungen ist, mehr Männer für diesen Job zu interessieren.

Ich glaube, dass es im Bereich des Kindergartens viele kleine Schritte gegeben hat, sei es jetzt in Wien der Gratis-Kindergarten, der von null bis sechs Jahre geht. Das bedeutet ganz einfach einen absoluten Abbau der sozialen Barrieren. Die Fortschrei­bung der Artikel-15a-Vereinbarung, die wir heute noch diskutieren, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

Wenn wir zum Übergang in die Schule kommen. Wir haben es heute schon mehrfach gehört: 41 Regierungsvorlagen; da kann man doch nicht von einem Stillstand sprechen. Es geschieht etwas, es erfolgt in kleinen Schritten. Ja, natürlich. Unser Ziel ist es ebenfalls, dass alles so schnell wie möglich geschieht, aber wir müssen uns genauso wie alle anderen auch nach der Decke strecken.

Zur Matura neu: Diese gehört zu jenen Dingen, die ganz einfach auch gemacht worden sind. Vor allen Dingen muss ich auf die Neue Mittelschule verweisen. Die Neue Mittelschule ist ein Erfolg der Frau Ministerin, das kann man nur hervorheben, ist auch ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.


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Das Einzige, was mich in dieser Bildungsdiskussion etwas stört – und das möchte ich noch anbringen –, ist Folgendes: Wir diskutieren hier vom Kindergarten bis zur Univer­sität, aber die Lehrlinge wurden hier nicht erwähnt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es ist ein richtiges und wichtiges Ziel, dass auch die Lehrlinge mit eingebunden werden – und es stimmt, das hat Kollege Höbart auch gesagt –, denn es nützt nichts, wenn die Wirtschaft immer wieder nur sagt: Wir brauchen Facharbeiter!, wenn dann keine Ausbildung da ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Chancengleichheit für alle Kinder bedeutet Unabhängigkeit und darf auch nicht davon abhängig sein, aus welchem sozialen Umfeld die Eltern kommen. Chancengleichheit heißt systematische Barrieren, die wir jetzt noch haben, abzubauen und die Qualitäten von Menschen zu fördern, damit wir zu einer noch besseren Gesellschaft werden.

Noch zum Abschluss: Das Bildungssystem als solches – das ist doch um Gottes, Him­mels willen kein Prozess, der ein Ende hat, sondern das ist ein Prozess, der immer weiter fortgeschrieben wird. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen dazu, dass wir dieses Bildungssystem gut und weiter ausbauen: im positiven Sinne unserer Kinder und Jugend. (Beifall bei der SPÖ.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Petzner hat sich zu einer tat­säch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Rufe – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Petzner –: Oh je!)

 


17.43.58

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Es ist schön, dass Sie das alles so lustig finden. Mir jedenfalls ist der Humor vergangen angesichts der Vorwürfe.

Frau Kollegin Lueger hat hier von diesem Rednerpult aus sinngemäß behauptet, ich hätte in meiner Rede gesagt, dass der Bericht der SPÖ-Nationalratsabgeordneten Irmtraut Karlsson aus dem Jahr 1974 mit dem Titel „Verwaltete Kinder“ nicht vorgelegt beziehungsweise sehr unter Verschluss gehalten worden sei.

Ich stelle tatsächlich richtig. Das habe ich nicht gesagt, sondern ich habe gesagt, der Bericht ist vorgelegt worden, aber ich habe auch gesagt, der Bericht ist geschwärzt worden, und ich habe dazu Frau Kollegin Karlsson zitiert. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und ich wiederhole das hier im Rahmen meiner 

17.44

17.44.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter, das wird jetzt ein Redebeitrag. Sie haben beide Auffassungen einander gegenübergestellt. (Abg. Petzner: Habe ich noch einen Schlusssatz?) – Nein.

Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Ich schließe die Debatte und komme zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für Kinderbetreuung.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen auf Übermittlung des Berichtes „Verwaltete Kinder“ aus dem Jahre 1974 an den Nationalrat. 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 177

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ab­gelehnt.

17.45.43Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme nun die Verhandlungen über die Punkte 9 und 10 der Tagesordnung wieder auf.

Wir haben noch zwei Wortmeldungen zu diesem Punkt, bevor wir zu den Abstim­mungen kommen.

Vorletzte Wortmeldung dazu: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.46.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Verkehrsministerin! Meine Damen und Herren! Leider können wir dieser Änderung des Telekommunikationsgesetzes wiederum nicht zustimmen. Es ist zwar die Umsetzung von fünf EU-Richtlinien, die in vielerlei Hinsicht auch konsumen­tenmäßig und konsumentinnenmäßig Verbesserungen bringt, aber viele unserer Forde­rungen wurden leider nicht berücksichtigt.

Aus dem KonsumentInnenbereich erwähne ich nur die Tatsache, dass wir bei den kostenfreien Warteschleifen praktisch wieder Ausnahmen haben. Wenn es sich um Mehrwertnummern handelt, muss man zahlen, egal, wie lange man in der Warte­schleife ist. Und das kann ganz schön teuer werden. Und dann haben wir auch keine Maßnahmen gegen das Cold Calling. In erster Linie sehen wir auch noch ein Problem darin, dass man mit der Umsetzung dieser Telekommunikationsgesetz-Novelle, die EU-rechtlich notwendig war, so lange gewartet hat. Da stehen schon wieder Klagen ins Haus. Das ist anscheinend auf das Verhältnis von SPÖ zu ÖVP zurückzuführen.

Die Breitband-Anliegen, die in der Petition vertreten worden sind, unterstützen wir. Wir plädieren immer dafür, dass der Glasfaserausbau vorangetrieben wird. Die Frage mobiles Breitband ist durchaus ambivalent, weil die Bevölkerung durch entsprechende Sendemasten, Sendestationen schließlich auch betroffen sein kann. Das schließt gleich meinen Bogen. Besonders bemängle ich, dass im Rahmen dieser Novelle des Telekommunikationsgesetzes wieder keine besseren Regelungen im Hinblick auf vorbeugenden Gesundheitsschutz getroffen worden sind, dass wir als Bürgerinnen und Bürger auch keinen Zugang zu konkreten Daten, was Sendemasten und ihre Leis­tungen betrifft, haben.

Da gibt es viele Bürgerinitiativen, die gerade dieses Anliegen immer wieder vertreten und deswegen auch an die Öffentlichkeit gehen. Diese Anliegen sehen wir nicht berücksichtigt, und deswegen erfolgt unsere Zustimmung nicht. (Beifall bei den Grünen.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte.

 


17.48.29

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­minister! Hohes Haus! Diese Gesetzesnovelle ist natürlich eine gute. Von meinen Vorrednern wurden auch die Argumente diesbezüglich schon dargelegt.

Weiters möchte ich aber noch auf die Terminierungsentgelte verweisen, die mir leider in diesem Gesetz fehlen. Sie waren schon auf der Ministerratsvorlage, sind aber dann wieder von der Regierungsvorlage genommen worden. Terminierungsentgelte sind die Kosten, die zwischen Mobilfunkbetreibern entstehen, wenn man zum Beispiel von


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Österreich ins Ausland telefoniert oder von Deutschland zum Beispiel nach Österreich. Dann verrechnen die Mobilfunkbetreiber einander diese Terminierungsentgelte.

Da in Österreich ein guter Konkurrenzkampf herrscht und es somit einen guten Markt für die Kunden gibt, ist es natürlich so, dass auch die Entgelte und damit auch das Terminierungsentgelt sehr niedrig sind. Österreich hat im internationalen Länder­vergleich ein sehr niedriges Terminierungsentgelt. Deswegen fließen viele Millionen ins Ausland, weil dort unter den Mobilfunkbetreibern ein geringerer Konkurrenzkampf herrscht. Wir haben also niedrigere Tarife, haben aber mehr beim Telefonieren ins Ausland zu zahlen.

Deswegen, Frau Ministerin – das habe ich im Ausschuss schon gesagt –, würde ich Sie bitten, dass Sie im Rahmen der Ministerratssitzung auf EU-Ebene – der Regulator hat das ja auch begrüßt und gemeint, das steht auf der Agenda schon sehr weit oben – Druck machen, dass man diese Terminierungsentgelte auf EU-Ebene entweder ab­schafft oder anpasst, damit keine Millionen aus Österreich mehr abfließen, sondern unseren Kunden in Österreich zugutekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 9 und 10.

Zunächst Abstimmung über Punkt 9: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003, das KommAustria-Gesetz sowie das Verbraucherbe­hörden-Kooperationsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1389 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nom­men.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend direkte Verankerungen der Konsumentenschutz­bestimmungen im Telekommunikationsgesetz.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Ausschusses für For­schung, Innovation und Technologie, seinen Bericht 1464 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

17.51.5111. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (1081 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preistransparenzgesetz geändert werden (1128 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 179

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.52.20

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde zum Gaswirtschaftsgesetz Stellung nehmen, das aus unserer Sicht durchaus einiges Positive beinhaltet, wie zum Beispiel eine Stärkung der Verbraucherinnen und der Verbraucher, der Haushalte, auch der Gewerbebetriebe. Es bringt Erleichterungen beim Lieferantenwechsel und durchaus auch eine stärkere Trennung, das sogenannte Unbundling, zwischen Netzbetreibern und Gasversorgungsunternehmern.

Aber dieser Stärkung auf der einen Seite – und da komme ich schon zum wesentlichen Punkt – steht eigentlich ein ganz wesentlicher Angriff auf das Eigentum von Grund­stücksbesitzern gegenüber, nämlich dass für neue Gasinfrastruktur Grundstückseigen­tümer auch enteignet werden können, wenn diese Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse ist.

Jetzt frage ich mich schon, wenn ich auch den Inseraten der Bundesregierung glauben darf, dass wir „energieautark“ – sage ich unter Anführungszeichen – werden wollen: Wieso steht dann zusätzliche Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse? Das würde ich Sie bitten, mir zu erklären. Und wenn schon Gasinfrastruktur, warum finden wir in diesem Gesetz dann keinen prioritären Zugang für Biogas, wie das zum Beispiel in Deutschland der Fall ist? In Österreich ist es nach wie vor so, dass im Zweifel fossiles Gas Priorität haben wird. Das geht irgendwie nicht wirklich zusammen.

In Österreich geben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 2 Milliarden € für Gasim­porte im Jahr aus, diese gehen vorwiegend nach Russland. Ich denke, warum kann man Gas nicht einfach auch ersetzen? Es ist mir schon klar, dass wir Gas vor allem für industrielle Anwendungen auch noch als Übergangstechnologie brauchen werden. Aber warum, wenn das eine Übergangstechnologie ist, besteht öffentliches Interesse für zusätzliche Leitungen? Warum gibt es nicht gezielte Substitution von Gaseinsatz in Haushalten, bei der Wärmeerzeugung, bei der Stromerzeugung? Warum nicht diese 2 Milliarden € reduzieren? Warum nicht Gas substituieren? Und warum, wenn schon Gaseinsatz, kein prioritärer Einsatz von Biogas? Das ist absolut unverständlich. Wir können diesem Gesetz so nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Was aber ganz besonders krass ist in diesem Gesetz, ist dieser sogenannte Enteig­nungsparagraph. Nicht nur, wie gesagt, dass ich nicht verstehe, dass zusätzliche Gasinfrastruktur im öffentlichen Interesse ist und dass trotz unserer katastrophalen Klimabilanz Grundstückseigentümer deswegen enteignet werden können, sondern das ist insbesondere auch demokratiepolitisch bedenklich, weil im Wesentlichen das öffentliche Interesse daraus resultiert, dass Gasinfrastruktur im langfristigen Netzplan der Netzunternehmen drinnen ist. Das wird von den Regelzonenführern in der Regel gemacht. Da stellen sich die Gasunternehmen quasi selbst aus, dass das im öffent­lichen Interesse ist. Das finde ich ziemlich bedenklich.

Daran ändert auch der Abänderungsantrag nicht sehr viel, wonach die Regulierungs­behörde das noch bestätigen soll, weil es so formuliert ist, dass das, wenn dies eben im Plan drinnen ist, die Regulierungsbehörde zu bestätigen hat. Ich finde das demo­kratiepolitisch äußerst bedenklich. Wie gesagt, zusätzliche Gasinfrastruktur kann nicht im öffentlichen Interesse sein. Und wenn sich die Unternehmen das dann noch selbst ausstellen und Grundstückseigentümer enteignet werden können, dann kann das keinesfalls zeitgemäß sein. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 180

Es gibt auch schon Betroffene in Österreich, die bereits enteignet wurden. Ich habe höchsten Respekt vor diesen Betroffenen, die sich massiv gewehrt haben, die so eigentlich uns allen einen Dienst erwiesen haben und auf ihre Weise auch für die Ener­giewende in Österreich kämpfen. Solche Anwendungen gibt es in vielen Fällen. Ich habe das auch selbst erlebt, dass es nicht in Ordnung ist, wenn Unternehmen, die oft auch durchaus eine Nähe zu staatlichen Behörden haben, Grundstückseigentümer unter Druck setzen und Enteignungen androhen. In diesem Fall wird dies auch noch durch ein Gesetz leichter gemacht. Das ist absolut nicht in Ordnung und nicht förderlich für die Demokratie.

Wir haben deswegen auch einen Antrag eingebracht, um diesen Enteignungspara­graphen zu streichen. Das war ein gemeinsamer Antrag aller Oppositionsparteien. Da dieses Gesetz einer Zweidrittelmehrheit bedarf, denke ich, hätten wir durchaus einen Verhandlungsspielraum gehabt. Wir haben mit diesem Antrag die Bürgerinitiativen auch ganz massiv unterstützt. Die Bürgerinitiativen haben ganz große Hoffnung gehabt, dass wir mit diesem gemeinsamen Antrag hier Druck aufbauen können und in Richtung Regierungsparteien auch etwas herausverhandeln können, ähnlich wie das beim Ökostromgesetz der Fall war. Da haben wir sehr viel durchbringen können, indem wir nicht nachgegeben haben.

Ich verstehe überhaupt nicht, wieso die FPÖ jetzt der Regierungsvorlage, dem Regie­rungsgesetz zustimmt und somit gegen ihren eigenen Antrag, unseren gemeinsamen Antrag stimmt. Ich halte das für eine besonders miese Art der Politik, wenn man hier mit einem gemeinsamen Antrag den Bürgerinitiativen, den Betroffenen Unterstützung vortäuscht, die große Hoffnung in uns alle gesetzt haben, und dann, wofür auch immer – ich weiß nicht, wofür, denn ich kann nicht sehen, dass Inhaltliches aus diesem Gesetz herausverhandelt wurde –, dieses Vertrauen hinterhältigst missbraucht und umfällt und diesen Bürgerinitiativen einen Bärendienst erweist. Das finde ich wirklich verwerflich. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden deswegen diesem Gesetz nicht zustimmen. Zusätzliche Gasinfrastruktur ist sicher nicht im öffentlichen Interesse Österreichs. Öffentliches Interesse gibt es an der Energiewende, an der Reduktion der Klimabilanz. Ich verstehe diesen Umgang mit Bürge­rinnen und Bürgern überhaupt nicht. Ich denke, wir sollten engagierte Bürgerinnen und Bürger stärken, vor allem wenn sie sich für Umweltangelegenheiten einsetzen, denn die brauchen wir ganz dringend, weil das Umweltengagement in der Regierung, wie wir es heute auch in der Budgetrede gehört haben, leider nicht sehr groß ist. Deswegen gibt es keine Zustimmung von den Grünen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


17.59.08

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Was der Herr Präsident Minister Mitterlehner und Minister Berlakovich sicher gerne mitteilen wird, was Ihre letzte Anmerkung betrifft.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieses Gaswirtschaftsgesetz ist die inner­staatliche Umsetzung eines europarechtlich sehr wichtigen Gesetzes, die Umsetzung des dritten Binnenmarktpaketes Energie. In Sachen Strom haben wir das bereits getan, in Sachen Gas tun wir es jetzt, etwas später als beabsichtigt.


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Beleidigt sein, Frau Kollegin Brunner, ist keine politische Kategorie, Sie sind es. Es ist den Verhandlern gelungen, die Freiheitlichen an Bord zu holen. (Abg. Mag. Brunner: Ich bin nicht beleidigt!)  Doch, Sie haben ausführlich zum Ausdruck gebracht, dass Sie es sind, weil Sie an sich das Gesetz für gut halten, aber leider doch nicht aus­reichend hofiert wurden.Sei’s drum, es geht um die Sache. Die Bürger und Bürge­rinnen, die Sie mehrfach zitiert haben, die profitieren von diesem Gesetz, das wissen Sie ganz genau. Sie bekommen ein Recht auf Gasversorgung. Sie bekommen die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen mit Rechtsanspruch den Versorger zu wech­seln. Also die Bürger und Bürgerinnen profitieren. Sie bekommen auch faire Gaspreise, weil die Verwirklichung dieses Gesetzes natürlich nicht nur zu mehr Binnenmarkt führt, sondern auch zu etwas mehr Wettbewerb, und das ist gut so. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wo ist ein Wettbewerb beim russischen Erdgas?)

Es werden auch konkrete Sanktionen vorgesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Diskriminierungsverbot, das letztlich dadurch mit Zähnen besetzt wird, dass bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes an Sanktion verhängt werden können.

Und was das Thema Enteignung betrifft – und damit auch den Hintergrund, warum es doch einige Monate gedauert hat, Herr Kollege Katzian, bevor das Hohe Haus hier mit einer Zweidrittelmehrheit beschlussfähig ist –, da haben wir es uns alle nicht einfach gemacht, da haben wir die Rechte der Bürger und Bürgerinnen mindestens genauso sehr beachtet wie Sie, Frau Kollegin Brunner. (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber wo ist der Wettbewerb, Herr Kollege?) – Ich würde gerne auf Ihre Zwischenrufe antworten, aber ich höre sie nicht und verstehe sie deswegen auch nicht. Sie sagen es mir dann nachher.

So gesehen also: Enteignung ist etwas, womit man sehr, sehr behutsam umgehen muss – ganz am Schluss, vorher muss man alle anderen Möglichkeiten ausloten. Das ist jetzt vorgesehen. So gesehen wird auch in diesem Punkt das Interesse der Bürger und Bürgerinnen voll berücksichtigt.

Ein gutes Gesetz für den Binnenmarkt, ein gutes Gesetz für die Gasversorger (Abg. Mag. Brunner: Für die Gasversorger, genau!), für die Gasverbraucher und damit für dieses Land. (Beifall bei der ÖVP.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


18.01.44

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sehen das naturgemäß etwas anders. Es ist kein gutes Gesetz, und ich werde auch versuchen, dies in aller Kürze zu begründen. Es ist überhaupt sympto­matisch, dass heute eine Reihe von wichtigen Umweltgesetzen – das Gaswirtschafts­gesetz, das Emissionszertifikategesetz, das Klimaschutzgesetz – oder auch im Konsu­men­tenbereich das Telekomgesetz durchgepeitscht werden, weil die Regierung ganz genau weiß, die Berichterstattung findet heute nur über das Budget statt. Das ist typisch, und da gibt es bei vielen Gesetzen einen billigen Jakob, und dieser billige Jakob ist in diesem Fall die FPÖ.

Denn eines muss ich schon sagen, Herr Minister: Wenn Sie in einer APA-Aussendung vom 29. September 2011 wie folgt zitiert werden: „Das bisher von der Opposition blockierte neue GWG könne im Herbst beschlossen werden, man sei dazu mit FPÖ und BZÖ im Gespräch, mit der Zustimmung der Grünen rechne er aber nicht, so der Minister“, dann haben Sie da vollkommen recht. Wir hätten die Chance gehabt, ein gutes Gesetz zu machen, nur: Mit uns hat keiner gesprochen, weil Sie genau wussten,


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dass das in einem Abtausch, in einem Kuhhandel mit der FPÖ, was es auch immer sei, billig hergeht. Und ich werde die FPÖ jetzt ein bisschen vorführen, was sie da eigentlich angestellt hat.

Denn natürlich gibt es Verbesserungen in Teilbereichen: Lieferantenwechsel in drei Wochen – das haben auch wir gefordert –, es gibt eine Höchstpreisregelung bei der Abschaltung et cetera, es gibt die Entflechtung – das Unbundling – Leitungsbetrei­ber/Gasversorger, auch nicht schlecht. Aber, und ich komme zurück auf die Punkte, die wichtig sind, die wir von der Opposition auch gemeinsam schon mitgetragen haben oder gemeinsam im Parlament beschlossen haben: Elektronischer Anbieterwechsel – wir haben das gemeinsam mit einem Entschließungsantrag hier im Parlament am 7. Juli beschlossen, im Energiebereich und im Gasbereich. Wo ist die Umsetzung? (Beifall beim BZÖ.)

Nächster Punkt: Enteignung. Für internationale Gaskonzerne Bauern zu enteignen, entgegen einer Stellungnahme der Landwirtschaftskammer – das schaue ich mir an, wie das der Bauernbund aushält. Das schaue ich mir wirklich an, denn das findet statt! Es geht nämlich darum, dass die E-Control zwar den Bescheid ausstellt, aber – hört, hört! – die Beurteilung, ob öffentliches Interesse vorliegt, macht die E-Control nicht mehr. Das ist abzuleiten aus den bestehenden Gasplänen, aus der langfristigen Pla­nung und den Netzwerkentwicklungsplänen, die die Gasversorger sich selbst schrei­ben. Also die Gasversorger genehmigen sich selbst das öffentliche Interesse! – Das ist strikt abzulehnen.

Biomethan, Einspeiseregelung: Man findet nichts. Wir wissen genau, dass Biomethan, Biogas Zukunft hat, dass man das unterstützen muss, fördern sollte. Auch die Land­wirtschaft will das. Und wie ich höre, ist es ja daran gescheitert, dass die SPÖ sich da massiv quergelegt hat. Ich frage mich überhaupt: Wer hat für die SPÖ verhandelt? War es der Energiesprecher oder war es federführend gar die OMV? Ist es gar eine Lex OMV, die wir hier beschließen, und eigentlich kein Gaswirtschaftsgesetz, das Wett­bewerb und Konsumentenrechte stärken sollte?

Auch das Bekenntnis gegen neue Transitleitungen haben wir gemeinsam beschlossen, mit einem Entschließungsantrag der Oppositionsparteien vom 17. November 2010. Da steht drinnen, der Bau zusätzlicher neuer Erdgasleitungen liegt nicht im öffentlichen Interesse – das hat die FPÖ mitgetragen –, und Enteignungen für Gasleitungen sind nicht mehr zeitgemäß – auch das hat die FPÖ mitgetragen.

Ja wo ist jetzt die FPÖ für die Konsumenten? Wo ist die FPÖ für Kleinbauern? Wo ist sie jetzt? – Sie ist nicht mehr da. Sie hat sich umweltpolitisch abgemeldet. Norbert Hofer ist nicht da, und damit fehlt bei dieser FPÖ auch der Sachverstand dafür, etwas Gescheites für den Umweltschutz zu beschließen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher bringe ich abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Natio­nalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem nachstehende Maß­nahmen umgesetzt werden“ – die vier Punkte, die wir in der Opposition gemeinsam besprochen und beschlossen haben –:

„Online-Wechsel des Energielieferanten im Strom- und Gasbereich


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zwingend unabhängige Prüfung des öffentlichen Interesses im Einzelfall durch die Regulierungsbehörde“ – nicht nur Bescheid ausstellen, auch beurteilen ist der Kern­punkt! –

„Keine neuen Fernleitungsanlagen in und durch Österreich“ – das ist etwas für die Bauern, wo sich auch die Landwirtschaftskammer unserer Kritik anschließt, wo ihr die Bauern jetzt endgültig verraten habt auf diesem Sektor, liebe Freunde von der ÖVP –

„bevorzugter Netzzugang und Durchleitungsrecht für Erzeuger von Biomethan“

*****

Daher ist in Summe dieser Antrag einmal zu unterstützen – da bin ich dann gespannt auf das Abstimmungsverhalten der FPÖ –, aber in Summe das Gesetz letztlich abzulehnen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


18.06.19

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich verstehe die Aufgeregtheit des Kollegen Widmann jetzt nicht, wenn er sagt, das wird hier irgendwie durchgepeitscht und durchgetrommelt.

Wir haben Ende November des vergangenen Jahres das ElWOG 2010 hier im Hohen Haus beschlossen und haben damit einen großen Bereich des dritten Binnenmarkt­paketes erledigt, nämlich den Elektrizitätsbereich. Und wir haben gleichzeitig – ich wiederhole es noch einmal – im November 2010 einen Entschließungsantrag zum Gaswirtschaftsgesetz mit der Absicht beschlossen, diesen in Bälde auch umzusetzen.

Jetzt haben wir mittlerweile Oktober und es ist nicht gelungen, diesen Ent­schließungs­antrag innerhalb kurzer Frist umzusetzen – aber das zeigt ja eigentlich, dass das Gesetz nicht irgendwie durchgepeitscht wurde, sondern dass wir uns auch ausreichend Zeit für die Diskussion und für die Auseinandersetzung genommen haben. Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass wir heute, nachdem wirklich sehr viele intensive Diskussionen im Ausschuss selbst und auch am Rande und zwischen den Fraktionen stattgefunden haben, dieses Gaswirtschaftsgesetz vorlegen und, wie ich hoffe, auch beschließen können.

Wie beim ElWOG haben wir auch beim Gaswirtschaftsgesetz die europäischen Vor­gaben für unsere Verhältnisse, also für die österreichische Situation, übersetzt und so ausgestaltet, dass bewährte Strukturen nicht mutwillig zerschlagen werden und dass sich die Rahmenbedingungen an gesamtgesellschaftlichen Maßstäben orientieren.

Auf der einen Seite schaffen wir mit der fortschreitenden Entflechtung ein neues Markt­modell mit der Folge von mehr Wettbewerb, was ja immer wieder von allen auch gefordert und begrüßt wurde, und auf der anderen Seite gibt es einen Schwerpunkt für die Bedürfnisse jener Gaskundinnen und -kunden, die sowieso Schwierigkeiten haben, die Gasrechnung zu bezahlen. Das heißt, wir haben uns auch bemüht, entsprechende Aspekte und Maßnahmen gegen die Energiearmut einzubringen, so wie wir das auch schon seinerzeit beim ElWOG gemacht haben.

Es hat länger gedauert und, ja, einer der Punkte, der Knackpunkte, war die ganze Thematik des Leitungsbaus beziehungsweise der Enteignung für den Leitungsbau. Ich meine, dass das, was jetzt vorliegt – und ich werde dann auch noch einen ent­sprechenden Entschließungsantrag einbringen –, eine sinnvolle Lösung ist. Und die Lösung sieht so aus – und ich glaube, das muss man schon präzisieren –, dass die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 184

Begründung des öffentlichen Interesses nur dann vorliegt, wenn die Leitung in dem von der E-Control genehmigten Netzentwicklungsplan enthalten ist und der Regulator das öffentliche Interesse per Bescheid festgestellt hat. Damit ist die Grundlage dafür geschaffen, dass es zu Enteignungen nicht leichtfertig kommt und dass das nicht leichtfertig zum Tragen kommt.

Ich denke, das war auch das, was wir im Ausschuss diskutiert haben, und das war auch die Zielsetzung: Weg mit der Leichtfertigkeit! Es hat die Sorge gegeben, dass man da relativ locker-flockig drüberfahren kann (Abg. Dr. Pirklhuber: Nicht „flockig“, sondern mit der Holzhammer-Methode! Das ist der Unterschied!), und mit diesen Maß­nahmen, die hier jetzt vorgeschlagen werden, sollte das in dieser Art und Weise nicht der Fall sein.

Meine Damen und Herren, der internationale Gasmarkt ist stark in Bewegung. (Abg. Dr. Pirklhuber: Nichts! Das ist ein Monopolmarkt! So schaut ’s aus!) Neue Liefer­quellen, neue Lieferwege, neue Technologien werden diskutiert. Mit dem vorliegenden Gesetz setzen wir jedenfalls den Grundstein dafür, dass wir für künftige Veränderun­gen des Erdgasmarktes gerüstet sind.

Wir haben innerhalb eines Jahres mit dem ElWOG, mit dem Ökostromgesetz und mit dem Gaswirtschaftsgesetz relevante rechtliche Rahmenbedingungen erneuert bezie­hungsweise neu geschaffen und damit wichtige Parameter für eine künftige Energie­versorgung festgelegt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 1081 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gastwirtschaftsgesetz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preistransparenzgesetz geändert werden.

*****

Dieser Abänderungsantrag beinhaltet zum einen eine redaktionelle Anpassung, zum anderen das von mir erläuterte Thema der Enteignung, und er beinhaltet auch eine Veränderung gegenüber dem Ursprungsantrag, was die Terminläufe betrifft, weil natürlich durch die lange Verzögerung, die die intensiven Diskussionen und Verhand­lungen notwendig gemacht haben, die ursprünglich eingeplanten Termine nicht einhalt­bar sind. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zunächst, Kolleginnen und Kollegen, stelle ich fest, dass der zuvor von Herrn Abgeordnetem Mag. Widmann eingebrachte Entschließungs­antrag mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 185

betreffend Maßnahmen für ein nachhaltiges, verbraucherfreundliches und Eigentums­rechte schützendes Gaswirtschaftsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 11: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1081 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preistransparenzgesetz geändert werden (1128 dB) in der Sitzung des Nationalrates vom 19. Oktober 2011

Neben einigen seitens des BZÖ schon mittels Antrag vor zwei Jahren geforderten, im Detail aber zuwenig weitgehenden Maßnahmen im Sinne der Verbraucher dient dieses Gesetz in erster Linie ganz klar dazu, dem weiteren Ausbau des Gasnetzes Vorschub zu leisten und geht damit in die diametral entgegen gesetzte Richtung einer Politik "Weg von fossilen Energieträgern!"

Damit wird die Abhängigkeit von Erdgas nicht nur nicht reduziert sondern noch ausge­weitet.

Dies kommt unter anderem durch die entsprechenden Enteignungsmöglichkeiten bei Vorliegen eines "öffentlichen Interesses" zum Ausdruck, die durch einen Abänderungs­antrag nur vermeintlich entschärft werden.

So ist zwar seitens der e-control künftig das öffentliche Interesse durch Bescheid festzustellen. Der diesbezügliche Handlungs- und Entscheidungsspielraum der Re­gulie­rungs­behörde ist jedoch ein massiv endenwollender, zumal ebenso im Gesetz klar vorgegeben wird, was jedenfalls ein öffentliches Interesse darstellt. So liegt laut dem geplanten § 145 Abs. 1 GWG ein öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn die Erdgasleitungsanlage in der langfristigen Planung bzw. im Netzentwicklungsplan vor­gesehen ist oder aber die Errichtung der Anlage zur Erreichung der in diesem Gesetz festgeschriebenen Zielbestimmungen erforderlich ist.

Dazu kommt, dass die von den Gasversorgungsunternehmen ernannten Marktgebiets- bzw. Verteilergebietsmanager den Netzentwicklungsplan bzw. die langfristige Planung selbst erstellen.

Damit legt die Gaswirtschaft selbst indirekt fest, was im öffentlichen Interesse ist und ermöglicht damit die Enteignungen!

Aus diesem Grund ist es, wie dies neben vielen anderen auch die Landwirtschafts­kammer gefordert hat, unabdingbar, dass eine unabhängige Prüfung des öffentlichen Interesses im Einzelfall durch die Genehmigungsbehörde zwingend vorgeschrieben wird.

Und die Landwirtschaftskammer erklärt in ihrer Stellungnahme zum Gesetz auch unmissverständlich, warum dies erforderlich ist:

"Das öffentliche Interesse damit zu erklären, dass eine Erdgasleitungsanlage in der langfristigen Planung bzw. in Entwicklungsplan vorgesehen ist oder den Zielsetzungen dieses Gesetzes entspricht, ist KEINESFALLS ausreichend." 

Im Bereich des Anbieterwechsels am Energiemarkt gibt es nach wie vor große unaus­genützte Einsparungspotentiale für die Energiekonsumenten.

Ein wesentlicher Schritt zu einer weiteren Belebung des Marktes und zur Stärkung des Wettbewerbs würde in der Ermöglichung des elektronischen Anbieterwechsels liegen.

Den Energiekunden sollte es dadurch möglich sein, ihren Energielieferanten über das Internet zu wechseln.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 186

Dieser Online-Wechsel würde eine weitere Vereinfachung und Verkürzung des Liefe­rantenwechselprozesses bewirken.

Derzeit muss der Kunde, um seinen Energielieferanten zu wechseln, den Energieliefer­vertrag in Papierform unterschreiben und diesen dem neuen Lieferanten für die weitere Durchführung des Wechselprozesses übermitteln.

Mit der weitestgehenden Automatisierung des Lieferantenwechselprozesses auf Basis der von der Verrechnungsstelle zu betreibenden Wechselplattform kann der gesamte Wechselprozess zukünftig auf elektronischer Basis (online) erfolgen.

Mit dieser Maßnahme könnte die Anbieterwechselrate massiv erhöht werden und damit das derzeit bestehende Einsparungspotential im Strom- und Gasbereich von bis zu 200 Euro auch tatsächlich besser und einfacher ausgenützt werden.

Trotz einer auf Initiative des BZÖ am 7. Juli 2011 erfolgten Beschlussfassung einer Entschließung mit der Aufforderung an die Bundesregierung, dem Nationalrat ehest­möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem ein Online-Wechsel des Energie­lieferanten im Strom- und Gasbereich ermöglicht wird, ist bis dato seitens der Bun­desregierung noch nichts geschehen.

Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht - nicht zuletzt im Sinne der sukzessiven Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern - unabdingbar, für Erzeuger von Biomethan einen bevorzugten Netzzugang sowie entsprechende Durchleitungs­rechte analog zu den Regelungen im Deutschen EnWG sicherzustellen.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem nachstehende Maßnahmen umgesetzt werden:

Online-Wechsel des Energielieferanten im Strom- und Gasbereich

zwingend unabhängige Prüfung des öffentlichen Interesses im Einzelfall durch die Regulierungsbehörde

Keine neuen Fernleitungsanlagen in und durch Österreich

bevorzugter Netzzugang und Durchleitungsrecht für Erzeuger von Biomethan"

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der von Herrn Abgeordnetem Katzian eingebrachte Antrag steht ebenfalls mit in Verhandlung. Er ist so umfangreich, dass er kopiert und zur Verteilung gebracht wird.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Wolfgang Katzian, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 1081 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz und das Preis­transparenzgesetz geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 187

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird geändert wie folgt:

1. In Art. 1 wird in § 7 Abs. 1 Z 67 nach der Wortfolge „gemäß § 85“ die Wortfolge „im Verteilernetz“ angefügt.

2. In Art. 1 wird in § 62 Abs. 1 Z 30 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 31 angefügt:

„31. die Abgleichung der zur Ein- bzw. Ausspeisung von Netzbenutzern nominierten Energiemengen mit der korrespondierenden Nominierung von Netzbenutzern bei vor- und nachgelagerten Fernleitungsnetzbetreibern.“

3. In Art. 1 lautet § 63 Abs. 4:

„(4) Ziel des Netzentwicklungsplans ist es insbesondere,

1. der Deckung der Nachfrage an Leitungskapazitäten zur Versorgung der Endver­braucher unter Berücksichtigung von Notfallszenarien,

2. der Erzielung eines hohen Maßes an Verfügbarkeit der Leitungskapazität (Ver­sorgungssicherheit der Infrastruktur),

3. der Deckung der Transporterfordernisse sowie

4. der Pflicht zur Erfüllung des Infrastrukturstandards gemäß Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 im Marktgebiet

nachzukommen.“

4. In Art. 1 wird in § 64 Abs. 3 die Wortfolge „§ 59 Abs. 3 bis 6“ durch die Wortfolge „§ 63 Abs. 3 bis Abs. 6“ ersetzt.

5. In Art. 1 lautet § 81 Abs. 1 letzter Satz:

„Aktuelle oder erwartete erhebliche Effekte bei der Mengenentwicklung sowie struk­turelle Entwicklungen mit Auswirkungen auf den Erdgasmarkt, können sowohl bei der Mengen- als auch bei der Leistungskomponente sowie bei der Anzahl der Zählpunkte berücksichtigt werden.“

6. In Art. 1 wird in § 85 Abs. 1 nach der Wortfolge „für die Ausgleichsenergie“ die Wortfolge „im Verteilernetz“ angefügt.

7. In Art. 1 lautet § 85 Abs. 5:

„§ 85. (5) Nach erfolgter Harmonisierung der Ausgleichsregeln in Fernleitungs- und Verteilernetz, entsprechend der Verordnung gemäß § 41 Abs. 4, haben die Verrech­nungsstelle für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie im betref­fenden Verteilernetzgebiet, der Marktgebietsmanager und der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, durch gemeinsame technische und organisatorische Maßnahmen so­wie durch Kooperation ein System der Ausgleichsenergiebewirtschaftung im Markt­gebiet zu gewährleisten.“

8. In Art. 1 lautet § 86 Abs. 1 Z 2:

„2. für das Verteilernetz, für das die Konzession beantragt wird, kein Konzessionsträger vorhanden ist;“

9. In Art. 1 wird in § 86 Abs. 1 Z 6 nach dem Wort „Unternehmens“ das Wort „sowie“ eingefügt.

10. In Art. 1 lautet § 87 Abs. 4 Z 3 und Z 4:


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„3. die Entgelte für Ausgleichsenergie zu berechnen und den im Verteilernetz tätigen Bilanzgruppenverantwortlichen sowie Verteilernetzbetreibern (§ 58 Abs. 1 Z 12) zu verrechnen;

4. besondere Maßnahmen zu ergreifen, wenn keine Angebote für Ausgleichsenergie für das Verteilernetz vorliegen;“

11. In Art. 1 lautet der dritte Satz in § 89:

„Die Grundsätze der Kostenermittlung gemäß § 79 und § 80 sind sinngemäß anzuwenden.“

12. In Art. 1 lautet § 92 Abs. 2 Z 4:

„4. die Verpflichtung der Vertragspartner zur Einhaltung der Marktregeln gewährleistet ist;“

13. In Art. 1 lautet § 94 Abs. 4:

„(4) Die Genehmigung erlischt, wenn über das Vermögen des Bilanzgruppenverant­wortlichen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wird.“

14. In Art. 1 wird in § 102 Abs. 4 nach der Wortfolge „neu zu erstellen“ die Wortfolge „, soweit dies zur Erfüllung der Vorschriften dieses Gesetzes erforderlich ist“ eingefügt.

15. In Art. 1 entfällt in § 121 Abs. 3 die Wortfolge „Erdgashändler und sonstige“.

16. In Art. 1 wird in § 124 Abs. 1 letzter Satz nach dem Wort „KSchG“ die Wortfolge „und Kleinunternehmen“ eingefügt.

17. In Art. 1 lautet § 127 Abs. 4:

„(4) Versorger haben dem Kunden spätestens sechs Wochen nach Vollziehung des Versorgerwechsels oder nach Vertragsbeendigung die Rechnung zu legen.“

18. In Art. 1 wird in § 130 Abs. 10 die Wortfolge „10 Millionen m3“ durch die Wortfolge „30 Millionen m3“ ersetzt.

19. In Art. 1 lautet § 131 Abs. 1 Z 7:

„7. die Bedingungen für den Zugang zu Speicheranlagen, Netzpufferung und anderen Hilfsdiensten im Sinne des Art. 33 der Richtlinie 2009/73/EG;“

20. In Art. 1 lautet § 131 Abs. 2 Z 7:

„7. vom Betreiber des Virtuellen Handelspunktes: aggregierte Handelsvolumina der Waren- und Terminbörsen, auf denen mit Erdgas gehandelt wird (Transaktionsdaten und Marktkonzentrationsdaten jeweils getrennt nach Kauf und Verkauf);“

21. In Art. 1 werden in § 135 Abs. 1 Z 4 das Wort „sowie“ durch einen Strichpunkt, in § 135 Abs. 1 Z 5 der Punkt durch das Wort „sowie“ ersetzt und folgende Z 6 angefügt:

„6. die Abwärme bei der Verdichtung von Erdgas im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß einem Nutzungskonzept zugeführt wird.“

22. In Art. 1 lautet § 145 Abs. 1:

„§ 145. (1) Eine Enteignung durch die Entziehung oder die Beschränkung von Grund­eigentum oder Rechten ist zulässig, wenn dies für die Errichtung der Fern- oder Verteilerleitung erforderlich und im öffentlichen Interesse gelegen ist. Das öffentliche Interesse ist den betroffenen Grundstückseigentümern zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu begründen. Ein öffentliches Interesse liegt jedenfalls dann vor, wenn die Erdgas­leitungsanlage in der langfristigen Planung bzw. im Netzentwicklungsplan vorgesehen


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ist. Diesfalls ist das öffentliche Interesse von der Regulierungsbehörde im Bescheid festzustellen. Bei Erdgasleitungsanlagen, die nicht Gegenstand der langfristigen Pla­nung bzw. des Netzentwicklungsplans sind, liegt ein öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn die Errichtung dieser Anlage zur Erreichung der Zielsetzungen dieses Bundesgesetzes, insbesondere der in § 4, § 22 und § 63 umschriebenen Ziele, erforderlich ist. Für Erdgasleitungsanlagen mit einem Druckbereich bis einschließlich 0,6 MPa können private Grundstücke nur enteignet werden, wenn öffentliches Gut in dem betreffenden Gebiet nicht zur Verfügung steht oder die Benützung öffentlichen Gutes dem Erdgasunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen nicht zugemutet werden kann.“

23. In Art. 1 wird nach § 159 Abs. 1 Z 4 folgende Z 5 angefügt:

„5. bewirkt, dass die in § 123 Abs. 1 festgesetzte Wechselfrist nicht eingehalten wird.“

24. In Art. 1 lautet § 159 Abs. 2 Z 21:

„21. seiner Verpflichtung aus der gemäß § 131 Abs. 2 und 3 erlassenen Verordnung nicht nachkommt;“

25. In Art. 1 lautet § 165 Abs. 1:

„§ 165. (1) Nicht nur der Netzbetreiber, das Speicherunternehmen oder der Betreiber des Virtuellen Handelspunktes begeht die Geldbußentatbestände des § 164 Abs. 1 und 2, sondern auch jedes Unternehmen, das den Betreiber oder das Unternehmen zur Ausführung bestimmt oder sonst zur Ausführung beiträgt.“

26. In Art. 1 lautet § 166 Abs. 1:

„§ 166. (1) Handelt es sich um einen Netzbetreiber, ein Speicherunternehmen oder den Betreiber des Virtuellen Handelspunktes, der bzw. das Bestandteil eines vertikal integrierten Erdgasunternehmens ist, ist die Geldbuße vom Jahresumsatz des vertikal integrierten Erdgasunternehmens zu berechnen.“

27. In Art. 1 lautet § 170 Abs. 5:

„(5) Systemnutzungsentgelte gemäß §§ 69 ff können frühestens mit Wirksamkeit 1. Jänner 2013 in Kraft gesetzt werden. Ermittlungsverfahren gemäß §§ 69 ff können ab Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eingeleitet werden. Die Bestimmung von System­nutzungsentgelten vor dem 1. Jänner 2013 erfolgt gemäß § 12f, § 23 bis § 23b, § 23d und § 31h Abs. 5 GWG, BGBl. I Nr. 121/2000, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 45/2009, durch die Regulierungskommission nach Befassung des Regulie­rungsbeirats gemäß § 19 E-ControlG. § 70 Abs. 2 erster Satz ist in diesen Verfahren anzuwenden. Die Bestimmung von Entgelten für grenzüberschreitende Transporte vor dem 1. Jänner 2013 erfolgt gemäß § 31h Abs. 1 bis Abs. 4 GWG, BGBl. I Nr. 121/2000, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 45/2009, mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Energie-Control Kommission die Regulierungsbehörde tritt.“

28. In Art. 1 wird in § 170 Abs. 7 und Abs. 11 die Wortfolge „1. Oktober 2012“ durch die Wortfolge „1. Jänner 2013“ ersetzt.

29. In Art. 1 lautet § 170 Abs. 8:

„(8) Konzessionen der Bilanzgruppenkoordinatoren auf Basis der §§ 33 ff GWG, BGBl. I Nr. 121/2000, gehen in Konzessionen gemäß § 85 für das betreffende Verteiler­netzgebiet über.“

30. In Art. 1 lautet § 170 Abs. 16 letzter Satz:

„Die Frist des § 114 Abs. 1 Z 2 kommt bei Unternehmen, die zu einem späteren Zeitpunkt die Eigenschaften des § 7 Abs. 1 Z 20 erfüllen, nur für Bestellungen von


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Personen der Unternehmensleitung zur Anwendung, die nach der Zertifizierung des Fernleitungsnetzbetreibers erfolgen.“

31. In Art. 1 wird in § 170 Abs. 19 das Zitat „§ 14“ durch das Zitat „§ 13“ ersetzt.

32. In Art. 1 wird nach § 170 Abs. 23 folgender Abs. 24 angefügt:

„(24) Kommerzielle Hub-Dienstleistungen und die damit verbundenen Handels­geschäfte aufgrund zum 1.1.2013 bestehender Verträge sind auf den Virtuellen Handelspunkt als Erfüllungsort im entsprechenden Marktgebiet zu übertragen und beim Betreiber des Virtuellen Handelspunktes entsprechend zu nominieren.“

33. In Art. 1 lautet der Schlusssatz der Anlage 2:

„Das PVS 1 umfasst jene Leitungsteile im Sinne von § 7 Abs. 1 Z 15 der OMV Gas GmbH, die Verbindung mit dem slowakischen Netz herstellen oder die Erdgas­leitungs­anlagen in der Station Baumgarten miteinander verbinden, um eine zusammenhän­gende Entry/Exit-Zone im Marktgebiet zu gewährleisten, sofern sie nicht der TAG oder WAG zugeordnet sind.“

34. In Art. 1 wird in der Anlage 3 folgende Z 22 angefügt:

„22. Tauerngasleitung GmbH“

35. In Art. 2 lautet die Z 2:

„2. § 5 Abs. 4 lautet:

„(4) Die im ÖSG, mit Ausnahme des § 6 und § 9, im ÖSG 2012, mit Ausnahme des § 6, § 10 Abs. 1 und § 11, im Preistransparenzgesetz, im Energielenkungsgesetz 1982, mit Ausnahme des § 20i und § 20j, im KWK-Gesetz, in § 69 ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2008, in § 92 ElWOG 2010 und in § 147 GWG 2011 der E-Control übertragenen Aufgaben werden von der E-Control unter der Leitung und nach den Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend besorgt.““

36. In Art. 2 wird nach Z 4 folgende Z 4a eingefügt:

„4a. In § 19 Abs. 2 Z 1 wird die Wortfolge „Allgemeinen Bedingungen für die Betreiber von Übertragungs- und Verteilernetzen“ durch die Wortfolge „Allgemeinen Bedingun­gen des Netzzugangs“ ersetzt.“

37. In Art. 2 lautet die Novellierungsanordnung in Z 8:

„8. § 21 Abs. 5 lautet:“

38. In Art. 2 Z 10 lautet der erste Satz in § 25 Abs. 1 Z 2:

„2. Wenn gemäß § 28 ElWOG 2010 bzw. § 112 GWG 2011 ein unabhängiger Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber oder Übertragungs- bzw. Fernleitungs­netzbetreiber gemäß § 33 ElWOG 2010 bzw. § 117 GWG 2011 benannt wurde:“

39. In Art. 2 lautet die Z 14:

„14. § 44 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; als Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Bis zum Inkrafttreten von Systemnutzungsentgelten gemäß § 72 GWG 2011 ist hinsichtlich der Finanzierung der den Erdgasmarkt betreffenden Tätigkeit der E-Control § 6 E-RBG, BGBl. I Nr. 121/2000, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 106/2006, anzuwenden. Das Finanzierungsentgelt für das Geschäftsjahr 2011 kann von der E-Control ab dem 3. März 2011 in Rechnung gestellt werden.““

40. In Art. 3 lautet die Promulgationsklausel:


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„Das Preistransparenzgesetz, BGBl. Nr. 761/1992, zuletzt geändert durch das Bun­desgesetz BGBl. I Nr. 54/2011, wird wie folgt geändert:“

41. In Art. 3 Z 5 wird die Wortfolge „BGBl. I Nr. xxx/2009“ durch die Wortfolge „BGBl. I Nr. xxx/2011“ ersetzt.

Begründung:

Zu den Z 1, 6, 8, 10:

Mit diesen Änderungen wird klargestellt, dass sich die Tätigkeit der Verrechnungsstelle auf das Verteilergebiet bezieht.

Zu Z 2 und 32:

Um das Ziel der Novelle des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, die Bündelung der Liqui­dität am Virtuellen Handelspunkt, zu erreichen, sollen kommerzielle Hub-Dienstleis­tungen und die damit verbundenen Handelsgeschäfte inklusive dem Handel am ITAB (Integrated Trading Area Baumgarten) auf den Virtuellen Handelspunkt verlagert werden. Durch die entsprechende Bündelung der Handelsaktivitäten am künftig einzigen Erfüllungsort Virtueller Handelspunkt soll die Liquidität maximiert werden. Diese Bestimmungen stellen eine Rechtsgrundlage dar, um diese Überführung und Liquiditätskonzentration zu gewährleisten.

Zu den Z 3 bis 5, 9, 11 bis 13, 15, 16, 19, 20, 25, 26, 31, 36 bis 38, 40 und 41:

Die vorgesehenen Änderungen beabsichtigen Berichtigungen von sprachlichen Formulierungen oder von Zitaten.

Zu Z 7:

Durch die Änderung wird für die Unternehmen Rechtssicherheit und damit Inves­titionssicherheit geschaffen sowie ein effizientes zwischen den Betroffenen abge­stimmtes Marktmodell bereitgestellt. Die entsprechende Formulierung im Gesetzestext fordert, dass die kommerziell und technisch bedingten unterschiedlichen Ausgleichs- und Verrechnungsmechanismen bestmöglich harmonisiert und technisch koordiniert werden und den Bedürfnissen der Marktteilnehmer im Fernleitungsnetz und im Verteilernetz Rechnung getragen wird.

Zu Z 14:

Analog zur Formulierung des zweiten Satzes wird hier die Wendung ergänzt, dass Änderungen der Allgemeinen Bedingungen auf Wunsch der Regulierungsbehörde nur erfolgen müssen, soweit die Änderungen zur Erfüllung der Vorschriften des GWG erforderlich sind.

Zu Z 17:

Die Pflicht des Netzbetreibers, im Falle eines Versorgerwechsels eine Abrechnung zu machen, wurde gestrichen, da sich am Vertragsverhältnis zwischen Netzbenutzer und Netzbetreiber durch einen Versorgerwechsel nichts ändert.

Zu Z 18:

Zur Vermeidung von zu umfangreichen Dokumentationsaufwendungen wird die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Biogas erst ab einer jährlichen Menge von 30 Mio. Kubikmeter festgelegt.

Zu Z 21:

Im Sinne einer Verbesserung einer für die Konsumenten kostenoptimalen Energie­effizienz soll die bei der Verdichtung von Erdgas entstandene Abwärme einem


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Nutzungskonzept zugeführt werden, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll und zumutbar ist.

Zu Z 22:

Nunmehr soll vorgesehen werden, dass von einer Enteignung betroffene Grund­eigentümer zum frühestmöglichen Zeitpunkt über das Vorliegen eines öffentlichen Interesses, welches auch zu begründen ist, informiert werden. Die Regulierungs­behörde hat im Zuge der bescheidlichen Genehmigung der langfristigen Planung bzw. der Netzentwicklungsplanung festzustellen, ob ein öffentliches Interesse an der Errichtung von Leitungsanlagen besteht.

Zu den Z 23 und 24:

Hier wird eine Ergänzung von fehlenden Strafbestimmungen vorgenommen.

Zu den Z 27 und 28:

In § 170 Abs. 5 wurde neben sprachlichen Klarstellungen festgelegt, dass das Tarifverfahren für 2012 noch als Verordnungsverfahren zu Ende geführt werden kann. Ein Umstieg auf die neuen Verfahrensregeln im Herbst würde eine Tarifnovelle zum Jahreswechsel, wie das im Anreizregulierungssystem vorgesehen ist, aufgrund der Fristigkeiten unmöglich machen. Damit zusammenhängend erfolgt die Umstellung einheitlich mit 1. Jänner 2013. Die betroffenen Organisationen haben nach besten Kräften den Umstellungstermin gemäß § 170 Abs. 5, Abs. 7 und Abs. 11 einzuhalten.

Zu Z 29:

Der bisher im letzten Halbsatz des § 170 Abs. 8 gewählte Begriff der „organi­satorischen Zusammenlegung der Funktionen“ ist nicht hinreichend definiert. Dies entzieht den genannten Institutionen die Rechtssicherheit. Bei der Harmonisierung gemäß § 41 Abs. 4 in Verbindung mit § 85 Abs. 5 soll die effiziente und sichere Versorgung der Endkunden mit Erdgas im Vordergrund stehen.

Zu Z 30:

Es wird klargestellt, dass die Ausnahme nur für „nachträgliche“ Fernleitungs­netz­betreiber gilt.

Zu Z 33:

Der Hinweis auf § 7 Abs. 1 Z 15 schließt Messstationen ein. Die Definition soll ermög­lichen, Messstationen, die der Ableitung in das PVS 2 dienen, in Analogie zu Anlage 1 Z 15 dem PVS 2 zuzurechnen.

Zu Z 34:

Da die Tauerngasleitung GmbH nunmehr über einen rechtskräftigen Genehmigungs­bescheid über die Ausübung der Tätigkeit eines Fernleitungsunternehmens besitzt, ist sie in die Anlage 3 aufzunehmen.

Zu Z 35:

Es erfolgt ua. eine Anpassung an die Bestimmungen des neuen Ökostromgesetzes 2012, des neuen GWG 2011 und des Preistransparenzgesetzes. So sind etwa die Zuständigkeiten der E-Control betreffend Herkunftsnachweise für Ökostrom regula­torischer Natur, weshalb ihre explizite Ausnahme im Energie-Control-Gesetz notwendig ist. Für die regulatorischen Aufgaben der Regulierungsbehörde ist die Einhebung eines Finanzierungsentgelts durch die E-Control gemäß § 31 Abs. 1 bis Abs. 5 E-ControlG vorgesehen, wogegen für die bei Inkrafttreten des E-ControlG vorgenommenen Tätigkeiten im allgemeinen öffentlichen Interesse (§ 32 Abs. 6) vom Bundesminister für


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Wirtschaft, Familie und Jugend der Finanzierungsbeitrag in Form der Überlassung der Stammeinlage gemäß § 5 E-RBG erfolgt.

Zu Z 39:

Bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen im GWG 2011 wird diese Übergangs­bestimmung zur Aufrechterhaltung der Finanzierung der Regulierungsbehörde geschaffen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es wird auch noch ein weiterer Antrag großen Umfangs eingebracht werden, er wird ebenfalls kopiert und zur Verteilung gebracht.

Es ist aber nicht möglich, am Ende der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes zur Abstimmung zu kommen, weil das Croquis verändert werden muss. Auch der nächste Tagesordnungspunkt wird ein erhöhtes Quorum erfordern.

Ich verlege daher die Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11 sowie die Abstimmung über den nächsten Tagesordnungspunkt 12 an das Ende der Debatte und Abstimmung der Tagesordnungspunkte 13 bis 15.

*****

Wir gehen in der Verhandlung weiter.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.12.18

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Widmann und Frau Kollegin Brunner, Sie haben hier selber gesagt, dass sich einige Punkte sehr wohl zum Guten verändert, also verbessert haben. Wenn Sie heute Verbesserungen generell im Bereich der erneuerbaren Energien haben wollen, dann wird das Gaswirtschaftsgesetz alleine nicht ausreichen.

Wir haben ja bereits vor zwei Jahren in einem eigenen Antrag gefordert, endlich auch einmal das Ökostromgesetz auf absolut neue Beine zu stellen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Brunner und Mag. Widmann.) – Ja selbstverständlich! Das können Sie nachlesen! Wir haben das genauso gefordert. Sie haben Ihren Antrag übrigens nach uns eingebracht.

Wir haben also damals schon gefordert, das Ökostromgesetz endlich einmal auf aktuell neue Beine zu stellen (Abg. Mag. Brunner: Warum haben Sie es dann abgelehnt?), generell neu zu gestalten, ähnlich und laut Vorlage des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes, weil wir auch der Meinung sind, dass erneuerbare Energien nicht nur dazu führen, dass wir schneller energieautark werden können, sondern dass sie natürlich auch die zusätzliche Chance von neuen Arbeitsplätzen bringen. (Abg. Mag. Brunner: Diese Rede hätten Sie beim Ökostromgesetz halten sollen!) Ich habe schon damals darauf hingewiesen, dass in den ersten drei, vier Jahren seit Inkraft­treten des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes über 200 000 neue Arbeits­plätze entstanden sind. Aber dazu jetzt das Gaswirtschaftsgesetz herzunehmen, ist zu wenig.

Und der Punkt, den unser Herr Kollege Norbert Hofer mit ausverhandelt hat und wo es bei uns auch in den letzten Wochen immer wieder gekrankt hat, war natürlich der sogenannte Enteignungsparagraph. Es wurde Ihnen vom Kollegen Katzian ja erklärt,


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inwieweit dieser Enteignungsparagraph verschärft wurde. Wenn Sie hier heute so tun wollen, als ob die E-Control am Gängelband der Versorger hängen würde, dann erinnere ich nur an die jährlichen Berichte der E-Control, die sehr scharf kritisiert, wenn gewisse Dinge falsch liegen. Aber zu diesem Enteignungsparagraphen wird mein Kollege Jury dann noch etwas sagen.

Wir haben uns aufgrund dessen, dass sich gewisse Dinge auch in unserem Sinne verbessert haben, entschieden, diesem Antrag heute hier unsere Zustimmung zu geben, was aber nichts daran ändert, dass wir natürlich weiterhin fordern, das Öko­stromgesetz endlich auf neue Beine zu stellen. (Abg. Mag. Brunner: Das haben wir bereits!) Da hoffe ich, dass das demnächst der Fall sein wird und nicht allzu lange Zeit, so wie bisher, in Anspruch nehmen wird.

Aber ich möchte auch nicht versäumen, mich bei meinem Kollegen Ing. Norbert Hofer – Sie kennen ihn sehr gut, und er ist als Fachmann in vielen Bereichen der erneuerbaren Energien über alle Parteigrenzen hinweg anerkannt – einmal dafür zu bedanken, dass er diese Verhandlungen geführt hat, und ich möchte ihm, weil er schon seit längerer Zeit an einer sehr schweren Krankheit leidet, von dieser Stelle aus auch von unserem Klub die herzlichsten Wünsche für seine Genesung zum Ausdruck bringen und ihm gute Besserung wünschen, und ich hoffe, dass er bald wieder unter uns weilt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von BZÖ und ÖVP.)

18.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


18.15.22

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute das Gaswirtschaftsgesetz zur Beschlussfassung vorliegen haben. Es ist hier angemerkt worden, wir würden das durchpeitschen. Es hat jemand vor mir schon gesagt, dass das nicht der Fall ist, und ich kann das nur bestätigen. Nachdem wir das am 23. März 2011 im Ausschuss beschlossen haben, war genügend Zeit, das zu diskutieren, und das ist in den letzten Wochen und Monaten auch geschehen.

Es gibt mehrere Gründe, warum wir dieses Gesetz umsetzen sollten. Der eine ist ein formaler Grund: dass wir eben das dritte EU-Binnenmarkt-Energieliberalisie­rungs­pro­gramm haben, das im Wesentlichen auch vorsieht, im Gasbereich entsprechende Liberalisierungsschritte vorzunehmen. Das ist der formale Hintergrund, wobei eben der Zeitfaktor der ist, dass wir das an sich schon im März hätten haben sollen. Die Umsetzung im Rahmen der anderen Staaten ist durchaus ähnlich wie bei uns, muss man sagen, denn nur neun Staaten haben es bis jetzt umgesetzt, und die anderen sind jetzt alle – auch wir – ersucht worden, darzustellen, was es mit der Umsetzung auf sich hat, ansonsten werde die EU ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

Das wird einigen von Ihnen egal sein, aber es gibt auch schöne und wichtige inhaltliche Hintergründe. Der eine ist der, dass bekanntermaßen – und darum verstehe ich die Position der Grünen nicht – Deutschland aus dem Bereich Atomenergie aussteigt und dass eindeutige Gutachten und Einschätzungen vorliegen, die beinhalten, dass wir mit erneuerbarer Energie allein und mit Energieeffizienz die Versorgungssicherheit in Europa nicht sicherstellen können, sondern dass das Erdgas eine ganz wichtige Brücken­technologie sein wird. (Abg. Mag. Brunner: Das habe ich ja gesagt!) Ja, und für diese Brückentechnologie braucht man, so wie für den Strom, auch entsprechende Leitungen und Netze. Das versteht sich an sich von selbst, sonst wäre es ja wertlos.


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Dass Österreich da eine Art Energiedrehscheibe sein könnte, insbesondere was die Abdeckung des Weges nach Deutschland anbelangt, ist eine zweite Angelegenheit in diesem Zusammenhang. Dass wir aber darüber hinaus wesentlich das Unbundling forcieren, die Verbraucherrechte forcieren, ist schon ein Rückschluss auf das dritte wichtige Ziel, und das heißt einfach mehr Wettbewerb.

Sie alle haben teilweise in Aussendungen bekrittelt, dass die Preisentwicklung nicht so ist, wie sie hätte sein können, nämlich auf mehr Wettbewerb ausgerichtet, und damit nach unten führend und nicht nach oben. Wir haben das genauso gesehen. Wenn ich das aber entwickeln möchte, brauche ich dazu die entsprechenden Rahmenbedin­gungen. Und diese Rahmenbedingungen haben wir.

Da möchte ich, um das ein bisschen zu entspannen, auch etwas sagen zu dem, was jetzt das BZÖ angesprochen hat betreffend die Verbraucherrechte: Was ich oder wir zusagen, das halten wir auch ein. Daher haben wir jetzt, was den Lieferantenwechsel anbelangt, wesentlich bessere Bedingungen, so ähnlich wie beim ElWOG. In Zukunft werden es drei Wochen sein, vorher waren es sechs bis acht Wochen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Widmann.– Ich komme gleich zur Elektronik. – Das heißt, für einen Haushalt gibt es Einsparungsmöglichkeiten von bis zu 170 €. Das ist in Zeiten wie diesen ein ganz wichtiger Faktor.

Jetzt, Kollege Widmann, kommen wir zum elektronischen Anbieterwechsel. Wir brauchen dazu eine entsprechende elektronische Datenplattform. Da sind wir gerade dabei, das abzuklären, auch mit der E-Control, und es gibt noch Probleme – das gilt für den ElWOG-Bereich und für den Gasbereich; wir möchten sinnvollerweise beides gemeinsam machen – bei der Identifikation der elektronischen Signatur. Die werden wir aber demnächst gelöst haben. Dann werden wir das gemeinsam einbringen und, so wie wir das auch versprochen haben, wahrscheinlich noch in diesen Monaten umset­zen können. Also das, was zugesagt worden ist, wird 1 : 1 und auch entsprechend Ihrem Entschließungsantrag, den Sie erwähnt haben, eingehalten.

In dem Zusammenhang haben wir auch ein paar andere Dinge geregelt, die Sie manchmal auch moniert haben. So gibt es zum Beispiel für schutzbedürftige Kunden eine Höchstpreisregelung. Es gibt, was die Definition schutzbedürftiger Kunde anlangt, die Regelung, dass auch Kleinunternehmer einbezogen werden können, was diesen nützt. Während früher für Sicherstellungen, Vorauszahlungen drei Raten ver­langt werden konnten, gibt es jetzt eine Rate. Also die Ausrichtung erfolgt stärker und besser in Richtung Kundeninteresse und auch Kundeninformation. So wie beim ElWOG haben wir auch in dem Bereich den gesetzlichen Tarifkalkulator.

Ich glaube, der zweite und vielleicht wichtigste Punkt ist die Entflechtung. Wir haben im Wesentlichen die eigentumsrechtliche Entflechtung als Grundmodell, den unabhän­gigen Netzbetreiber, den unabhängigen Fernleitungsnetzbetreiber. Ob das jetzt das ISO- oder das ITO-System ist, möchte ich aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht im Detail erläutern, aber im Endeffekt erfolgt eine Entflechtung zwischen Erzeuger und Anbieter. Dadurch wird ebenfalls im Interesse von uns allen mehr Wettbewerb ermög­licht.

Es gibt auch, was die Verteilernetzbetreiber anlangt, eine entsprechende Entflechtung.

Was den Gashandel anlangt – das ist noch nicht erwähnt worden –, so erfolgt die Einführung des sogenannten Entry-Exit-Marktmodells. Das ist wesentlich besser. Früher hat nur derjenige gesamtverrechnet, der auch über die Leitungskapazitäten verfügt hat, jetzt wird es im Unterschied dazu einen ungehinderten Gashandel im gesamten Netz und damit auch für andere Anbieter geben. Das klingt unspektakulär, ist aber im Detail irrsinnig wichtig.


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Auch bei den Tarifen hat es bisher keinen entsprechenden Rechtsschutz gegeben, auch das System betreffend. Jetzt haben wir einen Instanzenzug und bessere Rechts­schutzmöglichkeiten.

Wir haben beim Netzausbau ähnlich wie beim ElWOG eine Festschreibung, was die Anreize anlangt, und auch einen Netzentwicklungsplan vorgesehen. Da kommt jetzt der Punkt, der jetzt gerade von Herrn Kollegen Katzian erwähnt worden ist, nämlich im Zusammenhang mit der Enteignung. Es macht ja alles keinen Sinn, wenn man eine Brückentechnologie braucht und auch hat, im Notfall aber nicht die entsprechenden Enteignungen im öffentlichen Interesse durchführen kann. Dass die E-Control dabei nicht nur den Bescheid erstellt und sagt: Da gibt es einen Plan – nur wirtschaftliches Interesse, und damit hat sich die Angelegenheit!, ist richtig, das stimmt. Das geschieht aber so, wie Herr Katzian vorhin gesagt hat, nämlich: Es wird umfassend bewertet, und die Einbeziehung erfolgt schon bei der Planerstellung. Ich habe volles Vertrauen in die E-Control und nicht in jene, die Interesse an eventuell anderen Entscheidungen haben. Ich zweifle nicht daran, dass hier objektiv entschieden wird. So viel Vertrauen zu einer bewährten Einrichtung kann man, glaube ich, durchaus haben.

Meines Erachtens ist das ein wirklich gutes Gesetz. Und ganz ehrlich gesagt, Herr Widmann, die Verbesserungen, die Sie beispielsweise in Bezug auf die Gaseinspei­sung angeregt haben, sind nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende Faktor ist doch, Kundeninteressen in den Mittelpunkt zu rücken, mehr Wettbewerb und ge­sicherte Netzausbaupläne zu haben. Wenn man weiß, was die EU-Kommission diesbezüglich sagt, dann möchte man doch ganz klare Sicherheiten haben. Wir werden sorgfältig damit umgehen, weil wir auch die Bürgerrechte einbeziehen müssen. Also im Endeffekt, glaube ich, werden wir sorgsam und umfassend abgesichert vorgehen.

In diesem Zusammenhang darf ich mich bei Kollegem Hofer – er ist bereits ange­sprochen worden – bedanken. Er hat wie schon bei mehreren Energiegesetzen absolut besten Sachverstand eingebracht. Ich bedanke mich bei ihm und auch ausdrücklich bei der Freiheitlichen Partei. Wir haben eine richtungsweisende Ent­scheidung getroffen, die den Kunden in Österreich nutzen wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


18.23.50

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben einen langen Prozess bezüglich der Entwicklung dieses Gaswirtschaftsgesetzes hinter uns. Es ist das jetzt an und für sich – das ist schon erwähnt worden – die Umsetzung des dritten EU-Energie­binnenmarktpaketes. Damit kommen wir einem wesentlichen Teil unserer Verpflichtung zum Aufbau eines wettbewerblich organisierten Elektrizitäts- und Energiebinnen­mark­tes nach.

Ich denke, dass das ein ganz, ganz wichtiger Schritt ist für den Wirtschaftsstandort Österreich, denn wir stärken mit diesem Gaswirtschaftsgesetz vor allem den Wettbewerb am Gasmarkt und bauen gleichzeitig die Kundenrechte aus. Auch das ist heute schon erwähnt worden. Wir erhöhen – und das ist in Zeiten wie diesen sehr wichtig, der Winter steht ja vor der Tür – damit die Versorgungssicherheit durch optimale Rahmenbedingungen für Investitionen und schaffen auch die Basis für die Einführung von Smart Meters. Damit, meine Damen und Herren, sind wir optimal am Puls der Zeit, wenn wir – wenn auch ein wenig verspätet, aber doch noch rechtzeitig – ein wichtiges Gesetz im Energiebereich umsetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 197

Ich möchte mich ebenfalls – gerade die Verhandlungen in der letzten Zeit haben das aufgezeigt – bei den Kollegen Katzian und Hofer dafür bedanken, dass wir gemeinsam eine Lösung gefunden haben, die die Versorgungssicherheit Österreichs erhöht, die mehr Wettbewerb durch die Entflechtung zulässt und die vor allem eines schafft: Mit diesem Gaswirtschaftsgesetz kann man mehr Wettbewerb schaffen und somit niedri­gere Gaspreise erzielen.

Herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Minister! Sie sind auf einem sehr guten Weg, und ich kann nur sagen: Weiter so! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


18.25.42

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Vor der Beschlussfassung dieses Gaswirtschafts­gesetzes möchte auch ich noch einmal unserem Verhandlungsteilnehmer Ing. Norbert Hofer recht herzlich danken. Er hat vor allem bei den Leitungsdurchgängen die Rechte der Grundeigentümer eingefordert. Ich glaube, durch die Zwischenschaltung der E-Control sind die Rechte der Grundeigentümer besser positioniert worden und ist das öffentliche Interesse nicht mehr so einfach durchzusetzen.

Man spricht von Gaswirtschaft, von öffentlichem Interesse, und natürlich ist auch der Klimaschutz ein öffentliches Interesse, aber in diesem Zusammenhang muss man sehen, dass das oberste Gebot zunächst einmal die Versorgungssicherheit ist. In einem zweiten Schritt, Herr Minister, sollte man danach trachten, dass Österreich beim Gas nicht nur Transitland wird. Es sollte daher in einem nächsten Schritt diese international eigentlich völlig unübliche Befreiung von Verbrauchsabgaben beim Gas­transport geändert werden. Das wäre ein Schritt in die Richtung, dass man Infrastruktur zur Verfügung stellt, für diese Infrastruktur aber auch entlohnt werden will. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre vor allem im ländlichen Gebiet und für unsere Bauern ein zusätzliches Argument dafür, auch einen positiven Teil zur Versorgungssicherheit Österreichs beizutragen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

18.28

18.28.11

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Ich bringe in Erinnerung, dass die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt, ebenso über den Tagesordnungspunkt 12, nach Behandlung der Tagesord­nungs­punkte 13 bis15 erfolgen wird.

18.28.1712. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungs­vorlage (317 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbrin­gung von Dienstleistungen (Dienstleistungsgesetz – DLG) und ein Bundesgesetz über das internetgestützte Behördenkooperationssystem IMI (IMI-Gesetz) erlas­sen, das Preisauszeichnungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Allge­meine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert und einige Bundesgesetze aufgehoben werden (523 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht gewünscht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 198

Die Debatte wird eingeleitet von Herrn Abgeordnetem Themessl. – Bitte.

 


18.29.02

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich relativ kurz fassen. Wir haben dieses Dienstleistungsgesetz bereits im Dezember 2009 im Wirtschaftsausschuss verhandelt und damals dort abgelehnt. Ich gehe vielleicht noch einmal auf die wichtigsten Punkte ein.

Ziel dieses Dienstleistungsgesetzes seitens der EU ist es, einen echten Binnenmarkt für Dienstleistungen zu schaffen. Im Vordergrund stehen Verwaltungsvereinfachungen für ausländische Dienstleistungserbringer und Regeln für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden.

Die Regierung verspricht seit langem, dass sie die österreichischen Dienstnehmer endlich von Verwaltungsaufgaben befreien oder diese zumindest erleichtern will. Ver­waltungsvereinfachungen für Klein- und Mittelbetriebe sind seit Jahren nicht in Sicht. Sie wissen, was für die Verwaltung seitens der Betriebe aufgewendet werden muss, und die Tendenz ist nach wie vor steigend.

Der zweite und wichtigste Grund war eigentlich der, dass wir gesagt haben, durch die Tatsache, dass wir an die Ostländer, an die neuen EU-Mitgliedsländer, ehemaligen Ostblockstaaten, speziell im Osten Österreichs, grenzen, ist davon auszugehen, dass es zu Sozialdumping kommt, dass es zu Lohndumping kommt, wovor man die heimische Industrie und die heimischen Betriebe schützen muss. In der Zwischenzeit, im Mai dieses Jahres, ist der Arbeitsmarkt für diese Ostländer geöffnet worden, es hat sich aber an der Situation nichts geändert. Es ist so, dass die Lohn- und Sozialun­terschiede zwischen Österreich und den angrenzenden Oststaaten nach wie vor eklatant sind und unsere Befürchtungen nach wie vor im Raum stehen. Das ist eigentlich neben allen anderen Kritikpunkten, die wir schon im Dezember vorgebracht haben, der Hauptkritikpunkt dafür, dass wir dieses Gesetz ablehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


18.30.59

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, man sollte jetzt nicht die Probleme sehen, sondern die Chancen, die sich durch diese neue Dienstleistungs­richtlinie ergeben. Wir alle wissen, dass ein wettbewerbsfähiger Dienstleistungsmarkt auch entscheidend ist für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Mehr als 15 Jahre nach der angepeilten Vollendung des europäischen Binnenmarktes bestehen aller­dings immer noch zahlreiche Hürden, gerade im Bereich der Dienstleistungen. Ins­besondere unsere klein- und mittelständischen Unternehmen sehen sich vielfach solchen bürokratischen Barrieren und Diskriminierungen ausgesetzt, die sie daran hindern, ihre Leistungen in anderen EU-Ländern zu erbringen und uneingeschränkt Nutzen aus diesem Binnenmarkt zu ziehen.

Ich denke, wenn wir heute diese Dienstleistungsrichtlinie beschließen, dann sind wir einem funktionierenden Dienstleistungsbinnenmarkt wieder einen Schritt näher. Mit dieser Dienstleistungsrichtlinie eröffnen wir den heimischen KMUs große Chancen und erleichtern damit natürlich auch ihre Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Gerade die österreichischen Unternehmen sind es ja, die stark exportorientiert sind. Unser Know-how ist weltweit gefragt. Wenn wir in Europa mit der Umsetzung dieser Dienstleistungsrichtlinie ein weiteres Chancentor öffnen, dann kommt diese Maßnahme


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 199

wahrscheinlich jetzt genau zum richtigen Zeitpunkt, denn wir brauchen mehr Europa und nicht weniger. Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer wissen das. In diesem Sinne ist es auch wichtig, dass wir jetzt – wir haben ja lange um diese Materie ge­rungen – aus dieser Verfassungsmaterie eine einfachgesetzliche Bestimmung machen und diese diesbezüglich verändern.

Herzstück dieser Dienstleistungsrichtlinie ist der sogenannte einheitliche Ansprech­partner, über den die Dienstleistungserbringer, auch inländische, alle erforderlichen Verfahren und Formalitäten abwickeln können.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einbringen einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Dienstleistungen (Dienstleistungsgesetz – DLG) und ein Bundesgesetz über das internetgestützte Behördenkooperationssystem IMI (IMI-Gesetz) erlassen, das Preisauszeichnungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Allgemeine Ver­wal­tungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwal­tungs­vollstreckungsgesetz 1991 geändert und einige Bundesgesetze aufgehoben werden (317 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (523 d.B.).

Einige Punkte habe ich schon erwähnt und möchte nur noch kurz die Eckpunkte erläutern:

Wir verändern Verfassungsbestimmungen zu einfachgesetzlichen Bestimmungen.

Dieses Bundesgesetz dient hauptsächlich der Verwirklichung der Dienstleistungs­frei­heit im Binnenmarkt.

Mit diesem Bundesgesetz wird ein einheitlicher Ansprechpartner geschaffen.

In dieser Hinsicht ersuche ich, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Dienstleistungen (Dienstleistungsgesetz – DLG) und ein Bundes­gesetz über das internetgestützte Behördenkooperationssystem IMI (IMI-Gesetz) erlassen, das Preisauszeichnungsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Allge­meine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert und einige Bundesgesetze aufgeho­ben werden (317 d. B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (523 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Artikel 1 (Dienstleistungsgesetz – DLG) wird wie folgt geändert:

1. Der Eintrag zu § 1 im Inhaltsverzeichnis lautet:

„§ 1. Ziel“

2. § 1 samt Überschrift lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 200

„Ziel

„§ 1. Dieses Bundesgesetz dient der Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt.“

3. In § 2 wird am Ende der Punkt durch einen Beistrich ersetzt; folgender Halbsatz wird ergänzt:

„unbeschadet der Zuständigkeit der Länder.“

4. In § 5 werden die bisherigen Ziffern 5, 6, 7, 8 und 9 in Ziffern 6, 7, 8, 9 und 10 umbenannt und folgende neue Ziffer 5 eingefügt:

„5. „Einheitlicher Ansprechpartner“ das Amt der Landesregierung;“

5. § 6 Abs. 1 lautet:

„§ 6. (1) In Verfahren erster Instanz können schriftliche Anbringen beim Einheitlichen Ansprechpartner eingebracht werden, der, soweit die Zuständigkeit zur Vollziehung dem Bund zukommt, für den Landeshauptmann, soweit die Zuständigkeit zur Vollziehung den Ländern zukommt, für die Landesregierung tätig wird.“

6. § 10 Abs. 1 lautet:

„§ 10. (1) Bei der Behörde müssen die technischen Voraussetzungen im Sinne des § 13 Abs. 2 AVG vorliegen, damit Anbringen in elektronischer Form eingebracht werden können.“

7. § 15 Abs. 1 lautet:

„§ 15. (1) Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Verbindungsstelle für Angelegenheiten der unmittelbaren Bundesverwaltung der zuständige Bundesminister, für Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der Landeshauptmann, für alle anderen Angelegenheiten die Landesregierung.“

8. In § 15 Abs. 3 Z 1 wird die Wortfolge „BGBl. INr. xxxx/2009“ durch die Wortfolge „BGBl. INr. xxxx/2011“ ersetzt.

9. § 28 lautet:

„§ 28. Dieses Bundesgesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.“

10. § 29 lautet:

㤠29. Mit der Vollziehung sind betraut:

1. der jeweils zuständige Bundesminister hinsichtlich §§ 6, 7, 8 Abs. 1, 3 und 4, §§ 9 bis 13 und des 4. Abschnitts,

2. der Bundeskanzler hinsichtlich § 8 Abs. 2,

3. der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, der Bundeskanzler, der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hinsichtlich der §§ 25 und 26 und

4. der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hinsichtlich der übrigen Bestimmungen.“

Artikel 2 (IMI-Gesetz) wird wie folgt geändert:

§ 1 lautet:

„§ 1. Dieses Bundesgesetz gilt für den Datenaustausch im Rahmen der Verwal­tungszusammenarbeit nach der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl.Nr. L 255 vom 30.09.2006 S. 22, der Richtlinie 2006/123/EG


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 201

über Dienstleistungen im Binnenmarkt (im Folgenden: Dienstleistungsrichtlinie), ABl.Nr. L 376 vom 27.12.2006 S. 36, und der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl.Nr. L 18 vom 21.1.1997 S. 1, sowie für die Verwaltung von Akteuren, Nutzerinnen und Nutzern im Internal Market Information System (IMI).“

Artikel 3 (Änderung des Preisauszeichnungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. In Z 2 wird die Wortfolge „BGBl. INr. xxx/2009“ durch die Wortfolge „BGBl. INr. xxx/2011“ ersetzt.

2. Z 3 lautet:

§ 17 Abs. 8 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) § 9 Abs. 5 und § 13 Abs. 1 zweiter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2011 treten mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.“

Die Artikel 4 bis 8 lauten:

„Artikel 4

Änderung des Konsumentenschutzgesetzes

Das Konsumentenschutzgesetz, BGBl. Nr. 140/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. INr. 77/2011, wird wie folgt geändert:

1. In § 28a Abs. 1 wird der Ausdruck „und dadurch“ durch die Wendung „oder gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot auf Grund der Richtlinie 2006/123/EG über Dienst­leistungen im Binnenmarkt, ABl. Nr. L 376 vom 27. 12. 2006, S. 36, bei der Erbringung von Dienstleistungen im Binnenmarkt verstößt und dadurch jeweils“ ersetzt.

2. Dem § 41a wird folgender Abs. 27 angefügt:

„(27) § 28a Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. INr. xxx/2011 tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

„Artikel 5

Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991

Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. INr. 111/2010, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Z 2 wird die Wortfolge „Betrieb einer Unternehmung oder sonstigen dauern­den Tätigkeit“ durch die Wortfolge „Betrieb eines Unternehmens oder einer sonstigen dauernden Tätigkeit“ ersetzt.

2. In § 10 Abs. 4 wird die Wortfolge „Familienmitglieder, in § 36a Abs. 1 genannte Personen“ durch die Wortfolge „Angehörige (§ 36a)“ ersetzt.

3. In § 13 Abs. 5 entfällt die Wortfolge „durch Anschlag“.

4. § 38a Abs. 1 lautet:

„(1) Hat die Behörde dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zu Vorab­ent­scheidung nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 202

Union vorgelegt, so dürfen bis zum Einlangen der Vorabentscheidung nur solche Handlungen vorgenommen oder Entscheidungen und Verfügungen getroffen werden, die durch die Vorabentscheidung nicht beeinflusst werden können oder die die Frage nicht abschließend regeln und keinen Aufschub gestatten.“

5. In § 41 Abs. 1 wird die Wortfolge „durch Anschlag in“ durch die Wortfolge „an der Amtstafel“ ersetzt.

6. § 61a Z 3 und 4 lautet:

„3. auf die gesetzlichen Erfordernisse der Einbringung solcher Beschwerden durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt;

4. auf die für solche Beschwerden zu entrichtenden Eingabengebühren.“

7. § 81 samt Überschrift lautet:

„Vollziehung

§ 81. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.“

8. In § 82 Abs. 6 erster Satz entfällt der Ausdruck „61 Abs. 5,“.

9. Dem § 82 wird folgender Abs. 19 angefügt:

„(19) § 3 Z 2, § 10 Abs. 4, § 13 Abs. 5, § 38a Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 61a Z 3 und 4, § 81 samt Überschrift und § 82 Abs. 6 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. INr. xxx/2011 treten mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

Artikel 6

Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991

Das Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. INr. 111/2010, wird wie folgt geändert:

1. In § 19 Abs. 2 wird die Wortfolge „Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse“ durch die Wortfolge „Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten“ ersetzt.

2. In § 33 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 Z 2 wird die Wortfolge „den Vor- und Familiennamen“ jeweils durch die Wortfolge „den Vornamen und den Familiennamen oder Nachnamen“ ersetzt.

3. In § 33 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 Z 2 wird das Wort „Familienstand“ jeweils durch das Wort „Personenstand“ ersetzt.

4. In § 33 Abs. 1 wird die Wortfolge „Vermögens-, Einkommens- und Familienver­hältnisse“ durch die Wortfolge „Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten“ ersetzt.

5. In § 36 Abs. 3 wird die Wortfolge „eine in § 36a Abs. 1 AVG genannte Person“ durch die Wortfolge „einen Angehörigen (§ 36a AVG)“ ersetzt.

6. In § 36 Abs. 4 wird die Wortfolge „in § 36a Abs. 1 genannten Personen“ durch die Wortfolge „Angehörigen (§ 36a AVG)“ ersetzt.

7. In § 46 Abs. 2 wird die Wortfolge „Vor- und Familiennamen sowie Wohnort“ durch die Wortfolge „den Vornamen und den Familiennamen oder Nachnamen sowie den Wohnort“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 203

8. In § 48 Abs. 1 Z 2 wird die Wortfolge „der Vor- und Familienname“ durch die Wortfolge „der Vorname und der Familienname oder Nachname“ ersetzt.

9. In § 51a Abs. 1 wird die Wortfolge„seine Familie“ durch das Wort „Personen“ ersetzt.

10. In § 54 Abs. 3 wird die Wortfolge „des Bundesministers für Inneres“ durch die Wortfolge „der Zivildienstserviceagentur“ ersetzt.

11. In § 54a Abs. 1 Z 2 wird das Wort „Familienangelegenheiten“ durch die Wortfolge „Angelegenheiten, die Angehörige (§ 36a AVG) betreffen,“ ersetzt.

12. Dem § 66b wird folgender Abs. 17 angefügt:

„(17) § 19 Abs. 2, § 33 Abs. 1, § 36 Abs. 3 und 4, § 44 Abs. 1 Z 2, § 46 Abs. 2, § 48 Abs. 1 Z 2, § 51a Abs. 1, § 54 Abs. 3 und § 54a Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. INr. xxx/2011 treten mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

Artikel 7

Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. INr. 3/2008, wird wie folgt geändert:

1. In § 2 Abs. 2 wird die Wortfolge „notdürftige Unterhalt“ durch die Wortfolge „not­wendige Unterhalt“ ersetzt.

2. Dem § 10 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind ferner die §§ 51 bis 51i VStG und, soweit sich aus dem VStG nicht anderes ergibt, die für dieses Verfahren geltenden Bestimmungen des AVG anzuwenden.“

3. § 10 Abs. 3 zweiter Satz lautet:

„Sie geht

1. in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung an die Sicherheitsdirektion,

2. in einer sonstigen Angelegenheit der Bundesverwaltung an den Landeshauptmann und

3. in einer Angelegenheit der Landesverwaltung an die Landesregierung,

4. im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen jedoch an den unabhängigen Ver­wal­tungssenat (§ 51 VStG).“

4. Die Überschrift vor § 12 wird durch folgende Paragraphenüberschrift ersetzt:

„Besondere Zwangsbefugnisse“

5. Dem § 13 wird folgende Paragraphenüberschrift vorangestellt:

„Inkrafttreten“

6. In § 13 Abs. 1 wird nach dem Wort „zweiter“ die Wortfolge „und dritter“ eingefügt.

7. Dem § 13 wird folgender Abs. 5 angefügt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 204

„(5) § 2 Abs. 2, § 10 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 3 zweiter Satz, die Überschrift zu § 12, die Überschrift zu § 13, § 13 Abs. 1 und § 14 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. INr. xxx/2011 treten mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

8. § 14 samt Überschrift lautet:

„Vollziehung

§ 14. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.“

Artikel 8

Aufhebung einiger Bundesgesetze

(1) Soweit sie noch in Geltung stehen, werden folgende Bundesgesetze aufgehoben:

1. Bundesgesetz vom 4. Februar 1948 über die Erhöhung der Geldstrafen im Ver­waltungsstrafrecht, BGBl. Nr. 50/1948;

2. Bundesgesetz vom 1. Feber 1961 über die Hemmung des Fristenablaufes durch Samstage und den Karfreitag, BGBl. Nr. 37/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 189/1963;

3. Bundesgesetz vom 27. Jänner 1968, mit dem das Allgemeine Verwaltungs­verfahrensgesetz hinsichtlich der Verwaltungsabgaben geändert wird, BGBl. Nr. 45/1968, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 413/1988;

4. Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufs durch den 31. Dezember 1999, BGBl. INr. 186/1999;

5. Bundesgesetz über die Hemmung des Fristenablaufes durch den 31. Dezember 2001, BGBl. INr. 64/2001.

(2) Es treten außer Kraft:

1. das in Abs. 1 Z 3 genannte Bundesgesetz mit Ablauf des 31. Dezember 2013;

2. die sonstigen in Abs. 1 genannten Bundesgesetze mit Ablauf des 31. Dezember 2011.““

Begründung:

Zu Artikel 1 (Dienstleistungsgesetz):

Die Regierungsvorlage sah in Art. 1 § 1 eine Kompetenzdeckungsklausel vor. Da die dafür erforderliche Verfassungsmehrheit nicht erzielt werden konnte, soll das DLG nunmehr als einfaches Bundesgesetz beschlossen werden. Die vorgeschlagenen Änderungen ergeben sich aus dem Wegfall der Kompetenzdeckungsklausel und sind technischer Natur. Der Erlass paralleler Landesgesetze ist erforderlich.

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis) und Z 2 (§ 1):

Anstelle der ursprünglich vorgesehenen Kompetenzdeckungsklausel in § 1 wird eine allgemeine Zielbestimmung eingefügt, um die Nummerierung in weiterer Folge aufrecht erhalten zu können. So bedarf es auch einer entsprechenden Änderung des Eintrags im Inhaltsverzeichnis.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 205

Zu Z 3 (§ 2):

Die Hinzufügung einer sogenannten salvatorischen Klausel als Halbsatz zu § 2 dient der Klarstellung, dass in den Kompetenzbereich der Länder durch dieses Bundes­gesetz nicht eingegriffen wird.

Zu Z 4 (§ 5 Z 5):

Diese Begriffsbestimmung ist keine „Einrichtungsnorm“, diese ist mangels Kompetenz durch Wegfall der Verfassungsbestimmung im jeweiligen Landesrecht vorzusehen. Sie dient daher lediglich der Klarstellung und dem besseren Verständnis, da der Begriff „Einheitliche Ansprechpartner“ in weiterer Folge mehrfach verwendet wird.

Zu Z 5 (§ 6 Abs. 1):

Durch den Entfall der ursprünglich vorgesehenen Kompetenzdeckungsklausel in § 1 ist der Bundesgesetzgeber kompetenzrechtlich nicht mehr befugt, das Amt der Landesregierung als Einheitlichen Ansprechpartner einzurichten. Dies wäre ein verfassungsmäßig unzulässiger Eingriff in die Organisationshoheit der Länder. Daher erfolgt lediglich eine Übertragung von Aufgaben an den durch Landesrecht einzu­richtenden Einheitlichen Ansprechpartner beim Amt der Landesregierung, der, soweit die Zuständigkeit zur Vollziehung dem Bund zukommt, für den Landeshauptmann, soweit die Zuständigkeit zur Vollziehung den Ländern zukommt, für die Landes­regie­rung tätig wird.

Zu Z 6 (§ 10 Abs. 1):

Die hier ursprünglich erfolgte Erwähnung des Einheitlichen Ansprechpartners muss mangels Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers entfallen.

Zu Z 7 (§ 15 Abs. 1):

Durch den Entfall der Kompetenzdeckungsklausel können nur noch Materien geregelt werden, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung dem Bund zukommt. Daher ist § 15 Abs. 1 entsprechend zu ändern. Es ist erforderlich, dass die Länder für die Materien, in denen ihnen die Kompetenz zukommt, ebenfalls Verbindungsstellen ein­richten.

Zu Z 8 (§ 15 Abs. 3 Z 1), Z 9 (§ 28) und Z 10 (§ 29):

Die Änderungen sind legistische Anpassungen aufgrund des zeitlichen Ablaufs seit der Einbringung der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage in den Nationalrat.

Zu Artikel 2 (IMI-Gesetz):

Mittlerweile wird IMI auch für die Verwaltungszusammenarbeit nach der Entsen­derichtlinie verwendet. Daher ist § 1 IMI-G dahingehend zu ändern, dass das IMI-G auch für die Verwaltungszusammenarbeit nach der Entsenderichtlinie gilt und IMI damit auch für die Verwaltungszusammenarbeit nach der Entsenderichtlinie verwendet werden kann.

Zu Artikel 3 (Änderung des Preisauszeichnungsgesetzes):

Die Änderungen sind legistische Anpassungen aufgrund des zeitlichen Ablaufs seit der Einbringung der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage in den Nationalrat.

Zu Artikel 4 (Änderung des Konsumentenschutzgesetzes):

Durch die hier vorgeschlagene Neufassung von Art. 4 wird auf die zwischenzeitlich in Kraft getretenen Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes Bedacht genommen.

Zu Artikel 5 (Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991):


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 206

Zu den Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung des Gesetzentwurfs ist Folgendes zu bemerken:

Zu Z 2 (§ 10 Abs. 4):

Durch das Bundesgesetz BGBl. INr. 135/2009, mit welchem ua. das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz erlassen wurde, wurde der eingetragene Partner in den Kreis der Angehörigen einbezogen (vgl. § 36a Abs. 1 Z 6 und Abs. 3 AVG). Der Verweis in § 10 Abs. 4 AVG auf die „in § 36a Abs. 1 genannte Personen“ berücksichtigt § 36a Abs. 3 erster Satz AVG (wonach Abs. 1 Z 3 auch für den eingetragenen Partner sinngemäß gilt) nur unzureichend; § 10 Abs. 4 AVG ist daher entsprechend anzupassen.

Zu Z 3 (§ 13 Abs. 5) und Z 5 (§ 41 Abs. 1):

Nach der derzeitigen Fassung der maßgeblichen Bestimmungen des AVG könnte fraglich sein, ob rechtserhebliche Kundmachungen der Behörde im Verfahren auch an einer „elektronischen Amtstafel“ oder in einem „elektronischen Amtsblatt“ erfolgen können. Um die Zulässigkeit einer solchen Vorgangsweise zweifelsfrei klarzustellen, sollen die ausdrücklichen Bezugnahmen in diesen Bestimmungen auf die herkömm­liche Form der Verlautbarung „durch Anschlag“ entfallen (vgl. bereits § 22 des Ver­fassungsgerichtshofgesetzes 1953 – VfGG, BGBl. Nr. 85, in der Fassung des Art. 3 Z 2 des Bundesgesetzes BGBl. INr. 98/2010).

Zu Z 4 (§ 38a Abs. 1):

Terminologische Anpassung an den Vertrag von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, BGBl. III Nr. 132/2009 (vgl. Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Zu Artikel 6 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991):

Zu den Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung des Gesetzentwurfs ist Folgendes zu bemerken:

Zu Z 1 (§ 19 Abs. 2), Z 2 (§ 33 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 Z 2), Z 3 (§ 33 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 Z 2), Z 4 (§ 33 Abs. 1), Z 7 (§ 46 Abs. 2), Z 8 (§ 48 Abs. 1 Z 2), Z 9 (§ 51a Abs. 1) und Z 11 (§ 54a Abs. 1 Z 2):

Terminologische Anpassungen an das Bundesgesetz BGBl. INr. 135/2009, mit welchem ua. das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz erlassen wurde.

Zu Z 5 (§ 36 Abs. 3) und Z 6 (§ 36 Abs. 4):

Durch das Bundesgesetz BGBl. INr. 135/2009 wurde der eingetragene Partner in den Kreis der Angehörigen einbezogen (vgl. § 36a Abs. 1 Z 6 und Abs. 3 AVG). Die Verweise in § 36 Abs. 3 und 4 VStG auf die „in § 36a Abs. 1 AVG genannte Person“ bzw. auf die „in § 36a Abs. 1 AVG genannten Personen“ berücksichtigen § 36a Abs. 3 erster Satz AVG (wonach Abs. 1 Z 3 auch für den eingetragenen Partner sinngemäß gilt) nur unzureichend; § 36 Abs. 3 und 4 VStG ist daher entsprechend anzupassen.

Zu Artikel 7 (Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991):

Da seit dem 5. Jänner 2008 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. INr. 3/2008) geraume Zeit verstrichen ist, soll von einer rückwirkenden Änderung des § 10 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 3 zweiter Satz VVG abgesehen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 207

Zu Artikel 8 (Aufhebung einiger Bundesgesetze):

Die Außerkrafttretenstermine sind entsprechend anzupassen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


18.34.12

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Dieser Antrag hätte nicht eingebracht werden müssen, würde es mehr Glaubwürdigkeit hier im Haus seitens ÖVP und SPÖ geben, mehr Handschlagqualität, mehr Vertragstreue und würden die Unterschriften von Klubobmann Kopf und insbesondere von Klubobmann Cap etwas mehr wert sein. (Beifall bei den Grünen.)

Die Geschichte ist schnell erklärt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) – Ja, ja. Sie haben sich heute eh schon wieder genug geleistet, ich an Ihrer Stelle würde jetzt ein bisschen leiser treten.

Im letzten Quartal 2009 haben wir mit den Unterschriften der Klubobleute von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen – nicht von der FPÖ – anlässlich der Änderung der Bestim­mungen rund um das sogenannte Bankgeheimnis, bloß für ausländische Steuersünder und eigentlich große Fische – das war damals der Anlass –, um die Zweidrittelmehrheit sicherzustellen, die Vereinbarung herausverhandelt – Kollege Stummvoll ist da, er sitzt nur gerade in der letzten Reihe; es ist kein Anlass dazu, Sie müssen sich nicht genieren, die anderen halten die Unterschriften nicht ein –, dass die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mitsamt den korrespondierenden Ausgestaltungsbestim­mungen hier im Haus ein Minderheitenrecht wird. Das ist bis heute nicht gelungen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Was ist der Zusammenhang?) – Ich erkläre Ihnen den Zusammenhang gleich.

Es ist jedenfalls so, dass wir aufgrund dieses Wortbruchs, dieses Vertragsbruchs eine weitere Materie herangezogen und gesagt haben: Solange die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht Minderheitenrecht ist, so lange werden wir diesem Dienstleistungsgesetz nicht zustimmen. Man könnte in der Sache streiten, ob das gut oder schlecht ist. Auch wir hätten noch ein paar Verbesserungsvorschläge gehabt. So weit hätte es aber gar nicht kommen müssen. Dass Sie keine Zweidrittelmehrheit erreichen, hat ja bloß damit zu tun, dass FPÖ und BZÖ bei allem, wo Europa vorkommt, nicht mitstimmen.

Aber wir nehmen hier auch Haltung ein, und deshalb verachten wir es geradezu, wenn es eine derartige Haltungslosigkeit und von mir aus auch Orientierungslosigkeit auf der einen Seite bei ÖVP/Kopf und auf der anderen Seite bei SPÖ/Cap gibt. Deshalb ziehen wir das ganz nüchtern durch. Wir stimmen heute hier dagegen.

Sie treten die Flucht nach vorne an, Herr Bundesminister! Sie und Ihr Haus wissen im Übrigen ganz genau, dass das verfassungsrechtlich möglicherweise noch zu Proble­men führt. Aber sei’s drum. Ich will Ihnen das gar nicht vorhalten, Sie haben halt einen Ausweg versucht, der unter Umständen auch teuer gewesen ist. Das ist der Preis dafür, dass Sie nicht Ihr Wort halten. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden weiterhin, immer dann, wenn Sie Vereinbarungen brechen, auf diese oder eine ähnliche Weise vorgehen, weil das einfach nicht geht. Das ist unerträglich, sage ich Ihnen. Das ist jetzt eigentlich kein sachlicher Zusammenhang, Kollege Donner­bauer, da haben Sie vollkommen recht, aber es ist wichtiger, festzuhalten, dass das


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irgendetwas gelten muss, was gewählte Mandatare hier in diesem Haus ausmachen, noch dazu, wenn sie mit dem Titel „Klubobmann“ herumrennen. So geht das eben nicht!

Sie werden im Laufe des nun kommenden Untersuchungsausschusses noch merken, wie dringend notwendig es ist, zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Einsetzung eines solchen Ausschusses ein Minderheitenrecht sein soll. Wäre der öffentliche Druck – nicht der Ihres Einsehens – in den letzten Tagen nicht so gewachsen, dann wäre der Untersuchungsausschuss, dessen Einsetzung morgen Abend hier beschlos­sen werden wird, niemals in dieser Breite und in dieser Tiefe und in dieser Dichte zu organisieren gewesen. Niemals! Das ist nur möglich gewesen, weil wir und andere den öffentlichen Druck entsprechend aufgebaut haben. Aber darauf kann man sich ja nicht immer von vornherein verlassen, das müsste auch von allein gehen. Deshalb wäre es so wichtig, dass das ein Minderheitenrecht wird. Es hat sich nämlich ausgeschmiert in der Republik. Es hat sich aufgehört damit, dass man mit Leuten in den eigenen Reihen ausgestattet ist, die die „Wo woar mei Leistung?“-Gesellschaft repräsentieren.

Das alles sollte in Zukunft viel schneller und leichter verhindert werden, und das durch die prophylaktische und heilsame Wirkung von leichteren Einsetzungsmöglichkeiten für Untersuchungsausschüsse. Genau deshalb wollen Sie das verhindern, und genau deshalb klopfen wir Ihnen auf die Finger. Sie machen noch einen kleinen Umweg – und dabei wird es Sie auch noch aufstell’n. (Beifall bei den Grünen.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


18.38.52

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt habe ich nachlesen müssen, zu welchem Tagesordnungspunkt Werner Kogler gesprochen hat. Es hat sich so angehört, als wären wir in einer Debatte betreffend die Geschäftsordnung, tatsächlich debattieren wir jetzt die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie. (Abg. Mag. Kogler: Nur weil ihr so einen windigen Klubob­mann habt!)

Es hilft nur alles nichts. Im Falle der Nichtumsetzung der Dienstleistungsrichtlinie würde uns in wenigen Tagen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohen. Der Betroffene davon ist der österreichische Steuerzahler und die österreichische Steuerzahlerin, weil die Strafen, die dann anfallen, sie treffen. Jetzt haben wir schon verstanden, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie ein bisschen eine Geisel­nahme für eine Fragestellung war, die ein anderes Kapitel betrifft, nämlich die Frage der U-Ausschüsse, aber trotzdem möchte ich, Herr Präsident, zur Sache sprechen und kurz erläutern, warum wir jetzt dennoch die Geisel, nämlich dieses arme Gesetz zur Dienstleistungsrichtlinie, befreien müssen. Wir können in diesem Bereich nicht zuwar­ten und müssen daher die andere Debatte an die entsprechenden Gremien, die ohne­hin eine Geschäftsordnungsreform diskutieren, verweisen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Warum können wir ohne Verfassungsbestimmung auskommen? – Kollege Haubner hat einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Kompetenzübertragung auf den Bund aus dem Vorschlag herausnimmt. Wir erlassen damit in Wirklichkeit ein Bundesgesetz und neun Landesgesetze in der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie, womit wir basierend auf Artikel 23d Abs. 5 B‑VG in der Devolution eine einfachgesetzliche Rege­lung in der Landessache machen, die aber den Ländern keine Kompetenz wegnimmt. Diese können jederzeit jedes ihrer Gesetze in anderer Art und Weise erlassen. Damit haben wir das technisch gelöst.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 209

Zum inhaltlichen Punkt: Ich weiß gar nicht, warum unsere grünen Freunde genau dieses Gesetz ausgesucht haben. Es war ja ein schwieriges Kapitel. Ich erinnere an dessen Genese: Die Gefahr bestand, dass es mit der Dienstleistungsrichtlinie zu einer Erosion von Qualitätsstandards und Sozialstandards kommt und die Daseinsvorsorge gefährdet werden kann. Das waren die damaligen Befürchtungen, die wir alle miteinan­der geteilt haben. Es war ein intensiver politischer Kampf, vor allem auch in den Reihen des Europäischen Parlaments, um die Daseinsvorsorge zu schützen, um zu verhindern, dass mittels Dienstleistungsrichtlinie Sozialstandards umgangen werden können.

Es ist dies im Wesentlichen – soweit wir das wissen, die meisten Länder haben es ja umgesetzt – bisher auch klaglos gelungen. Wir haben nicht den polnischen Installateur, der die Preise für das Installationsgewerbe in Frankreich kaputt gemacht hat. Das trat genauso wenig ein wie der von den Kollegen von der FPÖ befürchtete Ansturm der Billigarbeiter am 1. Mai dieses Jahres, als die Siebenjahresfrist zu Ende war. Wir müssen erkennen, dass der Binnenmarkt gerade in diesem Bereich besser funktioniert, als viele Befürchtungen vermuten ließen.

Herr Kollege Themessl, wie viele Jahre erzählen Sie uns schon, dass die Löhne durch die Öffnung der Arbeitsmärkte hinuntergehen werden?! Wissen Sie, was in der Zeit passiert ist? – Die Löhne in Bratislava sind bald schon bei über 80 Prozent der Löhne in Wien! Wir erleben das Gegenteil davon. (Abg. Themessl: Und 20 Kilometer hinter Bratislava?)

Bei Magna sagen sie uns, dass sie in einen Zustand kommen, dass die Herstellung von Zubehörteilen in Österreich inzwischen günstiger ist als um die Ecke in der Slowakei! Daher steigen unsere Ausfuhren auch dort, für die Fertigung der Automobile, weil die Qualität unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kombination mit der Qualität unserer Betriebe in der Lage ist, auch noch auf so eine Lohndifferenz hin in Wirklichkeit effizienter zu arbeiten.

Daher: No fear, keine Angst, Herr Kollege! Sie können hier ohne Probleme mitstim­men. Es wird zu keiner Erosion in diesem Bereich kommen, zu keinem Ansturm irgendwelcher Handwerker, die hierherkommen. In Wirklichkeit schafft der Binnenmarkt die Chance, dass ganz Europa in wenigen Jahren unsere hohen Standards hat. Und ganz ehrlich: Das ist das, was ich mir wünsche! Ich möchte den Wohlstand und die Standards, die wir im Land haben, am liebsten in ganz Europa sehen, und das ist ein wichtiger Beitrag dazu. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


18.43.52

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Kollege Matznetter! Die Freiheit des Geldes gibt es ja bereits in Europa – es fließt nur eben vor allem in eine Richtung: hinaus in Richtung Brüssel oder in Richtung Griechenland oder in Richtung Rettungsschirm! Und es kommt manchmal sehr wenig retour.

Ich habe es heute fast als gefährliche Drohung gesehen, als die Frau Finanzminister gemeint hat, sie wird jeden Euro aus Brüssel abholen. – Die Wahrheit ist ja genau das Gegenteil: Brüssel holt jeden Euro bei uns in Österreich ab! Das wird auch, fürchte ich, mit diesem Dienstleistungsgesetz passieren, dass man in manchen Bereichen noch die letzten Arbeitsplätze in den Grenzregionen wegholt ins benachbarte Ausland,


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weil eben doch in vielen Bereichen – Stichwort Lohnkosten – das Erzeugen dort günstiger ist.

Aber grundsätzlich haben wir keine Angst vor Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU, da bin ich vollkommen bei Ihnen. Es gilt ja auch nicht für alle Bereiche; es gibt da die Banken, den Verkehr, es ist alles ausgenommen, was wichtig ist. Aber wir haben in früheren Verhandlungen – Kollege Bartenstein ist jetzt nicht hier – auch dazu beige­tragen, dass das Herkunftslandprinzip, was nämlich dann Sozialdumping bedeuten würde, aus der EU-Richtlinie herausgenommen wurde, und haben eine – unter Anfüh­rungszeichen – „gute“ Richtlinie geschaffen.

Nur: Was macht Österreich? – Die Umsetzung ist katastrophal! Sie machen ein Gesetz mit Zweidrittelmehrheit, und bei der Umsetzung brechen Sie es auf neun Landesgesetze herunter. Das ist im Prinzip vom Rechtlichen her mit Sicherheit keine gescheite Lösung. (Abg. Dr. Matznetter: Sie können zustimmen, Herr Kollege! Danke, dass Sie zustimmen!) Hätten Sie ordentlich mit uns gesprochen, dann hätten wir darüber reden können!

Es gibt jede Menge Probleme bei der Umsetzung. Ich nenne hier nur die Infor­mationspflicht des einheitlichen Ansprechpartners. In der Regel wird das die jeweilige Landesregierung sein, diese muss nämlich dem jeweiligen Antragsteller alle Infor­mationen bekannt geben. Das hat auch die Arbeiterkammer massiv kritisiert. Aber umgekehrt hinzuweisen darauf, dass es auch Informationspflichten hinsichtlich des Arbeitsrechts, hinsichtlich des Sozialrechts, hinsichtlich der Kollektivverträge gibt, das gibt es nicht, das haben wir nicht normiert. Wir tun also alles dafür, dass es den aus­ländischen Mitbewerbern gut geht, jedoch den einheimischen KMUs und Arbeits­plät­zen nicht so gut geht.

Oder § 12, Genehmigungsfiktion, da steht ein Paradoxon drin: Drei Monate Zeit für eine Genehmigung, und wenn nicht, wenn es keinen Einspruch gibt, dann ist es genehmigt! Wo gibt es denn so etwas? Ohne Auflagen, ohne Bedingungen wird es dann also genehmigt, wenn jemand bei uns ansucht, und er hat die Genehmigung. Das AVG normiert aber im Genehmigungsverfahren normalerweise die Sechsmonatsfrist. Da wundere ich mich schon, und da bin ich ganz beim Gemeindebund, wenn dieser dann sagt, es widerspricht im Prinzip fundamentalen Grundsätzen des AVG, das heißt unserer Rechtsordnung. Das beschließen Sie heute, das muss man auch einmal sagen, und das ist in Wirklichkeit eine klassische Inländerdiskriminierung.

Oder: Die Auswirkungen des Gesetzes – was Sie von der Sozialdemokratie befürch­ten – wurden nicht ordentlich untersucht. Lohndumping, Sozialdumping, Arbeitsbedin­gungen, das ist zwar im Vorblatt angeführt, aber die Studien, die man dort findet, sagen nichts darüber aus, wie es dann tatsächlich wirken wird.

In Summe haben andere Länder diese Richtlinie wesentlich restriktiver, aber sehr wohl EU-konform umgesetzt. Auch wir hätten das machen können. Dieses „Golden Plating“, immer besser als andere sein zu wollen, verstehe ich nicht ganz. Es wird daher zu Nachteilen insbesondere für KMUs in der Grenzregion kommen. Ich empfehle jedoch jedenfalls der Bundesregierung, dieses Gesetz bald zu evaluieren, um die tatsäch­lichen Vor- und Nachteile auf den Tisch zu bekommen.

In Summe wird das BZÖ diesem Gesetz keine Zustimmung erteilen. (Beifall beim BZÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Mitter­lehner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 211

18.47.22

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist die Genese dieses Gesetzes schon angesprochen worden. Sie wissen – die meisten von Ihnen wissen es, zumindest diejenigen, die schon längere Zeit herinnen sind –, dass wir im Jahr 2006 die Präsidentschaft hatten. Im Rahmen der Präsidentschaft ist es meinem Vorgänger Martin Bartenstein gelungen, dieses schwierige Thema einvernehmlich zu entwickeln und durchzubringen.

In der weiteren Umsetzung hätten wir das bis 2009, Ende 2009, umsetzen sollen. Aber ausgerechnet Österreich, das der Vorreiter war, dass wir dieses Thema durchbringen, ist in der Umsetzung säumig und jetzt auf der europäischen Ebene damit bedroht, dass ein entsprechendes Klagsverfahren der Europäischen Union zum Tragen kommt. – Das ist der eine Ansatzpunkt, der Sie (Abg. Mag. Kogler: Und der Cap zahlt es!), wie beim letzten Gesetz, wahrscheinlich wenig interessieren wird.

Aber der andere inhaltliche Aspekt, der Sie vielleicht etwas stärker berühren könnte, ist meines Erachtens wichtiger. Sie haben im Bereich der Krise 2009 gesehen, dass Europa eine Art Wachstumsschwäche entwickelt hat. Die Emerging Markets und auch die Staaten, die Teil dieser Märkte sind, haben einfach eine bessere Dynamik und ein größeres Wirtschaftswachstum.

Die EU hat einen Markt mit 550 Millionen Einwohnern, daher ist es doch logisch, dass die EU alles versucht, dort, wo es noch Hemmnisse gibt, diese Hemmnisse abzu­bauen! Da sieht man in der Befreiung des Dienstleistungsbereiches eine große Chance, und sämtliche Studien, die in dem Zusammenhang erstellt worden sind, haben eigentlich Wachstumsimpulse ergeben, etwa für die Arbeitsproduktivität eine Steigerung um 1,2 Prozent, für Investitionen 0,7 Prozent. Allein in Österreich könnten mehr als 10 000 Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn wir hier noch intensiver umsetzen würden.

Was ich nicht ganz verstehe, ist die Angst, dass man das Ganze so verfolgt, als würde das jetzt erst entstehen, und wir hätten dann einen Probelauf und eine Art Evaluierung, wo wir uns die Vor- und Nachteile anschauen könnten. Meine Damen und Herren, das Ganze funktioniert ja schon in der Praxis! Andere Länder haben schon längst umge­setzt, und wir auch, weil das Ganze ja ein Prozess ist, der interaktiv ist. Österreichische Unternehmen wollen ja im Ausland entsprechend arbeiten, daher kommt das unseren Betrieben zugute. (Abg. Themessl: Auch in der Schweiz!) Herr Kollege Themessl, auf das Stichwort Schweiz habe ich gewartet! Genau die Schweiz ist eben das Problem, weil sie nicht dabei ist.

Da Sie mir auch dauernd die Problematik mit dem Taxigewerbe vorwerfen, die den Hintergrund hat, dass es dort andere vertragsrechtliche Grundlagen gibt, die genau das erlauben, oder kein Einschreiten: Wenn Sie es genau gelesen hätten, würden Sie feststellen, dass genau das Sozialdumping und auch der arbeitsrechtliche Bereich hier ausgenommen ist. Es gibt Informationspflichten der einheitlichen Anlaufstelle, aber er ist deswegen ausgenommen, weil wir dort die Entsenderichtlinie und andere Kom­ponenten haben, wo das auch entsprechend überprüft und überwacht wird. Die Slowakei hat uns in dem Zusammenhang sogar eine Klage angedroht, weil wir jetzt die Grenzen offen haben und weil sie befürchtet, dass man da Restriktionen hätte. In der Praxis hat sich das Problem eigentlich nicht gezeigt.

Jetzt kommt der springende Punkt, noch einmal zusammengefasst: Das ist eine Chance für die österreichischen Betriebe und natürlich auch für die anderen Unternehmen, die bei uns arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.) Aber es ist keine Ge­


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fährdung, weil wir in der interaktiven Zusammenarbeit insgesamt ein höheres Potenzial an Wachstum erreichen.

Jetzt komme ich zu dem, was Herr Kogler, aber auch andere schon wortreich erwähnt haben, zuletzt zum Beispiel Herr Widmann. Ja, Herr Widmann, es ist richtig: Wir hätten, um hier eine umfassende Vorgangsweise auch rechtlich abzusichern, eine Zweidrit­telmehrheit gebraucht. Es geht weniger um die Inhalte, sondern um die sogenannte Kompetenzdeckungsklausel, was beinhaltet, dass hier die Gemeinden und die Länder einbezogen werden. Das haben wir nicht erreicht, weil Sie nicht mit­stimmen. Und die Begründung dafür ist die Angelegenheit mit dem Untersuchungs­ausschuss.

Jetzt muss ich sagen, ich habe mir vorhin teilweise die Dringliche Anfrage angehört. Da ist seitens der Frau Glawischnig argumentiert worden: Herr Bundeskanzler, wie setzen Sie Ihre Prioritäten? – Ich frage Sie jetzt zurück, grüne Abgeordnete, BZÖ, wen immer: Wie setzen Sie Ihre Prioritäten? Sie setzen sie taktisch: was Ihnen gerade nützt! Es ist schön, dass Sie beim Ökostromgesetz mitgestimmt haben. (Abg. Mag. Kogler: Sie tun den ganzen Tag nichts anderes!) Aber hat das, weil es Ihnen dazumal taktisch genützt hat, da nicht mehr gegolten?

Jetzt ziehen Sie die Karte wieder heraus und sagen: Grundlinie, wir stimmen da nicht mit! – Meine Damen und Herren, das ist unehrlich. (Zwischenrufe bei den Grünen.) In dem Zusammenhang würde ich Sie schon um eines bitten ... (Abg. Brosz: Sie werden sich wirklich noch wundern!) Bitte? (Abg. Brosz: Ich sage einmal eines: Mit euch kann man vereinbaren, was man will, es zählt nicht! Und dann wundert ihr euch ...!) Schauen Sie, ich bin nicht so unfair, dass ich jetzt auch bilaterale Gespräche hier ausbreite und das darlege. Ich halte mich daran. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber Sie sollen inhaltlich in den Vordergrund stellen, was hier an Nutzen für die heimische Wirtschaft da ist und was an Schaden da ist, wenn wir es nicht realisieren.

Das ist der Plan B, den wir jetzt umsetzen, und ich möchte mich für den Plan B bei den Landesamtsdirektoren sehr herzlich bedanken, bei den Bundesländern. Es wird ja der Föderalismus oft kritisiert; hier hilft man uns! Denn was tut man? – Wir haben ja alles eingerichtet, die einheitlichen Ansprechstellen in den Bundesländern; jetzt legalisieren wir. Weil Sie glauben, dass das Ganze unwichtig ist: Wir haben in den zwei Jahren schon 170 000 Anfragen gehabt. Was uns noch fehlt, ist die Legalisierung der jewei­ligen Rechtsakte. Das werden wir jetzt auf der landesgesetzlichen Ebene nachvoll­ziehen.

Es ist, hoffe ich, eine rechtlich haltbare Lösung, aber es ist der zweitbeste Weg. Die saubere Lösung wäre die gewesen, hier die entsprechende Kompetenzdeckungs­klausel abzugeben, wie wir es auch in anderen Bereichen aus sinnvollen Gründen gerne hätten. Daher, meine Damen und Herren, haben wir dann eben noch eine parallele Umsetzung in allen Bundesländern. Einige Bundesländer wie Salzburg, Ober­österreich und die Steiermark haben schon umgesetzt, die anderen werden folgen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Schauen wir einmal!)

Ich hoffe, dass wir damit auch das andere erreichen, nämlich, dass wir keine Straf­zahlungen haben. Diese können uns auf bis zu 162 000 € pro Tag kommen und einen Pauschalbetrag in der Größenordnung von 2,2 Millionen € als Erststrafe umfas­sen. Das ist Ihnen egal. (Abg. Mag. Steinhauser: Nein!) Wenn es Ihnen egal ist, würde ich schon sagen: Wie stimmig ist Ihre Argumentation, wenn Sie dann das Budget kriti­sieren und Effizienz und Sparsamkeit einfordern? (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)


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In diesem Sinne: Stimmen Sie zu! Inhaltlich ist das Gesetz meines Erachtens voll in Ordnung, andere Länder haben genau das Gleiche gemacht. Dem Bürger wird es nüt­zen und Ihnen nicht schaden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Jetzt wird es bürgernah!)

 


18.54.42

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Dienstleistungsrichtlinie ist eine Strategie für Wachstum und mehr Beschäftigung in der Lissabon-Strategie der Europäischen Union und wird tatsächlich, wie schon vielfach ausgeführt, auch entsprechende Wachstumsimpulse mit sich bringen.

Wir Salzburger wissen es zu schätzen, wenn wir sozusagen barrierefrei über die Grenze arbeiten können. Wir haben derzeit sehr viele Hürden dabei zu überwinden. Diese Dienstleistungsrichtlinie wird es uns entsprechend ermöglichen, hier besser zu wirken.

Es ist auch erwähnt worden, dass die Bereiche der Daseinsvorsorge aus dieser Dienst­leistungsrichtlinie ausgenommen sind, wie Banken, Verkehrsunternehmungen, Notare und so weiter.

Abschließend möchte ich noch Folgendes erwähnen. Wir haben gerade heute im Zuge des Budgets darüber debattiert, wie wichtig es wäre, die Verwaltungskosten zu senken. Insbesondere die Opposition hat sich dazu massiv verbreitet. Hier, meine Damen und Herren vor allem von den Grünen, verstehe ich das nicht. Auf der einen Seite hätten Sie hier die Möglichkeit, mit Ihrer Zustimmung ein entsprechendes Verfassungsgesetz zu verabschieden und die entsprechenden Verwaltungskosten zu minimieren. Aber nein, Sie zwingen uns dazu, ein Bundesgesetz zu verabschieden (Abg. Dr. Lichtenecker: Geh, „zwingen“!), dazu neun Landesgesetze, mit dem ungeheuren Verwaltungsauf­wand, der daraus entsteht. (Abg. Mag. Kogler: Wie ist das beim Untersuchungs­aus­schuss?)

Meine Damen und Herren! Das ist sehr, sehr durchschaubar, und letztlich ist das Politik der Vergangenheit. Bitte, überdenken Sie noch einmal Ihre Einstellung dazu! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Ihr Wortbruch ist undurchschaubar! Wir sind schon durchschaubar!)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.56.44

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, sicherlich ist diese Gesetzesvorlage durchaus ein Schritt zur Verwal­tungsvereinfachung für die Unternehmen. Wir waren auf einem guten Weg, hier auch ein gutes Ergebnis zu finden. Auf diese Punkte komme ich noch zurück.

Ob jetzt, Herr Minister, wie Sie heute betont haben, dieser Plan B tatsächlich halten wird, das wird sich zeigen. Wir haben unsere Bedenken, dass das verfassungsrechtlich in dieser Form hält.

Lieber Kollege Steindl, wenn du von „zwingen“ sprichst, dann ist es schon lustig, in diesem Kontext mit so einem Wort zu hantieren. Schau dir doch einmal die Über­tragungen von den Landtagen an, genau zu diesem Punkt, zu dem Punkt, wie hier argumentiert wurde, warum sie dieses Gesetz in den Landtagen beschließen. Weißt


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du, was das Hauptargument war? – Das Hauptargument war: die Strafzahlungen! Die Strafzahlungen, die dann auf die Länder zukommen können. Da stellt sich natürlich schon die Frage, wie da tatsächlich argumentiert worden ist und welche Argumen­tationsstränge, die in dieser Form gar nicht stimmen, aufgebaut wurden, um Be­schluss­fassungen in kürzester Zeit zu erreichen.

Ich glaube, dass der richtige Weg der gewesen wäre, hier im Hohen Haus, hier im Parlament die Verhandlungen weiterzutreiben, sie weiterzuführen und auch die Punkte, die, wie ich glaube, verbesserungswürdig sind, mit hereinzunehmen: einerseits, dass mit der Genehmigungsfiktion, die vorhin angesprochen worden ist, sehr sorgsam um­ge­gangen wird. Das ist, denke ich, ein wichtiger Bereich, und da hätte es mit Sicherheit auch Verankerungen gegeben, um das sicherzustellen.

Das Zweite ist: Natürlich, dieser einheitliche Ansprechpartner ist ein Fortschritt zum Thema Information. Aber was wir auch haben wollen, ist ein Informationsgleichgewicht, dass auch Nachbarn, Betroffene, Anrainer und so weiter diese Stelle entsprechend nützen können und die Informationen bekommen können. Das wäre eine massive Verbesserung gewesen. Dieser einheitliche Ansprechpartner hätte nämlich dazu verpflichtet werden können, eben auch Informationen darüber zu geben, ob Ansuchen zu einem bestimmten Projekt eingelangt sind, welche Behörden das Ansuchen über­mittelt haben, zum Stand des Verfahrens und so weiter. (Präsident Dr. Graf übernimmt wieder den Vorsitz.)

Also auch hier eine Verbesserung, die jetzt abgeht – aber wir werden sehen, ob in den nächsten Monaten nicht auch die Kommission noch einfordern wird, dass hier Verbes­serungen gemacht werden. Jedenfalls wäre das ein wichtiger Schritt zur Verbesserung gewesen, und auch der Beirat. Im Beirat sind jetzt die Ministerien vertreten, der Kanzler, interessanterweise Landwirtschaftskammer, Wirtschaftskam­mer, Arbeiterkam­mer, aber keinerlei Umweltverbände, keine NGOs aus dem Umwelt­bereich. Auch hier wäre es klug gewesen, eine entsprechende Verankerung zu machen.

Zusammenfassend: Ich finde es bedauerlich. Es ist eine vertane Chance, dass wir heute keine Regelung finden, die eine Zweidrittelmehrheit findet. Mit ein bisschen gutem Willen und Einhaltung dessen, was man sich zugesichert hat, wäre das auch möglich gewesen. So bleibt es heute in dieser Form bei der einfachen Mehrheit und einer Lösung, bei der mehr als fraglich ist, ob sie überhaupt halten wird. (Beifall bei den Grünen.)

19.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Bundesminister Mitterlehner hat sich noch zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.00.47

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch zwei Sätze sagen. Was Sie jetzt gerade gesagt haben, möchte ich schon im internationalen Zu­sam­menhang so sehen, dass 26 andere Staaten die Vorteile dieser Richtlinienum­setzung sehen, weil es den Markt belebt, weil es den Unternehmen und den Bürgern hilft. (Abg. Mag. Kogler: Ja, der Cap ...! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Sie blamieren uns auf der internationalen Ebene, indem Sie aus taktischen, im Untersuchungsausschuss begründeten Überlegungen nicht zustimmen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, nicht taktisch!)

Was ich aber für den Gipfel dieser Angelegenheit halte, ist, dass man dann herausgeht und das, was man kompetenzdeckungsmäßig verweigert, denen vorwirft, die in einer Notlösung eine verfassungskonforme Regelung sicherstellen wollen. Das ist perfid, und


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das verstehe ich nicht, denn das ist keine sachliche Zusammenarbeit. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie bereits angekündigt, wird die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt nach der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 13 bis 15 gemeinsam mit den noch offe­nen Abstimmungen durchgeführt.

19.02.1413. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1406 d.B.): Ver­einbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots (1414 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1237/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterführung der Ver­einbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinder­betreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprach­lichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen (1415 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1647/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeseinheitliche Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung (1416 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 13 bis 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Kitzmüller. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.32

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich werde mein Augenmerk nicht auf den ersten Antrag, der offensichtlich einstimmig angenom­men werden wird, sondern auf die beiden anderen Anträge – jene der Abgeordneten Ursula Haubner und Mag. Musiol – richten.

Der erste Antrag, in dem es um eine verpflichtende frühe sprachliche Förderung geht, wird von uns Freiheitlichen auf jeden Fall unterstützt, und – siehe Oberösterreich – von unseren Mitgliedern im Landtag wird auch schon heftigst daran gearbeitet, dass das umgesetzt wird. Es gibt ja ein altes Sprichwort: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. In diesem Fall ist das sicherlich so, weil eine frühe sprachliche Förderung notwendig ist, damit die Kinder in späterer Folge dem Schulunterricht folgen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Für den Fall, dass es nicht möglich ist, den Kindern diese Qualifikation zu vermitteln, ist es auch wichtig, entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um ihnen so bald wie mög­


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lich – noch vor Schuleintritt – diese Kompetenzen des Spracherwerbs beizubringen. Demzufolge ist natürlich im Kindergarten der Hebel anzusetzen, der Hebel, der dann hoffentlich auch zu einem richtigen Weg führt, denn es ist nicht angebracht, an der Ausbildung der Kinder – und schon gar nicht beim Erwerb der sprachlichen Kom­petenz – Einsparungen durchzuführen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Antrag betrifft das Erreichen eines bundeseinheitlichen Qualitätsstandards in der Kinderbetreuung. Es ist ganz logisch, dass wir dem zustimmen werden, dass das so sein muss, denn es ist nicht einzusehen, wenn die Landeshäuptlinge ihre Kom­petenzen unbedingt ausleben wollen (Zwischenruf bei der ÖVP), dass wir zwischen Oberösterreich und dem Burgenland, zwischen Vorarlberg und Salzburg keine einheitliche Regelung dafür haben, wie groß eine Kindergartengruppe sein soll und welche Standards ein Kindergarten erfüllen muss.

Meine Damen und Herren! Diesen beiden Anträgen werden wir daher zustimmen, obwohl ein negativer Ausschussbericht vorliegt, aber auch diese Maßnahmen der Regierungsparteien sind wir gewohnt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.18

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gute Familienpolitik bedeutet auch, bedarfsgerecht auf die Bedürfnisse unserer Familien einzugehen, um Rahmenbedingungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Mit dieser Artikel-15a-Vereinbarung zum Ausbau der Kinderbetreuung orientiert sich die Politik an den Lebensrealitäten der Familien und schafft auch weitere Betreuungsplätze für die unter dreijährigen Kinder.

Es ist unserem Familienminister Dr. Reinhold Mitterlehner gelungen, die Vereinbarung mit den Ländern betreffend den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze weiter zu forcie­ren. Bis zum Jahr 2014 werden dafür weitere 55 Millionen € vom Bund aufgebracht, und ich denke, das ist ein Erfolg.

Begrüßen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarung zu einer Neudefinition der Kriterien. So liegt jetzt der Förderschwerpunkt im Bereich der Tagesmütter und ein anderer in der Unterstützung gemeindeübergreifender Koope­rationen. Das ist gerade uns in der Steiermark sehr wichtig, weil wir ja intensiv in diese Richtung arbeiten.

Wichtig ist auch, dass es zumindest eine schrittweise Erweiterung der Jahresöff­nungs­zeiten gibt beziehungsweise dass diese vorgesehen ist.

Zusammengefasst greift hier der Bund wieder den Gemeinden unter die Arme – zum Wohle unserer Kinder und unserer Familien, um Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu leben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.08.07

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Minister, schade, dass Sie bei unserer Dringlichen nicht da waren. Es ging um Bildung, und Sie sind ja durchaus für einen sehr wichtigen Bereich der Bildung zuständig, nämlich für die Kindergärten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 217

(Bun­desminister Dr. Mitterlehner: Ich habe es gehört! Keine Sorge! Sehr intensiv gehört!) – Ich nahm an, dass Sie uns ganz intensiv gefolgt sind, genau.

Bei der Dringlichen haben wir ja schon vieles besprochen, was in diesem Bereich zu tun ist. Was wir jetzt zu beschließen haben, ist die Artikel-15a-Vereinbarung, auf die wir schon zehn Monate warten, nämlich seit Beginn des Jahres 2011. Ende 2010 ist sie nämlich ausgelaufen, und dann hat es eben zehn Monate gebraucht, bis Sie sich ent­schließen konnten, das auch wirklich umzusetzen – umso erfreulicher. Dass wir dies sozusagen aber nur als Tropfen auf den heißen Stein verstehen, haben wir im Aus­schuss schon ausreichend besprochen, weil eben die Plätze, die damit geschaffen werden können, nicht ausreichen. Das wissen Sie auch.

Was für mich ein bisschen befremdlich war, war, dass Sie Ihr Statement im Ausschuss mit den Worten „obwohl wir nicht zuständig sind“ eingeleitet haben. Das habe ich mir wortwörtlich aufgeschrieben. Das stimmt rechtlich in gewisser Hinsicht, aber politisch stimmt es für mich nicht, denn als Bundesgesetzgeber sollten wir uns dafür zuständig fühlen, dass alle Kinder in unserem Land von Beginn an die gleichen Bildungschancen haben, weil nur das sozial gerecht ist.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht sehr sinnvoll und auch nicht zielführend, hier regelmäßig auf die Ländergesetzgebung hinzuweisen – zumal Sie ja auch wissen, wer die Personen auf der anderen Seite sind, die bremsen. Das sind in der Regel durchaus Personen Ihrer Partei. Also vor diesem Hintergrund kann man das so nicht stehen lassen.

Viel zu tun ist noch bei den Qualitätsstandards, vor allem deshalb, weil nur dann wirk­lich von Bildungseinrichtung gesprochen werden kann. Wir haben ja auch diskutiert, verpflichtende Qualitätsstandards im Rahmen der Artikel-15a-Vereinbarung einzu­führen, also dass der Bund sagt, ihr – ihr, das Land, ihr, die Kinderbetreuungsplätze schafft – bekommt nur unter diesen und jenen Bedingungen einen Zuschuss. Wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, der ja heute auch mit zur Debatte steht. Leider sind Sie dieser Verpflichtung nicht gefolgt, sondern Ihr Weg ist der der freiwilligen Standards.

Ich fürchte, dass das nicht dazu führen wird, dass alle Kinder in Österreich die gleichen Bedingungen vorfinden werden, aber wir werden ja noch ausreichend Zeit haben, das dann zu prüfen. Es vergeht halt jetzt wieder Zeit – wertvolle Zeit –, die für alle Kinder wichtig wäre, die jetzt in diese Bildungseinrichtungen gehen, und vor allem auch für alle PädagogInnen, die in diese Bildungseinrichtungen gehen, weil sie wirklich unter sehr erschwerten Bedingungen arbeiten, in überfüllten Gruppen ihrem Bildungsauftrag dadurch gar nicht nachkommen können. Von der Bezahlung möchte ich gar nicht sprechen, denn die ist beschämend.

Betreffend die Sprachförderung, die im Rahmen eines Antrages der Kollegin Haubner besprochen wird, haben wir ja auch im Familienausschuss beklagt, dass sie nicht gleich mit umfasst war. Jetzt scheint eine Lösung in Aussicht zu sein, trotzdem glaube ich, dass es wichtig ist, hier sozusagen die Bildung und die Sprachförderung – und vor allem den verpflichtenden Kindergartenbesuch, die Bildung und die Sprachförderung – immer zusammen zu denken und nicht getrennt zu denken. Wenn Sie garantieren können, dass es zu keinen Verzögerungen kommt, selbst wenn verschiedene Minister oder Staatssekretäre sich zuständig fühlen, dann ist das ja erfreulich. Wir warten, ob das auch wirklich so eintreten wird.

Vor diesem Hintergrund werden wir dieser Artikel-15a-Vereinbarung zustimmen, weil sie trotzdem ein wichtiger Schritt ist, auf den wir schon zehn Monate warten. Schade ist, dass die beiden Anträge, denen wir im Ausschuss zugestimmt haben – ich meine, der eine ist ja von uns, und es wäre ja etwas seltsam, wenn wir dem nicht zugestimmt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 218

hätten; aber auch dem Antrag der Kollegin Haubner –, im Ausschuss von den Regie­rungsparteien abgelehnt wurden. In diesem Sinne wird man sehen, was hier weiter geschehen wird. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Ursula Haubner.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


19.12.27

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kinderbetreuung, Bildung, Frühförderung stehen mit der Beschlussfassung dieser Artikel-15a-Vereinbarung im Vordergrund. Mit dieser neuerlichen Vereinbarung wurde erstmals verankert, dass die Bundesländer diese Förderung nur dann erhalten, wenn sie eine echte Reduktion – wenn auch in Etappen – der Schließtage vornehmen. Das ist ein deutlicher Fortschritt, denn mit dieser Vereinbarung sind auch die Unter-Dreijährigen erfasst. – Ein wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern, ein gelungener Kompromiss mit den Bundesländern, der sicherlich manchmal sehr schwierig auszuhandeln war.

Für den Ausbau gibt es 55 Millionen €, das wurde schon erwähnt – also bestimmt kein Klacks, sondern es wird ordentlich Geld in die Hand genommen. Neben diesem quan­titativen Ausbau werden auch Schritte in Richtung mehr Qualität der Betreuungsplätze gesetzt. Die Länder verpflichten sich in einem Stufenplan, bei den Öffnungszeiten Mindestanforderungen einzuhalten.

Die positiven Aspekte und Auswirkungen dieser Anschlussfinanzierung oder Anstoß­finanzierung sind: Es werden neuerlich neue Arbeitsplätze errichtet, Kinderpäda­gogin­nen und -pädagogen erhalten Arbeit; die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird gefördert; und – vor allen Dingen – bedarfsgerechte Kinderbetreuung kommt gerade auch Alleinerziehenden zugute.

Gefördert werden auch gemeindeübergreifende Projekte. Das ist meiner Meinung nach sehr, sehr wichtig, gerade im ländlichen Raum, wo kleinere Gemeinden sich zu Koope­rationen zusammenschließen können, um ganzjährige Betreuung zu sichern und zu organisieren. Es gibt auch einen bundesländerübergreifenden Bildungsrahmenplan. Die­ser wurde ja schon im Jahr 2009 in Zusammenarbeit mit dem Charlotte-Bühler-Institut entwickelt und ausgearbeitet, ein wichtiger Schritt.

Weiters wird in Artikel 10 der Artikel-15a-Vereinbarung festgehalten, dass verbindliche einheitliche Standards umzusetzen sind. Es gibt ja schon Vereinbarkeitsindikatoren: mindestens 45 Stunden wöchentliche Öffnungszeiten, an vier Tagen mindestens neuneinhalb Stunden, Angebot eines Mittagessens, maximal fünf Wochen im Jahr geschlossen. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg. Das ist notwendig für die weitere Entwicklung unserer jüngsten Kinder, denn hier wird die Basis für ihren weiteren Lebensweg gelegt.

Ein Wort noch zu den 5 Millionen €, die jetzt doch noch für den Erwerb der Sprach­kompetenz, für Sprachförderung zur Verfügung gestellt werden. Frau Kollegin Musiol, die Beharrlichkeit hinsichtlich Wortmeldungen und Forderungen ist somit von Erfolg gekrönt, und allen Beteiligten gebührt im Namen der Kinder, die diesen Förder­anspruch haben, ein großes Danke.

Ich denke, wir gehen damit wieder einen weiteren Schritt in Richtung mehr Chancen, Teilhabe und Gerechtigkeit für die Kinder. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 219

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.16.06

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das BZÖ hat am 9. Juli 2010 einen Entschließungsantrag zur Weiterführung der Artikel-15a-Vereinbarung betreffend den Ausbau der bedarfs­gerechten Kinderbetreuung in den Jahren 2011 und 2012 eingebracht. Ein Teil der Forderung dieses Antrags wird heute mit einer Regierungsvorlage beschlossen.

Wir werden seitens des BZÖ dieser Vorlage auch zustimmen, weil es im quantitativen Bereich sicher eine Verbesserung der Betreuungsstruktur ist. Es besteht die Möglich­keit, dass mehr Plätze geschaffen werden, dass vor allem die Öffnungszeiten aus­geweitet werden, und ganz besonders wichtig ist uns, dass die Tageseltern hier explizit als eine wichtige qualitätsvolle Einrichtung angeführt sind und dementsprechend auch in die Fördermaßnahmen hineinfallen. Gerade Kinder unter drei Jahren brauchen mehr denn je ein familienähnliches Umfeld, daher sollte man die wertvolle Arbeit der Tageseltern auch entsprechend bewerten.

Mit dieser Umsetzung kommt es – und das sage ich als jemand, der im kommunalen Bereich tätig ist – zur Entlastung der Gemeinden, die durchwegs Kindergartenerhalter sind. Das ist in jedem Bundesland mehr oder weniger problematisch, vor allem auch was das kostenfreie Kindergartenjahr betrifft. Es ist ein Angebot im Sinne der Wahlfreiheit. Es ist uns ganz wichtig, zu sagen, dass es nicht darum geht, Eltern zwangszuverpflichten, ihre Kinder in öffentliche gute Betreuung zu geben, sondern es ist vor allem ein Angebot zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Familien brauchen in diesem Bereich natürlich in erster Linie Planbarkeit und Verlässlichkeit.

Wir haben in unserem Antrag, der heute auch in Verhandlung steht, natürlich nicht nur das erste Barcelona-Ziel, das besagt, dass 33 Prozent der Unter-Dreijährigen ein Kin­derbetreuungsplatz zur Verfügung gestellt werden soll, besonders beachtet. Für uns ist auch das zweite Ziel wichtig – das in der letzten Artikel-15a-Vereinbarung auch so festgehalten war –, dass Kinder, die über mangelnde Deutschkenntnisse verfügen, in diesen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen gefördert und unterstützt werden und mit dem Eintritt in die erste Schulstufe der Volksschule dann dementsprechend kompetent sind und chancengleich dem Unterricht folgen können.

Die Sprachförderung ist eine der zentralsten Aufgaben im Bildungsbereich, in der Bildungseinrichtung Kindergarten. Daher bin ich schon – und diese Kritik führe ich jetzt hier an – sehr verwundert, dass das in der jetzigen Artikel-15a-Vereinbarung nicht mehr enthalten war und dass man dann in einer schnellen Aktion, in der es darum ging, wer den besseren Draht zur Finanzministerin hat, wer diese 5 Millionen € jetzt auftreiben wird, diese 5 Millionen € aufgetrieben hat. Ich hoffe, dass sie dorthin kom­men, wo sie gebraucht werden: in die Betreuungseinrichtungen zu unseren Kindern, denn letztendlich ist die Sprache die Grundkompetenz für das ganze Leben, und eine rechtzeitige Förderung sichert auch die Zukunft jedes einzelnen Kindes. (Beifall beim BZÖ.)

Wie wichtig das ist, zeigt ja auch die Studie des bifie hinsichtlich Sprachkompetenz. Die haben das genau erarbeitet, erforscht und haben unter anderem auch gesagt, dass insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, die keinen Kindergarten besuchen, den sprachlichen Anforderungen in Deutsch nicht gerecht werden. 80 Prozent davon haben Förderbedarf im Deutschen. Spezielle Fördermaßnahmen im Jahr vor dem Schuleintritt können ihre Startbedingungen verbessern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 220

Und genau das wollen wir: Beste Startbedingungen für unsere Kinder, beste Sprach­förderung und bestes Angebot im Sinne der Wahlfreiheit. (Beifall beim BZÖ.)

19.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minis­ter Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.20.36

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf meine Einleitung Frau Kollegin Musiol widmen. Obwohl rechtlich nicht zuständig, hat sich der Bund zu einer flächendeckenden, flexiblen und qualitätvollen Kinderbetreuung entschlossen und das entsprechend auch schon drei Jahre vorher umgesetzt, weil damit ganz wichtige bildungspolitische, familien- und gesellschaftspolitische Zielsetzungen erreicht werden können.

Gerade was den ersten Bereich anlangt, den Sie hier vorhin in Ihrer Dringlichen angesprochen haben, die frühkindliche Förderung, ein ganz wichtiger Beitrag für die weitere Entwicklung, wird durch eine gute Kinderbetreuung sichergestellt. Wir sehen auch, dass das die demographische Entwicklung erforderlich macht. Wir brauchen mehr Fachkräfte, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermög­lichen, natürlich nicht nur im Hinblick auf Frauen, sondern auch auf Männer. Mit einer Geburtenrate von 1,4 liegen wir im europäischen Vergleich an fünftletzter Stelle, haben also noch Aufholbedarf. Dabei könnten eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine qualitätvolle Kinderbetreuung helfen.

Gerade deswegen hat der Bund schon in den Jahren 2008 bis 2010 seine politische Verantwortung wahrgenommen. Wir haben eine entsprechende Förderung zur Verfügung gestellt. Sie kennen auch die Ergebnisse. Ich darf sie daher nur ganz kurz darstellen: Wir haben insgesamt 24 573 zusätzliche Plätze geschaffen, 12 080 davon wurden für die Unter-Dreijährigen, 12 493 für die Drei- bis Sechsjährigen geschaffen. Erfreulicherweise konnten wir bei den Drei- bis Sechsjährigen das Barcelona-Ziel 90 Prozent Betreuungsquote mit 93,4 Prozent übertreffen. Allerdings haben wir im Bereich der Unter-Dreijährigen noch ein Defizit. Wir haben uns zwar auch dort von 14 auf 19 Prozent verbessert, sind aber vom Ziel – 33 Prozentpunkte – noch einiger­maßen weit entfernt.

Diese Initiative hat sich auch auf den Beschäftigungsbereich positiv ausgewirkt. Das wissen Sie. 9 000 Arbeitsplätze wurden dadurch geschaffen.

Wir haben deshalb jetzt eine weitere Vereinbarung abgeschlossen, die wir rück­wir­kend umsetzen. Daher verstehe ich auch nicht, warum man das immer wieder wiederholt, was wir schon im Ausschuss diskutiert haben, nämlich dass es hier eine Lücke gegeben hat. Wir haben zusätzlich zu den 45 Millionen € für die drei nächsten Jahre rückwirkend 10 Millionen € zur Verfügung. Sie wissen ganz genau, dass wir bis Ende Juni noch evaluiert haben, dass zwei Bundesländer bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abgerechnet und noch nicht alles verbraucht haben. Daraus abzuleiten, der Bund wäre säumig, ist relativ großzügig interpretiert. Ganz im Gegenteil! Der Bund hat seine Verpflichtung sogar rückwirkend wahrgenommen.

Wir werden damit pro Jahr 5 000 neue Plätze schaffen, und ich glaube auch, dass die Quote bei den Unter-Dreijährigen wichtig ist. Das ergibt insgesamt 20 000 zusätzliche Plätze. Damit werden wir im Jahr 2014 eine Betreuungsquote von 28 Prozent bei den Unter-Dreijährigen erreichen. Wenn Sie sagen, dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, so ist das, würde ich sagen, doch eher eine Untertreibung. Ich würde das Glas nicht einmal halb voll sehen, sondern, wenn man 28 von 33 Prozentpunkten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 221

erreicht, würde ich das schon als relativ sehr voll ansehen. Wir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Musiol: Das ist auch die Frage, was man sich zum Ziel setzt!) – Bitte? (Abg. Mag. Musiol: Es ist eine Frage der Zielsetzung!) – Es ist eine Frage der Zielsetzung, und die wiederum ist eine Frage der Finanzierungs­möglichkeiten. Genau!

Was ist neu? – Ich glaube, das sollte man auch noch kurz erwähnen: Es ist neu, dass wir in der Frage 47 Wochen einen – ich würde nicht sagen: Durchbruch –, aber eine schrittweise Umsetzung erreicht haben. 47 Wochen im Jahr werden jetzt schrittweise bis zum Jahr 2014 erreicht. Das kommt dann auch dem entgegen, was wirklich an Nachfrage da ist. Vor allem von den Kolleginnen und Kollegen der Freiheitlichen Partei wird ja auf diese Wahlmöglichkeit und auf die Angebotssituation immer wieder Bezug genommen. Das hat man also berücksichtigt.

Berücksichtigt wurde aber auch die finanzielle Ausstattung der Länder. Inwiefern? – Eine schlagartige Ausweitung von heute auf morgen würde natürlich Personalkosten entstehen lassen. Daher glaube ich, dass wir einen vernünftigen, etappenweisen Umsetzungsplan erarbeitet haben, und ich finde das positiv.

Es ist darin auch zum ersten Mal eine Möglichkeit enthalten, dass unter bestimmten Bedingungen auch Personalkosten gefördert werden können. Das war Wunsch der Länder. Unser Wunsch war natürlich weniger, weil wir auf konkrete Sachleistungen gehen wollten. Es gilt das auch nur, wenn die Ausweitung in Richtung 47 Wochen bei bestehenden Kindergärten und Kinderbetreuungsplätzen erfolgt. Daher ist das ein konkreter Vorteil, kann also nicht zu einer Quersubventionierung führen, sondern erfolgt sachbezogen.

Da es auch um Effizienz geht, gibt es das erste Mal auch eine grenzüberschreitende Kooperation zwischen Gemeinden. Die Frage bezüglich der beiden Bundesländer – ich spreche jetzt schon ausschussbezogen – haben wir leider noch nicht klären können. Das müssen sich die Bundesländer untereinander ausmachen.

Wie das Frau Kollegin Haubner schon angesprochen hat, gibt es bei Tagesmüttern und Tagesvätern quantitative, qualitative und förderungsmäßige Verbesserungen. Ich glaube, dass das vor allem den ländlichen Regionen zugutekommt.

Was die Qualitätsstandards anbelangt, die heute mehrfach diskutiert worden sind, denke ich, dass uns ein Weg zur Verfügung steht, diesbezüglich auch Druck zu erzeugen, um in allen Bundesländern Qualitätsstandards nicht nur zu erarbeiten, sondern auch umzusetzen. Wir werden diese Empfehlungen bis Sommer 2012 in allen Bundesländern vorliegen haben.

Und last but not least jetzt noch zur sprachlichen Frühförderung. Wir haben im Aus­schuss darüber diskutiert. Meine Meinung war, und das war auch die Meinung anderer, dass wir die 15 Millionen € pro Jahr nicht verwässern sollten mit einer Zweckwidmung für sprachliche Frühförderung, sondern dass es besser wäre, zusätzliche Mittel für sprachliche Frühförderung zu haben. Jetzt möchte ich gar nicht darüber streiten, wer da zuständig ist oder nicht, sondern ich würde mir wünschen, dass man den sachlichen Erfolg bewertet. Und es ist ein sachlicher Erfolg, wenn wir zusätzlich das ent­sprechende Geld bekommen, und ich hoffe, dass wir das für mehrere Jahre zur Verfügung stellen können. Das ist nicht mein Geld, sondern auch das Geld, das den Bundesländern dann zugutekommt.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir eine substantielle Weiterentwicklung erreicht haben, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Und: Danke für die Unterstützung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 222

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.28.13

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe diese Artikel-15a-Vereinbarung als einen weiteren wichtigen Schritt im Bereich Ausbau der Kinderbetreuung und auch bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich gratuliere dem Familien­minister zu den doch erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen, weil das natürlich Länderkompetenz ist. Es war schon wichtig, diese Artikel-15a-Vereinbarung zu erzie­len.

Herr Bundesminister Mitterlehner, ich gratuliere herzlich zu diesem Abschluss, weil das für unsere Familien und vor allem auch für unsere Kinder wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir stellen damit zusätzlich rund 5 000 neue Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung, und die nächsten drei Jahre werden jeweils 15 Millionen €, also insgesamt 45 Millionen €, zur Verfügung gestellt, die die Länder verdoppeln, aber gekoppelt sind an die Ausweitung der Jahresöffnungszeiten. Der Herr Minister hat das ausgeführt.

Auch in den letzten Jahren – und das muss man schon erwähnen, denn es ist ein weiterer Schritt auf Ebene der Familienförderung – hat der Bund viel Geld für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen zugeschossen. Die Zahlen sprechen für sich. Zwischen 2008 und 2010 wurden über 24 500 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen, 12 000 für Unter-Dreijährige, 12 500 für Drei- bis Sechsjährige. Bei den Drei- bis Sechsjährigen haben wir mit 93 Prozent das Barcelona-Ziel bereits übertrof­fen, bei den Unter-Dreijährigen werden die Maßnahmen, die in dieser Vereinbarung stehen, dazu führen, dass wir das Ziel von 33 Prozent nahezu erreichen. Derzeit halten wir bei 19 Prozent.

Bitte nicht zu vergessen, meine Damen und Herren, auch was den Arbeitsmarkt und die Konjunktur betrifft: Wir haben durch dieses Mehr an Kinderbetreuungsplätzen 9 000 Arbeitsplätze geschaffen. Das sollte nicht unerwähnt bleiben.

Bei den Drei- bis Sechsjährigen ist mir, auch als Vizebürgermeister einer kleinen Landgemeinde, ein Punkt besonders wichtig. Wir haben in diesem Bereich einen Schwerpunkt Tagesmütter gesetzt, und das bedeutet Wahlfreiheit für die Eltern, das bedeutet eine hohe Flexibilität und auch Geborgenheit für die Kinder von ein bis drei Jahren. Die Förderungen, die zur Verfügung gestellt werden, sind meiner Meinung nach auch zielorientiert eingesetzt, und es ist insgesamt ein weiterer wichtiger Schritt für den Ausbau der Kinderbetreuung und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Meine Damen und Herren! Abschließend sei zur sprachlichen Frühförderung schon noch dazugesagt: Ich gratuliere Staatssekretär Kurz und Frau Finanzministerin Fekter, dass 5 Millionen € zusätzlich für die sprachliche Frühförderung im Budget berück­sichtigt werden, zusätzlich zu den 70 Millionen €, die alljährlich ohnedies für diesen Bereich verwendet werden. Und auch beim letzten, verpflichtenden Kindergartenjahr sind auch im Besonderen die Frühförderung in der Sprache und auch einheitliche Qualitätsstandards vorgesehen. Also ein guter, weiterer wichtiger Schritt für unsere Familien und für unsere Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberg­huber. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 223

19.31.35

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auf den Antrag des BZÖ über die Einführung der verpflichtenden sprachlichen Frühförderung in Kinderbetreuungsein­richtungen eingehen. Im Antrag wird gefordert, mit den Ländern in Verhandlung zu treten, um nach dem Barcelona-Ziel eine Weiterführung der ursprünglich formulierten Ziele zu erreichen. Wir von der FPÖ unterstützen diesen Antrag, weil es uns wichtig ist, und weil wir auch schon lange gefordert haben, dass die Förderung und die Ausbildung der Kinder im Vorschulalter, also im Kindergarten durchgeführt werden soll. (Beifall bei der FPÖ.)

Für den Eintritt in die Volksschule ist die sprachliche Förderung der Kinder dringend notwendig und unumgänglich. Wie soll sich ein Erstklassler sprachlich im Unterricht einbringen, wenn er sprachliche Defizite hat oder wenn er die deutsche Sprache überhaupt nicht beherrscht. Daher haben wir schon im Unterrichtsausschuss einen Antrag eingebracht, dass beim Eintritt in die Primärschule eine verpflichtende Sprach­standard-Feststellung durchgeführt werden soll. Und Kinder, bei denen im Zuge dieser Sprachstandard-Feststellung Defizite in der Beherrschung der deutschen Sprache festgestellt werden, müssen auch verpflichtend eine Vorschule besuchen. Profitieren würden Kinder mit sprachlichen Defiziten und besonders Kinder mit Migrations­hinter­grund.

Uns ist es wichtig, dass mit sprachlicher Förderung so bald wie möglich begonnen wird, das heißt also im Kindergarten, in Kinderbetreuungseinrichtungen, und wir ver­stehen auch nicht, warum sich ÖVP und SPÖ gegen diesen Antrag wehren. (Beifall bei der FPÖ.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Lueger zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

19.33.55

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Artikel-15a-Vereinbarung, die wir jetzt fort­schrei­ben, ist eine gute, und wenn wir uns anschauen, wie diese 55 Millionen € mit dem Schwerpunkt Unter-Dreijährige investiert werden, sind wir, so glaube ich, auf dem richtigen Weg. Die Finanzierung wurde gekoppelt an längere Öffnungszeiten, die dann schrittweise bis 2014 ausgeweitet werden sollen. Dass man auch die Personalkosten damit fördern kann, ist als Hilfe für die Gemeinden gedacht. Es ist ein durchdachtes System, wie man diese Artikel-15a-Vereinbarung sinnvoll weiterführen kann. Die gemein­deübergreifende Kooperation sowie die Förderung von Tageseltern sind sicherlich wichtige Schwerpunkte. Das ist auch der Grund dafür, warum wir als sozialdemokratische Fraktion dieser Artikel-15a-Vereinbarung zustimmen werden.

Warum haben wir den beiden Entschließungsanträgen auch schon im Ausschuss keine Mehrheit geschenkt? – Der Antrag von Ursula Haubner bekrittelt die mangelnden Deutschkenntnisse und fordert auch die sprachliche Frühförderung. Soweit ich mich erinnern kann, war diese sprachliche Frühförderung auch kein Bestandteil der letzten Artikel-15a-Vereinbarung. Ich bin sehr froh darüber, dass es gelungen ist, die 5 Millio­nen € aufzustellen, und bin auch sehr froh darüber, dass die Frau Finanzministerin heute in der Früh bei ihrer Budgetrede gesagt hat, dass diese 5 Millionen € nicht nur für ein Jahr gelten, sondern dass sie jährlich budgetiert werden.

Der Entschließungsantrag von Kollegin Musiol ist im Prinzip die Fortführung dessen, was wir bei der Dringlichen schon erörtert haben. Ich möchte noch einmal darauf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 224

hinweisen, warum wir diesen Antrag schon im Ausschuss abgelehnt haben. In der Artikel-15a-Vereinbarung steht jetzt unter Artikel 10 die Qualitätssicherung drinnen, für die es eine Arbeitsgruppe geben wird, die daran arbeiten wird. Somit sehen wir ihn als miterledigt an. Daher haben wir ihn im Ausschuss nicht mitbeschlossen.

Nichtsdestotrotz ist diese Artikel-15a-Vereinbarung ein guter Schritt in die richtige Rich­tung, und ich denke, es geht um die Zukunft der Kinder. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Familien­ausschusses, dem Abschluss der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfas­sungs­gesetz über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots in 1406 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 1415 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 1416 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die zustimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.36.46Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1081 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Peter Haubner, Katzian, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1, 2 und 3 bezieht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Peter Haubner, Katzian, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 225

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich abermals die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für ein nachhaltiges, verbraucherfreundliches und Eigentumsrechte schützendes Gastwirt­schaftsgesetz. (Allgemeine Heiterkeit sowie Zwischenrufe.)

Ich könnte jetzt sagen, es steht tatsächlich so da, aber das war natürlich mein Fehler. Gemeint ist das Gaswirtschaftsgesetz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

19.40.10Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 12

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen jetzt zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Gesetzentwurf in 523 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich lasse zunächst über den oben erwähnten Abänderungsantrag und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen, der unter anderem den Wegfall des Verfassungsranges der Verfassungsbestimmung zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.42.0416. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1524/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegefreistellung (1417 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 226

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich mache die Damen und Herren Kollegen Abgeordneten darauf aufmerksam, dass wir in zirka 10 Minuten wieder eine Abstimmung haben werden.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kitzmüller. 3 Minuten Redezeit sind einge­stellt. – Bitte.

 


19.42.46

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wenn wir uns diesen Antrag anschauen, muss ich sagen, dass darin einige sehr gute Ansätze zu finden sind. Sicherlich ist es wichtig und von Vorteil, Pflegefreistellung für leibliche Eltern, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, zu erreichen. Es wäre allerdings nicht notwendig, hier abzustimmen und darüber zu befinden, wenn die automatische gemeinsame Obsorge, wie wir sie fordern, eingeführt würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Wichtig ist auch die Pflegefreistellung, wenn Kinder im Krankenhaus sind. Dass es hier eine Pflegefreistellung auch für Pflegekinder geben soll, das ist eindeutig zu bejahen. Aber von uns sicherlich nicht zu bejahen ist es und eine Zustimmung von uns Freiheitlichen gibt es sicherlich nicht, wenn es sich um die eingetragene Partnerschaft handelt. Hier haben wir Freiheitlichen schon eine ganz klare Haltung eingebracht, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht die richtige Voraussetzung für eine gute Entwicklung für Kinder sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht umsonst gibt es Studien, in denen immer wieder bestätigt wird, dass sowohl Vater als auch Mutter für eine gedeihliche Entwicklung von Kindern wichtig und notwendig sind.

Dieser Antrag findet keine Zustimmung von uns, vorausgesetzt er kommt jemals in einen Ausschuss, in dem abgestimmt werden kann, denn die Zuweisung an einen anderen Ausschuss ist sicherlich keine Lösung.

Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, sind wir mit dieser hilflosen Praxis der Regierungsparteien nicht einverstanden. Es geht nicht an, sich ständig vor Ent­scheidungen zu drücken und Anträge entweder abzulehnen, zu vertagen oder in irgendwelche Ausschüsse zu verweisen, bis sie vielleicht irgendwann einmal nicht mehr notwendig sind, weil es zu Neuwahlen gekommen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sie spielen mit dem Schicksal Österreichs und mit dem Schicksal unserer Kinder. (Beifall bei der FPÖ.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Marek. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.45.08

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kitzmüller, dieser Antrag wird jetzt dorthin zuge­wiesen, wo er hingehört. Für Pflegefreistellung ist nun einmal der Sozialminister zuständig, und deswegen ist es auch korrekt, dass der Antrag im Sozialausschuss behandelt wird.

Inhaltlich ist es gut, dass wir ihn dort diskutieren. Ich kann auch nicht allem zustimmen, was im Antrag gefordert wird, aber ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir tatsächlich Lückenschließungen bei der Pflegefreistellung – das steht auch so im Regierungs­programm – vornehmen, insbesondere wenn zum Beispiel ein leiblicher Elternteil – meistens ist es der Vater – nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt. Wir wissen,


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dass etwa jede zweite Ehe geschieden wird, und sehr, sehr viele Väter verlieren dann den Kontakt zu den Kindern, teilweise gänzlich beziehungsweise reißt der Kontakt zu einem großen Teil ab. Hier haben wir Handlungsbedarf. Kinder haben das Recht auf beide Elternteile, auch wenn nicht mehr beide im gemeinsamen Haushalt wohnen.

Ich glaube, hier haben wir tatsächlich Handlungsbedarf, meine Damen und Herren, und deswegen ist es wichtig, dass wir diesen Antrag im Sozialausschuss behandeln. Ich hoffe auf konstruktive Gespräche mit dem Sozialminister und mit den Sozialpartnern, denn die sind hier ein ganz wesentlicher Faktor. Für diese Lückenschließung gibt es ja nicht nur gesellschaftspolitische, sondern wesentliche wirtschaftspolitische Argumente, meine Damen und Herren, denn auch die dann alleinstehenden und alleinerziehenden Mütter sind Arbeitnehmerinnen und auch diese haben den Druck beim Arbeitgeber, dass sie, wenn die Kinder krank sind, ein Problem haben.

Also reden wir darüber! Finden wir eine Lösung! Ich bin überzeugt, das ist wichtig und es bringt uns weiter. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.03

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe diesen Antrag gemeinsam mit meinen KollegInnen gestellt, weil er darauf hin­weisen soll, dass das Familienbild, das vielen sozialrechtlichen, aber auch anderen Regelungen zugrunde liegt, nicht mehr der Realität entspricht. Die Pflegefreistellung, so wie sie jetzt geregelt ist, geht davon aus, dass Vater, Mutter, Kind in einem Haushalt leben, für alle Zeiten, und immer dann, wenn ein Krankheitsfall eintritt, sollen die bei­den Elternteile die Chance haben, von ihrer Pflegefreistellungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.

Das entspricht aber überhaupt nicht der Realität. Es gibt eben zahlreiche Eltern, die getrennt leben, wo die Eltern entweder geteilte Obsorge haben oder auch nicht, aber auf keinen Fall an einem Ort leben. Das heißt, das Erfordernis des gemeinsamen Haushaltes ist nicht erfüllt. Selbst wenn die Väter die Obsorge haben oder sich tat­sächlich sehr viel um die Kinder kümmern, haben sie derzeit rechtlich nicht die Möglichkeit, die Pflegefreistellung beim Arbeitgeber einzufordern.

Es gibt auch – auch wenn Ihnen das ideologisch nicht gefällt, Frau Kollegin Kitz­müller – zahlreiche Familien, die gleichgeschlechtliche Paare sind, wo Kinder leben und die miteinander den Alltag bewältigen, teilweise von klein auf. Auch dort ist es so, dass sich nicht beide Elternteile – und es sind Elternteile, nämlich der eine ist meist der leibliche Elternteil, der andere ist der soziale Elternteil –, die mit dem Kind leben, die sich um das Kind kümmern, dann auch im Krankheitsfall um dieses Kind kümmern dürfen. Auch wenn es Ihnen nicht in den Kram passt, ist es trotzdem so, dass diese Familien existieren, und auch diese brauchen die Möglichkeit, im Krankheitsfall unterstützen zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Wir gehen natürlich weiter und sagen, es soll die Möglichkeit für eingetragene Partner geben, aber nicht nur in der Konstellation, dass schon Kinder mitgebracht werden und dann ist das als eine Familie mit Kindern anzusehen, sondern auch in der Konstellation, dass jemand Kinder mit Hilfe der Fortpflanzungsmedizin, aber auch in Form von Adoption und Pflege bekommt.

Apropos Pflege: Es gibt zahlreiche Paare – in einigen Bundesländern ist es ja auch möglich für gleichgeschlechtliche Paare, aber nicht nur –, die Kinder adoptieren oder in


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Pflege nehmen. Auch dort gibt es für den Elternteil, der nicht als Pflegelternteil gilt – und das gibt es; es gibt Einzelpersonen, die als Pflegeeltern existieren, aber trotzdem mit jemandem zusammenleben –, nicht die Möglichkeit, Pflegefreistellung in Anspruch zu nehmen.

Dieser Antrag soll der Realität folgen. Dieser Antrag soll allen Eltern die Möglichkeit geben, die Kinder zu unterstützen, die Kinder zu betreuen. Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass er zumindest einem anderen Ausschuss zugewiesen ist, und ich hoffe, dass in diesem Ausschuss nicht der Vertagungsreigen beginnt, sondern dass wir uns wirklich fundiert auseinandersetzen und dann idealerweise eine gemeinsame Lösung finden. (Beifall bei den Grünen.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.12

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Kitzmüller, ich schätze Sie ja sehr, aber ich bitte zu überdenken: Eine gemeinsame Obsorge per Gesetz ist in Wirklichkeit nicht möglich, weil man Gemeinsamkeiten per Gesetz nicht verordnen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun zum Antrag. Auch wir von der SPÖ sind der Meinung, dass eine Lücken­schließung bei der Pflegefreistellung aufgrund der geänderten Lebensverhältnisse not­wendig ist. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht sowohl unter dem Themenbereich Wirtschaft und Arbeit als auch unter dem Themenbereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Lückenschließung bei der Pflegefreistellung in Abstimmung mit den Sozialpartnern vor.

Aus familienpolitischer Sicht begrüßen wir die im Antrag geforderte Anpassung der Pflegefreistellung an die geänderten Lebensverhältnisse von Patchwork-Familien. Eine umfangreiche und ausgiebige Diskussion ist hier sicher noch notwendig, und es ist auch Geld erforderlich. Daher stehen wir zu der im Familienausschuss beantragten und mehrheitlich beschlossenen Zuweisung des Antrages an den Ausschuss für Arbeit und Soziales. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tages­ordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Schenk zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.40

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Schönpass, eine gemeinsame Obsorge ist durchaus möglich, es liegt nur am Wollen, diese auch umzusetzen. (Abg. Schönpass: Aber man kann es nicht verordnen!) Sie sind aufgefordert, das auch zu tun. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben diesen Einwurf hier gemacht, und ich darf darauf auch replizieren, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Nun kurz zum Antrag der Kollegin Musiol. Wir werden diesen Antrag unterstützen, weil es hier eben Ungleichheiten bei der Pflegefreistellung gibt. Wir haben auch die Zuwei­sung an den Sozialausschuss unterstützt, weil er dort auch behandelt werden soll, denn im Pflegebereich liegt vieles im Argen. Es muss einiges geändert werden, es muss einiges umgesetzt werden, respektive muss es hier einmal wirklich Reformen geben, denn wenn sich im Pflegebereich nichts ändert, meine sehr geehrten Damen


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und Herren, und wenn Sie mit Ihrer Politik so weitermachen, wird der Pflegebereich selbst zum Pflegefall.

Die Zugangskriterien zum Pflegegeld wurden erhöht, wurden verschärft, die Kriterien für die Stufen 1 und 2 wurden verschärft. Nur mehr bis 2014 gibt es Geld im Pflegefonds. Was danach passiert, kann zurzeit nicht gesagt werden. Es gibt für die Zeit nach 2014 kein Modell, es gibt keine Finanzierung, keine Sicherstellung der Pflege in Österreich.

Ich glaube nicht nur, sondern ich weiß, dass es ein wichtiges Thema ist, dass es ein wichtiges Zukunftsthema für uns alle ist und dass hier noch viel Arbeit vor uns liegt. Ich würde Sie bitten, die Anträge im Ausschuss nicht immer nur zu vertagen, sondern sowohl diesen Antrag zu behandeln als auch unsere vielen Anträge, die im Sozial­ausschuss liegen, auch zum Thema Pflege, dort mitzuverhandeln und endlich auch umzusetzen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.53

19.53.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Fami­lien­ausschusses, seinen Bericht 1417 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich weise den Antrag 1524/A(E) dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

19.54.0517. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1278/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kenn­zeichnung von Fleisch von mit GVO-Futtermitteln gefütterten Tieren (1412 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1635/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von glyphosathältigen Pflanzenschutzmitteln in Österreich (1413 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.02

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Leere Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es liegen zwei Anträge vor. Der eine ist von meinem Kollegen Norbert Hofer betreffend die Kennzeichnung von Fleisch, das von Tieren stammt, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert worden sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 230

Erinnern Sie sich an das Jahr 1997! Damals gab es das Gentechnik-Volksbegehren, das von 1,2 Millionen Menschen in Österreich unterschrieben worden ist. Seither ist nicht wirklich viel passiert. Sie wissen ganz genau, die Menschen in Österreich lehnen die Gentechnik nach wie vor ab, in jeder Hinsicht, und dennoch ist es so, dass Sie nicht bereit und nicht willens sind, dass Lebensmitteln gekennzeichnet werden, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln gefüttert worden sind.

Das ist tatsächlich nicht nachvollziehbar, denn es kann ja nicht sein, dass der Infor­mationsbedarf der Bevölkerung hier so einfach vom Tisch gewischt wird. Nach Österreich werden jedes Jahr 600 000 Tonnen von gentechnisch verändertem Soja zur Futtermittelherstellung importiert. 600 000 Tonnen! Meine Damen und Herren, das kann doch nicht sein, dass man nicht kennzeichnen darf, welches Fleisch von Tieren stammt, die mit einem solchen gentechnisch veränderten Soja gefüttert worden sind. Daher kann ich nicht nachvollziehen, warum Sie diesen Antrag ablehnen.

Es ist auch so, dass die deutsche Bundesregierung bereits im Februar 2010 einen Vorstoß innerhalb der EU gemacht hat. Sie wollte eine entsprechende Kennzeich­nungsregelung haben, allerdings standen sie innerhalb der EU alleine da. Das bedeutet, auch vom österreichischen Gesundheitsminister gab es hiezu keine Unter­stützung, und das finde ich sehr schäbig und sehr schade.

Auch EU-Gesundheitskommissar Dalli hat das schon abgelehnt und gesagt, er sehe keinen Bedarf dafür. Das ist also wirklich wiederum ein Verbeugen der EU vor der Gentechnik-Lobby, und Sie, meine Damen und Herren von der österreichischen Bun­desregierung, machen dabei mit. Sie sind also hier willfährig.

Der zweite Antrag, ein Antrag des Kollegen Pirklhuber, ist ebenfalls ein Antrag, dessen Ablehnung nicht nachvollziehbar ist. Da geht es um das Glyphosat beziehungsweise um Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln. Wir wissen heute, dass dieses Glyphosat bereits im Grundwasser nachweisbar ist, und zwar Werte, die 80-fach höher sind, als beispielsweise im Trinkwasser erlaubt ist. Dennoch stellen Sie sich hierher und sagen, es sei kein Verbot notwendig.

Es gab eine Studie beziehungsweise gab es inzwischen schon mehrere Studien, die die Schädlichkeit bewiesen haben, die Embryopathien bewiesen haben, die bewiesen haben, dass Glyphosate auch Mitverursacher für diverse Tumorerkrankungen sein können, wie zum Beispiel Hauttumoren oder auch Lymphtumoren. All das ist inzwi­schen bekannt, und dennoch gibt es hier keine Chancen und keine Möglichkeit, diese Art von Pflanzenschutzmittel zu verbieten.

Wir wissen, dass beispielsweise das Roundup, das der Kollege jetzt auf den Tisch gestellt hat (Abg. Dr. Pirklhuber hat einen grünen Plastikbehälter des genannten Roundup vor sich auf dem Pult stehen), nur das von Monsanto gentechnisch veränderte Soja schont, alle anderen Pflanzen im Umkreis vernichtet. Wenn das Roundup ins Trinkwasser gelangt und es die Menschen über Gebühr zu sich nehmen, ist es einfach gesundheitsschädlich. Das Bundesamt für Verbraucherschutz in München hat das erkannt und hat empfohlen, Roundup nicht zu verwenden. Die österreichische Bundesregierung weigert sich. (Beifall bei der FPÖ.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.58.36

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es kann einmal passieren,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 231

dass es auch im Konsumentenschutzausschuss zwei negative Berichte gibt, wenn wir der Meinung sind, dass Anträge abzulehnen sind. Das ist zu begründen, und ich werde es auch begründen. Ich möchte nur daran erinnern, dass in der Juli-Sitzung mehrere Anträge, auch Anträge von Seiten der Oppositionsparteien, von uns angenommen wurden.

In der Frage der Oppositionsanträge ist sehr differenziert vorzugehen. Warum lehnen wir den Antrag betreffend Kennzeichnung von Fleisch von mit GVO-Futtermitteln gefütterten Tieren ab?

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein anderes Kon­zept, und ich gestehe, auch ich war vor zwei Jahren der Meinung, dass eine derartige Kennzeichnung notwendig wäre. Ich trete hingegen nun dafür ein, dass es zu einem Gütezeichen in Österreich kommt mit „gentechnikfrei“ beziehungsweise – und das ist die Herausforderung – in Europa für ein EU-weites Qualitätskennzeichen, wie wir es beispielsweise bei „bio“ haben.

Denn eine Gefahr besteht, und das möchte ich allen Befürwortern einer derartigen Kenn­zeichnungsregelung entgegenhalten: Wenn 95 Prozent der Lebensmittel gekennzeichnet sind, dann beginnt ein Gewöhnungseffekt. Dann werden sich die Menschen an die Gentechnik gewöhnen. Wir gehen einen anderen Weg. Wir schlagen vor – der Vorschlag kommt aus dem Gesundheitsministerium –, eine Gütezeichen­regelung mit „gentechnikfrei“ vorzusehen, und sollte das nicht gelingen, ein europa­weites Qualitätskennzeichen einzuführen.

Was den Antrag betreffend Verbot von glyphosathältigen Pflanzenschutzmitteln angeht, möchte ich daran erinnern – das ist anscheinend untergegangen in der Diskussion –, dass bis spätestens 31. Mai 2012 bei der Europäischen Kommission, konkret bei Deutschland, weil Deutschland den Bericht zu erstatten hat, aktualisierte Dossiers für die Neubewertung des Wirkstoffs Glyphosat einzubringen sind.

Was die Gutachten betrifft: Es gibt Gutachten, nur – ich zitiere aus einer Anfrage­beant­wortung der deutschen Bundesregierung –: dass diese Gutachten zum Teil nicht ernst zu nehmen sind, weil Frosch- und Hühnerembryonen sowie weitere In-vitro-Test­systeme trotz intensiver Forschung bislang nicht als Testsysteme in der human-toxikologischen Prüfung von Pestiziden und anderen Chemikalien validieren. In diesem Bereich nachvollziehbar (...) auch im Deutschen Bundesamt werden in erster Linie Untersuchungen an Ratten und Kaninchen durchgeführt. – Zitatende.

Wir nehmen die Angelegenheit sehr ernst. Wir lehnen derzeit diesen Antrag ab und schlagen vor, die Ergebnisse auf europäischer Ebene abzuwarten, weil wir eine europäische Regelung benötigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist feig!)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Pirklhuber begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Flasche Unkrautbekämpfungsmittel mit der Aufschrift „Roundup unkrautfrei“ auf.)

 


20.02.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Johann Maier hat sich redlich bemüht, Argumente zu finden, um die Anträge abzulehnen. Ganz kurz zum Antrag, was die GVO-Futtermittel betrifft.

 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 232

Da gibt es, glaube ich, überhaupt keinen Zweifel, dass sehr, sehr viele Politiker beziehungsweise konkret das Europäische Parlament immer wieder Anstrengungen unter­nehmen, dafür eine Kennzeichnungspflicht herzustellen. Das ist bisher knapp gescheitert, die letzte Abstimmung ist noch nicht lange her.

Die Mehrheit der Bevölkerung in Europa will eine Kennzeichnung, das ist doch die Herausforderung dabei. Es kann doch nicht sein, dass Tiere Gentechnikfutter fressen, diese Gentech-Konstrukte in die Tiere übergehen, in den Organen und im Blut sogar nachgewiesen werden können, Veränderungen an den Organen verursachen und diese Produkte nicht gekennzeichnet werden müssen!

Herr Kollege Maier, das ist nicht nachvollziehbar, muss ich Ihnen sagen. Die Positivkennzeichnung – jawohl, da sind wir auf der Seite des Ministers, das wollen wir auch europaweit durchaus einheitlich regeln.

Aber jetzt zu diesem Pestizid. Auch das hängt durchaus wieder mit der Gentechnik zusammen. In einigen kurzen Stichworten: Worum geht es?

Roundup wurde 1970 entwickelt, ist ein Breitband- oder Totalherbizid. Eine Million Tonnen an Produkten mit diesem Wirkstoff ist am Markt, wird eingesetzt. 70 ver­schiedene Rezepturen gibt es. Es ist gar nicht leicht, diese Rezepturen allein schon untereinander zu vergleichen und zu bewerten. Etwa 50 Prozent der Weltproduktion wird inzwischen in China produziert, weil das Patent vor ungefähr zehn Jahren ausgelaufen ist und Monsanto jetzt nicht mehr allein die Produktionskapazitäten hat.

Dieses Produkt hier, meine Damen und Herren, kann jeder im Baumarkt kaufen, hier in Wien; und es gibt nicht einmal einen Anwendungshinweis, dass man, wenn man dieses Mittel anwendet, eventuell Schutzhandschuhe verwenden muss.

Herr Bundesminister! Wenn Sie auch für diesen Teilbereich des KonsumentIn­nen­schutzes zuständig sind, dann schauen Sie sich einmal an, wie da geworben wird! Milliardengewinne werden gemacht – mit Pestiziden auf Kosten der Natur, auf Kosten der Menschen, die das verwenden! Und dann steht noch ganz süffisant drauf: „Nicht­kulturland, genehmigungspflichtig“.

Da soll man einem normalen Konsumenten einmal erklären. Erklären Sie mir heute in Ihrem Redebeitrag, was „Nichtkulturland“ ist. Ich sage nichts mehr dazu. Erklären Sie, was „Nichtkulturland“ ist, wo es nämlich vom Konsumenten nicht angewendet werden darf und genehmigungspflichtig ist. Ich schaue mir an, wie viele Konsumenten, wenn sie es auf Nichtkulturland anwenden, sich eine Genehmigung bei der Behörde holen. Hier fängt schon der Betrug an, und zwar mit einem hochgefährlichen Pestizid, das wasserlöslich ist und auch in die Umwelt gelangen kann.

Jetzt zu den Studien, Kollege Maier. Wenn Sie hier sagen, die deutsche Bewertung steht neu an, da gebe ich Ihnen recht. (Abg. Mag. Johann Maier: Es ist eine europäische Bewertung, Deutschland ist Berichterstatter!) – Ja, aber es ist eine deutsche Prüfung. In Deutschland wird derzeit daran gearbeitet und die zuständigen Stellen in Deutschland gehen davon aus, dass die Bewertung auf jeden Fall bis 2015 dauern wird, weil nach heutigen Kriterien so ein Mittel nicht mehr zulassungsfähig ist.

Forscher in Argentinien weisen nach, dass es massive Missbildungen bei Menschen gibt, wo dieses Totalherbizid eingesetzt wird, Kollege Maier, und das sind Menschen, die diese Missbildungen haben! Die Frage ist natürlich, ob man dann im Versuch nachweisen kann, dass diese Missbildungen bei Tieren jenen am Menschen ähnlich sind. Dort sind sie am Menschen vorkommend. Argentinien ist jenes Land, wo diese Pestizidprobleme massiv auftreten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 233

Abschließend: Der Grenzwert für Glyphosat wurde in Brasilien im Jahr 2005 um das 50-Fache erhöht. In Europa beträgt er 20 mg pro Kilogramm, und es gibt keine Untersuchungen, keine ausreichende Datenlage über diese Belastungen in Österreich und Deutschland, wo wir Millionen Tonnen an Futtermitteln importieren, die mit diesem Pestizid behandelt wurden.

Abgesehen davon: Die Konsumenten werden überhaupt nicht über die Gefahren dieser Mittel informiert, die man ohne Giftschein im Baumarkt kaufen kann. Das ist unglaub­lich, das ist ungeheuerlich! Ich verstehe überhaupt nicht, wieso die Regierungsparteien in dieser Hinsicht den Agro-Gentechnikkonzernen derart auf den Leim gehen! (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.07.09

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich denke, das sind zwei wichtige Themenbereiche, die die Menschen, die Bevölkerung interessieren, und zwar aus vielerlei Gesichtspunkten heraus. Es wird mit diesen zwei Themenbereichen viel verunsichert. Aber ich glaube, es gibt auch sehr viele Informationen, die wir den Men­schen zukommen lassen können.

Zum einen: GVO-Futtermittel, die auch zur Fütterung von Tieren eingesetzt werden. Was den Vorschlag einer Kennzeichnung betrifft, bin beim Herrn Kollegen Johann Maier, der gemeint hat, es wäre besser, eine Positivkennzeichnung durchzuführen. Wir wissen, dass wir mit diesen positiven Kennzeichnungen bessere Erfolge haben. Es gibt ja schon diese „gentechnikfrei erzeugt“-Siegel in Österreich, die ARGE Gentechnik-frei hat sie bereits im Jahr 1997 eingeführt, und derzeit gibt es über 1 200 Produkte, die darin gelistet sind.

Auch im AMA-Gütesiegel soll ein Freiwilligenmodul eingebaut werden, damit man eben auch diese Produkte erkennen kann, und im AMA-Biozeichen sind die Produkte natürlich GVO-frei ausgewiesen.

Aus diesem Grunde denke ich, dass wir auch diesen sinnvollen Weg der Positiv­kennzeichnung gehen sollen und nicht, wie Kollege Maier schon ausgeführt hat, an zirka 95 Prozent der Lebensmittel „Gentechnik-belastet“-Kennzeichen anbringen sollen.

Das Zweite ist das Thema Glyphosat. Ja, eine heikle Materie, und ich sage: Vorsicht in dieser Frage, aber keine Panikmache! Denn wir wissen: Wie in vielen anderen Bereichen, kommt es auch hier auf die Handhabung an. Ich kann für die Landwirte sprechen. Die sind ausgebildet, geschult, mit Pflanzenschutzmitteln umzugehen. Jeder Landwirt hat Interesse daran, so wenige Wirkstoffe wie möglich einzusetzen.

Darüber hinaus gibt es in vielen Umweltprogrammen in Österreich immer wieder Kontrolle, Zertifikate, auch für Geräte, womit diese Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, zu sagen, dass die aktuellen Untersuchungen auch vonseiten der AGES nicht bestätigen können, was hier vorgelegt wird; und dass es in den Untersuchungen – das steht auch in den Protokollen – erst ab einer Wirkstoffkonzentration von über einem Prozent zu wirklichen Veränderungen gekom­men ist, die man nachweisen kann. Unsere üblichen Anwendungsmengen liegen weit darunter.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 234

Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, die Handhabung zu beobachten. Wie gesagt, wir Landwirte können das Gott sei Dank vorweisen. In den anderen Bereichen sollte man sich wirklich etwas überlegen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.57

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Konsument hat das Recht, zu wissen, was er isst. Dazu gehört eine genaue Kennzeichnung der Lebensmittel über die Inhaltsstoffe, und dazu gehört genauso die Kennzeichnung, ob Tiere mit GVO-Futtermitteln gefüttert wurden.

Kollege Maier spricht wieder von einem Gütesiegel. Ich weiß nicht, wie viele Gütesiegel wir schon haben, jedenfalls viele. Es ist okay, wenn Sie eines machen, aber bis dieses Gütesiegel kommt, vergehen wieder Jahre und in der Zwischenzeit haben wir schon so viel Fleisch von mit GVO gefütterten Tieren gegessen, dass wir wahrscheinlich selbst schon gesundheitliche Schäden davontragen werden. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb ist die Kennzeichnung unbedingt notwendig. Die Kennzeichnung aller Lebens­mittel mit dem Gütezeichen ist, wie Sie sagen, vielleicht gar nicht mehr notwendig, wenn man bedenkt, dass die Molkereien den Bauern schon verboten haben, Milch von Tieren zu liefern, die mit GVO-Futtermitteln gefüttert wurden. Diese dürfen die Milch nicht mehr liefern.

Ein Problem mit dieser Kennzeichnung dürften die Schweinebauern haben. Die Schweinebauern sind ein großer oder der größte Abnehmer dieser 600 000 Tonnen gentechnisch veränderten Sojas. Die Bauern befinden sich immer an der Grenze zwischen Sein und Nichtsein. Bei denen macht oft ein Cent oder ein Prozentsatz eines Euros schon sehr viel aus, entscheidet über Überleben oder Nichtüberleben.

Da wäre der Herr Landwirtschaftsminister gefordert, GVO-freie Eiweißfuttermittel österreichischer Herkunft zur Verfügung zu stellen, und zwar zum gleichen Preis wie der von Gensoja, dann würde sich dieser Nachteil nicht ergeben.

Wichtig ist auf jeden Fall die Kennzeichnung der Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnikverändertem Futter gefüttert wurden. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Lipitsch zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.12.08

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Zur Kennzeichnung von Fleisch von Tieren, die mit gen­technikveränderten Futtermitteln gefüttert worden sind, ist zu sagen: Ich bin jemand, der gerne einkaufen geht. Nur irgendwann fängt das Problem an, dass man nicht mehr lesen kann, was da alles drauf steht. Deswegen bin ich ganz beim Kollegen Johann Maier, der vorgeschlagen hat, wir müssen ein staatliches Gütezeichen einführen, an dem man auf den ersten Blick erkennen kann, dass das jeweilige Produkt gentechnik­frei ist. So kann man es dem Konsumenten ersparen, 15 Texte lesen zu müssen.

Kollege Spadiut hat gesagt, es würde wieder Jahre dauern. Der Gesundheitsminister hat angekündigt, dass er bis Ende des Jahres eine Regelung betreffend dieses Güte­zeichen anstrebt. Sollte das nicht der Fall sein, möchte er eine rechtlich verbindliche Vorgabe für eine freiwillige Kennzeichnung einführen. Ich glaube, das ist ein sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 235

sinnvoller Weg. Österreich drängt ja gerade auf der EU-Ebene darauf, entsprechende Verordnungen zu erlassen.

Zum Glyphosat. Kollege Pirklhuber, ich bin deiner Meinung, dass gerade im Anwen­dungsbereich kontrolliert werden muss, dass aber auch Anwendungseinschränkungen erfolgen sollten. Du hast so eine Flasche mitgehabt, die man in jedem Baumarkt kaufen kann. (Abg. Dr. Pirklhuber hält die Flasche „Roundup unkrautfrei“ in die Höhe.)

Ich glaube, das große Problem ist, dass jeder Kunde das erwerben kann. Ich denke – auch das ist im Ausschuss klar gesagt worden –, dass wir heute dem negativen Aus­schussbericht zustimmen, denn ein gleichartiger Antrag liegt im Landwirtschafts­aus­schuss. Dort wird er gut beraten, denn die Landwirte arbeiten sehr viel damit. (Abg. Dr. Pirklhuber: Im Baumarkt !) – Ja.

Aber hier könnten vom Landwirtschaftsausschuss die notwendigen Maßnahmen ge­setzt werden, sodass man dann sagen kann: Im Baumarkt darf das nur mehr als Gift gekennzeichnet vergeben werden. Wie gesagt, das soll im Landwirtschaftsausschuss beraten werden. Wir stimmen dem negativen Ausschussbericht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hackl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.14.29

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! 90 Prozent der Österreicher lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel ab. Da gibt es genug Umfragen, das verhält sich so. Wenn man hört, dass im Gegensatz dazu über Jahre zwischen 500 000 und 600 000 Tonnen an gentechnikverändertem Soja eingeführt werden – wie muss den Menschen, die das ablehnen, zumute sein?

Ich sehe, abgesehen von allen technischen und administrativen Problemen, eine moralische Verpflichtung der Politik, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Die Leute draußen haben das Recht, zu wissen, ob das Schweindl mit normalem Futter oder mit argentinischem oder brasilianischem Gentechnikfutter gefüttert wurde. (Abg. Doppler: Genau so gehört’s!)

Weiters ist eine Bedingung, dass wir von den vielen Gütesiegeln wegkommen. Es sollte endlich ein hoheitliches, neutrales Gütesiegel kommen, ohne dass irgendwelche Lobby-Interessen dahinterstehen. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) – AMA-Gütesiegel? Ich habe meine eigene Meinung zum AMA-Gütesiegel und auch der Herr Bundesminister hat sich in der Aussprache etwas kritisch dazu geäußert. Er wird dafür sicher seine eigenen Worte verwenden.

Zum Glyphosat. Es ist mehrmals erwähnt worden, dass nicht nur der Landwirt das einsetzen darf. Man geht in den Baumarkt, oder ins Raiffeisen-Lagerhaus und kauft es sich einfach. Jeder Hobbygärtner sprüht, denn das Zeug soll ja Wunder wirken. Die Wissenschaft spielt mit. Es gibt Gutachten und Gegengutachten. Aber solange es keinen eindeutigen Beweis gibt, sagt der Hausverstand ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Es ist wie bei DDT, es hat 50 Jahre gedauert, bis es verboten wurde!) – Ja, das wäre auf meiner Agenda gestanden. Solange kein eindeutiges Gutachten da ist, gehört es verboten, zumindest für den privaten Gebrauch. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Tadler.)

Wir haben in der Geschichte schon mehrmals ähnliche Phänomene gehabt. Das passt zwar nicht in den Lebensmittelbereich, aber denken Sie an Asbest! Asbest war das Wundermittel, wenn es um Feuerfestigkeit in Hochhäusern ging, Spritzasbest wurde allgemein verwendet. Heute wissen wir, dass Asbest krebserregend ist, aber nicht, wie


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wir das Zeug entsorgen sollen. Solche Risiken sollten wir in der Lebensmittelbranche nicht eingehen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.17.37

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, gehört gekennzeichnet, und zwar ausnahmslos!

In Österreich lehnen – das haben wir schon gehört – zirka 90 Prozent der Kon­su­menten den Einsatz der Gentechnik bei der Herstellung von Lebensmitteln ab. Wie Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein schon gesagt hat, importiert Österreich zirka 600 000 Tonnen gentechnikverändertes Soja zur Futtermittelherstellung. Auf diese Weise, meine sehr geschätzten Damen und Herren, landet Gentechnik ohne Kenn­zeichnung auf den Tellern der Konsumenten.

Produktverpackungen wie jene für Milch müssen, auch wenn Tiere gentechnisch verändertes Futter bekommen haben, derzeit nicht gekennzeichnet werden. Man muss sagen, dass einige Produzenten in Österreich schon umdenken und bei der Futter­mittel­herstellung auf Gentechnik verzichten; doch die EU beziehungsweise der zustän­dige Kommissar haben nicht die Absicht, sehen keinen Anlass, gentechnisch verän­derte Lebensmittel zu kennzeichnen. Dabei lässt die EU immer mehr Genpflanzen zu.

Im Sinne der Konsumenten, meine sehr geschätzten Damen und Herren, gehören solche Produkte gekennzeichnet! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.18.59

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist mir Anliegen, die klare Position der österreichischen Bundesregierung zu benennen, nämlich dass wir gentechnisch veränderte Produkte in Österreich nicht aussetzen wollen. Wir haben aber das Problem bei den Futtermitteln, die eingekauft werden.

Es ist schon gesagt worden, dass die österreichische Bevölkerung Gentechnik auf dem Teller ablehnt. Daher ist es ganz klar, dass man Produkte, die gentechnikfrei sind, auszeichnen soll. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der ARGE Gentechnik-frei, weil diese ARGE sich bemüht hat, die Gentechnikfreiheit in Österreich umzusetzen. Sie haben da einiges an Vorreiterarbeit geleistet. Ich bedanke mich bei allen Milchbauern in Österreich, denn sie setzen Gentechnikfreiheit in der Milch in Österreich um. Das ist eine gute, tolle Leistung.

Ich bedanke mich auch bei den Biobauern, denn sie setzen Gentechnikfreiheit im Bio-Bereich um.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit wir es schaffen, das Wirrwarr bei der Bevölkerung hintanzuhalten und Klarheit zu haben, wäre ein Gütezeichen „gentech­nikfrei“ ganz dringend. Ich ersuche auch alle Abgeordneten, da mitzuwirken, damit wir endlich zu einem Gütezeichengesetz kommen und Gentechnikfreiheit auch auszeich­nen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.20

20.20.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 237

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1412 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Ausschusses für Konsumentenschutz, seinen Bericht 1413 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

20.21.37 19. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 180/A der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG) geändert wird (1471 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 842/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Toleranzvereinbarungen „Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern in bergbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben“ (1472 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 904/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstraßen (1479 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1006/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend strikte Einhaltung des Tierschutzgesetzes in der Begleithundeausbildung und bei allen weiteren Hundesportaktivitäten (1476 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1007/A(E) der Abgeordn­eten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassungs­kriterien für Hundebesitzer zur Schutzhundeausbildung (1477 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 238

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1084/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausstattung der Exekutive mit Chiplesegeräten für Hunde (1478 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1183/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Verfallsregel im Tiertransportgesetz 2007 (1480 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen (1482 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1216/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Sachkundeverordnung für die Haltung exotischer Tiere (1483 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1257/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungs­auftrag zur Erhebung des Gesundheitsstatus sowie der Aufstallungs- und Arbeitsbedingungen der Fiakerpferde in Wien (1475 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1274/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlangen (1484 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1286/A(E) der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maß­nahmen zum Schutz von Straßentieren („Streunertieren“) in der EU (1487 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1287/A(E) der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbes­serung der Haltungsbedingungen von Masthühnern (1473 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 239

32. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1431/A(E) der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier (1474 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1470/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung von Handbüchern und Checklisten zur Selbstevaluierung „Tierschutz für Haustiere“ (1485 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1471/A(E) der Abgeord­neten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der Handbücher und Checklisten zur Selbstevaluierung Tierschutz (1486 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1575/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 6. August 1909 betreffend die Abwehr und Tilgung von Tier­seuchen (Tierseuchengesetz – TSG) geändert wird (1481 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 35 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Vock. 5 Minuten Redezeit sind ein­gestellt. – Bitte. (Abg. Vock begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine gerahmte Urkunde der Initiative „Unternehmen Hund“ mit folgendem Text auf: „Für die Teilnahme am Aktionstag ‚Unternehmen Hund 2011‘ wird der Freiheitliche Parlamentsklub als hundefreundliches Unternehmen ausgezeichnet.“ – Ruf beim BZÖ: Das kann man nicht lesen!)

 


20.22.08

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Mein Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Im Juli dieses Jahres habe ich Kollegin Oberhauser und Kollegen Rasinger gelobt, weil erstmalig Anträge der Opposition im Gesundheitsausschuss angenommen wurden. Heute kann ich mit diesem Lob fortfahren. Offensichtlich sind ein sachlich kompetenter Minister wie Herr Stöger (demonstrativer Beifall bei der SPÖ) und eine kompetente und engagierte Ausschussvorsitzende wie Kollegin Belakowitsch-Jenewein eine gute Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Mein Dank gilt heute unserem Kollegen Keck, dem Tierschutzsprecher der SPÖ, der sich um die Umsetzung der Oppositionsanträge sehr bemühte. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.) In zahlreichen Gesprächen mit Tierschutzsprechern und Experten hat er den heutigen Tag möglich gemacht. Mein Dank gilt auch Kollegem Eßl, dem Tierschutzsprecher der ÖVP, dem der Tierschutz offensichtlich wichtiger ist als parteipolitisches Denken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 240

Die Gewinner sind unsere Tiere, denn gemeinsam verbessern wir den Tierschutz. Ich kann nur hoffen, dass dieser neue politische Stil, wie er im Gesundheitsausschuss jetzt üblich ist, ein Vorbild für andere Ausschüsse ist.

Zu der Tafel, weil manche sagen, sie können sie nicht lesen: Der Freiheitliche Parla­mentsklub wurde als hundefreundliches Unternehmen gekürt, weil wir an der Aktion hundefreundliches Unternehmen des Wiener Tierschutzvereines teilgenommen haben. (Abg. Mag. Stadler: Wie war das?)

Zu den Anträgen: Neue Handbücher und Checklisten werden künftig unseren Pferdebauern als Hilfe dienen, um tierschutzgerechte Landwirtschaft umzusetzen.

Exoten sollen künftig nicht mehr auf Messen ausgestellt und verkauft werden. Wer künftig Exoten halten will, soll sich vorher damit beschäftigen, welche Anforderungen für eine artgerechte Haltung notwendig sind. (Abg. Mag. Stadler: Wie ist das bei Hunden?)

Das Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlangen wird einerseits den Schlangen zur artgerechten Haltung verhelfen und andererseits die Gefährdung von Mitmenschen vermeiden helfen. Ich erinnere zum Beispiel an die Kobra, die in Wien auf einem Kinderspielplatz in einer Schachtel ausgesetzt wurde, versehen mit dem Hinweis: Ich esse gerne Mäuse. Gott sei Dank hat ein Hund die Schachtel gefunden, und die Hundebesitzerin hat sofort den Wiener Tierschutzverein verständigt. Nicht auszu­denken, wenn ... (Heiterkeit des Abg. Mag. Stadler.) – Herr Kollege Stadler, ich weiß nicht, was daran lustig ist! Was, wenn ein Kind das gefunden hätte? Wenn es die Schachtel ahnungslos geöffnet hätte und eine Kobra vis-à-vis gewesen wäre? Ich weiß nicht, ob das zum Lachen ist! (Abg. Mag. Stadler: Vielleicht war das eine vegetarische Kobra!)

In Graz hat man wochenlang eine Boa gesucht, weil ein achtloser Schlangenbesitzer diese Boa verloren hat und dann draufgekommen ist, dass sie sich in seiner Wohnung verkrochen hat. Aber ganz Graz war eine Woche lang in Aufruhr. (Abg. Mag. Stadler: Aber, aber!)

Wichtig ist auch ein weiterer Antrag, nämlich jener betreffend Beschlagnahme von illegalen Tiertransporten. Das hilft hoffentlich, den Schmuggel mit Hunden einzu­dämmen. Dass bei Schmuggel Zigaretten beschlagnahmt werden, ist schon üblich; das ist beim Tiertransport ja nicht so. Im Gegenteil: Es wird zwar beschlagnahmt, die Tiere werden verkauft, aber das Geld wird dann dem Besitzer rückerstattet. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Das ermutigt ja eigentlich diese Züchter aus dem Osten, die Tiere zu uns zu schmuggeln, damit sie hier verkauft werden.

Nicht umgesetzt wurde mein Antrag betreffend Handbücher und Checklisten für Haus­tiere, aber nur, weil der Herr Minister schneller war und diesen Antrag bereits umge­setzt hat. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Negativ ist leider, dass unter dem Vorwand der Religionsfreiheit Tiere noch immer bis zu 15 Minuten bei vollem Bewusstsein ausbluten müssen, weil das Schächten in Österreich noch immer als Bestandteil der Religionsfreiheit gilt, und wir leider keine Mehrheit gefunden haben, um das einzustellen.

Aber alles in allem bin ich als Tierschutzsprecher heute natürlich zufrieden, dass wir so viel im Sinne des Tierschutzes umsetzen können. Ich würde auch noch gerne über die Anträge der Kollegen der Opposition sprechen. Das Problem ist nur, die Zeit läuft mir davon, und ich habe im Ausschuss ausführlich darüber berichtet und verweise daher auf meine Redebeiträge im Ausschuss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 241

Wie gesagt, alles in allem: Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Danke nochmals an die Kollegen Keck und Eßl, aber natürlich auch an die Kollegin Brunner und den Kollegen Spadiut. Gemeinsam haben wir viel weitergebracht. Heute ist ein guter Tag für den österreichischen Tierschutz. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.26.56

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Bei solch einem Kontraredner weiß ich nicht mehr, was ich als Proredner sagen soll. Ich muss wirklich sagen, auch ich bedanke mich selbstverständlich beim Kollegen Eßl. Es waren lange, teilweise schwierige Verhandlungen, die wir geführt haben. Aber wir haben trotzdem viel erreicht. Ich bedanke mich auch beim Kollegen Vock, bei der Kollegin Brunner und beim Kollegen Spadiut. Ich denke, dass sieben angenommene Oppo­sitionsanträge zeigen, dass in dieser Materie viel weitergeht, dass nicht auf politisches Kleingeld geschaut wird, sondern die Sache wirklich diskutiert und umgesetzt wird.

Ich möchte auf zwei Anträge eingehen, weil sie mir am Herzen liegen. Es sind zwei Anträge, die abgelehnt wurden. Der erste ist der Antrag betreffend Zulassungskriterien für Hundebesitzer zur Schutzhundeausbildung. Meine Damen und Herren! Es gibt in Österreich keine Schutzhundeausbildung, denn die Schutzhundeausbildung ist ab­solut der Exekutive und dem Militär vorbehalten. Diese zwei Institutionen bilden Schutzhunde aus. Alles andere, das in den Vereinen geschieht, ist eine Sporthun­de­ausbildung. Ich selbst betreibe diese Sporthundeausbildung schon länger als 30 Jahre und kann Ihnen versichern, dass das, was in diesem Antrag steht, dass nämlich Fachexperten behaupten, dass „sogenannte ‚negative Einwirkungen‘ auf das Tier in Form von Bestrafung, Zwang und Starkzwang als notwendig erachtet werden“, in dieser Ausbildung nicht vorkommt.

Zwang und Starkzwang würde bedeuten, dass diese Hunde Teletac-Geräte und Stachelhalsbänder umgelegt bekommen. Ich kann Ihnen sagen, dass das mit diesen Hunden garantiert nicht geschieht, und ich würde mit meinen Tieren, mit meinen Hunden keine Ausbildung absolvieren, bei der ihnen Schmerz und Leid zugefügt wird, wo dieser Zwang ausgeübt wird.

Daher lasse ich mir diese Sporthundeausbildung, die in Österreich abertausende Men­schen betreiben, nicht schlechtmachen. Ich kann nur sagen, die Schutzhunde­aus­bildung muss der Exekutive vorbehalten sein, die Sporthundeausbildung den Vereinen. Sollte es schwarze Schafe geben, sind diese sofort anzuzeigen, damit dem Tier­schutzgesetz Genüge getan werden kann.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss noch einmal: Ich denke, es war wirklich ein guter Ausschuss. Wir haben viele Dinge umgesetzt, die notwendig waren. Kollege Vock hat es erklärt, die anderen Sprecher werden es auch sagen. Es war ein guter Ausschuss. Ich hoffe, dass es so bleibt, dass wir in diesem Sinne weiterarbeiten. Ich möchte mich auch bei den Mitarbeitern des Ministeriums und beim Minister bedanken. Ohne deren Unterstützung wären wir nicht so weit gekommen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die da mitgewirkt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 242

20.29.25

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auch bei allen Tierschutzsprecher-Kollegen für die Zusammenarbeit bedanken. Der letzte Ausschuss war für mich als Oppositionspolitikerin generell etwas Besonderes, weil erstmals auch Anträge abgelehnt wurden, damit wir sie hier behandeln können, aber auch Anträgen von uns zugestimmt wurde. Danke für die Zustimmung, aus Ihrer Sicht. Auch wenn es sachlich okay ist, dass wir da wirklich etwas weiterbringen. Wir konnten auch einige gemein­same Anträge formulieren, und ich hoffe, dass wir in diesem Sinne weitermachen können.

Zwei meiner Anträge haben Zustimmung gefunden, bei dem einen geht es um den Schutz von Streunertieren. Diese Problematik finden wir vor allem in Osteuropa, dass Streuner, Straßentiere in Tötungsstationen kommen und gequält werden. Mit unserem Antrag wird sich Herr Minister Stöger auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Maßnahmen gegen diese Tierquälerei gesetzt werden.

Das Zweite ist das Verbot der Entnahme von Federn und Daunen von lebenden Tie­ren. Bis jetzt ist es noch sehr oft der Fall, dass Mastgänse in regelmäßigen Abständen mehrfach gerupft werden. Darüber, dass das sehr schmerzhaft und tierquälerisch ist, braucht man, glaube ich, nicht reden. Auch da konnten wir Gott sei Dank Einigkeit erzielen und etwas zum Schutz dieser Tiere weiterbringen.

Ein Antrag von mir wurde leider abgelehnt. Dabei geht es um Verbesserungen bei der Haltung von Masthühnern. Da gibt es schon noch massive Probleme, vor allem was das Platzangebot, schlechte Beleuchtung, Besatzdichte, Futterbeschränkung und all diese Dinge angeht. Da müssen wir schon noch Maßnahmen setzen.

Ich appelliere vor allem auch an die ÖVP, sich vielleicht einmal einen Ruck zu geben und zu überlegen, dass die Landwirtschaft in Österreich – das ist meine Überzeu­gung – sich nur dann behaupten kann, wenn sie sich durch Qualität auszeichnet, nicht mit der Massenproduktion in Europa mithält und eben auch Tierschutzqualität und Tierschutzstandards untergebracht werden. Man muss sich, wenn man im Bereich der Landwirtschaft tätig ist, schon bewusst sein, dass das nicht irgendein Produkt wie jedes andere auch ist, sondern es sich um Lebewesen handelt, die auch artgerecht leben können müssen. Das ist im Bereich der Masthühner der Fall. Vielleicht schaffen wir es auch in diesem Bereich. Ich werde den Antrag noch einmal einbringen, vielleicht geht es beim nächsten Mal ja durch.

Ein Punkt, der noch offen ist – und damit kommen wir von den Hühnern zu den Schweinen –, ist die Frage des Kastenstandes bei Schweinen. Da gilt das Gleiche. Ich denke, es kann nicht sein, dass wir in Österreich Tierquälerei unterstützen. Es ist klarerweise nichts gegen die Bauern und Bäuerinnen, wir wollen regionale Produkte, wir wollen gute österreichische Produkte. Aber es wäre genau die Aufgabe eines Landwirtschaftsministers, die Bäuerinnen und Bauern dahin zu bringen, dass sie auch in Zukunft gesetzeskonform arbeiten können. Die Feststellung, dass das nicht geset­zeskonform ist, gibt es von der Volksanwaltschaft. Ich rufe den Landwirtschaftsminister noch einmal auf, Sorge dafür zu tragen, dass sich die österreichische Landwirtschaft in eine gesetzeskonforme Richtung entwickeln kann und dass Haltungsformen, die eindeutig Tierquälerei sind, in Österreich verboten werden. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist ein offener Punkt, bei dem ich Sie alle zur Zusammenarbeit aufrufe, denn ich denke, alles andere ist unwürdig. So wie das Klima im letzten Gesundheitsausschuss war, hoffe ich, dass wir auch in diesem Bereich etwas weiterbringen können.

In diesem Sinne danke ich noch einmal für die Zusammenarbeit. Ich sehe hoffnungsfroh in die Zukunft. Ich bin trotzdem der Meinung, dass Österreich ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 243

eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.33.33

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf einmal grundsätzlich feststellen, dass wir in Österreich ein international anerkanntes Tierschutzgesetz und hohe Standards in der Tierhaltung haben. Aber trotzdem denkt man natürlich immer wieder darüber nach, wie man die Bedingungen noch verbessern könnte. In diesem Sinne haben wir eine große Anzahl von Anträgen sachlich diskutiert, darunter sehr viele Oppositionsanträge, und ich darf die Sach­lich­keit, die im Vordergrund gestanden ist, wirklich betonen.

Es ist vom Kollegen Vock schon erwähnt worden, dass einige Ansinnen, die Inhalt der Anträge waren, bereits umgesetzt worden sind – die erste Tierhalteverordnung mit den Toleranzregelungen und Mindestanforderungen, Kontrolle von Lebendtiertransporten und so weiter.

Ein weiterer Block war das Thema Hunde. Mir ist, was die Ausbildungskriterien für Hunde und Hundetrainer betrifft, wichtig, dass nicht unbedingt eine Monopolstellung für einzelne Vereine entsteht. Es gibt bereits Vorschläge, die sind bereits ausgearbeitet und schon in Diskussion.

Ein breiter Block hat die Haltung und den Handel von exotischen Tieren betroffen. Da gilt für mich der Grundsatz, dass Tiere eigentlich nur gehalten werden sollen, wenn die Lebensbedingungen für diese Tiere passen und die Tierhalter entsprechende Kennt­nisse über die Tiere und ihre Bedürfnisse haben. Das erscheint mir am ehesten dann gewährleistet, wenn ein Tier direkt von einem Züchter oder in einer mit allen Geneh­migungen ausgestatteten Tierhandlung erworben wird. Es muss alles getan werden, um den Informationsfluss zu gewährleisten.

Eine Informationspflicht sollte es insofern geben, als der Verkäufer den Käufer umfassend über die Bedürfnisse des gekauften Tieres aufklären muss. Das ist auch deshalb wichtig, weil es sich durchaus um gefährliche oder giftige Tiere handeln kann. Um Spontankäufe durch nicht sachkundige Kunden zu verhindern, sollte der Herr Bundesminister, wie im Antrag 1215/A(E) festgehalten, für gewisse exotische Tiere, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, ein Verkaufsverbot bei Messen erlassen.

Wir wollen alle gemeinsam, dass eine Verfallsregelung nach dem Tierseuchengesetz auf Grundlage der veterinärbehördlichen Binnenmarktverordnung und der veterinär­rechtlichen Einfuhrverordnung kommt; das Beispiel mit den Hundewelpen wurde schon gebracht.

Abschließend darf ich noch einmal betonen, dass wir sehr viel Sachlichkeit in der Diskussion gehabt haben, obwohl wir natürlich nicht überall einer Meinung sind. Ich will, dass wir auch in Zukunft praktikablen Tierschutz machen – einen Tierschutz mit Hausverstand und mit Augenmaß.

Frau Kollegin Brunner, Folgendes müssen wir immer wieder beachten, wenn wir von heimischen Lebensmitteln sprechen: Die Bauern leben von der Tierhaltung. (Abg. Mag. Brunner: Eben!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, deshalb hoffe ich, dass wir auch zum Thema Schweinehaltung in einer sachlichen Diskussion bald Klarheit für die Betroffenen schaffen können. Ich glaube, es liegt auch ein Vorschlag des Landwirtschaftsministers


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 244

am Tisch, der es durchaus wert ist, diskutiert zu werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Grosz.)

20.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.37.09

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es ist sehr viel gelobt und gedankt worden. Ich muss sagen, dieser Tierschutzausschuss ist wirklich ein sehr guter Ausschuss, und ich komme auch nicht umhin, dem Herrn Minister nach drei Jahren der Kritik meine Anerkennung auszudrücken. Er hat sich wirklich zu einem kleinen Lichtblick in dieser Regie­rungs­mannschaft entwickelt. (Ruf bei der SPÖ: Herr Minister, gratuliere!) Das ist atypisch für einen Oppositionspolitiker, aber wie sagt man so schön: Was ’s wiegt, das hat ’s. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt zu meinen Anträgen: Der Antrag betreffend Mindestanforderungen für die Haltung von Tieren in bergbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben wurde kurz nach meinem Einbringen umgesetzt. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mein Denkanstoß angenommen wurde, damit wird vielen Bauern eine Menge Geld erspart.

Über die Anträge, die das Tierschutzgesetz bei Begleithunde- und Schutzhunde­ausbil­dung betreffen, hat Kollege Keck schon ausführlich berichtet. Mir geht es darum, eben diese schwarzen Schafe in die Schranken zu weisen, und es wäre wichtig, solche Fälle anzuzeigen, wenn sie bekannt werden.

Zu meinem Antrag betreffend die Kontrollen von Lebendtiertransporten an alten Grenz­übergängen und Bundesstraßen muss festgehalten werden, dass der Bun­desminister den Kontrollplan erstellt, für die Durchführung dieses Kontrollplanes ist der Herr Landeshauptmann zuständig. Im Moment schauen die Kontrollen so aus, dass auf den Autobahnen eine Polizeistreife mit einem Tierarzt steht und am Tag vielleicht einen Transporter kontrollieren kann. Meistens sind das heimische Transporter. Das sind vergeudete Ressourcen. Mir geht es darum, die ausländischen Tiertransporte zu kon­trollieren. Das ist am leichtesten an den alten Grenzübergängen oder vielleicht ein paar Kilometer davon entfernt möglich. Wir wissen, dass diese Transporter alle mit Funk­geräten ausgestattet sind und sofort Ersatzrouten nehmen. Ich hätte den Herrn Minister nur gerne darum gebeten, die Grenzübergänge und Bundesstraßen in diesen Kontrollplan mit aufzunehmen.

Ich weiß, dass die Ausstattung der Exekutive mit Chiplesegeräten für Hunde Landes­sache ist, aber in den Ländern geschieht nichts. Die Polizisten sind noch nicht mit Chiplesegeräten ausgestattet. Es kommt zu Bissverletzungen von streunenden Hun­den, man fängt die Hunde ein, weiß aber nicht, wo sie hingehören, weil sie zwar gechippt sind, man aber kein Lesegerät hat.

Außerdem ist das Chippen von Hunden eine Verordnung, es ist Pflicht, aber es gibt niemanden, der das exekutieren kann. Keiner kann feststellen, ob sie gechippt sind oder nicht. Ich möchte gar nicht verhehlen, dass es mir manchmal zu viel wird, wenn jede Nacht die Polizei bei mir läutet und ich den Hund chippen oder lesen muss, weil nur ich ein Chipgerät, ein Lesegerät habe. Ich hätte gerne den Herrn Minister gebeten, mit der Frau Innenminister in Kontakt zu treten, um auf die Länder einzuwirken. Ein Chip-Lesegerät kostet 120 €. Bei einem großen Auftragsvolumen für 120 Bezirke könnte dieser Preis sinken. Das wären vielleicht 12 000 €. Das wird wohl machbar sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 245

Mein letzter Antrag war der Antrag auf einen Forschungsauftrag zur Erhebung des Gesundheitsstatus und der Aufstallungs- und Arbeitsbedingungen der Fiakerpferde in Wien. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass es diese Studie bereits gibt. Aber diese Studie ist eine reine Hitzestudie, da wurden die Pferde bei Hitze untersucht, wie ihre Atmung, ihre Pulsfrequenz und so weiter ist. Diese Studie kann ein Teil eines Forschungsauftrages sein, aber in keiner Weise ein Forschungs­auftrag. Bei einem Forschungsauftrag kommt es wirklich darauf an, den Gesund­heitsstatus, die Fütterung, die Aufstallung, die Beschaffenheit der Hufe, den Beschlag und so weiter festzustellen.

Ich werde diesen Antrag noch einmal einbringen, nicht nur deswegen, weil die Studie nicht befriedigend ist, weil sie eben nur ein Teil ist, sondern weil mit dieser Argu­mentation, dass die Studie bereits existiert, die Ablehnung komplett falsch begründet wurde. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.41.29

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich nur auf zwei Anträge, die im Ausschuss kontroversiell behan­delt worden sind, beziehen. In dem einen Antrag geht es um die Schächtung der Tiere ohne Betäubung und im zweiten um die Lebendtiertransporte.

Bei der Schächtung der Tiere möchte ich auf das Tierschutzgesetz, das 2005 mit den Stimmen aller vier Parlamentsparteien beschlossen worden ist, verweisen, wo die rituelle Schächtung genau geregelt worden ist – und ich meine, sie ist sehr gut geregelt. Ich möchte vielleicht einige Eckpunkte in Erinnerung rufen: Schächtung nur in notwendigem Ausmaß, nur im Rahmen der Religionsausübung, Schächtung nur in von Behörden genehmigten Einrichtungen und unter Beiziehung eines dementsprechenden Tierarztes und von fachkundigen Personen. (Abg. Lausch: Schächten ist eine Sauerei! Gehört verboten!)

Auch Experten haben, wie schon im Ausschuss erwähnt, dieses Schächten als harm­los bezeichnet, vorausgesetzt, es wird richtig und nach dem Gesetz und den Vor­schriften durchgeführt. Die Religionsfreiheit ist ein Grundrecht in Österreich, und wenn es Religionen gibt, die eine rituelle Schächtung vorsehen, so möchte ich sagen, dass diese Bestimmungen, die im Tierschutzgesetz vorgesehen sind, auch für jene Religi­onen gelten.

Zu den Lebendtiertransporten: Dieser Kontrollplan, der vom Bundesminister jährlich ausgegeben wird, wo die Hoheit über die Länder gilt, ist ein sehr gutes Instrumen­tarium. Er sieht auch vor, dass nicht nur auf Autobahnen und Autostraßen die Kontrolle durchgeführt werden kann, sondern natürlich auch auf den Bundesstraßen. Grenzen aufzubauen, um den Tiertransport zu kontrollieren, ist nicht die Maßnahme, die wir uns vorstellen, sondern eher Grenzen abzubauen, aber eine effektive Kontrolle durchzu­führen.

Dieser Kontrollplan ist ein richtiges Zeichen, eine richtige Maßnahme, auch die EU lobt uns, lobt den Bundesminister für diese Maßnahmen und empfiehlt sie auch den anderen EU-Staaten. So gesehen ist das Tierschutzgesetz eine gute Lösung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 246

20.43.58

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsausschusses! Es war wirklich eine ganz tolle Sache, ich gratuliere allen. Wir haben eine ganze Menge durchgebracht.

Es ist sehr viel Erfreuliches dabei gewesen, aber ich glaube, eine kleine Salzträne sollte man da und dort schon hineinlegen. Tierschutz ist immer dann wichtig, so lange alle sagen, da habe ich keinen Nachteil, aber wenn irgendwo eine Klientel daran hängt, dann ist vielleicht der Tierschutz nicht mehr so im Vordergrund. Und dann diese ganze Geschichte mit den religiösen Gründen. Da sage ich: Ein bisschen schwanger geht nicht. Entweder sind wir für Tierschutz oder für Religionsfreiheit. Aber Tierschutz versus Religionsfreiheit?! Da sollte man sich schon eindeutig Gedanken machen, ob das überhaupt noch zeitgemäß ist.

Ich glaube, die Sache mit den Daunen – die Entnahme von Federn oder Daunen von lebenden Tieren – ist eine tolle Geschichte, ich freue mich wirklich darüber. Der Schutz von streunenden Straßentieren ist eine tolle Geschichte. Ich glaube, das sind alles so Sachen, die jedem Tierschützer am Herzen liegen.

Was vielleicht nicht ganz so toll war, war das mit den Chipgeräten. Kollege Spadiut hat es ja richtig gesagt. Es geht ja nicht nur um streunende Hunde, es geht ja um Haftpflichtschäden et cetera. Und es geht vor allem darum: Vor dem Gesetz, bevor das Chippen eingeführt worden ist, war es ja so – beziehungsweise gibt es das heute noch –, dass es ja noch sehr viele alte Hunde gibt, die im Grenzgebiet teilweise ausgesetzt werden, die verwirrt herumirren. Bitte schön, da muss man schon irgendetwas sagen und der Exekutive zur Hand gehen.

Jetzt komme ich zu dieser ganz tollen Geschichte des Schächtens. Ich sage nur eines: Betäubung vor dem Blutentzug ist verboten, das gilt für religiöse Riten. Also meine Damen und Herren, das ist meines Erachtens etwas zum Erbrechen. Wenn ich mir da nur anschaue: Die rituellen Schlachtungen müssen von Personen vorgenommen werden, die die Kenntnisse und Fähigkeiten dazu haben. Wer ist das, erstens einmal? Schlachten muss ausschließlich in Anwesenheit von Tierärzten erfolgen. Bitte, wie viele Ärzte sind denn angerufen worden in Österreich, die dabei waren? Ich weiß ganz genau, dass eine Menge von diesen Schlachtungen ohne Tierärzte stattfinden. Das wird einfach so gemacht, das ist eine Grauslichkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Schlachtung ist ja ganz einfach im Halsbereich, dann kommt jemand, geht her und tut es ein bisschen betäuben, weil das schön für’s Vieh ist! – Wir wissen, das stimmt nicht! Die Untersuchungen sagen – bitte bis Istanbul! –, dass das Tier sieben bis 15 Minuten auch dann noch leben kann, weil Sauerstoff ins Hirn gelangt.

Ich denke ganz einfach, seit der Ringparabel von Lessing sollten wir im Sinne der Aufklärung im Jetzt angekommen sein. Damit sind wir nicht gegen eine Religion, son­dern für ein zeitgemäßes Aufarbeiten einer Religion, wobei eben auch viele Muslime sagen, man kann das Tier durchaus vorher betäuben. Es macht überhaupt nichts, es muss nur der Schnitt am lebendigen Tier gemacht werden. In dem Sinne sage ich noch einmal: Tiere sind Lebewesen, Tiere sind keine Ware! In dem Sinn: Packen wir es noch einmal an, gehen wir den kleinen Schritt! Die Schweiz, Island und auch Schweden haben ihn schon gemacht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 247

20.47.11

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, Tierschutz ist eine Prinzipiensache. Wer Tiere achtet, achtet wahrscheinlich auch Menschen. Ich erlebe das immer wieder in der Ordination: wie Menschen miteinander umgehen, hat auch damit zu tun, wie sie mit Tieren umgehen. Wenn einer Tiere quält, ist er wahrscheinlich auch als Mensch eher ungenießbar und quält manchmal auch seine Umwelt auf die eine oder andere Art. Darum ist dieser Tierschutzausschuss ein sehr wichtiger Ausschuss gewesen, weil wir alle gemeinsam gezeigt haben, dass es uns ein Herzensanliegen ist. So gesehen gebe ich auch das Lob zurück an die Opposition, die sehr konstruktiv war.

Ich halte es auch für einen Unsinn, wenn man exotische Tiere in der Badewanne hält. Einen Alligator braucht man nicht zum Schutz vor der Nachbarin. Er ist auch nicht lieb – und meistens wird er dann irgendwann weggelegt. Eine Python oder eine Boa Constrictor gehört in den Zoo und nicht ins Haus.

Prinzipiell ist zu sagen: Respekt vor dem Tier heißt auch Respekt vor dem Menschen. Wer ein Tier nicht schätzt, schätzt den Menschen nicht. Und wer diese Message nicht kapiert, der wird Tierschutz auch nie kapieren. So gesehen können wir auf dieser Basis in Österreich ganz gut weiter arbeiten, denn nur, wenn wir die Tiere achten – und diese ganzen Ausschussanträge, quer durch die Bank, waren eigentlich Achtungsanträge –, können wir letztendlich auch Menschenschutz leben.

Ich habe ein Erlebnis gehabt: Meine Frau hat mich ins Tierschutzheim geschleppt – ich habe mich da sehr gewehrt – und wollte unbedingt einen Hund. Da haben wir dann so ein armes Geschöpf genommen. Ich liebe das Tier. Ich muss mit dem in der Früh und am Abend gehen, auch heute in der Nacht. Aber ich sage Ihnen eines: Ich war erschüttert, als ich die Geschichte gehört habe. Das Tier war drei Tage lang als sechs Monate alter Hund einfach bei einem Supermarkt ausgesetzt, bis sich endlich jemand erbarmt hat. Ich glaube nicht, dass solche Menschen gute Menschen sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.49.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ich kann ja eigentlich durchaus an die Ausführungen des Kollegen Rasinger anknüpfen. Ich würde ihm recht geben, diese durchaus sehr emotionale Beziehung, nämlich die Mensch-Tier-Beziehung, hat sehr viele Facetten. Sie haben einige davon angesprochen, keine Frage. Es ist natürlich auch heikel, wenn die Mensch-Tier-Beziehung zum Ersatz für eine soziale Interaktion wird, die zwischen Menschen oft sehr schwierig ist. Tiere können nicht antworten beziehungsweise nur in ihrer Sprache antworten, und die ist eine andere. Darum ist Tierschutz so wichtig, weil es auch Menschen gibt, die mit Tieren nicht artgerecht umgehen, weil sie Defizite haben und das mit den Tieren irgendwie auszutragen versuchen. Ich knüpfe da ganz bei Ihnen an, das ist eine sehr heikle Frage.

Die ethische Auseinandersetzung oder Herausforderung ist eigentlich, die Tiere als Mitgeschöpfe wahrzunehmen und sie so zu behandeln. Und daher wäre unser Vor­schlag, den Tierschutz in den Verfassungsrang zu heben, ein guter Vorschlag, denn das würde an das anknüpfen, was Sie sagen, Kollege Rasinger. Wenn man nämlich die Tiere als Mitgeschöpfe ernst und wahrnimmt, dann können wir uns auch besser in den Spiegel schauen. Das ist genau das, was Sie angesprochen haben. Ich glaube, diese Entwicklung müssten wir vertiefen und die müssen wir natürlich auch im wirt­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 248

schaftlichen Bereich durch eine positive und gute Agrarpolitik begleiten, die dem Tier­schutz Raum gibt.

Dass die Bäuerinnen und Bauern das artgerechte Halten von Tieren auch am Markt belohnt bekommen, das ist der Punkt, den der Herr Minister ja durchaus positiv anspricht. Für das Tierschutzgütesiegel haben Sie unsere volle Unterstützung, Herr Bundesminister. Ich glaube auch, dass das ein Schlüssel sein wird, wenn wir endlich dem Konsumenten die Möglichkeit in die Hand geben, Bäuerinnen und Bauern positiv zu unterstützen, die artgerechte Tierhaltung auch im wirtschaftlichen Bereich voran­bringen. Das ist die Herausforderung.

Der Druck am Markt ist da, dazu muss ich nicht viel sagen; allein wenn man sich die Schweinebranche anschaut: Zwischen 2006 und 2010 haben 33 Prozent der Schwei­nehalter aufgegeben. Da ist es noch nicht um Kastenstand oder Ähnliches gegangen. 33 Prozent weniger – das zeigt, es ist sehr schwierig, am Markt zu beste­hen. Keine Frage, dieser Umstieg und dieser Einstieg in den Ausstieg aus der Kastenstand­haltung wird etwas kosten, und da wird auch der Landwirtschaftsminister seinen Beitrag leisten müssen.

Wir haben vom Kollegen Essl gehört, es gibt bereits Vorschläge. Ich wäre sehr inter­essiert, Herr Bundesminister, wenn Sie zumindest die Vorschläge, die jetzt am Tisch liegen, auch allen TierschutzsprecherInnen zur Verfügung stellen wollen, nämlich auch ganz im Sinne der Diskussion im Ausschuss. Die war sehr kooperativ und auch konstruktiv, das muss ich anerkennend sagen. Das ist eine Arbeitsweise, die wir auch in dem Bereich fortsetzen sollten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.52.47

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! 17 Anträge stehen in Verhandlung, zu zweien erlaube ich mir ein paar Bemerkungen: zum einen zu den Chip-Lesegeräten für die Exekutive und zum anderen zur Änderung des Tierseuchengesetzes.

Seit Jänner 2010 müssen die Hunde gechippt sein und Daten von Tier und Besitzer tragen, damit auch für entlaufene oder ausgesetzte Hunde eine leichte Zuordnung möglich ist. Sie sind auch in einer Bundesdatenbank zu registrieren. Die Regelung war anfangs durchaus kontrovers in Diskussion. Die Erfahrung zeigt aber, dass nunmehr Einverständnis mit dieser Regelung herrscht, weil sie gut für Tier und Besitzer ist.

Mit dem vorliegenden Antrag wird verlangt, dass die Exekutive flächendeckend mit Lesegeräten ausgestattet werden soll. Da gibt es natürlich keinen Einwand, zumal ja das Tierschutzgesetz auch eine Mitwirkung der Exekutive vorsieht. Allerdings ist der Vollzug des Tierschutzes Ländersache, und daher ist dieser Antrag wohl auch sinn­vollerweise da einzubringen.

Über die Impfung zur Abwehr von Q-Fieber haben sich die Landesveterinärkonferenz, die Veterinärbehörden verständigt. Sie ersuchen, die Tierbesitzer aufzuklären und über Hygienemaßnahmen zu belehren. Es gibt auch einen europaweit zugelassenen Impfstoff, sodass verantwortungsvolle Tierhalter diesen auch nutzen können. Jeden­falls rechtfertigt die geringe Fallzahl nicht, Q-Fieber in die Liste der anzeigepflichtigen Tierseuchen aufzunehmen, sodass wir jetzt für beide Fälle die negativen Ausschuss­berichte annehmen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 249

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.55.17

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Ich darf mich sehr herzlich bei den Mitgliedern des Ausschusses für die konstruktive Arbeit bedanken. Danke auch dafür, dass man bereit ist, bei diesen sensiblen Dingen im Gesundheitsbereich und im Tiergesundheitsbereich, wo es eine hohe Betroffenheit gibt, wo es eine hohe Sensibilität gibt, die sachliche Arbeit in den Vordergrund zu stellen. Daher war es auch möglich, zu guten Ergebnissen, zu Anträgen und zur Zustimmung von Oppositionsanträgen zu kommen.

Einige Anträge wurden abgelehnt, weil sie tatsächlich schon erfüllt sind, wie zum Beispiel die Checklisten oder die Mindestanforderungen in der Rinderhaltung in Berg­bauernbetrieben. Aber es sind auch wichtige Beiträge gekommen, wie zum Beispiel Verfallsregeln nach dem Tierseuchengesetz, wo es endlich darum geht, wirkliche Instrumente zu haben, damit beim Tiertransport das Tierleid hintangehalten werden kann.

Ich denke, dass das wichtig ist und habe zwei Bitten an Sie als Abgeordnete: Erstens geht es bald wieder in Richtung Weihnachten. Viele bekommen Geschenke. Ich bitte Sie, in Ihrer Arbeit darauf hinzuweisen, dass ein Tier kein geeignetes Geschenk ist. Ich sage das auch ganz deutlich. Und zum Zweiten möchte ich darauf hinweisen, dass wir auf unserer Homepage sehr viele Broschüren zum Thema Tierschutz zur Verfügung gestellt haben, die hoch qualitativ sind und auch verwendet werden können. Ich sage das ganz deutlich dazu, damit wir zu einer qualitativen Auseinandersetzung beim Thema Tierschutz kommen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.57.34

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Zum Thema Mindestanforderungen und Toleranzvereinbarungen für die Haltung von Rindern: Tierschutz, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist eine sehr wichtige Sache – Nutztierschutz aber auch. Wenn unseren Bauern immer mehr Vorschriften und Verordnungen auferlegt werden, haben wir zwar sehr gute Gesetze, aber keine Bauern mehr, die die Höfe bewirtschaften, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir alle wissen, dass unsere Bauern sehr gute Lebensmittel erzeugen und ihre Tiere artgerecht halten, womit viel Fleiß und Arbeit verbunden sind. Wenn sie dann weiterhin schikaniert werden, weil der Stand der Kuh um zwei Zentimeter zu kurz ist, werden die Bauern ihre Höfe aufgeben und verlassen. Und glauben Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, die besten Tierschützer sind die Bauern selbst. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.34

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich war ja als Ersatzmitglied in diesem Ausschuss und habe das Klima dort auch sehr positiv empfunden. Ich habe auch empfunden, dass es sehr gut war, mit welcher Ernsthaftigkeit, mit welcher Wichtigkeit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 250

der Schutz der Tiere dort diskutiert worden ist. Es war wirklich sehr angenehm, in diesem Ausschuss dabei zu sein.

Ich finde es auch sehr positiv, dass wir dann in diesem Ausschuss für mich sehr wichtige Anträge positiv bearbeitet haben. Das sind die Anträge betreffend die Checklisten und Selbstevaluierung des Tierschutzes auf der einen Seite und betreffend den Tierschutz für Haustiere auf der anderen Seite. Ich bin überzeugt, dass Tier­hal­terinnen, Tierhalter, aber auch Amtsärztinnen und Amtsärzte damit wirklich eine sehr gute Unterstützung erhalten, über den Stand des Tierschutzgesetzes informiert wer­den, aber auch darüber informiert werden, wie man wirklich tierschutzgerecht Haustiere halten kann. Und das ist meines Erachtens wirklich von großer Bedeutung.

Der eine Antrag betreffend Tierschutz für Haustiere hat sich ja mehr oder weniger überholt, das wurde auch vom Kollegen Vock heute schon angesprochen, weil der Herr Minister die Broschüre zum Thema „Österreichisches Tierschutzgesetz“ bereits herausgegeben hat und auch eine Broschüre zum Thema „Hunde sicher verstehen“  herausgegeben wurde. Das ist praktisch erledigt. Das finde ich sehr positiv und ich hoffe, dass diese Broschüren von vielen potentiellen Tierhalterinnen und Tierhaltern auch gelesen werden, weil so Tierleid wirklich hintangehalten werden kann.

Der zweite Antrag zur Selbstevaluierung des Tierschutzes ist angenommen worden. Es gibt bereits Broschüren betreffend die Haltung von Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Geflügel. Diese Checklisten werden jetzt um die Haltung von Pferden erweitert, und auch das finde ich sehr positiv.

Ich kann mich abschließend nur dem Appell des Ministers anschließen: Sorgen wir dafür, dass die sehr wichtigen Broschüren und Checklisten des Ministeriums unter die Leute kommen, damit Tierleid tatsächlich hintangehalten werden kann! (Beifall bei der SPÖ.)

21.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.00.53

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Prä­sident! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben die Bitte an uns gerichtet, zu Weihnachten keine Tiere zu schenken. Dieser Bitte kann ich mich vollinhaltlich an­schließen. Als Agrarsprecher der FPÖ habe ich auch eine Bitte an Sie, nämlich im Schweinebereich in der Nutztierhaltung endlich eine Lösung mit dem Landwirtschafts­ministerium herbeizuführen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht ist es einmal notwendig, grundsätzlich eine Klarstellung zum Tierschutz in Österreich zu machen. Alle Dinge, die im Tierschutzausschuss besprochen worden sind, sind gut und richtig und das konstruktive Klima war ausgezeichnet, aber es gibt noch einen Unterschied in der Nutztierhaltung. Und es gibt, leider Gottes, oder vielleicht ist es auch gut so, die Vertreter der reinen Lehre des Tierschutzes und diejenigen, die in der Praxis den Tierschutz anwenden müssen, nämlich die Bauern. Sie können mit der derzeitigen Regelung und mit der derzeitigen Diskussion, die um die Kastenstandhaltung und um den Ferkelschutzkorb angezündet worden ist, eine Imageschädigung der Bauern nicht mehr abstreiten. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das, was hier passiert, ist reine Imageschädigung und sogar schon eine wirtschaftliche Schädigung der Landwirte. Ich bitte darum, endlich eine Lösung im Interesse der Bauern zu finden. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 251

In diesem Zusammenhang möchte ich auch die Volksanwaltschaft nicht aus der Verantwortung entlassen. Leider Gottes ist auch ÖVP-Volksanwältin Brinek dabei, die leider diese Debatte zum Schaden der Bauern mit hochgezogen hat. Man muss sich gerade in diesem Bereich in Bezug auf die Kastenstandhaltung, auf den Ferkel­schutzkorb grundsätzlich die Frage stellen, ob man eine Schweineproduktion in Österreich noch haben will. Denn wenn wir das Tierschutzgesetz über die Maßen so verschärfen, dass die Bauern nicht mehr kostendeckend – ich sage das bewusst –produzieren können, dann vertreiben Sie hiermit die Schweinebauern aus Österreich. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Der Produktionsstandort von Schweinefleisch wird in Österreich massiv gefährdet, und die einzige Alternative, die Sie dann haben, ist ein Import von Schweinefleisch. Ich frage mich, ob Schweinefleisch aus China, aus Frankreich, wo es wirklich Mas­sen­tierhaltung gibt, die in Österreich nicht herrscht, besser ist und ob wir das tatsächlich in Österreich haben wollen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch einmal abschließend die dringliche Bitte – auch wenn, wie Sie sagen, der Herr Landwirtschaftsminister das Gespräch verweigert und der Herr Landwirtschaftsminister sagt, er verweigert das Gespräch; das ist uns Bauern im Grunde völlig egal –: Wir wollen eine praktikable Lösung. Wenn Kastenstände oder Ferkelschutzkorb wegkom­men, dann muss es lange Übergangsfristen geben. Wir wollen keine Verschärfung gegenüber dem EU-Recht – da ist die Wettbewerbsfähigkeit verzerrt – und eine prakti­kable und wirtschaftlich notwendige Lösung haben, denn sonst haben wir in Österreich keine Schweinehaltung mehr, und die Selbstversorgung in Österreich mit Schweine­fleisch ist gefährdet.

Auch wenn noch nicht Weihnachten ist, lautet meine vorweihnachtliche Bitte, hier endlich zu einer praktikablen Lösung zu kommen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Plessl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.04.29

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Geschätzter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Stunde war es für die Zuhörerinnen und Zuhörer aufgrund der permanenten Zwischenrufe und Störaktionen nicht leicht, den Ausführungen der Abgeordneten zu folgen. Es gibt in der heutigen Plenarsitzung aber nicht nur negative, sondern auch sehr viele positive Beispiele. Auf der Rednerliste waren sowohl Pro- als auch Kontra-Redner. Ich habe aber beim aktuellen Punkt sehr viele Pro-Reden gehört, und das freut mich natürlich.

Im Rahmen des letzten Gesundheitsausschusses wurden mit dem Themenschwer­punkt Tierschutz einige Punkte erledigt, die heute zur Beschlussfassung im Plenum vorliegen.

In den unterschiedlichen Ausschüssen wurde immer behauptet, dass die Regierungs­parteien die Anträge vertagen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, von insgesamt 18 Anträgen wurde nur ein einziger im Ausschuss vertagt. Einige Anträge, wie die Anträge der Grünen betreffend Maß­nahmen zum Schutz von Straßentieren oder ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier, oder Anträge der FPÖ betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen oder Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlangen, wurden einstimmig im Ausschuss beschlossen. Offensichtlich funktioniert hier die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 252

Demokratie, die parlamentarische Zusammenarbeit, und ich möchte unserem Sprecher Dietmar Keck dazu recht herzlich gratulieren.

Zum Schluss noch einen Dank an unseren Minister und seine Mitarbeiter für die Broschüren, die aufgelegt wurden und werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


21.06.04

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Als letzter Redner meiner Fraktion zu diesem Konsens­thema bleibt mir als Ausputzer eigentlich nichts über, denn es gab keine Angriffe. Allerdings zur Thematik Kastenstandhaltung kann ich die Aussagen des Kollegen Jannach so nicht im Raum stehen lassen.

Ich meine, dass hier von der Bauernschaft der Teufel an die Wand gemalt wird. So ist es ja nicht, es ist Zeit genug, sich auf diese Regelungen vorzubereiten. Es war hier schon einmal Thema, und ich habe damals schon festgestellt, dass eine Übergangszeit von 20 Jahren angedacht ist, und da muss es doch wohl zu schaffen sein, auch den Tierschutz bei diesem Thema umzusetzen.

Ein kleiner Vorwurf: Die Gesprächsbereitschaft seitens des Bauernbundes bezie­hungs­weise des Herrn Landwirtschaftsministers lässt natürlich bei diesem Thema zu wünschen übrig. Ich danke diesbezüglich dem Herrn Gesundheitsminister, dass er sich dieses Themas so konsequent angenommen hat. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Zum Tierschutzpaket, sehr geehrte Damen und Herren, das wir heute beschließen, wurde schon sehr viel gesagt. Ich würde mir so viel Konsens und Gemeinsamkeit bei menschenbezogenen Themen in diesem Haus auch öfter wünschen.

Wir wollen uns alle für weitere Verbesserungen im Tierschutz einsetzen, und da möchte ich darauf hinweisen, dass es auch um ein höheres Sicherheitsgefühl für die Bevölkerung geht, wenn es zum Beispiel um die exotischen Tiere geht, die heute schon erwähnt worden sind, oder um die Empörung über den illegalen Handel und den Schmuggel.

Anmerken möchte ich auch noch, dass wir zwar ein bundeseinheitliches Tierschutz­gesetz haben, aber immer noch neun verschiedene Landesgesetze zur Haltung und Meldung gefährlicher Tiere.

Abschließend möchte ich betonen: Tierschutz steht und fällt mit der Jugend! Ich danke dem Herrn Bundesminister, dass er auch in den Schulen Initiativen setzt, um den Tierschutz zu fördern und zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.08

21.08.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort der Berichterstatter/Berichterstatterinnen wird nicht gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1471 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1472 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1479 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1476 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1477 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1478 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer hiezu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich lasse abstimmen über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Gesundheits­aus­schusses, die dem Ausschussbericht 1480 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Änderung der Verfallsregel im Tierseuchengesetz anzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 196.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Gesundheits­ausschusses, die dem Ausschussbericht 1482 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Verbot des Verkaufs exotischer Tiere bei Messen anzunehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 197.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Gesundheits­ausschusses, die dem Ausschussbericht 1483 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Schaffung einer Sachkundeverordnung für die Haltung exotischer Tiere anzunehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 198.)

Ich lasse abstimmen über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Gesundheits­aus­schusses, seinen Bericht 1475 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Gesundheits­ausschusses, die dem Ausschussbericht 1484 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Verbot der Haltung von Riesen- und Giftschlangen anzu­nehmen.


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Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 199.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Gesund­heitsausschusses, die dem Ausschussbericht 1487 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Maßnahmen zum Schutz von Straßentieren („Streu­nertieren“) in der EU anzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 200.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 1473 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Antrag des Gesund­heitsausschusses, die dem Ausschussbericht 1474 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend ein Verbot der Entnahme von Federn und Daunen vom lebenden Tier anzunehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 201.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1485 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Gesundheits­ausschusses, die dem Ausschussbericht 1486 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Überarbeitung der Handbücher und Checklisten zur Selbst­evaluierung Tierschutz anzunehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 202.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Antrag des Gesundheits­ausschusses, seinen Bericht 1481 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.14.08 36. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1255 d.B.): Bun­desgesetz zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz (Klima­schutz­gesetz – KSG) (1456 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 476/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klimaschutz­gesetz (1457 d.B.)


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38. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 296/A der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Gewerbeordnung, das Abfallwirtschaftsgesetz, das Emis­sions­schutzgesetz für Kesselanlagen, das Mineralrohstoffgesetz und das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz geändert werden (Erste Energieeffizienzno­velle 2008) (1458 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 297/A der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­ver­fas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1459 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 36 bis 39 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Jannach zu Wort. – Bitte.

 


21.15.21

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Wir reden heute über die Regierungsvorlage betreffend das neue Klima­schutzgesetz. Wir wissen alle, dass Österreich seine Kyoto-Ziele meilenweit verfehlt, seit Jahren haben wir Strafzahlungen zu leisten, seit Jahren müssen wir Emissionszertifikate, diese Verschmutzungsrechte, kaufen. Auf diesen Punkt kommen wir übrigens beim nächsten Tagesordnungspunkt zu sprechen. Aber jetzt behandeln wir das neue Klimaschutzgesetz.

Wir haben im Umweltausschuss lange darüber diskutiert, und wir von den Freiheitlichen können uns nicht vorstellen, Herr Bundesminister, dass das der ganz große Wurf ist. Wenn seit dem Jahr 2008 so ein Gesetz verhandelt wird, oder versucht wird, ein Gesetz zustande zu bringen, dann kann das wirklich nicht das Gelbe vom Ei sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Klimaschutzgesetz bewirkt umweltmäßig – das wissen alle, die dieses Gesetz gelesen haben, es besteht lediglich aus mehr oder weniger dreieinhalb Seiten – gar nichts. Es bewirkt deswegen gar nichts, weil keine einzige konkrete Maßnahme darin gesetzlich verankert ist, kein konkretes Ziel, kein Zeitplan, die die Maßnahmen im Klimaschutz irgendwie regeln.

Seit drei Jahren, seit Beginn Ihrer Amtszeit, Herr Bundesminister Berlakovich, sind Sie anscheinend nicht in der Lage, eine konkrete Strategie in Sachen Klimaschutz auf die Reihe zu bringen. Selbst Ihr eigenes Gesetz – wenn man es genau liest, dann bestätigt es das – soll erst jetzt eine koordinierte Umsetzung möglicher Maßnahmen im Klimaschutzbereich ermöglichen. Wir haben wieder drei Jahre verloren. In den Erläuterungen steht es noch deutlicher: Es gibt derzeit keinen klaren Mechanismus zur Erarbeitung einer koordinierten österreichischen Klimaschutzpolitik, wenn wir nicht endlich so ein Gesetz beschließen. Seit drei Jahren warten wir darauf.

Wir verlangen konkrete Maßnahmen, und dieses Gesetz bietet nicht die Möglichkeit, dieses Gesetz bringt ausschließlich mehr Formalismus und mehr Bürokratie.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 256

Wir bedauern ausdrücklich, dass nicht einmal die Bundesländer, entgegen ihren Vorstellungen vielleicht, verpflichtend in die Klimaschutzpolitik einbezogen worden sind. Es sind lediglich Verhandlungen vorgesehen, und wenn Verhandlungen vorge­sehen sind und diese scheitern, muss man weiter verhandeln. So steht es im Gesetz.

Das kann doch bitte nicht die Lösung sein. Wir erwarten uns von einem Umweltminister und von einer Bundesregierung, dass sie konkrete Maßnahmen setzen, dass sie die Bundesländer und alle Wirtschaftsbereiche verpflichten, um eine ernsthafte Klimapolitik umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie schreiben zwar im Bundesgesetz, die festgelegten Maßnahmen sind umzusetzen, aber Sie haben keine Sanktionsmöglichkeit. Was machen Sie denn, wenn ein Bundesland sich aus finanziellen Gründen nicht am Klimaschutz beteiligen will? – Dann können Sie zu den Landeshauptleuten gehen, dort auf den Goodwill hoffen, allenfalls Klinken putzen und sie bitten, doch mitzumachen. So wird das nicht gehen, es müssen klare Sanktionen her, es müssen klare Konsequenzen gesetzt werden!

Was ganz schlimm in diesem Klimaschutzgesetz ist, ist die Einrichtung von zwei zusätzlichen Gremien, dem Nationalen Klimaschutzbeirat und dem Nationalen Klimaschutzkomitee. Ich frage mich, ob wir das brauchen. Der Nationale Klima­schutzbeirat, bestehend aus Parteienvertretern, aus den Interessenvertretungen, hat doch nur empfehlenden Charakter – aber nicht empfehlenden Charakter für Sie als Bundesminister und als Bundesregierung im Gesamten, sondern empfehlenden Charakter für das Nationale Klimaschutzkomitee. Das Komitee hat auch wieder nur empfehlenden Charakter an Sie als Minister, wobei hier sehr kurios zu vermerken ist, dass Sie als Minister der Vorsitzende dieses Nationalen Klimaschutzkomitees sind. Keine rechtliche Basis, irgendetwas umzusetzen, lediglich empfehlenden Charakter – das ist uns eindeutig zu wenig.

Wir möchten, dass in dieses Gesetz konkrete Maßnahmen aufgenommen werden. Sie haben ja eine Klimaschutzstrategie, die seit 2002 und seit 2007 überarbeitet vorliegt und in der sehr viele sinnvolle Maßnahmen angeführt sind. Mit der Schaffung dieser Gremien hat man den Eindruck, man will die Verantwortung aus dem Umweltminis­terium abschieben in die Bereiche, in die Interessenvertretungen, in die Sozialpartner­schaft, auf die einzelnen Parteien, um nur ja nicht irgendwo im Bereich Klimaschutz an irgendeinem Wirtschaftsbereich anecken zu müssen.

Wir erwarten uns von einem Umweltminister, dass er klare Vorstellungen im Parlament vorlegt, dass er einen Zeitplan für die Ziele festlegt und dass er die Kosten für die einzelnen Maßnahmen präsentiert. Das, was mit diesem Klimaschutzgesetz passiert, verbessert die Klimapolitik in Österreich nicht. Es ist ein Abschieben der Verantwortung und es ist zum Schaden für unsere Umwelt und leider auch zum Schaden für unsere Steuerzahler, weil wir die Kyoto-Ziele auch mit diesem Gesetz bei Weitem nicht erreichen werden und so Strafzahlungen zu befürchten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes zu Wort. – Bitte.

 


21.20.38

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Das Klimaschutzgesetz heißt für mich nichts anderes, als dass der Klimaschutz in Öster­reich jetzt endlich in der Realverfassung angekommen ist.

Wir haben als Republik Österreich im europäischen Konzert, im internationalen Konzert Verpflichtungen auf uns genommen (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 257

und in der Umsetzung erwartet ein jeder, dass der für viele Bereiche nicht einmal zuständige Umweltminister den „Wunderwuzzi“ macht und die Dinge für andere erledigt. Das Klimaschutzgesetz legt auf den Tisch, wer wofür zuständig ist, und regelt jetzt die Zusammenarbeit für all diese Thematiken.

Das Klimaschutzkomitee wird aus acht Ministerien, neun Bundesländervertretungen und vier Sozialpartnern bestehen, und diese werden den jeweiligen Teil an der Lösung ganz klipp und klar zu diskutieren haben. Aus der ersten Reihe fußfrei gescheit dreinzureden, das wird es nicht mehr geben.

Es wird ganz klar sein, dass in Zukunft im Klimaschutzkomitee Vereinbarungen vorbereitet werden, die dann unserer Verfassung entsprechend über Artikel-15a-Verträge, über die entsprechenden Finanzausgleichsverhandlungen in die österreichi­sche Realität umgesetzt werden. Und sie werden erfolgreich sein, denn wir alle wollen Klimaschutz: Die Menschen in diesem Land wollen Klimaschutz, die politisch Verantwortlichen wollen ihn auch (Abg. Mag. Brunner: Aber er kommt nicht!), aber es will nicht einer für die anderen die Lasten tragen, weil doch keiner dem anderen so richtig traut.

Mit dem Klimaschutzgesetz werden jetzt die Spielregeln festgelegt. Der Herr Bundesminister wird den Vorsitz führen, die Vorschläge machen, den Beirat ordentlich einbinden, und es wird letztendlich darauf ankommen, die Schlagzahl betreffend dieses Thema zu erhöhen und in der Umsetzung den Menschen die Chance zu geben, dass sie wirklich dabei sind.

Dass die Grünen wieder einmal nicht dabei sind, das ist schon Teil des Systems und gehört wahrscheinlich dazu. Ich hätte mich fast gewundert, wenn endlich einmal etwas Konstruktives gekommen wäre, aber das würde ja bedeuten, dass die Grünen Bun­desminister Berlakovich einmal einen Erfolg gönnen. (Abg. Mag. Brunner: Ich würde mir endlich einmal einen wünschen!) Das können sie aber nicht, denn das steht leider bei ihnen nicht im Programm.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir dieses Klimaschutzgesetz heute im Plenum haben. Herr Bundesminister, ich gratuliere dir auf das Allerherz­lichste! (Beifall bei der ÖVP.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. – Bitte.

 


21.22.58

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Landwirt­schaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Also ich würde Ihnen, Herr Bundesminister, wirklich einmal einen Erfolg wünschen! Ich würde mich wirklich darüber freuen (Zwischenrufe bei der ÖVP), aber wenn wir uns jetzt die Klimabilanz anschauen – Ziel: 13 Prozent CO2-Einsparung; wir liegen jetzt bei plus 9 Prozent –, dann schaut ein Erfolg für mich anders aus.

Wenn wir uns die Prognosen des Umweltbundesamtes anschauen – und ich hoffe, Herr Minister, Sie kennen sie mittlerweile –, dann sind diese noch viel erschreckender, denn darin steht Folgendes: Selbst wenn alle Maßnahmen, die jetzt sowieso schon in Österreich geplant sind, von denen man ja auch gar nicht sicher sein kann, dass sie wirklich umgesetzt werden, tatsächlich realisiert werden, erreichen wir die Ziele für 2020 nicht. Wir werden also 2020 nicht minus 16 Prozent haben, sondern plus 16 Prozent. Das heißt, es läuft in der österreichischen Klimapolitik etwas wirklich falsch, und die Frage ist, was wir jetzt tun.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 258

Diese Frage stelle nicht nur ich, sondern auch das UN-Klimasekretariat hat diese Frage an Sie gestellt, nämlich wie Österreich gedenkt, die Kyoto-Lücke zu schließen. Daraufhin haben Sie zurückgemeldet: Um diesen Missstand zu beheben, stellt Öster­reich ein Klimaschutzgesetz in Aussicht, das mittel- und langfristige Ziele, ein gemein­sames Berichtsformat für alle Verwaltungsebenen sowie sektorale Emissionsziele und Sanktionsmechanismen vorsieht.

Super! Genau das habe ich auch beantragt: Ziele, Maßnahmen, Sanktionen, Kontrollen – all das braucht man, wenn man ein Ziel erreichen will. Das weiß, glaube ich, jeder, der an etwas arbeitet. Mein Antrag wurde abgelehnt, und in Ihrem Gesetz ist das alles genau nicht drinnen.

Sie melden dem UN-Klimasekretariat etwas und tun genau das Gegenteil, täuschen das UN-Klimasekretariat und täuschen die Öffentlichkeit in Österreich. So schaut ernst zu nehmende Klimapolitik nicht aus. (Beifall bei den Grünen.)

Und wir haben auch Lösungen für die Probleme, die Sie haben. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) In diesem Klimaschutzgesetz steht ja eigentlich nur Ihre Job Description drinnen, nämlich dass Sie mit anderen Parteien, anderen Ländern, Interessen­vertre­tungen reden. Ich meine, das ist Ihr Job, das erwarte ich von Ihnen. Sie sollen dort hineinschreiben, was Sie jetzt wirklich tun, und nicht, was Sie irgendwann vielleicht einmal in Aussicht stellen. (Abg. Hornek: ... Oberösterreich!)

Wir haben Lösungen für Ihre Probleme beantragt: Energieeffizienz als Genehmi­gungskriterium im Anlagenrecht, eine Bedarfskompetenz. Ich würde Ihnen mehr Kom­petenz in Sachen Klimaschutz geben, ein Durchgriffsrecht, aber das haben Sie selbst abgelehnt. Also ich verstehe Sie nicht: Sie jammern, Sie können nichts tun, aber wenn man Ihnen mehr Möglichkeiten geben möchte, damit Sie etwas tun können, wollen Sie sie nicht.

All diese Versäumnisse werden die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler über eine Milliarde Euro kosten, das sollen Sie zu Hause auch wissen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) 530 Millionen wurden bereits ausgegeben, weitere 600 Millionen € werden wir bezahlen müssen. Das ist Geld, das wir für Zertifikate verwenden. Die können wir uns dann irgendwo aufhängen, aber dieses Geld hätten wir auch in Österreich investieren können, in Klimaschutzmaßnahmen, die uns auch Wertschöpfung und grüne Arbeitsplätze gebracht hätten, die Sie ja leider nur inserieren. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, ich fordere Sie auf, die ganze Sache jetzt etwas ernster zu nehmen (Zwischenruf des Abg. Hornek), denn Klimaschutz ist eine sehr ernste Angelegenheit. Das ist kein Spaß; es sterben bereits Menschen daran. Es gibt Inselstaaten, die untergehen, und Inserate und irgendwelche Fußballvergleiche finde ich da wirklich nicht angebracht. (Abg. Hornek: Und was machen Sie?) Auch ich mag Fußball, aber Fußball ist ein Spiel und das hat damit überhaupt nichts zu tun. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ... lächerlich!) – Na, es ist lächerlich, wenn man solche Vergleiche heranzieht.

Und in dieser ganzen Frage rund um das Klimaschutzgesetz hat sich schon eine weitere ganz neue Qualität gezeigt, leider im negativen Sinne (Abg. Rädler – auf die blinkende Lampe am Rednerpult zeigend –: Lampe!), nämlich dass Sie nicht mit Umweltorganisationen geredet haben, nicht mit der Bevölkerung und nicht mit den Grünen. Wir hatten genug Vorschläge, die wir gerne eingebracht hätten, aber Sie haben der Industriellenvereinigung eine Exklusivbegutachtung, eine Exklusiveinsicht gewährt. Es ist offenbar für Sie so selbstverständlich, dass Sie sich Ihre Klimapolitik von der Industriellenvereinigung diktieren lassen, dass Sie es nicht einmal der Mühe wert finden, das zu vertuschen, sondern es uns auch ganz offen so geschickt haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 259

Ich finde das einen ungeheuerlichen Skandal, bei der Klimaschutzpolitik den Bock zum Gärtner zu machen. Die Industriellenvereinigung als Vertreter von Klimaverschmutzern hat nichts damit zu tun, auch Klimaschutzpolitik zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir stehen jetzt eineinhalb Monate vor der Klimakonferenz in Durban – einer sehr entscheidenden Klimakonferenz. Ich hoffe, Sie erkennen diese Bedeutung, und ich fordere Sie jetzt wirklich in aller Ernsthaftigkeit auf, eine Kehrtwende in Ihrer Klima­politik zu machen. Es wird dort auch eine ganz wesentliche Rolle spielen, ob wir ein Abkommen bekommen oder nicht, welche Position die EU einnehmen wird. Ich fordere Sie jetzt wirklich auf, auf EU-Ebene auch endlich einmal progressiv zu sein, nicht immer zu den Bremsern zu zählen, dafür zu sorgen und sich dafür einzusetzen, dass die EU auch die geforderten Mindestziele vorgibt und dabei vorangeht.

Ich finde es beschämend, dass Österreich da EU-Schlusslicht ist, das hat sich Österreich nicht verdient. Wir hätten alle anderen Möglichkeiten, und ich finde, dass das unsere Verpflichtung wäre. Dafür bräuchte Österreich aber ein starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Kann man das Schlusswort nicht behandeln lassen?)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Weninger zu Wort. – Bitte.

 


21.28.44

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Natürlich, Frau Kollegin Brunner, ist Klimaschutz ein sehr ernstes Thema. Wir wissen um die Probleme in Österreich, wir wissen um die Probleme global und wir wissen auch um die schwerwiegenden Folgen. Wenn wir in Österreich und in Europa die selbst auferlegten Klimaziele erreichen wollen – 20 Prozent weniger Treib­hausemissionen (Abg. Mag. Brunner: Aber wir erreichen es nicht!), 20 Prozent weniger Energieverbrauch und 20 Prozent erneuerbare Energie –, wird es mehr Am­bition als bisher brauchen.

Deshalb – und auch im Hinblick auf den Kyoto-Rucksack, den wir als Österreich mit uns herumschleppen – steht das Klimaschutzgesetz auf der heutigen Tagesordnung. Wir geben damit dem Umweltminister ein Instrument in die Hand, um gemeinsam mit Sozialpartnern, Ministerien, Ländern, Gemeinden, Umweltorganisationen und Umwelt­wissenschaftlern in den Gremien die konkreten Ziele zu erarbeiten, diese auch umzusetzen und dem Hohen Haus regelmäßig Bericht darüber zu erstatten.

Es ist ja kein Geheimnis, dass wir aufseiten der Sozialdemokratie uns durchaus ein ambitionierteres Klimaschutzgesetz hätten vorstellen können. Ich ersuche aber auch zu bedenken, dass es im Rahmen der parlamentarischen Beratung, in den zahlreichen Gesprächen mit Sozialpartnern und Umweltorganisationen doch noch zu einem substanziellen Abänderungsantrag im Umweltausschuss gekommen ist, wofür ich mir eigentlich die Zustimmung der Grünen erwartet hätte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Noch ganz kurz zusammenfassend zu den Eckpunkten und Kritikpunkten: Österreich verpflichtet sich im Zeitraum 2013 bis 2020 zu einer Reduzierung von 16 Prozent der Treibhausgasemissionen, das steht im Anhang des Klimaschutzgesetzes. Die Rechnungshofkritik hat ausgesagt, dass die Bundesländer zu wenig ambitioniert mitarbeiten. Auch das ist Teil des Klimaschutzgesetzes: dass die Bundesländer in die Pflicht genommen werden (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) – natürlich mit Artikel-15a-Vereinbarungen, denn wir leben in einem Rechtsstaat. Das Ziel, auch eine Forderung von Global 2000, hauptsächlich auf im Inland wirksame Maßnahmen zu


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setzen, ist ein Punkt, den die Sozialdemokratie auch aus volkswirtschaftlicher Sicht unterstützt.

All diese Ziele vor Augen denke ich mir, dass wir auf dem Weg zur Energiewende, angefangen von der Anti-AKW-Initiative des Bundeskanzlers über das Ökostrom­gesetz, das Klimaschutzgesetz, im nächsten Tagesordnungspunkt das Emissions­zertifikategesetz und in Ausarbeitung das Energieeffizienzgesetz, auf einem guten Weg sind, die Klimapolitik in Österreich weiter ambitioniert zu verstärken.

Ich würde mir im Sinne des Klimaschutzes wünschen, dass es bei diesem Thema einen ähnlichen politischen Konsens gibt wie bei der Anti-AKW-Politik. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. – Bitte.

 


21.32.01

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Das war wieder sehr viel hohle Luft vonseiten der Koalitionsparteien. Es wäre mir recht, wenn Sie im Klimaschutzbereich konkrete Maßnahmen setzten. Dafür gibt es Anträge seitens der Opposition, auch des BZÖ. Es gibt Rechnungshofvorschläge, und die setzen Sie alle nicht oder nur teilweise um.

Ich gratuliere auch dem Kollegen Jannach von der FPÖ zu seiner Rede. Das war die erste gute umweltpolitische Rede von der FPÖ, die ich heute gehört habe – sie war offenbar kopiert von meiner Ausschussrede. Aber ich frage dann die FPÖ: Warum stimmten Sie gegen das Ökostromgesetz, das ein wirklich gutes Gesetz ist, und warum stimmen Sie heute diesem Larifari-Gesetz, dem Gaswirtschaftsgesetz zu, das eigentlich in manchen Bereichen eine umweltpolitische Katastrophe ist? – Das ver­stehe ich dann nicht. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Liebe Kollegen von der FPÖ, wenn Sie von Umweltpolitik sprechen, vom Klimaschutz sprechen, dann müssen Sie auch die entsprechenden Beschlüsse mittragen. (Beifall beim BZÖ.)

Zum Gesetz selbst ist bereits viel gesagt worden: völlig unambitioniert, es stehen Selbstverständlichkeiten drinnen wie: wir müssen die erneuerbaren Energieformen ausbauen und die Energieeffizienz steigern – no na net!

Es wurde von der IV mitgeschrieben. Damit habe ich gar nicht ein so großes Problem, aber was ist der Inhalt? – Es gibt keinen Inhalt! Der Inhalt ist in neun Paragraphen festgeschrieben: Es gibt zwei Komitees, die sich ein bisschen beraten müssen, aber Ziele – langfristige Ziele! –, Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern fehlen völlig.

Sie, Kollege Weninger, sprechen von den 16 Prozent im Anhang. – Sie hat der Mut verlassen, wenigstens die Zielbestimmung ins Gesetz hineinzuschreiben! Die 16 Prozent, von denen Sie sprechen, sind der Mindeststandard der 2020-Ziele, und selbst das erreichen wir nicht einmal, weil ja weiterhin Zertifikate zugekauft werden müssen und diese Option nicht ausgeschlossen worden ist.

Hören Sie also auf, großartig von Klimaschutz zu reden! Sie verfehlen mit diesem Gesetz die Kyoto-Ziele klar. Das Einzige, was übrig bleibt – und das wird spannend werden –, ist, wenn man einmal im Jahr Ihren Bericht, Herr Minister, was tatsächlich an Klimaschutzmaßnahmen stattgefunden hat, was aus diesem Gesetz hervorgehen soll, hier im Parlament diskutiert. Darauf sind wir schon gespannt.

Daher halte ich abschließend fest: Es gibt auch keine Sanktionen, es gibt keine Evalu­ierungen – dieses Gesetz ist kein Klimaschutzgesetz, es ist einzig und allein ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 261

Regierungsschutzgesetz, keine Klimaschutzmaßnahmen aktiv mit konkreten Zielen zu setzen. Daher ist es abzulehnen. (Beifall beim BZÖ.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.34.29

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat sich 1997 in Kyoto zu dem Ziel bekannt, mit industrialisierten Staaten Treibhausgase zu reduzieren. Das ist ein sehr ehrgeiziges, ein sehr ambitioniertes Ziel, wo wir nicht auf Zielerreichungspfad sind.

Wir erreichen in Österreich die Klimaschutzziele in einzelnen Sektoren – in der Abfallwirtschaft, in der Landwirtschaft, bei den fluorierten Gasen –, aber wir erreichen das Kyoto-Ziel derzeit nicht bei der Raumwärme, nicht bei der Wirtschaft und nicht beim Verkehr. Wir erleben beim Klimaschutz das, was in Österreich leider Praxis ist: dass jeder in Sonntagsreden vom Klimaschutz spricht, aber dann in der Praxis nichts getan wird. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Mag. Brunner.)

Und weil wir eben erkannt haben, dass wir wegen dieses Umstandes, der auch immer wieder kritisiert wird, nämlich dass Umweltschutzmaßnahmen freiwillig sind, dass wir mit Freiwilligkeit nicht auf Zielerreichung sind, machen wir jetzt das Klimaschutzgesetz. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Es ist eine klare Reaktion darauf, dass in Österreich in der Vergangenheit zu wenig geschehen ist.

Das Klimaschutzgesetz ist ein Kernelement des Regierungsübereinkommens, und es war schwierig, es zu verhandeln. Wenn es leicht gewesen wäre, dann wäre es mit dem Klimaschutz und mit der Zielerreichung ohnedies leicht gewesen. Gerade dort hat man ja gesehen, dass viele davon reden und wenig tun (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber), und daher war es von Anfang an mein Ziel, auch die Bundesländer im Boot zu haben, weil die Bundesländer kraft Verfassung auch eine Zuständigkeit haben, bei der Raumwärme, teilweise beim Verkehr und in anderen Sektoren.

Das hat gedauert, und dort, das kann ich Ihnen sagen, ist es quer durch die politischen Gruppierungen der Bundesländer gegangen, denn da hat sich oft gezeigt, dass der Föderalismus ein gesagter, aber kein gelebter ist, wenn man nicht sagt: Ja, wir ziehen an einem Strang!, aber es ist mir gelungen. Und dann war es wichtig, auch die Bundesstellen insgesamt hineinzubekommen, die, die für Verkehr, Wirtschaft, für das Wohnrecht zuständig sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Daher wird der Klimaschutz jetzt verbindlich. Es wird ernst mit dem Klimaschutz und bleibt nicht bei Lippenbekenntnissen, die immer gemacht wurden, damit wir viel erreichen.

UNO – Sie zitieren das UNO-Klimasekretariat, und wir wollen auch die Auflagen erfüllen, wir haben es im Ausschuss diskutiert: Die UNO hat wenig Grund dazu, mit dem Finger auf uns zu zeigen, denn die UNO hat es bisher in den internationalen Konferenzen nicht geschafft, die großen Emittenten, wie China, die USA und all die anderen Großen, ins Boot zu bekommen. Mittlerweile sind wir, die Europäische Union, nur mehr für 11 Prozent der Treibhausgase verantwortlich (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) und der Rest der Welt hat null Verpflichtungen. Das nur zu den internationalen Klimaschutzverhandlungen. Die UNO kann also sehr berühmt werden, indem es ihr gelingt, alle anderen Staaten ins Boot zu bekommen.

Ich komme schon zu Österreich zurück. Wir haben unsere Verpflichtungen und sollen diese auch einhalten, vor allem aber ist der Klimaschutz keine One-Man-Show des Umweltministers, sondern ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, bei dem es darum


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geht, Lebensqualität jetzt abzusichern, auch in anderen Bereichen. Daher war es wichtig, dass wir mit diesem Gesetz reagieren. Wir sind damit die Zweiten in Europa, die ein derartiges Gesetz überhaupt haben. Nach Großbritannien sind wir der zweite Staat in der Europäischen Union, der ein derartiges Gesetz hat (weiterer Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), und damit sind wir schon, was die Legistik anlangt, Vorreiter, weil wir koordiniert, verbindlich, gemeinsam Klimaschutz machen. Das ist das klare Ziel.

Der Punkt ist, dass Sie das nicht so abtun sollten! Es ist bedauerlich, wenn Sie das damit abtun, dass Arbeitskreise für den Klimaschutz eingerichtet wurden. Im Klima­schutzkomitee sitzen die relevanten zuständigen Ministerien, alle Bundesländer, die Zuständigkeiten haben, und auch die Sozialpartner. Diese erstellen das Programm. Und der Klimaschutzbeirat ist ein Beratungsgremium, in dem die NGOs sitzen, Städtebund, Gemeindebund, und, und, und, also die relevanten Institutionen, die da einen Input liefern können, wie die Industriellenvereinigung und andere, beispielsweise Konsumentenschutzorganisationen, um sie zu hören und zu bündeln.

Und Sie sagen, es seien keine Maßnahmen im Klimaschutzgesetz drinnen. Es ist der klare Auftrag für die einzelnen Sektoren enthalten, Maßnahmenbündel zu erarbeiten (Abg. Mag. Brunner: Wann?), auch mit Zeitplänen, dass die Wirtschaft für sich mit den Stakeholdern im Bund und in den Ländern Maßnahmen erarbeitet. Der Verkehr, der Bereich Raumwärme, einzelne Sektoren sind verpflichtet, Maßnahmen auszuarbeiten.

Und die Maßnahmen sind bekannt. Die Maßnahmen wurden in der Klimastrategie der österreichischen Bundesregierung im Jahr 2007 festgelegt, und sie finden sich hier wieder, aber mir ist es darum gegangen, beim Gesetz Flexibilität zu haben. Die Technologie ist seit 2007 fortgeschritten, es gibt neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Es sollte keine gesetzliche Bindung für Maßnahmen geben, sondern flexibel sein. Die einzelnen Sektoren sollen Maßnahmen flexibel erarbeiten können. Wir haben bis 2012 unsere Ziele und die Emissionsreduktionen drinnen, und wir sind ja bereits für die nächsten zehn Jahre, bis 2020, ebenfalls Klima- und Energieziele eingegangen.

Das Gesetz wirkt selbstverständlich in die Zukunft, weil auch für diesen Zeitpunkt sichergestellt ist, dass die Bundesländer, die im Rahmen einer Artikel-15a-Verein­barung derartige Verpflichtungen eingehen wollten, hier im Boot sind: bei der finan­ziellen Verpflichtung und auch bei der Verpflichtung, Treibhausgase zu reduzieren. Das ist der entscheidende Punkt.

Zu einem anderen Aspekt: Sie sagen immer wieder, wir investieren im Ausland in den Klimaschutz, aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn wir investieren den über­wiegenden Teil in Österreich (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), aber wir inve­stieren auch im Ausland. Und was mich bei Ihnen, was mich insbesondere bei den Grünen stört, ist: Wir investieren auch in Entwicklungsländern, und dass Sie einen dumpfen Nationalismus bedienen und sagen, dass wir das Geld ins böse Ausland schicken, das hätte ich mir von Ihnen nicht erwartet, denn der Klimaschutz ist eine globale Angelegenheit. (Abg. Dr. Pirklhuber: ... von der Regierungsbank! Legen Sie Fakten vor!) Und wenn wir im afrikanischen oder im asiatischen Raum ein Klimaschutzprojekt machen, dann nützt das auch dem Weltklima und hilft den Regionen dort, erneuerbare Energie aufzubauen.

Das ist nicht der einzige Punkt, den wir machen, aber sehr wohl einer, mit dem wir dort etwas beitragen, genauso wie alle anderen Staaten der Europäischen Union, die auch in diese Programme investieren  nicht nur, aber sehr wohl auch. Und dazu stehe ich, weil das auch Sinn hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 263

Im Bereich des Klimaschutzes wird aus dem bisherigen „Kann“ jetzt ein „Muss“, er wird verbindlich durchgezogen und daher auch mit Sanktionen versehen, mit der notwen­digen Flexibilität. Einzelne Dinge wurden bereits von den Vorrednern ausgeführt.

Abschließend: Wir machen im Inland Dinge wie die thermische Sanierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien, das Ökostromgesetz, Elektromobilität, Biotreibstoffe und so weiter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Frau Kollegin Brunner, Sie sind schlecht informiert wie – ich möchte nicht sagen, wie immer  gelegentlich, denn Sie sagen, wir müssen uns auf der europäischen Ebene einbringen, Österreicher ist dort Bremser. Wir haben für die internationalen Klimaver­handlungen in Durban bereits eine Position der Europäischen Union. Das dürfte an Ihnen vorübergegangen sein in Ihrem Versuch, dieses Klimagesetz schlechtzureden. (Abg. Mag. Brunner: Ah so!) – Das Klimaschutzgesetz ist gut.

Wir haben eine gemeinsame Position der Europäischen Union für Durban. Österreich ist dort mit im Boot, ist dort einer der Motoren. Da müssten Sie sich nur informieren, bevor Sie hier stehen und wieder einmal Österreich schlechtreden! (Abg. Mag. Brunner: Das kenne ich, aber das ist nicht ausreichend!) Es ist bedauerlich, dass Sie das tun, weil das nicht angebracht ist.

Im Übrigen bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses. Es waren wirklich jahrelange zähe Verhandlungen mit vielen schwierigen Situationen, in denen das Gesetz durchaus hätte scheitern können. Wir können stolz darauf sein, dass wir dieses Gesetz haben, mit dem wir gemeinsam konsequent ein sehr wichtiges Thema angehen, nämlich die Lebensqualität für die jetzigen und für kommende Generationen abzusichern. Ich danke allen, auch den Parteienvertretern, die etwas Positives zu diesem Gesetz beigetragen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. – Bitte.

 


21.42.07

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat das nun in Behandlung stehende Klimaschutzgesetz vorgelegt, das sehr wohl entsprechende Möglichkeiten beinhaltet, die Treibhausgasemissionen entsprechend einzudämmen.

Zum Ersten sind die sektoralen Emissionshöchstgrenzen klar definiert und festgelegt. Zum Zweiten werden Maßnahmen erarbeitet und gesetzt, dass diese Höchstgrenzen auch eingehalten werden. Und zum Dritten sind Komitee und Beirat dazu da, diese Maßnahmen zu überprüfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte schon auch auf einige Fakten in diesem Zusammenhang hinweisen. Man zeichnet ja immer wieder das Bild, dass Österreich ein schlechtes Umweltland sei. Es ist genau das Gegenteil der Fall!

Bei der CO2-Emission pro Kopf sind wir im europäischen Vergleich im unteren Bereich angesiedelt. Das ist bemerkenswert, weil Österreich ein Transitland ist und doch auch entsprechenden Verkehr auszuweisen hat, woraus jedoch auch entsprechende Einnahmen zu verzeichnen sind. Ich darf darauf hinweisen, dass wir allein aus dem Tanktourismus mehr als 1 Milliarde € an Steuern einnehmen und dass wir dieses Geld auch verwenden könnten, sollten wir vielleicht einmal 400 Millionen € Strafe zu zahlen haben. (Abg. Mag. Brunner: Was hilft das dem Klima?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 264

Ich muss sagen, wie der Herr Minister eben auch ausgeführt hat, dass Europa lediglich 11 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verursacht und viele Länder sich damit überhaupt nicht auseinandersetzen, die größten Emittenten wie Amerika und China beispielsweise. Da würde ich Sie schon ermutigen, Ihre entsprechenden Kommentare an die UNO zu richten.

Am Ende des Tages ist es so, dass wir, glaube ich, wirklich sagen können, dass Österreich ein vorbildliches Umweltland ist. Wenn man die Wasserqualität, die Luft­qualität anschaut, sind wir bestens aufgestellt, und betreffend die Verhältnismäßig­keiten sind wir, was Umwelt anlangt, sicher ein Vorzeigeland in Europa. Ich glaube, es ist immer noch besser, verantwortungsvolle Politik zu machen als billigen Populismus. (Beifall bei der ÖVP.)

21.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


21.44.54

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Vorhaben, dass beim Klimaschutz in Zukunft alle wirkungsvoller zusammenarbeiten sollen, Bund und Länder, kann man ja nichts entgegensetzen. Nur, mit diesem Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, wird dieses Vorhaben nicht erfüllt. Dieses Gesetz ist – wir haben es heute schon gehört – schwammig, es ist unausgegoren, es ist unverbindlich, es werden die Länder nicht in die Pflicht genommen, es fehlen konkrete Maßnahmen. Stattdessen gibt es nun ein nationales Klimaschutzkomitee und einen Expertenbeirat.

Experten gibt es zur Genüge, die die Klimapolitik der Regierung kritisiert haben. Ich darf daran erinnern, dass bereits im Jahr 2007 Professor Stefan Schleicher, WIFO-Experte, darauf hingewiesen hat, dass Österreich das Kyoto-Ziel verfehlen wird. Der damalige Umweltminister, Ihr Vorgänger Minister Pröll, kommentierte dazu recht zynisch: „Mehr Optimismus ist angesagt. Wir werden eine Punktlandung hinlegen können. Im Finish schaffen wir die Ziele.“

Heute wissen wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das, was hier in der Klimapolitik stattfindet, keine Punktlandung, sondern eher eine Bruchlandung ist. Die angesprochenen Maßnahmen, von denen Sie vorhin gesagt haben, sie seien in der Klimastrategie enthalten, fehlen im Gesetz. Die Klimastrategie hat der Rechnungshof auch zweimal geprüft und mit einer Reihe von Empfehlungen ausgestattet. Einmal wurde im Jahr 2008 kritisch geprüft, und die Follow-up-Prüfung im Jahr 2011 ergab ebenfalls, dass Österreich die Kyoto-Ziele nicht erreichen wird.

Wir haben in der letzten Ausschusssitzung einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, die Rechnungshofempfehlungen umzusetzen. Dieser Antrag wurde, wie nicht anders zu erwarten war, vertagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns läuft die Zeit davon, Ihnen läuft die Zeit davon, wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir haben nur eine Umwelt, wir haben nur ein Klima. Wir haben aber leider auch eine Regierung, die nicht in der Lage, nicht willig oder nicht fähig ist, wirkliche Klimapolitik für Österreich zu machen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 265

21.47.16

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen! Liebe Kollegen! Das Klimaschutzgesetz ist natürlich kein Diktat, sondern ein Kompromiss, der jahrelang oder zumindest einige Jahre lang diskutiert und erarbeitet worden ist. Aber auch dieser Kompromiss bedeutet letztendlich, dass in Zukunft ganz sicher mehr für den Klimaschutz getan wird, und er bedeutet auch ganz sicher, dass sich das Klima in Österreich und darüber hinaus ganz sicher verbessern wird.

Jene Gremien, die von manchen Vorrednern und Vorrednerinnen jetzt kritisiert worden sind, sind wichtig, weil es gerade im Bereich des Klimaschutzes notwendig und wichtig ist, dass wir so viele gesellschaftlich relevante Gruppen wie möglich in die Diskussion einbeziehen, und die Interessenvertretungen gehören halt einfach dazu. Ich denke, das ist notwendig und wichtig. Gerade die letzten Wochen haben wieder bewiesen, welch entscheidende Rolle die Sozialpartner bei manchen wichtigen Fragen einnehmen. Und ich denke, dass diese Gremien auch im Bereich des Klimaschutzes mit ihren zukünf­tigen Diskutanten, eben mit den Sozialpartnern, einiges zustande bringen werden.

Ein Termin ist noch nicht genannt worden, aber ich denke, er ist wichtig, nämlich dass diese Gremien jetzt nicht jahrelang diskutieren werden, sondern im Gesetz auch fixiert ist, dass diese Gremien bereits in den nächsten Monaten, konkret bis zum März 2012, ganz konkrete Vorschläge diskutieren und bringen werden.

Wenn man sich die Palette der Vorschläge, die zu überlegen sind, ansieht, sieht man, dass das wichtig ist. Es geht um die Erhöhung der Energieeffizienz, es geht um eine stärkere Nutzung von erneuerbaren Energieträgern, es geht um mehr Berücksichtigung des Klimaschutzes in der Raumplanung. Daher ist es wichtig, dass auch die Bundes­länder diesbezüglich einbezogen sind. Es geht um ein besseres Mobilitätsmanage­ment, es geht um Abfallvermeidung, es geht aber auch darum, dass Dinge diskutiert werden, wo letztendlich ökonomische Anreize gegeben werden sollen und müssen, damit in Zukunft bessere und konstruktivere Klimaschutzmaßnahmen getätigt werden.

Meine Damen und Herren, daher abschließend: Ich denke, dass dieses Gesetz ein gutes wird. Ich denke, dass es vor allem für die Umwelt und somit für die Menschen gut ist, und das ist für einen Abgeordneten das Wichtigste. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


21.50.01

Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! „Strengere Vorschriften statt Anreizen“, Klimaschutzziele können über Auflagen erreicht werden, sagen die Experten und titeln die „Salzburger Nachrichten“. Der Energiereferent des Landes Salzburg sagt, dass angesichts der geplanten Einspa­rungen die Energiewende natürlich nicht zu schaffen sei, weil zu wenig Geld für Förde­rungen vorhanden sei. Herr Minister Berlakovich, das sagt Ihr schwarzer Parteikollege! „Die Politik wird sich jetzt überlegen müssen, wie die Klimaschutzziele ohne Geld zu erreichen sind!“, so Energiereferent Eisl. Dies sei an die Berlakovich-Fraktion im Umweltausschuss gerichtet.

Warum sagen Sie den Menschen nicht einfach die Wahrheit? Warum? Sprich: über das Faktum des Nichterreichens der Klimaschutzziele. Sagen Sie: Wir präferieren – zum Beispiel wie es bei uns ist – den Tanktourismus, ergo lukrieren wir mehr Einnahmen, wir kriegen Geld. Wir zahlen die Strafen. Wir haben schon gehört, es wird von 600 Millionen € bis zu 1 Milliarde € gehen. Das zahlen wir aus der Portokassa. Dafür verschmutzen wir unsere Umwelt, verpesten unsere ländlichen Regionen, bauen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 266

ein paar Lärmschutzwände und Einhausungen und gehen den Problemen, den wirk­lichen Problemen, natürlich wie immer nicht auf den Grund.

Da nutzen auch Ihre vergeudeten und teilweise schon vergilbten Inserate nichts, Herr Minister, wir werden das Schlusslicht in der EU bleiben. 14 Mitglieder haben die Klima­schutzziele erreicht. Wir dagegen werden weder bis zum März 2012 noch bis 2013 – sollten auch die Länder mitmachen, wir haben ja gehört, Geld haben wir keines, Geld ist keines mehr da – die Ziele erreichen, wenn auch, wie Sie heute gesagt haben, die Player der Republik mitspielen. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Neubauer.)

21.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


21.52.10

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Kollege! Um die Fakten objektiver zu sehen, empfiehlt sich tatsächlich eine neue Brille. Faktum ist, dass Österreich eine absolute Spitzenposition einnimmt, wenn es darum geht, dass wir Wertschöpfung produzieren und die daraus resultierenden Treibhausgase zu den geringsten überhaupt gehören. Das sind Fakten. (Abg. Neubauer: Der war gut!)

Faktum ist, dass Österreich im Umweltbereich eine Spitzenposition einnimmt und auch im Klimaschutz mit tadellosen Ergebnissen aufzuwarten hat. Faktum ist, dass wir im Zuge der Dämmstoffinitiative klare und nachvollziehbare Ergebnisse erzielt haben. Faktum ist, dass wir das auf vier Jahre fixiert haben. Das sichert Green Jobs, das sichert Arbeitsplätze, das ist ein wichtiger Impuls für unsere Wirtschaft. Detto ist es im Ökostrombereich. Das hier in diesem Saal beschlossene Gesetz ist ein wichtiger Eckpfeiler auf dem Weg zu Energieautarkie.

Wir werden uns aber auch mit schwierigeren Themen auseinandersetzen müssen, da die Energieaufbringung allein nicht die Antwort ist, sondern wir werden auch in Bezug auf Effizienz überlegen müssen, wie lange wir es uns noch leisten wollen, mit Strom zu heizen. Ich sehe das mittelfristig als indiskutabel an.

Österreich hat sehr viele gute Beispiele in diesem Zusammenhang. Das ist auch der Grund dafür, dass Vertreter vieler Länder zu uns kommen und diese Technologie einkaufen wollen. Erst vor Kurzem sind ranghohe Vertreter Indiens in Österreich ge­wesen und haben sich in diesem Bereich kundig gemacht. Sie sind auch gerne bereit, in diesem Zusammenhang Partnerschaften mit uns einzugehen. Das bedeutet den Export unserer Technologie und das bedeutet auch einen wichtigen Beitrag für unseren Klimaschutz, der nicht an den Staatsgrenzen endet. (Beifall bei der ÖVP.)

21.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


21.54.10

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Klimaschutzgesetz erfüllt Österreich völker­rechtliche und unionsrechtliche Verpflichtungen beim Klimaschutz, und wir bewegen uns von der Freiwilligkeit hin zur Verbindlichkeit. Herr Bundesminister, ich bin dankbar dafür, dass es gelungen ist, vielfältige Interessen zu bündeln. Es ist ja nicht leicht, wenn wir uns die Gesetzgebung in den Ländern und natürlich auch unsere Gesetzgebung im Bund vor Augen führen, dass wir die Kräfte bündeln und versuchen, hier gemeinsam verbindliche Maßnahmen zu setzen, umzusetzen, zu koordinieren, zu steuern und auch einzufordern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 267

Die Opposition kritisiert das heute hier massiv, aber ich glaube, da ist überhaupt nicht bekannt, was es heißt, Klimainteressen, wo es natürlich auch um Wettbewerb und um Klimaschutz geht, umzusetzen, auch von der Dimension her.

Aus meiner Sicht gibt es vier Schwerpunkte im Bereich des Klimaschutzes, an welchen wir arbeiten müssen. Erstens: Wir müssen auf Energieeffizienz achten und den tech­nischen Fortschritt gezielt einsetzen und nützen. Gerade bei der Sanierung von Gebäuden gibt es aus meiner Sicht viel Potenzial, das auch Wirtschaftskraft für unser Land bringt. Die stärkere Nutzung erneuerbarer Energie von Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft ist der zweite Punkt. Ich meine, wir müssen die Wasserkraft nützen, wo dies unter ökologischen Grundsätzen möglich ist, diese noch einmal gezielt, aber maßvoll ausbauen. Wichtig ist es auch, den Klimaschutz in der Raumplanung zu berücksichtigen und ökonomische Anreize schaffen.

Herr Bundesminister, es ist ein erster Schritt gelungen. Ich bin nicht jemand, der hier überschwänglich reagiert, das ist einmal ein Start in eine neue Zeit, in der Bewältigung einer neuen Herausforderung, und es ist eine Chance und eine Möglichkeit, dass wir die Klimaschutzziele erreichen können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


21.56.11

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Bundesminister! Die bisherigen Bemühungen zur Erreichung der Klimaschutzziele waren sicher gut, aber sie waren leider zu wenig. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Man muss aber ehrlicherweise sagen, wir haben uns auf hohem Niveau zu ehrgeizigen Zielen verpflichtet. Und wenn man etwas zynisch bemerken darf: Wenn wir uns für etwas weniger ambitionierte Ziele entschieden hätten, dann stünden wir in der Diskussion vielleicht letzten Endes besser da.

Es gibt intensive Bemühungen zur Erreichung der Klimaschutzziele. Ich nenne das Ökostromgesetz, das fast alle Parteien hier beschlossen haben, oder die Energie­strategie 2020, wo wir auf einem guten Weg sind, die ehrgeizigen Ziele von 34 Prozent erneuerbaren Energien zu erreichen. Da möchte ich schon anmerken: Die beste Energie ist die Energie, die wir nicht brauchen.

Im Bereich Energiesparen, Energieeffizienz ist ja schon viel geschehen. Man denke dabei an die Haushalte, die beim Kühlschrank, bei den Kühlgeräten auf energiespa­rende Geräte umsteigen. Aber leider geschieht in der Praxis immer wieder der Fehler, dass man sagt: Na ja, der alte ist ja auch noch gut, den können wir in den Keller stellen und auch noch nutzen! Ich glaube, diesbezüglich muss noch etwas ehrliche Aufklä­rungs­arbeit geleistet werden.

Vereinbarungen müssen in Zukunft eingehalten werden, damit wir die Ziele erreichen – das war bis dato freiwillig. Und wenn man hier in der Diskussion kritisiert, dass zu viele Gruppierungen, Sektoren, Bundesländer im Komitee, im Beirat mitreden, muss ich schon auch sagen: Mitreden heißt auch Mitverantworten, und das ist wichtig, damit nicht wieder alles beim Bundesminister hängenbleibt und Klimaschutz keine One-Man-Show bleibt.

Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, dass wir da eine Vorreiterrolle in der EU haben. Es gibt ja nur in Großbritannien ein ähnliches Gesetz, und das bestätigt wieder ganz eindeutig unsere Vorreiterrolle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.58

21.58.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 268

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Entwurf betref­fend Klimaschutzgesetz samt Titel und Eingang in 1456 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wieder die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Umwelt­ausschusses, seinen Bericht 1457 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Antrag des Umwelt­aus­schusses, seinen Bericht 1458 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Und schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 39: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1459 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.00.0040. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1393 d.B.): Bun­desgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemis­sions­zerti­fikaten (Emissionszertifikategesetz 2011  – EZG 2011) (1460 d.B.)

41. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1682/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend monetären Aus­gleichsmechanismus im Emissionszertifikategesetz (1461 d.B.)

42. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 209/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Photovoltaikanlagen (1462 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 40 bis 42 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 269

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


22.00.46

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Kollege Hornek, zu deiner Bemerkung vorhin, Österreich sei ein derartig großartiges Land beim Klimaschutz, wir hätten derartige Spitzenwerte, wir bräuchten uns da nicht zu verstecken und uns keine Kritik gefallen zu lassen, darf ich dir eine Leselektüre empfehlen, nämlich die Rechnungshofberichte der letzten drei Jahre zu diesem Thema. Dann wirst du relativ leicht erkennen, dass wir beim Klima­schutz Schlusslicht Europas sind. (Abg. Kopf: Gemessen an den Zielen!) Dazu braucht man wirklich auch eine gute Brille, da gebe ich dir recht. Aber ich denke doch, dass du das dann auch intellektuell aufnehmen kannst.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die kreativen Anträge, die beim Klimaschutz und auch beim Zertifikatehandel permanent auch im Umweltausschuss eingebracht werden, sind evident. Ich denke nur an einen Antrag des Kollegen Hofer, der zum Bei­spiel zum Inhalt hat, die Mehrwertsteuer auf erneuerbare Energien um 50 Prozent zu senken, wie das bei den Holzschnitzeln ja bereits der Fall ist. Aber all diese kreativen Anträge, auch der Opposition, in diesem Haus werden entweder vertagt oder eben abgelehnt. So kann Klimaschutz in Österreich natürlich nicht funktionieren.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Zertifikatehandel gefährdet mittlerweile – und das wissen Sie ganz genau – den Wirtschaftsstandort, gefährdet Arbeitsplätze, und das ist gegen Ihre eigenen Grundsätze, die heute Ihre Ministerin Fekter in der Budget­rede auch erwähnt hat. Sie war ganz stolz darauf, heute beim Budget zu sagen, dass wir uns zur Nachhaltigkeit verpflichten und das noch nicht genug ist. Nein, wir ver­pflichten uns auch, so wie Herr Staatssekretär Kurz das ja auch empfohlen hat, zu einer generationsüberschreitenden Verpflichtung, und wir müssen uns das alles genau ansehen, damit wir einem zukünftigen Entwurf auch zustimmen können.

Würden Sie heute diese strengen Regulative anwenden, müssten Sie erkennen, dass diese Kriterien für diesen heutigen Antrag nicht zutreffen und müssten ihn eigentlich zurückziehen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Der Zertifikatehandel erzeugt dubiose Zahlungs­flüsse. Ich darf Ihnen einen Bericht aus der n-tv-Berichterstattung von letzter Woche zu Gehör bringen, in dem es darum ging, dass ein Staat um 850 Millionen € geprellt wurde. Da wird berichtet, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt gegen zahl­reiche Firmenchefs und andere Geschäftsleute ermittelt. „International agierende Ban­den sollen mit einem Geflecht von 50 Firmen beim Handel mit Emissionszertifikaten systematisch Steuern hinterzogen haben.“

Wie man aus der gestrigen Berichterstattung zu diesem Thema hört, soll es in diesem Zusammenhang auch Spuren zu österreichischen Firmen geben. Wir werden deshalb genau beobachten, wie sich das entwickelt.

Die Freiheitlichen sind immer gegen diesen Zertifikatehandel eingetreten und werden deswegen auch heute diesem Antrag natürlich nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

22.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 270

22.04.28

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Emissionshandelssystem ist jener Teil der Klimaschutzanstrengungen, die die Industrie und die die Großverbraucher betreffen und die das Ziel so erreichen sollen, dass eben CO2-Verbrauch, CO2-Freisetzung einen Preis haben. Die, die effizient arbeiten, werden sich leichter damit zurechtfinden. Die, die nicht effizient arbeiten, werden durch eine Kostenbelastung angeleitet, effizienter zu werden.

Die Industrie, die gefährdet ist, abzuwandern, hat ihre Gratiszuteilungen. Die Industrie, die dies verkraften kann, wird zunehmend für die CO2-Ausstoßrechte zahlen müssen.

Die Hersteller von Energie aus fossilen Energieträgern werden von Anfang an Zerti­fikate zukaufen müssen. Dadurch bekommen wir neue Wettbewerbsverhältnisse zwi­schen erneuerbaren Energieträgern und fossiler Energieherstellung. Das ist das Ziel des Gesetzes, einige andere Punkte werden ebenfalls erfasst, wie zum Beispiel der Erdgastransport, der zunehmend auch in die Ziehung kommt.

Meine Damen und Herren! Das Emissionszertifikategesetz ist ein Vorteil für die österreichische Industrie, weil auf der einen Seite der Klimaschutz europaweit ein Regelwerk bekommt, auf der anderen Seite durch Benchmarks die Zuteilung für die einzelnen Unternehmen eingeteilt ist, österreichische Unternehmen sehr gut liegen und dadurch ihre Effizienz und ihre Vorteile ausspielen können.

Weil das Gesetz gut geplant ist, gut ausverhandelt ist, findet es auch die Zustimmung der Industrie und ist ein Gesetz, das geeignet ist, Arbeitsplätze in Österreich gut abzusichern und die Entwicklung weiterzuführen. Mit diesem Gesetz schaffen wir jetzt die nötige Ergänzung zum Ökostromgesetz und zum Klimaschutzgesetz. Ausständig ist noch das Energieeffizienzgesetz, das wir in der nächsten Zeit bekommen werden.

Nach mir kommen noch an die hundert Redner, deshalb lasse ich es dabei bewenden und gratuliere meinem Minister. (Beifall bei der ÖVP.)

22.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


22.06.46

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Landwirt­schafts­minister! Vielleicht können Sie mir vorher noch kurz erklären, wie viel Gramm CO2 Sie mit diesem Klimaschutzgesetz einsparen werden. Wenn Sie sagen, dass Sie jetzt verhandeln, verhandeln, verhandeln, dann wissen Sie hoffentlich auch oder sind hoffentlich so gut informiert, dass Sie wissen, dass es schon einen Zeitplan gibt und die globalen CO2-Emissionen 2015 zu sinken beginnen müssen.

Und wenn Sie uns Nationalismus vorwerfen: Ich meine, es ist klar, dass Sie unsere Verpflichtungen hier in Österreich erledigen müssen. Das heißt nicht, dass wir nicht aus unserer historischen Verantwortung heraus Entwicklungsländern Unterstützung zukommen lassen müssen. Das ist wohl selbstverständlich. Da muss man nicht lange herumreden und da brauchen Sie auch nicht polemisch zu werden.

Ich bin sehr wohl über die EU-Position informiert, nur ist sie leider zu wenig. Da erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich dafür einsetzen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das ist schon beschlossen! Einstimmig! 27 EU-Mitglieder!) – Ja, aber nicht aus­reichend genug, und bis Durban könnte man noch nachbessern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 271

Auch ich schätze Ihre Beamten in Ihrem Haus sehr, und ich würde auch Ihnen nicht vorwerfen, dass Österreich die Verpflichtungen nicht einhält, so wie Sie das jetzt gegenüber der UNO machen. Das finde ich höchst eigenartig, muss ich sagen.

Wir hätten aber jetzt noch eine Chance, in Österreich für den Klimaschutz wirklich etwas zu erreichen, und zwar ist dies das Emissionszertifikategesetz. Wir stehen dem Emissionshandel sehr kritisch gegenüber, weil er bisher überhaupt nicht dazu geführt hat, CO2 zu reduzieren. Bisher wurden der Industrie auch noch Gratiszertifikate zuerkannt, also die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben der Industrie den CO2-Ausstoß finanziert. Unverständlicherweise, also für mich völlig wahnsinnig, sind diese Mittel auch noch aus dem Umweltbudget gekommen. Das heißt, Sie haben mit Ihren Geldern Umweltverschmutzung finanziert. Das ist höchst unverständlich.

Jetzt werden diese Zertifikate wenigstens versteigert, das heißt, der Staat bekommt Einnahmen aus dieser Versteigerung. Ich denke, es ist wohl das Selbstverständlichste und das Logischste auf der Welt, dass, wenn wir Einnahmen aus der Klimaver­schmutzung bekommen, diese Gelder dann für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben werden. Es ist auch gar nicht so wenig, also von 2013 bis 2020 werden da 3 Milliar­den € hereinkommen.

Herr Minister, ich frage Sie: Warum wollen Sie mit diesen 3 Milliarden € nicht Klima­schutz machen? Das ist Geld, das noch nicht vergeben ist. Das müssen wir für den Klimaschutz sichern. Wir haben ausgerechnet, man könnte dadurch zum Beispiel ein Kesseltauschprogramm finanzieren, mit dem es möglich wäre, Österreich in den nächsten Jahren ölkesselfrei zu machen. Das würde nicht nur dem Klima helfen, sondern auch viele Österreicherinnen und Österreicher dabei unterstützen, von den fossilen Energieressourcen wegzukommen, unabhängig zu werden und auch langfristig leistbare Energie zu haben.

Die CO2-Einsparung wäre zusätzlich zwischen 80 und 100 Millionen Tonnen. Das heißt, fast unsere ganze Kyoto-Verpflichtung könnten wir damit erreichen, abgesehen von vermiedenen Strafzahlungen, abgesehen von Wertschöpfung und grünen Arbeits­plätzen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum das bisher nicht vorgesehen ist.

Sie bekommen aber von uns noch eine Chance, und deswegen bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen zum Emissionszertifi­kategesetz 2011

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der letzte Satz im § 21 der Regierungsvorlage lautet wie folgt:

„Die Einnahmen aus Versteigerungen fließen dem Bund zu und sind zweckgewidmet für Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen zu verwenden.“

*****

Sie können beweisen, dass Sie es mit dem Klimaschutz tatsächlich ernst nehmen. Es kann nicht anders sein, als dass wir Gelder, die wir aus Klimaverschmutzung bekom­men, auch für Klimaschutz einsetzen. Deswegen ersuche ich um Zustimmung, damit wir diesen Fehler noch ausbessern und in Österreich endlich in die Gänge kommen, was Klimaschutz angeht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 272

Dennoch bin ich der Meinung: Österreich braucht unbedingt ein eigenständiges, star­kes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1393 d.B.): Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikate­gesetz 2011 – EZG 2011) (1460 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011 – EZG 2011) (1460 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (1393 d.B.) wird wie folgt geändert:

Der letzte Satz im § 21 der Regierungsvorlage lautet wie folgt:

„Die Einnahmen aus Versteigerungen fließen dem Bund zu und sind zweckgewidmet für Energieeffizienz- und Klimaschutzmaßnahmen zu verwenden.“

Begründung

Das Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) steht vor einer maßgeblichen Veränderung. Während die Zuteilung der Emissionszertifikate durch die National­staa­ten gratis an ihre im ETS enthaltenen Industrieunternehmen erfolgte, müssen die Industriesektoren diese ab 2013 grundsätzlich ersteigern. Stromerzeuger müssen ab 2013 schon 100% ihrer Zertifikate ersteigern. Für andere Sektoren wird es weiterhin teilweise und in abnehmender Menge Gratiszuteilungen geben. Nur Anlagen in Sek­toren, die als besonders Abwanderungsgefährdet („carbon-leakage-exponiert“) einge­stuft wurden, erhalten weiterhin 100% ihrer Zertifikate gratis.

Die Emissionshandels-Richtlinie der EU wurde dementsprechend novelliert und soll mittels der Regierungsvorlage „EZG 2011“ auch in Österreich zur Umsetzung gelangen.

Laut Regierungsvorlage erwartet der Bund – je nach Marktpreis der Emissions­zertifikate – aus dieser Versteigerung jährliche Einnahmen in der Höhe von 210 bis 350 Mio. Euro. Über die Dauer der gesamten Handelsperiode (2013-2020) können also bis zu 3 Milliarden Euro in die Staatskasse fließen.

Für die Grünen ist nichts naheliegender, als dass diese Mittel für Klimaschutz in Österreich verwendet werden – nicht zuletzt, um die mangelhafte Klimawirksamkeit des Emissionshandels insgesamt zu verbessern.

Dies sieht auch die entsprechende EU-Richtlinie vor. Laut Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie bestimmen zwar die Mitgliedstaaten die Verwendung der Einnahmen aus der Verstei­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 273

gerung der Zertifikate. Mindestens 50% der Einnahmen „sollten“ allerdings für Klima­schutzmaßnahmen (im Sinne der Definition der EU-RL) eingesetzt werden.

Deutschland hat diese Vorgabe übererfüllt und lässt 100% der Einnahmen in einen Klimaschutzfonds fließen. In der österreichischen Gesetzesvorlage fehlt eine Zweck­bindung völlig. Mit keinem Wort wird im EZG 2011 spezifiziert, welchem Zweck diese Einnahmen zu Gute kommen sollen.

Angesichts der katastrophalen Klimabilanz Österreichs und der vom Umweltbundesamt prognostizierten weiteren massiven Steigerung unserer Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 würde dieses Geld beim Klimaschutz und für die Förderung von Energieeffizienz dringend benötigt.

Immerhin handelt es sich über die gesamte Handelsperiode um bis zu 3 Milliarden Euro.

Setzte man dieses Geld vernünftig ein, könnte damit die Energiewende in der Raum­wärme eingeleitet werden. Würde der Bund diese Mittel zum Beispiel in ein Kessel­tauschprogramm für alte Ölheizungen gegen solche auf erneuerbarer Basis inves­tieren, so könnte Österreich in einigen Jahren gänzlich Ölkesselfrei sein. Damit würden VerbraucherInnen erheblich entlastet und CO2-Emissionen von bis zu 100 Mio. Ton­nen eingespart. Dies ist mehr als unsere derzeitige Kyoto-Lücke von ca. 80 Mio. Tonnen. Unterm Strich stiege der Bund aufgrund gestiegener MwSt.-Einnahmen sogar immer noch mit einem Plus aus – von der milliardenschweren Investitionsleistung und entsprechender regionalen Wertschöpfung, die dieses Programm auslösen würde ganz zu schweigen.

Auch Arbeiterkammer-Präsident Dr. Johann Kalliauer forderte angesichts kontinuierlich steigender Energiepreise in einer Presseaussendung vom 9.10.2011: "Diese Mittel müssen zur Bekämpfung der Energiearmut verwendet werden!"

Zuvor hatte die erste Landesenergiereferentenkonferenz die Bundesregierung eben­falls zu einer 100%-igen Zweckbindung der Einnahmen zu Gunsten von Klimaschutz- und Energieeffizienz aufgerufen. (Beschluss vom 28.9.2011)

Selbst die Industrie stößt in dasselbe Horn. So sprach sich auch der Industrie-Fach­verbandsobmann aus der Wirtschaftskammer Manfred Engelmann dafür aus, dass die Mittel als Förderungen für Klimaschutz oder Energieeffizienz zurückfließen sollen (Kurier, 2.9.2011).

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


22.11.08

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Im Umweltausschuss wurde ja sehr intensiv über das Emis­sionszertifikategesetz 2011 diskutiert. Wichtig für mich ist, dass dieser Entwurf Ordnung in das bereits bestehende System bringt. Äußerst positiv ist aber sehr wohl hervorzuheben, dass für abwanderungsgefährdete energieintensive Industrien Gratis­zertifi­kate vorgesehen sind.

Ich komme nun zu einem Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt und das ich bereits im Ausschuss angesprochen habe. Dass der Klimaschutz wichtig ist, das ist unumstritten und ist uns allen klar. Dazu stehen unsere Betriebe und sie investieren auch immer wieder in moderne Produktionsanlagen. Als Beispiel dafür führe ich aus


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 274

meiner Region die voestalpine Stahl Donawitz an. Dieser Betrieb produziert auf höchs­tem Niveau der Technik, beschäftigt zurzeit über 2 000 Personen und fertigt, verar­beitet und entwickelt hochwertige Stahlprodukte weiter.

In den Bereich Forschung und Entwicklung wird verstärkt investiert, umweltschonende Herstellungsprozesse sind ein Thema. Durch den Zukauf von Emissionszertifikaten würde man mit Sicherheit für teureren Stahl sorgen. Der Wettbewerb würde mit Sicherheit verzerrt werden, es würde auch zu einem Abbau von Arbeitskräften kom­men.

Es ist mit Sicherheit nicht erstrebenswert, dass Betriebe abwandern, nämlich dorthin, wo es nicht so strenge Umweltauflagen gibt beziehungsweise die geforderten Umwelt­auflagen nicht so streng eingehalten werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

In weiterer Folge würde mehr CO2 produziert und die Umwelt noch mehr belastet werden. Wir müssen daher auf jene Betriebe beziehungsweise Länder Augenmerk legen, die nicht in die Umwelt investieren und somit unsere Umwelt um ein Vielfaches belasten – und nicht jene bestrafen, die, wie vorhin schon erwähnt, auf höchstem Niveau der Technik so umweltschonend wie möglich produzieren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann. – Bitte.

 


22.13.33

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Der Zertifi­katehandel ist ja europaweit mehr als umstritten. Damit hat auch die Industrie effektiv Standortnachteile, und wir wissen nicht, was mit dem Zertifikat im Ausland passiert, wo die Kontrollen nicht so umfassend sind wie bei uns. Extrembeispiel: Wir kaufen Zertifikate aus Tschechien, weil man uns dort sauberen Atomstrom verkauft. Also mit unseren Zertifikaten produzieren die Tschechen sauberen Atomstrom, und das würde man damit letztlich unterstützen.

Der Verfassungsdienst nennt einige schlampige Formulierungen im vorliegenden Gesetzentwurf. Generell lehnen wir daher das Emissionszertifikategesetz ab. Aber, das ist der Punkt, es wird ab dem Jahr 2013 210 bis 350 Millionen € jährlich an Einnahmen für den Bund geben. Da meinen wir schon, das ist auch so in der EU-Richtlinie nor­miert, dass man zumindest 50 Prozent davon für Umweltschutzmaßnahmen, Klima­schutzmaßnahmen, Energieeffizienzmaßnahmen zweckbinden sollte.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Schenk, Kollegin und Kollegen zum Emissions­zertifikategesetz 2011

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011-EZG 2011) (1460 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (1393 d.B.) wird wie folgt geändert:

Der letzte Satz im § 21 der Regierungsvorlage lautet wie folgt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 275

„Die Einnahmen aus Versteigerungen fließen dem Bund zu und sind zweckgebunden für Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung zu ver­wenden.“

*****

Wir meinen nämlich, dass wir diese Mittel nicht rein zum Budgetlochstopfen der Regierung verwenden sollten.

Ein letzter Satz: Es gibt auch Auswüchse, das sehen Sie beim TOP 41; auch dazu ein Antrag. Da wurde die Energiebranche praktisch übersubventioniert, das war ein Vorgriff auf die dritte Periode mit rund 90 Millionen €. Das betrifft die Energie AG Ober­öster­reich, den VERBUND und die Wien Energie, die sich natürlich auf Rechts­sicherheit berufen, weil es einen Bescheid dazu gibt. Das verstehe ich auch, es gibt auch Rechtsgutachten, die das untermauern. Letztlich haben Sie, Herr Minister, damit drei Gaskraftwerke forciert, aber wir sollten eigentlich Klimaschutz betreiben.

Das war mit Sicherheit der falsche Ansatz. Sie haben sogar in Ihr eigenes Regierungs­programm hineingeschrieben, dass man das nicht machen sollte und Vorgriffe jeden­falls keine Belastung für den Steuerzahler bringen sollten. Genau das Gegenteil ist passiert. Da frage ich Sie: Was machen Sie jetzt?

In Summe ist dieses Gesetz abzulehnen. (Beifall beim BZÖ.)

22.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Schenk, Kollegin und Kollegen zum Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1393 d. B.): Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikate­gesetz 2011-EZG 2011) (1460 d. B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten(Emissionszertifikategesetz 2011-EZG 2011) (1460 d. B.) in der Fassung des Berichtes des Umweltausschusses (1393 d.B.) wird wie folgt geändert:

Der letzte Satz im § 21 der Regierungsvorlage lautet wie gefolgt:

„Die Einnahmen aus Versteigerungen fließen dem Bund zu und sind zweckgebunden für Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung zu ver­wenden.“

Begründung

Mit den Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten, die dem Bund zufließen, werden zukünftig diverse Budgetlöcher gestopft werden. Zweckwidmung der


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Einnahmen in umweltrelevante Maßnahmen gibt es keine. Einzig in den Erläuterungen des Gesetzestextes ist hierzu angeführt:

„Laut Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie bestimmen die Mitgliedstaaten die Verwendung der Einnahmen aus der Versteigerung der Zertifikate, wobei sie mindestens 50 % der Ein­nahmen für einen oder mehrere der in der Richtlinie genannten Zwecke nutzen „sollten“.“

Die Zweckwidmung ist demnach eine Sollbestimmung und nicht verbindlich.

Um nach der eklatanten Kyoto-Zielverfehlung den richtigen Kurs hinsichtlich der EU-Ziele für 2020 einschlagen zu können, sind etliche Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und für den Klimaschutz notwendig. Um die Finanzierung in Krisen­zeiten zu gewährleisten, ist eine Zweckbindung der Einnahmen aus den Verstei­ge­rungserlösen erforderlich.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.15.58

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das Emissionszertifikatehandelssystem ist ein zentraler Bestandteil des Klimaschutzes weltweit und insbesondere in Europa. Es ist der Versuch, die Wirtschaft, insbesondere die Industrie, in den Klimaschutz zu integrieren. Daher ist dieses System auch anzu­wenden und daher ist es auch eines, das funktioniert – mit all den Schwächen, die passiert sind, die auszuräumen sind. Wenn kriminelle Aktionen passieren, dann ist das hintanzustellen.

Aber trotzdem gibt es kein besseres System; dieses System wird ab 2013 fortent­wickelt. Daher ist die Novelle des Emissionszertifikategesetzes notwendig. Denn auf der europäischen Ebene ist das System insofern geändert worden, als man gesagt hat, es gibt nicht mehr für alle Gratiszuteilungen bis zu einer gewissen Menge, sondern wir stellen auf ein sogenanntes Benchmarksystem um. Das war auch österreichisches Interesse, nämlich die Orientierung in Europa an jenen Branchen in den einzelnen Betrieben, die die geringsten Emissionen haben, die am energieeffizientesten arbeiten.

Gerade österreichische Industrieunternehmen erfüllen das und haben sich dieses Sys­tem gewünscht. Wir haben das durchgesetzt. Das erfolgt jetzt ab 2013, nämlich dass die Energiewirtschaft, die in der Vergangenheit Gratiszertifikate bekommen hat, diese nun kaufen muss. Die produzierende Industrie wird weiterhin Gratiszertifikate bekom­men, insbesondere dann, wenn sie unter Carbon Leakage fällt, also wenn sie sozusa­gen abwanderungsgefährdet ist.

Jetzt ein ganz offenes Wort: Natürlich haben wir Interesse – ich auch als Umwelt­minister – daran, dass die Menschen einen Arbeitsplatz in Österreich haben. Das Ziel muss sein, dass unsere Industrie effizient ist.

Am Beispiel der Stahlindustrie erleben wir, wie es weltweit ist. Während die Voest und europäische Stahlunternehmen Klimaschutzaufgaben erfüllen, machen die chinesische und die US-Stahlindustrie null Klimaschutzverpflichtungen.

Natürlich entsteht ein gewaltiger Druck auf heimische Betriebe, dass sie abwandern, wenn die Auflagen hoch sind. Sie halten die Standards trotzdem ein und sind trotzdem


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im Zertifikatesystem drinnen, weil wir auch Interesse daran haben, dass wir eine Indus­trie haben.

Wenn Sie behaupten, die Industriellenvereinigung schreibt ein Gesetz, muss ich sagen: Ich halte das für einen kuriosen Vorgang, Frau Kollegin Brunner. Erstens ist es nicht so. Ich bin mit dem Klimaschutzgesetz im Juni durch den Ministerrat gegangen, und das, was hier aufgetaucht ist im Parlament, ist ein simpler parlamentarischer Vorgang. Dass Sie sich darüber alterieren, dass im parlamentarischen Diskussions­prozess die IV, NGOs oder andere Wünsche äußern (Abg. Mag. Brunner: Nein, es hat nur die Industriellenvereinigung ... in die Dokumente reingeschrieben!), das halte ich in einem demokratischen Rechtsstaat für Sie als Parlamentarierin für kurios. Ob das dann ins Gesetz übernommen wird, ist eine zweite Frage. Aber dass sich diese Organi­sationen am demokratischen Diskussionsprozess beteiligen und Sie sich darüber alterieren, das halte ich für einigermaßen kurios. Sie können sicher sein, ich schreibe mir meine Gesetze noch immer selber – und nicht eine andere Institution!

Aber wir müssen auch in der Öffentlichkeit diskutieren, wie andere Staaten ihre Klima­schutzziele erreichen. Tatsache ist, dass viele Staaten, insbesondere in Osteuropa, auch Deutschland, ehemals DDR, ihre Industrie ruiniert haben, die alten Stinker­industrien, und daher auch Klimaschutzziele leichter erreichen und andere Staaten sehr stark auf die Atomkraft setzen: Frankreich, Deutschland bisher und United King­dom.

Es soll die österreichische Situation nicht beschönigt werden, aber Tatsache ist, dass wir eben einen anderen Weg gehen und daher auch Schwierigkeiten bei der Er­reichung der Klimaschutzziele haben, während andere Länder diese eben nicht haben. (Abg. Mag. Brunner: Deswegen haben wir immer mehr?) Denn wenn die Franzosen keine Atomkraft hätten und aus den erneuerbaren Gaskraftwerke machen würden, stünden sie klimaschutzmäßig anders da.

Noch einmal: Es geht darum, objektiv auseinanderzuhalten, wie die Bedingungen sind. Jedenfalls ist es hier wichtig, dieses System zu übernehmen und dieses System zu adaptieren.

Wir haben auch der österreichischen Energiewirtschaft hier keine Gelder zukommen lassen. Die haben Gratiszertifikate bekommen und hätten diese dann natürlich zurück­gegeben. Nur hat in der Zwischenzeit die Europäische Union die Rechtslage geändert, sodass das jetzt europaweit vergeben wird und wir diese Zertifikate nicht mehr zurück­bekommen.

Im Übrigen: Staaten, die aus der Atomkraft aussteigen, brauchen auch Energie, so wie Deutschland. Und bevor die ein Kohlekraftwerk errichten, ist es allemal besser, sie lösen es, indem sie ein Gaskraftwerk errichten. Nicht dass ich dem das Wort rede, aber in der Zwischenzeit brauchen diese Staaten Energie.

Unser klares Ziel ist es, die Energieautarkie Österreichs zu erreichen und alles mit erneuerbarer Energie abzudecken. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höfinger gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


22.20.43

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst vielen herzlichen Dank, Frau Kollegin Gessl-Ranftl, für die hervorragende Argumentations­linie: Wenn man bei einer Sache überzieht, dann wandert die Produktion ins Ausland ab, und wir wissen nicht, unter welchen Bedingungen dort produziert wird. – Ja, das


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stimmt! Ich würde Sie bitten, diese Argumentationslinie auch für die Ferkelschutzkäfige zu übernehmen, denn auch da stehen wir vor der Situation, dass dann die Produktion aus Österreich verdrängt wird und wir nicht wissen, wie und unter welchen Umständen dann im Ausland produziert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Emissionszertifikategesetz wurde schon vom Herrn Bundesminister wunderbar erläutert, wunderbar erklärt. Aber es gibt noch einen weiteren Antrag vom Abgeordneten Hofer, was die Photovoltaikanlagen betrifft. – Ja, auch ein Wunschkonzert! Wir müssen uns nämlich im Klaren sein, dass wir eine Fülle von Angeboten an alternativen Energien haben. Gerade in Österreich sollten wir, denke ich, was die alternativen Energien betrifft, sehr ausgewogen vorgehen. Da einen eindeutigen Schwerpunkt auf Photovoltaik zu setzen, wäre zu einseitig.

Zum einen haben wir eine gute Abdeckung über das Ökostromgesetz, wo Photovoltaik sehr gut berücksichtigt ist. Es wurden dafür 28 Millionen zusätzlich bereitgestellt. Und wir haben eine Basisförderung von 8 Millionen und so weiter. Insgesamt ist für das Jahr 2011 eine Investitionsförderung von 45 Millionen für Photovoltaikanlagen vorge­sehen. Aber eines muss uns klar sein: Es ist zum einen eine sehr teure alternative Energie, zweitens ist es auch nicht die nachhaltigste. Was passiert, wenn die Amortisationszeit abgelaufen ist? Die Anlagen funktionieren dann nicht mehr, und wir haben drastische Rückgänge, was die Effizienz betrifft, auch was die Ausbeute betrifft. Dann müssen wir diese Anlagen entsorgen, und wir haben keine Alternativenergie­versorgung mehr. Das sollte man dabei auch berücksichtigen.

Ich denke, wir sind mit dem aktuellen Ökostromgesetz gut aufgestellt, wir haben damit eine gute Ausgewogenheit, und daher sollten wir dabei auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Auer zu Wort. – Bitte.

 


22.23.01

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr verehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Landwirtschaftsminister und natürlich auch Umweltminister! (Abg. Grillitsch: Lebensminister!) Wenn man über dieses Emissionszertifikategesetz spricht, kann man, glaube ich, die Wichtigkeit und die Notwendigkeit dieses Gesetzes am einfachsten erkennen, wenn man sich die Frage stellt: Was wäre, wenn wir dieses Gesetz nicht beschließen würden? Da, glaube ich, kommt man sofort drauf – das ist der letzte Apell von uns an die Opposition –, dass man um dieses Gesetz gar nicht herumkommt.

Es gibt leider einen wissenschaftlichen Beleg, der unbestritten ist – Hunderte von Wis­senschaftlern haben das bereits gesagt –, dass es einen klaren kausalen Zusam­menhang gibt zwischen den erhöhten Treibhausgaskonzentrationen und der Erwär­mung der Erdatmosphäre, der Ozeane und aller Folgen, die daraus abzuleiten sind. Die meisten – ich glaube, auch von der Opposition – werden mir recht geben, wenn ich sage, dass es sicher gerechter ist, wenn die wirklichen Verbraucher und die Verur­sacher bezahlen. Denn wer müsste sonst bezahlen? Sonst würde diese Last auf alle Steuerzahler abgewälzt werden. Das wird wohl auch die Opposition nicht wollen.

Durch dieses Gesetz kommt Ordnung ins System. Die Kosten werden richtig zugeord­net, und es kommt auch zu Effizienzsteigerungen. Und was auch ganz wichtig ist: Es wird auch darauf geschaut, dass es nicht zu Abwanderungen kommt, dass also solche Standorte, die sehr energieintensiv arbeiten müssen, nicht abwandern. Das ist uns als Sozialdemokraten sehr wichtig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 279

Wir stehen zu diesem Gesetz. Besseres wird es immer geben, aber unterm Strich sind wir damit sehr zufrieden. – Danke schön, Herr Umweltminister. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.25.02

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Umweltschutzminister! Hohes Haus! Mit dem heutigen Beschluss des vorliegenden Emissionszertifikategesetzes stellen wir Chancengleichheit her – nämlich Chancen­gleich­heit innerhalb Europas, denn für die Berechnung der Gratiszuteilung kommen überall in der EU nun dieselben Regeln sowie Referenzwerte zur Anwendung, die sich an den effizientesten Anlagen orientieren.

Chancengleichheit haben wir jedoch nicht gegenüber anderen Wirtschaftsregionen – das ist schon mehrmals angesprochen worden –, und zwar gegenüber Regionen wie dem aufstrebenden Südostasien, Süd- und Nordamerika oder auch Indien. Dort kennt man verbindliche Klimaschutz- oder auch Emissionszertifikategesetze nur vom Hören­sagen. Ohne Einbindung dieser stark aufstrebenden Regionen wird es uns jedoch nicht gelingen, Treibhausgasemissionen weltweit auch wirklich eindämmen zu können.

Wir müssen hingegen aufpassen, dass wir in Europa die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber diesen Regionen nicht verlieren. Wir dürfen es auch nicht zulassen, dass es zu einer Abwanderung der energieintensiven Industrie kommt, indem wir die Rah­menbedingungen für unsere Wirtschaft in diesem Bereich einseitig verschlechtern. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun noch ein Wort zu den Grünen: Es ist schon bezeichnend, dass Ihre Vorsitzende bei diesem Thema durch Abwesenheit glänzt. Man sollte eigentlich meinen, dass das Thema „Klimaschutz“ für die Grünen Chefsache sein sollte. Wer jedoch im Umwelt­ausschuss gewesen ist und den Auftritt Ihrer Vorsitzenden dort gesehen hat, kann ihre Absenz hier im Plenum eigentlich verstehen, denn mit schauspielerischer Aufgeregtheit agierte sie dort gesten- und wortreich, musste jedoch von ihrer Klubreferentin zwischen den Wortmeldungen inhaltlich aufmunitioniert werden, da sie inhaltlich eigentlich überhaupt nichts zu bieten hatte, und das war ein wahres grünes Trauerspiel. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Plessl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.27.09

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das heute hier zur Beschlussfassung vorlie­gende Emissionszertifikategesetz bedeutet aus meiner Sicht einen weiteren wichtigen Schritt hin zur Verringerung der Schadstoffbelastung für unsere MitbürgerInnen. Ganz allgemein betrachtet bedeutet der Begriff „Emission“ nämlich Austrag, Ausstoß beziehungsweise die Aussendung von Störfaktoren in die Umwelt. Allein schon aus menschlichem Selbsterhaltungstrieb ist daher die Notwendigkeit zur Begrenzung und Reduzierung naheliegend. Im Hinblick auf die durch die Republik eingegangenen euro­päischen und internationalen Verpflichtungen steht für uns als Parlamentarier daher die gesetzliche Regelung zur Reduktion der jährlich emittierten Treibhausgase in Öster­reich an oberster Stelle.

Mit dem Ökostromgesetz 2012, welches von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ beschlos­sen wurde, setzt unsere Bundesregierung, unser Parlament klare Schritte in Richtung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 280

Energiewende. Beim Ökostromgesetz haben mehr als 78 Prozent der Förderwerber für Photovoltaikanlagen und 97 Prozent im Bereich der Windkraftanlagen das in der letzten Novelle geschaffene Angebot, zu reduzierten Fördertarifen gleich bauen zu können, genutzt.

Der Abbau der Warteliste ermöglicht die Neuinstallierung von rund 600 Megawatt Ökostromleistung. Die Photovoltaik-Kapazität wurde verdreifacht, und bei der Windkraft gibt es einen Zuwachs von 50 Prozent. Setzen wir gemeinsam diesen erfolgreichen Weg mit dem Effizienzsteigerungsgesetz fort! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.28

22.28.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 40: Entwurf betreffend Emis­sionszertifikategesetz 2011 in 1393 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kollegin­nen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über den von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend § 21.

Wer dafür eintritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen, der sich ebenfalls auf § 21 bezieht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 41: Antrag des Umwelt­ausschusses, seinen Bericht 1461 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 281

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 42: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1462 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dazu die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.31.5643. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 342/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortigen Planungs- und Baustopp für eine 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat (1463 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 43. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


22.32.22

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, Ich hoffe, Sie bleiben noch ein paar Minuten hier im Plenum! Hohes Haus! Es geht jetzt um einen Entschließungsantrag des Kollegen Norbert Hofer betreffend sofortigen Planungs- und Baustopp für die 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat. Wie viele von Ihnen wissen, gibt es wirklich sehr wenige Themen, die die Bevölkerung vor allem in den Wiener Umlandbezirken so eint wie dieses Projektvorhaben, wenn es um die Ablehnung der Errichtung der 3. Flugpiste beim Flughafen Wien-Schwechat geht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt unzählige Gründe, die tatsächlich gegen diesen Bau sprechen. Nach einem UVP-Verfahren ist bereits im Jahr 2000 mit einem Mediationsverfahren begonnen worden, das im Jahr 2005 abgeschlossen wurde, dann mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung fortgeführt wurde. Jetzt zum Beispiel, teilweise in den Sommermonaten, ist die erste mündliche Verhandlungsrunde durchgeführt worden, und dabei hat man festgestellt, dass das Projekt während der Sommermonate sehr bürgerfremd fortgeschritten ist.

Wir haben mit etlichen Bürgerinitiativen zu tun gehabt. Selbst die Rechtsanwältin Dr. Susanne Heger, die die Bürgerinitiative gegen den Fluglärm in Wien-West vertritt, hat davon gesprochen, dass der geplante Neubau dieser 3. Flugpiste einem groß angelegten „Bürgerbeschiss“ – ich zitiere – gleicht.

An dieser Stelle noch einmal sämtliche Daten und Fakten, die gegen diesen Neubau sprechen: Es wird laut Prognosen statt in etwa 240 000 mehr als 460 000 Flugbewe­gungen geben. Es wird eine unglaubliche Lärm- und Emissionsbelastung für die in den Umlandgemeinden wohnhaften Menschen geben. Ich selbst bin Bezirksparteiobmann in Mödling und lade alle ein, vor allem in den Sommermonaten in den Bezirk Mödling zu kommen, um zu sehen, was sich dort abspielt.

Beispiel Liesing: Die Anzahl der Starts über Liesing, über dem 23. Bezirk in Wien, wird mit einer 3. Piste vervierfacht. Das heißt, rund 100 Flugzeuge mehr pro Tag werden über den dicht besiedelten XXIII. Bezirk fliegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 282

Letztendlich ist das auch ökonomisch und volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, denn diese 3. Piste soll lediglich rund 30 Prozent mehr an Transferpassagieren „befördern“ – unter Anführungszeichen –; ökonomisch nicht sinnvoll für den Standort Österreich.

Zu guter Letzt möchte ich auch die Energie mit ins Spiel bringen. Jeder kann es sich ausmalen: Fossile Energieträger – Kerosin gehört selbstverständlich dazu – werden in Zukunft massiven Teuerungsraten unterliegen, und somit wird auch das Fliegen in Zukunft wieder teurer werden. Auch in Hinblick darauf stelle ich einmal die Behauptung in den Raum, dass man eine 3. Flugpiste nicht unbedingt brauchen wird.

Was sind die Hintergründe? – Kurz dazu: Die Dividendensteigerungen für das Land Niederösterreich und die Stadt Wien, also rein ökonomische Interessen, sind natürlich von großer Bedeutung.

Es wird auch die wirtschaftliche Unfähigkeit des Unternehmens Flughafen Wien etwas überspielt. Sie können sich an das Skylink-Debakel erinnern? Dieses versucht man mit dem Bau der 3. Piste zu überspielen.

Auch auf die Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Schwechat bin ich schon gespannt, denn Schwechat zählt zu einem massiv belasteten Gebiet.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir von der FPÖ sagen klipp und klar nein zum Bau dieser 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat. Nehmen Sie die Begehren von abertausenden Bürgern endlich ernst! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Einwallner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.36.23

Abgeordneter Thomas Einwallner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Ich mache es kurz: Wir werden diesem Antrag nicht zustim­men. Ich begründe es auch, warum.

Zunächst ist einmal zu sagen, dass der Antrag nicht im Zuständigkeitsbereich des Bun­desministers für Land- und Fortwirtschaft liegt, also er ist an die falsche Stelle gerichtet.

Zweitens ist das UVP-Verfahren seit 7. September im Laufen. Da hat es eine münd­liche Verhandlung gegeben, und der Bescheid liegt, soweit es uns bekannt ist, noch nicht vor. Wir werden und sollen auch diesen abwarten, denn wir von der ÖVP wollen die geringstmögliche Belastung für die Bevölkerung, wozu ja UVP-Verfahren bekannt­lich dienen. In diesem Verfahren wird sichergestellt, dass alle Einwände eingebracht wer­den können. Vor allem wird darauf geachtet, dass die geringstmögliche Belastung stattfindet.

Drittens ist es so, dass mit den Anrainern und den Bürgermeistern und somit den wesentlichen Vertretern der betroffenen Gemeinden und natürlich auch mit den Bürger­initiativen Mediationsgespräche stattfinden. Man sollte auch deren Abschluss ab­warten. Man ist da auf einem guten Weg, sagen mir die Kolleginnen und Kollegen aus Niederösterreich.

Aus all den genannten Gründen gibt es aus heutiger Sicht für uns keinen Grund, die­sem Antrag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Moser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 283

22.38.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie werden es nicht glauben, aber ich bin durchaus froh darüber, dass Sie bis jetzt verhindert haben, dass das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie eine Lärmschutzverordnung verabschiedet hat, wo man sich gegen die Gesundheitsgrenzwerte der WHO ausspricht. Aber, Herr Minis­ter, das Problem liegt darin, dass Ihre Vorgänger zum Beispiel bei der Novelle zum UVP-Gesetz 2006 eine „Lex Flughafen“ akzeptiert haben, sprich, den objektseitigen Schutz allein und nicht den Schutz der Anrainer durch Maßnahmen des Flughafens selber vorangetrieben haben.

Wir werden diesem Antrag insgesamt unsere Unterstützung geben, obwohl er unseres Erachtens formal nicht korrekt ist, aber es geht ja primär ums Anliegen. Wir Grünen waren immer dagegen, dass die Bevölkerung, vor allem in den Wiener Bezirken und auch in Niederösterreich, durch zusätzliche Flugbewegungen belastet wird. Die Wiener Grünen stehen in Verhandlung mit der Austro Control, was die Zahl der Nachtflüge anbelangt. Nach wie vor sind ja Nachtflüge erlaubt. Auch in dem Mediationsverfahren, das man geführt hat, ist ja von dieser Nachtflugsituation ausgegangen worden. Das ist eine gesundheitliche Belastung.

Aber es ist auch nicht vertretbar, dass tagsüber praktisch jene Grenzwerte gelten, die bei geschlossenem Fenster erreicht sind, denn den Menschen vor Ort, ganz egal, ob in Niederösterreich oder in Wien, wird der Aufenthalt im Freien, in ihren Gärten, auf ihren Terrassen oder auf ihren Balkonen, durch diesen Fluglärm massiv verleidet.

Es gibt Methoden, es gibt Möglichkeiten der anderen Pistenanfluggestaltung, es gibt die Möglichkeit auch einer verbesserten Kooperation mit dem Nachbarflughafen in Bratislava.

Herr Minister, da müssen Sie sich einsetzen, nicht nur bei der kritischen Stellung­nah­me zur Lärmschutzverordnung der Frau Ministerin Bures!

Noch etwas: Jetzt läuft das Umweltverträglichkeitsverfahren. Es hat ja fast eine Sommernacht- und Nebelaktion gegeben, dass während der Urlaubszeit, während der Ferienzeit den Menschen vor Ort zugemutet wurde, zu einem 2 300 Seiten umfas­senden Konvolut Stellung zu nehmen. Die Gutachter, die den Lärm näher analysierten, haben sich nicht an die Empfehlungen der WHO gehalten, an die Empfehlungen, die sehr wohl die gesundheitlichen Aspekte zentral sehen. Nein, sie haben überhöhte, gesundheitsschädliche Lärmpegel des Betreibers des Flughafens akzeptiert. Insofern ist die UVP unseres Erachtens in diesem Zusammenhang leider eine Maßnahme, die nicht zugunsten der AnrainerInnen ausgeht.

Ich möchte nur am Rande auch darauf hinweisen, dass wir beim Skylink einen massiven Rechtsverstoß auch der niederösterreichischen Landesregierung gehabt haben. Da wäre nämlich an sich auch ein UVP-Verfahren notwendig gewesen – wurde nicht gemacht! Sogar die EU hat das Vorgehen der niederösterreichischen Landes­regierung dann sehr stark verurteilt, und es musste dann nachgeholt werden, in einer anderen Form.

Wir wissen, dass Lärm die Umweltplage des 21. Jahrhunderts ist, und, Herr Minister, gerade weil es sich hier um eine zentrale Umweltbelastung durch Lärm handelt, wäre Ihrerseits ein aktiveres Vorgehen notwendig gewesen, damit wir wirklich zum Schutz der Bevölkerung agieren können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 284

22.42.13

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Höbart, Sie dürften sich mit dem Antrag des Ing. Hofer nicht auseinandergesetzt haben, denn der spricht ja davon, dass es aufgrund der Veränderung bei den Austrian Airlines zu weniger Flug­verkehr kommen werde, während Sie gesagt haben, dass der Flugverkehr so zuneh­men würde, und daher sei laut Antrag von Ing. Hofer die dritte Piste nicht mehr notwendig. Das ist also meiner Meinung nach nicht wirklich ein Zeichen von beson­derer Wirtschaftskompetenz, denn das kann natürlich nicht funktionieren.

Der Flughafen Wien-Schwechat – wir wissen das alle – ist nicht nur für die Bun­deshauptstadt, sondern für die gesamte Region, für die Prosperität in unserer Gegend extrem wichtig. 20 000 Menschen haben hier ihren Arbeitsplatz. 80 000 bis 100 000 Menschen erhalten dadurch indirekt einen Job. Ich glaube nicht, dass man darauf verzichten kann. Gerade Ihre Partei sagt immer, dass Sie die Vertreter des kleinen Mannes sind – „kleine Frau“ kommt da nicht so oft vor –, aber das beweist wirklich nicht die große Kompetenz für die Menschen in unserem Land, für die soziale Sicherheit in unserem Land. Daher ist Ihr Antrag aus meiner Sicht wirklich völlig falsch.

Als Bürgermeister der Stadt Schwechat war ich von Anfang an in das Mediations­verfahren und in die Pläne eingebunden. Diese Form der Bürgerbeteiligung ist einzigartig in Europa, und was dabei herausgekommen ist, das kann sich auch sehen lassen. Es wurden Lärmschutzmaßnahmen erarbeitet, Frau Kollegin Moser, die Flugrouten wurden gerechter aufgeteilt, sodass die Belastungen nicht so einseitig auf die Bevölkerung zukommen. Und vor allem, und das ist das Wichtige: Es gibt weiteren Dialog und Evaluierungen.

Es kann daher als Konsequenz nur eines geben: Wir können überhaupt nicht mehr fliegen, aber es muss uns klar sein, dass es auch bei einem Zwei-Pisten-System zu einer Steigerung des Flugverkehrsaufkommens kommen wird. Auch heuer zeigen die Steigerungsraten gegenüber dem Vorjahr bereits eine Zunahme von 7 Prozent. Infol­ge­dessen müssen wir letztendlich auch dazu stehen. Daher kann ich Ihrem Antrag überhaupt nichts abgewinnen.

Ich sage noch einmal: Im Mediationsverfahren wurde sehr vieles herausverhandelt, was für uns besonders wichtig ist. Es muss uns aber auch klar sein, dass wir diesen Flughafen brauchen. Wir brauchen keine Angst vor der dritten Piste zu haben, weil diese Lärmschutzmaßnahmen im Mediationsvertrag festgelegt sind, zu dem alle Anrainergemeinden stehen. Der hält, der ist dicht und der garantiert auch diese Lärm­schutzmaßnahmen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.45.00

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Hohes Haus! Wir haben jetzt den Herrn Bür­ger­meister, der betroffen ist in der Gegend, gehört. Ich habe auch mit einem Bürger­meister gesprochen, dem Bürgermeister von Fischamend, der ebenfalls betroffen ist und der mir dazu einiges gesagt hat.

Fakt ist, dass das BZÖ dem Antrag auch nicht zustimmen wird, da ihr recht habt. Kollege Fazekas, ich gebe dir recht, absolut. Wir müssen bedenken, dass wir sehr viele Euro, Steuereuro, in den Skylink investiert haben, um den Flughafen wettbe­werbsfähig zu machen. Wir haben sehr viele Euro investiert in die Erhöhung der Bettenzahl in der Umgebung, in Wien und so weiter, um Tourismus dorthin zu bringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 285

Wir haben viele Euro investiert, um dort Arbeitsplätze zu schaffen, wie du richtig gesagt hast. Also ich glaube, es wäre absurd, diese Piste abzulehnen. Die ist notwendig, wir brauchen diese Piste, damit diese Euro auch vernünftig eingesetzt sind.

Bei allem Verständnis für die Anrainer – Anrainerschutz ist wichtig, da wird viel getan, das hat Kollege Fazekas vorhin erläutert –, aber ich glaube, hier muss eine Interes­senabwägung gemacht werden. Bei jedem Projekt gibt es Gegner und Befürworter, das ist klar, aber ich glaube, die Hauptinteressen des Steuerzahlers sprechen für dieses Projekt. Es wird sich rentieren für die Wirtschaft, für die Bürger, vor allem wegen der Arbeitsplätze, und deswegen wird das BZÖ hier nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

22.46

22.46.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 43: Antrag des Umwelt­ausschusses, seinen Bericht 1463 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.46.5344. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1391 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird, und über den

Antrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befug­nisse bei Auslandseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz – AEBG) geschaf­fen wird (1418 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 44. Punkt der Tages­ord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


22.47.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage – Rechtsgrundlage für die Auslandseinsätze der SoldatInnen – möchte etwas in sozusagen nationales Recht ver­wandeln, was praktisch schon völkerrechtlich verankert ist. Es ist an sich ein gutes Ansinnen, nur das Problem besteht darin, dass die Substanz dieses nationalen Geset­zes wieder nicht klar ist und dass wir auf derselben Ebene wie jetzt handeln, dass wir sozusagen auf völkerrechtlicher Ebene handeln, aber extra in Verordnungen dann die einzelnen Elemente geregelt und die einzelnen Befugnisse definiert werden sollen.

Deswegen können wir nicht zustimmen, denn wir wollen Rechtssicherheit haben, wenn wir schon den Aufwand betreiben, wenn wir uns schon die Mühe machen, eine Art Rechtsgrundlage für die Auslandseinsätze der SoldatInnen innerstaatlich zu schaffen, die wir ja insgesamt sehr unterstützen. Wir wissen ja, Herr Minister, sowohl im Kosovo


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wird Wesentliches geleistet als auch im Libanon, und die Soldatinnen und die Soldaten vor Ort verdienen Unterstützung, verdienen auch Rechtssicherheit, und diese Rechts­sicherheit ist unseres Erachtens durch diese Vorlage der Regierung nicht gewähr­leistet, weil sie nicht darüber hinausreicht, was ohnehin völkerrechtliche Grundlage ist. Deswegen schließen wir uns auch der Kritik des Innenministeriums an, das sich in diese Richtung aussprach, und schließen wir uns auch der Kritik der Arbeiterkammer an, die ebenfalls in diese Richtung vorstößt.

Wir appellieren noch einmal, Herr Minister: Dieses Gesetz muss konkretisiert werden, denn sonst haben wir dieselbe Situation wie jetzt, dass nämlich Befugnisse erst auf dem Verordnungsweg festgemacht werden oder sich Befugnisse ohnehin im allge­meinen Bereich der völkerrechtlichen Grundlagen bilden und die SoldatInnen dann, wenn es um Rechtsauseinandersetzungen in Österreich geht, auch nicht bessergestellt sind. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prä­hauser. – Bitte.

 


22.49.37

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin von den Grünen, grundsätzlich habe ich erwartet, dass das Parlament die Rechtsgrundlage für Soldatinnen und Soldaten, die wir in das Ausland schicken, gemeinsam und einmütig gestaltet. Da gibt es Auffassungsunterschiede.

Es ist ganz schnell und leicht erklärt: Es geht einfach darum, dass ein Soldat oder eine Soldatin, die ins Ausland geht, die heimische Rechtsordnung nicht hinter sich lassen kann. Sie ist dieser auch ausgeliefert, vor allem dann, wenn es keine kriegerischen Auseinandersetzungen gibt, sondern nur Einsätze in der herkömmlichen Form.

Wir haben seit 1960 unsere Soldatinnen und Soldaten im Ausland, und man darf hier stolz sagen, sie gereichen unserer Republik zur Ehre, und wir haben eine hohe Reputation in der Völkergemeinschaft allein dadurch erreicht, dass alle Einsätze, die Österreicher abgewickelt haben, mit Erfolg beendet wurden.

Wir haben begonnen mit Einsätzen im Kongo, weiters in Zypern. Wir haben in neuerer Zeit auch hitzige Debatten über den Tschad-Einsatz gehabt; letztendlich war der Ein­satz ein erfolgreicher. Wir haben am Balkan unseren Mann/unsere Frau gestellt und werden auch am Golan nach wie vor unsere Aufgabe erfüllen.

Wir haben auch neu beschlossen, in den Libanon Soldatinnen und Soldaten zu entsenden, um dem Auftrag der Völkergemeinschaft nachzukommen, aber vor allem dafür zu sorgen, dass friedenserhaltende Maßnahmen gesetzt werden können, um Streithähne auseinanderzuhalten. Es wird beileibe keine leichte Aufgabe sein, es ist gefährlich, im Ausland im Einsatz zu sein, es ist aber auch gefährlich, zu Hause im Einsatz zu sein, möchte ich sagen, damit hier nicht etwas verwässert wird. Aber die entsprechenden Rechtsvoraussetzungen für unsere Soldatinnen und Soldaten zu schaffen, das ist unsere Aufgabe.

Wenn man weiß, dass dieses Gesetz seit 2004 einer Novellierung hinterherläuft, dann kann man sagen: Es ist nicht zu spät, das heute gemeinsam zu beschließen. Ich bedanke mich ausdrücklich auch bei der Opposition, FPÖ und BZÖ, die diesen Beschluss mittragen. Dem Kollegen des Koalitionspartners sei auch gedankt für die gute Verhandlungsgrundlage. Aber ich würde die Grünen doch bitten, noch einmal nachzudenken, ob es nicht besser wäre, ein vermeintlich nicht hundertprozentiges Gesetz auf die Beine zu bringen als gar keines. Ich glaube, dass diese Vorlage die


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Unterstützung im Sinne unserer Soldatinnen und Soldaten verdient. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.52.27

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann dort anschließen, wo mein Vorredner aufgehört hat, nämlich beim Dank dafür, dass bis auf die Grünen alle mittun dabei, dass wir für die österreichischen Soldaten bei ihren Auslandseinsätzen, die ja nicht immer leicht sind für sie und oftmals auch durch Bedrohung von Leib und Leben gekenn­zeichnet sind, wenn sie ihre Aufgabenstellungen dort zu erledigen haben, tatsächlich Rechtssicherheit schaffen. Wir machen das jetzt mit dem Auslandsein­satzgesetz und mit dem Auslandseinsatzbefugnisgesetz.

Ich darf auch darauf verweisen, dass wir bereits seit 2008, als der Kollege Fichten­bauer darauf hingewiesen hat, dass das eine sehr, sehr problematische Situation ist, daran arbeiten und nun nach längeren Gesprächen und Verhandlungen diese Geset­zesvorlage – hoffentlich wirklich noch gemeinsam, das heißt einstimmig – beschließen können. Kollegin Moser, Sie haben es uns zumindest im Ausschuss in Aussicht gestellt, und ich hoffe, dass Sie sich hier noch einen Ruck geben können, denn es wäre ein wichtiges Signal für unsere Soldatinnen und Soldaten im Ausland, dass sie das Gefühl haben, dass das österreichische Parlament in seiner Gesamtheit hinter ihren Aufgabenstellungen steht und diese Friedensmissionen, die sie zu erledigen haben, mit unterstützt.

Ich glaube, wir sollten uns hier nicht auf Kinkerlitzchen in formaljuridischer Hinsicht zurückziehen, das, was wir hier als Gesetzgebung machen, ist sehr, sehr in Ordnung und der bestmögliche Schutz, den wir als Parlament unseren Soldatinnen und Sol­daten gewähren können.

Es ist vorhin schon ausgesprochen worden: Seit 1960 sind wir in den unter­schiedlichsten Ländern dieser Welt in friedensmissionarischer Tätigkeit unterwegs. Mehr als 90 000 Soldatinnen und Soldaten sind bisher in Auslandseinsätzen gewesen; das ist doch eine beachtliche Zahl. Wenn man bedenkt, dass derzeit im Kosovo 474 im Einsatz sind, in Bosnien 358, nur um die größeren Einsätze zu nennen, wie in vielen anderen Ländern auch, dann muss man sagen: Diese Soldatinnen und Soldaten verdienen, dass wir ihnen neben der Ausrüstung und den Schutzmechanismen, die es gibt, auch den rechtlichen Rahmen zur Seite stellen.

Wir sind von dieser Gesetzesmaßnahme zu 100 Prozent überzeugt. Ich bedanke mich bei allen, die hier mittun, und darf nochmals abschließend das Ersuchen an die grüne Fraktion richten, dass sie diesem Antrag doch noch die Unterstützung geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer. – Bitte.

 


22.55.39

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Als Abgeordneter, aber auch als Soldat und Offizier bin ich sehr erfreut, dass es geglückt ist, diesen gesetzgeberischen Durchbruch zu erlangen. Ich darf daran erinnern, dass ich im März 2010 den Initiativantrag einge­bracht habe, diese Rechtslücke zu schließen, wo es darum geht, dass der ins Ausland


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gehende Soldat selbstverständlich die Befugnisse und die Rechtslage des Heimat­landes Österreich sozusagen mitnimmt, aber im Auslandsentsendungsgebiet hoffent­lich und überwiegend so gut wie nie Krieg im Sinne des Haager Landkriegsrechtes besteht, sodass die Ebene des Kriegsvölkerrechtes nicht erreicht wird.

Unausweichlich verknüpft damit ist die Ebene eines rechtsunsicheren oder rechtsfreien Raumes, der zu erheblichen juristischen Belastungen für den Soldaten führen kann.

Aufgrund der in der Bundesheer-Evaluierungskommission erkannten Defektlage haben wir uns entschlossen, Kollege Prähauser, der damalige Abgeordnete Kapeller und ich, diese Lücke zu schließen.

Verbunden mit der Tatsache, die ich beschreibe, ist die Offenkundigkeit, dass Grün niemals sich wird dazu entschließen können, irgendetwas mitzutragen, was zum Wohl der österreichischen Soldaten und des österreichischen Heeres geraten würde. Daher ist die idealistische Anmutung meiner beiden Vorredner von vornherein bedauerlicher­weise völlig sinnlos. (Beifall bei der FPÖ.)

Man müsste geradezu einen Fehler einbekennen, wenn die Sache so angelegt wäre, dass sich die Grünen pro Bundesheer entschließen könnten. Das ist nicht zu erwarten.

Mit Freude verkünde ich den österreichischen Soldaten von diesem wichtigen Rednerpult aus, dass sie ab morgen beziehungsweise ab dem Zeitpunkt, zu dem der Bundespräsident gegengezeichnet haben wird, auf gesicherter Rechtslage in das Ausland gehen, und dazu kann ich nur rufen: Es lebe das österreichische Bundes­heer! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


22.58.25

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dieses Auslandseinsatzgesetz wird heute auch mit den Stimmen des BZÖ beschlos­sen werden. Damit herrscht endlich Rechtssicherheit für alle österreichischen Soldaten im Auslandseinsatz, eine wichtige Rechtssicherheit, die auch für den umstrittenen Libanon-Einsatz gelten wird.

Zu dieser gefährlichen Mission stelle ich für das BZÖ Folgendes fest: Bundesminister Darabos war bisher immer gegen einen Libanon-Einsatz. Eine diesbezügliche Weisung ist im Ressort aktenkundig. Plötzlich Ihre Kehrtwendung auf der Stelle, eine Ihrer politischen Wendungen, Herr Minister: Ihrer Meinung nach ist nun der Libanon-Einsatz des Bundesheeres notwendig und wichtig, um im Nahen Osten verstärkt präsent zu sein.

Herr Bundesminister, das ist eine falsche Lagebeurteilung! Wir wissen, dass hier von der ÖVP massiv Druck ausgeübt wurde. Der schwarze Außenminister Spindelegger wurde von seiner amerikanischen Kollegin Clinton gerügt. Sie, Hillary, meinte, Öster­reich zeige zu wenig außenpolitisches Engagement. Es folgte ein spontaner Kniefall vor Amerika und dem UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Rasch, sehr rasch wurde dann dieser Libanon-Einsatz zugesichert – vermutlich aber als Gegengeschäft für die Entsendung eines österreichischen Diplomaten als Vertreter der EU bei den Vereinten Nationen in New York. Der Name dieses Diplomaten ist bekannt: Thomas Mayr-Harting.

Das BZÖ kann keinen anderen Sinn für diesen fatalen Auslandseinsatz finden. Ein Nutzen für Österreich ist nicht erkennbar. Österreich hat ohnehin laufend ein großes Auslandskontingent im Einsatz, im internationalen Vergleich etwa das Fünffache


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Deutschlands. Diese Relation ist bedenklich. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Jetzt, geschätzte Damen und Herren, werden zu den aktuell 1 360 Soldaten weitere bis zu 210 Angehörige des Bundesheeres für diese Mission eingesetzt. Dieser Einsatz belastet das Bundesheer und kostet Geld. Wir verlangen, dass die verfügbaren Bud­getmittel vorrangig für das Bundesheer im Inland verwendet werden. Eine Reduzierung der Auslandseinsätze bis zur abgeschlossenen Bundesheerreform wäre weitaus effi­zienter.

Der wesentlichste Grund, geschätzte Damen und Herren, für die Ablehnung des Libanon-Einsatzes durch das BZÖ ist aber die Tatsache, dass das Sicherheitsrisiko bei diesem Einsatz besonders hoch ist beziehungsweise besonders hoch eingestuft wird. Das große Sicherheitsrisiko in diesem Einsatzraum wurde mir kürzlich von einigen Offizieren des Streitkräfteführungskommandos leider auch mit Nachdruck bestätigt. Die Lage im Nahen Osten, vor allem um Syrien, ist sehr, sehr gefährlich. Dieses Gebiet gleicht einem Pulverfass.

Gleichzeitig erinnere ich daran, geschätzte Damen und Herren, dass das öster­reichische Bundesheer bereits einen toten Offizier im Einsatzraum zu beklagen hat. Diese Bundesregierung mit den dafür verantwortlichen Ministern Spindelegger und Darabos kann die Sicherheit für unsere Soldaten beim Libanon-Einsatz nicht garan­tieren. Deshalb muss das BZÖ diesen Libanon-Einsatz entschieden ablehnen. Wir unterstützen kein Himmelfahrtskommando. (Beifall beim BZÖ.)

23.01


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte.

 


23.02.14

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich dafür bedanken, dass vier von fünf im Parlament vertretenen Parteien dieser Geset­zesnovelle, die die Befugnisse von österreichischen Soldatinnen und Soldaten im Aus­land klar regelt, zustimmen. Wie schon einige Redner angesprochen haben, geht es darum, dass unsere Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz keine persönlichen Nachteile erleiden, wenn sie in Erfüllung ihres und unseres Mandats entsprechende Befugnisse ausüben. Darunter fallen eben auch bei militärischen Einsätzen unter anderem der Waffengebrauch sowie von Soldaten durchgeführte Festnahmen während eines Auslandseinsatzes. Und im Gegensatz zu Ihnen, Frau Kollegin Moser, sage ich, obwohl ich durchaus schätze, dass Sie grundsätzlich ja auch die Meinung teilen, dass hier Rechtssicherheit gegeben sein soll, dass damit Rechtssicherheit geschaffen wird, Rechtssicherheit, wie wir sie im Rahmen unserer Aufgabenerfüllung benötigen.

Die Beteiligung Österreichs an Auslandseinsätzen – ich muss jetzt ein bisschen ausholen, weil Herr Kollege List das auch angesprochen hat – war und ist fixer Bestandteil nicht nur der Politik des Verteidigungsministeriums, sondern der öster­reichischen Außen- und Sicherheitspolitik insgesamt. Wir sind seit Jahrzehnten ver­lässlicher Truppensteller. Auf drei Kontinenten stellen wir Truppen, in 13 Missionen. Wir haben insgesamt knapp 1 400 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz, und das ist eine Zahl, die uns international erkennbar macht, das ist eine Zahl, die uns im Verhältnis zur Größe des Landes Österreich, aber auch im Verhältnis zur Größe unserer Armee in Europa unter die Top Drei bringt und damit auch auf UNO-Ebene und auf europäischer Ebene erkennbar macht.


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Das unterscheidet uns, denn Sie wollen das offensichtlich nicht. Ich bin der Meinung, dass es eine der Kernaufgaben des österreichischen Bundesheeres ist, im Ausland tätig zu sein. (Abg. List: Aber nicht nur!) Darauf bin ich stolz, und darauf ist auch die österreichische Bevölkerung stolz; das möchte ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Schwergewichte sind, wie Sie wissen, der Westbalkan mit den beiden Hot Spots Kosovo und Bosnien. Es ist nicht selbstverständlich, dass Österreich über zwei Jahre den Kommandanten in Bosnien gestellt hat und auch den neuen Kommandanten stellen wird. Es ist nicht selbstverständlich, dass Österreich in Bosnien das stärkste Truppenstellerkontingent aufbieten wird innerhalb der Staaten, die dort Truppen stellen. Es ist nicht selbstverständlich, dass Österreich im Kosovo die stärkste Nicht-NATO-Truppenstellernation ist. Und es ist auch nicht selbstverständlich, dass wir dort mit dem Militärkommandanten des Burgenlandes, Brigadier Luif, jetzt den stellver­tretenden Kommandanten haben. Also eine klare Ausrichtung auch auf den West­balkan, der auch über den verteidigungspolitischen Bereich außenpolitisch und sicher­heitspolitisch für Österreich wichtig ist.

Darüber hinaus möchte ich Ihnen auch mitteilen, dass Österreich als neutraler Staat über seine Bedeutung als kleiner Staat hinausgehend in der Europäischen Union eine Initiative mit der Slowakei, mit Ungarn, Bulgarien und Slowenien gestartet hat. Wir sagen, wir wollen uns aus Bosnien nicht zurückziehen. Wir haben seit Ende des Krieges dort eine Mission zu erfüllen, diese Mission hat Österreich mitgetragen, und die Europäische Union ist gefordert, diese Mission auch ordentlich zu Ende zu bringen. Deshalb haben wir als Republik Österreich, als Verteidigungsministerium uns entschlossen, diese Mission weiter zu unterstützen und abzustützen. Und auch das wird international anerkannt, und zwar positivst anerkannt.

Zum Libanon-Einsatz möchte ich sagen: Sie haben natürlich nicht recht damit, dass ich grundsätzlich gegen den Libanon-Einsatz bin, sondern ich musste aus budgetären Gründen warten, bis wir uns auch budgetär bewegen konnten. Wir haben, nachdem das Fenster aufgegangen ist und die Dänen aus dem Libanon abgezogen sind und wir eben nicht nach Afghanistan gehen – ich bin der Meinung, es wäre keine kluge Entscheidung, jetzt nach Afghanistan zu gehen –, uns entschlossen, im Libanon den Einsatz mit 160 Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen. Und auch in diesem Zusammenhang möchte ich sagen, dass es innerhalb kurzer Zeit mit unserem System von Berufssoldaten und Milizsoldaten gelungen ist, diese 160 Soldatinnen und Sol­daten bereitzustellen. (Zwischenruf des Abg. List.) Auch das wird international anerkannt, von der Europäischen Union anerkannt, in diesem Fall vor allem aber auch von der UNO anerkannt, und darauf bin ich stolz. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

Und damit schließt sich der Kreis. Es war eine schwere Geburt, und ich verhehle nicht, dass auch der Vorsitzende des Landesverteidigungsausschusses hier sehr lange Auf­klä­rungsarbeit geleistet hat, mit allen hier im Parlament vertretenen Parteien, dass wir unsere Soldaten besser absichern. Das ist wichtig, und deswegen bin ich wirklich stolz darauf. Beim Libanon-Einsatz haben wir eine Vier-Parteien-Einigung – eine Partei war leider nicht dabei –, und jetzt bei diesem Auslandseinsatzgesetz haben wir eine Vier-Parteien-Einigung – leider auch eine Partei nicht dabei (Abg. Silhavy: Wo ist eigentlich der Pilz?) –, aber ich bin trotzdem stolz darauf. Es ist eine gute Entwicklung – und da bin ich bei den Vorrednern von SPÖ, ÖVP und FPÖ, die das hier klar zum Ausdruck gebracht haben –, es ist das eine Sicherheitskomponente für unsere Soldaten, sodass wir die große Zahl an Soldatinnen und Soldaten, die wir ins Ausland geschickt haben und in Zukunft auch schicken werden, guten Mutes in ihre Auslandseinsätze schicken


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können. Dafür bedanke ich mich beim österreichischen Parlament. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


23.08.21

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! An einem Freitag im September war es, als ich als Bürgermeister der Stadt Spittal im Rahmen eines sehr beeindruckenden Festes mehr als 300 junge, gut ausge­bildete, motivierte Soldaten und eine Soldatin – eine Soldatin war dabei – in den Kosovo verabschieden konnte. Ich habe diese jungen Leute noch am Vorabend in der Stadt getroffen, und wir haben uns sehr lange über diesen bevorstehenden Einsatz unterhalten, und es war kein einziger dabei, der demotiviert oder gar frustriert war, weil er in den nächsten Wochen und Monaten nicht bei seiner Familie sein konnte oder sein gewohntes Umfeld nicht hatte, im Gegenteil. Es war eine Freude, zu sehen, wie unsere Soldaten und diese Soldatin einem Friedensauslandseinsatz entgegenfiebern und somit unsere Republik als Botschafter im Ausland vertreten.

Als Bürgermeister einer Bataillonsstadt, aber auch als Sohn eines Soldaten denke ich naturgemäß an meine Soldaten im Kosovo und wünsche Ihnen, aber auch allen anderen Soldaten, die gerade ihren Friedensdienst irgendwo auf dieser Welt versehen, dass sie alle wieder gesund nach Hause kommen.

Das österreichische Bundesheer hat eine unglaublich lange Tradition in Auslands­einsätzen. Seit 1960 haben mehr als 90 000 österreichische Soldaten und zivile Helfer an über 50 internationalen friedensunterstützenden und humanitären Missionen teilge­habt. Zurzeit sind Einheiten des österreichischen Bundesheeres unter anderem zwischen Syrien und Israel, in Bosnien, aber auch im Kosovo stationiert. Und es macht mich stolz, dass auch hierbei immer wieder auf die bestens ausgebildeten Hoch­gebirgsjäger des Jägerbataillons 26 aus Spittal an der Drau zurückgegriffen wird. Und es macht nicht nur mich stolz, sondern die gesamte Oberkärntner Bevölkerung verfolgt mit großem Interesse die Auslandseinsätze unseres Jägerbataillons, das weit über unsere Region hinaus großes Ansehen genießt.

Geschätzte Damen und Herren, demnächst werden wir auch 160 Soldaten und Soldatinnen in den Libanon senden, um dort auf Ersuchen der Vereinten Nationen die Transporteinheit der United Nations Interim Force in Lebanon beizustellen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist es mehr als zu begrüßen, dass heute das Auslands­einsatzgesetz geändert wird. Damit erhalten unsere Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz die für ihren Einsatz so bedeutende Rechtssicherheit für die von ihnen zu setzenden Maßnahmen. Das ist ein wichtiges Signal an alle im Auslandseinsatz befindlichen Soldaten, die sich so nicht alleine gelassen fühlen, sondern wissen, dass der österreichische Staat und seine Menschen voll hinter ihren Einsätzen stehen.

Abschließend möchte ich noch die Gelegenheit nützen, allen im Auslandseinsatz ste­henden Soldatinnen und Soldaten meinen Dank für ihren schwierigen und gefährlichen Dienst auszusprechen. Mit ihrer Tätigkeit leisten sie nicht nur einen Beitrag zur Friedenssicherung, sondern sie tragen vor allem ganz wesentlich zum Ansehen Österreichs im Ausland bei. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das heißt, das Bundesheer bleibt?)

23.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 292

23.11.40

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die heutige Beschlussfassung dieses Auslandseinsatzgesetzes ist ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung und eine wichtige Absicherung der österreichischen Soldaten, die sich im Auslandseinsatz befinden.

Es ist schon angesprochen worden, dass in diesen 50 Jahren bereits 90 000 öster­reichische Soldaten ihren Dienst im Ausland zum Wohle Österreichs bei friedens­sichernden Maßnahmen und natürlich auch bei humanitären Missionen geleistet haben. Das ist eine großartige Leistung, und darum ist es auch wichtig, dass wir die Soldaten in dieser Form absichern, damit sie wissen, dass es auch eine entsprechende Rechtssicherheit für ihr Einschreiten im Ausland gibt.

Frau Kollegin Moser hat die Einwände des Innenministeriums angesprochen. Ja, es hat Einwände gegeben, aber diese sind ausgeräumt worden, und es gibt an und für sich überhaupt keinen Grund, dieser Novelle beziehungsweise diesem Gesetz nicht zuzustimmen. Ich würde an Sie dahin gehend appellieren, dass gerade in diesem Bereich eine einhellige Meinung und ein einhelliger Beschluss sinnvoll wären, und ich bitte, dass Sie sich dazu bewegen lassen, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Silhavy: Wenn der Pilz da wäre, wäre er sicher dafür!)

23.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


23.13.30

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Es freut mich, Herr Bundesminister, dass Sie auch in Ihrer Stellungnahme betont haben, dass es rasch gelungen ist, das Kontingent für den Libanon aufzustellen und Freiwillige zu finden. Das ist schön, weil ja auch die SPÖ-Fraktion und allen voran Laura Rudas nicht müde wird, Profis zu fordern. Ich glaube, wir haben diese Profis. Wir haben die Ausbildung von Profis im österreichischen Bundesheer auch durch den Grundwehrdienst und durch die allgemeine Wehrpflicht sichergestellt, und das sollte uns allen auch in dieser Diskussion ins Stammbuch geschrieben sein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Vielleicht kann man hier noch eine für uns positive Trendwende erkämpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, wir haben eine lange Tradition im österreichischen Bundesheer, was die Auslandseinsätze betrifft; es wurde heute schon sehr viel darüber gesprochen. Wir haben aber natürlich auch eine Situation, wo wir erkennen müssen, dass diese Einsätze sich im Laufe der letzten 50 Jahre verändert haben. Wir haben robustere Einsätze, wir haben sozusagen eine aktive Friedenssiche­rung, und daher ist es auch gut, dass wir mit dieser Novelle, die wir heute hier verabschieden, für unsere Soldaten eine entsprechende Rechtssicherheit schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verhehle aber, weil heute auch der Libanon-Einsatz angesprochen worden ist, auch nicht, dass wir uns in diesem Zusammenhang schon gewünscht hätten, dass auch der tragische Tod des Major Lang wieder auf die Tagesordnung kommt, der unserer Meinung nach noch nicht ordentlich aufgeklärt worden ist. Wir würden uns wünschen, dass seitens der Bundesregierung vielleicht auch dieser Einsatz jetzt dazu verwendet wird, da wirklich Licht ins Dunkel zu bringen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das wäre der richtige Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend: Wir Freiheitlichen sagen auch ganz klar, Heimatschutz hat Vorrang, und unser Bundesheer braucht natürlich auch jeden Euro im Inland, um seinen vielfältigen Aufgaben nachzukommen, aber auch, um die notwendigen Reformen, die durchaus


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wichtig sind, umzusetzen. Das Bundesheer soll bis 2014 rund 530 Millionen € ein­spa­ren, und uns muss auch klar sein, dass Auslandseinsätze sehr viel Geld kosten, nämlich in etwa 80 bis 100 Millionen pro Jahr.

Um auch die Inlandsaufgaben sicherzustellen, bringe ich folgenden Antrag ein:

Antrag  

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Fichtenbauer betreffend Sonderfinanzierung von Auslandseinsätzen gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, für Auslandseinsätze gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG eine eigene Finanzierung des Mehraufwandes für Personalkosten ohne Inlandsgehälter und des speziellen Sachaufwandes für solche Einsätze des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport außerhalb des Budgets des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport vorzusehen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen, damit wir auch in 50 Jahren wieder hier stehen und stolz sein können auf unser Bundesheer, das den Aufgaben im In-, aber auch im Ausland ordentlich nachkommt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.16


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter betreffend Sonderfinanzierung von Auslandseinsätzen gem. § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 44 betreffend Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1391 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Auslandseinsatzgesetz 2001 geändert wird und über den Antrag 1057/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Befugnisse bei Aus­landseinsätzen (Auslandseinsatzbefugnisgesetz - AEBG) geschaffen wird (1418 d.B.) in der 124. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 19. Oktober 2011.

Österreich hat eine lange Tradition bei der Teilnahme an Friedenseinsätzen, an Maß­nahmen der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe. Dabei leisteten und leisten unsere Soldaten unter zum Teil schwierigsten Bedingungen hervorragende Arbeit in allen Bereichen, wofür ihnen hohe Anerkennung auszusprechen ist.

Österreich hat zur Zeit ca. 1.384 Soldaten in verschiedenen Auslandseinsätzen.

 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 294

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Dazu kommt noch die Entsendung eines Logistikkontingents von bis zu 160 Ange­hörigen des Bundesheeres sowie von bis zu 50 weiteren Angehörigen des Bun­desheeres oder sonstigen Personen für vorbereitende bzw. unterstützende Tätigkeiten zur Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL).

Die Kosten dieser Entsendungen zu UNIFIL betragen voraussichtlich rund 8 Millionen Euro pro Jahr, (davon rund 7,5 Millionen Euro Personalkosten ohne Inlandsgehälter und rund 0,5 Millionen Euro Sachaufwand). Diese Ausgaben werden aus dem Budget des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport bedeckt. Die VN erstattet nach bisheriger Erfahrung rund 30 Prozent der für Österreich anfallenden Kosten. Somit zahlen wir ca. 5,6 Millionen aus unserem Heeresbudget für diesen Einsatz.

So fallen jährlich für Auslandseinsätze ca. 80 bis 100 Millionen € an Kosten für das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport an. Dieses Geld bräuchte aber das Bundesheer dringend, da bis zum Jahr 2014 ca. 530 Millionen Euro eingespart werden müssen. Daher sollen künftig die zusätzlichen Kosten für das Bundesheer, welche durch Auslandseinsätze gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG, also Auslands­einsätze zur solidarischen Teilnahme an Maßnahmen der Friedenssicherung ein­schließlich der Förderung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Men­schenrechte im Rahmen einer internationalen Organisation oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) oder in Durchführung von Beschlüssen der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicher­heitspolitik oder zur Teilnahme an Maßnahmen der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe, entstehen, nicht durch das Budget des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport abgedeckt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 295

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, für Auslandseinsätze gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG eine eigene Finanzierung des Mehraufwandes für Personalkosten ohne Inlandsgehälter und des speziellen Sachaufwandes für solche Einsätze des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport außerhalb des Budgets des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport vorzusehen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


23.16.29

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Lieber Kollege Kunasek, du weißt ganz genau, es gibt keinen Grundwehrdiener im Ausland. Da waren immer Profis gefragt und sind immer Profis gefragt. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Aber zuerst muss er Grundwehrdiener gewesen sein!)

Die meisten kennen den Spruch: Es wurde schon über alles gesprochen, nur nicht von allen. Daher widme ich mich ganz kurz dem Antrag der Kollegen Kunasek und Fichtenbauer. Wir haben heute hier das Budget, das vorliegt, zu behandeln, die Aufgaben, die definiert sind, die Zahlen, die in ein Budget gegossen worden sind. Und da ist vorgesehen – und das ist ja, glaube ich, allgemein bekannt beziehungsweise wird das erfreulicherweise jetzt ja auch noch einmal Thema bei den Budgetgesprächen –, dass bereits 2011 ein um 5 Millionen und 2012 wieder um 5 Millionen € höheres Budget für die Auslandseinsätze durch unseren Bundesminister sichergestellt wurde beziehungsweise wird.

Im Antrag sind in sehr anschaulicher Weise die immer sehr gefragten Einsätze des österreichischen Bundesheeres im Ausland dargestellt. Es wird auch die hervor­ragende Arbeit und die hohe Anerkennung, die unsere Soldatinnen und Soldaten erfahren, angesprochen. Das kann man alles nur unterstützen, das ist überhaupt kein Thema, aber nichtsdestotrotz behandeln wir das Budget, wie es vorliegt, und nicht Zahlen außerhalb des Budgets. In Zeiten wie diesen muss man aufpassen, dass man nicht in die Nähe des Untersuchungsausschusses kommt, wenn man sich mit Zahlen außerhalb eines Budgets beschäftigt.

Aber Spaß beiseite: Tatsache ist, dass das im Budget vorgesehen ist und dass der Bundesminister da Weitblick bewiesen hat, indem er durch geschickte Budgetpolitik diesen zusätzlichen, neuen Libanon-Einsatz finanziell sichergestellt hat. Dafür kann man ihm nur danken.

Ich denke, dass wir mit dem vorliegenden Budget einen guten Ansatz haben und dass auch in Zukunft die Auslandseinsätze im Budget sichergestellt sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 296

23.18.48

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Aufgrund der vorgeschrittenen Zeit möchte ich nicht mehr näher auf die Ausführungen des Kollegen List eingehen, der uns eine sagenumwobene Dar­stellung gegeben hat, warum dieses Gesetz vorbereitet wurde beziehungsweise warum der Libanon-Einsatz erfolgt.

Diese Gesetzesänderung umfasst einen Paragraphen mit vier Absätzen. Es ist also eine sehr, sehr kurze Form einer Gesetzesänderung, die wir heute beschließen, aber auf der anderen Seite auch eine sehr klare, und diese ist auch notwendig. Denken wir nur an das Beispiel Deutschland, wo es im Afghanistan-Einsatz einen Kommandanten gegeben hat, der nach einem Bombardement-Auftrag größere Probleme bekommen hat, weil es keine klare Regelung gegeben hat. Mit dieser Gesetzesvorlage schaffen wir eine solche klare Regelung, gerade auch für unsere Militärpolizisten im Kosovo-Einsatz, wo wir eigentlich jederzeit damit rechnen müssen, dass es zu einer Sach­beschädigung oder zu einer Körperverletzung kommen kann.

Meine Damen und Herren von den Grünen, wenn Sie für den Libanon-Einsatz stimmen oder, wie das schon sehr oft der Fall war, für andere Einsätze gestimmt haben, wäre es nur gut und recht und billig, wenn Sie gleichzeitig auch für diese Gesetzesänderung stimmen würden, denn damit würden Sie den österreichischen Soldatinnen und Soldaten eine klare Gesetzesgrundlage geben.

Da wir ein Primat der Politik in Österreich haben, was Anordnungen gegenüber dem österreichischen Bundesheer betrifft, wäre es nur klar und richtig, wenn dem alle Parteien zustimmen würden.

Wenn Sie, meine Damen und Herren, für die österreichischen Soldaten sind und ihnen eine Hilfestellung geben wollen, dann stimmen Sie heute zu! Wenn nicht, dann ist es Ihre Sache, aber nicht mehr die der österreichischen Soldaten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.20

23.20.35

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 44: Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1418 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung diesen Entwurf unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sonderfinanzierung von Auslandsein­sät­zen gemäß § 1 Z 1 lit. a und b KSE-BVG.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 297

23.21.4045. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (674 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird, sowie über die

Regierungsvorlage (1392 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden (1422 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 45. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


23.22.08

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Die heutige Vorlage ist ein Kompositum verschiedener Vor­schriften, die einerseits neu eingeführt beziehungsweise andererseits modifiziert wer­den sollen.

Es ist nicht zu verkennen, dass das Bemühen, den Gefahren des Terrorismus zu begegnen, in verschiedenen gesetzlichen Versuchen seine Grundlegung findet, der Gefahr durch diese neuen gesetzlichen Regelungen gerecht zu werden.

Wir haben schon verschiedentlich darüber debattiert und hatten Ursache, uns kritisch damit auseinanderzusetzen, weil eine sehr maßgebliche Trendentwicklung darin zu erkennen ist, Grund- und Freiheitsrechte unter dem Deckmantel oder mit der Behaup­tung, dieser Bemühung gerecht zu werden, nämlich Terrorismusbekämpfung zu betreiben, zu beschränken.

Anlässlich des letzten Verfassungstages hat der Präsident des Verfassungsge­richts­hofes Grund zur Äußerung gefunden, dass die Grundrechte unserer Verfassung, insbesondere jene der Europäischen Menschenrechtskonvention, ein hohes und mühsam erkämpftes Gut sind. Wir dürfen sie bei allem Verständnis für das Anliegen, den Gefahren des Terrorismus wirksam zu begegnen, niemals aufgeben, denn dann würden wir ein wesentliches Element unseres rechtsstaatlichen, demokratischen Gesellschaftsmodells opfern. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese warnenden Worte sind offensichtlich notwendig, da eigentlich Jahr für Jahr an dieser Schraube Terrorismusbekämpfung versus Grundrechte zu Lasten letzterer gedreht wird.

Ein anderer Punkt ist die Neufassung des § 283 StGB, allgemein als „Verhetzungs­paragraph“ bekannt. Die Erstfassung, die vor einigen Wochen – ich weiß es nicht mehr genau, vielleicht schon vor zwei Monaten – das Licht der Öffentlichkeit gesehen hat, hat gerechtfertigtermaßen entrüstete Reaktionen hervorgerufen, und zwar aus allen Bereichen der Zivilgesellschaft, namentlich auch von Journalisten und weiteren Per­sonen, die zu Recht massivste Einschränkungen aufgrund der beabsichtigten Geltung dieser Norm befürchten mussten.

Es war so – und das ist ausdrücklich anzuerkennen –, dass in intensivsten Verhand­lungen mit den Herrschaften des Justizministeriums und mit den Herrschaften der Koalition eine Modifizierung, die, wie ich hoffen darf, Gegenstand des heutigen Abän­derungsantrages der Herren Mag. Donnerbauer und Jarolim sein wird, vorgenommen worden ist, die die ursprüngliche Materie erheblich verbessert. Und ich füge hinzu: Lediglich ein hauchfeines Element trennt uns davon, dieser Vorlage die Zustimmung zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 298

geben. Wir hätten es im Sinne des Grundrechtes Leben und im Sinne der Vermeidung dessen, eine politische Auseinandersetzung mit Hilfe des Strafrechtes zu führen, sehr, sehr bevorzugt, wenn der zweite Absatz ebenfalls hätte aufgegeben werden können.

Aus diesem Grunde bitte ich um Verständnis dafür, dass wir der Materie in der zweiten Lesung zustimmen, aber in dritter Lesung nicht mitstimmen werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


23.26.44

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, es ist ein wichtiges Gesetz und auch eine Gratwanderung, um die es geht, nämlich um Bekämpfung des Terrorismus; mein Vorredner hat das schon erwähnt. Wir verabschieden heute ein Bündel von Maßnahmen, ein Bündel an verschiedenen strafrechtlichen Bestimmungen, die Phänomene des Terrorismus, wie wir sie in den letzten Jahren leider immer wieder feststellen mussten, verhindern helfen sollen.

Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Vorbereitungs- und Beteiligungs- bezie­hungsweise Bestimmungsdelikte, die in diesem speziellen Bereich und aus den genannten Gründen schon die vorsätzliche Anleitung – das betrifft den § 278f, den es neu gibt – von terroristischen Straftaten, aber auch die Aufforderung beziehungsweise Gutheißung von terroristischen Straftaten – das betrifft § 282a StGB – unter Strafe stellen und damit letztendlich auch verhindern helfen sollen.

Dass solche zusätzlichen Bestimmungen im Kampf gegen den Terrorismus und zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger notwendig sind, haben, glaube ich, die Entwicklungen der letzten Monate und Jahre immer wieder klar vor Augen geführt. Es geht um das klare Signal, dass bei der Vorbereitung und bei der Anstiftung zum Terror mit uns keinesfalls zu spaßen ist und wir gegen Versuche, Terrorismus in unser Land zu bringen, mit aller Schärfe vorgehen werden.

Dass es sich – wie mein Vorredner schon erwähnt hat – bei strafrechtlichen Bestim­mungen immer auch um eine Gratwanderung handelt, einerseits Straftaten zu verhindern und andererseits Grundrechtsschutz zu gewährleisten, ist klar. Und ich glaube, die sehr, sehr lange Vorbereitungsphase, die intensive Diskussion über mehr als ein Jahr war durchaus notwendig und richtig und hat zu verschiedenen Änderungen und Korrekturen geführt, die letztlich helfen sollen, da den richtigen Weg zu gehen.

Ich möchte daher heute den bereits angekündigten Antrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses 1422 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

„1. Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches) wird wie folgt geändert:

a) In der Z 14 lautet § 283 Abs. 1:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 299

„§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstimmung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Perso­nen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zuge­hörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

b) Z 15 lautet:

„15. § 283 Abs. 2 lautet:

„(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.““

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube – wie auch Kollege Fichtenbauer durchaus anerkennend festgestellt hat –, wir haben versucht, allen Bedenken, die in der Diskussion aufgetreten sind, Rechnung zu tragen. Ich darf Sie daher ersuchen, vielleicht doch zu überlegen, diesem Gesetz zuzustimmen, nicht zuletzt auch deshalb, weil wir in diesem Gesetz im Sinne der Sicherheit unserer Beamtinnen und Beamten der Polizei und Justizwache auch eine Verpflichtung zur Blutabnahme einführen, wenn Exekutivbeamte, -beamtinnen im Dienst verletzt werden und der Verdacht einer ansteckenden Krankheit besteht.

Ich glaube, es ist wert, diesem Gesetz die Zustimmung zu geben, und ich darf Sie nochmals darum ersuchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses 1422 d.B. über

die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terroris­mus­präventionsgesetz 2010) geändert wird,

sowie

über die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbes­serung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terroris­mus­präventionsgesetz 2010) geändert wird,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 300

sowie die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1422 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches) wird wie folgt geändert:

a) In der Z 14 lautet § 283 Abs. 1:

„§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

b) Z 15 lautet:

„15. § 283 Abs. 2 lautet:

„(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.““

Begründung

Zu Artikel 1 Z 14 und 15 (§ 283 StGB)

Zur Klarstellung und zur eindeutigen Konturierung der erweiterten Strafbestimmung ist es notwendig, den unklaren und einer näheren Determination nicht zugänglichen Begriff der „feindseligen Handlung“ zu streichen, zumal durch Abs. 2 ein Aufruf zum Hass gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe ohnedies strafrechtlich angemessen und verhältnismäßig erfasst wird. Überdies soll der Begriff „Weltanschauung“ strikt als Gegensatz zu jenem der „Religion“ verstanden werden und daher z.B. politische Einstellungen oder Prägungen nicht erfassen.

Im Abs. 2 sollen im Hinblick auf den strafrechtlichen Schutz durch die §§ 115, 117 Abs. 3 StGB bloß die in Abs. 1 bezeichneten Gruppen erfasst werden, wobei die Tathand­lungen voraussetzen, dass durch das Hetzen oder Beschimpfen die Gruppe als solche verächtlich gemacht werden soll.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


23.31.25

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist zweifelsohne ein Gesetz, das mehr Überwachung bringt. Und wenn man die Betriebsamkeit der Überwachungspolitiker beobachtet, dann ist es ja schon fast beängstigend. Einmal wird bei irgendwelchen konkreten Überwachungsmaßnahmen verschärft, dann wieder beim Strafgesetzbuch. Im Frühling war es die Vorratsdaten­speicherung, jetzt ist es das Terrorismuspräventionsgesetz und vermutlich im Dezem­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 301

ber das Sicherheitspolizeigesetz. Und ich sage Ihnen: Es gibt keine Grenze und es gibt kein Einhalten.

Ich frage mich, warum. Ist es die gestiegene Terrorgefahr? Man soll das zweifelsohne nicht unterschätzen, aber ich bin froh, dass sich die Terrorgefahr in Österreich Gott sei Dank auf einem überschaubaren und relativ niedrigen Niveau bewegt.

Es hat einen anderen Grund: Man muss ja nur beobachten, wann die Idee der Verschärfung des Terrorismuspräventionsgesetzes wieder aufs Tapet gebracht wurde. Das war unmittelbar, nachdem eine neue Innenministerin angelobt worden war. Da zeigt sich schon Folgendes: Wenn die Politik, wenn die Regierung der Bevölkerung offensichtlich in bewegten Zeiten der Wirtschaftskrise nicht mehr Sicherheit geben kann, dann zieht man die Karte der Terrorismusgefahr und täuscht sicherheitspoliti­schen Aktionismus vor. (Beifall bei den Grünen.)

An die Adresse der Sozialdemokratie: Was passiert, wenn Innenministerium und Justizministerium in einer parteipolitischen Hand sind, das sieht man dann, wenn man sich anschaut, wie agiert wird. Die Innenministerin will an der Terrorgefahr ihr Profil schärfen. Bei der gleichen Pressekonferenz darf dann die Ministerin derselben Partei, die Justizministerin Karl, gleich assistieren und erklären, wie sie diese Profilschärfung im Strafgesetzbuch umsetzen will. Es ist eine Frage, die die Sozialdemokratie beant­worten muss, warum sie dieses Risiko eingeht, diese zwei Ministerien in eine parteipolitische Hand gelegt zu haben.

Was ist aber die konkrete Gefahr dieses Gesetzes? Was macht sozusagen die Ver­schär­fung im Strafgesetzbuch aus? – Es sind zwei Paragraphen. Der erste Paragraph heißt „Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat“, aber er stellt nicht nur die Anleitung unter Strafe, sondern er stellt auch unter Strafe, wenn man sich im Internet Informationen beschafft, um terroristische Straftaten zu begehen. Das heißt: Jemand surft eine Internetseite an, wo solche Informationen zur Verfügung stehen.

So. Warum diese Seite angesurft wird, wissen wir nicht. Das kann Neugierde, Infor­mationsbeschaffung oder Recherche sein – oder die Person will eine terroristische Straftat begehen. Und da beginnt das Problem. Die innere Motivationslage kennen wir nicht. Wenn wir diesen Strafparagraphen schaffen, heißt das in weiterer Folge, es wird ermittelt werden müssen. Und genau das ist das Ziel. Es geht ja nicht prinzipiell darum, dass man verhindert, dass jemand solche Internetseiten anschaut. Man möchte wissen, warum die Personen solche Internetseiten schaffen, und man will sie möglichst überwachen können. Und der Kollateralschaden wird sein, dass es Menschen gibt, die aus völlig harmlosen Motiven solche Seiten ansurfen und dann in das Überwachungs­visier der Sicherheitsbehörden kommen werden.

Der zweite Paragraph, der geändert wird, ist die „Aufforderung zu terroristischen Straf­taten und Gutheißung terroristischer Straftaten“. Auch da geht es nur um mehr Ermittlungsmöglichkeiten und um mehr Überwachung. Was macht man? – Man schafft einen Paragraphen, der das Gutheißen unter Strafe stellt. Das könnte man sich sparen, denn schon jetzt ist das Gutheißen von strafbaren Handlungen in einer ähnlichen Form, nicht eins zu eins, strafbar. Das genügt aber nicht. Man erklärt das Gutheißen einer terroristischen Straftat noch zur terroristischen Straftat.

So, damit ist man schon ein Stück weiter. Wenn man es zur terroristischen Straftat erklärt, dann kann man auch, wenn sich ein paar Personen verabreden, terroristische Straf­taten gutzuheißen, eine terroristische Verbindung annehmen, und wenn man dort ist, dann ist man beim großen Lauschangriff. Das heißt, es geht schlicht darum, dass man möglichst schnell zu möglichst scharfen Ermittlungsmaßnahmen kommt. Das ist der einzige Grund.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 302

Im Justizministerium leugnet man das. Im Innenministerium hat man da weniger Schamgefühl. Als die FPÖ im letzten Menschenrechtsausschuss dieses Thema bei Innenministerin Mikl-Leitner angesprochen hat, hat sie das ganz klar zugegeben. Sie hat gesagt: Ja, uns geht es um mehr Ermittlungsmöglichkeiten. Das ist aber nicht die primäre Aufgabe des Strafrechts, denn das Strafrecht dient nicht dazu, potentiell gefährliches Verhalten unter Strafe zu stellen, sondern es dient dazu, konkrete Straf­taten zu ahnden.

Meine Damen und Herren, ich stelle mir aber auch die Frage, warum die Sozialde­mokratie zustimmt. Kollege Jarolim, wir arbeiten bereits vier Jahre miteinander, und ich weiß, das ist nicht dein Kernanliegen. Und ich verstehe nicht, warum ihr zustimmt. Vor allem frage ich mich: Was bekommt ihr dafür?

Wir haben den § 278a, „Bildung einer kriminellen Organisation“. Da diskutieren wir gemeinsam, Seite an Seite, seit drei Jahren über eine Reform. Die Innenministerin der ÖVP bekommt ein Gesetz mit massiven Verschärfungen, die SPÖ bekommt einen Entschließungsantrag, der wird heute auch beschlossen, wo drinsteht: Wir werden den § 278a evaluieren. – Das ist nett, richtig und gut, aber das ist eine Zusage, die das Justizministerium bereits vor mehreren Monaten getroffen hat. Wenn das die Gegenleistung für die Verschärfung ist, dann habt ihr etwas herausverhandelt, was notwendigerweise gar nicht zu verhandeln gewesen wäre. Ich verstehe nicht, warum die Sozialdemokratie leichtfertig den Profilierungsinteressen der ÖVP-Innenminister, die offensichtlich sonst keine Leistungsbilanz vorzuweisen haben, Vorschub leistet.

Und es geht weiter. Es ist beim Sicherheitspolizeigesetz nichts anderes. Das ist zwar noch in der Begutachtungsphase, aber angeblich ist das Paket fertig geschnürt – mit jeder Menge Missbrauchsmöglichkeiten. Ich verstehe euch nicht. Ich verstehe nicht, wie ihr der ÖVP leichtfertig zustimmen könnt, ohne dass ihr irgendeine Gegenleistung bekommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

23.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


23.37.49

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Lieber Kollege Steinhauser, ich glaube, man muss schon die Kirche im Dorf lassen und sich genau anschauen, worüber wir hier sprechen. Wir reden heute auch nicht über das Sicherheitspolizeigesetz, wo es sicher umfassende Diskussionen gegeben hat, genauso wie bei der jetzt zur Diskussion stehenden Vorlage.

In der Tat ist es geglückt – wir kennen ja auch alle das Stellungnahmeverfahren –, nahezu lückenlos die aus der Lehre kommenden Kritiken, aber auch unsere eigene Kritik, weil wir ja alle aufgrund des § 278a – das Tierschützerverfahren in Wiener Neustadt ist uns ja allen noch vor Augen – genau gewusst haben, wie wichtig es ist, Normen so zu fassen, dass sie präzise sind und nicht in jede Richtung ausgelegt werden können, verstummen zu lassen.

Wir haben die Terror-Camps verboten und wir sind natürlich schon damit konfrontiert, dass wir Normen erlassen müssen, die auch sicherstellen, dass nicht zur Ausbildung und zu terroristischen Handlungen aufgefordert, angereizt wird. Wenn man sich die Bestimmungen anschaut, die wir jetzt heute hier verabschieden, nämlich dass es Medienwerke, Inhalte sein müssen, die dazu bestimmt sind, zur Begehung anzuleiten, dann sieht man, es gibt keine Spielräume mehr, sondern es ist ganz klar geregelt, dass nur derjenige, der das wirklich anstrebt und damit auch diese Aufreizung wirklich im Auge hat, bestraft wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 303

Ich bin froh darüber, dass es in einer sehr langen Diskussion geglückt ist – der erste Entwurf war also tatsächlich eine sehr unangenehme und rechtsstaatlich nicht akzep­table Vorlage –, das noch entsprechend zu verbessern.

Zu § 278a liegt ein Entschließungsantrag vor, der auch sehr genau präzisiert, in welche Richtung zu untersuchen ist. Wir wissen aber auch aus der Lehre und von unseren Gesprächen, dass die Bestimmung, so wie sie derzeit ist, schlicht und einfach nicht akzeptabel ist.

Wir haben vier Anzeigen gehabt, die gleichlautend waren wie die Anzeige, die dem Verfahren in Wiener Neustadt zugrunde liegt. Drei Staatsanwaltschaften haben sofort eingestellt, eine hat ermittelt auf eine Art und Weise, die nicht erträglich ist. Insofern glaube ich, dass wir das auch in den Griff bekommen.

Wir haben weiters eine Regelung, und zwar die Verhetzungsregelung, in zwei Rich­tungen reformiert. Zum einen haben wir die Zielgruppen, die geschützt werden, stark erweitert. Die sexuelle „Ausrichtung“ – steht im Gesetz, das soll natürlich in Richtung Orientierung zu lesen sein –, die ethnischen Herkünfte, Geschlecht, Behinderung, Alter, das alles ist zukünftig geschützt; ebenso die Religion oder Weltanschauung, wobei Weltanschauung im Sinne von Religion zu verstehen ist und nicht im Sinne von Politik.

Wir haben in einem weiteren Schritt sichergestellt, dass diese Bestimmung nicht dazu verwendet werden kann, politische Kritik als Verhetzungstatbestand im Übermaß zu verfolgen. Das ist eine sehr vernünftige Regelung, die mehrere Aspekte abdeckt.

Es gibt, wie gesagt, auch noch einen Entschließungsantrag, in dem all das angeführt ist, das wir heute verabschieden sollen.

Es ist das sicherlich keine Materie, in der man mit großer Freude legistisch tätig wird. Aber sie ist so eingeschränkt, dass sie sehr präzise ist und genau das verhindert, was wir nicht haben wollen, nämlich die Vorbereitung terroristischer Aktivitäten, die Anschu­lung, Aufschulung und Aufreizung zu terroristischen Aktivitäten, und zwar jeweils mit der klaren Intention, tatsächlich entsprechende Erfolge herbeizuführen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sollte eigentlich ausreichen, dass es in der Judikatur zukünftig zu klaren Entscheidungen kommen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


23.42.02

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst bringe ich zwei Anträge ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Abschaffung der Verjährungsfristen bei strafbaren Handlungen gegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 304

die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gegenüber Minderjährigen als Verfas­sungs­bestimmung geregelt wird.“

*****

Frau Bundesminister, ich gebe zu, dass das ein Problem mit dem Rückwirkungsverbot darstellt. Aber in diesem einen Fall, und das zeigen die dramatischen Vorfälle am Wilhelminenberg, ist es, dieser Meinung bin ich, gerechtfertigt, dieses Prinzip auch zu durchbrechen.

Die Vorwürfe sind dramatisch. Wir werden darüber mit Sicherheit auch hier im Haus noch öfters, auch eingehender zu diskutieren haben, insbesondere auch darüber, warum es das Land Wien, warum es die Stadt Wien unterlassen hat, zu Zeiten, als man der Kirche massive Vorwürfe gemacht hat, selbst dafür zu sorgen, dass die Dinge, die viel dramatischer sind – ohne dass ich die Vorwürfe, die gegen Kirchenvertreter erhoben wurden, bagatellisieren möchte –, aufgeklärt werden und an die Öffentlichkeit kommen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Mit dem langen Finger ist auf die Kirche gezeigt worden. Es ist verschwiegen und vertuscht worden, dass es im Bereich der Stadt Wien, im Verantwortungsbereich der Jugendwohlfahrt der Stadt Wien zu unglaublichen Vorfällen gekommen ist. Aber, wie gesagt, darüber werden wir bei anderer Gelegenheit noch eingehender zu diskutieren haben.

Der zweite Antrag, ein Abänderungsantrag, betrifft Artikel 283 Abs. 2 StGB. Die Regierungsvorlage in der abgeänderten Form soll nunmehr in Artikel 1 Ziffer 15 lauten:

„Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Grup­pen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zuge­hörigkeit zu dieser Gruppe hetzt oder eine solche Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht;“ – Bis hierher ist das identisch mit dem Regierungstext.

Jetzt kommt die Abänderung: „nicht erfasst davon ist, wer nur die Glaubens- und Sittenlehre einer im Inland bestehenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religions­gemeinschaft wiedergibt.“

*****

Meine Damen und Herren! Kollege Jarolim und auch die Redner vor ihm! (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Terrorismusprävention – alles gut und recht, aber was hat das mit der Verschärfung des § 283 zu tun? (Abg. Mag. Donnerbauer: Da brauchst du keine Abänderung, das kannst du in den Kommentar schreiben!) – Na schön, ja. Das bedarf keiner Abänderung, es genügt ja, wenn man es in den Kom­mentar schreibt. In den Kommentar haben Sie es auch nicht geschrieben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Das nützt ja nichts. Es nützt nichts, wenn ich einen Kommentar schreibe. Bei der geltenden Rechtslage werden zwar in der Steiermark Muezzine geschützt und ein Landesrat von der FPÖ vor Gericht gestellt, aber gegen Geistliche kann man in der Steiermark hetzen, wie man will. Dazu sagt die Ministerin, die sind nicht Angehörige einer Religionsgemeinschaft. Priester sind eine Berufsgruppe, hat sie gesagt, und Berufsgruppen sind nicht geschützt durch § 283 StGB. (Abg. Mag. Hakl: Gewaltaufruf!)

Meine Damen und Herren! Gewaltaufruf ist etwas anderes als eine Verhetzung. Gerade die Spitzenjuristin von der ÖVP sagt ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) – Es genügt die Verhetzung, Frau Mag. Hakl. Wenn ich heute in einem


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Waldstück gegen Priester hetze, dann sagt die Ministerin nicht, das ist keine Hetze, sondern sie sagt, das sei nur deshalb eine Hetze, weil sie zulässig sei, weil das ja nur eine Berufsgruppe betreffe, weil die Priester eine Berufsgruppe seien. – Die kurioseste Argumentation, die ich aus diesem Ministerium überhaupt jemals gehört habe. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher nutzt man die Gelegenheit, § 283 (2) zu verschärfen. An dieser Stelle sage ich gleich dazu, und zwar in Richtung ÖVP: Veranstaltungen wie jene des Herrn Grillitsch mit Herrn Sarrazin wären nach dieser Bestimmung in Zukunft strafbar. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) – Du hast recht, entschuldige. Es ist eine ÖVP-Veran­staltung gewesen, da ist nichts strafbar. Das ist klar. Das gilt ja nur für den Rest der Welt. Du hast recht. Ich bin für die Klarstellung des Kollegen Donnerbauer dankbar. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Ministerin Karl hat uns im Justizausschuss einzureden versucht, wir seien dazu – ich zitiere – völkerrechtlich verpflichtet. Das hat sie gesagt. Jetzt möchte ich Ihnen Ihr eigenes Vorblatt vortragen. Im Vorblatt zur Regierungsvorlage ist von keiner Verpflich­tung die Rede, sondern es ist die Rede von einer Sonderempfehlung, dann von einer Empfehlung und dann noch einmal von einer Empfehlung. Von einer Verpflichtung ist selbst nach Ihren eigenen Texten keine Rede. (Abg. Strache: Es gibt auch keine Verpflichtung!)

Herr Kollege Donnerbauer, der geglaubt hat, sozusagen als Ausschussvorsitzender auch eine besondere Wortspende abgeben zu müssen, hat gesagt, das sei schon klar, dass das unter Umständen auch gegen die Menschenrechte verstoßen kann, wie Kollege Fichtenbauer das auch leidenschaftlich argumentiert hat. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) – Du hast auch noch vieles anderes gesagt.

Wenn das der Fall sein sollte, hat der Herr Ausschussvorsitzende gesagt, dann gibt es genügend Instanzen in Österreich und in Europa, die das dann klären können. – Ende des Zitats.

Das richtet sich nach der Tierschutzmethode, das ist klar. Der Bürger soll die Haftung dafür tragen, dass die ÖVP feige ist und linksliberalen Dummheiten zustimmt.

Damit zitiere ich jetzt einen prominenten Schwarzen, Andreas Unterberger, und ich habe Ihnen, Frau Bundesminister, versprochen, dass ich Ihnen dieses Zitat coram publico vortrage. Andreas Unterberger schreibt etwa unter dem Titel  „Das Parlament beschließt das Ende der Meinungsfreiheit“ – wie gesagt, ein prominenter Schwarzer –, dass ein solcher Gesetzentwurf ausgerechnet ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich weiß, die ÖVP lacht heute schon über Schwarz. Ich weiß, Sie haben ja so viele Leute, aber der Wähler nimmt Ihnen das schon ab. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich zitiere noch einmal Andreas Unterberger und ich betone noch einmal, ein beken­nender Schwarzer:

„Dass ein solcher Gesetzesentwurf ausgerechnet von zwei ÖVP-Ministerinnen einge­bracht worden ist, ist angesichts der Liste dieser ungeschützt bleibenden Gruppen doppelt erstaunlich.

Soll man es als Entschuldigung werten, dass beide Ministerinnen neu im Amt und auch sonst recht ahnungslose Erscheinungen sind?“ – Gemeint sind Sie, Frau Bundes­minister Karl. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

„Interessant ist jedenfalls, dass schon vor einem Jahr unter anderen Ministern ein fast gleichlautender Gesetzesentwurf eingebracht worden ist. Der ist aber damals noch im ÖVP-Klub gescheitert. Federführend beim vorjährigen Nein zur eigenen Ministerin war


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der damalige ÖVP-Verfassungssprecher Willi Molterer, der aber inzwischen nach Europa ausgewandert ist. Im ganzen ÖVP-Klub findet sich heute kein einziger Jurist mit Format mehr“ – damit bist du gemeint, Kollegin Karl (Heiterkeit beim BZÖ) – „(Molterer ist zwar auch kein Jurist, aber er hatte wenigstens noch eine Ahnung von der Bedeutung der Meinungsfreiheit). Die ganze juristische Kompetenz der Schwarzen stellt eine Grazer Arbeitsrechtlerin und die massiv linksliberale Beamtenschaft des Justizministeriums dar.“ – Zitatende.

Wie recht Andreas Unterberger doch hat, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn ich mir vorstelle, wie die ÖVP früher noch mit wirklich kompetenten Juristen glänzen konnte, dann wird einem zappenduster. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ja, ja, das wissen wir.

Thema Blödsinn – auch eine interessante Geschichte. Es gibt eine weitere Ministerin, eine von diesen beiden genannten Ahnungslosen, nämlich Frau Mikl-Leitner, die sagt wortwörtlich, weil ihr Kabinettchef Kloibmüller einvernommen wird, die Einvernahme sei ein Skandal. Wenn also ein ÖVP-Kabinettchef zur Einvernahme zu einem Staatsanwalt muss, was jeder andere Bürger auch muss, dann ist das für die Frau Ministerin von der ÖVP ein Skandal. Die andere ÖVP-Ministerin, die zweite von den Ahnungslosen, sagt keine Silbe dazu.

Meine Damen und Herren, wenn das einer von uns gemacht hätte, hätte man gesagt: Einflussnahme auf die Justiz, Skandal, Strafrecht, und man hätte schon wieder eine Anzeige gehabt. – Nein, die ÖVP-Ministerin im Innenministerium sagt, das ist ein Skandal, damit die ÖVP-Beamtenschaft im Justizministerium weiß, was sie zu tun hat, nämlich Kloibmüller zu schützen und zu schonen. – Nein? Ist das nicht so? Wir werden uns das genau anschauen.

Tatsache ist jedenfalls, dass immer dann, wenn es um schwarze Interessen gegangen ist, eine bemerkenswerte Untätigkeit im Justizministerium festzustellen war. Ich erin­nere an die vergessenen Aktenkonvolute des Herrn Strasser. (Abg. Kößl: ... schon fünf Mal gesagt!) – Ja, ich kann es nicht häufig genug wiederholen. Strasser, der hat zu euch gehört; gehört er immer noch zu euch? – Er ist sicher ein bekennender Schwar­zer nach wie vor. Wollt ihr nichts mehr mit ihm zu tun haben? Nein, Strasser kennen wir gar nicht, Strasser ist abgeschafft! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nein: Strasser ist natürlich ein bekennender Schwarzer! Er ist ein prominenter Schwar­zer, er war euer Minister, ihr habt ihn geschützt und habt dafür gesorgt, dass er nicht strafrechtlich verfolgt wird. So ist es doch ganz einfach! (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Man sieht ja, wie eng die Informationsflüsse zwischen Ihrem Ministerium und dem ÖVP-Klub sind. Da haben wir heute einen Fall gehabt. Ich habe Ihrem Sektionschef schon versprochen, dass Sie heute damit konfrontiert werden, und Sie sollen uns das bitte heute erklären. (Ruf bei der ÖVP: Skandal des Jahrhunderts!)

Nein, das ist nicht ein Skandal des Jahrhunderts – aber euer Zwischenruferwesen zeigt, welches fehlende Unrechtsbewusstsein ihr habt! Es ist für die ÖVP vollkommen legitim und eigentlich normal, und Sie empfinden ja auch gar nichts dabei, dass eine Post, eine persönlich an einen Abgeordneten einer anderen Fraktion gerichtete Post, selbst­verständlich im ÖVP-Klub landet! Und wie ich gehört habe – das lese ich zumindest aus einer Presseaussendung des zuständigen Sektionschefs, der Sie schwer belastet, Frau Minister, er sagt ja, er hat das sozusagen über das Kabinett gemacht (Abg. Grosz: Deswegen kriegt sie eine Anzeige!) –, landet selbstverständlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 307

alles vom Kabinett der schwarzen Ministerin beim ÖVP-Klub. Da war sie ja lange genug klubangehörig. Bitte? (Abg. Mag. Donnerbauer: Das hat er nicht gesagt!)

Nein, das hat er nicht gesagt. Er hat nur darauf hingewiesen, dass er das alles gemacht hat, indem er sich mit Ihnen ... (Abg. Grosz: Das war ja der Sinn ...!) Er hat gesagt, er war es nicht, hat aber gleich auf Sie hingewiesen. (Bundesministerin Dr. Karl schüttelt den Kopf. – Abg. Dr. Moser: Er hat gesagt, er war es nicht!) Schauen Sie, klären müssen wird das der Staatsanwalt. Sie werden heute wahrscheinlich nicht in der Lage sein, zu erklären, wie Aktenstücke Ihres Ministeriums im ÖVP-Klub landen. Heute haben wir ja dank der großartigen unbedarften Offenheit des Kollegen Singer einen bewiesenen Aktentransfer! (Abg. Dr. Graf: Singer – er hat gesungen!)

Wissen Sie, Frau Minister, ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Ich habe befürch­tet, dass ich Ihrer Amtsvorgängerin nachtrauere, von der ich keine sehr hohe Meinung hatte. Aber jetzt trauere ich ihr wirklich nach. (Beifall beim BZÖ.) Sie sind die schwächste Justizministerin seit langen Zeiten! (Abg. Rädler: Das haben Sie aber von Bandion-Ortner auch gesagt!)

Ja, ich muss mich korrigieren: Ich habe nicht gedacht, dass es nach Pröll noch weiter hinuntergehen kann. Das haben wir heute gesehen bei diesem Aufsatz, den die Frau Finanzminister vorgelesen hat: Hauptschulniveau! Und jetzt haben wir eine Ministerin, deren offenkundiges Hauptanliegen es ist, Briefverkehr mit Fraktionen dieses Hauses, mit Abgeordneten, im ÖVP-Klub landen zu lassen. Sie tut nichts dagegen, weil das normal ist. Das ist ÖVP-Denke, selbstverständlich, das ist ÖAAB-Denke: Genau so denkt man im ÖAAB! (Zwischenruf des Abg. Kößl.)

Bitte, hast du etwas Substanzielles beizutragen? Nein?! Du bestätigst es durch Kopf­nicken. Bitte fürs Protokoll: Bestätigendes Kopfnicken aus der ÖVP! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Frau Minister hat dieses Ministerium nicht im Griff. Frau Bundesminister, Sie sind überfordert! Man muss Ihnen zugutehalten, dass Sie sich gegen dieses Ministerium gewehrt haben; Sie wussten, dass Sie überfordert sind. Aber Sie sollten aus Ihrer Überforderung jetzt auch Konsequenzen ziehen: Räumen Sie es doch ganz einfach! (Beifall beim BZÖ.)

Sorgen wir dafür, dass dort ein Minister hinkommt, der tatsächlich parteiunabhängig ist, der dafür sorgt, dass nicht alles, was aus Ihrem Ministerium an einen Abgeordneten gerichtet ist, im ÖVP-Klub landet. Sorgen wir dafür, dass dieses Justizministerium auch tatsächlich wie eine unabhängige Justiz operiert und nicht wie eine parteieigene Vorfeldorganisation der Österreichischen Volkspartei! (Beifall beim BZÖ.)

23.53


Präsident Fritz Neugebauer: Die eingebrachten Anträge stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Stadler, Scheibner, Ing. Westenthaler, Haubner, Kolle­gin und Kollegen betreffend der Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige.

Die täglich bekannt werdenden sexuellen Missbrauchsfälle gegenüber Minderjährigen verdeutlichen in erschreckender Weise dringenden Handlungsbedarf. Zudem ist nicht zu vergessen, dass neben den bekannt gewordenen Fällen noch eine erhebliche Dunkelziffer besteht, da insbesondere Missbrauchsfälle in Familien, Jugendein­richtun­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 308

gen, etc. nur selten an Licht kommen. So sollen nach Schätzungen von Kriminologen 90 Prozent sexuellen Missbrauches im familiären Bereich stattfinden.

Als wichtigen Schritt zu einem verbesserten Schutz unserer Kinder sehen wir eine Änderung der Verjährungsregeln des Strafgesetzbuches an, um eine dauerhafte und ausreichende Verfolgbarkeit sicherzustellen. So ist nach dem bestehenden Regelungs­system beispielsweise möglich, dass Beischlaf von Erwachsenen mit unter 14 Jährigen verjähren kann. Dagegen sprechen wir uns entschieden aus, da auch die dadurch verursachten seelischen Qualen der missbrauchten Kinder niemals verjähren. Zuge­spitzter könnte man sogleich formulieren, dass derartige Übergriffe „Mord an der Seelen der Kinder“ darstellt und daher entsprechend der Verjährungsregeln bei Mord - Mord verjährt nie - eine Verjährung nicht mehr möglich sein darf.

Insbesondere das vielfach angeführte Gegenargument, wonach nach mehreren Jahr­zehnten die Beweisführung schwer möglich sei, halten wir aus Wertungsgründen für ablehnungswürdig bzw. als Ausdruck einer ablehnungswürdigen Gewichtung der gesetz­geberischen Zielsetzungen der Verjährungsregeln. So darf es den Tätern insbesondere nicht zugute kommen, dass sie oftmals große Scham verursachen, die die Opfer oftmals erst nach vielen Jahren überwinden können. Sogleich bzw. zudem erscheint schwer erklärbar, dass beispielsweise in bestimmten Konstellationen ein 48 Jähriger seinen Peiniger strafrechtlich verfolgen lassen kann, ein 50 Jähriger dagegen nicht mehr. Insgesamt halten wir die rein formal bestimmte Verfolgungsvoraussetzung in Betracht der Wichtigkeit des Schutzgutes für nicht vertretbar, zumal die Strafpro­zessordnung ausreichend Kontrollmechanismen vor missbräuchlicher Verfolgung bein­haltet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, durch den die Abschaffung der Verjährungsfristen bei strafbaren Handlun­gen gegen die sexuell Integrität und Selbstbestimmung gegenüber Minderjährigen als Verfassungsbestimmung geregelt wird.“

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (674 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismus­präventionsgesetz 2010) geändert wird sowie über die Regierungsvorlage (1392 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden (1422 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Bericht wird wie folgt geändert:

Der Nationalrat hat beschlossen:

In Artikel 1 lautet Ziffer 15:

„15. § 283 Abs. 2 lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 309

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe hetzt oder eine solche Gruppe in einer die Men­schenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht; nicht erfasst davon ist, wer nur die Glaubens- und Sinnlehre einer im Inland bestehenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft wiedergibt.“

Begründung

Insbesondere in Hinblick auf die durch das Tatbestandsmerkmal „hetzt“ begründete Unbestimmtheit des Anwendungsbereiches ist nicht eindeutig ausgeschlossen, dass die bloße Wiedergabe von Glaubens- und Sinnlehren einer im Inland bestehenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft nicht erfasst ist. Im Sinne der Rechtssicherheit ist dies jedoch erforderlich.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


23.53.49

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter Stadler hat Vor­würfe an mich und mein Ressort gerichtet, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen, nämlich konkret ein Schreiben, das an Herrn Abgeordneten Grosz gerichtet war, an den Klub der ÖVP weitergeleitet zu haben. Ich nehme dazu natürlich sehr gerne Stellung, auch wenn sich Herr Abgeordneter Stadler das nicht erwartet hat. (Abg. Mag. Stadler: Sehr sogar! – Abg. Grosz: Sie wissen es seit Nachmittag!)

Im Justizausschuss am 5. Oktober 2011 hat Herr Abgeordneter Stadler davon berichtet, dass aufzuklären sei, wie es dazu kommen könne, dass Herr Abgeordneter Grosz wegen der Weiterleitung von Protokollen des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses betreffend die Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, der ÖBB-Holding AG sowie der nachgeordneten Gesellschaften des ÖBB-Konzerns an die Staatsanwalt­schaft Wien strafrechtlich verfolgt wurde.

Mit OTS vom nächsten Tag, also vom 6. Oktober 2011, beklagte sich Abgeordneter Gerald Grosz über – ich zitiere wörtlich – „eine eindeutige Kriegserklärung der Justiz­ministerin an den Rechtsstaat und das Parlament. (Abg. Mag. Stadler: Quod erat demonstrandum!) Die Justizministerin und die dafür zuständigen Stellen in ihrem Ressort haben sich damit eindeutig des Amtsmissbrauches schuldig gemacht. Dem Aufdecker und Anzeiger der ÖBB-Skandale (Abg. Grosz: Wunderbar, Sie betonen das! Und das auf Ihre Redezeit!) rund um die Spekulationsverluste der rot/schwarzen ÖBB-Vorstände und des MAV-Cargo-Skandals hätte der Prozess gemacht werden sollen“. – Zitatende.

Es versteht sich für mich ganz von selbst, dass ich natürlich umgehend eine Prüfung dieser Vorwürfe beauftragt habe, die zu dem Ergebnis geführt hat, dass der Staats­anwaltschaft in der Tat ein Fehler passiert ist. (Abg. Grosz: Missverständnis!) Ich habe es natürlich begrüßt, dass die Umstände, wie es zu diesem Fehler gekommen ist, auch durch ein Schreiben des zuständigen Sektionsleiters an den Abgeordneten Grosz vom 6. Oktober 2011 offengelegt werden. Ja ich halte es ganz einfach im Sinne einer Fehlerkultur für wichtig, dass man derartige Fehler nicht unter den Teppich kehrt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 310

sondern dass man sich – ausgehend davon – auch Maßnahmen überlegt, um in Zu­kunft derartige Fehler zu vermeiden. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja nicht das Problem!) Wer hier absolut fehlerloses Arbeiten fordert, ist einfach zu einer Fehlerkultur nicht bereit.

Mit Erlass vom selben Tag wurde die Oberstaatsanwaltschaft Wien ersucht, die Eintragung als Beschuldigter in das Register der Staatsanwaltschaft rückgängig zu machen, weil von vornherein feststand, dass der objektive Tatbestand des § 310 Abs. 2 StGB gar nicht verwirklicht worden sein konnte. Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ist nämlich nicht vom Tatbestand des § 310 StGB erfasst.

Das Schreiben an den Abgeordneten Grosz und der angesprochene Erlass wurden schließlich am 12. Oktober abgefertigt und zur Post gegeben. Nach den objektiven Abläufen habe ich keinen Anlass, zu vermuten, dass dieses Schreiben, das ja einen Fehler der Justiz aufzeigt, von Mitarbeitern meines Hauses weitergeleitet wurde. Ich sehe hier tatsächlich kein Motiv (Abg. Hagen: Woher hat er es dann?), weil doch die Verbreitung eines Briefes, in dem ein Fehler aufgeklärt wird (Abg. Grosz: Ich habe ja das verschlossene Kuvert gehabt!), nicht gerade dem Ansehen der Justiz genützt hätte.

Auf welche Weise dieses Schreiben zur Kenntnis von Mitgliedern des ÖVP-Klubs gekommen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Ich meine jedoch, dass ohnedies auf die im Justizausschuss und in den Medien erhobenen Vorwürfe hätte reagiert und dargelegt werden müssen, auf welche Weise und mit welchem Ergebnis die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft im Wege der Fachaufsicht meines Ressorts kontrolliert wird. (Abg. Grosz: Der Singer hat vielleicht im Ministerium eingebrochen? Das ist zu klären, wenn Sie es nicht waren!) Das ist doch gerade – bitte, das sollten Sie schon berücksichtigen – Inhalt und Auftrag des Interpella­tions­rechts des Nationalrates! Die Aufregung verstehe ich daher gar nicht, denn wenn Ihnen ein Interpellationsrecht wichtig ist, dann muss gerade diese Aufklärung auch vorgenommen werden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das darf nicht wahr sein! – Zwischen­rufe beim BZÖ.)

Wir haben kontrolliert! Wir haben auch die entsprechenden Schritte gegenüber der Oberstaatsanwaltschaft gesetzt. Und wir haben gegenüber dem Betroffenen unser Bedauern über das verursachte Ungemach zum Ausdruck gebracht. (Abg. Grosz: Ich bin ganz glücklich! ... einen Blumenstrauß!) Jede andere Vorgangsweise hätte zu Recht Kritik hervorgerufen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Das nächste Mal ist es aus Ihrem Bereich ...! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Lassen Sie mich nun zum eigentlichen Thema dieser Debatte kommen. Allein über die Aufgabe des Strafrechtes lässt sich lange und sehr intensiv diskutieren, aber ohne Zweifel ist es auch Aufgabe des Strafrechtes, Wertungsexzessen deutliche Grenzen zu setzen. (Abg. Grosz: ... dem eigenen Sektionsleiter sagen ...!)


Herr Abgeordneter Grosz! Ich habe die Stellungnahme dazu abgegeben, ich habe gesagt, was hiezu zu sagen ist. (Abg. Grosz: Aber es stimmt ja deswegen trotzdem nicht alles zusammen!) Sie fordern immer wieder ein, dass zum Thema gesprochen wird. Auch das möchte ich nun, ich möchte zum Thema dieser Debatte sprechen! (Abg. Grosz: Sie kriegen eh bald zehn Anfragen und eine Anzeige dazu!)

Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es auch Aufgabe des Strafrechtes ist, Wertungsexzessen deutliche Grenzen zu setzen. Es geht dabei nicht um die Ein­schränkung der Meinungsfreiheit, es geht auch nicht um die Kriminalisierung von Spott und Hohn oder von Karikaturen oder von Kabarett. Das muss eine Gesellschaft hin­


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nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und sie muss eben auf das Gewicht der Worte und Argumente jener vertrauen, die der Vernunft und dem Ausgleich divergierender Interessen verpflichtet sind.

Wenn Sie die Bestimmung des § 283 StGB – dieses Verhetzungsparagraphen – be­trach­ten, so zeigt bereits die Überschrift sehr deutlich, dass sie auf den Aufruf zu Hass und damit auf eine Tendenz abzielt, die nur Äußerungen innewohnt, denen eine verzerrte, zu Hass und Verachtung aufreizende Darstellung zugrunde liegt. (Abg. Dr. Graf: Wer definiert das?)

Dem Strafrecht kommt schließlich auch die Aufgabe des Schutzes der Schwächeren in einer Gesellschaft zu, und wir alle wissen, dass wir nicht frei von Ungleichbe­hand­lungen und Diskriminierungen sind. Dort, wo sich eine solche Diskriminierung im Aufruf zur Gewalt manifestiert (Abg. Strache: Manchmal sind wir sogar schon so weit, dass die Mehrheit in Österreich diskriminiert wird! – Abg. Dr. Graf: Die Mehrheit!), dort ist das Strafrecht aufgerufen, eine deutliche Grenze zu setzen! (Abg. Strache: ... Situ­ation, dass die Mehrheit in Österreich diskriminiert wird!)

Die in den letzten Wochen teilweise sehr heftig geführte Debatte hatte aber auch ihr Gutes. Wir haben dem Tatbestand jene Konturen verliehen, die es gerade im Strafrecht braucht, um Vorhersehbarkeit und Bestimmtheit zu gewährleisten. Setzen Sie daher auch ein Zeichen für eine Gesellschaft, die es einfach nicht notwendig hat, Aggression dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu unterstellen, weil diese natürlich nicht Beliebigkeit, sondern Ausdruck einer Werthaltung sein muss, die sich auch ihrer Grenzen bewusst ist!

Ich möchte auch den Kritikern eines ganz deutlich entgegnen. Entscheidend ist nicht allein, ob wir auf europäischer Ebene zu etwas verpflichtet sind oder nicht. (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie immer behauptet!) Das ist nicht allein der springende Punkt. (Abg. Mag. Stadler: Das haben Sie behauptet! Sie müssen sich besser vorbereiten, wenn Sie im Ausschuss reden!) Wichtig ist nämlich darüber hinaus auch, dass wir uns der gemeinsamen Werte bewusst sind und auch demgemäß handeln. (Abg. Dr. Graf: Welche Werte?)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Strafrecht als Ultima Ratio im Stufen­bau der einfachen Gesetzgebung, dazu bekenne ich mich uneingeschränkt. Es wäre falsch, zu glauben, dass Strafrecht allein zur Lösung aller gesellschaftlichen Konflikt­felder geeignet ist. Es wäre aber auch falsch, dem Präventionsgedanken, der jeder strafrechtlichen Sanktion innewohnt, jede Wirkung abzusprechen. Strafrecht ist also auch als Ausdruck dessen zu verstehen, was in einer demokratischen und offenen Gesellschaft nicht akzeptiert werden soll und kann.


Dem raschen Wandel in unserer Gesellschaft und den ständig hervorkommenden neuen Fragestellungen soll sich auch eine vernünftige Rechtspolitik natürlich nicht verschließen. Eine Gesellschaft, in der soziale und persönliche Kontakte zugunsten virtueller Kontakte und Beziehungen geringer werden, eine Gesellschaft, die sich Prob­lemen im Zusammenhang mit Migration, Fragestellungen der Integration, der wirt­schaftlichen Krisen und auch der Gefahren des internationalen Terrors gegenübersieht, erfordert auch ein ständiges Überdenken der Ziele und Funktionen des Strafrechtes.

In diesem Sinne bedarf es auch einer deutlichen Grenze für jene, die terroristische Straftaten dadurch vorbereiten, dass sie die Verführbarkeit anderer insofern ausnützen, als sie zum Beispiel konkrete Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoff mit dem Ziel verbreiten, zur Begehung einer terroristischen Straftat aufzureizen. Es wurde in der heute zu beschließenden Regierungsvorlage aber auch die Klarstellung vorgenommen, dass die Anleitung gerade dazu bestimmt sein muss, einen anderen zur Begehung einer solchen Straftat mit der ihr innewohnenden besonderen Gefährlichkeit aufzu­


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reizen. Damit wird auch unmissverständlich klargestellt, dass wissenschaftliche Ab­handlungen oder journalistische Recherche dem Tatbestand nicht unterliegen können. Auch hier haben wir für die nötige Abgrenzung zu verfassungsgesetzlich gewähr­leisteten Rechten gesorgt.

Dies gilt auch für den Tatbestand der Aufforderung zu terroristischen Straftaten und des Gutheißens terroristischer Straftaten, der nunmehr insofern klarer gefasst wird, als die Empörung des öffentlichen Rechtsempfindens nicht mehr strafbarkeitsbegründend wirken soll. Äußerungen, die keine Gefahr der Begehung einer terroristischen Straftat hervorrufen, sind daher nicht strafbar, wohl aber die gravierenden Erscheinungs­formen des Hasspredigers in einer den Terror verherrlichenden Art und Weise, die zur Nachahmung aufstachelt.

Herr Abgeordneter Steinhauser hat kritisiert, dass diese Änderungen nur zu dem Zweck eingeführt werden, das Mittel des sogenannten großen Späh- und Lauschan­griffes breiter einsetzen zu können. Das ist nur insoweit richtig, als sich die Erweiterung der terroristischen Straftaten um den Tatbestand der Aufforderung zu terroristischen Straftaten mittelbar auf den Tatbestand der terroristischen Vereinigung auswirkt. Freilich muss realistischerweise auch bemerkt werden, dass sich in der Ermittlungs­realität kaum eine Vereinigung darstellen lässt, die sich ausschließlich diesen Hand­lungen widmet. (Abg. Mag. Steinhauser: Tierschützer!) Dem Hohen Haus liegt darüber hinaus jedes Jahr der Bericht über die Anwendung besonderer Ermittlungs­maß­nahmen vor. Aus diesem Bericht ergibt sich, dass vom großen Späh- und Lauschangriff durchschnittlich ein bis drei Mal jährlich Gebrauch gemacht wird. Staats­anwaltschaften und Gerichte beweisen auch hier einen verhältnismäßigen Umgang mit den Grundrechtseingriffen. (Abg. Mag. Steinhauser: Tierschützer!)


In diesem Sinn darf ich Sie einladen, dem zur Beschlussfassung anstehenden Geset­zes­vorschlag auch Ihre Stimme zu geben, denn ein gleichfalls vorliegender Ent­schließungsantrag betreffend Evaluierung des § 278a StGB unterstützt meine Haltung und mein Verständnis moderner Strafrechtspolitik, die sich niemals mit Gewohntem zufriedengeben darf. Ich bin hier über den uns erteilten Arbeitsauftrag sehr froh, weil wir dadurch die Grundlage für eine zukunftsorientierte Debatte über Ziel und Wirkun­gen sogenannter Organisationsdelikte bekommen werden und sodann auch klarer sehen können, in welche Richtung wir Verbesserungen vornehmen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte. (Abg. Grosz: Totenruhe bei der SPÖ! – Abg. Mag. Stadler: Schockiertes Schwei­gen!)

 


0.05.19

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Während uns heute Herr Kollege Stadler – nicht zum allerersten Mal und doch auch immer irgendwie belustigend – als selbsternannter Spitzenjurist wieder eine Darstellung geboten hat, die zeigt, dass er – ich bin ja keine Psychologin, aber ich würde das gern einmal untersuchen lassen – ein tief gehendes, lang anhaltendes und immer wieder geäußertes Unwohlsein in Gegenwart von und mit Frauen hat (Abg. Scheibner: Ach so, jetzt wollt ihr eure Kritiker schon psychiatrieren lassen?), die etwas anderes tun (Abg. Mag. Stadler: Jetzt gebt ihr den Rest ...!), als Mütter zu sein oder ihn zu bekochen (Zwischenrufe beim BZÖ) – das schlägt nämlich in Ihren Redebeiträgen, Herr Kollege, sehr, sehr häufig und auffallend oft durch. (Abg. Mag. Stadler: ... eine totalitäre Gesinnung!) Aber es sind ja auch noch andere Teile der heutigen Debatte einigermaßen bemerkenswert. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wenn Herr Kollege Steinhauser Kritik daran übt, dass die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (Abg. Grosz: Wollen Sie ihn zwangseinweisen auch noch, den Herrn Stadler?), wenn sie in einem Vorlesungssaal geschieht, wo sich jemand hinstellt und demonstriert, wie man eine Bombe baut und wo man sie am besten hinwirft (Abg. Mag. Stadler: Welche politischen Gegner wollen Sie denn sonst noch psychiatrieren und einweisen?), um möglichst viele Menschen zu verletzen, dann sind wir uns garantiert einig darüber, dass so etwas nicht passieren darf. (Abg. Mag. Stadler: Wollen Sie auch eine Liste darüber machen?) Wenn das ganz Gleiche in einem YouTube-Film im Internet gezeigt wird, mit den gleichen Erläuterungen, dann soll so etwas möglich und nicht strafbar sein? (Abg. Mag. Stadler: Oder haben Sie schon eine Liste?) Und dann sagen Sie, das soll nur die Möglichkeit bieten, zu ermitteln – ja natürlich ...

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Stadler! Zwischenrufe können dann wesentlich sein, wenn sie zum Diskussionsinhalt gehören. (Abg. Mag. Stadler: Ich will nur wissen, wie lang die Liste ist!) Ihre Zwischenrufe stören den Redner. Das ist kein wertschätzender Beitrag eines Zwischenrufes! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Wir wollen ja nur wissen, wen die Frau Abgeordnete psychi­atrieren will!)

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (fortsetzend): Wenn das Gleiche im Internet gemacht wird, dann soll es plötzlich straffrei sein? – Das kann es ja nicht sein! (Anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ.) Ja, und selbstverständlich muss, wenn zum Zwecke einer terroristischen Handlung – und so einschränkend ist das im Gesetz formuliert – so etwas im Internet gezeigt wird, ermittelt werden! Wenn wir eine Leiche finden, ermitteln wir auch gegen unbekannt, deswegen, weil Mord strafbar ist; vielleicht ist der Tote aber auch einfach nur an einem Herzinfarkt gestorben. Im Internet, wenn jemand Bomben bastelt und Anleitungen zur Verfügung stellt, bin ich auch froh, wenn ermittelt wird, denn das darf es doch in Österreich nicht geben! Wenigstens so weit sollten wir Einigkeit haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident! Wie lang ist die ÖVP-Liste der politischen Gegner, die psychiatriert werden sollen? Kann man die einmal haben, die Liste?)

 


0.08.13

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! (Abg. Grosz: ... Entmündigungsliste von der Justiz?) Herr Kollege Stadler, ganz ohne Aufregung, ganz ohne Emotionen: Schauen wir uns das einmal in Ruhe an! Es geht beim § 283 einfach nicht um die Beschneidung von irgendwelchen Meinungsfreiheiten. Es geht auch nicht um irgendwelche pole­mischen, satirischen Übertreibungen beim Kritisieren von Gruppen. Und der Herr Sarrazin braucht sich nicht zu fürchten: Er wurde bis jetzt nicht angezeigt aufgrund des bestehenden § 283 (Abg. Dr. Graf: Weil er SPD-Mitglied ist!) und wird das auch in Zukunft nicht erleben müssen. (Abg. Dr. Graf: Eine Anzeige ist schnell gemacht ...!)

Der neue Paragraph unterscheidet sich kaum vom alten. (Abg. Dr. Graf: Das heißt genau nichts!) Worin unterscheidet er sich? – Es geht um Verhetzung. Es geht um Verhetzung, und die führt – das wissen wir historisch, wir haben genug Beispiele – zu unangenehmen Taten. Daher wollen wir das natürlich auch im Strafgesetzbuch so haben, dass Verhetzung verfolgt wird, da sind wir uns, glaube ich, einig.

Was ist der Unterschied im neuen Gesetz? – Der Unterschied ist, dass bisher die diskriminierten Gruppen bezogen waren auf Religion, auf Staat und Volk. Und jetzt sind eben noch andere Diskriminierungsgruppierungen dabei, jetzt sind noch das Ge­


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schlecht und die Behinderung und das Alter dazu gekommen. Also mit einem Wort, jetzt wird auch jemand unter Strafe gestellt, der dazu auffordert, Gewalt gegen Blinde auszuüben, wenn Sie so wollen, oder der Pensionisten eingesperrt haben will. (Abg. Dr. Graf: Oder die Freiheitlichen!) Das ist doch ganz vernünftig und entspricht durch­aus allen Antidiskriminierungsgesetzen, die wir sonst haben.

Allerdings ist dieser Abs. 1 zwischen der Regierungsvorlage und dem, was wir jetzt durch den Abänderungsantrag bekommen, schon wieder abgeschwächt. Und warum ist er abgeschwächt? – Durch das Gezeter und Gezerre der rechten Parteien im Ausschuss! Die Änderungen wären überhaupt nicht notwendig gewesen.

Wir sehen jetzt im Abs. 1, dass nicht nur die, die zur Gewalt auffordern, unter Strafe gestellt wurden, sondern ursprünglich war im Regierungsvorschlag auch vorgesehen, dass der Aufruf, feindselige Handlungen zu begehen, unter Strafe gestellt war. Das ist jetzt plötzlich weggefallen, und da frage ich mich schon, warum, denn die feindseligen Handlungen sind nämlich wirtschaftlicher Boykott beziehungsweise gesellschaftlicher Boykott. Wenn also in Zukunft jemand zum wirtschaftlichen Boykott aufruft, dann ist der jetzt straffrei. (Abg. Mag. Stadler: ... den WKR-Ball stört!)

Herr Kollege Stadler, wenn jemand zum Beispiel sagt, „kauft nicht bei Christen“, dann kann er das heute ohne Strafe tun. (Abg. Mag. Stadler: ... wenn jemand den WKR-Ball stört!) „Liebe Kinder, spielt nicht mit Behinderten!“ (Abg. Mag. Stadler: Geht nicht zum WKR-Ball!) Das kann man heute sagen. In der ursprünglichen Regierungsvorlage war nämlich drinnen, dass auch das unter Strafe gestellt hätte werden sollen – durchaus auch eine Möglichkeit der Verhetzung (Ruf bei der FPÖ: Aber einen Scherz kann man machen!), so wie auch der gesamte Abs. 2 radikal zurückgeführt wurde; er ist jetzt sogar schlechter als das ursprüngliche Gesetz.

Es gibt für Sie überhaupt keinen Grund, dem nicht zuzustimmen. Es ist eher eine Abschwächung verglichen zu dem, was bisher war. (Abg. Mag. Stadler: ... stimmt ihr zu!) – Wir stimmen deswegen zu, weil andere Diskriminierungsgruppen hineingenom­men wurden, und das ist immerhin ein kleiner Fortschritt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


0.11.31

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ein kleiner, aber wichtiger Teil geht bei dieser Debatte sicher unter. Ich möchte mich diesem Teil widmen, nämlich der Strafprozessordnung, vor allem dem § 123.

Die Regierungsfraktionen haben ja in ihr Regierungsprogramm aufgenommen, dass man statt dieser oft lange Monate andauernde Unsicherheit unserer Polizistinnen, Polizi­sten, Justizwachebeamtinnen und -beamten – allen, die in Einsätzen mit infizier­tem Blut in Berührung kommen – Untersuchungen durchführt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, im Interesse unseres Personals, unserer Kolleginnen und Kollegen, ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Frau Bundesministerin! Ich möchte die Gelegenheit nützen, mich bei Ihnen, bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums – wir hatten lange Diskus­sionen (Abg. Petzner: Bedanken!) –, aber auch beim Vorsitzenden des Justiz­ausschusses und bei unserem Justizsprecher sehr herzlich zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Petzner.)


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Stellen Sie sich vor, Sie müssen monatelang mit Ihrer Familie zu Hause schwerste Medikamente nehmen und zittern, ob Sie jetzt wirklich angesteckt sind oder nicht! Ich glaube, das sollte man sich wirklich einmal durch den Kopf gehen lassen, und es ist höchst an der Zeit, dass wir hier auch Verantwortung zeigen für unsere Kolleginnen und Kollegen.

Ich darf für diese wichtige Gesetzesmaterie folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses 1422 d.B.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus geändert wird (Terrorismuspräventionsgesetz 2010), sowie die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1422 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung) wird wie folgt geändert:

a) Z 3 entfällt.

b) Die Z 4 erhält die Bezeichnung „3.“ und lautet:

3. § 514 wird folgender Abs. 18 angefügt:

„(18) Die §§ 30 Abs. 1 Z 5a, 5b, 6a, 8a und 8b und 123 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

*****

Ich lade Sie dazu ein, im Interesse der Rechtssicherheit, im Interesse der Gesundheit und des Schutzes unserer Kolleginnen und Kollegen diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.14


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses 1422 d.B. über die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus (Terrorismuspräventionsgesetz 2010) geändert wird, sowie über die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozess­ord­nung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 316

Die Regierungsvorlage (674 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch zur Verhinderung von Terrorismus geändert wird (Terrorismuspräventionsgesetz 2010), sowie die Regierungsvorlage (1392 der Beilagen) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der Umwelt geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (1422 d.B.) wird wie folgt geändert:

Artikel 2 (Änderung der Strafprozessordnung) wird wie folgt geändert:

a) Z 3 entfällt.

b) Die Z 4 erhält die Bezeichnung „3.“ und lautet:

3. § 514 wird folgender Abs. 18 angefügt:

„(18) Die §§ 30 Abs. 1 Z 5a, 5b, 6a, 8a und 8b und 123 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“

Begründung

Zu Artikel 2 Z 2 und 3 (§ 123 Abs. 4 StPO):

Die vorgeschlagene Erweiterung der Fälle einer Blutabnahme bliebe wirkungslos, wenn es der Kriminalpolizei nicht möglich wäre, diese auch unter den Bedingungen des § 93 StPO mit verhältnismäßigen Zwangsmitteln (zwangsweise Vorführung zum Arzt) durchzusetzen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 


0.14.48

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Bei aller Kritik, die hier heute schon geäußert wurde, bei aller kontroversiell geführten Diskussion, eines darf und eines muss man an dieser Stelle festhalten, ganz egal, wie man zu diesem Paket steht: Es bringt ein Stück mehr Sicherheit für Österreich, ein Stück mehr Sicherheit für unsere Heimat. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Justiz hat mit diesen Maßnahmen die Möglichkeit, terroristischen Bedrohungs­szenarien mit aller nötigen Entschlossenheit entgegenzuwirken. (Abg. Grosz: ... Bedrohungsszenario geht von der ÖVP aus!) Das Signal, das heute von diesem Haus ausgeht, das dieses Haus heute verlässt, kann klarer und deutlicher kaum sein: Öster­reich wird juristisch und politisch im Kampf gegen terroristische Bedrohungen, im Kampf – ganz speziell – gegen militante islamische terroristische Bedrohungen nicht nachlassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Zur Kritik: Sicherheit hat einen Preis, das ist gar keine Frage. Ein Mehr an Sicherheit hat natürlich einen höheren Preis, aber heute plötzlich das Ende von Grund- und Freiheitsrechten herbeireden zu wollen, wäre fahrlässig und ist auch nicht richtig. Der Staat hat nämlich eine vordringliche Aufgabe. Der Staat hat die Aufgabe, seine Bürger zu schützen. Das ist ein Bürgerrecht, auf das auch die Österreicherinnen und Österreicher ein Anrecht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist prinzipiell ein sehr starkes Indiz dafür, dass wir das Richtige tun, wenn sowohl die Grünen als auch das BZÖ als auch die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 317

FPÖ diese Maßnahmen kritisieren. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Dann sind wir dort, wo wir hingehören: in der politischen Mitte. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Grosz.)

Kollege Stadler, abgesehen davon, dass Ihre arroganten und diskreditierenden Äuße­rungen für den Großteil dieses Hauses langsam unerträglich werden (Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz, Mag. Stefan, Mag. Stadler und Petzner), darf ich Ihnen eines mitgeben: Ich kenne den Kollegen Grosz nun schon viele, viele Jahre, und wenn mich heute jemand fragen würde, ob ich es für möglich halte, dass Kollege Grosz dem Kollegen Singer diesen Brief unterschiebt, nur um mediale Aufmerksamkeit zu bekom­men, ich würde zögern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das gibt es ja nicht!)

0.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Abg. Grosz: ... in den ÖVP-Klub eingebrochen! Zuerst bin ich einmal in das Justizministerium eingebrochen und habe Pilnacek den Brief gefladert, und dann habe ich ihn euch gegeben ...! – Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

Herr Abgeordneter Maier ist am Wort! (Abg. Grosz: Ich habe bei euch einge­brochen ...!)

 


0.17.29

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Grosz: Ich habe bei euch einge­brochen! Sie bekommen eine Selbstanzeige!) Wir diskutieren heute eine Vorlage, die mehrere zentrale Punkte beinhaltet, und ich bedauere, dass meine Vorredner bisher einen ganz wesentlichen Punkt nicht berücksichtigt haben, nämlich die Erweiterung des Umweltstrafrechtes. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Grosz. – Unruhe im Saal.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Bestimmungen sind aus­drücklich zu begrüßen. Sie ergänzen die bestehenden umweltstrafrechtlichen Bestimmungen. Kollege Pendl hat bereits sehr klar und sehr deutlich auf die Notwendigkeit verwiesen, die Strafprozessordnung im Sinne unserer Beamten zu ändern. Ich darf Sie wirklich einladen, dieser neuen Regelung zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Was nun die strafrechtlichen Bestimmungen betrifft – insbesondere den § 283 StGB – muss man eines festhalten: Bei strafrechtlichen Bestimmungen geht es immer um eine Abwägung zu den Grund- und Freiheitsrechten. Hohes Haus! Die Debatte, ob hier die Meinungsfreiheit gefährdet ist, werden wir immer wieder führen müssen.

Lassen Sie mich aber eines klar sagen: Im Internet gibt es Hassparolen und Aufrufe zu Gewalt. Viele Online-Foren, nicht nur von österreichischen Medien, sind zu geschütz­ten Werkstätten für Schmähungen und Verhetzungen geworden. Dagegen muss der Staat etwas unternehmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Der § 283 StGB gibt uns beziehungsweise der Justiz die Möglichkeit, die entsprechenden Schritte zu setzen.

Abschließend eine Feststellung: Meinungsfreiheit darf nie als Deckmantel für Verhet­zung verwendet werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte. (Rufe beim BZÖ: ... die Hakl-Liste! – Abg. Grosz: Haben Sie eh die Hakl-Liste? –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 318

Abg. Hammer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich habe keine Liste, ich habe nur mein Redemanuskript mit, auf wunderschönem ÖVP-Briefpapier, wenn Sie es wissen wollen! – Abg. Grosz: Solange es nicht meine ...!)

 


0.19.40

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! (Zwischenrufe des Abg. Grosz.) – Sie können lang dazwischenrufen, ich werde meine Rede ordentlich durchführen. Ihr könnt tun, was ihr wollt. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch wenn bei uns in Österreich die Terrorgefahr nicht besonders hoch ist, sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass Terrorismusprävention ein Gebot der Stunde ist und dass es unsere höchste Aufgabe ist, hier entsprechend entschiedene Schritte zu setzen. Als Präsident des Oberösterreichischen Zivilschutzverbandes weiß ich, dass sich die Menschen bei uns in Österreich grundsätzlich sehr sicher fühlen, und – das möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen – das ist ein Ergebnis der konsequenten Sicherheitspolitik der ÖVP-Innenministerin in den letzten Jahren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn man die Menschen fragt, wovor sie am ehesten Angst haben, dann sind das immer wieder zwei Szenarien, die von der Bevölkerung genannt werden: Das eine ist die Angst vor Gefahren durch Atomreaktorunfälle, und das andere sind Gefahren durch Terrorismusanschläge. Ich glaube, in beiden Angelegenheiten sollen wir konsequent entscheiden.

Wir bekennen uns auf der einen Seite natürlich zum Atomausstieg und auf der anderen Seite zu einer konsequenten Terrorismusprävention. Ich glaube, es braucht jetzt einen entschiedenen Schritt, und den werden wir heute mit diesem Paket setzen, damit die Justiz gegen terroristische Handlungen auch entsprechend vorgehen kann.

Es wurde heute viel diskutiert, und ich glaube, niemand, der redlich ist – und es ist kein Angriff auf die Meinungsfreiheit –, muss Angst haben, belangt zu werden. Das Gesetz ist genau darauf abgestellt, dass wir die erwischen, die wir erwischen wollen, nämlich die, die Terrorismusaktionen gutheißen, die dazu aufhetzen. Sie wollen wir erwischen, und sie sollen wir erwischen. Das ist aber kein Angriff auf die Meinungsfreiheit, und es wird keinen erwischen, der Gutes im Schilde führt.

Ich glaube, dieses Paket ist ein wichtiger und richtiger Schritt, den wir setzen wollen. Das sind wir der Bevölkerung schuldig, und es wird einen weiteren Schritt im Bereich Sicherheit für die Menschen bringen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte. (Abg. Grosz: Und dann habe ich auch noch in derselben Nacht ...! ... einem Geist! Singer, Singer, lies vor, lies vor!)

 


0.22.21

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Skandalöse Video-Auftritte, „Mohammed M. hetzt weiter“ oder „Österreichischer Islamist nach Freilassung“ sofort „wieder aktiv“ (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan) – so oder ähnlich titelten die österreichischen Medien vergangene Woche über jenen Mann, der nach einer vierjährigen Haftstrafe seit Kurzem wieder in Freiheit ist. (Ruf bei der FPÖ: Vorzeitig!)

Diese Meldungen erschrecken und verstören. Sie zeigen aber auch, wie wichtig es geworden ist, endlich klare gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die geeignet sind, derartige Aktivitäten umgehend im Keim zu ersticken. Dieses Terrorismuspräven­tionsgesetz ist auch deshalb so wichtig geworden, weil es – wie zahlreiche interna­


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tionale Medien berichten – immer mehr junge, offenbar fehlgeleitete Europäer gibt, die sich in Terrorcamps in muslimischen Ländern ausbilden lassen. In Hinkunft wird also nicht nur die Teilnahme an einem Terrorcamp im In- und Ausland zu einem Straftat­bestand, sondern auch die Ausbildung für terroristische Zwecke, die Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat sowie die Aufforderung zu und die Gutheißung von terroristischen Straftaten unter Strafe gestellt. Damit werden Menschen wie Mohammed M. in Hinkunft wohl besser überlegen müssen, was sie im Internet verbreiten, um nicht wieder für mehrere Jahre hinter Schloss und Riegel zu landen.

Geschätzte Damen und Herren! Ein Rechtsstaat europäischer Prägung muss sich gegen jede Aktivität, welche diesen Rechtsstaat gefährden könnte, wappnen. Das ist mit dem heutigen Gesetz geschehen. Das soll uns aber auch sensibel machen, und das soll uns penibel darauf achten lassen, dass derartige Gesetze in den bereits erwähnten Bereichen auch tatsächlich zur Anwendung kommen.

Es kann und es darf nicht sein, dass durch ein Gesetz, das zur Terrorabwehr dienen soll, die grundsätzliche Freiheit der Meinungsäußerung in Österreich gefährdet wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.24

00.24.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 45.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen sowie zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfs folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teiles des Entwurfs abstimmen lassen.

Wir kommen daher zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 11 bis 13 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 14.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 15.

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit, ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 320

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 15.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 2.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für den Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1422 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 203.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Verjährungsfristen von sexuellen Übergriffen auf Minderjährige.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. (Abg. Krainer: Ist ja gar nicht da, der Bucher!) – Der Antrag findet keine Mehrheit. Abgelehnt. (Ruf beim BZÖ: Viel reden, aber dagegen stimmen!)

00.27.3146. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1660/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung geändert wird (1423 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe den 46. Punkt der Tagesordnung auf.

Ich mache darauf aufmerksam, es gibt lediglich zwei Wortmeldungen und dann die Abstimmung.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


0.28.00

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann es kurz machen, es ist eine einvernehmliche Materie. Es geht darum, dass der Europäische Gerichtshof am 24. Mai 2011 einen Passus im österreichischen Notariatsgesetz als nicht mit EU-Gesetz vereinbar erkannt hat, nämlich die Staatsangehörigkeitsvoraussetzung für den Zugang zum Beruf des Notars.

Mit diesem Gesetz, mit dieser Gesetzesänderung schaffen wir sozusagen wieder eine EU-Gesetz-gemäße Rechtsordnung, indem wir in der Notariatsordnung und in verschiedenen anderen Materien diese Voraussetzung der Staatsangehörigkeit entfernen, aber auch ganz klar die Arbeit der Notare weiterhin als eine öffentliche


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Aufgabe definieren. Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Beginnen Sie mit dem Schlusssatz!)

 


0.29.00

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege hat ja die Begründung, warum wir diese Novelle beschließen, schon genannt. Ich denke, es ist auch wichtig, dass man sich überlegt, welche Auswirkungen so eine Umsetzung hat.

Welche Auswirkungen hat es auf das österreichische Notariatssystem, wenn wir hier heute ein EuGH-Urteil umsetzen? – Kurzfristig hat es wahrscheinlich keine Auswir­kungen, weil die Wartelisten bei den Notariatskandidaten sehr, sehr lang sind, aber mittelfristig wird es eine Verbesserung geben: Vorteile durch die erweiterte Sprach­kompetenz bei den Notaren und die Vertrautheit mit dem ausländischen Rechtssystem.

Ein Beispiel nur: Wenn ein Österreicher oder eine Österreicherin in Holland ein Grundstück erbt oder ein Rechtsgeschäft tätigt, besteht in Zukunft die Möglichkeit, sich auch von Österreich aus einen holländischen Notar zu nehmen, der mit Sprache und Rechtssystem dort vertraut ist – das ist ein Vorteil. Für Juristinnen und Juristen bei uns wiederum besteht die Möglichkeit, den Beruf des Notars künftig in ganz Europa auszuüben, es sind also Aufstiegschancen gegeben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

0.30

00.30.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 46: Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1423 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmen, bitte ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

00.31.0447. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1408 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Moldau über soziale Sicherheit (1426 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 47. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


0.31.22

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch ich werde das jetzt kurz halten. Durch das vorliegende Abkommen mit Moldau soll ein weitgehender Schutz im Bereich der Pensions­versicherung durch die Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Erwerb von Leistungsan­


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sprüchen, die Pensionsfeststellung entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurück­gelegten Versicherungszeiten und den Leistungsexport sichergestellt werden.

Grundsätzlich sind Sozialversicherungsabkommen positiv zu bewerten. Auch beim vorliegenden Abkommen ist die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Erwerb von Leistungsansprüchen in der Pensionsversicherung grundsätzlich zu be­grüßen. Mit dem vorliegenden Abkommen sind jedoch ungeklärte Fragen verbunden, sodass unsere Zustimmung hiezu nicht gegeben werden kann. Das Abkommen bezieht sich auf ausdrücklichen Wunsch der Republik Moldau nur auf den Bereich der Pensionsversicherung und die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei grenzüber­schrei­tender Erwerbstätigkeit. Die Frage ist, warum die Republik Moldau nicht auch die Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung, die üblicherweise in den mit euro­päischen Staaten geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit enthalten sind, miteinbeziehen will. In der Regierungsvorlage wird keine Begründung dafür ange­geben. Ein Gesamtpaket erschiene mir jedoch wesentlich sinnvoller.

Weiters gibt es keine Angaben dazu, wie viele österreichische Staatsbürger in der Republik Moldau arbeiten. Auch eine Kostenaufstellung für die Republik Moldau wäre notwendig, um zu bewerten, ob Österreich aus diesem Abkommen auch etwas profitiert oder ob uns nur Kosten entstehen. Wo bleibt da das Gegenseitigkeitsprinzip? Weshalb also braucht Österreich dieses Abkommen?

Zu viele Fragen sind offen. Es sind keine Daten dazu vorhanden, welche Kosten ent­stehen. Meine Damen und Herren! Die FPÖ-Fraktion kann daher leider nicht zustim­men. (Beifall bei der FPÖ.)

0.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


0.33.24

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sehr geschätzter Kollege Karlsböck, ich habe den Eindruck, Sie waren nicht im Sozialausschuss oder haben dort nicht zugehört. (Abg. Öllinger: Er hat nicht aufgepasst!) Der Herr Bundesminister hat sehr deutlich gesagt, dass es der ausdrückliche Wunsch der Republik Moldau war, dass im Sozialabkommen nur der Bereich Pensionsversicherung abgedeckt werden soll. Im Übrigen entspricht dieses Abkommen genau jenen Abkommen, die Österreich im Laufe der letzten Monate und auch im vergangenen Jahr mit anderen Staaten abgeschlossen hat.

Wir haben im Ausschuss sehr ausführlich darüber diskutiert. Es ist eine gute Vorlage, die sicherstellt, dass den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Leistungen, die sie in unterschiedlichen Ländern, in dem Fall in den beiden Vertragsländern, erbringen, für die Pensionen angerechnet werden. Das Abkommen bietet aber auch Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, österreichischen Firmen, die als Investoren nach Moldau gehen, oder auch im umgekehrten Fall, ganz einfach den Vorteil, dass sie eine klarere Rechts­stellung haben und dass vor allem auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht doppelt Versicherungsbeiträge zahlen müssen. Eine gute, eine klare Regierungsvor­lage für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für Investoren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

0.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 323

0.34.54

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Politik ist keine einfache Sache. Das weiß jeder. Ich bin ein bissel verwundert über die Fragen, die da jetzt plötzlich wieder aufgetaucht sind. Wir haben das im Ausschuss wirklich ausreichend diskutiert und sind beispiels­weise auch darüber unterrichtet worden, dass es der Wunsch beider Vertrags­parteien – der Republik Moldau und der Republik Österreich – war, dieses soziale Abkom­men abzuschließen. Es geht um die Pensionsversicherung. Im Ausschuss ist auch erklärt worden, warum für die Kranken- und Unfallversicherung kein Abkommen zustande gekommen ist. Zur Kostenfrage sind im Vorblatt und in den erläuternden Bemerkungen Informationen enthalten – 138 000 € in vier Jahren. Es sind also die Fragen klar dargestellt beziehungsweise beantwortet.

Das Abkommen ist eine gute Maßnahme, die nicht nur den Beschäftigten nützt. Im Ausschuss ist auch klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die Anzahl derer, die aus Moldau stammen und bei uns arbeiten und verdienen, und derjenigen von uns, die in Moldau arbeiten, annähernd gleich ist. Im Grunde genommen ist es also eine vernünftige Angelegenheit, der wir natürlich unsere Zustimmung erteilen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


0.36.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir vom BZÖ werden das Abkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Moldau unterstützen, weil es die Rechtsbeziehungen zwi­schen den Staaten Österreich und Moldau im Bereich der Pensionsversicherung neu regelt. Es entspricht ja den Abkommen, wie sie auch mit Polen, Rumänien, Tschechien und der Slowakei getroffen wurden. Es betrifft momentan 345 moldauische und 300 österreichische Staatsbürger. Ich bedauere – das muss ich sagen –, dass die Kranken­versicherung nicht mit enthalten ist, weil die moldauische Krankenversicherung die Abrechnung ganz einfach nicht schafft beziehungsweise sich das nicht leisten kann. Neben der Vereinheitlichung der Berechnungsschritte für alle zwischenstaatlichen Fälle beinhaltet das Abkommen weitere wesentliche Vorteile wie zum Beispiel für die Auskunftserteilung und Informationspolitik der Pensionsversicherung. (Beifall beim BZÖ.)

0.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


0.37.32

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz: Herr Abgeord­neter Dolinschek hat soeben wesentliche Teile des Abkommens erwähnt, wie beispielsweise auch den gesicherten Datenaustausch. Sie von den Freiheitlichen sind ja angeblich immer so dafür, dass man Daten austauscht. – Angeblich!

Herr Karlsböck! Sagen Sie doch die Wahrheit: Sie wollen es einfach nicht – denn alle Auskünfte, die Sie hier an diesem Rednerpult verlangt haben, stehen im Protokoll des Ausschusses. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 324

0.38.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde in meinem Beitrag zum nächsten Tagesordnungspunkt ohnehin noch darauf eingehen. So viel vorweg: Ich habe immer noch die Hoffnung, dass wir in Ausschüssen voneinander lernen können. In dem Sinn war die Frage des Abgeordneten Karlsböck beziehungsweise eines seiner Kollegen im Ausschuss ja völlig gerechtfertigt: Er wollte etwas wissen – und hat eine Auskunft erhalten.

Darum verstehe ich absolut nicht, dass Abgeordneter Karlsböck jetzt hier herausgeht und so tut, als ob er keine Auskunft erhalten hätte. Und dann schiebt er jetzt auch noch nach, er möchte gerne wissen, ob Österreich von einem Abkommen zur sozialen Sicherheit zwischen Österreich und Moldawien – Zitat Karlsböck – profitiert. – Na, Entschuldigung! Schämen sollten Sie sich! (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

0.39

00.39.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 47. – Kollege Stumm­voll! (Abg. Dr. Stummvoll steht im Gang zwischen den Bankreihen und nimmt erst jetzt seinen Sitzplatz ein.) – Danke –:

Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des gegen­ständlichen Staatsvertrages in 1408 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

00.39.4848. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1671/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend neue Wege in der Behinderteneinstellungspolitik (1427 d.B.)

49. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 111/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Interes­senvertretung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen (1428 d.B.)

50. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 131/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetz­liche Verankerung der Werkstättenräte (1429 d.B.)

51. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 701/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpas­sung der Funktionsdauer der Behindertenvertreter im öffentlichen Dienst an die Funktionsdauer der Personalvertreter (1430 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 325

52. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 227/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwer­höri­genarbeit in Österreich (1431 d.B.)

53. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 603/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aner­kennung von Blindenführhunden als medizinische Rehabilitationsmaß­nahme (1432 d.B.)

54. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 719/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Blindenführhundeausbildung nach Schweizer Vorbild (1433 d.B.)

55. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 921/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aner­kennung von Blindenführhunden als medizinische Rehabilitationsmaßnahme (1434 d.B.)

56. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 937/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Etablierung eines bundesweit einheitlichen Systems zur Bewilligung der Finanzierung von Hilfsmitteln und Rehabilitationsgeräten für chronisch behinderte Kinder (1435 d.B.)

57. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1386/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfas­sende Verbesserungen im Behindertenbereich (1436 d.B.)

58. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 104/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstel­lung eines Plans zum Abbau baulicher Barrieren für die vom BMLV genutzten Gebäude (1437 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 326

59. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 110/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Versehen der Etappenpläne zum Abbau baulicher Barrieren mit Zeitplänen (1438 d.B.)

60. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1620/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evalu­ierung Barrierefreiheit und Behindertenbetreuung bei den ÖBB (1439 d.B.)

61. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 781/A(E) der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiter­entwicklung des Behindertengleichstellungsrechtes und der daraus resultie­renden Bündelgesetze (1440 d.B.)

62. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1634/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flan­kierung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen im Versiche­rungs­vertragsrecht (1441 d.B.)

63. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 106/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­gütung von 20 Prozent des Kaufpreises bei der Anschaffung von Kraftfahr­zeugen durch Behinderte (1442 d.B.)

64. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1528/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Recht auf Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO für blinde und stark sehbehinderte Menschen (1443 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 48 bis 64 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


 0.40.09

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist dies eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 327

Fülle von Anträgen, die zur Debatte stehen, die sich im Großen und Ganzen alle mit den Problemen behinderter Menschen befassen.

Ich möchte gleich mit meinem eigenen Antrag beginnen. Da geht es darum, dass es die Ausgleichstaxe gibt. Diese wurde für Betriebe geschaffen, die nicht in der Lage sind, einen behinderten Menschen einzustellen. Jetzt möchte ich das manchen Betrie­ben gerne zugestehen: Schwerarbeitsbetrieben, Metallbetrieben, vielleicht auch noch Autowerkstätten, wo auch immer körperliche Arbeit verlangt wird. Nicht nachvollziehen kann ich aber, dass sich da gerade der Bund seiner Verantwortung entzieht und viel lieber die Ausgleichstaxen zahlt.

Und wenn wir jetzt schon so viel vom Ausschuss gesprochen haben, dann möchte ich das Argument einer Kollegin aus dem Ausschuss bringen, die gesagt hat: Dann ist ja der Fonds leer. Also das kann ja nicht das Ziel sein.

Ich glaube, diese Ausgleichstaxe wurde ursprünglich eingeführt, um einen Lenkungs­effekt zu erzielen. Und es kann nicht sein, dass sich der Bund hier ausnimmt, dass der Bund keine behinderten Menschen einstellt. Das kann nicht sein! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Daher finde ich es umso schäbiger, meine Damen und Herren, dass gerade Sie von den Regierungsparteien diesem Antrag nicht zugestimmt haben. Es zeigt sich jetzt immer wieder, dass sich viele Betriebe bemühen, Behinderte einzustellen. Dies im Gegensatz zum Bund, der zahlt viel lieber die Ausgleichstaxen. Und das ist ein falscher Weg. Daher haben wir den Antrag eingebracht, dass das nicht mehr sein kann, dass sich der Bund nicht mehr dem Ganzen entziehen kann, keine Ausgleichstaxen mehr zahlen kann. Und wenn er eben keinen Behinderten einstellt, dann soll er, bitte schön, diese ganze Planstelle einfach nicht mehr besetzen. Das wäre einmal ein Zeichen in Richtung der behinderten Menschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiterer Antrag – und das ist eine langjährige Forderung; das ist etwas, wozu wir uns auch absolut bekennen – befasst sich mit dem Selbstbestimmungsrecht behin­derter Menschen. Das ist der Antrag meines Kollegen Hofer, der möchte, dass für die Menschen, die in den Arbeitswerkstätten arbeiten, die mit einem Taschengeld abge­speist werden – in Wirklichkeit ist das eine Schande für die Republik Österreich –, endlich auch Sozial- und Pensionsversicherung bezahlt wird, damit diese auch die Möglichkeit haben, ein selbständiges Leben zu führen.

Herr Bundesminister, ich kann nicht verstehen, warum Sie das nicht endlich angehen und warum das in Österreich noch nicht umgesetzt ist. Das kann nicht sein! Wir können nicht eine Gruppe von Menschen arbeiten lassen und diese mit einem Taschen­geld abspeisen, die dann keinerlei Rechte haben. Das zeigt sich auch in den weiteren Anträgen, die anzusprechen jetzt nicht mehr die Zeit ist.

Aber da geht es zum Beispiel auch um die Interessenvertretungen, die solche Men­schen dann in der Arbeiterkammer nicht haben. Und dann kann es schon sein, dass Herr Kollege Klikovits im Ausschuss erklärt: Das geschieht ja ohnehin, da wird sowieso niemand weggeschickt! – Da soll ein Rechtsanspruch bestehen! Und genau das ist es, was wir fordern, dass es eine absolute Gleichstellung zwischen den sogenannten nichtbehinderten und den behinderten Menschen gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht zum Beispiel auch um den baulichen Abbau von Barrieren in den Ministerien. Herr Bundesminister, Sie haben im Ausschuss erwähnt: Wenn das Bundesministerium für Landesverteidigung es nicht schafft, dann wird es halt die Strafe zahlen! – Wir haben jetzt noch einmal nachgelesen, ganz so ist es nicht, wie Sie uns das erklärt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 328

haben, denn das Bundesministerium für Landesverteidigung ist ebenso wie alle ande­ren Bundesministerien verpflichtet, die Teiletappenpläne auch vorzulegen. Und das hat das Bundesministerium für Landesverteidigung noch nicht gemacht. Daher war Ihre Aussage im Ausschuss nur zur Hälfte richtig. (Beifall bei der FPÖ.)

0.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


0.43.54

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt leider nur 3 Minuten Redezeit, darum kann ich nicht auf alle Argumente der Kollegin Belakowitsch-Jenewein eingehen.

Ich möchte nur zu dem ersten Antrag, den Sie angesprochen haben, Frau Kollegin, betreffend die Ausgleichstaxe des Bundes schon richtig stellen, dass ich nicht gesagt habe, dass es nur zu einem Entfall des Betrages im Ausgleichstaxfonds kommen würde – ich habe das nicht als einziges Argument gebracht –, sondern dass das natürlich dazu führen würde, dass weniger Geld in den Ausgleichstaxfonds eingezahlt wird, und das stimmt ja. Sie wissen ja auch, dass aus dem Ausgleichstaxfonds Pro­gramme für Menschen mit Behinderungen bezahlt werden. Und wenn man jetzt Planstellen streichen würde – so wie Sie das in Ihrem Antrag auch fordern –, dann würde das zum einen den Wegfall von Planstellen bedeuten, was ja nicht dazu führt, dass automatisch mehr behinderte Menschen eingestellt werden. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nein, nein! Das hätte man ja auch anders lösen kön­nen!) Und im Kontext, alles zusammen, haben wir diesen Antrag einfach abgelehnt. – Das zu diesem Antrag.

Insgesamt wurden aber 21 Anträge in diesem Ausschuss behandelt. Ein Teil davon wurde abgelehnt, auch einige Anträge, die von Ihnen angesprochen wurden, Frau Kollegin, und zwar auch aus dem Grund, weil es sich um den falschen Ausschuss gehandelt hat. Der von Ihnen angesprochene Antrag betreffend die Barrierefreiheit und die Etappenpläne im Bundesministerium für Landesverteidigung ist nicht im Ausschuss für Soziales zu behandeln, sondern im Landesverteidigungsausschuss. Und deswegen wurde dieser Antrag auch von unserer Seite abgelehnt.

Es wurden auch einige Anträge bereits erledigt, so wie zum Beispiel auch der von Ihnen angesprochene Antrag betreffend Werkstättenräte. Dieser wurde bereits erledigt. Darum wurde dieser Antrag von uns im Ausschuss abgelehnt.

Und es hat auch – das haben Sie nicht erwähnt, Frau Kollegin – zwei Fünf-Parteien-Anträge gegeben, worauf wir alle, finde ich, sehr stolz sein können. Der eine Antrag behandelt eine Vereinfachung der Zugangsmöglichkeiten zu Hilfsmitteln für Kinder. Das ist sehr wichtig, ist auch schon sehr lange ein Anliegen von Frau Kollegin Haubner, weil die Fördermöglichkeiten für Hilfs- und Heilmittel einem Dschungel gleichen, und es soll jetzt eine einzige Anlaufstelle geben. Ich denke, das ist ein schöner Erfolg. Ich bin auch froh, dass alle Parteien mitgestimmt haben.

Und der zweite Fünf-Parteien-Antrag ist im Bereich des § 29b, das ist im Bereich des Behindertenparkausweises, dass es vereinheitlichte Begutachtungsmöglichkeiten geben soll, dass die Menschen nicht zweimal zu Begutachtungen müssen, wenn sie einen Behindertenausweis oder Parkausweis möchten. Auch das, finde ich, ist ein schöner Antrag.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 329

Betreffend die vielen anderen Anträge zum Behindertengleichstellungsgesetz möchte ich mitteilen, dass zurzeit die Erarbeitung des Nationalen Aktionsplanes für Menschen mit Behinderungen läuft und eben im Rahmen dieses Planes sehr viele Dinge, die im Ausschuss angesprochen wurden, auch sehr intensiv diskutiert und mit erledigt wer­den, speziell auch jenes Problem von Menschen, die in Beschäftigungstherapien arbeiten und nur Taschengeld erhalten. Da ist erst eine Studie durch den Minister in Auftrag gegeben und auch eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Ein Teil wurde schon erledigt, nämlich der Krankenversiche­rungsbeitrag. Alles andere wird man im Zusammenhang mit der Studie auch in den nächsten Wochen abklären. Ich denke, dass wir im Großen und Ganzen auf einem guten Weg in der Behindertenpolitik sind, obwohl ich schon weiß, dass in diesem Be­reich noch viel zu machen ist. Aber wir können alle gemeinsam weiter daran arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

0.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


0.47.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Kollegin Königsberger-Ludwig hat schon darauf hingewiesen: Es gibt auch Anträge, die gemeinsam beschlossen werden. Ich bin an und für sich nicht unzufrieden, dass Sie im Ausschuss von der Vertagungspraxis bei manchen Dingen weggehen und hin in Richtung Ablehnung oder Zustimmung gehen. Womit ich aber absolut unzufrieden bin, ist, dass man im Ausschuss nicht ver­sucht, Anträge, wenn sie von Oppositionsparteien kommen, im Sinne eines gemein­samen Anliegens ernst zu nehmen. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Was die Plenardebatte betrifft, bin ich unzufrieden damit, dass wir hier 16 Anträge um 1 Uhr – jeder weiß, was das heißt – diskutieren, innerhalb einer halben Stunde abhandeln sollen. Das geht nicht! Das geht wirklich nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.) Und das betrifft nicht nur diese Materie, sondern auch einige andere. (Abg. Haberzettl: Die Dringliche war aber schon von euch, oder?) – Nein, ich habe jetzt nicht einmal Zeit für Zwischenrufe, weil ich nur sehr wenige Minuten Redezeit habe.

Ich bin froh darüber, dass es zum Thema Versicherungsrecht jetzt auch einen Antrag von Huainigg, Königsberger-Ludwig betreffend das Versicherungsvertragsrecht gibt. Ich bin unfroh darüber, weil er so inkonkret ist, wie ich einen Entschließungsantrag eigentlich nicht haben will. Es soll geprüft werden, überprüft werden, es sollen Schritte überlegt werden, et cetera. Ja und nein. Wir werden ihm zustimmen.

Gleichzeitig – wir haben ja wenig Zeit – bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Diskrimi­nie­rung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit im Versicherungs­vertragsrecht

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Bundesministerin für Justiz im Bereich Konsumentenschutz und Versicherungsrecht das in der UN-Be­hin­dertenrechtskonvention verankerte Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behin­


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derungen bei Versicherungen im Gesundheitsbereich umzusetzen und dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage zuzuleiten.

*****

Der Unterschied zwischen Ihrem Antrag und unserem ist: Bei unserem soll nicht mehr überprüft und überdacht werden, sondern es soll konkret eine Regierungsvorlage gemacht werden. Trotzdem meine ich, wir könnten das noch konkreter machen. Das wäre eigentlich die Aufgabe, die Arbeit im Ausschuss. Ich habe im Ausschuss auch einen Vorschlag dazu gebracht: Man könnte im Versicherungsvertragsrecht durchaus das Kontraktionsgebot oder den Kontraktionszwang festschreiben. Dann kann sich eine Versicherung nicht mehr abputzen. Aber ich weiß schon, da gibt es die Hinder­nisse von denen, die die Versicherungswirtschaft vertreten und denen die Rechte der Behinderten im konkreten Fall relativ egal sind.

Es ist ganz klar, dass das eine Diskriminierung von Behinderten ist, die es im Alltag gibt, trotzdem bewegen wir als Parlament hier nichts. Es ist nicht einmal jemand bereit, im Ausschuss ernsthaft darüber zu diskutieren. Nein, das wird auf die Reise geschickt, dann bekommen wir so einen Entschließungsantrag, und damit haben wir wieder ein oder zwei Jahre verbracht. Die Behinderten warten auf konkrete Ergebnisse.

Jetzt sage ich noch etwas zu dem, was ich vorher zum Kollegen Karlsböck gesagt habe. Ich bin bereit, im Ausschuss zu arbeiten, und ich erwarte mir da auch Anträge. Ich habe auch konkrete Beispiele – auch Ihre Fraktion betreffend, Herr Kollege Karlsböck –, wo ich der Meinung bin, ja, es sind gute Anträge, ich habe auch konkrete Beispiele, wo ich der Meinung bin, es sind schlechte Anträge, es sind Anträge – Frau Königsberger-Ludwig hat es schon erwähnt –, die eigentlich nicht im Sozialausschuss zu behandeln sind, sondern in einem anderen Ausschuss. Aber es gibt auch gute Anträge von Ihrer Seite, denen wir auch im Ausschuss die Zustimmung gegeben hätten, zu denen aber die Regierungsparteien sagen, das interessiert sie nicht oder es ist ohnehin schon irgendetwas unterwegs. Das ist kein Arbeiten in einem Ausschuss.

Aber Sie machen es dann noch einmal schwieriger, wenn Sie nämlich im Ausschuss eine konkrete Antwort erhalten und sich dann hier im Plenum herstellen  (Abg. Dr. Karlsböck: Ich habe keine gehört!) Na selbstverständlich. Ich habe die Antwort ja gehört. Wir waren doch alle dabei. (Abg. Dr. Karlsböck: Welche Antwort? Wo denn?) Es waren alle dabei. Auch Sie waren, glaube ich, dabei. (Abg. Dr. Karlsböck: Ich habe keine gehört!) Was das Sozialabkommen zwischen Österreich und Moldawien betrifft, hat es Auskünfte gegeben. (Abg. Dr. Karlsböck: Sagen Sie es genau! Ich habe das nicht gehört!) Aber ich will da jetzt nicht weiter diskutieren und die Zeit verplempern. Ich denke, Sie haben eine Auskunft erhalten. Sie stellen sich dann aber hier her und tun so, als hätten Sie die Auskunft im Ausschuss nicht erhalten, und das, denke ich, hilft uns allen nicht sehr viel weiter.

Jetzt sage ich nur noch eines zu einem positiven Antrag von Ihnen: Verankerung der Werkstättenräte in geschützten Werkstätten. Ja, da sind wir dafür. Auch bei der Behinderteneinstellung wären wir dafür, allerdings nicht mit dem Vorschlag, dass man Planposten streicht. Wir wären eher für die Erhöhung der Ausgleichstaxe. Ja, dann muss halt der Staat die höhere Ausgleichstaxe zahlen. Warum sollten wir da nicht zu einem konkreten Ergebnis kommen, wenn wir das gemeinsam wollen?

Ich weiß schon, das ist oft nicht der Punkt zwischen der FPÖ oder dem BZÖ und uns, sondern der Punkt, der uns dann von den Regierungsparteien trennt, die gar nicht zu einem konkreten Ergebnis kommen wollen. Aber ich würde prinzipiell meinen, wir


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müssten die Arbeit im Ausschuss anders anlegen, damit wir zu besseren Ergebnissen kommen. (Beifall bei den Grünen.)

0.53


Präsident Fritz Neugebauer: Der von Herrn Abgeordnetem Öllinger eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Dis­kriminierung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit im Versiche­rungsvertragsrecht

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1634/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flankierung des Diskriminierungsschutzes für behinderte Men­schen im Versicherungsvertragsrecht (1441 d.B.)

Begründung

Der Artikel 25 der von Österreich 2008 ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention enthält das Recht von Menschen mit Behinderungen auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung:

„e) insbesondere verbieten die Vertragsstaaten die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen in der Krankenversicherung und in der Lebensversicherung, soweit eine solche Versicherung nach innerstaatlichem Recht zulässig ist; solche Versiche­rungen sind zu fairen und angemessenen Bedingungen anzubieten.“

Im ersten Staatenbericht Österreichs zur UN-Behindertenrechtskonvention, der am 5. Oktober 2010 von der Österreichischen Bundesregierung beschlossen wurde, betonen die Zivilgesellschaft und der Bundesbehindertenanwalt den problematischen Zugang zum Angebot der privaten Personenversicherung (Lebens-, Kranken-, Unfall- oder Reiserückholversicherungen, Krankenzusatzversicherung, Ablebensversiche­rung):

„Versicherungsbedingungen bewirken manchmal die „Unversicherbarkeit“ auch von Menschen, deren individuelle Behinderung oder Krankheit auf das Risiko in keiner Weise erhöhend wirkt“.

Da man zum Beispiel für einen Existenzgründungskredit eine Lebensversicherung benötigt, werden die betroffenen Personen auch vom Wirtschaftsleben und einer beruflichen Verwirklichung ausgeschlossen.

Dieser Zustand ist diskriminierend und verstößt auch gegen das Bundesbehinderten-Gleichstellungsgesetz das darauf abzielt, Menschen mit Behinderungen eine gleich­berechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­su­mentenschutz wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Bundesministerin für Justiz im Bereich Konsumentenschutz und Versicherungsrecht das in der UN-Behin­dertenrechtskonvention verankerte Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinde­rungen bei Versicherungen im Gesundheitsbereich umzusetzen und dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage zuzuleiten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


0.55.01

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Nachdem ich ja fast das Parlament, das Hohe Haus demoliert habe (bei der Positionierung des Rollstuhls hinter dem Rednerpult gab es einige Probleme), zur Behindertenthematik. Man sieht auch, dass Barrierefreiheit sehr wichtig ist und dass es auch diesem Haus guttun wird, wenn es renoviert wird.

Im Ausschuss wurde sehr vielfältig und heftig über das Thema Behinderung diskutiert und darüber, was man verbessern könnte. Einige Anträge sind schon erwähnt worden. Ein Antrag war auch zum Thema Behindertenvertrauensperson, dass die Funktions­periode der Periode des Dienststellenausschusses im öffentlichen Dienst angepasst wird. Das ist geschehen, wie auch viele andere Dinge, wie zum Beispiel in der Behin­derteneinstellungsthematik. Hier gibt es schon Neuregelungen. Im Herbst wurde der Kündigungsschutz, der ein Problem und eine Diskriminierung bei Neueinstellungen dargestellt hat, für Neueinstellungen für die ersten vier Jahre ausgesetzt. Ich glaube, das ist ein guter Schritt. Gleichzeitig wurde die Ausgleichstaxe erhöht.

Angesprochen wurde auch schon das Thema Versicherung. Das ist ein Problem. Als behinderter Mensch kann man keine private Krankenversicherung und auch keine Lebensversicherung abschließen. Man wird nicht genommen. Dieses Thema ist uns nicht egal, wie mein Kollege Öllinger behauptet hat, sondern wir bringen einen Ent­schließungsantrag ein, damit diese Thematik behandelt und eine Lösung gesucht wird.

Ich möchte noch ein anderes Thema kurz bringen, obwohl es schon spät ist. Ich bin seit 2002 Abgeordneter hier im Hause, und jährlich findet eine Gedenkveranstaltung zur NS-Zeit statt, bei der verschiedener Opfergruppen, wie Frauen, Kinder, Sinti, Roma, gedacht wird. Was noch nie vorgekommen ist, ist das Thema Behinderung, behinderte Menschen, doch auch sie waren Opfer der NS-Zeit. Man denke an das Schloss Hartheim, wo 30 000 behinderte und pflegebedürftige Menschen unter dem Vorwand, dass sie dort gut betreut würden, umgebracht wurden. Unter dem Programm T4 wurden sie hingebracht. Es gab keine Krankenschwestern, kein Bett, kein Pflegepersonal, sondern sie wurden direkt in die Gaskammer gebracht und getötet. Oder auch der Spiegelgrund, wo Dr. Gross behinderte Kinder quälte und auch tötete und dann auch noch, aufbauend auf diesem Wissen, eine zweite Karriere nach dem Nationalsozialismus startete.

Ich habe daher den Vorschlag eingebracht, dass man 2012 die Gedenkfeier zum Thema behinderte Menschen macht. Meine Kollegin Königsberger-Ludwig und ich haben das Frau Präsidentin Prammer und Herrn Präsidenten Neugebauer vorge­schla­gen. Ich möchte mich bei beiden dafür bedanken, dass dieser Vorschlag aufgegriffen worden ist und dass 2012 das Thema „Behinderte Menschen als NS-Opfer“ sein wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

0.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 333

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


1.00.01

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es sehr bedauerlich, dass jetzt 16 Anträge der Oppositionsparteien hier zu dieser späten Stunde unter einem zusammengefasst werden, und es betrifft Leute, die es im Leben nicht so leicht haben. Es ist bezeichnend für diese Koalition, dass sie es so macht. Für das im Jahr 2006 eingeführte Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, mit dem Voraussetzungen geschaffen worden sind, um die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen sozusagen zu beseitigen oder zu verhindern und eine gleichberechtigte Teilhabe dieser Menschen am Leben und an der Gesellschaft zu gewährleisten und es ihnen zu ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, wären eigentlich weitere Maßnahmen notwendig, aber das ist nicht der Fall. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Geschätzte Damen und Herren! Hier wären Verbesserungen notwendig, aber es geschieht sozusagen gar nichts. Im Gegenteil! Mit dem Bundesfinanzgesetz im letzten Jahr ist die Frist für die bauliche Barrierefreiheit bei öffentlichen Gebäuden, die für 2016 vorgesehen war, auf das Jahr 2020 verschoben worden. Das ist schon bezeichnend für die Politik, die hier Einzug gehalten hat.

Es sind auch in der Budgetrede Menschen, die es im Leben nicht so leicht haben, kaum erwähnt worden, außerdem werden – ich habe mir einzelne Positionen schon angeschaut – auch die Mittel um einiges gekürzt. – Das ist das eine.

Auch die Einstellungsverpflichtung pro 25 Mitarbeiter wird nicht eingehalten, egal, ob das jetzt im öffentlichen Dienst, in den Ministerien oder bei den Interessenvertretungen in Österreich ist. Herr Bundesminister, mir ist schon klar – Sie haben das ja das letzte Mal erwähnt –, dass es nicht möglich ist, das in jedem Bereich zu erfüllen. Die einen erfüllen es über die Maßen – das ist sehr löblich, das ist in Ordnung –, aber das Inter­essante ist schon, dass das auch bei Interessenvertretungen, bei den Sozialversiche­rungsanstalten zum Beispiel, die einen übererfüllen, die anderen überhaupt nicht.

Bei den Arbeiterkammern etwa wird es zum größten Teil über die Maßen erfüllt, mit Ausnahme der Arbeiterkammer in Salzburg, die ihre Verpflichtung nicht erfüllt. Das ist natürlich sehr bedauerlich. Das gilt auch für die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, da werden wenige Behinderte eingestellt. Da muss man ganz einfach daran arbeiten. Genauso ist es bei der Wirtschaftskammer, dass man für diese Menschen ganz einfach nichts übrig hat. Und das soll einmal gesagt werden.

Ich erwarte mir für die Zukunft ein Gesamtkonzept im Behindertenbereich, eine Erleichterung bei den Behördenwegen, eine Schaffung von zentralen Anlaufstellen – da ist durch einen Fünf-Parteien-Antrag wenigstens etwas geschehen; es ist umstruk­turiert worden, dass das in Zukunft geschieht –, ebenso die Einführung einer einheit­lichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt. Dafür gab es ebenfalls einen Fünf-Parteien-Antrag. Diese beiden Dinge sind das Einzige, was hier heraus­gekommen ist. Es ist zwar löblich, das zu erwähnen ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Bitte? Ich verstehe Sie nicht. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Okay.

Also das sind die einzigen beiden Dinge, die hier positiv zu erwähnen sind, denn im Behindertenbereich zum Beispiel gehen im nächsten Jahr im Budget 20 Millionen ab. Das müssen Sie einmal erklären können, wie das ist.

Die Erleichterung der Mobilität für Menschen mit Behinderung und der Abbau von Barrieren im täglichen Leben, das gehört ja vorangetrieben. Außerdem bedeutet das Wirtschaftswachstum. Wer sorgt denn für diese Barrierefreiheit, wer baut denn das?


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Das ist wiederum die Wirtschaft, das kurbelt wiederum die Wirtschaft an. Es ist notwen­dig, dass wir in diesem Bereich etwas weiterbringen.

Eine verbesserte Förderung zur Erhöhung der Zahl der Beschäftigten, die rasche Herstellung der baulichen Barrierefreiheit in allen Bereichen ebenso wie eine Erhöhung der Wohnbaufördermittel in diesem Bereich wären meiner Meinung nach notwendig. Das wäre umzusetzen, daran wäre zu arbeiten für jene Menschen, die es im Leben nicht so leicht haben. (Beifall beim BZÖ.)

1.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


1.04.22

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wir haben in diesem Ausschuss auch drei Anträge gehabt, die sich mit Blindenführhunden beschäf­tigen, und zwar sollten Blindenführhunde als medizinische Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt werden. Diese Anträge wurden, meine Damen und Herren, abgelehnt. Es gibt zwei Begründungen dafür.

Die erste Begründung ist, dass nach § 154 ASVG ein Blindenführhund einer medi­zinischen Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung nicht entspricht. Es ist vollkommen klar, dass das keine medizinische Rehabilitations­maß­nahme ist. Aber der Hauptgrund der Ablehnung ist, dass hinter der Ausbildung dieser Blinden­führhunde schon teilweise mafiöse Organisationen stehen, die wirklich – ich muss das so sagen – ein Schweinegeld für die Ausbildung dieser Blindenführhunde verlangen, und das auf Kosten der Blinden, die diese Hunde brauchen, denn für die Ausbildung solch eines Blindenführhundes werden in etwa 35 000 € verlangt.

Da sind wir schon beim dritten Antrag, der eingebracht wurde, nämlich die Blindenführ­hundeausbildung nach Schweizer Vorbild zu machen. Dazu muss man sagen, das Schweizer Vorbild zur Ausbildung der Blindenführhunde würde dem Vorschub leisten, dass die Ausbildung noch teurer wird, denn die Schweizer Ausbildung sieht folgender­maßen aus: Die Blindenführhunde werden in etwa um 8 000 € ausgebildet – das heißt, daran ersieht man ja, dass die Ausbildung der Blindenführhunde an und für sich weit, weit günstiger und billiger gemacht werden könnte –, nach der Ausbildung, die 8 000 € kostet, bleiben diese Hunde im Besitz dieser Blindenführhundeschule oder –ausbil­dung, wie auch immer diese Zentren heißen, und werden dann an die Blinden vermie­tet. Dann haben die Versicherungen monatliche Mieten zu bezahlen, solange der Hund im Dienst dieser Blinden steht. Wenn man sich das durchschnittliche Diensteinsatzalter solch eines Hundes ausrechnet, dann weiß man, dass die Kosten eines solchen Hundes dann auf etwa 50 000 € kommen. Das heißt, es wird wieder Vorschub geleistet, dass damit mehr verdient wird.

Daher ist der Ansatz, der vonseiten des Ministeriums und auch vom Herrn Bundes­minister kommt, der weit bessere. Der Herr Bundesminister hat sich erkundigt, wie es bei diensthundeausbildenden Stellen – da gibt es die Exekutive und das Militär in Österreich – ausschaut und ob dort die Möglichkeit besteht, Blindenführhunde auszu­bilden. Es gibt eine Stelle, die Interesse bekundet hat, und wenn es wirklich die Möglichkeit gibt, die Blindenführhunde bei dieser Stelle ausbilden zu lassen, schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Erstens wird die Ausbildung billiger, und zweitens können wir dann endlich auch die Qualität dieser Blindenführhundeausbildung heben, denn auch an der Ausbildung gibt es massivste Kritik.

Wenn das alles dann wirklich im staatlichen Bereich gemacht wird, können wir den blinden Menschen wirklich helfen. Wir können mehr Hunde ausbilden, wir können mehr


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Blindenführhunde zur Verfügung stellen, und die Qualität der Ausbildung würde auch wieder sichergestellt werden. Man kann dem Minister nur danken, dass er diesen Schritt getan hat. Ich hoffe, dass die Durchsetzung dieser Ausbildung in Verbindung mit dem Landesverteidigungsministerium in Kürze erfolgen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

1.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


1.07.31

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Ich darf gleich auf den Vorredner replizieren. Was für den Kurzsichtigen die Brille, ist für den Blinden der Hund. Was für den Gehbehinderten die Krücke, ist für den Blinden der Hund. Nicht alles, was eine Behinderung lindert, ist automatisch auch eine Heilung, sondern ist einfach eine Linde­rung der Behinderung. Daher ersuchen wir trotzdem, doch noch einmal zu überlegen, ob man nicht den Blindenführhund als Mittel der Rehabilitation anerkennen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Keck! Wenn wir sagen, nach Vorbild des Schweizer Modells, so hindert uns ja niemand daran, es zu ändern, man muss das ja nicht eins zu eins übernehmen. Wenn uns das Modell zu teuer ist, dann können wir ein besseres Modell, ein günstigeres Modell überlegen, wenn es qualitativ gleichwertig ist.

Die Qualität der Ausbildung hat mit dem Preis überhaupt nichts zu tun – darin sind wir uns sicherlich einig –, aber das können wir auch vorgeben. Man kann nicht als Staat sagen, nur diese und jene Qualifikation, nur der Verein oder der Ausbilder, der diese Quali­fikation erbringen kann, gilt für uns als anerkannt und ist förderungswürdig. Wenn ich jetzt höre, dass es die Überlegung gibt, die Ausbildung durch das Heer durch­zuführen, und das ist noch günstiger, dann klingt das im ersten Moment sehr schön, nur: Kollege Keck, können Sie uns garantieren, dass es das Heer in dieser Form in drei Jahren noch gibt? Und wenn Vereine oder private Personen ausbilden, wer sagt, dass die schlechtere Qualität anbieten? Ich bin überzeugt davon, dass auch Private qualitativ hochwertige Ausbildung anbieten können.

Tatsache ist aber: Die Ungerechtigkeit ist und bleibt, dass derzeit ein Blinder einen Ver­trag über zirka 25 000 bis 35 000 € abschließen muss, ohne zu wissen, ob er nach drei Jahren eine Förderung bekommt oder nicht. Das ist die Ungerechtigkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

1.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


1.09.34

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Jetzt werden wir das mit Moldawien noch einmal aufklären. Herr Abgeordneter Karlsböck, die Frage, die Sie stellen, ist so nicht beantwortbar, weil die Kosten ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Karlsböck.) Nein, lesen Sie den Ausschuss­bericht! Die Republik, wir zahlen nichts, sondern die Pensionsversicherung hat eventuell Leistungen zu überweisen, für die Menschen etwas einzahlen, und das Pensionsversicherungsbudget ist nicht Bestandteil dieses Bundesbudgets. 

Ich kann Ihnen nicht sagen, was das kostet. Uns kostet es null. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nein, null kostet das nicht!) Wenn Menschen in unser Pensionsversiche­rungssystem einzahlen und dann einen Leistungsanspruch erwerben, so haben sie diesen Leistungsanspruch aus dem Budget der Pensionsversicherung. Jetzt können


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 336

wir noch spekulieren: Der Bundeszuschuss bei den Arbeitern und Angestellten beträgt derzeit 20 Prozent. Das heißt, von den 138 000 € sind 20 Prozent, wenn Sie wollen, eventuelle fiktive Kosten. Darum ist Ihre Frage so nicht beantwortbar. Wenn ich keine Krankenversicherung abschließe, habe ich keine Kosten. Das ist ja hoffentlich begreif­bar. Das ist Punkt eins.

Jetzt möchte ich noch etwas zu diesen Zahlen im Zusammenhang mit der Ausgleichs­taxe sagen: Wir haben das lang und breit besprochen. Die Republik Österreich erfüllt als Bund insgesamt alle Zahlen. Wir haben nur bei zwei Ministerien ein Problem. Wenn Sie mir jetzt die Problemlösung bringen, dann gratuliere ich Ihnen.

Wir haben im Innenressort ein Problem: Man kann eben keine Polizisten auf die Straße schicken, die einen Behindertenausweis haben. Das geht eben nicht. So viel Innen­dienst haben die eben auch nicht. Das ist das eine Ressort, und das andere ist das Unterrichtsressort. Es gibt Lehrkräfte, die einen Behindertenausweis haben, es gibt aber auch viele, die, obwohl sie eventuell behindert sind, nicht als Lehrkräfte eingesetzt werden können. (Abg. Öllinger: Bei den Lehrern könnte man mehr machen!) – Das kann man eventuell tun. Aber wir werden dort nie auf die 100 Prozent kommen. Demzufolge werden diese beiden Ressorts immer Probleme haben.

Ich würde daher bitten, das endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen. Was Sie hier verlangen, ist die Streichung von Lehrkräften. Das erklären Sie bitte den Österreiche­rinnen und Österreichern! Das ist nämlich die Logik Ihres Antrages. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nein, das stimmt ja nicht!) – O ja, wenn ich sie nicht besetze, heißt das, ich muss Dienstposten streichen, das heißt, ich muss Lehrer­dienstposten streichen. Denken Sie doch bitte einmal durch, was Sie hier verlangen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Es gibt aber auch noch andere Dienstposten!)

Zur Frage zu den geschützten Werkstätten ist die Antwort schon gegeben worden. Herr Abgeordneter Dolinschek, ich darf um eine Sekunde Aufmerksamkeit bitten: Ja, Sie haben den Budgetansatz korrekt gelesen, dort fehlen 20 Millionen €. Was Sie aber auch wissen sollten, ist, dass die 20 Millionen € durch die ATF-Zahlen kompensiert werden. Demzufolge gibt es kein Minus in diesem Bereich. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

1.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


1.12.54

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu dieser langen Reihe der vorliegenden Anträge wurde bereits einiges gesagt. Ich möchte an dieser Stelle nur einen Antrag beziehungsweise den dahin gehenden Entschließungsantrag hervorheben.

Hierbei geht es um die bestmögliche Versorgung mit entsprechenden Hilfsmitteln von Kindern mit Behinderung. Ich denke, dass dieser Entschließungsantrag, der an den Bun­desminister für Gesundheit, aber auch an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gerichtet ist, ein wichtiger Schritt ist, um in Österreich ein einheitliches System in diesem Bereich zu schaffen. Wichtig wäre es auch, dass Rehabilitationszentren insbesondere für Kinder in Österreich vorhanden wären; das ist in diesem Entschließungsantrag noch nicht beinhaltet. Dadurch könnten Kinder, die eine schwere Krankheit haben und Rehabilitationsmöglichkeiten brauchen, diese auch in Österreich in Anspruch nehmen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

1.13



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 337

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.14.09

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! 21 Anträge haben wir im Ausschuss diskutiert, 16 sind jetzt auf der Tagesordnung. All das sind Anträge der Oppositionsparteien, und man sieht, dass Behindertenpolitik eigentlich durch die Anträge der Oppositions­parteien stattfindet. Ich glaube, wir werden im Rahmen der Budgetdebatte noch ausreichend Gelegenheit haben, darauf hinzuweisen, dass großer Handlungsbedarf an Maßnahmen, an Weiterentwicklungen für Menschen mit Behinderung besteht.

In diesem Konvolut von 16 Anträgen sind auch zwei Anträge des BZÖ enthalten. Einen davon hat Kollege Dolinschek schon erwähnt, dieses Gesamtkonzept für die Behin­dertenpolitik. Ich möchte noch kurz auf die Forderung eingehen, dass ein einheitliches System zur Bewilligung und Finanzierung von Rehabilitationsgeräten und Hilfsmitteln für behinderte Kinder umgesetzt wird. Dieser Antrag ist erfreulicherweise zu einem Fünf-Parteien-Antrag geworden. Ich möchte jenen Rednern recht geben, die sagen, dass diese Entschließungsanträge sehr weich formuliert sind. Wir werden in den nächsten Monaten genau schauen, wie und wann etwas umgesetzt wird.

Wir dürfen nicht vergessen, dass 10 bis 15 Prozent der Kinder vorübergehend Bewe­gungsbehinderungen, Einschränkungen in der Motorik haben und rund 1 Prozent der Kinder chronisch erkranken. Daher ist es absolut notwendig, dass es unabhängig vom Wohnort, von der Versicherung, von den einzelnen Kostenträgern und von eventuellen Selbstbehalten Gleichbehandlung gibt. Diese Forderung ist eine ganz wichtige. Wir haben sie schon einmal im Gesundheitsausschuss gestellt.

Wie gesagt, gerade im Bereich der Kindergesundheit, der Jugendgesundheit haben wir großen Nachhol- und Handlungsbedarf. Denn eines ist ganz wichtig: Gerade Kinder mit besonderen Bedürfnissen dürfen nicht zu Bittstellern werden, sie haben ein Recht darauf, chancengleich aufzuwachsen. Sie haben ein Recht darauf, chancengleich zu leben, und vor allem darauf, sich selbstbestimmt entwickeln zu können. (Beifall beim BZÖ.)

1.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.16.55

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Ich möchte kurz zu den Tagesordnungspunkten 58 bis 60 Stellung nehmen.

Wir als SPÖ werden den negativen Ausschussbericht heute bei der Abstimmung zur Kenntnis nehmen. Warum? – Weil teilweise schon Etappenpläne zur Umsetzung in diesen öffentlichen Bereichen gegeben sind und weil bei diesen öffentlichen Institu­tionen auch schon barrierefrei geplant wird, sowohl im Neubau als auch im Bereich der Sanierung, egal, ob das bei Bahnhöfen, bei Bahnsteigen oder in anderen Bereichen ist.

Kollegen Dolinschek möchte ich noch sagen, dass die Wohnbauförderung ein tolles Instrument ist, wenn es darum gehen könnte, Barrierefreiheit in ganz Österreich ent­sprechend mitzugestalten. In manchen Bundesländern wird es schon gemacht, aber leider ist das Länderkompetenz. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die Wohn­bauförderung wieder zweckgebunden und an den Bund übertragen würde, dann könnte es nicht passieren, dass ein Land etwas macht und ein anderes nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 338

Ich möchte Sie aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr lange aufhalten, aber ich möchte Ihnen noch ein Beispiel erläutern. Auch im privaten Bereich wird es immer stärker zur Mode, barrierefrei zu sanieren und zu bauen. Laut einer heute präsentierten Studie sind 63 Prozent der Bestandswohnungen in Österreich nicht barrierefrei, jeder Zweite möchte zu Hause gepflegt werden, und 41 Prozent der Generation 40 plus plant barrierefreie Adaptierungen.

Aus diesem Grund hat das Land Steiermark eine Förderung für barrierefreies und altengerechtes Sanieren ins Leben gerufen. Investitionen in barrierefreie und alten­gerechte Umbauten werden mit bis zu 4 500 € gefördert. Das ist einmalig und erst­malig, und ich glaube, es beginnt ein Umdenken – nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich, bei der Bevölkerung – in Richtung barrierefreies Sanieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Klikovits zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.19.13

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Am Ende dieser sehr interessanten Debatte darf ich noch einen Entschließungsantrag zum Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen einbringen.

Kollege Huainigg hat bereits sehr eindrucksvoll die Argumentation dazu geliefert, und somit darf ich mich auf die Einbringung des Entschließungsantrages beschränken:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versicherungsvertragsrecht, Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Finanzen werden ersucht, gemeinsam mit den Interessenvertretungen der Behinderten, den Sozialpart­nern, der Versicherungswirtschaft und der Verbraucher zu prüfen, ob und in welcher Weise Nachteilen von Menschen mit Behinderungen oder mit chronischen Erkrankun­gen insbesondere im Rahmen geschäftsplanmäßiger Erklärungen, der Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder des Versicherungsvertragsrechts entgegengewirkt und ein effektives niederschwelliges Beschwerdeverfahren entwickelt werden kann.“

*****

Geschätzte Damen und Herren, ich bitte Sie – Kollege Öllinger hat bereits Zustimmung signalisiert, auch wenn er den Antrag für weich erklärt hat –, diesem Entschließungs­antrag die Zustimmung zu erteilen. Ich glaube, dass wir dann wieder ein bisschen mehr Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung schaffen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

1.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 339

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz Josef Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versicherungsvertragsrecht, Diskriminierungsschutz für behin­derte Menschen

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 19. Oktober 2011 im Zuge der Debatte zu TOP 62

Beim Abschluss privater Versicherungen sehen sich Menschen mit Behinderung oder mit chronischen Erkrankungen oftmals vor Problemen. Sie werden mit dem Ausschluss von Risiken, mit höheren Prämien oder gar mit der Unmöglichkeit eines Versicherungs­abschlusses konfrontiert. Bei privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen heißt es oft, das Risiko des Eintritts des Versicherungsfalles sei viel zu hoch, wodurch der Abschluss eines Versicherungsvertrages zu normalen Konditionen unmöglich wird. Dies führt immer wieder auch zu indirekten Nachteilen, weil Lebensversicherungen auch zur Besicherung von Krediten verwendet werden. Damit können Nachteile für behinderte oder kranke Menschen verbunden sein.

Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz zielt darauf ab, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesell­schaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermög­lichen (§ 1 BGStG). Der Geltungsbereich des BGStG erstreckt sich gemäß § 2 Abs. 2 auch auf Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung sowie für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses, soweit es jeweils um den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geht, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, und die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes gegeben ist. Davon sind auch Versicherungsverträge mit Verbrauchern umfasst. Auch wenn es fraglich sein kann, ob die geschilderten Probleme eine Diskriminierung im Sinn des Bundes-Behinderten­gleichstellungsgesetzes bedeuten, sollte doch geprüft werden, ob und wie diesen Nachteilen abgeholfen werden kann.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Finanzen werden ersucht, gemeinsam mit den Interessenvertretungen der Behinderten, den Sozial­partnern, der Versicherungswirtschaft und der Verbraucher zu prüfen, ob und in welcher Weise Nachteilen von Menschen mit Behinderungen oder mit chronischen Erkrankungen insbesondere im Rahmen geschäftsplanmäßiger Erklärungen, der Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder des Versicherungsvertragsrechts ent­gegen­gewirkt und ein effektives niederschwelliges Beschwerdeverfahren entwickelt werden kann.“

*****

01.20.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 340

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 48: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1427 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 49: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1428 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die zustimmen möchten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 50: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1429 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die zustimmen möchten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 51: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1430 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 52: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1431 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 53: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1432 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 54: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1433 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 55: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1434 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 56.

Zunächst lasse ich über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1435 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 937/A(E) zur Kenntnis zu nehmen, abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 341

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1435 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Vereinfachung des Zuganges zu benö­tigten Hilfsmitteln für Kinder.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 204.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 57: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1436 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 58: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1437 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 59: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1438 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle der Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 60: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1439 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 61: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1440 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 62: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1441 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit im Versicherungsvertragsrecht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Huainigg, Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versiche­rungs­vertragsrecht, Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 205.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 63: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1442 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 342

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 64.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1443 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antra­ges 1528/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1443 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend Vereinheitlichung der Begutachtung für die Ausstellung von Parkausweis und Behindertenpass.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 206.)

01.28.5965. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1624/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird („EU-Informations­gesetz“ – „EU-InfoG“) (1444 d.B.) (Zweite Lesung)

66. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungs­gesetz 1975) geändert wird (1445 d.B.) (Zweite Lesung)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 65 und 66, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Mag. Stefan. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.30.13

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Als weiterer Ausfluss des Lissabon-Vertrages stehen heute zwei Themen auf der Tagesordnung, und zwar das Geschäftsordnungsgesetz wird hier angepasst und ein EU-Informationsgesetz soll erlassen werden.

Ich rechne damit, dass jetzt in der Folge hier Lobreden vorgetragen werden, was das für großartige Verbesserungen sein werden. Tatsächlich handelt es sich, wie bei all diesen Dingen, um eine Beschäftigungstherapie, mit der davon abgelenkt werden soll, dass wir als Staat Österreich und auch das Parlament als Gesetzgeber davon abge­lenkt werden sollen, dass die Souveränität eingeschränkt wird und möglicherweise, wenn das so weiter geht, demnächst sogar das Budgetrecht eingeschränkt werden soll. Es ist eine scheinbare Demokratisierung, die hier durchgesetzt wird, es ist eine scheinbare Einbindung der Parlamente mit dieser Subsidiaritätsprüfung, die eben in Wirklichkeit nur eine Arbeits- oder Beschäftigungstherapie ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 343

Und jetzt haben wir etwas Neues: eine scheinbare Verbesserung der Information und damit auch wieder eine Einbindung der Parlamente. Scheinbar deshalb, weil diese Infor­mationen im Wesentlichen jetzt schon abgerufen werden können, scheinbar deshalb, weil hier so großartige Dinge verbessert werden, wie zum Beispiel, dass der Hauptausschuss eine Enquete über EU-Themen beschließen kann oder ein einzelner Abgeordneter einen Antrag stellen kann, dass beschlossen werden kann, eine Klage beim EuGH wegen Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip einzubringen. Also unglaubliche Verbesserungen, die dem Bürger und dem einzelnen Abgeordneten der Region viel mehr bringen.

Da wir eben feststellen, dass das hier eine scheinbare Verbesserung ist, dass die Kosten völlig unbekannt sind, dass es Bürokratie pur ist – wir haben 60 Seiten Geset­zestext für diese Informationsverbesserung, die hier für uns angeblich kommen soll –, der Aufwand enorm ist und daher in Wirklichkeit völlig unklar ist, was es bringen soll, sind wir nicht bereit, dieses Ablenkungsmanöver mitzutragen, und daher auch unsere schlichte Ablehnung. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Neugebauer: Eine müde Argu­mentation!)

1.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


1.32.54

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stefan, es wundert mich nicht, dass Sie dagegen sind, denn Sie sind ohnehin immer dagegen. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Zanger: Blabla!)

Wir sehen das durchaus anders. Ich möchte feststellen, dass der Umfang der euro­politischen Themen, die wir im Haus bearbeiten, sehr stark zugenommen hat und ständig zunimmt. Es werden an die 20 000 EU-Dokumente pro Jahr an das Parlament kommen, und das ist schon eine enorme administrative Leistung. Das Ganze wird in Zukunft auch noch mehr werden, denn es liegt in der Verantwortung dieses Parla­ments, dafür zu sorgen, dass die europäischen Entscheidungsprozesse hinreichend legitimiert, transparent und demokratisch vollzogen werden.

Die Instrumente, die uns die bisherige Geschäftsordnung zur Überprüfung und Beur­teilung europäischer Politik bietet, kommen aber durch diese Fülle an ihre Grenzen. Eine Modernisierung ist dringend nötig. Durch das neue Geschäftsordnungsgesetz und das ebenfalls heute zur Abstimmung stehende EU-Informationsgesetz wird der Nationalrat in seiner EU-Politik handlungs- und gestaltungsfähiger. Wir schaffen damit die Grundlage für unsere zukünftige Arbeit.

Wir haben schon bei der ersten Lesung darüber gesprochen, wie viele positive Punkte zu nennen sind. Das geht von der Erhöhung der Transparenz und der demokratischen Kontrolle bis zur Anbindung des Parlaments an die Dokumentendatenbank der EU. Es geht eben, wie Sie gesagt haben, um die Festlegung genauer Regeln zur Nutzung neuer Instrumente, wie die Subsidiaritätsrüge oder die Mitteilung an die EU-Organe und so weiter und so fort.

Meine Damen und Herren, ich darf mich aber auch noch bedanken, und zwar für die an sich sehr gute Zusammenarbeit der Klubs im EU-Bereich. Bedanken möchte ich mich aber auch ganz besonders bei den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Klubs, die diese Gesetzesänderung vorbereitet haben.

Abschließend möchte ich noch auf den bereits eingebrachten Abänderungsantrag hinweisen, der Abgeordneten Muttonen, Neugebauer, Musiol zum Antrag 1657/A. Es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 344

handelt sich hierbei lediglich um redaktionelle Korrekturen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

1.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Kollegin Muttonen, Sie haben jetzt gesagt, dass der Antrag verteilt wird, aber dem ist nicht so. Den muss man einbringen oder irgend­etwas damit unternehmen. Ich bitte daher, dass einer der nächsten Abgeordneten, der als Antragsteller hier steht, diesen Antrag noch einbringt. Ich will darauf lediglich der Ordnung halber hinweisen.

Als Nächster ist Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


1.36.21

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Da liegt übrigens noch ein Entschließungsantrag, vielleicht geht der auch irgendjemandem ab. Man kann natürlich über den Lissabon-Vertrag diskutieren. Es gibt sicherlich einiges Positives, es gibt einiges Negatives. Man kann auch darüber diskutieren, ob man mehr Rechte haben möchte und mehr Information haben möchte oder ob man mit der Europäischen Union gar nichts zu tun haben will.

Wir haben auch den Lissabon-Vertrag in einigen Kernbereichen kritisiert, aber die Vorlage, die jetzt hier zur Debatte steht, wonach wir mehr Informationen bekommen, kann man aus unserer Sicht nicht ablehnen. Man kann die Art und Weise kritisieren. Der Abgeordnete Stefan hat schon recht, wenn er sagt, dass das sehr sperrig ist, dass es relativ kompliziert und aufwendig ist, aber trotzdem müssen wir doch froh sein – und das haben auch Sie immer wieder gefordert –, dass wir stärker in die Prozesse der Europäischen Union eingebunden sind und auch die Informationen bekommen. Ob wir sie dann wahrnehmen und entsprechend abrufen, das liegt an uns. Deshalb werden wir unserem EU-Informationsgesetz unsere Zustimmung geben.

Natürlich muss das auch in die Geschäftsordnung übergeführt werden, und da haben wir einen Wunsch auf eine Abänderung. Es geht darum, dass der EU-Hauptausschuss auch auf Begehren der Fraktionen einberufen werden soll, das ist positiv, aber man hat hier vergessen, dass es auch Fraktionen geben kann, gibt und geben könnte in der Zukunft, die weniger als die im Antrag vorgesehenen 20 Abgeordnete umfassen. Wir würden uns wünschen, dass man in einem Abänderungsantrag, den ich dann einbrin­gen werde, auch kleineren Fraktionen, so wie bei der Sondersitzung, die Möglichkeit gibt, zumindest einmal im Jahr so einen EU-Hauptausschuss einzuberufen, und ich würde schon appellieren, dass man auch hier diesem Antrag zustimmt. Wir haben ja immer wieder versucht, Geschäftsordnungsänderungen einvernehmlich zu machen.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert wird, in der Fassung des Berichts des Ausschusses

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der im Titel bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 12 wird im § 31c Abs. 2 folgender Satz angefügt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 345

Gehören einem Klub weniger als 20 Abgeordnete an, so kann ein solches Verlangen einmal innerhalb einer Tagung dennoch gültig gestellt werden.

2. In Z 12 wird dem § 31c Abs. 3 folgender Satz angefügt:

Gehören einem Klub weniger als 20 Abgeordnete an, so können Verlangen gemäß § 31c Abs. 3 Z 2 dennoch gültig gestellt werden.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

1.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner. Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ord­nungsgesetz 1975) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Verfassungs­ausschusses (1445 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Der im Titel bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 12 wird dem § 31 c Abs. 2 folgender Satz angefügt:

Gehören einem Klub weniger als 20 Abgeordnete an, so kann ein solches Verlangen einmal innerhalb einer Tagung dennoch gültig gestellt werden.

2. In Z 12 wird dem § 31 c Abs. 3 folgender Satz angefügt:

Gehören einem Klub weniger als 20 Abgeordnete an, so können Verlangen gemäß § 31c Abs. 3 Z 2 dennoch gültig gestellt werden.“

Begründung:

Die Änderungen in Z 12 § 31 c Abs. 2 und 3 dienen der Normierung einer analogen Anwendung des § 46 Abs. 6 GOG-NR, um so auch Fraktionen mit weniger als 20 Abgeordneten die Möglichkeit des Verlangens auf Einberufung einer Sitzung des Haupt­ausschusses der Europäischen Union sowie die Möglichkeit, Verhandlungs­gegen­stände auf die Tagesordnung einer Sitzung des Hauptausschusses in Angele­genheiten der Europäischen Union zu setzen, zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neugebauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 346

1.39.18

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe zunächst den Abänderungsantrag der Abgeordneten Muttonen, Neugebauer, Musiol zum Antrag 1657/A ein.

Es handelt sich bei den sechs Punkten lediglich um redaktionelle Korrekturen. Ich bitte den Herrn Präsidenten, dass er mich da jetzt nicht alle Paragraphen und Beistriche vorlesen lässt und dass wir das auch zur Verteilung bringen.

Ich bedanke mich für diese Zustimmung.

Kolleginnen und Kollegen! Die beiden Gesetze – das „EU-Informationsgesetz“ und das Geschäftsordnungsgesetz, das wir hier ändern – haben die Grundlage, dass ein Mehr, eine Verdichtung an Information zwischen Europäischer Union, nationaler Regierung und nationalen Parlamenten geschehen kann.

Wir haben ja an sich schon seit 1996 in der Parlamentsdirektion eine solche Daten­bank eingerichtet, die auch immer wieder entsprechend technisch adaptiert worden ist. Wir beschließen diesen Informationsfluss – und ich denke, dass uns ein Diskurs über die verschiedenen Themen auf der europäischen Ebene in Rückwirkung auf unser Parlament interessiert –, da natürlich die Information Voraussetzung dafür ist, dass man auch entsprechende Diskussionen führen kann. Wir verpflichten die Parlaments­direktion, eine Datenbank mit allen relevanten EU-Dokumenten zu führen, die auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Die Vorarbeiten – das haben wir in der letzten Präsidiale ausführlich diskutiert – zur Einrichtung einer effizienten EU-Datenbank sind ja dankenswerterweise bereits voll im Anlaufen.

Parallel dazu wird in der Geschäftsordnung eine Adaptierung der Verfahrensbestim­mun­gen vorgenommen. Wir verankern neue Instrumente der Mitbeteiligung. Wir erwei­tern den Katalog der Verhandlungsgegenstände und schaffen natürlich auch spezielle Bestimmungen über die Behandlung von EU-Dokumenten, die besonderer Vertrau­lich­keit unterliegen.

Vieles ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon gesagt worden. Ich möchte mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken für die überaus konstruktive Arbeit, die wir uns im EU-Unterausschuss zu eigen gemacht haben. Wem die Verdich­tung der Beteiligung des österreichischen Nationalrates am Willensbildungsprozess in Europa wichtig ist, der stimmt diesen beiden Gesetzesvorlagen zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

1.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz ob seines Umfanges zur Verteilung gebracht. Er wurde in den wesentlichsten Punkten erläutert und steht damit auch in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muttonen, Neugebauer, Musiol, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1657/A der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Fritz Neugebauer, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Verfas­sungs­ausschusses AB 1445 d.B.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 347

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Antrag wird geändert wie folgt:

1. In Z 1 § 8 Abs. 3 und in Z 11 § 31b Abs. 3 wird jeweils die Ziffer „2“ nach dem Wort „Anlage“ eingefügt.

2. Z 10 lautet:

„10. In § 31a wird das Zitat „§ 29 Abs. 2 lit. a und d“ durch das Zitat „§ 29 Abs. 2 lit. a und g“ ersetzt.“

3. In Z 11 lautet § 31b Abs. 2:

„(2) Die Unterrichtung über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union erfolgt gemäß den Bestimmungen der Art. 23e bis 23j B-VG sowie den Bestimmungen des EU Informationsgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/2011, sofern dieses Bundes­gesetz nichts anderes bestimmt.“

4. In Z 13 entfällt in § 31c Abs. 13 letzter Satz der Ausdruck „Abs. 1“.

5. In Z 16 wird in § 31f Abs. 4 letzter Satz die Wortfolge „2, 3 oder 4“ durch die Wortfolge „1, 2 oder 3“ ersetzt.

6. In Z 24 § 2 wird die Wortfolge „Abs. 2 und 3“ durch die Wortfolge „Abs. 1 und 2“ ersetzt.

Begründung:

Es werden lediglich redaktionelle Korrekturen vorgenommen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


1.42.20

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich in die Sache eingehe, muss ich Ihnen sagen: Die Metaller haben dann letztlich nicht gestreikt, aber ich fühle mich absolut in Streiklaune. Ich finde diese Tagesordnung – 70 Tagesordnungspunkte plus zwei Stunden Fekter plus, plus, plus, was eben noch alles anfällt (Abg. Scheibner: Plus Dringliche!) – unzumutbar! Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Das gilt natürlich nicht nur für uns Abgeordnete, sondern genauso für die Bediensteten des Parlaments, die ja zum Großteil noch lange vor uns ins Parlament kommen und jetzt zum Teil immer noch da sind. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Arbeits­zeitbestimmungen und so weiter hier unterlaufen und durchbrochen werden. (Ruf bei der ÖVP: Wer hat die Dringliche eingebracht?)

Zum Beispiel nur: Mir geht es jetzt gar nicht um die Wichtigkeit, so hoch sie auch sein mag, des jetzigen Tagesordnungspunktes, aber ein Terrorismuspräventionsgesetz – ich weiß nicht, um halb eins oder wann das war – nach 15, 16 Stunden sogenannter Debatte hier zu besprechen, ist ein Witz! Ich meine, wir machen uns mit solchen Dingen lächerlich. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.) Das kann man weder im Haus noch außerhalb des Hauses ernst nehmen, ganz wurscht, wie man zu diesem Terrorbekämpfungsgesetz steht. So geht das nicht! (Ruf bei der FPÖ: Wem fällt das ein?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 348

Daher appelliere ich wirklich an uns alle. Aber ich persönlich habe nicht die Lust, mich von den Klubdirektoren und der Präsidiale weiter zu solchen, ich weiß nicht, masochistischen Anfällen überreden zu lassen – echt! (Allgemeiner Beifall.)

Zum „EU-Informationsgesetz“ und der GO-Novelle hat Herr Neugebauer schon das Wichtigste gesagt, da brauche ich nicht weiter ins Detail zu gehen. Ich möchte mich aber wie Frau Muttonen herzlich bedanken bei den Referentinnen und den Referenten, die das maßgeblich verhandelt haben, und zwar über ein Jahr verhandelt haben, also auf unserer Seite zum Beispiel Marlies Meyer, Peter Steyrer und Jakob Redl. Aber dieser Dank gilt genauso für die Referenten der anderen Fraktionen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Herr Stefan, Sie sehen das, glaube ich, schon zu negativ. Waren Sie wirklich immer gut und rechtzeitig in EU-Angelegenheiten informiert? – Das kann ich nicht glauben. (Abg. Mag. Stefan: Aber künftig werde ich es sein!) Wenn Sie sich für die finanzielle Krise interessiert haben – ich nehme nur das Jahr 2011 her –, dann möchte ich Ihnen sagen: Da ist es mir mehrfach passiert, dass in der „Financial Times“ oder im „Economist“, in diesen beiden Medien, über Wochen etwas berichtet wurde, was wir schon längst hätten wissen müssen, aber vom zuständigen Bundesminister nicht erhalten haben. Das ist schon ein Übelstand gewesen, hoffe ich, und diesem Übel­stand oder Missstand versuchen jetzt das Informationsgesetz und die Geschäftsord­nungs-Novelle abzuhelfen.

Ich gebe gern zu: viel Papier, sehr komplex im Detail, mühsam zu lesen, und es wird an uns liegen, das mit Leben zu erfüllen. Aber Tatsache ist, es gibt neue Informations­rechte der Abgeordneten und korrespondierend neue Informationspflichten der Bun­des­regierung beziehungsweise der zuständigen Ministerien. Wenn wir das denen durchgehen lassen, dass sie wieder nicht informieren, dann sind wir schuld. Aber jetzt haben wir schon eine gesetzliche Handhabe, sie sozusagen ein bisschen stärker, na, nicht an die Leine zu nehmen, aber sie an ihre Pflichten zu erinnern.

Es gibt auch ein paar inhaltliche Sachen, die nicht uninteressant sind. Bisher war es nicht vorgeschrieben, dass ein Minister oder die Regierung die österreichische Position zu bestimmten Vorhaben erläutert hat; in Hinkunft ja, da können wir das einfordern. Dann werden wir sehen, wie das in der Praxis sein wird. Es wird schon ein paar Monate dauern, bis man mit den neuen Instrumenten umgehen kann.

Was wir in der Geschäftsordnungs-Novelle vergessen haben, ist ein Vetorecht einer Gruppe von Abgeordneten gegen solche Tagesordnungen wie heute; das werden wir vielleicht in der nächsten Novelle unterbringen. Aber abgesehen davon gibt es neue Interpellations- und Fragerechte des Parlaments, und zwar, Herr Stefan, mit ganz kurzen Antwortfristen! Nicht mehr mit sechs Wochen oder acht Wochen, oder wie lang das bei einer schriftlichen Anfrage dauert, sondern ganz kurze Antwortfristen, auch aufgrund der Erfahrungen dieses Jahres, wo die Ereignisse sich ja teilweise über­schlagen haben und man mit einer Information nach zwei Monaten nicht bedient wäre, in keiner Weise.

Also: Hoffen wir, dass das funktioniert, erfüllen wir das mit Leben! Das gilt für uns alle. Das gilt nicht nur für die Abgeordneten des Ständigen Unterausschusses oder für die Abgeordneten des Hauptausschusses, sondern für Sie alle, im Prinzip in allen Ausschüssen, für manche mehr, für manche weniger. Aber alle Ausschüsse werden hinkünftig stärker als bisher mit EU-Fragen zu tun haben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 349

1.47.37

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte gleich beim Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Van der Bellen anschließen, dem ich mich insbesondere in seinen Aussagen zur Tagesordnung vollinhaltlich anschließe, denn ich halte es für unzumut­bar, wenn man erst um halb drei in der Früh mit dem Auto nach Hause fahren kann und sich so spät niederlegen muss. Aber ich möchte schon auch sagen, dass die Präsidiale nicht gewillt war, einige Punkte von der Tagesordnung herunterzunehmen und vielleicht auf den nächsten Tag zu verschieben oder den Freitag mit einzuplanen. So etwas wie jetzt ist unzumutbar und unerträglich! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Rädler: Genau!)

Vielleicht würde es helfen, wenn wir verlangen würden, dass die Klubdirektoren so lange anwesend bleiben müssen, dass dann die Tagesordnung kürzer werden würde. (Abg. Neugebauer: Die sind aber nicht schuld! – Weitere Zwischenrufe.) Das wäre vielleicht ein Vorschlag zur Organisation dieser ganzen Geschichte.

Ganz kurz: Ich kann mich eigentlich den vorangegangenen Redebeiträgen an­schließen. Nur, Abgeordneter Stefan, ich verstehe es nicht ganz: Jetzt bekommen wir mehr Rechte als Parlament, wir bekommen mehr Information. Die EU findet statt, auch wenn Sie es nicht wollen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber da bin ich doch lieber besser informiert, wenn sie stattfindet. Ich muss mich ja nicht einklinken in den Pro­zess, wenn ich es nicht will – so wie Sie – , aber ich möchte wenigstens wissen, was dort läuft!

Als Parlament werden wir hier gestärkt, massiv gestärkt. Es gibt eine Verpflichtung zur Übersendung der Dokumente, es gibt endlich ein Gesetz, dass das auch verankert. Ich halte das für eine wesentliche Stärkung des Parlamentarismus. Was die einzelnen Abgeordneten daraus machen, obliegt jedem einzelnen selbst, auch was die Klubs daraus machen, je nachdem. Es gibt Abstufungen, was der Einzelne machen kann, was Klubs machen können, was eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten machen kann.

Es ist dies eine einzige Stärkung des Parlaments, und ich halte es für nicht sehr selbstbewusst, wenn das Parlament sich selbst nicht diese Stärkung verschreibt und einen gleichwertigen Partner zur Regierung bietet, sodass in Echtzeit die Dokumente übermittelt werden müssen oder können, die von der EU an die Regierung gehen, und wir somit denselben Informationsstand haben.

Ich halte das für ein hervorragendes Gesetz. Es ist international eines der besten, es ist wesentlich weitergehender als das deutsche Informationsgesetz. Ich glaube, das macht Sinn. Seien wir endlich einmal so selbstbewusst, dass der Parlamentarismus auch die Information braucht, um ihn zu leben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

1.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. 2 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


1.50.16

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Es wurde heute schon mehrfach angesprochen, dass die Mitwirkungsmöglichkeit der nationalen Parlamente immer wieder gefordert wurde. Der Vertrag von Lissabon geht in diese Richtung. (Abg. Mag. Stadler: Das passt zum Informationsgesetz!)

Wie das konkret aussehen wird, ist in der Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes enthalten. Das heißt für uns, dass wir uns künftig verstärkt über EU-Themen unter­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 350

halten werden, dass dies verstärkt Teil unserer parlamentarischen Arbeit sein wird. Ich sehe darin eine Chance, aber auch eine Verpflichtung, den Bürgerinnen und Bürgern künftig intensiver über Themen der EU Rede und Antwort zu stehen.

Aus meiner Sicht unterstützt dieses Anliegen auch das zur Debatte stehende „EU-Informationsgesetz“, weil es unter anderem – und das ist auch schon angesprochen worden – den Informationsfluss effizienter gestaltet (Abg. Mag. Stadler: Informations­fluss, genau!), weil eine Datenbank mit allen relevanten EU-Dokumenten auch für die Öffentlichkeit zugänglich wird und weil Nationalrat und Bundesrat auch direkt Zugang zur Dokumentendatenbank des Rates erhalten. (Abg. Hagen: ... Post von der Justiz­ministerin!)

Sehr geehrte Damen und Herren, das sind viele Gründe für mich für ein klares Ja zu diesen Änderungen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


1.52.06

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu so später Stunde kommt man doch zu einiger Erkenntnis. (Abg. Dr. Lopatka: Früher Stunde!) Na ja, früher, später, wie auch immer. (Beifall des Abg. Heinzl.)

Dass die FPÖ gegen Dinge ist, sobald „EU“ draufsteht, sind wir schon gewohnt, auch wenn das nur ein „EU-Informationsgesetz“ ist. Aber Sie sind ja auch gegen Verwaltungsvereinfachung, gegen Transparenz, gegen Öffentlichkeitsarbeit. (Abg. Mag. Stefan: 60 Seiten ...!) Sie sind dagegen, dass Bürgerinnen und Bürger sich auf der Parlaments-Homepage über EU-Vorhaben informieren können. (Abg. Mag. Stefan: ... Kosten eingespart!) Sie spielen wahrscheinlich mit der Desinformation der Bürgerinnen und Bürger, denn anders kann ich mir Ihre Haltung heute nicht erklären. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Insbesondere – und das kann ich sagen, wenn ich mir das „EU-Informationsgesetz“ näher ansehe – halte ich es gerade als Parlamentarierin für wichtig, dass wir auch ein EU-Frühwarnsystem erhalten haben. Es ist wichtig, gerade in Bezug auf Dinge, die wir erst vor kurzer Zeit debattiert haben, wie etwa die Vorratsdatenspeicherung. Aber auch in Bezug auf andere Dinge kann man das sagen, wenn man sich die EU-Ratspräsidentschaft und das Programm ansieht, wie etwa die Fluggastdatenrichtlinie oder andere datenschutzrechtliche Bestimmungen. Wir und Sie wollen sicher früh genug darüber informiert sein. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

1.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


1.53.52

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum „EU-Informationsgesetz“ ist alles gesagt worden. Aber ich möchte zur Information vielleicht schon noch eine Anmerkung machen.

Ich halte es für ganz wesentlich – und der kommende Sonntag wird ein besonderer Tag sein, was die Europäische Union betrifft –, dass hier das Parlament von den Informationen nicht ausgeschlossen bleibt. Früher hat es so etwas wie ein Feuer­wehrkomitee gegeben, und das würde ich für notwendig halten, nämlich, dass das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 351

Parlament, wenn es wirklich um Entscheidungen geht, möglichst rasch eingebunden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Zweite ist: Was am Sonntag passiert, ist für die Europäische Union und somit auch für uns hier im Parlament und für alle Österreicherinnen und Österreicher von ganz besonderer Bedeutung. Es wäre schön, wenn der Herr Bundeskanzler bereit wäre, dann möglichst rasch auch das Parlament direkt davon zu informieren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

1.54

01.54.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin beziehungsweise der Berichterstatter ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 65: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Information in EU-Angelegenheiten erlassen wird, samt Titel und Eingang in 1444 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Entsprechend dem Einvernehmen in der Präsidialkonferenz schlage ich gemäß § 74 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, die dritte Lesung auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen.

Ich bringe diesen Vorschlag zur Abstimmung und ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit ange­nommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 66: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird, samt Titel und Eingang in 1445 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Es liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Muttonen, Neugebauer, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeord­neten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Muttonen, Neugebauer, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kolle­gen haben einen Abänderungsantrag betreffend ZZ 1, 10 und 11 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 352

Weiters haben die Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag betreffend Z 12 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Abg. Mag. Stadler: Da hätte ich aber gern nachgezählt!)

Die Abgeordneten Mag. Muttonen, Neugebauer, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend ZZ 13, 16 und 24 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. (Abg. Mag. Stadler: Bitte durchzählen! Das ist keine Zweidrit­tel­mehrheit! – Präsident Dr. Graf nimmt die Anwesenheitslage im Plenum in Augen­schein. – Abg. Mag. Stadler: Viele Grüne sind nicht da! – Weitere Zwischenrufe.)

Ich darf die Schriftführer ans Präsidium bitten, um die Durchzählung vorzunehmen. (Die Schriftführer Jakob Auer und Zanger begeben sich zum Präsidium und beteiligen sich an der entsprechenden Zählung.)

Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Die Auszählung hat ergeben: bei 148 Anwesenden 36 Gegenstimmen und 102 Pro-Stimmen.

*****

(Abweichend von der Bekanntgabe des Stimmverhaltens durch Präsidenten Dr. Graf lautet das tatsächliche Abstimmungsergebnis wie folgt:

Zahl der Anwesenden: 148, Pro-Stimmen: 112, Kontra-Stimmen: 36.

Siehe dazu Korrektur durch Präsidenten Dr. Graf S. 355.)

*****

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes kann die dritte Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 353

02.03.09 67. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1288/A(E) der Abgeord­neten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Staats­reform bei den obersten Organen der Republik (1446 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zum 67. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.03.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist ja leider schon so hier im Hohen Haus, dass man sich freut, wenn ein Antrag im Ausschuss abgelehnt und nicht nur, wie Hunderte andere, vertagt wird, damit man wenigstens hier im Plenum darüber diskutieren kann. Die Freude ist allerdings gedämpft aufgrund der auch schon beim letzten Tagesordnungspunkt angesprochenen Problematik, nicht nur so sehr der Uhrzeit, denn das hat es früher auch gegeben, dass wir oft eine ganze Nacht durchdiskutiert haben. Aber dass man für mehr als 60 Tagesordnungspunkte nur 10 „Wiener Stunden“ als Redezeit hat, ist ein zusätzliches Problem.

Deshalb können wir jetzt natürlich diese umfassende Debatte hier nicht führen, obwohl es notwendig wäre, dass wir über die Staatsreform, auch über eine Reform der obersten Organe hier in Österreich, einmal umfassend diskutieren und sie auch umsetzen. Das wäre wichtig, Herr Staatssekretär, denn unsere Gliederung auch der obersten Organe stammt aus einer Zeit, die ganz andere Notwendigkeiten hatte als heute.

Es ist ganz einfach die Frage zu stellen, ob wir noch 183 Nationalräte brauchen, ob wir in jedem Bundesland so viele Landtagsabgeordnete brauchen, wie wir sie jetzt haben, ob wir in Wien mehr als tausend Bezirksräte brauchen, so wie das jetzt der Fall ist, und ob wir einen Bundesrat brauchen, der manchmal selbst nach seinen Aufgaben sucht. Deshalb haben wir hier Vorschläge eingebracht. Jetzt weiß ich schon, dass man darüber diskutieren kann: Ist es sinnvoll, ist es weniger sinnvoll?

Es ist im Ausschuss das Problem der Gewaltentrennung, wenn Landeshauptleute in der Länderkammer sitzen, diskutiert worden. Darüber diskutiere ich gern mit Ihnen. Nur sollte man dann auch darüber diskutieren, ob etwa die Landeshauptleutekonferenz, die überhaupt nicht in der österreichischen Bundesverfassung verankert ist, so viel an Reformen zumindest blockieren kann, wie sie es jetzt macht, und hier eine Realverfassung das Bundes-Verfassungsgesetz aushebelt. (Beifall beim BZÖ.)

Mir geht es jetzt also weniger um die einzelnen Punkte, die wir in diesem Antrag drin­nen haben, sondern mir geht es darum, dass wir endlich damit beginnen, eine Grundsatzreform unseres Verfassungs- und Verwaltungsgefüges einzuleiten, so wie wir es im Verfassungskonvent auch gemacht haben. Da ist auch schon viel gearbeitet worden, vieles davon könnte man umsetzen und herübernehmen. Wir haben einen Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Verwaltungsreform, der schon Monate oder fast Jahre nicht mehr getagt hat.

Ich weiß schon, Sie werden hier jetzt begründen, warum Sie es ablehnen. Okay, das ist so; ich bin froh darüber, dass wir wenigstens diese 1 oder 2 Minuten darüber diskutieren können. Aber, Herr Staatssekretär, Sie haben es angekündigt, es war auch im Regierungsprogramm: Beginnen Sie endlich damit – und zwar von der Spitze herab –, unsere Verfassung und Verwaltung zu reformieren! Man könnte hier vieles


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 354

einsparen. Vor allem könnte man dann auch mit gutem Beispiel vorangehen, wenn man von anderen Institutionen genau das verlangt: mehr Effizienz und mehr Einspa­rungen! (Beifall beim BZÖ.)

2.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Wittmann. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.06.51

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann es kurz machen: Das ist ein so popu­listischer Antrag, mit dem man eben in die Zeitung kommen will! Halbierung der Abgeordneten auf Bundesebene, Halbierung der Abgeordneten auf Landtagsebene, Abschaffung des Bundesrates (Abg. Mag. Stadler: Abschaffung der Finanzpro­kuratur!), das alles sind schöne Schlagwörter.

Kommen Sie mit einer gescheiten Reformidee! Wir werden darüber diskutieren. Auch wir sind daran interessiert, dass wir unsere Institutionen reformieren, dass wir sie etwas sparsamer gestalten können. Kein Thema. Aber so etwas ist reiner Populismus, deswegen wurde der Antrag auch abgelehnt.

Für ganz schlimm würde ich es halten, wenn wir die Gewaltentrennung aufgeben und Exekutivorgane in die Legislative herüberholen. Das ist, glaube ich, ein ganz falscher Ansatz! Es ist ein ganz falscher Ansatz, wenn ich die Landeshauptleutekonferenz als Legislativorgan einführe (Abg. Hagen: Herr Kollege, haben Sie den Antrag gelesen?), denn die Gewaltentrennung ist einer der Grundbausteine unserer Verfassung. Ich glaube, dass wir dafür sogar eine Volksabstimmung brauchen würden.

Ich bin für die strikte Trennung von Legislative, Jurisdiktion und Exekutive. Deswegen können wir diesem Antrag unter keinen Umständen zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

2.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.08.11

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hand aufs Herz, Herr Kollege Scheibner: Hätten Sie den Antrag eingebracht, wenn Sie noch einen Vertreter im Bundesrat gehabt hätten? (Abg. Scheibner: Sicher!) Hätten Sie den Antrag eingebracht, wenn Sie einen Vertreter in der Landesregierung hätten? (Abg. Scheibner: Haben wir schon seit 15 Jahren!) Hätten Sie den Antrag eingebracht, wenn Sie in acht Bundesländern vielleicht einen Landtagsabgeordneten gehabt hätten? (Zwischenrufe beim BZÖ.) Hätten Sie den Antrag eingebracht, wenn Sie jetzt auch in Kärnten nämlich gar keinen eigenen BZÖ-Abgeordneten mehr haben, sondern FPK oder FP, oder ich weiß nicht, wie Sie jetzt gerade heißen? (Abg. Petzner: Kehr du vor der eigenen Tür! – Weitere Zwischenrufe.)

Es könnte auch sein, dass das vielleicht der Beweis ist, dass Sie sich selber abschaf­fen wollen. Wenn Sie durch zwei dividieren wollen auch bei den Nationalräten, wo Sie in acht Wahlkreisen nicht einmal einen Mandatar stellen: Null dividiert durch zwei bleibt null. Da wäre also in Wirklichkeit jetzt auch nichts mehr herausgekommen, Herr Kollege Scheibner. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Ist das alles, was Ihnen dazu einfällt? Zur Verfassungs- und Verwaltungsreform?)

Wenn Sie eine ernsthafte Diskussion über eine Staatsreform hätten haben wollen, dann hätten Sie den Antrag viel weiter gefasst. Dann hätten Sie ihn viel umfassender


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 355

geschrieben. Dann hätten Sie vielleicht auch über die Verwaltungsgerichtsbarkeit ge­schrieben, wo wir ja auch, glaube ich, auf einer guten Diskussionsbasis sind, Herr Kollege Scheibner, dass wir auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich neu aufstellen. Darüber könnten wir reden. Wir könnten über die Neuorganisation der Volks­anwaltschaft reden. Wir könnten auch über mehr Rechte für die Volksgrup­penbeiräte reden. Über das alles können wir reden.

Das haben Sie aber nicht hineingeschrieben! Daher ist der Antrag reiner Populismus, und daher kann ich allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, ihn abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ursula Haubner: Dann gibt es viele populistische schwarze Bürgermeister in Oberösterreich!)

2.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bei der Enunzierung des Abstimmungsergebnisses zu Tagesordnungspunkt 66 ist mir ein Sprechfehler unterlaufen, den ich hiermit korri­giere:

Es waren 148 Abgeordnete anwesend – das ist richtig –, und es waren 112 Stimmen pro und 36 contra. – Damit ist das berichtigt.

*****

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.10.18

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Gerstl, so einfach kann man es sich aber nicht machen, wie Sie das jetzt versucht haben! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gerstl.) Bei der Budgetsituation, in der wir sind, muss es erlaubt sein, zu fragen, wie viel Verwaltung der Staat Österreich braucht und welche Struktur dazu nötig ist. Ganz egal, ob man Leute in den Gremien sitzen hat oder nicht: Diese Frage gehört von der Sache her geklärt! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, dass auch der schon von Herrn Scheibner erwähnte Konvent darauf wirklich sehr viele Antworten gegeben hat. Man sollte diese Konvent-Ergebnisse noch einmal hernehmen und sagen, was dazu passt und was adaptiert werden muss. Aber wir sollten diese wichtige Arbeit, die der Konvent über zwei Jahre, glaube ich, mit vielen, vielen Fachleuten geleistet hat, nicht noch einmal machen.

Ich möchte zwei Beispiele anführen, wie es in der Praxis wirklich ausschaut. Einspar­potenziale gibt es ja zuhauf.

Erstens: Es gibt im Mühlviertel die Gemeinden Pregarten, Wartberg und Hagenberg, diese haben sich über die Gemeinderäte und Bürgermeister entschlossen (Abg. Jakob Auer: Nicht alle drei Gemeinden!), aus diesen drei Gemeinden eine Stadt mit dem Namen Aist zu machen. (Abg. Jakob Auer: Das stimmt ja so nicht! Nicht alle drei Gemeinden! – Abg. Rädler: Das stimmt so nicht! – Weitere Zwischenrufe.) – Hagen­berg ist momentan noch fraglich, ja. Aber ursprünglich hatten sie sich darauf geeinigt. (Abg. Rädler: Das stimmt ja nicht! Das ist die Unwahrheit, was Sie da reden!)

Dieses Projekt ist begleitet worden von der Universität Linz, von Herrn Professor Schneider. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es gibt statt 81 Gemeinderäten nur mehr 37, statt 19 Ausschüssen nur mehr neun, die Infrastruktur ist leichter planbar. Letztlich hat Professor Schneider errechnet (Abg. Rädler: Das ist falsch!), dass es jährliche Einsparungsmöglichkeiten von 500 000 € bis 826 000 € gibt. (Abg. Rädler: Unrichtige


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 356

Zahlen hat er gehabt, der Herr Professor!) Jetzt wird die Bevölkerung gefragt, ob sie es will oder nicht.

Der zweite Fall ist die Schulverwaltung. Da gibt es eine OECD-Studie: Die Kosten für neun Jahre Pflichtschulzeit eines Schülers betragen in Österreich 71 000 €, in Finnland 46 000 €. Warum ist Finnland um so vieles günstiger? – Weil die Finanzierung und die Lenkung aus einer Hand erfolgt, und weil die Schüler im Mittelpunkt stehen und nicht die Schulverwaltung. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt Tausende Einsparungsmöglichkeiten in unserem Staat. Tausende Einspa­rungs­­möglichkeiten, und eine Strukturreform und Verwaltungsreform ist unerlässlich! Sie gehört aber gemacht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

2.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser zu Wort gemeldet. 2 Minuten sind eingetragen. – Bitte.

 


2.13.33

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen vom BZÖ! Ich glaube, der Titel „Umfassende Staatsreform“ ist etwas hoch gegriffen. Aber davon abgesehen, ist der Antrag auch in der Sache etwas dünn.

Weniger Politiker klingt immer gut, aber man sollte sich auch dessen bewusst sein, was es konkret bedeutet. Ich erinnere euch an die letzte Legislaturperiode: Da wart ihr acht Personen in diesem Haus (Abg. Ursula Haubner: Sieben!), oder sieben waren es nur. Ich kann mich erinnern, ihr habt alle Hände voll zu tun gehabt. Jetzt überlegt euch das bei halbierter Mandatszahl: drei bis vier Leute! (Abg. Ursula Haubner: Fleißig!)

Na, fleißig; ich stelle mir die Frage, ob ihr noch annähernd – ich möchte eure Arbeit jetzt nicht inhaltlich beurteilen, aber annähernd – eine qualitative Arbeit hättet abliefern können mit drei bis vier Personen. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Man muss schon sagen, eine Mindestgröße von Gremien ist auch der Schutz kleiner Fraktionen, die in der Lage sind, durch eine Mindestzahl an Abgeordneten themendifferenziert und bürgerInnen­nah zu arbeiten. Wie wollt ihr denn mit drei bis vier Abgeordneten Gesamt-Österreich betreuen? – Das ist undenkbar! Das muss man mitbedenken, wenn man über die Größe der Gremien redet. (Beifall bei den Grünen.)

Aber selbst, wenn man das alles außer Acht lässt, muss man die Frage auch ganz anders stellen. Man muss zuerst fragen: Welche Aufgabe sollen die Länder haben? Wie sollen die Gesetzgebungskompetenzen verteilt sein? Wie sollen die Verwaltungs­kom­petenzen verteilt sein? – Das ist nicht ausdiskutiert. Ihr wisst nur eines: Ihr wollt die Gremien verkleinern, egal, ob auf Landesregierungsebene oder auf Gesetzgebungs­ebene. Das ist die falsche Fragestellung! Zuerst muss man fragen: Wer macht was?, und dann reden wir darüber, wie groß die Gremien sind. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Bundesrat. Kollege Gerstl, wir Grüne haben drei sehr gute Bundesräte, die ausgezeichnete Arbeit leisten. Aber ich sage Ihnen eines: Ja, der Bundesrat gehört abgeschafft! Das ist ein Gremium ohne Funktion und ohne Aufgabe, da bin ich bei Ihnen, aber was das BZÖ anbietet, ist eine gefährliche Drohung, nämlich: die Landeshauptleutekonferenz in die Bundesverfassung!

Die Gewaltenteilung ist ein verfassungsrechtliches Problem, das man ernst nehmen muss. Aber das viel Schlimmere ist, dass Sie einem Blockadegremium, das jetzt in der Realverfassung schon viel zu viel Einfluss hat, dann auch noch verfassungsrechtlich Vetomöglichkeiten geben wollen. Glauben Sie wirklich, dass dann diese Republik durch so ein Gremium effizienter wird? – Ich glaube es nicht!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 357

Wir werden diesen Antrag im Verfassungsausschuss gerne diskutieren, aber er ist wenig durchdacht. Und es ist naheliegend, dass wir ihn ablehnen werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Er war ja schon im Ausschuss!)

2.16

02.16.15

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 67: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 1446 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

02.16.5268. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1581/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 68. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.17.25

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Zunächst eine Bitte an Sie: In meinem Klub herrscht Unmut darüber, dass Kollege Hörl dauernd vom „Hooligan-Sektor“ redet. Klubobmann Kopf hat heute dafür einen Ordnungsruf bekommen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Auf wen wird sich das beziehen?) Mich stört es nicht, ich kann damit leben; aber meine Klubkollegen stört das sehr wohl. Wenn wir dabei bleiben, dass für so etwas ein Ordnungsruf erteilt wird, dann bitte ich den Kollegen Hörl, sich bei seinem Klubobmann zu erkundigen, was das bringt.

Nun aber zum Antrag selbst. Ich habe hier eine Idee aufgegriffen, die Kollege Amon schon einmal geäußert hat aufgrund einer meiner Ansicht nach berechtigten Kritik des Klubobmannes Kopf. Die verunglückte Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz hin­sichtlich der Stellung, der Positionierung der Staatsanwaltschaft in unserem verfas­sungs­rechtlichen Gefüge hat dazu geführt, dass man bei der Staatsanwaltschaft zunehmend der Meinung ist, dass es keine parlamentarische Kontrolle mehr geben könne.

Namentlich ist der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien der besonderen Meinung – das hat er auch bei einer Tagung der Staatsanwälte vorgetragen –, dass das Parla­ment überhaupt nichts mehr zu kontrollieren habe! Er hat sogar wörtlich davon ge­sprochen – Herr Kollege Donnerbauer, du bestätigst es mir hoffentlich –, dass die Staatsanwaltschaft mittlerweile ein „Staat im Staat“ sei; wortwörtlich, er hat dich zitiert. (Abg. Kopf: Copyright!) – Es war von dir das Copyright, er hat deine Kritik aufgegriffen und hat gesagt: Jawohl, das stimmt sogar, wir sind „Staat im Staat“, uns kontrolliert niemand mehr!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 358

Das, so glaube ich, geht nicht! Daher muss man der Staatsanwaltschaft Folgendes klarmachen: Es muss eine parlamentarische Kontrolle geben, diese parlamentarische Kontrolle sollte der Kontrolle des Ausschusses betreffend Stapo-Tätigkeit und Heeres­dienste nachgebildet werden, sodass die Vertraulichkeit entsprechend gewahrt ist. Dafür haben wir sogar Sonderräume, es sind technische Vorkehrungen getroffen. Es ist der Staatsanwaltschaft absolut zumutbar, dass man deren Tätigkeit, aber vor allem deren Untätigkeit dort kontrolliert! (Beifall beim BZÖ.)

2.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.19.37

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Kolleginnen und Kolle­gen! Ich glaube nicht, dass wir jetzt in der Nacht noch eine sinnvolle Diskussion führen können. Daher nur so viel: Es ist eine erste Lesung, und wir werden darüber noch diskutieren.

Ich glaube, man muss sehr behutsam umgehen mit den Vorwürfen, die hier so pau­schal verteilt werden. Es gibt auch viele Tatsachenbehauptungen, die schlicht und einfach unwahr sind. Ich glaube, es ist sehr wohl zu überlegen, ob es sinnvoll ist, dass hier Staatsanwälte mit Kollegen wie dem Herrn Westenthaler in Kontakt gebracht und damit massiv bedroht werden. (Abg. Mag. Stadler: Davon ist nicht die Rede!) Ich glaube also, hier muss man sehr, sehr vorsichtig sein.

Es gibt alternative Modelle, ich persönlich halte von einem Bundesstaatsanwalt wesentlich mehr. Ich denke, man muss auch unterscheiden zwischen Justizministerium und Richterschaft und Staatsanwälten. (Abg. Mag. Stadler: Wir reden von der Staatsanwaltschaft!) Wir selbst haben hier die Entscheidung getroffen, das sie in die Verfassung transferiert werden, abgesichert werden.

Daher meine ich, man kann hier nicht aus einer Emotionalität heraus und möglicher­weise auch von einer persönlichen Befasstheit her übermäßig reagieren. Das muss vernünftig argumentiert werden. Wir sollten auch die Lehre einbinden, einen größtmöglichen Kreis. (Abg. Mag. Stadler: Hannes, mit dem Genossen Pleischl schützt du den Falschen!) Aber nur zu sagen, die Staatsanwälte machen, was sie wollen – Ewald, diese Hetzerei ist mir persönlich etwas zu viel!

Ich möchte eine vernünftige, eine rechtstaatlich einwandfreie Lösung und nicht aus einer plötzlichen Verteidigung in einer persönlichen Angelegenheit heraus eine weit überschießende Reaktion, die sehr, sehr weit in das Innere des Rechtsgefüges des Staates eingreift. Daher: Eine vernünftige Diskussion ja, aber nicht über das Ziel geschossen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

2.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.21.27

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube durchaus, dass man den Vorschlag, den Kollege Stadler macht, seriös diskutieren soll. (Demonstrativer Beifall des Abg. Strache.) Wir hatten ja auch im Zuge des letzten Untersuchungsausschusses die Problematik, dass Fälle, die untersucht worden sind, zunächst – wie auch im Verfassungsschutzbericht aufgezeigt – den Stapo-Ausschuss hätten befassen sollen. Das Problem war, dass durch die neue StPO im Grunde genommen der Stapo-Ausschuss zunächst für unzuständig erklärt wurde. (Abg. Mag. Stadler: Ja, das stimmt!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 359

Wir haben uns dann über die Geschäftsordnung geholfen, über ein Konstrukt, wo es eben heißt, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung Auskunft erteilt; und wir müssen eigentlich sagen, dass das bis dato funktioniert. Es geben im Hinblick auf die Aktivitäten der Verfassungsschutzdienste die Innenministerin und auch die Justizminis­terin Auskunft. Aber das kann es auf Dauer nicht sein.

Hinzu kommt die Evaluierung der Strafprozessordnung, die ja jetzt vorliegt. Dazu ist ein Unterausschuss eingerichtet worden. Ich denke, dass man dann die Ergebnisse zusammenspielen soll, und daraufhin muss es wohl auch zu irgendeiner Form der Überprüfung dieser Tätigkeiten kommen.

Es gibt im Übrigen einschlägige EuGH-Urteile, die ganz klar sagen, dass es in einem demokratischen Rechtsstaat eigentlich nichts gibt, was der parlamentarischen Kon­trolle entzogen werden kann. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)

2.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.23.12

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vorredner! (Abg. Strache: Respekt!) Es ist, glaube ich, klar: Es darf bei uns nichts der parla­mentarischen Kontrolle entzogen werden. Es muss aber darauf geachtet werden, dass wir hier im Parlament keine Parallelverfahren führen beziehungsweise in Einzel­verfahren eingreifen oder Druck auf einzelne Staatsanwälte in Einzelverfahren ausüben. (Abg. Kopf: Das ist richtig!)

Was aber nicht passieren darf, ist, dass die Staatsanwaltschaft – ich zitiere dich da noch einmal – einen „Staat im Staat“ bildet und dass sich Seilschaften innerhalb der Staatsanwaltschaft bilden, die selbst für das Ministerium kaum mehr durchblickbar und kontrollierbar sind. Diese Gefahr – sagen wir es einmal so – könnte gegeben sein! Ich möchte jetzt keine Namen nennen, aber wenn wir nur den uns allen zugegangenen Rzeszut-Bericht lesen, dann schaut es da nicht allzu gut aus.

Ohne Namen zu nennen: Die Oberstaatsanwaltschaft Wien scheint hier immer wieder ein Problem zu bilden. Ich darf erinnern an die Fälle von vor mittlerweile drei Jahren mit dem Ende des damaligen Leiters der Wirtschaftsabteilung in der Staatsanwaltschaft Wien. Jahrelang haben Dutzende Juristen vergeblich versucht, diese Missstände abzu­stellen, es ist nichts geschehen. Es wurde zugedeckt, es ist auch diesem Herrn mit Vornamen R. nichts geschehen.

Es könnte sein, dass wir heute ähnliche Zustände haben, die nicht angegriffen werden. Daher sollte sich, glaube ich, niemand – auch nicht die SPÖ, die das im Debatten­beitrag des Kollegen Jarolim bisher getan hat – dagegen verwahren, dass wir mög­lichst rasch eine Kontrollinstanz installieren.

Der Vorschlag Stadler ist mir da durchaus sinnvoll erschienen. Da sind wenige Ände­rungen nötig, dafür sind Infrastrukturen vorhandene. Wenn man den politischen Willen hat, kann man das machen. Ich glaube, es würde auch bei verschiedenen Mitgliedern der Staatsanwaltschaft ein Umdenken auslösen, wenn es ein solches Kontrollinstitut einmal gäbe. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

2.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Steinhauser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 360

2.25.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte den Antrag des Kollegen Stadler für absolut diskussionswürdig. Es ist ja auch gar kein so großer Schritt: Wir haben jetzt schon das parlamentarische Interpella­tionsrecht, das heißt, die Staatsanwaltschaft unterliegt über die Ministerverant­wortlich­keit auch unserer Kontrolle.

Was sich ändern würde und was das Interessante wäre, ist die Methode der Kontrolle. Wir haben jetzt das Problem, dass wir Anfragen stellen und mehr oder weniger taugliche Antworten bekommen, und das war es. Das Spannende – und das zeigt auch der Unterausschuss zur Kontrolle des BVT – ist ja, dass man dort sozusagen in einer anderen Art und Weise die Staatsanwaltschaft kontrollieren könnte, mitunter auch Akteneinsicht nehmen könnte und daher tatsächlich in einer seriösen Weise Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nachprüfen könnte.

Der wesentliche Punkt – und das ist das, was wir diskutieren müssen – ist, dass ich auf dem Standpunkt stehe, dass das höchstwahrscheinlich eine nachprüfende Kontrolle sein müsste, die vor allem dann greift, wenn Verfahren eingestellt wurden. Was ich nicht will, ist, dass wir in laufende Verfahren hinein dirigieren, weil das zu einer zunehmenden Politisierung führen könnte, zumal dann auch die Gefahr gegeben wäre, dass mitunter natürlich auch Ermittlungsstrategien der Staatsanwaltschaft offengelegt werden würden, wenn sie berichtet, sodass es möglich wäre, über Parteien auch Einsicht in Verfahren zu bekommen. All das wollen wir nicht.

Wir wollen ja nicht sozusagen die Staatsanwaltschaft hinsichtlich ihrer Ermittlungs­strategien anweisen – das ist Aufgabe der Oberbehörden –, sondern wir wollen kontrollieren, ob die Staatsanwaltschaft nach dem Gesetz ihrer Tätigkeit nachgekom­men ist. Das würde ich vor allem dann ansetzen, wenn ein Verfahren eingestellt wurde (Abg. Mag. Stadler: Oder nichts geschieht!) oder nichts geschieht und man kontrol­lieren muss, warum das so war und ob das plausibel ist. Aber das ist, glaube ich, der sensible Punkt, dass wir eine klare Entscheidung treffen: Es ist eine nachprüfende Kontrolle, die allenfalls Missstände aufzeigt.

Ich glaube, diese Details werden diskutieren, und in dem Sinn freue ich mich auf die Debatte im Justizausschuss. Ich denke, auch die Staatsanwaltschaft muss sich nicht davor fürchten. Niemand kann sich der Kontrolle entziehen, und wie wir wissen, hat das auch eine präventive Funktion: Kontrolle führt in der Regel dazu, dass genauer gearbeitet wird. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

2.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1581/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

02.28.0269. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2010, geändert wird (1588/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 69. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 361

2.28.19

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, ist das ABGB heuer 200 Jahre alt geworden. Auch die Ehedefinition ist damit 200 Jahre alt geworden. Mich stört nicht, dass in der Ehedefinition das Wort „zwey“ mit y geschrieben wird und „Beystand“ ebenfalls noch mit y geschrieben wird, weil die Textierung so alt ist, sondern ich glaube, dass man realistisch sein und sagen muss: In 200 Jahren hat sich die Welt nachhaltig verändert!

Es ist nicht einzusehen, dass wir glauben, dass sich die Ehedefinition nicht ändern muss. Ich meine, die Ehedefinition spricht noch von der Unzertrennlichkeit der Ehe; wir wissen, dass 50 Prozent der Ehen geschieden werden. Es geht nicht darum, ob uns das gefällt oder nicht gefällt, sondern es geht darum, adäquate Lösungen anzubieten, wenn Trennungen anstehen.

Das Gleiche ist es mit der Kinderzeugung: Die Ehedefinition des ABGB verlangt sozusagen als Zweck der Ehe die Kinderzeugung. Jeder freut sich, wenn es Kinder gibt, aber real ist das nicht der einzige Zweck. Niemand verwehrt einem älteren Ehe­paar die Heirat, wenn eine Kinderzeugung auch gar nicht mehr möglich wäre.

Ich glaube daher, dass wir eine zeitgerechte Ehedefinition brauchen, dass es nach 200 Jahren Zeit ist, über eine bessere Definition nachzudenken. Das haben wir getan, ich möchte das mit drei Sätzen umreißen. Es geht primär um eine Vertrauens­beziehung und um eine umfassende Partnerschaft auf Dauer – was gibt es Schöneres, als wenn zwei Menschen das füreinander eingehen wollen, egal, welchen Geschlechts, und egal, mit welcher Motivation?

Diese Ehedefinition-Neu wäre sinnvoll. Aber es ist ja nicht mit der Ehedefinition getan, sondern wir brauchen auch eine umfassende Reform des Scheidungsrechts. Wir müssen in Wirklichkeit weg von der Verschuldensscheidung, hin zur Zerrüttungs­schei­dung. Es kann nicht sein, dass wir per Gesetz Menschen in zerrüttende, ruinöse Ehe-Rosenkriege treiben, die niemandem nützen.

Insofern gibt es, wie ich meine, zwei Reformschritte: Das eine ist eine neue Ehede­finition, und das Zweite ist eine Reform des Scheidungsrechts. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

2.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.30.36

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Erstes darf ich unserem Kollegen Hubert Kuzdas herzlich zu seinem heutigen 50. Geburtstag gratulieren. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Nun zu meinem eigentlichen Thema; Herr Kollege Steinhauser hat schon einiges vor­weg­genommen. Es ist richtig, die Lebensrealität ist anders geworden. Es gibt die verschiedensten Formen des Zusammenlebens. Wir haben einen ersten Schritt gesetzt mit der eingetragenen Partnerschaft, wobei es da aber in vielen Dingen keine Gleichstellung gibt.

Sicherlich muss auch die Frage gestellt werden, warum man nicht Partnerschaften, die Lebensgemeinschaften bilden, der Ehe gleichstellt. Wir leben heutzutage in einer ande­ren Realität und sollten uns daher auch von ideologischen Grenzen, die einige in diesem Hause sicher haben, entfernen. (Beifall bei der SPÖ.)


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An der Realität kommen wir nicht vorbei – und überdies erwarten die Menschen von uns Lösungen. Deshalb freue ich mich schon auf die Diskussion darüber. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

2.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


2.32.08

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Steinhauser will in seinem Antrag das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch dahin gehend modernisieren, dass er die Klarstellung unter den Tisch fallen lassen will, dass Familienverhältnisse durch eine Ehe begründet werden. Das ABGB wird vom Leitbild der Ehe und der ehelichen Familie getragen. Wir von der ÖVP wollen uns von diesem Leitbild auf keinen Fall verabschieden. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

In diesem Antrag wird weiters vorgeschlagen, die Unzertrennlichkeit der ehelichen Gemeinschaft fallen zu lassen, natürlich im Hinblick auf eine mögliche Scheidung. – Auch dazu sehe ich keinen Anlass. Ich meine, die Ehe ist eine auf Dauer angelegte Beziehung – und nicht eine Beziehung, wo man auf gewisse Zeit zusammengeht. (Beifall bei der ÖVP.)

Keinen Grund kann ich auch darin erkennen, das Institut Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir hier das Gesetz über die eingetragene Partnerschaft beschlossen, und ich denke, dass wir mit diesem Gesetz über die eingetragene Partnerschaft einen guten Regelungsrahmen geschaffen haben, der den Interessen Homosexueller entgegenkommt. Ich sehe da keinen weiteren Handlungsbedarf. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

2.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.33.39

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren von den Grünen und von der Sozialistischen Partei, Sie sprechen hier von der Unzertrennlichkeit der Ehe (Ruf bei der SPÖ: Sozialdemokratische Partei!), die aber in der Hälfte aller Fälle zu einer Scheidung führe. Und Sie glauben, dass Sie, wenn Sie eine gleichgeschlechtliche Ehe, eine Transgender-Ehe ermög­lichen, damit das Problem lösen? – Mitnichten lösen Sie dieses Problem!

Bei einer Familie, bei einer Ehe gibt es keine überholten Realitäten und andere Realitäten als jemals zuvor, denn eine Ehe ist begründet durch Mann und Frau, die eine Familie gründen und wo aus dieser Ehe Kinder hervorgehen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Wie wollen Sie es erreichen, dass in einer Ehe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen diese auf natürliche Weise miteinander Kinder bekommen? Das führen Sie mir einmal vor, meine Herren und Damen von der Grünen Partei! (Abg. Mag. Stadler: Wie stellen sie sich das im Detail vor?)

Eine zeitgemäße Neudefinition von Ehe brauchen wir schon gar nicht. Wir brauchen gesetzliche Rahmenbedingungen, dass Ehen zustande kommen, dass Familien wieder gelebt werden können – das brauchen wir! Wir brauchen keine Neudefinitionen, meine Damen und Herren. Nur weil Ehen nicht halten, wollen Sie sagen: Na gut, dann probieren wir es einmal anders herum; also zwei Männer, zwei Frauen. – Warum soll das länger halten?


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Ein Nachholbedarf ist absolut nicht gegeben, hier eine Ehe von Gleichgeschlechtlichen oder von Transgendern zu legitimieren. Wir haben schon die eingetragene Partner­schaft. Was brauchen wir mehr? – Da besteht sicherlich kein Handlungsbedarf. (Beifall bei der FPÖ.)

2.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1588/A dem Justizausschuss zu. (Abg. Krainer: Ein Ruf aus dem 18. Jahrhundert war das!)

02.35.5770. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Renate Csörgits, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zur Änderung der österreichischen Bundeshymne (1658/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 70. Tagesordnungspunkt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Frau Abgeordnete Schittenhelm. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.36.30

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Guten Morgen, sehr geehrter Herr Prä­sident, geschätzte Damen und Herren! Am 8. Juli dieses Jahres wurde ein Antrag auf Änderung der österreichischen Bundeshymne eingebracht, und zwar von Abgeord­neten der SPÖ, der Grünen und der ÖVP. In diesem Antrag geht es um das Einbringen der Töchter in die österreichische Bundeshymne – der großen Töchter so wie der großen Söhne, die ja schon in der Bundeshymne besungen werden.

Dieser Antrag hat vor dem Sommer große Emotionen ausgelöst, ebenso einen enor­men Pressewirbel. Emotionen – das gebe ich ganz offen zu – waren auch in unserer Fraktion sehr stark zu spüren, aber wohl eher deshalb, weil die Vorgangsweise eine nicht angebrachte war, mehr als es der Inhalt dieses Antrages ist.

Meine Damen und Herren, worum geht es? – Im Jahr 1947 hat die Schriftstellerin Paula Preradović getextet. Mit einem Ministerratsbeschluss am 25. Februar 1947 wurde dieser Text dann innerhalb von 15 Minuten als Bundeshymne beschlossen – und das war‘s dann auch schon.

Natürlich war das ein Text, der unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges entstan­den war. Damals war von Frauen, war von der Wertigkeit von Frauen und von Gleich­berechtigung keine Rede. Natürlich wurde dann im Nachhinein sehr wohl von der Kraft der Frauen damals gesprochen (Abg. Strache: Aber die große Frau Preradović dreht sich im Grab um, wenn sie das hört! Das ist ja absurd!), von jenen Frauen, die einen entscheidenden Beitrag zur Demokratisierung Österreichs geleistet haben und die heute noch als sogenannte Trümmerfrauen geehrt und verehrt werden. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Strache: Wie tief sinkt denn die ÖVP noch? Wollen Sie auch „Alle Menschen werden Brüder“ in „Schwestern“ umdichten? Die Österreicher greifen sich nur noch an den Kopf ob solcher Unsinnigkeiten! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren, mir ist durchaus bewusst, dass es zahlreiche andere Anliegen in unserer Republik gibt – auch frauenpolitische, selbstverständlich –, aber es geht darum, dass der Text der Bundeshymne mit den großen Töchtern auch Symbolkraft hat. Und glauben Sie mir: Deswegen wird die Arbeit der Bundesregierung oder auch von uns nicht zum Erliegen kommen; das kann ich Ihnen versichern.


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Die Bundeshymne, die sehr oft als „unantastbar“ bezeichnet wurde, wurde bereits 1947 im Text verändert. Dieser Bundeshymnen-Text soll, wie gesagt, Symbolkraft haben, und ich glaube, wir sind einer Meinung, wenn ich sage, dass diese Republik nicht nur große Söhne, sondern auch große Töchter beheimatet hat – und daher ist es wohl das Mindeste (Abg. Strache: Wo lesen Sie, dass das nicht im Text steht?), dass wir in unsere Bundeshymne, für die gesamte Bevölkerung, die nun einmal aus Frauen und Männern besteht, sehr wohl auch die großen Töchter mit hereinnehmen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen. – Abg. Strache: Die große Frau Preradović dreht sich im Grab um!)

Daher hoffe ich sehr, dass im Verfassungsausschuss – diesem wurde ja der Antrag zugewiesen, und es sind sehr viele Vorschläge eingegangen – eine sachliche Diskus­sion stattfinden wird und dass auch im Sinne der Frauen und der Wertigkeit der Frauen in unserem Lande entsprechend entschieden wird. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

2.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Petzner: Fürs Protokoll: Die Hälfte der ÖVP-Fraktion hat nicht applaudiert!)

 


2.39.37

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Schittenhelm hat schon gesagt, der letzte Tagesordnungspunkt vor der Sommerpause ist dem Thema Bundeshymne gewidmet gewesen – und wir nehmen uns heute in der ersten Lesung auch wieder dieses Themas an.Kollegin Schittenhelm hat betont, dass 1947, unter den Zeichen der Zeit, in Form eines Ministerratsbeschlusses diese für das Land so symbolträchtige Hymne beschlossen wurden. Nun diskutieren wir in erster Lesung darüber (Abg. Strache: Dank der Frau Preradović!), wie wir diese Hymne sozusagen auf die Höhe der Zeit bringen können. (Abg. Mag. Stefan: Wo ist denn eine Hymne „auf der Höhe der Zeit“?)

Ich möchte hier nicht zitieren, dazu gibt es dann noch Möglichkeiten genug, sowohl im Verfassungsausschuss als auch im Plenum. Sie kennen das vielleicht, Jurist Harald Stefan hat sich gerade darüber mokiert. (Abg. Strache: Was ist denn mit dem Urhe­berrecht der Frau Preradović?) Herr H.-C. Strache, auch der Urheber ist selbstver­ständlich ... (Abg. Strache: Dem Urheberrecht der Frau Preradović! Ja! (Zwischen­ruf des Abg. Neubauer.) Es gibt OGH-Erkenntnisse, Herr Strache, Herr Stefan, es gibt all das! Es gibt genau dort die Erkenntnisse; wenn es Sie interessiert, können Sie es gerne nachlesen, auch die Begründungen. Die Begründungen nämlich, dass sich Sprache weiterentwickelt, dass sich Sprache fortentwickelt.

Wie wichtig es ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass in der Bundeshymne auch die großen Töchter erwähnt werden (Abg. Strache: Ist Mozart auch nicht „auf der Höhe der Zeit“, nach Ihrer Definition?), merken wir schon daran, wie emotional hier diskutiert wird. Es ist auch deshalb notwendig. So sehen es auch die Richter und Richterinnen in diesem Erkenntnis. Auch wenn Sie es noch so gerne lächerlich machen: Was nicht benannt wird, existiert nicht! Das sagen Sprachwissenschaftler. Daher, sehr geehrte Damen und Herren, ist es wichtig, ist es notwendig, unsere Bun­deshymne sozusagen auch mit den großen Töchtern zu bestücken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und ich sage Ihnen noch eines: FrauenministerInnen, ich möchte fast sagen aller Couleurs, haben sich schon mit dieser Hymne beschäftigt. So beispielsweise 1992 Johanna Dohnal hier im Parlament mit dem Text von Barbara Stromberger; Melitta Trunk hat sie hier schon gesungen. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.) Weiters damit


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beschäftigt haben sich Barbara Prammer, Helga Konrad, Maria Rauch-Kallat, sehr viele Frauen und Feministinnen, denn es geht auch um Gerechtigkeit für 50 Prozent der Bevölkerung.

Sehr geehrte Damen und Herren,  (Abg. Hörl: Redezeit!)  12 Minuten habe ich noch, lieber Franz Hörl. Ich kann es gerne ausschöpfen, wenn du Bedarf nach mehr Diskussion hast. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wissen, dass Sprache Bewusstsein bedeutet. Wir wissen, dass sich dieses Bewusstsein dann wiederum in der Sprache niederschlägt. Wer die Sprache verändert, verändert die Welt – wir wollen auch mit der Hymne Österreich gerechter machen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Rosenkranz: Jawohl, Strache verändert die Welt! Richtig!)

2.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.43.08

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dieser Symbol-Romantik, die meine Vorrednerinnen jetzt angesprochen haben, kann ich wirk­lich nichts anfangen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Schwentner.) Im Gegenteil: Es ist eine Schande, wie uns hier jetzt eingeredet werden soll, dass die Änderung der Bun­deshymne eine einzige positive Veränderung für Frauen in Österreich bringen wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Wer ernsthaft meint, dass die Verfälschung eines historischen Dokumentes irgend­etwas Gutes bewirken würde, der ist ideologisch völlig verblendet. Ich stelle für mich fest, dass ich mich als Frau in Österreich nicht mit einer Zeile oder mit einem Satz in der Bundeshymne definiere. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: Bravo!)

Nun zum Antrag selbst: Erstens ist dieser Antrag schon inhaltlich falsch gestellt worden, sodass unsere Bundeshymne auf einen Halbsatz reduziert wird. Aber die eigent­liche Peinlichkeit ist doch, wie dieser Antrag ins Parlament gekommen bezie­hungsweise nicht gekommen ist.

Da kommt die ehemalige Abgeordnete Rauch-Kallat, die sich mit ihrem Kurzzeitauftritt hier im Parlament ein Denkmal setzen möchte, und die Männer in der ÖVP treten zum Denkmalsturm an. Das war ja ein Wahnsinn! Da wird eine Frau in der ÖVP am Reden gehindert, und am Ende bleibt der Eindruck, dass die Themen „Mastschweine“ und „nationaler Selbstmordplan“ wichtiger seien als Frauenanliegen. Das ist ja wirklich beschämend! (Beifall bei der FPÖ.)

Kollegin Schittenhelm, dass du dich auch hast hinreißen lassen, diesen Antrag zu unterstützen, ist mir wirklich unverständlich! (Abg. Mag. Stadler: Das war Rasinger, mit dem nationalen Selbstmordplan!) Aus lauter Angst davor, sich frauenpolitisch links überholen zu lassen, muss man sich da jetzt verbünden. Aber schau doch hinüber in die Fraktionen, Kollegin Schittenhelm, wie sich dort jetzt manche erfreut die Hände reiben. Eigentlich ist das ein Rückschritt in der Frauenpolitik, und die linken Kampf-Emanzen freuen sich wirklich darüber. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Ist dir eigentlich bewusst, welchen Wahnsinn du mit dieser Debatte hier angezettelt hast? – Wir diskutieren ja nicht nur über die Bundeshymne, sondern es wird jetzt auch schon in den Ländern darüber diskutiert, die Landeshymnen zu ändern. (Abg. Mag. Schwentner: Sie machen das! Die FPÖ macht das!)


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Wenn man darüber nachdenkt, dass solche Diskussionen im Burgenland oder in Oberösterreich zwar nur lauwarm, aber in Salzburg sehr wohl heftig geführt werden, so finde ich das schon sehr bedenklich. (Abg. Strache: In der Europa-Hymne ... „Schwes­terchöre“!) Auch in Tirol ist darüber diskutiert worden, und ich bin froh darüber, dass sich der Landeshauptmann von Tirol klar gegen eine Änderung unseres Andreas-Hofer-Liedes ausgesprochen hat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ganz im Gegensatz zur VP-Landes-Frauenchefin Sonja Ledl, bekannt durch das ÖVP-Frauenvideo, die sich sehr wohl vorstellen kann, auch die Tiroler Landeshymne abzuschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Gesetz ist weder einer Allein­erzieherin noch einer Mindestpensionistin oder einer Frau, die im Beruf oder im Leben real benachteiligt ist, auch nur irgendwie geholfen. Es wundert wirklich niemanden, dass die Österreicherinnen und Österreicher draußen den Kopf schütteln und fragen, ob wir hier herinnen nichts Besseres zu tun haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein Armutszeugnis für die Frauenpolitik! Ich empfehle, ob dieses Schwachsinns nicht die Töchter in die Bundeshymne hereinzunehmen, sondern den Satz „viel­geplagtes Österreich“.

Wenn Sie frauenpolitisch wirklich etwas weiterbringen wollen: Im Gleichbehand­lungs­ausschuss liegt ein Antrag von mir mit einem Acht-Punkte-Programm auf, dessen Umsetzung tatsächlich eine Verbesserung für Frauen in Österreich bringen würde. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

2.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


2.47.27

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! – Minister gibt es jetzt keine auf der Regierungsbank. Sehr verehrte Kollegin Gartelgruber, Sie haben mit dieser Rede sicher auch kein Denkmal für die Österreicherinnen in diesem Land gesetzt! (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Oja-Rufe bei der FPÖ.)

Es ist schon wirklich erstaunlich, mit wie viel Rückwärtsgewandtheit – egal, ob es beim vorigen Antrag des Kollegen Steinhauser war oder eben jetzt – und völlig verqueren Kapriolen Sie zurückschlagen können, sodass man sich überhaupt nicht mehr auskennt und einem davon wirklich schwindlig wird. (Abg. Neubauer: ... die Burka für die Frauen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber ich kann Sie in zwei Dingen beruhigen: Sie haben sich Sorgen gemacht, Herr Strache, über die Originalversion des Textes von Paula Preradović. Die hat es nie gegeben, die singen wir gar nicht. Ihre Originalversion wurde schon 1947 geändert, sie wurde sogar schon im damaligen ersten Ministerrat geändert. (Abg. Strache: Damals mit Zustimmung der Autorin!) Das heißt, über die Originalversion können Sie sich zwar noch Sorgen machen, aber die singen wir gar nicht mehr, die wurde schon ganz früh geändert. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Damals mit Zustimmung von Frau Preradović!)

Herr Strache, auch Ihre zweite Sorge kann ich Ihnen nehmen. Im Jahr 2011 hat der OGH geurteilt: Es gibt keine urheberrechtliche Verletzung. Das heißt, die Bahn ist frei für die Töchter dieses Landes, dass sie namentlich aufgenommen werden in die Hymne. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Drittens: Es ist Zeit dafür, und wir sind froh darüber, dass sich endlich eine Mehrheit für diese Initiative gefunden hat. 1992 hat es den ersten Antrag gegeben, ich glaube, von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 367

Ministerin Johanna Dohnal, 1994 von uns Grünen. Das heißt, das zieht sich jetzt schon über zu lange Zeit hin, und wir sind froh, dass wir nun eine Mehrheit dafür geschafft haben. Wir hätten gerne auch Sie von der FPÖ dabei gehabt, aber Sie bekommen das mental offensichtlich nicht hin, auch die Töchter mitzusingen. Sie werden sich aber daran gewöhnen müssen! – Und ich freue mich sehr darüber, dass Sie sich daran gewöhnen müssen, in unserer Bundeshymne die Töchter mitzusingen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zum sprachlichen Verständnis und dazu, dass Sprache Bewusstsein schafft, würde ich Sie gerne etwas fragen: Was stellen Sie sich vor, wenn ich Ihnen sage: „Ich gehe heute zum Arzt!“? (Ruf bei den Grünen: Das hat keinen Sinn!) Was stellen Sie sich vor? (Ruf bei der FPÖ: Dass Sie erkrankt sind! – Abg. Mag. Stefan: Ich hoffe, dass er Ihnen helfen kann! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Was stellen Sie sich vor, wenn ich sage: „Ich gehe zur Ärztin!“? (Neuerlicher Ruf bei der FPÖ: Dass Sie erkrankt sind! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Welche Bilder entstehen bei Ihnen, wenn ich sage: „Ich gehe zum Lehrer meiner Kinder!“? Eine Lehrerin? – Nein, es geht nicht, weil Sie das nicht kapieren! Ja, okay, es war nur der Versuch, Ihnen zu erklären, dass Sprache Wirklichkeit schafft und dass Bilder in den Köpfen entstehen. Aber wenn bei Ihnen durch Sprache keine Bilder in den Köpfen entstehen, kann man nichts machen. (Abg. Zanger: Dann können Sie ja ein Bild malen!) Ich bin froh, dass das trotzdem durch ist! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

2.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. Ge­samt-Restredezeit Ihrer Fraktion: 2 Minuten. – Bitte.

 


2.50.16

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Der Antrag passt zur Uhrzeit. Ich finde es auch sehr lustig, dass er von einer Dame kommt, deren eigener Ehemann sagt: „meine Alte daheim“. Ich verweise diesbezüglich auf ein „Kurier“-Interview: Herr Mensdorff-Pouilly über Frau Rauch-Kallat. Das Beispiel allein zeigt schon, dass mit diesem Antrag überhaupt nichts erreicht ist.

Aber inhaltlich möchte ich Folgendes sagen: Wenn von Sprache gesprochen wird und die Änderung lauten soll: „Heimat großer Töchter“, Beistrich, „Söhne“ (Abg. Mag. Schwentner: Das kann man ändern!), besteht die Schwierigkeit nur darin, meine Damen und Herren, dass der Beistrich nicht gesungen wird, der Beistrich kann nicht gesungen werden! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Das heißt, in der Endfassung kommt heraus: „Heimat großer Töchtersöhne“! Das bedeutet, die Söhne von großen Töchtern werden besungen – und sonst gar niemand! (Abg. Mag. Unterreiner: Ja, genau!) Das heißt, Sie erreichen damit das Gegenteil von dem, was Sie erreichen wollten. Sie besingen die Söhne von großen Töchtern und haben damit das Gegenteil von dem erreicht, was Sie eigentlich wollten. Machen Sie eine gescheite Politik, aber hören Sie auf mit dem Dichten, denn das können Sie nicht!

Außerdem muss ich auch folgende Frage stellen: Wenn es in der Hymne „Land der Dome“ heißt, wie lautet das dann in der Gender-Version? Es müsste etwa so heißen: „Land der Dominas“ – oder wie? (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ und FPÖ.) „Land der Dominas“, ich weiß nicht! Aber das können Sie mir vielleicht dann noch erklären.

Wir vom BZÖ lehnen eine Änderung der österreichischen Bundeshymne ab. Wir wollen kein „Land der Dominas“, sondern weiter das „Land der Dome“. Daher: Ja zur bestehenden österreichischen Bundeshymne! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

2.51



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 368

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unter­reiner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


2.51.57

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Mag. Wurm: Aber jetzt mit ein bisschen Stil! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.) Was soll ich? (Abg. Mag. Wurm: Ein bisschen Stil!) – Stil hineinbringen?! Ich werde mich bemühen. Ich wurde gebeten, Stil hineinzubringen; ich werde dem Wunsch meiner Kollegin selbstverständlich folgen. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP.)

Jedenfalls, meine Damen und Herren, kann ich sagen: Es ist heute ein schwarzer Tag im Kulturland Österreich! In dieser Sitzung haben wir zuerst am Vormittag – das war jetzt schon der gestrige Tag – eineinhalb Stunden lang der Budgetrede der Bun­desministerin für Finanzen lauschen dürfen, einer Budgetrede, in der sie kein einziges Wort über Kulturpolitik verloren hat. Und jetzt, in der Nacht um drei Uhr, müssen wir darüber diskutieren, wie die Bundeshymne umgedichtet werden soll. Also, wie gesagt, ein schwarzer Tag in unserem Kulturland.

Wir haben ja hier im Hohen Haus eine Präsidentin, Frau Präsidentin Prammer, der der offizielle Text der Bundeshymne nicht über ihre Lippen kommt, wie Sie selbst einmal gesagt haben, und wir haben eine Kunst- und Kulturministerin, die 900 000 € gewährt, um die Bundeshymne umdichten zu lassen. Eigentlich müssten aber beide Reprä­sentantinnen unseres Staates sein, die, und zwar unabhängig vom Zeitgeist, einen respektvollen Umgang mit der bestehenden Symbolik der Republik pflegen sollten.

Daher muss ich sagen: Eigentlich ist das schon ein Zeichen der Unkultiviertheit. Die Bundeshymne von Paula Preradović ist unserer Meinung nach ein Textkunstwerk – und deswegen kann keine staatliche Korrektur stattfinden. (Abg. Mag. Schwentner: Das ist nicht ihr Original!) Das ist unsere Meinung; wir haben eine andere als Sie. (Beifall bei der FPÖ.)

In unseren Augen ist das deswegen ein Tiefpunkt, und es ist eine Kulturschande hier im Hohen Haus, dass in dem Fall die vereinigte Linke – es ist ja eigenartig: ÖVP, Grüne und auch die Sozialdemokraten – ganz einfach unliebsame Kunst politisch korrigieren und schlicht umändern will.

Es ist ein Wesenszug – und jetzt werde ich ein bisschen ernster – von totalitären Regimen, Kunstzensur auszuüben. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Herr Kollege Cap, das ist es nun einmal, so ist es eben. Deswegen ist es auch zutiefst abzulehnen!

Wir Freiheitlichen achten die Leistungen großer Künstler, unserer Denker, unserer Dichter, und wir wollen diese nun einmal nicht umgedichtet haben. Wir wollen sie nicht „zugemühlt“ haben, wir wollen sie nicht „umgenitscht“ haben, nur weil sie dem momentanen Zeitgeist nicht entsprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Umdichten einer Bundeshymne ist ein Anschlag auf die Freiheit der Kunst. Die Freiheit der Kunst ist, wie Sie alle wissen, in unserem Staatsgrundgesetz verankert, und wir sind froh darüber, dass es so ist. Überdies es ist auch ein Anschlag auf unsere Identität.

Wir Freiheitlichen grenzen uns ganz entschieden von so einer Kulturlosigkeit ab, denn für uns sind Kunst und Kultur nicht ein vernachlässigbares Ornament, das man beliebig ändern kann. Für uns sind Kunst und Kultur wichtig, und die Bewahrung unserer Identität ist das Gewissensthema unserer Epoche. (Beifall bei der FPÖ.)

2.55



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll124. Sitzung / Seite 369

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Den Antrag 1658/A weise ich dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

02.55.41Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1699/A(E) bis 1709/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 9489/J bis 9525/J eingelangt. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Wir haben noch eine Zuweisungssitzung, ich bitte daher um Aufmerksamkeit!

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 2.56 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

02.56.21Schluss der Sitzung: 2.56 Uhr

 

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