Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

 

139. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 14. Dezember 2011

 

 


Stenographisches Protokoll

139. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode       Mittwoch, 14. Dezember 2011

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 14. Dezember 2011: 9.05 – 12.23 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: EU-Erklärung des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 3 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Ergebnissen des Europäischen Rates am 9. Dezember 2011

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Ing. Peter Westenthaler, Franz Eßl, Bernhard Vock, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Massentötungen von Hunden in der Ukraine (1774/A)(E)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 11

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 11

Verhandlungen

1. Punkt: EU-Erklärung des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 3 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Ergebnissen des Europäischen Rates am 9. Dezember 2011        ............................................................................................................................... 12

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 12

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 15

Durchführung einer Debatte gemäß § 74b GOG .......................................................... 18


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 2

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 19

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 22

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 25

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 27

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 29

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ..... 31

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 33

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 35

Mag. Werner Kogler ................................................................................................ ..... 37

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 40

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 42

Anna Höllerer .......................................................................................................... ..... 44

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 45

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ..... 48

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 49

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 51

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 53

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 55

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 56

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 58

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Ing. Peter Westenthaler, Franz Eßl, Bernhard Vock, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Massentötungen von Hunden in der Ukraine (1774/A)(E) ....................................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ..... 61

Johann Hechtl ......................................................................................................... ..... 62

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 63

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 64

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................ ..... 65

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 67

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages 1774/A(E) betreffend Mas­sentötungen von Hunden in der Ukraine (E 220) ........................................................................................................ 68

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 11

Petition betreffend „Initiative für die Änderung des Pyrotechnikgesetzes von 2010“ (Ordnungsnummer 137) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 11

Bürgerinitiative betreffend „Die bundeseinheitliche Regelung der Hundehaltung“ (Ordnungsnummer 35)

Bericht ........................................................................................................................... 11

III-280: Bericht, Reihe Bund 2011/12; Rechnungshof

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 11

Aufnahme der Verhandlungen mit der Mongolei zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 3. Juli 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 3

Republik Österreich und der Mongolei auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 92/2004

Antrag der Abgeordneten

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, das Tele­kommunikationsgesetz, das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und das Bundes­gesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz – ZaDiG) geändert werden (1806/A)

Anfragen der Abgeordneten

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Kinderrechte-Monitoring (10107/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10108/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10109/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10110/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10111/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10112/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10113/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10114/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10115/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10116/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10117/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10118/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10119/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 4

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Hotlines für hilfesuchende Menschen (10120/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend Gebarung des Auslandsöster­reicher-Fonds (10121/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Bauernbund mit seinen Unterorganisationen“ (10122/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Verkauf eines im Eigentum des Bundes stehen­den Grundstückes in Treffling/Linz (10123/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „EU-Agrarzahlungen in den Jahren 2009 und 2010“ (10124/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Initiative „Unternehmen Landwirtschaft 2020“ (10125/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Schmerztherapie in Österreich – Sparsamkeit auf dem Rücken der Patienten? (10126/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend chronische Schmerzen – häufige Ursache für zahlreiche Krankenstände und Frühpensionen (10127/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend AMA-Marketing-Beiträge (10128/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Pflege von Bahndämmen (10129/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Erteilung von Konzessionen nach dem Postmarktgesetz (10130/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen gegen Mag. S. (10131/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Ein Deal unter Jagdfreunden“ (10132/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Visapflicht für österreichische Türkeireisende (10133/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend DNA-Spuren auf Taschentüchern aus dem Haus Priklopil (10134/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 5

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Justiz betreffend Kuvert mit Rechnungen der Natascha Kampusch (10135/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Inneres betreffend Reisepässe von Wolfgang Priklopil (10136/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Nichtweiterleitung eines Versetzungsansuchens über eineinhalb Jahre (10137/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Speicherung personenbezogener Daten durch die Sicherheits­behörden gemäß § 53 SPG (10138/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Enteignung von zirka 18 000 Tirolerinnen und Tirolern wegen Wieder­einführung des geteilten Eigentums, wegen des Fehlens von Verjährungs- und Ersitzungsregelungen, Einführung einer „societas leonina“ als public private partnership „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ und Beseitigung der Rechtskraftwir­kung von Bescheiden im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung für Gemeinschaftsbesitz (10139/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Unterstützung für österreichi­sche Bauern, die zwischen 2006 und 2010 EU-Subventionen zurückzahlen mussten (10140/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Antwort auf die schriftliche parlamentarische Anfrage zu EU-Subventionen, die von österreichischen Bauern zurückgezahlt werden müssen (10141/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Leistbare Urlaube für Familien“ (10142/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Vorschläge des Rechnungshofs – 3. Auflage des Positions­papiers „Verwaltungsreform“ (10143/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Verwaltungskosten und Komplexität des „Kinderbetreuungs­geldes“ (10144/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Enteignung von zirka 18 000 Tirolerinnen und Tirolern wegen Wiedereinführung des geteilten Eigentums, wegen des Fehlens von Verjährungs- und Ersitzungsregelungen, Einführung einer „societas leonina“ als public private partnership „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ und Beseitigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung für Gemeinschaftsbesitz (10145/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in „leoninische Wirt­schaftskörper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belastung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Lie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 6

genschaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landes­budgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10146/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in „leoninische Wirt­schafts­körper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belas­tung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegen­schaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemein­dehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landesbudgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10147/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in „leoninische Wirt­schaftskörper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belas­tung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegen­schaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landes­budgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10148/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften" und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in "leoninische Wirt­schaftskörper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belastung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegen­schaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landes­budgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10149/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in „leoninische Wirt­schaftskörper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belastung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landes­budgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10150/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in "leoninische Wirt­schafts­körper" durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belas­tung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegen­schaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemein­dehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landesbudgets und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 7

letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10151/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in "leoninische Wirt­schafts­körper" durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belastung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landesbudgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaß­nahmen geradezu konterkariert würden (10152/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrargemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in "leoninische Wirt­schaftskörper" durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belas­tung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegen­schaften droht; dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landes­budgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden (10153/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Klarstellungen zur Tourismusstrategie „Neue Wege im Tourismus“ (10154/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die „Zusammenarbeit mit dem Einzelunternehmen Dr. Friedrich Hinterberger“ (10155/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die „Zusammenarbeit mit dem Einzelunternehmen Dr. Friedrich Hinterberger“ (10156/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die „Zusammenarbeit mit dem Einzelunternehmen Dr. Friedrich Hinterberger“ (10157/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Zusammenarbeit mit dem Einzelunternehmen Dr. Friedrich Hinterberger“ (10158/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Einbürgerung von Sportlern (10159/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Einbürgerung von Sportlern (10160/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verkauf eines im Eigentum des Bundes stehenden Grundstückes in Treffling/Linz (10161/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die „Zusammenarbeit mit dem Einzelunter­nehmen Dr. Friedrich Hinterberger“ (10162/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 8

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend Verkauf einer brasilianischen Immobilie im Zusam­menhang mit dem Entführungsfall Kampusch (10163/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Beimischung von 10 % Ethanol in den Treibstoff“ (10164/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Veranlagungsmöglichkeiten der Sozialversiche­rungsträger (10165/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Zusammenarbeit mit der Firma „tatwort. Mag. Franz Tragner GmbH – Gesellschaft für Kommunikation und Projektmanagement“ (10166/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Zusammenarbeit mit der Firma „tatwort. Mag. Franz Tragner GmbH – Gesellschaft für Kommunikation und Projektmanagement“ (10167/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Zusammenarbeit mit der Firma denkstatt GmbH“ (10168/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die „Zusammenarbeit mit der Firma „tatwort. Mag. Franz Tragner GmbH – Gesellschaft für Kommunikation und Projektmana­gement“ (10169/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Einbürgerung von Sportlern (10170/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Wechsel des Energieversorgers (10171/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Wechsel des Energieversorgers (10172/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Berichtspflicht (10173/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (9334/AB zu 9441/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9335/AB zu 9438/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (9336/AB zu 9440/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (9337/AB zu 9442/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 9

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bernd Schönegger, Kolleginnen und Kollegen (9338/AB zu 9443/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (9339/AB zu 9445/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (9340/AB zu 9446/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (9341/AB zu 9454/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen (9342/AB zu 9455/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (9343/AB zu 9456/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen (9344/AB zu 9447/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (9345/AB zu 9448/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (9346/AB zu 9450/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen (9347/AB zu 9444/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (9348/AB zu 9461/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (9349/AB zu 9460/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (9350/AB zu 9466/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (9351/AB zu 9467/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (9352/AB zu 9473/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9353/AB zu 9478/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (9354/AB zu 9538/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (9355/AB zu 9458/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 10

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (9356/AB zu 9465/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (9357/AB zu 9468/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (9358/AB zu 9469/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9359/AB zu 9471/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (9360/AB zu 9474/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (9361/AB zu 9475/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (9362/AB zu 9476/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (9363/AB zu 9480/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (9364/AB zu 9583/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (9365/AB zu 9463/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (9366/AB zu 9457/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen (9367/AB zu 9462/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 11

09.05.30 Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Nahezu wie angekündigt darf ich Sie noch einmal herzlich vor Weihnachten begrüßen.

Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 135. und 136. Sitzung vom 6. Dezember 2011 sowie der 137. und 138. Sitzung vom 7. Dezember 2011 sind in der Parlamentsdirektion aufge­legen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Keck, Krist, Grillitsch, Mag. Hakl, Vilimsky, Hagen, Mag. Widmann.

09.06.09Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 10107/J bis 10138/J;

2. Anfragebeantwortungen: 9334/AB bis 9367/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 137 betreffend „Initiative für die Änderung des Pyrotechnikgesetzes von 2010“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Bürgerinitiative Nr. 35 betreffend „Die bundeseinheitliche Regelung der Hundehaltung“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2011/12 (III-280 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen mit der Mongolei zum Abschluss eines Protokolls zur Abänderung des am 3. Juli 2003 unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 12

Österreich und der Mongolei auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll, BGBl. III Nr. 92/2004.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass auf ORF 2 die EU-Erklärungen samt Debatte bis voraussichtlich 12 Uhr und die Sitzung in voller Länge auf ORF III live übertragen werden.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konferenz wurde gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung folgende Vereinbarung betreffend Gestaltung und Dauer der Debatte zu Tagesordnungspunkt 2 getroffen:

Jede Fraktion kann einen Redner/eine Rednerin mit einer maximalen Redezeit von 5 Minuten stellen. Der Aufruf der Redner/Rednerinnen erfolgt nach Fraktionsgröße.

Zu Beginn der Debatte wird sich der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten für die Dauer von maximal 5 Minuten zu Wort melden.

Ich schlage weiters gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

09.07.341. Punkt

EU-Erklärung des Bundeskanzlers sowie des Vizekanzlers gemäß § 74b Abs. 3 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Ergebnissen des Europäischen Rates am 9. Dezember 2011

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 74b der Geschäftsordnung eine Debatte stattfinden. Die beiden Erklärungen sollen vereinbarungsgemäß eine Dauer von insgesamt 25 Minuten nicht überschreiten.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst am Ende der Debatte aufgerufen.

Ich darf nun dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteilen. – Bitte.

 


9.08.09

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der Europäischen Union sowie der Eurozone ist ein so wichtiger Punkt, dass ich heute die Gelegenheit ergreife, grundsätzlich darzustellen, welche Beschlüsse wir im Europäischen Rat gefasst haben und welche weiteren Entwicklungen auf uns zukommen werden.

Erstens zeigt sich, dass der Europäische Rat immer dann zusammentritt, wenn die Finanzmärkte in einzelnen Ländern der Europäischen Union mehr an Schutz benö-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 13

tigen, wenn also die vorhandenen Möglichkeiten innerhalb der Eurozone, innerhalb der Europäischen Union nicht ausreichen. Langfristiges Ziel müsste es natürlich sein, dass wir einander nicht bei Krisentreffen in mehr oder weniger mittlerweile regelmäßigen Abständen begegnen, um die nächsten paar Wochen, vielleicht ein paar Monate zu gestalten, sondern dass wir eines Tages eine Struktur der Europäischen Union und der Eurozone vorfinden, die von sich aus stark genug ist, zu schützen: einerseits vor Spekulation – das heißt, Finanzmärkte regulieren –, andererseits vor zu vielen Schul­den, die uns immer wieder in die Fänge der Finanzmärkte bringen, und die drittens einen Schutzschirm mit entsprechenden Mitteln zur Verfügung stellt, um – so wie etwa die Vereinigten Staaten durch die Federal Reserve oder Großbritannien durch die Bank of England – in der Lage zu sein, selbst Anleihen zu kaufen.

Es gibt viele Ideen, wie dieses Gebäude Europäische Union stark genug werden soll, die Zukunft Europas so zu gestalten, dass wieder Wachstum und Beschäftigung gefördert werden und wir nicht von einer Notmaßnahme zur anderen schlittern. Trotzdem bleibt es uns nicht erspart, neben der richtigen Überlegung, welche grund­legenden Änderungen, durchaus auch grundlegenden Vertragsänderungen notwendig sind, um ein dauerhaftes, stabiles Europa, ein soziales Europa, ein Europa der wirt­schaftlichen Stärke, der Wettbewerbsfähigkeit zu errichten, parallel dazu auch kurz­fristig die „Feuerwehr“ so auszustatten, dass wir ausreichend Mittel zur Verfügung haben, wenn ein Land nicht in der Lage ist, die Schulden zu refinanzieren. Daher gehören auch die kurzfristigen Maßnahmen zu den bedeutenden Bausteinen, die das Fundament der Zukunft bilden sollen.

Zu diesen kurzfristigen Maßnahmen gehört es etwa, dass wir die vorhandenen Geld­mittel, die wir bisher mit der EFSF gemeinsam beschlossen haben, optimal ausnützen, dass wir – dieser Beschluss wurde gefasst – den ESM von Juli 2013 auf Juli 2012 vorziehen wollen, dass wir zusätzlich überlegen, ob wir bei der Ausgestaltung nicht noch weitere Verstärkungen vornehmen können, um, wie man bei der Feuerwehr sagen würde, auch genug Löschwasser zur Verfügung zu haben, wenn wir einschrei­ten und Länder unterstützen müssen. Wir werden aber auch überlegen, inwieweit wir gemeinsam mit dem IWF in der Lage sind, Mittel in der Größenordnung von 150 Mil­liarden in der Eurozone, von über 200 Milliarden insgesamt kurzfristig zu finanzieren und auch einzusetzen, um stärker zu schützen.

Nun können Sie natürlich über diese Maßnahmen heute in der Debatte das sagen, was ich auch sagen würde, nämlich: Das alles wird zu wenig sein! – Ja, für eine langfristig stabile Eurozone, für ein langfristig funktionierendes Projekt Europa, wie auch ich es mir vorstelle, das auch den Standards, den sozialen Standards Österreichs entspricht, das die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt in Zukunft verlangen wird, dafür benötigt es noch viel mehr. Die Frage, die sich aber aktuell stellt, ist, ob wir jetzt, in diesen schwierigen Stunden, Wochen und Monaten, einander unterstützen, den Zusammenhalt stärken oder ob wir ein Konzept verfolgen, das in Wirklichkeit die Eurozone und die Europäische Union begraben würde. (Abg. Kickl: Wenn es was nutzen würde! Seid ihr vorbereitet?) – Gut, dass Sie schon zwischenrufen. Es gibt nämlich in Ihren Aussagen, Herr Strache (Abg. Kickl: Nein, das war ich!), eine ganz eindeutige Linie, um nur eines Ihrer vielen Interviews zu zitieren, die da lauten: Ja, wir müssen raus aus dem Euro, bevor er uns in den Abgrund stürzt!

Wir haben tatsächlich die Wahl: Zerstören wir diese Europäische Union, zerstören wir die Eurozone oder unternehmen wir jetzt alles, um ein Fundament zu errichten für ein gemeinsames Europa? Diese Entscheidung ist zu treffen, und ich bin davon überzeugt, dass wir sie klar treffen und klar aussprechen sollen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 14

Ich halte daher auch gar nichts davon, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man dann vielleicht mit Tricks kommt, man soll die Leute fragen, ob sie für einen Schutzschirm seien oder nicht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fragen der österreichischen Bevölkerung sind: Wie schaut dieses Europa morgen aus? Wie wird es mit der Beschäftigung weitergehen? Wie wird es mit dem Wirtschaftswachstum weitergehen? Welche sozialen Chancen, welche Wettbewerbschancen wird es geben? (Abg. Ing. Höbart: So viel Unwissenheit ist unglaublich!) Die Leute wollen nicht gefragt werden, ob sie einen Schutzschirm wünschen. Ja, sie wollen einen Schutz dahin­gehend, dass Europa die Standards, die es hat, verteidigt, ausbaut und verbessert. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Daher sind im Bericht des Europäischen Rates auch alle Maßnahmen klar festzu­halten, sei es bei dem automatischen Defizitverfahren in Zukunft, das durch die Kom­mission bewertet wird, seien es Regelungen, dass innerhalb dieses Defizitverfahrens mit den Ländern jeweils gemeinsame Programme erarbeitet werden, seien es jene Regelungen, die hier im Haus zu Recht auch schon zu viel Diskussion und auch zu einem Mehrheitsbeschluss, wenn auch noch nicht zu einem Verfassungsbeschluss, geführt haben.

Die Schuldenbremse in der Verfassung soll dafür sorgen, dass wir ein stabiles Fun­dament haben, um gemeinsam die Risken abschätzen zu können für weitere, zusätz­liche, stärkere Maßnahmen. Ob diese dann organisiert werden, indem die EFSF sich refinanziert über die unabhängige Europäische Zentralbank, ob Ideen wie etwa Eurobonds mit innerer Differenzierung oder Modelle welcher Art auch immer umgesetzt werden sollen, es braucht zuerst ein starkes gemeinsames Fundament berechenbarer Budgetpolitik und deshalb auch die Beschlüsse der Schuldenbremse in der Verfassung und alle anderen Beschlüsse, die nichts anderes sagen als: Nehmen wir die Regel­werke, die wir haben, ernst, kontrollieren wir sie, überprüfen wir sie mit dem Ziel, stark genug zu sein und nicht den Finanzmärkten die Wirtschaftspolitik zu überlassen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir Österreicher ein klares Bild davon haben, was uns diese Eurozone, was uns dieses gemeinsame Europa an Möglichkeiten im Export, an Arbeitsplätzen im Inland, an wirtschaftlicher Sicherheit und Wachstum gebracht hat, was vergleichbar zu den Jahren ohne gemeinsame Währung für jeden nachrechenbar ist, dann müssen auch wir daran interessiert sein, dass es dem Nachbarn gut geht, denn es gibt kein gemeinsames, menschliches, soziales Europa, wenn es der Hälfte der Bevölkerung schlecht geht, wenn es zerreißt und wenn einige versuchen, durch mögliche Austritte die Situation noch zu verschlimmern. Ein Austritt Österreichs aus der Europäischen Union würde in den Abgrund führen, zu Massenarbeitslosigkeit. Wir würden ein Spielball der Spekulation werden, und daher werden wir weder diese Europäische Union zerreißen noch aus der Europäischen Union austreten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Daher meine Bitte auch an Sie: Gehen Sie den Weg mit, damit jene Beschlüsse, die in der Eurozone gefasst werden und die mitzutragen darüber hinaus mit Ausnahme von Großbritannien auch in den anderen Ländern überlegt wird, obwohl sie gar nicht dieser Währungszone angehören, auch umgesetzt werden! (Abg. Dr. Rosenkranz: Wir reden von Demokratie, Herr Bundeskanzler!) Ich bin davon überzeugt, dass dieses Europa zu Beschlüssen gelangen wird, weit über die 17 Länder der Eurozone hinaus. Es werden, wie wir wissen, nicht 27 sein, weshalb eine Vertragsform notwendig ist, die eben nicht alle 27 beinhaltet, aber es wird ein Weg sein, der dazu führt, dass 23, 24, 25, 26 Län­der eine gemeinsame Vorgangsweise wählen. Ordnen wir uns dort in die gemeinsame Vorgangsweise ein, wo es um mehr Stabilität geht, und vertreten wir die eigenen österreichischen Interessen mit aller Kraft dort, wo es um Regulierung, um Finanz-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 15

märkte geht, wo es um die Finanztransaktionssteuer geht, wo es um Vorschläge und Beschlüsse dieses Hauses geht, Investmenthäuser genau zu erkennen und zu trennen vom klassischen Kreditgeschäft! Reduzieren wir die Risken, reduzieren wir die Schulden, reduzieren wir das an Gefahren und Risken, was uns in der Finanzmarkt­krise durch Spekulation dorthin gebracht hat, und fördern wir das, was uns am wichtigsten ist: Werte eines sozialen Europas, Werte der Beschäftigungspolitik, Werte, die aufzubauen es auch in Österreich Jahrzehnte gebraucht hat und die jetzt in eine der wichtigsten Phasen gekommen sind! Sagen wir ein klares Ja zu einem gemein­samen Europa, zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik! (An­haltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf nun Herrn Vizekanzler Dr. Spindelegger das Wort erteilen. – Bitte.

 


9.19.38

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte diese Erklärung heute zum Anlass nehmen, einerseits kritisch zu hinterfragen und realistisch zu beurteilen, was diese Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs gebracht haben, und andererseits auch einen Ausblick zu geben, wie wir aus meiner Sicht in der Europäischen Union weitertun müssen.

Lassen Sie mich zunächst zum Gipfel selbst Stellung nehmen. Viele sagen, mit diesen Ergebnissen wird man keinen Schönheitswettbewerb gewinnen. Das stimmt. Nicht alle 27 haben sich bereit erklärt, gemeinsame Beschlüsse zu fassen. Ich bedauere das, aber es war notwendig, Beschlüsse zu fassen, weil wir einen Gipfel ohne Beschlüsse, ohne dass wir auf die Kapitalmärkte reagiert hätten, nicht ausgehalten hätten. Daher stehe ich dazu, dass es politische Richtungsvorgaben sind, die klare Zukunftsaspekte beinhalten, und zwar in die Richtung, klare Regeln, eine Automatik in die Beschlüsse mit hineinzubringen und auch mehr Transparenz in der Europäischen Union zu ge­währ­leisten. Ich glaube daher, es war ein richtiger und guter Beschluss der europä­ischen Staats- und Regierungschefs, auch wenn es nur 26 waren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Lassen Sie mich auf die Einzelmaßnahmen ein wenig näher eingehen. Zunächst einmal ist für mich entscheidend, dass sich alle in Europa an einen Schuldenabbau halten müssen. Diese Schuldenbremse ist ja nichts anderes als ein Spiegelbild dessen, was in den vielen letzten Jahren aufgebaut wurde, nämlich ein Krankheitsbild von uns allen. Dieses Krankheitsbild, das wir heute sehen, heißt Überschuldung. Man kann nicht auf Dauer mehr ausgeben, als man einnimmt. Das ist eine Lehre, die jeder auch in seinem eigenen Haushalt, auch in seiner eigenen Lebensführung zu berücksichtigen hat (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ), und das müssen wir auf europäischer Ebene ganz genauso tun. Das Krankheitsbild heißt Überschuldung, und wir brauchen eine Gesundung der Finanzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das gilt auch für Österreich, meine Damen und Herren. Ich möchte gar keinen Zweifel aufkommen lassen, dass Österreich nach wie vor eine gute Bonität hat, dass wir ein Triple A-Land sind – dass wir das zu Recht sind (Abg. Neubauer: Noch!) – und auch bleiben wollen, aber auch da ist klar: Wer in diesem Klub der Triple A-Mitglieder weiter dabei sein will, der hat die Eintrittskarte nicht auf Dauer, sondern der muss eine jährliche Mitgliedsgebühr leisten, und die heißt Abbau der Schulden – auch bei uns in Österreich. Daran führt kein Weg vorbei! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 16

Und damit bin ich auch bei einem Punkt, den ich heute besonders betonen möchte. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Es ist notwendig, dass wir diese Schul­denbremse in der Verfassung verankern, um für die nächsten Jahre einen Rahmen vorzugeben – einen Rahmen, an den sich jede Regierung, egal wie sie zusammen­gesetzt ist, auch halten muss. Darum appelliere ich neuerlich an die Opposition: Es ist jetzt nicht die Zeit, in Richtung Wahrung des Gesichts, in Richtung von Forderungen, was die Schuldenbremse betrifft, aufzutreten. (Abg. Mag. Kogler: Wann denn sonst?) Es ist die Zeit, auch in der Verfassung klare Zeichen zu setzen, und darum fordere ich alle Parteien auf (Zwischenrufe beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber), alle in diesem Haus, dass sie für diese Schuldenbremse in der Verfassung sind, meine Damen und Herren. Daran führt kein Weg vorbei! Ich bitte Sie, dass auch zu berück­sichtigen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wenn das Triple A von Österreich auf dem Spiel steht, meine Damen und Herren, dann treibt man in diesem Land auch keine Spielchen. Darum geht es nicht um Bazar-Methoden, sondern darum, für Österreich Verantwortung zu übernehmen. Das bitte ich alle drei Oppositionsparteien auch zu berücksichtigen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Schuldenkaiser!)

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt ansprechen. Wir haben mit diesen Beschlüssen auch Konstruktionsmängel der Europäischen Union beseitigt, wichtige Konstruktions­mängel. Wenn es in den Ländern ein übermäßiges Defizit gibt, das haben wir gewusst, werden Verfahren angestrengt. Was war in der Vergangenheit der Fall? Obwohl selbst große Mitgliedsländer betroffen waren, wurden diese Verfahren nicht richtig eingeleitet. – Das wird jetzt anders: Es wird automatische Verfahren geben. Wer über die Stränge schlägt und damit alle anderen belastet, muss auch mit Konsequenzen rechnen. Das ist eine wichtige Schlussfolgerung, die in diesen Beschlüssen fest­ge­halten ist, und ich begrüße das. (Abg. Ing. Westenthaler: Dasselbe wie Maastricht! – Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Auch die Vorziehung und Verbesserung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ist notwendig. Wir dürfen nicht länger zuwarten! Wir müssen den ESM mit wirksamen Mitteln ausstatten – auch das ist mit beschlossen worden. Und ich glaube, dass die Maßnahmen insgesamt, so wie sie heute vor uns liegen und wie sie im März zu Vertragstexten gebracht werden, klarmachen, dass jeder schrittweise in die Richtung eines ausgeglichenen Haushalts gehen muss. Das wird uns auch ermöglichen, dass wir von Ratingagenturen unabhängiger werden, von anderen, die uns beurteilen, sodass wir wieder selber das Heft in der Hand haben, und das begrüße ich außerordentlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte in einem dritten Punkt aber auch die Mängel ansprechen, die es nach wie vor gibt. Wir dürfen auch vor den Problemen nicht die Augen verschließen. Ich habe vor einigen Tagen mit Angela Merkel auch die Frage erörtert: Kann es in der Europäischen Union 27 Länder geben ... (Abg. Grosz: Gibt es ein Foto auch davon? – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) – Ja, meine Damen und Herren, dass Sie von Angela Merkel nicht eingeladen wurden, ist Ihr Problem und nicht meines. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Präpotent und abgehoben! So etwas Prä­potentes!)

Meine Damen und Herren, eine Grundfrage ist schon, ob ein Abseitsstehen eines Landes in der Europäischen Union, nämlich eines großen Landes – Großbritannien –, nach wie vor sinnvoll ist. Ich halte das nicht für sinnvoll, ganz im Gegenteil. Wir müssen wieder dazu finden, dass 27 gemeinsam an einem Strang ziehen, denn das ist wichtig für die Zukunft der Union. Nur dann werden wir im Sinne einer Geschlossenheit auch ein entsprechend wirksames Signal an andere Märkte geben können und die Stärke der Europäischen Union ausspielen. (Abg. Ing. Westenthaler: Die No-Future-Gene-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 17

ration der ÖVP!) Darum ist es notwendig, dass wir Großbritannien wieder in die Europäische Union im wahrsten Sinne des Wortes zurückführen. Ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ist nicht mein Plan, und daher müssen wir etwas tun, dass es nicht so weitergeht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte auch nicht verhehlen, dass die Art und Weise, wie Gipfel vorbereitet wurden, nicht meine Zustimmung findet. Dass uns zwei immer vorgeben, was zu ge­schehen hat, kann auch nicht im Interesse eines starken Europas sein. Es ist nicht angebracht, ein Direktorium anzudenken, sondern es ist angebracht, dass wir wieder alle miteinander einen Gipfel vorbereiten. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg. Scheibner: Dann werden Sie stärker!) Ich habe diese Kritik auch an der richtigen Stelle angebracht, und ich hoffe, dass auch andere Signale zukünftig gesendet wer­den. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Auch kleine und mittlere Länder in der Europäischen Union haben ihren Stellenwert, und den müssen wir zukünftig stärker betonen, als das heute der Fall ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte auch nicht verhehlen, dass die Fragen der Beschlüsse, jetzt ohne Ein­bindung des Europäischen Parlaments und ohne entsprechende Kontrollmechanis­men, nicht das Ziel für die Zukunft sein können. Wir brauchen zu einer stärkeren demokratischen Legitimation die Einbeziehung des Europäischen Parlaments, aber auch der nationalen Parlamente. Nur dann werden wir wieder stärker ein Europa der Bürger werden können. Daher ist es auch notwendig, diesen Mangel, der derzeit vorhanden ist, auszumerzen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube daher, dass wir für die Zukunft eines zusammenfassend sagen können: Wir sind jetzt aus der Notfallchirurgie entlassen worden, aber die Genesung ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir sollten dies daher auch zum Anlass nehmen, längerfristig an ein Europa zu denken, das wir anders aufbauen, wo wir andere Dinge stärker betonen. Und ich möchte auch dazu ein paar Anstöße für eine Diskussion heute geben. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Ich glaube, die Reise geht dort hin, dass wir die Gemeinschaftsmethode in der Euro­päischen Union auch stärken müssen. Gemeinschaftsmethode heißt (Ruf bei der FPÖ: Abkehr von der Einstimmigkeit!), dass man miteinander, im Kreis von 27 – bald von 28 – Lösungen entwickelt und nicht versucht, ein Europa verschiedener Geschwindig­keiten aufzubauen. Ich halte das nicht für sinnvoll. Wir haben das heute in Richtung der Währungsunion, wir haben das heute in Richtung von Schengen, wir haben das heute in der Sicherheitspolitik. Das ist nicht sinnvoll, sondern wir brauchen eine gemeinsame, starke Union, die nach außen entsprechend stark auftreten kann. Darum ist die Gemeinschaftsmethode ein Eckpfeiler für die Zukunft, der gestärkt werden muss. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweitens: Ich halte es für wichtig, dass wir die Gremien der Europäischen Union auch effizienter gestalten. Es kann nicht sein, dass wir mit einer zunehmenden Zahl von Mitgliedern immer stärker in die Richtung gehen, dass alle Gremien von allen besetzt werden müssen, dass wir damit unzählige, lang dauernde Verfahren haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann verzichten wir auf einen Kommissar!) Ich halte sehr daran fest, dass wir auch überlegen müssen, über Grundsätze zu gehen, dass jedes Land in jeder Institution mit einem Mitglied vertreten ist. Ich halte es für fragwürdig, ob das für eine Union der Zukunft der richtige Weg ist. Und ich glaube, da müssen auch wir in Österreich über unseren Schatten springen. Das heißt nicht, dass nicht ein Öster­reicher in einer Kommission sitzen muss, aber wenn wir ein Rotationsmodell einführen, wo weniger in einer europäischen Regierung sitzen, glaube ich, wäre es für uns insgesamt von Vorteil. (Abg. Ing. Westenthaler: Na, alle fünf Jahre einmal ein Österreicher in einer Kommission! – Zwischenruf des Abg. Grosz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 18

Ich möchte zum Dritten sagen: Wir brauchen auch eine Vereinfachung der Verfahren, meine Damen und Herren. Immer noch dauert es zu lange, bis wir tatsächlich zu Entscheidungen kommen. Und auch das müssen wir lernen aus dieser Krise: Es muss schneller gehen – nicht Aufblähen, sondern Verschlanken ist das Rezept der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Was haben Sie gegen den Hahn?)

Lassen Sie mich auch zu Fragen bezüglich zukünftiger Mitglieder Stellung nehmen. Ich freue mich, dass es in Brüssel auch die Unterzeichnung des Beitrittsvertrages von Kroatien gegeben hat. Kroatien war für uns immer ein Land, dessen Aufnahme in die Europäische Union wir voll unterstützt haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Und dabei sollten wir nicht stehen bleiben. Es gibt andere Länder des Westbalkans, die ebenso auf dieser europäischen Agenda stehen. Und ich stehe dazu, dass wir auch Serbien in die Union aufnehmen sollten, dass wir dort einen nächsten Schritt setzen sollten. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Auch wenn es da und dort schwierig ist, Serbien braucht die europäische Perspektive. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Meine Damen und Herren, lassen sie mich dieses Kapitel in der folgenden Art ab­schließen. Wir haben heute in der Europäischen Union vier Grundfreiheiten, wir kennen sie alle: den freien Personenverkehr, Dienstleistungen sind frei, wir haben einen freien Warenverkehr und einen freien Kapitalverkehr. Zukünftig brauchen wir zu diesen vier Grundfreiheiten auch vier Sicherheiten in dieser Europäischen Union: Wir brauchen die Sicherheit der Stabilität, wir brauchen die Sicherheit eines Wohlstandes, wir brauchen die Sicherheit einer Nachhaltigkeit – gerade da haben wir viel aufzu­holen – und wir bleiben bei einer Friedensunion. Wenn wir das einhalten in Richtung einer neuen Union für die Zukunft, dann sind wir auf dem richtigen Weg, dann wird uns das guttun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte mit einem Gedanken abschließen: Wir sind derzeit in einer unglaublichen Krise in Europa, auch in den Mitgliedsländern, auch in Österreich. Finanzielle Nöte, all das, was Wechselwirkung zwischen Kapitalmärkten und Entschlüssen der Euro­päischen Union ist, ist nicht das, was wir uns wünschen. Aber diese Krise birgt eine große Chance in sich, und zwar die Chance, dass wir für die nächsten zehn Jahre ein anderes Österreich, ein anderes Europa bauen, mit dem wir dann viel wettbewerbs­fähiger sind, mit dem wir auch eine Macht in diesem gesamten Gefüge der Staaten­gemeinschaft darstellen können.

Das ist ein Ziel, mit dem wir uns anfreunden sollten, das wir mit Leben erfüllen sollten, ein Ziel, das wir ganz konsequent verfolgen müssen, denn für mich steht eines außer Frage: Wir haben ein tolles Land, wir haben in diesem Land unglaublich fleißige, tüchtige Unternehmer, Arbeitnehmer, Bürger (Abg. Grosz: Wir haben nur eine schlechte Regierung! Das Hauptproblem ist die Regierung!), und die brauchen Zukunft. Und diese Zukunft werden wir ihnen geben, wenn wir heute die richtigen Ent­scheidungen treffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 74b Abs. 4 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt. Wunschgemäß stelle ich die Uhr natürlich auch auf eine jeweilige freiwillige kürzere Redezeit ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 19

9.32.55

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schon interessant, wenn man jetzt der Rede des Herrn Bundes­kanzlers und auch des Herrn Vizekanzlers zugehört hat, in denen eigentlich auch irgendwo bekräftigt wurde, dass man dann auch noch darauf stolz ist, wenn man zur Bundeskanzlerin Merkel zur Befehlsausgabe fährt (Zwischenruf des Abg. Ing. Wes­tenthaler) und darauf, dann sozusagen all das umzusetzen, was einem vorgegeben wird.

Und wenn Bundeskanzler Werner Faymann von jenen Journalisten, die von einem EU-Gipfel zum nächsten reisen, dann als „Monti-Mitarbeiter“ „wiedererkannt“ wird und man gar nicht weiß, welche Funktion Faymann eigentlich dort genau einnimmt (Heiterkeit bei der FPÖ – Abg. Ing. Westenthaler: Man kennt ihn gar nicht!), dann zeigt das schon einiges auf – und das ist schon ein bisschen auch ein Spiegelbild dieser Bun­desregierung hinter mir. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, ich habe eher den Eindruck, die Österreicher wollen in Wahrheit einen Schutz vor Ihnen und vor dem, was Sie da in den letzten Monaten und Jahren politisch angerichtet haben (Beifall bei der FPÖ), denn wenn Sie so weitertun, dann kommen wir wirklich in eine Situation, in der die Mehrheit der Österreicher bald so weit sein wird, aus dieser Europäischen Union austreten zu wollen, mit dem, was Sie bis dato politisch angerichtet haben.

Herr Bundeskanzler Faymann, einer Ihrer Vorgänger wurde ja von den Medien oftmals als „Schweigekanzler“ bezeichnet – ein Titel, den man ohne Weiteres auch auf Sie anwenden kann. Aber Sie sind ja nicht nur ein Schweigekanzler, wenn es darum geht, sich einmal in Brüssel draußen ordentlich und laut zu Wort zu melden, um dort österreichische Interessen durchzuboxen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Da schweigen Sie, Herr Faymann, genauso wie der ehemalige Schweigekanzler. Wenn es um österreichische Interessen in Brüssel geht, sind auch Sie ein Schweige­kanzler, aber wenn Sie dann hier in Österreich sind, dann sind Sie nicht nur ein Schweigekanzler, sondern auch ein Verweigerungskanzler und ein Ausgrenzungs­kanzler, der Volksausgrenzung betreibt, weil Sie meinen, das eigene Volk in Entschei­dungsprozesse nicht einbinden zu müssen und es auch gar nicht einbinden wollen.

Ich sage, genau das nimmt Ihnen die österreichische Bevölkerung auch sehr, sehr übel, nämlich wenn Sie meinen, dass Sie Ihr gegebenes Wort nicht erfüllen oder um­setzen müssen. Und ich kann Sie nur noch einmal wortwörtlich zitieren. Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, haben im Jahr 2008 einen Brief an die „Kronen Zeitung“ geschrieben, in dem Folgendes wortwörtlich steht:

„Auf der Basis einer kontinuierlichen Information und einer offenen Diskussion sind wir“ – sprich: Sie – „der Meinung, dass zukünftige Vertragsänderungen, die die öster­reichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich ent­schieden werden sollen.“ (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Horchen Sie zu, Herr Bundeskanzler! Horchen Sie zu! – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Wissen Sie, so nehmen Sie sich selbst ernst, nämlich wenn Sie dann, nachdem Sie einen „Wahlbrief“ verschickt, ein Wahlversprechen abgegeben haben, und ich komme und sage: Herr Kanzler, ich bin ja bereit, Ihnen zu helfen, damit Sie Ihr Wahl­ver­sprechen aus dem Jahr 2008 endlich mit uns gemeinsam umsetzen können (Beifall bei der FPÖ), hergehen und peinlich berührt sind und Angst haben, sich mit mir zusam­menzusetzen, sich fürchten, sich mit mir zusammenzusetzen, weil Sie Angst haben, dass Sie endlich auch Ihr gegebenes Wort umsetzen müssten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 20

Und dann erklären Sie den Journalisten und der österreichischen Bevölkerung: Na ja, mit den Freiheitlichen setzen wir uns gar nicht zusammen. Das ist ja eh nur die größte Oppositionspartei des Landes, die bei manchen Umfragen 30 Prozent der Österreicher an Unterstützern hinter sich weiß. Aber mit denen setzen wir uns gar nicht zusammen, weil das ist aussichtslos. (Ruf bei der SPÖ: Das glaube ich!) – Sie sagen, es sei aussichtslos, Ihre Forderung aus dem Jahr 2008 mit uns gemeinsam umzusetzen, weil Sie sich selbst nicht ernst nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch lächerlich, was Sie hier vorgeben! Spätestens jetzt sind Sie der Lächer­lichkeit vollends überführt. Das ist ja wirklich lächerlich: Demokratie ist für Sie ausweglos, aussichtslos. Ja bitte, wo leben wir? Wir haben es mit einer Finanz- und Währungskrise zu tun, wir haben es aber auch mit einer Demokratiekrise zu tun. Und die direkte Demokratie ist das Gebot unserer Zeit! Wir wollen die direkte Demokratie in der österreichischen Verfassung verankert wissen (Beifall bei der FPÖ), damit Sie nicht wieder vor Wahlen die österreichische Bevölkerung anschwindeln können, falsche Versprechungen machen können, die zu halten Sie gar nicht bereit sind.

Da wird ja jetzt eines offensichtlich und aufgezeigt: Sie sind nicht bereit, auch die Bevölkerung endlich in einer Volksabstimmung einzubinden und mitzunehmen – und nicht mehr und nicht weniger verlangen wir im Zusammenhang mit der Schulden­bremse, weil die Schuldenbremse natürlich mit dem europäischen Rettungsschirm zusam­menhängt. Und das sagen Sie der Bevölkerung nicht ehrlich, da sind Sie wieder einmal unehrlich.

Warum hängt die Schuldenbremse, betreffend die ja jetzt vom Europäischen Rat und vom europäischen Gipfel am 26. Oktober vorgegeben wurde, sie in die Verfassung zu nehmen, mit der EFSF, mit dem Rettungsschirm zusammen? Warum? – Das wird ja verheimlicht! Zuerst soll in der österreichischen Verfassung die Schuldenbremse verankert werden, aber nicht, damit dann das Geld, das wir einsparen, für die öster­reichische Bevölkerung in Zukunft ausgegeben wird, nicht, damit wir hier in den Bildungsbereich investieren, hier in den familienpolitischen Bereich, wo es notwendig wäre, investieren, nicht, damit wir hier in den Gesundheits- und Pflegebereich investieren, nein!, sondern sie ist notwendig, weil man in der Folge vorhat – und das auch längst beim EU-Gipfel besprochen, nur noch nicht beschlossen hat, das soll nämlich dann erst ab Februar kommenden Jahres beschlossen werden –, den Rettungsschirm auf mindestens 3 000 Milliarden € anzuheben.

Was bedeutet das für Österreich? Das bedeutet, dass die 21 Milliarden €, die wir bereits jetzt mit österreichischen Steuergeldern an Haftungen für Bankspekulanten übernommen haben, auf über 60 Milliarden € erhöht werden sollen. Ja, sagen Sie das doch der Bevölkerung! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Der Bruno Kreisky, das war noch ein Staatsmann, der mit dem Steuergeld hier in Österreich für die eigene Bevölkerung Sorge getragen hat. Der gesagt hat: Wenn ich schon Schulden mache, dann investiere ich das im Land, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, um hier soziale Not zu verhindern, um hier Probleme letztlich auch zu korrigieren. – Der hat in seiner gesamten Regierungszeit 30 Milliarden € Schulden gemacht und ist dann später jahrelang – auch von der ÖVP – immer wieder als der Schuldenkanzler bezeichnet worden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Auch von der FPÖ!)

Der hat in seiner Regierungszeit 30 Milliarden € Schulden gemacht, während Sie es dann, nach seinem Rückzug als Kanzler, geschafft haben, diese Schulden von 30 Milliarden € auf heute 268 Milliarden € hinaufzutreiben.

Ja, der Bruno Kreisky war ein „Waisenknaberl“, wenn es um Schulden geht, und er hat sich um die eigenen Bürger gekümmert – während Sie jetzt alleine in diesem Jahr schon 30 Milliarden € an neuen Schulden beschlossen haben: 21 Milliarden € mit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 21

einem Haftungspaket für Bankspekulanten, mit dem Sie in Wirklichkeit die Super­reichen bedienen, und auf der anderen Seite 10 Milliarden € zusätzliche Staatsver­schuldung im Budget. 30 Milliarden € haben Sie nur in diesem Jahr beschlossen, und nächstes Jahr soll den Österreichern das von 21 Milliarden € auf über 60 Milliarden € beim Euro-Haftungsschirm – sprich in Wirklichkeit: Zwangsenteignungsschirm – sozusagen aufgestockt werden.

Das berührt doch nicht nur die Änderung eines Vertrages, sondern das berührt ganz grundsätzlich auch unsere österreichische Politik und auch unsere Bundesverfassung, und da hat man die österreichische Bevölkerung mitsprechen und mitentscheiden zu lassen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wer sich gegen Demokratie ausspricht und sich der Demokratie entgegenstellt, der wird von der Bevölkerung eine Absage erhalten. Das ist jedoch das, was Sie tun. Keiner von uns sagt, dass es um einen Austritt geht. Es gibt europäische Unionsländer, die nicht in der Eurozone sind und selbstverständlich Teil der Europäischen Union sind und auch bleiben. Denen werden Sie auch nicht vorwerfen, dass die austreten wollen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, die sind Teil, England ist Teil der Euro­päischen Union, Tschechien, Dänemark, die haben alle keinen Euro, sind aber Teil der Europäischen Union, obwohl sie nicht den Euro als Währung haben. Und Sie werden doch den Österreichern auch nicht weiter erklären können – die sind doch bitte ge­scheit, die Österreicher, die wissen, dass das nicht funktionieren kann –, dass sechs gesunde Volkswirtschaften in der Europäischen Union in Zukunft weiterhin 21 nicht gesunde Volkswirtschaften durchfüttern sollen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das kann nicht funktionieren. Das ist der Grund der Krise. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Lugar.)

Wir haben es sozusagen mit einer Infektionskrankheit zu tun, wo wir von Beginn an ehrlich damit umgegangen sind und gesagt haben, wenn man das europäische Friedensprojekt retten will, wenn man soziale Gerechtigkeit sicherstellen will, wenn man den Wohlstand halbwegs auch bewahren will für die Menschen, dann wird das nur möglich sein, indem man ehrlich mit der Krise umgeht und jene, die die Kriterien der Eurozone nicht erfüllen, auch splitten kann und eine Währungszone in Europa auf starke Volkswirtschaften und auf schwache aufteilt – weil das die einzige Chance ist, den von Ihnen verursachten Schaden noch halbwegs zu minimieren und in den Griff zu bekommen, damit man nicht vielleicht doch in Zukunft einen Währungscrash erlebt. (Beifall bei der FPÖ.)

Und genau darum geht es: um Verantwortung, um staatspolitische Verantwortung, um Verantwortung gegenüber der österreichischen Bevölkerung, die wir leben und für die wir natürlich auch die Wahrheit zu sagen haben – und nicht immer herum zu tricksen, so wie Sie es tun, und zu sagen: Na ja, die Schuldenbremse, die brauchen wir eigent­lich dazu, damit die Bonität im Land gesichert wird und wir wieder mehr Kapital für Österreich haben! – Dort müssten wir hin, aber genau dort wollen Sie nicht hin! Und das gilt es zu beleuchten, und genau da lassen wir Sie nicht raus. (Zwischenruf beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Bartenstein.)

Ich sage wirklich, wenn man die 60 Milliarden € hernimmt, die Sie im kommenden Jahr aufstocken wollen, nämlich an Haftungen für den europäischen Rettungsschirm, wenn man die einmal auf einen VW-Golf umrechnet, würde das bedeuten, dass wir in Zukunft 3 Millionen VW-Golfs in Rettungspakete investieren sollen, in Haftungspakete an österreichischen Steuergeldern – 3 Millionen VW-Golfs, ein Mittelklasseauto. (Rufe bei der SPÖ: So ein blödes Beispiel! Kompletter Schwachsinn!) Da könnten wir fast jedem zweitem Österreicher kostenlos einen Mittelklassewagen zur Verfügung stellen, mit dem Geld, das Sie letztlich den Österreichern wegnehmen. Und das muss man aufzeigen! Da reden Sie von Rettung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 22

Ich komme zum Schluss: Gesundes Geld in ein kaputtes System zu pumpen, das ist nicht Rettung, das ist fahrlässig. Und genau diese Fahrlässigkeit, die darf man einfach nicht mehr so unkommentiert stehen lassen, da muss man sich auch dagegen wehren! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


9.43.34

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Schauen Sie, Herr Klubobmann Strache, ich bemühe mich jetzt, das, was Sie hier angerissen haben, zu Ende zu denken. Die Frage ist nämlich: Was ist Ihr alternatives Modell? (Zwischenrufe bei der FPÖ.  Ruf beim BZÖ: Immer die gleiche Rede! Abg. Ing. Westenthaler: Hält die seit 50 Jahren, immer die gleiche Rede!) Sie müssen das in Szenarien darstellen!

Sie leugnen, dass es da eine Verflechtung der Wirtschaft gibt, und zwar egal, ob man jetzt in der Euro-Zone oder nicht in der Euro-Zone ist, und zwar nicht nur in Europa, sondern global. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.) Das haben Sie daran erkannt, dass es bei Bankenkrisen deswegen die Notwendigkeit gibt, diese Banken zu retten – wenn es Systembanken sind oder Banken, die von größter Wichtigkeit sind –, weil ihr Absturz ganze Wirtschaftssysteme mit sich reißen würde, ganze Volkswirtschaften, eben aufgrund ihrer Verflechtung. Da kann man sich jetzt nicht herstellen und so locker sagen: Na ja, machen wir einfach ein Splitting; da machen wir es jetzt einfach mit der Währung so, die einen bleiben beim Euro, die anderen gehen wieder raus aus der Euro-Zone!, und so weiter. (Abg. Strache: Nord- und Süd-Euro!)

Ihr Modell müssen Sie zu Ende denken! (Abg. Dr. Graf: Sie haben sich geirrt!) Was bedeutet es, wenn jetzt von heute auf morgen ein Land aus der Euro-Zone austritt? – Es werden die Bankomaten abgeschaltet, Sie werden mit dem Geld nichts einkaufen können. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Was soll das jetzt? Konzentrieren Sie sich einmal in aller Ruhe darauf! (Abg. Dr. Rosenkranz: Herr Cap, wir sind im Parlament und nicht im Kindergarten!)

Diejenigen, die Steuerflüchtlinge, die in der Schweiz Euro-Konten haben, werden über Nacht zu Supermillionären. Das x-Fache wird das dort wert sein. Die werden dann die nationale Währung wieder haben, die in den meisten Fällen dann abzuwerten ist, und Sie werden damit riskieren, dass es natürlich auch einen Absturz in der Beschäftigung, in der Wirtschaft gibt. (Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ, darunter Abg. Ing. Westenthaler: Lebensmittelrationierungen vielleicht!) Das heißt Massenarbeits­losigkeit, Zahlungsunfähigkeit, und die Superreichen machen Sie noch reicher (Abg. Strache: Das machen ja Sie, indem Sie den Bankspekulanten das ganze Steuergeld hineinwerfen!), und die Bankomaten werden über Wochen nicht eingeschaltet werden können, weil dann neue Banknoten gedruckt werden müssen.

Es wird also damit zu einer Entwicklung kommen, die, wenn man verantwortungsvoll denkt, doch niemand wirklich wollen kann. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.) Und wissen Sie, Sie verstecken sich ja permanent hinter Überschriften. Sie sagen: Die direkte Demokratie wird zu wenig berücksichtigt!, Sie sagen aber nicht, was Sie eigentlich als Ziel erreichen wollen. (Abg. Dr. Graf: Wohlstand für Österreich!)

Wenn ich Ihre Vorschläge zu Ende denke, bleibt ja nur der Austritt Österreichs aus der Euro-Zone übrig. (Abg. Strache: Schon wieder verkaufen Sie wider besseres Wissen die Unwahrheit!) Und ich frage Sie: Warum ist Österreich in der Euro-Zone? – Der Schilling war immer eng an die Deutsche Mark gekoppelt, und es ist auch heute so, dass für uns ganz entscheidend ist, wie die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 23

ist, da es für uns einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Handelspartner ist. (Abg. Strache: Seit wann haben Sie denn ein deutschnationales Denken?)

Das heißt, wir können uns in dieser Koppelung gar nicht eigenständig entscheiden und sagen: Jetzt gehen wir raus und machen wieder den Schilling oder was anderes, und der Österreicher wird das schon verstehen, wenn vier Wochen die Wirtschaft nicht funktioniert und wenn wir plötzlich 6, 7, 8 Prozent Arbeitslosigkeit haben, der versteht das schon. – Da hilft es auch nichts, wenn wir sagen: Geht euch beim Strache bedanken! Das hilft uns gar nichts, denn das ist eine absolut gefährliche Strategie, die man in Wirklichkeit nur massiv kritisieren muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich gebe ja zu, das wir zu Recht die Demokratiedebatte führen sollen. Wir sollen aber auch die Debatte über die öffentlichen Haushalte führen. Das sagt sich so locker: Na gut, da gibt es jetzt eine Schuldenkrise, das ist, weil wir alle über die Verhältnisse gelebt haben, die Sozialsysteme gehören eingeschränkt! – Klar, das sagen diejenigen, die einfach jetzt die Chance nützen wollen, eine neue Verteilung, eine neue gesell­schaftliche Verteilung in die Wege zu leiten. Ja, die sagen: Schuld ist der Sozialstaat!, die blenden aber komplett aus, dass es vor Jahren die Philosophie gegeben hat: Wer die Finanzmärkte dereguliert, schafft Wachstum und Beschäftigung. – Das hat sich als falsch herausgestellt. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Jetzt müssen wir regulieren. Wir wollen es regulieren, es geht nicht, weil Großbritan­nien – und das war ja das Sichtbare an diesem Rat – in Wirklichkeit der Haupthemm­schuh ist. Und es war ja an sich eine ehrliche Position, die der Herr Cameron da gehabt hat. Er hat gesagt: Wissen Sie, was? Ich bin am Gängelband der Londoner City und der Spekulanten, und Europa ist mir wurscht, und das Einzige, was mich an Europa interessiert, ist der Absatzmarkt!

Und diejenigen, die für hemmungslose Erweiterung ohne Vertiefung sind, das sind die gleichen Philosophen. Die sagen auch: Hauptsache, es gibt einen Absatzmarkt, Hauptsache, meine Investitionen sind halbwegs rechtlich geschützt, und der Rest ist mir gleichgültig. (Abg. Strache: Welche Erweiterungsfanatiker sind das?) Das kann aber ein Sozialdemokrat nie vertreten, so eine Position. Denn uns geht es um soziale Gerechtigkeit, uns geht es um soziale Sicherheit, uns geht es darum, dass das österreichische Wohlstandsniveau gewahrt bleibt (Abg. Strache: Das gefährden Sie seit Jahren! Der Wohlstand sinkt!), die österreichischen Pensionen, das österreichische Gesundheitssystem. In dem Sinn sind wir die Österreich-Partei und nicht diejenigen, die das vorgeben und hier den Leuten Sand in die Augen streuen. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ, darunter Abg. Dr. Rosen­kranz: Ihre „Kompetenz“ sieht man am Beispiel AKH!)

Naja, wissen Sie, das ist schon ein Wert, und wenn wir jetzt über ein gemeinsames Europa diskutieren (Abg. Neubauer: Ist eine gute Faschingsrede!), dann müssen wir natürlich auch bei der Demokratiefrage folgende Frage stellen: Wo kann ein Land mit acht Millionen Einwohnern sich in so einem großen Wirtschafts- und Politikkomplex, wie es die Europäische Union ist, einbringen? Und da bin ich auch der Meinung, dass man ganz vorsichtig sein muss, was die Frage Mehrheitsabstimmungen oder Ein­stimmigkeit betrifft. (Ruf bei der FPÖ: Sie mit Ihren unverbindlichen Instrumenten! Lauter Unverbindlichkeiten geben Sie zum Besten!)

Ich gehöre zu denjenigen, die sagen, man sollte weitestmöglich bei der Einstimmigkeit bleiben, logischerweise. Aber das alleine ist es nicht. Wir werden Instrumentarien haben wie diese Art europäisches Volksbegehren, ein direktdemokratisches. Das können Sie ja dann nutzen, da können Sie dann mit Ihren Kollegen so etwas initiieren!

Aber es ist jedenfalls wichtig, dass man dafür sorgt, dass ein Land, auch mit 8 Mil­lionen Einwohnern und seiner respektablen Wirtschaftskraft und mit seinem respek-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 24

tablen Wohlstandsniveau, da drinnen eine Rolle spielt. Und da muss man an Struk­turen mitwirken, und man muss durch Präsenz und durch Auftreten dafür sorgen, dass das so ist. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Einer der Punkte war, dass man zu Recht eingefordert hat – das hat der Bundes­kanzler Faymann ja getan –, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, die da ganz schön Sand in die Spekulationsgetriebe hineinbringt und ganz schön was abschöpft. (Abg. Strache: Nehmen Sie sich noch ernst?) – Ja, schauen Sie, immer wenn es um ökonomische Fragen geht, haben Sie so ein seltsames Lachen im Gesicht, ich verstehe das nicht. Das kann nur ein Ausdruck von Unverständnis sein. Ich biete Ihnen einmal einen Grundkurs in Ökonomie an, das brauchen Sie nämlich dringend von der FPÖ, ich sage Ihnen das. Denn das, was Sie hier aufführen, ist ein Wahnsinn. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Mischung aus Karl Marx und  sind Ihre Interpretationen!)

Schauen Sie, und daher, finde ich, ist es zu Recht gesagt – und das gehört nämlich auch noch dazu, Sie haben das hier auch nicht eingeblendet –, wenn wir Teil einer Wirtschaftszone sind, wie es die Euro-Zone oder die Europäische Union ist, dann ist das nicht bloß ein beseeltes Projekt von Idealisten, sondern es geht darum, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wettbewerbsfähig sind – das ist eine Heraus­forderung – mit China, mit den USA, mit Indien wahrscheinlich einmal und vielen anderen Wirtschaftsgebieten.

Da ist es wichtig, dass wir schauen, dass wir fit sind. Da sage ich aber – und da wende ich mich etwas zur anderen Seite –, da ist die Verteilungsgerechtigkeit, das Wohl­standsniveau auch ein Produktivfaktor. Da sind gute Lohnabschlüsse auch wichtig, dass man Kaufkraft hat, dass man Beschäftigung und Wachstum generiert. Das ist ganz entscheidend und ein ganz wichtiger Bestandteil dessen, und da, finde ich, müssten wir uns doch auch finden. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Die Wettbewerbsfähigkeit ist wichtig, zugleich aber ist dafür zu sorgen, dass Men­schen, die damit rechnen, dass sie sich im Alter auf die Pension verlassen können, dass sie ein Gesundheitssystem haben, wo es keine Klassenschranken gibt, nicht enttäuscht werden. (Abg. Kickl: Sie brauchen sich um Ihre Pension keine Sorgen zu machen! Luxuspensionist!) Wir wollen, dass all das, wofür wir in Österreich kämpfen, auch in Zukunft gewahrt bleibt. Und das geht nur, wenn die wirtschaftliche Wett­bewerbsfähigkeit, wenn die Währung stabil ist und wenn wir uns da auf den Welt­märkten, auf den europäischen Märkten als Österreich in dieser Zone auch wirklich behaupten können. (Abg. Strache: Schön stabil ist der!)

Wissen Sie, ich habe jetzt echt probiert, ein bisschen auf das einzugehen, weil Sie sich ja weigern, sich in die Gefahrenzone einer Debatte hineinzubewegen, wo Sie dann wirklich Vorschläge machen müssen, wo man dann wirklich Modelle und Szenarien hat. Sie stellen sich her und machen Appelle, klagen an, sagen einfach, das ist Ihnen zu wenig, das ist Ihnen zu viel, aber Sie legen nichts auf den Tisch. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das ist nicht Regierungs- und Politikfähigkeit, was Sie hier zelebrieren! Das sage ich Ihnen ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strache: Sie hören nur nicht zu, das ist Ihr Problem! Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 25

9.52.08

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren Abgeord­nete! Es sind nun in den letzten drei Jahren 22 Krisengipfel vorbeigegangen, 22 Kri­sen­gipfel der Staats- und Regierungschefs. Ich glaube, das ist eine gute Gelegenheit, um ein bisschen Bilanz zu ziehen, wie die Krise „bewältigt oder nicht bewältigt“ wurde, zu schauen, wo wir jetzt stehen, und auch eine Bilanz zu ziehen über den Zustand der europäischen Institutionen.

Diese Bilanz ist eigentlich sehr ernüchternd, wenn man sich vor Augen führt, was bei diesen 22 Krisengipfeln passiert ist. Vorher wurde immer der Ausnahmezustand erklärt und gesagt, in den nächsten 10 Tagen muss das europäische Projekt gerettet werden, und dann ging es ausschließlich um die Beruhigung der Märkte, und einen halben Tag später war alles wieder beim Alten. Das, was nebenbei passiert ist, ist im Wesentlichen ein ganz dramatischer Prozess der Entdemokratisierung. (Beifall des Abg. Dr. Hübner.)

Das muss man einmal aussprechen! Europa wird im Moment im Ausnahmezustand regiert. Die nationalen Parlamente, aber auch das Europäische Parlament sind auf die Seite gedrängt worden, und diese Entdemokratisierung wird als Kollateralschaden irgendwie in Kauf genommen, ohne dass man sich tatsächlich überlegt, in welche Richtung man weiter gehen möchte. Das ist auch mein Vorwurf an Sie in der Bundesregierung: Wir warten seit mittlerweile drei Jahren auf nachhaltige Lösungen für die Regulation der Finanzmärkte. (Beifall bei den Grünen.)

Noch Ihr Vorgänger, Frau Ministerin Fekter, hat versprochen, in einer Arbeitsgruppe werden innerhalb von ganz wenigen Monaten harte Maßnahmen auf den Tisch gelegt. Es ging damals um das Zurückdrängen der Macht der Rating-Agenturen, um die Finanztransaktionssteuer, um die Frage, sich bestimmte gefährliche Derivatprodukte anzuschauen und unter Umständen auch zu verbieten. Es ging um kurzfristige Maßnahmen, um langfristige Maßnahmen. Aus diesem Paket wurde bis zum heutigen Tag unterm Strich original nichts.

Es gibt eine ausschließliche Fokussierung und ein ausschließliches Hinstarren auf die Haushaltspolitik, auf das sogenannte Sparen. Sie sehen aus dieser Perspektive die gesamte große Lösung der Finanzmarktkrise überhaupt nicht mehr, weil Sie sich ausschließlich auf die Merkel‘sche Sparpolitik konzentriert haben, die unterm Strich Europa in eine noch größere Krise hineingeführt hat, als es bereits war. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Vizekanzler, also wenn Sie sagen: Verantwortung, kein Weg führt an der Schul­denbremse vorbei!, dann kann ich Ihnen nur zurückgeben: Verantwortung, kein Weg führt an der Gerechtigkeitsdiskussion vorbei! (Beifall bei den Grünen.)

Weder bei der Frage, wie man in Zukunft die Finanzmärkte stärker regulieren kann, noch bei der Frage, wie die Lasten der Krise gebürdet werden, wer die Lasten der Krise zahlt, sind wir einen Schritt weitergekommen, leider.

Ich muss Sie schon auf ein paar Dinge hinweisen. Wenn Sie behaupten, dass das ausschließliche Problem der jetzigen Situation das sogenannte Schuldenmachen war, dann schauen Sie sich einmal die Staaten an, die Sie da in die Pflicht nehmen wollen. Irland und Spanien waren Musterkandidaten nach dieser Haushaltsdisziplin: Schulden­quoten von 29 beziehungsweise 42 Prozent, weit unter Maastricht, mit Überschüssen! (Abg. Kopf: Das war einmal!)  Ja, das war einmal, und die Finanzmarktkrise war der Auslöser für die europäische Krise. Das heißt, es gilt den Finanzmarkt zu regulieren und jetzt nicht ausschließlich jegliche Investition in ganz Europa kaputtzusparen. Vor dieser Gefahr stehen wir jetzt. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 26

Mit dem jetzigen Gipfel ist diese einseitige Orientierung noch verschärft worden. Und man fragt sich schon: Gerade hat das Europaparlament mit neuen Haushaltsregeln die Vorgaben verschärft. Trotzdem ist bei diesem Gipfel nichts anderes herausgekommen als eine weitere Verschärfung der Haushaltsdisziplin, noch dazu nicht einmal innerhalb der europäischen Verträge, sondern weiter im entdemokratisierten, intergouverne­mentalen Raum. Das sehen wir extrem kritisch. Europa kann so nicht mehr weiter­arbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Das bedeutet eine massive Entdemokratisierung, und es gibt damit auch keine Legi­timation mehr, auch vor den Wählerinnen und vor den Wählern. Das sollten Sie sich einmal vor Augen führen! Hätten wir die letzten drei Jahre in einem Konvent im Europaparlament einmal sehr sauber die neuen Vorgaben für eine Fiskalunion, für eine Wirtschaftsunion, für eine Umwelt- und Sozialunion diskutiert, daraus vernünftige Schritte gezogen und hätten das unter Umständen auch einer Volksabstimmung euro­pa­weit unterzogen, wären wir einen ganz massiven Schritt weiter. Jetzt ist es too little, too late, von Gipfel zu Gipfel hechelnd, immer mit derselben 24-Stunden-Vorgabe, und im Nachhinein sollen die nationalen Parlamente das ratifizieren, „das fressen, was als Tischvorlage vorgelegt worden ist“. Das akzeptieren wir in Zukunft nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Bedauerlich, dass auch die übrigen Krisensituationen so ausgeblendet sind. Es gab gerade in Durban eine der wichtigsten Klimakonferenzen der Welt, wo nicht nur das wirtschaftliche Schicksal Europas auf der Kippe steht, sondern wo vor allem auch das Lebensschicksal von vielen Menschen in anderen Kontinenten, vor allem in Afrika, auf der Kippe steht. Diese Krisen sind vollkommen ausgeblendet. Es gibt ausschließlich nur mehr „Merkozy“-Sparpolitik. Ich halte das für eine extreme Blindheit der gesamten politischen Diskussion im Moment. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wünschen uns von Ihnen, dass Sie diesem Europa, das sich im Moment sehr weit von dem weg bewegt, wie wir uns das vorstellen, diesem Mainstream etwas entgegen­setzen, dass Sie nicht aus den Augen verlieren, dass es um Investitionen geht. Es kann nicht sein, dass sich 23 oder 26 Staaten ausschließlich zum Sparen verpflichten und völlig aus dem Auge verlieren, dass es um Arbeitslosigkeit geht, dass es um Jugendarbeitslosigkeit geht, dass es um Investitionen in Bildung, in Beschäftigung, in die Zukunft geht, und das in keiner Weise in einer Gipfelresolution zum Ausdruck kommt, sondern man sich ausschließlich aufs Sparen verständigt. Das ist zu wenig.

Wir verlangen von Ihnen, dass Sie sich ernsthaft – und wirklich ernsthaft und nicht nur bei Pressekonferenzen und gegenüber dem Boulevard – mit Finanztransaktionssteuer, mit einem Zurückdrängen der Macht der Rating-Agenturen, auch mit Feuerwehrmaß­nahmen wie EZB sehr viel stärker beschäftigen und nicht nur das nachplaudern, was das Diktat Merkel und Sarkozy bei den Ministerräten vorgibt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir verlangen noch etwas von Ihnen, nämlich auch wieder die Parlamente mit einzu­beziehen und nicht bei Zweidrittelmehrheiten in Brüssel ohne einen Parlamentsvor­behalt Zusagen zu machen. Sie können sich in Zukunft nicht sicher sein, und bei den Grünen schon gar nicht, dass wir Ihnen die Mauer machen bei Dingen, die Sie nicht in irgendeiner Weise demokratisch legitimieren wollen. Diese Form des Ausmachens im Europäischen Rat, ohne die Parlamente zu befassen, ohne das Europaparlament mit Kontrolle zu befassen, das ist etwas, worauf Europa sicher nicht bauen kann. Mit den Grünen können Sie in dieser Form schon gar nicht darauf bauen. (Beifall bei den Grünen.)

Entweder Sie nehmen das Projekt Europa ernst, als ein demokratisches Projekt, als ein Projekt, wo Bürgerinnen und Bürger auch mitreden können und damit auch die Parlamente und das Europaparlament mitreden können, oder Sie verfolgen einen Kurs


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 27

von Merkel und Sarkozy, der aus meiner Sicht ins 19. Jahrhundert gehört und nicht ins 21.! (Beifall bei den Grünen.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Kopf zu Wort. – Bitte.

 


9.59.44

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus!

Ich hoffe, wir sind uns alle darüber einig, dass die Europäische Union ein faszi­nie­rendes und richtiges Projekt zur Sicherung von Frieden und Wohlstand in Europa ist. Auch wenn wir uns leider eingestehen müssen, dass bei der Ausgestaltung dieser Europäischen Union und vor allem auch bei ihrer Erweiterung Fehler gemacht wurden, ist und bleibt es aus unserer Sicht auf jeden Fall ein nicht nur faszinierendes, sondern ein richtiges und alternativloses Projekt, wenn wir Wohlstand und Frieden in Europa sichern wollen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch der Euro ist aus meiner und unserer Sicht ein genauso faszinierendes, wichtiges und richtiges Projekt, obwohl man leider eingestehen muss, dass auch bei seiner Einführung manche Fehler gemacht worden sind. Das darf und soll uns aber nicht daran hindern, diese Fehler jetzt auszumerzen. Das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Da wart ihr alle mit dabei!)

Bei all dieser Selbstkritik dürfen wir aber eines nicht übersehen: Österreich hat sowohl vom Beitritt zur EU als auch von der Einführung des Euro profitiert wie kein anderes Land in Europa. (Abg. Strache: Die Banken haben profitiert, die Bürger nicht!) Das heißt, meine Damen und Herren, es ist doch zutiefst in unserem eigenen Interesse, jetzt die EU zu stabilisieren, den Euro zu stabilisieren. Und gerade als ein Land, das im besonderen Maße davon profitiert hat, steht es uns auch im besonderen Maße gut an, jetzt Solidarität mit jenen zu üben, die derzeit in Schwierigkeiten sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, all jenen, die hier davon reden, dass die Banken und die Spekulanten und ich weiß nicht wer schuld an dieser Situation sind, sei noch einmal deutlich gesagt: Wir haben keine Währungskrise, meine Damen und Herren, sondern wir haben eine Schuldenkrise der Mitgliedstaaten, weil – und ich sage es noch einmal, Kollege Cap – viele Staaten über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Kollege Cap, wenn Sie hier kritisieren oder behaupten, manche wollten jetzt die Ver­teilung neu organisieren: Ja, wir wollen Schluss machen mit dem Leben auf Kosten der nächsten Generationen, mit dem Herbeiholen des Wohlstandes der nächsten Generationen zu uns her! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Sie leben seit 25 Jahren !) Wir wollen tatsächlich nicht weiter Wohlstand von unseren Kindern zu uns her transferieren, damit wollen wir wirklich Schluss machen! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, meine Damen und Herren, schuld an dieser Krise sind alle, die bei diesem staatlichen Schuldenmachen mitgemacht haben. (Zwischenruf beim BZÖ.) – Nicht die Banken! Ja ja, wir können jetzt wieder anfangen, kleinlich aufzurechnen, wer wann was gemacht hat. Ich kann Ihnen dann wieder sagen, dass wir in der Kanzlerschaft von Schüssel die Schulden abgebaut haben. Machen wir doch Schluss damit!

Wir stehen heute hier an einem Punkt, der verdammt kritisch ist. Jetzt geht es nicht darum, zu sagen: Sie sind schuld und Sie sind schuld und Sie sind schuld, sondern jetzt geht es darum, das zu diesem Zeitpunkt Notwendige und Richtige zu tun, und sonst gar nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Sie machen die falsche Politik,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 28

und die Menschen sollen das ausbaden!) – Hören Sie auf mit Ihrem kleinlichen Gezänk!

Meine Damen und Herren, EU und Eurozone sind aus meiner Sicht gleichermaßen Chancen- und Schicksalsgemeinschaften. Aber in dieser schwierigen Situation Verant­wortung für Europa zu übernehmen, heißt auch Verantwortung für Österreich zu übernehmen!

Herr Strache, europäische Interessen sind auch österreichische Interessen. Das lässt sich nicht auseinanderdividieren, indem man sagt: Schauen wir nur auf uns, und die anderen sind uns wurscht! – Wir haben lange von dieser Union profitiert, und es ist auch durchaus angebracht, dass wir jetzt in dieser Situation Solidarität zeigen und uns nicht davon verabschieden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Strutz: Europa ist keine Einbahnstraße! – Abg. Strache: Es gibt Grenzen der Belastbarkeit!)

Die „Grenzen der Belastbarkeit“, nur: Diese Solidarität nicht zu üben, würde uns in Österreich noch mehr belasten, als es uns vielleicht tut, wenn wir Solidarität üben. Auch das sollten Sie einmal bedenken. Es ist bedauerlich, dass beim Europäischen Gipfel Großbritannien, Ungarn und andere ausgeschert sind und nicht mitgemacht haben.

Mindestens so unverantwortlich ist aber die Demagogie, die derzeit in Österreich statt­findet, nämlich Demagogie gegen die Sanierung von EU und Eurozone, meine Damen und Herren. Was der Gewerkschaftspräsident Foglar in diesen Tagen, heute in einem Medium, sagt, nämlich: „EU macht Politik gegen die Menschen“, das ist wirklich lächerlich! (Abg. Strache: Der ist ganz auf H.-C.-Strache-Kurs!) Herr Foglar, ich muss Ihnen wirklich deutlich sagen: Politik gegen die Menschen macht, wer weiterhin dem Schuldenmachen das Wort redet! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das immer linkslastigere WIFO wird derzeit von vielen als Beweis herangezogen, wenn es darum geht, dem Sparen eine Absage zu erteilen. Das WIFO redet von einer Gefahr einer weiteren Konjunkturdämpfung. Da lobe ich mir den Gouverneur der Notenbank, Herrn Ewald Nowotny, der gesagt hat  (Abg. Petzner: Das ist allerdings auch ein Linker!) – Ja, der ist links; er steht zumindest sicher nicht im Verdacht, ein Rechter zu sein. Nowotny sagt: Sparen hat kurzfristig einen dämpfenden Konjunktureffekt, aber deshalb darf man trotzdem nicht damit aufhören. Die Schulden­bremse sichert das Wachstum mittel- bis langfristig, auch wenn es kurzfristig Einbußen gibt. – Zitatende.

Nowotny hat recht: Es gibt keine Alternative zum Sparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, all jenen, die jetzt vom Kaputtsparen reden (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: OECD!), muss ich sagen: Ich kann dieses Wort nicht mehr hören! Denn: Alle, die jetzt vom Kaputtsparen reden, wollen weiterhin auf Kosten der nächsten Generationen leben. Das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ein abschließendes Wort, meine Damen und Herren, zu den aktuellen Verhandlungen mit den Oppositionsparteien: Herr Strache, jetzt einmal abgesehen von Ihren europa­politischen Vorstellungen, die nicht unsere sind – das sei Ihnen unbenommen –, aber ich sage trotzdem hier in diese Runde: Alle drei Oppositionsparteien sind für die ÖVP weiterhin Gesprächspartner, aber natürlich nicht ohne Wenn und Aber und selbst­verständlich nicht auf Basis aller extremen Bedingungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir werden alle drei Oppositionsparteien weiterhin in die Gespräche einbinden. Aber, Frau Kollegin Glawischnig, es wird in Bezug auf Vermögenssteuern mit der ÖVP keinen Abtausch geben. Das sei gleich vorneweg gesagt. Es wird mit der SPÖ offenbar auch keinen Abtausch bei der Abgabenobergrenze geben können, Herr Kollege


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 29

Bucher! (Zwischenrufe beim BZÖ.) Persönlich bedauere ich das, aber das ist die Po­sition unseres Koalitionspartners und ich respektiere diese Position.

Herr Kollege Strache, es wird auch keinen Abtausch geben bei einem quasi EU-Beitritt. (Abg. Markowitz: Weil die Motivation fehlt!) Aber über Ihre Vorstellung der Einführung von mehr direkter Demokratie können und sollten wir reden. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Dr. Graf: Jetzt müssen wir nur noch den Kanzler, den Faymann, überreden! – Abg. Strache: Jetzt steht nur noch der Faymann der direkten Demokratie im Weg! Jetzt wird’s spannend, wenn nur noch der Kanzler der direkten Demokratie im Weg steht!)

Also, meine Damen und Herren, was es geben kann und muss, ist die gemeinsame Schaffung von Haushaltsgrundsätzen in der Verfassung, an die sich diese Regierung, die nächste Regierung und auch die folgenden zu halten haben werden. Das Gebot der Stunde ist, einen Verfassungsgrundsatz zu normieren, an den man sich künftig zu halten hat, und der heißt: Keine neuen Schulden, sondern Österreich entschulden! Das ist unser Ziel, und ich lade Sie alle ein, bei der Erfüllung dieses Zieles mitzumachen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


10.09.29

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vielleicht unerwarteterweise mit etwas Positivem beginnen. Es ist anzu­erkennen und lobenswert, dass die Bundesregierung zumindest den Versuch unter­nimmt, eine Regierungserklärung zu machen. Das hatten wir bisher immer gefordert, aber es ist leider niemals erfolgt.

Es war allerdings nur ein Versuch, es ist nicht geglückt, es ist wieder einmal völlig danebengegangen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die einzige klare Botschaft, die Ihnen, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, heute zu entlocken war, ist, weiterhin das Steuergeld den Menschen aus der Tasche zu ziehen und den Pleitestaaten und den maroden Banken hinterherzuwerfen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist die einzige Botschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, die von der heutigen Regierungserklärung übrig bleibt. Oder haben Sie den Eindruck gewonnen, dass diese Bundesregierung ein Konzept verfolgt, welche Lösung sie auf europäischer Ebene – geschweige denn in Österreich, was ihr Zuständigkeitsbereich wäre, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler – anzubieten hat? (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, das gibt es nicht!) – Nein! Sie haben auch heute in Ihren kritischen Bemerkungen erkennen lassen, dass Sie ja selbst wissen, dass nichts, was in Brüssel bisher ent­schieden wurde, auch tatsächlich funktioniert hat. Alle Rettungsversuche, die bisher unternommen worden sind, um den maroden Ländern und auch den Banken zu helfen, sind gescheitert und haben am Ende den Steuerzahler nur Geld gekostet. (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Die warten alle auf einen Bucher!) – Na, die warten schon auf einen Bucher, da haben Sie recht. Wir haben zumindest einen „Bucher-Plan“. Ja, wir haben einen Plan! (Beifall beim BZÖ.)

Aber Sie sind ja planlos, Sie sind orientierungslos und Sie sind auch visionslos, Sie haben überhaupt kein Konzept! Sie haben ja nicht einmal einen Handlungswillen, Herr Bundeskanzler! Sie sind nicht einmal bereit, die Problemzonen zu erkennen, um die es geht, vor denen die Menschen in der heutigen Situation geradezu verzweifeln, weil sie Angst haben, was die Zukunft betrifft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 30

Und da gehen Sie, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Kopf, noch heraus und betreiben pure Angstmache. Es ist pure Angstmache, wenn Sie das Friedensprojekt Europa hier in Zweifel ziehen. Niemand von uns zweifelt an dem Friedensprojekt Europa! Niemand will irgendwelche Kriege anzetteln. Es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür. Und Sie reden hier von Bankomaten, die plötzlich nicht mehr mit Geld gefüllt sind. Ja da fehlt es gerade noch, dass Sie sagen, dass es Lebensmittelmarken für die Menschen in Österreich geben wird. – Hören Sie auf mit dieser Panikmache, hören Sie auf mit dieser Angstmache! (Beifall beim BZÖ.)

Geben Sie den Menschen endlich einmal Visionen und Hoffnungen! Das wäre die Aufgabe einer Bundesregierung – und nicht einer Opposition! Sie verkennen ja Ihren Aufgabenumfang. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Ihre Aufgabe wäre es, hier herauszugehen und den Menschen zu sagen: Es ist alles nicht so schlimm, wir haben eine klare Handhabe, wie wir die Zukunft bewältigen wollen! – Stattdessen bejammern Sie sich selber. Sie bejammern Ihre eigene Unfähigkeit. Das ist die Realität! Das kommt aus Ihren Wortmeldungen heraus.

Niemand von der Bundesregierung ist hier aufgetreten und hat gesagt: Wir wissen, wie wir die Zukunft meistern, wir haben eine klare Vorstellung davon und wir haben ein klares Konzept dafür! Wir reden nicht über neue Steuern, sondern wir reden über eine Reorganisation Österreichs, über einen schlanken Staat, wir reden über Reformen! – Das hätte ich mir von dieser Bundesregierung erwartet: klare Ansagen, klare Ziele und klare Konzepte! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Darauf warten ja die Menschen seit Jahr und Tag! Was erzählen Sie in Ihren Arbeiterheimen und Parteiveranstaltungen den Menschen: dass alles so schlimm ist und dass wir unfähig sind, die Probleme zu erkennen und zu lösen? (Abg. Strache: Es kommt eh keiner mehr zu den Veranstaltungen der SPÖ! Die SPÖ ist in einem Selbst­auflösungsprozess!) – Nein, Sie sollen den Menschen endlich einmal Hoffnung geben und endlich einmal beginnen, Ihre Regierungsarbeit ernst zu nehmen. Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, regieren letztendlich – und nicht die Opposition!

Und hören Sie auf, immer wieder die Opposition hier in das Schuldeneck zu drängen und zur Verantwortung zu ziehen! Sie kriegen ja dafür bezahlt, dass Sie dieses Land regieren. Das ist doch Ihre ureigenste Aufgabe, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Jetzt haben Sie vom Brüsseler Gipfel einen Rüffel mit auf den Weg nach Hause bekommen, nämlich den Rüffel, dass Sie die Schuldenbremse nicht so verankert haben, dass sie auch tatsächlich dann wirkt und greift, wenn sie gebraucht wird, weil Sie sie nur einfachgesetzlich beschlossen haben. (Abg. Dr. Bartenstein: Wessen Schuld ist denn das? Da sind ja Sie dran! Haltet-den-Dieb-Politik! – Gegenrufe beim BZÖ.) Ja, wir haben klare Vorstellungen – im Gegensatz zu Ihnen! Im Gegensatz zur ÖVP sagen wir: Wir brauchen Sanktionen!

Ja was war denn der Grund, warum dieses ganze Projekt auf europäischer Ebene gescheitert ist? – Weil es keine Strafsanktionen gibt, wenn man die eigenen Ziele verfehlt. Deshalb wollen wir ja in Österreich in der Verfassung verankern, dass, wenn Sie Ihre eigenen Vorgaben verfehlen, Schuldenmachen unter Strafe gestellt wird. Das ist doch eine vernünftige Forderung, die wir erheben. (Beifall beim BZÖ.)

Ich kenne niemanden, der dagegen, dass wir das sanktionieren, was wir selber nicht an Zielen erfüllen, auftritt. Das ist doch grundvernünftig!

Und das Zweite, das ich gefordert habe, war eine Steuerbremse. Das ist doch grund­vernünftig! Oder willst du mir (in Richtung des Abg. Dr. Bartenstein) da etwas ent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 31

gegenhalten? Das ist doch der Umkehrschluss bei dieser Bundesregierung: Wenn Sie gegen unsere Steuerbremse sind, dann sind Sie automatisch für Steuer­erhö­hungen. Und da machen wir vom BZÖ nicht mit! (Beifall beim BZÖ.)

Wir sagen: Genug gezahlt! Wir sagen: Denken Sie doch endlich einmal an die Re­organisation des Staates! Da ist so viel Kraft, da ist so viel Potenzial drinnen in diesem Staat, da können Sie noch viele Milliarden herausholen und schöpfen. Gehen Sie endlich einmal diesen Weg der Reform! Das wäre doch einmal das Grundvernünftigste.

Es hat Ihnen der Rechnungshof 599 Vorschläge auf den Tisch geknallt, ein dickes Bücherl. Wenn Sie den Rechnungshof nicht ernstnehmen wollen, dann schaffen Sie ihn doch ab! Er gab Ihnen 600 Vorschläge, wo Sie in Österreich zu Einsparungs­potenzialen kommen können. Erst dann, wenn Sie diese Vorschläge aufgreifen, werden Sie bei den Menschen in Österreich spüren, dass sie Ihre Arbeit wertschätzen.

Das ist unserer Aufgabe in dieser Zeit, meine sehr geehrten Damen und Herren: nicht alles zu bejammern, sondern den Menschen zu sagen, was jetzt zu erfolgen hat! Es stehen Reformen im Gesundheitsbereich, im Verwaltungsbereich an; ich muss das nicht alles aufzählen, weil wir darüber hier herinnen schon stundenlang diskutiert haben. Es gibt genügend Experten, die Ihnen vorrechnen, dass wir pro Jahr an die 7 Milliarden € einsparen können. Doch was erfahren wir von der Bundesregierung? – Einmal ist es 1 Milliarde, die nächstes Jahr eingespart werden muss, dann sind es 1,5 Milliarden. Heute habe ich in der Zeitung gelesen, es sind 2 Milliarden €.

Ja welches Zutrauen, welches Vertrauen kann man denn noch haben in eine Bun­desregierung, die nicht einmal selber weiß, was sie im nächsten Jahr in das Budget hineinschreiben soll, in eine Bundesregierung, die ein Budget beschlossen hat, das neuerlich für 9 Milliarden € an zusätzlichen Schulden sorgt, und die dann ständig, in jeder Wortmeldung, die eigene Schuldenmacherei hier an den Pranger stellt?!

Das ist nicht glaubwürdig! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, ist auch im Vorfeld einer drohenden Krise, einer Rezession fahrlässig. Das ist einer Bundesregierung nicht würdig!

Sie sollten jetzt dafür sorgen, dass es wieder Vertrauen gibt in die Wirtschaftskraft Österreichs, dass die Unternehmen wieder investieren. Die stehen ja alle auf der Bremse, weil Sie in diese Politik kein Zutrauen mehr haben. Sie gefährden mit Ihrer Fahrlässigkeit die Arbeitsplätze in Österreich und erhöhen damit die Gefahr, dass immer mehr Menschen in die Arbeitslosigkeit abdriften.

Sie sollen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, Hoffnung ver­breiten! Sie sollen den Weg gehen, dieses Land so zu regieren, dass Sie mit Reformen dafür sorgen, dass die Menschen wieder eine Perspektive haben und nicht an den Untergang in diesem unserem Land Österreich glauben! (Beifall beim BZÖ.)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. – Bitte.

 


10.18.26

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Herr Bucher, Schreien allein hilft nicht weiter. Sie könnten zur Abwechslung einmal staatspolitische Verantwortung zeigen und konstruktiv mitarbeiten, dann würden Sie vielleicht auch hier einige Visionen, wie Sie das nennen, einbringen, aber man hört ja von Ihnen diesbezüglich überhaupt nichts. (Abg. Neubauer: So wie der Faymann das tut!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 32

Meine Damen und Herren! Ja, wir haben eine Schuldenkrise, die haben wir ganz eindeutig, aber hervorgerufen wurde diese durch die Finanzkrise, und ich glaube, das ist ein wesentlicher Unterschied. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man B sagt, muss man immer schauen, was davor war, das war A, und wenn man sich das anschaut, dann stellt man fest: Während der ersten Phase der Krise zwischen 2007 und 2009 ist das durchschnittliche Defizit in der Eurozone von 0,7 Pro­zent auf 6,3 Prozent gestiegen und in der EU von 0,9 Prozent auf 6,8 Prozent. Daran sieht man also sehr deutlich den Zusammenhang zwischen der Finanzkrise und der Schuldenkrise. Daher war der Europäische Rat, der in der letzten Woche stattfand, auch so wichtig, denn er hatte – und das war eine entscheidende Aufgabe – zum Beispiel zu beweisen, dass die europäischen Staaten in der Lage sind und den Willen besitzen, in der Krise zusammenzuhalten und gemeinsam einen Weg aus dieser Krise zu finden. Ich glaube, so deutlich war das noch nie zu sehen.

Auf sich allein gestellt wird ein Land in der Größe von Österreich in Windeseile zum Spielball der Finanzmärkte, Herr Strache. – Der ist jetzt nicht da. (Abg. Dr. Graf: SP- und VP-Abgeordnete sind reihenweise weg! Schauen Sie hin! Keine Leute da! Aber auf den Strache losgehen!) – Aber genau das ist der Punkt: Allein gegen die anderen, das bringt es nicht!

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle konnten beobachten: Vertrauen spielt eine große Rolle – das hat sogar der Herr Bucher angeschnitten –, und deswegen ist ja heute die Erklärung des Bundeskanzlers auch so wichtig. Für die einzelnen Staaten und ebenso für die Eurozone ist es von grundlegender Bedeutung, dass ihrer Budget­politik ein festes Vertrauen entgegengebracht wird. Deswegen sind die Entscheidun­gen, die der Gipfel in Richtung einer besser koordinierten, stabilen Haushaltspolitik gesetzt hat, ein besonderer Schritt, denn sie werden helfen, den Glauben an Europa, an die EU wieder zu stärken, wiederherzustellen. Denn – und da kommt die Sozial­politik mit ins Spiel –: Es geht um Arbeitsplätze, es geht um die Sicherung unseres Wohlstandes. Diese Errungenschaften und die Stabilität unseres Landes und der EU müssen wir daher mit aller Kraft gegen die Angriffe der Finanzmärkte verteidigen, und dafür braucht es glaubwürdige und rasche Maßnahmen, wie sie vergangene Woche auch beschlossen wurden.

Letztendlich dienen diese Entscheidungen, mit all den neuen Verfahren und Prozes­sen, der Überwindung der Krise und der Stabilisierung der Eurozone. Sie dienen dem Zweck, ein stabiles und friedliches Europa auch in Zukunft zu sichern, unterstützt durch einen stabilen Euro. Im Übrigen: Der Euro ist trotz aller aktuellen Turbulenzen ein außerordentlicher Erfolg, er schafft nämlich jährlich an die 20 000 Arbeitsplätze und ist stabiler, als es der Schilling je war.

Gestärkt muss aber auch das Vertrauen der Menschen in die EU in der Hinsicht wer­den, dass wir ein Europa der sozialen Gerechtigkeit wollen. So müssen die Kosten der Finanzkrise gerecht verteilt werden, die Finanzwirtschaft muss an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt werden. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ein Instrument dafür wäre – das wurde schon erwähnt – die Finanztransaktionssteuer. Die Verursacher der Krise, nämlich die Finanzmärkte, müssen reguliert werden, und zwar mit Nachdruck.

Meine Damen und Herren! Wir sind für klare Ziele. Wir sind für gemeinsames Arbeiten innerhalb der EU. Wir sind für eine verantwortungslose Politik nicht zu haben – grund­sätzlich nicht, und schon gar nicht in schwierigen Zeiten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kickl zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 33

10.23.29

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange einmal positiv an: Sie werden in Österreich keinen Menschen finden, der nicht dafür ist, dass Schulden abgebaut werden und dass endlich einmal gespart wird – aber unter zwei Voraussetzungen, meine Damen und Herren.

Erstes Kriterium: Es muss vernünftig gespart werden. Und da ist schon einiges ange­sprochen worden: Strukturreform; weg mit den Bürokratiespeck in Schwarz und in Rot gehalten!

Zweites Kriterium: Es muss zugunsten der eigenen Bevölkerung gespart werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber bei beiden Kriterien fallen Sie mit dem, was Sie vorschlagen, unten durch. Ich werde Ihnen auch sagen, warum Sie weder das eine Kriterium noch das andere erfüllen.

Wir müssen uns nur einmal fragen, wann denn dieses Elementarereignis eingetreten ist beziehungsweise seit wann der Kollege Cap und seit wann sein Parteivorsitzender Faymann große Verfechter und regelrechte Einpeitscher der sogenannten Schulden­bremse geworden sind. Wann war denn diese Initialzündung? – War das irgendwann einmal im Zuge der Übernahme der Regierungsfunktionen – von Tätigkeit möchte ich da nicht reden –, war das 2006, als Sie Regierungsfunktionen übernommen haben, sind Sie damals draufgekommen, dass es nicht so weitergeht wie bisher? – Nein, meine Damen und Herren, kein Wort davon!

War es dann vielleicht beim zweiten Teil so, also bei der Neuauflage des gescheiterten Projekts, sind Sie damals vielleicht draufgekommen, dass es so etwas wie eine Schuldenbremse braucht und dass Sie nicht weitermachen können wie bisher? – Kein Wort davon, meine Damen und Herren!

Oder war es vielleicht bei der Erstellung des Budgets 2011 oder bei der Erstellung des Budgets 2012, als Sie gesehen haben, schon aus Krisenerfahrungen gescheiter geworden, dass Sie so mit Ihrem Schuldenmachen ohne Wenn und Aber nicht weiter­machen können? – Auch davon keine Rede, meine Damen und Herren, sonst würde das Budget 2011 nicht so ausschauen wie das Budget 2012, denn beide Budgets sind Schuldenbudgets, wie Sie sie in der Vergangenheit immer gemacht haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Konjunkturzyklus hin, Konjunkturzyklus her, das ist eine Konstante, wir müssen also auf eine ganz, ganz andere Spurensuche gehen, um fündig zu werden, was Sie zu Einpeitschern der Schuldenbremse gemacht hat, meine Damen und Herren. Das ist ein Ereignis der ganz besonderen Art, das Ihnen die Erleuchtung gebracht hat: eine Befehlsausgabe in Brüssel, eine Befehlsausgabe auf europäischer Ebene. Das ist es gewesen! Und seit dieser Befehlsausgabe sind Sie vonseiten der SPÖ Verfechter einer Schuldenbremse, die, als sie Gusenbauer noch vertreten hat, die Befürworter mit dem nassen Fetzen durch die eigene Partei getrieben haben. – So viel zu Ihrem Kurzzeitgedächtnis, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Diese Schuldenbremse ist nicht made in Austria, und sie ist auch nicht zugunsten der eigenen Bevölkerung, sondern sie ist eine Brüsseler Erfindung. Sie dient in keinem einzigen Ansatz dazu, eine Zukunftsfähigkeit für kommende Generationen in Öster­reich herzustellen, das Bildungssystem in Österreich zu retten, die soziale Sicherheit zu gewährleisten, sondern sie ist nur ein Mittel mehr dazu, eine immer undemo­kra­tischer werdende Europäische Union weiter voranzutreiben, weiter am Leben zu erhalten, und sie dient dazu, mit dieser undemokratischen Europäischen Union auch die fatale Fehlkonstruktion des Euro einigermaßen über Wasser zu halten. Sie machen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 34

da mit, anstatt einen Schritt zu setzen, um zu retten, was zu retten ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Und dafür, meine Damen und Herren, und für nichts anderes – dafür und für nichts anderes! – hängen Sie jetzt den Österreichern ein Sparpaket um. Und dafür und für nichts anderes haben Sie Ja gesagt zu einem Machttransfer in Richtung Brüssel, zu einer Aufgabe unserer Budgetsouveränität. Na das haben wir notwendig gehabt: dass diese abgehalfterte zweite und dritte Politikergarnitur, die in Brüssel das Sagen hat, die nicht gewählt ist, jetzt noch ergänzt wird um einen Währungskommissar, der uns dann in unsere Budgetangelegenheiten hineinpfuscht. Das brauchen wir wirklich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Das, meine Damen und Herren, ist die Wahrheit und nichts anderes! Und das sollten Sie einmal auf den Tisch legen. Genau darüber sollte die österreichische Bevölkerung in einer Volksabstimmung abstimmen: ob sie diesen Weg haben will oder ob sie diesen Weg nicht haben will! Dann werden wir einmal die Argumente miteinander vergleichen, und dann schauen wir uns an, wer am Ende am längeren Ast sitzt, meine Damen und Herren.

Das Volk hat das Recht, darüber abzustimmen, weil es auch die Pflicht hat, die Kon­sequenzen daraus zu tragen, wenn es nicht so kommt, wie Sie hier versprechen. Es ist vieles nicht so gekommen, wie Sie es im Zusammenhang mit der europäischen Gemeinschaftswährung versprochen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es stimmt, die Schweiz hat auch eine Schuldenbremse, ja, aber die Schweiz ist schon 2001, als Sie die Schuldenbremse noch verteufelt haben, draufgekommen, dass so etwas ein sinnvolles Instrument sein kann.

Die Schweiz hat eine Schuldenbrems – aber dort hat die eigene Bevölkerung darüber abgestimmt! Die Schweiz hat eine Schuldenbremse, aber dort gibt es ein Initiativrecht vom Volk aus, sodass man ein solches Gesetz durch ein anderes wieder ersetzen kann. Die Schweiz braucht auch keinen EU-Währungskommissar, der in ihre Budget­angelegenheiten hineinpfuscht. Und das ist ein wesentlicher Unterschied, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich fordere Sie daher auf: Legen Sie diese Entscheidung der österreichischen Bevöl­kerung vor! Es ist Ihre Pflicht, das zu tun – genauso wie es in der Vergangenheit Ihre Pflicht gewesen wäre, sparsam zu wirtschaften und zu haushalten.

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Kollege Cap! Ich habe mich aufgemacht ins Archiv und habe ein Zitat gesucht, das die Budgetpolitik in Österreich beschreibt. Ich zitiere Folgendes – aufpassen auf der linken Seite dieses Hauses! –:

„Markenzeichen“ des Finanzministers ist es: „etwas sagen, aber den Bürger raten zu lassen, was man damit meint; am schönsten ist es, wenn er nie draufkommt.“ – Zitat­ende.

Formuliert hat diesen wenig schmeichelhaften Satz über die österreichische Budget­politik ein gewisser Josef Cap (Ah-Rufe bei der FPÖ) und kritisiert hat er damit einen gewissen Karl-Heinz Grasser. Und wofür hat er ihn kritisiert? Für sein Schlagwort „Nulldefizit“. – Wieder ein Zitat vom Kollegen Cap.

Aber das ist genau das Nulldefizit, meine Damen und Herren, das Sie jetzt einpei­tschen als Ende des Bremsweges dieser Schuldenbremse. Nur: Damals war die euro­päische Komponente nicht mit dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist doch abenteuerlich, meine Damen und Herren! (Abg. Strache: Die SPÖ macht sich immer lächerlich! Eine Grasser-Politik macht der Cap! – Gegenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) Das muss man auf der Zunge zergehen lassen: Derjenige Josef Cap,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 35

der jetzt der Obereinpeitscher der Schuldenbremse und damit des Nulldefizits ist, ist derselbe Josef Cap, der damals samt seinen Genossen dieses Nulldefizit als inhalts­leere Verschlagwortung der Politik kritisiert hat!

Aber der frühe Josef Cap, oder der mittlere Josef Cap – denn auch der mittlere hat an den früheren nicht mehr herangereicht – war immer noch gescheiter als der späte Josef Cap der Gegenwart, meine Damen und Herren. (Abg. Strache – in Richtung SPÖ weisend –: Die Grasser-Lehrlinge sitzen da drüben!) Diese Beschreibung, die Bürger raten zu lassen, was man damit meint, und am schönsten ist es, wenn man nie draufkommt, das passt doch auch für das, was wir jetzt als Schuldenbremse vorgelegt bekommen. Genau: Da dürfen wir raten, was drinnen ist. Kein Mensch weiß es, Sie am allerwenigsten.

Und das, was man weiß, meine Damen und Herren, lässt einem die Haare ergrauen. Denn inhaltlich war auch der junge Josef Cap intelligenter als der Josef Cap der Jetztzeit. Sie haben nämlich damals im Zusammenhang mit dem Nulldefizit Folgendes gesagt (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein halbes Jahrhundert her! 50 Jahre ist das her!) – ich zitiere –:

Allein dieser Begriff ist Zeichen dafür, dass gigantische Eingriffe in das Sozialsystem geplant sind. Da werden Pensionen gekürzt, da werden Studiengebühren eingeführt, da kommen Rezeptgebühren und so weiter. – Zitatende.

Josef Cap zum Nulldefizit und damit auch zur Schuldenbremse, die uns dort hinbringt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist die Sozialdemokratie. Bruno Kreisky: Raus aus dem roten Andachtswinkerl! Und Karl-Heinz Grasser: Hinein in den roten Andachtswinkel! Wer hätte das gedacht? (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitliche spielen bei diesem Theater nicht mit. Das kann ich Ihnen gleich sagen.

Herr Faymann, Ihnen sei eines zum Abschluss gesagt: Ein Bundeskanzler des Volkes sind Sie nicht. Ein Abkanzler des Volkes, das sind Sie! (Abg. Strache: Das ist es!) Und damit sind Sie ein Kanzler der Kommissare. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


10.31.40

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bun­desregierung! Josef Cap, wie für uns alle gilt: Wir können dazulernen, wir können gescheiter werden. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Aus dieser Überlegung schließe ich nicht einmal Herrn Kickl aus. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war es ja denn wohl nicht: eine Befehlsausgabe in Brüssel am 26. Oktober, gerade einmal sechs Wochen ist das her. Es war eine gemeinsame Entscheidung der europäischen Staats- und Regierungs­chefs, der Krise, dieser Staatsschuldenkrise unter anderem mit einer Schuldenbremse beikommen zu wollen, die verfassungsmäßig zu verankern ist. Da unser Bundes­kanzler dieser Meinung war, waren auch alle anderen dieser Meinung. Das ist eben unser Weg, Herr Kickl: Wir wollen gemeinsam mit unseren europäischen Part­nern, eingebettet in die Europäische Union, eingebettet in die Eurozone, die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, meistern. Sie wollen in Wirklichkeit raus aus der Eurozone, raus aus der Europäischen Union.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 36

Aus einer früher einmal proeuropäischen FPÖ ist eine leider Gottes ziemlich anti­europäische geworden, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Kickl: Aber wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht!)

Natürlich war es eine Richtungsentscheidung, die vor einigen Tagen am EU-Gipfel vor sich gegangen ist – es war eine Richtungsentscheidung in Richtung Fiskal-, heißt Haushalts- und Stabilitätsunion. Es war also, Frau Glawischnig, kein gewöhnlicher dieser 22 EU-Gipfel, sondern schon ein ganz besonderer.

Karlheinz Kopf, du hast es völlig richtig gesagt: Unter anderem geht es darum, Konstruktionsfehler der Eurozone zu beheben. Die Reparatur ist mühevoll, aber was hilft es? Wir müssen das tun, es gibt keine Alternative. Und natürlich wäre es vernünftiger, im Übrigen auch für die Engländer, wenn sie sich hier nicht einmal mehr in ihre Splendid Isolation begeben würden. Ein Europa der 27 ist besser als ein Europa der 26.

Dieses „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ oder auch „drei Geschwindigkeiten“ ist für uns natürlich kein Wunschszenarium. Aber wenn alle Bemühungen scheitern, dann gibt es keine Vertragsänderung, zumindest vorläufig nicht, dann gibt es einen Vertrag der Eurozone-Länder. Dann muss es eben ohne England gehen, aber dieser Weg ist zu gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wenn am Schluss, bis März etwa, ein Provisorium herauskommt, dann wissen wir Österreicher: Provisorien sind etwas, was manchmal recht lange hält, und Provisorien sind etwas, was man schon einmal eingehen muss. In meinem Sinne und in unserem Sinne ist das Glas im Moment wohl nicht halb leer, sondern zumindest schon halb voll, was die Bewältigung der Krise anbelangt.

Sehr gut zugehört habe ich dem Herrn Bundeskanzler – er ist im Moment nicht da –, der von der Feuerwehr sprach. Da gebe ich ihm zum Teil recht: Wenn es um den EFSF, um den Rettungsschirm, geht, wenn es um den Schuldenschnitt für die Griechen geht, wenn es um die Rekapitalisierung der Banken geht, ja, das ist Feuerwehr. Das aber, was jetzt die europäischen Staats- und Regierungschefs, jedenfalls der Eurozone, für sich beschlossen haben, das ist wohl eher Brandverhütung denn Feuerwehr. Da geht es darum, dass wir uns selbst in einem europäischen Rechtsrahmen zur Haushaltsdisziplin verpflichten, was in dieser Größenordnung und in dieser Diktion bisher nicht da war.

Es wurde schon gesagt: Maastricht-Regeln gab es. Die Ersten, die sie nachhaltig gebrochen haben, waren leider zwei große Länder, namentlich Frankreich und Deutschland. Aber das soll und wird in Zukunft besser werden.

So gesehen ist die Schuldenbremse ein Synonym für den Brandschutz zur Bewäl­tigung und zur Vorbeugung vergleichbarer Krisen, zur Absicherung letztlich der Finan­zierbarkeit unserer Staaten, denn darum geht es letzten Endes: dass sich Österreich und andere auch in Zukunft zu vernünftigen Bedingungen auf den Finanzmärkten finanzieren können.

Josef Cap, Sie haben vor ein paar Tagen im EU-Hauptausschuss gesagt, man soll sich nicht permanent von den Märkten dominieren lassen. Ich lese dann in der Zeitung, das erste Blatt, das der Herr Bundeskanzler in der Früh am Schreibtisch hat, ist das Blatt mit den Spreads, also: Wie viel zahlen die Österreicher mehr für die Zinsen als die Deutschen? – Da ist es in den letzten Wochen schon zu einer gewissen Verbesserung gekommen. Wir haben hier schon an einem Tag diskutiert, an dem wir 1,8 Prozent mehr Zinsen zu zahlen hatten als die Deutschen, mittlerweile sind es nur noch 1,2 Prozent mehr. Und das ist, wie gesagt, ein eindeutiges Zeichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 37

Es geht in die richtige Richtung. Das, was wir hier politisch beschlossen haben und noch beschließen werden, wird von den Märkten zumindest wahrgenommen, man anerkennt, dass Österreich hier auf dem Weg der Besserung ist.

Bemerkung am Rande: Ich habe zum ersten Mal vernommen, dass sich der Herr Bundeskanzler als glühender Europäer geoutet hat. – Nur weiter so!, möchte ich sagen. Da finden Sie in Ihrem Koalitionspartner einen sehr, sehr proeuropäischen Partner. Diesen Weg können und wollen wir gemeinsam gehen.

Ein Satz in Richtung Opposition, auch im Sinne dessen, was Karlheinz Kopf schon angesprochen hat. Natürlich ist es erforderlich und sinnvoll und auch notwendig, dass wir diese Schuldenbremse in die Verfassung aufnehmen. Innenpolitik auf dem Rücken des Landes, Innenpolitik als Junktim mit Europapolitik, das ist nicht gescheit, das ist nicht vernünftig. Das wissen Sie alle in Wirklichkeit ganz genau. Und wer Herrn Strache, Frau Glawischnig und Herrn Bucher heute zugehört hat, der hat das schlechte Gewissen aus diesen drei Klubobleuten der Oppositionsparteien förmlich heraus­gehört, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Abg. Kickl: Dann brauchen Sie es nicht in die Verfassung reinzuschreiben! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ! Das ist sehr unsauber!)

Daher: Eine offene Diskussion mit Ihnen, gehen Sie mit, gehen Sie mit uns diesen Weg: eine verfassungsmäßige Verankerung der Schuldenbremse, kein Junktim, kein Agieren, kein Politisches-Kleingeld-Wechseln auf dem Rücken der Österreicher, damit die einen ihre Steuervorschläge gegen die anderen durchbekommen! (Abg. Scheibner: Einigen Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner!)

Die Situation ist nach wie vor zu ernst. Es ist ein Stück weit Schluss mit lustig. Es ist ein Stück weit Schluss mit Schuldzuweisungen, die nur die Innenpolitiker interessieren, wenn unser Triple A in Gefahr ist. Dann könnten nämlich aus den 2 Milliarden €, die wir konsolidieren müssen – das ist gestern in der Regierung so besprochen worden, daran gibt es gar nichts zu deuteln –, dann könnten aus diesen 2 Milliarden € sehr, sehr schnell 5 Milliarden € werden; dann nämlich, wenn das Triple A verlorengeht.

So gesehen glaube ich, dass dieser Gipfelbeschluss keiner ist wie viele andere, son­dern das ist eine wirkliche Richtungsentscheidung. Wir begrüßen diese Gipfelent­schei­dung ausdrücklich. Es wartet noch sehr, sehr viel Arbeit auf uns, denn das, was hier politisch auf einigen Seiten vereinbart ist, jetzt in ein Vertragswerk umzuarbeiten und auszuarbeiten, das wird Heavy Metal sein. Das wird noch eine große Herausforderung für uns alle bringen. Aber spätestens im März muss es und wird es dann so weit sein.

Hand aufs Herz: Wären es nicht Frankreich und Deutschland, die Europa führen, wer denn sonst? Europa hat immer dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, gut funktioniert, wenn es diese starke deutsch-französische Achse gegeben hat. Wenn wir Vorschläge einbringen, dann sind die gerne willkommen. Wir brauchen diese Leader­ship in Europa, wir brauchen aber auch diese Gemeinsamkeit. Und in Österreich brauchen wir diese Gemeinsamkeit mit der Opposition zur verfassungsgemäßen Verankerung der Schuldenbremse. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


10.38.58

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, es ist ein Fortschritt, dass es Erklärungen der Regierungschefs, von Kanzler und Vizekanzler nach einem EU-Gipfel gibt. Tatsächlich, ich sage das offen und ehrlich. Über die Debatte kann sich jeder selbst ein Bild


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 38

machen. Kollege Bartenstein, jeder vertritt immer noch seine Meinung, und jeder wird es mit seinem Gewissen halten, wie er will, nämlich genau nach seinem Gewissen. Da müssen Sie nicht bei anderen ein schlechtes Gewissen diagnostizieren. Das ist, so meine ich, kein guter Stil. Aber auf den werden wir noch zu sprechen kommen.

Bleiben wir dabei, dass die Regierung eine Erklärung zum Gipfel abgegeben hat und naturgemäß damit auch die Auswirkungen auf die österreichische Situation in Verbindung stehen. Diese gute Tradition, dass Sie sich hier jetzt auch – das könnte eine werden – der Debatte stellen, könnte vielleicht noch dadurch komplettiert wer­den – und jetzt wird es eine Spur ernster –, dass Sie sich vielleicht auch im Vorfeld ein bisschen stärker darum kümmern sollten, wie die Mehrheitsverhältnisse im Haus überhaupt sind.

Bei sämtlichen Zweidrittelmaterien hatten wir bis jetzt den Eindruck, auch bei dieser hier und jetzt, auch schon am 26. Oktober – Kollege Bartenstein hat es erwähnt –, beim letzten Gipfel, dass Sie Erklärungen, Verbindungen und Verbindlichkeiten ein­gehen, wobei Sie noch nicht einmal wissen, ob Sie hier im Haus überhaupt eine Zwei­drittelmehrheit zustande bringen. Sie können sich ja anschließend darum bemühen, können Sie sagen. – Ja, aber Sie müssen natürlich schon auch reflektieren, was die inhaltlichen Positionen hier sind.

Und immer dieser Fingerzeig auf die Opposition, man möge genau dort hinhüpfen, wo andere vorher schon hingetorkelt sind – das kann es nicht sein! (Beifall bei Grünen und BZÖ.) Es hat hier jeder eine Verantwortung, es hat hier jeder ein Mandat, wenn Sie so wollen, ein Gewissen, jedenfalls eine Haltung. Und lange Zeit war es ja so oder eigentlich ist es bis heute so, dass, so unterschiedlich die Opposition ist, aber es ist zumindest erkennbar, dass das BZÖ ganz etwas anderes will als die Grünen, aber die wollen wenigstens etwas. Bei der Regierung ist das nicht unmittelbar erkennbar, was sie gemeinsam will. Wenn einzelne Teile der Regierung etwas wollen, dann das Gegenteil voneinander. Die einen wollen nach links, die anderen nach rechts, zumindest blinken sie so. Am Schluss passiert gar nichts. Sie brauchen gar keine Bremse, sie stehen eh still auf der Stelle. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das ist natürlich das Problem, weil auf dieser Basis bis jetzt mit Ihnen gar nicht verhandelt werden konnte, weil Sie gar keine Position hatten. Ob Sie jetzt eine haben, das ist eine andere Frage. Sie fangen an, so zu tun als ob. Ob es tatsächlich so ist, das werden wir noch sehen. Wir werden darauf zurückkommen.

Kommen wir jetzt trotzdem zu den Ergebnissen des letzten, des 22. Gipfels! Ein großes Problem, das damit generiert wird, ist, wenn nämlich sonst nichts passiert, als was dort beschlossen worden ist, dass wir in Europa Gefahr laufen, die herauf­dräuende Krise noch zu beschleunigen und zu verschärfen. Das sagen nicht nur irgendwelche linken Ökonomen, das sagen auch viele andere mit Hausverstand. Wie soll es sich denn sonst ausgehen, wenn in ganz wenigen Jahren alle Staaten, und zwar gleichzeitig, unabhängig davon, wie sie ökonomisch überhaupt dastehen, alle gleichzeitig, komplett ihre Ausgaben zurückfahren, die Unternehmer ohnehin schon kaum investieren, weil die Situation jetzt zunehmend unsicher wurde durch das ganze hysterische Gerede, was den Euro betrifft, die Haushalte in die Lage versetzt werden – und immer in halb oder ganz Europa –, zu sparen, weil sie erstens verunsichert sind und zweitens das Geld dort auch tatsächlich knapper wird?

Apropos knappes Geld: Und letztens droht mittlerweile tatsächlich eine Kreditklemme – das wissen Sie ganz genau –, zum Teil aus guter Absicht, weil die Vorschriften der Europäischen Bankenaufsicht in die Richtung gehen, zum Teil aber auch deshalb, weil durch die große Verunsicherung schon wieder die Liquidität im Interbankenmarkt zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 39

Erliegen kommt. Wenn die EZB jetzt nicht ausreichend ihrerseits – das ist wieder die letzte Instanz – etwas unternimmt, dann schauen wir an der Stelle insofern alt aus, als das Geld ganz knapp wird.

Jetzt haben wir vier wesentliche Faktoren, die alle in die gleiche Richtung dazu führen werden, dass wir schnurstracks nicht nur an sich schon auf eine Rezession zusteuern, sondern dass die europäische Politik, wenn sie sonst nichts tut als das, was da am Gipfel beschlossen wurde, was Sie so gelobt haben, Herr Vizekanzler, genau diese Krise verschärft. (Abg. Scheibner: Er hört eh nicht zu!)

Und dazu sollen wir uns jetzt alle anstellen und womöglich noch dazu nicken? – Nein, mit Sicherheit nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie: Das einzig Gute, was man aus den Gipfelergebnissen herauslesen könnte, wäre, dass das, was mit diesen mehr oder wenig durchgängig angedachten oder verordneten Schuldenbremsen ausgelöst werden kann, eine Voraussetzung dafür ist, auf europäische Ebene dort hinzukommen, wo man ökonomisch und sozial und investitionsmäßig auch hin soll, dass das nämlich die Voraussetzung für viele Skeptiker ist, was europäische Staatsanleihen betrifft, um die rascher einzuführen, dass das eben die Voraussetzung oder ein Beschleunigungsmechanismus dafür ist, dass wir so etwas wie einen Europäischen Währungsfonds guten Gewissens, weil sich alle an Regeln halten müssen, installieren können und dass dann endlich die Eurozone so agiert wie die anderen auch, wie der Dollarraum oder auch Großbritannien. Dort hat die Notenbank eine starke Stellung und kann entsprechend agieren. Das sollten wir auch hier so haben und nicht die Europäische Zentralbank dauernd in die Rolle versetzen, bei dem ganzen Kürzungs-„Schnappatismus“ noch mitzumachen.

Wenn wir alle Sachen auf „einschränken“ stellen, dann wird halt die Wirtschaft schrumpfen und nicht wachsen. Das ist das Problem! Und das einzig Gute, was von diesem Gipfel übrig bleibt, ist, das als Voraussetzung dafür zu nehmen, dass wir in die richtige Richtung kommen. Das braucht aber wirklich europäische Initiativen, das braucht im Übrigen eine Vertiefung und das braucht am Schluss auch so etwas wie eine Demokratisierung.

Wir wissen schon: Durch Großbritannien ist das Problem entstanden, dass wir keine einheitliche Lösung finden konnten, allerdings muss man dazu sagen, das Junktim des Herrn Cameron hat sich sowieso auf ganz anderer Stelle abgespielt. Da geht es ja ohnehin um das Signal: Wir stellen uns außerhalb. – Das war eine blanke Provokation.

Nur: Wir glauben ja, dass das durchaus willkommen war, weil sich nämlich die EU-26 oder die Euro-17 hinstellen und sagen konnten: So, jetzt machen wir wieder etwas neben den Europäischen Verträgen, geht ganz geschwind, geht ganz easy. Am Schluss treffen sich ein paar Regierungschefs, und das ist dann die neue Europäische Wirtschaftsregierung. (Beifall bei den Grünen.)

Völlig falsch, aus zwei Gründen: erstens weil die Regierungschefs das nicht lösen werden, und zweitens, weil die notwendige Vertiefung und Demokratisierung nicht nur nicht erreicht wird, sondern ständig umschifft wird. Und diese vielen kleinen Schritte, möge es auch so ausschauen, als gingen sie in die richtige Richtung, werden am Schluss nicht viel bringen, denn wir können nicht immer nur, von Alarmismus ge­trieben, mit diesen Notoperationen leben. Man kann einen Patienten auch umbringen, wenn man ihn dauernd notoperiert. Insofern gehört das jetzt einmal auf gesunde Beine gestellt, und das heißt eben Vertiefung oder eben wieder Auseinanderdriften in Europa.

Im Übrigen, Herr Vizekanzler Spindelegger, wenn Sie schon so darauf Wert legen, sich noch dauernd extra mit dem Herrn angeblichen Oppositionsführer Strache zu treffen und Karlheinz Kopf gestern auch noch sagte, wir haben direkte Demokratie, so ent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 40

gegne ich: Wir müssen uns das Ganze ja nicht länger anhören in Österreich. Organisieren Sie miteinander eine Volksabstimmung zum Austritt Österreichs aus der Europäischen Union! Es ist ja der Freiheitlichen Partei unbenommen, diese Position zu haben. Dann machen wir das, dann ist aber Ruhe, und dann können wir einmal weiterarbeiten. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber dieses ständige Hin- und Hergehopse bringt doch nichts! Die ÖVP-Haltung ist an der Stelle völlig unklar und unverständlich. Und das soll eine Europapartei sein? Mitnichten! (Beifall bei den Grünen.)

Bei genau dem, was in Österreich der Punkt ist, sind Sie genauso unklar, nämlich wenn Sie hier mit erhobenem Zeigefinger immer noch auf die Opposition hinzeigen und sagen, die sollen jetzt alle genau, sofort und über Nacht nachhüpfen, dass diese sogenannte Schuldenbremse in die Verfassung kommt, dann sage ich, Sie werden sich trotzdem nicht nur darüber unterhalten müssen, sondern Sie müssen ernsthaft verhandeln, was dazu notwendig und sinnvoll ist.

Es darf auch eine Position zulässig sein, die die Schuldenbremse in der Verfassung für falsch und überflüssig hält. Sie könnte aber trotzdem so konstruiert sein, dass man zumindest darüber verhandeln kann, dass man das am Schluss als halbwegs brauchbar akzeptieren könnte, dann, wenn die Flexibilitätsregeln entsprechend sind und wenn man sieht, was noch von der Europäischen Union kommt.

Aber – und abschließend dazu –: Es muss jedenfalls klar sein, wie der Weg dorthin beschrieben wird. Sie können nicht dauernd von „Bremsen“ schreien und den Bremsweg nicht beschreiben. Wir werden genau auf dieses hinschauen.

Unsere Geschichte ist völlig klar: Wenn nicht das Prinzip „Weniger Schulden“ – dafür sind wir – dadurch erreicht wird, dass sinnvoll gespart wird – ja, natürlich! –, aber auch gerecht besteuert wird, damit nämlich auch für Investitionen noch etwas übrig bleibt  wo soll das denn sonst alles hinführen? –, dann sind wir da nicht dabei. (Beifall bei den Grünen.)

Aber da wir den Herrn Vizekanzler so interpretieren dürfen, wie in manchen Zeitungen zu lesen war oder wie er in den Gesprächen ja behauptet hat, dass die ÖVP die Blockade aufgibt, was vermögensbezogene Steuern betrifft, dann wäre der Weg für Verhandlungen offen. Ich bleibe noch im Konjunktiv.

Aber mit dem, was Sie hier und heute abgeliefert haben, sind Sie dabei, die Tür wieder zuzuschlagen; sowohl der Herr Vizekanzler als auch der Herr Klubobmann Kopf haben so argumentiert. Deshalb: Geben Sie diese Blockade auf! (Abg. Dr. Bartenstein: Geben Sie Ihr Junktim auf!) Die Gerechtigkeitslücke zu schließen ist aus vielen Gründen sinnvoll, aber nur so wird es überhaupt eine Verhandlungsbasis geben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Krainer gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


10.49.04

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist von einigen Rednern vor mir, auch von der Opposition, durchaus etwas Richtiges gesagt worden, nämlich dass wir für das Sparen in Österreich keine Schuldenbremse brauchen. Wir haben sie auch in der Vergangenheit nicht gebraucht. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der ein Liniendiagramm abgebildet ist, vor sich auf das Rednerpult. – Abg. Strache: Wieder ein Taferl, das keiner lesen kann! Er hat ein Jörg-Haider-Taferl mitgebracht!) Wenn wir uns die Schuldenentwicklung Österreichs seit Mitte der neunziger Jahre, das ist die rote Linie, ansehen und mit jener der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 41

Eurozone, das ist die blaue Linie, vergleichen, dann sieht man, dass wir von 1995 weg kontinuierlich in Österreich ohne irgendeine Schuldenbremse die Schulden von fast 70 Prozent auf unter 60 Prozent bis zum Ausbruch der Krise gedrückt haben.

Man sieht auch ganz klar, dass nicht die Schulden schuld sind an der Krise, sondern dass die Schulden, und vor allem dieser massive Anstieg der Schulden seit der Krise, eine Auswirkung der Krise sind und nicht die Ursache. Da sieht man hier ganz klar. (Abg. Petzner: Das Taferl ist falsch!) Und was man auch klar und deutlich sieht, ist, dass Österreich bis zum Ausbruch der Krise erfolgreicher war, die Schulden zu sen­ken, als der Schnitt in der Eurozone und dass auch der Schuldenanstieg nachher deutlich geringer als im Durchschnitt der Eurozone ist. Das heißt, das ist auch ein gutes Zeichen für die Politik, die in Österreich seit Ausbruch der Krise gemacht worden ist. Nicht nur die niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa gibt der Politik dieser Regierung recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich die Ursachen der Krise ansehen, werden Sie merken, dass das ja nicht die Schulden sind. Die Schulden sind eine Folge der Krise. Es gibt in der Wissenschaft unbestritten drei Ursachen: die unregulierten Märkte, die Ungleichgewichte zwischen den Staaten und die Ungleichverteilung von Vermögen und Einkommen in den einzel­nen Staaten. Das sind die drei Ursachen. Und ich sage Ihnen, die Sozialdemokratie, die SPÖ hat die richtigen Antworten auf diese Krise und zeigt das auch.

Bei den unregulierten Märkten waren wir von Anfang an die Ersten, die klare Vor­schläge gemacht haben, wie man besser regulieren kann. Wir haben auf euro­päischer Ebene bereits einiges erreicht. Es ist einiges in Vorbereitung. Zur Finanz­transak­tionssteuer gibt es mittlerweile einen Kommissionsvorschlag. In diesem Zusam­menhang muss man erwähnen, dass Österreich mit Bundeskanzler Faymann das erste und einzige Land war, das dies auf europäischer Ebene gefordert hat. Mittlerweile gibt es nur noch einen Regierungschef, der dagegen ist, und das ist Cameron aus Groß­britannien. Auch das die richtige Antwort auf die Krise vonseiten der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage der Ungleichgewichte zwischen den Staaten, was Defizite, Verschuldung, Außenhandel und so weiter betrifft: Da ist es sicher notwendig, dass es mehr Ver­trauen gibt. Und ja, Kollege Kogler, Sie haben das vollkommen richtig gesagt, genau dafür braucht man die Schuldenbremse. Nicht innerstaatlich, sondern damit das Ver­trauen der einzelnen Staaten zueinander, dass sich die anderen an die Regeln halten, größer wird. Ja, dafür brauchen wir die Schuldenbremse.

Aber wir haben aus der Krise auch gelernt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, und deswegen brauchen wir auch wirksamere Kontrollen auf europäischer Ebene unter­einander, um zu sehen, ob sich dann auch tatsächlich alle daran halten. Und das, worauf wir auch achten müssen, ist, dass das ausreichend demokratisch legitimiert wird. Das ist auch ein wesentlicher Punkt, auf den wir achten müssen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, aber hier auf demokratischem Boden! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage von Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen und dazu, hier mehr Gerechtigkeit zu schaffen: Das ist natürlich ein Heimspiel für die SPÖ, das ist ein Heimspiel für die Sozialdemokratie. Das haben wir in der Vergangenheit gezeigt. (Ironi­sche Heiterkeit bei der FPÖ.)

Wir haben hier vor einem Jahr die Situation in Österreich debattiert, wie unter­schiedliche Einkommensarten unterschiedlich besteuert werden und wie ungerecht das ist. Wir haben immer gesagt, Arbeit ist viel zu hoch besteuert und Einkommen aus Kapital und Vermögen viel zu niedrig. (Abg. Strache: Sie nehmen es den Öster­reichern weg und hauen es den Bankspekulanten nach! – Der Redner stellt ein Taferl


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 42

mit der Überschrift „Steuern und Abgaben auf Einkommen“ vor sich auf das Rednerpult.)

Was haben wir vor einem Jahr beschlossen? – Wir haben nicht Gerechtigkeit ge­schaffen, aber wir haben mehr Gerechtigkeit geschaffen. Wir haben dafür gesorgt, dass für Aktienspekulationen und genauso auch für Stiftungen ein höherer Beitrag, mehr Steuern bezahlt werden als früher. Auch die Banken haben mehr zu bezahlen als früher. Ja, es ist noch einiges offen. Es ist offen zum Beispiel die Frage, dass Umwid­mungsgewinne heute gar nicht besteuert werden, dass Immobilienspekulation gar nicht besteuert wird. Und auch die Frage, wie auch Millionäre einen gerechten Beitrag leisten können, ist noch offen.

Sie können sicher sein, dass die SPÖ auch hier die richtigen Antworten gibt und am Ende des Tages sich diese richtigen Positionen in diesen wichtigen Fragen auch durch­setzen werden, dass es nämlich mehr Gerechtigkeit gibt in unserem Steuer­system und auch mehr Einnahmen und gerechtere Einnahmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Der Klubobmann soll einmal auf seine Luxuspension verzichten! – Abg. Strache: Was ist mit der Luxuspension von Ihrem Klubobmann?)

10.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


10.54.22

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Die Ratlosigkeit der Regierungsparteien sieht man sehr signifikant an der Rede vom Herrn Krainer: dieselbe Rede nach dem Gipfel wie vor dem Gipfel, und sogar noch die gleichen Taferln hat er hier verwendet. (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ihnen fällt nichts anderes ein, als hier wieder Ihre alten ideologischen Kalauer zu bringen, wer jetzt wirklich schuld ist – es sind die bösen Mächte von irgendwo. Und das Einzige, was Ihnen hier einfällt als Reform, sind Steuererhöhungen, neue Steuern. Das wird es nicht sein, wie wir Österreich vor der Krise retten können, meine Damen und Herren! Da braucht es jetzt nicht Marx und Murks, sondern moderne zielgerichtete Ideen für die Zukunft in diesem Land! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns mit Ihren verkorksten Ideologien in Ruhe hier!

Herr Bundeskanzler, Sie werden vielleicht die weitere Debatte am Fernsehschirm mitverfolgen. (Bundeskanzler Faymann betritt den Sitzungssaal.) – Ja, wunderbar, dass Sie gerade zu meiner Rede wieder hereinkommen; das freut mich besonders.

Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Es sind auch Sonntagsreden nicht ausreichend. Wort- und Verfassungshülsen – alles Placebos! Was soll das bringen, wenn Sie sagen: Die Märkte müssen wieder Vertrauen schaffen. Glauben Sie wirklich, unabhängig davon, ob wir das jetzt in der Verfassung oder nicht in der Verfassung haben, wenn Sie drei Paragraphen in ein österreichisches Gesetz hineinschreiben, dass das die Ratingagenturen in Amerika, wo wir genau wissen, wie die Eigentümerstrukturen dort aussehen und was sie wirklich im Schilde führen, beeindruckt? Glauben Sie wirklich, dass der Finanzmarkt in London sagt: Jetzt haben wir uns das durchgelesen bei den Österreichern, das ist herrlich, die haben das so schön geschrieben, das ist so ein schöner Gesetzestext, da wird jetzt das Triple A erhalten bleiben!?

Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Das glauben Sie doch selbst nicht! Wir brauchen jetzt glaubwürdige Maßnahmen für Österreich und für Europa und für die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 43

Europäische Union, dass wir zeigen, wir lassen uns nicht mehr erpressen von den Ratingagenturen in Amerika! (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn die Engländer glauben, dass sie auf Kosten Europas ihren Finanzplatz für die Spekulanten erhalten können, dann werden wir ihnen eben die entsprechende Antwort geben. Dann wird es den Bonus bei den EU-Beitragszahlungen eben nicht mehr geben. Dann wird es die nächste Maßnahme, die die Engländer wollen, in Europa nicht mehr geben. Das ist gefragt, Herr Bundeskanzler: einmal Härte gegen die, die auf Kosten der Bürger in Europa ihre eigenen Geschäfte machen! (Beifall beim BZÖ.)

Aber das ist natürlich etwas ganz Neues, das will man ja nicht. Und gerade Österreich ist ja bekannt und beliebt für seine Appeasement-Politik. Damit muss endlich einmal Schluss sein!

Sie laufen von einem Brandherd zum anderen. Nach jedem Gipfel hören wir, jetzt ist alles erledigt, jetzt ist alles wunderbar – weil Sie nur Feuer löschen können, aber nicht den Brandherd wirklich beseitigen, weil Sie die Brandstifter nicht festsetzen. Deshalb lodert diese Flamme der Krise immer wieder auf. Das ist die Problematik, vor der wir uns hier sehen und der wir uns stellen müssen.

Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Es ist auch nicht angebracht, sich da jetzt wirklich überheblich über Ausführungen der Opposition lustig zu machen, weil wir noch in ganz andere Probleme hineinkommen werden.

2008, als die Finanzkrise über uns hereingebrochen ist, haben wir alle noch gemein­sam gewusst, man muss jetzt die Investitionen stärken. Deshalb haben sich ja die Länder, auch Österreich, verschuldet. Da hatte man noch entsprechende Spielräume. Und voriges Jahr ist noch die Konjunktur angesprungen. Da hätte man Maßnahmen setzen können, um die Schulden wieder abzubauen und endlich auch mit den Ein­sparungen in den Strukturen zu beginnen. Das hat man verabsäumt. Sie haben sich gesonnt und haben gesagt: Unsere Arbeit war so positiv, der Arbeitsmarkt ist wieder belebt, und alles ist erledigt.

Was werden Sie denn jetzt machen, wenn wir eine Rezession haben und Rekord­schulden haben? Wie wollen Sie denn das machen: die Wirtschaft fördern, die Kauf­kraft fördern, die jetzt notwendig wäre, um aus dieser Krise herauszukommen, und die Schulden abbauen? Wie soll denn das funktionieren? Wo sind da die Spielräume? (Zwischenruf des Abg. Mag. Schickhofer.)

Lieber Herr Kollege aus der ersten Reihe, da werden Sie dann nicht mehr mit Marx und Murks daherkommen können, sondern dann müssen Sie konkrete Antworten geben, wie Sie die Arbeitsplätze sichern können. Das können Sie dann nicht mehr Ihrer Sektion zuhause erzählen. So schaut es aus! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben ja Vorschläge gemacht. Warum machen Sie es nicht so wie die Italiener, dass Sie den Österreichern eigene Staatsanleihen anbieten, dass wir unabhängiger vom Ausland werden? Da hätten die Österreicher mehr Zinsen als am Sparbuch, und der Staat hätte weniger Zinsen am internationalen Markt zu bezahlen.

Meine Damen und Herren! Die Härte, die ich einfordere in Europa, die ist auch in Öster­reich notwendig, denn wenn die Bundesländer glauben und wenn Personal­vertreter im öffentlichen Dienst glauben, dass sie ihre Privilegien erhalten können auf Kosten der Steuerzahler, dann werden wir hier im Parlament mit Zweidrittelmehrheit diese Blockaden abstellen! Das wäre interessant für eine Neuordnung. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 44

Die Papiere liegen auf dem Tisch. Die Frau Unterrichtsministerin Schmied hat etwas für die Schulreform vorgelegt, was umsetzbar ist. Der Herr Wirtschaftsminister, der Herr Staatssekretär Schieder, das sind Leute, mit denen man etwas umsetzen könnte, die sich nur leider in den eigenen Reihen nicht durchsetzen können, wenn es darum geht, auch die Wirtschaft zu unterstützen. Da gibt es ja Leute, mit denen man kooperieren könnte.

Aber sagen Sie uns nicht: Wir brauchen die Schuldenbremse in der Verfassung! Wir können uns zwar selbst auf nichts einigen, aber wenn ihr da nicht mitmacht, seid ihr verantwortungslos! – Wir brauchen jetzt andere Antworten auf die Krise als dieses ewige Pingpongspiel zwischen den Regierungsparteien, die selber nicht wissen, was sie wollen! (Beifall beim BZÖ.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


11.00.01

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Mit den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs bezüglich eines Haushaltspakts für 26 Länder haben vor allem einmal die Spekulationen um die Kernwährungsunion ein Ende gefunden. Und eines zeigen uns diese Erkenntnisse des EU-Gipfels ganz genau: Es gibt keine sinnvolle Alternative zur Europäischen Union, es gibt keine sinnvolle Alternative zum Euro.

Der Euro ist mittlerweile eine der wichtigsten Währungen weltweit, er bringt positive Effekte, insbesondere auch für Österreich, positive wirtschaftliche Effekte, aber seit Bestehen der Währungsunion hat sich auch am Arbeitsmarkt sehr viel bewegt. Es konnten 14 Millionen zusätzliche Jobs in Österreich geschaffen werden. Jedwede Agitation gegen den Euro ist eigentlich verantwortungsloser Populismus und schürt nur die Unsicherheit. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren, im Speziellen von der FPÖ! Wenn Sie den Euro nennen, dann meinen Sie immer die gesamte Europäische Union. Ja, dann sagen Sie es gleich, wenn Sie dagegen sind, wenn Sie nicht in der Europäischen Union verblei­ben wollen! Die Menschen verstehen Sie sowieso. Sie können es auch laut und deutlich aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Neben Deutschland hat auch Österreich die Krise gut gemeistert. Wir haben die nied­rigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union. Wir haben auf ein kräftiges Exportwachstum zu verweisen, und es haben ausländische Investoren und Unter­nehmer in Österreich in den letzten Jahren gewaltige Summen investiert. Jährlich hat man 7 Milliarden € in dieses Land investiert. Die Regionen in Österreich erhalten im Zeitraum von 2007 bis 2013 1,3 Milliarden €, und selbstverständlich, sehr geehrte Damen und Herren, sind auch die Ausgleichszahlungen für Bäuerinnen und Bauern abgegolten worden. Kein Euro wird in Brüssel liegen bleiben! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit es in Zukunft so bleiben kann – und das war heute auch schon Thema –, gilt es natürlich die richtigen Maßnahmen zu setzen. Es geht um mehr Stabilität insbesondere in Krisensituationen. Es geht darum, dieses gemeinsame Europa weiterzuentwickeln. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa!

Alle EU-Mitgliedsländer sind natürlich gefordert, konsequent zu handeln, Verant­wortung zu übernehmen, und sie werden daran gemessen werden, welche Maßnah­men sie wie setzen, um ihre Staatsschulden zu verringern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 45

Für uns in der ÖVP war es eigentlich immer klar, dass es Haushaltsdisziplin braucht und dass es auch die Einhaltung der Maastricht-Kriterien braucht (Abg. Kickl: Theoretisch, theoretisch!), um wirklich den Euro absichern zu können. Hier wurden bereits von der Bundesministerin Maria Fekter die richtigen Maßnahmen eingeleitet. Und wir verstehen es auch zu haushalten, sehr geehrte Damen und Herren, das haben wir auch bewiesen. (Abg. Kickl: Theoretisch!) Unter Bundeskanzler Schüssel 2000 bis 2007 gelang die Reduktion der österreichischen Staatsschulden von 67,1 auf 59,3 Pro­zent des Bruttoinlandsprodukts. (Abg. Strache: Durch Auslagerung der ÖBB, ASFINAG! Durch die Auslagerung ist getrickst worden! Auslagerungstricks! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt, sehr geehrte Damen und Herren, jetzt gilt es wieder strukturelle Maßnahmen zu setzen und vor allem auch das Triple-A-Rating für Österreich zu sichern. Und da gibt es Kostentreiber, die anzugehen sind. Wir haben die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, um die Staatsschulden reduzieren zu können.

Pensionsprivilegien gilt es aufzuzeigen und abzuschaffen, und da darf man auch keine Gruppen aussparen. Hier denke ich an die Stadt Wien und auch an die ÖBB. Wir haben auch beim Pensionsantrittsalter etwas zu tun: Das faktische muss an das Regelpensionsantrittsalter herangeführt werden. Hier gibt es ein Einsparungspotenzial von 1,2 Milliarden € pro Jahr.

Auch bei den ÖBB sind die Milliardenzuschüsse zu reduzieren. Sozialmissbrauch ist zu verhindern, daher ein deutliches Ja zur Transparenzdatenbank, und es gilt auch, die Verwaltung zu reformieren.

Vorrangig, sehr geehrte Damen und Herren, geht es darum, bei den Ausgaben den Sparstift anzusetzen. (Abg. Dr. Strutz: Dann tun Sie es!) Danach kann man darüber reden, was noch zusätzlich notwendig sein wird.

Jetzt geht es um verantwortliches Handeln für unser Land. Da sind auch die Oppo­sitions­parteien gefragt und gefordert, ihre eigenen Befindlichkeiten hintanzustellen und vor allem auch die Zukunft für unsere Kinder und Kindeskinder mit zu sichern. (Abg. Kickl: Nur die Bevölkerung ist nicht gefragt! Das ist interessant!) Ich bin Bäuerin und denke nachhaltig. Wir denken in Generationen, und mit der Verankerung der Schul­denbremse in der Verfassung wird es auch möglich sein, die nächsten Generationen dementsprechend abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Appell an Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition: Übernehmen Sie Verantwortung für unser Land und seine Menschen, und tun Sie es mit einer Begeisterung, so wie sie auch der Bundeskanzler mittlerweile an den Tag legt! (Beifall bei der ÖVP.)

11.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


11.05.49

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Kollegin Höllerer, solche Beiträge sind genau der Grund dafür, warum sich die Menschen scharenweise von der Politik abwenden und warum wir jede Glaubwürdigkeit verlieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann nur das heute schon gefallene Zitat des Kollegen Cap wiederholen, dass die größte Gefahr für uns die inhaltsleere Verschlagwortung der Politik ist. Und das passiert! Da sind Sie nicht allein schuld, Frau Kollegin, und nicht Alleintäterin, da sind Sie in guter Gesellschaft mit eigentlich der gesamten Regierungsmannschaft. Mit ein paar wenigen wohltuenden Ausnahmen, Teilausnahmen wie die Wortmeldung vom Kollegen Kopf, die nuanciert und interessant gewesen ist, hören wir immer die gleichen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 46

Walzen, immer die gleichen Schlagworte – nie eine Analyse, nie ein kleiner Blick hinter die Kulissen.

Ich habe ein bisschen mitgeschrieben, was so gefallen ist, vom Bundeskanzler über den Vizekanzler bis zu Cap und Kai Jan Krainer und so weiter. Also einmal das Wichtigste vorweg: Es gibt keine oder keine sinnvollen Alternativen. Wir brauchen mehr und nicht weniger Europa. Der Euro schützt uns vor Spekulanten und vor den Märkten, und diesen Schutz wollen die Leute. Ohne den Euro wären wir ein Spielball der Märkte. (Abg. Strache: Genau das Gegenteil ist der Fall!) Unsere Exporte wären ohne den Euro tot. Kritik am Euro, Kritik an den Maßnahmen ist eine Zerstörung der Eurozone, und eine Zerstörung der Eurozone will nur derjenige, der Europa zerstören will, und so weiter, und so weiter.

Bei Ihnen ist es natürlich mehr das soziale Europa. Irgendjemand hat gesagt – ich weiß nicht, ob Sie oder der Bundeskanzler –: Die Werte der Eurozone sind die Schaffung des sozialen Europas und die Beschäftigungspolitik.

Also das sind vielleicht gerade einmal 10 oder 15 Prozent der Phrasen, die in diesem Zusammenhang gefallen sind, also der sogenannten inhaltsleeren Schlagwörter. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind aber der Meinung, dass man die Wahrheit, die eigene politische Wahrheit, unabhängig davon, wo man steht, mehr in den Tatsachen suchen sollte und nicht in den Schlagworten und in der Ideologie. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie ein bisschen hinter die Kulissen schauen: Wie geht es denn den Ländern, die nicht in der Eurozone sind? Sind das alles die Spielbälle der Märkte und der Spekulanten? Norwegen, Dänemark, Schweden, Schweiz: Herrschen dort Instabilität und Massenarbeitslosigkeit? Sind dort die Exportmärkte weggebrochen? (Abg. Dr. Matznetter: In der Schweiz ja!)

Oder schauen Sie einmal nach Deutschland oder Österreich vor 2000 oder 1999, wenn Sie die EWS-Kursfestlegung nehmen: Waren wir da ein Hort der Instabilität? Waren wir da ein Land ohne Exportmärkte? Haben wir da nichts exportiert? Sind da unsere Exporte weggebrochen? Haben uns die Spekulanten niedergemacht? Waren wir von sozialem Elend geprägt? – Wohl nicht. Also ich habe früher gehört, das war die Zeit des Wirtschaftswunders und die Folgezeiten.

Das heißt, die Eurozone kann Stabilität bringen, aber sie bringt per se nicht Stabilität. Was sie bis jetzt gebracht hat, was sie uns heute bringt, ist Instabilität und nichts anderes.

Was hat dieser Gipfel bewirkt – abgesehen von diesem Placebo Schuldenbremse; das ist ja eine Maßnahme für die Zukunft oder eigentlich für die ferne Zukunft –? Wir reden ja von 2013 bis 2016. Der Gipfel hat nichts anderes gebracht als die Verfestigung der Vergesellschaftung der Schulden, der Verstaatlichung der europäischen Schulden. Ausweitung des EFSF und Vorziehen des ESM heißt Vergesellschaftung, Verstaat­lichung, Versteuerung – oder wie Sie wollen – der Schulden. Das heißt Finanzierung derjenigen, die im Vertrauen in die Eurozone – nach dem Motto: Österreich und Co werden es schon richten! – Anleihen um einen Kurs von 35, 32, 27 kaufen, die dann zu 100 Prozent aus Steuergeldern bedient werden, wie es im Fall Griechenlands, aber teilweise auch bei Papieren aus dem portugiesischen Raum und bei irischen Papieren der Fall ist.

Wenn wir jetzt davon ausgehen, dass wir keine Währungskrise haben: Das stimmt – noch! Und da gebe ich dem Kollegen Kopf vollkommen recht: Wir haben noch gar keine Währungskrise. Aber wir sind am direkten Weg, in eine Währungskrise zu gehen. Noch ist der Euro, wie man ja auf den Märkten sieht, relativ stabil, aber der Kern der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 47

Eurozone, die Europäische Zentralbank, betätigt sich aufgrund der politischen Vor­gaben notgedrungen als Oberspekulant, kauft wertlose Papiere in Milliardenbeträgen auf – wir sind hier an der 200-Milliarden €-Grenze –, schafft Liquidität, vergrößert also die Geldmenge und den Geldmengenumlauf und reduziert daher den Wert unseres Euros, unserer Ersparnisse, wie das immer beschworen wird, tut also alles, dass wir in eine Währungskrise hineingehen, dass wir in den Weg der Instabilität aus der Hartwährungspolitik hinein in eine Politik à la Italia ante 1999 gehen.

Das kann man ideologisch sehen und bewerten, wie man will, aber das sind einmal Fakten, und das sollte man bei jeder Analyse und bei jedem Gespräch den Wählern und dem Volk sagen und nicht immer die gleichen Worthülsen verwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist bei dieser ganzen Politik natürlich kein Wunder, dass man sich wie der Teufel vor dem Weihwasser vor der direkten Demokratie oder der Einbindung des Volkes fürchtet. Kein Wunder. Aber für diese Maßnahmen, die da beschlossen werden, für diese Haftungspakete, für diese bis zu 60 Milliarden – da werden wir bald sein – Haftungspakete Österreichs gibt es keine Legitimation aus der Nationalratswahl 2008. Das hat damals niemand gewusst, das hat niemand abgestimmt, dem hat niemand zugestimmt. Die Grünen sind ja die großen Fans der repräsentativen Demokratie und wollen natürlich da, wo sie genau wissen, da gibt es keine Mehrheit, ja keinen Volksentscheid haben – ja keinen Volksentscheid! –, denn es glaubt wohl niemand hier im Auditorium, dass es für die Maßnahmen, die wir hier setzen und mitttragen, in Österreich eine Mehrheit gäbe.

Es gibt ein einziges Beispiel, ein einziges Land, das das Volk hier herangelassen hat und über seine finanzielle Zukunft mit entscheiden hat lassen, und das ist ein kleines Land – keiner wird es wissen, Kollege Stummvoll vielleicht (Abg. Dr. Stummvoll: Island!) –: Island natürlich. Island ist das einzige Land, das in der berühmten Icesafe-Frage, der Haftung für Verbindlichkeiten seiner Banken außerhalb Islands, zweimal das Volk befragt hat. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

Die Regierung ist über den internationalen Druck „eingegangen“ und war bereit, Haftungen im Wert von 3,1 Milliarden € für diese Bankschulden im Ausland zu über­nehmen. Das klingt für uns wenig, wir reden ja von 28 bis 60 Milliarden, aber für Island – Bevölkerung: 280 000, Bruttoinlandsprodukt ungefähr ein Dreißigstel vom österreichischen – bedeutet das umgelegt auf Österreich ein 90 Milliarden €-Haftungs­paket.

Die Menschen haben sehr richtig erkannt, das ist ein Paket, wofür wir drei Gene­rationen brauchen, um es abzuarbeiten. Und zweimal hat die Bevölkerung hier nein gesagt, wir machen es nicht! Island hat daher das Icesafe-Paket und die Haftungen nicht in Kraft setzen können und seine künftigen Generationen vor diesem gigan­tischen Schirm gerettet.

Das tun wir aber nicht. Das wollen wir aus Gründen, die hier gar nicht alle erhellbar sind, offenbar nicht, denn unsere Regierung, unsere Volksvertreter wollen uns ohne Legitimation durch die Bevölkerung – und ich sage ohne, denn die Wahl 2008 ist dafür keine Legitimation – in ein Generationen langes Schuldensumpfsystem einbauen, aus dem es nur sehr, sehr schwer einen Ausweg geben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

11.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler  in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Rudas –: Wie ist das jetzt mit den Studiengebühren? Oder ist das wieder nur ein Wahlversprechen?)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 48

11.13.43

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler! Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Klubob­mann Kopf hat den Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes kritisiert, der in einem „Kurier“-Interview gesagt hat, es seien drei Dinge notwendig: Wir brauchen Unabhängigkeit von den Finanzmarktakteuren und mehr Rechte für die Euro­päische Zentralbank, wir brauchen Budgetdisziplin und die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung.

Sehr geehrte Damen und Herren, das sind Visionen, die wir mit der Gewerkschaft teilen. Es gibt zwischen der „Ja-und-Amen-Fraktion“ und der Fraktion, die Österreich in die völlige Isolation führen möchte (lebhafte ironische Heiterkeit bei der FPÖ), auch eine sozialdemokratische Vision von einem solidarischen, einem gerechten und einem demokratischen Europa. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Der einzige Demo­kratiebremser sitzt da oben: Das ist der Kanzler!)

Dafür, sehr geehrte Damen und Herren, brauchen wir Defizitregeln, an die sich auch alle halten, genauso wie Maßnahmen für Beschäftigung und Wachstum. Dafür brauchen wir eine europäische Ratingagentur, damit nicht drei amerikanische Rating­agenturen wie im alten Rom mit „Daumen rauf, Daumen runter“ entscheiden, wie sich Staaten entwickeln. Dafür brauchen wir Finanzmarktregulierungen, wie zum Beispiel die von Bundeskanzler Werner Faymann vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir aber nicht brauchen (Abg. Ing. Wes­tenthaler:  sind falsche Facebook-Freunde! – Abg. Kickl: Keine Fake-Profile und gefälschte Leserbriefe! – Heiterkeit), ist die Propaganda einer FPÖ, die Österreich in die völlige Isolation führen möchte, die hier Isolation predigt.

Sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, heute waren Sie wenigstens ehrlich. Heute haben Sie sich hier herausgestellt und gesagt: Zurück zum Schilling! Aber was Sie nicht dazugesagt haben, ist, dass das eine halbe Million Jobs in Österreich bedeutet. Was Sie nicht gesagt haben, ist, dass das zu Massenarbeitslosigkeit und zum Verlust von sozialem Wohlstand führen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, Sie sind die Brandstifter, die dann brüllen: Es brennt!, und das merken die Leute. (Abg. Strache: Fragen Sie die Bevöl­kerung! Die Bevölkerung soll abstimmen! Wir wollen, dass da endlich direkte Demokratie gelebt wird!) Was mich aber interessieren würde und wo Sie leider nichts dazu gesagt haben, ist, worüber Sie eigentlich gerne abstimmen möchten. (Abg. Strache: Wir wollen, dass das Versprechen von Faymann endlich eingelöst wird!) Worüber genau möchten Sie heute abstimmen: ob man das Feuer löschen darf, wenn es brennt? (Abg. Strache: Der Einzige, der eine Bremse für die direkte Demokratie darstellt, sitzt da oben: Das ist der Kanzler!)

Wir wollen die Leute fragen, welche Bauordnung sie für ein neues Europa wollen. Wir wollen die Menschen fragen, wie ein neues Europa ausschauen soll. Aber was wir nicht fragen können, ist: Dürfen wir die Feuerwehr rufen, wenn es brennt? (Abg. Neubauer: Sie sind ja die Brandstifter!)

Sehr geehrte Damen und Herren von der FPÖ, Sie machen eine ganz gefährliche Propaganda: Sie wollen Österreich in die Isolation führen, weil Sie glauben, dass Sie von einer Weltuntergangsstimmung profitieren, weil Sie glauben, dass Sie vom Pessimismus profitieren! Aber da irren Sie sich – das wird es mit uns nicht geben! Und da sagen wir in alle Richtungen – Herr Klubobmann Kopf, in alle Richtungen! –: Die Frage: „Dürfen wir die Feuerwehr rufen, wenn es brennt?“, und die Frage: „Dürfen wir jemandem Erste Hilfe leisten?“, wird es bei uns nicht geben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 49

Aber weil der Herr Kickl hier so vorlaut gewesen ist wegen der Schuldenbremse: Mich wundert das, denn Sie waren ja 2002 in der Regierung; ich damals noch nicht, das macht der Altersunterschied zwischen uns. (Abg. Kickl: Da war ich noch gar nicht da! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Damals gab es einen Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zur Schuldenbremse. Der Herr Kickl hat damals mit seinen Kollegen dagegen gestimmt (neuerliche Heiterkeit bei der FPÖ), wahrscheinlich, weil er damals seinem Finanzminister Grasser – seinem Finanzminister Grasser; damals war er noch in Ihrem Lifestyle und durfte mit Ihnen unterwegs sein und mit Ihnen fleißig ausgehen – das Luxus-Ministerbüro einrichten wollte und deswegen damals gegen die Schul­denbremse war.

Die Sozialdemokratie war schon damals dafür, aber im Gegensatz zu Schwarz-Blau werden wir Schulden abbauen, indem wir in der Verwaltung sparen und nicht aus­bauen wie Sie. (Abg. Neubauer: Welche Medikamente nehmen Sie?) Und gerechte Einnahmen bedeuten, dass wir auch die Millionäre zur Kassa bitten werden und vermögensbezogene Steuern einführen werden – und nicht wie Sie Banken entlasten, Reiche entlasten und die Verwaltung ausbauen. (Abg. Strache: Sie werfen unsere österreichischen Steuergelder den Bankspekulanten zu! Sie sind diejenigen, die die Banken und die Superreichen finanzieren!)

Das war nämlich die Bilanz von Schwarz-Blau, sehr geehrte Damen und Herren, und die Menschen erinnern sich noch ganz genau, wie Sie damals den Sozialstaat schröpfen wollten, wie Sie die Gewerkschaften aushungern wollten! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Das wird es mit uns nicht geben! Die FPÖ fährt hier eine ganz gefährliche Propaganda. Einen Austritt aus der EU und der Euro-Zone wird es mit uns nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Darf ich die Kollegen noch einmal darauf hinweisen, dass ein kurzer Zwischenruf zur Sache ein Zwischenruf ist, aber wenn permanent dazwischengeredet wird, dient das eher dazu, die Rednerin/den Redner zu stören. Und dazu sind wir, glaube ich, nicht zusammengekommen. (Abg. Kickl: Wenn permanent nur Blödsinn verzapft wird! – Abg. Neubauer: Die Rede war aber auch sehr schwer zu verdauen! Diese Rede war hart an der Grenze des Erträglichen!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.18.35

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Rudas, man kann dem Herrn Kickl, glaube ich, viel vorwerfen, und wir tun das ja auch laufend, aber dass er zu der Zeit schon im Parlament gesessen ist, das kann man ihm nicht vorhalten. (Heiterkeit.) Deswegen kann er weder dafür noch dagegen gestimmt haben. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Und so etwas ist Bundesgeschäftsführerin der SPÖ!)

Kollege Bartenstein hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Spreads, die Zinsdif­ferenz österreichischer Anleihen zu deutschen Anleihen in jüngster Zeit zurück­gegangen ist. Das ist richtig. Aber, Herr Kollege Bartenstein, Sie müssen auch dazu­sagen, dass sie immer noch rund 60 Prozent höher liegen als die deutschen Zinsen, was mich zu der Bemerkung veranlasst: Die wahren Profiteure der bisherigen Krise sind natürlich die Deutschen, das ist Deutschland!

Das europäische Fluchtkapital, das internationale Fluchtkapital, das sich aus Griechen­land, Italien, Spanien und so weiter zurückzieht, fließt wohin? – Nach Deutschland und hat dort die niedrigsten Zinsen verursacht, die es seit Menschengedenken, seit es darüber Aufzeichnungen gibt, überhaupt gibt, seit mindestens 200 Jahren die nied-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 50

rigsten Zinsen. Und Deutschland hat in Milliardenhöhe von dieser Entwicklung pro­fitiert, das muss man einmal offen sagen können. Aber die Deutschen machen immer wieder Schwierigkeiten, wenn es darum geht, anderen Ländern an der sogenannten Peripherie unter die Arme zu greifen.

Herr Kollege Bartenstein, der EU-Gipfel vom vergangenen Wochenende hat die Finanzmärkte aber ziemlich unbeeindruckt gelassen. Da sind wir uns doch einig. Die Spreads für italienische oder spanische Anleihen sind in keiner Weise zurückge­gangen.

Etwas gedämpft ist die Entwicklung worden – wieder einmal – durch Interventionen der Europäischen Zentralbank, der einzigen Institution auf europäischer Ebene, die in den vergangenen drei Jahren, seit der Krise wirklich gut funktioniert hat. Der Gipfel ist doch im Wesentlichen – seien wir ehrlich! – eine Fortsetzung des Maastricht-Vertrages, eine Fortsetzung des Stabilitätspaktes. Man fragt sich ja manchmal, ob die Personen beim ECOFIN oder beim Europäischen Rat noch im Kopf haben, was sie vor wenigen Monaten schon beschlossen haben, nämlich im Rahmen des Sixpack – Europäisches Semester, und, und, und. Das waren ja alles schon Verschärfungen im Zusammen­hang mit der fiskalischen Situation der europäischen Staaten.

Und nebenbei bemerkt, Frau Kollegin Höllerer, weil Sie sich hier gar so leidenschaftlich für die Schuldenbremse ausgesprochen haben: Ist ja okay, ich gehe jetzt gar nicht darauf ein. Aber Sie haben nicht vergessen, dass wir das Budgetjahr 2011 gerade abschließen; Sie haben nicht vergessen, dass wir relativ hohe Wachstumsraten in diesem Jahr gehabt haben, mit denen die Defizitentwicklung in keiner Weise überein­stimmt; Sie haben nicht vergessen, dass wir vor vier Wochen das Budget für 2012 hier in diesem Raum beschlossen haben, nämlich Sie und die SPÖ – und was ist dort mit der Schuldenbremse, bei den 10 Milliarden € an zusätzlichem Defizit? (Abg. Ing. Westenthaler: Die hat das schon ausgeblendet!) – Jetzt fällt Ihnen ein: Mist, da haben wir was vergessen! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Warum die Finanzmärkte relativ unbeeindruckt geblieben sind, hat, glaube ich, im Wesentlichen den Grund, dass wesentliche Ursachen der Krise einmal mehr ausge­blendet werden. Das sind zwei prominente Dinge und eine Reihe weiterer wirtschafts­politischer Fragen. Die zwei prominenten Dinge sind die Rolle der Europäischen Zentralbank und die Tatsache, dass wir nach wie vor eine Währungsunion haben, eine gemeinsame Währung, aber 17 isolierte staatliche, nationale Anleihenmärkte.

Zur Rolle der Europäischen Zentralbank hat es einen Fortschritt gegeben, aber außer­halb des Gipfels, nämlich am Montag, als sich Merkel und Sarkozy trafen und miteinander vereinbart haben, hinkünftig die Tätigkeit der Europäischen Zentralbank nicht mehr öffentlich zu kommentieren. Meine Damen und Herren, das ist ein Fortschritt, finde ich. Und ich hoffe, dass Frau Merkel das auch dem deutschen Bun­despräsidenten mitteilt, Herrn Wulff, der nämlich genau das getan hat, und das finde ich extrem kontraproduktiv.

Die zweite Sache, die Isolierung der nationalen Anleihemärkte, sollte speziell uns Österreichern nicht egal sein. Die relativ kleinen Länder – es betrifft die großen auch – sind alle plötzlichen, hysterischen Reaktionen der Finanzmärkte ausgesetzt. Und die Antwort darauf ist ohnehin klar – seit Monaten, seit einem Jahr mindestens, ist das bekannt –: eine geschickte Konstruktion sogenannter Eurobonds. Das ist der Sinn der Eurobonds: einen riesigen gemeinsamen Markt zu schaffen, der eben nicht so angreifbar ist wie der griechische, der österreichische oder der spanische – egal, welches Land Sie hier heranziehen.

Dieser Frage verweigern sich die Regierungschefs. Aber es gibt auch hier einen kleinen Hoffnungsschimmer: Finanzminister Schäuble hat sich mehrfach dahingehend


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 51

geäußert: Ja, über Eurobonds kann man reden, als Schlussstein. – Okay. Jetzt haben wir auf der fiskalischen Ebene eine Menge dieser Bausteine, die sich, nehme ich an, Schäuble vorgestellt hat. Dann ist dieser Schlussstein aber demnächst einmal fällig, genau genommen im März 2012 – und nicht 2018.

Was auch nicht diskutiert wurde beim EU-Gipfel, jedenfalls geht das aus den Proto­kollen nicht hervor: Was ist mit Konjunktur und Wachstum im Euro-Raum, in der gesamten Union? Herr Kollege Kopf, Sparen gut und schön, Ausgabenkürzungen gut und schön, Steuererhöhungen gut und schön, aber wenn alle 17, geschweige denn alle 26, das gleichzeitig machen, dann verschärft das die ohnedies anstehende Rezes­sion. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Gaßner.) Tut mir leid – das ist Wissen des zweiten Semesters. Das ist ein Problem, und deswegen müssen wir Maßnahmen suchen – auf der Ausgabenseite wie auf der steuerlichen Seite –, die die Konjunkturlage nicht beeinträchtigen. Und genau das – genau das! – ist in meinen Augen der Punkt für bestimmte vermögensbezogene Steuern, weil genau die das können. Da geht es mir gar nicht um verteilungspolitische Fragen – die sind auch wichtig –, aber die konjunktur- und wachstumspolitische Frage, die ist essenziell. (Abg. Kopf: Das hilft aber der Konjunktur keinen Meter !)

Ohne diese Frage werden wir aus der Schuldenkrise nicht herauskommen! Schauen Sie sich Griechenland an: Das Ganze hat sich nur verschlimmert! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Gaßner. – Abg. Kopf: Mehr Nowotny oder mehr Schäuble?)

Meine Damen und Herren! Eine wichtige Frage für mich, für uns, für die Grünen, für die europäische Bevölkerung ist die fehlende demokratiepolitische Absicherung dieser Beschlüsse. Das ist den Finanzmärkten wahrscheinlich wurscht, aber uns kann es nicht wurscht sein! Vielleicht ist den Regierungschefs die Entscheidung von Cameron, ein Veto einzulegen, gar nicht so unrecht gewesen. Jetzt brauchen sie nämlich den Europäischen Vertrag nicht zu ändern, weil es ohnehin nicht geht, weil das Vereinigte Königreich ja dagegen ist. Das wird halt jetzt in Kauf genommen, es soll alles in den ESM-Vertrag verpackt werden. Das wird eine Scheißar – Entschuldigung! (Heiter­keit) –, das wird eine furchtbare Arbeit werden. Statt dass ein Regierungschef hergeht und sagt: Danke, lieber Cameron, eines hast du uns gezeigt: Im Wege der Einstim­migkeit – Kollege Cap! – kommen wir nicht weiter! (Abg. Dr. Cap: Ich bleibe dabei! Ich finde es schon richtig!) Die Einstimmigkeit blockiert uns hinten und vorne. Die Einstim­migkeit blockiert die Handlungsfähigkeit der Union. Das muss man einmal klar sagen. (Abg. Dr. Cap: Ich bleibe dabei!)

Du hast vorhin gesagt, du bist ein Anhänger der Einstimmigkeit. Studiere einmal die Geschichte Polens im 18. Jahrhundert! Polen ist am Liberum Veto der Adeligen zugrunde gegangen. Minderheitenschutz, gut und schön, aber das muss man anders organisieren! Selbstverständlich braucht Österreich mit seinen 8 Millionen Einwohnern einen Minderheitenschutz, aber nicht im Wege der Einstimmigkeit. (Beifall bei den Grünen.) Das ist die Dauerblockade innerhalb der Europäischen Union! Für diese Frage brauchen wir eine Neukonstruktion der Verträge, einen Konvent, der das vorbereitet. Innerhalb der nächsten drei, vier Jahre ist das machbar. Und inzwischen müssen wir auch die kurzfristigen Fragen lösen, so wie ich sie skizziert habe. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Restredezeit Ihrer Fraktion: 3 Minuten.

 


11.26.56

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf direkt bei Professor Van der Bellen anschließen. Er hat


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 52

hundertprozentig recht, dass wir, wenn wir konsolidieren müssen, sehr darauf acht­geben müssen, dass wir dabei unseren Unternehmensstandort nicht schwächen. Das ist eine Schlüsselfrage. Daher sollten wir nicht zu sehr über Einnahmen, über neue Steuern nachdenken, sondern vielmehr darüber nachdenken, was wir ausgabenseitig machen können. Da gebe ich Ihnen hundertprozentig recht, Herr Professor. (Beifall bei der ÖVP.)

Völlig anders sehe ich allerdings das, was vom Abgeordneten Kogler angesprochen worden ist. Herr Abgeordneter Kogler, Sie müssen uns grob missverstanden haben, wenn Sie uns in die Nähe dessen rücken, dass wir auch nur im Entferntesten daran denken, aus der Europäischen Union austreten zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall.

Und da bin ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann direkt beim Herrn Abgeordneten Hübner, wenn er meint, dass das, was meine Vorrednerin ange­sprochen hat, Wählervertreibung sei. Was ist Wählervertreibung, Abgeordneter Hübner? (Abg. Grosz: Herr Kollege Lopatka, Sie sind fleischgewordene Wählerver­treibung!) Ist es Wählervertreibung, wenn wir uns anstrengen, die Probleme zu lösen, oder sollen wir es uns so einfach machen wie Sie, nämlich alles schlechtzureden, den Menschen Angst zu machen und ihnen die Hoffnung zu nehmen, wie Sie das ständig betreiben? (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Sie meinen, man kann das, was Sie schlecht machen, auch noch schlechtreden?!)

Meine Damen und Herren! Das Schlechteste, was die Politik machen kann, ist, den Menschen die Hoffnung zu nehmen. Wir sind in einer schwierigen Situation, aber da kann es uns ja nicht verboten sein, das anzusprechen, was die Europäische Union für die Österreicherinnen und Österreicher seit unserem Beitritt gebracht hat – und das ist viel, meine Damen und Herren. (Abg. Strache: Was denn?) – Ich sage es Ihnen.

Wir haben die Chance genützt, die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz zu verbes­sern. Das ist das, was die Politik bewerkstelligen kann. Sie kann nicht Arbeitsplätze schaffen, aber sie kann für die richtigen Rahmenbedingungen sorgen. Und durch den EU-Beitritt haben sich in Österreich die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt eindeutig verbessert.

Weil das Wifo heute angesprochen worden ist: Es spricht hier von einem Bonus. Das Wifo spricht hier vom EU-Integrationsbonus. 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze jährlich – ein Ergebnis unseres Beitritts zur Europäischen Union! Oder. die niedrigste Arbeits­losigkeit in Europa. Wenn wir das ansprechen, ist das dann Wählervertreibung? – Nein, ganz sicher nicht, sondern es zeigt auf, dass es richtig war, hier diesen Schritt zu setzen.

Sechs von zehn Euro, die wir verdienen, meine Damen und Herren, verdienen wir durch Exporte. Wir hätten nie die Chance, so exportorientiert unterwegs zu sein, wären wir nicht zur Europäischen Union beigetreten, um nur ein zweites Beispiel zu nennen.

Und damit Sie mir nicht vorwerfen, ich sehe alles rosarot: Jetzt haben wir eine große Herausforderung. Na selbstverständlich ist das eine große Herausforderung, dass Europa hier wieder auf Kurs kommt! Und da bin ich froh, dass die Bundesregierung so geschlossen und so stark die Linie vertritt, die vor allem auch von Deutschland vertreten wird, nämlich alles zu tun, um europaweit zu mehr Haushaltsdisziplin und so zu einer Stabilitätsunion zu kommen.

Das ist ein ganz, ganz wesentlicher Schritt, denn Europa hat Glaubwürdigkeit verloren. Da kann man über die Rating-Agenturen sagen, was man will, der entscheidende Punkt ist: Auf den Finanzmärkten hat man die Glaubwürdigkeit oder hat man sie nicht. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Wir werden sie gewinnen, wenn wir hier unsere Hausaufgaben erfüllen, aber auch alles dafür tun, dass sich hier niemand


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 53

von der Europäischen Union außerhalb der Gemeinschaft stellen kann. Alle sind hier gefordert, aber wir werden es schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­tha­ler. – Bitte.

 


11.30.31

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Oje-Rufe bei der SPÖ.) – Ihr müsst euch ja nicht gleich fürchten. – Im Laufe dieser Debatte hat meiner Meinung nach heute einer den Vogel abgeschossen, und der nennt sich Klubobmann Cap. Der hat allen Ernstes den Menschen heute erklären wollen, und zwar nicht nur einmal, sondern mehrmals, dass, wenn das nicht funktionierte und wenn manche Szenarien eintreten würden, etwa Österreich nicht mehr in der Währungsunion dabei wäre, dann plötzlich über Nacht die Bankomaten abgeschaltet werden würden. Also jetzt wissen wir – wir haben jetzt viele Wochen nicht gewusst, wen ihr vertretet –, die SPÖ ist die Bankomaten-Partei geworden. (Beifall beim BZÖ.)

Sagen Sie jetzt, Herr Klubobmann Cap, glauben Sie vielleicht, dass das Geld aus dem Bankomaten kommt? Das ist ein fataler Irrtum, Herr Klubobmann Cap, möchte ich Ihnen sagen – ich weiß nicht, ob Sie schon einmal beim Bankomaten waren, bei ihrer neuen Klientel –, das Geld kommt nämlich nicht aus dem Bankomaten, sondern es kommt vom Konto. Und dieses Konto ist bei den meisten Ihrer Wähler und der österreichischen Bevölkerung so leer geräumt, dass sie nichts mehr finanzieren können. (Ruf bei der SPÖ: Geh! – Abg. Strache: Weil Sie den österreichischen Banken und Spekulanten das Geld zuwerfen!) Das ist die Wahrheit, Herr Klubobmann Cap! (Beifall beim BZÖ.)

Philosophieren Sie nicht über Bankomaten! Das ist auch ein aufgelegter Unsinn, Ihre Angstmache da, denn dann hätte ja das bei der Einführung des Euro genauso sein müssen. Oder nicht? Da haben Sie nicht nachgedacht, denn ich kann mich nicht daran erinnern, dass bei der Einführung des Euro die Bankomaten tagelang nicht funktioniert hätten. Also das ist so ein Schwachsinn! Das wurde ja nur noch überboten von den Ausführungen Ihrer Bundesgeschäftsführerin Rudas, die nicht einmal weiß, wann welcher Abgeordneter in diesem Haus abgestimmt hat, aber Ihre große Partei ko­ordinieren soll, aber okay. (Abg. Strache: Die schießt immer den Vogel ab!) Wenn sie nicht weiß, welche Abgeordneten hier im Haus zu welcher Zeit waren, dann verstehe das ich bei ihr, denn sie weiß ja auch nicht welche Freunde echt und unecht sind auf der Facebook-Seite des Herrn Bundeskanzlers. Daher sollte man das nicht so ernst nehmen. (Beifall beim BZÖ. – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Die zweite Bemerkung des Herrn Vizekanzlers und ÖVP-Vorsitzenden Spindelegger: Für den war der größte Segen dieses Gipfels, nicht was da herausgekommen ist, nicht die Ergebnisse, denn es hat ohnehin keine gegeben, sondern der größte Segen und das wohligste Gefühl war, endlich auch einmal bei der Frau Merkel sein zu dürfen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Das war nach dem Herrn Bundeskanzler, das ist natürlich klar, denn der war schon vorher dort. Das heißt, der hat gehört, der Bundeskanzler ist bei der Frau Merkel, und es hieß: Hangar 7 aufmachen, ich brauche einen Privatjet! Diese Regierungsmitglieder fliegen ja immer mit dem Privatjet. Also mit dem Privatjet zur Frau Merkel, damit er auch schöne Fotos bekommt und heute im Parlament der Bevölkerung und den Abgeordneten stolz mitteilen darf: Ich war auch bei der Frau Merkel! Ich habe zwar dort nichts zusammengebracht und eigentlich kennen sie uns auf der EU-Ebene gar nicht, der Bundeskanzler wird als Mitarbeiter eines Regierungsmitglieds dargestellt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 54

aber ich war auch bei der Frau Merkel! (Abg. Strache: Die Merkel hat geglaubt, jetzt kommt der Monti-Mitarbeiter! – Rufe bei der ÖVP: Zur Sache!)

Also so kann man Politik nicht machen, Herr ÖVP-Parteiobmann Spindelegger! Das ist überheblich, abgehoben und hat mit den wirklichen Problemen doch nichts zu tun. Das müssten Sie eigentlich schon lange wissen. (Beifall beim BZÖ.)

Und, Herr Spindelegger, Sie kritisieren zwar, wenn man zu dieser Währungsunion Alter­nativen überlegt, aber Sie stellen sich selbst hier her und wollen den Einfluss Österreichs in der Europäischen Union noch mehr reduzieren. Das haben Sie heute selbst gesagt: Rotationsprinzip, kein Kommissar für immer für Österreich, muss ja nicht sein, sparen wir ein, vielleicht gibt es auch noch mehr Einflussmöglichkeiten Öster­reichs, einzusparen!

Die Bevölkerung darf nicht mitreden, der Einfluss Österreichs als kleines Land bei der Europäischen Union ist weg. (Abg. Strache: Genau das ist es!) Ja was ist denn das für eine EU-Politik? Ist das die gänzliche Selbstaufgabe am Altar der Europäischen Union? Herr Vizekanzler, das ist wirklich merkwürdig, was Sie da machen und welche Politik Sie da vertreten! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Herr Klubobmann Kopf stellt sich hier heraus – wieder einmal – mit treuherzigem Augen­aufschlag und sagt: Wir sind dafür, dass wir keine neuen Schulden mehr machen! Es sind ja ohnehin erst drei Wochen vergangen, seit wir 9 Milliarden € beschlossen haben – Rot und Schwarz, nicht wir – für neues Budget. Das vergisst man eben schnell, dass das erst drei Wochen her sind. Zur Beruhigung: Im Jänner könnt Ihr dann der Bevölkerung schon sagen, es war voriges Jahr. Das nur als neues Argument – das glaubt euch ohnehin keiner! Die neuen Schulden habt ihr beschlossen, ihr von der ÖVP seid die Schuldenkaiser in dieser Republik, und deswegen nimmt euch das auch keiner mehr ab. (Beifall beim BZÖ.)

Und dann stellt er sich hier her, der Klubobmann Kopf und sagt: Keine neuen Steuern! Keine Vermögenssteuer! – Da hinten sitzt sein Parteiobmann und philosophiert schon über die neuen Steuern, darüber, wie wir die Menschen belasten können. Da hinten sitzt ein Wirtschaftsminister, der jetzt die Flucht ergriffen hat, der jetzt schon sagt: 30 Prozent zu 70 Prozent Aufteilung! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die 30 Prozent sind neue Steuern. (Abg. Bucher: Umfaller!) Gratuliere! Ihr seid die Schulden- und Steuer­erhöhungspartei – wir wollen es verhindern! Ihr seid die Umfaller – und wir wollen es verhindern! (Beifall beim BZÖ.)

Noch etwas zu den Verhandlungen, die da laufen: Es wird so viel von direkter Demo­kratie gesprochen, und der Klubobmann Cap macht das ja auch gerne, es muss ja jeder mit jedem reden. Lassen Sie sich das, Herr Bundeskanzler, auch aus der demo­kratiepolitischen Sicht sagen – und ich tue mich da jetzt leicht, weil es ja nicht meine Partei betrifft mit der Sie, Gott sei Dank, muss man ja sagen, verhandeln, und auch nicht mit den Grünen –: Man kann nicht einerseits andauernd die direkte Demokratie und die Demokratie auch hier im Hohen Haus beanspruchen und dann von vornherein sagen: Mit einer Partei spreche ich überhaupt nicht! – Das halte ich einfach vom demokratiepolitischen Standpunkt aus für falsch.

Herr Bundeskanzler, Sie können sich jederzeit aussuchen, wenn Sie überhaupt noch einmal eine Mehrheit zustande bringen nach der nächsten Wahl, mit wem Sie koalie­ren, das steht Ihnen frei, aber hier im Hohen Haus sind alle fünf Parteien demokratisch gewählt und gleichwertige Ansprechpartner in jeder Frage, und vor allem für so eine wichtige, die sie ja immer selbst als so wichtig proklamieren. Wenn Sie sagen, das ist eine staatspolitische Frage, dann können Sie nicht sagen: Mit einer Gruppe spreche ich überhaupt nicht! – Das halte ich für falsch und für demokratiepolitisch bedenklich. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 55

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Position des BZÖ ist eine völlig klare: Eine Schuldenbremse verdient nur dann wirklich diesen Namen, wenn wir auch eine Steuerhöchstquote haben, damit wir die Menschen nicht belasten. Mittlerweile sind wir ja die Einzigen, die überhaupt sagen, dass wir keine neuen Steuern wollen. (Ruf bei der ÖVP: Haben wir ja!) – Ja, dann sagt es aber auch einmal! Und sie ist auch nur dann sinnvoll, wenn man echte Sanktionen einführt. Alles andere ist ein sinnloses Placebo. Wir sind schon sehr gespannt, wer am Ende seine Forderungen nicht durchsetzt, Herr Kollege Kogler.

Heute war es bei euch schon ein bisschen so: Halb zog sie ihn, halb sank er hin. – Die Grünen sind ja schon auf viertel elf, also ein bisschen beim Umfallen. Wir sind sehr gespannt und schauen uns das an. Wundern würde es mich nicht, wenn ihr wieder einmal umfallt.

Wir wollen für die österreichischen Steuerzahler etwas erreichen, daher werden wir mit Sicherheit nicht umfallen, Herr Kollege Kogler! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Grosz: Kassen leer  !)

11.37


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter ist der nächste Redner. Die Restredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte.

 


11.37.14

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich meine, nach den humorvollen Beiträgen des Kollegen Westenthaler: Sie sollten viel­leicht bei Ihrem Konto etwas einzahlen, wenn Sie am Bankomat etwas abheben wollen. Das Bargeld kommt dennoch aus dem Bankomat. (Abg. Ing. Westenthaler: Es kommt vom Konto!) So viel zu den praktischen Erfahrungen des Lebens.

Ich kläre Sie nur kurz auf: Bis zum 1. Jänner 2002 gab es eine über zweieinhalb Jahre dauernde Vorbereitung für den Umbau aller Geldausgabeautomaten, damit sie andere Scheine ausgeben können. Wenn Sie das überraschend heute machen und neue Scheine drucken (Zwischenrufe bei der FPÖ), dann wird es tatsächlich so sein, dass kein einziger Automat in der Lage sein wird, die auszugeben. – So viel zu den Wahr­heiten.

Zum Hauptproblem, mit dem dieses Europa heute zu kämpfen hat, und beim letzten Gipfel hat ja das wiederum der britische Premierminister bewiesen: Wir wären so viel weiter, wenn nicht aus purem nationalen Egoismus gehandelt werden würde, in diesem Fall für die City of London und für die Spekulanten. (Abg. Strache: Ist ein echtes Zugpferd, der Matznetter!) Da glaubt ein Regierungschef, er kann hier die anderen, die bereit sind, auch in der Krise gemeinsam Lösungen anzustreben, torpedieren. (Abg. Scheibner: Was machen Sie denn dagegen?) Aber wir haben nicht nur in Großbritannien solche Leute, wir haben sie in jedem einzelnen Land sitzen.

Meine Damen und Herren! Was verlangen Sie denn? (Abg. Ursula Haubner: Was verlangen wir?) – Sie wollen, dass Österreich blockiert, ausschert und verhindert. Sie machen doch genau das Gleiche, und es ist ein Schaden für dieses Land. Ihre Wäh­lerin­nen und Wähler werden es wissen – beim BZÖ sowieso, denn die werden wir wahrscheinlich nach der nächsten Wahl hier gar nicht mehr haben. (Abg. Bucher: Geh! Geh!)

Zurück zur Kernfrage: Gibt es eine kleine nationale Lösung? Klären wir es anhand der eigenen Währung! Sie wollen den Schilling wieder einführen, Herr Strache, mit dem Argument, dass die schwachen Regionen eine eigene Währung haben sollen?! Wie lösen wir das im eigenen Land? Wie kommen die Vorarlberger, die Wiener dazu, wenn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 56

Sie so argumentieren? Da müssten wir nach dem Milliarden-Desaster der Hypo Alpe-Adria dann einen „Nord-Schilling“ und einen „Süd-Schilling“ einführen, wo das Bun­desland ist, wo der Herr Bucher herkommt. Dieselbe Argumentation würde dazu führen, dass jede Ortschaft eine eigene Währung bräuchte. Das ist keine Lösung des 21. Jahrhunderts, nicht einmal eine des 20. oder des 19. Jahrhunderts. Ihre Beiträge brauchen wir dafür nicht!

Dem Kollegen Bucher sei auch ins Stammbuch geschrieben: Die Frage, ob einnah­men­seitig etwas gemacht wird oder nicht gemacht wird, ist entscheidend dafür, ob es uns rasch gelingt, das Defizit weiter abzubauen. Wir sind die Nummer drei in Europa, was die Solidität betrifft. Das ist in der heutigen „Presse“ nachzulesen; eine Studie vonseiten der Finanzmärkte.

Wir sind auf einem guten Weg. (Abg. Dr. Graf: Wir sind so gut, weil die Leute fleißig sind!) Wir können es noch besser machen, aber nur ausgabenseitig wird es nicht gelingen. Wir werden eine gesunde Mischung zustande bringen, wir werden sie Ihnen vorlegen, und wir hoffen, dass wir die Mehrheit finden. Diese Regierung wird den guten Weg fortsetzen, den wir schon in den letzten fünf Jahren in der Krise gegangen sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz, ich kann Sie leider nicht mehr aufrufen, da die Redezeit Ihrer Fraktion ausgeschöpft ist.

Zu Wort kommt nun Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


11.40.55

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! (Oje-Rufe bei der SPÖ.) Es ist ja einmal mehr verwunderlich, dass heute, vor allem von SPÖ und ÖVP, von einer europäischen Krise gesprochen wird. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt keine europäische Krise. Es gibt auch keine Krise des Euro. Es gibt eine Krise der nationalen Regierungen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Krise, unter der wir zu leiden haben, ist eine der Regierungen, derer, die hier auf dieser Regierungsbank Platz genommen haben. Das gehört einmal in der Deutlichkeit gesagt. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist die Regierung in Griechenland, die Europa in den Schuldenturm geführt hat, es sind die Regierungen in Italien, in Spanien und in Portugal, die von einer ordentlichen Haushaltsführung keinen blassen Schimmer gezeigt haben. Und es diese Regierung, die vorige Woche in diesem Haus noch eine Schuldenbremse vorgegaukelt hat und zwei Wochen davor ein Defizitbudget von 10 Milliarden € Neuverschuldung in diesem Haus beschlossen hat. Und jetzt kommen Sie vom Rat der Europäischen Union nach Hause und haben von denen den Rüffel bekommen, wie Seppi Bucher es gesagt hat.

Die haben zu Ihnen, Herr Faymann und Herr Spindelegger, gesagt: Was Sie in Öster­reich unter einer Schuldenbremse verstehen, das ist keine Schuldenbremse! Eine Schuldenbremse ist das nicht, so wie es Sie verstanden haben, dass wir vielleicht, möglicherweise, wenn alles gut geht, im Jahr 2017 zu sparen anfangen und dann noch ohne Sanktionen, nach dem Motto: Wenn wir schon sparen, dann sparen wir nicht, sondern dann nehmen wir den Leuten einfach mehr Geld aus der Tasche! – Einen Rüffel dafür hat Ihnen selbst die Europäische Kommission, der Europäische Rat gegeben, indem sie gesagt haben: Mit diesem Papier können Sie sich wieder nach Hause schleichen! (Abg. Rädler: Hallo?!) Gehen Sie in Ihr Parlament und informieren Sie einmal Ihr Parlament ordentlich! (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bundeskanzler spricht von den Zerstörern Europas und deutet in Richtung der Oppositionsparteien. Aber die wahren Zerstörer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 57

Europas sind schwache Regierungschefs und Technokraten, wie Sie und Ihr Vize­kanzler es sind, die nach Europa hinausfahren, nichts zu sagen haben, keine öster­reichische Linie vertreten, kein österreichisches Modell entwickelt haben, sich nicht schützend vor das Land und die Bevölkerung stellen, sondern sich freuen, wenn sie mit der Frau Merkel ein gemeinsames Foto für Ihre „Ego-Wände“ in Ihren Ministerien machen und mit nach Hause nehmen können. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist keine Europapolitik, wie wir sie verstehen! Wir wollen eine Europapolitik, bei der der Sozialminister im BeSoGeKo-Rat – Beschäftigung und Sozialpolitik –sitzt und tatsächlich die Interessen Österreichs vertritt. Wir wollen ein Europa, wo eine Finanzministerin im ECOFIN-Rat sitzt, denn das ist Europa. Diese Räte sind Europa. Da könnten unsere Regierungsmitglieder nach dem Einstimmigkeitsprinzip beein­flussen, wohin Europa geht. Europa ist nicht die visuelle Gestalt mit den Sternen und der blauen Fahne. Diese Regierungsmitglieder sind Europa, die wir nach Brüssel entsenden, die wir aber nicht entsandt haben. Die haben sich dieses Entsendungsrecht selbst genommen und vertreten in Brüssel mehr als schäbig die österreichischen Interessen. Wir wollen ein Europa, wo ein Bundeskanzler bei den Staats- und Regierungschefs selbstverständlich die Interessen Österreichs vertritt und auch ein Schuldeingeständnis abliefert, dass er, wie auch Griechenland, wie auch Spanien und auch Portugal, endlich mit dieser Schuldenpolitik in Europa aufhören wird.

Was haben wir stattdessen? – Wir haben einen Bundeskanzler, der nach Brüssel pilgert, nur Europa fällt es nicht auf, dass er überhaupt dort ist. Das ist keine Europapolitik, so wie wir sie uns vorstellen! Es gibt keine europäische Krise, sondern es gibt eine Krise der europäischen Regierungen. (Beifall beim BZÖ.)

10 Milliarden € Neuverschuldung beschlossen Sie – ich habe es schon gesagt – vor drei Wochen und sprachen gleichzeitig von einer Schuldenbremse. Das glaubt Ihnen ja nicht einmal die vielzitierte Frau Schmauswaberl in Österreich.

Und dann lasen wir gestern in der APA: „1,5 Milliarden € sind zu wenig“ für das Jahr 2012. „Wir werden weit über 2 Milliarden € brauchen“, so Finanzministerin Fekter vor dem gestrigen Ministerrat, und zwar mit dem Verweis, dass sie zusätzlich 2 Milliar­den € aus den Taschen der Menschen braucht, weil sie den Bundesgehaltsabschluss des Herrn Neugebauer finanzieren muss und Strafzahlungen nach Kyoto abliefern muss.

Für Strafzahlungen, Zinsen und den Bundesgehaltsabschluss nehmen Sie noch einmal Schulden auf, und dann sind wir bei 12 Milliarden €. Sie wagen es tatsächlich, sich hier herzustellen und von einer Schuldenbremse zu sprechen? Sehr geehrte Damen und Herren, das kauft Ihnen keiner ab!

Wir wollen eine Schuldenbremse, die sofort wirksam wird und nicht erst 2017. Wir wollen ein Sparen im eigenen Haushalt und keine Belastung der Menschen mit einer sogenannten Steuerbremse, und zwar so, wie es Seppi Bucher heute vorgeschlagen hat, und wir wollen ein Sparen mit Sanktionen und nicht mit Klopapiergesetzen (Hey-Rufe bei der SPÖ), die man im Jahr 2017 bricht. (Beifall beim BZÖ.)

Zum Schluss – ich will ja nicht die Nachfolge des Herrn Großruck antreten – ein Zweizeiler für Sie zu Weihnachten, tragischer könnte er nicht sein, weil er wahrhaftig ehrlich ist:

Die Kassen leer, es gab nur Spesen.

Es ist die Volkspartei gewesen!

Frohe Weihnachten!

(Beifall beim BZÖ.)

11.45



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 58

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.46.09

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Spindelegger (Ruf bei der ÖVP: Vizekanzler Spindelegger!) hat heute in seiner Rede gesagt, das Krankheitsbild in Europa heißt Überschuldung, und der Virus, der dieses Krankheitsbild ausgelöst hat, heißt Schuldenmachen. Und dass auch unsere Regierung von diesem Virus noch aktuell befallen ist, sieht man daran, dass wir erst vor ganz kurzer Zeit ein Budget beschlossen haben, bei dem wir weiterhin Schul­den machen werden. Das heißt, der Herr Spindelegger hat erkannt, dass das Schul­den­machen ein Problem ist, dass es sogar ein Virus ist, ein Krankheitsbild hat, und trotzdem will er weiter Schulden machen.

Wenn man sich jetzt eine Privatperson anschaut, die genauso agiert wie Sie und permanent Schulden macht, dann kommt eines Tages der Punkt, wo es nicht mehr weitergeht. Es kommt eines Tages der Punkt, an dem man sich entscheiden kann: Entweder man schafft es, mehr einzunehmen oder weniger auszugeben, ansonsten ist man pleite.

Wenn man sich nun Griechenland anschaut, dann sieht man, dass Griechenland weder mehr einnehmen noch mehr sparen kann. Das heißt, Griechenland ist hoffnungslos verloren. Und was machen Sie mit Ihrer Politik? – Sie ketten sich an Griechenland und begründen das, Herr Bundeskanzler Faymann, indem Sie heute hier sagen, wir müssen Opfer bringen. Wir müssen Opfer bringen für das Friedensprojekt Europa. Wir müssen Opfer bringen für den Wirtschaftsraum. Wir müssen Opfer bringen für die Arbeitslosen beziehungsweise für den Arbeitsmarkt. Wir müssen Opfer bringen, um unsere Währung stabil zu halten.

Herr Bundeskanzler, wenn das stimmt, dass wir in den Euro gegangen sind und jetzt Opfer bringen müssen für diesen Euro, um all das zu erreichen, dann schauen wir uns ein Land an, das diese Opfer nicht gebracht hat.

Schauen wir uns die Schweiz an! Die Schweiz hat all diese Opfer nicht gebracht, die Schweiz war so klug, nicht in den Euro zu gehen und die Schweiz steht heute viel, viel besser da als wir. Oder gibt es etwa Kriege in der Schweiz, weil sie immer vom Friedensprojekt Europa sprechen? Oder gibt es Massenarbeitslosigkeit in der Schweiz oder gibt es eine schlechte Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz oder ist die Währung in Gefahr? – Ganz im Gegenteil, die maroden Länder und die Bürger in diesen Ländern – Portugal, Italien, Griechenland – schaffen ihr Geld in die Schweiz, um es dort abzusichern. (Ruf bei der FPÖ: So ist es!) So gut steht die Schweiz da. Das heißt, die Bürger dieser Länder, die Sie hier retten wollen, trauen der eigenen Regierung nicht mehr über den Weg und schicken ihr Geld in die Schweiz, tauschen es um in Franken, um es wenigstens für die Zukunft zu erhalten, und da wollen Sie uns noch erzählen, dass wir, wenn wir nicht in den Euro gegangen wären, dementsprechende Probleme gehabt hätten. Das ist eine große Unwahrheit, die sie hier erzählen.

Letztlich war das Euro-Projekt ein Projekt eines Völkergefängnisses, das wir schon einmal hatten, und Sie wollen das, was de Gaulle einmal wollte, aufheben, nämlich einen Staatenbund gleichberechtigter Staaten. Das wollen Sie aufheben und wollen eine Zentralregierung. Sie wollen einen Bundesstaat Europa errichten, und dazu ist Ihnen jedes Mittel recht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Der wechselt schon zur FPÖ!)

Wenn man bedenkt, dass wir jetzt seit zehn Jahren den Euro haben: Haben Sie irgendwo eine Feier gesehen? Haben Sie irgendwo eine Feier gesehen zum Zehn-Jahres-Jubiläum des Euro? – Es gibt keine, weil es nichts zu feiern gibt!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 59

Der Euro ist kein Erfolgsprojekt. Der Euro wurde damals mit einem Geburtsfehler initiiert, und der Geburtsfehler hat geheißen, es sollte hier eine gemeinsame Währung geben ohne gemeinsame Politik. Das war der erste Geburtsfehler. Diesen Geburts­fehler hat man versucht zu kompensieren, indem man die Konvergenzkriterien eingeführt hat – für die sich damals kein Mensch interessiert hat und auch heute niemand mehr interessiert. Auch diese Regierung interessiert sich nicht für die gemein­samen Spielregeln.

Herr Spindelegger, Sie haben heute gesagt, wir brauchen vier Regeln für mehr Sicherheit. Ich sage Ihnen jetzt die Regeln, die wir tatsächlich brauchen – nicht den frommen Wunsch ans Christkind, den Sie heute hier genannt haben –:

Wir brauchen im Bereich des Euro die Sicherheit, dass keiner auf Kosten des anderen lebt. – Das ist die erste Sicherheit, die wir brauchen.

Zweitens brauchen wir Spielregeln, an die sich alle halten. – Auch wir haben das nicht gemacht, auch wir haben uns nicht an die Spielregeln gehalten.

Drittens – und das ist das Allerwichtigste –: Wir brauchen eine Regierung, die unsere Interessen vertritt. Unsere Interessen! – Ich weiß, der Herr Cameron ist im Moment nicht allzu beliebt, aber er hat zumindest eines gesagt, was ich anerkennen möchte. Er hat gesagt, im Zweifelsfall gehen die britischen Interessen über die Interessen von Europa. Und auch ich sage das: Im Zweifelsfall gehen die österreichischen Interessen über die Interessen Europas.

Und was wir vor allem brauchen – als Punkt vier der Sicherheiten –: Wir brauchen eine Regierung, die hier an die Arbeit geht, die nicht fromme Wünsche formuliert, die nicht irgendwelche Schuldenbremsen in die Verfassung schreibt, sondern konkrete Maßnahmen einleitet, damit wir hier endlich auf einen grünen Zweig kommen. (Abg. Rädler: ... ist eine Qual!)

Ich weiß schon, dass ich Sie von der ÖVP quäle. Ich glaube das schon. Ja, ich glaube, dass ich Sie quäle mit meinen Ausführungen, und zwar deshalb, weil Sie etwas nicht wahrhaben wollen. Herr Bundeskanzler Faymann hat es heute ja zugegeben: Er hat zugegeben, dass er sich an die maroden Länder ketten will, komme, was da wolle, indem er heute gesagt hat, wir brauchen Euro-Bonds. Was sind Euro-Bonds? – Euro-Bonds, das ist nichts anderes, als dass wir für alle zahlen müssen, auch für die maroden Staaten. Das heißt, es wird gemeinschaftlich Geld aufgenommen, und alle zahlen dafür – und die, die nicht zahlen können, stehlen sich davon und wir zahlen.

Aber was noch viel schlimmer ist, was ich heute vom Herrn Kanzler gehört habe – und das ist ja hier untergegangen, die wenigsten haben es wahrscheinlich richtig aufge­nommen –: Er hat heute gesagt, dass der Schutzschirm sich bei der EZB refinanzieren soll.

Jetzt klingt das einmal ganz nett. Ja, ja, natürlich, refinanzieren – ganz nett, nur: Was heißt das? Was heißt es, wenn der Schutzschirm sich bei der EZB refinanziert? – Das heißt, dass der Schutzschirm zu einer Bank gemacht wird, die sich unbegrenzt Geld von der EZB holen kann, und die EZB damit auf Dauer zu einer Bad Bank in Europa gemacht wird, zu einer Bank, wo die maroden Staatsanleihen abgeladen werden, wodurch letztlich dann eine Inflation auf die Menschen hereinbricht. Und wie wir alle wissen, ist die Inflation eine Extrasteuer, die jeder von uns zu bezahlen hat. – Das zum Thema „keine neuen Steuern“. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Deshalb, wenn Sie dieses Sakrileg begehen und wenn Sie die EZB dazu zwingen, sich als Bad Bank zu positionieren, wenn Sie die EZB dazu zwingen, Inflation zu akzep­tieren, dann kann ich Ihnen eines sagen: dann ist der Euro tatsächlich gefähr­det – und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 60

nicht, was Sie vorgeben, dass Sie den Euro retten und sichern. Nein, Sie gefährden ihn dadurch.

Eines darf ich noch sagen zu dem Vorwurf an die Opposition, dass sie unverantwortlich wäre – verantwortungslos, so hat es heute einige Male von allen Seiten der Regierung geheißen –:

Jetzt frage ich mich: Wenn die Opposition fordert, dass das Volk befragt wird in einer so wichtigen Angelegenheit, die über Jahrzehnte gehen wird  diese Entscheidungen, die wir heute und in den nächsten Monaten hier treffen, werden über Jahrzehnte gehen! (Abg. Strache: Generationen!) –, das soll verantwortungslos sein?!

Wenn man also das Volk nicht fragen will zu solch wichtigen Entscheidungen – noch dazu, wo die letzte Gelegenheit des Volks zu entscheiden vor der Krise war; das Volk hat sich noch kein einziges Mal bei einer Wahl zur Krise äußern können! – und wenn Sie hier sagen, es ist verantwortungslos, das Volk zu fragen, und sagen, das Volk ist nicht in der Lage, das zu durchblicken, oder das Volk hat zu wenig Informationen, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Es ist in einer Demokratie auch dann in Ordnung, das Volk zu fragen, wenn es einem nicht passt, was das Volk dazu zu sagen hat! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Und eines ist auch sicher: Sie wollen das Volk nicht fragen, aber bezahlen darf es, das Volk. (Abg. Strache: So ist es! Zahlen darf es! In den Sack greift man hinein! Die Brieftaschen der ÖsterreicherInnen werden geleert Bankspekulanten!) Auf der einen Seite darf es nicht entscheiden, aber auf der anderen Seite wird es zahlen. Und es wird ordentlich zahlen, das Volk! Das Volk wird brennen wie ein Luster, wenn die Probleme auf uns zukommen, die Sie uns heute hier einbrocken.

Deshalb: In einer Demokratie muss das Volk das letzte Wort haben. Und wenn Sie heute hier uns Opposition abkanzeln, dann kanzeln Sie damit auch das Volk ab, denn das Volk hat genau die gleichen Bedenken wie wir: die gleichen Bedenken, dass wir hier zahlen werden für etwas, das wir nicht wollen, für etwas, das wir nicht brauchen, und für etwas, das uns nichts nützt. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) – das ist schon der Schlusssatz –: Wenn jemand das Volk fragen will, handelt er verantwortungsvoll. Und all jene, die das nicht wollen, handeln verantwortungslos! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

11.55.582. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Ing. Peter Westenthaler, Franz Eßl, Bernhard Vock, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Massentötungen von Hunden in der Ukraine (1774/A)(E)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Gesundheitsausschuss eine Frist bis 9. De­zember 2011 zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlungen über diesen Gegen­stand sind daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht gewünscht. (Vizekanzler Dr. Spin­del­egger sowie weitere Mitglieder der Bundesregierung erheben sich von der Regie­rungsbank und schicken sich an, den Sitzungssaal zu verlassen. – Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 61

Ing. Westenthaler: Herr Außenminister! Herr Außenminister! Der Antrag geht an Sie, Herr Außenminister! – Bundesminister Dr. Spindelegger – auf Staatssekretär Dr. Waldner weisend –: Herr Kollege Westenthaler, schauen Sie einmal, welche Regierungs­mitglieder ...! – Abg. Ing. Westenthaler: ... hätten lieber ein Foto mit der Merkel gehabt! Das hätten Sie der Frau Merkel auch erzählen können, was Sie da gesagt haben!)

Darf ich bitten, dass wir in der Behandlung des Punktes 2 fortsetzen können (Abg. Grosz: Das geht nicht, weil auf der Regierungsbank ein Chaos herrscht!) und dem zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldeten Staatssekretär die Chance geben, sich zu äußern? (Abg. Grosz: Auf der Regierungsbank herrscht Chaos!)

Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner. Die Redezeit ist vereinbarungs­gemäß mit 5 Minuten festgesetzt. – Bitte.

 


11.57.07

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da bei diesem Tagesordnungspunkt das Außenministerium angesprochen ist und aufgefordert wird, darf ich mich kurz dazu zu Wort melden.

Ich möchte Ihnen versichern, dass die Meldungen und die Bilder von den grausamen Tötungen von streunenden Hunden in der Ukraine im Zusammenhang mit der Fußball-Europameisterschaft 2012 auch im Außenministerium angekommen sind und ernst genommen werden. Ich war selber in den letzten Wochen sehr viel im Ausland unter­wegs und habe das mitverfolgt, die Bilder, die auch in den anderen Ländern im Fernsehen gezeigt wurden, und auch die Kritik daran. Und ich kann Ihnen versichern, dass es auch für mich persönlich nicht akzeptabel ist, dass wegen einer Europa­meisterschaft Zigtausende Tiere getötet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich daher kurz die Schritte erwähnen, die im Außenministerium bereits gesetzt wurden.

Wir haben die Quälerei und die Massentötung von Hunden in den letzten Wochen schon mehrmals und auf verschiedenen Ebenen gegenüber offiziellen Vertretern der Ukraine angesprochen und zu entsprechenden Maßnahmen aufgefordert. Erst diese Woche ist unser Generalsekretär Kyrle im Außenministerium in der Ukraine gewesen und hat zu Beginn der Woche, am 12. Dezember, das Thema gegenüber dem Vizeaußenminister Pavlo Klimkin angesprochen. Der Herr Generalsekretär hat auf die Bedeutung und auf die Sensibilität dieses Themas hingewiesen und darauf, dass die Tötung der Hunde in Österreich bei der Bevölkerung auf großes Unverständnis trifft und große Aufmerksamkeit auch in den Medien hervorruft. Er hat die Ukraine eindringlich und offiziell ersucht, geeignete Maßnahmen gegen die Quälerei und Tötung der Tiere zu ergreifen.

Der ukrainische Vizeaußenminister hat zu verstehen gegeben, dass er sich dieser Problematik bewusst ist. Er hat berichtet, dass es mittlerweile auch in der Ukraine selbst zunehmende Kritik an dieser Thematik gibt und dass es viele Personen gibt, die sich dafür interessieren. Das heißt, die Ukraine hat damit erkannt und auch offiziell anerkannt, dass es in der Sache Handlungsbedarf gibt.

Die Massentötung von Hunden wurde vom Außenministerium auch gegenüber dem ukrainischen Botschafter in Wien, Herrn Bereznyi, angesprochen. Auch der Botschafter hat versichert, dass er sich persönlich dafür einsetzen wird, dass dieses Problem gelöst wird.

Des Weiteren hat es – weil die europäische Ebene im Antrag auch angesprochen ist – bereits mehrere Diskussionen des Themas auf europäischer Ebene gegeben, nämlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 62

bei den regelmäßigen Treffen der Botschafter, und zwar speziell in Kiew, und wir werden das auch in Brüssel auf dieser Ebene weiterverfolgen.

Letztlich noch: Das Außenministerium beziehungsweise die Botschaft in Kiew hat eine logistische Unterstützung beim Zustandekommen eines Hilfstransportes von gespen­detem Hundefutter und Hundehütten angeboten. Dieser Transport ist, wie ich heute erfahren konnte, gestern in der Ukraine angekommen und wird heute im Beisein unseres Botschafters an die Betreiber von Tierheimen in der Ukraine und an verant­wortliche Personen übergeben.

Und schließlich: Generell hat das ukrainische Innenministerium eine Weisung vom ukrainischen Premierminister bekommen, alle rechtlichen Mittel anzuwenden, um die Tierquälerei angemessen zu bestrafen. Und der ukrainische Umweltminister hat die Ausarbeitung eines nationalen Plans zum Bau moderner Tierheime für streunende Hunde angekündigt.

Das heißt, Sie sehen, es ist eine Reihe von Maßnahmen schon gesetzt worden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir das weiterverfolgen werden und im Außenministerium im Rahmen unserer Möglichkeiten zur Lösung beitragen werden und dass wir diesen Entschließungsantrag begrüßen und unterstützen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und BZÖ sowie des Abg. Dr. Cap.)

12.01


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


12.01.20

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Geschätztes Hohes Haus! Ich glaube, mit diesem Fünf-Parteien-Antrag setzen wir vonseiten des österreichischen Parlaments ein klares Zeichen, wie ernst uns die Lage in der Ukraine ist, welche große Verantwortung auf die ukrainischen Verantwortlichen übertragen wird, damit sie diese Massentötungen von Straßenhunden abstellen.

Geschätzte Damen und Herren, wenn wir in letzter Zeit in den öffentlichen Medien sehr viel an Berichten gesehen haben, wobei manche Berichte und manche Bilder zum Teil heftig umstritten sind, so trifft uns dieses Thema zutiefst im Herzen. Das Thema Tierschutz ist ein generell wichtiges und großes Thema in Österreich, das wir sehr ernst nehmen.

Wenn gerade jetzt im Hinblick auf die 2012 stattfindende Fußball-Europameisterschaft zutage tritt, dass in der Ukraine vermehrt Straßenhunde getötet werden – getötet wer­den auf für uns unvorstellbare Weise! –, dann ist es, glaube ich, höchst an der Zeit und gerecht, dahin gehend Protest zu äußern und geeignete Maßnahmen von den politisch Verantwortlichen in der Ukraine einzufordern.

Dieser gemeinsame Antrag ist für mich auch ein klares Zeichen, ein klarer Schritt und eine klare Aufforderung, dass der Tierschutz ein wichtiges Thema ist und die Einhaltung des Tierschutzes in der Ukraine gefordert werden muss. (Abg. Mag. Brunner: In Österreich aber auch!) Natürlich auch in Österreich, Kollegin.

Geschätzte Damen und Herren, Schutz für Tiere ist Schutz für Lebewesen. Und Schutz für Lebewesen ist immer ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen, für das es in jeder Situation einzutreten gilt.

Geschätzte Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Wenn wir heute intensiv den Schutz der Tiere ansprechen, so ist für mich, ist für uns klar – und das möchte ich festhalten –, dass der Schutz der Kinder, der Schutz der Menschen, die Einhaltung der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 63

Menschenrechte an oberster Stelle stehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Strache.)

Von dieser Reihenfolge gibt es für uns kein Abrücken, und diese Rangordnung kann nicht ausgetauscht werden.

Ich möchte von dieser Stelle aus im Namen unserer Fraktion allen recht herzlich gratulieren, die dazu beigetragen haben, dass dieses Thema ein so wichtiges und großes Thema in Österreich geworden ist, und vor allem jenen, die dazu beigetragen haben, dass wir diesbezüglich zu einer Einhelligkeit im österreichischen Parlament gefunden haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Ich wollte nur fragen, ob diese Menschenrechte für Burschenschafter auch gelten!)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


12.04.15

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Österreich ist ein Land, in dem der Tierschutz ernst genommen wird. Wir haben hohe Standards, wir verlangen das allerdings auch von anderen Ländern in der Europäischen Union und weit darüber hinaus.

Nun gibt es Medienberichte, die besagen, dass es in der Ukraine unfassbare Vorgänge geben soll, mit Massentötungen von Hunden. Teilweise sollen Hunde bei lebendigem Leib verbrannt worden sein. 250 € gibt es für zehn tote Hunde, schreibt die „Kronen Zeitung“, und hier finden wir auch ein Bild einer Hündin, die abgeknallt wurde, so der Text.

„Ihre hilflosen Welpen wollen ihren Hunger stillen und trinken am leblosen Kadaver ihrer Mutter. Dann wurden wahrscheinlich auch sie bei lebendigem Leib verbrannt.“

Wenn das so passiert ist, dann ist das absolut verwerflich, und wir sprechen uns eindeutig und entschieden dagegen aus.

Allerdings berichtet ein anderes Medium, dass dieses Bild, das da veröffentlicht wurde, bereits vor vier Jahren in einem bosnischen Forum veröffentlicht worden ist, und daneben gibt es auch noch Bilder aus Rumänien und Mexiko. Und da erwarte ich mir schon eine seriöse Recherche der heimischen Medien. Nur dann können wir glaubwürdig sein. Verantwortungsbewusstsein und Ehrlichkeit dürfen auch für Medien keine Fremdwörter sein.

Das gilt auch für die Arbeit, und da sage ich durchaus auch kritisch im Hinblick auf manche Tierschutzorganisationen, die oft mit fragwürdigen Mitteln versuchen, Interes­sen durchzusetzen: Ehrliche und gewissenhafte Arbeit und sorgsamer Umgang mit den Tieren wird sich auch in der Zukunft als positiv erweisen. Wir, die ÖVP, wollen einen praktikablen Tierschutz, der von allen getragen wird. Nur so können wir das Tierwohl langfristig auf einem hohen Niveau absichern.

Zurück zur Lage in der Ukraine. Die Situation ist absolut nicht zufriedenstellend. Es gibt zu viele streunende Tiere, und hiefür soll auch eine Lösung gefunden werden. Allerdings: Die Regierung in der Ukraine ist auch willens, etwas zu tun, und ich habe vor knapp drei Stunden auch mit dem ukrainischen Botschafter Andrii Bereznyi telefoniert, der heute in Kiew mit diesem Hilfskonvoi unterwegs ist. Ja, sagt er, es ist einiges falsch gelaufen, aber wir bemühen uns, etwas zu verbessern. Und nächste Woche wird eine ukrainische Delegation nach Österreich kommen, um sich mit unseren Verhältnissen, was das Thema Tierschutz betrifft, vertraut zu machen. – Ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 64

erster Schritt, der sicherlich zu einer Verbesserung führen wird, und ein Beweis dafür, dass wir in Österreich Tierschutz ernst nehmen und Vorbilder für andere sein können.

Im Entschließungsantrag, meine geschätzten Damen und Herren, sprechen wir uns gegen Tierquälerei und Massentötungen aus, und ich bin überzeugt davon, dass wir da etwas Positives erreichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


12.07.46

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum einen bin ich einmal froh, dass wir hier heute mit diesem Antrag, nämlich alle gemeinsam, eines zeigen: dass uns Tierschutz allen gemeinsam wichtig ist und wir da nicht parteipolitisch sozu­sagen aufeinander herumhacken, weil das ein ganz wesentliches Element darstellt.

Wir können auf unseren österreichischen Tierschutz stolz sein, wobei auch dort immer wieder das eine oder andere sicherlich nachzujustieren und zu verbessern ist – keine Frage –, aber hier gibt es im Großen und Ganzen ein wirklich sehr, sehr gutes Tierschutzgesetz (Abg. Mag. Brunner: Es sollte nur eingehalten werden!) und auch ein wirklich gutes und humanes und richtiges Umgehen auch mit Lebewesen, nämlich mit Tieren.

Wir haben in der Ukraine eine Situation, die wirklich grausam ist, wobei ja vieles heute auch schon angesprochen wurde: nicht nur lebendiges Verbrennen von Hunden, sondern auch Vergasen von Hunden, Erschlagen, Vergiften bis dahin, dass Hunde sogar, wie wir vor Ort leider Gottes augenscheinlich auch erkennen und sehen mussten – denn wir haben auch Vertreter in die Ukraine entsandt, die auch aktuell vor Ort sind –, teilweise bei lebendigem Leib auch in Pressen gesteckt worden sind. Also das ist unfassbar grausam! Man kann sich das gar nicht vorstellen, wie grausam das abgeht, wo Zigtausende Hunde bereits ermordet worden sind. Es wurde zumindest jetzt ein entsprechendes Bewusstsein geschaffen, und ich danke daher allen Öster­reicherinnen und Österreichern, die auch von sich aus aktiv auf diesen unglaublichen Wahnsinn, auf diese Grausamkeiten aufmerksam gemacht haben, über Facebook auch die Sensibilisierung zustande gebracht haben.

Ich bin daher froh, dass der Generalsekretär der Freiheitlichen Partei und Abgeord­netenkollege Harald Vilimsky als Obmann der parlamentarischen Freundschaftsgruppe von Beginn an hier sofort konkret tätig geworden ist, indem wir sofort konkret mit dem Botschafter Kontakt aufgenommen haben, protestiert haben, um Gespräche ersucht haben, und der Botschafter der Ukraine sehr, sehr hilfreich war und, so muss ich sagen, auch das österreichische Außenamt jetzt sehr, sehr hilfreich war, damit wir diesen Hilfskonvoi, den auch der Generalsekretär Harald Vilimsky möglich gemacht hat, in die Ukraine entsenden konnten, wo jetzt über vier Tonnen Lebensmittel, medizinische Produkte, Hundedecken und anderes mehr vor Ort in Kiew übergeben werden und jetzt auch diesbezügliche Gespräche mit den Behörden stattfinden.

Die dortigen Behörden haben zum Glück – auch infolge der vielschichtigen Proteste – Sensibilisierung gezeigt und sind jetzt bereit, diesen Wahnsinn, diesen wirklich qualvollen Massenmord an Hunden abzustellen und entsprechende Tierschutzgesetze möglich zu machen; darüber wird ja verhandelt. Ebenso sollen Tierheime entstehen, und es soll Subventionen hiefür geben, um eben einen humanen Umgang mit diesen armen Geschöpfen sicherzustellen. Wir werden jedoch genau darauf achten müssen, dass das auch wirklich umgesetzt wird. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 65

Da das ja alles im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft stattfindet, muss man aber schon auch darauf hinweisen: Es gibt einen Brief von Michel Platini von der UEFA, einen Brief, den man nicht ganz außer Acht lassen kann, und in diesen Brief von Herrn Platini an die ukrainischen Behörden schrieb dieser explizit die Forderung hinein, dass in der Ukraine streunende Hunde zu entfernen sind. Platini hat zwar nicht gesagt, wie das zu erfolgen hat, aber er hat das den Ukrainern schon als eine sehr klare Vorgabe mit auf den Weg gegeben. So sollte man auch nicht vorgehen, und da muss man schon auch ein bisschen kritisch der UEFA gegenüber auftreten, die das schriftlich vorgegeben hat, auch wenn man den ukrainischen Behörden nicht aufgetragen hat, in welcher Art das mit den Hunden zu geschehen hat.

Jedenfalls ist dazu generell festzustellen: So, wie eine Gesellschaft mit Tieren im Allgemeinen umgeht, kann man den Charakter und die Moral einer Gesellschaft erkennen. Und auch in diesem Falle haben wir alle die Verpflichtung, rasch zu han­deln – und nicht herumzureden oder irgendwelche Schuldzuweisungen zu machen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

Ich bin jedenfalls froh darüber, dass wir hier in Österreich jetzt mit diesem Antrag ein gemeinsames Zeichen setzen. Zusätzlich aber soll, ja muss jeder einzelne Abgeord­nete konkrete Schritte setzen, weil das eben einfach notwendig ist. Diese konkreten Schritte haben wir insofern gesetzt, indem von unserer Seite ein humanitärer Transport Richtung Ukraine unterwegs ist, und zwar mit Lebens- und Futtermitteln für diese armen Geschöpfe. Gespräche und Verhandlungen in diesem Zusammenhang finden statt – und ich hoffe, dass die ukrainische Regierung, dass die ukrainischen Behörden unseren Forderungen nachkommen werden und ein Tierschutzgesetz geschaffen wird, durch das eine dem Tierschutz gerechte Behandlung dieser armen Geschöpfe auch in der Ukraine möglich sein wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


12.12.26

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, ich glaube, die Forderungen gegenüber der Ukraine bestehen zu Recht – darin sind wir uns alle einig –, ich bin aber auch der Meinung, dass man, wann immer man Forderungen an ein anderes Land stellt – egal, ob es um Klimaschutz oder um Tierschutz geht –, diese Standards auch im eigenen Land einhalten sollte.

Ja, wir haben ein sehr gutes Tierschutzgesetz, aber dieses sollte auch umgesetzt werden. Ich darf in diesem Zusammenhang schon auch darauf verweisen, dass es in Österreich in Bezug auf die Schweinehaltung sehr viele offene Punkte gibt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Das ist unrichtig!)

Zu den Ausführungen des Kollegen Eßl nur ganz kurz. Fragwürdige Mittel wurden in Österreich nicht von Tierschützerinnen und Tierschützern eingesetzt, sondern das war schon umgekehrt: von staatlicher Seite gegenüber den Tierschützerinnen und Tier­schützern. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dass die Situation in der Ukraine, was die Tötung von Hunden betrifft, untragbar ist, ist wohl allen klar, und dass das sozusagen im Vorfeld einer Fußball-Europameisterschaft passiert, ist wirklich ungeheuerlich. Natürlich geht es auch darum, dass das generell ein Problem ist, dass Menschen von diesen Hunden gebissen werden können, wenn man die Situation nicht im Griff hat und wenn nichts gegen dieses Problem unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 66

nommen wird – außer eben dass Hunde auf sehr, sehr grausame Weise getötet werden; Bilder darüber sind ja durch die Medien kursiert. Deswegen bin ich froh darüber, dass es diesen gemeinsamen Antrag gibt, dass es Initiativen dazu von Ministerien gibt, auch von NGOs sowie von vielen Menschen in Österreich. Ich glaube, das alles hat dazu beigetragen, dass dieses Thema nicht nur mediale Aufmerksamkeit erhält, sondern auch tatsächlich etwas geschieht. (Abg. Hornek: Sagen Sie etwas zu den Erbschleichern!)

Bereits im Jahre 2009 habe ich mich dazu in einem Brief an die ukrainische Botschaft in Wien gewandt; auch jetzt natürlich wieder. Der Herr Botschafter hat mir geantwortet, dass Maßnahmen gesetzt werden. Die ukrainische Delegation, die nächste Woche nach Österreich kommen wird, wird sich Tierschutzheime in Österreich anschauen. Weitere Maßnahmen: Seitens „Vier Pfoten“ wird in der Ukraine ein Kastrations­programm gestartet werden; Tierheime werden geschaffen werden, und zwar, wie mir versichert wurde, nach europäischen Standards. Ich hoffe also sehr, dass jetzt Bewe­gung in die Sache hineinkommt und endlich Verbesserungen erzielt werden.

Was man aber trotzdem sagen muss, ist, dass damit die Sache sozusagen noch nicht gegessen ist und es schon auch Kritik an der UEFA dahin gehend geben muss, wie die Durchführung solcher Veranstaltungen an welches Land vergeben wird. Welche Kriterien seitens der UEFA gibt es für die Vergabe solcher Veranstaltungen? Ich denke, es sollte doch schon im Vorfeld geklärt werden, welche Kriterien ein Land erfüllen muss, um die Austragung einer Veranstaltung, wie eben etwa eine Fußball-EM, zugesprochen zu erhalten.

Der Herr Sportminister ist zwar jetzt nicht mehr hier, ich sage es ihm aber trotzdem: Ich erwarte mir, dass in Zukunft klargestellt wird, und zwar schon im Vorfeld, wo was stattfinden soll. Es werden ja bald Olympische Winterspiele in Russland stattfinden, und dort, muss man sagen, gibt es doch ähnliche Probleme mit Hundetötungen, ja eigentlich genau die gleichen wie in der Ukraine.

Daher nochmals: Bereits im Vorfeld sollte klargestellt sein, welche Bedingungen ein Austragungsland zu erfüllen hat und unter welchen Bedingungen Österreich an solchen Spielen teilnimmt oder nicht. Spiele, in deren Vorfeld grausamste Tötungen stattfinden, sind keine Spiele; das hat nichts mit Fair Play zu tun. Fair Play sollte aber die Voraussetzung für jede Sportveranstaltung sein. (Abg. Rädler: Redezeit!)

Da wir hier jetzt einen Blick auf andere Länder werfen, möchte ich in diesem Zusam­menhang auch noch kurz auf das Thema Klimaschutz zu sprechen kommen, denn in diesem Zusammenhang zeigt ja gerade der österreichische Umweltminister sehr gerne mit dem Finger auf andere Länder, obwohl er dazu eigentlich überhaupt keine Berechtigung hat, denn ich empfinde es als eine absolute Ungeheuerlichkeit, dass ein österreichischer Umweltminister zwei Tage nach Beendigung der Klimaschutz­konferenz in Durban, bei der es um den Erhalt des weltweit einzigen Klimaabkommens gegangen ist, nämlich des Kyoto-Abkommens – Kanada hat ja skandalöserweise seinen Austritt aus dem Kyoto-Abkommen erklärt –, so agiert, wie er das eben getan hat. Ich finde, es ist eine absolute Ungeheuerlichkeit, dass einem österreichischen Umweltminister nichts anderes einfällt, als unsere eigenen Kyoto-Verpflichtungen in Frage zu stellen! Das ist doch mehr als ungeheuerlich!

Im Übrigen: Eine solche Diskussion zu eröffnen ist für den Klimaschutz eine Ka­tastrophe – und das ist eines österreichischen Umweltministers nicht würdig! Ich verlange hiermit den Rücktritt von Landwirtschaftsminister Berlakovich! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 67

Von Bundeskanzler Faymann erwarten wir, dass er seiner Verantwortung endlich gerecht wird und den Klimaschutz als Querschnittsmaterie in Österreich wieder in die richtige Richtung führt. Das ist das Einzige, das wir in Österreich jetzt noch machen können. (Beifall bei den Grünen.)

Im Übrigen bin ich der Meinung: Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte.

 


12.17.33

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da sowohl der Text dieses Ent­schließungs­antrages als auch die Initiative vom BZÖ ausgegangen sind und das schließlich zu einem Fünf-Parteien-Antrag geworden ist, darf ich mich bei allen Fraktionen herzlich dafür bedanken, dass sie mitgemacht haben. Und danken möchte ich auch all jenen, die dieses Thema hier ins Hohe Haus gebracht haben, natürlich auch dem Kollegen Vilimsky, der da sehr engagiert unterwegs war.

Bedanken möchte ich mich auch bei Ihnen, Herr Staatssekretär Dr. Waldner, denn das, was Sie dazu gesagt haben, ist ganz wichtig, nämlich dass dieses Problem offiziell seitens der Ukraine nicht nur eingestanden, sondern auch anerkannt wurde, was da in ihrem Land Schreckliches passiert ist, und nun offensichtlich erste Maßnahmen zur Beendigung dieses furchtbaren Abschlachtens von Hunden stattfinden.

Das ist auch deshalb wichtig, weil es leider auch in unserem Lande zumindest ein Medium gibt, nämlich die Tageszeitung „Presse“, das in einem unglaublichen Artikel, und zwar unter Vermischung zweier völlig verschiedener Sachverhalte, Zweifel darüber publiziert hat, ob es dieses Hunde-Morden in der Ukraine überhaupt gibt. Die „Presse“ schreibt heute dazu, man sei sozusagen reingefallen auf einen Schmäh der Boulevard-Presse. Sie hat diese Tatsache schrecklichen Tierleides noch dazu verglichen – und das ist wirklich mehr als verwerflich! – mit diesem Schmäh der angeblichen Gründung einer Sexschule in Wien. Es ist doch wirklich unglaublich, dass, wenn es um Tierleid geht, Journalisten solche Vergleiche ziehen! Das darf doch nicht wahr sein! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen.) Jedenfalls ein Dankeschön an Sie, Herr Staatssekretär Dr. Waldner, dass Sie die Situation in Bezug auf die Ukraine so klar artikuliert haben. Vielleicht kann diese Zeitung ihre Glosse richtigstellen.

Und: Es ist doch völlig egal, Herr Kollege von der ÖVP, woher diese Bilder kommen und ob sie alt oder neu sind: Tatsache ist, dass in der Ukraine Furchtbares geschieht, nämlich das Vergiften und Verbrennen von Hunden bei lebendigem Leib, dass diese Tiere qualvollst zu Tode kommen.

Deswegen haben wir vom BZÖ uns so engagiert. Wir danken aber auch den Internet-Initiativen in Facebook, so zum Beispiel der Initiative „Stop Killing Dogs – EURO 2012 in Ukraine“, die in wenigen Stunden Zigtausende Unterstützer sozusagen zusam­mengetrommelt hat und letztlich auch uns den Input für diese Initiative gegeben hat.

Man darf ja nicht übersehen: Wir hier in Österreich sind das allererste Parlament überhaupt, das eine solche einstimmige Initiative setzt. Ich sehe das ja eher als Protestnote diesen schrecklichen Vorkommnissen gegenüber in der Ukraine. Jedenfalls wird diese unsere Initiative in Bezug auf den Tierschutz als beispielhaft


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 68

betrachtet und nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten europäischen Raum von der Bevölkerung gutgeheißen.

Daher ist diese heutige Initiative auch so wichtig, denn ich bin wirklich davon über­zeugt, dass man kein Fußballfest – überhaupt kein Fest, aber auch kein Fußballfest – in einem Land feiern darf, in dem so etwas passiert, in dem solche grauslichen Geschichten vorkommen. So wie du mit den Tieren umgehst, so gehst du am Ende auch mit den Menschen und mit deinen Bekannten um. – So kann es ja nicht sein und so soll es auch nicht sein. Daher ist jedes Tier, jeder Hund, der durch diese Initiative gerettet werden kann, letztlich schützenswert, und das ist auch gut so.

Und es ist hier auch noch etwas schon gesagt worden: Wir dürfen mit dem heutigen Beschluss nicht aufhören – das ist auch ganz wichtig! –, indem wir sagen: So, wir haben heute etwas beschlossen; das geht in die Welt hinaus und dann war es das auch schon!, sondern ich würde Sie, Herr Staatssekretär, bitten, auch im Außenministerium weiterhin wachsam und tätig zu sein und diese heutige Initiative auch mitzunehmen und sie auch gegenüber den offiziellen ukrainischen Behörden und den Partnern, die Sie haben, zu artikulieren.

Vor allem müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass in der Sportpolitik etwas pas­siert – und ich hoffe, dass Sie das auch dem Sportminister ausrichten. Österreich war 2008 der letzte Veranstalter (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der EURO!) der Fußball-Europameisterschaft. Wir genießen aus der damaligen Zeit noch immer ein hohes Vertrauen und wir haben noch immer Funktionäre dort, auf UEFA-Ebene – Sportfunktionäre, politische Funktionäre und solche vom ÖFB, der maßgebliche Funktionäre entsendet. Auch dort müssen wir weiterhin Lobbying dafür betreiben, dass dieses Hundemorden nicht weitergeht.

Letztlich müssen wir auch bei den Sponsoren damit weitermachen, denn das kann es ja auch nicht sein. Es ist skurril, dass gerade eine bekannte Fast-Food-Kette als Hauptsponsor dieser Europameisterschaft auftritt und sich jetzt den Vorwurf gefallen lassen muss, dass sie dabei zusieht, dass letztlich Tiere abgeschlachtet werden. Ich glaube, das tut man dort nicht. Es gibt da auch schon ein großes Problembewusstsein bei den Sponsoren.

Noch einmal: Die heutige Initiative ist wichtig, sie ist richtig und mit ihr wird auch ein Signal in der Welt gesetzt, dass es ein Parlament gibt, das nicht nur, wie der Kollege von der SPÖ gesagt hat, menschenfreundlich ist und natürlich als oberste Priorität das Wohl von Kindern und Menschen hat, das aber auch nicht wegschaut, wenn es um das Leid von Tieren geht, sondern diesbezüglich eine Maßnahme setzt. – Herzlichen Dank für diese Maßnahme. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag 1774/A(E) betreffend Massentötungen von Hunden in der Ukraine.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 220.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll139. Sitzung / Seite 69

12.22.32Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 1806/A eingebracht wurde.

Ferner sind die Anfragen 10139/J bis 10173/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 18. Jänner 2012, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Weg einberufen.

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen allen, Ihren Angehörigen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses besinnliche Stunden zu den Festtagen wünschen und alles erdenklich Gute in der gemeinsamen Arbeit für die Menschen in unserer Heimat! (Allgemeiner Beifall.)

Die Sitzung ist geschlossen.

12.23.19Schluss der Sitzung: 12.23 Uhr

 

 

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien