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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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144. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 29. Februar 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

144. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode          Mittwoch, 29. Februar 2012

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 29. Februar 2012: 9.07 – 23.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 1780/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Durch­führung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG) erlassen und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsver­fahrensge­set­zen 2008, das Bundesministeriengesetz 1986, das Strafgesetzbuch, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volks­befra­gungs­gesetz 1989, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenz­gesetz geändert werden (EBIG-Einführungsgesetz)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1795/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 und das Markt­ordnungs-Überleitungsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1793/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend zwingende Fruchtbarkeitstests von männlichen Zuchttieren vor Verkauf

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1810/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA und Auflösung der Agrar­markt Austria Marketing GesmbH „AMA-Marketing“

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1617/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Aussetzen der Stilllegungsprämie/Brachlandförderung

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeiko­opera­tionsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (SPG-Novelle 2011)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den Antrag 1812/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Abhaltung eines Gipfels zum Thema „Wie weit dürfen Bürgerrechte noch aufgeweicht werden?“

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammen­arbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten

11. Punkt: Bericht über den Antrag 1809/A der Abgeordneten Günter Kößl, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986 – ZDG) geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

13. Punkt: Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien und Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 1. Oktober 1997 in Ljubljana unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 26. September 2006 in Ljubljana unterzeichneten Protokolls

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) erlassen wird sowie das Familienlasten­ausgleichsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­ver­siche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenver­siche­rungs­gesetz und das Gebührengesetz geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Förderung der Freiwilligkeit

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 663/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1811/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

19. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeiternehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, geändert wird (1779/A)

20. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (196 BAZ 1131/11x) um Zu­stimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 26

Ordnungsruf ................................................................................................................. 243


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1826/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umgestaltung des Parteiengesetzes zur Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen – Ablehnung       51, 280

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 9937/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 51

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 182

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 182

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 184

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 185

Anna Franz .............................................................................................................. ... 186

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 186

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 188

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 189

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 1674 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 51

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 52

Wortmeldungen in Bezug auf einen zu Tagesordnungspunkt 1 eingebrachten Abänderungsantrag:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 77

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 77

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 146

Wortmeldungen im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Dr. Christoph Matznetter verwendeten Begriff „Endlösung“:

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 228

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 228

Wortmeldungen aufgrund eines von Abgeordnetem Gerald Grosz getätigten Zwischenrufes:

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 230

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 230

Wortmeldungen betreffend den in Aussicht genommenen Zeitplan für die Ver­abschiedung des Sparpaketes:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 233

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 234

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 234

Aktuelle Stunde (38.)

Thema: „Investitionen in Verkehrsinfrastruktur: verantwortungsvoll sparen, klug investieren, Wachstum ermöglichen!“ ............................................................................................ 26

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ................................................................................................................. 26

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................  29, 46


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 4

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 32

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 33

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ..... 34

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 36

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 37

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ..... 39

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 40

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 42

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 43

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 45

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  49, 275

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Genug gezahlt – ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“ (1839/A)(E) ................................................................................................... 135

Begründung: Josef Bucher ......................................................................................... 138

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................. 142

Debatte:

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 149

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 152

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 154

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 155

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 157

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 158

Herbert Scheibner .............................................................................................  161, 174

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 163

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 165

Mathias Venier ............................................................................................................ 166

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 169

Martina Schenk ........................................................................................................... 170

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 172

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 174

Ing. Christian Höbart .............................................................................................. ... 176

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 177

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 179

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 180

Josef Jury ................................................................................................................ ... 181

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Entlastung der Autofahrer – Ableh­nung ..........................  168, 182

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 1839/A(E) ............................ 182


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1780/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürger­initiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG) erlassen und das Einfüh­rungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Bundesminis­terien­gesetz 1986, das Strafgesetzbuch, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Volksbegeh­ren­gesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungs­ge­setz 1989, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (EBIG-Einführungsgesetz) (1666 d.B.) ..................................................................................... 52

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 52

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ..... 55

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 55

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ..... 57

Gerald Grosz (tatsächliche Berichtigung) .................................................................... 58

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 58

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 62

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .................................................... ..... 66

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 67

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ..... 68

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 69

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 71

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 73

Franz Hörl ................................................................................................................ ..... 74

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 78

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 79

Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 81

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ..... 82

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ..... 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – Ablehnung ........................  64, 90

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 89

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1666 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für Europäische Bürgerinitiativen (E 231) .........              90

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1795/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird (1669 d.B.) .............................................................................................................. 84

3. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geän­dert wird (1670 d.B.) .................... 84

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 84

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ..... 85


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 6

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 86

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ..... 86

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 88

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1669 und 1670 d.B. ....................................... 89

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regie­rungsvorlage (1616 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungs­ge­setz 2007 und das Marktordnungs-Überleitungsgesetz geändert werden (1654 d.B.) ......................................................................................................... 90

Redner/Rednerinnen:

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 90

Franz Eßl .................................................................................................................. ..... 91

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 92

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................ ..... 93

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 94

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 95

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ..... 96

Walter Schopf .......................................................................................................... ..... 99

Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 99

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 100

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 101

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1793/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend zwingende Fruchtbarkeitstests von männlichen Zuchttieren vor Verkauf (1655 d.B.) .......................................................... 101

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1810/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA und Auflösung der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH „AMA-Marketing“ (1656 d.B.) ................... 101

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1617/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen der Stilllegungsprämie/Brachlandförderung (1569 d.B.) .................................................... 101

Redner/Rednerinnen:

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 102

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 103

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 104

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 105

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 106

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 108

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 109

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 111

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) ............................... 112

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 112

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 115

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 115

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 116

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 117


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 7

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA – Ablehnung ................................................................  114, 118

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1655, 1656 und 1569 d.B. .................... 118

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1520 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptions­bekämp­fung geändert werden (SPG-Novelle 2011) (1657 d.B.) .............................................. 119

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1812/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung eines Gipfels zum Thema „Wie weit dürfen Bürgerrechte noch aufgeweicht werden?“ (1660 d.B.) ................................................ 119

Redner/Rednerinnen:

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ... 119

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 121

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 124

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 129

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 131

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 133

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .................................................... ... 134

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 190

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 191

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 194

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 195

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 196

Rudolf Plessl ........................................................................................................... ... 198

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 199

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 199

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 200

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 201

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 202

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einführung einer Verdeckten Verteidigung – Ableh­nung .....................................  127, 204

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ACTA-Neuverhandlungen – Ablehnung ...............................................................  193, 204

Annahme des Gesetzentwurfes in 1657 d.B. .............................................................. 204

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1660 d.B. ................................................... 204

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1388 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (1658 d.B.) .................................................................................................................... 204

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 205

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 206


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 8

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 207

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 208

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 209

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner .................................................... ... 211

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 211

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 212

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 213

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 214

Genehmigung des Staatsvertrages in 1658 d.B. ......................................................... 214

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1658 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (PCSC) (E 232) ............................................................................................................ 215

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1809/A der Abgeordneten Günter Kößl, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986 – ZDG) geändert wird (1659 d.B.) .......... 215

Redner/Rednerinnen:

Johann Singer ......................................................................................................... ... 215

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 216

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 217

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 217

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 218

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 219

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 220

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1648 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (1667 d.B.) ....................................................... 220

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ................................................................................................ ... 220

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 223

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 225

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 226

Bernhard Themessl ................................................................................................... 229

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 231

Stefan Petzner ......................................................................................................... ... 235

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 237

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 238

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 240

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 241

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 243

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 244

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Bankenkonkursordnung – Ablehnung ..................................................................  222, 245

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 244

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1568 d.B.): Protokoll zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 9

Zusatzprotokoll zur Abänderung des am 1. Oktober 1997 in Ljubljana unter­zeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 26. September 2006 in Ljubljana unterzeichneten Protokolls (1668 d.B.) ........................................................................ 245

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 245

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 247

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 247

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 248

Genehmigung des Staatsvertrages in 1668 d.B. ......................................................... 248

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1634 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Fö­rderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Gebühren­gesetz geändert werden (1661 d.B.)                         248

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Förderung der Freiwilligkeit (1662 d.B.)                          249

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 249

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 250

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 251

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 252

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 253

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 256

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 257

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 258

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 259

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 260

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe bis 25 nach Absolvierung eines Freiwilligenjahres – Ablehnung            255, 261

Annahme des Gesetzentwurfes in 1661 d.B. .............................................................. 261

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1662 d.B. ................................................... 261

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1633 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (1663 d.B.) ........... 261

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 663/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (1664 d.B.) .................................................................................................................... 261


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 262

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 263

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 263

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 264

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 264

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 266

Annahme des Gesetzentwurfes in 1663 d.B. .............................................................. 267

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1664 d.B. ................................................... 267

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1811/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1665 d.B.) ......... 268

Redner/Rednerinnen:

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 268

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 268

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 269

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 269

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 269

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 269

19. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe, über die Änderung des Arbeiterneh­merInnen­schutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffge­setz – MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, geändert wird (1779/A) ............................................................................ 270

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 270

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 271

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 272

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 272

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 273

Zuweisung des Antrages 1779/A an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie ...... 275

20. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (196 BAZ 1131/11x) um Zustimmung zur behördlichen Verfol­gung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................................... 275

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................... 275

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 276

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 276

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 277

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 278

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 280

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 49

Petition betreffend „Reiche müssen zahlen“ (Ordnungsnummer 156) (überreicht vom Abgeordneten Erwin Preiner)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 11

Petition betreffend „Keine Agrotreibstoffbeimengung ohne ausreichende soziale und ökologische Mindeststandards“ (Ordnungsnummer 157) (überreicht von den Abgeordneten Petra Bayr und Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 49

1675: Grundbuchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012

1676: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird

1677: Bundesgesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungs­ge­setz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 49

Vorlage 87 BA: Monatserfolg Jänner 2012; BM f. Finanzen

III-307: Bericht betreffend EU- 2012 zum jährlichen Arbeitsprogramm der Kom­mission beziehungsweise des Rates; BM f. Finanzen

III-308: Bericht über eine betreiberunabhängige Spielerkarte aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 16. Juni 2010, E 103-NR/XXIV. GP; BM f. Finanzen

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 50

Aufnahme der Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Zusammen­arbeit im Bereich Zeugenschutz

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genug gezahlt – ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“ (1839/A)(E)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundessportför­derungs­gesetz 2012 (1840/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Subventionsstopp gegenüber dem Architekturzentrum Wien (1841/A)(E)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausweitung des Personen­kreises der Entschädigungsberechtigten offensichtlich Thalidomid-/Contergan­geschä­digten auf Personen, die vor dem Jahr 1956 geboren wurden (1842/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Doppelgleisigkeiten im Rah­men der Steuerfahndung (1843/A)(E)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Goldpolitik der Oesterreichischen Nationalbank (1844/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend nicht vollständig durch­geführte Verkehrswertermittlungen von Grundstücken der Österreichischen Post AG (1845/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die unverzügliche Verkleinerung der Bundesregierung (1846/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesein­heitlichen Jugendschutz (1847/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 12

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe bis 25 nach Absolvierung eines Freiwilligenjahres (1848/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsequente Verhand­lungs­position zum internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty) (1849/A)(E)

Dieter Brosz, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Fernmeldegebührenordnung geändert wird (1850/A)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aberkennung von Ehrenzeichen (1851/A)(E)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der Zukunfts­vorsorgeförderung in ihrer derzeitigen Höhe (1852/A)(E)

Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des abgestuften Bevöl­kerungsschlüssels (1853/A)(E)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der staat­lichen Bausparprämie in derzeitiger Höhe (1854/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klage aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes durch Milliardensubventionen der Atomindustrie (1855/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Ausbau der direkten Demokratie in Österreich (1856/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer euro­päischen Ratingagentur (1857/A)(E)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung des verlängerten Dienstplans (1858/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über Preise und Sachgüter und Leistungen getroffen werden (Preisgesetz 1992), BGBl. Nr. 145/1992, geändert wird (1859/A)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studiengebühren – Klarheit für die Studierenden und Universitäten (1860/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen ein Atommüllrestlager in Jaslovske Bohunice (1861/A)(E)

Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend gewaltsame Konflikte in Nigeria (1862/A)(E)

Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Menschenrechtslage im Iran (1863/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10722/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10723/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 13

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Durchsetzung österreichischer Inter­essen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundes­regierung (10724/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10725/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10726/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10727/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10728/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10729/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10730/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Durchsetzung öster­reichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der öster­reichischen Bundesregierung (10731/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf euro­päischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10732/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10733/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf europäischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10734/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Durchsetzung österreichischer Interessen auf euro­päischer Ebene durch die Mitglieder der österreichischen Bundesregierung (10735/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend weitere Ausgliederung von Beamten und Vertragsbediensteten aus dem BMLFUW in die AMA (10736/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 14

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Reform der Bezirksgerichte (10737/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Überstunden von Lehrern (10738/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Orden und Ehrenzeichen der Republik Österreich, die Beschlüsse des Ministerrats und die Verleihung durch den Bundespräsidenten beziehungsweise dessen Verweigerung (10739/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verdacht von Unregelmäßigkeiten und Betrug bei Anwendung des Zollverfahrens 42xx (10740/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderungen, Subventionen, Inserate, Partnerschaften et cetera zwischen dem Landwirtschaftsministerium und dem ÖVP-Bauernbund beziehungsweise dem Forum Land (10741/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend nicht ordnungsgemäße Beantwortung von Parlamentarischen Anfragen in der Causa „Kampusch“ (10742/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Nichtbeantwortung der Anfrage 10071/J (10743/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Milliarden für Banken und marode EU-Länder, aber keine 5,5 Millionen Euro für die Gesundheitsversorgung der Tirolerinnen und Tiroler (10744/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Untätigkeit des Innenministeriums gegen Asyl-Hetzkampagne von Strache (10745/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten bei selbständigen PersonenbetreuerInnen (10746/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen – Maßnahmen des BMUKK (10747/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend GAP – Fragebogen des Vorsitzes des Rates Landwirtschaft und Fischerei (10748/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Inserate des Landwirtschaftsminister 1 (10749/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die versprochenen Hilfsgelder für Somalia (10750/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Gründung von Religionsgesellschaften in Österreich durch PKK-nahe Vereine (10751/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 15

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gründung von Religionsgesellschaften in Österreich durch PKK-nahe Vereine (10752/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die mögliche Abschaffung des Gütesiegels „Made in Austria“ (10753/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Orden und Ehrenzeichen in den Ministerratssitzungen Zeitraum 6. Dezember 2011 bis 24. Jänner 2012 (10754/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Stellenmodell II JA Wien-Josefstadt und Bewertung der dem Zentralen Überstellungsdienst zugeordneten Arbeitsplätze (10755/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bewertung der dem Zentralen Überstellungsdienst zugeordneten Arbeitsplätze (10756/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bestechung von Kunden durch die Rail Cargo Austria (10757/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend U-Bahnbeitrag Bund (10758/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Impfschadensgesetz – Fälle 2011“ (10759/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Prüfpraxis durch Sozialversiche­rungs­träger (Transport, Gewerbe und Bau) – Ergebnisse“ (10760/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Verletzte PolizistInnen: Erledigung von Strafanzeigen bei Gericht“ (10761/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Auskünfte über Bankkonten und Bankgeschäfte 2011“ (10762/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Treibstoffdiebstahl und Treibstoffsteuerbetrug 2010 und 2011“ (10763/J)

Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schneeräumung gemäß § 93 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. 1960/159 idF BGBl. I 2011/59 (10764/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend subventioniertes Porno schauen (10765/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sachverhaltsdarstellung Zahlungsstabilisierungsgesetz (10766/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 16

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Patientenverfügung (10767/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend angebliche Falschaussagen der WHO zur Vogelgrippe (10768/J)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Rechtssituation hinsichtlich eines möglichen Verbotes von Minaretten (10769/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend fehlerhafte Beantwortung der Anfrage 9966/J (10770/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die antisemitische „Antiimperialistische Koalition“ und deren Publikation „Intifada“ (10771/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend regelmäßige Aufmärsche salafistisch-jihadistischer Hassprediger in Österreich (10772/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Betätigung der Rosa Luxemburg Stiftung beziehungsweise der neokommunistischen Partei Die LINKE/PDS aus der BRD in Österreich (10773/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Betätigung der Rosa Luxemburg Stiftung beziehungsweise der neokommunistischen Partei Die LINKE/PDS aus der BRD in Österreich (10774/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Betätigung der Rosa Luxemburg Stiftung beziehungsweise der neokommunistischen Partei Die LINKE/PDS aus der BRD in Österreich (10775/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Betätigung der Rosa Luxemburg Stiftung bezie­hungsweise der neokommunistischen Partei Die LINKE/PDS aus der BRD in Österreich (10776/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend die Betätigung der Rosa Luxemburg Stiftung beziehungsweise der neokommunistischen Partei Die LINKE/PDS aus der BRD in Österreich (10777/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Ermittlungen der BWB gegen Mag. St. (10778/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Gemeinnützige Bauvereinigungen als Rettungsschirm für rot-schwarze Funktionäre (10779/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Einkünfte des GBV (10780/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Förderung des Projekts „1 m² Staat.“ (10781/J)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die räumliche Situierung des Bezirksgerichtes Innsbruck (10782/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10783/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 17

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen (10784/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Causa Ranovsky – Missstände in der Justiz (10785/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs (10786/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungskrimi WKR-Ball (10787/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10788/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend steuerfreie Renten und Ruhegehälter für Mitarbeiter des Europäischen Patentamtes (10789/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Auslaufen der Förderung für das Bernhard-Archiv (10790/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Auslaufen der Förderung für das Bernhard-Archiv (10791/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend nicht umgesetzte Empfehlungen (10792/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10793/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10794/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend ausländische Verkehrssünder (10795/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Glasfaserinfrastruktur (10796/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Gelder für das Wörthersee-Stadion (10797/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die direkte Abfrage von Halterdaten von ausländischen Verkehrssündern (10798/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – EuGH-Urteil gegen Österreich (10799/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Mehrwertsteuerbegünstigung für Pferde – EuGH-Urteil gegen Österreich (10800/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend EU-Schildbürgerstreich „Nadelstichverordnung“ (10801/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 18

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend EU-Schildbürgerstreich „Nadelstichverordnung“ (10802/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Subventionierung von Privatschulen (10803/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schulschikurse (10804/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schulschikurse (10805/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die polizeilichen Ermittlungen nach dem brutalen Angriff auf Bundesrat a. D. Albrecht Konecny nach der Demonstration gegen den Ball des WKR (10806/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Taxifrei­fahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10807/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regie­rungs­büros (10808/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10809/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10810/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10811/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10812/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10813/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10814/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10815/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10816/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungs­büros (10817/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10818/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 19

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Taxifreifahrten für Mitarbeiter der Regierungsbüros (10819/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend internationale Kalifats-Konferenz der Hizb ut-Tahrir in Vösendorf bei Wien (10820/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Ausgaben für Asylberechtigte (10821/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend weniger Obduktionen (10822/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylstatistik des BMI (10823/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Sicherung von Containern im Zuge der Beförderung auf Kraftfahrzeugen (10824/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10825/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Antibiotikareste in Geflügel (10826/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Rücklagen im Heeresbudget und deren Verwendung (10827/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Entwicklungszusammenarbeit (EZA) und Rücknahme von Asylwerbern (10828/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sachverhaltsdarstellung WKR-Ball (10829/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Geldgeschenke (10830/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10831/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10832/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10833/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10834/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 20

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10835/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10836/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10837/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10838/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10839/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10840/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10841/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwen­dungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10842/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10843/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Inseratenschaltungen und finanzielle Zuwendungen an den Verein „SOS Mitmensch“ (10844/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10845/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10846/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10847/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10848/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10849/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10850/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 21

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10851/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Ermittlungen gegen Beamte wegen pädophiler Delikte (10852/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union (10853/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union (10854/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union (10855/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Einschätzungsverordnung 2010 (10856/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend unverständliche Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem strafrechtlich relevanten Verhalten des Bürgermeisters von Windischgarsten (10857/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kontrolle von Verkehrsteilnehmern auf Drogenkonsum beziehungsweise Alkoholisierung (10858/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Unabhängige Heilmittelkommission (UHK) – mangelnde Effizienz und Rechtssicherheit? (10859/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Geldsegen für Süchtige (10860/J)

Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend aktuell geplante Änderung bei der Universaldienst­verord­nung (10861/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „seltene Krankheiten“ (10862/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend EU-Arbeitszeitrichtlinie (10863/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „FOKUS Heute“ – Inserat des BMUKK in „Heute“ am 28. Februar 2012 (10864/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylwerber als Dealer (10865/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Messfehler bei Geschwindigkeitskontrollen (10866/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 22

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes (10867/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend teure Anzeigenflut (10868/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend bedenkliche Äußerung des SPÖ-Gemeinderates Martin Donhauser auf „facebook“ (10869/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend § 21 (2) MRG – Grundsteuer (10870/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10871/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10872/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesminis­terien (10873/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10874/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10875/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10876/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10877/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesminis­terien (10878/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10879/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10880/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundes­ministerien (10881/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10882/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 23

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Druckschriftenabonnements in den Bundesministerien (10883/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Tirol (10884/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Salzburg (10885/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Wien (10886/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Burgenland (10887/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Steiermark (10888/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Kärnten (10889/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Niederösterreich (10890/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Oberösterreich (10891/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Liegenschaftsverkäufe der Österreichischen Bundesforste im Bundesland Vorarlberg (10892/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Entscheidung für Strommasten in Seiersberg (Bezirk Graz-Umgebung) (10893/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Schüler in der Schuldenfalle (10894/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Entscheidungsbefugnis für Gestaltung von Briefmarkensonderanfertigung (10895/J)

Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Bezirksgericht Tamsweg (10896/J)

*****

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend nicht ordnungsgemäße Beantwortung von parlamentarischen Anfragen (75/JPR)


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Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10076/AB zu 10213/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier Kolleginnen und Kollegen (10077/AB zu 10215/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (10078/AB zu 10219/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (10079/AB zu 10222/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10080/AB zu 10237/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10081/AB zu 10238/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10082/AB zu 10228/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10083/AB zu 10235/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (10084/AB zu 10227/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger Kolleginnen und Kollegen (10085/AB zu 10229/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10086/AB zu 10232/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10087/AB zu 10233/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10088/AB zu 10236/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10089/AB zu 10230/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10090/AB zu 10231/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (10091/AB zu 10239/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (10092/AB zu 10360/J)


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des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (10093/AB zu 10381/J)

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der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (Zu 69/ABPR zu 70/JPR


 


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09.07.10Beginn der Sitzung: 9.07 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich eröffne die 144. Sitzung.

Das Amtliche Protokoll der 143. Sitzung vom 23. Februar 2012 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Krainer, Mag. Donnerbauer, Gahr, Wöginger, Jannach, Kickl, Mag. Brunner, Dr. Grünewald und Mag. Jarmer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek wird durch die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter vertreten.

Ich gebe bekannt, dass der ORF die Aktuelle Stunde von nun weg bis voraussichtlich 10.20 Uhr auf ORF 2 live übertragen wird. ORF III wird die gesamte Sitzung live übertragen.

09.08.16Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Investitionen in Verkehrsinfrastruktur: verantwortungsvoll sparen, klug investieren, Wachstum ermöglichen!“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Heinzl. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.08.33

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Schönen Vormittag, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! In Spanien sind 48 Prozent aller Jugend­lichen ohne Job, in Griechenland sind es 47 Prozent, und in kaum einem EU-Land liegt die Jugendarbeitslosigkeit unter 20 Prozent. Ich meine, dank der gezielten Maßnah­men der Bundesregierung hat Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Es gibt sogar eine Ausbildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr. Aber auch bei den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern liegt Österreich mit der Zahl der Beschäftigten im internationalen Spitzenfeld.

Dass Österreich, sehr geehrte Damen und Herren, im Vergleich zu den anderen Ländern die Krise gut überstanden hat, liegt im Wesentlichen, wie ich meine, am


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konsequenten und zielgerichteten Handeln unserer Bundesregierung. Und während anderswo gesellschaftliche Konflikte – oft auch blutig – auf der Straße ausgetragen werden, ist Österreich auch in schwierigen Zeiten ein stabiles und sicheres Land. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit gezielten Investitionen in die Infrastruktur, in thermische Sanierung, erneuerbare Energiequellen, Bildung und Forschung hat die Bundesregierung erfolgreich Wachs­tums­impulse für die heimische Wirtschaft gesetzt. Wir haben in Arbeit und nicht in Arbeitslose investiert, und jeder Euro, den wir investiert haben, war damit doppelt wertvoll: Der Staat hat Millionen an Sozialausgaben gespart, und jedem Einzelnen der im Erwerbsleben Gebliebenen sind die unangenehmen finanziellen und psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit erspart geblieben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hunderte Kilometer des österreichischen Schienennetzes stammen noch aus der Kaiserzeit. Dass diese nicht mehr den Anforderungen eines modernen, schnellen und bequemen öffentlichen Verkehrs entsprechen, ist, glaube ich, jedem von uns klar.

Österreichs Schiene muss einfach modernisiert werden, darum läuft gegenwärtig das größte Infrastrukturausbauprogramm der Geschichte der Zweiten Republik. Dabei gibt es eine klare politische Zielsetzung, und diese heißt: Ausbau der Schiene vor dem Ausbau der Straße. Das ist ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr – dieses findet sich auch im Budget. Von 2012 bis 2016 fließen rund 10 Milliarden €, das sind zirka zwei Drittel der Gesamtinvestitionssumme des Bundesministeriums für Verkehr, in die Investitionen, in den Ausbau der Schiene.

Aber auch in Richtung des Umweltschutzes wird damit ein wichtiges – wie ich meine, sehr wichtiges – Signal gesetzt: In ganz Österreich werden durch die Verlagerung des Verkehrs 5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, herzlichen Dank für dein Protestschreiben an den EU-Verkehrskommissar Kallas. Die europäische Frächterlobby hat ja aufgrund der erhöhten Benzinpreise gefordert, dass die EU eine grenzüberschreitende Verkehrs­erlaubnis für die Gigaliner, für die Monster-Lkws gibt – Sie wissen: 25 Meter lang, 60 Tonnen schwer –, und unsere Frau Bundesministerin hat bei der EU dagegen pro­testiert. Vielen herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Das wäre nämlich genau der verkehrte Schritt, nämlich die Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße.

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich auch eines klar feststellen: Der massive Ausbau der Schieneninfrastruktur in Österreich war schon lange überfällig. Wie ich schon gesagt habe, stammen 70 Prozent des Schienennetzes noch aus der Zeit der Monarchie. Und nur zum Vergleich: Das ist so, als hätten wir anstatt unserer Autobahnen heute noch bessere Feldwege.

Die Schiene ist – und darin sind wir uns, glaube ich, alle einig – das Rückgrat für ein leistungsfähiges, wirtschaftliches und umweltfreundliches Verkehrssystem. Der Ausbau der Schiene ist auch die Mobilitätsgarantie für die Bevölkerung und die Wirtschaft in Zeiten ständig steigender Benzinpreise.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir an den Ausbau der Schiene denken, denken wir auch an die großen, milliardenschweren Projekte, wie den Ausbau der Südbahn mit dem Semmering-Basistunnel, die Koralmbahn und die Brennerstrecke. Obwohl diese Projekte sehr spektakulär sind, wäre es falsch, den Ausbau der Schiene in Österreich auf diese drei Megabauten zu reduzieren. Im ganzen Land, von Vorarlberg bis in das Burgenland, wurden und werden zurzeit Dutzende Bahnhöfe modernisiert. Einen Lift in einen Bahnhof einzubauen, das mag zwar nicht so spek-


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takulär sein wie ein milliardenschweres Großprojekt, aber damit wird zum Beispiel Müttern mit Kinderwagen, älteren und behinderten Menschen das Leben erleichtert. Und ich meine, es sind gerade diese kleinen Investitionen, die einen großen Beitrag zur Stützung der örtlichen Wirtschaft leisten, da mit den regionalen Firmen kooperiert wird.

Aber auch insgesamt betrachtet stellen die Investitionen in die Infrastruktur einen Gewinn für unser Land dar. Die Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und WIFO haben errechnet, dass für jeden investierten Euro 2,1 € im Rahmen der Umwegrentabilität an den Staat zurückfließen. Außerdem werden durch die Ausbauprojekte 40 000 Arbeits­plätze dauerhaft gesichert beziehungsweise neu geschaffen. In einer 30-jährigen Betriebsphase werden nach dem gegenwärtigen Rahmenplan dann 48 500 neue dauer­hafte Arbeitsplätze geschaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Investitionen in Österreichs Infrastruktur bringen sicherlich für das Land positive Impulse, trotzdem gilt es, angesichts begrenzter Budgetmittel auch im Verkehrsbereich die vorhandenen Euro gezielt auszugeben. Klug investieren, verantwortungsvoll sparen ist daher die oberste Maxime bei der laufenden Budgetkonsolidierung. Bis zum Jahr 2016 wird das Bundesministerium für Verkehr daher 1 Milliarde € einsparen. Die Investitionen für die Jahre 2012 bis 2016 werden von – wie bisher geplant – 10,8 Milliarden € auf 9,8 Milliarden € reduziert. Die Ein­sparun­gen in den Jahren 2012 bis 2016 kommen zu drei Vierteln von den Groß­projekten Brenner-Basistunnel, Koralmbahn und Semmering-Basistunnel, und ein Viertel des Sparvolumens wird über die Verschiebung und Redimensionierung anderer Projekte realisiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Allein durch die Optimierung der Baumaßnahmen auf der Südbahn ergibt sich ein Einsparungspotenzial von rund 300 Millionen €. Aus verkehrspolitischer Sicht ist es auch sinnvoll, dass die Koralmbahn und der Semmering-Basistunnel zeitgleich, also 2023/2024 in Betrieb gehen.

Der zweitgrößte Brocken, mit 450 Millionen € an Einsparungen, ist der Brenner-Basistunnel. Österreich bekennt sich weiterhin zum Bau des Tunnels, aber auch unsere Partner in der EU, und da insbesondere Italien, müssen ihren Beitrag leisten. Und der neue Zeitplan gibt uns Gelegenheit, die Finanzierung mit unserem Partner längerfristig abzuklären.

Zudem trägt der Stopp der vom Unternehmen verordneten vorzeitigen Pensionie­rungen bei den ÖBB maßgeblich zur Konsolidierung bei. Im Bereich des Verkehrs­ministeriums werden das 525 Millionen € an Einsparungen bis 2016 sein.

Noch mehr zu sparen hätte bedeutet, den langfristig angelegten Ausbau der umwelt­freundlichen Schiene ganz in Frage zu stellen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist auch wichtig, festzustellen: Es gibt durch die Einsparungen keine Abstriche bei der Qualität des Bestandnetzes, des Kundennetzes und natürlich auch nicht des Schienennetzes. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Schlusssatz, Frau Präsidentin: Frau Bundesministerin Bures hat ein Konsolidierungs­paket geschnürt, das verantwortungsvoll und zukunftsorientiert ist, und ich möchte ihr dafür herzlichst danken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Bures zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 



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9.19.09

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Prä­sidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! (Abgeordnete des BZÖ entrollen ein Transparent.) Ich bedanke mich dafür, dass wir über ein solch wichtiges Thema, nämlich den Ausbau der Infrastruktur in Österreich, heute zu Beginn dieser Sitzung des Nationalrates diskutieren können. Es ist ein Thema, das eigentlich jeden Menschen in unserem Land betrifft, ob jung oder alt, ob in der Stadt oder auf dem Land.

Es ist daher ganz wichtig, dass wir uns ansehen, was wir in Österreich tun können, um die Wirtschaft in Schwung zu halten und eine moderne Infrastruktur aufzubauen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, eine Sekunde! Die Kollegen des BZÖ darf ich bitte ersuchen, das Transparent wieder einzurollen. (Das Transparent wird wieder eingerollt.)

Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures (fortset­zend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen ja sehr viel darüber, wie sich der Verkehr in Zukunft entwickeln wird. Es gibt unzählige Untersuchungen, Verkehrsprognosen, die im Bereich des Verkehrs, der Mobilität der Menschen, aber auch des Güterverkehrs bis zum Jahr 2020 – und das ist bald – von einer Steigerung von 25 Prozent ausgehen, das heißt ein Viertel mehr an Verkehr.

Es gibt wie so oft im Leben zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Die erste Möglich­keit ist eine Vogel-Strauß-Politik, den Kopf in den Sand stecken und sich denken, es wird schon irgendwie funktionieren, und die zweite ist, der großen Herausforderung, nämlich dem Drang nach Mobilität auch mit allen negativen Begleiterscheinungen nachzukommen und klug in die Infrastruktur unseres Landes und somit in die Zukunft zu investieren.

Ich möchte Willy Brandt zitieren. Willy Brandt hat gesagt: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.“ Und ich glaube, das ist die Aufgabe, die wir haben: Wir müssen die Zukunft für unsere Kinder so gestalten, dass sie eine hohe Lebensqualität haben und trotz des Wunsches nach größtmöglicher Mobilität auch noch Luft zum Atmen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Die österreichische Bundesregierung hat die Aufgabe, sich einen Spielraum zu erhalten, sehr ernst genommen und hat daher ein ambitioniertes Konsolidierungs- und Stabilitätspaket geschnürt. Auch in meinem Ressort, im Verkehrsressort haben wir jeden Euro zehnmal umgedreht und geschaut, wo Investitionen auch tatsächlich Sinn machen und wo wir Einsparungspotenziale nützen können. Das Ergebnis habe ich präsentiert. Wir werden im Bereich des Ausbaus der Schiene bis zum Jahr 2016 eine Milliarde Euro einsparen. Wir werden im Bereich des Straßenbaus in Österreich fast dreimal so viel an Einsparungen, nämlich 2,8 Milliarden, vornehmen, und wir haben durch eine Systemveränderung im Bereich der Frühpensionen, nämlich durch einen Stopp der Frühpensionen bei den Österreichischen Bundesbahnen, nicht nur nachhaltig gespart, sondern auch für mehr Gerechtigkeit bei den Pensionen gesorgt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich bin davon überzeugt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Sparen allein weder Österreich noch Europa retten wird. Wir kennen viele Beispiele in Europa, wo man sieht, welch katastrophale Auswirkungen ein Tot- und Kaputtsparen in einem Land haben kann. Das ist nicht unser Ziel. Unser Ziel ist es, klug zu investieren.


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Christoph Leitl hat vorgestern im „Mittagsjournal“ gesagt, dass wirtschaftliches Wachs­tum der wichtigste Beitrag ist, mehr als alle Sparpakete es vermögen. Das zeigt sich bei der Infrastruktur ganz besonders.

Wir stehen vor drei großen, zentralen Herausforderungen: erstens, unseren Haushalt, unser Budget zu sanieren, zweitens, unser gutes österreichisches Sozialsystem zu sichern, und es geht, drittens, um Wachstum und Beschäftigung in unserem Land, um Arbeitslosigkeit in Österreich zu verhindern und weiterhin jenes Land in Europa zu bleiben, das die geringste Arbeitslosenrate hat. Das ist das zentrale Ziel dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Alle Wirtschaftsforschungsinstitute, ob es das IHS oder das WIFO ist, und auch die OECD sagen klar, dass Investitionen in die Infrastruktur die Konjunktur beleben. Sie schaffen Beschäftigung, sichern Arbeitsplätze und stärken den Wirtschaftsstandort, was für Österreich im europäischen, aber auch im weltweiten Kontext wichtig ist. Daher Ja zum Sparen, Ja zu Investitionen in umweltfreundliche Mobilität. Ja, das kostet natürlich auch Geld. Wir werden in den nächsten Jahren trotz aller Sparmaßnahmen knapp 10 Milliarden € in die Eisenbahn unseres Landes investieren, um sie zu modernisieren und so umweltfreundliche Mobilität zu garantieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich weiß, dass immer wieder Diskussionen über Tunnelprojekte geführt werden. Die österreichische Bundeshymne beginnt ja mit den Worten „Land der Berge“. Somit ist es für die Eisenbahn notwendig, diese Berge auch zu überwinden. Daher ist der Tunnelbau ein wesentliches Element.

Von diesen Investitionen in die Infrastruktur der Bahn fließt mehr als die Hälfte, also mehr als jeder zweite Euro in unser Bestandsnetz, in die Bahnstrecken, die wir modernisieren wollen, in die Strecken, die wir sicherer machen wollen – Eisen­bahnkreuzungen werden sicherer gemacht, um Unfälle zu vermeiden –, in die Moder­nisierung, um den Komfort für die Fahrgäste zu vergrößern und es zu ermöglichen, dass sie schneller und pünktlich mit der Eisenbahn unterwegs sind. Weiters wird die Modernisierung von hundert österreichischen Bahnhöfen finanziert, um sie freundlich und barrierefrei für alle Menschen unseres Landes zu gestalten.

Diese Bauprojekte setzen, wie gesagt, große Beschäftigungsimpulse. Investitionen von einer Milliarde sichern 17 000 Arbeitsplätze, und das sind Arbeitsplätze in Baukon­zernen, in großen Technologieunternehmen, aber auch in kleinen Handwerks-, Ge­werbe- und Zulieferbetrieben unseres Landes. Beschäftigung finden dadurch Mineure, Sprengmeister, Zivilingenieure, Mechaniker, Chemiker, Geologen, Schlos­ser – also eine Reihe hoch qualifizierter Menschen, die für eine moderne Bahn in diesem Land auch tagtäglich ihre Leistung erbringen.

Der Bau eines Eisenbahntunnels ist nicht nur eine große technische Herausforderung, sondern es ist auch ein Ort der Forschung und der Erprobung neuer Technologien in unserem Land, wo Neuentwicklungen auch tatsächlich praktiziert werden und ein technologischer Durchbruch erzielt werden kann. Österreich exportiert dieses Know-how in die ganze Welt, wir sind auf dem Gebiet der Tunnel- und Eisenbahntechnologie weltweit anerkannt. Wir unterstützen nicht nur die angrenzende Schweiz, sondern sind auch in China und in Chile tätig, und wir stellen unser Know-how auf dem Gebiet von High Tech vielen Ländern Europas zur Verfügung.

Ein Beispiel: Jeder zweite Tunnel, der heute auf der Welt gebaut wird, wird nach der österreichischen Tunnelbaumethode mit unserem Know-how errichtet. Darauf können wir stolz sein. Aber ich weiß, dass es bei Großprojekten trotzdem oft große Skepsis gibt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 31

Ich habe in einer Tageszeitung ein Zitat gefunden, das lautet: Der geplante Tunnel stößt zunehmend auf Ablehnung von Anrainern, Politikern und Naturschützern. Sie wollen das milliardenschwere Eisenbahnprojekt zu Fall bringen. – Man könnte glauben, es handelt sich um den Koralmtunnel oder den Brenner-Basistunnel. Weit gefehlt, dieses Zitat ist nämlich 15 Jahre alt. Es wurde geschrieben, als es um den Lainzer Tunnel ging. Er wird auch als „Wildschweintunnel“ bezeichnet und dadurch diffamiert. Dieser Tunnel wird in zehn Monaten in Betrieb gehen. Und dieser Eisenbahntunnel, gegen den damals aufgrund der Skepsis gegenüber großen Projekten mobil gemacht wurde, wird es möglich machen, dass die Fahrzeit von Wien-Zentrum bis St. Pölten-Zentrum nur 25 Minuten beträgt. (Beifall bei der SPÖ.) Von Linz-Zentrum wird man in Zukunft am Flughafen Schwechat in eineinhalb statt bisher in zweieinhalb Stunden sein.

Das sind also Infrastrukturprojekte, die am Anfang sehr umkämpft sind. Zigtausende Menschen, die westlich von Wien leben, also in diesem Einzugsgebiet arbeiten und wohnen, freuen sich allerdings darauf, dass sie in Zukunft eine schnelle und moderne Bahn haben werden, die sie in zehn Minuten zur ihrem Bestimmungsort bringen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während der Schwerpunkt bei den Inves­titionen auf der Schiene liegt, versuchen wir, dreimal so viel bei der Straße einzu­sparen. Wir haben uns jedes Straßenbauprojekt in Österreich angesehen und handeln nach einer klaren Richtlinie: Wir bauen und investieren nur dort, wo es tatsächlich den Menschen nützt. Das heißt, wir investieren sehr viel in die Verkehrssicherheit, etwa in den Bereichen Schutz vor Geisterfahrern und Fahrschutz für Motorräder. Wir bauen nur dort neue Straßen, wo sie wirklich gebraucht werden, und wir bauen natürlich auch nur so, wie es wirklich gebraucht wird. Das heißt, nicht jede Straße muss auch eine Autobahn sein.

Ein kleines Beispiel, an dem man das gut erkennen kann: In einer kleinen burgen­ländischen Gemeinde, in Mannersdorf, wohnen rund 800 Menschen. Dort leben hundert Kinder, die dort in die Schule oder in den Kindergarten gehen.

Mitten durch das Ortsgebiet von Mannersdorf fahren täglich 500 Lkws und gefährden die Kinder auf dem Schulweg. Das bedeutet auch eine schlechte Lebensqualität für die Bewohner dieses Ortes.

Gemeinsam mit dem Land Burgenland ist es uns gelungen, dort keine Schnellstraße, sondern eine Landesstraße zu bauen, die schneller gebaut werden kann. Es werden Ortsumfahrungen gebaut, um die Menschen vom Lkw-Verkehr zu entlasten, und das um weniger Geld; das Einsparpotenzial beträgt 83 Millionen €. Mit dem Bau wird bald begonnen, was bedeutet, dass die Menschen in Zukunft dort aufatmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Verkehrspolitik muss man über den Tellerrand schauen, da muss man langfristig denken und das Vertrauen der Menschen gewinnen. Bei Projekten muss man den Nutzen für unser Land und für die Be­schäftigung auch deutlich machen. Mein Ziel ist es, trotz knapper werdender Mittel, trotz knapper werdender Ressourcen bei schonendem Umgang mit unserer Umwelt Mobilität nicht einzuschränken, sondern Mobilität sozial und umweltgerecht auch tatsächlich zu gestalten. Ich bin davon überzeugt, dass die Mobilität von Menschen, aber auch die Mobilität von Gütern die Grundlage des Wohlstandes unserer Heimat ist. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der weiteren Rednerinnen und Redner gemäß § 97a Abs. 6 der Geschäfts­ordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 32

Frau Abgeordnete Binder-Maier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.32.04

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Budgetkonsolidierung bedeutet, in allen Bereichen nachzu­schauen, wie die vorhandenen Geldmittel effizient und sparsam eingesetzt werden können und das vorhandene Geld aufgeteilt werden kann. Was mir sehr wichtig ist und was die Frau Bundesministerin auch schon ausgeführt hat, ist, dass man trotz Spargedankens den Blick in die Zukunft nicht vernachlässigen darf, dass wir vor allen Dingen bedenken müssen, wie sich Österreich weiter entwickeln soll und welche Maßnahmen wichtig sind.

Infrastrukturmaßnahmen, Investitionen in die Infrastruktur, meine Damen und Herren, sind Investitionen in die Umwelt, in den Wirtschaftsstandort, in die Beschäftigung, in die Sicherheit und in die Lebensqualität unseres Landes. Wie schon ausgeführt wurde, es wird gespart, vor allen Dingen auch im Verkehrsministerium, aber trotzdem investiert.

Es wird bis 2016 insgesamt 1 Milliarde € im Schienenbereich eingespart. Dem gegen­über stehen Investitionen in Höhe von 9,8 Milliarden € bis 2016. Auf der Straße wird ein Sparvolumen von 2,8 Milliarden realisiert. Die Höhe der Gesamtinvestitionen wird bis 2016 6,5 Milliarden € betragen. Ein großes Paket, ein großes Vorhaben, das sich die Ministerin vorgenommen hat.

Nichtsdestotrotz, meine Damen und Herren, ist es uns wichtig, dass das Schienennetz weiterhin modernisiert, Wachstum ermöglicht und Beschäftigung gesichert wird, denn vor allem die Schiene, die Eisenbahn ist der Garant dafür, dass wir weiterhin ein leistungsfähiges, wirtschaftliches und umweltfreundliches Verkehrssystem haben. Es wird das Ziel sein, keine Abstriche bei der Qualität zu machen und den Kundennutzen in den Vordergrund zu stellen. Sicherheit hat Vorrang.

Mein Schwerpunkt, meine Damen und Herren, ist unter anderem auch die Frage der Mobilität. Einige Gedanken dazu vom Verkehrsclub Österreich. Mobilität ist eine Grundbedingung für ein vielfältiges gesellschaftliches Leben. Mobil sein ermöglicht es, am öffentlichen Leben teilzunehmen, und sorgt für soziale Integration. Ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz und ein möglichst barrierefreier Zugang zu Mobilität sind Indikatoren für den Wohlstand einer Gesellschaft, denn Mobilitätsarmut schränkt die Teilnahme am sozialen Leben ein, und das kann ja nicht in unserem Sinn sein.

Die Grundsicherung von Mobilität braucht ausreichend finanzielle Mittel. Ein gutes öffentliches Verkehrsnetz und soziale Leistungen sind Garanten für die Grundsiche­rung der Menschen.

Meine Damen und Herren, wie schaut das öffentliche Verkehrsnetz in Österreich aus? – Für viele Menschen sichern Bus und Bahn die Mobilität. Insgesamt 56 Prozent der Bevölkerung, das sind 4,6 Millionen Menschen, sind ganz oder zum Teil auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. – So die Ausführungen des VCÖ.

Und noch ein paar Fakten zu den Österreichischen Bundesbahnen: 460 Millionen Fahrgäste jährlich, über 40 000 Arbeitsplätze werden gesichert, fast 2 000 Lehrlinge werden ausgebildet. Somit sind die ÖBB der größte technische Lehrlingsausbildner in Österreich. Gut ausgebildete junge Menschen sind für die Erhaltung der hohen Qualität der Österreichischen Bundesbahnen notwendig.

Meine Damen und Herren, die Österreicherinnen und Österreicher sind die zweit­fleißigsten Öffi-Fahrer in der EU. Im Vorjahr wurden pro Person rund 2 910 Kilometer zurückgelegt. Die Zahlen unterstreichen die Wichtigkeit des öffentlichen Verkehrs. Wir können stolz sein auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch und vor allem im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 33

Unternehmen ÖBB. Wir sind stolz auf das Unternehmen ÖBB und sind überzeugt davon, dass der von der Ministerin eingeschlagene Weg der richtige ist. (Beifall bei der SPÖ.)

9.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.37.20

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Verkehrsinfrastruktur ist ohne Frage von großer Bedeu­tung für ein Land. Verkehrsinfrastruktur ist in vielem, nicht in allem, eine öffentliche Aufgabe. Verkehrsinfrastruktur ist aber auch teuer und wird immer teurer und kann daher in Zeiten eines Sparpaketes nicht völlig außen vor gelassen werden.

Ich bin mit vielem einverstanden, was bisher von der Ministerin und von den Kollegen des Regierungspartners gesagt wurde. Aber gestatten Sie mir schon eine Bemerkung: Verkehrsinfrastruktur ist nicht nur Eisenbahn, Verkehrsinfrastruktur ist nicht nur ÖBB, sondern wir haben in Österreich Verkehrsinfrastruktur in Sachen Straße, wir haben in Österreich, wenn ich an den Hub Wien und an andere Airports denke, Verkehrsinfrastruktur natürlich auch für den Flugverkehr bereitzustellen. So gesehen geht es um alles.

Wogegen ich mich ein Stück weit wehre, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der unterschwellige Versuch, nicht hier und heute, aber anderswo, Schiene und Straße gegeneinander auszuspielen. Wir brauchen beides, beides gleichgewichtig. Beides hat seinen Platz, beides soll nachhaltig sein. Aber, wie gesagt, nicht das eine vor dem anderen. (Beifall bei der ÖVP.)

In manchem ist die Straße der Schiene vorausgeeilt. Es ist schon einige Monate her, als es hier einen sehr bemerkenswerten Gesetzentwurf gab, der, noch dazu im Kon­sens mit den Ländern, auf einen Schlag – Frau Ministerin, Sie können sich erinnern – 500 Millionen € eingespart hat, und zwar durch das Verlagern von Straßenprojekten in die Länderkompetenz, durch Einsparungen, durch Redimensionierungen. Insgesamt glaube ich, dass sich in Sachen Finanzierbarkeit, Verantwortliche, Finanzierbarkeit von Infrastruktur die Schiene schon manches auch von der Straße, die ÖBB sich manches von der ASFINAG abschauen könnten. Denn das, was an Schulden – auch die ASFINAG hat Schulden, keine Frage, die ASFINAG hat Milliarden an Schulden, das geht in Richtung 13, 14 Milliarden € – da ist, ist langfristig verantwortbar, ist abdeckbar, und es ist absehbar, wie mit den Einnahmen der ASFINAG dieser Schuldenberg dann auch wieder einmal abgebaut werden kann.

Und da sind wir bei den ÖBB jetzt einen wichtigen Schritt vorangekommen. Aber Hand aufs Herz, ganz sind wir noch nicht dort. Trotzdem, wie gesagt, auch erste Schritte sind anzuerkennen. Es ist anzuerkennen, dass Teile dieses Sparpakets – aus meiner Sicht eher am unteren Ende als am oberen Ende, aber Teile dieses Sparpakets – auch Sparmaßnahmen im Bereich der ÖBB umfassen.

Die Frau Ministerin hat es gesagt, rund eine Milliarde bei der Infrastruktur über fünf Jahre, das sind 200 Millionen pro Jahr – ich wiederhole mich: am unteren Ende der Möglichkeiten –, rund 500 Millionen bei den Frühpensionen durch den von Ihnen verfügten Stopp, also ein Beitrag von insgesamt 5 Prozent zum Sparpaket. Das ist nicht wenig. Das ist anzuerkennen.

Allen Unkenrufen zum Trotz, die ja zum Teil auch gerade aus den Reihen der Opposition immer wieder erschallt sind, sind die Tunnel-Leitprojekte keinesfalls in Frage gestellt, nicht vom Prinzip, nicht von der Sache her. Kollege Heinzl hat es schon


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ausgeführt: Die Südbahn wird aus heutiger Sicht mit dem Semmering- und dem Koralm­tunnel bis zum Jahr 2023 fertiggestellt sein. Konkret: Am Semmering-Basis­tunnel beginnen jetzt die Bauarbeiten. Am Brenner-Basistunnel erfolgte der erste Stollendurchschlag. Also man kann auch dort sparen, aber die Projekte sind weder in Frage gestellt noch gestoppt, sondern werden fortgeführt. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist gut so. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein erster Schritt ruft nach weiteren Schritten, die zu folgen haben. Das ist aus meiner Sicht in Sachen ÖBB absolut gegeben. Ich meine, dass es weiterhin gilt, dass Österreich natürlich in die Eisenbahninfrastruktur investieren soll, aber dass wir Österreicher mehr als die Schweizer investieren, etwa doppelt so viel wie die Franzosen und die Engländer investieren, etwa vier Mal so viel wie die Deutschen investieren, das scheint mir, wie gesagt, jetzt am oberen Ende der europäischen Latte zu liegen – und: 200 Millionen pro Jahr sind ein erster Schritt; weitere könnten folgen.

Insgesamt werden auch die ÖBB nicht umhinkommen, in Sachen Reform den Eifer nicht erlahmen zu lassen. Ich anerkenne, dass das ÖBB-Management, auch der Aufsichtsrat und natürlich auch Sie, Frau Ministerin, diesbezüglich in den letzten Wochen zu einer Versachlichung der Diskussion beigetragen haben, jedenfalls einmal im kleinen Kreis. Wenn sich das auch in der Öffentlichkeit, in der medialen Diskussion so äußert, dann ist das umso deutlicher zu begrüßen.

Aber – Hand aufs Herz! – wenn ich Ihnen eine Zahl kommuniziere, die ich aus dem Finanzressort habe, das ja prinzipiell immer recht hat in diesem Land, wenn ich Ihnen eine Zahl zum Abschluss kommuniziere, die da lautet: Was ist denn in Sachen Pensionen im Jahr 2011 bei den ÖBB geschehen?, so ist das schon von Interesse. 1 067 ÖBBler wurden im letzten Jahr pensioniert. Wissen Sie, Frau Bundesministerin, wie viele von diesen 1 067 ÖBBlern aus Altersgründen in die normale Alterspension gegangen sind? – Gerade einmal 37, also weniger als 4 Prozent.

In diesem Punkt braucht es im Bereich der ÖBB sicher noch mehr an Reformeifer – Reformeifer, der dazu führt, dass das Pensionsalter dort ein Stück weit angehoben wird, und zwar in Richtung desjenigen aller anderen Bürger in diesem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

9.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.43.09

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die Sozialdemokratische Partei eigentlich jeden Bezug zur Realität verloren hat und nicht mehr wirklich weiß, was die tatsächlichen Probleme der Österreicherinnen und Österreicher sind, was ihnen unter den Nägeln brennt, das zeigt wohl die Themenwahl für die heutige Aktuelle Stunde.

Während die Österreicherinnen und Österreicher das größte Belastungspaket in der Geschichte Österreichs zu verkraften haben, weil die Bundesregierung Milliarden­geschenke an die Pleitegriechen zu verteilen hat, während die Pensionen gekürzt werden und die Österreicher noch nicht wissen, wie lange sie in Zukunft arbeiten müssen, während in bestehende Verträge eingegriffen wird, bei Bausparverträgen schamlos Prämien gestrichen werden, wählen Sie so ein Thema. Das, Frau Bundesminister, trifft die Häuslbauer. Das trifft in Wirklichkeit die Bauwirtschaft. Das


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trifft jene, die täglich im Infrastrukturbereich Arbeit leisten und dort beschäftigt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Während massive Einsparungen im Gesundheitsbereich vorgenommen werden, siehe AKH Wien, wo es mittlerweile aufgrund von Einsparungen von Ärzten, von Pflege­personal zu lebensbedrohenden Zuständen kommt, während massive Einschnitte in unser soziales Gefüge drohen, da sich die Menschen das Heizen ihrer Wohnung nicht mehr leisten können und man nicht mehr weiß, wie man das Benzin für sein Auto finanzieren soll, in dieser Zeit erachtet es die SPÖ als aktuell und als dringend, über Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur zu diskutieren.

Es ist schön, wenn Sie davon berichten, dass ein Tunnelprojekt, das vor 15, 20 Jahren begonnen wurde, jetzt fertiggestellt wird. Es ist schön, wenn Sie davon berichten, dass der Semmering-Basistunnel gebaut wird. Aber es wird in Österreich bald der Zustand eintreten, dass auf den Autobahnen, auf den Verkehrswegen kein Auto mehr fahren wird (Abg. Dr. Jarolim: So ein Blödsinn!), weil sich die Österreicher nämlich das Benzin für den Betrieb ihrer Autos nicht mehr leisten können. (Beifall bei der FPÖ.)

Im Jahr 2006 kostete der Liter Benzin 80 Cent, jetzt 1,50 € und noch mehr. Das ist ein Preiswucher, den diese Bundesregierung mitzuverantworten hat. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, wenn wir über Infrastruktur diskutieren, dann diskutieren wir auch über diesen Preiswucher, der zwei Gründe hat. Das eine ist die Profitgier der Mineralölwirtschaft. Jede Ausrede ist recht, um den Benzinpreis anzuheben; ob es die Krise in Ägypten war, ob es Libyen war, der Benzinpreis wurde angehoben. Jetzt, da wir wieder stabile Verhältnisse haben: Haben Sie gehört, dass er gesenkt wurde? Nein! Die OMV schreibt Rekordgewinne, und die Manager zahlen sich am Ende des Jahres saftige Boni aus.

Der zweite Grund für diesen Benzinpreiswucher ist das Abkassieren, das schamlose Abkassieren des Finanzministers. Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, Sie haben der Erhöhung der Mineralölsteuer zugestimmt. 50 Prozent von jedem Sprit, der getankt wird, fließen in das Budget. Und Sie müssen einfach erkennen, dass ein überhöhter Treibstoffpreis ein rigoroser volkswirtschaftlicher Schaden ist, denn jede Semmel wird zum Beispiel per Kraftfahrzeug transportiert und der Spritpreis schlägt sich damit in Wirklichkeit auch auf jedes Produkt nieder.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bereits 700 000 Österreicher nicht mehr leisten können, zu heizen, angesichts dieser Tatsache verlangen wir von den Freiheitlichen heute als eine wichtige Maßnahme einen Preisstopp und eine zeitlich limitierte amtliche Preiskontrolle. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir fordern Bundesminister Mitterlehner als Wirtschaftsminister, der aufgrund unseres Preisgesetzes, das in der Verfassung festgeschrieben und verankert ist, etwas unter­nehmen kann, der auch verpflichtet ist, sobald ein gewisses ungerechtfertigtes Preis­niveau erreicht worden ist, eine Preisverordnung zu erlassen, um einen volkswirt­schaftlichen Nachteil zu verhindern, auf, dies auch zu tun.

Wir brauchen aber auch ein Maßnahmenpaket, um diese Infrastrukturmaßnahmen tatsächlich ankurbeln zu können, nämlich durch eine Erhöhung der Pendlerpauschale und eine Anpassung des Kilometergeldes. Es ist nämlich mittlerweile in Österreich die Tatsache eingetreten (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – ich komme zum Schluss –, dass eine Halbtagsarbeitskraft, die täglich 30 Kilometer zu ihrem Arbeitsplatz fährt, praktisch im Erwerbsleben ein Nullsummenspiel hat, weil sie ihr Auto benötigt.


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Wir bringen heute im Rahmen der Maßnahmen, die wir noch im Parlament setzen werden, einen Entschließungsantrag ein und ich ersuche Sie, diesen auch zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war eine reichlich seltsame Rede! Das muss ich schon sagen!)

9.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. – Bitte.

 


9.48.52

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bun­des­ministerin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Letzte Woche hat die Bun­desregierung von dieser Stelle aus das Sparpaket präsentiert, und es ist gleich einmal klargeworden, dass es solche und solche im Sparpaket gibt. Das untere Einkom­mensdrittel ist mit Sicherheit überproportional belastet, die Vermögenden bleiben weitgehend verschont. Und heute kommt die Verkehrsministerin ins Haus und sagt, sie hat in ihrem Ressort jeden Euro zehn Mal umgedreht. Also das glaube ich Ihnen nicht, und wir werden es Ihnen auch widerlegen. (Beifall bei den Grünen.)

Im Verkehrsbereich herrscht nach wie vor die Philosophie der siebziger Jahre. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wer das dichteste Autobahnnetz Europas hat. Das ist Griechen­land, an zweiter Stelle kommt schon Österreich. Wir haben hier ein sehr luxuriös ausgebautes Autobahnen- und Schnellstraßennetz.

Im Bereich des öffentlichen Verkehrs schaut es ziemlich düster aus. Ich glaube nicht, dass wir da an zweiter Stelle in Europa liegen. Im Gegenteil! Da will ich gar nicht wissen, wo wir sind.

Selbstverständlich: Leistbare Mobilität für alle, aber weiterhin in den nächsten Jahren vollkommen unreflektiert, ohne ein bisschen darüber nachzudenken, ob das tatsächlich noch notwendig ist, weitere 6 Milliarden € in den Straßenbau hineinzubuttern, also das ist aus meiner Sicht nicht mehr tragbar, vor allem wenn Sie auch von der Jugend gesprochen haben. (Beifall bei den Grünen.)

Im Bildungsbereich hungern wir dahin, aber dann gibt es Projekte, die niemand mehr verstehen kann. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Den Linzer Westring, das sind 4 Kilo­meter Autobahn, 4 Kilometer Stadtautobahn, würde man heute nie mehr so planen, vierspurig, in einer Stadt, in der es eine sehr schlechte Luftqualität gibt und die Kinder Gesundheitsprobleme haben. (Abg. Neubauer: Das stimmt ja nicht! Das ist Unsinn!) 4 Kilometer! Das kostet über eine halbe Milliarde Euro. (Abg. Rädler: Und die Pendler bleiben im Wald?!)

Wenn Sie sagen, da haben Sie jeden Euro zehn Mal umgedreht, so kann ich mich nur wundern. Dieses Projekt gehört eigentlich in den Mistkübel der Verkehrspolitik. Ich sage das wirklich in dieser Drastik. Eine halbe Milliarde! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Sie waren überhaupt noch nicht in Linz offenbar! So ein Blödsinn!)

Und da gibt es noch ein paar weitere Beispiele. In Österreich werden Autobahnen Richtung Tschechien ausgebaut, Stichwort „Nord Autobahn“, wo es auf tschechischer Seite nicht einmal ein Anschlussstück gibt.

Nach Bratislava kann man immer noch nicht komfortabel mit dem Zug fahren.

Und wenn man vielleicht einmal die zweit- und die drittgrößte Stadt Österreichs ordentlich verbinden möchte, nämlich Graz und Salzburg, dann erhält man von den ÖBB die Antwort, das sei nicht der Grundversorgungsauftrag der ÖBB. Zwischen Salzburg und Linz! Das muss man sich einmal vorstellen.


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Aber auf der anderen Seite vollkommen unreflektiert: Milliarden. Milliarden! Wir würden uns von Ihnen einmal wünschen, Frau Ministerin, dass Sie in diesen Fragen nicht nur einfach den Wünschen eines Landeshauptmanns nachgeben, sondern dass Sie solche unsinnigen Projekte, die er sich eben einbildet, die aber keine verkehrspolitische Relevanz haben, einfach streichen, einfach einsparen. (Beifall bei den Grünen.)

Stopp von sinnlosen Autobahnprojekten – das wäre ein wesentlicher Beitrag zur Einsparung gewesen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Herr Kollege Barten­stein! Man kann darüber diskutieren. Selbstverständlich braucht man ein Straßen­baunetz, aber ich weiß nicht, ob man sich den Luxus in einem der bestausgebauten Länder Europas weiter leisten soll. (Abg. Rädler: ÖBB!) – Bei den ÖBB sind wir nicht so weit. Und es gäbe noch einige wunderbare Chancen, für das Budget in der Verkehrspolitik Geld aufzutreiben.

Sie haben vorhin das Beispiel von Kindern gebracht, die in einem Ort leben, durch den Lkw durchfahren. Warum fahren denn in Österreich Lkw überhaupt durch Ortschaften durch? Sie haben ein Umfahrungsproblem beschrieben, aber der Hauptgrund ist natürlich: Mautflüchtlinge. Wir haben keine flächendeckende Lkw-Maut. Deswegen fahren viele Lkw nicht auf der Autobahn und auf der Schnellstraße, sondern durch die Ortschaften durch. Und das verstehe ich nicht. Warum kann man hier nicht flächendeckend bemauten wie in vielen anderen Ländern Europas auch? Das ist überhaupt kein Problem.

Warum gibt es nach wie vor eine Grundsteuerbefreiung für Verkehrsflächen? Ich glaube, die Parkflächen draußen beim Flughafen sind eine Goldgrube, eine wahre Goldgrube. Warum zahlt man da keine Grundsteuer? Warum zahlen Einkaufszentren für ihre Parkplätze keine Grundsteuer? Warum gibt es solche Privilegien in diesem Bereich?

Und auf der anderen Seite ist man vollkommen ungeniert bei Menschen, die es sich vielleicht nicht mehr leisten können, jetzt mit dem Sparpaket ordentlich hineinzu­schneiden, nämlich bei den Einkommensschwächsten.

Frau Ministerin, ich bitte Sie um eines: Wenn Sie so etwas sagen wie „einen Euro zehn Mal umgedreht“, dann tun Sie das auch tatsächlich und schauen Sie in diesen Bereich einmal mit aufmerksamen, mit vernünftigen Augen hinein. Man kann hier sehr viel Geld vernünftig einsparen. Man kann auch sehr viel Geld vernünftig einnehmen, ohne mehr Menschen zu belasten, indem man einfach Wirtschaftsbereiche belastet, die hohe Gewinne schreiben – das macht der Flughafen Wien-Schwechat im Übrigen –, und solche Privilegien endlich einmal abschafft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Erschreckende Unkenntnis!)

9.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Bucher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.53.46

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele werden sich wahrscheinlich heute zu Recht fragen: Was ist mit dieser SPÖ los, die die Möglichkeit hätte, in einer Aktuellen Stunde auch ein aktuelles Thema zu wählen? Das Thema, das Sie gewählt haben, nämlich Infrastruktur, Ver­kehrs­infrastruktur, ist für eine Arbeiterbewegung beziehungsweise einstige Arbeiter­bewegung wie die SPÖ keine gute Wahl, denn genau bei diesem Thema haben Sie am wenigsten gearbeitet, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, was die Einsparungsziele betrifft. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 38

Seien wir doch ehrlich: Frau Infrastrukturministerin, Sie machen doch bei all diesen Projekten, die Sie da aufgelistet haben, nichts anderes, als langsamer zu bauen und alles in die Zukunft hinauszuschieben. Das ist doch Ihr Konzept. Es ist ja nicht so, dass Sie tatsächlich irgendwo den Sparstift ansetzen, sondern Sie verzögern in erster Linie die Projekte, um damit auch ein wenig Geld einzusparen. Und das ist etwas, was wir kritisieren, denn es wäre doch viel vernünftiger, jetzt zügig die ganzen Projekte umzusetzen, wirklich beschäftigungswirksame Investitionen zu machen und nicht wie beispielsweise bei Tunnelprojekten zwar den Einfahrtstunnel zu bauen, aber den Ausfahrtstunnel sozusagen einzusparen. (Abg. Dr. Jarolim: So ein Schwachsinn!)

Das ist keine Maßnahme, von der wir auch überzeugt sind, dass Sie wissen, was Sie tatsächlich tun.

Sie haben die ÖBB auch als Infrastrukturunternehmen Nummer eins dieser Republik angeführt. Ja, da gäbe es jede Menge einzusparen. Nach mir wird Kollege Haberzettl hoffentlich auch ein Wort darüber verlieren. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wohl eine der größten Sünden der Republik, diese ÖBB. Da buttert der Steuerzahler pro Jahr 5 Milliarden € hinein (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: 7 Milliarden!) und übernimmt noch dazu 2 Milliarden € an Haftungen jährlich, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.

7 Milliarden € kostet dieses Unternehmen, das im Grunde eine SPÖ-Vorfeld­organi­sation ist und nichts anderes. (Abg. Heinzl: So ein Unsinn!) Sie sind ja die Eigentümer der ÖBB, wenn ich da in den linken Sektor hineinblicke, die SPÖ, die das alles zu verschulden hat, nämlich tatsächlich zu verschulden hat. (Beifall beim BZÖ.)

Die ÖBB, meine sehr geehrten Damen und Herren, allein die ÖBB werden im Jahr 2017 65 Milliarden € an Schulden haben. Ich sage Ihnen das deshalb, weil Sie hoffentlich noch in Erinnerung haben, wie hoch das Budget war, das letzte Budget, das Sie hier auf Vorlage der Bundesregierung beschlossen haben. Das war nämlich ebenso hoch, war fast gleich hoch: 65 Milliarden €. Das ist allein der Schuldenstand der ÖBB. Das sollte man nicht vergessen und sich einmal vor Augen führen.

Aber dieses Schröpfungspaket ist eine reine Mogelpackung. Wir haben es von Anfang an als solche bezeichnet, weil Sie ja wissen und wissen sollten – selbst Sie, als Infrastrukturministerin –, dass da noch große versteckte Bomben auf Sie zukommen werden.

Es kommt das Griechenland-Hilfspaket Nummer drei dazu. Es kommt notwen­diger­weise auch ein Wirtschaftsbelebungspaket in den nächsten Monaten hinzu. Sie müssen doch schauen, dass der Wirtschaftsmotor wieder in Schwung kommt, und werden Investitionen tätigen müssen.

Es ist heute schon augenscheinlich, dass die Banken Geld brauchen werden. Die Volksbank ist jetzt mit einer Milliarde vom Steuerzahler bedient worden. Die nächste Bank, die sich anstellt, ist die Kommunalkredit. Um diese über Wasser zu halten, wird der Steuerzahler neuerlich bluten müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum sage ich das? – Wir haben uns in diesem Haus alle über die Hypo Alpe-Adria-Bank aufgeregt, und vor allem die Roten haben sich darüber beklagt, was das für Zustände sind. Die Hypo Alpe-Adria-Bank hat bis heute den Steuerzahler 1,5 Milliarden € gekostet. Die Kommunalkredit, die von den Roten immer verschwiegen wird, weil Frau Ministerin Schmied im Vorstand gesessen ist, hat mittlerweile den Steuerzahler über 5 Milliarden € gekostet. Da hört man nichts darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb muss man das auch einmal den Österreicherinnen und Österreichern sagen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie des Abg. Tadler.)


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Aber wir wissen, das ist doch alles ein Geschäft, ein Geschäft für den Steuerzahler. – So hat uns das die ÖVP immer wieder erklärt. Diese Bundesregierung ist die reinste Belastung, eine einzige Belastung für die Menschen in unserem Land. Das sehen wir auch aufgrund der jüngsten Entwicklung der Mineralölpreise bei den Zapfsäulen. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren: Schließen Sie sich unserem Boykott an! Am 1. März sollen wir den Ölkonzernen einmal zeigen, welche Macht die Auto­fahrer in diesem Land haben. Wir boykottieren am 1. März die Tankstellen und gehen nicht tanken. Das wäre doch einmal ein klares Signal, eine Solidaritäts­bekun­dung gegenüber den Pendlern in unserem Land. (Beifall beim BZÖ.)

Das wollen wir vom BZÖ vorantreiben. Da geht es nicht darum, zu glauben und zu hoffen, dass wir diese in die Knie zwingen, aber das ist eine kleine Solidaritätsaktion gegenüber jenen, die nicht auf das Auto verzichten können. Wir sagen längst: Genug gezahlt! (Beifall beim BZÖ.)

9.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Haberzettl gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Frag einmal, wer diese Rede geschrieben hat!)

 


9.59.09

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Eigentlich ist es für einen Beschäftigten der ÖBB ein eigenartiges Ver­gnügen, nach dem Abgeordneten Bucher eine Rede zu halten. Da kann man erstens einmal feststellen, wie hoch der Grad der Unkenntnis zu diesem Thema ist, Herr Bucher.

Das Zweite ist aber schon: Wenn Sie sagen, dass die ÖBB überschuldet und quasi an die Wand gefahren werden, dann frage ich Sie nach den Namen der Totengräber. (Abg. Bucher: Warum mussten Sie gehen von der ÖBB?) Die haben nämlich einen Namen, die heißen Gorbach und Kukacka. Das sind die Totengräber der ÖBB. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.) Und Gorbach ist ein Parteikollege aus Ihren Reihen. Dann sollen wir das auch einmal erwähnen. Das war in Wirklichkeit das unglückselige Bundesbahnstrukturgesetz. (Die Abgeordneten Scheibner und Petzner: Schauen Sie sich die Zahlen an!)

Eigentlich wollen wir aber in Wirklichkeit die Infrastrukturinvestitionen abarbeiten. (Abg. Scheibner: Warum mussten Sie gehen, Herr Haberzettl?) Wir haben unter der Federführung der Frau Bundesminister, glaube ich, wirklich etwas geschafft, nämlich bei der Infrastruktur im hohen Investitionsrahmen doch vernünftige Einsparungen vor­zunehmen, die auch kritisch im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktentwicklung zu sehen sind: So werden am Brenner 450 Millionen € eingespart werden, ohne dass das Projekt wirklich in Gefahr gerät. – Ich erinnere nur daran: Die Ersten, die gegen Ein­sparungen bei der Infrastruktur waren, waren auch die Landeshauptleute, insbe­sondere der Tiroler!

Im Bereich Koralmtunnel-Entwicklung werden 260 Millionen über eine ordentliche Verschiebung erzielt, wobei bei einem Projekt wie der Koralm ein Jahr Verschiebung nicht wirklich die Katastrophe ist.

Das Projekt Semmering-Basistunnel wird in Höhe von 40 Millionen redimensioniert, und diverse Projekte werden nicht nur über Verschiebungen um 250 Millionen redimensioniert. – Das ergibt alles in allem rund eine Milliarde.

Diese Redimensionierungsmaßnahmen sind natürlich eine Gratwanderung zwischen dem notwendigen Sparen einerseits und andererseits einer unbedingt notwendigen Weiterentwicklung, denn die Verkehrsprognosen attestieren alle einen riesigen Infra­strukturbedarf in allen Verkehrsbereichen und insbesondere im Schienenbereich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 40

Ich darf aber auch ganz kurz noch einen Zusammenhang zwischen Infrastrukturpolitik und letztendlich auch der Qualität der Verkehrsleistung erklären: Es wird uns nicht gelingen, in relativ kurzer Zeit von Wien nach Salzburg zu kommen, wenn wir nichts inves­tieren. Es wird uns aber auch nicht gelingen, eine ordentliche, qualitativ hoch­stehende Verkehrsleistung ohne eine hohe Qualität der Infrastruktur zu verkaufen. Unbeschadet dessen, wer diese Verkehrsleistung erbringt, sind hier sowohl der Zeit- als auch der Qualitätsfaktor zu berücksichtigen.

Kollegin Glawischnig hat jetzt den Saal verlassen, aber ich möchte hier schon erwähnen: Die Qualität des österreichischen Nahverkehrs liegt beim europäischen Benchmark unter 27 Ländern an zweiter Stelle. – Das ist der Erfolg der österreichi­schen Verkehrspolitik! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Außerdem darf ich auch noch die Preiskomponente ins Gespräch bringen. In Holland werden um 30 Prozent mehr, in Deutschland um 27 Prozent mehr und in der Schweiz um 32 Prozent mehr für die Nahverkehrsleistungen bezahlt. – Das ist gelebte Sozial­politik im Bereich der Verkehrspolitik, und auch das ist eine Leistung der sozial­demokratischen Verkehrspolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Jetzt möchte ich noch einen allgemeinen Aspekt zur Investitionspolitik im Bereich der Verkehrsinfrastruktur bringen: Die Investitionspolitik in der Verkehrspolitik erfüllt ja nicht nur einen Selbstzweck, sondern wir haben bei der Investitionspolitik natürlich die Frage der wirtschaftspolitischen Entwicklung über den Weg der Standortpolitik im Auge zu behalten. Vernünftige gelebte Investitionspolitik ist auch Sozialpolitik, denn es ist nicht gleichgültig, wo es Verkehrswege gibt und wo nicht. Es geht dabei letztlich um die verkehrspolitische Grundversorgung der Bevöl-kerung, und ich glaube, ich brauche nicht gesondert zu erwähnen, dass Verkehrspolitik auch Umweltpolitik ist.

Dass die Investitionspolitik aber auch Arbeitsmarktpolitik ist, ist gut so, und ich ersuche die Frau Bundesminister, dieses Instrument auch ausreichend im Sinne der Arbeits­marktpolitik zu nützen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dass Verkehrspolitik auch Raumordnungspolitik ist, dürfte den Rednern hier allerdings ab und an entgangen sein!

Ich glaube, wir sehen anhand dieser einzelnen Faktoren, dass Verkehrspolitik in Wirk­lichkeit Gesellschaftspolitik ist. Und im Hinblick auf diesen Faktor, Frau Bundes-minister, darf ich Ihnen gratulieren! Es ist Ihnen auch im Zuge des Sparprogrammes gelungen, eine ordentliche gesellschaftspolitische Weiterentwicklung im Zusammen­hang mit dem Bereich der Verkehrspolitik zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Hakl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.04.24

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einleitend sagen, dass die Aufgabe der Frau Bundesminister Verkehrspolitik und nicht Sozialpolitik ist. Wir haben ja einen Sozialminister, der gute Arbeit leistet! (Demonstrativer Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Frau Bundesminister, ich bin froh darüber, dass endlich ein ganz wichtiges Projekt umgesetzt wurde, nämlich die Beendigung der unerträglichen Frühpensionierungen bei den ÖBB. 72 000 ÖBB-Pensionisten stehen bereits heute 42 000 Beschäftigten gegenüber. – Ich kann mich noch erinnern: Als wir im Zuge meiner Tätigkeit bei der Brenner Eisenbahn GmbH dringend Experten brauchten, mussten wir 45-jährige ehe-


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malige ÖBBler aus dem Ruhestand als Gutachter zurückholen und ihnen damals 2 000 Schilling pro Tag oder Halbtag zahlen, weil bei den ÖBB die entsprechenden Experten nicht mehr vorhanden waren, weil sie bereits in Frühpension waren.

Wenn Herr Haberzettl vorhin gesagt hat, es sei so sozial, so niedrige Preise bei den Österreichischen Bundesbahnen und im österreichischen Verkehrswesen zu haben, dann mag das richtig sein. Ich muss nur sagen: Die Menschen müssen auch wissen, dass jeder einzelne von ihnen, vom Säugling bis zum Greis, 840 € im Jahr allein für die Österreichischen Bundesbahnen bezahlt, ohne ein einziges Ticket gelöst zu haben! – Was, Herr Haberzettl, ist daran sozial? (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist vielmehr so, dass die ÖBB ein Sozialfall sind und wir schauen müssen, dass wir dieses wichtige Unternehmen, an dem mir sehr viel gelegen ist, auf gesunde Beine stellen. Diese Reformen sind ein erster, ganz wichtiger Schritt, und dafür danke ich Ihnen, Frau Bundesminister, und ich danke Ihnen auch dafür, dass Sie nicht einen Kahlschlag bei den Infrastrukturprojekten gemacht haben, die so wichtig sind und welche die Verkehrspolitik ja ausmachen!

Ich denke jetzt an den Brenner-Tunnel: Es ist dies eine Strecke, über die mehr Güter­verkehr als in Summe über sämtliche anderen Alpenübergänge in ganz Europa geführt wird. Es wäre ein Wahnsinn, dieses Projekt, das noch dazu zu einem Drittel von der EU und zu einem Drittel von Italien bezahlt wird, einfach zu streichen, nur weil die Österreichischen Bundesbahnen in der Ost-West-Richtung ihr Geld verdienen und nicht in der Nord-Süd-Richtung. Es aber zu redimensionieren, zu verkleinern und überall Einsparungen zu treffen, ist absolut legitim.

Ein Erlebnis neulich in Österreich: Ich fahre jetzt noch sehr viel mehr mit dem Zug als früher, ich habe ein kleines Kind. Man kommt zum Bahnhof mit dem Kinderwagen, dem Koffer, der Wickeltasche, der Handtasche, der Computertasche und versucht, zum Zug zu kommen. Man kommt zum Bahnsteig, wo der railjet losfahren soll. Dort steht ein rauchender ÖBB-Bediensteter. Man fragt: Wo ist das Kinderabteil? – Er sagt darauf: Naja, der Zug fährt in sieben Minuten ab, das Kinderabteil ist im 23. Waggon, mit dem ganzen Gepäck schaffen Sie das nicht! (Zwischenruf des Abg. Heinzl.)

Man dreht sich um und fragt: Wann geht die nächste Westbahn von Wien Richtung Westen? – Zwei Bahnsteige weiter, 15 Minuten später startet die Westbahn. Man tritt ein, völlig unbelastet, ohne Stufe, schiebt hier den Koffer, da den Kinderwagen, und das funktioniert. Das ist eigentlich die Qualität, die sich die Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer in Österreich erwarten! Es ist mir ein Rätsel, warum unsere Österreichi­schen Bundesbahnen noch immer keine barrierefreien Eingänge zu den Waggons haben! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Da fehlen Investitionen! So etwas muss ein gutes Service bieten. Es ist klar, dass sich die Westbahn jetzt die „Zuckerl“ – unter Anführungszeichen – heraussucht. Aber wie wichtig dieser Wettbewerb ist, wird erst einmal klar, wenn man jetzt die Ankündigungen im railjet liest: Bald bieten auch die ÖBB Wireless LAN in allen Zügen. Ich bettle seit zehn Jahren darum, dass man in einem Zug wenigstens arbeiten kann, wenn es schon fast fünf Stunden dauert, von Innsbruck nach Wien zu kommen! Ich fordere schon lange, dass das Handy funktioniert, dass es Wireless LAN gibt und dass ein entsprechendes Service geboten wird. Aber erst jetzt, mit einem funktionierenden Wettbewerber auf der Scheine kommt das zum Tragen!

Frau Bundesminister, wir müssen dieses wichtige Unternehmen, in dem viele Leute gute Arbeit leisten, auf gesunde Beine stellen, und ein Ende der Frühpensionierungen darf nur ein erster Schritt sein! Wenn die ÖBB noch immer 42 000 Mitarbeiter haben und die Schweizer Bahnen in einem Land gleicher Größe nur 28 000 Leute, zugleich aber hervorragende Qualität, nämlich die beste Qualität in Europa sowohl beim Perso-


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nenverkehr als auch im Güterverkehr bieten, dann ist an der Produktivität noch viel zu tun! Hier muss ein Mobilitätsschub innerhalb der ÖBB einsetzen, dass das Personal von einer Abteilung in die andere verschoben werden kann und nicht pensioniert werden muss. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich danke und hoffe, dass diese Reformen bald kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.09.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Als ein bisschen mutig, verwegen oder eigentlich kühn habe ich das Thema der Aktuellen Stunde heute schon empfunden! Wenn Sie behaupten, dass – möglicherweise bei der Luftfahrt  – verantwortungsvoll gespart wird, klug investiert wird und Wachstum bei den ÖBB ermöglicht wird, dann wollen wir uns das heute schon einmal ganz detailliert anschauen!

Wenn nämlich heute, und zwar genau heute, bei der Aufsichtsratssitzung der AUA statt Wachstum und Langstrecke, wie man möglicherweise erwarten können hätte, eine Restrukturierung zu einem Vienna Cityliner unter dem Dach der Tyrolean vorge­nommen wird oder möglicherweise sogar eine Insolvenz droht, dann gibt es dafür ganz klar Verantwortliche! Und das ist nicht, wie es heute in den Medien heißt und in den Zeitungen überall geschrieben wird, die Belegschaft, sondern die Verantwortlichen sitzen in dieser Bundesregierung auf beiden Seiten! (Beifall bei der FPÖ.)

Erstens gibt es einmal eine Fluggastabgabe. Die haben wir Freiheitliche schon bei den kleinen Fliegern bekämpft. Aber sie gilt noch immer für die große General Aviation, und sie gilt noch immer vor allem bei den Linienfliegern. Frau Bundesminister Fekter war bis heute nicht in der Lage, diese überzogene Abgabe, die überall anders schon abgeschafft oder zumindest gewaltig gekürzt wurde, abzuschaffen. Das ist nicht marktwirtschaftlich!

Außerdem werden auf die Treibstoffkosten noch immer Erdölbevorratungskosten auf­geschlagen. Herr Minister Mitterlehner war, als er im Herbst das erste Mal davon erfahren hat, etwas überrascht. Mich überrascht, dass ein Minister über das überrascht ist, was er an Gebühren kassiert! Aber er ist bis heute nicht in der Lage, diese Abgabe, die mehr als doppelt so hoch wie jene von Deutschland ist und das Dreifache der Schweizer oder das Vierfache der holländischen Bevorratung ausmacht, auf ein normales markwirtschaftliches Niveau herunterzubringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Einzige, der reagiert hat, war der Flughafen Wien, der zwar immer behauptet hat, dass er eh die günstigsten Kosten hat. Aber dort ist man zumindest gesprächsbereit, denn die Herrschaften dort wissen ganz genau, dass es, wenn die AUA pleitegeht, mit dem Flughafen genauso den Bach hinunter geht.

Damit kommen wir zum BMVIT. Bis heute gibt es von der im September ange­kündigten und vorgestellten Roadmap Luftfahrt keine umgesetzte Maßnahme. Und die Austro Control: der reinste Sauhaufen! Ich sage das ungern, aber es stimmt zu 100 Prozent! Sie ist mit ihren Gebühren um 25 Prozent teurer als die Deutschen. Teurer sind nur mehr die Engländer, aber diese bieten einen wesentlich besseren Service. Und wenn wir im Zusammenhang mit der kommenden LFG-Novelle sehnlichst erwarten, dass sich etwas ändert, dann sage ich, dass ich bis heute eigentlich nur weiß, dass wir statt zwei wahrscheinlich drei Luftfahrtbehörden haben und dass wir mit den Strafbehörden dann sieben Behörden haben werden. Ich frage mich, wer das zahlen soll, denn das ist teuer genug! 150 Millionen € könnten diese zwei Parteien


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heute einsparen und der AUA geben, die 200 Millionen € braucht. Sie aber haben bis heute, außer ein bisschen mit den Ohrwascheln zu wackeln und ein paar Briefe vom BMVIT ans Finanzministerium zu schreiben, nichts zusammengebracht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn heute die AUA möglicherweise pleitegeht, wenn sie zum Vienna Cityliner degradiert wird, wenn der Flughafen damit ruiniert wird, wenn der Standort Wien und ganz Österreich damit ruiniert werden, dann weiß man in Österreich auch, wo die Verantwortlichen sitzen, nämlich auf diesen beiden Seiten des Parlaments! (Beifall bei der FPÖ.)

Bis jetzt war die rot-weiß-rote Heckflosse immer sehr wichtig, heute gilt sie aber an­scheinend nichts mehr!

Frau Bundesminister Bures, kommen wir zu einem anderen Feld im Verkehrsressort. Sie haben zuerst gesagt, dass das Land Burgenland um 83 Millionen € billiger gebaut hat, als es der Bund beziehungsweise die ASFINAG gemacht hätte. – Ich sehe das im ersten Ansatz einmal als ein Plädoyer dafür, die Länder anstatt der ASFINAG etwas bauen zu lassen!

Das bringt mich sofort wieder zu den Österreichischen Bundesbahnen, denn dort wird ganz eigenartig gespart: Die Projekte werden nicht nach Priorität angegangen, sondern man zieht die Projekte in die Länge. Dabei weiß eigentlich jeder BWL-Student, dass es, wenn man ein Projekt in die Länge zieht, zusätzliche Zinsen und zusätzliche Vorhaltekosten gibt. Das sollten auch die Wirtschaftsfachleute wissen, und da schaue ich ganz besonders in Ihre Richtung, Herr Bartenstein!

Ich bin zu 100 Prozent bei unserem Tiroler Obmann Gerald Hauser, der gefordert hat, den Brenner-Basistunnel zu bauen, aber jedenfalls mit einer zeitnahen Kontrolle durch den Rechnungshof und vor allem mit einer massiven Gegenfinanzierung von der Straße und vor allem mit einer Verpflichtung für die Lkw auf den Zug. Wenn all das nämlich nicht kommt, dann weiß Gerald Hauser und dann weiß auch ich ganz genau, was geschehen wird: In 30 Jahren fahren die Lkw nach wie vor so wie jetzt auf der Straße, und leere Züge fahren durch das Loch im Berg. (Beifall bei der FPÖ.)

Als Spitzenhandlung kommen dann noch die Einsparungen bei dem, was diesen Tunnel überhaupt intelligent macht, nämlich bei den Überholstellen und der Leittechnik. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ich fasse zusammen: Diese Bundesregierung schädigt unsere Firmen massiv. Sie schädigt den Standort Österreich, sie schädigt die Bürger und setzt als i-Punkt noch höhere Steuern drauf. Und das ist erst der Anfang! (Beifall bei der FPÖ.)

10.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. – Bitte.

 


10.15.38

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren hier und zu Hause! Das Thema lautet: Klug investieren und verantwortungsvoll sparen und auf der anderen Seite auch Wachstum vorantreiben.

Frau Ministerin, das könnten Sie sicherlich, wenn Sie eine Grundvoraussetzung berücksichtigen würden, und diese besteht ganz schlicht und einfach darin, eine Verkehrspolitik zu machen, wie die Menschen sie notwendig haben, und nicht so, wie die Bauindustrie sie haben will.


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Mein Vorredner hat ganz recht: Solange verkehrspolitisch nicht die Bedingungen geschaffen werden, dass die Güter weg von der Straße hin auf die Schiene kommen – und es ist Ihre Grundaufgabe, Verkehrspolitik zu betreiben! –, so lange sind Inves­titionen in die Schiene zur Erleichterung des Güterverkehrs einfach nur eine Groß­subvention der Bauindustrie und ein Schröpfen der Menschen. So geht es nicht, Frau Ministerin! Schaffen Sie redliche Rahmenbedingungen, damit wirklich eine Verlagerung möglich ist, damit die Menschen wirklich einen guten öffentlichen Personenverkehr vorfinden!

Ich nenne nur ein ganz simples Beispiel: Warum sollten die Menschen auch in Zukunft weiterhin von Wien nach Bratislava mit dem Zug unelektrifiziert fahren? Das Elektri­fizierungsprogramm über Marchegg und bis nach Bratislava haben Sie nämlich hinausgeschoben; dieses wurde sozusagen auf die Sparschiene gesetzt! Dieses Projekt wäre aber sinnvoll, denn warum sollen die Menschen nicht schneller von Hauptstadt zu Hauptstadt auf der Schiene kommen, und warum sollen nicht auch PendlerInnen bessere Angebote bekommen und mit pünktlicheren, bequemeren Zügen mit mehr Komfort fahren können? Warum heben Sie nicht die Summe bei der Finanzierung der innovativen Verkehrsanbietungssysteme etwas an?

Dafür werden nach wie vor 7,3 Millionen € für ganz Österreich aufgewendet. Sie nehmen jedoch Milliarden € für Projekte in die Hand, die rein bauindustrieorientiert sind, wenn Sie nicht gleichzeitig andere Verkehrsrahmenbedingungen schaffen. Und das ist mein prinzipieller Vorwurf beziehungsweise meine Forderung an Sie: Bemauten Sie flächendeckend den Lkw- und Güterverkehr! Dringen Sie darauf, dass der Güterverkehr über den Brenner nicht mehr auf der Straße erfolgt! Dann macht nämlich ein Tunnelbau auch Sinn. Aber so ist das Ganze wirklich ein in den Berg beziehungs­weise in den Sand gesetztes Milliarden-Investitionsvolumen. Und das tragen wir nicht mit! (Beifall bei den Grünen.)

Nur ein Vergleich: Einerseits müssen der durchschnittliche Österreicher/die durch­schnitt­liche Österreicherin – Sie kommen ja aus der Wohnungspolitik beziehungsweise aus der Mietrechtspolitik! – mit 43 Quadratmetern Wohnraum zurande kommen. Gleichzeitig haben aber Sie ein Autobahnausbauprogramm, bei dem wir jetzt schon pro Einwohner 50 Quadratmeter Autobahninfrastruktur haben. Bitte vergegenwärtigen Sie sich dieses Missverhältnis! Das ist ja völlig irrational! Wir haben weniger Wohn­raum und mehr Autobahnraum! (Abg. Dr. Bartenstein: Das lässt sich doch nicht vergleichen!) Trotzdem wollen Sie weitere Milliarden Euro investieren, damit dieses Missverhältnis noch stärker wird!

Wir haben auch schon von den Steigerungen bei den Heizkosten und teilweise auch beim Benzinpreis gehört. Die Mobilität in der Form, wie Sie sie anbieten, nämlich straßenorientiert und großprojektorientiert, ist bald nicht mehr leistbar, und zwar nicht mehr leistbar für den Einzelnen, aber auch nicht mehr leistbar für das Budget und für das Gesamtvolumen der Republik.

Aber anstatt dass wir jetzt verkehrspolitisch wirklich eine Wende in Richtung mehr öffentlichen Verkehr und mehr sinnvollen Großinvestitionen in der Infrastruktur und in Richtung Autobahnbaustopp vollziehen, machen Sie weiter wie vorher, wenn auch mit etwas geringeren Summen und zeitlich etwas weiter nach hinten geschoben und deswegen teurer! Sie machen genauso weiter, anstatt dass Sie die Zeichen der Zeit erkennen, die Gunst der Stunde nützen und jetzt wirklich den Sparstift in Form einer Reduzierung der Verschwendung bei den Verkehrsinvestitionen ansetzen und real dort Geld in die Hand nehmen, wo es die Leute brauchen, nämlich zum Beispiel auch – abschließend – im Zusammenhang mit einer sinnvollen Regelung der PendlerInnen-Pauschale.


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Denn: Es ist wirklich skandalös, dass Menschen, die an der Supermarktkassa sitzen, null Groschen beziehungsweise Cent an PendlerInnenpauschale bekommen, weil die steuerliche Regelung für die Besserverdienenden organisiert ist. Das ist der wahre tägliche sozialdemokratische Alltagsskandal Ihrer Verkehrspolitik. (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Dr. Matznetter: ... Negativsteuer! – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


10.20.34

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Herr Generaldirektor Haberzettl von den ÖBB – er ist nicht mehr im Saal – ist wirklich nicht der Totengräber der Öster­reichischen Bundesbahnen. Das, was Haberzettl an der Spitze der ÖBB gemacht hat, grenzt nämlich an Feuerbestattung, damit es noch schneller geht, damit wir noch schneller dieses Unternehmen, das Österreich eigentlich als Infrastruktur dienen sollte, ruinieren. (Beifall beim BZÖ.)

5 Milliarden € an Steuergeld im Jahr an diese ÖBB – nicht in die Infrastruktur, sondern ausschließlich ins Personal. Österreich hat ähnlich viele Einwohner wie die Schweiz. Die Schweiz hat gleich viele Berge, wenn nicht sogar mehr als Österreich, ergo ist dort auch der Tunnelbau und der Infrastrukturbau gleich ausgeprägt wie in Österreich. Der Unterschied ist nur, dass die Schweizer Bahn erstens privatisiert ist und zweitens schwarze Zahlen schreibt (Abg. Dr. Bartenstein: Wie bitte?), währenddessen man für Ihre ÖBB, die ausschließlich als Versorgungsinstrument für gescheiterte sozialdemo­kratische Funktionäre dient, 5 Milliarden € im Jahr zahlen muss, damit wir Ihr Per­sonalreservoir in den ÖBB auf Steuerzahlerkosten erhalten. Und da sagen wir: Genug gezahlt!, sehr geehrte Damen und Herren.

Frau Bundesminister Bures, das ist ein wunderschönes Zitat, das Sie da heute gebracht haben. Ich glaube, Sie melden sich sowieso noch einmal zu Wort und können es vielleicht erklären: Die Mobilität der Menschen ist die Grundlage unserer Heimat. – Ein wunderschöner Spruch, aber was meinen Sie denn damit? Meinen Sie die Mobilität, wo der Treibstoff pro Liter 1,60 € kostet und Sie gemeinsam mit dem Wirt­schaftsminister und der Finanzministerin 50 Prozent an Steuern einheben? Ist das Ihre Mobilität? Ist das Ihre Mobilität, wenn Menschen in unserem Land, die dreimal im Monat tanken müssen, bis zu 216 € von ihrem Gehalt auf die Seite legen müssen, damit sie mobil bleiben? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Sehr geehrte Damen und Herren! In der Steiermark werden gerade Schulen geschlos­sen. Ihre Regierung schließt Bezirksgerichte. Man bekommt keine Pendlerpauschale, wenn man in der Früh die Kinder in die Schule bringen muss, weil die nächste Schule 14 Kilometer vom Wohnsitz entfernt ist. 1,60 €, davon mehr als 50 Prozent für diesen Staat. Und Sie – Ihre Regierung, Rot und Schwarz – weigern sich auch heute einmal mehr, beim Rekordpreis des Treibstoffes in der Zweiten Republik die Menschen unseres Landes endlich zu entlasten und nicht weiter zu belasten, durch mehrere Maßnahmen. (Beifall beim BZÖ.)

Seit 1999 – und der ehemalige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein weiß es – besitzt der Wirtschaftsminister in Österreich ein Verordnungsrecht zur Höchstpreisdeckelung des Treibstoffes. (Zwischenruf des Abg. Prinz.) Seit 1999 machen schwarze Wirt­schafts­minister lieber den Treibstoffkonzernen die Leiter und unterstützen sie, anstatt dass sie sich schützend vor die Bevölkerung stellen und von ihrem Verordnungsrecht Gebrauch machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 46

Das fordern wir: einen Wirtschaftsminister, der den Höchstpreis von Treibstoff in Österreich endlich deckelt. Wir fordern, wie es Josef Bucher heute gesagt hat, die Öffnung der Bundes- und Landestankstellen. Die Bundes- und Landestankstellen beziehen ihren Treibstoff zum Einstandspreis, sie können ihn auch vergünstigt an die Menschen in unserem Land abgeben (Zwischenruf des Abg. Kopf) – eben nicht zu 1,60 €, sondern wieder zu 1,37 €, 1,25 €. Und wettbewerbsrechtlich ist das gedeckt, denn alle Klagen gegen das Bundesland Burgenland und das Bundesland Kärnten wurden verloren und die Landestankstellen dort sind nach wie vor offen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Wir fordern die Rücknahme der Mineralölsteuer. Am Höhepunkt einer Treibstoffkrise, die Sie mit Ihrer Außenpolitik im Iran im Übrigen selbst verursacht haben, sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung (Heiterkeit des Abg. Heinzl), ist es ein Gebot der Stunde, dass der Staat die Rücknahme der Mineralölsteuer anordnet (Zwi­schenrufe bei der ÖVP) oder sich zumindest von der OMV, die ein staatliches Unternehmen ist, eine Sonderdividende ausschütten lässt und damit die Mineral­ölsteuer in diesem Land minimiert. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

1,60 €, sehr geehrte Damen und Herren, und in vier Wochen, zu Ostern, werden wir 1,70 € haben! Ja wer in unserem Land soll sich diese Mobilität noch leisten können, während auf der anderen Seite von den Grazer Verkehrsbetrieben aufwärts bis zu den Österreichischen Bundesbahnen auch die Ticketpreise für den öffentlichen Verkehr steigen? Das ist politische Wegelagerei und Raubrittertum, staatlich angeordnet, auf dem Rücken aller Bürgerinnen und Bürger – egal ob arm oder reich, egal ob Pendler, Ehefrau, Mutter oder Vater, Arbeitnehmer oder Arbeitgeber –, dem Sie hier seit Monaten und Jahren zusehen, anstatt dass sie endlich Maßnahmen im eigenen Bereich treffen.

Deswegen rufen wir morgen, am 1. März 2012, zu einem österreichweiten Tank-Boykott auf. In Deutschland spielt sich das Gleiche auch am 1. März ab. Wir rufen auf zu einem österreichweiten Tank-Boykott als Zeichen gegen diese Abkassiererei, die staatlich geschützte und geförderte Abkassiererei von Rot und Schwarz gemeinsam mit jenen Treibstoffkonzernen, die ja offensichtlich illegale Preisabsprachen betreiben, damit sie die Menschen in unserem Land einmal mehr aussackeln können. (Prä­sidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ihre Wettbewerbsbehörde versagt hier genauso wie Ihre Politik. Wir stehen an der Seite der Konsumentinnen und Konsumenten. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Bures hat sich ein weiteres Mal zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 5 Minuten nicht übersteigen soll. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

 


10.26.02

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich versuche, die Lautstärke wieder auf ein normales Niveau herunterzubekommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. – Abg. Grosz: Schauen Sie, dass die Treibstoffpreise auf ein normales Niveau kommen!)

Herr Abgeordneter Grosz, während Sie hier im Haus immer diese Aufgeregtheit an den Tag legen, erlebe ich Sie sonst ganz anders. Ich kann Ihnen nur sagen, hier die Eisenbahn zu beschimpfen, aber beim Koralmtunnel und bei sonstigen Bahneröff­nungen gar nicht weit genug vorne stehen zu können und immer den Kopf in die Kamera zu hängen und bei allen Bahnprojekten dabei zu sein (Beifall bei SPÖ und


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ÖVP), das ist eine Vorgangsweise, die leider dazu führt, dass die Politik nicht an Glaub­würdigkeit gewinnt.

Ich möchte in diesen fünf Minuten auf ein paar Punkte kurz eingehen. Natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, Verkehr ist mehr als Straße und Schiene. (Abg. Grosz: Sagen Sie etwas zu den Treibstoffpreisen!) Verkehr besteht aus der Luftfahrt, der österreichischen Schifffahrt, den Seilbahnen, die für uns als Tourismusland wesentlich sind. Das sind nur jene Bereiche – daher sind sie heute nicht im Fokus gestanden –, wo wir keine Kostenkürzungen vornehmen, wo wir nicht bei Gebühren zusätzlich Veränderungen vornehmen: im Bereich der Luftfahrt und der Schifffahrt und der Seilbahnen.

Herr Abgeordneter Deimek, Sie wissen, ich bin natürlich in engem Kontakt und führe diesbezüglich auch Gespräche, was die Situation der Austrian Airlines betrifft. Bei den Flugabgaben ist es so, dass wir da im europäischen Bereich nicht im Spitzenfeld sind – Deutschland liegt vor uns –, aber ich bin der Auffassung, wir sollten trotzdem schauen, ob wir da Erleichterungen vornehmen können.

Das Zweite, das mir wichtig ist, ist Folgendes: Die Österreichischen Bundesbahnen sind ein ausgegliedertes Unternehmen. Herr Abgeordneter Grosz, Sie sind ein bisschen in der Vergangenheit verhaftet, dass da Geld hineingeschoben wird. (Abg. Grosz: 5 Milliarden € im Jahr!)

Es gibt in Europa eine Liberalisierungsrichtlinie. Es gibt bei den Bundesbahnen Infrastrukturinvestitionen (Abg. Grosz: Wären Sie nur im Sekretariat vom Herrn Gusenbauer geblieben!), die beschließt dieses Hohe Haus, das ist die österreichische Verkehrspolitik der Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Und dann gibt es Strecken, die bestellen wir. Genauso wie man in Wien die U-Bahn finanzieren muss, genauso wie jede Stadt ihren Autobus, jede Gemeinde den öffentlichen Verkehr finanziert, finanzieren wir die Strecken des öffentlichen Verkehrs bei den Öster­reichischen Bundesbahnen, und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir sparen – ich sage es noch einmal – bei der Straße dreimal so viel im Vergleich zur Schiene, nämlich 2,8 Milliarden €, in den nächsten fünf Jahren. Da geht es nicht um Verschiebungen, da geht es darum, dass nicht alles als Autobahn gebaut werden muss, dass wir gute Verkehrslösungen für die Menschen in unserem Land auch erreichen können, indem wir Ortsumfahrungen schnell und kostengünstiger als Lan­desstraßen bauen. Ich bin sehr dankbar – auch nach vielen Gesprächen mit den Verantwortlichen in den Ländern –, dass es uns gelingt, so zu bauen, dass wir die Verkehre auch menschenfreundlich und umweltfreundlich organisieren. (Abg. Scheibner: Der Verkehr, nicht „die Verkehre“!)

Es ist nicht so, dass die Lkws deshalb durch den Ort fahren, weil man sie nicht auf der Schiene hat. Frau Abgeordnete, wir sind Europameister, was die Beförderung von Gütern auf der Schiene betrifft. Es gibt kein einziges Land in der EU, das so viele Güter auf der Schiene transportiert wie Österreich. Im EU-Durchschnitt wird gerade die Hälfte von dem transportiert, was wir in Österreich auf der Schiene transportieren.

Mir ist das noch immer zu wenig! Ich möchte bei der Lkw-Maut noch immer nicht nur die Ökologisierung – bei denjenigen, die mehr stinken, hat man auch mehr zu zahlen –, die wir mit 1. Jänner eingeführt haben (Zwischenruf des Abg. Grosz), sondern auch, dass wir am Brenner und im Unterinntal Querfinanzierungen für die Schiene organisieren. Mein Ziel ist es, dass wir nicht nur Europameister bei der Beförderung der Güter auf der Schiene bleiben, sondern dass wir das auch ausbauen. Und dazu brauchen wir mehr Kapazitäten und brauchen eine moderne Bahn und nicht eine aus dem 19. Jahrhundert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Sagen Sie etwas zu den Treibstoffpreisen!)


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Ich nehme den Vorwurf sehr ernst, wenn gesagt wird: Sie machen da ja nur etwas für die Bauwirtschaft! – Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Der Großteil der Investitionen in neue Straßen, die wir tätigen, geht in die Verkehrssicherheit. Ich rufe Folgendes in Erinnerung: Im Tauerntunnel sind 15 Menschen in einer Tunnelröhre verbrannt. Wir haben in diesem Haus ein Tunnelsicherheitsprogramm beschlossen, indem wir gesagt haben, wir wollen die österreichischen Straßen sicherer machen. Wir wollen nicht, dass Menschen in Verkehrstunneln umkommen, und daher investieren wir in diese Tunnel.

Das ist keine Investition nur für die Bauwirtschaft, sondern es ging dabei um sichere Straßen in unserem Land, als wir die zweite Röhre des Tauerntunnels gebaut haben, die letzten Sommer eröffnet wurde und wo wir nicht mehr permanent Blockab­fertigungen machen müssen, oder als wir den Bosrucktunnel gebaut haben, den wir eröffnen, oder wenn wir in vielen Bereichen tatsächlich auch neu bauen, um die Straßen in Österreich sicherer zu machen und menschliches Leid hintanzuhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend drei Bemerkungen, weil ich das Argument mitgeben möchte:

Frau Abgeordnete Moser, was die Elektrifizierung der Strecke Wien–Bratislava betrifft: Auf der Ostbahn ist Bratislava in 1 Stunde 10 Minuten, 1 Stunde 15 Minuten erreichbar, und das ist eine elektrifizierte Strecke. Auf dem Marchegger Ast, die zweite Strecke zwischen Wien und Bratislava, wird gerade an der Elektrifizierung gearbeitet, das Argument ist also falsch.

Zweitens: Es gibt keine Verbindungen zwischen Salzburg und Linz (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Graz! – Abg. Mag. Kogler: Zwischen Salzburg und Graz! Das kann sich ja keiner mehr anhören!) – Zwischen Salzburg und Linz verkehren täglich – täglich! – 100 Schnellzüge, die diese beiden Städte verbinden.

Drittens: Frau Abgeordnete Hakl, ich bin ganz bei Ihnen: Ja, wir müssen alles unter­nehmen, um den Zugang zur Bahn barrierefrei zu machen. Deshalb werden 100 zen­trale Bahnhöfe in Österreich ausgebaut – nicht nur für Menschen, die Behinderungen haben, sondern, so wie Sie sagen, für Familien, die mit kleinen Kindern unterwegs sind. Daher investieren wir auch in diesen Bereich sehr viel.

Was aber nicht sein kann – das wollte ich Ihnen nur sagen –, ist, dass Sie, wenn Sie mit dem railjet gefahren sind, auf den 23. Waggon verwiesen wurden. Der railjet fährt nur mit sieben Waggons und deshalb wird das nicht möglich gewesen sein. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Treibstoffpreise! – Abg. Ing. Westen­thaler: ... weil es nicht mehr geht! Da kann man nicht mehr replizieren! Das ist eine Unart!)

10.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.32.41Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 10722/J bis 10761/J,


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Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 75/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 10076/AB bis 10093/AB,

Anfragebeantwortungen (Präsidentin des Nationalrates):

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 69/ABPR;

3. Regierungsvorlagen:

Grundbuchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012 (1675 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird (1676 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Jänner 2012, vorgelegt von der Bundesministerin für Finanzen (Vor­lage 87 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 156 betreffend „Reiche müssen zahlen“, überreicht vom Abgeordneten Erwin Preiner,

Petition Nr. 157 betreffend „Keine Agrotreibstoffbeimengung ohne ausreichende soziale und ökologische Mindeststandards“, überreicht von den Abgeordneten Petra Bayr und Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 1831/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend nicht vollständig behobene Sicherheitslücken der Buchhaltungsagentur des Bundes;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 1833/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Evaluierung der bestehenden Befugnisrechte der Organe des öffent­lichen Sicherheitsdienstes;

Justizausschuss:

Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 – EAVG 2012) (1650 d.B.),

Antrag 1834/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Evaluierung aller gesetzlichen Maßnahmen, die geeignet sind, Bür­gerrechte zu beschränken;

Kulturausschuss:

Antrag 1828/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Evaluation des Salzburger Festspielfondsgesetzes;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 50

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 1830/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung der Sanierung der Sportanlage Pinkafeld;

Umweltausschuss:

Antrag 1827/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Schiefergasförderung,

Antrag 1829/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträg­lichkeits­prüfungs­gesetz 2000, zuletzt geändert mit BGBl. 144/2011, geändert wird,

Antrag 1837/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Analyse von AKW-Stresstests durch österreichische Experten;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 1835/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanierung des Bundesschulzentrums Deutschlandsberg,

Antrag 1836/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung des Fortbestands der HTL BULME Deutschlandsberg;

Verfassungsausschuss:

Antrag 1826/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Umgestaltung des Parteiengesetzes zur Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch,

Antrag 1838/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzlichen Konsolidierungsbedarfs im Bereich der Politikerpensionen alt;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 1832/A(E) der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betref-fend konsumentenfreundliche Preisauszeichnung von Zeitschriften und Magazinen;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2012 zum jährlichen Arbeitsprogramm der Kommission beziehungsweise des Rates (III-307 d.B.),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen über eine betreiberunabhängige Spieler­karte aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 16. Juni 2010, E 103-NR/XXIV. GP (III-308 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Übereinkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Zeugenschutz.

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 51

gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1839/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genug gezahlt – ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich wei­ters mit, dass die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1826/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umgestaltung des Par­teiengesetzes zur Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen.

Ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte hiezu liegt nicht vor. Der gegenständliche Fristsetzungsantrag wird daher gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 9937/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich außerdem mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 9937/AB der Anfrage 10105/J der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend private Feiern in Schulen durch die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um den Punkt 20 der Tagesordnung in Ver­hand­lung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen.

Beim Punkt 20 handelt es sich um den Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, 1674 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 und 3, 5 bis 7, 8 und 9, 14 und 15 sowie 16 und 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 52

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 112 Minuten, FPÖ 100, Grüne 88 sowie BZÖ 84 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wer diesem Vorschlag die Zustimmung gibt, den bitte um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.36.211. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1780/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG) erlassen und das Einführungs­ge­setz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Bundesministerien­ge­setz 1986, das Strafgesetzbuch, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bun­des­prä­sidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Volksbegehren­gesetz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geän­dert werden (EBIG-Einführungsgesetz) (1666 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


10.36.50

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Viele, viele Jahre haben wir und haben auch viele EU-Bürger zu Recht eingemahnt, dass es in der Europäischen Union Instrumente der direkten Demokratie geben sollte, denn seit vielen Jahren geben die Nationalstaaten – so auch Österreich – massiv Kompetenzen, auch Gesetzgebungskompetenzen, an die Europäische Union ab, ohne aber die Mitwirkungsrechte der Bevölkerung zu haben, die selbstverständlich in den meisten europäischen Demokratien – so auch in Österreich – verankert sind.

Vieles ist diskutiert worden: Ob es denn nicht EU-weit Referenden geben sollte, also nicht nur in den Nationalstaaten, wenn es darum geht, EU-Recht in das nationale Recht überzuführen oder etwa bei einem Beitritt oder einer Vertragsänderung zuzu­stimmen oder diese abzulehnen, aber auch bei wichtigen europäischen Initiativen europaweite Volksabstimmungen zu schaffen, damit auch die Bevölkerung, so wie in den meisten Nationalstaaten, an der Rechtsetzung direkt teilnehmen und auch über wichtige Bereiche – etwa über Änderungen der Verträge – abstimmen kann.

Viel ist darüber diskutiert worden, aber bis heute ist nichts umgesetzt worden – ja nicht einmal, dass es den EU-Bürgern möglich ist, dem Europaparlament eine Gesetzes­initiative vorzutragen, so wie das auch hier in Österreich möglich ist, nämlich, dass man über ein Volksbegehren an den Nationalrat eine Gesetzesinitiative heranträgt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 53

über die wir zu diskutieren und auch dann abzustimmen haben. Auch das ist auf Ebene der Europäischen Union nicht möglich.

Jetzt schafft man – und das ist als eine der großen Errungenschaften des Lissabon-Vertrages gefeiert worden – eine Möglichkeit der direkten Demokratie, nämlich die Europäische Bürgerinitiative. (Abg. Strache: Die ist schwach, die ist nicht verbindlich!) Ich sehe nicken bei den Grünen, die waren ja schon fast euphorisch; euphorisch ist vielleicht zu viel gesagt, aber sie haben zugestimmt im Ausschuss. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Was denn?) Die Freiheitlichen haben im Ausschuss noch dagegen gestimmt; wie ich höre, werden sie jetzt dafür stimmen.

Ich bin nicht der Meinung, dass das der richtige Weg ist. Ich bin sehr für die Instru­mente der direkten Demokratie. Ich war auch nicht so gegen den Lissabon-Vertrag, wie manch anderer hier im Hohen Haus, aber, meine Damen und Herren, in einer modernen Demokratie, 20 Jahre, 25 Jahre, nachdem wir hier in Österreich Bürgerinitia­tiven eingeführt haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), Petitionen eingeführt haben, so ein schwaches Instrument, ein Placebo der direkten Demokratie zu feiern, das verstehe ich nicht. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das kann man nur ablehnen, weil es nämlich wirklich ein Placebo ist!

Es ist ein Placebo auf EU-Ebene, weil man dort die Mitwirkung der Bevölkerung nicht haben will. Nur dann, wenn wieder einmal irgendwo eine nationale Volksabstimmung schiefgeht, kommt man drauf, dass die Europäische Union ja aus Bürgern, aus Menschen besteht und nicht nur aus Technokraten und Bürokraten und vielleicht noch ein paar hundert Politikern, die in Brüssel sitzen und in Wahrheit auch schon nicht mehr wissen, von wem sie gewählt sind und für wen sie da sind.

Das ist die Problematik! Ich bin sehr für Europa, ich bin auch für die Europäische Union, aber sie muss bürgernaher werden. Es kann nicht sein, dass durch solche Instrumente, durch solche Augenauswischereien eine Diskussion wegzuwischen ver­sucht wird, die wichtig ist und die wir seit vielen, vielen Jahren führen. Das kann nicht das Mittel dafür sein, diese Union – und das wäre notwendig – bürgernaher zu machen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, wie sieht denn diese Europäische Bürgerinitiative aus? – 1 Million Unterschriften (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ja nicht viel!) in mindestens sieben Mitgliedsländern sind notwendig. Der Kollege von den Grünen sagt: Das ist ja nicht viel! (Abg. Dr. Pirklhuber: In Europa!) – Na ja, mag sein, aber organisieren Sie das einmal! Das soll ja eine Bürgerinitiative sein. Aber danke für das Hölzl, denn: Was wird denn sein? – Es werden wieder Parteien und große Institutionen, vielleicht große Gewerkschaften dieses Instrument für ihre eigenen Zwecke verwenden können, und das Interesse des Bürgers daran, an der EU-Gesetzgebung, an der Rechtsetzung mitzuwirken, wird wieder einmal missachtet.

Das ist auch gar nicht möglich. – Ein interessantes Beispiel dazu: Herr Bundeskanzler Faymann hat angekündigt, er werde – er als Bundeskanzler; auch interessant, denn er sitzt ja eigentlich im Rat und könnte dort wirklich daran mitwirken, dass positive Initiativen gesetzt werden – über eine Europäische Bürgerinitiative den Atomausstieg der Europäischen Union unterstützen und forcieren. Ganz interessant! In Brüssel stimmt man nicht dagegen, wenn die Atomlobbyisten eine Maßnahme nach der ande­ren setzen, aber jetzt will man dieses Pflänzchen der direkten Demokratie nutzen, besser gesagt, wollte man – Konjunktiv –, denn man ist draufgekommen, dass das gar nicht geht. Es ist gar nicht möglich, solch grundsätzliche Forderungen wie etwa zur Änderung der EU-Verträge als Instrument der direkten Demokratie zu stellen. Man darf – es geht auch gar nicht ans Europaparlament – Anregungen an die Kommission


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richten, Anregungen mit allen möglichen Ausnahmen – also wirklich wichtige Dinge darf man nicht anregen –, und die Kommission hat dann drei Monate Zeit, um zu entscheiden, ob sie das umsetzt oder nicht und, wenn nicht, warum nicht.

Meine Damen und Herren, so etwas Ähnliches haben wir auch hier als Bürgerinitiative, als Bürgerbegehren, als Petition eingerichtet. Das geht aber wenigstens ans Parlament, und es gibt keine Formalkriterien. Eine Petition kann jeder unterschreiben, man braucht Namen, Unterschrift, Adresse. Egal wie viele Unterschriften sie bekommt, ob zehn, ob tausend Unterschriften, sie wird hier im Parlament eingebracht und im Petitionsausschuss behandelt.

Das ist bei der Europäischen Bürgerinitiative nicht möglich. Für dieses Wenige an Kompetenzen ist ein irrsinnig kompliziertes Verfahren einzuhalten. In Österreich sind österreichische Staatsbürger, die keinen Reisepass haben, weil sie sagen, sie brauchen keinen, und keinen Personalausweis – das ist auch nicht vorgeschrieben –, nicht wahlberechtigt, können nicht daran teilnehmen, weil – und das ist der zweite Punkt; erstens ist es schon einmal ein schwaches Instrument vonseiten der Euro­päischen Union – in Österreich noch zusätzliche, nicht notwendige Schranken eingebaut werden. Die konkrete Umsetzung ist nämlich nationale Angelegenheit.

Deutschland etwa zeigt, dass es schon auch sehr unbürokratisch gehen kann, nur mit stichprobenartigen Kontrollen, aber in Österreich wird das schärfer geregelt als etwa das Wahlrecht, auch Bürgerinitiativen, Volksabstimmungen, die Einleitung von Volks­begehren. Zur Teilnahme daran wird nämlich nur ein amtlicher Lichtbildausweis als Ausweisleistung verlangt, bei der Europäischen Bürgerinitiative verlangt man einen Reisepass oder einen Personalausweis, weil man die Nummer eintragen muss.

Gibt es in Österreich etwa keine Melderegister? (Abg. Dr. Wittmann: Weil man es elektronisch sammeln kann! Das ist der Unterschied!) – Weil Sie es elektronisch sammeln können, Herr Kollege! Ja wo sind wir denn heute im 21. Jahrhundert, dass jemand, der von einem demokratischen Recht Gebrauch machen will, 80 € oder 100 € zahlen muss, weil er sich einen Reisepass lösen muss, um die Reisepassnummer eintragen zu können?! In Deutschland ist das alles nicht notwendig. Bei uns werden Hürden aufgebaut, die ganz einfach nicht gerechtfertigt sind, und das wird dann hier auch noch entsprechend unterstützt. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, 1 Million € wird solch eine Bürgerinitiative für die betref­fenden Menschen kosten. Es gibt keine ordentlichen Computerprogramme dafür, das muss sich der Einzelne dann auch noch organisieren, aber was es gibt, ist Werbung. Natürlich! In Inseraten, mit EU-Geldern finanziert, wird bereits über diese Bürger­initiative, die der Staatsbürger gar nicht organisieren und wahrnehmen kann, informiert, noch dazu falsch informiert, weil nämlich auf ein Gesetzesinitiativrecht hingewiesen wird, das es in Wahrheit nicht gibt.

Noch einmal, meine Damen und Herren: Ich bin sehr für den Ausbau der Instrumente der direkten Demokratie. Das ist notwendig, auch um die Bindung der Staats- und Europabürger an dieses Europa und an die Europäische Union zu stärken. Aber das, was hier gemacht wird, ist ein typisches Werk von Bürokraten, die genau das nicht wollen: dass nämlich die Bevölkerung mitreden kann, an der Normsetzung in der Europäischen Union mitwirken kann! Dass man in Österreich dann noch zusätzliche Hürden einbaut, finde ich besonders beschämend. Deshalb werden wir diese Initiative ablehnen. (Beifall beim BZÖ.)

10.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 55

10.45.56

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner sehe ich die Euro­päische Bürgerinitiative, die am 1. April in Kraft treten soll, tatsächlich als große und weltweit einmalige Chance. Millionen Bürger und Bürgerinnen aus bald 28 Staaten werden die Möglichkeit haben, politische Themen auf die europäische Tagesordnung zu bringen, und zwar gemeinsam durch grenzüberschreitende direktdemokratische Mitwirkung. Ich denke, meine Damen und Herren, das ist schon etwas, worauf wir in Europa stolz sein können.

Die Bürgerinitiative, auf die sich die Mitgliedstaaten im Vertrag von Lissabon geeinigt haben, ist noch nicht perfekt. Bedauerlich ist zum Beispiel, dass es noch nicht gelun­gen ist, einheitliche, EU-weit gültige Regeln für die Durchführung zu finden. Das ist jedoch kein Grund, diese Bürgerinitiative schlechtzureden oder sie gar abzulehnen. Wie sie jetzt besteht, ist die Bürgerinitiative ein wichtiger Anfang, ein Schritt hin zu mehr Bürgernähe und Demokratie – was wir ja immer gefordert haben –, und ich bin mir sicher, dass sie sich langfristig weiterentwickeln und einen angemessenen Platz gegenüber dem Rat, der Kommission und auch dem Europäischen Parlament erkämpfen wird. Zumindest bei der Vereinheitlichung der Regeln hoffe ich, dass bis spätestens zur ersten Evaluierung in drei Jahren Verbesserungen zu erkennen sein werden.

Eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Europäischen Bürgerinitiative hängt aber entscheidend auch davon ab, wie die Regeln in den nationalen Staaten, in den einzelnen Ländern umgesetzt werden. Wenn wir wollen, dass die Bürgerinitiative als seriöse und gleichberechtigte EU-Institution anerkannt wird und sich etablieren kann, dann dürfen wir sie nicht behandeln, als ob sie eine einfache Unterschriftenkampagne oder x-beliebige Meinungsumfrage wäre. Man muss ganz gezielt Manipulation ausschließen, denn nichts schadet der Bürgerinitiative mehr als Zweifel an ihrer Echtheit.

Ich denke daher, dass wir derzeit in Österreich die richtige Entscheidung treffen, wenn wir bei der Stimmabgabe durch den Vermerk der Passnummer oder der Nummer des Personalausweises die Echtheit sicherstellen. Die Nachteile sind uns durchaus bewusst, wir werden daher prüfen, ob nicht etwa aufgrund von veränderten tech­nischen Möglichkeiten die Liste der Ausweispapiere in Zukunft erweitert werden kann. Uns war es wichtig, ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen der Sicherheit und der Einfachheit des Verfahrens herzustellen, und zwar ganz im Sinne der Stärkung der Europäischen Bürgerinitiative. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


10.49.06

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Kollegin Muttonen, stellen Sie sich vor, es gäbe das Instrument, heruntergeschraubt auf österreichische Verhältnisse: Die Form des Einbringens wird geändert, nur mehr mittels Pass und Passnummer ist das möglich. Vergleichen wir einmal die Situation auf europäischer Ebene mit dem EBIG, dem Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz, mit dem, was Österreich hat! – Wir hatten vor 25 Jahren schon wesentlich bessere Instrumente als das EBIG jetzt auf europäischer Ebene. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Ich versuche auch, zu differenzieren, denn die Vorgaben für die Bürgerinitiative auf europäischer Ebene sind ja an sich durchaus diskutabel – ich will nicht sagen, sie sind gut, aber sie sind auch nicht schlecht –, aber die Umsetzung, die seitens der


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Regierungsmitglieder erfolgt ist, gleicht de facto wirklich einem Demokratie-Boykott im 21. Jahrhundert.

Was ist passiert? – Die Eintragung der Passnummer etwa bedeutet, Sie müssen zum Gemeindeamt gehen, um sich auszuweisen. Das hatten wir alles schon einmal! Ich erinnere an das Volksbegehren von Jörg Haider, „Österreich zuerst“. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Was gab es da an Schikanen für die Bürger, wenn sie einige Tage später vom Bürgermeister vielleicht eine Baugenehmigung wollten. Die Bürger wurden schlecht, wurden benachteiligt behandelt. Genau das findet jetzt wieder statt.

Oder denken Sie an die Volksbefragung in Oberösterreich zur Linzer Oper! Auch dort gab es Missstände: Die Bürgermeister, die herrschenden Parteien, haben die direkte Demokratie nicht unterstützt, sondern, ganz im Gegenteil, boykottiert, damit ihre Interessen nicht zu kurz kommen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Denken Sie auch daran, wie viel direkte Demokratie wir in Österreich wirklich haben! In Oberösterreich braucht es 8 Prozent der Bürger, um eine Bürgerbefragung einleiten zu können. Das sind 80 000 Unterschriften. Das schafft doch nur mehr eine große Partei oder ein großer Konzern mit Inseraten – und nicht einmal die schaffen es. Das heißt, auch in Österreich hätten wir großen Handlungsbedarf, die Demokratie massiver auszubauen.

Daher denke ich, die Wertigkeit dieser EBI ist wirklich eine geringe. Es geht nur darum, bei der Europäischen Kommission etwas anzuregen, um dann dazu im Europäischen Parlament angehört zu werden. Sie ist kein Verfahren für ein Gesetz oder für eine Richtlinie oder sonst irgendetwas, sondern ganz im Gegenteil. Daher glaube ich, es müsste genügen, dass man so wie in Deutschland Unterschriftenlisten auf der Straße sammeln kann, die dann stichprobenartig überprüft werden.

Dazu würde man aber ein zentrales Wählerevidenzregister brauchen. Auch das haben wir nicht. Das heißt, wir müssen schauen, dass der Zugang zum Recht, zur Demokratie für die Bürger einfacher wird. Die Voraussetzungen dafür müssen wir eben durch eine zentrale Wählerevidenz und durch Stichproben schaffen. All das wurde in diesem Gesetz nicht verwirklicht, ganz im Gegenteil! Daher glaube ich, dass der heutige Tag ein schlechter Tag ist für die direkte Demokratie.

Es gibt viele Vorschläge hier im Hohen Haus, aber auch außerhalb des Parlaments, auf welchen Ebenen wir Demokratie ausbauen sollen. Das beginnt bei der Gemeinde, geht auf Landesebene weiter bis hin zum Bund. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) Die letzte große Errungenschaft gelang im Petitionsausschuss – dank Uschi Haubner und auch aller anderen Fraktionen hier im Haus –, dass man jetzt endlich Petitionen elektronisch unterstützen kann, Kollege Auer. Aber einbringen muss sie immer noch ein Nationalrat. Es war ein kleiner Schritt, aber man kann sie elektronisch unterstützen. Und von der Wertigkeit, liebe Kollegen von SPÖ und ÖVP, ist eine Petition an sich nichts anderes als eine Europäische Bürgerinitiative, vom Inhalt her.

Daher verstehe ich nicht, dass man derartige Hürden aufbaut: 14 250 Unterschriften, in sieben Ländern 1 Million, rund 1 Million Kosten für die Einreichung, um das überhaupt einmal verwirklichen zu können; elektronisch unterstützen ja, habe ich gehört, kann man machen, muss man aber zertifizieren. Was das wiederum bedeutet, wissen Sie auch. Das kann eine normale Bürgerinitiative gar nicht leisten. Daher ist dieser Tag ein schlechter Tag.

Es werden heute noch einige andere Dinge diskutiert, etwa das Sicherheits­polizei­gesetz, mit dem wir das Spitzeltum ausbauen, oder dieses komische Abkommen mit den Vereinigten Staaten, mit dem wir auch wiederum 8 Millionen Österreicher – sage ich einmal – unter Generalverdacht stellen, und auch diese Gesetzesvorlage dient


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dazu, die direkte Demokratie und die Bürgerrechte in Österreich noch einmal abzu­schwächen. Daher sagen wir: Gute Nacht, Österreich, bei diesen Gesetzen! (Beifall beim BZÖ.)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


10.53.37

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Die Kollegen des BZÖ messen hier offensichtlich mit zweierlei Maß. Als die ÖVP in Graz eine Umfrage gemacht hat mit einem Onlinesystem und eine Befragung über Sammeln von Unterschriften unmittelbar auf der Straße, da war es das BZÖ, das gesagt hat: Das darf nicht sein! Das BZÖ hat dort gefordert, was es hier kritisiert. (Zwischenrufe beim BZÖ.) – Es war Kollege Grosz.

Das BZÖ hat damals in Graz gefordert, dass man wieder zum Magistratischen Bezirksamt gehen muss. – Meine Damen und Herren, hier messen Sie mit zweierlei Maß! (Abg. Kopf: So ist es!) Unterstützen Sie die Europäische Bürgerinitiative, das nämlich wäre ein Weg zu direkter Demokratie! In diesem Punkt sind Sie nicht glaubwürdig, meine Damen und Herren vom BZÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, auch an die Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen, mit diesem Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz schaffen wir es, auch ein besonderes Beispiel des Parlamentarismus zu zeigen. Wir haben dieses Gesetz mittels eines Initiativantrages im vergangenen Herbst eingebracht. Wir haben zu diesem Gesetz auch ein Hearing hier im Hause durchgeführt (Abg. Scheibner: Das katastrophal war, das wissen Sie!), wir haben es intensivst diskutiert. Wir haben das mit den Grünen sehr intensiv diskutiert. Sie vom BZÖ haben sich nicht besonders daran beteiligt, Sie haben nur im Ausschuss ein paar Meldungen abgegeben. (Abg. Scheibner: Alle Experten haben das Gesetz zerrissen! Seien Sie doch nicht so überheblich!) Wir haben danach auch intensiv über einen Entschließungsantrag gesprochen, der die Schwächen in diesem Bereich beheben soll.

Im Vergleich dazu möchte ich ganz besonders auch die Freiheitliche Partei an­sprechen, denn die verhält sich hier wenigstens kongruent im Unterschied zu Ihnen vom BZÖ. Sie hat die direkte Demokratie gefordert und stimmt heute dieser Vorlage auch zu, weil sie verstärkt für direkte Demokratie eintritt. Das ist das, was vielleicht auch der Prozess im Rahmen des Ausschusses ausgemacht hat: dass wir nun eine Vier-Parteien-Lösung zustande bringen, um den europäischen Bürgerinnen und Bürgern und den Österreicherinnen und Österreichern Europa näherzubringen. (Abg. Scheibner: Aber nur denen mit Reisepass!) Mehr Bürgernähe für Europa, mehr direkte Demokratie in Europa – das gehört gefeiert und nicht kritisiert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das bedeutet eine Stärkung der Partizipation und ermöglicht Österreich schon durch eine geringe Anzahl von Unterschriften – Sie haben gesagt 1 Million; ich muss das für die Zuhörerinnen und Zuhörer verdeutlichen, denn in Österreich braucht es 14 250 Stimmen; das wäre Ihnen bei jedem einzelnen Volksbegehren sicher zu wenig, wenn sie nur 14 250 erreichten – daran teilzuhaben, dass eine Initiative an die Euro­päische Kommission zustande kommt, meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Aber man bewirkt ja nichts damit! Haben Sie gelesen, was man damit bewirkt? Gar nichts!)

Sie kritisieren, dass sich die Damen und Herren bei einer Bürgerinitiative ausweisen müssen, damit kein Schaden entsteht, damit nicht Missbrauch betrieben wird. Diese


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Haltung verstehe ich nicht, weil Sie nämlich auf der anderen Seite damit gutheißen würden, dass man aus dem Internet Daten herunterladen kann, dass man die Daten kopieren und sie danach einfach als Europäische Bürgerinitiative einbringen kann. – Nein, meine Damen und Herren vom BZÖ, das ist nicht unsere Haltung! Hier sind sich SPÖ und ÖVP absolut einig. Ohne Klarheit darüber, dass der Bürger, der den Antrag und die Unterschrift eingebracht hat, auch tatsächlich er ist, wird das nicht weiter­geleitet.

Wir stehen dafür, dass hier kein Schwindel betrieben wird. Wir stehen dafür, dass einzelne Gruppen, Parteien Bürgerinitiativen nicht zusammenschummeln und zusam­menstoppeln können, sondern wir stehen dafür, dass jeder Einzelne, der sich einbringt, auch ganz genau weiß, dass mit seinen Daten auch sorgsam umgegangen wird.

Meine Damen und Herren, ich stehe nicht an – und das hat auch Frau Kollegin Muttonen gesagt –, zu sagen, dass das ein erster Schritt ist. Es ist ein erster Schritt, es ist noch nicht das Wunderwerk. Daher haben wir auch eine gemeinsame Ent­schließung verfasst, mit der wir gemeinsam versuchen, ein zentrales Onlinesystem in Europa zustande zu bringen, wobei für alle Unionsbürger dieselben Rechte und Pflichten gelten. Das ist das, worauf wir hinauswollen.

Ich gebe Ihnen auch darin recht, dass das Nächste sein wird, dass wir nicht nur eine Gesetzesinitiative über die Kommission zustande bringen, sondern natürlich ist es unser Ziel, danach zu trachten, dass eine Europäische Bürgerinitiative auch zum Europäischen Parlament kommt.

Das sind die nächsten Stufen, mit denen wir uns beschäftigen werden. Das ist der Ausbau der direkten Demokratie in Europa. Dafür stehen wir, und das halte ich für gut. Es wäre sehr schön, wenn wir auch noch eine Fünf-Parteien-Einigung erreichen könnten. (Beifall bei der ÖVP.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


10.59.15

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Mein Vorredner von der Volkspartei hat soeben gesagt, ich hätte mich gegen direktdemokratische Mittel – am Beispiel der Umfrage der Grazer Volkspartei über das Internet – ausgesprochen.

Ich berichtige: Ich habe sogar persönlich teilgenommen an dieser Umfrage, als Zeichen auch für direkte Demokratie. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­ob­mann Strache. – Bitte. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

 


11.00.01

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich muss man festhalten, dass die Europäische Union sich aktuell nicht nur in einer Finanz- und Währungskrise befindet, sondern sehr wohl auch in einer ernsthaften Demokratie­krise – aber auch wir in Österreich müssen diese Krise für uns festhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir heute über das Gesetz betreffend Europäische Bürgerinitiativen debattieren und auch eine Entscheidung treffen, so muss man natürlich auch ehrlich damit


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umgehen. Und wenn man ehrlich damit umgeht, dann muss man sagen, das ist ein zartes Pflänzchen einer vielleicht in Zukunft möglich werdenden direktdemokratischen Einrichtung, aber das zarte Pflänzchen – das ist von Vorrednern schon richtig ange­sprochen und analysiert worden – ist natürlich bis dato ein Placebo, denn es gibt keine rechtliche Verbindlichkeit dahinter. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Was mit Volksbegehren geschieht, erleben wir ja in Österreich. Wir sind zwar vor 25 Jahren wesentlich weiter gewesen, als die Europäische Union heute ist (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Pirklhuber), aber wir haben ja hier bei uns in Österreich einen Reformbedarf. Fangen wir doch hier an, und machen endlich das, was wir Freiheit­lichen vorschlagen, nämlich die direkte Demokratie verbindlich in der Verfassung zu verankern! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Widmann.)

Dort müssen wir hin, und es ist natürlich so, dass wir mit dieser Europäischen Bürgerinitiative nicht wirklich eine echte Stärkung oder eine echte Ermöglichung der direkten Demokratie erhalten. Da muss man schon auch auf etwas hinweisen: Da wird still und leise vom SPÖ/ÖVP-Ministerrat das ACTA-Abkommen unterzeichnet – still und leise; das dann zum Glück jetzt einmal ausgesetzt wurde –, wodurch man die Bürgerrechte in Zukunft letztlich beschneiden wollte und versucht hat, alles, was im Internet geschieht, zu kontrollieren. Ungeheuerliche antidemokratische Entwicklungen!

Da wird im Hintergrund mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus, dem ESM-Diktat, still und leise der weitere Abbau der Demokratie vorbereitet, wo man vorhat, wiederum die Demokratie abzuschaffen und es in Zukunft zu ermöglichen, dass der Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus ohne Europäisches Parlament, ohne Entscheidung hier im österreichischen Parlament Entscheidungen treffen kann, dass er ohne demokratische Legitimation den Rettungsschirm auf bis zu 2 000 Milliarden € anheben kann und damit auch unsere österreichische Haftungs­summe von heute 21 Milliarden auf über 70 Milliarden € anheben kann. Ja, wo leben wir denn?, frage ich mich, wenn ich sehe, was Sie da im Hintergrund an antide­mokratischen Entwicklungen unterstützen und vorantreiben wollen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Es braucht daher eine wehrhafte Demokratie in diesem Haus – vonseiten der Bevöl­kerung –, aber endlich auch die Instrumente dafür, dass Sie kontrolliert werden und dass es ein Regulativ für Ihre politischen Fehlentscheidungen gibt. Eigentlich sollte diese Europäische Bürgerinitiative ein EU-weites Werkzeug sein, das die direkte Demo­kratie möglich macht. Das ist sie nicht – das ist sie leider nicht –, sondern es wird letztlich eine Beteiligung der Bürger möglich gemacht, wobei insgesamt über eine Million Unterstützungsunterschriften in sieben EU-Ländern gesammelt werden müssen.

Es stimmt schon, in Österreich werden nur 14 700 benötigt, soweit ich es jetzt im Kopf habe, aber trotzdem frage ich mich: Warum zählt nicht die eine Million Unter­stützungs­unterschriften nur in Österreich auch, damit in der Europäischen Union endlich darüber diskutiert wird? (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Da muss doch die Million überall gleich viel wert sein – da dürfen doch nicht schon wieder Verhinderungs­mechanismen eingebaut werden!

Natürlich stimmt es auch – wenn man die Passkontrolle und die Personalausweis­kon­trolle hernimmt –, dass man eigentlich bei einer Bürgerinitiative über Instru­mentarien nachgedacht hat, wie man ein Riesen-Tamtam schaffen kann, obwohl es ohnehin keine rechtlich konsequente Auswirkung geben wird. Das ist genau das Unverständ­liche! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Widmann.)

Wenn dahinter wenigstens rechtlich verbindliche Gesetze stehen würden, wie etwa dass das Europäische Parlament sich damit auseinandersetzen muss, wenn über eine Million Europäer unterschreiben, dass der Antragsteller die Möglichkeit hat, im Euro-


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päischen Parlament sprechen zu dürfen (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), wenn eine verbindliche Umsetzung oder ein Mechanismus einer verbindlichen Umsetzung gesetzlich festgelegt würde, dann wäre es wirklich direkte Demokratie.

Aber herausgekommen ist ein zahnloses Konstrukt von durchaus demokratiefernen europäischen Technokraten, und das erleben wir seit einiger Zeit: einen europäischen Unionszug, der im Eiltempo dahinrast, aber nicht bereit ist, die Bürger mitzunehmen. Und genau das kritisieren wir. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen das letztlich ja auch bei uns an Kritikpunkten in Österreich: Wie geht man hier mit Volksbegehren um, die fast 500 000 Unterstützungserklärungen erhalten haben, wie das Bildungsvolksbegehren? Was wird geschehen? Wir haben es bei den vielen Volksbegehren, die wir in Österreich schon hatten, gesehen, und da fühlen sich die Österreicher gepflanzt: Da unterschreibt man, dann wird es im Parlament diskutiert, vielleicht noch in einen Ausschuss verlagert, und am Ende geschieht nichts. – Damit muss Schluss sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen die direkte Demokratie hier in Österreich endlich umsetzen, hier in der öster­reichischen Verfassung verankern: Wenn über 250 000 Österreicher ein Volksbe­gehren für eine Gesetzesänderung oder für eine Gesetzeseinführung – auch bei EU-Themenbereichen, auch bei Verfassungsgesetzen – unterstützen, dann hat eine ver­bind­liche Volksabstimmung stattzufinden! Das Ergebnis einer verbindlichen Volks­abstim­mung, bei der über 30 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen, hat dann auch hier im Hohen Haus verbindlich umgesetzt zu werden. Das bedeutet Mitsprache der Bürger – und nicht permanent über die Bürger drüberzufahren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das wollen wir durchsetzen, dafür stehen wir, und dafür setze ich mich auch ein, weil es notwendig werden wird. Es braucht echte direkte Demokratie. Fangen wir hier an, und bauen wir hier, von Österreich ausgehend, einen Druck auf die Europäische Union auf. Das Beispiel Schweiz ist ein gutes Beispiel, und dagegen gibt es im Grunde keine Argumente – außer man will keine Kontrolle. Und dass Sie keine Kontrolle wollen, das wissen wir. Sie wollen die Kontrollmechanismen hier reduzieren, beim Rechnungshof die Beamten reduzieren – überall dort, wo Sie kontrolliert werden, haben Sie Angst. Deshalb wollen Sie natürlich auch keine Kontrolle durch das Volk, das vielleicht in Zukunft die Möglichkeit haben kann, Sie zu regulieren, Ihnen mit direktdemokratischen Mechanismen entgegenzutreten und Fehlentscheidungen auch zu korrigieren. Aber genau das wird notwendig sein.

Wenn wir heute von Politikverdrossenheit reden: Ja, die gibt es, aber es ist in erster Linie eine Politikerverdrossenheit, weil die Menschen die politischen Köpfe satthaben, die sich permanent hinstellen, Dinge versprechen und dann nicht einhalten und permanent gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung Politik machen. Das ist der Grund der Verdrossenheit! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen dieser Verdrossenheit durch konkrete Handlungen entgegenwirken und haben hier auch immer wieder Anträge eingebracht – für die Einführung der direkten Demokratie. Wir werden das weiter vorantreiben, weil die Menschen sehen können: Auf uns Freiheitliche kann man sich in diesen Fragen der direkten demokratischen Mitbestimmung verlassen, für die stehen wir, und dafür kann man uns in Zukunft auch stärken, weil es notwendig werden wird, dass wir das im Land durchsetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich gibt es viele, viele andere Bereiche, die wir auch noch verbessern können. Wir wollen natürlich auch die Volksbefragung endlich zu einem parlamentarischen Minderheitenrecht machen. Wenn ein Drittel der Abgeordneten hier im Hohen Haus einen Antrag auf eine Volksbefragung unterstützt, dann soll es diese auch geben – und


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nicht Verhinderungsmechanismen, wie wir sie heute teilweise haben, bis hinein in die Landesgesetze.

80 000 Unterstützungserklärungen pro Bundesland, das muss man erst einmal er­reichen! Das haben wir Freiheitlichen einmal geschafft, das war damals bei der Weltausstellung in Wien, die wir verhindern konnten. Aber was das bedeutet hat: Das war fast nicht erreichbar – da muss man ehrlich sein –, trotz aller strukturellen und organisatorischen Möglichkeiten, die wir damals genutzt haben; es war fast ein Glück, dass wir das erreichen und erzwingen konnten. Deshalb muss man hier natürlich auch Änderungen ansetzen und darüber nachdenken, wie das Volk endlich stärker und auch wirklich rechtlich verbindlich eingebunden werden kann.

Für uns ist das der demokratiepolitische Auftrag, dem wir nachkommen, den wir auch leben, den Sie vonseiten der Regierung aber offensichtlich wie der Teufel das Weih­wasser fürchten. Aus gutem Grund fürchten Sie ihn wie der Teufel das Weihwasser, weil Sie wissen: Wenn Sie in den entscheidenden Fragen, in denen Sie gar nichts weiterbringen oder wo Sie Beschlüsse zum Nachteil der Bevölkerung fassen, das Volk befragen würden, dann würde es klare Entscheidungen geben – aber genau das wollen Sie nicht, weil Sie dann Ihre Netzwerke nicht mehr bedienen können, denen Sie teilweise im Wort sind. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Mag. Widmann.)

Aber ich sage: Für uns gibt es nur ein Netzwerk, das zählt: Das ist die österreichische Bevölkerung, das sind die Interessen der österreichischen Bevölkerung und das sind die Mehrheitsmeinungen der eigenen Bevölkerung. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das ist Demokratie, und alles andere ist in Wirklichkeit ein Mechanismus, der Demokratie verhindern soll. Da verstehe ich schon, dass Sie sich da hinten aufregen und vonseiten der ÖVP ordentlich hineinplärren, das verstehe ich schon, weil Sie Angst haben.

Wir haben keine Angst vor dem Volk, und das Recht hat wieder vom Volk auszugehen! Das ist auch das, was in unserer Verfassung verankert ist, was Sie aber permanent mit Füßen treten. Genau das wollen Sie aber nicht, und deshalb wird es zwischen uns auch eine harte inhaltliche Auseinandersetzung zu diesen Themenbereichen geben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ja, dazu stehe ich: Das Rechtsinstitut der Volksbefragung ist auch ein geeignetes Instrument, letztlich über die Reformstarre dieser Koalition hinwegzukommen. Ja, das wollen wir und müssen wir nutzen, und das vergessen Sie ständig – und zum Teil auch ein bisschen die Grünen, das muss ich schon anmerken, denn Ihnen ist die direkte Demokratie nur dann ein Anliegen, wenn es Ihnen ideologisch in den Kram passt. Das ist bei uns nicht der Fall. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ich sage: Das Volk muss grundsätzlich die Möglichkeit haben, Initiativrechte gesetzlich verbindlicher Art ausüben zu können. Ob es mir ideologisch passt oder nicht, das ist nicht zu hinterfragen, sondern es muss für jeden mündigen Bürger die Möglichkeit gegeben sein, zu sagen, da gibt es Fehlentwicklungen, dagegen trete ich auf und ich erzwinge eine verbindliche Volksabstimmung (Beifall bei der FPÖ – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), an deren Ergebnis wir uns alle zu halten haben, ob es uns passt oder nicht.

Das ist doch das gemeinsame Element, wo wir uns auch – ich sage einmal ganz bewusst – alle finden könnten, wenn man es ernst meint. Bis dato meinen es nur viele hier in diesem Haus nicht wirklich ernst, und deshalb bitte ich Sie, endlich ernsthaft in diese Debatte einzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

11.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 



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11.10.56

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir beschließen heute das erste direktdemokratische Instrument auf europäischer Ebene. Sie haben mir vorhin Euphorie unterstellt, Herr Kollege Scheibner (Zwischenruf des Abg. Scheibner) – Sie haben das dann eh wieder zurückgenommen –, Euphorie im Verfassungsausschuss.

Euphorisch bin ich bei anderen Angelegenheiten, in diesem Fall nicht, aber ich freue mich schon. Ich freue mich, weil es gelungen ist – und vor allem: unter federführender Mitarbeit der Grünen auf europäischer und auch auf nationaler Ebene gelungen ist (Zwischenruf des Abg. Scheibner) –, diese Europäische BürgerInneninitiative in dieses Stadium zu bringen, in dem sie jetzt ist.

Ich kann gerne das Bild vom zarten Pflänzchen aufgreifen: Ja, auch wir sehen das als zartes Pflänzchen, auch wir hätten uns mehr gewünscht. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Scheibner und Mag. Widmann.) Wir hätten uns eine Verbindlichkeit gewünscht, wir hätten uns Volksabstimmungen auf europäischer Ebene gewünscht und vieles mehr.

Aber: Wir Grüne haben einen anderen Umgang mit zarten Pflänzchen, wie Sie wissen, wir steigen nicht drauf, sondern wir schauen, dass diese zarten Pflänzchen weiter­wachsen. (Beifall bei den Grünen.) Und das haben wir in den letzten Wochen auch getan: Wir sind in ernsthafte Verhandlungen gegangen – im Gegensatz zu den ande­ren beiden Oppositionsparteien sind wir nicht in Frontalopposition gegangen – und haben genau die Punkte angesprochen, die Sie heute auch angesprochen haben, die wir auf das Schärfste kritisiert haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Mag. Widmann.)

Punkt 1: der Identitätsnachweis. Man kann lange darüber diskutieren, ob überhaupt ein Identitätsnachweis erforderlich ist oder nicht. Was wir aber sehr wohl kritisiert haben, ist, dass Reisepass und Personalausweis als Ausweise, die hier ausschließlich Gültigkeit haben, sicher zu wenig sind. Es gibt sehr viele Menschen, die weder den einen noch den anderen Ausweis besitzen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Widmann und Scheibner.) Ich habe aktuell eine Anfrage an die Innenministerin gestellt, und wir werden sehen, wie viele Menschen das sind.

Wir haben in langen Verhandlungen erreicht, dass jetzt zumindest das Innenminis­terium aufgefordert ist, zum einen die Ausweitung auf andere Ausweispapiere zu prüfen und zum anderen an die Kommission heranzutreten und in Verhandlungen zu treten, was diese Hürde betrifft.

Sie wissen ganz genau, dass Österreich jetzt nicht anders hätte handeln können, weil das nämlich in der Verordnung drinnen steht (neuerliche Zwischenrufe der Abgeord­neten Scheibner und Mag. Widmann), so wie es in Deutschland nicht in der Verordnung steht. (Beifall bei den Grünen.) Es ist eben in jedem Land anders geregelt, und wir können nicht einfach eine Regelung anders machen, als es in der Verordnung steht. Aber was wir machen können – und da sind wir halt pragmatisch und sagen, diesen Weg gehen wir –, ist, dass die Regierung in Verhandlungen geht (Abg. Scheibner: Ja, aber die deutsche Regelung hätten wir schon ...!) und sich im Rahmen der Evaluierung auch anschaut, welche Bedeutung diese Hürde für die Durchführung von Europäischen BürgerInneninitiativen hat.

Der zweite Punkt, den wir aufgegriffen haben, war das Onlinesammelsystem. Ja, es ist für die Initiativen eine große finanzielle Belastung, ein Onlinesammelsystem aufzu­setzen, es zertifizieren zu lassen, die Kosten dafür zu tragen und dann auch die entsprechenden Haftungen zu übernehmen. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass das Ministerium ein Onlinesammelsystem aufsetzt, das von allen Initiativen verwendet


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werden kann. Damit sind wir nicht durchgekommen, aber wir haben geschafft, dass auf europäischer Ebene Gespräche aufgenommen werden sollen, dass auf europäischer Ebene allen ein Sammelsystem zur Verfügung gestellt wird.

Auch die Fristen haben wir verändert. Ursprünglich stand in dem Antrag drinnen, dass die Fristen, die an und für sich laut Verordnung für zwölf Monate vorgesehen sind, sich auf elf Monate verkürzt hätten. Das haben wir angesprochen, und das haben wir verändert – und vieles mehr. Ich erspare Ihnen jetzt die Aufzählungen, die können Sie auch im Entschließungsantrag und im Abänderungsantrag und in Abänderungen nachlesen.

Aber so zu tun, als wäre hier nicht einiges erledigt worden, und so zu tun, als würde hier nicht ein Bewusstsein bestehen, dass der Identitätsnachweis ein Problem ist (Abg. Scheibner: Ja, das hätten Sie durchsetzen können! Hätten Sie halt Nein gesagt!), dass die Kosten für das Onlinesammelsystem ein Problem sind, das ist leider wirklich Realitätsverweigerung.

Und es ist auch so, Herr Kollege Widmann, wenn Sie die aktuellen nationalen Volks­begehren zum Vergleich heranziehen, dass man da schon unterscheiden muss: Bei der Europäischen Bürgerinitiative handelt es sich um eine – unter Anführungszeichen – „private“ Sammlung durch Initiativen auf der Straße oder online. Bei den Volks­begehren, die wir hier in Österreich jetzt haben, handelt es sich noch immer um eine amtliche Sammlung, das heißt, man muss zu einem Magistrat, auf die Gemeinde gehen und dort auch einen Ausweis vorweisen. Es ist ja nicht so, dass man in Öster­reich keinen Ausweis vorweisen muss (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Widmann und Scheibner), nicht den Reisepass, da gebe ich Ihnen ja vollkommen recht; das haben wir auch hier mit hineingenommen und verändert.

Ich gebe Ihnen auch vollkommen recht, dass man auch im österreichischen System einiges verändern muss, und da bin ich auch bei Ihren Forderungen, was die direkte Demokratie betrifft. Ich weiß nicht, woher sie es nehmen, dass wir nur dann für direkte Demokratie sind, wenn es uns passt. (Abg. Strache:  abgelehnt unsere Anträge! Sie haben unsere Anträge  abgelehnt!)

Herr Kollege Strache, wenn Sie im Verfassungsausschuss des Öfteren auftauchen würden, dann wüssten Sie, dass Ihre Anträge zur direkten Demokratie dort noch gar nicht verhandelt worden sind. (Abg. Strache: Hier im Haus!) – Da gab es noch keine, die zur Abstimmung kamen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.) – Da gab es noch keine; es gibt Anträge, die liegen im Verfassungsausschuss, die müssen im April erledigt werden.

Eines muss ich Ihnen schon sagen, wenn Sie hier immer danach rufen, dass direkte Demokratie einzurichten und das Volk einzubinden sei. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, da sind wir auch nicht so weit auseinander. Aber Ihre Haltung dazu und Ihre eigentliche Motivation dahinter sind auch sehr leicht zu erkennen. Wenn Sie in Aschermittwoch-Reden und auch in anderen öffentlichen Aussagen direkte Demokratie immer nur damit verwechseln, dass Sie – wenn Sie angeblich irgendwann einmal in der Regierung sind – das Volk befragen werden oder Volksabstimmungen durchführen werden über genau die Punkte, die Ihnen nicht passen, aber von denen Sie noch überhaupt nicht wissen, wie die Österreicherinnen und Österreicher dazu stehen, dann ist das nicht mein Verständnis von direkter Demokratie. (Abg. Ing. Hofer: Das werden wir sehen! – Abg. Strache: Das Volk entscheidet!)

Mein Verständnis von direkter Demokratie ist, dass die Bürgerinnen und Bürger – und zwar nicht nur die Österreicherinnen und Österreicher, sondern alle, die von den Regelungen betroffen sind; das heißt: auf Bezirksebene die Menschen, die im Bezirk leben, unabhängig von der Staatsbürgerschaft, auf Gemeindeebene die Menschen, die


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dort leben (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Hofer und Strache) –, dass all diese Menschen Initiativen setzen können und es bei ausreichender Unterstützung zu Abstimmungen kommt.

Das heißt: direkte Demokratie von unten und nicht direkte Demokratie von oben. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.) Das verstehe ich nämlich nicht unter direkter Demokratie, und da unterscheiden wir uns sehr, sehr eindeutig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Das war jetzt sonderlich und absurd, was Sie zum Besten gegeben haben!)

Ein inhaltlicher Punkt, den wir in den Gesprächen mit ÖVP und SPÖ angesprochen haben, betrifft die Zertifizierungsstelle. Das klingt jetzt kompliziert. Es gibt in Österreich eine Stelle, die die Onlinesammelsysteme zertifizieren kann. Das ist ein Monopol. Es gibt nämlich nur eine Stelle, die per Verordnung dafür zugelassen ist, die sogenannte A-SIT. Wir kennen sie vom E-Voting, wir kennen sie aus Diskussionen im Zusam­men­hang mit E-Government.

Aus unserer Sicht ist das keine Einrichtung, die monopolistisch vorgehen sollte. Die Zertifizierung von direktdemokratischen Onlinesammelsystemen ist keine Angelegen­heit, die von privaten gemeinnützigen Vereinen – und die A-SIT ist ein Verein – durchgeführt werden soll. In Deutschland ist das anders geregelt – weil Deutschland heute schon als Beispiel gebracht wurde –, dort gibt es ein Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Ein entsprechendes Bundesamt stellen wir uns auch vor, und deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Musiol, Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Natio­nal­rat eine Regierungsvorlage zur Einrichtung eines Amtes für Sicherheit in der Informationstechnik vorzulegen.“

*****

Ich glaube, wir tun alle gut daran, bei Diskussionen zu direkter Demokratie auf nationaler Ebene, die wir spätestens im April führen müssen, auch die Initiativen miteinzubeziehen, so wie wir das auf unsere Anregung hin bei der Europäischen BürgerInneninitiative gemacht haben: Hearings, Gespräche mit den Initiativen, um wirklich eine Lösung zu finden, die für alle passt. Wir werden dieses Pflänzchen weiter gießen und nicht zertrampeln lassen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Daniela Musiol, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde betreffend Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik; eingebracht im Zuge


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der Debatte zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1780/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Euro­päische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG) erlassen und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Bundesministeriengesetz 1986, das Strafgesetzbuch, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahl­ge­setz 1971, die Europawahlordnung, das Volksbegehrengesetz 1973, das Volksabstim­mungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (EBIG-Einführungsgesetz)

Begründung

Gemäß dem Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz hat die Bundeswahlbehörde zur Prü­fung des Online-Sammelsystems zwingend eine nach § 19 Signaturgesetz zugelas­sene Bestätigungsstelle heranzuziehen. Derzeit ist nur eine solche Stelle per Verord­nung zugelassen, nämlich die A-SIT, Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria. „A-SIT wurde im Jahr 1999 als gemeinnütziger Verein gegründet und wird privat­wirtschaftlich als kompetentes Zentrum für IT-Sicherheit geführt. Mitglieder sind öffentliche Institutionen: Bundesministerium für Finanzen (BMF), Oesterreichische Nationalbank (OeNB) und die Technische Universität Graz (TU Graz).“

Die unterfertigten Abgeordneten sind der Auffassung, dass solche wichtigen Aufgaben der Informationssicherheit nicht von einem semi-privaten Organ sondern von der öffentlichen Hand selbst wahrgenommen werden sollte. Dies würde auch vergabe­rechtliche Fragen bei der Beauftragung eines privatrechtlichen Vereins lösen. Es ist wichtig, dass der Staat selbst entsprechendes Knowhow aufbaut und pflegt. Ein solcher Fachkörper könnte ähnlich wie das deutsche Amt für Sicherheit in der Infor­mationstechnik u.a. folgende Aufgaben wahrnehmen:

Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Informationstechnik des Bundes;

Sammlung und Auswertung von Informationen über Sicherheitsrisiken und Sicher­heitsvorkehrungen und Zurverfügungstellung der gewonnenen Erkenntnisse für andere Stellen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben oder zur Wahrung ihrer Sicherheits­interessen erforderlich ist;

Entwicklung von Kriterien, Verfahren und Werkzeugen für die Prüfung und Bewertung der Sicherheit von informationstechnischen Systemen oder Komponenten und für die Prüfung und Bewertung der Konformität im Bereich der IT-Sicherheit;

Prüfung und Bewertung der Sicherheit von informationstechnischen Systemen oder Komponenten und Erteilung von Sicherheitszertifikaten nach international anerkannten Standards und Normen mit Fokus auf dem öffentlichen Sektor;

Entwicklung und laufende Anpassung von sicherheitstechnischen Anforderungen an die einzusetzende Informationstechnik des Bundes und an die Eignung von Auftrag­nehmern im Bereich von Informationstechnik mit besonderem Schutzbedarf;

Mitwirkung im Gesetzesvollzug, sofern Fragen der Informationssicherheit betroffen sind.

Diese Aufgaben sollten im Wesentlichen in eigener Fachkompetenz, ohne Rückgriff auf externe Ressourcen, erfüllt werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, dem Na­tional­rat eine Regierungsvorlage zur Einrichtung eines Amtes für Sicherheit in der Informationstechnik vorzulegen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner zu Wort. – Bitte.

 


11.19.26

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, gerade mit dem heutigen Tag, mit dem Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz setzen wir einen wichtigen und richtigen Meilenstein in Richtung mehr Demokratie auf europäischer Ebene und machen uns letztendlich auch zum Vorreiter in der Unterstützung von mehr Demokratie auf europäischer Ebene.

Warum ist uns das wichtig? – Weil wir der Überzeugung sind, dass gerade Organi­satorinnen und Organisatoren das Recht auf Anhörung beim Europäischen Parlament haben müssen. Und gerade dadurch haben wir hier auch die Chance, das Vertrauen in die Europäische Union zu stärken, haben wir hier vor allem auch die Chance, das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik generell wieder zurückzugewinnen.

Was sehr schön ist, ist, dass gerade mit dieser Europäischen Bürgerinitiative die E-Partizipation Realität wird. Das heißt, mit dieser E-Partizipation wird es möglich, dass alle Bürgerinnen und Bürger Initiativen auf elektronischem Wege unterstützen können.

Wir seitens Österreich haben uns natürlich mit diesem Thema intensiv befasst und haben uns hier auch umfassend eingebracht bei der Erstellung der EU-Verordnung, haben hier all unsere Kompetenz, all unser Wissen aus unserer Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte eingebracht, weil es uns wichtig ist, dass hier eine optimale Vollziehung möglich ist, ganz im Sinne einer Rechtsstaatlichkeit.

Aber – es wurde heute schon viel diskutiert – wir sind natürlich auch realistisch genug, dass wir wissen, dass es in Zukunft hier natürlich auch Änderungen bedarf, dass wir zweifelsohne an der einen oder anderen Schraube drehen müssen. Deswegen bin ich auch froh, dass es in einigen Jahren dazu auch eine umfassende Evaluierung geben wird.

Ich stehe auch nicht an, hier allen zu danken, die sich im Vorfeld dazu eingebracht haben, meinen Verantwortungsträgern im Innenministerium, dem Abteilungsleiter Minis­terial­rat Robert Stein, selbstverständlich auch den Expertinnen und Experten des Justizministeriums, des Bundeskanzleramtes und natürlich auch des Bundes­ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten.

Zurück ganz kurz zur E-Partizipation: Was war und ist uns in diesem Zusammenhang ganz wichtig? Der Rechtsschutz und die Rechtssicherheit, vor allem auch der gesamte Bereich der Datensicherheit und des Datenschutzes, um Datenmissbrauch verhindern zu können. Deswegen stehe ich nicht an, hier noch einmal zu betonen, dass es uns wichtig ist, gerade bei allen Unterstützungsbekundungen Überprüfungen vorzunehmen, dass hier Reisepass oder Personalausweis vorgelegt werden muss, weil das letztendlich auch ein wichtiges Sicherheitsmerkmal ist, weil wir dadurch auch Mani-


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pulation verhindern können und weil es uns dadurch auch gelingt, Mehrfachunter­stützungen zu verhindern. Das ist für uns ganz wichtig im Sinne einer Rechts­staatlichkeit.

Aber Sie werden vielleicht auch gemerkt haben, dass es uns ganz wichtig war, in Rich­tung Rechtsschutz und Rechtssicherheit vor allem den Fokus zu legen. Daher ist auch eine nachfolgende Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof möglich. Hier haben wir zweifelsohne strengere Bestimmungen als in so manchen anderen europäischen Ländern.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir trotz einer umfassenden Diskussion, in der es keine hundertprozentige Übereinstimmung gibt, hier eine gute Grundlage für Bürger­initiativen auf europäischer Ebene geschaffen haben. Alle Vorarbeiten zu einer prakti­kablen Umsetzung laufen bei uns im Innenministerium. Dem, was die Frau Kollegin gesagt hat, kann ich mich nur anschließen: Gießen wir dieses Pflänzchen, um die direkte Demokratie auf europäischer Ebene in Zukunft zu stärken und auch besser auszubauen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


11.23.50

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zweifelsohne, glaube ich, ist es ein Schritt in die richtige Richtung, das wird von allen Parteien hier anerkannt, mit unterschiedlicher Gewichtung der Probleme und der Anliegen, die hier zu vertreten sind. Aber wir müssen beginnen, mit der Europäischen Union so umzugehen, dass wir hier kleine Initiativen unterstützen und nicht von vornherein alles ablehnen.

Wenn ich hier als Kritikpunkt gehört habe, dass doch eine Million Menschen allein in Österreich ausreichend sein müssten und nicht in sieben Ländern: Herr Klubobmann Strache! Bedenken Sie doch, wie leicht das wäre für Länder wie Deutschland mit 90 Millionen Einwohnern, 1 Million Stimmen aufzubringen, und wie schwer es ist für Österreich mit 8 Millionen Einwohnern, 1 Million Stimmen aufzubringen! Das wäre ein Verschieben der Macht zu den großen Staaten. Das wollen wir als Österreicher nicht, sondern wir sind jene, die dafür eintreten, dass auch die kleinen Staaten hier eine Berechtigung haben.

Daher sind sieben Staaten, die sich da anschließen müssen, das Minimum an Erfor­dernis, dass es zu einer gesamteuropäischen Bürgerinitiative kommen kann und nicht ein einzelner großer Staat sozusagen die kleinen Staaten in Geiselhaft nimmt. Das würden wir als Sozialdemokraten ablehnen, weil ich glaube, dass die Europäische Union nur dann eine gesamtheitliche Entwicklung nimmt, wenn man die kleinen Staaten als gleichberechtigte Staaten mitnimmt und nicht die großen Staaten zu domi­nieren beginnen. Ich halte dieses Argument für falsch, das Sie hier gebracht haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Grundsätzlich beruht die Rechtsgrundlage auf dem Vertrag von Lissabon. Aus diesem Vertrag von Lissabon wurde auf europäischer Ebene eine Richtlinie, die unmittelbar geltendes europäisches Recht darstellt und hier zur Umsetzung kommen muss. Wie haben wir versucht, das innerstaatlich umzusetzen, die administrative Abwicklung einer derartigen Bürgerinitiative? – Wir haben in der Verfassung im Artikel 10 Abs. 1 Z 1a die Kompetenzgrundlage für die Regelung geschaffen, um überhaupt die verfassungs­rechtliche Grundlage für eine derartige Regelung zu haben. Wir haben in Artikel 26a Bundes-Verfassungsgesetz die Zuständigkeit der Wahlbehörde auf die Mitwirkung an


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der Durchführung einer Europäischen Bürgerinitiative erweitert, und wir haben in Artikel 141 B-VG die Möglichkeit geschaffen, ein Ergebnis auch anfechten zu können, sodass auch der Rechtsschutz gewährleistet ist.

Ich halte es im Gegensatz zum Kollegen Scheibner für durchaus angebracht, den Pass oder Personalausweis als Identifikationsmerkmal heranzuziehen, weil es möglich sein muss, doppelte Unterschriften auszusortieren (Abg. Scheibner: Aber das geht ja wohl mit einem Führerschein auch, oder? – Amtlicher Lichtbildausweis!), weil es möglich sein muss, zu verhindern, dass jemand das Telefonbuch abschreibt und viele Leute nicht wissen, dass ihr Name dazu missbraucht wird, um eine Initiative zu unterstützen, die sie vielleicht gar nicht unterstützen wollen. Um das zu verhindern, halte ich als Identifikationsnachweis den Pass oder den Personalausweis für richtig, gestehe aber zu, wenn wir andere Systeme, andere Ausweise so weit bringen, dass sie überprüfbar sind, muss man natürlich darüber nachdenken, auch das zu ermöglichen.

Aber die elektronische Sammlung von Unterstützungsbekundungen ist sicher ein Fort­schritt gegenüber dem Erfordernis, ins Amt gehen zu müssen, um eine Ausweis­leistung zu erbringen. Ich glaube, dass das der richtige Mittelweg ist. Natürlich müssen wir für weitere Diskussionen offen sein. Es ist der erste Schritt in diese Richtung auf europäischer Ebene, und daher muss man einen derartigen Schritt zur Demokratisie­rung der europäischen Ebene unterstützen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


11.27.51

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bin eigentlich überrascht, dass wir heute hier zu keiner Fünf-Parteien-Einigung kommen. Ich bedauere das. (Abg. Scheibner: Hättet ihr etwas Gescheites vorgelegt!) Zu Recht wird immer wieder kritisiert, dass die Europäische Union ein Defizit hat, was Bürgernähe und Bürgerbeteiligung betrifft. Und wenn dann einmal ein Ansatz da ist – da bin ich ganz beim Klubobmann Strache –, ein zartes Pflänzchen, ein Beginn, dann wird das vom BZÖ wieder nicht unterstützt.

Man kann jetzt sagen, man muss zu viele Unterschriften sammeln. Man kann, wie es von grüner Seite her kritisiert wird, auch sagen, es ist zu kompliziert geregelt. Also man kann vieles kritisieren, aber am Ende, bei allen Überlegungen muss man dann doch zum Schluss kommen, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist, der vom Parlament und von uns absolut die Unterstützung verdient. Daher verstehe ich das BZÖ nicht, dass es hier diese Bestemmhaltung einnimmt.

Von der Gemeindeebene beginnend bis zur europäischen Ebene haben wir in unserem politischen System zwei Säulen. Die eine ist natürlich die repräsentative Demokratie, aber die braucht Ergänzungen durch direktdemokratische Möglichkeiten. Aus der Steier­mark kommend kann ich Ihnen sagen, das beginnt bei uns schon bei den Ortsteilen. In jeder Gemeinde können Gemeindebürger mit wenigen Unterschriften erreichen, dass selbst in einem Ortsteil Bürgerbefragungen, Bürgerinitiativen möglich sind. Das war bisher natürlich auch auf Landes- und Bundesebene möglich, aber eben auf europäischer Ebene ausgeschlossen. Dass jetzt erstmals nun diese Möglichkeit gegeben ist, ist als positiv zu sehen, und daher gibt es von meiner Seite her kein Verständnis, wie gesagt, für die Haltung des BZÖ.


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Ich gehe davon aus, dass sehr rasch diese Möglichkeit von Bürgern wahrgenommen wird, und es gibt verschiedene Themen, die es durchaus verdienen, auch auf europäischer Ebene so eine Bürgerinitiative zu unterstützen.

Ich halte es für einen Fortschritt, dass hier dieses Online-Sammelsystem möglich ist. Auf der anderen Seite wiederum – das ist schon angesprochen worden vom Verfas­sungs­sprecher der SPÖ Wittmann – muss man natürlich dem Missbrauch, gerade wenn man erstmals diese Möglichkeit im Internetbereich einräumt, von vornherein Einhalt gebieten.

So gesehen eine ausgewogene Vorlage, ein Beginn, wo es sicherlich eine Weiter­entwicklung geben wird, aber schade, dass dieser Beginn nicht von allen fünf im Parlament vertretenen Parteien unterstützt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


11.30.49

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Also wenn das wirklich ein Meilenstein ist – wir haben es schon gehört, wir sind immer voll von Meilensteinen hier im Hohen Haus –, dann zeigt das, welch eigenartigen Zugang die Regierungsparteien offenbar zur direkten Demokratie haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist genau der Punkt, wo wir ansetzen und was wir hier kritisieren. Wenn man das, was sich hier auf europäischer Ebene mit dieser Europäischen Bürgerinitiative etabliert, als echtes direktdemokratisches Mittel anerkennt, wenn man meint, dass Bür­gerbeteiligung so stattfindet, dann wissen wir auch, warum unsere Initiativen hier im Hohen Haus von Rot und Schwarz so massiv abgelehnt werden: weil man einfach kein Verständnis dafür hat, was es heißt, die Bürger und das Volk an der Ent­scheidungsfindung zu beteiligen. Und das ist genau der springende Punkt, an dem wir hier immer wieder scheitern.

Frau Abgeordnete Muttonen hat gesagt: ein großer Schritt. Ich weiß nicht, sind Sie wirklich so blauäugig, dass Sie das tatsächlich so sehen? Man muss doch hier, wenn man das betrachtet, in erster Linie einmal  (Abg. Strache: Tu das „blauäugig“ nicht beleidigen!) – Gut, also: Sind Sie so naiv? Darf man das sagen? Ich weiß es nicht. Zieht das einen Ordnungsruf nach sich? (Abg. Strache: Das war eine Frage, kein Ordnungsruf!) – Tatsache ist jedenfalls, dass Sie offenbar keinen Zugang zur direkten Demokratie haben.

Und wenn hier gesagt wurde, die FPÖ hätte hier noch keine Initiativen gesetzt: Frau Kollegin Musiol, Sie wissen ganz genau, wir haben hier schon Anträge gestellt, und die sind von den Grünen durchwegs abgelehnt worden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitliche sagen – und das ist immer der Diskussionspunkt –: Die direkte Demokratie, das Volk muss das dürfen und können, was das Parlament auch kann. Es darf keine Themenbeschränkungen bei Volksabstimmungen geben. Das ist der ent­scheidende Punkt. Und wenn wir beginnen, hier plötzlich irgendwelche, ich weiß nicht, aus welchem Grund, wegen Political Correctness oder sonst etwas, Themenstellungen im Zusammenhang mit der Europäischen Union vorzuschreiben, über das dürfen wir nicht abstimmen, über dieses und jenes nicht, dann sind wir auf dem Holzweg. Und da unterscheiden wir uns offenbar voneinander. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben jetzt diese Europäische Bürgerinitiative, die die Kommission genehmigen muss – verbunden mit einem unglaublichen Aufwand, der, so wie es ausschaut, zirka eine Million Euro ausmachen wird. Dann geht die Bürgerinitiative wieder zurück zur


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Europäischen Kommission, die dann ohne jede Verbindlichkeit nach drei Monaten in irgendeiner Form dazu Stellung zu nehmen hat. Also eine unglaublich zahnlose Sache mit einem unglaublichen Aufwand.

Aber darüber können wir ja heute nicht mehr befinden, das ist so vorgegeben. Aber worüber wir befinden können, ist die Umsetzung in Österreich, und hier schießen wir übers Ziel hinaus. Völlig zu Recht ist gesagt worden, wir blockieren und behindern dieses kleine Pflänzchen noch zusätzlich, wo wir doch wissen, diese Bürgerinitiative ist nicht verbindlich. Warum errichten wir hier dermaßen große Hürden, die wir zum Teil nicht einmal bei der Briefwahl haben? (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Grosz: Aber warum stimmt ihr dann zu? – Abg. Strache: Weil wir das Instrument nützen werden!)

Bei der Briefwahl, wo es tatsächlich um eine Entscheidung geht, wo es um das Wahlrecht des Österreichers geht, werden ganz andere Maßnahmen getroffen und werden unsere ganzen Initiativen, in diesem Bereich Sicherheit zu schaffen, in Wirk­lichkeit unterlaufen. Aber wenn es um eine Bürgerinitiative geht, die keinerlei Verbind­lichkeit hat, legt man strengere Maßstäbe an. Zum Argument des Kollegen Wittmann, es wäre furchtbar, wenn die großen Staaten die anderen, kleineren Staaten unterlaufen könnten: Das ist doch völlig egal! Wenn die Kommission eine Anregung bekommt, dann habe ich ja kein Problem. Etwas anderes ist es, wenn es eine Abstimmung gibt und wir dann hier unter die Räder kommen würden. Und genau dagegen haben wir uns immer gewehrt. Deswegen sind wir immer für das Vetorecht auch der kleinen Staaten und auch Österreichs gewesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind Sie dann taub, wenn es darum geht, dass es Mehrheitsentscheidungen geben kann auf europäischer Ebene, da heißt es dann immer, wir dürfen nichts blockieren, wir müssen die größten Europäer überhaupt sein. Aber wenn es um eine Bürgerinitiative geht, die völlig nebulos ist, wo in Wirklichkeit nichts passieren kann, dann sind wir plötzlich so heikel, da darf es keine Mehrheit geben, wo die Österreicher nicht dabei sind.

Wir haben auch schon diese Hürden gehört, etwa die ID-Nummer. Ja warum muss das wirklich sein? Wenn tatsächlich einmal eine falsche Unterschrift bei einer Bürger­initiative vorliegt, ist es zwar nicht schön, aber das ist in Wahrheit völlig unwichtig, weil ja nicht verbindlich ist, was letztlich rauskommt. Noch dazu sammeln wir hier Daten. Wir sammeln hier Daten, wo sich die Frage stellt, ob wir in dieser Form nicht überhaupt einen Eingriff in Grundrechte machen, weil wir hier für etwas, was letztendlich keinerlei Auswirkung hat, eine ganze Menge von Daten sammeln, inklusive dieser ID-Nummer, die natürlich dazu führt, dass es interessanter wird, auf diese Daten zuzugreifen und vielleicht Datenmissbrauch zu begehen oder Daten zu stehlen. Das darf man ja auch nicht vergessen.

Das heißt, wir machen hier in Wirklichkeit wieder einen weiteren Eingriff in die Grund­rechte der Bürger, wir schaffen eine weitere Möglichkeit für Datenmissbrauch. Und wofür? – Damit man letztendlich eine unverbindliche Bürgerinitiative durchsetzt. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Grosz: Aber dann müsst ihr es auch ablehnen!)

Unsere Einstellung dazu ist: Es ist ein winziges, kleines Pflänzchen. (Abg. Grosz: Das ist ein kleiner Kaktus, kein „Pflänzchen“!) Es eröffnet immerhin die Möglichkeit, dass sich in mehreren Staaten Bürger zusammenschließen und sich zu einem bestimmten Thema Gehör verschaffen. Und das ist der Punkt, warum wir zustimmen. Wir sagen, es gibt immerhin diese Möglichkeit, und es wird sicherlich einmal zu Themen diskutiert werden können, die bis jetzt nicht auf der Tagesordnung des Europäischen Parlaments gestanden sind, weil eben hier Initiativen gesetzt werden können. Deswegen stimmen


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wir zu. (Abg. Strache: Nein zum Türkei-Beitritt, das ist ein Thema! Das werden wir hochziehen in Europa!)

Es gibt genug Probleme mit der Verordnung, es gibt genug Probleme mit dem Gesetz, es gibt noch viel mehr Probleme mit der direkten Demokratie in Österreich, aber ein kleiner Ansatz ist da. (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.37.11

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Stefan! Meilenstein, großer Schritt – da wäre ich auch vorsichtig. Aber wir sind uns darin einig, es ist jedenfalls neu, es ist erstmalig, dass in der Europäischen Union ein derartiges Instrument der direkten Demokratie eingeführt wird. Wir werden sehen, wie es sich bewährt, und in einigen Jahren wird das sicher evaluiert werden. Aber es ist schon gut, dass es dieses neue Instrument zur Belebung der europäischen Demokratie gibt. Darüber sind sich alle einig. Nur geht die Güte des Instruments dem BZÖ offenbar nicht weit genug. – Mein Gott, wir werden damit leben können.

Ich wundere mich auch über einige Dinge im Gesetz, aber aus irgendwelchen Gründen ist das so. Zum Beispiel habe ich dem Entschließungsantrag entnommen, dass in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich geregelt ist, woran angeknüpft wird: Staatsbürgerschaft oder Wohnsitz. Bei einer Europäischen Bürgerinitiative, glaube ich, wäre es nahe­lie­gend, an den Wohnsitz anzuknüpfen. Warum soll ein Deutscher, der seit 30 Jahren hier in Wien lebt, sich nicht an einer Europäischen Bürgerinitiative hier beteiligen dürfen?! (Abg. Strache: Das ist korrekt!) Aber das sind Dinge, die im Laufe der Jahre sicher noch zu besprechen sein werden. Es ist vielleicht kein Meilenstein, es ist ein Fortschritt.

Etwas ist garantiert ausständig – und ich komme dann noch auf den Kontrast zu sprechen, was den Zustand der europäischen Demokratie betrifft –, ausständig sind sicherlich Regeln für eine Europäische Volksabstimmung. Darüber hat es keine Eini­gung im Rahmen des Lissabon-Vertrages gegeben. Wir haben keine einheitlichen Regelungen für Referenden in den einzelnen Mitgliedstaaten. Muss ja auch nicht sein. Sollen die Iren es so machen und die Deutschen anders. Daran würde ich mich nicht stoßen. Aber dass verbindliche Europäische Volksabstimmungen derzeit schlicht unmöglich sind, weil es dafür keine rechtliche Basis gibt, das finde ich extrem unbe­friedigend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das wird eine Frage sein. Kroatien wird einstimmig aufgenommen werden, daran habe ich keinen Zweifel, aber es könnte einmal einen Fall geben, wo ein Mitgliedstaat aus irgendwelchen Gründen ein Ressentiment hat und sein Vetorecht gegen den Beitritt eines anderen – es sind im Wesentlichen ohnehin nur noch die Balkanstaaten aus­ständig – geltend machen könnte. 27 nationale Vetorechte in so einem Fall finde ich extrem problematisch.

Und natürlich viel wichtiger: künftige Vertragsänderungen. Es muss möglich sein, dass künftige Vertragsänderungen nicht im jetzigen Verfahren abgestimmt werden, sondern im Wege einer Europäischen, am selben Tag stattfindenden europaweiten Volksab­stimmung.

Man kann dann darüber diskutieren, ob – je nach dem welches Gewicht die Vertrags­änderung hat – vielleicht das Schweizer Modell sozusagen zusätzlich zur Anwendung kommen soll, das heißt einerseits Mehrheit in der europäischen Bevölkerung, aber zusätzlich eine Mehrheit der Staaten. Also die Volksabstimmung muss auch eine Mehr-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 72

heit bei der Mehrheit der Staaten ergeben haben. Das ist eine Art Minderheitenschutz innerhalb der Union.

Die Bürgerinitiative auf europäischer Ebene ist sicher eine gute Sache und wird für eine bessere Wahrnehmung von Bürgerrechten in der Union sorgen können. Aber, meine Damen und Herren, sie steht in einem geradezu schrillen Kontrast zur der­zeitigen Entwicklung der europäischen Demokratie, nämlich zur Aushöhlung der europäischen Demokratie, die jetzt schon seit mindestens drei Jahren anhält. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Ing. Hofer.)

Ich meine in erster Linie das, was man vornehm als die Zunahme der intergovern­mentalen Methode bezeichnet und was man weniger vornehm schlicht als deutsch-französisches Kartell bezeichnen muss. Auf diese Art kann Europa auf Dauer nicht regiert werden!

Herr Kollege Wittmann! Ich habe mit Erstaunen gehört, wie Sie sich – er ist jetzt gerade nicht im Saal – für die Bedeutung der kleineren Länder innerhalb der Union eingesetzt haben. – Ja, eh. Hier hätten Sie einen Ansatzpunkt! Genau das ist es ja, dass das deutsch-französische Kartell momentan die Entwicklung bestimmt: Spaziergänge am Meer von Merkel und Sarkozy, dann lesen wir in der „Financial Times“, was sie ausgemacht haben, und einige Zeit später erfahren wir es vielleicht auf offiziellem Wege – und das, wie mir vonseiten einzelner Ministerien durchaus glaubhaft versichert wurde, nach dem Motto: Bitte reg dich nicht so auf, dass du noch keine Informationen bekommen hast, wir haben die Informationen auch erst in der Sitzung des Rates als Tischvorlage erhalten! – So wird im „Merkozy“-System Europa regiert!

Aber das Schlimmste sind diese hybriden Konstruktionen, zuletzt im Fiskalpakt, vorher im EFSF, künftig im ESM, wo über völkerrechtliche Verträge etwas vereinbart wird, aber unter Nutzung – ich sage: unter missbräuchlicher Nutzung! – europäischer Institutionen (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ): Einbindung der Europäischen Kommission auf eine Art, die de facto auf eine Degradierung der Kommission hinausläuft, und vor allem immer unter völliger Ausschaltung des Euro­päischen Parlaments. Das ist momentan die Entwicklung der europäischen Demo­kratie: weg von den Grundregeln der Demokratie hin zur zunehmenden Macht der Regierungschefs! Und naturgemäß, muss man fast sagen, ist es nicht der öster­reichische Regierungschef (Beifall des Abg. Dr. Fichtenbauer), sondern das deutsch-französische Kartell, zu dem sich diese Entwicklung bewegt.

Ich glaube nicht, dass wir uns das länger bieten lassen sollten, sondern ich meine, wir österreichischen Abgeordneten sollten uns hier im österreichischen Parlament ein Beispiel nehmen – ich sage es nur ungern – am Selbstbewusstsein des Deutschen Bundestages. Ich sage es nur ungern, weil ich immer ungern das deutsche Vorbild zitiere. (Abg. Rädler: Warum?) Aber in diesem Fall tue ich es gern.

Der Deutsche Bundestag hat sich im Rahmen des EFSF Rechte vorbehalten, von denen das österreichische Parlament nur träumen kann, Herr Kollege. In Österreich ist der EFSF am Parlament de facto völlig vorbeigegangen. Hier geht es um Milliarden, wie die FPÖ nicht müde wird zu betonen; es stimmt ja auch ausnahmsweise. Das war eine Zahl im Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz, die einmal erhöht worden ist.

Im Deutschen Bundestag ist das ein eigenes Gesetz – ein eigenes Gesetz, wo sich der Bundestag noch das Recht ausbedungen hat, im Einzelfall seine Genehmigung zu erteilen. Am letzten Montag, also vorgestern, war im Deutschen Bundestag die Abstim­mung über das zweite Griechenlandpaket aufgrund dieses Gesetzes. Interessan­terweise hat Kanzlerin Merkel innerhalb ihrer Regierungsfraktion keine Mehrheit bekommen, aber sie hatte die Mehrheit für das Paket mit den Stimmen von SPD und Grünen.


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Wie gesagt, das ist ein eigenes Gesetz. In Österreich? – Nein! Das geht an uns völlig vorbei. Wir müssen dafür sorgen, dass im Rahmen der kommenden ESM-Debatte das nicht wieder genau auf diese Art abläuft. Das können wir uns als österreichische Nationalratsabgeordnete nicht bieten lassen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nebenbei gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem jene von ÖVP und SPÖ: Ich glaube nicht, dass es viele Länder gibt, wo eine Regierung sagen kann: Wir schla­gen vor, das Parlament zu verkleinern!, und dann nicht anschließend das Parlament wie ein Mann/eine Frau aufsteht und sagt: Aber ihr habt uns gar nichts vorzuschreiben! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hörl.) Wir wollen unsere Rechte wahrnehmen! Wir sind das Kontrollinstrument! Wir sind ein Kontrollinstrument gegenüber der Regierung. Wollt ihr vielleicht die Kontrolle schwächen?

Okay, reden wir über die Rolle des Parlaments, schauen wir uns an, wie die deutschen Bundestagsabgeordneten ausgestattet sind, mit Referenten, mit Personal, sodass sie diese zusätzlichen Aufgaben überhaupt wahrnehmen können, zum Beispiel im Rah­men des EFSF! – Mit unserem Personalstand, muss ich sagen, habe ich größte Hemmungen, solche Aufgaben zu übernehmen. Wie sollen wir das tun? Noch dazu, wie die Regierung und die Regierungsfraktionen, muss ich annehmen  (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Waren Sie informiert davon? Haben Sie still und heimlich gesagt: Na ja, passt schon!? (Abg. Weninger: Überhaupt nicht!) – Oder haben Sie es als Tischvorlage quasi nach dem „Merkozy“-Muster erfahren? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Weninger.) Dann müssen Sie sich aber besonders aufregen, wenn es so war! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Josef Auer: Tuan ma schon!) „Tuan ma schon!“ – Na gut. Ich hoffe, es ist so, Herr Kollege!

Abschließend: Die Europäische Bürgerinitiative ist ein wesentlicher Fortschritt in der europäischen Demokratie, steht aber gleichzeitig in einem schreienden Gegensatz zu dem, was auf anderer Ebene passiert, nämlich eine schrittweise Ausschaltung bezie­hungsweise Ignorierung des Europäischen Parlaments, eine Ausschaltung der euro­päischen Institutionen und damit eine komplette Machtverschiebung innerhalb der europäischen Institutionen zugunsten der Ministerpräsidenten. Und das kann nicht in österreichischem Interesse sein, denn genau das fördert das Kartell von „Merkozy“. (Beifall bei den Grünen.)

11.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


11.46.59

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ja selbstverständlich, Herr Kollege Van der Bellen, wir werden in aller Ruhe über die Arbeitsbedingungen im Hohen Haus, über Wahlkreiseinteilungen und alles, was mit unseren Belangen zusammenhängt, diskutieren.

Sie haben auch recht, was die Realverfassung in der EU betrifft, da bin ich ganz bei Ihnen, und gerade deswegen ist es ja ein Meilenstein, wenn erstmals europaweit die Möglichkeit eröffnet ist, dass sich die Bevölkerung an einem demokratischen Prozess beteiligt. Na selbstverständlich ist es ein Start, ist es ein Auftakt und ein Entwicklungsprozess, wie so vieles in der wechselvollen Geschichte der EU – mit Mängeln, mit berechtigter Kritik und auch mit verständlichem Ärger.

Ich empfehle einmal mehr Hugo Portisch „Was jetzt?“, weil darin sehr gut beschrieben wird, wie die politische Entwicklung innerhalb der EU in der Vergangenheit eigentlich geschehen ist und auch in der Zukunft sein soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 74

Hugo Portisch auf der einen Seite und verantwortungslose Populisten auf der anderen Seite, die sich einerseits sozusagen um mehr Demokratie Sorgen machen, anderer­seits aber fundamental destruktiv sind. Denn wie ist das sonst zu verstehen, wenn die FPÖ sagt: Wir beteiligen uns nicht an Haftungen!, oder: Trennen wir doch die EU in einen nördlichen und in einen südlichen Teil!, oder: Gehen wir zurück zum Schilling, zu einer eigenen Währung!?

Da hat ja niemand etwas begriffen! Etwa dass wir ein Industrieland sind mit 8 Mil­lionen Einwohnern, das dringend, das existenziell angewiesen ist auf die EU-Mitgliedschaft.

Oder: Italien wäre wohl im Süden. – Ist Ihnen entgangen, dass sich 10 Prozent unseres Wirtschaftsvolumens mit Italien abspielen?

Oder: eine eigene Währung, ein Schilling, damit Spielball der Spekulation. – Das zeugt ja auch von einer wirtschaftspolitischen Inkompetenz, die jeder Beschreibung spottet, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Und der Herr Strache stellt sich hier her und will Demokratie erklären! – Der soll endlich einmal den Herrn Scheuch abberufen, das wäre einmal ein demokratie­politi­sches Zeichen. Einen wegen Korruption verurteilter Landeshauptmannstellvertreter! Herr Strache, Da könnten Sie sich einmal demokratiepolitisch betätigen! Berufen Sie endlich einmal den Herrn Scheuch ab von seiner Funktion! (Abg. Strache: Reden Sie von Herrn Androsch oder von Herrn Blecha? Oder von wem reden Sie?)

Was die Glaubwürdigkeit einer Bürgerinitiative betrifft, so ist es natürlich entscheidend, dass Manipulation, Missbrauch und Fälschung unmöglich gemacht werden. Das ist eine Frage des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit. Daher ist es eine entscheidende Frage. Und wenn es derzeit notwendig ist, dass man eben einen Reisepass oder einen Personalausweis vorweist, dann ist dazu zu sagen: Das Verfahren muss so einfach wie möglich sein, aber umgekehrt auch wieder so sicher wie möglich. Das ist eine politi­sche Güterabwägung.

Welche Themen sind auch in diesem Jahr noch für Bürgerinitiativen entscheidend? Was brennt unter den Nägeln? – Die Finanzmärkte sind zu regulieren, die Spekulation ist zu zügeln, die Bankensysteme sind zu reformieren, und natürlich die sozialen Fragen Europas, die Arbeitslosigkeit, die Jugendarbeitslosigkeit, Sicherheit für die ältere Bevölkerung, Pflege, Versorgung, aber auch Umweltthemen, Energiepolitik, Anti-Atompolitik und vieles andere mehr.

Wenn ich mir die Aussagen von Herrn Mario Draghivon der Europäischen Zentralbank vor Augen führe, der zwar einerseits 529 Milliarden für Banken flüssigmacht, aber andererseits meint, das europäische Sozialstaatsmodell gäbe es nicht mehr, dann muss ich sagen: Es gibt eigentlich gar keine ärgere Provokation, aber umgekehrt gibt es auch keine bessere Motivation, als dass die Bevölkerung Europas darauf eine entsprechende Antwort gibt! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


 11.50.43

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir regeln heute auf nationaler Ebene die Europäische Bürgerinitiative, und ich denke, dass es, wenn das BZÖ nicht dabei ist, auch nicht so schlimm sein wird.

Ihnen, Herr Strache, möchte ich schon sagen: Die Bemerkung mit dem „Weihwasser und Kontrolle“ hätten Sie sich sparen können. Ich würde Ihnen empfehlen, den Fokus


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 75

Ihrer Betrachtung auf Kärnten, auf Ihren Kollegen Scheuch zu richten, denn ich glaube, da haben Sie genug zu tun. (Der Redner macht seine Ausführungen in hoher Ge­schwindigkeit.)

Und noch etwas: Ich als Abgeordneter in diesem Hause möchte Aufklärung in allen Punkten haben. Unterstellen Sie mir bitte nicht, dass ich gegen Aufklärung bin. – Das zu diesem Punkt. (Abg. Scheibner: Langsamer sprechen! – Der Redner spricht weiter­hin sehr schnell.)

Im Übrigen freue ich mich, dass Sie auch dabei sind.

Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, einen Abänderungsantrag einzubringen. (Abg. Grosz: Langsamer!)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen

„Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Der Einleitungssatz in Artikel 1 lautet:“

(Der Redner wird beim Verlesen des Antrages immer schneller.)

„Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBI. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBI. I Nr. 1/2012, wird wie folgt geändert:“

(Abg. Strache: Das haben wir jetzt nicht verstanden, darum wiederholen! – Der Red­ner reduziert seine Redegeschwindigkeit nicht. – Abg. Dr. Fichtenbauer – in Richtung Präsidium –: Bitte, zur Geschäftsodnung!)

„2. In Artikel 1 lautet Z 6:“

„6. Art. 151 wird folgender Abs. 49 angefügt:

,(49) Art. 10 Abs. 1 Z 1a und Z 17, Art. 26 Abs. 3 erster Satz, Art. 26a erster Satz und Art. 141 Abs. 3 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xxx/2012 treten mit 1. April 2012 in Kraft; gleichzeitig tritt Art. 10 Abs. 1 Z 18 außer Kraft.‘“

(Der Redner spricht nach wie vor sehr schnell. – Abg. Strache – in Richtung ÖVP –: Ist das jetzt eine Pflanzerei oder ?)

„3. In Artikel 2 wird in § 2 Abs. 2 das Wort ,technische‘ durch das Wort ,technischen‘ ersetzt.“

(Der Redner hält am Tempo seines Vortrages fest. – Abg. Strache: Das ist eine Pflanzerei! – Abg. Scheibner – in Richtung Präsidium –: Herr Präsident, bitte!)

„4. In Artikel 2 wird in § 3 Abs. 1 und 5 Z 3 jeweils nach der Wortfolge ,Art. 5 Abs. 5‘ die Wortfolge ,und Art. 12‘ eingefügt.

5. In Artikel 2 wird in § 3 Abs 3 Z 6 die Zitierung ,§ 2 Abs. 4‘ durch die Zitierung ,Art. 6 Abs. 3 der Verordnung‘ ersetzt.“

(Der Redner hält seinen Vortrag nach wie vor in hoher Geschwindigkeit. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 76

„6. In Artikel 8 entfällt die Z 8 (Überschrift zu § 87) und erhält die bisherige Z 9 (§ 91 Abs. 9) die Ziffernbezeichnung ,8‘.“

*****

Bei den angestrebten Änderungen handelt es sich durchwegs um legistische Bereini­gungen. Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, mit einer rhetorischen Höchstleistung dies hier im Parlament vorzubringen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, ich darf Ihnen danken für den Einsatz, den Sie in Tirol liefern. Wir Tiroler sind höchstzufrieden mit der Polizei in Tirol. Wir hätten in Tourismusburgen noch einige Verbesserungen notwendig, darum bitte ich Sie. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei der ÖVP.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist entsprechend dem mir vorliegenden Text ordnungsgemäß und auch fehlerfrei ein­gebracht worden (ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ) und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Dr. Peter Wittmann, Magª Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, ein Bundesgesetz über die Durchführung von Europäischen Bürgerinitiativen (Europäische-Bürgerinitiative-Gesetz – EBIG) erlassen und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Bundes­minis­teriengesetz 1986, das Strafgesetzbuch, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Volksbegehren­ge­setz 1973, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (EBIG-Einführungsgesetz) (1666 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Der Einleitungssatz in Artikel 1 lautet:

„Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bun­desgesetz BGBl. I Nr. 1/2012, wird wie folgt geändert:“

2. In Artikel 1 lautet Z 6:

"6. Art. 151 wird folgender Abs. 49 angefügt:

"(49) Art. 10 Abs. 1 Z 1a und Z 17, Art. 26 Abs. 3 erster Satz, Art. 26a erster Satz und Art. 141 Abs. 3 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2012 treten mit 1. April 2012 in Kraft; gleichzeitig tritt Art. 10 Abs. 1 Z 18 außer Kraft.""

3. In Artikel 2 wird in § 2 Abs. 2 das Wort „technische“ durch das Wort „technischen“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 77

4. In Artikel 2 wird in § 3 Abs. 1 und 5 Z 3 jeweils nach der Wortfolge „Art. 5 Abs. 5“ die Wortfolge „und Art. 12“ eingefügt.

5. In Artikel 2 wird in § 3 Abs. 3 Z 6 die Zitierung „§ 2 Abs. 4“ durch die Zitierung „Art. 6 Abs. 3 der Verordnung“ ersetzt.

6. In Artikel 8 entfällt die Z 8 (Überschrift zu § 87) und erhält die bisherige Z 9 (§ 91 Abs. 9) die Ziffernbezeichnung „8.“.

Begründung

Bei den angestrebten Änderungen handelt es sich durchwegs um legistische Bereini­gungen aufgrund von entsprechenden Hinweisen, die noch nach der parlamenta­rischen Begutachtung oder anlässlich des Expertenhearings im Verfassungsausschuss ergangen sind.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsordnung: Bitte, Herr Kollege.

 


11.53.48

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Ich bringe vor, dass der von meinem Vorredner eingebrachte Abänderungs­antrag nicht den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Parlaments entspricht: Es war heruntergehaspelt, er hat selber nicht verstanden, was er geredet hat. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Es war im ganzen Haus kein einziger Mensch in der Lage, das akustisch nachzu­verfolgen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Es mag sein, dass das Papier richtig ausformuliert ist, aber dieser Antrag ist nicht geschäftsordnungsmäßig eingebracht. (Neuerlicher Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ und BZÖ –: Er redet schneller als Sie denken!)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Scheibner, bitte.

 


11.54.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Aus der ÖVP-Fraktion hat es geheißen, es war dies die beste Rede des Herrn Abge­ordneten Hörl, als er jetzt diesen Abänderungsantrag vorgetragen hat.

Ich glaube, wenn man den Parlamentarismus ernst nimmt – und ich habe jetzt gerade gehört, wie wichtig diese Initiative ist –, dann kann man nicht wenige Redner vor Ende der Debatte einen Abänderungsantrag in einem derartigen Tempo hier einbringen, bei dem wir gar nicht überprüfen können, was da jetzt wirklich abgeändert wird. Deshalb beantrage ich, dass die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt nach hinten verlegt wird. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Ein Wunsch nach einer Debatte wurde nicht geäußert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 78

Ich folge dem Antrag auf Abstimmung am Schluss.

Ich darf aber darauf hinweisen, dass die Klubs durch die Auflage dieses Abände­rungsantrages an sich in Kenntnis des Textes sind.

*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


11.55.35

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! All jene, die das Wort „Demokratie“ in den Mund nehmen, können sich jetzt messen lassen an dem Trauerspiel, das uns eben vom Herrn Abgeordneten Hörl dargeboten worden ist. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Es ist skandalös, diesen Antrag überhaupt als parlamentarischen Antrag bezeichnen zu wollen. (Abg. Grosz: ... eine traurige Gestalt!) Das ist eine Missachtung, eine völlige Missachtung!

Wir haben vor, diesem Antrag entgegen unserer Auffassung, nämlich dem Punkt 1 der Tagesordnung, zuzustimmen. Wenn dem Antrag auf Verlegung an das Ende der Debatte nicht Folge geleistet wird, wird unsere Fraktion nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nicht zustimmen!

Es ist ungeheuerlich  (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Jakob Auer – in Richtung FPÖ –: Der passt überhaupt nicht auf, was gesagt worden ist!) Wie wird das abgestimmt? (Abg. Jakob Auer – wieder in Richtung FPÖ –: Der passt überhaupt nicht auf!)

Ich passe mehr auf, aber Sie haben ja keine Ahnung, was Sie einbringen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Lesen Sie das! Wenn Sie in der Lage sind, das jetzt wiederzugeben, was Ihr Hörl hier vorgetragen hat, dann bekommen Sie die Goldmedaille für Riesenohren. Sie haben ja keine Ahnung, was Sie hier reden! Das ist ja unglaublich! Sie sind Vollzugsbeamte, keine Parlamentarier! (Neuerlicher Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Und überhaupt: Die beste Rede – abseits der Redebeiträge vonseiten unserer Frak­tion – hat Professor Van der Bellen hier gehalten. Ja, das, was er gesagt hat, gehört auf Pergament geschrieben, und jeder soll das auswendig lernen. (Beifall bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

Eine perfekte Analyse des Zustandes! Ich gratuliere Herrn Professor Van der Bellen zu dieser ausgezeichneten parlamentarischen Analyse des Ist-Zustandes: Österreich im Verhältnis zur EU und wie mangelhaft wir dieses Missverhältnis reflektieren. Denn Tatsache ist: Was wir hier beschließen oder beschließen sollten, ist ja die Umsetzung der europäischen Verordnung.

Und zu allen, die davon reden, dass das ein Meilenstein wäre: Ich weiß nicht, welche Meile Sie im Kopf haben. Die deutsche Meile war zirka 2 000 Meter, die Seemeile ist 1 860 Meter, das sind sehr große Dimensionen. Aber das hier ist ja eine Meile, wo ein Mäuslein zu laufen hat, weil der Grundbegriff oder der Grundeffekt schon darin liegt, dass das Ganze unter der Kommandowirtschaft der Kommission steht. Zuerst die Geneh­migung der Kommission bis zum Einbringen der Bürgerinitiative, ob sie zuge­lassen wird, das steht alles unter dem Regime der Kommission. – Wer kann denn da von einem großen Meilenstein reden?!


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Und ob es genehmigt wird oder nicht: Es kann nur dem Parlament vorgelegt werden, und es steht wieder der Kommission zu zu entscheiden. Und die Organisatoren haben nur ein Anhörungsrecht im EU-Parlament. Und dann ist der Schlusspunkt der Bürger­initiative. (Abg. Grosz: Das kann man nur ablehnen!)

Warum wir uns im Gegensatz zu unserer Auffassung im Ausschuss dazu entschließen wollen, dem zuzustimmen, liegt in einem Zitat des heiligen Augustinus begründet: Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen. – Und eine Kerze im Verhältnis zur Dunkelheit ist es allemal. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Der arme Augustinus!)

Zum Gesetz selber. (Abg. Grosz: Das hat der Augustinus nicht verdient!) Sie haben ja keine Ahnung!

Eine Frage der Rechtswissenschaft ist in diesem Zusammenhang anzubringen, näm­lich: Es gibt nunmehr die Möglichkeit  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.) Hören Sie zu, dann lernen Sie vielleicht etwas!

Es gibt nunmehr die Möglichkeit, beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde einzubringen für den Fall, dass dem Antrag nach § 2 Abs. 1 nicht Folge geleistet wird, und für den Fall, dass einer Überprüfung der Unterstützungsbeurkundung gemäß Absatz 3 des § 3 nicht stattgegeben wird. (Ruf bei der SPÖ: Das versteht kein Mensch!) Das kann man gut hören! Oder Sie sind nicht parlamentsfähig, weil es Ihnen an der körperlichen Fähigkeit für die Ausübung Ihres Amtes mangelt. (Beifall bei der FPÖ.) Dann werden wir den Arzt holen, der wird Sie durchleuchten.

Geknüpft ist diese Antragsbefugnis an eine schriftliche Mitteilung. Ich habe im Ausschuss schon – ohne Hoffnung, dass Sie es verstehen – zum Ausdruck gebracht, dass eine zentrale Begrifflichkeit des österreichischen Verwaltungsrechts und der Staatslehre der Bescheid ist, also ein Bescheid, der über Rechte abspricht, befürwortend oder negativ. Der Bescheid ist das auslösende Kriterium, um über ein verweigertes Recht Beschwerde zu führen. – Hier haben wir nur den Begriff der schriftlichen Mitteilung. Das kann man zwar jetzt als Bescheid uminterpretieren, aber ich finde es nicht notwendig. Man hätte die Lösung in einer klaren Begriffswahl, die entsprechend dem österreichischen Verwaltungsrecht und der Verwaltungslehre an einen Bescheid anknüpfbar sein sollte, wählen können.

Zusammenfassend – Frau Kollegin Musiol ist nicht da (Zwischenrufe bei den Grünen) – Entschuldigung!; Sie haben sich zur Hinterbank begeben –: Wir sind ein für alle Mal gegen das Ausländerwahlrecht. H.-C. Strache hat es bewirkt, dass vom Verfassungs­gerichtshof das rechtswidrige, verfassungswidrige entsprechende Gesetz in Wien gekippt wurde. Dabei bleibt es. (Beifall bei der FPÖ.)

Ab und zu ist es auch gut, dass man die Trennlinien, die man zwischen einem selbst und einem anderen hat, scharf heraushebt.

Noch einmal: Von Meilenstein kann nicht die Rede sein. Ein bisschen besser als vorher ist es allemal. Aber es ist ein bescheidener, ein sehr bescheidener Inhalt eines riesig angekündigten Meilensteins. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.01


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


12.01.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser launigen Rede des Kollegen Fichtenbauer möchte ich an dem Vergleich, den Sie, glaube ich, zu Recht hier dargestellt haben, anknüpfen. Zwischen der Rede des Kollegen Hörl und der Analyse meines Kollegen Van der


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Bellen klaffen definitiv Welten. (Abg. Strache: Aber er ist auch ein Ausnahmekopf bei den Grünen! Das muss man weise sagen!) Was diese Definition und diese Frage­stellung betrifft, die im Raum steht und die die Bürgerinnen und Bürger wirklich interessiert, nämlich: Wie schaut es mit der Demokratie in Österreich aus?, da haben wir einiges zu klären.

Es ist nicht so, wie das BZÖ sagt, dass wir da Vorreiter seien und es bei uns schon vor 25 Jahren so gewesen sei. (Abg. Scheibner: Das hat ja überhaupt niemand gesagt! Wo warst du denn die ganze Zeit? Das hat kein Mensch gesagt!) Ja wer hat denn vor 25 Jahren dafür gesorgt, dass die Bürgerinitiative in Österreich auch im Parlament eingebracht werden kann? – Die Grünen! 1986 sind wir in den Nationalrat eingezogen. Das war eine unserer zentralen Forderungen, dass es auch im Parlament direkte Instrumente gibt. (Abg. Scheibner: haben sie den Fux hinausgeschmissen! den Herbert Fux gehabt!)

Aber – und da sind wir beim großen Aber – das fängt bei den ganz einfachen Dingen an, nämlich bei den Minderheitsrechten, und da auch wieder der Vergleich mit dem Deutschen Bundestag: Wie schaut es mit den Minderheitsrechten bei den Untersuchungsausschüssen aus? Wie schaut es bei den Kontrollrechten in diesem Haus aus?

Also wenn wir hier – und das sei in Richtung BZÖ gesagt – kritisieren, dass diese Europäische Bürgerinitiative als Instrument noch zu schwach und nicht ausreichend ist: Ja, sehr wohl, Kollege Scheibner, auch wir haben die Kritik formuliert. (Abg. Scheibner: Aber ihr habt euch nicht durchgesetzt!) Aber die Kritik, dass die Personalausweis- oder Reisepassnummer anzugeben ist, diese Kritik ist an die Bundesregierung zu richten (Abg. Scheibner: Ja, eh! Ihr hättet es in der Hand gehabt!) – zu Recht an die Bun­desregierung! Wir werden doch nicht hier im Parlament gegen ein europäisches Instrument kämpfen und eintreten, nur weil die Bundesregierung im Annex etwas Falsches verhandelt hat. (Abg. Scheibner: Aber wir reden ja heute über ein Bundes­gesetz!)

Unsere Position ist eine andere: Wir wollen diese Europäische Bürgerinitiative haben. Wir wollen sie aktiv unterstützen. Es ist notwendig, dass die Zivilgesellschaft gestärkt wird, hier in Österreich, in ganz Europa, damit wir diese notwendigen Verbesserungen, sowohl in der repräsentativen Demokratie als auch bei den direktdemokratischen Elementen, endlich angehen können!

Schauen wir uns den Vergleich doch ganz einfach noch einmal an! Wie schaut es aus, wenn wir es vergleichen? Es sind ja einige Aspekte angesprochen worden. Eine Euro­päische Bürgerinitiative erfordert in Österreich weniger als 15 000 Unterstützungen. Wir sind bei europäischen Initiativen in Hinkunft mit 15 000 BürgerInnen hier in diesem Land dabei. Das ist doch wirklich ein niedriges Quorum.

Wenn Kollege Strache meint, eine Million sei viel – und ich habe aus der Bank gemeint, das ist nicht so viel (Abg. Strache: Eine österreichische Million muss genauso viel zählen! Das ist wichtig!) –: Schauen Sie, Kollege Strache, da sehen wir jetzt den Unterschied. Unsere Perspektive ist eine europäische politische Debatte. Natürlich kann man die auch in einem Nationalstaat führen, aber dann sind diese Instrumente dazu da, um die Bundesregierung zu zwingen, jene Schritte zu setzen, die notwendig sind, um auf europäischer Ebene Position zu beziehen. Aber europäische Instrumente sind dazu da, das Europäische Parlament voranzubringen, die Kommission ent­sprechend in Stellung zu bringen.

Da sind wir jetzt bei der Frage: Wie schaut es in der praktischen Umsetzung dann aus? – Da möchte ich Ihnen sagen: Das Europäische Parlament hat ja massiv daran gearbeitet, dass dieses Hearing verpflichtend wird. Die Kommission muss ja ver­pflich-


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tend eine Stellungnahme abgeben, und selbstverständlich ist auf europäischer Ebene das Parlament involviert. Was das Prozedere betrifft, so kann ich direkt berichten, ich war gestern im Europäischen Parlament im Petitionsausschuss – das wurde auch noch nicht erwähnt: das Petitionsrecht gibt es jetzt schon, jeder Bürger kann Petitionen an die Europäische Kommission, an das Europäische Parlament richten –, und ich habe mir gestern im Petitionsausschuss im Europäischen Parlament angesehen, wie dort die Ernsthaftigkeit aussieht. Es sieht auf europäischer Ebene nämlich so aus, dass jeder Petent dort ein Rederecht im Ausschuss für Petitionen hat und sämtliche Vertreter, Fachvertreter der Kommission anwesend sind und auch wirklich Rede und Antwort stehen zu ganz konkreten Petitionen, die dort gestern im Ausschuss verhandelt wurden.

Das ist zum Beispiel schon einmal ein Punkt, etwas, das hier in Österreich nicht der Fall ist. Also wenn wir über die europäischen und die österreichischen Elemente reden, müssen wir auch in uns gehen, um das Prozedere hier voranzubringen.

Ich finde, der gemeinsame Antrag, den der Kollege Hörl so „heruntergenudelt“ hat – leider –, hat aber doch ganz wichtige positive Ausrichtungen, nämlich einfach einmal dieses Instrument in den ersten drei Jahren zu evaluieren, ein zentrales Online-System zu entwickeln. Wenn wir europäische Initiativen wollen, dann müssen wir Online-Systeme auch auf europäischer Ebene einrichten. Ein Anspruch auf Kostenersatz für die betroffenen Initiativen ist ebenfalls ein wichtiges Element. Und die einheitliche Regelung der Unterstützung in ganz Europa – Einheitlichkeit ist doch an sich eine Geschichte, die Mindeststandard sein sollte. Jetzt ist es national geregelt. Jeder Mitglied­staat muss das selbst durch eine Verordnung umsetzen.

Hinsichtlich der Instrumente, die wir in Österreich brauchen, haben wir am 13. Okto­ber 2011 bereits einen Antrag eingebracht. Und wir warten, dass dieser Antrag für mehr direkte Demokratie in Österreich auch endlich auf die Tagesordnung kommt. Ich erwarte mir, dass er im Verfassungsausschuss in der nächsten Sitzung, auf jeden Fall noch vor April, auf die Tagesordnung kommt, damit wir endlich auch hier die Elemente weiterentwickeln, damit die BürgerInnen aktiver beitragen, ihre Meinung direkt an das Parlament herantragen können.

Seit 4. Oktober 2011 haben wir im Rahmen des Petitions- und Bürgerinitiativen-Ausschusses hier im Parlament eine Online-Unterstützung eingeführt, und wir haben hier und heute fast 60 000 Unterstützungen online gegen die Vorratsdatenspeicherung auf der Homepage des österreichischen Parlaments. Auch das ist eine Innovation, die man bei dieser Gelegenheit einmal erwähnen muss. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grünen, wir werden auf der Seite der Zivilgesellschaft stehen, wenn es darum geht, europäische Initiativen gegen die Atompolitik in Europa, für gentechnikfreie Lebensmittel, für soziale Grundrechte zu setzen. Da werden wir die Zivilgesellschaft unterstützen. Daher ist diese Europäische Bürgerinitiative ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dem wir ab 1. April 2012 Leben einhauchen müssen. –  Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


12.08.46

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Pirklhuber hat es richtig gesagt: Es ist kein meilenweiter Schritt in die richtige Richtung, sondern es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Weil Kollege Fichtenbauer den Abgeordneten Van der Bellen beziehungsweise seine Analyse von Europa so herausgestrichen hat, möchte ich aber auch seiner Kollegin


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Musiol hier meinen Respekt zollen. Sie hat nämlich in ihren Ausführungen sach­bezogen genau das gesagt, was hier, wenn man auch ein bisschen Kritik anbringen möchte, zu sagen ist.

Meine Damen und Herren! Für mich ist es überhaupt keine Frage, dass  (Abg. Dr. Fichtenbauer: dem weiblichen Charme dienen!) – Ein Mann mit Charme kann ja nicht fehl am Platz sein im Parlament, Herr Kollege Fichtenbauer! Dir ist ja auch der Charme nicht wirklich abhandengekommen.

Ich möchte nur sagen: Wenn man in 27 Staaten Europas mit einer Millionen Stimmen, aufgeteilt auf sieben Nationen, Bewegung hineinbringen kann, dann ist das wirklich ein Fortschritt. Man muss sich einmal Folgendes vorstellen – nehmen wir einmal Öster­reich als Beispiel –: Was würden manche hier herinnen sagen, wenn uns 500 000 Griechen oder eine Million Griechen über so einen Weg morgen sagen möchten, was wir zu tun hätten? – Da würde das Gebrüll ganz schön groß werden. (Abg. Mag. Stefan: Das ist ja eine Bürgerinitiative!)

Wenn man dann zum Beispiel meint, nur die Franzosen hätten zu bestimmen, nur die Deutschen – das wollen wir wirklich nicht. (Abg. Mag. Stefan: Das ist eine Bürger­initiative! Das ist ja nichts Verbindliches!) Ich glaube, dass diese eine Million, aufgeteilt auf sieben Staaten, mit dem Anteil, den Österreich zu erbringen hat, eine sehr, sehr gute Lösung ist, ein erster echter Weg, Bewegung in die Sache zu bringen.

Gemessen werden wir dann ja daran werden, ob wir in der Lage sind, Bürgerbegehren ins Leben zu rufen, ob wir in der Lage sind, Ideen in Europa zu transportieren, die Zustim­mung finden, und uns dann in Europa auch Gehör zu verschaffen. Und das ist leichter mit 17 000 Stimmen als mit 500 000 oder mit einer Million. Die Idee an sich, für Europa wirken zu können, ist ja die Grundlage dieses Gesetzes, um damit auch das Europäische Parlament in die richtige Richtung zu bringen.

Ich denke, meine Damen und Herren, man sollte diesen Weg nicht blockieren, man sollte ihn begleiten. Man darf ruhig kritisch sein, das ist keine Frage, aber man sollte sich doch nicht einen Weg, den man mühsam erkämpft hat, mit Beton wieder verbauen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


12.11.12

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Voriges Jahr hat ein Franzose, der 93 Jahre alt ist, ein Buch geschrieben mit dem Titel „Empört euch!“ und hat zu einer kleinen „Französischen Revolution“ aufgerufen. Das Buch wurde ein Bestseller.

Ich glaube, wir brauchen keine „Französische Revolution“, aber wir brauchen mehr direkte Demokratie, mehr Bürgerbeteiligung, denn viele Menschen haben den Ein­druck, dass die Politik Dinge beschließt, agiert und Themen forciert, die nicht der Meinung der Bevölkerung entsprechen. Und hier brauchen wir mehr direkte Demo­kratie.

Ein gutes Beispiel ist das österreichische Parlament. Hier gibt es seit letztem Jahr die Bürgerinitiativen, und es wird sehr gut in Anspruch genommen. Es reichen 500 Unter­schriften, die auch online gegeben werden können. Und auch bei der Überprüfung reicht es, wenn der erste Einreicher legitimiert ist und überprüft ist, dass er in der Wählerevidenz aufscheint.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 83

Mit der Europäischen Bürgerinitiative setzen wir ein wichtiges Zeichen, setzt Europa ein wichtiges Zeichen der Bürgerbeteiligung – ein Instrument, das erstmals eingeführt wird. Es hat natürlich Kinderkrankheiten – das wurde schon sehr ausführlich dar­gestellt –, wie der Identitätsnachweis durch Pass oder Personalausweis. Führer­schein und e-Card reichen nicht, weil damit die Staatsangehörigkeit nicht nachgewiesen werden kann. Aber ich glaube, dass sich durch die Evaluierung und im Laufe der Zeit auch dieses Instrument wesentlich weiterentwickeln wird. Und es wird auch ein Instrument für behinderte Menschen sein, die zu Hause auch Initiativen setzen können, beispielsweise beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder bei der Berufsausbildung.

Damit ist diese Bürgerinitiative europaweit ein Zeichen, dass Europa nicht irgendwo abgehoben in Brüssel stattfindet, sondern dass wir Europa sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


12.15.48

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In vielen Reden ist die Europäische Bürgerinitiative als erster Schritt bezeichnet worden. So möchte ich es auch bezeichnen. Es ist ein Kompromiss, darüber sind wir uns einig. Und insbesondere ist es einmal wichtig, dass alle Unionsbürgerinnen und -bürger gleichberechtigt Zugang zur Europäischen Bürgerinitiative erhalten.

Was aber langfristig geändert werden sollte, ist, dass diese Europäische Bürger­initiative derzeit noch nicht einheitliches Recht in allen EU-Ländern ist. Derzeit ist es ja so, dass dieses Rechtsinstrument an die nationalen Wahlrechte anschließt und dadurch natürlich auch Unterschiedlichkeiten zutage treten. Unser Ziel sollte es sein, uns auch auf europäischer Ebene – und das richtet sich auch an Sie, Frau Bun­desministerin – dafür einzusetzen, dass wir hier auch einheitliche Regelungen für alle haben.

Was aber Österreich auszeichnet, ist eine Sache, die heute noch nicht angesprochen worden ist: Österreich ist das einzige Land, in dem 16-Jährige diese Europäische Bürgerinitiative unterstützen können. Und was sagen die Jugendlichen zu dieser Europäischen Bürgerinitiative? Was vertreten sie für eine Meinung? Es gibt da eine sehr interessante Studie der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik: Jugend­liche sehen es zum Beispiel ganz anders – was vorhin auch erwähnt wurde –, was das sogenannte Unterschriftensammeln betrifft, dass da der Aufwand zu groß sei, insbe­sondere wenn es sich um viele verschiedene Länder handelt. Jugendliche sehen das Ganze entspannter: wahrscheinlich, weil sie mit Facebook aufgewachsen sind; wahrscheinlich, weil sie auch noch mehr über Staatsgrenzen hinweg denken können als so mancher hier im Hohen Haus.

Und es ist sicher auch ein wichtiges Instrument. Gerade auch, wenn wir über Anti-Atomstrom, über Finanztransaktionssteuer oder auch Verbote von Gentechnik in Nah­rungs­mitteln sprechen, wird diese Europäische Bürgerinitiative selbstverständlich ein gutes Instrument sein; ein erster Schritt gerade auch in Zeiten, wo die Bürgerinnen und Bürger in Europa, nicht nur in Österreich, EU-skeptisch sind. Und ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir die Bürgerinnen und Bürger beteiligen, auch um Verständnis zu erzeugen und auch die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und sie daran teilhaben zu lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 84

Eines noch zum Entschließungsantrag der Grünen: Das ist eine gute Idee. Wir haben einen solchen Antrag im Jahr 2005 eingebracht. Wir können dem nur derzeit nicht beitreten, denn wir bräuchten dazu zirka 50 bis 100 Planstellen, und in der derzeitigen finanziellen Situation ist das nicht möglich. Ich denke, wir müssen zuerst diese Finanzierungsfrage lösen.

Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es ist vielleicht nur ein erster Schritt, aber es ist ein wichtiger Schritt in Richtung BürgerInnenbeteiligung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Da ein kurzfristig eingebrachter Abänderungsantrag vorliegt, verlege ich die Abstim­mung bis nach der Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3, also den nächsten Punkten, die zu behandeln sind, und wir setzen daher in der Erledigung der Tagesordnung fort.

12.19.402. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1795/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird (1669 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird (1670 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Über die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.20.15

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Bei dieser Gesetzesvorlage handelt es sich im Wesentlichen auch um ein Anliegen des Sports, weil durch Ent­scheidungen der KommAustria folgende Situation eingetreten ist:

Wir haben ursprünglich bei der Einführung der Fernsehrichtlinie auf Ebene der Europäischen Union fünf Prime-Sportarten definiert. Das waren die Bewerbe der Welt- und Europameisterschaften im Fußball, im Wesentlichen die Fußball-Bundesliga, Skirennen, Formel 1-Rennen und die Olympischen Sommer- und Winterspiele.

Diese Aufzählung erfolgte nicht taxativ, sondern nur demonstrativ. Über Entscheidung der KommAustria wurden jetzt verschiedene Wettbewerbe auch als Prime-Sportarten deklariert, was dazu geführt hätte, dass sie nur im gebührenrechtlichen Fernsehen gesendet werden können. Da dafür aber kein Markt da ist und sie im gebührenrechtlichem Fernsehen, also ORF 1 und 2, nicht gesendet werden, könnten sie dann nicht mehr auf ORF Sport Plus gesendet werden.

Um hier einen Ausgleich zwischen den privaten Fernsehbetreibern und dem ORF und dem Sport zu schaffen, hat man sich zusammengesetzt, um eine neue Formulierung zu finden, und man hat sich auf folgenden Weg geeinigt: Dass der ORF nur mehr die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 85

Sportveranstaltungen überträgt, die einen Österreich-Bezug haben, wie österreichi­scher Austragungsort, oder eine Weltmeisterschaft, wie zum Beispiel bei der Eishockey B-Weltmeisterschaft, die der Anlassfall war, und es müssen diese interessanten Ver­anstaltungen den privaten Fernsehbetreibern angeboten werden. Gibt es keinen Markt dafür, und diese Fernsehbetreiber nehmen dieses Angebot nicht wahr, dann kann es auf ORF Sport Plus gesendet werden.

Das ist für den Sport immens wichtig, weil wir ja ORF Sport Plus sonst geleert hätten ohne all die positiven und guten Veranstaltungen, die einen Österreich-Bezug haben. Für den Sport ist es überlebenswichtig, in einem Fernsehsender vorzukommen, um auch die Möglichkeit der Öffentlichkeit zu haben, und ich ersuche Sie um möglichst breite Zustimmung zu dieser Regelung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. – Bitte.

 


12.22.55

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Diese zwei Regelungen im Medienbereich umfassen einerseits eine Regelung, die Privaten die Möglichkeit gibt, mehr Programme anzubieten – das ist, glaube ich, eine gute Sache, um den Fernsehmarkt weiter zu öffnen –, und ande­rerseits, wie schon erwähnt, diese Präzisierung, welche Sportbewerbe der ORF in seinem Sportspartensender ORF Sport Plus in Zukunft auch anbieten darf.

Ich glaube, es ist wichtig, hier eine breite TV-Präsenz für alle Sportbereiche festzu­legen, denn gerade ORF Sport Plus wurde ja eingerichtet für alle Sportarten, die viel­leicht sonst im sportlichen Geschehen und im medialen Geschehen nicht unbedingt vorkommen.

Wieso ist das von so hohem Interesse für den österreichischen Sport? – Ein Fernseher ist allgegenwärtig, ein Fernseher ist in jedem Wohnzimmer, und wenn wir mit Sport im Fernsehen die Kinder und Jugendlichen, ja alle Bevölkerungsschichten erreichen, können wir vielleicht den einen oder anderen auch motivieren, sich selbst zu bewegen. Das ist im Sinne der Gesundheit sicherlich förderlich für unseren Staat, und vor allem hat es auch einen wirtschaftlichen Hintergrund.

Viele Vereine, viele Veranstalter sind auf Sportsponsoring aus dem privaten Bereich angewiesen, und daher ist natürlich eine möglichst breite Öffentlichkeit sehr wichtig.

Bezüglich der Sportarten, die sonst durchgefallen wären – bei ORF Sport Plus durften sie nicht gespielt werden, ORF 1 hat sie nicht gespielt, und die Privaten kamen nicht zum Zug –, hat man nun einen neuen Modus gefunden. Auch was die Vorgehensweise angeht, ist zu sagen, es waren alle Marktteilnehmer eingebunden. Das war eine sehr gute, konstruktive Basis. Der neue Weg schaut nun so aus, dass der ORF das zu transparenten, wirtschaftlich normalen Konditionen, möchte ich sagen, den Privaten anbietet, und wenn diese es nicht nehmen, wird ORF Sport Plus ermächtigt, diese Sportarten, Events, Veranstaltungen zu senden.

Das ist wichtig, um den Sport der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und ich glaube, diese fairen Marktmechanismen sind ganz besonders wichtig auch für den österreichischen Fernsehmarkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 86

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. – Bitte.

 


12.25.27

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Peter Wittmann hat uns erklärt, dass das Unterfangen eine edle Sache ist. Peter Witt­mann ist ein edler Mann. Daher ist die Sache, die er vertritt, eine edle, und daher werden wir zustimmen. (Heiterkeit. – Abg. Mag. Gaßner: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)

Aber – aber! – schon mancherlei Unsinnigkeiten, die demokratisch unverträglich waren, haben mit einer Missachtung des Parlaments begonnen, und um eine solche handelt es sich zweifellos. Nicht einmal 24 Stunden vor der Ausschusssitzung ist überhaupt erst der Gesetzentwurf eingelangt – von Begutachtung keine Spur, von einer ausreichenden Beratungsmöglichkeit seitens des Parlamentes keine Spur.

Es hat den dringenden und nicht widersprochenen Anschein, dass der Gesetzestext ausgeschnapst worden ist zwischen ORF und VÖZ – Verband Österreichischer Zeitungsunternehmen. Se non è vero è mal trovato. (Ruf bei der SPÖ: Lateinstunde?) Also: Wenn es nicht wahr sein soll, ist es auch schlecht gesprochen. So soll man mit der Erzeugung von gesetzlichen Vorschlägen nicht wirklich umgehen.

Die Ursache, warum wir zustimmen, ist die Offenkundigkeit, dass es den Rand­sportarten nützt, dass also nicht die sogenannten Prime-Sportarten jedenfalls im ORF vorkommen und durch mangelnde Übernahme anderer Privater so quasi die Rand­sportarten, was immer sie sein mögen, zwischen den Sesseln durchfallen. Das wollen wir nicht. Wir unterstützen die sportlichen Anliegen auch in medialer Hinsicht, und deswegen – aber nur deswegen! – werden wir dem Gesetz unsere Zustimmung ge­ben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


12.27.47

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zunächst zum Inhalt der Vorlage. – Dazu ist aber eigentlich nicht mehr allzu viel zu sagen. Beide Bereiche machen Sinn. Der eine Punkt war, dass es auch Privaten ermöglicht werden sollte, mehrere Fernsehkanäle zu betreiben. Auch das ist eine aktuelle Causa und bezieht sich vor allem auf den neuen Sender ATV2, der damit auch eine gesetzliche Grundlage bekommt. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist sinn­voll.

Das Gleiche gilt von der Stoßrichtung her auch für die Frage der Übertragungsrechte auf Sport Plus. Allerdings möchte ich das schon ein bisschen näher ausführen.

Da gibt es zwei unterschiedliche Argumentationen. Der ORF ist immer hergegangen und hat gesagt: Das, was wir übertragen, interessiert die Privaten überhaupt nicht. Da geht es jetzt nicht um die Fußballbundesliga, da geht es vielleicht um Tischtennis, um Eishockey-Übertragungen, um Sportarten, die nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen.

Die Privaten auf der anderen Seite haben immer gesagt: Aber uns ist ja gar kein Angebot gemacht worden. Manche Dinge würden uns vielleicht doch interessieren. – Das ist jetzt sozusagen die Möglichkeit, das zu überprüfen, und wenn es in der Praxis so ist, dass es auch die Möglichkeit für die Privaten gibt, hier Rechte zu erwerben, zu übertragen, und sie es auch machen, dann ist es sicher ein Fortschritt. Es wird vielleicht auch bei der Frage der Qualität der ORF-Übertragungen eine positive Rolle spielen.

Was allerdings nach wie vor unklar und nicht zufriedenstellend ist – ich habe das im Ausschuss auch erwähnt; Herr Kollege Wittmann hat dann auch eine Antwort darauf


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gegeben –: Wenn auf Sport Plus eine Übertragung erfolgt – und jetzt sage ich einmal das Stichwort Tischtennis –, und am Ende der Übertragung steht dann drauf: Mit Unterstützung des Ministeriums für Sport, dann frage ich mich schon, was das für ein öffentlich-rechtlicher Auftrag ist.

Nur zur Erinnerung: Wir haben ein ORF-Gesetz gemacht, in dem wir festgelegt haben, dass die Refundierungen unter anderem an diesen Sportkanal gebunden sind. Und in der Praxis passiert Folgendes: Dass Sport Plus sagt: Wir übertragen schon, aber nur, wenn wir zusätzliche Produktionskostenbeiträge einheben können. Würde man dieses Angebot auch den Privaten machen, dann stellt sich die Frage, ob die nicht vielleicht doch auch mehr übertragen würden.

Ich halte es für absolut illegitim, dass ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit Rund­funk­gebühren, mit einem Auftrag für Berichterstattung in einem Drittkanal, in Sport Plus, seine Übertragung davon abhängig macht, dass Produktionskostenbeiträge bezahlt werden. Kollege Zinggl hat im Ausschuss auch berichtet, dass das nicht nur im Sport der Fall ist, sondern auch bei unterschiedlichen Kulturveranstaltungen, dass der ORF als öffentlich-rechtlicher Sender seine Übertragungen nicht von redaktionellen, jour­nalistischen Kriterien abhängig macht, sondern davon, ob er zusätzlich Geld lukrieren kann. Das kann keine Form des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich sein! (Beifall bei den Grünen.)

Es wäre eine Möglichkeit, das im Gesetz auch festzuhalten – dann wird es relativ simpel gehandhabt –, bislang hat es keine Möglichkeit dazu gegeben.

Zum Demokratiepolitischen, das Kollege Fichtenbauer angesprochen hat: Damit hat er völlig recht. Der ursprüngliche Antrag war eine rein redaktionelle Berichtigung des letzten ORF-Gesetzes und hatte mit diesen beiden Punkten überhaupt nichts zu tun. Dann kommt 24 Stunden vorher, ich glaube, zehn Minuten vor der Frist, ein Abän­derungsantrag, der – und das ist ja besonders originell –, wie beim ORF-Gesetz beim letzten Mal, wieder von den Interessensverbänden geschrieben worden ist, nämlich von den Privaten und vom ORF.

Dort ist es dann übrigens genau zu der Situation gekommen – siehe Facebook-Aktivitäten, Online-Aktivitäten –, von der wir damals schon gesagt haben: Das wird so nicht halten, der ORF wird das so auslegen, wie er glaubt, und es wird zu einer Entscheidung kommen, wie sie jetzt auch vorliegt. Jetzt hat der Öffentlich-Rechtliche massive Probleme, im Online-Bereich senden zu können beziehungsweise Angebote legen zu können. Ich meine, ein Öffentlich-Rechtlicher ohne ein Online-Angebot ist in diesen Zeiten nicht mehr denkbar. Aber das war vorhersehbar.

Und jetzt sage ich Ihnen, was Sie in diesem Gesetz in der Begründung schreiben. Es redet ja kaum wer dazu, aber der Herr Staatssekretär, nehme ich an, wird sich noch zu Wort melden. (Staatssekretär Dr. Ostermayer verneint.) – Nein? Schade. (Staats­sekretär Dr. Ostermayer: Das ist eine Initiative vom Parlament!) Ach so, das ist die Initiative vom Parlament. – Von dem ORF-Parlament mit dem privaten Parlament, wo die Interessensverbände zuerst geredet haben. Aber die Formulierung lautet quasi, der ORF muss jetzt hergehen und muss sagen: Wir machen ein Angebot, die Privaten können sagen, wir nehmen das Angebot oder nicht! So ist es gedacht. Dann hätte man schreiben können: Es muss nachgewiesen werden. – Das wollte der ORF nicht. Dann haben die Privaten gesagt: Aber irgendeine Form muss es ja geben, weil wie geht das sonst?, und dann hat man folgende Formulierung getroffen:

„Der Begriff der Glaubhaftmachung ist so zu verstehen, dass kein ,voller Beweis‘, sondern die überwiegende Wahrscheinlichkeit gefordert ist.“ (Heiterkeit bei den Grünen.) „Eine bloße Behauptung genügt hierfür nicht. Der Maßstab, wann das Vor-


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liegen der relevanten Voraussetzungen glaubhaft ist, kann konstellationsbezogen unterschiedlich sein.“

Wunderbar! Eine herrliche Begründung, die wir im österreichischen Parlament wieder beschließen! (Abg. Öllinger: Glasklar!) Glasklar! Das wird überhaupt keine Inter­pretation ermöglichen, es wird für jeden völlig klar sein. Und was war es? – Es haben wieder die Interessensverbände das Gesetz geschrieben – und nicht die Politik.

Herr Kollege Cap und Herr Kollege Kopf, Sie sind Mediensprecher der Regierungs­parteien, daher: Besinnen wir uns darauf, dass Gesetze im Parlament gemacht werden – und nicht vom ORF und nicht vom VÖZ und nicht von Interessensverbänden. (Abg. Kopf: Aber einbeziehen sollen wir die Beteiligten schon, oder?) Ja, aber dann sollen sie nicht so einen Blödsinn schreiben, und wir übernehmen es auch noch! Dann schreiben wir doch eine vernünftige Regelung hinein! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: An den Betroffenen vorbei würden Sie es vielleicht machen! Wir reden mit ihnen!)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber, bitte.

 


12.33.18

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Besonders begrüßen möchte ich anfangs Schüler der HTL Spengergasse in Wien.

Meine Damen und Herren, es ist ganz wichtig, dass Sportveranstaltungen auch weiter­hin übertragen werden können. Die Sportveranstalter brauchen es, dass übertragen wird, und es ist egal, ob Privatfernsehen überträgt, ob ORF Plus überträgt oder ob der ORF überträgt. Und es geht nicht immer nur um das Hahnenkammrennen in Kitz, es geht um ganz andere Sportarten – das haben wir heute ohnehin schon gehört –, sei es Tischtennis, sei es Eishockey. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Jugend, die Bevölkerung so viel wie möglich motiviert wird, indem eben Sportveranstaltungen übertragen werden.

Es sind, wie ich glaube, sehr viele Sportveranstalter, was die Finanzierung angeht, vollkommen in der Luft. Dem kann man nicht zustimmen. Aber wenn man schaut, was der ORF macht: Der ORF droht dem Bundesminister für Sport: Lieber Bundesminister, wenn du dich nicht an den Produktionskosten beteiligst, dann werden wir nicht übertragen!, und im selben Atemzug verweigert er aber auch den Privaten, dass sie übertragen können. Ich glaube, da müssen wir alle munter werden. Diesen Missstand müssen wir aufzeigen, denn ein ORF, der mit 160 Millionen € Steuergeld ausgestattet ist und Zwangsgebühren einhebt, sollte solche Methoden nicht an den Tag legen.

Am Samstag habe ich mit dem Obmann von Rapid-Lienz gesprochen. Die Sport­ver­anstalter verstehen nicht, warum die Bundesländerkanäle nicht geöffnet werden. Warum ist da der ORF nach wie vor so langsam? Ich hoffe, dass der Staatssekretär da jetzt endlich aktiv wird und man schaut, dass man weiterhin den Sport bestmöglich öffentlich macht, auch um dadurch die Jugend zu motivieren, selbst Sport zu betreiben. (Beifall beim BZÖ.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir nehmen die Abstimmung über jeden Ausschussantrag getrennt vor.


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Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit das ORF-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1669 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem vorliegenden Entwurf zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nom­men.

Abstimmung über den Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1670 der Beilagen. Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt kommen wir zur dritten Lesung.

Wenn Sie dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, bitte um ein Zeichen. – Das ist ebenso einstimmig. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

12.37.10Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur verschobenen Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 1: Gesetzentwurf in 1666 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Gerstl, Dr. Wittmann, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 1 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Gerstl, Dr. Wittmann, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1, 2 und 8 bezieht. Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Einganges in der Fassung des Ausschussberichtes. Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Auch hier stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men.

Auch hier stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehr­heit fest.

Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1666 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für Europäische Bürgerinitiativen.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 231.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Musiol, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

12.39.03 4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (1616 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Marktordnungsgesetz 2007 und das Marktordnungs-Überleitungsgesetz geändert werden (1654 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun den 4. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte leitet Herr Abgeordneter Doppler ein. – Bitte.

 


12.39.30

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn heute das Marktordnungsgesetz 2007 und das Marktordnungs-Überleitungsgesetz geändert werden, sehen wir von der FPÖ darin ein großes Problem, weil genau in diesem Gesetz festgehalten wird, dass die Milch­quotenregelung mit 31. März 2015 ausläuft.

Es gibt dazu keine Ersatzregelung. Die Bauern, die Bäuerinnen, die unsere gesunden Grundnahrungsmittel erzeugen, bleiben auf der Strecke. Viele landwirtschaftliche Be­triebe in Österreich haben, um überhaupt wirtschaftlich überleben zu können, Kontingente gekauft und aufgebaut und schauen jetzt durch die Finger.

Herr Minister – er ist leider nicht hier  (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Ich bin eh da!  Abg. Strache: Hineingeschlichen!) – Bitte um Entschuldigung! Herr Minister, ich ersuche Sie und fordere Sie auf, unbedingt eine Ersatzregelung zu schaffen, damit nicht noch mehr heimische Bauern, in diesem Fall Milchbauern, aufgeben müssen, ihre Höfe verlassen und nicht mehr bewirtschaften. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere landwirtschaftlichen Betriebe können von der ländlichen Struktur her nicht mit den großen Milcherzeugern wie in Deutschland, Frankreich, Dänemark mithalten. Es ist jetzt schon schwierig genug, junge Leute zu finden, die bereit sind, einen Hof zu übernehmen und ihn auch zu bewirtschaften. Und wenn wir ihnen jetzt noch eine Grundlage entziehen, wird es in Zukunft noch schwieriger werden, junge Bäuerinnen und Bauern zu finden, die gesunde Grundnahrungsmittel erzeugen.

Wir von der FPÖ wollen nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass unsere Kinder und Enkelkinder Bauernhöfe nur mehr aus den Erzählungen kennen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)


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12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. Bitte.

 


12.41.29

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Kollege Doppler, ich weiß jetzt nicht, zu welchem Tagesordnungspunkt du geredet hast. Wir befassen uns heute mit dem Marktordnungsgesetz 2007 und dem Marktordnungs-Überleitungsgesetz, und das beinhaltet einige kleinere Änderungen wie zum Beispiel einen weiteren Schritt der Entkopplung. (Abg. Doppler: Artikel 2 Abs. 3, Herr Kollege! Lesen Sie genau!) Es werden Mittel zur Verfügung gestellt, dass diejenigen Personen, die zum Beispiel in Bayern die Landwirtschaft haben und in Österreich die Flächen, auch die Prämien dafür bekommen. Im Gegenzug gibt es natürlich genau das andere auch, nämlich dass diejenigen, die in Österreich sind und in Deutschland Flächen haben, dort die Prämien kriegen. Dieses Abkommen gibt es auch mit anderen Staaten.

Es geht im Weiteren noch darum, dass bei Daten, die von der AMA zum Bundes­ministerium für Finanzen gehen – das ist schon seit Längerem der Fall –, eine kostenlose Übermittlung der Daten, der Bodenschätzung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und durch das Finanzministerium an das BMLUFW erfolgt.

Ein weiterer Punkt in diesem Gesetz, das wir heute beschließen, ist, dass die gemäß dem System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen zu bestimmenden Referenz­flächen zur Ermittlung der beihilfefähigen Flächen der Grundstücke mittels Verordnung den EU-Qualitätskriterien entsprechend angepasst werden sollen. Und da gilt es natürlich, zumindest aus meiner Sicht, zu diskutieren, ob die Vorgaben der EU und deren Umsetzung wirklich so sind, wie wir sie wollen.

Ich bin der Meinung, man muss auch dort schauen, dass man praxistaugliche Lösungen hat, und im alpinen Raum ist eben die Landwirtschaft ein bisschen anders als im flachen Land. Es gibt Gräben, Gebüsch, es gibt Baumgruppen, es gibt Heu­stadel. Und da sollte man durchaus auch über Verbesserungen, über Vereinfachungen reden. Ich nenne da kritisch die derzeitige digitale Erfassung der Landschaftselemente, die in Zukunft wieder Fehlerquellen in sich bergen wird, wo die Landwirte unbeab­sichtigt irgendwelche Fehler machen können und dann wieder mit Sanktionen zu rechnen haben. Da müssen wir uns wirklich Gedanken machen, wie wir in Zukunft zu einem besseren System kommen.

Es gibt auch einen weiteren Punkt in diesem Gesetz, nämlich dass Internetan­wen­dungen der AMA über das Internetserviceportal der AMA entsprechende Nutzungs­bedingungen brauchen, und die sollen in einer Verordnung entsprechend geregelt werden. Und in diesem Gesetz schaffen wir die Grundlagen dafür.

Weiters gibt es noch einige Verweise auf EU-Rechtsgrundlagen, die angepasst werden sollen, die geändert werden oder teilweise auch auslaufen sollen, da auch die EU-Rechtsgrundlage ausläuft. In Summe sind das aber keine großen Veränderungen, die wir hier heute beschließen.

Ich darf allerdings grundsätzlich natürlich schon auch anmerken, dass wir in Zukunft eine Marktordnung brauchen, da die totale Liberalisierung der Märkte nicht das Ziel sein kann. Ein Markt braucht Regeln, und ich hoffe natürlich, dass auch im neuen Pro­gramm der gemeinsamen Agrarpolitik für 2014 bis 2020 Bestimmungen zu finden sind, die solche Regelungen zulassen. Und wenn es in Zukunft auch keine Mengensteue­rung mehr geben soll, dann sollen zumindest Möglichkeiten, Steuerungsinstrumente in den Grundlagen enthalten sein, die geeignet sind, auf Produktionsschwankungen zu reagieren, um bei Marktstörungen einzugreifen.

Ich darf die Gelegenheit nutzen und zu diesem Tagesordnungspunkt doch auch auf die vielfältigen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern hinweisen, die jeden Tag erbracht


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werden, im Interesse der Gesellschaft. Diese Leistungen müssen über die Agrarpreise, aber auch über gemeinwirtschaftliche Leistungen abgedeckt werden. Für diese gemein­wirtschaftlichen Leistungen brauchen wir Geld im Budget. Ich bin guter Hoff­nung, dass wir dieses auch in diesem Haus in Zukunft in der entsprechenden Größen­ordnung zur Verfügung stellen können.

In Summe darf ich noch einmal festhalten, dass wir diese Gesetzesänderung natürlich entsprechend befürworten sollen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.46.44

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Die Regierungsvorlage 1616 der Beilagen ist eindeutig abzulehnen. Hauptsächlich geht es darum, dass sehr, sehr viele Landwirte, auch Genossenschaften, ihr Getreide im Ausland trocknen lassen. Wir vom BZÖ sind grundsätzlich gegen solch einen Verarbeitungstourismus, vor allem, wenn er von der EU in der ersten Säule subventioniert werden muss und dann noch einmal vom heimischen Budget, mit heimischen Mitteln aufgefettet werden muss.

Ich fordere die Bundesregierung auf: Herr Bundesminister, wir müssen eine moderne Agrarpolitik machen. Sie als Bundesminister haben dafür Sorge zu tragen, dass die Bevölkerung ausreichend mit Lebensmitteln versorgt wird, aber auch mit Lebensmitteln, die leistbar sind. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass die Existenz der Bauern, dass dieser Berufsstand wirklich geschützt bleibt, dass die Existenzen abgesichert sind.

Wir brauchen uns nur einige Beispiele aus diesem neuen Gruselpaket anzuschauen, das die Bundesregierung da auf den Weg schickt. Zur Mineralölsteuer: 4,6 Milliarden hat die Bundesregierung im Jahr 2008 an Mineralölsteuer eingenommen. 255,7 Mil­lionen davon haben die Bauern gezahlt, das sind 5,6 Prozent des gesamten Aufkom­mens, aber die Landwirtschaft hat nur 2,1 Prozent dieser Ressource verbraucht.

Und was macht die Bundesregierung? – Sie verschlechtert noch einmal die Wettbe­werbsvoraussetzung der Landwirte, indem sie beschließt, dass es diese kleine Mineral­ölsteuerrückvergütung nicht mehr gibt. Andere Länder, sehr viele Nachbarländer von uns in der EU haben der Landwirtschaft die Mineralölsteuer überhaupt zur Gänze erlassen. Österreich ist da, glaube ich, auf dem falschen Weg.

Noch einmal: Es ist unsere Aufgabe, moderne Agrarpolitik zu machen, denn die ÖVP ist nach wie vor dafür verantwortlich, dass in Österreich täglich Betriebe schließen. Im Umkehrschluss erfahren wir heute immer wieder, dass zum Beispiel bei den Grundnahrungsmitteln – obwohl die Preise, die der Landwirt in Österreich erzielt, niedriger sind als in Deutschland – das tägliche Leben in Österreich trotzdem um ein Vielfaches mehr kostet.

Da soll es Preisabsprachen und so weiter geben. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass der Bundesminister da endlich einmal Taten setzt, dass er sich vor die Land­wirtschaft stellt und man auch die Bevölkerung schützt. (Beifall des Abg. Strache. Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. Abg. Strache: Einsam in der Wüste!)

Dass Österreich nicht mehr leistbar ist, sieht man daran.

Die nächste Grauslichkeit ist, die Einheitswerte an die Verkehrswerte anzugleichen. Das ist ja direkt eine gefährliche Drohung. Bedenken wir einmal, was da passiert. Was passiert da? (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das ist Gerechtigkeit, sagt der Kollege von


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der SPÖ. Das ist Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit, die sich dann in Form von Grund­steuer so massiv auswirken wird, dass sich die Mieten unheimlich verteuern werden. Und diese Umwidmungssteuer ist ja von dem ursprünglich angesprochenen Modell sehr weit entfernt  das ist nicht moderne Agrarpolitik. Diese Umwidmungssteuer wird sich ja eins zu eins auf die Baupreise, auf den Häuslbauer und auf jeden auswirken. Das ist die moderne Agrarpolitik der ÖVP! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Strache: Das ist richtig!)

Diese Politik ist dafür verantwortlich, dass massiv die Existenzen zerstört werden. Herr Bundesminister, was wollen Sie eigentlich? Wollen Sie eine reine Besteuerung der Substanz so wie die SPÖ? Ist das modern? Wollen Sie, dass alle Bauern ihre Substanz verkaufen müssen, damit sie die Steuern berappen können? Oder wollen Sie, dass die Bauern nach dem Tiroler Modell enteignet werden? Da müssen Sie einmal klare Worte finden! Wir, die Politik, sind dafür verantwortlich, dass die Landwirte ein Einkommen haben. Dass sie dieses Einkommen selbstverständlich besteuern, ist ja ganz klar, aber wir müssen es schaffen, dass die Landwirte ein Einkommen erwirt­schaften können.

Die Landwirte haben auch nichts dagegen, eine Buchhaltung zu führen und dann, wenn sie einen Gewinn machen, diesen zu versteuern. Aber schauen wir uns nur an, was jetzt im Sozialversicherungsbereich passiert: Da wird den Bauern die Leistung gekürzt, und die Beiträge werden massiv erhöht. Da wird der Berufsstand der Bauern massiv geschröpft, wie kein anderer in dieser Gesellschaft. Ich glaube nicht, dass Sie als Landwirtschaftsminister da nur zuschauen können.

Schauen wir uns an, was die Landwirtschaftskammer Österreich zu Ihrem Gruselpaket sagt  ich möchte da jetzt nicht ins Detail gehen, aber wenn man nur diese Widmungs­gewinne und so weiter anschaut , Herr Bundesminister, ich glaube, da haben Sie endlich einmal einen Beweis dafür, dass sogar Ihre eigenen Vorfeldorganisationen massiv gegen Sie losgehen.

Ich fordere Sie auf: Denken wir da endlich um, machen wir eine moderne Agrarpolitik, schaffen wir Voraussetzungen, dass der Landwirt produzieren und die Bevölkerung sich die Produkte leisten kann! Dafür sind wir da und für sonst gar nichts. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


12.52.32

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch von uns ein klares Bekenntnis und die Wertschätzung für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich. Wir meinen aber, dass vor allen Dingen das Fördersystem gerecht und mit Augenmaß erfolgen muss. Das ist notwendig, Herr Kollege Huber, damit das Überleben der Bäuerinnen und Bauern, von denen wir beide reden, garantiert ist. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Huber:  zu Enteignungen!)

Zurück zur Tagesordnung: Durch die Änderung des Marktordnungsgesetzes wird die Verarbeitungsbeihilfe für Trockenfutter in der Höhe der bisherigen Beihilfe in die einheitliche Betriebsprämie einbezogen, und zwar auch, was neu ist, für Betriebs­inhaber, deren Futter in anderen EU-Mitgliedstaaten getrocknet wird und wurde. Die­ses EU-Recht, meine Damen und Herren, gilt auch für Bauern in den Nachbarländern, die auf österreichischen Flächen Trockenfutter herstellen. Der Aufwand dafür beträgt jährlich 550 000 €.


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Im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft wurde auch über die Novellierung des Marktordnungsgesetzes, und zwar im Zusammenhang mit der notwendigen Anpas­sung bei der laufenden Abwicklung der Betriebsprämienregelungen, diskutiert. Die kostenlose Übermittlung von Daten der Bodenschätzung, die für die laufende Aktu­alisierung des Berghöfekatasters benötigt werden, wurde bereits im Budgetbegleit­gesetz vereinbart und nun durch die Novellierung gesetzlich verankert.

Für die Internetanwendung der Agrarmarkt Austria war es notwendig, bestimmte Nutzungsbestimmungen kundzumachen. Das betrifft vor allen Dingen die elektronische Nutzung der Rinderdatenbank.

Mit der Novelle zum Marktordnungsgesetz werden EU-Gelder in der Höhe von 6 Millionen € aus dem Titel Marktstörungsmaßnahmen an die österreichischen Milch­bauern ausbezahlt.

Wir stimmen der Auszahlung nach Milchquoten zwar zu, eine Begünstigung jener Milch­bauern, die mit der Einhaltung der Lieferquoten das System bisher stabilisiert haben, so wie von unserem Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner vorgeschlagen, wurde leider vom Koalitionspartner abgelehnt.

Eine Frage noch an Sie, Herr Bundesminister: Sie haben uns im Ausschuss ver­sprochen, uns die Studie zum Bienensterben zu übermitteln. Wir warten darauf, Kollegin Schönpass hat das eingefordert. Aber insgesamt werden wir der vorliegenden Novellierung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.55.26

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Wie ernst die ÖVP die Landwirtschaftsthemen nimmt, sieht man daran, dass der Bauernbund­prä­sident nicht hier ist, dass der niederösterreichische Landwirtschaftskammerpräsident nicht hier ist (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich), aber ich glaube, man weiß oder spürt da, wie ernst das Thema Landwirtschaft von diesen Abgeordneten, von den Bauernvertretern genommen wird.

Lieber Kollege Eßl, wenn du unseren Kollegen Doppler kritisierst (Zwischenruf des Abg. Doppler) und sagst, du weißt gar nicht, wovon er redet, so glaube ich, ist das das nächste Beispiel, das zeigt, wie überheblich ihr euch bei dem Thema benehmt (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ), denn das Marktordnungs-Überleitungsgesetz behandelt auch die Auflassung der Milchquoten (Zwischenruf des Abg. Eßl), das Auslaufen der Quoten, wodurch den Bauern Eigentum verlorengeht und vor allem  und das ist für mich das viel, viel Traurigere daran , wodurch den Bauern in entlegenen Gebieten die Milchgarantie, die Liefergarantie genommen wird. Und das sollte uns zu denken geben!

Landwirte, die unter schwierigsten Bedingungen Milch produzieren, unter schwierigsten Bedingungen die Milch heute noch zur Molkerei liefern können, werden in Zukunft, nach dem 31. März 2015, keine Chance mehr haben, ihre Milch zu verkaufen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, lieber Kollege, das zeigt, wie überheblich ihr euch diesen Gebieten gegenüber zeigt, denn bisher war die Milchquote auch eine Abnahmegarantie, und die Bauern, die noch mit dem Milchgeld ihr Dasein gefristet haben, werden in Zukunft keine Chance mehr haben.

Heute schon versuchen große Molkereien, große Milchfirmen im Zentralraum Liefer­verträge zu bekommen, um die Milch aus dem Zentralraum zu kriegen, und die


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Berggebiete müssen sich heute schon bemühen und haben keine Chance, für die Zukunft, für die Zeit nach 2015 einen Liefervertrag zu bekommen.

Wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass immer wieder betont wird, wie wichtig das entlegene Berggebiet ist, dass die Bauern in diesem Bereich gehalten werden, um zum einen die Landschaft zu pflegen und zum anderen aber auch höchstwertige Milch zu liefern (Zwischenruf des Abg. Strache), so müssen wir, glaube ich sagen, es ist beschämend, wie oberflächlich ihr vonseiten der angeblichen Bauernvertreter mit diesem Thema umgeht. (Abg. Eßl: Zu welchem Gesetz sprechen Sie?)

Sehr geehrter Herr Minister! Wenn wir es ernst meinen, wenn Sie es ernst meinen damit, dass es darum geht, die Bauern in diesem Gebiet zu halten und zu stützen, so sorgen Sie dafür, dass diese Bauern auch nach dem 31. März 2015 die Garantie haben, dass sie die Milch zu den gleichen Bedingungen liefern können, wie sie die Bauern aus dem Zentralraum haben!  Dann ist wirklich für den ländlichen Bereich etwas getan worden. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Eßl: Das hat nichts mit diesem Gesetz zu tun! Abg. Mag. Gaßner: Doch, doch, weil das Trockenfutter geht ja an die Kühe! Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eßl.)

12.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


12.58.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Zu dieser Anpassung und Novellierung des Marktordnungsgesetzes haben wir, die Grünen, uns ja im Ausschuss durchaus skeptisch geäußert, haben dort dagegen gestimmt. Wir werden dieser Anpassung hier zustimmen, aufgrund von zwei, drei Hoffnungselementen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ein sinnvoller Schritt ist der kostenlose Transfer von Daten zwischen Finanz- und Landwirtschaftsministerium, et cetera. Diese Dinge sollten kostenfrei sein, und das ist eine Verwaltungsvereinfachung, das ist aus meiner Sicht sinnvoll.

Was der Kollege Eßl in Bezug auf die digitale Erfassung gesagt hat, ist interessant. Schauen Sie, Kollege Eßl, darum dieser Vorschuss: Wir stimmen dem mit der Erwar­tungshaltung zu, dass bei der Ausgestaltung, gerade im Hinblick auf die Probleme der digitalen Erfassung  Sie haben es angesprochen, nicht nur bei den Almen, bitte –, endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden und die Bauern nicht mit unsinnigen Schikanen und mit Schwachsinnigkeit, das kann man nicht anders bezeichnen, drangsaliert werden.

Wenn ein Bauer auf einer Fläche Gras mäht, daraus Siloballen erzeugt – jeder kennt diese Rundballen –, dort auf dieser Fläche diese Siloballen lagert, was normal ist, denn die Wiese ist eventuell fünf Kilometer vom Hof entfernt, der wickelt die dort, lagert sie auf dieser Fläche, dann muss der Bauer derzeit diese Fläche herausdigitalisieren. Da muss er zur Landwirtschaftskammer, zu seiner Bezirksbauernkammer gehen und sagen: Bitte nehmt mir die Fläche heraus, denn wenn die AMA kommt, dann kann ich möglicherweise um alle Förderungen umfallen!

So schaut es derzeit aus! Also eine Schikane, eine Agrarbürokratie, die unsäglich ist und die enorme Auswirkungen hat. (Beifall bei den Grünen.)

Und daher der Vorschuss an Sie: Wenn Sie bereit sind, hier Änderungen durch­zusetzen, Herr Minister, haben Sie unsere Unterstützung, wenn nicht, werden wir weiter konsequent daran arbeiten, dass das in dieser Form nicht weiter möglich ist.


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Jetzt zu einigen grundsätzlichen Dingen, die Kollegen auch angesprochen haben, nämlich zur Agrarpolitik 2014 bis 2020. Ich verstehe nicht, warum der Bauernbund mit aller Gewalt gegen die Ökologisierung in Europa argumentiert. Sie, Herr Bundes­minister, ebenso! Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie als österreichischer Landwirt­schaftsminister offensiv Kommissar Ciolos unterstützen und sagen: Ja, wir brauchen eine Ökologisierung in Europa, ja, wir wollen sie, und wir wollen auch die Finanzmittel sichern für die Ökologisierung in Europa! Daher darf die ländliche Entwicklung auf europäischer Ebene nicht gekürzt werden, sondern muss ausgebaut werden. Das ist die Herausforderung.

Bis heute warte ich auf diesen konsequenten Ansatz, dass Sie endlich einmal aufstehen und sagen, dass die österreichische Landwirtschaft nicht nur hier im Parla­ment wichtig, gut und schön ist und dass die Bauern alle möglichen Leistungen erbringen, sondern dass Sie auch bereit und fähig sind, in Europa dafür gerade­zustehen und endlich in die Offensive zu gehen.

Ich vermisse diese Klarheit auch bei den Kollegen der ÖVP; das muss ich auch einmal dazusagen. Es ist wirklich unverständlich, warum sich Bauernbundpräsident Auer einer Agrardebatte überhaupt nicht mehr stellt. Der Kollege Grillitsch ist hier, aber er ist ja nicht mehr der oberste Chef und er führt ja auch nicht mehr den Vorsitz.

Nächster Punkt: Eiweißfuttermittel. Wir brauchen eine Selbstversorgung, einen Schritt in die Selbstversorgung und in die bessere Versorgung mit gentechnikfreien Eiweiß­futtermitteln. Mindestens 15 Prozent der Flächen Europas sind hier eine Zielgröße, die wir Grünen fordern. Auch dazu braucht es klare Bekenntnisse.

Zum Kollegen Linder, was die Milchbauern betrifft: Ich gebe dir völlig recht, diese Gefahr droht, die du beschreibst. Daher ist es umso wichtiger, dass es auch Leitlinien, Rahmenbedingungen für die gesamte Milchwirtschaft gibt. Es reicht nicht, Kollege Eßl, nur für die Krisensituation des Marktes Instrumente vorzusehen.

Bei dieser Gelegenheit erneuere ich meinen Appell an die Agrarsprecher der Frak­tionen. Ich würde empfehlen und ich bitte euch, gehen wir vor dem nächsten Plenum in eine Fraktionssitzung, in der wir gemeinsam beraten, welche gemeinsamen Elemente wir für die Agrarreform finden können, denn die Anliegen sind zu wichtig, um sie nur im parteipolitischen Scharmützel hier im Haus abzutauschen. Es ist, glaube ich, richtig und notwendig, einmal zu prüfen: Gibt es gemeinsame Positionen? Wenn ja, dann sollten wir sie hier als Parlament auch aktiv vertreten.

Abschließend: Herr Bundesminister, wenn Sie bei den Agrarforschungen kürzen wollen und die Bundesanstalt für Bergbauernfragen wegfusionieren, dann versteht Sie ganz Europa nicht. 71 Prozent unseres Bundesgebietes sind Berggebiete. Es gibt in ganz Europa kaum Forschungseinrichtungen für diese spezifischen Gebiete. Sie wollen diese Anstalt zertrümmern. Dazu sagen wir Nein, und wir werden alles machen, alle Schritte konsequent verfolgen, um diesen Schwachsinn, sage ich hier in aller Deutlichkeit, abzustellen. Es ist eine Schande, wenn ein österreichischer Landwirt­schafts­minister ein Paradeinstitut der österreichischen Agrarforschung wegfusionieren will. Das geht nicht mit uns! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich gemeldet. – Bitte.

13.03.48

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten


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Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Marktordnungsgesetz steht unter dem Titel Entbürokratisierung. Es sind darin wichtige Dinge verankert, die Vorredner bereits erwähnt haben.

Zum einen geht es um die Internetanwendungen der AMA, der Agrarmarkt Austria, um die Übermittlung der Daten, die mehr Effizienz und Entbürokratisierung bringen soll, zum Beispiel bei der Rinderdatenbank. Oder: Heuer ist es erstmals möglich, dass der Mehrfachantrag, der Antrag, den die Bauern stellen, um EU-Prämien auszulösen, online gemacht werden kann. Eine Leistung der AMA, die sehr wichtig ist, wird durch dieses Gesetz ermöglicht und wird Bürokratie vereinfachen.

Der nächste Punkt: Die Daten der Bodenschätzung sind insbesondere wichtig, um mit dem Berghöfekataster die von Ihnen beschworenen Bergbauern, die für uns wichtig sind, auch zu unterstützen, damit wir den Berghöfekataster aktualisieren können.

Ein weiterer Punkt: Es gibt durch das Marktordnungs-Überleitungsgesetz eine Rechtsbereinigung, sodass etliche Verordnungen darin zusammengefasst werden und aufgehoben werden können.

Sie sehen, wir nehmen die Entbürokratisierung ernst und versuchen, sie, wo es möglich ist, auch durchzuführen, ohne einen Qualitätsverlust in der Sache zu haben. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Dr. Pirklhuber: Ein sehr schwacher Applaus!) – Ich freue mich, dass es Anhänger der Entbürokratisierung gibt. Ich habe gedacht, das ist ein allgemeines Anliegen hier.

Aber jetzt zu den politischen Dingen.

Erster Punkt: Marktordnung. Die Marktordnung hat auch nach 2014 Bedeutung. Wir diskutieren sie im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Es gibt viele Staaten in der Europäischen Union, die sagen: Weg, wir brauchen keine Marktord­nung, völlig freier Markt. Es soll dort produziert werden, wo es günstig ist, also in Gunstlagen, nicht im Berggebiet, sondern in anderen Regionen, und die Lebensmittel sollen weltweit dort eingekauft werden, wo der Preis niedrig ist. Österreich hat nie diese Position vertreten. Unsere Position ist, dass wir überall in Österreich Lebens­mittel produzieren wollen, am flachen Land und auch in den Bergregionen, das heißt, dass die Bauern nicht nur die Landschaft dort pflegen, sondern auch hochwertige Lebensmittel produzieren.

„Genussregion Österreich“ ist sprichwörtlich. Einen hohen Lebensmittelstandard haben wir hier und zunehmend im Ausland. Ich war vor Kurzem in den Arabischen Emiraten bei der größten Lebensmittelmesse im mittleren Osten, wo sich auch österreichische Firmen präsentiert haben und wo wir – das ist steigend – Lebensmittel und Verar­beitungs­produkte verkaufen.

Daher setzen wir uns dafür ein, dass es Marktordnungsinstrumente auch in der neuen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik gibt, dass man hilft, wenn es strukturelle Über­schüsse gibt, zum Beispiel im Milchbereich, sodass man eingreifen kann. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Milchquote. Natürlich arbeitet Österreich an Nachfolgeregelungen für die Milchquote. Bereits 2007/2008 hat man sich in Europa darauf verständigt, dass die Milchquote ausläuft. Daher ist es unser Ziel, Ziel der österreichischen Agrarpolitik, dass wir eine Mengenbewirtschaftung in der Milch auch weiterhin in Europa sichern, damit gerade in schwierigeren Lagen wie im Berggebiet auch die Milchbauern existieren können.

Die Strategie ist klar. Wir haben eine hochrangige Arbeitsgruppe auf der europäischen Ebene, wo uns das entgegenkommt, was wir in Österreich haben: Molkereien, die


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genossenschaftlich strukturiert sind, die im Besitz der Bauern sind, keine Aktiengesell­schaften, die hire and fire machen – wenn der Milchbauer nicht zufrieden ist, dann muss er nicht liefern –, sondern Genossenschaften, die in bäuerlicher Hand sind, die garantieren sollen, dass die Milch nicht nur aus einer Region neben der Molkerei, sondern auch aus einer entlegenen Region angeliefert wird, dass die Bauern dort eine Perspektive haben. Das wollen wir, und Sie, Herr Abgeordneter, wissen das. Wir wollen das, und da geht es um die Ausgestaltung der Verträge, die garantieren sollen, dass die Milchbauern in Zukunft auch eine Chance haben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das garantieren sie! Aber keine Ökologisierung!)

Der nächste Punkt: Herr Abgeordneter, wenn Sie von moderner Agrarpolitik sprechen: Genau das ist es, was wir praktizieren, eine moderne Agrarpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Kaum ein Land hat nach wie vor eine bäuerlich strukturierte Landwirtschaft wie Öster­reich. Schauen Sie sich die Strukturen in Europa an! Dort gibt es weit größere Betriebe und auch Massentierhaltung, in Österreich nicht. Wir wollen diese bäuerliche Landwirtschaft, die leistbare Lebensmittel erzeugt, auch in Zukunft erhalten, damit sich die Menschen in Österreich Lebensmittel von hoher Qualität auch leisten können. Das ist unser Ziel. Gleichzeitig soll damit die Landschaft nicht nur im alpinen Raum, sondern auch insgesamt in Österreich gepflegt und erhalten werden, weil das für den Tourismus der stärkste Trumpf ist. Es kommen ja die Leute auch deswegen nach Österreich, weil die Landschaft einzigartig ist. Gerade jetzt in der Skisaison erleben wir das wieder. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber auch der energetische Sektor gewinnt an Bedeutung. Herr Abgeordneter Pirkl­huber, Sie stellen sich hier her und sagen, wir sollten mit den politischen Scharmützeln aufhören, wir sollten geeint sein, und Sie sind der Erste, der damit beginnt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das habe ich zu meinen Kollegen gesagt, nicht zu Ihnen! Das ist ja unmöglich, was Sie hier vortragen!)

Wie können Sie ernsthaft behaupten, dass die Abgeordneten der ÖVP oder ich gegen die Ökologisierung der Landwirtschaft sind? Ich weise das strikte zurück! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pirklhuber: Aber nicht nur energetisch!)

Das weise ich strikte zurück, denn ich unterstütze Ciolos in seinem Bestreben, die Landwirtschaft in ganz Europa zu ökologisieren (Abg. Dr. Pirklhuber: Das habe ich noch nicht öffentlich gehört!), wie wir es in Österreich seit 20 Jahren machen. Wir gehen einen ökologisch nachhaltigen Weg in der Landwirtschaft, dessen Effekt es ist, dass wir Bioweltmeister sind. Kein Staat der Erde hat so viel Biolandwirtschaft wie wir. Und so wie wir es in Österreich machen, so wollen wir, dass es in ganz Europa geschieht. Also nehmen Sie das zur Kenntnis, dann können wir die politischen Scharmützel hintanstellen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Dann tun Sie was dafür! Nicht nur reden!)

Das, wogegen ich mich wende bei der Agrarpolitik in Europa, ist die Vervielfachung der Bürokratie. Dort bin ich gegen den Agrarkommissar, denn das, was er vorhat, ist eine Ökologisierung – das ist positiv –, aber mit einer Bürokratie, die sich ja niemand leisten kann. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das will er gar nicht!) Sie wissen das ganz genau. Es ist schade, dass Sie das so falsch sehen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Kennen Sie das Papier der Kommission? Sie kennen es nicht! Das ist ja unglaublich!)

Das gilt auch für die Bundesanstalt. Es geht nicht um die Zertrümmerung der Bun­desanstalten, es geht darum, dass wir neue Strukturen schaffen. Wir haben drei Bundesanstalten, und das Ziel ist, mehr Effizienz zu haben, nicht etwas zu zerstören, sondern neue Strukturen aufzubauen, die schlagkräftiger sind. (Abg. Dr. Pirklhuber: Mehr Effizienz? Das ist ja lächerlich!) Sie wissen, dass wir sparen müssen, und es ist


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sehr nett, sich hinzustellen und zu sagen: Da nicht, da nicht, da nicht!, aber machen Sie einen Vorschlag, wo man sparen kann. Wir tun das.

Ich habe ein 100-Millionen-Euro-Strukturreformpaket aufgestellt, wo wir in der Agrar­bürokratie, in der Agrarverwaltung sparen. Das ist das, was sich die Bürgerinnen und Bürger auch erwarten. Das ist jedenfalls die schwierigere Arbeit, denn es ist leichter, irgendwo finanzielle Mittel zu streichen, als neue Strukturen zu schaffen – und das tun wir.

Abschließend: Frau Abgeordnete, da Sie über die Studie betreffend Bienenproble­matik, über die Studie der AGES MELISSA gesprochen haben: Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden wir diese präsentieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schopf. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.10.46

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolle­gin­nen, liebe Kollegen! Mit diesem Gesetz wird ab dem Antragsjahr 2012 die sogenannte Verarbeitungsbeihilfe für Trockenfutter in die einheitliche Betriebsprämie miteinbe­zogen – und das ist wichtig und richtig so.

Meine Damen und Herren! Europa wächst zusammen, und ich denke, es ist wichtig, dass Europa auch in Bezug auf die Landwirtschaft und die Bäuerinnen und Bauern zusammenwächst. In Zukunft wird bei vielen Dingen gerade diese Frage von größter Bedeutung sein.

Mittlerweile gibt es viele Bauern, die ihren Wohnsitz, ihren Betrieb, die ihre Land­wirtschaft in Österreich haben, aber im Ausland, vor allem in den Grenzregionen, landwirtschaftliche Flächen bearbeiten und daher auch Trockenfutter im Ausland produzieren. Es gibt aber nicht nur österreichische Bauern, die im Ausland tätig sind, sondern natürlich auch ausländische Landwirte, die den Sitz ihrer Landwirtschaft, ihres Betriebes im Ausland haben, aber in Österreich produzieren. Vor allem in den Grenzregionen gibt es eine Reihe ausländischer Landwirte, die landwirtschaftliche Produkte und somit auch Trockenfutter in Österreich produzieren.

Meine Damen und Herren! Diese Beihilfe für Trockenfutter soll in etwa in der Höhe der bisherigen Verarbeitungsbeihilfe sein. Konkret geht es darum – das ist ja schon von einigen hier gesagt worden –, dass diese Personengruppe in Zukunft einen Betrag von zirka 550 000 € seitens der Europäischen Union in Form dieser Prämie erhalten wird. Ich denke, das ist ein richtiger und guter Schritt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungs­punkt ist Herr Abgeordneter Sacher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.12.58

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der heutige Beschluss bezüglich dieser Futtermittel­förderung schlägt sich mit 550 000 € nieder. Das sind zusätzliche Gelder, die in die Landwirtschaft fließen, und daher ist es angebracht, sich einmal kurz mit der Einkom­menssituation im bäuerlichen Bereich zu beschäftigen, was uns ja allen ein Anliegen ist, selbstverständlich auch uns Sozialdemokraten.

Die Bauern können sich darüber freuen, dass sie im Jahre 2011 einen Einkom­menszuwachs von 12,2 Prozent hatten, eine Zuwachsrate, die deutlich über dem


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österreichischen Durchschnitt lag, also deutlich über dem, was die ArbeitnehmerInnen in Österreich an Einkommenszuwachs haben. (Zwischenrufe des Abg. Prinz.)

Wir freuen uns darüber mit der bäuerlichen Bevölkerung, man muss aber auch dazu­sagen, dass ein großer Teil der bäuerlichen Einkommen nach wie vor aus öffentlichen Förderungen kommt, und wir Sozialdemokraten fordern ununterbrochen eine gerech­tere Verteilung öffentlicher Förderungen, denn es ist immer noch so, dass jene, die bessere Einkommen haben, auch höhere Fördermittel erhalten, und dass jene, die geringere Einkommen haben, eben kleine Landwirtschaftsbetriebe, weniger Mittel erhalten. Das ist unserer Überzeugung nach sehr ungerecht, und es ist ein Beweis dafür, dass da manches schiefläuft und daher besser gestaltet werden muss. Wir dürfen keine Politik für die Agrarindustrie und für die Großbetriebe machen, son­dern müssen danach trachten, dass sozusagen die breite Bauernschaft und auch der ländliche Raum Unterstützung finden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist Realität, dass es ohne Beschäftigung in der Privatwirtschaft viele bäuerliche Existenzen nicht mehr geben würde, dass viele Bauern zusperren müssten. Ein Drittel des landwirtschaftlichen Einkommens kommt aus der Beschäftigung in Betrieben der Umgebung. Daher ist uns eine breite Förde­rung des ländlichen Raums – über den Bereich Landwirte hinaus – ein ganz wichtiges Anliegen.

Was Nebenbeschäftigungen betrifft, darf ich aus ganz aktuellem Anlass auf den gestrigen „Report“-Bericht des ORF hinweisen; ich hoffe, dass ihn viele gesehen haben. Gerade weil die Bauern in dieser Region – Truppenübungsplatz Allentsteig – auf die Beschäftigung auch außerhalb ihrer Betriebe angewiesen sind, finde ich diese unsachliche Vorgangsweise und die Argumentation, die da vor allem von ÖVP-Seite betrieben wird, als völlig unangebracht! Seit vielen Jahrzehnten gibt es eine hervor­ragende Kooperation, eine hervorragende Zusammenarbeit zwischen Bundesheer und Bauernschaft. Daher: Diese gute Zusammenarbeit, von der beide profitiert haben, jetzt so auf das Spiel zu setzen, und zwar durch eine politische Kampagne, das ist auf das Entschiedenste abzulehnen! Das sage ich gerade auch als Abgeordneter des Waldviertels. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist völlig kontraproduktiv, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und vom ÖAAB, auch von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, da so parteitaktisch zu agieren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn es so ist, wie gestern in diesem „Report“-Beitrag dargestellt wurde, dass die Gemeinde Allentsteig stirbt, dann liegt das wahrscheinlich an einer inkompetenten Landes-, Regional- oder Kommunalpolitik, aber sicher nicht an Minister Darabos und am Bundesheer, das ein großartiger Arbeitgeber und der größte Investor in dieser Region ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 1 Minute Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ein neuer Bauern­bundfunktionär? Weil der Präsident nicht da ist, muss ein Wirtschaftskämmerer hin­aus!)

 


13.16.23

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stand an sich nicht auf der Rednerliste, aber, lieber Ewald Sacher, du hast mich jetzt herausgefordert; wir beide sind ja Man­datare des Waldviertels.


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Wogegen ich mich immer gewendet habe, meine Damen und Herren, ist, dass da ein Konzept verfolgt wird, das nie auf den Tisch gelegt wird, wo aber alle Beteiligten – die Militärs, und zwar vom Generalstabschef abwärts, die Bauern, die Wirtschaft, der Betriebsrat, die Gewerkschaft – dagegen sind.

Das Einzige, was wir wollen – ich habe das unlängst schon Herrn Minister Darabos gesagt –, ist, dass er die Karten auf den Tisch legt und sagt, was er wirklich will, und dann ist sicherlich sofort Ruhe.

Aber: Wenn Menschen in dieser Region – Kollege Sacher, du weißt das – Angst um ihren Arbeitsplatz haben, wenn Menschen Sorge haben um ihre Existenzgrundlage, dann hat sich die Politik zu stellen. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Das ist unsere Auffas­sung. (Beifall bei der ÖVP.)

13.17

13.17.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1616 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.18.105. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 1793/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend zwingende Fruchtbarkeitstests von männlichen Zuchttieren vor Verkauf (1655 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 1810/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA und Auflösung der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH „AMA-Marketing“ (1656 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 1617/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzen der Stilllegungsprämie/Brachlandförderung (1569 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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13.19.26

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Vorweg möchte ich festhalten, dass ich diesen Antrag nicht deshalb eingebracht habe, um meinen Tierarztkollegen einen Zuverdienst zu ermög­lichen, sondern deswegen, weil mich Bauern gebeten haben, mich dieses Problems anzunehmen und da für eine Lösung zu sorgen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich bin überhaupt der Meinung, Herr Kollege Öllinger, dass jeder Bürger ein Recht darauf hat, dass wir uns, wenn er uns darum bittet, ganz selbstverständlich mit seinen Problemen beschäftigen – egal, wie wichtig uns das manchmal erscheinen mag. (Beifall beim BZÖ.)

Nun zum Antrag selbst: In diesem Antrag geht es darum, dass männliche Zuchttiere verkauft werden, ohne vorher auf Fruchtbarkeit untersucht worden zu sein. Dann stellt sich oft nach Wochen oder Monaten heraus (Zwischenruf des Abg. Öllinger) – Sie haben keine Ahnung, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ) –, dass das Tier unfruchtbar ist. Es ist dem Käufer dann natürlich möglich, das Tier mit Ersatz des Kaufpreises zurückzugeben, jedoch werden ihm die entstandenen finanziellen Schäden nicht rückerstattet.

Deswegen fordern die Bauern zu Recht, dass die Tiere vor dem Verkauf auf Fruchtbarkeit untersucht werden, was keine Hexerei ist und mit geringem finanziellen Aufwand durchgeführt werden kann. Bei den Verbänden stoßen sie leider auf taube Ohren, deswegen wird in diesem Antrag der Herr Minister ersucht, Gespräche zu führen, um da zu einer Lösung zu kommen.

Der Antrag wurde im Ausschuss von allen Parteien abgelehnt, wenn auch mitunter mit sehr sonderbaren Begründungen. Kollege Prähauser zum Beispiel war der Meinung, dass ich den Antrag nur deshalb stelle, um einen Zuverdienst für meine Tierarzt­kollegen zu schaffen, nicht wissend, dass diese Untersuchungen von den Besamungs­anstalten durchgeführt werden, die zumeist in Besitz der Landwirtschaftskammern sind, und Tierärzte damit überhaupt nichts zu tun haben.

Des Weiteren konnte er nicht feststellen, um welche Tiere es sich da handeln soll. Es gilt natürlich für männliche Zuchttiere aller landwirtschaftlichen Nutztiere, denn ein Zuchttier, das nicht fruchtbar ist, ist kein Zuchttier, sondern höchstens ein Schlachttier. Ich erwähne deshalb hauptsächlich die Rinder, weil es bei diesen am häufigsten vorkommt und der wirtschaftliche Schaden am größten ist.

Kollege Gaßner hat diesen Antrag sowieso gleich ins Lächerliche gezogen, indem er gesagt hat, er wisse nicht, ob man den Verkäufer oder das Tier auf Fruchtbarkeit untersuchen soll. (Zwischenruf der Abg. Schönpass.)

Meine Damen und Herren, das zeigt wieder einmal ganz deutlich, wie schwierig es ist, einen derartigen Antrag mit jemanden zu diskutieren, der von Landwirtschaft und Tierzucht überhaupt keine Ahnung hat. (Beifall beim BZÖ.)

Der ÖVP ist dieses Problem überhaupt zu ungewichtig und zu wenig wichtig. Sie sind der Meinung, dass sich das die Bauern untereinander selbst ausmachen sollten. Sie von der ÖVP zeigen damit wieder deutlich, dass Sie sich einen weiteren Schritt davon entfernt haben, Vertreter der Bauern zu sein.

Kollege Linder ist überhaupt der Meinung, da er gegen Bürokratie ist, dass der büro­kratische Aufwand dafür viel zu hoch sei. Er glaubt anscheinend, dass diese Fruchtbarkeitsuntersuchungen mit der Schreibmaschine gemacht werden. Es ist aber nicht so, sie werden mit dem Mikroskop gemacht, und der bürokratische Aufwand


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beschränkt sich auf einen Satz, nämlich: Das Tier ist für die Zucht tauglich, oder es ist für die Zucht nicht tauglich.

Ich nehme die Ablehnung dieses Antrages natürlich zur Kenntnis, hoffe aber doch, dass der Herr Minister in Eigeninitiative Gespräche führen wird, um dieses Problem zu lösen. Ansonsten sehen sich die Bauern gezwungen, einen Prozess zu beschreiten, was ich mit diesem Antrag unbedingt verhindern wollte. (Beifall beim BZÖ.)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.23.29

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit zwei Sätzen darf ich doch noch auf den vorhergehenden Tagesordnungspunkt eingehen. Kollege Linder und Herr Kollege Doppler, was ihr formuliert habt, hat wirklich null und nichts mit dem diskutierten Gesetz zu tun, sondern ihr habt den Zeitraum nach 2015 behandelt. Im Gesetz heißt es wörtlich: Als Bundesgesetz bleibt in Geltung bis zum 31. März 2015 die Verordnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­schaft über die Zuteilung der Referenzmengen. (Abg. Dr. Hübner: Falscher Tagesord­nungs­punkt!) Also, nicht Überheblichkeit oder nicht Oberflächlichkeit des Bauern­bundes gibt es da, sondern wir haben uns mit der anstehenden Gesetzesänderung befasst. Die von Ihnen angesprochenen Themen sollen zu einem späteren Zeitpunkt durchaus intensiv besprochen werden. (Abg. Grosz: Zur Sache!)

Zum Thema Milch: Selbstverständlich ist auch der Bauernbund der Meinung, dass nach 2015 alle zu gleichen Bedingungen 

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege, darf ich Sie bitten, wenigstens einen Einleitungssatz zur Sache zu sagen. – Bitte.

 


Abgeordneter Franz Eßl (fortsetzend): Beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt haben die Kollegen der Freiheitlichen ausschließlich zu einem Thema gesprochen, das nicht auf der Tagesordnung steht, daher nehme ich mir die Freiheit heraus, auch ein paar Sätze außertourlich zu sagen, die aber mit der Landwirtschaft eng verbunden sind.

Zurück zum Thema „Milch“, meine Kolleginnen und Kollegen: Selbstverständlich sind auch wir der Meinung, dass nach 2015 alle zu gleichen Bedingungen liefern können sollen. Der Bauernbund hat ein Modell, starke Genossenschaften, und wie es anders geht, wie solche Gruppierungen agieren, die von verschiedenen anderen unterstützt werden, zeigt die aktuelle Situation. (Abg. Grosz: Herr Kollege, zur Sache!) Aktueller Auszahlungspreis der Freien Milch AG: 29,2 Cent – wenn euch das befriedigt. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Zum Antrag des Kollegen Spadiut: Ich bin der Meinung, dass dieser Antrag über­schießend ist. (Abg. Markowitz: Ein guter Antrag!) Es gibt eine Gewährleistungspflicht, die weit über die im Entschließungsantrag angedachte Spermienqualität hinausgeht und durch Einzeluntersuchungen in dieser Weise eigentlich nicht abdeckbar ist. Ich glaube auch, dass es zudem höhere Kosten geben würde – für Wegstrecke, für Zeitbedarf –, wahrscheinlich einige Hunderte Euro, die zusätzliche Kosten wären.

Weder seitens der Züchter noch der Zuchtorganisationen ist jemals der Wunsch geäußert worden, da etwas zu tun. Es gibt insgesamt selten Beschwerden, und die werden fast ausnahmslos im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Verkäufer und Käufer geregelt.


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Zum nächsten Antrag betreffend AMA, Antrag des Abgeordneten Huber: Man mag zur AMA stehen wie man will, aber wir brauchen diese Einrichtung; auch wenn mancher Bauer nicht immer lobende Worte für diese findet. Aber ich glaube nicht, dass sich irgendjemand vorstellen könnte, dass bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim Finanzamt die Abwicklung aller Geschehnisse im Zusammenhang mit der EU besser geregelt würde als jetzt.

Die Kritikpunkte sollen natürlich ernst genommen werden, denn Verbesserungen sind immer möglich. Totalreformen sind aber, glaube ich, in diesem Zusammenhang nicht angebracht. Ich wünsche mir zum Beispiel eine praxisbezogene Zusammenarbeit im Sinne der Bauern, indem wir gemeinsam mit der Agrarmarkt Austria Vorschläge erarbeiten, wie wir Dinge in Brüssel ändern könnten. Da soll intensiv zusammen­gearbeitet werden.

Die Funktion als Zahlstelle steht aber für mich außer Zweifel. Was AMA Marketing betrifft, da wird, glaube ich, nicht nur eine gute, sondern eine sehr gute Arbeit geleistet. Und wenn Kollege Huber das abschaffen will, dann ist er, denke ich,auf dem falschen Weg. Die Produkte sind bekannt, ich nenne nur das AMA-Gütesiegel, das zu einem sehr hohen Prozentsatz erkannt wird. 98 Prozent der Bevölkerung kennen es, und auf eine Spontananfrage, welche Gütesiegel auf Lebensmittel einen einfallen, sagen 51 Prozent, dass sie das AMA-Gütesiegel kennen.

Zum dritten Antrag, zur Abschaffung der Stilllegungsprämie, möchte ich auch noch ein paar Sätze sagen. Herr Kollege Huber, diese Prämie ist schon seit einigen Jahren durch den Health Check abgeschafft. Was wir diskutieren könnten, sind die 7 Prozent der förderbaren Fläche nach dem Regionalmodell ökologische Vorrangsflächen. Wenn das Stilllegungsflächen werden sollen, dann sind wir natürlich klar dagegen. Wir, der Bauernbund und die ÖVP, wollen eine flächendeckende Bewirtschaftung, wir wollen eine produzierende Landwirtschaft, und wir wollen natürlich, dass es Bäuerinnen und Bauern gibt, die das in Zukunft auch erledigen können. Sie sind dazu in der Lage, sie brauchen allerdings die entsprechende Entlohnung dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.28.55

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Ich nehme Bezug auf Tagesordnungspunkt 6, Bericht des Ausschusses zur Komplett­reform der AMA, und darf kurz an die Aufgaben der AMA erinnern.

Die AMA vollzieht die EU-Maßnahmen wie die Abwicklung der Förderungs­maß­nahmen, Milchquotenverwaltung, Ein- und Ausfuhrlizenzen und Marketinginter­ventionen. Für die Abwicklung der EU-Maßnahmen tritt die AMA als Zahlstelle auf, wie mein Kollege Eßl bereits ausgeführt hat. Außerdem finden bei der AMA die zentrale Markt- und Preisberichterstattung sowie die Einhebung des Agrarmarketingbeitrages statt. Die AMA Marketing GmbH ist zuständig für die Förderung des Agrarmarketings und für die Maßnahmen zur Förderung der Qualität, für das AMA-Gütesiegel.

Bei dem vorliegenden Antrag fordert das BZÖ die Komplettreform der AMA und die ersatzlose Auflösung der AMA Marketing GmbH. (Beifall des Abg. Huber.)

Des Weiteren wird gefordert, dass die Marketingbeiträge der LandwirtInnen um die Hälfte reduziert werden und die Vermarktung einer Agentur zu übertragen ist. Es ist zu bezweifeln, Herr Huber, dass durch die Ausschreibung der Marketingaktivitäten die Kosten um 50 Prozent gesenkt werden können. (Zwischenruf des Abg. Huber.) Die


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Reduzierung der Mittel würde unseres Erachtens daher in erster Linie zu einer Verrin­gerung der Aktivitäten führen. Übrigens werden ja schon derzeit einzelne Werbe­aktivitäten von der AMA Marketing GmbH ausgeschrieben. Eine Beauftragung einer Agentur mit den gesamten Marketingaktivitäten hätte auch zur Folge, dass dem Rech­nungshof dadurch die Kontrolle des Mitteleinsatzes unmöglich wäre.

Die SPÖ lehnt daher diesen Antrag mit dem Hinweis auf die mangelnde Sinnhaftigkeit der Privatisierung in diesem Bereich ab.

Herr Minister, ich möchte Sie an die Studie bezüglich Bienensterben erinnern und ersuchen, dass diese, sobald sie bei Ihnen eingelangt ist, auch uns zur Kenntnis gebracht wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.31.24

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Liebe Damen und Herren! Noch einmal, Kollege Eßl, ich kann dir nicht helfen, denn: Wenn wir im Hohen Haus nicht in der Lage sind, über das Jahr 2015 hinauszudenken, ja wer dann? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, der Herr Minister hat uns recht gegeben, indem er gesagt hat, es wird höchste Zeit. Und er stimmt uns auch zu, dass wir in diese Richtung denken und arbeiten müssen. Das freut mich sehr.

Lieber Kollege Spadiut, ja, alles, was heute Untersuchungen, Zeugnisse – er ist gar nicht mehr da, bei seinem eigenen Antrag – und dergleichen betrifft, bedeutet Mehr­aufwand. Ich glaube, das Thema „Fruchtbarkeit der Vatertiere“ ist im Gesetz genau geregelt. Wir sollten nicht versuchen, alles per Gesetz zu regeln, sondern die Verant­wortung auch beim Bauern belassen, die Verantwortung bei den Züchtern belassen. Denn auf der einen Seite Bürokratie abschaffen zu verlangen und auf der anderen Seite mit neuen Anträgen immer wieder mehr Arbeit zu machen, ist, glaube ich, nicht sinnvoll.

Zum Thema „Reform der Agrarmarkt Austria“ beziehungsweise „Abschaffung der AMA Marketing“ glaube ich, dass bei der AMA Marketing tatsächlich eine Reform notwendig wäre. Ich bin nicht der Meinung, dass eine komplette Abschaffung notwendig wäre, aber eine Reform ist unbedingt notwendig.

Vielleicht eine kleine Detailinformation: Jeder Landwirt, der Direktvermarktung betreibt, muss vierteljährlich an die AMA Schlachtmeldungen abgeben. Und wenn er fünf Tiere einer Gattung schlachtet, fünf Schweine, fünf Schafe, fünf Rinder, muss er die Erklä­rung mit vier Formularen machen und hat dann 70 Cent pro Tier, das sind 3,50 €, zu bezahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte euch einmal verdeutlichen, was das an Verwaltungsaufwand bedeutet, für 3,50 € eine Erklärung abzugeben, in der AMA bearbeiten zu lassen, Vorschreibung herausgeben zu lassen. Ich denke, da gehören Reformen gesetzt, um der Entbürokratisierung einen weiteren Schritt entgegenzu­kommen, die Mindergrenzen wesentlich hinaufzusetzen und nicht wegen 3,50 € einen ganzen Verwaltungsapparat in Gang zu setzen.

Zum Thema AMA selbst: Da haben wir – das wurde heute schon angeschnitten – große Maßnahmen zu setzen, vor allem in Anbetracht dessen, welche Forderungen an die Almbauern gestellt werden für Sanktionen, wo ich meine, dass sie aus der Luft gegriffen sind. Wenn man sich vor Augen hält, wie schwierig es heute ist, Futterflächen


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genau festzustellen, welche Probleme es bedeutet, auf Almflächen mit 50, 100 Hektar genau festzustellen, wie viel Futterfläche vorhanden ist, so kommt man auch zu der Meinung, dass das ein Problem ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Stimmt! Richtig!)

Aber ein Problem sind auch die nachfolgenden Sanktionen. Wenn heute ein Gewer­bebetrieb eine Steuerprüfung hat und der Geprüfte mit dem Steuerprüfer überein­kommt, wie hoch der Privatanteil eines Gebäudes ist, so kann er davon ausgehen, dass diese Feststellung bis zur nächsten Prüfung hält und er für die Zeit dazwischen mit keinen Sanktionen und keinen Strafzahlungen zu rechnen hat.

In der AMA schaut allerdings die Welt anders aus. (Abg. Dr. Pirklhuber: Stimmt! Richtig!) Wenn du heute eine Almkontrolle hast und der Prüfer eine Fläche von – Hausnummer – 50 Hektar feststellt und du nächstes Jahr die nächste Prüfung hast und er zu der Überzeugung kommt, dass es nicht 50, sondern 45 Hektar sind, so musst du trotzdem auch für das eine Jahr die Strafgeldzahlungen leisten. Das ist nicht in Ordnung! (Abg. Dr. Pirklhuber: Rückwirkend bis zu sieben Jahre! – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich schüttelt den Kopf.)

Rückwirkend bis 2007 oder überhaupt für sieben Jahre zurück. Das, glaube ich, kann es nicht sein! Da müssen wir Maßnahmen setzen, wir müssen die Strafzahlungen aussetzen, denn wenn es Bauern gibt, die bis zu 30 000 € Nachzahlungen haben, gefährden wir die Existenz dieser Bauern.

Es ist nicht in Ordnung, dass schwarze Schafe geschützt werden, aber es kann nicht sein, dass für Probleme, die wir mit Gesetzen gemacht haben, die Bauern zum Handkuss kommen!

Deshalb fordere ich euch alle auf: Setzen wir Maßnahmen, setzen wir diese Straf­zahlungen aus und versuchen wir, das gesamte Feststellen der Futterflächen zu refor­mieren und auf neue Beine zu stellen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.36.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge, die vorliegen, haben einige Aspekte, die ich auch teile, aber wir werden trotzdem den Anträgen nicht unsere Zustimmung geben. Aber die Wortmel­dungen sind durchaus auch in unserem Sinn, Stichwort: AMA und Kontrolle und die AMA als Institution in diesem Land. Ich sage immer: Die AMA ist der Staat im Staat. Es gibt keine Transparenz in dieser Organisation!

Meine Damen und Herren, der Minister hat gerade den Kopf geschüttelt, als ich gesagt habe, es gebe bis zu sieben Jahre Rückzahlung. Er sagt: Nein! Ich entnehme diesem Kopfschütteln, das ist negativ, es ist nicht so. Die Förderperiode geht von 2007 bis 2013, das sind sieben Jahre. Und es ist keine Sicherheit für die Bauern in Österreich gegeben. Im Jahr 2013, wenn die AMA wiederkommt und misst, dann kann es sein – und Kollege Linder hat völlig richtig erläutert, wie das praktisch der Fall ist –, dass der Betriebinhaber rückwirkend zahlen muss, rückwirkend sieben Jahre Förderungen zurückzahlen muss.

Das ist nicht ausgeschlossen, weil es keinen Rechtsanspruch auf die ÖPUL-Zahlungen gibt, weil es keinen öffentlichen Sanktionskatalog gibt. Das muss man sich einmal vorstellen: keinen öffentlich einsehbaren Sanktionskatalog! Jeder, der in der Stadt Wien falsch parkt, weiß ungefähr, wie viel das kostet. Dazu gibt es eine Verordnung, da kann er nachschauen. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Für einen Bauern, für eine Bäuerin ist es unmöglich, es nachzuvollziehen. Es gibt nicht ein oder zwei Bei-


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spiele dafür, es gibt Hunderte von Beispielen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Stimmt nicht!) – Es stimmt nicht, okay. Der Herr Minister sagt, es ist für einen Bauern nachvollziehbar.

Ich halte das fürs Protokoll fest: Der Minister sagt, es ist nachvollziehbar für die Bäuerinnen und Bauern in Österreich, mit wie viel Förderkürzung sie rechnen müssen, wenn sie zum Beispiel fünf Siloballen auf einer Fläche haben.

Ich habe mit meinen deutschen Kolleginnen und Kollegen geredet, die haben eine andere Lösung gefunden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Dort ist der Bauer nicht betrof­fen und muss keine Förderungen zurückzahlen. Ich kann Ihnen die Aussendung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich gerne übermitteln, wenn Sie die nicht kennen, im letzten „Der Bauer“. Zwei Seiten lang wurde genau erläutert, wie wichtig es für die Bauern ist, rechtzeitig, noch bevor die Jahresmeldung im Mai geschehen muss, auch diese Flächen neu zu digitalisieren. Viele Bäuerinnen und Bauern sitzen derzeit in den Bezirksbauernkammern und lassen genau diese kleinen Flächen rausdigitalisieren. Das ist unglaublicher Bürokratismus.

Erinnern wir uns, Kommissar Ciolos hat klargestellt: Das ist nicht europäisches Ge­setz, das ist österreichisches Eigenverschulden! – Dafür haben Sie die Verantwor­tung, Herr Minister, und sonst niemand in diesem Land! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Wer macht die Agrarpolitik? – Nicht die Grünen, nicht die FPÖ, nicht das BZÖ und leider auch nicht die SPÖ. (Abg. Höfinger: Na, Gott sei Dank!) Kollege Gaßner gibt mir recht. Das macht der Bauernbund, und das machen Sie!

Jetzt bin ich bei den Fördermitteln, die Sie kürzen können. Dort können Sie kürzen. Sie haben bei Ihrer letzten Wortmeldung gesagt, ich soll einen Vorschlag machen. Ich mache einen Vorschlag. Ich lese Ihnen vor:

Für Öffentlichkeitsarbeit und Information geben Sie als Minister folgende Mittel aus: an Ökosoziales Forum Europa 315 000 €, an Ökosoziales Forum Österreich 312 500 €.

Nur zur Information: Wer ist der Chef dort? – Landesrat Pernkopf aus Niederösterreich, meines Wissens Bauernbundfunktionär und meines Wissens niederösterreichisches Regierungsmitglied. Das ist der Präsident des Ökosozialen Forums.

Wer sind die Vizepräsidenten? – Unter anderem Generalanwalt Konrad, unter anderem Landwirtschaftskammerpräsident Wlodkowski, steirischer Kollege, wie wir wissen, und Bauernbundfunktionär. – So schaut es aus!

Forum Land Österreich: Wer ist dort der Präsident? – Ehemaliger Bauernbunddirektor Dr. Sixtus Lanner. Entschuldigung, Fehler, wer bessert mich aus? – Bei der Tochter des Bauernbundes, Forum Land, ist Dr. Abentung, aktueller Bauernbunddirektor, verant­wortlich. Wie viel bekommen sie? – 292 500 €.

Wer sind die Unterstützer? – Raiffeisen Ware Austria, der Herr Buchleitner. Wer ist dort wieder Unterstützer? – Der Herr Generalanwalt Konrad, auch Unterstützer des Forum Land.

Wir erinnern uns: Forum Land hat doch den Sarrazin eingeladen. War das nicht das Forum Land? – Jawohl, es war das Forum Land. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Österreichischer Bauernbund: 290 000 €. Da sitzt er! Eine Parteiorganisation bekommt 290 000 € aus Ihrem Ministerium (Abg. Eßl: Und die Grünen? Wie viel kriegen die Grünen?) – Das kommt schon. – Die Österreichischen Jungbauern: 40 000 € – eine Bauernbundorganisation. SPÖ-Bauern: 42 500 €. (Abg. Dr. Cap: So wenig?) Die ARGE Ländlicher Raum, Dr. Sixtus Lanner: 12 750 €. Die Österreichische Bergbauern­vereinigung Via Campesina: 5 000 €.


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Jetzt kommen wir zur Agraropposition im Parlament, zu den Fraktionen. BZÖ-Bauern: 4 250 €, Freiheitliche Bauernschaft: 4 250 €, Grüne Bäuerinnen und Bauern: 4 250 €. (Ruf bei der FPÖ: Wann?) – Alles im Jahr 2011. (Abg. Eßl: Ja, weil ihr nichts tut! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Doch, Kollege, das stimmt. Dazu gab es eine parlamentarische Anfrage, der Minister hat sie so beantwortet.

Also in Summe: Die Agraropposition in Österreich bekommt aus Ihrem Ressort für Öffentlichkeitsarbeit und Information – und das ist durchaus legitim – 1,24 Prozent, der Bauernbund mehr als 90 Prozent.

Diese Art von Gerechtigkeit, wie Sie sie konstruieren, wie Sie es sich vorstellen, teilen wir nicht. Wenn Sie wo sparen wollen, dann dort, aber nicht bei der Agrarforschung in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Minu­­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.41.51

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich komme jetzt wieder zu den Anträgen zurück, die wir heute hier behandeln, und möchte mich auf den Antrag 1810/A(E) des Abgeordneten Huber konzentrieren, der auf die Agrarmarkt Austria ausgerichtet ist.

Von Kollegin Schönpass wurde schon erläutert, welche Aufgaben die Agrarmarkt Austria zu bewältigen hat. Dazu kommt natürlich noch die Entwicklung von Qualitäts­richtlinien. Auch die Förderung des Agrarmarketings hat sie erwähnt und natürlich die gesamte Verwaltung und Abwicklung rund um die Gemeinsame Agrarpolitik.

Ich gebe Herrn Pirklhuber insofern recht, dass natürlich eine praxisbezogene Hand­habung der Kontrollen und der Kontrolltätigkeit vonseiten der AMA erwünscht ist und selbstverständlich auch in diese Richtung weitergearbeitet werden muss. Auch wir stehen dazu, dass eine Entbürokratisierung in diesem Bereich den Bäuerinnen und Bauern sicher entgegenkäme. Wir wissen aber auch, dass es im gesamten Bereich der AMA um öffentliche Gelder geht und dass Kontrolle unbedingt notwendig ist. Wäre es nicht so, dass dementsprechend kontrolliert würde, dann wäre das mit Sicherheit Thema hier im Hohen Haus und es würde vehement eine dementsprechende Kontrolle verlangt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Antrag ist auch formuliert, dass eine „jährlich rechtzeitige Kontrolle und Adminis­tration gemäß EU-Gesetzgebung“ gefordert wird. – Genauso ist es ja, sehr geehrte Damen und Herren! Sie alle haben vorhin schon betont, wie intensiv kontrolliert wird. Wenn man sich genau damit auseinandersetzt, dann weiß man, dass die letzte Aus­zahlung der Einheitlichen Betriebsprämie am 21. Dezember 2011 stattgefunden hat, dass 120 500 Betriebe das beantragt haben und die Auszahlung an 1 Prozent der Betriebe zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgen konnte, weil eine Betriebsprüfung nicht abgeschlossen war.

Eine frühere Auszahlung wäre auch wegen EU-rechtlicher Vorgaben gar nicht möglich gewesen, da eine Förderungsvoraussetzung besagt, dass die Betriebe bis 31. Dezem­ber kontrolliert werden müssen und danach erst der Prüfbericht erstattet werden kann. Das heißt: Prüfen bis zum Jahresende des jeweiligen Prüfjahres, und danach kann erst tatsächlich an die Auszahlung herangegangen werden. Diese Betriebe werden Ende April ihr Geld bekommen.

Es wird auch noch die Auflösung der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH und die Aufgabenauslagerung in private Agenturen gefordert. (Beifall des Abg. Huber.) Herr Abgeordneter Huber, die AMA ist gesetzlich dazu verpflichtet, Agrarmarketing zu


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betreiben. Sie macht das hervorragend mit dem Projekt AMA-Gütesiegel. Die Men­schen werden über Herkunft, Qualität und natürlich auch über die Frische der Lebens­mittel bestens informiert. (Zwischenruf des Abg. Huber.) Wir haben heute bereits ge­hört, dass ein hoher Bekanntheitsgrad vorhanden ist. Wir haben damit ein öster­reichisches Qualitätssiegel, das staatlich anerkannt ist, das von der EU-Kommission notifiziert und genehmigt wurde (Abg. Huber: Das Gütesiegel ist ...! Dazu brauchen wir keine AMA!)

Wenn Sie sich einmal mit Markenentwicklung befasst haben, dann wissen Sie, dass dazu Know-how notwendig ist, dass das viel Geld kostet, dass es Zeit braucht, bis eine Marke am Markt wirklich Anerkennung findet. (Abg. Huber: Wozu brauche ich da eine AMA dazu?) Mit dem Gütesiegel haben wir ein Qualitätssiegel in Händen, das weit mehr als eine Marke ist: Es verfügt über ein großes Vertrauen bei den Konsumentin­nen und Konsumenten und bietet auch Orientierung. Da steckt ein Wert dahinter, und den wollen Sie mit Ihrem Antrag einfach so infrage stellen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Huber.)

Ich rede jetzt gar nicht über die erfolgreiche Außenhandelsbilanz, die auf die Marke­ting­arbeit zurückzuführen ist. Wir exportieren mittlerweile schon mehr österreichische Lebensmittel, als wir Lebensmittel aus dem Ausland importieren.

Die erfolgreiche Arbeit der AMA Marketing könnte mit Sicherheit von keiner privaten Agentur besser oder vor allem wirtschaftlich erfolgreicher vonstattengehen. Genau das wissen Sie auch, Herr Abgeordneter. Genau das wissen Sie, und darum nehme ich diesen Antrag gar nicht ernst. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berla­kovich gemeldet. – Bitte.

 


13.46.26

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Antrag des Abgeordneten Spadiut: Es ist so, dass bei der Abwicklung von Zuchtrinderverkäufen über einen Zuchtverband Gewährleistungs­bestim­mungen aufgelegt sind, die auch gelten. Sie sollen dem Käufer ein höheres Maß an Sicherheit geben. Das ist schon ein ernstes Thema. Es geht ja um die Gewähr­leistung, dass auch der Käufer Sicherheit hat – da hat er vollkommen recht –, aber das ist über diese Bestimmungen gesichert. Im Übrigen steht es bei rein privater Abwick­lung eines Kaufes den Vertragspartnern frei, zusätzliche zivilrechtliche Vereinbarungen zu treffen, die über das normale Maß der Haftung des ABGB hinausgehen. Das heißt, die Möglichkeiten gibt es, und sie werden auch angewendet. Die Zuchtverbände selbst haben großes Interesse daran, dass das Zuchtmaterial in Ordnung ist.

Ich darf im Übrigen darauf verweisen, dass Österreich gerade in der Rinderzucht im internationalen Spitzenfeld liegt, top ist. Die Auswirkung davon ist, dass wir sehr viele Zuchtrinder verkaufen – auf den russischen Markt, aber insbesondere in steigendem Maße auf den türkischen Markt. Exzellente Beziehungen mit sehr guten Preisen für die österreichischen Rinderzüchter – diese Leistungsfähigkeit und diesen hohen Standard wollen wir auch in Zukunft erhalten.

Zur AMA ist generell zu sagen, dass es unbedingt notwendig ist, dass wir eine Zahl­stelle haben, die die ganzen EU-Zahlungen abwickelt. Das macht die AMA als Zahlstelle und das ist nach EU-rechtlichen Vorgaben auch notwendig. Wenn sie nicht AMA heißt, heißt sie anders, wir brauchen aber eine derartige Zahlstelle.


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Zweiter Punkt: Wenn man die Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH auflöst, wie hier intendiert wird, dann ist es eine Mär zu glauben, dass man dadurch weiß ich wie viel an Kosten einspart. Wir brauchen derartige Marketingaktivitäten. Gerade im Agrarbereich ist es sinnvoll, wenn wir sagen: österreichische Qualität präsentieren, dem Konsu­menten auch Sicherheit geben. Es ist notwendig, dass die AMA-Marketingaktivitäten durchgeführt werden. Es gibt auch sozialpartnerschaftlich besetzte Beiräte, ein Gre­mium. Das soll Transparenz sichern. Im Übrigen unterliegt die AMA Marketing der Rechnungshofkontrolle, sodass das auch gesichert ist.

Vor allem ist es wichtig, dass wir die Marketingaktivitäten verstärken, um das Genuss­land Österreich nicht nur national, sondern vor allem auch international bekannt zu machen. Österreich verkauft mehr Lebensmittel nach Italien, als wir aus Italien impor­tieren. Österreich verkauft mehr Lebensmittel in die Schweiz, als wir aus der Schweiz importieren. Das kommt ja nicht von irgendwoher, sondern das ist Ergebnis der konsequenten Aufbauarbeit des Agrarsektors inklusive der Lebensmittelverarbeitung, der Industrie und des konsequenten Bearbeitens der Auslandsmärkte. Wir arbeiten gemeinsam daran – das Lebensmittelministerium mit der Wirtschaftskammer, mit der Landwirtschaftskammer und der AMA –, dass diese Märkte jetzt und vor allem auch in Zukunft stärker vermarktet und bearbeitet werden. Das bringt Wertschöpfung im Inland. Dazu stehen wir auch.

Herr Abgeordneter Pirklhuber, ich muss auch darauf eingehen: Ja, der Bauer weiß, dass es Spielregeln gibt. Die Bauern beantragen die Prämien und bekommen sie auch, wenn sie alles korrekt einhalten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Einen genauen Sanktions­katalog gibt es nicht!) Der Bauer kennt den Sanktionsmechanismus. Es gibt Toleran­zen. Schauen Sie es sich bitte an! Es gibt Toleranzen in der Fläche. Er weiß genau, wenn er gewisse Toleranzgrenzen überschreitet, muss er zurückzahlen, dann gibt es Sanktionen.

Der Punkt ist, dass niemand hier im Haus will, dass ein Bauer ungerechtfertigt zur Kassa gebeten wird. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Das stimmt ja nicht! Aber wenn einzelne Bauern eine Fläche von 100 Hektar als Futterfläche angeben, und bei der Vor-Ort-Kontrolle stellt sich heraus, dass das alles ein Windwurf ist, dann stimmt etwas nicht! (Abg. Dr. Pirklhuber: Darum geht es dabei jetzt nicht! Es geht um die Schi­kanen!)

Sie dürfen sich dann nicht darüber wundern, dass Leute der EU kommen und sagen: Wir hinterfragen das System. – Wir lassen nicht zu und ich lasse nicht zu, dass das ganze System kippt, weil einzelne Bauern Derartiges machen. Daher habe ich und haben wir alle ein Interesse daran, dass wir das System sicher und glaubwürdig erhalten. Schauen Sie sich die Fälle in der Praxis an!

Man kann das nicht mit dem gewerblichen Bereich vergleichen, weil der Bauer ja über Jahre die Prämien bekommt. Wenn sich also herausstellt, dass einer, wenn er es schlitzohrig gemacht hat, zu Unrecht über Jahre Prämien bekommen hat, dann muss er sie eben zurückzahlen – nicht, weil jemand bösartig ist, sondern weil es eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft gibt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Dann reden Sie einmal draußen mit den Bauern!) – Ja, mit den Bauern draußen reden! Wer zahlt gerne zurück? – Es ist ja klar, dass das niemand gerne tut. Aber wenn einer es korrekt macht, muss er auch nicht zurückzahlen.

Wir verteidigen all jene, die es korrekt machen. Wenn jemand zufällig in so eine Situation kommt, dann gibt es ein Verfahren, in dem er ja nachweisen kann, dass er zu Unrecht von der AMA oder von der Kontrolle verantwortet wurde. Das wird alles aufgearbeitet. Tun Sie nicht so, als wäre es eine Behörde, die die Bauern drangsaliert! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 111

Sie haben gerade vorhin weniger Bürokratie durch die Ökologisierung eingefordert, und dann stellen Sie sich her und sagen, wir sollen die Bürokratie der EU akzeptieren. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was habe ich gesagt?) Das tun wir nicht.

Wir wollen eine Entbürokratisierung und das auf ein vernünftiges Maß zurückführen, damit die Bauern die Garantie haben, dass sie die Gelder, die sie zu Recht bekommen, auch zu Recht einbehalten können, und dass sie keine Sorge haben müssen, dass zurückgezahlt werden muss. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.46

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich mit dem Antrag betreffend die Komplettreform der AMA beschäftigen.

Es ist heute schon viel über die Aufgaben der AMA gesagt worden. Es ist auch kritisiert worden, dass bei der AMA vielleicht nicht alles ganz positiv ist. Herr Minister! Ich denke, man sollte Kritik auch hören, man sollte Kritik auch ernst nehmen. Es ist ja auch nichts Negatives an Kritik, wenn man sich mit der Kritik auseinandersetzt.

Es gibt auch vonseiten der SPÖ immer Dinge, die man an der AMA kritisieren kann, wie zum Beispiel, dass man über sinnvolle Förderkontrollen nachdenken sollte. Es muss ja eigentlich auch im Sinne des Ministers sein, dass es sinnvolle Förderkontrollen gibt. Es muss auch im Sinne des Ministers sein, dass es transparente Kontrollen gibt. Ich denke, es muss auch im Sinne der Bauernvertreter der ÖVP und im Sinne des Ministers sein, dass man für Bäuerinnen und Bauern auch seitens der AMA Beratung und Unterstützung anbietet. Darüber sollte man auch sprechen. Vielleicht wäre es gut, wenn wir vom Agrarausschuss die AMA einmal gemeinsam besuchen würden, damit wir alle uns ein genaues Bild davon machen können, wie dort gearbeitet wird. Ich denke, das ist ein guter Vorschlag, und es wäre schön, wenn er angenommen würde. (Ruf bei der ÖVP: Da sind wir dabei!)

Ich möchte auch noch kurz zu einem Kapitel sprechen, das von Kollegin Höllerer und vom Herrn Kollegen Eßl angesprochen wurde, nämlich das AMA-Gütesiegel: Natürlich ist das AMA-Gütesiegel ein Qualitätssiegel, das bekannt ist. Natürlich ist das AMA-Gütesiegel ein Gütesiegel, auf das sich die Kundinnen und Kunden verlassen. Trotzdem ist es so, dass es aufgrund der Vielfalt beim AMA-Gütesiegel immer wieder zu Schwierigkeiten kommt, und die Konsumentinnen und Konsumenten nicht sicher sein können, dass sie auch tatsächlich die beste Qualität kaufen. (Abg. Höllerer: Das stimmt aber nicht! – Abg. Eßl: Es gibt nur zwei! Bio und AMA!)

Ich möchte zum Beispiel nur an die fehlende Gentechnikkennzeichnung erinnern. Der Anbau ist zwar verboten, aber im Moment ist es nicht so, dass durch Gentechnik verunreinigte Futtermittel gekennzeichnet werden müssen. (Beifall des Abg. Huber.) Auch darüber kann man sprechen.

Ich bin, wie auch meine Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, der Meinung, dass man tatsächlich ein einheitliches, staatlich zertifiziertes Gütezeichen einführen sollte. (Zwischenruf des Abg. Eßl. – Abg. Höllerer: Genau das haben wir ja!) Das muss auch im Sinne des Ministers sein. Das muss auch im Sinne der Bauernvertreter der ÖVP sein, weil es immer wieder heißt, wie wichtig die Konsumentinnen und Konsumenten in der ganzen Kette sind. Das geht sogar so weit, dass der Minister in einem Zitat einmal gesagt hat, dass der Konsument mit dem Griff ins Regal über die Zukunft der öster­reichischen Landwirtschaft entscheiden wird.


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Deswegen sind wir auch immer dafür, dass man die Gespräche betreffend ein ein­heitliches, staatlich zertifiziertes Gütezeichen wieder aufnimmt. Das muss einfach im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten und auch im Sinne der Bäuerinnen und Bauern sein – auch vonseiten des Ministeriums. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


13.54.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Der Herr Bundesminister hat in seinem Redebeitrag gesagt, ich, nämlich Pirklhuber, hätte mich für die EU-Agrarbürokratie ausgesprochen.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe erstens davon gesprochen, dass EU-Kommissar Cioloş klargelegt hat, dass die EU nicht für alle bürokratischen Schikanen verant­wortlich gemacht werden kann, sondern dass die Mitgliedsstaaten das selbst verur­sacht haben – nachzulesen in „Blick ins Land“ –, und zweitens, dass auch im EU-Kommissionsvorschlag für die Agrarreform nach 2014 der Ansatz von weniger Büro­kratie ein Teil der Vorschläge der Kommission ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Oje-Rufe bei der ÖVP.)

 


13.55.48

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die Geschichte der AMA ist ja eine eindeutige Geschichte. Die AMA wurde gegründet, weil wir einen Milchwirtschaftsfonds und einen Getreidewirtschaftsfonds gehabt haben, und damit wir diese Beamten weiterbeschäftigen konnten, haben wir die AMA gegründet.

Selbstverständlich erfüllt die AMA heute Aufgaben, die sehr wichtig sind. Aber im Marketing-Bereich hebt die AMA jedes Jahr zwanghaft 18 Millionen € an Marketing­beiträgen von den Bäuerinnen und Bauern ein. Wie viel davon wird für Marketing ausgegeben? – Heute wissen wir, dass maximal ein Drittel für Marketing ausgegeben wird, der Rest bleibt im System, in der Verwaltung.

Wenn Sie das AMA-Gütesiegel, das durchaus sinnvoll ist, so loben, dann müssten wir einmal darüber reden, ob wir das AMA-Gütesiegel nicht so machen, dass man Gentechnikfreiheit wirklich kennzeichnet. (Abg. Eßl: AMA-Biosiegel! Das gibt es!) Aber warum können wir das AMA-Gütesiegel nicht in die Landwirtschaftskammer oder ins Ministerium tun? Warum braucht es eine AMA dazu? (Abg. Höllerer: Weil die AMA Aufgaben hat!)

Dass die AMA zu reformieren ist, weiß, glaube ich, jeder. Die Problematik, die wir heute in der AMA haben, liegt ja in jeder Sparte. Die AMA funktioniert sozial­part­nerschaftlich. Sie ist rein von der ÖVP dominiert – rein. (Ruf bei der FPÖ: Grillitsch weiß das!) Aber jetzt hätten wir die Möglichkeit: Der Geschäftsführer, der seit 15 Jah­ren im Amt ist, geht jetzt in Pension.

Man wird doch die Architektur dieser AMA hinterfragen dürfen. Die AMA beschäftigt ja heute schon Agenturen. Jede Werbung, die gut war, hat nicht die AMA hausintern gemacht, sondern sie wurde von Agenturen gemacht. Es wird doch möglich sein, dass


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man verlangt, dass die AMA mit ihren Zwangsbeiträgen, die sie einhebt, das best­mögliche Marketing macht.

Aber man muss die AMA reformieren. Der Rechnungshof kann die ganzen Rech­nungskreise nicht kontrollieren, weil die AMA Marketing eine ausgegliederte Tochter ist, die der Rechnungshof nicht prüft. (Abg. Schönpass: Das stimmt nicht!) Das sind Dinge, die sofort hinterfragt werden müssen.

Die Personalpolitik von unserem Herrn Bundesminister ist ja wirklich hervorragend. Jetzt erfahren wir, dass wieder unzählige Beamte aus dem Ministerium in die AMA hineinkommen sollen. Da frage ich mich schon, was das für eine Personalpolitik ist. Schauen wir uns die Gesellschafterversammlung an! Ich will jetzt nicht sagen, dass sie diktatorisch von der ÖVP geführt wird, aber sie ist sicherlich von ihr dominiert.

Den Umgang mit den ganzen Werbegeldern müssten wir prüfen können. Egal, wann ich anfrage, jedes Mal sagt der Bundesminister, dass er da keinen Einfluss hat, es ist ein ausgegliedertes Unternehmen. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Wenn im Zuge des 100-Millionen-Paketes wieder zusammengelegt wird, dann muss man schon wissen, dass die AMA zig Sparten hat. Jede Sparte hat ihren eigenen Vorstandsvorsitzenden, ihren eigenen Manager – alles ÖVP-dominiert. Da versagt die Sozialpartnerschaft vollends. (Abg. Eßl: Zum Beispiel?)

Wenn wir nicht hergehen und sagen: Jawohl, wir sind bereit, wir reformieren die AMA!, dann machen wir ganz schlechte Politik. Noch einmal: Alle Bauern sind wirklich massiv angefressen auf die AMA. Die AMA kontrolliert uns heute in einem Ausmaß, wie es in keinem anderen EU-Land möglich ist. Ich glaube, da müssen wir Schritte setzen. Wenn man heute nicht einmal darüber reden darf, dass man die AMA reformiert, dann ist das wirklich sehr traurig.

Ihr habt heute gesagt, wie toll die AMA arbeitet, wir exportieren mehr als wir impor­tieren. Fakt ist: Dank dieser ÖVP-Regierung und dieser ÖVP-Landwirtschaftspolitik sind wir heute nicht mehr autark. Wir müssen Lebensmittel importieren. Wenn Sie es nicht glauben, dann schauen Sie die Zahlen an! (Beifall beim BZÖ.)

So, wie Sie die Statistiken verfälschen: Wir importieren 2 Millionen Schlachtschweine jährlich, die wir in Österreich schlachten und dann nach Italien exportieren – und dann hat die ach so gute AMA eine Wundertat vollbracht, weil wir Exporte haben. Bitte, da muss man aufpassen und mit den Beinen auf dem Boden bleiben.

Österreich ist heute ein Importland, der Konsument kann sich nicht mehr das tägliche Leben leisten, und wir machen nur Politik für Konzerne und für die Beamtenschaft, für die schwarze Beamtenschaft innerhalb der AMA. Der Bundesminister gliedert jetzt wieder eine Menge Beamte in die AMA ein. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Bitte, die Beschwerden, die es über die Agrarmarkt Austria gibt, sind gewaltig und kommen nicht nur von den Landwirten, sondern auch von der AMA intern. Niemand sagt heute mehr, dass die AMA ein effizientes Dienstleistungsunternehmen ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eßl.) Niemand sagt das!

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplett­reform der AMA

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesvorschlag vorzulegen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 114

der vorsieht, die Tätigkeit der Agrarmarkt Austria auf einen qualitativ hochwertigen Stand der Tätigkeit der rechtzeitige Kontrolle und Administration gemäß EU-Gesetz­gebung und eine seriöse beratende Funktion in fachlichen Angelegenheiten zurück­zuführen.“

*****

Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Eßl: Applaus von vier Personen!)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplett­reform der AMA

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1810/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA und Auflösung der Agrar­markt Austria Marketing GesmbH „AMA-Marketing“ (1656 d.B.)

Die Beschwerden über die Agrarmarkt Austria (AMA) sind gewaltig. Diese wird von den Kundinnen und Kunden, den österreichischen Landwirtinnen und Landwirten, nicht als effizientes Dienstleistungs- und Beratungsorgan sondern als bürokratischer Beamten- und langsamer Kontrollapparat, am verlängerten Arm des Bundes, wahrgenommen.

Aus diesem Grund ist eine Restrukturierung und inhaltliche Reform dieser Einrichtung unumgänglich. Das bedeutet, die Agrarmarkt Austria muss wieder spürbar für die Land­wirtinnen und Landwirte da sein und ihre Tätigkeit auf die zwei wichtigen Funk­tionen: Eine jährlich rechtzeitige Kontrolle und Administration gemäß EU-Gesetz­ge­bung und eine seriöse beratende Funktion in fachlichen Angelegenheiten ein­schrän­ken.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der vorsieht, die Tätigkeit der Agrarmarkt Austria auf einen qualitativ hochwertigen Stand der Tätigkeit der rechtzeitige Kontrolle und Administration gemäß EU Gesetz­gebung und eine seriöse beratende Funktion in fachlichen Angelegenheiten zurückzuführen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. 4 Mi­nu­ten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 115

14.01.53

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Eßl, der Unterschied zwischen uns und dir ist natürlich, dass wir Agrarpolitik über das Jahr 2015 hinaus betreiben und du vielleicht nur bis 2015. Das ist der Unterschied. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zu Tagesordnungspunkt 7: Stilllegungsprämie/Brachlandförderung. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) – Hör einmal zu, vielleicht lernst du noch etwas für die Bienen; es schadet dir nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was man in diesem Fall auch bedenken muss, ist, dass es ohne Blüten keine Bienen und ohne Bienen keine Blüten gibt. Wenn es immer weniger wilde Wiesen werden, finden Bienen keine Nahrung. – Nur so weit, damit du folgen kannst, zur Brachlandförderung.

Intensiv bewirtschaftete Äcker, soweit das Auge reicht – oft zu sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in manchen Regionen in Deutschland. Honigbienen, aber auch Wildbienen finden in diesen ausgeräumten Landschaften immer weniger Nahrung. Hunderttausende Bienen gehen jeden Winter zugrunde, die meisten davon sterben an der sogenannten Varroamilbe.

Warum diese Milbe ein solch leichtes Spiel hat, ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz einfach zu erklären: Blütenmangel. Und dieser Blütenmangel schwächt die Bienen, es fehlt Ihnen an Nahrungsgrundlage, wie zum Beispiel Nektar und Pollen. (Abg. Eßl: Herr Präsident, Tagesordnung!) Und diese Ursache, Kollege Eßl, ist zum Teil auf die EU-Agrarpolitik zurückzuführen. (Abg. Eßl: Das heißt, du bist für die Bracheförderung?) Jahrelang förderte die EU verstärkt Monokulturen auf Feldern, 2007 hat Brüssel die Flächenstilllegungsprämie abgeschafft, und allein in Deutschland gingen schlagartig 400 000 Hektar Blütenfläche und damit Lebensraum für die Bienen verloren. Das sollte man auch bedenken, Herr Kollege Eßl.

Unserer Meinung nach wäre es besser, die Stilllegungsprämie ruhig zu stellen. Somit wäre sie, wenn man sie als Regulativ braucht, noch vorhanden. (Ruf des Abg. Grosz in Richtung des Abg. Eßl.) – Herr Kollege Grosz, vielleicht hörst du auch zu, denn wenn dich eine Biene sticht, ist das sehr gefährlich! (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Alles, was weg ist, ist weg, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wären es allein den Bienen schuldig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Das ist der Dank, dass ich dich gerade verteidige, weil er dich zur Sache rufen will!)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.10

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht heute um drei Anträge, die unsere Zu­stimmung nicht bekommen werden.

Erstens geht es um die Auflösung der AMA Marketing, die, wie ich finde, sehr erfolgreich war, allein mit der Platzierung des AMA-Gütesiegels, das europaweit seines­gleichen sucht. Für mich ist dieser Wunsch nach Auflösung unverständlich.

Zweitens geht es um die Auflösung der Stilllegungsverpflichtung – dieser Antrag hat sich eigentlich selbst überholt. Es wäre viel wichtiger, über neue Bracheauflagen in der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014 zu diskutieren, wo wir doch genau wissen – Herr Abgeordneter Pirklhuber hat das auch angesprochen –, dass wir Aufgaben zu erfüllen


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haben, wie etwa, die Eiweißlücke in Europa zu schließen oder Erneuerbare-Energie-Flächen bereitzustellen.

Im dritten Antrag geht es um den zwingenden Fruchtbarkeitstest für männliche Zuchtstiere. Dr. Spadiut hat sich beschwert, dass große Ablehnung oder wenig Inter­esse von den Verbänden und Besamungsstationen im Zusammenhang mit seinem Vorschlag gekommen ist. Ich möchte dazu anmerken, dass ich glaube, dass das schon sehr gut geregelt ist.

Ich kann selbst als Funktionär einer Besamungsstation (Abg. Ing. Westenthaler: Was?) – übrigens die erfolgreichste Station in Österreich, nämlich in Hohenzell, Bezirk Ried – berichten, dass in Österreich rund 60 Stiere von den Besamungsstationen angekauft werden, und da gibt es sehr, sehr wenige Reklamationen. Gerade die ausführlichen Gewährleistungsbestimmungen (Abg. Grosz: Was machen Sie privat dann?), wenn ein Stier bei einer Versteigerung angekauft wird, garantieren, dass es da wenig Streitigkeiten gibt. Es gibt da intensive Quarantänebestimmungen (Abg. Grosz: Herr Kollege, was macht ein Funktionär einer Besamungsstation?), nachvollziehbare Untersuchungen, und es ist ja nicht allein die Sperma-Qualität, die die Qualität eines Stieres ausmacht, sondern es ist auch die Sprungfreudigkeit sehr entscheidend. Und wenn man weiß, wie Sperma produziert wird, dass dabei der Zuchtstier auf ein Phantom aufreiten muss, dann kann man durchaus verstehen, dass der eine oder andere manchmal verweigert. (Allgemeine Heiterkeit.)

Alles in allem möchte ich festhalten, unsere Zuchtorganisationen und Besamungs­stationen leisten hervorragende Arbeit. Wir haben in der Vergangenheit Spitzenstiere produziert, bekannte Namen, die Sie sicherlich alle kennen, Rumba, Streller und jetzt Wille, der neue Verkaufsschlager. Diese Spitzenstiere sind international nachgefragt, und da wird Wertschöpfung für die Landwirtschaft betrieben, weil unsere Zucht­verbände und Besamungsstationen in Bauernhand sind, und das ist meiner Meinung nach sicherlich ein Zukunftsmodell. – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Grosz: Der schafft das damit natürlich in die ZiB 2! Kollege vom ORF, bitte an die ZiB 2 schicken!)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.06.58

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst die Hauptschule Schwertberg sehr herzlich begrüßen, die uns jetzt zuhört, und ich darf euch sagen, wir unterhalten uns nicht immer nur über die Zuchtstiere. Es gibt auch wichtigere Themen in diesem Haus. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Sind Sie auch Funktionär einer Besamungs­station?)

Ich möchte der Hauptschule Schwertberg zu dem Titel „Innovative Schule“ gratulieren, den ihr die Bundesministerin verliehen hat. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Ausschussvorsitzender, Herr Präsident des Bauernbundes, du bist zur rechten Zeit gekommen! Ich bitte dich dringend, bei der nächsten Sitzung des Land­wirtschafts­ausschusses das Thema AMA auf die Tagesordnung zu setzen, denn da wird so viel Blödsinn geredet, dass es höchst an der Zeit ist, hier wirklich Fakten zu haben. (Beifall des Abg. Huber. – Abg. Ing. Westenthaler: Und auch ein Thema Besamungsstation!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es hat auch schon einige gegeben, die hier wieder die schlechte Situation der Landwirtschaft beklagt haben und so weiter und so fort. Lassen Sie mich zu Beginn ein Zitat aus der Zeitung „Blick ins Land“ bringen, wo


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 117

der Bauernbundpräsident Deutschlands und Europas, Gerd Sonnleitner, interviewt wurde. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) Bauernverbandspräsident heißt das dort, nicht „Bauernbundpräsident“. Also euer oberster Chef in Europa. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Jakob Auer.) Ja, natürlich, das ist er schon.

Gerd Sonnleitner also hat gesagt – und das hat mich schon sehr verwundert bezie­hungsweise ich unterstütze das –, er plädiert für mehr Ehrlichkeit hinsichtlich der Agrarförderungen, er nennt deren Umverteilungen in benachteiligte Gebiete einen gerechten Akt, und er rät generell der Landwirtschaft, weniger auf Prämien zu schielen. – Ich glaube, das ist ein Ansatzpunkt, den wir wirklich alle miteinander ver­treten sollten.

Er hat dann auch noch lustige Dinge gesagt, wie zum Beispiel Folgendes: Die Frage war: „Was ist an Österreichs Landwirtschaft paradiesisch?“, und darauf hat er gemeint: die Gesetzgebung. Er sagt hier, dass die Bauern in seiner Größe – er hat einen 100-Hektar-Betrieb – in Österreich fast keine Steuern zahlen, und das nennt er „para­die­sisch“.

Es geht den Bauern in Österreich also nicht so schlecht, aber es gibt genügend Prob­leme, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit denen wir uns beschäftigten sollten.

Herr Bundesminister, Sie haben es bei einer Pressekonferenz in Berlin angekündigt und nunmehr ist es vollzogen – vollzogen ist es noch nicht, das ist es erst dann, wenn es beschlossen wird –, es ist nun in diesem Konsolidierungspaket enthalten, dass Sie die Bundesanstalt für Bergbauernfragen auflösen wollen beziehungsweise zusammen­legen wollen mit der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft.

Herr Bundesminister, wenn wir die Probleme, die es auf dem Land gibt, die es in den Bergregionen gibt, die es bei den Bauern in den benachteiligten Gebieten gibt, ernst nehmen, dann kann es doch nicht Ihr Ernst sein, ein Institut, ein wissenschaftliches Institut, das europaweit anerkannt ist, das international gefragt ist, einfach aufzulösen und irgendwo einzugliedern. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Das kann es nicht sein, wenn wir diese Probleme ernst nehmen.

Ich habe wirklich den Verdacht, nachdem das alle zwei Jahre, würde ich fast sagen, wieder kommt: Immer wieder beginnt man seitens des Landwirtschaftsministeriums (Abg. Dr. Pirklhuber: Wo will er 400 000 € sparen, das soll er einmal !) – und wer immer noch dahinter steht – darüber zu reden, ob man das Bergbauerninstitut über­haupt noch braucht, und man sollte es doch eingliedern. Die Ersparnisse sind gleich null – aber ein ganz wichtiges Forschungsinstitut geben wir dafür auf! Das brauchen wir dringend, und das kann sich die Republik Österreich, glaube ich, so nicht leisten.

Ich bitte Sie wirklich, das noch einmal zu überdenken. Wir werden noch Gelegenheit haben, uns darüber zu unterhalten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist nun noch Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Fichtenbauer –: Zur Besamung!)

 


14.11.22

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Also, wenn Herr Kollege Grosz zur Besamungsfrage ein Bedürfnis hat, möge er das selbst zum Ausdruck bringen.

Ich fühle mich durch die Äußerungen, die Abgeordneter Sacher im Zusammenhang mit Landwirtschaft hier gemacht hat, aufgerufen, zu sprechen, weil in Gestalt des Bundes­ministers Darabos ein neuer Anschlag auf den Raum Allentsteig geplant ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 118

Ich darf daran erinnern, dass wir beim vorvorjährigen Budgetbegleitgesetz den Arti­kel 95 durch glückliche Fügung zu Fall bringen konnten, weil damals nämlich geplant war, den Forstbetrieb Allentsteig quasi quer zu verschieben, nämlich zu den Bundes­forsten.

Der Hintergrund ist, dass ein gewisser Herr, der für die Bundesforste des Waldviertels in Krems zuständig ist, Jahre und Jahrzehnte schon gierig auf Erlangung der Zugriffs­möglichkeit auf den Forst Allentsteig ist, weil das ein hervorragender Forst ist – und, was keiner dazusagt, mit prächtigem Wildbestand. Da kann sich nämlich einer als Jagdfürst betätigen. Dort gibt es die besten Hirsche, bestes Rotwild, Mufflons und so weiter und so fort.

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Fichtenbauer, ich unterbreche Sie nur ganz ungern, aber ich habe vorhin den Kollegen Eßl nach 1 Minute 30 Sekunden zur Sache gerufen (Abg. Grosz: Besamung – Hirschen, dann geht es!), als er zum vorhe­rigen Tagesordnungspunkt gesprochen hat, und der Gerechtigkeit halber möchte ich Sie auch bitten, den sachlichen Zusammenhang (Abg. Grosz: Besamung – Hirschen – Allentsteig, dann geht es!) zu den Brachflächen oder zur AMA herzustellen und mit Ihren Ausführungen in dieser Richtung fortzufahren. (Abg. Zanger: Der Eßl hat auch weitergeredet!) – Bitte.

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (fortsetzend): Danke vielmals. Selbstver­ständ­lich respektiere ich die Gebote der Geschäftsordnung.

Es ist ein Aufruf, insbesondere an die Kollegen der ÖVP, die jetzige Absicht, die Pacht­güter der Bauern in Allentsteig billig wegzuschnappen und besser zu verwerten und sich ein Federl auf das Budget des Darabos zu stecken, zu verhindern. Das ist eine Ungerechtigkeit ungeheuerlichen Ausmaßes, und das wird auch durch Äußerungen des Kollegen Sacher nicht besser.

Das war es. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.13

14.13.20

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1655 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1656 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Komplettreform der AMA.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 1569 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 119

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.15.33 8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1520 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizei­kooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptions­be­kämp­fung geändert werden (SPG-Novelle 2011) (1657 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1812/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abhaltung eines Gipfels zum Thema „Wie weit dürfen Bürgerrechte noch aufgeweicht wer­den?“ (1660 d.B.)

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Vilimsky. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.16.24

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es etwas schade, dass man die sehr wichtige Debatte über eine sensible Frage, nämlich die Novelle des Sicherheits­polizeigesetzes, hinter die für mich durchaus interessante und teilweise humorvolle Debatte über Bespringungs- und Besamungstechniken gestellt hat und so versucht hat, sie ein bisschen aus dem Licht der Öffentlichkeit zu drängen.

Ich halte erstens fest, dass für meine Fraktion, die die Grund- und Freiheitsrechte und Bürgerrechte sehr hochhält, eine Zustimmung zu dieser Novelle nicht in Frage kommt und wir uns in bester Gesellschaft mit dem Österreichischen Rechtsanwalts­kam­mer­tag, mit der österreichischen Journalistengewerkschaft, aber auch Organisationen wie Greenpeace befinden, die allesamt Bedenken haben, schwere Bedenken haben, dass Grund- und Freiheitsrechte mit dieser Novelle massiven Schaden nehmen können. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich möchte ferner festhalten, dass für uns als Freiheitliche, für meine Fraktion die bestmögliche Unterstützung der Polizei eines unserer zentralen Ziele ist. (Beifall bei der FPÖ.) Und diese bestmögliche Unterstützung der Polizei bezieht sich primär auf den Inspektor auf der Straße, diesen bestmöglich zu unterstützen – und nicht politische Überwachungsbehörden mit mehr und mehr zweifelhaften Instrumenten auszustatten.

Bessere Unterstützung für die Exekutive etwa dann, wenn es darum geht, best­mög­liche Besoldung für unsere Exekutive sicherzustellen – nicht, die Überstunden zu streichen, sondern etwa eine Ballungsraumzulage vorzusehen für die durchaus sehr schwierigen Aufgaben, die Sicherheitskräfte in den Ballungsräumen erbringen, um diese entsprechend abzugelten. Oder: für Polizeiinspektionen die bestmögliche Aus­stattung sicherzustellen, sodass die polizeiliche Arbeit in einem Umfeld verrichtet werden kann, das auch wirklich auf dem Stand der Zeit ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 120

Bestmögliche Unterstützung für die Exekutive dann, wenn es um einen Zwischenfall zwischen der Polizei und einem Verbrecher geht, dass die Politik nicht gleich dem Polizisten einen Misstrauensvorschuss gibt und beginnt, auf ihm herumzuhacken, sondern dass sich die Politik hinter unsere Polizei stellt bis zu dem Punkt, wo vielleicht eine andere Sachlage zeigt, dass es da zu Fehlverhalten gekommen ist. Aber bis zu diesem Punkt verdient die Exekutive seitens der Politik den bestmöglichen Rückhalt, den wir ihr geben können. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben mit dieser Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz eine sehr sensible Frage berührt, und das ist nicht der erste Punkt, sondern ein Glied in einer sehr langen Kette von Ereignissen, die zu massiven Diskussionen über Grund-, Freiheits- und Bürgerrechte geführt haben.

Das Erste war die Vorratsdatenspeicherung, wo seitens der SPÖ der Vorsitzende des Datenschutzrates Maier sogar der Abstimmung ferngeblieben ist, weil er ein schlechtes Gewissen hatte und da nicht zustimmen konnte oder wollte – wie auch immer.

Ich darf nur daran erinnern, dass damals mit einer ähnlichen Argumentation wie heute versucht wurde, uns zu verklickern, dass wir gegen Terrorismus und Kinderschänder bestmöglich vorzugehen haben. Ja, das stimmt schon, keine Frage. Es ist auch Grundkonsens in der Gesellschaft und mit Sicherheit auch in der Politik, gegen Terrorismus, Terrorismusgefahr und Kinderschänder bestmöglich vorzugehen.

Aber – und jetzt bin ich beim Aber – wenn Sie die Telekombetreiber nicht nur in Österreich, sondern quer durch Europa verpflichten, die Kommunikationsdaten, die Telefondaten, die SMS-Daten, die Internetdaten von jedem Bürger über sechs Monate hinweg zu speichern und zu dokumentieren, dann erwischen Sie einen mit Sicherheit nicht, und das sind die, die möglicherweise Terrorismusabsichten haben und die möglicherweise in Kinderschändernetzwerken behaftet sind.

Glauben Sie denn wirklich, dass jemand, der etwa ein Jihadist ist, jemand, der ein radikalislamistischer Terrorist ist, zu A1, zu T-Mobile, zu Orange, 3 oder wohin auch immer geht, seinen Ausweis hinlegt und dann beginnt, mit seiner Identifikation herum­zusurfen, staatsfeindliche Aktivitäten zu setzen oder sich in irgendwelchen Kin­der­porno­graphienetzwerken herumzutreiben? Mitnichten! Der wird eine Wertkarte neh­men, mit dieser telefonieren oder mit einer Wertkarte im Internet herumsurfen.

Wen Sie aufgrund einer Vorratsdatenspeicherung erwischen werden, das ist mit Sicher­heit nicht diese Person, sondern Sie archivieren und dokumentieren das Tele­kom­munikationsverhalten jedes Österreichers, das sechs Monate zurückgeht. Das ist unanständig! Das hat nichts mit Grund- und Freiheitsrechten zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben das SWIFT-Abkommen, das nach einigem Widerstand dann doch den Weg durch das Europäische Parlament gefunden hat. Mit diesem SWIFT-Abkommen wird es den Vereinigten Staaten möglich gemacht, dort, wo Verdachtsmomente sind oder welche konstruiert werden, wo Kontobewegungen über den Teich in die Vereinigten Staaten gehen, Daten zu speichern. Ich sage, das ist nicht in Ordnung, zumal auch die Möglichkeiten der Betroffenen, sich dagegen zu wehren, gegen null gehen.

Wir haben in wenigen Wochen die Fluggastrichtlinie im Europäischen Parlament zur Beschlussfassung, wo es ebenfalls ganz massive Bedenken aus grund- und frei­heitsrechtlicher Sicht gibt. Diese Fluggastrichtlinie, wo wieder Daten an die Euro­päische Union übermittelt werden sollen, gipfelt darin, dass im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments mittlerweile auch über innerstaatlichen Flugverkehr die Beratungen erfolgen und die Vorlage bereits zur Debatte steht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 121

Jetzt haben wir das Sicherheitspolizeigesetz mit dem Titel der erweiterten Gefahren­erforschung, wo es der Behörde möglich gemacht wird, gegen jedermann, wo Ver­dachts­momente entstehen oder diese vielleicht konstruiert werden, Ermittlungen einzuleiten, wo es der Behörde ermöglicht wird, Standortdaten über das Handy zu ermitteln, aber nicht nur gegen diese Personen, wo Ermittlungen stattfinden oder diese Begründungen konstruiert wurden, um in weiterer Folge Observationen zu tätigen, sondern es kann damit auch das begleitende Umfeld erfasst werden.

Ich sage, dass sich für jeden Journalisten, für jeden auch im Investigativbereich tätigen Oppositionspolitiker, für jeden kritischen Blogger sehr rasch eine Situation ergeben kann, wo die Behörde anfängt zu schnüffeln, ein Rechtsschutzbeauftragter, der aus meiner Sicht völlig unzureichend ausgestattet ist, das abnickt, in weiterer Konsequenz die Untersuchten nicht informiert werden. Das ist für mich der zentrale Punkt und auch die Sorge des Rechtsanwaltskammertages, die Sorge der Journalistengewerkschaft, dass hier Observationen stattfinden können und derjenige, der observiert wurde, im Nachhinein nicht einmal darüber informiert wird. Das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir bewegen uns in einer Europäischen Union, die aus Ländern zusammengesetzt ist, die eigentlich auf den Prinzipien Freiheit, Menschenrechte, aber auch Bürgerrechte beruhen, und die dort ihre Stärken hat, und in einer Union, wo zurzeit genau diese Bereiche immer mehr unter die Räder kommen, nicht nur in Österreich. Wir vollziehen das nach, was in Brüssel gemacht wird und dann hier durch die Regierungsfraktionen leider allzu oft abgenickt wird. Das ist ein Europa, das sich auch immer mehr vom Menschen entfernt.

Ich behaupte, ein Staat und eine Europäische Union müssen Vertrauen in ihre Bevöl­kerung haben. In Österreich sollten die Regierung und das Innenressort auch aus­reichend Vertrauen in die Bevölkerung haben, ohne mit der Archivierung der Tele­kommunikationsdaten, der Internetdaten, SMS oder hier auch der Möglichkeit einer erweiterten Gefahrenerforschung einer politischen Überwachungsbehörde wie dem BVT die Möglichkeit einzuräumen, gegen jedermann Ermittlungen einzuleiten. Und das kann auch jeden von Ihnen von den Oppositionsparteien betreffen.

Man braucht nur in Ihrem Umfeld einen Verdacht zu konstruieren, und schon sind Sie mit Ihrem Handy mit im Überwachungsraster drinnen. Informiert werden Sie im Nach­hinein von niemandem. Das, was die Journalistengewerkschaft, das, was der Öster­reichische Rechtsanwaltskammertag, und das, was viele Grund- und Freiheitsrechtler fordern, ist nicht mehr und nicht weniger, als den Status quo der jetzigen Möglichkeiten noch einmal zu evaluieren, gegebenenfalls im Bereich des Rechtsschutzes nachzu­justieren und auch verpflichtend mit hineinzunehmen, dass Observierte im Nachhinein informiert werden. Das ist genau das Argumentationsgerüst, mit dem ich Sie aufseiten der Regierungsfraktionen ersuche, das vielleicht noch einmal zu überdenken, heute auf die Bremse zu steigen, eine Überwachungsbremse, wenn Sie so wollen, zu installieren und den Grund- und Freiheitsrechten in diesem Staat den Vorzug zu geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.25.37

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Bevor ich auf die Ausführungen meines Vorredners eingehe, bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 122

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1657 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (SPG-Novelle 2011) (1520 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Errichtung und Orga­nisation des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (1520 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (1657 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 Z 44 (§ 91c Abs. 2) wird dem Ausdruck „53 Abs. 1 Z 7“ das „§“-Zeichen vorangestellt.

2. In Art. 1 Z 45a (§ 91c Abs. 3) wird im zweiten Satz die Wortfolge „höchstens drei Monate“ durch die Wortfolge „höchstens drei Monaten“ ersetzt und lautet der letzte Halbsatz: „ob sich hinsichtlich des Betroffenen eine Aufgabe gemäß § 21 Abs. 3 Z 1 stellt.“.

3. In Art. 1 Z 45b (§ 91d Abs. 4) wird das Wort „Genehmigungen“ durch das Wort „Ermächtigungen“ ersetzt.

4. In Art. 1 lautet Z 50:

„50. Dem § 94 wird folgender Abs. 32 angefügt:

,(32) Die §§ 10 Abs. 2 Z 5a und Abs. 7, 16, Abs. 2 Z 4 und 5, 21 Abs. 3, 24 Abs. 1 Z 2, 38 Abs. 2 und 5, 49b, 53 Abs. 1 Z 6 und 7, 53 Abs. 3b und 5, 54 Abs. 2a, 55a Abs. 2 Z 1 und Abs. 4, 57 Abs. 1 Einleitungsteil sowie Z 1 und 10a, 58 Abs. 1 Z 8, 58c Abs. 2, 63 Abs. 1a und 1b, 65 Abs. 1, 68 Abs. 1, 73 Abs. 6, 74 Abs. 3, 75 Abs. 1, 76 Abs. 1, 2 und 6, 80 Abs. 1, 81 Abs. 1, 82 Abs. 1, 83 Abs. 1, 83a Abs. 1, 83b samt Überschrift, 84 Abs. 1 und 1a, 86 Abs. 2, 91c Abs. 1 bis 3, 91d Abs. 4, die Überschrift des 7. Teiles, 92 samt Überschrift, 93a Abs. 1 samt Überschrift sowie die Einträge in das Inhalts­verzeichnis zu den §§ 83b, 92 und 93a und zum 7. Teil in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. XX/2011 treten mit 1. April 2012 in Kraft, gleichzeitig tritt § 76 Abs. 7 außer Kraft. § 13a samt Überschrift und der Eintrag in das Inhaltsverzeichnis zu § 13a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2011 treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft, gleichzeitig treten die Absatzbezeichnung in § 13 und § 13 Abs. 2 außer Kraft.‘“

*****

Geschätzte Damen und Herren! Unser oberstes Ziel ist und in unserer Verantwortung liegt es natürlich, die Sicherheit der Bevölkerung so gut wie möglich zu gewährleisten. Und wenn sich die Kriminalität in all ihren Erscheinungsformen verändert, dann ist es Aufgabe des Parlaments, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Polizei effizient arbeiten kann.

Genauso ist es jetzt wieder beim Sicherheitspolizeigesetz. Da sich die Erscheinungs­formen im Bereich des Terrorismus verändert haben, ist es erforderlich, dass wir hier Anpassungen vornehmen. Eben diese Anpassungen werden heute beschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 123

Ihre Einwände sind wirklich sehr hysterisch dargestellt worden, lieber Kollege Vilimsky. Wenn sich die Kriminalität verändert, wenn in der Vergangenheit die Gruppenbildung im Terrorismus zum Tragen gekommen ist, während heute in verschiedenen Bereichen der Einzeltäter in den Vordergrund tritt, denken wir an Erfurt, denken wir an Lüttich, denken wir an Norwegen, dann, glaube ich, ist es erforderlich, dass wir das, was wir bisher im Bereiche der Gruppen, im Gruppenansatz bei der Terrorbekämpfung und bei der erweiterten Gefahrenerforschung hatten, auf den Einzeltäter herabbrechen.

Klar muss uns schon sein: Auch in Lüttich und in Erfurt war es so, dass die Bevöl­kerung die Polizei auf verschiedene Aktivitäten dieser Personen aufmerksam gemacht hat. Die Polizei hat aber nicht die Möglichkeit gehabt, entsprechend einzuschreiten.

Es kann nicht in unserem Sinn sein, dass wir nur operativ tätig sind, wenn bereits so etwas passiert ist, sondern ich glaube, dass wir uns in der Prävention entsprechend einbringen müssen. Das hier ist an und für sich eine stärkere Ausrichtung in Richtung Prävention.

Der Rechtsschutzbeauftragte hat sich, wie ich meine, in den letzten zehn Jahren bewährt. Wenn wir sehen, dass im letzten Jahr zehn Anträge von Seiten der Polizei an den Rechtsschutzbeauftragen herangetragen wurden, dann, so meine ich, wird da mit sehr viel Augenmaß, dann wird da an und für sich mit sehr viel Gefühl und mit sehr viel Verantwortungsbewusstsein vorgegangen. Es ist meiner Meinung nach schon richtig und wichtig, dass wir diese gesetzliche Bestimmung in der uns vorliegenden Art und Weise zur Beschlussfassung bringen, und ich fordere die Opposition auf, hier mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt. Nachdem ich ihn eingehend überprüft habe, stelle ich den sachlichen Zusammenhang fest. Der Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1657 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (SPG-Novel­le 2011) (1520 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Errichtung und Orga­nisation des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (1520 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (1657 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 Z 44 (§ 91c Abs. 2) wird dem Ausdruck „53 Abs. 1 Z 7“ das „§“-Zeichen vorangestellt.

2. In Art. 1 Z 45a (§ 91c Abs. 3) wird im zweiten Satz die Wortfolge „höchstens drei Monate“ durch die Wortfolge „höchstens drei Monaten“ ersetzt und lautet der letzte Halbsatz: „ob sich hinsichtlich des Betroffenen eine Aufgabe gemäß § 21 Abs. 3 Z 1 stellt.“.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 124

3. In Art. 1 Z 45b (§ 91d Abs. 4) wird das Wort „Genehmigungen“ durch das Wort „Ermächtigungen“ ersetzt.

4. In Art. 1 lautet Z 50:

„50. Dem § 94 wird folgender Abs. 32 angefügt:

,(32) Die §§ 10 Abs. 2 Z 5a und Abs. 7, 16, Abs. 2 Z 4 und 5, 21 Abs. 3, 24 Abs. 1 Z 2, 38 Abs. 2 und 5, 49b, 53 Abs. 1 Z 6 und 7, 53 Abs. 3b und 5, 54 Abs. 2a, 55a Abs. 2 Z 1 und Abs. 4, 57 Abs. 1 Einleitungsteil sowie Z 1 und 10a, 58 Abs. 1 Z 8, 58c Abs. 2, 63 Abs. 1a und 1b, 65 Abs. 1, 68 Abs. 1, 73 Abs. 6, 74 Abs. 3, 75 Abs. 1, 76 Abs. 1, 2 und 6, 80 Abs. 1, 81 Abs. 1, 82 Abs. 1, 83 Abs. 1, 83a Abs. 1, 83b samt Überschrift, 84 Abs. 1 und 1a, 86 Abs. 2, 91c Abs. 1 bis 3, 91d Abs. 4, die Überschrift des 7. Teiles, 92 samt Überschrift, 93a Abs. 1 samt Überschrift sowie die Einträge in das Inhalts­verzeichnis zu den §§ 83b, 92 und 93a und zum 7. Teil in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. XX/2011 treten mit 1. April 2012 in Kraft, gleichzeitig tritt § 76 Abs. 7 außer Kraft. § 13a samt Überschrift und der Eintrag in das Inhaltsverzeichnis zu § 13a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2011 treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft, gleichzeitig treten die Absatzbezeichnung in § 13 und § 13 Abs. 2 außer Kraft.‘“

Begründung

Zu Z 1 und 2 (§ 91c Abs. 2 und 3)

Hierbei handelt es sich um redaktionelle Anpassungen und die Richtigstellung eines Zitates.

Zu Z 3 (§ 91d Abs. 4)

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll eine Anpassung an die Begrifflichkeiten des § 91c Abs. 3 SPG vorgenommen werden.

Zu Z 4 (§ 94 Abs. 32)

Die zwischenzeitlich erfolgte Novellierung des § 94 durch die Einführung des Bundes­gesetzes zur Durchführung des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, un­menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (OPCAT-Durchführungs­ge­setz), BGBl. I Nr. 1/2012, macht eine Änderung der Absatzbezeichnung erforderlich. Des Weiteren sollen Regelungen über das Inkrafttreten der Einträge in das Inhalts­verzeichnis zu den §§ 13a, 83b, 92, 93 sowie zum 7. Teil des SPG getroffen werden.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.03

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Nationalrat muss wissen, dass er heute die Lizenz zum Spitzeln ausstellt. So muss man das Gesetz zusammenfassen, auch wenn uns Kollege Kößl mit seinem Abände­rungsantrag versucht hat sanft in den Schlaf zu wiegen. Seien Sie versichert, Herr Kollege Kößl, die Opposition wird nicht einschlafen und wird dieses Gesetz kritisieren.

Mit der Einführung der erweiterten Gefahrenerforschung für Einzelpersonen wird die Überwachung massiv ausgedehnt, ohne richterliche Kontrolle, und es wird in Zukunft möglich sein, dass unbescholtene Bürgerinnen und Bürger durch unbedachte Äuße-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 125

rungen ins Visier der Sicherheitsbehörden kommen und mit massiven Überwachungs­maßnahmen zu rechnen haben, mit Observation, mit verdeckten Ermittlungen, und das alles ohne richterliche Kontrolle.

Für dieses Gesetz gibt es weder einen Bedarf noch gibt es Erfolgsaussichten. Es gibt auch keinen Rechtsschutz, aber es gibt eine hohe Missbrauchsgefahr, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen auch, warum es keinen Bedarf gibt: Dort, wo strafbare Handlungen begangen werden, kann man schon jetzt nach der Strafprozessordnung ausreichend ermitteln. Das ist auch klar.

Wir haben hier im Parlament, zwar nicht mit unserer Zustimmung, aber ist ein Faktum, den Bereich der sogenannten Hassprediger unter Strafe gestellt. Das heißt, für die Ankündigung von irgendwelchen Hassstraftaten, wie es die Innenministerin zu sagen pflegt, gibt es ohnedies schon einen Strafparagraphen. Also überall dort kann man nach der Strafprozessordnung theoretisch ohnedies schon ermitteln. Sie haben ja ohnehin schon für Ausweitung gesorgt.

Selbst dort, wo es noch keine Straftat gibt, kann man nach dem Sicherheits­polizei­gesetz bereits ermitteln, weil ja im Rahmen des vorbeugenden Schutzes die Polizei schon dann ermitteln darf, wenn ein gefährlicher Angriff wahrscheinlich ist. Das heißt, es braucht keine Straftat, damit man schon längst nach dem Sicherheitspolizeigesetz ermitteln kann.

Ich frage mich: Wen oder was hat das Innenministerium mit dieser Novelle im Visier? Alle bekannten Fälle von Einzeltätern werden auch mit dem neuen Gesetz nicht zu verhindern sein.

Franz Fuchs: Wer glaubt, dass Franz Fuchs mit der heutigen Gesetzesnovelle zu verhindern gewesen wäre? Das ist komplett naiv. Franz Fuchs war bis zu seiner ersten Straftat, ja sogar noch danach, komplett unauffällig. Der ist öffentlich nicht aufgetreten. Auf den wären Sie nie gekommen.

Das zweite prominente Beispiel ist der sogenannte Breivik von Traun. Der ist in der österreichischen öffentlichen Debatte nicht besonders beachtet worden. Der Hinter­grund: Am Tag, an dem Breivik in Norwegen Dutzende Menschen niederge­metzelt hat, hat auch in Traun in Oberösterreich ein Österreicher, Herr Johann N., seinen Jagd­anzug angezogen, sich bewaffnet und auf eine rumänische Familie geschossen, mit der Bilanz ein Toter und zwei Schwerverletzte. Er hat das damit begründet: Die, offensichtlich die Ausländer, tanzen uns doch alle auf der Nase herum. Ich meine damit die Ausländer aus der unteren Schicht. Davon haben wir schon viel zu viele, und nicht alle sind so wie ich und können sich dagegen wehren.

Danach haben sich alle, die sich mit diesem Fall beschäftigt haben, gefragt: Ja hätte man das nicht verhindern können? Und unisono war die Antwort: Nein! Diese Person hat sich öffentlich völlig unauffällig verhalten. Das war eine tickende Zeitbombe, die sich zurückgezogen und in ihrer wahnsinnigen Welt Fantasien entwickelt hat, die sie dann in die Realität umgesetzt hat. Aufgrund dieser Novelle hätten Sie diesen Einzel­täter nie erwischt.

Dann Breivik selbst. Der BVT-Chef sagt, selbst aufgrund der neuen Novelle hätte man wahrscheinlich einen Breivik nicht verhindern können, da ist er realistisch, weil auch Breivik als Einzeltäter eine tickende Zeitbombe war, die sich, ohne dass es absehbar war, letztlich in dieser furchtbaren Form entladen hat.

Oder ist die Novelle für folgenden Fall, nämlich den Fall eines SPÖ-Kommunal­politikers aus dem Weinviertel? Der hat Folgendes auf Facebook geschrieben: „bei blau-schwarz steh ich als Terrorist in der Zeitung. Da spreng ich das Parlament. Samt den Insassen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 126

Das ist jedenfalls, unabhängig von aller Kritik an Schwarz-Blau, eine unzulässige Äußerung. Das steht außer Frage. Die entscheidende Frage ist aber: Braucht man dafür das Gesetz? Ist für diesen Fall das Gesetz gemacht: Ja oder nein? Das ist meine Frage.

Wenn ja, dann sage ich Ihnen Folgendes: Der Clou ist, gegen diesen Kommunal­politiker wird bereits ermittelt. Das heißt aber, wenn gegen diesen Kommunalpolitiker mit dieser Ansage bereits ermittelt wird, dann sehe ich nicht, wen Sie mit der erweiter­ten Gefahrenerforschung für Einzelpersonen da noch ins Visier nehmen wollen. Sie haben sämtliche rechtliche Handhabe, und die Erweiterung ist schlicht und einfach nicht argumentierbar, Frau Innenministerin.

Das Sicherheitspolizeigesetz leidet an einem massiven Rechtsschutzdefizit, und der Zwillingsbruder oder die Zwillingsschwester des Rechtschutzdefizits ist der Miss­brauch, die Missbrauchsgefahr.

Meine Damen und Herren, als ich im Innenausschuss auf die Missbrauchsgefahr hingewiesen habe, war folgende Reaktion. Da hat man gesagt: Nein, man soll nicht immer davon ausgehen, dass die Polizei die Gesetze falsch anwendet. – Das ist nicht der Zugang. Auch bei einem Strafgericht gibt es in erster Instanz eine Berufungs­möglichkeit. Keiner geht davon aus, dass ein Strafrichter das Gesetz grundsätzlich falsch anwendet. Das ist das Wesensmerkmal eines entwickelten Rechtsstaates, und dieses Wesensmerkmal fehlt beim Sicherheitspolizeigesetz. Der Rechtsschutz ist massiv unterentwickelt.

Ein Beispiel, wieder eine Verschärfung in diesem Gesetz: Die Handyortung wird ausgebaut, das heißt die Ermittlung der Standortdaten. Bisher war das möglich, wenn der Verdacht auf Suizid gegeben war. In Zukunft wird die Abfrage bereits dann möglich, wenn ein Verdacht auf Suizidrisiko gegeben ist, plus es dürfen auch noch die Standortdaten von Begleitpersonen ermittelt werden.

Und jetzt ist der springende Punkt folgender: Da wird immer argumentiert, das sind wichtige Punkte, damit man in diesem Fall weiß, wo sich die Personen aufhalten. Ich frage Sie aber: Warum ist im Gesetz keine Verständigungspflicht der Betroffenen vorge­sehen? Wenn die Personen geortet und gefunden wurden, warum informiert man sie nachher nicht, dass ihre Standortdaten abgerufen worden sind? Das ist ja der klassische Rechtsschutz, damit der Betroffene feststellen kann, ob das Gesetz missbraucht wird oder nicht. All das kennt das Gesetz nicht.

Und das ist kein Einzelfall. Bei sämtlichen Überwachungsmaßnahmen fehlen die Rechtsschutzmöglichkeiten und die Verständigungspflichten. Ich erinnere an den Tierschützerfall, wo auch verdeckte Ermittler eingesetzt wurden. Die Betroffenen sind nicht informiert worden. Die haben das nie erfahren, geschweige denn die Recht­mäßigkeit überprüfen können. Durch Zufall sind sie im Prozess draufgekommen, aber das ist nicht die Qualität eines entwickelten Rechtsstaates.

Und diese Defizite werden nicht behoben, sondern die werden mit dem Ausbau des Sicherheitspolizeigesetzes verschärft, weil es immer mehr Möglichkeiten gibt, aber der Rechtsschutz bei diesem Gesetz nicht erweitert wird.

Der wichtigste Punkt in diesem Gesetz, wenn die erweiterte Gefahrenerforschung aus­gebaut wird, ist die Frage: Wie wird rechtlich jene Situation betreut, in der der Betrof­fene nicht weiß, dass er überwacht wird?

Das ist bei uns wiederum völlig unterentwickelt. Da gibt es den Rechtsschutz­beauf­tragten, der schon einmal das Defizit hat, dass er institutionell am Innenministerium angebunden ist. Da braucht man in Wirklichkeit ein viel zeitgemäßeres Rechts­schutz­regime.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 127

Daher stellen wir auch einen Entschließungsantrag, wenn dieses Gesetz schon verschärft wird, was wir ablehnen, dass zumindest der Rechtsschutz im Sicherheits­polizeigesetz ausgebaut wird.

Unser Vorschlag ist: Dort, wo es eine verdeckte Ermittlung gibt – und das fordert auch unser Antrag –, soll es in Zukunft auch eine Verdeckte Verteidigung geben.

Was heißt das? – In all den Fällen, wo Überwachungsmaßnahmen nach dem Sicher­heitspolizeigesetz vorgesehen sind, sollten Rechtsanwälte, die von Amts wegen bestellt werden, bei Abwesenheit des Betroffenen dessen Rechte wahren. Das heißt, wenn es einen Antrag gibt, dann soll der Rechtsanwalt Einspruchs- und Berufungsmöglichkeiten für den Betroffenen geltend machen.

Zweiter Punkt. Es braucht eine richterliche Kontrolle, nicht einen Rechtsschutz­beauf­tragten, der Ja oder Nein sagt – der sagt sowieso immer Ja –, sondern es braucht eine richterliche Kontrolle, eine richterliche Genehmigung.

Und wir haben den Vorteil, dass wir jetzt im Verfassungsbereich die Verwal­tungsge­richts­barkeit ausbauen, indem wir Landesverwaltungsgerichtshöfe schaffen. Warum implementieren wir die nicht so, dass wir bei Überwachungsmaßnahmen nach dem Sicherheitspolizeigesetz verpflichtend die Zustimmung der Landesverwaltungsgerichts­senate vorsehen? – Dann hätten wir eine umfassende Vertretung durch einen Anwalt bei Abwesenheit des Betroffenen plus eine richterliche Genehmigung.

Das Wichtigste wäre die Verständigung des Betroffenen nach Beendigung der Über­wachungsmaßnahmen, die nicht durchgehend vorgesehen ist, damit der Betroffene zumindest ex post, also nachher überprüfen kann, ob die Überwachung rechtmäßig war.

All das sehen Sie nicht. Interessanterweise hat BVT-Chef Gridling beim Hearing im Innenausschuss ausgesagt, er wehrt sich nicht gegen mehr Kontrolle, an ihm soll es nicht scheitern. – Das greifen Sie aber nicht auf. Es ist eine Einbahn in eine Richtung. Es gibt ständig mehr Überwachung, aber der Rechtsschutz entwickelt sich nicht mit.

Daher lehnen wir dieses Gesetz ab. Sie können es nicht begründen, Sie können es nicht argumentieren. (Heiterkeit des Abg. Rädler.) – Sie lachen.

Kollege Kößl hat lauter Beispiele gebracht, die nicht tauglich sind. Der Fall in Lüttich war völlig unauffällig. Das war zwar dramatisch. Das war dieser Fall, wo an der ... (Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht! !) – Nein, der war völlig unauffällig, meine Damen und Herren.

Und das ist der entscheidende Punkt. Sie wollen das Gesetz ausbauen, haben keine Argumente dafür und erweitern den Rechtsschutz nicht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und wurde in seinen wesentlichen Kernpunkten erläutert. Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wurde er bereits an alle Abgeordneten im Saal verteilt und steht sohin mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Verdeckten Verteidigung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 128

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für innere Ange­legenheiten über die Regierungsvorlage (1520  d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (SPG-Novelle 2011) (1657 d.B.)

Begründung

Die vorliegende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz gestattet die weitgehende Überwachung von Einzelpersonen ohne richterliche Kontrolle. Der einzelne Bürger kann damit durch unbedachte Äußerungen zum potentiellen Überwachungsobjekt werden. Observation (auch mit Peilsender) oder der Einsatz verdeckter Ermittler mit Ton- und Bildaufnahmegeräten (kleiner Lausch-/Spähangriff) sind dann auch hin­sichtlich einzelner Personen zulässige Überwachungsmethoden. Das sind für eine Demokratie weitgehende Eingriffe.

Bislang gibt es kaum Möglichkeiten sich gegen geheime Überwachungsmaßnahmen zur Wehr zu setzen. Während auf der einen Seite immer neue Überwachungs­maß­nahmen eingeführt wurden, wurde es auf der anderen Seite verabsäumt, ein tragfähiges Rechtsschutzsystem für die betroffenen BürgerInnen zu erarbeiten.

Bei Überwachungsmaßnahmen nach dem Sicherheitspolizeigesetz gibt es keine Verständigungspflicht der Betroffenen über durchgeführte Überwachung, sodass hier überhaupt jede nachträgliche Überprüfung unmöglich ist.

Noch bedeutender ist allerdings der Rechtschutz vor und während einer aufrechten geheimen Überwachung. Dafür wurden in Österreich die sogenannten Rechtsschutz­beauftragen eingeführt. Diese System weißt aber schwere Rechtsschutzdefizit auf:

Der Rechtschutzbeauftragte ist nicht bei allen, sondern nur bei ausgewählten Über­wachungsmaßnahmen kontrollbefugt.

Angesichts seiner immer breiter werdenden Aufgabenbereiche scheint das Büro des Rechtsschutzbeauftragten zumindest in der Außenwahrnehmung unterbesetzt.

Der Rechtschutzbeauftrage ist institutionell am Innenministerium angegliedert. Er ist zwar weisungsfrei, wird aber vom Innenministerium bestellt.

Beim Rechtsschutzbeauftragten kommt es zur Vermischung von Zustimmungsrechten und der Wahrnehmung von Rechten der Betroffenen. Die Rolle des "Anwalts" und "Richters" sind vermischt.

Auch BVT-Chef Gridling hat im Hearing zum Sicherheitspolizeigesetz im Innen­ausschuss des Parlaments am 1. Dezember 2011 zugestanden, dass er gegen die Verbesserung des Rechtsschutzes nichts einzuwenden hätte.

Gem § 270 ABGB ist für Abwesende ein Kurator zu bestellen, der für die Wahrung der Rechte Sorge zu tragen hat, wenn es ansonsten keine Möglichkeit gibt, die es dem Abwesenden ermöglichen, seine Interessen selbst zu vertreten. Diese Aufgabe über­nimmt in der Regel ein Rechtsanwalt.

Die Situation der Abwesenden im Zivilrecht ist mit der von einer heimlichen Über­wachung Betroffenen im Strafrecht vergleichbar. Auch Letzteren fehlt mangels Kennt­nis der Überwachung, jegliche Möglichkeit, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Die Idee ist es deshalb, das Prinzip des Abwesenheitskurators auch auf diese Betroffenen anzuwenden. Darüber hinaus sollen die Überwachungsmaßnahmen einer richterlichen Genehmigung und einer nachträglichen Verständigung unterzogen werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 129

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehebaldigst eine Regierungs­vorlage vorzulegen, die die Umsetzung der folgenden Maßnahmen zur Verbesserung des Rechtsschutzes im Sicherheitspolizeigesetz beinhaltet:

Der Rechtsschutz im SPG soll künftig nach drei Prinzipien organisiert werden:

Verdeckte Verteidigung durch einen Anwalt bei Abwesenheit des Betroffenen

Richterliche Entscheidung

Verständigung der Betroffenen nach Beendigung der Überwachung

Dem Zivilrechtsprinzip des § 270 ABGB folgend, wonach für Abwesende ein Kurator zu bestellen ist, der für die Wahrung der Rechte Sorge zu tragen hat, wenn es ansonsten keine Möglichkeit gibt, die es dem Abwesenden ermöglichen, seine Interessen selbst zu vertreten, sollen auch im Bereich des Sicherheitspolizeigesetzes Rechtsanwälte die Rechte eines von einer heimlichen Überwachung betroffenen wahrnehmen.

Die zu bestellenden Rechtsanwälte hätten die Möglichkeit, Beschwerde- und Ein­spruchsrechte des Betroffenen in einem Verfahrensstadium wahrzunehmen, in welchem bis auf die beauftragende Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden und dem Verteidiger niemand über das Verfahren informiert ist („Verdeckte Verteidigung“). Diese Verdeckte Verteidigung soll als Gegengewicht zu den Formen der heimlichen (verdeckten) Ermittlung gesehen werden. Nach vollständiger Umsetzung des Systems der Verdeckten Verteidigung soll es das bisherige Rechtsschutzsystem, des Rechts­schutzbeauftragten des Innenministeriums, ersetzen.

Das System der verdeckten Verteidigung soll in das System der eben in Entstehung begriffenen Verwaltungsgerichte integriert werden und eine richterliche Entscheidung sicherstellen. Im Bereich der Sicherheitspolizei sollen die künftigen Verwaltungs­gerichte der Länder über die Rechtsmittel der verdeckten Verteidiger entscheiden. Schluss­endlich soll nach Verständigung des Betroffenen auch der Rechtsweg zum Verfassungs- und allenfalls zum Verwaltungsgerichtshof offen stehen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.44

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht sollte man auch den Zuhörerinnen und Zuhörern am Anfang mitteilen, dass trotz aller berechtigter Kritik, die heute gekommen ist, für mich teilweise unverständlich, auch festzuhalten ist, dass das, was letztendlich heute beschlossen werden soll, fast nicht mehr erkennbar ist und mit dem, was als Regierungsvorlage eingebracht worden ist, nicht mehr übereinstimmt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das stimmt doch nicht! Das ist nicht wahr! 21/3! Es ist überhaupt nichts geändert worden!)

Das ist richtig, Herr Abgeordneter Westenthaler, wir haben sehr viele Aspekte einge­arbeitet und haben es uns gerade in dieser sehr essentiellen und wichtigen Frage, die wir heute auch aufwerfen, überhaupt nicht leicht gemacht. Im Gegenteil! Es sind all diese Dinge, die in das Begutachtungsverfahren eingeflossen sind, auch in hohem Maße berücksichtigt worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 130

Einige sind natürlich nicht berücksichtigt worden, denn wenn man ein Sicherheits­polizeigesetz verändert, dann muss klar sein, dass es auch Eingriffe geben wird.

Wir dürfen aber nicht vergessen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass bis zum Jahr 1993 die Exekutive diese wichtige, aber auch sehr schwierige und komplizierte Vorfeldarbeit immer nur auf Überleitungsbestimmungen aufgebaut hat, auf verfassungsrechtlichen Überleitungsbestimmungen, die 50 oder 60 Jahre alt waren, und kein Regulativ dafür gehabt hat, wie die polizeiliche Arbeit organisiert und strukturiert werden kann. Daher ist es 1993 zum Sicherheitspolizeigesetz gekommen.

Aber letztendlich muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass gerade das Sicher­heitspolizeigesetz ein Gesetz ist, das in hohem Maße den Wandel der Gesellschaft und der Kriminalität widerspiegelt und deshalb auch sehr oft verändert und evaluiert werden muss, denn es muss den Gegebenheiten Rechnung getragen werden.

Man merkt das einfach bei den vielen Novellierungen, meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, weil wir auch unsere Verantwortung dahin gehend wahrnehmen sollen, den Bürgerinnen und Bürgern nicht Angst zu machen, dass sie aufgrund eines derartigen Gesetzes bespitzelt werden oder noch irgendetwas anderes passiert, sondern ihnen klar zu machen, dass dieses Gesetz geschaffen wird, um sie zu schützen. Und das ist für das Parlament und auch für uns eine sehr wesentliche Aufgabe. Wir sind gefordert, das hier auch entsprechend zu beschließen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht hier nicht um Stammtischreden, es geht hier nicht um – das war zum Beispiel im Begutachtungsverfahren ein Thema – die Einschränkung der Redaktionsarbeit der einzelnen Zeitungen, sondern es geht letztlich darum, dieser weitreichenden Facette und Weiterentwicklung der Dimension des internationalen Terrorismus auch Paroli bieten zu können.

Ich stimme mit dem Abgeordneten Steinhauser überein, der sagt, man wird gewisse Fälle nicht verhindern können. – Ja, das ist richtig, man wird sie nicht verhindern können. Aber in vielen und auch wesentlichen Bereichen ist die Vorfeldarbeit sehr wichtig, um solche Fälle zu verhindern. Und das wird auch gelingen.

Ich darf gerade an den Fall Franz Fuchs erinnern. Franz Fuchs war so ein spezieller Fall, wo es damals, als es um die Rasterfahndung ging, große Diskussionen gegeben hat und die wenigsten wahrscheinlich nach dem damaligen Stand gerne einer Rasterfahndung zugestimmt hätten. Aber letztendlich ist es mit der Rasterfahndung auch gelungen, den Täter Franz Fuchs dingfest zu machen.

Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben darauf geachtet, auch zuletzt noch mit den Ausschussfeststellungen, wirklich in allen Bereichen nachzu­bessern, wo es wichtig war, und dafür Sorge zu tragen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger keine Sorgen machen müssen.

Und gerade der Rechtsschutzbeauftrage des Innenministeriums ist ein Thema, das immer wieder angesprochen wird. Auch da gebe ich noch einmal zu bedenken: Das ist eine Instanz, die im Unterausschuss über diese Ermittlungsmaßnahme detailliert zu berichten hat. Damit ist parlamentarische Kontrolle gegeben. Damit ist sichergestellt, dass auch das Parlament, das Hohe Haus in Kenntnis gesetzt wird und dass wir entsprechend handeln werden, wenn wir die Meinung vertreten, dass eben nicht ordnungsgemäß gehandelt wurde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 131

Daher darf ich noch einmal darum bitten, das zu überdenken, und auch noch einmal Ihre Zustimmung einfordern. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.47.18

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege von der SPÖ, Herr Bürgermeister! (Abg. Fazekas: Fazekas!) – Ich weiß eh, ich spreche Sie ja mit dem Amtstitel an.

Herr Bürgermeister Fazekas, Sie können es noch so oft wiederholen und sagen, es hat sich vom Beginn bis zum Ende so viel verändert, es wurde so viel entschärft. (Abg. Fazekas: Ist das richtig oder nicht?) – Ich habe es da. Ich zeige es Ihnen gerne noch einmal. Ich habe hier den Ministerialentwurf, dann die Regierungsvorlage und zuletzt den zu beschließenden Ausschussbericht. (Der Redner hält die genannten Unterlagen in die Höhe.) In allen drei Unterlagen ist dieser berühmte § 21 Abs. 3 völlig unver­ändert. Da haben Sie überhaupt nichts geändert!

Und das ist der zentrale Punkt der Kritik. Das ist der zentrale Punkt der Kritik! (Zwi­schenruf des Abg. Fazekas.) Dieser Paragraph macht es nämlich möglich, dass Menschen, die nicht einmal eine Straftat im Sinn haben, sondern sich nur auffällig bewegen, vielleicht auch eine politische, religiös bedingte Äußerung machen, dass diese Menschen, wenn es darauf ankommt, ins Fadenkreuz der Ermittler kommen können. Und das lehnen wir ab, Herr Abgeordneter. (Beifall beim BZÖ.)

Das betrifft eh immer die Gleichen. Das betrifft eben nichtstromlinienförmige Menschen in diesem Land, Oppositionelle, Journalisten, Menschen, die sich vielleicht gegen die Politik der Regierung aussprechen. Die sind relativ rasch in dieser sogenannten erweiterten Gefahrenforschung.

Das ist ja recht interessant. Das wird so harmlos „erweiterte Gefahrenforschung“ genannt. Aber was sich dahinter verbirgt, welche Fratze des Überwachungsstaates und der staatlich legitimierten Spitzelei, das wird ja nicht dazugesagt.

Was ist denn diese erweiterte Gefahrenforschung? – Observierung, Handy-Über­wachung, Analyse und Auswertung personenbezogener Daten bis hin auch letztlich zu besonderen Ermittlungsmethoden. Und das alles künftig ohne jegliche richterliche Genehmigung. Es braucht keine richterliche Genehmigung mehr. (Abg. Grosz: Das ist ein Irrsinn!)

Wenn einem Ermittler die Nase vom Gerald Grosz nicht gefällt und er meint, der habe einmal irgendetwas gesagt, dann darf er diese Ermittlungsschritte setzen. – Und das kann nicht sein. Das ist gegen den Rechtsstaat, das ist eine Aushöhlung der Bürgerrechte, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das kann es nicht sein, Sie machen hier Tür und Tor auf. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Kößl, Sie stellen sich hier heraus und werfen der Opposition vor – was haben Sie gesagt? –, das wäre eine hysterische Darstellung, die wir hier machen.

Nicht wir, Herr Kollege Kößl! Es hat ein Hearing hier im Parlament gegeben, wo durch die Bank alle Experten massive Kritik geübt haben, ganz massive Kritik geübt haben. Es gibt Stellungnahmen der Bundesarbeitskammer. (Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 132

Wissen Sie, was die Bundesarbeitskammer gesagt hat? – Dass die Grundsätze eines liberalen Rechtsstaates mit dieser Gesetzesvorlage in Gefahr sind. (Abg. Fazekas: Das ist abgeändert worden!) Die Rechtsanwaltskammer warnt. Die Journalisten warnen.

Darf ich Ihnen das zitieren, was etwa die Bundesarbeitskammer sagt? – Und das ist nicht abgeändert worden, die steht bis heute dazu. – Die Bundesarbeitskammer sagt in ihrer Stellungnahme:

„Die vorgeschlagene Regelung“ – und sie bezieht sich ganz genau auf § 21 Abs. 3 – „würde sich daher gegen Einzelpersonen richten, die in irgendeiner Weise ,auffällig‘ geworden sind, ohne sich aber ,kriminell‘ zu betätigen. Die Bestimmungen könnten so ausgelegt werden, dass bereits ,harmlose‘ Äußerungen die erweiterte Gefahrenfor­schung rechtfertigen.“

Ich sage Ihnen etwas: Wenn irgendein Bürger, irgendeiner, der eine Wut auf diese Regierung hat, und zwar zu Recht, an seinem Stammtisch im Wirtshaus sitzt und dort sagt, ich bin eigentlich der Meinung, dieser Bundeskanzler gehört endlich weg – Klammer auf: denkt sich dabei, durch demokratische Wahlen, sagt es aber nicht dazu –, dann wäre er bereits ein Fall für die erweiterte Gefahrenforschung, kann observiert werden, das Handy kann abgehört werden, er kann bespitzelt werden. Das ist doch ein Skandal, den Sie hier heute beschließen! Das hat mit Demokratie nichts zu tun. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

Nicht wir, die Opposition allein, auch die Journalisten sagen das. Ich kann Ihnen tonnenweise Kritik von Journalisten zitieren, etwa der Journalistengewerkschaft, die natürlich hier in die Ziehung kommt, weil ja nicht nur Menschen, die sich öffentlich kritisch äußern, vielleicht aufgrund irgendeiner Äußerung Gefahr laufen kriminalisiert zu werden, sondern es geht im 2. Absatz – und das ist ja besonders perfide – auch darum, dass jemand Opfer von erweiterter Gefahrenforschung werden kann, der sich schriftlich oder über Computer auch nur Informationen darüber beschafft.

Das sind alle Journalisten in diesem Land. Alle Journalisten werden kriminalisiert. Daher sagt auch der Vorsitzende der Journalistengewerkschaft im „Standard“ am 27. Jänner – so lange ist das noch nicht her – ganz klar:

„Die ins Auge gefassten Änderungen treffen unseren Berufsstand ins Mark.“ – Den Berufsstand der Journalisten.

Ich zitiere weiter – Bauer sagt –:

„,Es liegt in der Natur des Journalistenberufs, sich beim Recherchieren, etwa über politisch radikale Gruppen, gegebenenfalls auch über Strafbares in Kenntnis zu setzen. Das tut man als Einzelperson – und könnte laut SPG-Novelle, ins Fadenkreuz des Verfassungsschutzes geraten.‘ – mit Observierungsmaßnahmen 

Die Gefahr der Einschränkung journalistischer Freiheit“ ist durch diese Novelle gege­ben. „Diese Novelle schürt ein Klima der Furcht“, sagen auch „Reporter ohne Grenzen“, sagen Journalistengruppen.

Wenn Sie schon uns nicht glauben, dann nehmen Sie diese Menschen wahr, die um ihre Arbeit in diesem Land fürchten und sich nicht mehr trauen, Dinge aufzudecken. Das ist nämlich auch eine Auswirkung dieses Gesetzes, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 133

Und deswegen bin ich schon auch der Meinung, dass man sich gegen diese Ein­schränkung der Bürgerrechte, gegen diesen Verstoß gegen Grundsätze des liberalen Rechtsstaates und gegen diesen Eingriff in Persönlichkeitsrechte massiv, ganz massiv zur Wehr setzen wird müssen. Ich bin sehr froh, dass unter diesem Tages­ordnungspunkt auch der Antrag des BZÖ, nämlich des Kollegen Bucher, mit verhandelt wird.

Frau Ministerin, ich appelliere vor dem Hintergrund der Beschlüsse der letzten Monate dringend an Sie – der Herr Kollege Vilimsky hat sie aufgezählt: von der Daten­erfassung bis zur heutigen SPG-Novelle, bis hin zu den Flugdaten et cetera –: Bitte, Frau Ministerin, nehmen Sie unseren Antrag ernst und berufen Sie endlich einen Gipfel ein, der über die Aufweichung der Bürgerrechte in diesem Land befindet! Nur Ihre selbsternannten Experten sagen immer, alles ist in Ordnung.

Ich sage Ihnen etwas: Da zähle ich auch Ihren Rechtsschutzbeauftragten dazu. Das ist ja wohl ein Witz, was der aufführt. Der ist vom Innenministerium abhängig und muss jetzt als sakrosankte Institution zur Kontrolle herhalten. (Abg. Kößl: Das stimmt ja nicht! Sie sagen absichtlich die Unwahrheit!) Wissen Sie, wie der begründet hat, dass man künftig Handys ohne richterliche Genehmigung, einfach nur so, abhören darf? Wissen Sie, wie der das begründet hat? Der hat gesagt, wir müssen das so machen, denn damit können wir Begleiter von suizidgefährdeten Personen ausfindig machen und somit Suizide verhindern.

Dann haben wir Sie im Hearing gefragt: Frau Ministerin, erörtern Sie einmal, wie viele suizidgefährdete Menschen oder Menschen, die dann tatsächlich Selbstmord begehen, haben eigentlich Begleiter!? Wer begleitet jemanden in den Suizid? Wie oft kommt denn das vor? Und dann sind wir draufgekommen, dass es in den letzten Jahren einen einzigen Fall gegeben hat. Einen einzigen Fall! Und aufgrund dieses einzigen Falles kommt der Herr Rechtsschutzbeauftragte daher und will eine derart umfassende SPG-Änderung, dass künftig jedes Handy, egal, welches, überwacht werden darf? Das ist doch nicht maßvoll, Frau Ministerin. Da müssen Sie doch zugestehen, dass das überschießend, überbordend, daher auch nicht richtig und auch nicht zu verantworten ist. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie der Abgeordneten Ing. Lugar und Tadler.)

Ich appelliere an Sie, sehr rasch die Diskussion um die Bürgerrechte in diesem Land aufzunehmen und eine wirklich breite Diskussion mittels einer Enquete, was auch immer, mittels eines Gipfels durchzuführen, damit wir nicht in die Gefahr kommen, dass wir künftig tatsächlich diesen staatlich legitimierten Überwachungsstaat auch noch pardonieren und ihn verteidigen. (Abg. Grosz: Das ist wie beim Metternich!)

Wir werden jedenfalls, soweit wir können, diese Methode der Bespitzelung massiv bekämpfen. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Tadler.)

14.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Maier. (Abg. Mag. Johann Maier – auf dem Weg zum Rednerpult –: Tatsächliche Berichtigung!) – Zu einer tatsächlichen Berichtigung. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Dolinschek: Was ist mit der Arbeiterkammer? – Abg. Ing. Westenthaler: Er kann das nicht! Er scheitert jedes Mal!)

 


14.55.17

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner, Herr Abge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 134

ordneter Ing. Westenthaler, hat in seiner Rede behauptet, § 21 Abs. 3 wäre nicht geändert worden. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist er eh nicht!) – Diese Aussage ist nachweislich falsch. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist er geändert worden?)

Richtig ist vielmehr, dass § 21 Abs. 3 massiv geändert wurde, und zwar eingeschränkt wurde auf Straftaten, die weltanschaulich oder religiös motiviert sind. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Das ist nicht wahr!) Und das ist eine massive Änderung, Herr Abgeordneter. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war ein Redebeitrag! Das war alles andere, nur keine tatsächliche Berichtigung!)

14.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir in 4 Minuten wegen des Aufrufs des Dringlichen Antrages unterbrechen müssen. – Bitte. (Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner hat Probleme mit der Justierung des Mikrofons. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Jetzt ist alles hin!)

 


14.56.00

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute eine äußerst wichtige und sensible Materie auf der Agenda, die Vorredner haben das bereits unter Beweis gestellt, aber ich glaube, keiner von uns kann hier sagen, dass sich die Welt in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht verändert hätte und dass vor allem die moderne Technologie natürlich auch die Art von Kriminalität verändert hat. Da sich gerade die Kriminalität verändert hat, stellt das letztendlich auch für die Polizei eine neue Herausforderung dar – eine neue Herausforderung, wo wir einfach Antworten brauchen. Daher ist es wichtig und notwendig, die Novellierung dieses Sicherheitspolizeigesetzes vorzu­nehmen.

In aller Kürze machen, um hier auch mit der Redezeit auszukommen. Mir ist es im Speziellen wichtig, vor allem dafür Sorge zu tragen, unseren Sicherheitsbehörden jene Instrumentarien zur Hand zu geben, die sie letztendlich auch brauchen, um nicht nur Kriminalität aufklären, sondern vor allem auch terroristische Gefahren abwenden zu können. Aber selbstverständlich ist es mir im gleichen Ausmaß wichtig, den Daten­schutz hochzuhalten, weiterhin die Privatsphäre zu garantieren und vor allem auch die Bevölkerung vor terroristischen Gefahren zu schützen.

Bei all den Instrumentarien, die wir eingeführt haben – ich erinnere an die Erweiterte Gefahrenforschung für Einzeltäter, weil in den letzten Jahren der Trend einfach zeigt, dass die Zahl der Einzeltäter zunimmt, oder an die Datenverschneidung, die einfach wichtig und notwendig ist –, spielt der Rechtsschutzbeauftragte eine ganz wichtige Rolle, weil er nämlich das Okay zur Erweiterten Gefahrenforschung geben muss, weil er bei einer Datenüberschneidung auch informiert werden muss und eine Frist von drei Tagen eingeräumt bekommt. Das heißt, der Rechtsschutzbeauftragte, der unabhängig und weisungsfrei ist, spielt hier eine ganz wichtige und entscheidende Rolle.

Sie alle wissen auch, dass in der Verfassung festgeschrieben ist, dass wir einen Rechtsschutzbeauftragten brauchen, dass wir damit keinen Richter beauftragen können. Und selbstverständlich ist der Rechtsschutzbeauftragte auch immer dazu ver­pflichtet, einen Tätigkeitsbericht zu legen. Das wird letztlich auch Jahr für Jahr regel­mäßig getan. Tun wir nicht so, als ob diese Novellierung überbordend wäre, als ob sie irgendwie weit überzogen wäre! Nein, diese Novellierung ist in keiner Weise über­zogen. Es handelt sich hier in keiner Weise um Lausbubenstreiche, es handelt sich


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darum, terroristische Gefahren abzuwenden, es geht letztlich darum, die Bevölkerung zu schützen. (Abg. Mag. Stefan: Wo steht das?)

Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich, diese Kritik heute ist mir wesentlich lieber, als wenn unsere Polizei einen Angriff nicht verhindern könnte und wir zig Tote hätten. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über diesen Tagesordnungspunkt, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

14.59.50Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Genug gezahlt – ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“ (1839/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 1839/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

„Sprit-Preis bald 2 Euro

Steuerrekorde an der Tankstelle

Bei den Spritpreisen zahlen die Autofahrer Rekordpreise und die Mineralölfirmen schrei­ben Rekordgewinne.“

Solche und ähnlich unerfreuliche Schlagzeilen und Aussagen verfolgen die leid­geprüften Autofahrer in Österreich mit wechselnder Intensität seit Jahren. Denn die Treibstoffpreise an den Zapfsäulen der heimischen Tankstellen explodieren. Jede Woche wird der Rekordpreis der vergangenen Woche neuerlich in den Schatten gestellt. Jede noch so kleine Unsicherheit in der Weltpolitik sowie jede kleine Auf­wärts­bewegung an den internationalen Treibstoffbörsen wird an den heimischen Tankstellen schon Stunden später in klingende Münze umgewandelt. Preissenkungen hingegen werden nie oder mit großer Verspätung und in viel zu geringem Ausmaß an die Konsumenten weitergegeben.

Der Plafond für die Steuern und Abgaben in Österreich ist erreicht!

Besonders betroffen vom falschen Spiel der Bundesregierung sind die Pendler und all jene, die im Beruf auf das Auto angewiesen sind.

In dieser Situation erwarten sich die Bürgerinnen und Bürger von einer verant­wortungsvollen Bundesregierung eine aktive Politik der Gegensteuerung und Entlas­tung.


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Allerdings schweigt die Bundesregierung dazu, da sie wie die OMV durch ständig steigende Gewinne über die Dividende und zusätzliche Mehrwertsteuereinnahmen am Ende sogar noch heftig mitschneidet.

Unter dem Motto: „Her mit dem Zaster“ wird die Bevölkerung nicht nur im Regen stehen gelassen, sondern sogar noch zusätzlich mittels überhöhter Mineralölsteuer zur Kasse gebeten.

Sie ignoriert damit seit Jahren beharrlich die Notwendigkeit, endlich effiziente Maßnahmen zur Senkung der nahezu täglich steigenden Treibstoffpreise zu setzen.

Die unglaubliche Steuerbelastung der Treibstoffe in Österreich:

DIESEL                                                                SUPER

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Quelle: ÖAMTC

Mineralölsteuer erhöht! Kilometergeld seit Jahren unverändert! Öffentlicher Verkehr immer teurer!

Anstatt sich durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen schützend vor die Öster­reicherinnen und Österreicher zu stellen und tatsächlich für sinkende Treibstoffpreise zu sorgen, hat diese Bundesregierung in einem beispiellosen Belastungsreigen dafür gesorgt, dass die Benützung eines Kraftfahrzeuges immer teurer und für viele bald unleistbar geworden ist.

Dies hat mittlerweile dazu geführt, dass die Kosten für den Autofahrer in den letzten Jahren weit höher gestiegen sind als die allgemeine Teuerung.

Während seit 2000 die allgemeine Teuerung laut VPI um fast 25 % stieg, sind die Autokosten laut ÖAMTC um satte 30 % gestiegen!

Wer glaubt, dass zeitgleich wenigstens die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel güns­ti­ger geworden wäre, der irrt gewaltig! Genau das Gegenteil ist passiert. Die Kosten für ein Tagesticket im öffentlichen Nahverkehr sind im Vergleichszeitraum sogar um 33 %, jene für Dauerkarten gar um 38 % gestiegen.

Darüber hinaus hat sich die Erhöhung der Mineralölsteuer, die in den letzten fünf Jahren gleich zweimal angehoben wurde, massiv preistreibend auf die Spritpreise ausgewirkt. Dazu kommt, dass die systemwidrige Absurdität einer "Steuer auf die Steuer" - in diesem Fall die auf die Mineralölsteuer entfallende Umsatzsteuer - eine weitere enorme Belastung für die Autofahrer darstellt. Allein bei Verzicht auf die Einnahmen aus der Umsatzsteuer auf die Mineralölsteuer würde der Preis auf Diesel je Liter schlagartig um rund 8 Cent und bei Benzin je Liter um rund 10 Cent sinken.


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Zur „Abfederung“ blieb das amtliche Kilometergeld selbstredend seit 2008 unverändert und liegt weiterhin bei 0,42 Euro je Kilometer.

Dazu kommt, dass die geringfügige Anhebung der Pendlerpauschale zum einen nur als Tropfen auf den heißen Stein bezeichnet werden kann und zum anderen, so wie sie derzeit angewendet wird, sozial ungerecht ist und nach dem Motto funktioniert: Je mehr, desto mehr, d. h. wer mehr verdient, hat auch mehr vom Pauschale, während der durchschnittliche Pendler auf einem Großteil der Mehrkosten sitzen bleibt. Gerade schlechter verdienende Arbeitnehmer müssen aber oft auspendeln, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen.

OMV-Gewinne auf dem Rücken der Autofahrer!

Während somit die Autofahrer wie noch nie zur Kasse gebeten werden, macht die zu 31,5 % in öffentlichem Besitz befindliche OMV satte Gewinne. Allein im Jahr 2010 stieg der Gewinn um zwei Drittel, was seitens der OMV vor allem mit den hohen Spritpreisen erklärt wird.

Abschließend ist somit festzustellen, dass die Bundesregierung also beim Autofahrer gleich mehrfach die Hand aufhält: Einerseits bei der Mineralölsteuer, dann bei der Umsatzsteuer und nicht zuletzt durch die Dividendenzahlungen der OMV. Gerade im Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche Lage wäre es aber notwendig, dass diese Bundesregierung insbesondere im Hinblick auf Kontrolle und Transparenz der Spritpreise Stärke zeigt.

Die derzeit explodierenden Preise für Diesel und Benzin und die dargestellte Untätig­keit bzw. das Unvermögen der Bundesregierung bzw. des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend stellen somit einerseits eine außergewöhnliche Belas­tung für die Österreicherinnen und Österreicher dar und zeitigen andererseits zweifels­ohne entsprechende negative volkswirtschaftliche Auswirkungen, die sich unter ande­rem in steigenden Inflationsraten, in einer Schwächung der Binnenkonjunktur sowie sinkender Kaufkraft bemerkbar machen.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bun­desminister für Wirtschaft, Familie und Jugend gem. § 74 a GOG-NR nachstehenden

Dringlichen Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird im Hinblick auf den dramatischen Anstieg der Spritpreise ersucht, ehestmöglich jene Schritte zu setzen, bzw. dem Nationalrat beschlussreife Gesetzesentwürfe zur aktiven Senkung der Spritpreise vorzulegen, die folgende Mindestanforderungen enthalten:

1. Senkung der Mineralölsteuer - zumindest im Ausmaß der Steuererhöhung 2011 bei gleichzeitiger Abführung einer Sonderdividende durch die OMV;

2. Öffnung der Bundestankstellen, um einen positiven Wettbewerb zu erzwingen und die Aufforderung an die Länder, die Landestankstellen ebenfalls zu öffnen;

3. Einführung des „Luxemburger Modells“, d.h. einer marktorientierten Höchstpreis­regelung analog zu den Rotterdamer Börsepreisen;

4. Einführung eines kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrages mit Negativsteuer­komponente statt der Pendlerpauschale;

5. Auspreisung der Spritpreise bei den Tankstellen nur mehr auf 2 Kommastellen;


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6. EU-weite Initiative zur Untersuchung von Preisabsprachen und Kartellbildung auf internationaler Ebene.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragssteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Klubobmann Bucher als Antrag­steller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte. (Abg. Rädler: Heute noch volltanken!)

 


15.00.14

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen die Dringliche heute unter das Thema „aktuelle Treibstoff­preis­entwicklung“ stellen. Ich denke, es gibt ja niemanden in Ihrem Bekanntenkreis, der Sie nicht auf die Rekordpreisentwicklung an den Tankstellen angesprochen hat. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Man fragt sich natürlich im ganzen Land: Was kann die Politik tun? Wofür gibt es überhaupt die Politik, wenn sie bei exorbitanten Preisentwicklungen, so wie sie derzeit bei den Spritpreisen stattfinden, keine Handlungen setzt? Das ist ureigenste Aufgabe der Politik: nicht nur zu steuern im Sinne von Steuern erhöhen und neue Steuern erfinden, sondern auch die Lebensumstände der Menschen so zu steuern, dass sie ihr Leben noch in einem lebenswerten Land verbringen können, und vor allem, dass jene, die gegenwärtig von den enormen Preisentwicklungen an den Tankstellen betroffen sind, auch noch leben können.

Daher haben wir vom BZÖ diese Initiative heute gewählt, um einmal auch Ihnen ins Bewusstsein zu bringen, wie die Menschen, die tagtäglich auf das Auto angewiesen sind, wenn sie zur Arbeit fahren wollen, darüber denken. Denn ich glaube, dass viele von Rot und Schwarz das verdrängen und nicht wahrhaben wollen, was die Menschen tatsächlich empfinden und welchen Ärger sie tagtäglich empfinden, wenn sie zu einer Tankstelle fahren müssen.

Wir sagen, es ist nicht nur höchst an der Zeit, endlich einmal Maßnahmen zu setzen, sondern auch, kreativ darüber nachzudenken, ob wir das so hinnehmen wollen, was da abläuft, nämlich dass die Ölmultis immer mehr kassieren und ihre Gewinne immer mehr in die Höhe treiben. Die Zeitung „Heute“ titelt mit der Überschrift „Die Öl-Multis auf Rekordkurs“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz! Schauen Sie sich ein­mal die Traumgewinne an, die diese Ölmultis gegenwärtig verzeichnen: Shell: 30,9 Mil­liarden Dollar, eine Gewinnentwicklung nach oben mit einem Plus von 54 Prozent; Chevron: 27 Milliarden Dollar, plus 42 Prozent Gewinnentwicklung – wir reden hier nicht vom Umsatz, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern wir reden hier vom Gewinn! –, aber auch österreichische Firmen wie die OMV: bescheidene 1,4 Milliarden € Gewinn, aber auch ein Zuwachs beim Gewinn von zirka 16 Prozent.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, verstehen die Menschen in der Zwi­schenzeit nicht mehr: dass die Politik das zulässt, dass die Politik, so wie die Regierungspolitik in Österreich, sich noch dazu zum Preistreiber Nummer eins entwickelt, was den Treibstoff in unserem Land betrifft. (Beifall beim BZÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hören die Menschen dann als Argument vom zuständigen Wirtschaftsminister? Fahren Sie doch einmal ins benachbarte Ausland, nach Italien oder fahren Sie in die Bundesrepublik Deutschland! Dort zahlen sie noch mehr an den Tankstellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Ja, das ist ein großartiges Argument, Herr Finanzminister. Dann sagen Sie aber bitte auch dazu – weil sonst werden Sie nicht nur unglaubwürdig, sondern machen sich gleichzeitig auch lächerlich –, dass die Menschen in Deutschland und auch in Italien netto durchschnittlich mehr verdienen, weil die Österreicherinnen und Österreicher in einem „Nationalpark Hohe Steuern“ leben (Beifall beim BZÖ), meine sehr geehrten Damen und Herren, und eine Steuerlast von 45 Prozent zu erleiden haben! Das ist nämlich Ihre ausgefuchste ÖVP-Politik, die Sie seit 25 Jahren mitverschuldet haben, Herr Bundesminister für Wirtschaft!

Wenn Sie das genau analysieren, dann kommen Sie zu dem Schluss, dass die Öl­multis bei jeder geringsten Unsicherheit – egal wo sie stattfindet: ob das Natur­katastrophen sind, ob das Kriege sind, ob das Umstürze oder Unruhen sind oder ob das Unfälle sind – diese Zwischenfälle als Argument heranziehen, um die Preise nach oben zu bewegen. Aber dann, wenn diese Krisen beseitigt und planiert sind, gibt es keine Preisentwicklung nach unten – nein, die Preise bleiben auf diesem Niveau. (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Und was machen die Herren und Damen der Bundesregierung? – Sie setzen dann auch noch eines drauf, nämlich mit einer Mineralölsteuererhöhung wie letztes Jahr, im Jänner 2011. Das verstehen die Menschen überhaupt nicht: wie sie in Anbetracht einer enormen Preisentwicklung, einer enormen Inflation, wo sie ohnehin schon nicht mehr wissen, wie sie mit dem Geld auskommen sollen, dann auch noch das zu erleiden haben, nämlich eine weitere Versteuerung des lebensnotwendigen Treibstoffes, weil ja viele nicht anders können, als mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. – Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Das ist eine unmoralische und eine unseriöse Vorgehensweise und keine verantwortungsvolle Vorgehensweise. (Beifall beim BZÖ.)

Dahinter steht natürlich auch der Verdacht, dass die Ölmultis all diese Situationen ausnutzen, um auch untereinander wahrscheinlich eine Preisabsprache zu machen. Dieser Vorwurf kommt nicht von mir, Herr Bundesminister. Schauen Sie einmal ganz locker in die linken Reihen Ihres Koalitionspartners: Die Arbeiterkammer vermutet das! Wo sind denn die Arbeiterkämmerer? Herr Maier, heute möchte ich von dir etwas hier heraußen hören! (Abg. Mag. Johann Maier – einen Zettel in die Höhe haltend –: Ich habe es da!) Die Arbeiterkammer sagt doch, die Vermutung liegt nahe, dass die Ölkonzerne untereinander ein Kartell bilden, dass es Preisabsprachen gibt. (Abg. Grosz: Wo ist die Bundeswettbewerbsbehörde?)

Jetzt frage ich mich, Herr Maier und Herr Bundesminister, warum macht die Bundes­regierung nichts dagegen? Warum macht Ihr Koalitionspartner, die SPÖ, nichts dagegen? Denn wenn die Arbeiterkammer hier einen Verdacht in die Welt setzt und auch die europäische Initiative davon ausgeht, dass hier Preisabsprachen im Gange sind, dann fragen wir uns, warum nichts geschieht, warum hier keine Initiativen vonseiten der Bundesregierung gesetzt werden, um dem ein Ende zu setzen. Das Einzige, das der Herr Bundesminister für Wirtschaft, der Herr Mitterlehner hinter mir, sagt, ist – wörtlich –: „Amtlich“ ist das Ganze „nicht steuerbar“. (Abg. Dr. Strutz: Stimmt ja nicht! Stimmt nicht!) Das ist das Einzige, das Ihnen zu diesem Vorwurf einfällt: Sie sind quasi machtlos.

Dann fragen sich auch sehr viele Folgendes: Wenn die Politik schon so machtlos ist, wofür haben sie dann diese Politik und diese Regierungspolitiker in ihren Funktionen,


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wenn sie in solchen Situationen, wo es um die Existenz vieler Menschen und Familien in unserem Land geht, keine Maßnahmen setzen können? Aber Sie verschlimmern das auch noch zusehends, indem Sie die Mineralölsteuer anheben und damit vor allem die Pendler und die Autofahrer insgesamt schröpfen. (Abg. Dolinschek: ... gleich, das Kilometergeld auch!)

Allein beim Diesel: Schauen Sie sich den Dieselpreis an! Auf dem Dieselpreis sind 29 Prozent Mineralölsteuer drauf. Dann kommt ja das österreichische Unikat dazu – das gibt es ja auch nirgendwo sonst: die Steuer auf die Steuer –, dann kommt nämlich auf die Mineralölsteuer noch die Umsatzsteuer drauf, die macht noch einmal 17 Pro­zent aus, sodass allein beim Diesel 46 Prozent Steuern drauf sind. Das kassiert die Frau Finanzministerin.

Beim Super: 34 Prozent Mineralölsteuer plus 17 Prozent Mehrwertsteuer, damit sind wir schon bei über 50 Prozent, nämlich bei 51 Prozent reiner Steuerlast.

Diese Abzocke wollen wir jetzt einmal thematisieren, weil ja nicht nur allein die Mineral­ölfirmen dafür verantwortlich gemacht werden dürfen, dass die Preise sich so exorbitant nach oben entwickeln, sondern weil Preistreiber Nummer eins natürlich die Bundesregierung ist. Warum? Weil sich, wenn Sie die Mineralölsteuer nach oben bewegen, natürlich die Zapfsäulenpreise noch stärker verteuern. Klar, weil man das als Argument heranzieht, um dann noch eines draufzuschlagen, und daher kommt am Ende auch diese enorme Verteuerung heraus.

Gerade in Zeiten hoher Inflation mache ich Ihnen das zum Vorwurf, weil beispielsweise nach dem Verbraucherpreisindex festzustellen ist, dass seit dem Jahr 2000 die Teuerung 25 Prozent ausmacht – seit 2000 haben sich die Lebenshaltungskosten der Menschen um 25 Prozent verteuert! –, während die Autokosten, und das sind nicht unsere Zahlen, sondern das sind die Zahlen des schwarzen ÖAMTC (Abg. Klikovits: Genau! Das heißt, nicht schwarz, er denkt richtig!) – für irgendetwas muss der ÖAMTC auch gut sein, denn er kostet auch eine Menge Geld –, seit dem Jahr 2000 um 30 Prozent gestiegen sind. Das heißt, dass man das auch mit in Ihr Kalkül und Ihre Überlegungen einbeziehen muss, wenn Sie da dauernd die Steuerschraube bedienen.

Eine Information gebe ich Ihnen auch noch mit, Herr Wirtschaftsminister, weil ja gleichzeitig immer argumentiert wird, die Bundesregierung investiert alternativ in die öffentlichen Verkehrsmittel, damit der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver wird. Der Nahverkehr hat sich um 33 Prozent verteuert, Dauerkarten für öffentliche Ver­kehrsmittel haben sich um 38 Prozent verteuert. Das heißt, alles hat sich verteuert für die Menschen! Es gibt letztendlich für viele Menschen keine Alternativen, gerade im ländlichen Raum, indem sie auf das Auto verzichten und anders den Weg in die Arbeit finden.

Diese Regierung profitiert ja nicht nur aufgrund der Steuern – der Mineralölsteuer und der Mehrwertsteuer –, sondern sie profitiert ja noch ein drittes Mal, nämlich über die Gewinne und Dividenden der OMV. Das heißt, die Bundesregierung hält überall das Händchen auf, um den Autofahrer zu schröpfen und den Menschen in unserem Land das Leben so teuer wie möglich zu machen, und das kritisieren wir vom BZÖ. (Beifall beim BZÖ.)

Daher lege ich Ihnen einmal auch ein paar Vorschläge vor. Diese sollen Sie dann in Ihrem Verantwortungsbereich mit den Betroffenen diskutieren und nicht nur Kaffee­kränzchen veranstalten, wo Sie die Ölmultis einladen und mit ihnen einen schönen Nachmittag verplaudern, sondern Sie sollten mit ihnen einmal konstruktive Verän­derungen diskutieren und darüber nachdenken, was man tun kann, damit der Wett­bewerb nach unten stattfindet, was die Preisentwicklung betrifft, und nicht nach oben, so wie das in den letzten Monaten und Jahren angesteuert wurde.


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Wir fordern mit unserem BZÖ-Forderungspaket, das sich letztendlich in diesem Dring­lichen Antrag wiederfindet, eine Zurücknahme der letzten Mineralölsteuererhöhung, gerade in Anbetracht der enormen Verteuerungen, die jetzt aufgrund dieses Belas­tungs­pakets, dieses Schröpfungspakets auf die Österreicherinnen und Österreicher niederprasseln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das wäre einmal ein Anfang, nämlich die Autofahrer zu entlasten. (Beifall beim BZÖ.)

Zweitens: Sorgen Sie für mehr Wettbewerb! Sorgen Sie endlich für mehr Wettbewerb! Das geht, und wir haben das auch gesehen. Allein die Landestankstellen oder die Öff­nung zusätzlicher Bundestankstellen sorgen dafür, dass sich die Preisentwicklung an den Zapfsäulen nach unten bewegt. (Abg. Klikovits: Es gibt keine Landestankstellen!) Na ja, wir haben eine in Friesach, in meiner Heimatstadt. Wir haben auch den güns­tigsten Treibstoffpreis in ganz Österreich. (Abg. Kopf: Und was heißt das im End­effekt? Verstaatlichung der Tankstellen?)

Und deshalb kann ich aus meinen privaten Erlebnissen berichten, weil ich ja einer bin, der im Gegensatz zu vielen anderen hier herinnen Selbsttanker ist und weil ich kein Dienstauto habe mit einem Chauffeur, weil man sich nicht mehr hineintraut in die Tankstelle. Ich gehe jedes Mal selbst tanken und weiß daher, wie hart es manchmal ist, diese Rechnungen zu bezahlen. (Beifall beim BZÖ.)

Ein dritter Vorschlag: Luxemburg zeigt uns, dass es eine Möglichkeit gibt, den Preis zu deckeln. Das Luxemburger Modell ist ein Vorzeigebeispiel dafür, wie man auch markt­orientiert den Preis stabil halten kann, indem man eine Preisspanne festlegt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, nicht staatlich verordnet, sondern indem man eine Preisspanne festlegt. Innerhalb der Preisspanne können sich dann die Preise entwickeln, aber nicht exorbitant, nicht hemmungslos nach oben, so wie Sie das gegenwärtig ansteuern. Das wäre der dritte Denkanstoß.

Viertens: eine kilometerabhängige Pendlerpauschale oder besser ein Pendler­absetz­betrag, denn viele Pendler – und das richte ich auch an die Adresse der SPÖ, die ja immer den kleinen Mann und vor allem die Arbeiterschaft vertritt –, viele kleine Einkommensbezieher haben nichts von dieser Bonifikation, weil sie sie nicht ausnutzen können. Daher wäre eine mit Negativsteuerkomponente versehene Pendlerabsetz­betragslösung die einzige Alternative.

Der fünfte Vorschlag, den wir anbringen wollen, ist eine Auspreisung der Spritpreise nur mehr mit zwei Kommastellen, der sechste eine EU-weite Unterstützung, dass Preis­absprachen zukünftig untersagt werden und dass man den Ölmultis einmal wirklich auf die Finger schaut. Denn wenn sie sich nicht beobachtet fühlen und auf europäischer Ebene kein Monitoring stattfindet, und wenn da auch die Politik nicht endlich ein Zeichen setzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann geht die Preisentwicklung in nächster Zukunft in Richtung 2 €, und das müssen wir verhindern. Das sind wir den Autofahrerinnen und Autofahrern in Österreich schuldig! (Beifall beim BZÖ.)

Warum setzen Sie nicht endlich einmal die Bundeswettbewerbsbehörde ein, Herr Bun­desminister? Und warum sorgt diese Bundeswettbewerbsbehörde nicht einmal dafür, dass diese enormen Preisunterschiede vor dem Wochenende und vor den Feiertagen oder vor den Urlauben endlich einmal ein Ende haben? Das sieht doch kein Mensch mehr ein, dass immer dann, wenn der Autofahrer das Auto braucht, sich die Preise an den Tankstellen immer weiter nach oben entwickeln. (Abg. Ing. Westenthaler: Völlig richtig!) Das sieht kein Mensch ein!

Das geht ja meistens gerade antizyklisch zu den Rohölpreisentwicklungen auf europäischer Ebene: Der Treibstoff wird auf europäischer Ebene günstiger, aber bei den Tankstellen wird er teurer. Das Fördern des Rohöls wird immer günstiger und der


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Preis an den Tankstellen immer teurer. Das versteht niemand, Herr Bundesminister, und deswegen bieten wir Ihnen heute die Gelegenheit, das den Menschen zu Hause endlich einmal zu erklären, was denn Ihr Ansinnen ist, was Sie jetzt überlegen, an Handlungen zu setzen, damit einmal Schluss ist mit dieser Abzocke, die da von den Ölmultis betrieben wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ wollen einen Beitrag leisten – einen bescheidenen Beitrag, aber immer­hin einen Beitrag, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Schmucken­schlager: Heute noch volltanken! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Wir rufen für morgen, den 1. März, zu einem Tankstellenboykott auf, zu einem Tank­stellenboykott, der ein Warnschuss sein soll gegenüber den Ölmultis, um Solidarität zu zeigen gegenüber den Menschen, die das Auto brauchen, darauf nicht verzichten können, und um wenigsten einmal ein Zeichen zu setzen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir werden diese Preisspirale und wir werden diese Preisentwicklung nach oben nicht unterbinden können (Abg. Schmuckenschlager: Heute tanken! – weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP), aber zumindest einen kleinen Beitrag, einen kämpferischen Beitrag leisten, damit diese Abzocke endlich einmal ein Ende hat. Wir sagen: Genug gezahlt! (Beifall beim BZÖ.)

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Rädler: Jetzt heißt es aufpassen!) Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht überschreiten. (Abg. Dolinschek: Das Kilometergeld ist seit 2008 gleich hoch!)

 


15.17.05

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bucher, ja, ich glaube, es war ein bescheidener Beitrag, den Sie jetzt hier eingebracht haben zur Lösung eines an sich wirklich wichtigen Problems (Abg. Dolinschek: Hochmut kommt vor dem Fall!), denn viele Fernsehzuschauer und auch andere verfolgen mit Sorge die Entwicklung des Spritpreises. Die Frage ist allerdings: Wie kann man das Problem lösen? (Abg. Grosz: Seit 1999 haben Sie eine Verordnungsermächtigung!)

Ich hätte mir eigentlich auch erwartet, dass wir in einen konstruktiven Dialog eintreten, aber was ich hier vorfinde, ist ... (Unter Zwischenrufen entrollen Abgeordnete des BZÖ ein Transparent mit folgender Aufschrift: BZÖ; Tankboykott; 1. März 2012; Genug gezahlt!) – Wunderbar, Tankboykott, 1. März 2012. Wir haben es mitverfolgt.

Was ich merke ist, dass Sie einen Dringlichen Antrag stellen. Jetzt muss man sagen, die Parlamentarier wissen natürlich, ein Dringlicher Antrag ist etwas anderes als eine Dringliche Anfrage (Abg. Bucher: Erklären Sie das den Autofahrern!), und irgendwo merkt man dann, wann man das durchliest, der Inhalt dieses Antrages ist eigentlich relativ dünn und geht relativ stark in Richtung des Finanzministeriums.

Dass Sie da irgendwie die Kompetenzlage nicht ganz durchblickt haben, lässt sich daraus schließen, dass ich glaube gehört zu haben, dass Sie zu mir „Herr Finanz­minister“ gesagt haben. Es gibt unehrenhaftere Vergleiche, aber da merkt man schon, dass der Inhalt doch irgendwie etwas dünn ausgestaltet ist, genau – zum Zweiten – auch deswegen, weil keine einzige Frage darin enthalten ist. (Abg. Scheibner: Ja, bei einem Antrag gibt es keine Fragen! – Abg. Dolinschek: Das ist ein Antrag, keine Anfrage!)

Aber das hat doch eine andere Kategorie als bisher in der gesamten Diskussion, denn bis jetzt werfen Sie der Bundesregierung Untätigkeit vor, und heute haben Sie das noch um eine Stufe gesteigert: Ja, wir sind sogar verantwortlich für die Abzocke (Abg.


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Grosz: Mit 50 Prozent, Preistreiber sind Sie!), wir sind verantwortlich für steuerliche Höchstwerte, und wir sind verantwortlich auch für internationale Entwicklungen. (Abg. Grosz: Wegelagerer sind Sie!) – Wegelagerer, Herr Grosz, in Ihrer Diktion, die ja immer sehr angepasst ist.

Ich möchte doch einmal etwas sachgerechter auf die Thematik eingehen und die erste Frage stellen: Wovon reden wir? (Abg. Dolinschek: Vom Spritpreis!) Reden wir von einem Markt, der österreichisch ist – oder reden von etwas anderem, wenn wir von Benzin und Diesel sprechen? Wir haben bei diesem Markt eine Situation, wo 90 Pro­zent der Produkte importiert werden – 90 Prozent der Produkte! Also 10 Prozent kommen aus Österreich, der Rest aus dem Ausland.

Zum Zweiten haben wir 73 Firmen, die importieren. Sie in Ihrem Antrag bringen das ungefähr so, als ob das ein Unternehmen wäre, das heißt OMV (Abg. Bucher: Nur ein Beispiel!), und das macht riesige Gewinne und hat riesige Dividenden abgeführt an den Staat. Lesen Sie den eigenen Antrag!

Ich sage Ihnen Folgendes: Schauen Sie sich die Entwicklung international an! In allen anderen Ländern gibt es auf diesem Markt eine entsprechende Preisentwicklung. Wegen der Iran-Krise, wegen der Situation im letzten Jahr in den arabischen und afrikanischen Staaten, aber auch wegen der stärkeren Nachfrage in den Vereinigten Staaten, wegen der Dollar-Stärke, wegen der Entwicklung der Schwellenländer steigt die Nachfrage und teilweise nicht nur die Nachfrage, sondern auch eine bestimmte Problematik, nämlich: Man könnte zu wenig Öl insgesamt haben. All das treibt den Preis nach oben – möglicherweise, Sie sagen kartellmäßig, aber es ist eine Tatsache, der man sich weltweit stellen muss.

In Ihrem Antrag heißt es weiter: „Jede noch so kleine Unsicherheit in der Weltpolitik sowie jede kleine Aufwärtsbewegung an den internationalen Treibstoffbörsen wird an den heimischen Tankstellen schon Stunden später in klingende Münze umgewandelt.“ (Abg. Grosz: Genauso ist es!)

Dann würde ich Ihnen, zumal noch keine Rechenreform stattgefunden hat, einmal einen Vergleich anraten. Schauen Sie sich an, wie sich die Rohstoffpreise seit Jänner entwickelt haben! Die Rohstoffsorte Brent hat sich seit Jänner bis jetzt um insgesamt 16 Prozent nach oben entwickelt, und in diesem Zeitraum sind die Preise für Diesel um 5 Prozent, für Superbenzin um 6 Prozent gestiegen. Wenn Sie das dahin gehend interpretieren, dass jede kleine Bewegung in klingende Münze umgewandelt wird, dann ist das die Diktion des BZÖ, aber die Wahrheit ist das sicherlich nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie wollen da wirklich politisches Kleingeld eigentlich auf dem Rücken anderer Parteien wechseln, aber ich glaube, auch der Wähler kann nachvollziehen: Das ist zwar eine unliebsame Entwicklung, aber die Gründe dafür liegen nicht in Österreich.

Sie sagen weiters in Ihrer Darstellung: „Besonders betroffen vom falschen Spiel der Bundesregierung sind die Pendler und all jene, die im Beruf auf das Auto angewiesen sind.“

Da ist etwas Wahres dabei. Pendler und jene, die das Auto brauchen, die mobil sein müssen, brauchen eigentlich auch günstige Preise. Und wie liegen die aktuellen österreichischen Spritpreise? – Die aktuellen österreichischen Spritpreise – selbst heute! – liegen deutlich unter dem EU-Durchschnitt. (Abg. Neubauer: Ist das beim Einkommen auch so? – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Sie haben vorhin erwähnt, Italiener kommen zu uns, Deutsche kommen zu uns. Dort liegt aber auch das Pro-Kopf-Bruttonationalprodukt unter unserem. (Abg. Grosz: Und die Slowenen tanken auch bei uns!) Das heißt, im Prinzip haben die eine noch un-


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günstigere Konstellation. Wenn Sie einmal in diesem Zusammenhang vergleichen, dann müssen Sie die Frage stellen: Haben die auch alle dieses finstere System wie wir? Haben die alle nur Kartelle und Bundesregierungen, die nur abzocken, oder könnte es doch irgendeine internationale Tendenz geben?

Des Weiteren heißt es in Ihrer Formulierung – und das ist sehr interessant –, dass „der Plafond für die Steuern und Abgaben in Österreich erreicht“ ist. – Herr Kollege, woher haben Sie so etwas?

Wenn Sie sich die Ländervergleiche anschauen, vor und mit der entsprechenden Besteuerung, also auch mit der Erhöhung, die wir voriges Jahr vorgenommen haben – ich gebe Ihnen dann diese Graphik (der Redner hält sie in die Höhe), man sieht das etwas schlecht –, auch mit der entsprechenden Einbeziehung der Mineralölsteuer, so liegt Österreich unter den vier besten Staaten, was die Steuern anlangt. Anders ausgedrückt: Wir haben eine sehr niedrige Steuerbelastung. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Das ist Ihnen wahrscheinlich unangenehm, und, Herr Kollege Bucher, es hilft nicht, wenn Sie lachen. Schauen Sie sich einfach die Tatsachen an, und die sind  (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich glaube, Sie haben es immer noch nicht nachvollzogen, dass die Mineralölsteuer eine mengenbezogene Steuer ist und keine, die sich danach richtet, wie hoch der Preis ist. Daher ist auch der Anteil dieser Steuer am Preis insgesamt gesunken. Im Jahr 2003 lag der Superbenzin-Anteil der Mineralölsteuer bei 44,29, derzeit liegt er bei 27,92, und Gleiches gilt für den Diesel-Anteil, von 33,68 ist ebenfalls eine entsprechende Absenkung zu verzeichnen.

Also wenn Sie die Zahlen aus dem Jahr 2003 mit jenen von heute vergleichen, dann sehen Sie, dass der Anteil der Mineralölsteuer insgesamt gesunken ist. (Abg. Ursula Haubner: Es wird immer billiger!) – Es wird insgesamt nicht billiger, weil der Preis des Rohproduktes steigt. Aber daraus die Argumentation abzuleiten, alle und insbesondere der Staat zocken dort nur ab, ist einfach komisch.

Nächster Punkt, und jetzt kommen wir wirklich zu etwas Interessantem. Herr Kollege Bucher, Sie haben den Wettbewerb angesprochen, Sie gerieren sich immer als Vertreter der Marktwirtschaft, der genau weiß, was der Markt tut (Abg. Bucher: Ja! – Abg. Dr. Strutz: Ja, aber unter einem Höchstpreis!), der sagt, die Mineralölfirmen schreiben Rekordgewinne, und als Beispiel die OMV anführt. Herr Kollege, ich sage Ihnen Folgendes: Wenn Sie so durch die Gegend fahren, ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass 200 Tankstellen in Österreich zugesperrt haben? Ist Ihnen schon einmal eine Studie untergekommen, die sich damit beschäftigt, wie denn die Margen in Europa liegen, was die Tankstellen anlangt? Was die Margen anlangt, liegt nämlich Österreich an viertschlechtester Stelle. Das ist ganz einfach erklärbar. Wir haben einen ziemlich starken Wettbewerb. Norwegen hat eine andere Konstellation, es ist etwas abgelegener und kann höhere Preise durchsetzen. Bei uns, verkehrsmäßig eine Drehscheibe, ist der Wettbewerb sehr stark, sind die Margen sehr niedrig.

Sie haben im Übrigen – der OMV-Bilanzbericht war am 23. Februar im Netz – auch die Gewinne falsch zitiert. Diese liegen bei 2,5 Milliarden und nicht darunter. Das Interessante dabei ist: Nur rund 10 Prozent kommen aus dem Tankstellengeschäft, Tendenz sinkend! Glauben Sie wirklich, dass die OMV auf Automatentankstellen umstellt, wenn dort der große Gewinn und die große Abzocke möglich sind? Glauben Sie wirklich, dass die Tankstellenpächter, die alle ganz geringe Margen haben, nur von den Großen gedrückt werden? (Abg. Bucher: Sind Sie der Interessenvertreter der Ölmultis oder der Wirtschaftsminister?) Oder glauben Sie nicht, dass unser Problem


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sein könnte, dass wir teilweise eine gebirgsähnliche Region sind und dass dort das Netz insgesamt relativ teuer ist?

Auf die anderen Probleme, die Sie als Marktwirtschaftler mit der Sonderdividende anführen, komme ich noch zu sprechen, denn das ist wirklich besonders peinlich für einen Vertreter einer politischen Partei, der für Marktwirtschaft eintritt und damit auch, nehme ich an, bestimmte Kenntnisse in Aktienrecht haben sollte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir kommen gleich zu jenem Punkt, den ich von Ihnen, aber leider teilweise auch von Vertretern der Freiheitlichen Partei immer wieder höre: Sie müssen jetzt die Preise amtlich regeln! Die internationale Entwicklung ist wurscht. Regeln Sie das in Österreich amtlich, setzen Sie die Preise fest! Irgendjemand hat mir sogar mit einer Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft gedroht.

Jetzt schauen Sie sich das einmal an! Erstens einmal haben wir dieses Instrument in der Nachkriegszeit eingesetzt, weil die Nachfrage abgedeckt und die Verteilung entsprechend erfolgen musste. Aber lesen Sie – das kann man jedem zumuten – einfach einmal das Preisgesetz! (Abg. Bucher: Luxemburger Modell!) – Sie und andere fordern immer, jetzt gerade haben Sie es wieder gesagt, die amtliche Preis­festlegung. (Abg. Bucher: Luxemburger Modell, habe ich Ihnen gesagt!)

§ 5a Preisgesetz sagt Folgendes: „(1) Besteht bei Erdöl und seinen Derivaten auf Grund bestimmter, belegbarer Tatsachen Grund zur Annahme, daß der von einem oder mehreren Unternehmen dafür geforderte Preis oder eine vorgenommene Preis­er­hö­hung“ – jetzt kommt es! – „die internationale Preisentwicklung in einem unge­wöhn­lichen Maße übersteigt, hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angele­gen­heiten von Amts wegen zu untersuchen, ob der geforderte Preis oder die vorgenommene Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik eines oder mehrerer Unter­nehmen zurückzuführen ist.“

Weiter heißt es im zweiten Absatz: Ist die ungerechtfertigte Preispolitik festgestellt, hat er für die Dauer von sechs Monaten einen Amtspreis, also einen amtlich geregelten Preis festzulegen. – Zitatende.

Ich sage Ihnen, das ist ganz einfach, diese Geschichte. Vergleichen Sie einfach mit den anderen Ländern – wir machen das von Amts wegen mit der Bundeswett­bewerbs­behörde –, und wenn Sie feststellen, dass irgendwo die Preiskonstellation günstiger ist, können wir über diese Geschichte reden! Können Sie das nicht, dann schweigen Sie, ersparen Sie uns diese Vorschläge, denn sie sind eigentlich nicht sehr praxisrelevant. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Kopf: Gesetzwidrig!)

Herr Kollege Bucher, kommen wir zu den Vorschlägen, die Sie genannt haben! Einen haben Sie als bescheiden bezeichnet, bei den anderen würde ich, ehrlich gesagt, auch überlegen, ob sie so machbar sind.

Punkt 1: Rücknahme der Steuererhöhung? – Ehrlich gesagt haben wir im Unterschied zu anderen Ländern jetzt keine Steuererhöhung machen müssen beim Sparpaket. Das ist nicht vorgesehen. (Abg. Scheibner: Weil wir sie eh schon haben!) Ich habe Ihnen schon dargelegt, dass wir seit 2007 die Mineralölsteuer nicht angehoben haben. Wir haben das marginal gemacht. (Abg. Bucher: Was haben Sie?) Ich muss Ihnen auf der anderen Seite aber auch sagen, nach der Krise (Abg. Bucher: 2011 haben Sie sie das letzte Mal angehoben!) – um 5 Cent und 4 Cent – oder auch in der Krise haben Sie sich auch keine Sorgen gemacht, dass die Mehrwertsteuereinnahmen nicht wie bud­getiert festzuschreiben waren, sondern zurückgegangen sind. Genau das Gleiche gilt für die Mineralölsteuer. Der Verbrauch war niedriger – die Mineralölsteuer ist verbrauchsbezogen –, daher war auch die Entwicklung niedriger. Sie haben da auch


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kein Floaten vorgenommen oder sonst irgendetwas vorgeschlagen, um das zu er­setzen.

Ich glaube, dass wir genau den richtigen Weg gehen: eine Differenz, dass sich Tanken bei uns noch lohnt, aber im internationalen Vergleich durchaus im besseren Feld. Es ist unangenehm zu sagen, aber wir liegen steuerlich nicht schlecht. (Zwischenrufe von der Galerie. – Flugblätter werden in den Sitzungssaal geworfen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, Kundgebungen auf der Galerie sind strengstens untersagt!

Ich unterbreche die Sitzung, bis wieder Frieden und Ruhe auf der Galerie herrscht.

*****

(Die Sitzung wird um 15.30 Uhr unterbrochen und um 15.31 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Auf der Galerie herrscht wieder Ruhe, daher nehme ich die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Bitte, Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner (fortsetzend): Meine Damen und Herren auf der Galerie, Sie haben unsere Sympathie, aber wahrscheinlich nicht lange, wenn Sie auf diese Art und Weise Sympathie zu gewinnen versuchen!

Herr Kollege Bucher, ich habe fast den Eindruck, Sie haben diese Zwischenrufe bestellt. Ihren Vorschlag in Bezug auf eine Sonderdividende würde ich nämlich wirklich ersatzlos zurücknehmen. Warum? – Wir haben bei der OMV eine Aktienkonstellation, wonach der Bund 31 Prozent hat. Es ist ein börsennotiertes Unternehmen. Glauben Sie wirklich, dass der Staat in dem Zusammenhang eine Sonderdividende vor­schreiben kann? Wir haben dort mit der IPIC wahrscheinlich sogar die Mehrheit, aber glauben Sie, dass die IPIC es für sich als positiv bezeichnen würde, wenn nicht sie, sondern der österreichische Staat einen Erfolg verbucht? Wissen Sie, was die OMV Dividende bezahlt hat? (Abg. Bucher spricht mit Abg. Ing. Westenthaler.) – Herr Bucher, hallo! – Herr Bucher, die OMV hat eine Dividende von 93 Millionen € gezahlt und im letzten Jahr das Gleiche. Woher nehmen Sie das Wort „Rekorddividende“? Woher nehmen Sie das? Es sind auch beträchtliche Dividendenleistungen notwendig gewesen. Wissen Sie, was damit gemacht werden musste in den letzten Jahren? – Die Schulden, die die ÖIAG gehabt hat, sind damit teilweise abgedeckt worden. Also der Staat hat sich nirgendwo ein Körberlgeld geschaffen, sondern der Staat hat das teilweise gebraucht. (Abg. Bucher: Auf dem Rücken der Pendler!)

Sie müssen auch die Relationen sehen. Sagen wir, wir machen eine Sonderdividende in der Größenordnung von 100 Millionen €. Glauben Sie, dass wir damit das ganze Aufkommen bei der Mineralölsteuer, das 4 Milliarden oder 4,2 Milliarden beträgt, so beeinflussen können, dass damit das Problem gelöst ist? – Ich würde Ihnen dringend empfehlen, diesen Vorschlag zurückzunehmen. Er ist einer Partei, die für Markt­wirtschaft eintritt und damit Rechtskenntnis hat, eigentlich unwürdig.

Ihr zweiter Vorschlag geht leider in die gleiche Richtung. Ist Ihnen das Problem, dass man Landestankstellen, soweit es sie überhaupt gibt, oder Bundestankstellen nicht so einfach öffnen kann, nicht aufgefallen? (Abg. Dr. Strutz: Aber in Kärnten funktioniert


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das!) In diesem Zusammenhang muss man doch auch das Personal in Rechnung stellen, die Lokalitäten in Rechnung stellen. (Abg. Dr. Strutz: In Kärnten funktioniert das!) – Über Kärnten könnten wir gesondert diskutieren, Herr Kollege, dort funktioniert einiges nicht so, wie Sie das gerne hätten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Da haben wir einen niedrigeren Preis aufgrund des Wettbewerbs! – Abg. Grosz:  Burgenland!) – Ja, Herr Grosz, Burgenland, alles.

Nur ganz kurz, ich bin gleich fertig. – Dieser Vorschlag ist einfach wettbewerbswidrig. Sie werden jede Klage verlieren, wenn wir das empfehlen. Der Staat empfiehlt, die Landestankstellen sollen öffnen, ohne Rechnung darüber, was Personalkosten anlangt, Lokalkosten anlangt, einfach den anderen Markt konkurrenzieren – da werden Sie ein Problem haben. (Abg. Bucher spricht neuerlich mit Abg. Ing. Westenthaler.) – Herr Kollege Bucher, ich weiß, es regt Sie jetzt irgendwie auf, dass die Anfrage nicht ganz aufgeht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.) Ein Land hat das gemacht, nämlich Indonesien, und der Nachteil waren dann entsprechende Wettbewerbsprobleme. (Abg. Grosz: Das ist ein Dringlicher Antrag, keine Anfrage!) – Trotzdem wird man die Inhalte kommentieren dürfen. Ich habe meines Wissens auch noch ein paar Minuten Redezeit.

Ich komme zu dem nächsten Vorschlag, zu dem Beispiel Luxemburger Modell. – Das ist kein marktwirtschaftlicher Vorschlag, das ist ein Modell, das man nur in einem ganz kleinen Land mit einem eher reichen Hintergrund umsetzen kann. In Luxemburg gibt es 200 Tankstellen, 15 Importeure – in Österreich sind es 73 –, und diese 15 Importeure haben mit dem Staat einen Vertrag abgeschlossen. Dort gibt es wirklich eine Art Floating und auch eine Konstellation, dass auch die Steuer da und dort zurückge­nommen wird, wenn sich die Preisentwicklung entsprechend gestaltet.

Glauben Sie, dass wir das übernehmen können in einen Markt, der relativ vielseitig ist? Schauen Sie sich doch die Unterschiede zu uns an: Sie sind marginal! Das heißt, ich würde Ihnen nicht unbedingt empfehlen, dieses Modell umzusetzen.

Sie haben auch Slowenien erwähnt. In Slowenien gibt es Preisregulierungen – aber der Preis ist marginal günstiger bei uns.

Ich frage Sie nur eines: Warum, meine Damen und Herren, hat kein anderes Land in Europa das Luxemburger Modell übernommen? Und warum hat kein anderes Land außer Slowenien eine amtliche oder überhaupt eine Preisregulierung? – Weil sich das nicht bewährt hat.

Ich komme zu etwas, das positiver klingt, aber nicht, um Sie versöhnlich zu stimmen, sondern um meine Objektivität darzustellen: die Einführung eines kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrages mit Negativsteuerkomponente statt Pendlerpauschale. – Ich glaube, das ist ein interessanter Vorschlag. Darüber muss man diskutieren, weil jetzt natürlich derjenige, der sozial bessergestellt ist, eher Vorteile hat.

Fünfter Vorschlag: die Auspreisung der Spritpreise bei den Tankstellen nur mehr auf zwei Kommastellen. – Haben Sie sich das wirklich überlegt? Ich kenne das, das ist ein Vorschlag des ARBÖ. Das Problem dabei ist: Wenn diese dritte Kommastelle wegfällt, dann wird das in der Praxis wozu führen? Zu Abrundungen oder zu Aufrundungen? (Abg. Neubauer: Zu Aufrundungen!) – Richtig, zu Aufrundungen. Und Aufrundungen sind genau der falsche Weg, daher wollen wir bei drei Stellen bleiben. Das ist ein Vorteil. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Jetzt, Herr Bucher, wenn Ihr Interesse an dem Thema wirklich so groß ist, komme ich zu ein paar, wie ich glaube, positiven Vorschlägen.

Ein internationales Problem kann nur international gelöst werden. Daher ist es positiv, dass sich auch die G 20 bei der letzten Konferenz und auch die EU mit dem Thema beschäftigt haben. Denn nur dort, wo man Marktmissbrauch feststellt, wo man Kartell-


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verfahren feststellt, kann man, wenn man vorher dokumentiert, auch entsprechend gegensteuern. Das ist meines Erachtens allerdings auch auf EU-Ebene zu langsam in Gang gekommen. Da geht es um bestimmte Elemente, um Datenbanken wie EMIR und andere Richtlinien betreffend Derivatsregelungen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt.

Somit komme ich aber auf jene Ebene, von der Sie nichts hören wollten, weil Sie keine Frage diesbezüglich gestellt haben. Was ist in Österreich? – Ich glaube, dass wir in Österreich mit dem Wettbewerbsrecht schon einige ganz klare Vorschläge gemacht haben, die auch funktionieren. Wir haben die Standesregeln entwickelt. Die Preise werden einmal am Tag nach oben geändert, sonst nicht. Das hat dem Markt ordentlich gefallen.

Zweitens haben wir vor allem die Spritpreisdatenbank eingeführt, und diesbezüglich höre ich auch: Ja, ja, ist schon gut für den Konsumenten, aber es schaut auch der Markt, die Konkurrenz, wie die Preise liegen. – Das ist falsch, und zwar aus folgendem Grund meiner Meinung nach: Fragt man ab, werden die nächstliegenden zehn Tankstellen und die fünf günstigsten genannt. Das hilft einer Kette nicht, da muss man schon mehr tun, um vielleicht davon zu profitieren. Das hat es auch früher schon gegeben: Man hat sich angesehen, wie die Preise bei der Konkurrenz sind. Im Endeffekt hilft diese Maßnahme vor allem den Konsumenten.

Nächster Punkt: Wir haben eine neue Konstellation im Wettbewerbsrecht mit wesentlich stärkeren Auskunftspflichten, was die Wettbewerbsbehörde anlangt, die Sie genannt haben, entwickelt. Ich glaube, dass auch das richtig ist und dass wir die Problematik mit mehr Wettbewerb und nicht mit mehr Preisregulierung lösen können.

Abschließend, und damit bin ich am Ende meiner Darstellung heute, möchte ich sagen, ich glaube, wir haben eigentlich über das Falsche diskutiert. Es ist unangenehm, wenn die Preise in die Höhe gehen, es ist unangenehm, wenn wir nicht das Richtige in der Hand haben – es ist eine Illusion, zu glauben, der Staat könnte das –, aber, meine Damen und Herren, ich glaube, es ist eine utopische Vorstellung, wenn wir glauben, dass die Treibstoffpreise wieder sinken werden. Daher muss unsere ganze Aus­richtung in eine andere Richtung gehen. Wir müssen schauen, dass wir die Ab­hängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren, dass wir in Richtung moderne Antriebs­systeme wie E-Mobility gehen, dass wir den Verbrauch entsprechend reduzieren, dass wir – da bin ich mit Ihnen einer Meinung – das öffentliche Netz kostengünstig aus­bauen und andere Modalitäten in dem Bereich fördern. Das wird die richtige Gegen­steuerung sein, da bin ich auf Ihrer Seite.

Ich glaube, das Thema ist zu ernst, als dass wir uns da in Auseinandersetzungen ergehen sollten, wer schuld ist, wer gesteuert hat und wer Abzocke macht. Der Staat spielt seine Rolle, die Mehrwertsteuer ist mit einer Richtlinie geregelt. Sie können die 20-Prozent-Regelung nicht einfach beliebig ändern. Das ist eine Richtlinie, es müssen 20 Prozent sein.

Daher glaube ich, dass wir in diesem Bereich seriös vorgehen, dass wir alles tun, um den Wettbewerb zu stimulieren, dass die wirkliche Lösung im Bereich Energieeffizienz und alternative Systeme liegen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller Folgerednerinnen und -redner 10 Minuten nicht übersteigen darf und die Gesamtredezeit pro Fraktion 25 Minuten beträgt.


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Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Riepl.)

 


15.40.42

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mineralölminister! Jetzt haben Sie sich hier 20 Minuten abgemüht, um uns zu erklären – wirklich zu erklären (Rufe bei der ÖVP: Ausgezeichnet! Und Sie haben es nicht verstanden!) –, was alles nicht geht, und haben dabei vergessen, dass nicht nur vor den Bildschirmen, sondern überhaupt in ganz Österreich, Menschen sind, die aufgrund der Höhe der Spritpreise nicht mehr wissen  (Rufe beim BZÖ – in Richtung Bundesminister Dr. Mitterlehner –: Jetzt können Sie nicht einmal zuhören! Herr Minister, zuhören!) – Vielleicht haben Sie die Güte und Gnade, mir zuzuhören; ich habe Ihnen nämlich auch sehr aufmerksam zugehört, Herr Minister. (Neuerliche Zwi­schenrufe beim BZÖ.)

Sie haben jetzt 20 Minuten lang den Menschen erklärt, wie etwas nicht geht, und hätten als Minister einer Bundesregierung, die verantwortlich ist für die Menschen, eigentlich die Verpflichtung gehabt, zu erklären, wie wir diese Spritpreisen endlich herunterbekommen. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, Herr Minister! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Strutz.)

Sie holen immer aus. Mittlerweile sind ja die Rollen schon recht deutlich: Jetzt haben wir mit Frau Fekter eine Bankenministerin, die in dieser Regierung die Interessen der Banken vertritt; mittlerweile haben wir auch einen deklarierten Mineralölmultiminister (Zwischenruf beim BZÖ), der die Interessen der Multis, der Milliardäre, der Abcasher, der mit Multiboni versehenen Manager vertritt. Das ist eine wunderbare Ansage, Herr Minister. Das ist nicht Ihre Aufgabe, Sie sollten die Interessen der geschädigten Autofahrer vertreten! (Beifall beim BZÖ.)

Das wäre Ihre Aufgabe, Herr Minister! Und Sie hätten die Möglichkeit. Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie nicht die Möglichkeit! Schieben Sie nicht andauernd die Verantwortung weg! Die Leute können es ja schon nicht mehr hören, Herr Minister! Immer sind die anderen schuld: Der Rohölpreis in irgendeinem Land ist schuld, der Biodiesel und der Biosprit sind an der Erhöhung der Getreidepreise schuld und Japan an der Erhöhung der Energiepreise. – Alles und jeder auf dieser Welt ist schuld, nur nicht die Regierung, selber wissend, dass sie die Hälfte des Preises für einen Liter Benzin aus Steuern einnimmt und beim Tanken von den Autofahrern Steuern kassiert. Das wissen Sie, und das können Sie nicht wegdiskutieren, Herr Minister! (Beifall beim BZÖ.)

Dann, Herr Minister, kommen Sie her und sagen: Die Öffnung der Landestankstellen – wie haben Sie gesagt? – sei wettbewerbsrechtlich gar nicht möglich, das gehe gar nicht. – Herr Minister, ich darf Sie daran erinnern, dass dieses Haus am 12. September 2008 mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP, der Freiheitlichen und des BZÖ, gegen die Stimmen der Grünen, bereits einen entsprechenden Antrag – ich habe ihn hier mit – beschlossen hat, dass die Landestankstellen geöffnet werden? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) Streuen Sie hier dem Parlament nicht Sand in die Augen! Ihre eigene Partei hat das einmal beschlossen, nämlich vor noch gar nicht so langer Zeit, im Jahr 2008. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Dann, Herr Minister, sagen Sie das mit der amtlichen Preisregelung. Sie haben ja immer die gleichen Argumente. Sie wissen zwar nicht, wie man mit den Benzinpreisen herunterkommt, kommen dann aber mit Totschlagargumenten wie: Wuhu, ihr seid eine wirtschaftsliberale Partei; ja, wie geht denn das, dass man da eine amtliche Preis­regelung fordert, das passt doch gar nicht dazu!


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Herr Minister, ich sage Ihnen Folgendes: Bei der jetzigen Höhe der Spritpreise von 1,6 € – Tendenz steigend auf 2 €; das zeichnet sich ja bereits ab – wird auf eine Einstellung der liberalen Marktwirtschaft, wie Sie sie verstehen, nämlich die Menschen auszubeuten und als Politiker dabei wegzuschauen und die Hände in den Schoß zu legen, drei Mal gepfiffen! (Beifall beim BZÖ.) Das sage ich Ihnen ganz deutlich, denn als Politiker sind wir nicht dazu da, wegzuschauen, Erklärungen zu suchen, die irgendwo im Ausland liegen, sondern wir sind gewählt worden, um die Probleme der Menschen zu lösen. Und eines der wesentlichsten Probleme ist im Moment dieser überhöhte Spritpreis, der einfach inakzeptabel ist.

Ich weiß nicht, vielleicht ist das eine Erklärung: Seien Sie mir nicht böse, aber das ist schon ziemlich abgehoben herübergekommen, wie Sie da von der Regierungsbank gegenüber den Menschen Ihre Erklärungsausflüchte geliefert haben! (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Ich kann mir das nur so erklären, Herr Minister, dass Sie wahrscheinlich morgen den Tankboykott gar nicht erleben müssen, weil Ihr Chauffeur ohnehin tanken fährt mit dem Dienstwagen (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Das ist eine ziemliche Polemik !) und Sie daher nicht das Problem haben, dass Sie 1,6 € pro Liter Benzin zahlen müssen, und Sie nicht das Problem haben, dass Sie keine Pendlerpauschale bekom­men. Sie haben das Problem nicht, Herr Minister, denn Sie müssen es ja nicht zahlen. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Ich schlage Ihnen etwas vor: Nehmen Sie drei Kameras, fahren Sie zu einer Tankstelle und tanken Sie morgen nicht! Damit würden Sie dem Steuerzahler auch Geld ersparen. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit. (Beifall beim BZÖ. – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Das ist so polemisch!)

Herr Minister, warum sagen Sie nichts – und jetzt schaue ich auch zur SPÖ – bezüg­lich sozialer Gerechtigkeit? Was ist denn mit den 1,8 Millionen Pendlern? Dazu haben Sie überhaupt nichts gesagt, Herr Minister. 1,8 Millionen Pendler! Wissen Sie, Herr Minister, dass jeder zweite Pendler nicht in den Genuss der Pendlerpauschale kommt – und das seit Jahren?

Viele kommen nicht in den Genuss der Pendlerpauschale, weil – wie Sie wissen – die Pendlerpauschale über die Steuer abgerechnet wird und schlicht und ergreifend gerade die, die am wenigsten haben, die unter die 11 000 €-Grenze fallen, keinen Anspruch auf Pendlerpauschale haben, ihn nicht geltend machen können. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) Daher ist das geltende System der Pendlerpauschale ungerecht, unsozial und zu ändern, Herr Minister! Das hätten Sie heute sagen sollen! (Beifall beim BZÖ. – Bundesminister Dr. Mitterlehner:  einfach nicht zugehört, denn das habe ich nicht !)

Sie hätten sich heute hier herstellen und sagen müssen: Ja, dieses System ist ungerecht, und ich lege Ihnen innerhalb der nächsten paar Tage einen Entwurf vor, wo dieses ungerechte System der Pendlerpauschale, bei dem jeder zweite Pendler durch die Finger schaut, ersetzt wird durch ein echtes Kilometergeld für jeden gefahrenen Kilometer von und zur Arbeit! – Das wäre eine gute Lösung gewesen! Die verlangen wir und die würden wir auch unterstützen, Herr Minister. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Aber damit hätten Sie auch nicht alle Probleme gelöst, denn was ist denn sozial gerecht an folgendem Beispiel – wieder SPÖ, soziale Gerechtigkeit –: Eine Mutter muss ihre Kinder zur Schule bringen, muss auch einmal zum Arzt fahren, und sie ist auf das Auto angewiesen, weil sie halt auf dem Land lebt und gewisse Kilometer zurückzulegen hat, weil sie auch einkaufen fahren muss, weil ihr durch das Sparpaket


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vielleicht der eine oder andere Nahversorger abhandenkommt, vielleicht die Post geschlossen worden ist oder künftig ein Bezirksgericht nicht mehr da ist.

Da streichen Sie den Menschen die Nahversorgung (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. – Abg. Grosz: Den ländlichen Raum !), aber wenn sie dann mehr Mobilität brauchen, dann schneiden Sie massiv ein, dann helfen Sie ihnen nicht, wenn sie auf das Auto angewiesen sind. – Das ist eine Ungerechtigkeit, die vor allem die sozial Schwachen, die Familien und die Frauen trifft, und deswegen lehnen wir das auch entschieden ab, dass hier an der falschen Stelle gespart wird! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Noch ein letzter Aspekt, Herr Minister: das Heizen, auch hier geht es um Energie. 250 000 Haushalte haben sich das Heizen in diesem Winter nicht leisten können. Wissen Sie, wie diese Menschen hausen? – Die sitzen in ihrer Wohnung mit Hand­schuhen, mit Wintermänteln, mit Hauben (Zwischenruf beim BZÖ), weil sie nicht genügend Geld haben, sich überhaupt die Heizung leisten zu können. 250 000 Haus­halte! Das müssen Sie sich einmal vorstellen! (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte !) – Das sagen nicht wir, das hat die Arbeiterkammer bekannt gegeben, Herr Kollege, und die hat das erhoben. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte !) Und da schauen Sie auch einfach vorbei, da wissen Sie, dass auch dort die Energiepreissteigerungen massiv zu­schla­gen.

Wir haben uns das angeschaut: Die Energiekosten für Strom, für Mobilität und letztlich auch für das Heizen sind in den letzten sieben Jahren um durchschnittlich 5 000 € pro Jahr angestiegen. 5 000 € zusätzlich! (Zwischenruf beim BZÖ.) Jetzt sagen Sie mir einmal, wer sich das in diesem Land eigentlich noch leisten soll! Aber Sie sagen: Den Öl- und Energiemultis müssen wir nicht das Handwerk legen!

Ich sage: Die sollen abliefern! Die jubeln jedes Jahr über Gewinne. Alleine in den letz­ten sechs Jahren hat die OMV 8 Milliarden € an Gewinn eingefahren – 8 Milliarden € in sechs Jahren –, und da sagen Sie, die müssen nichts beitragen, obwohl Sie als Staat mit über 30 Prozent beteiligt sind, und da sagen Sie, eine Dividende sei nicht möglich?!

Die sollen endlich zum Sparpaket beitragen! Das ist auch ein Beitrag zur Kultur, damit man nicht nur abcasht, sondern endlich auch Geld auf den Tisch legt und den Menschen hilft, Herr Minister! – Das wäre die Aufgabe gewesen, die Sie hier haben! (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Strache und Dr. Strutz.)

Herr Minister, es geht so nicht, und wir werden uns ganz massiv dagegen wehren! Wir werden dieses System der Abzockerei beim Sprit ganz massiv bekämpfen. Sie können sich entscheiden, ob Sie auf der Seite der Menschen stehen oder auf der Seite der Mineralölmafia, die zum Teil auf kriminelle Art und Weise eine Preisgestaltung durchführt, die inakzeptabel ist. Sie haben die Wahl, Sie können sich das aussuchen.

Wir laden Sie ein, den Weg mit uns zu gehen, die Forderungen, die wir aufgestellt haben, auch umzusetzen. Hören Sie auf, dauernd nur zu sagen: Ich kann nicht, ich weiß nicht, wie es geht, oder es geht nicht!

Wir wollen von Ihnen wissen, wie es geht. Greifen Sie die Forderungen des BZÖ, des Herrn Kollegen Bucher auf! Dann schaffen wir es auch, die Mineralölmafia in die Knie zu zwingen und den Spritpreis für die Menschen zu senken, so dass er gerecht ist und leistbar ist. (Beifall beim BZÖ.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 152

15.50.09

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie haben ja Glück, dass die Opposition nicht auch noch verlangt, dass Sie das schöne Wetter garantieren, und zwar per Verord­nung. (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.) Das hätte auch Einsparungsvorteile, denn wenn immer die Sonne scheint, brauchen wir weniger Energie. Das ist ungefähr auf dem Niveau solcher Anträge.

Kommen wir zu den einzelnen Punkten! Sie leugnen ja die Tatsachen, weigern sich, sich damit auseinanderzusetzen. Man kann nur durch Wiederholung versuchen, es Ihnen klarzumachen. Der Herr Bundesminister hat darauf hingewiesen, dass wir bereits heute im Schnitt geringere Treibstoffkosten haben, als der EU-Schnitt beträgt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Jahrzehntelang hat es geheißen, dass unsere Treibstoffpreise wegen des sogenannten Alpinzuschlags höher sein müssen als die anderen. Gerade die Maßnahmen dieser Bundesregierung haben dazu geführt, dass der Nettopreis beim Dieselkraftstoff heute um 3,65 Cent pro Liter unter dem EU-Schnitt liegt, und beim Eurodiesel sind es 4,76 Cent. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Faktum ist: Wir haben billigere Spritpreise – ohne Steuern, netto gerechnet – als im Rest Europas. Warum? – Weil wir sehr vernünftige Maßnahmen gesetzt haben. (Abg. Strache: Sie haben es gesagt: ohne Steuern!) – Ohne Steuern. Klubobmann Strache will es auch mit Steuern wissen: Beim Bruttopreis liegen wir (weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) – nein, nein, nein, nein, falsch, falsch – 0,667 € pro Liter beim Diesel beim Bruttopreis unter dem Durchschnitt der Europäischen Union. Unter dem Durchschnitt! Na bitte: Das sind aber 67 Cent, die wir billiger sind als der Schnitt in Europa. (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Warum haben wir diese Erfolge? – Erstens einmal: Wie der Herr Bundesminister bereits erklärt hat, haben wir eine sehr vernünftige Maßnahme in diesem Haus beschlossen, dass nämlich die Erhöhungen nur mehr um 12 Uhr stattfinden dürfen. Dadurch kann der Konsument sicher sein: Wenn er um fünf nach zwölf einen Preis sieht, dann gilt dieser bis zum nächsten Tag. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Das heißt, er kann sicher sein, dass der Preis nur niedriger und nicht höher sein kann an dieser Tankstelle. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Wir haben erst vor Kurzem eine Neuregelung gemacht: Bei der E-Control gibt es eine Datenbank, in der der Konsument jederzeit – und zwar mithilfe von ÖAMTC und ARBÖ auch online – die günstigsten Tankstellen abrufen kann. Und das machen die Menschen auch. Das gewährleistet entsprechenden Wettbewerb. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

So, jetzt kommt unser Politkommissar Bucher daher und möchte eine Preisregelung à la Sowjetunion bei uns einführen. (Abg. Bucher: Luxemburg! Luxemburg! Luxem­burg! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.) Was soll es denn für ein Preis sein? Was soll er denn verordnen? Na, was wäre angemessen für das BZÖ? Bitte um Vor­schläge! – 1 € pro Liter Diesel, oder, 5a-Preisgesetz? (Zwischenrufe der Abgeordneten Bucher und Ing. Westenthaler.) – Ja, Herr Westenthaler, bitte, wie viel? – 1 €? Wie viel? 1 € oder 80 Cent, was soll es sein? (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Bucher und Ing. Westenthaler.– 80 Cent, Bucher bietet 80 Cent, gut. (Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, Sie verordnen, dass ab jetzt bei jeder Tankstelle für einen Liter Diesel maximal 80 Cent bezahlt werden. Das wird echt eine Ersparnis für die Pendler werden. Wissen Sie, warum? – Dann gibt es nämlich keinen Diesel mehr zu verkaufen, weil Ihnen kein Mineralölkonzern um 80 Cent Diesel ins Auto füllen wird! Sehr günstig


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(Abg. Grosz: Herr Steuerberater! Wie hoch ist die Mineralölsteuer?), Sie haben dann nämlich eine leere Zapfsäule.

Das führt zu demselben Effekt (Abg. Grosz: Wie hoch ist die Mineralölsteuer?), zu der die Planwirtschaft in der Sowjetunion geführt hat (Abg. Grosz: Wie hoch ist die Mineral­ölsteuer?): dass am Ende die Menschen zwar eine angeordnete Wohltat haben, das Problem aber folgendes ist: Die Regale und die Zapfsäulen sind leider leer. – Super-Vorschlag vom BZÖ!

Ich weiß nicht, ob es noch eine Muhri-Plakette bei der KPÖ gibt; Herr Klubobmann Bucher wäre ein Anwärter für eine solche. (Zwischenruf des Abg. Strache. – Abg. Grosz: Was ist ein Muhri?)

Aber jetzt zurück zur Frage, was man wirklich tun kann. Das Hauptproblem, das wir haben – und ich glaube, Mitterlehner hat den richtigen Hinweis gegeben –, ist: Wir haben eine internationale Preisentwicklung, die gerade  (Ruf:  Muhri?) – Na, ein langjähriger KPÖ-Parteichef! Aha, der Grosz möchte die Plakette haben! Bitte: einen kleinen kommunistischen Planwirtschaftspreis für den Abgeordneten Grosz, hier die Beantragung, und den Abgeordneten Bucher  Er hat sie schon! (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Bravo, Kollege Bucher trägt schon die KPÖ-Medaille. Gratuliere zu diesen Ansätzen einer liberalen Partei und deren Umsetzung in die Wirklichkeit.

Zurückkommend zu dem, was wir wirklich tun könnten. (Abg. Grosz:  die Victor-Adler-Plakette !) – Schau, schau, schau, der Grosz neidet dem Bucher die Plakette schon, der Wettbewerb darum wird mehr!

In diesem Sinne: Kommen wir zum Ernsthaften, was wir wirklich tun könnten (Abg. Grosz: Ich sage nur: Gürtel enger schnallen!): Statt auf die Regierung loszugehen, könnten Sie bei jenen Maßnahmen mitmachen, die wirklich etwas bringen würden. (Abg. Grosz: Die 40 Tage Fastenzeit nutzen!)

Wir haben eine internationale Spekulation auf Rohstoffe, nicht nur bei Erdöl, sondern bei einer Reihe von Gütern. Beim Erdöl ist es so, dass die Hauptbegünstigten all jene sind, die Öl im Boden haben, das heißt, die Ölscheichs dieser Welt. Die 2,5 Milliar­den € Gewinn der OMV – ich glaube, Sie haben schon darauf hingewiesen – sind in Wirklichkeit der Gewinn jenes Anteils an unserer OMV, die vernünftigerweise sozu­sagen auch Ölscheich ist. Denn: Sie hat sich nämlich durch gute Zukäufe, vor allem in Rumänien, einen wesentlichen Zugriff auf Erdölvorräte gesichert, die sie heute zu Gewinnen macht – auch im Interesse unserer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denn 31 Prozent des Vermögens gehört uns als Staat Österreich und damit allen Österreicherinnen und Österreichern.

Aber dieser Mehrwert – weil 100 Dollar und 120 Dollar pro Barrel zu zahlen sind – ist nicht durch Mitterlehner verordenbar. Und auch wenn er einen Kopfstand macht: Der Preis wird nicht sinken! Wenn Sie Ihr Taferl mit „Genug gezahlt!“ – den Muhri-Preis der KPÖ – tragen, ändert das nichts an diesem Umstand. Sie müssten dann auf der Welt die Spekulation beenden, Sie müssten Alternativen zum fossilen Brennstoff um­setzen – darüber werden wir auch reden müssen –, und nur dann wird es dazu führen, dass es diese enorme Spekulation nicht gibt.

Der Beitrag kann sein: Finanztransaktionssteuer, Regulierung der Finanzmärkte, Einschränkung der Möglichkeiten, global zu spekulieren – aber das diskutieren wir einmal bei einer Vorlage des Finanzausschusses.

Abschließend gratuliere ich zum neuen Planwirtschaftspreis für das BZÖ. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 154

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.57.06

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Sicher ist es so, dass die Preisentwicklung bei den Spritpreisen nicht unbedingt erfreulich ist. Es leiden die Konsumenten und natürlich auch die Wirtschaft darunter, aber wir können doch nicht so tun, als könnten wir uns von internationalen Entwick­lungen abkoppeln. Österreich ist nicht die Insel der Seligen, auf der wir einfach einen Spritpreis festlegen können, der uns genehm ist. Wir müssen also schon darauf achten, dass wir in diesem internationalen Wettbewerb auch dementsprechende Rahmenbedingungen haben.

Meine Damen und Herren, wir haben es heute schon gehört; der Herr Minister hat es ja fachlich kompetent und sehr ausführlich erklärt, worum es hier geht. Ich glaube, genau das ist es, wo wir auf der einen Seite die wirtschaftliche Kompetenz haben und auf der anderen Seite die populistische Kompetenz – da müssen wir ganz klar unterscheiden! (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns das Thema einmal von der anderen Seite an! – Wir haben in Österreich 2 600 Tankstellen. Davon ist ein Drittel in Familienbesitz; das sind echte Familienunternehmer, die einerseits brav Steuern zahlen und andererseits 7 000 Men­schen Beschäftigung geben, 7 000 Arbeitsplätze schaffen. Da hilft es nichts, wenn wir diese Betriebe verunsichern, sondern es geht darum, dass wir diese Betriebe unter­stützen. Mit dem BZÖ-Antrag, dass wir morgen einen Boykott der Tankstellen machen sollen, unterstützen wir diese Betriebe sicher nicht, sondern gefährden die Arbeits­plätze in diesen Betrieben, meine Damen und Herren! Da sollten wir schon ein bisschen vorsichtig sein. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Dolinschek.)

Herr Bucher, weil gerade das BZÖ sich immer wieder als Retter der KMUs aufspielt und in dieser Beziehung immer für die KMUs eintritt, ersuche ich Sie, dass Sie keine so KMU-feindlichen Maßnahmen wie einen Tankstellenboykott ausrufen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf beim BZÖ.)

Eigentlich muss ich Sie auch fragen: Für welche Politik stehen Sie eigentlich? (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.) In Ihrem Parteiprogramm – wenn ich dort nach­lese, stelle ich das fest – steht: wirtschaftsliberale Partei. Heute aber reden Sie von Preisregulierung – und das ist meiner Meinung nach genau das Gegenteil.

In diesem Sinne also die Frage: Wofür stehen Sie: Planwirtschaft, Wirtschaftspolitik, liberal? – Sie müssen sich irgendwann entscheiden, glaube ich (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner), denn irgendwie erinnert mich das ein bisschen an das heitere Beruferaten bei Robert Lembke. Der hat auch immer gefragt: Welches Schweinderl hätten S´denn gerne?

Und so ist die Politik beim BZÖ: einmal soziale Gerechtigkeit, einmal Planwirtschaft, einmal wirtschaftsliberale Wirtschaftspolitik – ich glaube, das funktioniert in dieser Hinsicht nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber Sie müssen sich selbst entscheiden, wofür Sie stehen. Damit kann ich Ihnen leider nicht dienen.

Zurück zur Sachpolitik! Der Minister Mitterlehner hat das ja bereits ausgeführt: 15 Länder in Europa haben einen höheren Spritpreis. Das soll uns nicht zufriedenstellen, ganz im Gegenteil, es ist eine wirklich fordernde Situation, vor der wir stehen, aber wir als kleines Land Österreich haben einen Weltmarktanteil von 0,3 Prozent, da können


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 155

wir nicht erwarten, dass wir jetzt die Preise bestimmen. Das ist ja auch nicht im Sinne des Ganzen.

Wir haben internationale Rahmenbedingungen wie den Rohölmarktpreis auf dem Weltmarkt in Verbindung mit dem schwachen Euro/Dollar-Kurs. Wir haben inter­nationale Krisen. Eir haben das Öl-Embargo gegen den Iran. Das alles sind Voraussetzungen, die eben zu diesem hohen Spritpreis schlussendlich führen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten mit so einem Boykottaufruf vorsichtig sein, denn er richtet sich ja auch gegen die Unternehmer, gegen die Tankstellen­betreiber, die wirklich mit ihrem ganzen Einsatz auf einem harten Markt kämpfen und die wirklich versuchen, die Kunden zu betreuen und die Arbeitsplätze ihrer Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter in diesen Betrieben zu sichern. Ich denke, wir müssen schon darauf achten, dass wir da nicht das ganze Wasser komplett verschütten.

Meine Damen und Herren, wir müssen das Thema hohe Treibstoffe auf EU-Ebene und auf internationaler Ebene besprechen und uns für EU-weite Maßnahmen einsetzen.

Und der Minister hat es ja gesagt: Wir werden den Spritverbrauch nicht drosseln können, wenn wir immer nur über Sprit und über fossile Energie sprechen, sondern wir brauchen alternative, neue Technologien. Dorthin muss der Weg führen. Ich glaube, da sind wir uns einig, da können wir auch hier im Parlament eine Partnerschaft für diesen Weg finden.

Schauen wir, dass wir neue Wege gehen, und schauen wir, dass wir unsere Tankstellenbesitzer bei ihrer täglichen Arbeit nicht behindern! (Beifall bei der ÖVP.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Strutz zu Wort. – Bitte.

 


16.01.52

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir in den letzten Minuten hier erlebt haben, war wirklich die Arroganz der Macht, die in der Person des Herrn Wirtschaftsministers Mitterlehner und in der Person des Herrn Matznetter hier gesprochen hat, die sich geradezu lustig gemacht haben über die berechtigten Bedenken der Oppositionsparteien, die berech­tigten Bedenken und Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher, dass sie mit dieser Steuerlast, die über die Mineralölsteuer auf die österreichischen Autofahrerinnen und Autofahrer drückt, nicht mehr umgehen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist geradezu verwerflich, hier herauszugehen, Herr Wirtschaftsminister, und für jede geforderte Maßnahme ein Argument zu bringen, das wir Ihnen leicht widerlegen können, und sich auf die internationale Entwicklung auszureden. Ja, natürlich gilt jede Ausrede der Mineralölkonzerne, um den Spritpreis in die Höhe zu treiben und satte Gewinne zu schreiben. Einmal ist es die Libyenkrise, die für eine Preiserhöhung herhalten musste, weil es geheißen hat, das Öl in Libyen ist zurzeit nicht verfügbar. – Ja seit Wochen sprudeln die Erdölquellen! Seit Wochen und Monaten steht das Öl aus Libyen für die europäischen Firmen, für die OMV wieder zur Verfügung! Ja, haben Sie gehört, dass es dann zu einer Senkung der Preise gekommen ist? Natürlich nicht! Wenn es darum geht, abzuzocken, sind die Mineralölkonzerne gleich mit dabei, dann ist es die internationale Entwicklung – wenn es darum geht, die Preisbelastung etwas zu mildern, dann wird das aber nicht weitergegeben.

Wenn Sie herauskommen und sagen: Wir sind stolz, wir liegen ja im europäischen Durchschnitt!, dann kann ich nur sagen: Das heißt doch, dass die Hälfte der euro­päischen Länder einen niedrigeren Benzinpreis hat und weniger zahlt als wir in Österreich!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 156

Sie sagen, die Landestankstellen einfach zu öffnen, das ginge nicht, das sei ein Problem.

Kollegen aus Kärnten! Wir haben in Kärnten die Landestankstellen geöffnet, da brauchen wir nicht die Personalkosten umzulegen. Und was ist geschehen? – Wett­bewerb, Herr Minister, hat stattgefunden, und im Umfeld der Landestankstellen ist der Spritpreis runtergegangen! – Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was wir hier in Kärnten vorgelebt haben, was das Burgenland übernommen hat, das können wir für ganz Österreich tun!

Eines verstehe ich nicht ganz, weil ich meine Kollegen aus Kärnten gesehen habe, die dem Wirtschaftsminister applaudiert haben: Er verteidigt das System der Abzocke, er verteidigt das Raubrittertum an den Tankstellen, er erkennt nicht, dass wir akuten Handlungsbedarf haben – und die SPÖ Kärnten, Kollege Köfer, ihr klatscht bei dieser Verteidigung und sagt gleichzeitig, der Bund soll die Spritpreise kontrollieren!?

Aussendung von gestern, lese ich euch vor:

SPÖ fordert Bund wegen hoher Spritpreise zum Handeln auf. Weil die hohen Spritpreise Kärntens Arbeitnehmer und Pendler zunehmend belasten, forderte der SPÖ-Parteivorstand gestern eine zeitlich limitierte amtliche Spritpreiskontrolle. – Zitat­ende.

Ich bin jetzt sehr gespannt, wie die Abgeordneten der SPÖ Kärnten, die Frau Muttonen, die ja da im Vorstand sitzt, wie ihr da abstimmen werdet zur Initiative, die das BZÖ, zur Initiative, die die Freiheitlichen einbringen werden, wo wir nichts anderes verlangen, als dass das Gesetz vollzogen wird!

Herr Wirtschaftsminister, ich muss Sie korrigieren. Sie haben das Preisgesetz zitiert, aber Sie haben bei Ihrem Zitat des § 5a etwas ganz Wichtiges weggelassen. Da heißt es nämlich: „Ergibt eine Untersuchung (), daß der Preis oder die Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist, und hat diese volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten für die Dauer von sechs Monaten einen Höchstpreis zu bestimmen.“

Und jetzt sage ich Ihnen: Bei diesen täglich steigenden Benzinpreisen, ja bei diesem Preiswucher, der täglich an den Zapfsäulen stattfindet, kann ich nur sagen: Da ist der volkswirtschaftliche Nachteil nachgewiesen! Offenbar sind Sie der Einzige, der das nicht nachvollziehen kann. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich habe heute schon die berühmte Semmel zitiert, und ich kann Ihnen sagen: Es ist ein rigoroser volkswirtschaftlicher Schaden, denn jedes Produkt, das in Österreich im Auto, im Lkw transportiert wird, ist davon betroffen. Natürlich schlägt sich der Spritpreis unmittelbar auf die Semmel, auf das Gebäck, auf die Transportgüter nieder. Und deshalb haben wir, Herr Minister, hier einen akuten Handlungsbedarf. Und deshalb verlangen wir von Ihnen, dass Sie diesen Preisstopp nach dem Gesetz, das ja im Ver­fassungsrang steht, endlich verfügen oder endlich auch einmal auf die halbver­staatlichte OMV einwirken.

Das sind die Schlagzeilen von heute (der Redner hält Zeitungsausschnitte in die Höhe): Die Ölmultis auf Rekordkurs. Bis zu 54 Prozent mehr Gewinn. – Wissen Sie, was das heißt? Während alle Österreicherinnen und Österreicher den Gürtel enger schnallen müssen, während die kleinen Rentner nicht wissen, wie sie das Heizöl bezahlen sollen, machen die Gewinne der Firmen 54 Prozent mehr gegenüber den letzten Jahren aus.

Oder: Die teuerste Chefetage genehmigt sich die OMV. – Für diese ist die Bundes­regierung zuständig! 12,2 Millionen €, 2,3 Millionen pro Kopf, 19 Prozent mehr als im


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Jahr 2009! Das sind die Manager, die abkassieren, die Manager, die von diesem Sys­tem profitieren, dem Sie die Mauer machen.

Damit muss Schluss sein! Unterstützen Sie die Maßnahmen der Opposition, und stellen Sie sich endlich auf die Seite der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der FPÖ.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Grosz: Wie viel Redezeit hat denn der?)

 


16.08.23

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Kollege, er meldet sich, weil ich nicht gerne einfach falsche Tatsachen im Raum stehen lasse. (Abg. Bucher: Falsche Tatsachen müssen Sie stehen lassen!)

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Sie haben jetzt diesen § 5a Abs. 2 zitiert und haben gesagt: Wenn volkswirtschaftliche Auswirkungen vorliegen, dann habe ich so vorzugehen. Ich lese Ihnen vor: „Ergibt eine Untersuchung gemäß Abs. 1, daß der Preis oder die Preiserhöhung auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist und“ – und! – „hat diese volkswirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, ()“. (Abg. Dr. Strutz: Aber das ist ja da, Herr Minister!)

Herr Kollege, beide Aspekte müssen zutreffen, nämlich der im ersten Absatz schon genannte, dass eine Preisentwicklung über dem europäischen Durchschnitt vorliegen muss, und der zweite Aspekt, dass eine volkswirtschaftlich nachteilige Entwicklung festgestellt werden muss. Der erste Faktor ist nicht festgestellt worden! (Abg. Dr. Strutz: Bitte schön, verteidigen Sie doch nicht dieses System, Herr Minister!)

Zum Zweiten. – Ich weiß, Sie haben es nicht gern, wenn Sie nicht recht haben. Ich wollte es eigentlich nicht sagen, aber weil Sie es wieder wiederholt haben, muss ich es doch sagen. Der Kollege Westenthaler hat gesagt, wir hätten da einen Antrag mit breiter Mehrheit abgestimmt, dass die Landestankstellen geöffnet werden sollen. Möglicherweise gibt es noch einen anderen Antrag, aber das, was wir da vorliegen haben, ist ein Antrag aus dem September des Jahres 2008: Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung – das ist ein Unterschied! – der rechtlichen Möglichkeit zur Öffnung der Tankstellen der ASFINAG durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. (Abg. Ing. Westenthaler: Was hat die Prüfung ergeben?)

Die Prüfung hat ergeben, dass nicht geöffnet worden ist, weil das nicht zulässig ist. (Abg. Grosz: Bravo! Sie haben überhaupt nicht geprüft! Sie haben den Antrag genommen und in den Mistkübel gehaut! Das ist Ihre Politik!)

Herr Kollege Grosz, hören Sie zu, es kommt ja noch etwas Weiteres dazu! Was ich vorher angesprochen habe, können Sie nachlesen. (Abg Grosz: Was Sie Prüfung nennen, da sagen andere Klopapier dazu! – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Können Sie einmal zuhören!? Dann würde vielleicht manche Wortmeldung unter­bleiben. Aber richtig zuhören! Gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden.

Ich darf Ihnen aus einem OGH-Urteil zitieren, aus einem OGH-Urteil betreffend Öffnung der Landestankstellen im Burgenland. Der OGH stellt fest – ich zitiere –:

„Der Senat untersagte dies“ –

also den Verkauf unter dem Einstandspreis –,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 158

„weil schon die Nutzung der für öffentliche Zwecke gewidmeten Infrastruktur ohne jeden der öffentlichen Hand wieder zufließenden wirtschaftlichen Vorteil und aus­schließlich für Zwecke der Preisunterbietung eine (sittenwidrige) Wettbewerbsverzer­rung gegenüber Anbietern sei, denen diese Möglichkeit nicht zur Verfügung stehe.“

Meine Damen und Herren, in diesem Fall geht es nicht darum, wer recht hat und wer unrecht hat, sondern es geht darum: Was ist hier festgestellt worden?

Und wenn Sie das nachlesen, dann würde ich ganz einfach bitten, klarzustellen, dass dieser Vorschlag wahrscheinlich kein komfortabler und auch kein umsetzungs­geeigneter Vorschlag ist, um die Preisentwicklung nach unten zu bewegen. (Abg. Dr. Strutz: Aber warum funktioniert es dann in Kärnten und im Burgenland? Warum funktioniert es dort?)

Zu einem Dialog in einer weiterführenden Richtung bin ich gerne bereit. Aber nicht immer! Ich hoffe, dass das nicht der Nächste wieder bringt. Nicht immer das Falsche darstellen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. (Abg. Bucher: Bitte, was sind falsche Tatsachen? – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Dass die Landestankstellen geöffnet worden sind! – Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie der Meinung, dass es keine falschen Tatsachen geben kann?)

 


16.12.06

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das ist ja eine gute Gelegenheit, um ein paar grundlegende Dinge zu reflektieren. Mein Gott, der aktuelle Benzinpreis – gestern, morgen! Schauen Sie, jeder, der behauptet, dass das Erdöl irgendwann noch einmal billiger wird, ist entweder ein völliger Dummkopf oder ein Scharlatan (Abg. Grosz: Waren Sie heute auch schon tanken?), das ist ja durchaus nicht branchenfremd, oder schlicht und ergreifend ein einfacher Lügner. Das ist ja auch möglich. (Abg. Grosz: Bei welcher Tankstelle waren denn Sie, Herr Kollege Kogler?)

Ja, und der Benzinpreis wird auf die Dauer und im Durchschnitt vom Erdölpreis, vom Rohölpreis nicht zu entkoppeln sein, im Gegenteil: Dadurch, dass er weiter exorbitant steigen wird – ich werde es Ihnen noch vorrechnen, warum das so sein muss –, wird der Anteil des Rohstoffs am Endprodukt Benzin immer stärker durchschlagen. Das wird es sein.

Das heißt, in Wahrheit geht es ja um ganz etwas anderes. Es geht für ganze Volkswirtschaften darum, aus der Abhängigkeit von der Droge Erdöl herauszukommen, aus dem Mobilitätssystem herauszukommen, und vor allem geht es natürlich darum – und das ist Aufgabe der Wirtschafts- und Verkehrspolitik –, Alternativen anzubieten.

Die Politik ist ja schließlich dazu da, die Dinge zu gestalten und nicht treiben zu lassen. Aber wer behauptet, dass die österreichische Bundesregierung langfristig den Rohöl­preis beeinflussen wird, der ist wirklich auf irgendeinem anderen Planeten daheim. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Auf die Mineralölsteuer haben wir aber einen Einfluss! Um das geht es! Auf unsere Steuern haben wir doch einen Einfluss!)

Kollege Strache, zu dem kommen wir ja noch, was die Steuerpolitik der Bun­desregierung betrifft oder was die Vorschläge von Orange und Blau auf dem Sektor sind. (Abg. Strache: Wir haben doch einen Einfluss auf die Steuerlast, die die Bürger erdrückt!)

Das muss ihr zunächst einmal klar sein. Na selbstverständlich spielt die Steuer­komponente auch eine Rolle, aber sie wird eine immer geringere Rolle spielen, weil


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das Rohprodukt immer teurer wird. Das muss selbst einmal in einen nicht ganz so intelligenten Kopf hinein. Das ist wesentlich, und deshalb kann man gar nicht recht­zeitig genug beginnen, sich um die Alternativen zu kümmern. Und das ist auch volkswirtschaftlich viel gescheiter. (Abg. Strache: Der Herr Bundesminister freut sich ja, wenn die Preise steigen, weil er da mehr Steuereinnahmen hat! – Bundesminister Dr. Mitterlehner: Die Steuer ist mengenbezogen; die steigt nicht an, die bleibt gleich, auch wenn der Preis hoch ist!)

Herr Bundesminister, das ist an der Stelle sinnlos. Sie sollten, was das betrifft, auch nicht weiter schwarz-blaue Träume hegen, weil zumindest in den Bereichen, wo wirtschaftspolitische Vernunft gefragt ist, werden Sie dort keinen Abnehmer finden. Das haben Sie ja gerade vorhin selber argumentiert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Die Grünen haben endlich ihre Forderung auf einen Liter Benzin in Richtung 25 Schilling durchgesetzt! Das ist ein Wahnsinn!)

Zur Frage dieser Preisentwicklung, die ja nur ganz logisch in eine Richtung gehen kann: Ich sage es noch einmal, was das für ein volkswirtschaftlicher Schaden ist, der uns hier entsteht durch Nicht-Politik, aber an anderer Stelle, nicht durch das Drehen an der Steuerschraube, an der falschen Stelle, sondern weil die Alternativen zu wenig verfolgt, zu wenig angeboten und die Systeme zu wenig umgestellt werden. Selbst­verständlich brauchen wir einen Umbau der Industrie und Mobilitätsgesellschaft, und wir müssen in dem Bereich umsteuern.

Status quo ist, je nach Jahr und Wirtschaftsentwicklung: Zwischen 12 und 15 Milliar­den €, da werden wir bald sein, haben wir an reinen Importkosten für fossile Ener­gieträger in Österreich. Da ist hauptsächlich natürlich Erdöl dabei. Und diese Kosten werden ständig steigen. Wir werden in ganz wenigen Jahren pro Kopf in Österreich 2 000 € dafür ausgeben, dass wir diesen Klimbim, der noch dazu klimaschädlich verbrannt wird, überhaupt importieren. Das geht der Wirtschaft hier ab für Alternativen. In wenigen Jahren werden es 3 000 € pro Kopf sein, weil das die Preisentwicklung erzeugen wird, wenn wir nicht gegensteuern – und das heißt auch Steuerpolitik. Da ist ja der Begriff im besten Sinne doppeldeutig.

Also: Abhängigkeiten verringern. Nur, wie macht man das? Natürlich muss man hier Alternativen anbieten, und die sind in erster Linie im öffentlichen Verkehr, die sind in zweiter Linie durchaus in einer vernünftigen Raumplanung, das ist natürlich länger­fristiger, und auch in einer regionalen Arbeitsmarktpolitik zu finden. Und drittens muss man halt auch einmal die Wahrheit sagen, dass wir nicht in jedem letzten Tal die volle Infrastruktur wie in einem großen Zentrum aufrechterhalten können. Das sind Wahr­heiten, die man auch einmal aussprechen wird müssen. Es hat nicht immer ein jeder einen Anspruch, zu jeder Sekunde auf jedem Eck in Österreich möglichst billig hin- und hergebeamt zu werden. Das ist nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Und das gehört einmal gesagt, und dann gehört dort etwas getan, wo die Politik etwas sinnvoll beeinflussen kann. Und da gibt es in der Tat genug.

Beginnen wir bei den falschen Investitionen! Nach wie vor – wir haben es ja heute schon einmal an anderer Stelle gehabt – werden in ganz wenigen Jahren ganz viele Milliarden immer noch in den Autobahnbau gesteckt. Das ist falsch an der Stelle, weil es das falsche Verkehrssystem fördert. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist völlig klar, dass wer ständig Autobahnkilometer sät, stinkenden Verkehr ernten wird. Das ist eine logische Weisheit. Abgesehen davon, dass Österreich Europa- und Weltspitze ist, was Autobahnkilometer pro Kopf betrifft. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) – Ja, zu dem komme ich schon noch.

Wir haben zwar sehr viele Investitionen in Bereichen, wo man sich fragt, ob das gescheit ist, aber dort, wo wir sie brauchen würden, kann man sie mit der Lupe suchen.


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Wenn ich mir anschaue, wie der Bahnausbau in Österreich vonstattengeht, dann kann man den im Wesentlichen nur an der Westbahn bis jetzt gut beobachten – und es gibt ein paar Nahverkehrszentren, die ganz gut funktionieren, wie Vorarlberg und ein paar Großräume. Aber grosso modo, wenn man sich die Schweiz zum Vorbild nimmt, sind wir hier ganz, ganz weit hinten. Aber bei den Autobahnkilometern sind wir Weltspitze.

Es gibt in Europa ein einziges Land – wir haben es, glaube ich, schon gehört heute –, das ein paar Autobahnkilometer mehr pro Nase hat: Das ist ausgerechnet Griechen­land. Na gratuliere! Also, die völlig falsche Infrastruktur kommt vor dem ökonomischen Fall. Das ist nämlich gar nicht einmal so weit hergeholt.

Wir brauchen die Milliarden ganz woanders. Es sagt ja keiner, dass nicht investiert werden soll – ganz im Gegenteil! –, es muss mehr investiert werden und in die rich­tigen Systeme.

Im Übrigen wird der motorisierte Individualverkehr in der Fläche draußen noch genü­gend Bedeutung haben. Das ist ja überhaupt keine Frage. Wir müssen ihn nur besser auf die Piste bringen, im wahrsten Sinn des Wortes, und zwar mit Verbrennungs­motoren mit wesentlich weniger Verbrauch. Das geht technisch, da wäre schon viel mehr möglich. Da haben wir an der Stelle aber jetzt wirklich die Ölmultis, die nach wie vor den Durchbruch jener Technologien blockieren, und zwar im großen Stil, die es ermöglichen, dass man mit drei, vier Litern oder vielleicht sogar weniger, aber mit gleich hoher Leistung die Strecken zurücklegen kann. Da wäre viel mehr drinnen.

Aber auch andere Antriebssysteme werden natürlich kommen. Keine Frage! Nur: Je früher wir in dieses System einsteigen, desto besser wird es sein, weil wir uns dadurch Milliardenabflüsse in den russischen Raum und in den Nahen Osten ersparen.

Wir haben diese Abhängigkeiten, und die gehören abgestellt. Deshalb ist eine Investitionsentscheidung, die ökologischen und sozialen Kriterien genügt, so wichtig – sozialen Kriterien deshalb, weil das die Leute aus der Abhängigkeit bringt. Dies­bezüglich gibt es ein völliges Missverständnis, wo wir uns von einem Herrn Westen­thaler halt unterscheiden, denn: Wir können Sozialpolitik nicht an der Zapfsäule organisieren, nicht einmal an der Steckdose, sondern wir brauchen gerechte und ver­nünftige Preise! Die kommen aber nur so zustande, indem man die Umweltkosten reflektiert.

Aber wir brauchen, wenn wir schon von Steuersenkung reden – und jetzt sind wir genau bei dem Kapitel, und da sind wir selbstverständlich sehr dafür –, eine Steuersenkung dort, wo wir Weltspitze sind. Das ist bei den Arbeitskosten, und das ist auch bei den Einkommen im freiberuflichen und im Gewerbebereich. Dort ist Österreich Weltspitze – nicht bei der Mineralölsteuer! Da müssen wir runterkommen. Das ist die Aufgabe einer großen ökologischen, und in diesem Sinn auch ökono­mischen Umsteuerung.

Wir sollten nicht dort herumdrehen, wo wir eigentlich eh schon hintennach sind. Was glauben Sie, warum alle nach Österreich tanken kommen? – Österreich ist ja auch ein Transitland. Die Lkws, die quer durch Europa donnern, haben ein Ziel: in Österreich zu tanken. Das ist jedenfalls inkludiert, weil es bei uns nämlich billiger ist als woanders. Hören Sie auf, das dauernd auf diese Art und Weise zu vernebeln!

Aber ich spreche ja nicht dagegen, dass wir unser Steuersystem umkrempeln müssen. Nur: An welcher Stelle? – Dort, wo genau volkswirtschaftlicher Schaden en gros entsteht?! Dort, wo die Arbeitskosten zu hoch belastet sind?!

Aber dass wir irgendwelche Steuern werden einnehmen müssen, werden selbst Sie mit Ihrem „Genug gezahlt!“ irgendwann einsehen müssen, denn dauernd zu sagen, dass


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immer alles im Steuerbereich gesenkt werden muss, aber sich bei den Ausgaben­vorschlägen relativ zurückzuhalten, wird auf die Dauer auch nicht gehen.

Das haben Sie bei Ihrer Aufzählung vergessen, Herr Wirtschaftsminister, als Sie die wirtschaftspolitische Inkompetenz des BZÖ nachweisen wollten. Ich will da nicht einstimmen, aber das wäre ein Argument gewesen, dass man diese Voodoo-Öko­no­mie von irgendwoher, vom Wörthersee oder von sonst woher, einfach einmal zurück­weist: dass immer weniger Steuern automatisch zu einem immer besseren Leben in diesem Land führen würden!

Sie müssen doch endlich einmal sagen, wie Sie das machen wollen, und nicht selber noch zum Nebelwerfer greifen. Also auch eine Opposition hat den Auftrag, hin und wieder etwas Vernünftiges zu sagen. (Beifall bei den Grünen.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


16.22.38

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Kollege Kogler, es ist richtig, auch die Opposition kann, soll und darf etwas Vernünftiges sagen. Die Problematik ist nur, dass wir uns schon auch dessen bewusst sein sollten, wen wir hier zu vertreten haben. Und man merkt, dass die Bevölkerung in Österreich genug hat von Theorien und gescheiten Reden, was alles gut ist für dieses Land und für die Umwelt (Beifall beim BZÖ), sie aber immer dafür zahlen muss.

Ja wo sind denn die Experten? Das hat mich jetzt daran erinnert, und ich muss sagen: Vieles von dem, was du hier gesagt hast, ist vollkommen richtig: Fehler in der Raumplanung, das Auseinanderdriften von Wohnen, Arbeit, Einkauf, Freizeit, was zu immer mehr Verkehrsnotwendigkeit geführt hat, Schließung von Nebenbahnen et cetera. Über all das kann man diskutieren, das ist alles richtig.

Wir kennen doch all die Studien von Experten, die zuerst den Leuten eingeredet haben: Steigt vom Benzin auf Diesel um, denn das ist umweltfreundlicher und billiger! Jetzt haben das die Leute gemacht, haben die teureren Fahrzeuge gekauft. Aber ein paar Jahre später hat es geheißen: Na furchtbar, der Diesel belastet die Umwelt viel mehr als Benzin! Das werden wir jetzt höher besteuern. Aber bezahlen müssen das jene, die dem vertraut haben, was die Experten gesagt haben.

Biosprit: Haben wir alle noch im Ohr! – Ja, wichtig, die Abhängigkeit von den Öl-Multis reduzieren! Ganz wichtig: Biosprit beimengen, das ist für die Umwelt gut und auch für die Wirtschaft! (Abg. Bayr: Wertschöpfung!) – Wertschöpfung, ja! Aber zahlen müssen es die Kunden, die Autofahrer, weil der Benzinpreis natürlich dadurch angehoben worden ist.

Jetzt sagt man: Na solch ein Unsinn mit dem Biosprit, global eine Katastrophe, weil jetzt nur mehr Ölsaaten angebaut werden, anstatt dass man Lebensmittel anbaut! (Abg. Strache: So ist es!) Furchtbar, es muss völlig in die andere Richtung gehen! Und es wird alles noch viel teurer werden.

Meine Damen und Herren, alle möglichen Experten kommen daher und reden gescheit, letztlich widerlegen sie dann selber wieder ihre Meinungen, aber am Ende bezahlen das alles die Leute, bezahlt das alles die Bevölkerung. Und die hat jetzt ganz einfach schon genug davon.

Das zu sehen, wäre auch wichtig, meine Damen und Herren und auch Herr Bun­desminister! Sie sind heute ein bisschen schlecht gelaunt, glaube ich, aber irgendwie könnten Sie schon auch etwas dazu sagen. Vielleicht können Sie es nicht, ist in


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Ordnung, aber Sie brauchen doch die Opposition nicht so abzukanzeln, wenn wir zumindest versuchen, diese Preisspirale in die andere Richtung zu beeinflussen. Es muss doch auch Ihr Interesse sein, dass die Leute weniger für den Sprit zahlen und nicht mehr. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Sollte so sein!)

Kollege Haubner macht sich wegen unserer Ansage, dass wir nicht tanken sollen, Sorgen, dass die Tankstellenpächter zur Kasse gebeten werden. – Man muss die Tankstellenpächter unterstützen, aber dort ist es anders, wo es um die Margen geht, die sie von den Öl-Multis diktiert bekommen, denn die machen den Profit mit dem Sprit und nicht der Tankstellenpächter, der verdient nur mehr mit den Nebenprodukten, mit den Lebensmitteln et cetera.

Wir gehen morgen alle zu den Tankstellen Lebensmittel einkaufen und nicht tanken. Das ist gut für die Tankstellenpächter und ist auch ein klares Signal an die Öl-Multis. (Beifall beim BZÖ.)

Aber es war durchaus spannend, was alles hier noch gesagt worden ist. Der Kollege Matznetter – wo ist er?; er ist schon wieder gegangen, schade! Meine Damen und Herren von der SPÖ, Ihr Kollege Matznetter hat uns vorgeworfen die Forderung, und zwar auch von der FPÖ, nach einer Preiskontrolle und hat gesagt, dass ihn das an die alten KPÖ-Slogans erinnert. Muhri hat er hier zitiert: Wo sind die Muhris?

Herr Kollege Matznetter, für den Fall, dass Sie mich vielleicht am Fernsehschirm sehen, weil Sie gefragt haben, wo die Muhris sind, die so eine Preisfestlegung und -kontrolle verlangen! – Das werde ich Ihnen gleich sagen.

Es gab eine Dringliche Anfrage hier im Hohen Haus am 12. September 2008 betreffend „Versagen von Wirtschaftsminister Bartenstein bei der Bekämpfung der Teuerung“. Schwerste Vorwürfe sind da gemacht worden, und es gab die Forderung, dass der Preisminister endlich etwas gegen die Teuerung bei Lebensmitteln und Energie, nämlich den Spritpreisen, machen sollte. Diese Dringliche Anfrage hat der Abgeordnete Jarolim eingebracht an den damaligen Wirtschaftsminister Bartenstein. (Abg. Strache: Jarolim, der Muhri der SPÖ!) Ist das laut Ihrem Kollegen Matznetter von Muhri, was Sie da eingebracht haben?

Aber es kommt ja noch viel besser: In dieser Debatte damals gab es auch einen Ent­schließungsantrag – Muhri, schau oba!, würde Matznetter sagen –, und dieser Ent­schließungsantrag lautet:

„Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, seiner verfassungs­gesetzlichen Verpflichtung  umgehend nachzukommen und Höchstpreise für Treib­stoffe zu bestimmen.“

(Oh-Rufe beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Da schau her!)

Meine Damen und Herren, eine verfassungsrechtliche Verpflichtung für Höchstpreis­festsetzung! – Muhri, schau oba!, wieder nach Matznetter.

Wer hat diesen Entschließungsantrag eingebracht? – Und ich meine, den muss man sich einrahmen lassen, denn das ist wirklich interessant. – Antragssteller waren die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Dr. Jarolim. (Abg. Strache: Die Muhris des Parlaments!) – Eine ganz interessante Kombination: Jarolim und Westenthaler für Preisfestsetzung. (Beifall beim BZÖ.)

Aber der Herr Matznetter meint, es sei Muhri-Kommunismus, was wir machen. Viel­leicht sollte man einmal ins Archiv schauen, was die eigene Fraktion da verlangt hat, und hier nicht deshalb, weil die Koalition eine andere ist und man sich jetzt im Korsett befindet, anders argumentieren.


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Herr Minister, Sie haben gesagt, das ginge alles nicht, und haben die Preispolitik et cetera angesprochen. Aber klar ist schon eines: dass die Autofahrer 30 Milliarden €, meine Damen und Herren – insgesamt 30 Milliarden €! –, zum Steueraufkommen beitragen. Und das sind nicht immer Leute, die es sich aussuchen können, ob sie das Auto verwenden. Wir wissen, dass der Autoverkehr nicht immer durch den öffentlichen Verkehr ersetzt werden kann. Und es ist natürlich bequem, über Massensteuern das entsprechend zu kontrollieren.

Wenn ich die Lohnnebenkosten hernehme, die Einkommensteuer plus die Steuern auf die Mineralöle, dann komme ich insgesamt auf eine 80-prozentige Besteuerung, wenn ich einen Liter Sprit an der Zapfstelle tanken möchte.

Aber noch ein Argument, und das sage ich jetzt als außenpolitischer Sprecher, weil Sie, Herr Wirtschaftsminister, auch die internationale Lage angesprochen haben, indem Sie sagten: Was können wir dafür, dass es etwa im arabischen Raum Krisen gibt und deshalb die Spekulanten natürlich den Ölpreis hinaufschrauben? (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) – Da gebe ich Ihnen vollkommen recht: Das können wir alleine nicht machen!

Da wäre es halt einmal interessant – und das bitte jetzt für alle Kollegen, für die Außenpolitik mehr ist als Diskussionen über Diplomatenpässe, also wenn man hier einmal über den Tellerrand hinausblicken würde –, auch Energiestrategie zu betreiben, sich einmal zu überlegen, was sich denn bei manchen Krisen abspielt, warum etwa eine Irak-Krise begonnen worden ist, damals von den Amerikanern. Nicht deshalb, weil der Herr Saddam Hussein Atomwaffen oder Giftwaffen gehabt hat – es hat sich dann herausgestellt, dass das falsch war –, sondern deswegen, weil man ganz einfach wirtschaftliche Interessern, auch Öl-Interessen gehabt hat. Und die Situation ist heute schlechter als davor. Die Frage ist auch, warum man in Libyen den Aufstand unterstützt hat. Niemand weint dem Herrn Saddam Hussein und dem Gaddafi auch nur eine Träne nach.

Aber es sollte schon so sein: Wenn man für Menschenrechte kämpft, dann sollte die Situation nachher besser sein als vorher! Aber wenn man sich heute die Situation in Libyen anschaut, dann bestehen nach wie vor Menschenrechtsverletzungen: Es werden Leute vertrieben, gefoltert und ermordet, nur deshalb, weil sie anderer politi­scher Meinung sind. Aber die Ölkonzerne – in diesem Fall die europäischen, nämlich französischen – haben wieder ihre Lizenzen bekommen, die sie verloren hätten, weil der Herr Gaddafi das an China vergeben wollte.

Sie lachen, Frau Kollegin, aber das ist strategische Energiepolitik und Außenpolitik, wo wir keine Rolle spielen. Aber innerhalb der Europäischen Union könnten wir vielleicht ein bisschen mitdenken, dass Sanktionen, etwa auch solche gegen den Iran, über­haupt nichts bewirken, außer dass die dortige Bevölkerung beeinträchtigt wird und dass wir die höheren Benzinpreise zahlen müssen und sich die Chinesen freuen, dass sie von den Iranern billigeren Sprit bekommen.

Das wäre vielleicht auch ein kleiner Beitrag zu einer sinnvollen strategischen Ener­giepolitik. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. – Bitte.

 


16.31.35

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man kann es ja nicht oft genug sagen, und daher sage ich es hier noch einmal mit aller Deutlichkeit: Beim vorliegenden Konsolidierungs-


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paket werden keine Massensteuern angehoben! Es wird auf treffsichere Maßnahmen gesetzt, wie unter anderem die Streichung der Spekulationsfrist bei Immobilien, um nur ein Beispiel der Maßnahmen zu nennen, die langfristig für eine gerechtere Verteilung sorgen sollen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Steigende Spritkosten sind ein Thema, das den Menschen unter den Nägeln brennt. Gerade für Menschen in den ländlichen Regionen gehört der Sprit zu den Gütern des täglichen Bedarfs. Sie alle haben gar keine andere Möglichkeit, als täglich mit dem Auto zu fahren, da das Angebot des öffentlichen Verkehrs kaum vorhanden ist.

Glauben Sie mir, Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ, mit Handkuss würden diese Menschen eine Preiserhöhung der Dauerkarte für den öffentlichen Verkehr in Kauf nehmen, denn im Vergleich zu den Spritkosten wäre das um ein Vielfaches preiswerter und vor allem leistbarer. Ja, auch ich bin der Meinung, dass der Spritpreis zu hoch ist. (Ah-Rufe beim BZÖ.)

Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, wie man hier politisch versuchen kann, etwas zu verändern beziehungsweise zu verbessern im Sinne der vielen Menschen, die vom Auto leider beruflich und familiär abhängig sind. Die eine wäre die populistische und unüberlegte Variante, wie sie das BZÖ gewählt hat, eben die Forderung nach Senkung der Mineralölsteuer. (Abg. Grosz: Was ist denn die richtige?) – Darauf komme ich schon, Herr Kollege Grosz, keine Sorge! Lassen Sie mich Ihnen Folgendes vorher erklären:

Außer dem Ausfall von Einnahmen würde diese Maßnahme langfristig absolut nichts zur Senkung des Spritpreises beitragen. Preisbildend für den Spritpreis – und da zähle ich jetzt nur ein paar zentrale Punkte auf, Herr Kollege Grosz – sind die Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten, die Gewinne der Öl-Multis, die Spekulationen und viele weitere Faktoren, die wir sicher nicht mit der Senkung der Mineralölsteuer lenken können.

Wenn also Ihr Slogan „Genug gezahlt!“ ist, dann hören Sie auf, solche Dinge zu fordern, die letztendlich die SteuerzahlerInnen mehr kosten, als sie ihnen bringen. Und bei denen zu hoffen, dass sie es ohnehin nicht verstehen werden, aber dass sie dafür umso besser klingen, das kann es ja nun wirklich nicht sein. (Abg. Ing. Westenthaler: Wenn man die Steuer senkt, dann ist das weniger für die Menschen? – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Herr Kollege Grosz, jetzt komme ich zur zweiten Variante: Eine sinnvolle und seriöse Maßnahme wäre die Erhöhung und Ökologisierung der Pendler- und Pendlerin­nenpauschale. Das steht aber wiederum im Gegensatz zu Ihrer Forderung nach einem kilometerabhängigen Pendlerabsetzbetrag, da Absetzbeträge im Steuerrecht nicht die Steuerbemessungsgrundlage kürzen, sondern direkt von dem berechneten Einkommen beziehungsweise der Lohnsteuer in Abzug gebracht werden. Sinnvoller wäre daher eine vernünftigere Form mit ökologischer Komponente, und zwar, um das nicht zu vergessen, Investitionen in den öffentlichen Verkehr. Und da meine ich nicht den Bau von Autobahnen in Niederösterreich mit der gleichzeitig einhergehenden Schließung der Nebenbahnen. Es muss Geld in die Hand genommen werden, um jede ÖBB-Strecke weiterhin offenzuhalten, auszubauen und stärker zu nutzen. Eine Diskussion um die Erhöhung der Mineralölsteuer könnten wir uns dann zur Gänze sparen.

Noch einmal für den Kollegen Grosz: Die Mineralölsteuer ist nicht für die hohen Spritpreise verantwortlich. Eine solche Argumentation wäre schlicht und einfach verkürzt. Dass die Entwicklung von Treibstoffpreisen problematisch ist, möchte ich überhaupt nicht bestreiten. Aber wir müssen uns eingestehen, dass sie von inter-


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nationalen Entwicklungen abhängt und nicht von uns lenkbar ist. (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Herr Kollege Strache, ich möchte Ihnen jetzt ein kleines Rechenbeispiel der Gewerk­schaft vida nicht vorenthalten: Der öffentliche Verkehr hat in Österreich einen jährlichen Finanzbedarf von etwa 2,5 Milliarden €, der zum einen durch Fahrkarten und zum anderen durch staatliche Zuschüsse gedeckt wird. Ein Kilometer kostet dann, wenn man diesen Betrag auf die rund 23 Milliarden Kilometer umrechnet, 11 Cent. Mit einem Pkw würd die Rechnung anders aussehen, denn ein Kilometer kommt durchschnittlich auf 32 Cent, wenn man das amtliche Kilometergeld durch den durchschnittlichen Besetzungsgrad eines Autos dividiert. Eine Abwanderung von Öffis zum privaten Pkw würde also eine Verdreifachung der Kosten für die einzelnen Personen und den Staat bedeuten.

Daher fordern wir weiterhin einen weiteren Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ergänzend für diejenigen, die auf das Auto beruflich angewiesen sind, eine Ökolo­gisierung und Erhöhung der Pendlerpauschale. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt als Nächs­ter zu Wort. – Bitte.

 


16.37.06

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die bisherige Debatte zu diesem sicherlich spannenden und aufregenden Thema zeigt auch das breite Spektrum der Notwendigkeiten von Maßnahmen, aber natürlich auch der falschen Darstellung dessen, was tatsächlich nicht ist. Und das, was das BZÖ heute als Dringlichen Antrag eingebracht hat, hat Herr Bundesminister Mitterlehner sehr eindrucksvoll widerlegen können und auch anschaulich dargestellt.

Dass wir uns in Österreich laufend bemühen, auf der einen Seite unsere Ziele einer Ökologisierung zu erreichen und auf der anderen Seite billige Spritpreise für die vielen Pendler zu erhalten, ist, Herr Strache, evident. Es nützt nichts, wenn man nur laut herumschreit, und auch die Argumente, die der Herr Bundesminister versucht hat, dem Ing. Westenthaler näherzubringen, scheinen noch immer nicht gefruchtet zu haben.

Bei objektiver Betrachtung muss man sagen: Es ist tatsächlich so, dass die aktuellen österreichischen Spritpreise unter dem EU-Durchschnitt liegen und die steuerliche Belastung ebenfalls unter dem EU-Durchschnitt ist. Jetzt sagt keiner hier herinnen, dass sie nicht hoch sind, das ist überhaupt keine Frage, und dass jeder bemüht ist, diese hohen Spritpreise, die unseren Tausenden Pendlern im Land natürlich zur Last werden und das In-die-Arbeit-Fahren zusätzlich verteuern, mit Gegenmaßnahmen zu minimieren.

Wir sollten schon auch bedenken, dass, wie der Kollege Kogler zu Recht gesagt hat, diese Spritpreise mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sinken werden und wir uns überlegen sollten – auch angesichts der Knappheit dieser Rohstoffe –, künftig in bessere Immobilität zu investieren und in vieles, was es ohnedies schon jetzt gibt.

Es sind auch die Landestankstellen angesprochen worden. Der Herr Minister hat zu Recht darauf hingewiesen, und als Burgenländer weiß ich natürlich auch um die Landestankstellen und den Trick, der dahinter gestanden ist, der leider letztendlich nur dazu geführt hat, dass bei uns die Tankstellen eine Verteuerung für das Land gebracht haben, aber insgesamt die Spritpreise rund um diese Landestankstellen leider Gottes nicht im erwünschten Ausmaß gesunken sind. Und die vielen Probleme, die die Arbeit-


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nehmer dort gehabt haben – in arbeitsrechtlicher Hinsicht, Dienstzeiten betreffend und so weiter –, möchte ich jetzt gar nicht aufzählen. Aber das ist ein anderes Thema.

Um wen geht es? – Es geht in Wirklichkeit um die vielen Pendler. Gerade als Bur­genländer sind wir natürlich sehr stark betroffen. Wenn ich denke, im Burgenland gibt es insgesamt 130 000 Beschäftigte, 82 000 arbeiten im Land selbst, und 48 000 pen­deln aus dem Land aus und sind großteils auch auf die eigenen Verkehrsmittel, nämlich das Auto angewiesen und haben durch diese hohen Spritpreise auch entsprechende Mehrkosten zu bestreiten.

Es ist notwendig – dazu bekenne ich mich auch und dazu bekennen wir uns auch –, dass wir künftig bei einer Steuerreform darauf achten, dass wir vielleicht die bisherige Pendlerpauschale durch steuerliche Maßnahmen ablösen, durch die die tatsächlich gefahrenen Kilometer berücksichtigt werden. (Abg. Dr. Moser: Und die niedrigen Einkommen!) Das ist schon sehr in Ordnung, und darüber kann man auch diskutieren. Es ist notwendig, dass wir die E-Mobilität steigern und dass wir auch hier Maßnahmen setzen.

Aber was sicherlich nicht möglich ist, ist die Umsetzung jener Maßnahmen, die seitens des BZÖ angedacht wurden, weil sie schlichtweg so nichts bringen und auch der Denkansatz vom Grundsatz her falsch ist.

Daher, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, werden wir natürlich diesem Dringlichen Antrag nicht unsere Zustimmung erteilen, dürfen aber versichern, dass zumindest die Österreichische Volkspartei weiterhin alles dafür unternehmen wird, dass es künftig Spritpreise gibt, die leistbar sind, und zum anderen, wenn sie für Menschen Härtefälle bedeuten, dass diese auch dementsprechend durch entgegenwirkende und begleitende Maßnahmen unterstützt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Venier zu Wort. – Bitte.

 


16.42.42

Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mobilität ist eines der grundlegenden Bedürfnisse der Menschen. Sie ist eine der wesentlichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, für die Entfaltung des selb­ständigen Lebens und des täglichen Lebens. Damit meine ich nicht nur die Fuß­läufigkeit, das Fahrrad und die öffentlichen Verkehrsmittel, sondern in erster Linie auch den motorisierten Individual- und Berufsverkehr, der sich – mögen das manche Damen und Herren in diesem Haus auch noch so sehr herbeisehnen – weder verringern noch in Luft auflösen wird.

Es ist einfach Tatsache, dass viele Menschen, aber auch Unternehmen in unserem Land auf Kraftfahrzeuge angewiesen sind. Gerade sie waren in der Vergangenheit bei den Erhöhungen der Treibstoffkosten immer massiv gefordert, diese Kosten auch zu schlucken und möglichst zu verkraften, was für sie ganz schwierig ist. Natürlich ist auch die Wirtschaft ganz schwer davon betroffen, wobei davon auszugehen ist, dass die Wirtschaft diese Kosten durchaus eins zu eins an die Endverbraucher weitergegeben hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Zudem ist auch ein recht intensiver volkswirtschaftlicher Schaden entstanden, denn den lukrativen Tanktourismus haben Sie mit größtem Erfolg abgewürgt. Mit dem jetzt erreichten Preisniveau, mit dem laut meiner Befürchtung der Plafond noch immer nicht erreicht zu sein scheint, ist jedenfalls die Grenze des Zumutbaren endgültig über-


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schritten worden. Und Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, sind heute hier gefordert, etwas dagegen zu unternehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mir ist schon klar, dass Sie weder gegen Börsenspekulationen noch gegen die Politik der OPEC oder auch die sich massiv negativ auswirkende Iran-Politik der USA und der EU etwas ausrichten können noch deren Politik gegenüber anderen potentiellen Lieferanten ändern können. Aber wir können durchaus hier und heute im eigenen Land Maßnahmen setzen, wie beispielsweise eine deutliche Senkung der Mineralölsteuer. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass sich eine solche Senkung der Mineralölsteuer positiv auch auf den Tank­tourismus auswirken und somit dem Budget zusätzliche Millionen zuspielen würde, ohne dabei die eigene Bevölkerung zu belasten, ist klar und wurde auch durch Forschungsergebnisse der Wirtschaftsuniversität Wien aus dem letzten Jahr unter­mauert. Ich muss ganz ehrlich sagen, mir ist lieber, wir verdienen an Tanktouristen als an unseren eigenen Bürgern. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine weitere Maßnahme, die eher die Länder betrifft, wäre hier anzudenken, nämlich die Tourismusabgabe auf Treibstoffe zu senken. Jeder Bürger, der in Österreich in verschiedenen Bundesländern tankt, bezahlt eine Tourismusabgabe mit, was natürlich auch zu einem höheren Preis führt.

Ein besonders wichtiger Punkt ist aber der Ausstieg aus dem völlig unnützen Kyoto-Protokoll, denn Luftbelastung macht bekannterweise nicht an der Grenze halt, und es ist nicht einzusehen, dass wir aufgrund dieser Verpflichtungen einen wirtschaftlichen Schaden erleiden (Beifall bei der FPÖ.)

Andere Länder wie beispielsweise die Kanadier, die sich noch ihren gesunden Men­schenverstand bewahrt haben, haben das längst erkannt und sparen sich durch den Kyoto-Ausstieg mittlerweile Milliarden. Wir sollten das auch tun, vor allem auch im Sinne jener, die mit diesen Treibstoffpreisen geschröpft werden. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass ich bei Ihnen bei einer breiten Mehrheit – aufgeteilt in Steuereintreiber und Ökofreaks – auf Ablehnung stoßen werde, dennoch lade ich Sie heute ein, im Sinne des Bürgers zu agieren und in diesem wichtigen Bereich für dringend benötigte Entlastung zu sorgen. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Venier, Lausch, Vilimsky, Höbart und weiterer Abgeordneter betref­fend Maßnahmenpaket zur Entlastung der Autofahrer

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die zuständigen Bundesminister werden aufgefordert, umgehend laut § 5a des Preisgesetzes einen amtlichen Höchstpreis für Diesel und Benzin zu verfügen sowie dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die

eine Anhebung des amtlichen Kilometergeldes auf 0,73 €,

eine Anhebung der Pendlerpauschale und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 168

einen entsprechenden Ausgleich für Pendler, die aufgrund eines geringeren Einkom­mens keine Pendlerpauschale in Anspruch nehmen können,

sicherstellt.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Venier, Lausch, Vilimsky, Höbart und weiterer Abgeordneter betreffend Maßnahmenpaket zur Entlastung der Autofahrer

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 29. Februar 2012 im Zuge der De­bat­te zum dringlichen Antrag des BZÖ betreffend „Genug gezahlt – ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“

Nach den permanenten Erhöhungen der Mineralölsteuer durch die rot-schwarze Bundesregierung in den vergangenen Jahren und den Auswirkungen des schwachen Euro, haben sich die Befürchtungen auf dramatische Weise bestätigt, dass die Mineralölfirmen die Situation ausnutzen und auf dem Rücken der Österreicher Gewinnmaximierung betreiben. Dies trifft die Wirtschaft – und hier vor allem die kleinen und mittleren Betriebe – genauso wie zehntausende Pendler, Familien und Pensionis­ten, die auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sind.

In dieser Situation hat der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend die Möglichkeit, nach § 5 Preisgesetz, für die Dauer von sechs Monaten einen gesetz­lichen Höchstpreis zu bestimmen, wenn Untersuchungen eine ungerechtfertigte Preis­politik der gegenständlichen Firmen ergeben. Angesichts eines Gewinns von rund 2,5 Milliarden alleine für die OMV, scheint dieser Verdacht ausreichend bestätigt. Diese Maßnahme der Preisregulierung würde in Verbindung mit einer Anhebung des Pendler­pauschales und des Kilometergeldes zu einer unmittelbaren Entschärfung der Situation führen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die zuständige Bundesminister werden aufgefordert,

umgehend laut § 5a des Preisgesetzes einen amtlichen Höchstpreis für Diesel und Benzin zu verfügen,

sowie dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die

eine Anhebung des amtlichen Kilometergeldes auf 0,73 Euro,

eine Anhebung der Pendlerpauschales und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 169

einen entsprechenden Ausgleich für Pendler, die auf Grund eines geringeren Einkom­mens keine Pendlerpauschale in Anspruch nehmen können,

sicher stellt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


16.47.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Minister! Meine Damen und Herren! Ja, die Reform der PendlerInnenpauschale ist sicherlich konsensfähig in diesem Haus. Wir haben es gehört vonseiten der SPÖ. Wir haben es gehört vonseiten der FPÖ. Wir Grünen sind immer schon dafür gewesen, dass die Pendlerpauschale reformiert wird zugunsten derjenigen, die die öffentlichen Verkehrsmittel nützen, und vor allem derjenigen, die wenig verdienen – denn die leiden ja unter diesem Belastungsdruck, besonders auch der steigenden Treibstoffpreise, außerordentlich.

Ich glaube, es lässt sich auch mit der ÖVP ein Bündnis, eine Allianz schließen in Richtung endliche Reform dieser PendlerInnenpauschale. Das wäre ein positives Ergebnis der heutigen Diskussion zu diesem Dringlichen Antrag – denn alle anderen Diskussionsbeiträge vonseiten des BZÖ beziehungsweise auch vonseiten der FPÖ sind mehr als unnötig.

Darf ich Ihnen kurz ein paar Realitäten vor Augen halten. (Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.) Entschuldigen Sie, Herr Kollege Höbart, Sie wissen genauso wie ich: Erdöl ist endlich. Sie wissen genauso, dass ein Teil der Preissteigerung darauf zurück­zuführen ist, dass der „Peak Oil“ erreicht worden ist und dass wir einfach mit weniger Angebot höhere Preise haben. Sie wissen genauso, dass die Nachfrage nach Erdöl aufgrund gewisser weltwirtschaftlicher Entwicklungen auch noch steigen wird.

Ja, und die Preissteigerung beim Erdöl ist auf der einen Seite durch die geringere zukünftige Förderung vorhersehbar – wie das Amen im Gebet wird das kommen – und wird auf der anderen Seite natürlich noch verschärft durch die spekulativen Vorgänge auf den Märkten – keine Frage.

Vor diesem Hintergrund darf ich Ihnen nur eines empfehlen, was Sie ja auch manchmal vorschlagen: Unabhängig werden! Unabhängig werden von fossilen Treib­stoffen, vom Öl, von dem, was uns die Scheichs und die Mullahs liefern!

Nur eine kleine Fußnote: Was glauben Sie, welches Land die Treibstoffe am meisten subventioniert, genau so, wie Sie es vorschlagen? – Das ist der Iran. Der Iran, ein Erdöl produzierendes Land, das Land, wo die „Mullahs“ – unter Anführungszeichen – noch immer herrschen, subventioniert am meisten. Wollen wir den Kurs der Mullahs in Österreich haben? – Ich sage: Nein. Das ist mir also fremd. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Höbart: Es geht darum, ein wenig an der Steuerschraube zu drehen! Ein klein wenig!)

Ich möchte Ihnen noch eine andere Tatsache vor Augen führen. Natürlich, die Preissteigerung beim Treibstoff ist jetzt deutlich spürbar, aber vergleichen Sie das! Vergleichen Sie das mit lebensnotwendigen Gütern – ich habe mir hier extra eine Tabelle geholt –:

Preissteigerung Benzin – Fünfzigerjahre und jetzt –: an die 400 Prozent Preis­steigerung; die Milch über 453 Prozent; das Bier 782 Prozent Preissteigerung im Ver-


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gleich zu den Fünfzigerjahren (Abg. Ing. Höbart: Ist das Bier lebensnotwendig? – Für manche vielleicht!); Brotpreis plus 848 Prozent – ja, so ist es! –; Kartoffel plus 880 Pro­zent Preissteigerung. Und die Kinokarte? – Das können Sie bitte kurz überlegen, um wie viel die teurer ist als in den Fünfzigerjahren; Sie werden es, glaube ich, nicht erraten. – Preissteigerung bei Kinokarten: 2 354 Prozent! (Abg. Dr. Pirklhuber: Ist ja unglaublich!)

Das sind die Realitäten bei den Preissteigerungen. In dieser Dimension liegt die Treibstoffpreissteigerung im Mittelfeld beziehungsweise im unteren Feld. Und in dieser Dimension kann ich nicht über eine Senkung der Mineralölsteuer diskutieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Höbart: Um wie viel Prozent sind die Gehälter gestiegen?)

Ich kann sehr wohl und muss diskutieren über Folgendes: Erstens, wie löse ich die Abhängigkeit vom Öl? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Zweitens, wie schaffe ich den Systemwechsel, auch steuerpolitisch? Wir sind ja schon lange für eine Ökologisierung des Steuersystems, für eine Entlastung der Arbeitsbesteuerung. Das ist dringend notwendig in dem Kontext, und wir müssen, um die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren, auch den fossilen Sektor mehr besteuern – keine Frage –, aber immer im sozialen Ausgleich und aufkommensneutral. (Abg. Ing. Höbart: Der findet nicht mehr statt, das ist das Problem!)

Und worüber ich noch diskutieren muss, ist, wie gesagt, auch diese Frage der PendlerInnenpauschale: Das ist wirklich ein extremes soziales Ungleichgewicht. Und worüber ich diskutieren muss, ist sicherlich ein sozialpolitisches Begleitpaket zu dem, was jetzt an Sparmaßnahmen auf dem Tisch liegt. Aber was ich nicht diskutieren will, ist die Frage der Mineralölsteuer in Österreich, weil wir immer noch, im Vergleich zu anderen Ländern, der billige Jakob sind. – Ich sage: im Vergleich zu anderen Ländern in Europa.

Diese Steuerdiskussion führt uns völlig in die Abhängigkeit von Ölscheichs, von Multis, von Spekulanten. Und darum: Machen wir einen Strich drunter und beginnen wir konstruktiv mit der Ökologisierung des Steuersystems, mit der Reform der PendlerIn­nenpauschale und endlich mit einem ordentlichen Ausbau der öffentlichen Verkehrs­mittel.

Da ist jeder Cent dringend notwendig für die Angebotsverbesserung, denn dann haben wir das, was die PendlerInnen brauchen: sichere Verkehrsmittel. Dann haben wir das, was die PendlerInnen brauchen: kostengünstigeren ÖV – dieser kostet maximal ein Viertel dessen, was der Individualverkehr jemanden monatlich kostet.

Und dann haben wir auch das, was wir letztlich brauchen, nämlich eine sozial ausgewogene, sanfte Mobilitätspolitik mit Zukunftsdimensionen, die wir uns auch leisten können, wenn es keinen Tropfen Erdöl mehr gibt. Und dahin wollen die Grünen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Sie haben die Pendler vergessen!)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Ich mache darauf aufmerksam: Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 4 Minuten; die Gesamtrestredezeit Ihrer Fraktion beträgt 7 Minuten. – Bitte.

 


16.53.47

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Autofahren ist fast nicht mehr leistbar. Die damals utopischen Forderungen der Grünen in Deutschland, die einen Benzinpreis von umgerechnet 20 S pro Liter gefordert haben, sind jetzt durch die Realität – und das ist traurig – übertroffen worden.


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Wir haben heute mit 1,60 € einen Benzinpreis von 22 S, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und die Prognosen der Experten sprechen von 2 € pro Liter. Das sind 28 S in echter Währung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das muss man sich einmal vor Augen halten und das müssen wir alle hier auch verinnerlichen, vor allem Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regie­rungsparteien. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Öllinger: Kleinere Autos fahren!)

Die Spritpreise steigen ins Unermessliche, die Autofahrer werden abgezockt und geschröpft, die Mineralölkonzerne schreiben Rekordgewinne. Da läuft etwas falsch. Die Bundesregierung macht nichts dagegen.

Das wurde in der heutigen Debatte von den Vorrednern von unserer Fraktion und auch von der anderen Oppositionspartei, der FPÖ, angesprochen. Die Bundesregierung macht nichts, und die Abgeordneten machen sich sogar darüber lustig, vor allem die Abgeordneten der SPÖ.

Ich erinnere an die Sondersitzung in der letzten Woche, wo mein Kollege Gerald Grosz hier von diesem Rednerpult aus berichtet hat, dass er bei einer Tankstelle in Wiener Neustadt für 1 Liter Diesel 1,60 € (Abg. Grosz: Da haben alle gelacht!) bezahlt hat. Wie war die Reaktion aus der SPÖ?

Der Kollege Riepl schrie dazwischen: „Selber schuld !“ Und der Herr Krainer machte sich noch lächerlicher, als er hier zum Rednerpult schritt und sagte – ich zitiere aus dem Stenographischen Protokoll –:

„Ich glaube, es ist Zeit, hier beim Rednerpult wieder zurück zur Realität zu kommen. Ich kann nur sagen, in Wien Ottakring hat heute der Sprit 1,39 € gekostet. Ich weiß nicht, wo Sie tanken, Herr Abgeordneter Grosz, aber vielleicht sollten Sie sich eine andere Tankstelle aussuchen, um so etwas einsparen zu können.“ – (Abg. Grosz: Das ist eine Woche her!)

Das ist purer Zynismus, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Und dieser Zynismus ist symptomatisch für die Politik der SPÖ, und das zieht sich wie ein roter Faden durch: Die Mineralölsteuer wird erhöht. Die Frau Kollegin Hakel, die ist jetzt auch nicht im Raum, hat ja vorhin wenigstens zur Kenntnis genommen, dass der Benzinpreis zu hoch ist, allerdings hat sie einen sehr eigenartigen Zugang: Sie meinte nämlich, die Mineralölsteuer zu senken wäre ein Nachteil für die Bevölkerung. – Jetzt frage ich mich schon: Wo ist da der Nachteil für die Bevölkerung, wenn man die Mineralölsteuer senkt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ? (Beifall beim BZÖ.)

Da wir gerade bei der SPÖ sind, schauen wir doch kurz nach Wien: Ab morgen, ab dem 1. März, werden hier die Autofahrer besonders geschröpft und besonders gestraft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Apropos Strafe: Die Strafe für Falschparken wird von 21 € auf 36 € erhöht. (Abg. Ing. Höbart: Wahnsinn! Das ist eine Abzocke!) Die Parkgebühren werden erhöht. Der Preis für den Kurzparkschein wird um 67 Prozent erhöht. Während man bisher für eine halbe Stunde 60 Cent bezahlt hat, zahlt man ab morgen 1 €, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich habe hier – ich weiß nicht, vielleicht kennt das noch jemand oder kann das noch jemand erkennen – einen Parkschein aus dem Jahre 2001 mit doppelter Preis­aus­zeichnung in Schilling und in Euro. Wissen Sie, was im Jahr 2001 ein Parkschein gekostet hat? Weiß es irgendjemand? – Es waren 6 S oder 44 Cent, meine sehr geehrten Damen und Herren.


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Was haben wir heute, 2012? – Eine Steigerung von 129 Prozent bei Parkscheinen in Wien. Das ist eine Abzocke, meine sehr geehrten Damen und Herren, und damit muss Schluss sein! (Beifall beim BZÖ. – Ruf: Das ist Wien! Für die Parkscheine ist Wien !) Das ist Wien? – Das ist nicht nur Wien, das ist auch die Bundesregierung, vor allem was den Benzinpreis betrifft.

Wir fordern die Bundesregierung auf, wir fordern den Minister auf, hier endlich tätig zu werden. Und ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auch fragen, wie es mit der Monitoring-Gruppe aussieht, die in Ihrem Ministerium ja angesiedelt ist: Diese wurde 2008 eingesetzt, sie wurde nicht einberufen. ÖAMTC, ARBÖ, die Bundes­wett­bewerbsbehörde, die Arbeiterkammer, alle haben das kritisiert, alle haben Vorschläge gemacht – Vorschläge, die sich auch in unserem Dringlichen Antrag wiederfinden.

Sie reagieren nicht. Sie sagen, es gibt hier nichts zu tun. – Hier gibt es aber Beleg­beispiele dafür, die das Gegenteil sagen. Vielleicht können Sie sich dazu abschließend noch äußern. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Maier gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.58.26

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Bucher: Was sagt die Arbeiterkammer jetzt? – Der Kartelljäger Nummer eins in Europa!) Ich werde natürlich sehr konkret zu den Positionen der Arbeiterkammer Stellung nehmen, Kollege Bucher. (Abg. Bucher: Jacky! Kartelljäger Nummer 1! „FBI“! – Immer nur eine große Klappe!)

Nur eines ist mir auch wieder aufgefallen (Abg. Ing. Westenthaler: Große Klappe!), wenn es Forderungen gibt von der Arbeiterkammer: dass man nur eine halb – auch nur halb – vorliest und alle anderen Forderungen vergisst und wegschiebt.

Aber ich möchte jetzt einmal etwas anderes sagen. Es liegt mir, Hohes Haus, etwas im Magen (Abg. Bucher: Große Töne spucken und tolle in der Arbeiterkammer – und dann nichts umsetzen!): Da geht der Herr Bucher heraus und spricht von einer unmo­ralischen Vorgangsweise. – Jetzt denke ich mir, als Mitglied des Untersuchungs­aus­schusses zur Aufdeckung von Korruptionsdelikten: Wieso kann der Herr Bucher das Wort „Moral“ noch in den Mund nehmen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Geh, hör auf! – Abg. Bucher: Sind Sie noch bei Sinnen? – Sie sind ja nicht zurechnungsfähig! – Das ist ja unglaublich!)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind im Untersuchungs­ausschuss konfrontiert mit einer Parteienfinanzierung durch die Telekom für das BZÖ. (Abg. Bucher: Die größten Verbrecher findet man in der SPÖ! Die größten Verbrecher habt ihr in euren Reihen! – Bei uns ist noch nie einer eingesperrt worden!)

Und dann kommt der Herr Bucher her und spricht von einer unmoralischen Vor­gangsweise. Aber nicht nur der Herr Bucher, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Grosz: Was ist mit dem Herrn Gartlehner?)

Da gab es heute einen anderen Redner des BZÖ. (Ruf beim BZÖ: Eine Verbrecher­partei ist die SPÖ!) Der hat eines behauptet, und ich habe den Aufschrei hier in diesem Hohen Haus vermisst, nämlich, dass die Außenpolitik (Abg. Bucher: So ein Rotschädel! – Abg. Ing. Westenthaler: Der feigste Abgeordnete mit dem schlechtesten Toupet!) gegenüber dem Iran an den hohen Benzinpreisen schuld wäre. Und auch der Herr Scheibner hat uns hier so etwas Ähnliches dargelegt.


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Meine Damen und Herren! Was ist der Iran? – Der Iran ist ein Terrorregime, ein Regime, das die Völker des Iran unterdrückt, wo es die Scharia gibt und wo derzeit an einer Atombombe gebastelt wird. Und jetzt geht das BZÖ her – das ist sehr wichtig für die Fernsehzuschauer –, aber ich würde mir eines wünschen: Nehmen Sie das Wort „Menschenrechte“ nie mehr in den Mund (Abg. Bucher: Das ist ja unfassbar! – Abg. Scheibner: Ungeheuerlich! – anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ), wenn Sie meinen, dass aus wirtschaftlichen Überlegungen die Europäische Union Maßnahmen gegen den Iran nicht ergreifen soll! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Bucher:  eine Moral! Ungeheuerlich!) – Zur Moral kommen wir noch, Herr Kollege Bucher! (Abg. Bucher: Sie sind die größte Verbrecherpartei, die es überhaupt gibt! – Abg. Grosz: Woher haben Sie das Toupet?)

Ich bin der Auffassung, dass das größte Problem bei den Treibstoffpreisen momentan an den Märkten liegt. (Abg. Ing. Westenthaler: , genannt „Hasenfuß“!) Die Märkte zocken mit Rohstoffen, mit dem Ölpreis, und die Spekulanten treiben die Treibstoff­preise in die Höhe. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt vier Aspekte für diese enorme Entwicklung. Zum einen sind es die hohen Rohölpreise, die auch der Herr Bundesminister bereits angesprochen hat, weiters der schwache Eurokurs, der fehlende Wettbewerb und die Zockerei an den internationalen Börsen. Wenn wir nun diese Probleme regeln wollen, dann können wir sie, Kollege Bucher, nicht national regeln, wir können sie eben nur auf der internationalen Ebene regeln. (Abg. Bucher: Wieder eine große Klappe, aber nichts lösen! Große Sprüche klopfen, aber nichts zustande bringen!)

Und jetzt das Papier der Arbeiterkammer. Die Arbeiterkammer (Abg. Ing. Westen­tha­ler: Wenn die lauter solche Funktionäre haben wie Sie!), die regelmäßig Preis­erhebun­gen durchführt, weist auch darauf hin, wie schwierig ein einheitlicher Preis in Österreich ist aufgrund der geographischen Gegebenheiten, zum Beispiel auch in meinem Bundesland, in Salzburg, in Kärnten und in Tirol. Die Arbeiterkammer, Herr Kollege Bucher, verlangt keine Preisregelung nach § 5a – die im Übrigen ja gar nicht möglich wäre. Ich möchte da auch die freiheitlichen Kollegen berichtigen. Der Herr Bun­desminister kann nach § 5a keine Preisregelung durchführen; man könnte eine Untersuchung nach § 5a Abs. 1 verlangen. (Abg. Bucher: Der Jarolim hat das beantragt!) Lesen Sie bitte genau den Gesetzestext! (Abg. Grosz: Nein, lesen Sie den Antrag vom Genossen Jarolim! – Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind ja unfähig zum Lesen!)

Die Arbeiterkammer verlangt keine Preisbindung, die Arbeiterkammer verlangt ganz etwas anderes – ich zitiere –:

Spekulanten Riegel vorschieben:

„Die Regierung muss sich auf EU-Ebene für Maßnahmen gegen Spekulationen auf den Rohstoffmärkten, insbesondere auf dem Ölmarkt, einsetzen.“ – Das passiert bereits.

Der zweite Punkt: Untersuchung der Spritpreisbildung.

„Die EU-Kommission muss die Preisbildung beim Rohöl und Sprit prüfen,“ sowie den Mineralölmarkt untersuchen. – Passiert bereits.

Der dritte Punkt: Die Bundeswettbewerbsbehörde muss den österreichischen Treib­stoffmarkt genau unter die Lupe nehmen. – Das hat die Arbeiterkammer gesagt, Kollege Bucher!

Und jetzt sind wir beim Kartellverfahren. Ich bedanke mich für die hervorragende Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde, die in Österreich regelmäßig den Treibstoffmarkt untersucht, und ich empfehle den Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ, auf der Web-


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seite der Bundeswettbewerbsbehörde nachzuschauen, insbesondere was die Untersuchungen betrifft, die bereits durchgeführt worden sind. (Abg. Scheibner: Na, dich brauchen wir mit deinen Belehrungen!)

Warum sind die Kartellbehörden in Europa eigentlich erfolgreich, Kollege Bucher? Warum? – Weil es eine Kronzeugenregelung gibt. (Abg. Grosz: Ich erspare es dir, dir zu sagen, was der Herbert Haupt über dich gedacht hat!) Mit einer Kronzeugen­regelung konnte das Aufzugskartell zerschlagen werden, konnte das Kosmetikkartell gebrochen werden, und sie wurden zu eminent hohen Zahlungen verpflichtet.

Kollege Bucher, wir haben im Strafrechtsbereich jetzt auch die Kronzeugenregelung übernommen. Einen Kronzeugen gibt es ja bereits, und der hat ganz klar die Parteien­finanzierung des BZÖ durch die Telekom bestätigt. Ich möchte das mit aller Deutlich­keit hervorheben.

Die Kronzeugenregelung ist hervorragend, und ein Ersuchen von mir: Kennen Sie einen Kronzeugen am österreichischen Markt, der über wettbewerbswidriges Verhalten bei der Bundeskartellbehörde oder bei der Bundeswettbewerbsbehörde aussagen könnte? Hätten wir nämlich einen Kronzeugen, dann könnte ein Kartell zerschlagen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westen­thaler: Das ist ein Schwachmatikus! Der schwächste und feigste Abgeordnete!)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


17.05.10

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Abgeordneter Maier hat neben anderen unwahren Behauptungen die Unterstellung vorgenommen, ich würde die Menschenrechte den wirtschaftlichen Interessen opfern und wäre deshalb gegen Sanktionen gegen den Iran. – Diese Behauptung ist wie manche andere unrichtig! Ganz im Gegenteil: Ich habe gesagt, dass selbstverständlich der Kampf für die Menschenrechte wichtig ist, und ich habe kritisiert, dass viele Mächte, Großmächte der Welt – leider auch mit Unterstützung der Europäischen Union – aus wirtschaftlichen Interessen in dieser Region intervenieren und nicht die Menschenrechte im Vordergrund sehen.

Letztlich hat die Zeche auch bei Sanktionen die Zivilbevölkerung zu zahlen – und auch der Steuerzahler in Österreich, weil er den höheren Benzinpreis zu berappen hat. Also behaupten Sie nicht in einer so sensiblen Frage die Unwahrheit, sondern informieren Sie sich besser, was wirklich wichtig wäre für die Bevölkerung dort! (Beifall beim BZÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte. (Abg. Dr. Matznetter: Das war ein unverständliches Gestammel! – Abg. Ing. Westenthaler: Er ist auch noch ein Ehrabschneider! – Abg. Grosz: Gürtel enger schnallen, Herr Matznetter!)

 


17.06.00

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Die Kollegen vom BZÖ haben wieder einmal eine große Themenleere und haben in den Kalender geschaut und gesehen: Ah ja, da schau her – die Treibstoffpreise passen, wir können wieder einmal etwas unternehmen!

Gratuliere zur „Kreativität“! Das ist ja nicht das erste Mal. Schreibt ihr eigentlich schon eure eigenen Reden ab? Schreibt ihr schon eure eigenen Anträge ab? Es ist wirklich fad. Ich wundere mich, dass der Kollege Bucher mit dieser Truppe überhaupt noch


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auskommt. Sie selber sind ja einer, der gelegentlich gute Ideen hat, aber wenn man sich den Hintergrund anschaut, wundert man sich nicht, dass so etwas sein muss. Na gut, es ist so, wie es ist. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grosz: Fürs Protokoll: schwacher Applaus bei der ÖVP!)

Es ist so, wie es ist. Wenn wir wirklich über die Frage Marktwirtschaft reden wollen, dann reden wir halt einfach darüber und fragen wir einmal, wie das ist, wenn etwas knapp wird. Wenn etwas knapp wird, wird es teuer. Wenn es teuer wird, muss man darauf reagieren. (Abg. Grosz: So stellt sich der kleine Maxl die Treibstoffregulierung vor!) Normalerweise weicht man dann auf etwas aus, was nicht so teuer ist, und tatsächlich funktioniert das auch in diesem Bereich so.

Geschätzte Kollegen! Momentan ist Diesel teuer, momentan ist Heizöl teuer, das ist ja dasselbe, nur gefärbt, momentan ist Benzin teuer. (Abg. Grosz: Na ja, macht ja nichts! Nehmen wir unsere 8 600 € Gage vom Parlament! – Kollege, auch Sie sind teuer!) Der Autofahrer kann schlecht vom Diesel ausweichen, aber alle miteinander können ausweichen in der Frage Heizöl. Bedenken wir, dass wir es gar nicht zum Thema machen, Alternativen zu suchen, um überhaupt den Mineralölverbrauch zu senken. Da hätten wir sehr bald ein gutes Thema, über das wir reden können. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: 8 600 € im Monat!) Es geht nämlich darum, von den fossilen Energieträgern weg- und zu alternativen Energieträgern hinzukommen, die wir zur Verfügung haben und verwenden können. (Anhaltende Zwischenrufe der Abgeordneten Grosz und Ing. Westenthaler.) – Passt ein bisschen auf, liebe Freunde!

Wir haben zum Beispiel die Möglichkeit, mit Biodiesel Diesel zu ersetzen, wir haben die Möglichkeit, mit Holz und Pellets Heizöl im Keller zu ersetzen, und wir haben die Möglichkeit, mit Bioethanol Benzin zu ersetzen – und das alles momentan zu konkurrenzfähigen und vergleichbaren Preisen! Der Punkt ist der: Warum unterstützt man das nicht mehr? Warum wehrt ihr euch alle dagegen, dass wir in diesen Themen weiterkommen? Im Schlechtmachen seid ihr alle Hausmeister! (Abg. Markowitz: Wer wehrt sich dagegen? Das ist ja unglaublich!)

Es gibt einige Themen, wo wir weiterkommen könnten (Abg. Markowitz: Sagen Sie, wer sich dagegen wehrt!), aber gerade in diesen Fragen hören wir von euch nichts! In eurem Antrag ist kein einziger Satz über Alternativen enthalten, es ist euch nichts eingefallen! (Abg. Markowitz macht die Scheibenwischerbewegung.) Und Fuchteln und Schädeldeuten brauchst du auch nicht, und den Vogel zeigen wir uns da herinnen auch nicht! (Abg. Grosz: Ist das die Aschermittwochsrede von der niederösterreichi­schen Landwirtschaftskammer? – Abg. Markowitz: Sagen Sie doch, wer sich dagegen wehrt!) Du kannst ruhig laut werden, aber Vogel zeigen, das tun wir nicht – noch nicht – in diesem Haus! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, Tatsache ist, es gibt Alternativen und alternative Möglichkeiten, beim Holz, bei den Pellets. Damit verdrängen wir Heizöl, und verdrängen wir Heizöl, wird die Knappheit geringer. Und wenn die Donau zugefroren ist, ist es dann auch nicht mehr so knapp, weil wir dann selber leichter an andere Quellen kommen.

Auch beim Gas haben wir ähnliche Möglichkeiten. In Deutschland wird Biogas produziert. Großes Theater, großes Geschrei! Tatsache ist, dass mittlerweile in Deutsch­land Biogas produziert wird, und zwar sechsmal so viel, als Österreich überhaupt Erdgas verbraucht. Alle die, die sich einmal lustig gemacht haben darüber, müssen zur Kenntnis nehmen, dass das mittlerweile ein Thema ist.

Ein anderes Thema: Wir reden so gern über Biobenzin, wir reden über Bioethanol und Treibstoffe. Brasilien hat eine Alternative gefunden: Brasilien gewinnt heute die Hälfte seines Treibstoffes aus Zuckerrohr. Dort verbraucht man mittlerweile mehr Ethanol als


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Benzin, weil man draufgekommen ist, dass die Abhängigkeit das Schlimmste ist, dass Abhängigkeit der größte Verteuerungsfaktor ist.

Also: Wenn wir billigere Treibstoffe haben wollen, dann müssen wir von den fossilen Energieträgern wegkommen. Das ist die bittere Wahrheit. Und wenn wir dann immer noch nicht Preise haben, die uns gefallen, müssen wir eben mit sparsameren Autos fahren. Und das ist gerade für die Freunde von der Wwwwufff-Fraktion (Heiterkeit) – „Wuff“ ist schwer zu schreiben für die Stenographen –, ist für die BZÖ-Freunde, die gerne PS-stark unterwegs sind, natürlich ein besonderes Thema. (Abg. Grosz: Hat der Kollege Blähungen?)

Also ich würde empfehlen: Etwas mehr denken, den Gasfuß ein bisschen unter Kontrolle und beim Autofahren einfach weniger fuchteln. Das entspannt unheimlich und spart viel Treibstoff. – Danke, meine Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Grosz: Kollege, Sie brauchen ein Medikament!)

17.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte. (Abg. Grosz: Das erste Mal, dass ich Flatulenzen am Rednerpult der Republik miterlebe! – Heiterkeit.)

 


17.10.58

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegen des Hohen Hauses! Nur einige wenige Worte zu den Grünen. Ich frage mich immer: Was wollen Sie eigentlich mit rund sechs Millionen angemeldeten Kraftfahrzeugen in dieser Republik machen? Wollen Sie die einfach wegzaubern? Wollen Sie einfach zuschauen, wie es sich manche Menschen in diesem Land immer weniger leisten können, an den Zapfsäulen entsprechend tanken zu können? Bitte legen Sie uns einmal ein Konzept vor! Sechs Millionen angemeldete Kraftfahrzeuge kann man nicht einfach wegzaubern. Viel mehr möchte ich mich mit Ihnen nicht auseinandersetzen.

Zum Herrn Kollegen Schultes. – Sie sind Präsident der Niederösterreichischen Land­wirtschaftskammer. Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Schultes, dass Sie sich schlichtweg nicht interessieren für die Sorgen der Menschen hier in diesem Land. Vermutlich steigen Sie tagtäglich in Ihren Dienstwagen, und es ist Ihnen daher völlig egal, was man täglich an den Zapfsäulen mittlerweile mitmacht. Das ist mein Eindruck, den ich gewonnen habe, als ich Ihre Rede gehört habe. Ihnen ist das einfach wurscht, und das ist sehr enttäuschend, muss ich Ihnen sagen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Ich habe mir die Zahlen der letzten, ich möchte schon fast sagen Jahrzehnte der Spritpreisentwicklung angesehen. So lag beispielsweise 1980 der Preis für Diesel – umgerechnet in Euro – bei 0,6, 1990 bei 0,64 €. Das heißt, wir haben hier knappe 7 Prozent Steigerung gehabt. Von 1990 auf 1995 gab es interessanterweise eine Preisreduktion von ungefähr zehn Prozent, also auf 0,58 € pro Liter Diesel. Von 1995 auf 2000 gab es eine gewaltige Steigerung, nämlich eine Preissteigerung von 35 Prozent, was Diesel betrifft, auf knapp 0,78 € pro Liter.

Damals haben wir uns noch alle kopfschüttelnd Gedanken gemacht über den Vor­schlag der Grünen, der Preis für einen Liter Benzin möge doch auf über 20 Schilling anwachsen. Da haben sich alle eigentlich nur krummgelacht über diesen abstrusen Vorschlag der Grünen – mittlerweile ist es Realität. Wir haben vom Jahr 2000 auf 2012 eine gewaltige Steigerung der Spritkosten von über 80 Prozent gehabt!

Ich frage ganz offen: Wie sieht es mit den Gehältern der Österreicherinnen und Österreicher aus? Gab es da auch eine 80-prozentige Steigerung, dass man das einfach so locker wegstecken kann? Ich möchte gar nicht auf die Inflation eingehen.


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Also hier sind schon Ungeheuerlichkeiten passiert: Die Autofahrer als Melkkuh dieses Staates! Herr Minister, Sie wissen, es gibt Möglichkeiten, wenn auch nicht gravierende, aber Sie hätten die Möglichkeit, in einem Kraftakt hier etwas zu bewegen. Zu diesen Dingen werde ich später noch kommen.

Ich möchte Ihnen die aktuellen Spritpreise von Gran Canaria auf den Weg mitgeben: Diesel 0,9 € und 95er Superbenzin 1 €. Also ich frage mich, wie es Gran Canaria schafft. Okay, die haben vielleicht eine etwas andere Steuersituation, aber dennoch möchte ich mich nicht damit zufrieden geben, dass man einfach sagt: Meine Name ist Hase, ich weiß von nichts, es interessiert mich alles nicht, und die Österreicherinnen und Österreicher mögen ausbluten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Belastungslawine verweisen, die in den letzten Monaten und Jahren auf die Österreicherinnen und Österreicher niederprasselt – was Bundessteuern betrifft, Einschnitte bei den Pensionisten, die 13. Familienbeihilfe wurde gestrichen, die Bausparprämien sollen jetzt demnächst halbiert werden, die Landes- und Kommunalabgaben sind regelrecht explodiert. Auch das darf man nicht außer Acht lassen. Die Menschen fragen sich heute: Warum soll ich für Kanalbenutzungsgebühren auf einmal 30 Prozent mehr zahlen? Warum soll ich für Abfallgebühren, Wassergebühren, Hortkosten 30, 40, 50 Prozent mehr bezahlen? Und letztendlich nun dieser Horror an den Tankzapfsäulen!

Dieses Gesamtbelastungspaket ist für die Menschen in Österreich einfach nicht mehr erträglich. Und tagtäglich hören wir ja, dass Menschen sagen: Ich kann mir eigentlich ein würdevolles Leben hier nicht mehr leisten.

Auf der anderen Seite versenkt die Bundesregierung Milliarden im Schlund der Europäischen Union, in der griechischen Ägäis – wir können davon ausgehen, leider ist es so –, für Sozialmissbrauch und beim Zuwanderungs- und Asylunwesen. Und dafür haben die Österreicherinnen und Österreicher kein Verständnis!

Wir fordern daher einen umgehenden staatlichen Eingriff zur Reduktion des Spritpreises – es ist heute schon mehrmals gesagt worden –, wir fordern eine Senkung der Mineralölsteuer – das ist möglich; Sie können an dieser Schraube drehen, Herr Minister, Sie wissen es ganz genau –, wir fordern, dass das Kilometergeld ent­sprechend adaptiert wird – ein entsprechender Antrag wurde vorhin eingebracht –, auf 0,73 € pro Kilometer – längst an der Zeit! –, und wir fordern, dass die Pendler­pau­schale angeglichen wird.

Es gibt hier Möglichkeiten, und ich bitte Sie, Herr Bundesminister Mitterlehner, gemein-sam mit Finanzministerin Fekter an diesen Möglichkeiten zu arbeiten. Es ist unerträg­lich geworden, heute ein Kraftfahrzeug an den Zapfsäulen vollzutanken. (Beifall bei der FPÖ.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


17.16.24

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Mitterlehner und ich, wir haben jedenfalls eine Gemeinsamkeit: Wir kommen beide aus dem Mühlviertel, einer Region, in der es viele Pendler gibt, die sehr oft darauf angewiesen sind, ihr eigenes Fahrzeug zu benutzen. Und ich – und ich nehme an, auch Herr Kollege Mitterlehner – erlebe in vielen Gesprächen mit der Bevölkerung, mit den Pendlerinnen und Pendlern, dass die Leute nicht darauf aus sind, jeden Tag zum Beispiel nach Linz zu pendeln, um vor Linz


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zu stauen, aus dem Bezirk Rohrbach vor Ottensheim, aus dem Bezirk Freistadt hinein über die Autobahn, und hier viel Geld, viel Zeit, viel Lebensqualität zu verschleudern.

Nein, das wollen die Leute nicht. Sie wollen einen qualitativ guten Arbeitsplatz, und wenn möglich in der Region. Ich weiß, das ist ein mittelfristiger, längerfristiger Ansatz­punkt, aber ich halte es für längst notwendig, genau hier anzusetzen, genau hier die Wirtschaftsförderung anzusetzen, und, Herr Minister, das möchte ich Ihnen auch in dieser Form mitgeben. Ich glaube, dass es längst an der Zeit ist, wenn wir den Förderdschungel in Österreich lichten, genau da einen Fokus darauf zu richten, wo wir Arbeitsplätze schaffen sollen. Es ist wichtig, die regionale Wirtschaft zu stärken.

Da die Pendlerinnen und Pendler keine Lust haben auf Staus und die entsprechenden Kosten und die Vergeudung von Lebenszeit sozusagen, ist natürlich auch ein zweiter Punkt, Formen von leistbarer Mobilität zu finden, und das heißt Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in einem ganz starken Ausmaß. Und selbstverständlich heißt es auch leistbare Mobilität im Sinne moderner, innovativer Antriebstechniken, Mobilität, die in dieser Form wesentlich kostengünstiger möglich ist.

Wer von Ihnen, meine Damen und Herren, kann sich nicht erinnern an die Debatte um das Ein-Liter-Auto, an die Berichte, dass es dieses gibt? Es ist die Frage, warum es auf dem Markt nicht den Durchbruch gefunden hat. Das sind Bereiche, wo ich glaube, dass es nach wie vor riesigen Investitionsbedarf gibt, auch wenn das jetzt mittelfristig ist und nicht kurzfristig Abhilfe schafft. Und das wird auch schwierig sein genau in diesem Preissteigerungskontext beim Öl.

Aber da komme ich zu einem Thema – nämlich Elektromobilität –, das mit Sicherheit, so sagen alle Experten, Expertinnen, einen Aufschwung erleben wird. Wenn tatsächlich ein Teil der neuen Mobilitätsformen E-Mobility sein wird, dann muss man jetzt daran denken, die Infrastruktur zu schaffen. Und die moderne Infrastruktur in diesem Bereich heißt auch, die Neubauten auch auf diesen Anforderungsbereich zu adaptieren – von Ladestationen bis zu Netzsträngen und so weiter.

Aber letztendlich wird das alles das nicht ersetzen können. Es braucht letztendlich einen konsequenten Umbau, einen konsequenten Umbau des Wirtschafts- und natürlich des Verkehrssystems. Und das heißt nichts anderes als selbstverständlich eine ökosoziale Steuerreform. Meine Kollegin Gabi Moser hat das ausgeführt. Es ist dringend notwendig, die Arbeitskosten zu senken und hier einen entsprechenden Anreiz zu setzen, um Arbeitsplätze zu schaffen.

Ja, und der Ölpreis hat es für sich geschafft. Er ist gestiegen. Er wird weiter steigen, und ohne große steuerliche Maßnahmen wird es ebenso weiter zu Steigerungen kommen. Meine Damen und Herren, es ist Fakt, dass die Prognosen darauf hinaus-laufen, dass pro Barrel 200 bis 300 Dollar Kosten anfallen werden. Das muss man sehen, das muss man verstehen, dazu muss man die Konzepte entwickeln und entsprechende Maßnahmen setzen. (Abg. Rädler: Was wollen Sie uns sagen?)

Ich glaube, es ist längst an der Zeit, dass man genau auf das reagiert und weg von den Versprechungen, von den Worthülsen, von der Modernisierung, von der Ökologisie­rung des Verkehrssystems, von einer modernen Raumordnung hin zu dem geht, dass man wirklich einen konsequenten Maßnahmenplan umsetzt, um entsprechend die Pendlerinnen und Pendler in Österreich zu entlasten, abzusichern, damit auch in Zukunft Mobilität leistbar bleibt. (Beifall bei den Grünen.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minuten Restredezeit. – Bitte.

 



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17.21.30

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Also mit was für einer Akribie, Energie und vor allem auch einer Selbstverleugnung heute hier vom Rednerpult versucht wurde, Argumente gegen den Antrag des BZÖ zur Entlastung der Treibstoffpreise zu finden und hier auch zu kreieren, das ist sensationell. Der Abgeordnete Maier – jetzt nicht da, wahrscheinlich wieder bei Bundy und Bundy nachfärben (Heiterkeit beim BZÖ) – erklärt heute, die Arbeiterkammer hat noch nie eine Höchstpreisdeckelung gefordert. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Herr Abgeordneter Maier, posthum, in Abwesenheit oder was auch immer: Am 14. September 2011 hat der steirische Arbeiterkammerpräsident Rotschädl  Ihnen dürfte er ein Begriff sein, Genosse Rotschädl mit der Victor-Adler-Plakette stolz an der Brust  gefordert, dass gegebenenfalls eine Höchstgrenze für Spritpreise festgesetzt werden sollte, wie das im Preisgesetz vorgesehen ist  so Arbeiterkammerpräsident Walter Rotschädl. (Abg. Bucher: Das ist die Glaubwürdigkeit der SPÖ!)

Und dann wird heute hier diskutiert  Kollege Matznetter kommt jetzt auch vom Buffet rein  und gesagt, das sind ja alles Kommunisten herinnen, da ist überall der Muhri, der alte KPÖ-Vertreter, drin, in den Forderungen der FPÖ und des BZÖ treten die Muhris der Republik auf (Zwischenrufe bei der SPÖ), und dann ertappt er sich selbst dabei, dass sein eigener Abgeordneter Jarolim, der, wenn er nicht auch gerade draußen wäre, eine Bank vor ihm sitzt, genau diesen Antrag hier im Plenum mit dem Kollegen Westenthaler vor einigen Jahren schon einmal gestellt hat. Aber heute, heute wird jedes Argument genommen, um die längst fällige Spritpreissenkung in Österreich zu verhindern, und das ist die eigentliche Bankrotterklärung dieser Politik. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ein Minister für Wirtschaft, der die Großindustrie deckt anstatt dass er sich auf die Seite der Klein- und Mittelbetriebe stellt, ein Konsumentenschutzminister, der sich an der Debatte überhaupt nicht beteiligt, obwohl die Konsumenten in diesem Land tagein, tagaus durch diese Preispolitik ausgesackelt werden, und ein Minister, der eine Höchstpreisdeckelung als Kommunismus bezeichnet, obwohl er ganz genau weiß, dass in Luxemburg  und ich kann mich nicht erinnern, dass Luxemburg kommunistisch regiert wird eine Höchtpreisregelung gilt und ganz Europa von diesem Luxemburger Modell spricht, wenn es darum geht, die Autofahrerinnen und Autofahrer endlich zu entlasten. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Klikovits.)

Mehrere Punkte: Öffnung der Bundes- und der Landestankstellen, Höchstpreis­decke­lung, Finanzierung einer Senkung der Mineralölsteuer durch eine Sonderdividende, die Sie aus Ihrer verstaatlichten OMV lukrieren müssen  das wäre das, was in dieser Zeit ein Gebot der Stunde wäre, und nicht das Argument mit den Rohölpreisen.

Ich habe mir die Entwicklung der Rohölpreise angesehen: Im Jahr 2009 hatten wir einen ähnlichen Rohölpreis auf dem internationalen Markt wie jetzt 2011. 2009 kostete Anfang des Jahres aber der Liter Diesel 0,90 € und jetzt beim international gleichen Rohölpreis, also 2011, wenige Jahre später, 1,22 €. Also vergessen Sie Ihr Voodoo und Ihren Humbug mit den Krisen! Jedes Mal, wenn eine Krise weltweit auftaucht, geht der Spritpreis in die Höhe, wenn die Krise vorbei ist, sinkt er nicht, aber Sie stopfen sich Ihre Taschen mit Geldern der Steuerzahler voll, und das ist eine Schande für dieses Land. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Grosz, bei Ihrem bekannten Eifer für verschiedene Themen (Heiterkeit bei der ÖVP) möchte ich manches überhören, aber eines geht mit Sicherheit nicht: dass Sie einem nicht anwesenden Abgeordneten quasi posthum etwas ausrichten. (Abg. Ing. Westenthaler: Er ist ja nicht gestorben! Abg.


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Scheibner: Das ist aber schon logisch!) Ich rate Ihnen gut, dass Sie auf den Kollegen Maier zugehen und sagen, dass Sie sein Ableben nicht gewünscht haben! Ich halte das für ungeheuerlich. (Abg. Grosz: Ich hab ja viel mehr Spaß, wenn er ...! Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


17.25.37

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Es ist eigentlich wirklich ein bisschen traurig und beschämend, dass so ein wichtiges Thema, das wirklich die Bevölkerung bewegt  Spritpreis, das ist ja wirklich zurzeit nicht ohne , in Zeiten wie diesen eigentlich hier mit eigenen Befindlichkeiten, mit Beschimpfungen diskutiert wird und schon ein bisschen darunter leidet.

Als einer der letzten Redner kann man natürlich schon ein bisschen replizieren. Kollegin Hakel, Ihr Rechenbeispiel verstehe ich nicht ganz, aber vielleicht sind Sie mit der OMV mehr verbandelt und wissen das, aber wenn 46 Prozent Steuer auf Treibstoff sind und man die Steuer senken würde, wo immer das dann auch geht, dass dann der Sprit nicht billiger wird, das verstehe ich nicht ganz.

Herr Wirtschaftsminister, wissen Sie, was die Bevölkerung ein bisschen stört und schon sehr erregt an den Tankstellen?  Der freie Wettbewerb ist ja etwas ganz Natürliches und Logisches, aber dass sich die Konzerne schon ein bisschen, sage ich einmal, diese Preise an den Tankstellen richten, das ist schon unbestritten, denn eines ist schon klar: In den Ballungszentren verdienen die Bürger meist mehr. In der Bundeshauptstadt Wien zum Beispiel ist man öfter mit einem höheren Verdienst gesegnet wie in den ländlichen Bereichen.

Gerade dort, wo ein engeres Tankstellennetz ist, sind die Spritpreise billiger als im ländlichen Bereich, und es kann natürlich nicht so sein, dass man jetzt bei einer Avanti-Tankstelle in Hollabrunn, meinem Bezirk, 1,411 € bezahlt für den Liter und bei der gleichen Avanti-Tankstelle in Wien 1,379. Wollen Sie, dass man sich zukünftig, das ist ja sicher sehr gut für die Umwelt, die billigste Tankstelle im Umkreis von 30, 40 Kilometern sucht und dort tankt?  Das kann es ja nicht sein.

Also da wird doch mit einer gewissen Systematik gearbeitet, und man sieht es ja, unterm Strich geht es den Tankstellenkonzernen nicht schlecht, ganz im Gegenteil, sogar sehr, sehr gut, und das geht natürlich zulasten der Bürger. Und wenn Sie heute mit den Bürgern draußen reden, den Kontakt pflegen – im Gemeinderat sind Basis­politiker , dann sage ich Ihnen schon: Reden Sie mit den Leuten, und die Leute werden Ihnen sagen, diese Spritpreise sind ein Wahnsinn, und Sie verstehen das Schweigen des Wirtschaftsministers nicht.

Schon 25 Jahre, kann man sagen, kommt ja der Wirtschaftsminister aus Reihen der ÖVP, aber ich muss sagen, so schweigsam zu den Spritpreisen wie Sie, Herr Bun­desminister, war noch keiner Ihrer Vorgänger aus der ÖVP-Riege  das waren auch keine freiheitlichen Wirtschaftsminister. Also Sie verschließen sich schon ein bisschen dieser Problematik, natürlich auch den Problemen des Bürgers. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Wenn Sie mit den Leuten reden, dann werden Sie wirklich merken, das ist für die Leute ein Problem. Und wissen Sie, woran man sieht, dass es den Leuten schon zu teuer ist?  Wenn Leute heute wieder anfangen, in Schilling umzurechnen, und wenn heute jemand sagt, diese 75 € bei der Tankstelle, Volltanken, das wären ja weit über 1 000 Schilling, und das hätte ich mir früher nicht leisten können, nicht leisten wollen, dann müssen Sie schon irgendwo ein Alarmzeichen sehen  oder Sie haben bereits


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die Basis verlassen, den Bürger verlassen und Sie kommen hier nur herein, um die Stimmung anzuheizen und sich hier am Rednerpult gegenseitig zu beflegeln und zu streiten.

Aber ich glaube, das will die Bevölkerung nicht. Man will heute, wenn man dieser Debatte folgt, natürlich eine Lösung haben und dann will man sehr wohl, dass sich vielleicht bei den Spritpreisen etwas ändert, in irgendeine Richtung, entweder steuer-lich oder sonst wie, aber beim Endpreis, dass man sich das Tanken wieder leisten kann. Und was man sicherlich nicht will, ist, dass man hier gegenseitig abrechnet und einen Kollegen Maier von der SPÖ sieht, der den Wirtschaftsminister Mitterlehner auf Biegen und Brechen und mit einer Herzensbrunst verteidigt.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich kenne Gott sei Dank in meinem Bezirk von der Arbeiterkammer andere Funktionäre, die sich schon noch um die Sorgen und die Ängste der Bürger annehmen (Beifall bei der FPÖ), und das ist doch ein bisschen sehr, sehr befremdlich, wie Sie hier den Bundesminister Mitterlehner von der ÖVP vertei­digen. Aber ja, so ist halt Koalitionsliebe, Sie liegen ja nicht das erste Mal mit der ÖVP im Koalitionsbett. – Gut, danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


17.30.22

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir eingangs unsere Kärntner Gästegruppe mit einem herzlichen Applaus! (Allgemeiner Beifall.)

Zu dieser Debatte ist abschließend noch einmal zu sagen: Es ist schon erhellend, wenn man die Regierungsmitglieder hier am Podium hört, wie sie mit Krallen, mit Tatzen und Krallen (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Was?) dieses System, dieses europäische Wirtschaftssystem verteidigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht ja hier nicht nur um Spritpreise, die natürlich viel zu hoch sind und die mit über 50 Prozent Steueranteil natürlich staatlich hausgemacht sind, sondern es geht auch da um unsere Konzerne, angefangen mit den Banken, die bis zu 18 Prozent, meine sehr geehrten Damen und Herren, bis zu 18 Prozent Überziehungszinsen von unseren Bürgern, von den kleinen Leuten kassieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der Abgesang auf die Wirtschafts­politik der Europäischen Union, und meine sehr geehrten Damen und Herren von der Arbeiterkammer und von den Konsumentenschutzorganisationen, wo seid ihr denn da? Wo seid ihr da? Wo ist der VKI, wo ist die Arbeiterkammer? Das ist alles von euch gedeckt, diese Abzocke der Leute, ob das beim Spritpreis ist, ob das bei den Banken ist, oder ob das im Lebensmittelbereich ist. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Schopf.)

Sehr geehrte Damen und Herren, heute in der „Kleinen Zeitung“ (der Abgeordnete hält diese in die Höhe): Razzia im Hauptquartier der REWE. Der REWE-Konzern umfasst mit Billa, Merkur und Penny und noch weiteren Verbrauchergeschäften (Ruf: ADEG!) sehr viele Geschäfte, die die Leute für das tägliche Leben brauchen. Da gehen die Wettbewerbsschützer aus und ein. Das ist der Abgesang auf die Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union mit ihren internationalen Verflechtungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nicht irgendwann dieses – die Außenpolitiker werden mich verstehen – Jugoslawien-Syndrom haben: reicher Norden, armer Süden, und irgendwann zerfetzt es diese Europäische Union. Wir sehen die Flächenbrände bei den Jugendlichen in England, wir sehen die Flächenbrände in


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Frankreich, wir sehen die Flächenbrände in Griechenland. (Abg. Öllinger: Was hat das mit REWE zu tun?) Wir wollen wieder zurück zu einer nationalstaatlichen Wirt­schaftspolitik, wo die Menschen wieder im Mittelpunkt der Politik stehen und wo es den Menschen wieder gut geht. (Beifall bei der FPÖ.)

17.33

17.33.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1839/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Genug gezahlt  ungenierte Abzocke an den Zapfsäulen der Tankstellen sofort stoppen!“

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen.  Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zur Entlastung der Autofahrer.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

17.34.17Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 9937/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Ord­nungszahl 9937/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der erste Redner hat eine Redezeit von 10 Minuten, die weiteren Redner je 5 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


17.34.46

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin Schmied, die Sache geht bedauerlicherweise Sie an, weil Sie als höchstes Organ die Verantwortung tragen, wenngleich die Ursache des Übelstandes, der zweifellos vorliegt, nicht in Ihrer Person begründet liegt. Das will ich zu Beginn sagen.

Gestern übrigens habe ich den „Report“ angeschaut. Sie waren prominent vertreten, haben über die Zukunft der Gesamtmatura gesprochen und dabei ein interessantes Wort fallen gelassen oder in den Raum gestellt. Es hieß „Kultur der Begründung“. (Bun­desministerin Dr. Schmied nickt.) Also Gegenstand der Maturaerziehung neu ist unter anderem Kultur der Begründung. Das ist eigentlich auch das Stichwort, das mich heute zu diesem Rednerpult führt. Ich darf mir erlauben, anzumerken, dass die Kultur der Begründung mangelhaft ist, und zwar in Ansehung der Antwort, welche uns bezüglich der Anfrage zuteil geworden ist.

Im Hauptpunkt der Anfrage steht das Tun und Lassen, das sich rund um eine gewisse Frau Linda Ronniger, ihres Zeichens Landesschulinspektorin in Niederösterreich, rankt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 183

Sie ist 60 Jahre geworden, das gönnen wir ihr von Herzen, und ihr Jüngerkreis hat am 2. Juni 2010 ein Fest am „Zauberberg“ ausgerichtet. Was es mit dem Fest und der Ausrichtung und der Inanspruchnahme von Mitteln auf sich hat, wird mein Freund und Kollege Rosenkranz noch näher erläutern.

Ein wesentlicher Punkt dieses Festes am „Zauberberg“ fand, in einer Zeile der Ein­ladung, unsere besondere Aufmerksamkeit. Diese lautet: „Bitte keine Geschenke oder Gutscheine mitbringen! Das Geburtstagskind hat sich einen ‚Nitsch‘ gekauft – und der war sehr teuer 

Daraufhin haben wir gefragt, ob das nicht bitte sehr eine Einforderung von Geld­geschenken ist, und der Landesschulrat von Niederösterreich erklärt Ihnen – und das kommt in Ihrer Anfragebeantwortung zum Ausdruck –:

„Aus den dem Landesschulrat für Niederösterreich vorliegenden Unterlagen kann keine Einforderung von Geldgeschenken erkannt werden.“

Also bitte, ich würde sagen, wir zahlen alle zusammen, ein freies Ticket von Krems oder St. Pölten hierher zum Untersuchungsausschuss, der sich mit Korruption beschäftigt, kann nicht so teuer sein, denn wir unterhalten uns über die Telekom, wir haben 200 000 Mails, die im Besitz von „NEWS“ sind, wir haben eine gigantische Liste an Vorgängen rund um Geldgeschenk hin, Einforderung her, Zahlung dort, und das soll keine Einforderung von Geldgeschenken sein?!

Ich habe vorsichtshalber den Kodex über Strafrecht mitgebracht. Wir können jetzt zu lesen beginnen, es beginnt ab § 304 Bestechlichkeit, § 305 Vorteilsannahme, § 306 Vorbereitung zur Bestechlichkeit und Vorteilsannahme, § 307 Bestechung selber, § 307a Vorteilszuwendung, dann Vorbereitung der Bestechung § 307b, und so weiter. Bei tätiger Reue sind wir leider nicht angekommen.

So, jetzt können wir uns aussuchen, aus welchem Blumenbouquet wir den Zauber winden. „Wir winden dir den Jungfernkranz“, heißt es in der Oper, aber der Jungfern­kranz ist von elenden Disteln gekennzeichnet.

Die Antwort, die Sie in Ihrer Antwort wiedergeben, kommt aus der Ecke des Herrn Prä­sidenten Helm, Präsident des Landesschulrates von Niederösterreich. In der Person des Präsidenten Helm manifestiert sich die fleischgewordene Unfähigkeit, die Verwei­gerung der ordnungsgemäßen Dienstaufsicht und das Zudecken einer handfesten Niedertracht, die in der Person der Frau Ronniger seit Jahr und Tag auffällig ist.

Diese Dame ist nicht irgendeine, die ihren Dienst verrichtet, sondern sie ist eine sattsam bekannte Abmischung aus Sadismus und Rechtsbrecherei – da könnten wir noch einige Vokabeln hinzufügen. Das alles ist ein Amalgam, wahrscheinlich auch ihre persönliche Unfähigkeit, denn schwache Personen pflegen ja ihren Dienst dadurch zu verrichten, dass sie gegen Untergebene treten, hinhauen. Das ist genau das „Qua­litäts­merkmal“ solcher Leute.

In einer Klage, die deswegen eingebracht worden ist, weil sie die Frau Dr. Evelyn Mayer durch Jahre hindurch auf das Mieseste behandelt hat und wo auf 35 Seiten einer Schadenersatzklage gegen die Republik Österreich Schadenersatz wegen Verletzung der Dienstaufsicht und der gesetzestreuen Verwaltungshandlung zu Recht begehrt wird, können Sie eine Prosa nachlesen, die von einer Abmischung aus Staunen und Widerwillen, dass so etwas in der österreichischen Schulverwaltung passieren kann, getragen wird.

Der Gipfelpunkt der Abneigung, die sich auf Dr. Evelyn Mayer konzentriert hat, bestand im Kern – neben vielen, vielen, vielen Einzelheiten – darin, dass sich Frau Dr. Mayer geweigert hat, Protokolle von Besprechungen im autonomen Schulausschuss zu


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fälschen. Sie hat nämlich gesagt: Bitte, ich soll doch – ich, Frau Dr. Mayer – die Anmeldeformulare abändern, dass die Eltern darauf hingewiesen werden, dass die Schule die Zuteilung auf die zweite Fremdsprache auf den Ausbildungsschwerpunkt vornimmt!

Dann hat sie übrigens die Weisung gegeben, das Schreiben über eine Fixplatz­zusage – das heißt also die verbindliche Aufnahme von Schülern – vor der Abfertigung zur Genehmigung vorzulegen. Das hat sie wegen Gesetzwidrigkeit nicht gemacht, und darauf hat die ganze Aggression der Sadistin ihren freien Lauf genommen. Sie kündigte, nachdem die Frau Dr. Mayer gesagt hat, bei Fälschungen von Besprechungs­protokollen macht sie nicht mit, weil das gesetzwidrig ist, an, dass sie sie auch noch in die Pension wegloben – „loben“ unter Anführungszeichen – wird, denn das hat sie ja mit anderen Direktorinnen auch schon gemacht. Sie hat sie natürlich beschimpft, öffentlich herabgewürdigt, konstatierte ihren Realitätsverlust, sie sei halb geisteskrank, und sie soll zur Kenntnis nehmen, dass sie unerwünscht ist und dass sie sie schon wegbringen wird.

Dass es dort, wo Menschen handeln, Fehler gibt, dass es Unqualifiziertheit gibt, das ist so, aber dass das Jahr und Tag billigend hingenommen wird und dass der Präsident Helm, der ausführlich über diese Person und die Übelstände Jahr und Tag informiert worden ist, das auch noch zugedeckt hat! Und jetzt kommt noch der Gipfelpunkt des Kriminalfalles, wo unverschämterweise Cash eingefordert wird: Das Geburtstagskind will keine Geschenke, will keine Gutscheine, das Geburtstagskind hat sich einen „Nitsch“ gekauft, und der kostet ja bekanntermaßen viel Geld. – Also weit haben wir es gebracht, wenn unter Bedachtnahme auf fünf oder sechs Paragraphen des Strafgesetzbuches der Präsident Helm sagt: Da kann ich nichts erkennen, da kann keine Anregung zur Annahme von Geldgeschenken erkannt werden.

Wir versprechen hiemit allen Beteiligten auf Ebene der Schulverwaltung in Nieder­österreich, dass wir nicht zur Tagesordnung übergehen werden. Wir werden interes­siert daran sein, was die Korruptionsstaatsanwaltschaft zu dieser Äußerung sagt, und wir werden überhaupt unseren Verpflichtungen als frei gewählte Abgeordnete gerecht werden, indem wir dort, wo es einen Übelstand – und jetzt sage ich kein schärferes Wort – in der Verwaltung gibt, darauf reagieren werden und nicht zur Tagesordnung übergehen werden. Sadismus, Gesetzesbruch, Korruption sind nicht tolerabel! – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort. – Bitte.

 


17.43.58

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer, ich möchte mich in meiner Stellungnahme auf die Anfragebeant­wortung und den Fall konzentrieren, der hier nachgefragt wurde, und es ist mir wichtig – darauf werde ich dann noch zurückkommen –, festzuhalten, dass es sich hiebei ganz offensichtlich um eine private Geburtstagsfeier gehandelt hat.

Ich darf aus meiner Anfragebeantwortung zitieren: „Nach Befassung der zuständigen Schulbehörde unter Einbeziehung der in Rede stehenden Schule sind der Schule für die Vorbereitung der Feier keinerlei Kosten entstanden. Die Organisation erfolgte im Rahmen einer Unterrichtsblockung des Gegenstandes ‚Betriebspraktikum‘. Die für die Durchführung der Veranstaltung anfallenden Kosten des Wareneinsatzes wurden von der Schule an die Genannte verrechnet und auch prompt beglichen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 185

Soweit die Sachlage, die mir – das sage ich jetzt aber auch gleich dazu – persönlich gar nicht gefällt. Ich bin für Klarheit, und ich bin auch für eine klare Trennung von Funktion und Rolle, für eine klare Trennung von Beruf und Privatsache. (Allgemeiner Beifall.)

Jegliche Vermischungen haben schon die Wurzel des Verdachtes in sich – egal, wie sehr der Verdacht auch im Einzelfall berechtigt ist oder nicht. Vermischungen von – ich möchte das noch einmal betonen – schulischen und privaten Angelegenheiten finde ich, wenn auch wie in diesem Fall korrekt abgerechnet, problematisch.

Ich habe daher – insofern war Ihre Anfrage auch für mich sehr wertvoll, Herr Abgeord­neter Dr. Fichtenbauer – in Auftrag gegeben, dass seitens des Ministeriums ein Erlass an die Schulen vorbereitet wird, um genau das zu verhindern. Ich möchte eine klare Trennung von Beruf und privaten Angelegenheiten, ich möchte klare und transparente Regeln für einen sauberen Umgang. Das ist wichtig! (Allgemeiner Beifall.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


17.46.34

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das, was der Kollege Fichtenbauer zusätzlich noch ausgeführt hat, ist das, was mich tatsächlich betroffen macht. Wenn das so war – das ist kein Teil der Anfrage; ich kann das nicht verifizieren, ich muss es ihm glauben –, wie er es schildert, ist es tatsächlich haarsträubend, was da passiert.

Ich verwehre mich nur ein bisschen gegen – und da sehen wir auch das Problem – die Vermischung der Kompetenzen. Der Nationalrat hat sich in einem eigenen Unterausschuss des Verfassungsausschusses ganz klar und eindeutig dazu bekannt, dass wir andere Verantwortlichkeiten haben wollen. Der, der zahlt, das ist nun einmal der Bund, schafft auch an und hat auch die Verantwortung zu tragen. Das ist das Ziel, das wir haben. Dann müssten wir die Diskussionen, die derzeit kompetenzrechtlich eigentlich in den Niederösterreichischen Landtag gehören würden, weil es im Kompetenzbereich des Landesschulrates ist und daher auch dort abgehandelt werden müsste und auch dort politisch relevant ist, nicht hier führen.

Ich kann es nicht so scharf formulieren, wie es der Initiator des Bildungsvolks­begeh­rens, Androsch, in der morgigen „Kronen Zeitung“ ausdrückt – Länder haben bei der Bildungspolitik versagt –, aber man muss dazusagen, es sind tatsächlich solche Aus­wüchse da, und da kann man nicht zuschauen. Ich bin daher froh, dass die Frau Ministerin erklärt hat, sie wird einen entsprechenden Erlass herausgeben, der diese Dinge klärt.

Es ist natürlich sehr oft schwierig. Viele solche Schulveranstaltungen, die in einem ähnlichen Rahmen ablaufen, werden durchaus korrekt abgewickelt, und das sollte auch weiter so gehandhabt werden. Ich weiß, dass viele Tourismusschulen im Rahmen ihres Praktikums auch für öffentliche Einrichtungen tätig sind. Das macht auch Sinn. Man soll also hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, aber alles tun, dass die Dinge sauber und korrekt abgewickelt werden und transparent sind.

Daher freut es mich, dass man das jetzt so regeln kann, dass man die Dinge in An­spruch nimmt. Ich meine auch, wenn es solche Sümpfe gibt, wie Sie sie beschrieben haben, gehören diese trockengelegt, das gehört gemacht, das gehört geklärt, aber in Summe bin ich der Meinung, dass man auch hier die Kirche im Dorf lassen soll. Es geschieht sehr viel im Bereich der Tourismusschulen. Ich selbst war zum Beispiel hin und wieder einmal eingeladen zu einem sogenannten Prüfungsessen bei einer Fachschule, wo man auch Kontakt hat mit den Lehrpersonen, mit der Direktorin und so


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weiter. Ich hätte bisher nie einen Verdacht gehabt, dass das am Rande eines Anfüt­terns ist, sondern das ist einfach ein wichtiger Teil dessen, was man in der Kooperation mit den verschiedenen Schulen macht. Ich glaube, dass das sehr wichtig ist, man soll aber hier ganz klar trennen.

Ich hätte, als ich die Anfrage gelesen habe und auch die Einladung, die Sie beigefügt haben, eigentlich gemeint, wenn das im Rahmen des Praktikums ist, warum soll eine Landesschulinspektorin nicht auf die Art und Weise etwas Gutes tun und den Schülern die Möglichkeit eines aktiven Auftrittes geben – zum Teil werden diese Dinge bei Prüfungen angerechnet –, aber der Zusatz unten, ich habe mir „einen ‚Nitsch‘ gekauft“, der macht das Ganze sicherlich problematisch. Es würde auch mich interessieren, wie das dann rechtlich endet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


17.50.06

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Es geht in dieser Anfrage um ein Geburtstagsfest, das in einer Tourismusschule stattgefunden hat, und ich bin jetzt eigentlich auch überrascht über diese Dinge, die da vom Herrn Kollegen Fichtenbauer über diese Animositäten zwischen zwei Frauen dargelegt wurden.

Ich glaube auch, dass Privates und Beruf getrennt werden muss, wenn es aber um diese Tourismusschulen und um ihren Praxisbezug geht, dann muss ich schon darauf hinweisen, dass im Lehrplan für Tourismusschulen genau festgelegt ist, dass es zum Lehrplan gehört, Veranstaltungen vorzubereiten, Veranstaltungen durchzuführen und auch nachzubereiten, und es ist auch langjährige Praxis an den Schulen, dass sie dies auch machen bei diversen Veranstaltungen für Institutionen, für Gemeinden oder auch für Vereine.

Ich war unlängst auch bei so einer Feier in unserer Tourismusschule in Bezau eingeladen. Da ging es um die Jubiläumsveranstaltung des Schiclubs Bregenzerwald. Ich finde da nichts dabei, sondern ich finde es gut, wenn Schülerinnen und Schüler ihr theoretisches Wissen in die Praxis umsetzen können. Nicht umsonst sind unsere Tourismusschulen sehr erfolgreich und die Absolventinnen und Absolventen auch sehr gefragt auf dem Arbeitsmarkt. Was kann denn den Schülern Besseres passieren, als ihr Handwerk in einer praktischen Umsetzung kennenzulernen? Und das sind eben solche Veranstaltungen.

Wenn nun so ein Hintergrund dazukommt, dann schaut die Geschichte etwas proble­matisch aus. Das betrifft aber nicht die Anfrage, sondern das ist eine andere Ge­schichte.

Deshalb meine ich in dieser Sache jetzt: Es gibt keine Unrechtmäßigkeit, es haben die Schülerinnen und Schüler eben durch neue Praxiserfahrung bei dieser Veranstaltung profitiert, und – was ganz wichtig ist – der Schule sind keinerlei Kosten entstanden. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


17.52.43

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Kollegin Franz! Also die Schüle­rinnen und Schüler haben von dieser Veranstaltung profitiert? – Ich sage Ihnen, wer


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profitiert hat: Die Frau Ronniger hat davon profitiert, die Frau Landesschul­inspektorin hat davon profitiert; und das auf eine Art und Weise, wie es sich einfach nicht gehört.

Die Frau Bundesministerin hat das erkannt und hat einen Erlass hiezu gemacht.

Denn was geschieht denn da? Und: Können Sie als Otto Normalverbraucher oder – um, da Sie aus dem Vorarlbergischen kommen, den Herrn Stadler von früher zu zitieren – als Frau Schmauswaberl zu einer Fremdenverkehrsschule kommen und sagen: Bitte schön, ich möchte gerne ein Fest haben! – Dann passiert eines: Ja, das kriegen Sie, aber für das Bedienungspersonal, das die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen, ist der entsprechende Stundensatz zu bezahlen. Was wird bei der Frau Ronniger gemacht? – Da wird das Ganze als Unterrichtsblockung des Gegen­standes „Betriebspraktikum“ zusammengeführt.

Und eines darf man ja sagen, denn nachdem wir diese Anfrage gemacht haben, haben wir natürlich noch Zusätzliches erfahren. Wenn man das Bild auf der Einladung anschaut, dann sieht man da eine attraktive, elangeladene Frau. Es ist kein Wunder, dass die so elangeladen ist, weil sie natürlich ihre anderen Geburtstagsfeiern – vier­zigster, fünfundvierzigster, fünfzigster, fünfundfünfzigster – auch immer in den ent­sprechenden Schulen gemacht hat: zweimal in Krems, einmal in St. Pölten und einmal in Retz. Das ist an sich eine Wiederholungstäterin, was das betrifft.

Jetzt komme ich auf das zurück, dass es vielleicht, wie die Frau Kollegin gesagt hat, eine Streitigkeit zwischen zwei Frauen gegeben haben dürfte. Naja, ich kann Ihnen von hier aus sagen, es gibt schon die dritte Frau, die da in eine Streitigkeit verwickelt ist. Das hat schon den Verfassungsgerichtshof und die Gleichbehandlungskommission beschäftigt, und das wird auch die Strafgerichte beschäftigen, wenn eine Landesschul­inspektorin glaubt, in einem anderen Landesteil Niederösterreichs verkünden zu dürfen: In der Stadt wird die sicherlich keine Direktorin, denn die passt nicht ins politische Schema hinein. Und es ist tatsächlich so, dass diese Frau verhindert worden ist. Das heißt, das ist ein ganz ein anderes Spiel. Das ist auch bereits durch Anfragen entsprechend abgedeckt und abgeklärt worden. – So schaut‘s nämlich aus, wenn die Frau Ronniger dabei ist!

Wenn man sieht, dass sie sich in die Direktorenbestellungen entsprechend aktiv einmischt, dann darf man natürlich auch fragen: Wer ist denn der Festmoderator laut dieser Einladung? Der Festmoderator ist der Herr Jürgen Kürner, und das ist der Schulleiter dieser Schule. Das heißt, wenn jemand anderer Schulleiter ist, besteht unter Umständen die Gefahr, dass dann diese Verhältnisse dort abgeschafft und abgedreht werden, dass man sich einfach der Schule als Selbstbedienungsladen bedient.

Wir haben jetzt in der Korruptionsfrage aktuell massiven Handlungsbedarf. Das betrifft auch diese ganzen Ebenen. Und jetzt frage ich eines: Was passiert denn in puncto Geldannahme, die Kollege Fichtenbauer erwähnt hat? Jeder weiß, wenn der Kollege Fichtenbauer, dem man nicht attestieren kann, ein besonderer Verbal-Rabauke zu sein – er überlegt sich schon sehr wohl, was er sagt –, also wenn der Kollege Fichten­bauer hier ganz besonders, wie man landläufig sagt, in den Saft geht, dann muss das schon etwas ganz Besonderes sein, was hier im Hintergrund steht, denn ohne Grund macht er das nicht. Sie können andere Kollegen mit ihren Wortmeldungen durchaus qualitätsvoll vergleichen, wenn so etwas passiert.

Was passiert denn, wenn der Herr Obersenatsrat einer Bauabteilung eines Magistrats Baufirmen und Ähnliches aus seinem Bereich einlädt und dort sagt: Ich möchte gleich sagen, die Opferschale für die Geschenke ist links beim Eingang aufgebaut. Aber bitte keine Blumen, keine Gutscheine, nur Bares. Was ist denn das? Was würde denn dann passieren? Es ist nichts anderes! (Beifall bei der FPÖ.)


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Die Frau Bundesministerin hat in ihrer Stellungnahme und mit ihrer Ankündigung, hier Schule und Privates klar zu trennen, das Problem offensichtlich erkannt. Es ist überhaupt nichts einzuwenden, wenn Private die Dienste für diese Praktika in An­spruch nehmen. Aber wenn das jemand aus dem Berufsstand selbst ist und dann noch jemand, der für die Qualitätssicherung da ist, nämlich der Inspektor dieser Schule, der sich dort hofieren lässt, dann ist an sich das, was als Untertitel auf dieser Einladung steht – „Ich bin 60   na und? Das gehört evaluiert und qualitätsgesichert“ –, blanker Hohn.

Blanker Hohn ist es, wenn diese Inspektorin von sich behauptet, das, was sie macht, würde die Qualität sichern und sie wäre zuständig fürs Evaluieren. Es ist ein Beispiel dafür, dass unser Schulverwaltungssystem und Kontrollsystem aufgrund des Kom­petenz­dschungels und der Verländerung in diesem Bereich der Schulverwaltung tatsächlich ein Problem hat. Es ist höchst an der Zeit, dass das angegangen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Fichtenbauer hat es bereits anklingen lassen: Dieser Fall ist nur einer von vielen und ist symptomatisch. Daher werden wir diesen Fall nicht nur heute und hier, sondern auch auf verschiedenen anderen Ebenen entsprechend beurteilen, denn solche Praktiken haben in einem Bildungssystem des 21. Jahrhunderts nichts verloren. Das ist vielleicht nach 1945 gewachsen, aber dieser Wildwuchs muss eingestellt, muss entwurzelt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


17.58.09

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Dieser Fall ist wirklich symptomatisch, was diese Landesschulinspektorin anlangt. Das sind Beschwerdebriefe über sie, das sind Verfahren, die ich im Laufe des letzten Jahres zugeschickt bekommen habe. Da stehen unglaubliche Vorgänge drinnen. Diese Frau ist nicht qualifiziert für dieses Amt. Das ist offenkundig. (Beifall bei den Grünen.)

Ebenso offenkundig ist – ich habe diesbezüglich vor einem Jahr schon eine Anfrage gestellt, ich werde nächste Woche noch einmal eine Anfrage dazu anbringen –, dass das System der Schulaufsicht da kläglich versagt hat, denn die Behörde, inklusive Ihrer höchsten Beamten, der Sektionschefs in Ihrem Haus, Sektionschef Stelzmüller, Sektionschef Siegl, weiß davon, und zwar seit Langem, und ist untätig. Das ist in meinen Augen eine Verletzung ihrer Dienstpflichten.

Diesen Fall herunterzuspielen, wie das die Kollegin von der ÖVP macht, ihn als Animosität zweier Frauen, sozusagen einen Zickenkrieg darzustellen, das ist eine Ungeheuerlichkeit der Sonderklasse (Beifall bei den Grünen), und ich verlange hier schon, Frau Kollegin, dass Sie sich bei den Betroffenen an diesen Schulen entschul­digen.

Zu entschuldigen hat sich allerdings auch die Republik. In Ihrem Auftrag, Frau Ministerin, hat die Finanzprokuratur auf das Klagsschreiben geantwortet. Ich zitiere hier aus diesem Akt – da wird nämlich diese Frau, Frau Direktor Mayer, doppelt fertig gemacht –:

Die Genialität des Ehegatten der Klägerin ist unbestritten. In Beziehungen, in welchen ein Ehegatte besonders beruflich erfolgreich ist, bringt dies den anderen Ehegatten in eine schwierige Situation, da er dann Genie und Genialität des Ehegatten zur Kenntnis


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nehmen muss. Das könnte zu einer seelischen Verstimmtheit beigetragen haben. – Zitatende. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist unerhört!)

Das ist derart unglaublich, was hier vorgeht. Schuld ist das Mobbing-Opfer, und das bekommt das Mobbing-Opfer offiziell von der Republik Österreich, in Ihrem Auftrag, Frau Ministerin, mitgeteilt. Ich glaube, da ist sofortiges Handeln angebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Direktor Mayer sitzt übrigens oben. Ich begrüße Sie zu dieser Sitzung!

Dieser Fall muss von uns zum Anlass genommen werden, das gesamte System der Schulaufsicht zu hinterfragen. Was wir hier haben, ist ein parteipolitisch verfilztes System, das seiner eigentlichen Aufgabe nicht mehr gerecht wird.

Herr Kollege Mayer, der Landesschulrat ist bitte eine Bundesbehörde. Das hier abzu­schieben an die Länder, das ist zu billig. Da hat die Bundesministerin einzugreifen, und ich fordere Sie auf, da endlich aktiv zu werden! (Beifall bei den Grünen.)

Was wir brauchen, ist ein qualifiziertes Rückmeldungssystem an die LehrerInnen, an die DirektorInnen. Was wir brauchen, ist Unterstützung für mutige DirektorInnen, die sich nicht unterkriegen lassen.

Ich glaube, wir müssen Frau Direktor Mayer auch hochoffiziell unseren Dank aus­sprechen dafür, dass sie sich wehrt, dass sie kämpft gegen diese Zustände und dass sie sich das nicht gefallen lässt, was ihr zugemutet wird. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Wir haben bestimmte Kompetenzbereiche. Wir haben unklare Kompetenzbereiche, und natürlich liegt die Wurzel des Übels darin, dass das gesamte Schulsystem partei­politisch zwischen Rot und Schwarz größtenteils – in Kärnten, wie wir alle wissen, sind die Blauen auch kräftig beteiligt – aufgeteilt wird. (Abg. Mag. Widmann: In Oberöster­reich die Grünen!) – Sie waren natürlich diejenigen, die diesen Weg bereitet haben. Da gibt es haufenweise Klagen aus Kärnten über das, was da abgegangen ist.

Machen wir es kurz: Nehmen wir das Ganze zum Anlass, grundlegend über Schul­aufsicht zu diskutieren. Inspektoren der alten Art haben in diesem modernen System ausgedient. Wir brauchen qualifizierte Rückmeldungen. Wir brauchen ganze Gruppen, die an Schulen gehen, die mit allen Betroffenen diskutieren, die mit den Betroffenen auf Augenhöhe diskutieren – und nicht in Hofratsmentalität ihre Untergebenen abqualifizieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


18.03.26

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich bin sehr dankbar, Herr Kollege Fichtenbauer, für diese Anfrage, denn als wir die Unterlagen bekommen und gesichtet haben, konnten wir einiges durchleuchten. Eines haben wir heute definitiv gelernt, nämlich dass die ÖVP anscheinend über gewisse Dinge einfach so drüberfährt und gewisse Themen lapidar abgehandelt werden.

Aber Sie können sich darauf verlassen, dass wir an diesem Thema und vor allem an diesem Fall, der Jahrzehnte zurückgeht – es gibt tatsächlich schon jahrelang Probleme mit der in der Anfrage genannten Person –, dranbleiben – also genau durchleuchten werden, wie es in diesem Bereich eigentlich abläuft. Aus der Anfragebeantwortung geht klipp und klar hervor: Es sind keinerlei Kosten entstanden.

Frau Ministerin, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diesbezüglich jetzt noch für Aufklärung sorgen werden, und dabei werden wir Sie sehr gerne unterstützen.


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Aber wenn man sich diese wunderbare Einladung ansieht (der Redner hält ein Schrift­stück in die Höhe), und unten steht, bis Freitag, den 28. Mai 2010, geben Sie Ihre Ant­wort bekannt, ob Sie kommen, ja oder nein, an office@tourismusschulen-semmering.at, so frage ich mich schon, bei dieser privaten Feier, wer in diesem Sekretariat eigentlich sitzt. 

Frau Abgeordnete Franz, die Tochter, eine Kollegin oder doch jemand vom Sekretariat, der vom Staat bezahlt wird? – Das ist doch die entscheidende Sachlage. Es sind der Republik Kosten entstanden, und das finden wir absolut letztklassig. Jeder kann privat Geburtstag feiern wie er will, aber hier lapidar zu sagen, na ja, war einfach so und ist einfach so, ist für uns nicht zu akzeptieren. (Abg. Rädler: Wie war das bei Haider?) – Na ja, da musst du dir selbst die Frage stellen, wie das bei dir in Niederösterreich abläuft, da musst du dich selbst im Spiegel betrachten und einmal genau schauen, dass wir das abschalten und abstellen. Wir werden das diesbezüglich machen! (Beifall beim BZÖ.)

Das lapidare Drüberfahren seitens der ÖVP, das kann es wohl nicht sein. Sarkasmus ist hier nicht angebracht; das sage ich Ihnen auch ganz klar. (Beifall beim BZÖ.)

Interessant ist auch, dass der Festredner der Direktor ist, Herr Kürner. Es würde mich schon interessieren, was er gesagt hat, wahrscheinlich wie stolz er ist, dass die Feier in der Schule stattfindet, welchen großen Beitrag die SchülerInnen leisten, was die SchülerInnen da alles lernen, wenn sie bei so einem feudalen Fest servieren dürfen aber keinen Cent Trinkgeld bekommen, dass alles so toll ist, der Staat übernimmt ja ohnehin die Kosten. Das ist die Frage.

Wir müssen uns auch überlegen, wie wir mit den Menschen und mit den Jugendlichen umgehen, vor allem im Tourismusland Österreich, wobei ich sehr froh bin, dass wir Menschen und Jugendliche haben, die noch Tourismusschulen besuchen. Aber diese Einrichtungen für private Zwecke zu missbrauchen, das ist letztklassig. Aber wir bleiben dran.

Frau Ministerin, hier haben wir hoffentlich in Ihnen einen Partner gefunden, damit diese Dinge in Zukunft abgestellt werden, damit wir über solche Dinge im Hohen Haus nicht mehr diskutieren müssen. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

18.06


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.

18.06.49Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 8 und 9 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.07.03

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute die Novelle des Sicherheitspolizei­gesetzes und setzen damit, und das kann ich aus Überzeugung sagen, einen weiteren wirksamen und wichtigen Schritt zur Terrorismusprävention und -bekämpfung.

Es ist heute schon viel diskutiert worden, und natürlich kann man sich immer wieder fragen: Ist es denn notwendig und sind gewisse Maßnahmen auch gerechtfertigt? Es ist aber schon so, und das sollten wir auch anerkennen, und es stellt sich immer wieder heraus, dass sich auch die Formen des Terrorismus in der letzten Zeit verändert haben


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und dass es immer mehr übergeht zu Einzeltätern, zu Einzelgängern, denen man nur durch gewisse Ausweitungen der Gefahrenerforschung auf die Spuren kommt.

Ich glaube, diese Bedrohung ist realistisch da und man sollte die österreichische Bevöl­kerung auch konsequent davor schützen. Dazu ist es auch notwendig, dass man unseren Behörden die entsprechenden Instrumente und Instrumentarien in die Hand gibt.

Aus den Ausführungen der Frau Ministerin ist auch schon hervorgegangen, dass man in Österreich da sehr sensibel und ausgewogen vorgeht und diese Instrumentarien wirklich nur einsetzt, wenn es gerechtfertigt und auch entsprechend vertretbar ist.

Ich möchte gerade auch zu dieser Novelle sagen, dass ich glaube, es wird so gut es geht bei dem Einsatz dieser Instrumentarien auf die Freiheitsrechte, auf die Grund­rechte der Menschen Rücksicht genommen. Wir haben uns diese Debatte nicht einfach gemacht. In die gesamte parlamentarische Diskussion wurde sehr viel Expertise eingebracht. Wir haben Hearings durchgeführt und schlussendlich auch in den parla­mentarischen Beratungen doch viele Abänderungen entsprechend verankert.

Meine Damen und Herren von der Opposition, ich würde Sie schon darum bitten, ein bisschen mehr Vertrauen in den Rechtsstaat generell an den Tag zu legen, weil es ist nicht immer gleich alles Missbrauch, und es besteht nicht immer gleich Missbrauchs­gefahr, sondern es sollte ein gewisses Grundvertrauen geben, dass diese Instrumente sorgsam und sorgfältig eingesetzt werden.

Deswegen ist es bei dieser Novelle entsprechend vertretbar, dass man ihr die Zustim­mung erteilt und einen wichtigen Schritt im Bereich der Terrorismusbekämpfung setzt, weil sie schlussendlich, und das möchte ich schon sagen, nicht den Menschen mehr Freiheitsrechte nimmt, sondern ihnen schlussendlich auch mehr Freiheit gibt, weil durch terroristische Anschläge die Freiheit und das Recht des Einzelnen beeinträchtigt sind.

Für meine Fraktion, für die Österreichische Volkspartei, möchte ich dezidiert fest­halten – weil in Ihrem Antrag auch ein Gipfel zu den Bürgerrechten verlangt wird –: Wir waren und sind immer die Partei gewesen, die für die Freiheitsrechte, für das Indivi­duum, für die Rechte des Einzelnen eingetreten ist. Ich glaube, die Bürgerrechte und die Sicherheit sind bei uns gut aufgehoben. Wir werden da sehr sensibel vorgehen, aber natürlich dort, wo es notwendig ist, die Freiheit und die Rechte des Einzelnen zu sichern, auch entsprechende Maßnahmen im Sicherheitsbereich setzen.

Und da die Frau Ministerin da ist: Bei der ÖVP und vor allem bei unserer Frau Bun­desministerin für Inneres sind die Sicherheit und auch die Bürgerrechte in guten Händen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


18.10.06

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ob die Sicherheit und die Bürgerrechte bei der ÖVP in guten Händen sind, das gilt es schwer zu hinterfragen. (Ruf bei der ÖVP: Mit Sicherheit!) Wenn in diesem Sicherheits­polizeigesetz der Begriff erweiterte Gefahrenforschung strapaziert wird, dann würde ich Sie von der ÖVP, aber auch von der SPÖ, der zweiten Regierungsseite, bitten, auch nach dem Begriff erweiterte Gewissenserforschung zu fragen, nämlich inwie­weit das noch stimmt, was Sie hier vorne vorgeben, aber in Wirklichkeit draußen nicht umsetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 192

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Zusammenhang mit dem Sicherheits­polizeigesetz geht es auch um schwerwiegende Auswirkungen auf die Bürgerrechte. Wir haben das heute bereits diskutiert. Da geht es um Eingriffe in Privatsphären, das Bespitzeln von Privatpersonen, und in diesem Zusammenhang muss man auch das Thema ACTA nennen.

ACTA ist in den letzten Wochen ein bekannter Begriff gewesen. ACTA ist nichts anderes, als dass Sie Spitzel von Großkonzernen, von großen Pressehäusern, von Druckereien, von Medienverlagen letztlich bis hinein ins Kinderzimmer, ins Jugend­zimmer, bis hinein in die Universitäten tragen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Daher ist ACTA, so wie es vorliegt, völlig abzulehnen, weil es einerseits das Prinzip der Netzneutralität gefährdet, das Internet an sich in Frage stellt, andererseits sich die SPÖ in einem offenen Brief an die Bundesregierung, Kolleginnen Ablinger und Hakel, soweit ich weiß, Sorgen macht darüber – also ich würde ein bisschen leise und nicht so vor­laut sein, da in der ersten Reihe bei der SPÖ –, weil auch die Meinungsfreiheit mit untergraben werden kann, weil damit das Internet als größte Wissensplattform auf der ganzen Welt in Frage gestellt wird, weil letztlich das Recht auf Wissen untergraben wird.

Das alles hat sinngemäß die SPÖ formuliert, nicht nur zwei Abgeordnete. Viele Landesvorsitzende, Gewerkschaften von der SPÖ haben das, auf APA-OTS ist es nachzulesen, formuliert. Ich bin dafür, dass wir diesen außerparlamentarischen Protest jetzt nicht nur in Form von offenen Briefen an die Regierung formulieren, sondern das, was Sie verlangen von der SPÖ-Fraktion, Teile von Ihnen, sinngemäß heute zur Abstimmung bringen. Ich bin gespannt, wie Sie hier argumentieren werden.

Es geht darum, dass man die Überwachung des Datenverkehrs, der nunmehr striktest überwacht werden soll auf Internetplattformen – bis hin zu zivil-, privatrechtlichen Klagen, die ich angeführt habe, von Konzernen über Privatpersonen –, so einfach nicht im Raum stehen lassen kann, weil das letztlich in der extremsten Form das Aus des Internets, wie wir es kennen, bedeuten würde.

Daher gibt es auch sehr viele Proteste, weltweit, aber vorwiegend europaweit, und es war auch die Jugend wiederum, die dieses Instrument des Internets verstärkt nutzt, die aufgeschrien hat. Es gibt neben dem SPÖ-Brief auch vereinzelte Stimmen aus der ÖVP, Kollegin Köstinger, EU-Abgeordnete zum Beispiel, die entsprechend argumen­tiert haben. Auch Staatssekretär Waldner hat angesprochen, dass ACTA in der jetzi­gen Form so nicht akzeptabel sei, weil eigentlich alle nur eines wollen: freies Wissen im freien Netz.

Es haben daher einige Länder, auf europäischer Ebene etwa Deutschland, Estland, die Slowakei, Zypern und die Niederlande, dieses ACTA vorerst nicht unterschrieben. Unterschrieben, aber noch nicht ratifiziert im Parlament haben, so wie Österreich, etwa Polen, Tschechien und Lettland.

Ich habe jetzt eine große Sorge. Die Regierung hat nämlich ausformuliert, man wolle abwarten, bis der EuGH geprüft hat, ob ein EU-Recht durch ACTA verletzt wird. Und Sie wissen alle, dass der EuGH normalerweise sehr wirtschaftsfreundlich, konzern­freundlich Gesetze hinterfragt und prüft. Das ist das Eine.

Das Zweite ist, es kann bei dieser schwammigen Formulierung durchaus sein, dass der EuGH nichts findet. Daher wird ACTA letztlich politisch zu beurteilen sein. Wollen wir das haben, dieses Bespitzeln im Netz, bis hinein in die Jugendzimmer, bis hinein in die Universitäten, oder wollen wir ein freies Internet, wie wir es kennen, auch in Zukunft für unsere Jugend, für die Menschen, für die Community bewahren?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 193

Ich warne die Regierung vor einem, nämlich jetzt zuzuwarten, bis das in ein, zwei Jahren geprüft worden ist, um dann festzustellen: Ja, der EuGH hat gesagt, ist ohnehin alles in Butter, passt ohnehin, und dem stimmen Sie wieder zu. Daher kann es nur eines geben, den derzeitigen Ministerratsbeschluss einzustampfen, in den Papierkorb zu werfen und auf europäischer Ebene seitens der Regierung ACTA neu zu ver­handeln, auch im Hinblick auf die Rechte, die gewahrt werden müssen.

Ich bringe daher abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann und Petzner

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Abstand von der Einbringung einer Regierungsvorlage zum derzeitigen ACTA-Abkommen zu nehmen und sich für eine Neuaufnahme der Verhandlungen unter Garantie von Transparenz und demokratischer Meinungsbildung einzusetzen.“

*****

Es ist genau die Formulierung, die die SPÖ im offenen Brief verwendet hat.

Ich fasse zuletzt zusammen. (Der Redner entrollt ein Plakat, auf dem im Hintergrund mehrere kleingedruckte Textseiten und im Vordergrund mit großen Lettern die Worte „AD ACTA“ zu sehen sind.) Es gibt eine sehr starke Plattform betreffend ACTA. Die hat auch an alle Abgeordneten ein entsprechendes Dokument versandt: AD ACTA, legen wir ACTA ad acta.

Ich zitiere ganz kurz daraus: ACTA schützt nicht vor dem, was es vorgibt zu erreichen. Stattdessen kriminalisiert dieses Abkommen Unbescholtene, schädigt die Wirtschaft und untergräbt unsere Grundrechte.

Daher: Legen wir ACTA ad acta! (Beifall beim BZÖ.)

18.15


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ACTA-Neuverhandlungen

eingebracht in der 144. Sitzung des Nationalrates am 29. Februar 2012 im Zuge der Debatte zu TOP 9, Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1812/A(E) der Abgeordenten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abhaltung eines Gipfels zum Thema „Wie weit dürfen Bürgerrechte noch aufgeweicht werden?“ (1660 d.B.)

ACTA (Anti Counterfeiting Trade Agreement) ist ein internationals Abkommen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Bürgerrechte. Auch zahlreiche SPÖ-Abgeordnete auf nationaler und internationaler Ebene dürften dies so sehen und wandten sich mit einem offenem Brief an die Bundesregierung, in dem sie ihre „Sorge


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 194

über die Auswirkungen des Anti- Counterfeiting Trade Agreement zum Ausdruck bringen und auf die von der sozialdemokratischen Fraktion im europäischen Parlament schon seit lander Zeit aufgezeigten Gefahren, die dieses abkommen für das zugangs­offene Internet und das Prinzip der Netzneutralität bringt, hinweisen.“ Die Beurteilung des ACTA-Abkommens fällt eindeutig aus: „Wir sind in großer Sorge um die Zukunft der Demokratie, des freien Meinungsaustausches und des Rechtes auf Wissen, denn mit der Ratifizierung von ACTA wird nicht nur ein Vertrag unterzeichnet, der zukünftig die proaktive Überwachung des Datenverkehrs auf Internetplattformen und gegebe­nenfalls zivil- und strafrechtliche Folgen ermöglicht. Die weitere Umsetzung würde außerdem einen Prozess legitimieren, der unter Geheimhaltung und Ausschluss der Öffentlichkeit und der Mitglieder der einzelnen demokratisch gewählten legislativen Organe stattgefunden hat. ACTA ist mit keinem modernen Verständnis von Demokratie vereinbar und daher abzulehnen.“

Nach breitem öffentlichem Protest in ganz Europa soll nun der Europäische Gerichts­hof klären, ob ACTA europäisches Recht verletzt. Österreich kündigte an, mit der Ratifizierung auf den Beschluss des EU-Parlaments zu warten. Dieser war für 12. Juni geplant, die Überprüfung durch den EuGH könnte eine Entscheidung jedoch für zwei Jahre oder länger hinauszögern. Die SPÖ-Delegation im EU-Parlament sieht in der ACTA-Prüfung durch den EuGH ein "halbherziges Vorgehen". Es sei „keine kritische Stellungnahme“ von Seiten des EuGH zu erwarten, erklärte Delegationsleiter Jörg Leichtfried. Frühere Entscheidungen des EuGH hätten gezeigt, dass diese oft im Interesse der Wirtschaft fallen würden. Eine juristische Überprüfung ersetzt keinesfalls eine politische Bewertung des Abkommens und seiner weit reichenden Konsequenzen.

Demnach ist ACTA in der derzeitigen Form endgültig ad acta zu legen und der For­derung nach einer Neuaufnahme der Verhandlungen, unter Garantie von Transparenz und demokratischer Meinungsbildung zu entsprechen.

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Abstand von der Einbringung einer Regie­rungsvorlage zum derzeitigen ACTA-Abkommen zu nehmen und sich für eine Neu­aufnahme der Verhandlungen, unter Garantie von Transparenz und demokratischer Meinungs­bildung einzusetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


18.15.39

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich möchte wieder zurück­kommen zum Sicherheitspolizeigesetz. Das Sicherheitspolizeigesetz ist eine Hand­lungs­anleitung für die Polizei, in der Rechte und Pflichten definiert werden. Ich erinnere mich zurück an 1993, als es auf unsere Initiative damals geschaffen wurde, um für die Polizei einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen.

Die Kriminalität hat sich verändert, ja, und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das ABGB, hat sich auch weiter geändert. (Abg. Öllinger: Was hat das Bürgerliche Gesetzbuch damit zu tun?) Auch jetzt müssen wir hier eine weitere Anpassung machen. Dass das Thema sehr komplex ist, zeigt sich daran, dass wir seit 1993 über die 27. Novelle sprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 195

Womit befasst sich die Novelle? – Die Novelle befasst sich mit der Optimierung der Befugnisse für die Sicherheitsexekutive, für die erweiterte Gefahrenerforschung, auf Einzelpersonen herabgebrochen, für die Befugnisse gegen Hausbesetzer, aber auch mit der Verbesserung des Opferschutzes und mit der Optimierung der Zusammen­arbeit mit den Jugendwohlfahrtsträgern. Das sind zwei Aspekte, die mir heute in der Diskussion überhaupt noch nicht untergekommen sind.

Eines kann man sagen: Wir haben im Innenausschuss ein öffentliches Hearing gehabt, und auf Basis des öffentlichen Hearings sind auch noch Änderungen eingetreten. Wir von der Sozialdemokratischen Partei haben uns massiv für diese Änderungen eingesetzt. Somit sind auch diese Änderungen eingebaut, und entgegen dem, was Kollege Westenthaler zuerst gesagt hat – hätten Sie jetzt den richtigen Entwurf bei der Hand gehabt, dann hätten Sie auch gesehen, dass sich der § 21 sehr wohl verändert hat – geht es bei der erweiterten Gefahrenerforschung immer um eine Prognoseent­scheidung. Das ist so, weil bis dato noch nichts passiert ist, aber der Rechtsschutz­beauftragte – und das ist keine neu geschaffene Position, die es jetzt erst gibt, diesen Rechtsschutzbeauftragten gibt es schon seit zehn Jahren – muss das genehmigen.

Sie sagen, der ist abhängig. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Haben Sie schon einmal reingeschaut in das bestehende Gesetz, wo drinnen steht, wie der Rechtsschutzbeauftragte bestellt wird? – Er ist angesiedelt im Innenministerium. Das stimmt, Herr Kollege Westenthaler, aber er wird vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung der Präsidenten des Nationalrates sowie der Präsidenten des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofs auf die Dauer von fünf Jahren bestellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Deswegen ist er unabhängig!) Das steht jetzt auch drin, und er ist frei und unabhängig, und so arbeitet er auch.

Ein wichtiger Aspekt, den wir noch eingebracht haben, war auch, dass es nach Beendigung der erweiterten Gefahrenerforschung – die erstens einmal eingeschränkt wird auf drei Monate, noch einmal verlängert werden kann auf erneut drei Monate – dann zu einer Löschungsverpflichtung kommt, was für uns ein wesentlicher Punkt war, die auch vom Rechtsschutzbeauftragten zu kontrollieren ist. Der Rechtsschutz­beauf­tragte ist auch verpflichtet, einen Bericht zu legen. Das ist auch eine bestehende Regelung, die im Gesetz schon steht.

Daher werden wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


18.18.58

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Innenministerin! Norwegen wurde heute zitiert, der Herr Breivik, von Ihnen auch, Herr Kößl. Norwegen hat nicht diese legistischen Mittel angewendet, sondern hat nach diesem furchtbaren Attentat erklärt, dass es auf die Einhaltung und die Durchsetzung der bürgerlichen Rechte und Freiheiten weiterhin großen Wert legt.

Das ist einmal ein Punkt, den man festhalten sollte. Die hätten in dieser Situation allen Grund gehabt, erweiterte Mittel für die Polizei zu fordern, nur, und damit bin ich beim zweiten Punkt, es hätte nichts genutzt, und das haben die in Norwegen auch gewusst.

Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Franz Fuchs. Eigentlich hat mich Kollege Fazekas auf die Idee gebracht, der gesagt hat: Franz Fuchs wurde durch die Rasterfahndung gestellt. – Das stimmt nicht.

In Österreich ist die Rasterfahndung, obwohl es dieses Mittel gibt, Gott sei Dank bis heute nicht zum Einsatz gekommen. Bei Franz Fuchs wurde sie mit Sicherheit nicht angewendet, Herr Kollege Fazekas. Da sind ganz traditionelle Mittel angewendet


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 196

worden, beziehungsweise wurde Herr Fuchs im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle zur Strecke gebracht, wenn man das in diesem Zusammenhang so sagen kann. Man hat bei Herrn Fuchs über eine Isotopen-Analyse bei einem bestimmten Sprengsatz fest­gestellt, dass der Täter offensichtlich aus der Südsteiermark sein muss. Man hat ein Täterprofil entwickelt, bei dem bestimmte – nicht alle – Merkmale zugetroffen haben. Ganz traditionelle Mittel sind da angewendet worden und nicht die erweiterten Mittel.

Jetzt frage ich Sie, Frau Bundesministerin: Was hätten diese Mittel bei Franz Fuchs genützt? – Nichts. Franz Fuchs hat kein Handy benutzt. Er wäre nicht über das Handy nachverfolgbar gewesen. Gar nichts hätte es genutzt, genauso wenig wie bei Herrn Priklopil oder beim Kerkermeister von Amstetten, Herrn Fritzl. Weil sie als Einzeltäter eben sehr zurückgezogen agieren – das trifft bei allen zu –, weil sie nach außen völlig unscheinbar agieren, würde man sie so nicht finden.

Allerletzter Punkt: Herr Kollege Kößl! Ich glaube, Sie waren es, der das Massaker in Erfurt angesprochen hat. (Abg. Kößl: Ja!) Wissen Sie, was in Erfurt passiert ist? – Der Schüler hat letztendlich deshalb durchgedreht, weil er von der Schule verwiesen wurde. (Abg. Kößl: Aber im Vorfeld! Da gibt es eine Vorgeschichte!) Es gibt schon eine Vorgeschichte bei diesem Schüler. Selbstverständlich, er hat viel Computer gespielt. Sollen wir jetzt alle Jugendlichen, die über drei Stunden lang Computer spielen, in diese individuelle erweiterte Gefahrenerforschung einbeziehen? – Mit Sicherheit nicht. (Abg. Kößl: Nein! Aber die Bevölkerung hätte der Polizei !)

Alles, was Sie gesagt haben, ist völlig daneben. So kommen wir nicht weiter. (Zwi­schenruf des Abg. Kößl.) Wenden Sie die ganz traditionellen Mittel an und schauen Sie, dass die Täter gestellt werden! Da gibt es noch genügend zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


18.22.46

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Die Freiheitliche Partei und das BZÖ haben heute die Grund- und Freiheitsrechte im Besonderen eingeschränkt gesehen und gesagt, dass diese Novelle nicht den Bedürfnissen des Rechtsschutzes entspricht und, vor allem, dass der Rechtsschutzbeauftragte kein geeignetes Instrument wäre. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Richtig! Sie haben es erkannt!)

Dazu, dass der Rechtsschutzbeauftragte kein geeignetes Instrument wäre, darf ich die Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ darauf aufmerksam machen, was in der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz 2006 im Dezember 2005 im Nationalrat beschlossen wurde: Punkt 24 (Verfassungsbestimmung): Rechtsschutzbeauftragter.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, wer damals für den Rechtsschutzbeauftragten gestimmt hat? – Es war die ÖVP, es war die SPÖ, und es war die Freiheitliche Partei. Zum damaligen Zeitpunkt hat das BZÖ nicht existiert. Das heißt, viele Mandatare, die heute hier herinnen sitzen, waren damals unter dem FPÖ-Mantel und haben dem Rechtsschutzinstrument des Rechtsschutzbeauftragten zugestimmt. Wenn Sie sich heute herausstellen, zeigt das Ihre Unglaubwürdigkeit und wie Sie Ihre Meinung innerhalb weniger Jahre ändern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Rosenkranz: Herr Kollege, wollen Sie absichtlich in der Steinzeit stecken bleiben?) So können Sie uns mit Ihren Argumentationen nicht mehr hinters Licht führen.

Kolleginnen und Kollegen, der zweite Punkt, der auch von den Grünen immer wieder kritisiert wird, ist, dass der Rechtsschutzbeauftragte im Innenministerium angesiedelt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 197

ist. Die Kollegin von der SPÖ hat ja schon ganz genau ausgeführt, dass der Rechtsschutzbeauftragte gemäß dem Sicherheitspolizeigesetz genauso weisungsfrei gestellt ist wie jeder Richter. (Ruf bei den Grünen: Unterschied!)

Ich frage Sie: Was ist für ein Unterschied zwischen jemandem, der per Verfassungs­bestimmung freigestellt ist und seinen Sold vom Innenministerium bezahlt bekommt, und demjenigen, der weisungsfrei gestellt ist und seinen Sold vom Justizministerium bezahlt bekommt? – Keiner. Beide sind gemäß der österreichischen Bundesverfassung vollkommen weisungsfrei gestellt, vollkommen unabhängig. Damit ist auch ein entsprechender Schutz gegeben, damit kein Datenmissbrauch erfolgen kann. (Abg. Dr. Rosenkranz: eine Kopfwehtablette, weil die brauche ich jetzt dann! – Zwischen­ruf bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, der Rechtsschutzbeauftragte ist ja nicht irgendwer; der Name wurde heute noch gar nicht erwähnt. Er ist wahrscheinlich einer der besten Strafrechtsprofessoren, die wir in der österreichischen Republik je gehabt haben. Es ist der emeritierte Universitätsprofessor Dr. Manfred Burgstaller, eine wirkliche Koryphäe. Er ist nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland höchst anerkannt. Ich glaube, auch von Ihnen wurde seine Kompetenz nie bezweifelt – weder von den Freiheitlichen noch vom BZÖ, noch von irgendeiner anderen Partei. Seine Unabhängigkeit wurde von Ihnen noch nie in Zweifel gestellt. (Abg. Ing. Westenthaler: Der, der von Begleitung von Suizidgefährdeten redet! Sehr kompetent! – Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Sie versuchen nur, politisches Kleingeld zu machen. Daher möchte ich auch gerne die Stellungnahme des Rechtsschutzbeauftragten zu dieser Novelle vortragen. Dr. Burg­staller sagt – ich zitiere aus seinem Gutachten, das er dem Ausschuss vorgelegt hat –:

Erstens: Diese Regierungsvorlage hat den Rechts- und Datenschutz insgesamt substanziell verbessert. (Abg. Ing. Westenthaler: Allein deshalb ist er verdächtig!) Zweitens: Der Rechtschutzbeauftragte sagt, dass er in der Lage sein wird, die geplante erweiterte Gefahrenerforschung gegenüber Einzelpersonen, deren Erforderlichkeit zur Terrorprävention plausibel argumentiert wird, in den rechtsstaatlich gebotenen engen Grenzen zu halten. – Mehr kann man dazu, glaube ich, nicht sagen.

Weiters sagt er, dass seines Erachtens ein Rechtsschutzniveau besteht, das die von der Regierungsvorlage vorgesehene Datenverarbeitung zum Schutz verfassungs­mäßiger Einrichtungen, deren Sinnhaftigkeit plausibel begründet wird, als gut verant­wortbar erscheinen lässt.

Da das auch schon kritisiert worden ist, möchte ich die Aussagen des Rechtsschutz­beauftragten dazu zitieren, dass man mittels Peilsender auch die Begleitperson von Opfern im Bereich des Suizids oder bei Bergunfällen et cetera orten kann. Hierzu sagt der Rechtsschutzbeauftragte:

Die ausdrückliche Zulassung im Gesetz, wie dies die in der Regierungsvorlage vorgesehene Erweiterung des § 53 Abs. 3b Sicherheitspolizeigesetz vorsieht, erscheint mir als dringendes Bedürfnis, denn es dient dem Opferschutz. – Zitatende.

Es dient dem Opferschutz und führt nicht umgekehrt dazu, dass, wie Sie sagen, unbescholtene Bürger ungerechtfertigterweise bespitzelt werden. Im Gegenteil: Es dient der Prävention und dem Schutz der österreichischen Bürger.

In diesem Sinne bin ich dankbar, dass der österreichischen Polizei Instrumente in die Hand gegeben werden, die dazu dienen, in der Prävention noch besser tätig zu werden, und gleichzeitig der gebotene Datenschutz gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 198

18.28.24

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Geschätzter Präsident! Geschätzte Innenminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einige Kritikpunkte der Opposition aufgreifen und eine Klarstellung für die Bürger, für die Zuhörer und Zuseher im Hohen Haus abgeben.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im heute vorliegenden Gesetzestext wurde – auch wenn es die Opposition nicht so haben möchte – die teils durchaus berechtigte Kritik aufgenommen. Im letzten Innenausschuss wurde sie durch einen Abänderungs­antrag bereits berücksichtigt. Dieser Abänderungsantrag enthielt notwendige Präzisie­run­gen, und zwar erstens, wann ein Einschreiten für die Exekutive nun möglich sein soll, und zweitens, wann erhobene Daten zu löschen sind. Jedes Mitglied des Innenausschusses wird bestätigen können, dass es von der Ausgangslage bis zum Gesetzentwurf, der jetzt zur Beschlussfassung vorliegt, gravierende Veränderungen gegeben hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte noch kurz die Kritik betreffend den Rechtsschutzbeauftragten aufnehmen. Es wurde schon einiges von meinen Vorrednern gesagt, aber ich glaube, da dürfte es ein Missverständnis von manchen Abgeordneten in der Opposition gegeben haben. Sie verwechseln Menschen­rechts­beirat mit Rechtsschutzbeauftragtem, denn gerade im Menschenrechtsbeirat gibt es eine Mitwirkung der Bundesministerin. Aber beim Rechtsschutzbeauftragten – das wurde schon gesagt – ist der Bundespräsident zuständig für die Bestellung: auf Vor­schlag der Bundesregierung nach Anhörung der Präsidenten des Nationalrates und der Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes.

Was besonders hervorzuheben ist, ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit für einen Gesetzesbeschluss in diesem Bereich. Eine Verfassungsbestimmung lautet: „Eine Einschränkung seiner Befugnisse sowie seiner Rechte und Pflichten kann vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden“. Das zeigt die Wichtigkeit des Rechtsschutzbeauftragten.

Zum Schluss noch: Der Rechtsschutzbeauftragte erstellt jährlich einen Bericht, der dem Unterausschuss des Innenausschusses vorliegt – dem Ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem sogenannte Stapo-Ausschuss. Es ist daher sehr wichtig, diese Berichte aufzuarbeiten, zu besprechen und auch zu hinterfragen.

Etwas stört mich aber schon ein bisschen: Im Ständigen Unterausschuss des Aus­schusses für innere Angelegenheiten sind wir jetzt mit dem Fall Kampusch beschäftigt. Ich würde zumindest einmal auf die Kollegen der FPÖ abzielen: Wie kann es sein – „Polizei-Skandal im Fall Kampusch“ –, dass ein FPÖ-Gemeinderat tätig war und Ermitt­lungen durchgeführt hat? In der Zeitung wurde natürlich auch sehr kritisch darüber geschrieben:

Was hat Sie dazu bewogen, in der Schule nach einer Tochter von Kampusch zu suchen? – „Sie können mir glauben: Ich hatte einen guten Grund dafür.“

Ich zitiere weiter: „Ich darf zum konkreten Fall überhaupt nix sagen.“

Vielleicht gibt es dazu am Freitag im Unterausschuss Antworten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 199

18.31.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gerstl hat mich herausgefordert, weil er heute schon zum zweiten Mal polemisch gegen die Opposition zu Felde zieht. Das wundert mich, denn an und für sich halte ich ihn für einen sehr seriösen Abgeordneten.

Herr Abgeordneter Gerstl, du bist, glaube ich, Jurist, soweit ich mich erinnern kann. Dir wird doch wohl der Unterschied zwischen einem Rechtsschutzbeauftragten und einem eingesetzten Richter bekannt sein. Ich glaube, das brauche ich hier nicht auseinander­zudividieren. (Ruf bei der FPÖ: Offensichtlich doch!)

Dass wir den Rechtsschutzbeauftragten eingesetzt haben, hat selbstverständlich auch einen Grund gehabt: zur nachträglichen Kontrolle, wenn es um Maßnahmen, die damals gegolten haben, gegangen ist, damit sich der Betroffene bei dem Rechts­schutzbeauftragten, einer weisungsfrei gestellten Person – aber nicht jeder, der weisungs­frei gestellt ist, ist deshalb auch mit einer richterlichen Autorität und Funktion ausgestattet! (Abg. Ing. Westenthaler: Ganz genau so ist es!) –, nachträglich be­schweren kann und dass entsprechend untersucht wird – neben anderen Aufgaben.

Aber das jetzt hier bei diesen grundsätzlich neuen und viel massiveren Eingriffen, auch solchen in Grundrechte, so darzustellen: Wir werden keinen Richter brauchen – sagt man als Wiener –, denn der Rechtsschutzbeauftragte reicht ohnehin aus!, das ist auch nicht angebracht.

Franz Fuchs ist hier angesprochen worden, und es ist schon gesagt worden, dass das von den Methoden her überhaupt keinen Einfluss hat. Aber es hat insofern schon einen Einfluss, weil ich mich sehr gut daran erinnere, wie man damals bei den Ermittlungen zu den Briefbomben, bevor man Franz Fuchs als Täter gefunden hat, parteipolitisch motivierte Untersuchungen in eine Richtung gesetzt hat. (Abg. Grosz: Ein Sohn aus einer sozialdemokratischen Familie!) Danke für die Erinnerung an diesen Fall, Herr Kollege! Wenn ich mir das mit den heutigen Möglichkeiten technischer Art und durch dieses Gesetz jetzt auch rechtlicher Art vorstelle! (Abg. Grosz: War das nicht ein Roter, der Fuchs? – Abg. Ing. Westenthaler: Ein braver Roter!)

Meine Damen und Herren, es kann Sie auch betreffen, dass man aus parteipolitischen Gründen – da können Sie nachträglich kontrollieren, was Sie wollen – in eine Richtung untersucht. So wie man damals Abonnenten einer Zeitung mit Hausdurchsuchungen beglückt hat, könnte man heute vielleicht Telefonüberwachungen et cetera machen. Das Thema Fuchs ist genau dadurch ein weiteres Argument dafür, dass man diese Vorlage aus gutem Grund ablehnt. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Spitzelgesetz zur Ausforschung der Opposition!)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


18.34.33

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben jetzt viele Details gehört. Schauen wir doch einmal, was die Menschen in Österreich wollen! Sie wollen sozialen Frieden und Sicherheit. Um diesen Sicherheitsanspruch zu erfüllen, braucht die Exekutive taugliche Mittel. Wir haben es heute schon mehrmals gehört: Die Zeiten haben sich geändert, die Polizei muss zeitgemäß agieren können. – Deshalb, und nicht aus Jux und Tollerei, dieses neue Sicherheitspolizeigesetz. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht nur Gruppen, sondern auch Einzelpersonen können eine Bedrohung darstellen. Deshalb macht es Sinn, die Gefahrenerforschung auf einzelne Personen auszuweiten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 200

Die Kernfrage dazu: Bleiben die Bürgerrechte auf der Strecke? – Meine Damen und Herren, ich verstehe diesbezügliche Sorgen und Ängste. Wir nehmen diese Bedenken auch ernst. Entscheidend sind doch die Einschätzungen des Datenschutzrates. Er ist es ja, der die Rechte der Österreicher zu schützen hat. Was sagt der Datenschutz­rat? – Der Datenschutzrat gibt grünes Licht für die Neuerungen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Aber das ist ja der Herr Maier! Was will der schützen?)

Dazu ein wichtiges Argument: Die Überwachung kann nur erfolgen, wenn der soge­nannte Rechtsschutzbeauftragte zustimmt. Ich stelle das hier noch einmal klar: Dieser Rechtsschutzbeauftragte ist weisungsfrei und unabhängig. Die Latte für eine Zustimmung ist sehr hoch gelegt, nämlich: Die erwartbare Gefährdung für Menschen und Sachen muss hoch sein, und die Person muss etwa einen Anschlag gutheißen und auch Mittel dazu besitzen, etwa Sprengstoff. Ist das nicht der Fall, gibt es keine Zustimmung, und dann rückt die Polizei auch nicht aus. Das ist doch ganz klar! (Abg. Ing. Westenthaler: Glauben Sie wirklich, dass der Herr Maier wen schützt?)

Meine Damen und Herren! Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir machen nichts gegen mögliche Bedrohungen – mit all den Konsequenzen –, oder wir reagieren auf veränderte Bedingungen. Die Volkspartei hat sich dazu entscheiden, zu reagieren und Gefahren für die Bürger möglichst abzuwenden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Aber wen schützt der Herr Maier?)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


18.36.57

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Wenn ein Gesetz nicht eingehalten wird, ist das Rechtsbruch. Aus. Punkt.

Eines sage ich euch schon – Kollege Fichtenbauer, ich würde nicht lachen –: Da tut ihr der Polizei und dem Rechtsstaat keinen guten Dienst, das sage ich euch! Ich sage euch das in aller Deutlichkeit, denn wenn das, was die morgigen Zeitungen publizieren, nur im Ansatz stimmt, dann solltet ihr euch wirklich überlegen, ob diese Vorgangsweise gescheit ist, dass Polizisten ohne Rechtsgrundlage, ohne einen Dienstauftrag, nur um irgendwelchen Pseudospinnereien – hätte ich jetzt bald gesagt – nachzugehen, so arbeiten. (Der Redner zeigt die „Kronen Zeitung“ mit der Schlagzeile: „Polizei-Skandal im Fall Kampusch“.)

Eine ordentliche Rechtsgrundlage im Bereich der inneren Sicherheit – und dass diese eingehalten wird, das ist überhaupt keine Frage – ist die Voraussetzung dafür, dass unsere Polizistinnen und Polizisten hervorragende Arbeit leisten. Der überwiegende Großteil der Polizistinnen und Polizisten leistet ausgezeichnete Arbeit, und das sollte man nicht verunglimpfen, das haben sie sich nicht verdient. Da könnt ihr lachen, was ihr wollt. Denen sollte man eigentlich danken – für die Leistungen, die sie für die Republik und für die Bürgerinnen und Bürger erbringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich würde mir wirklich einmal die Rechts­grundlage in Norwegen ansehen. Ich würde mir ansehen, welche Gesetzesmaterien hier ununterbrochen vermischt werden. Ich kann nur immer einladen: Versuchen wir, gerade sensible Gesetzesmaterien sachlich zu beurteilen! (Abg. Öllinger: Ja! Zuhö­ren, bitte!)

Bei der Abwägung, ob in ein Grundrecht eingegriffen wird, muss man sich immer im Klaren darüber sein, dass es rechtsstaatlich, rechtlich, datenschutzrechtlich in allen Bereichen abgesichert ist. Aber bei der Abwägung, eine Bürgerin oder einen Bürger zu schützen – mit oder ohne Eingriff ins Grundrecht –, muss man irgendwann auch Farbe


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bekennen. Das ist so. Ich meine, wir haben die gemeinsame Verpflichtung, unsere Bürgerinnen und Bürger vor diesen Aktivisten und Terroristen zu beschützen.

Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Ich sage das auch in aller Deutlichkeit. Lieber Kollege Westenthaler! Da kann zitiert werden, soviel will. Wir waren selbst beim Hearing im Parlament damit konfrontiert, dass Fachleute nicht einmal die Regierungs­vorlage zitiert haben, sondern den ersten Ministerialentwurf. Das ist nachzulesen; jeder, der dabei war, weiß das. Was ich davon halte, will ich hier gar nicht erläutern.

Also ich würde, der Sache verpflichtet, sagen, dann sollte man wirklich das, was hier liegt, ehrlich diskutieren und nicht das, was der erste Ministerialentwurf war.

Wir haben ein Hearing durchgeführt, wir haben mehrere Sitzungen abgehalten, wir haben mit allen Experten gesprochen (Abg. Ing. Westenthaler: Alle Experten waren da­ge­gen!), wir haben einen riesigen Abänderungsantrag eingebracht, der hier vorliegt, und haben – wer es sich anschauen möchte, soll es sich anschauen – von den ersten Entwürfen des Ressorts über die Regierungsvorlage, das Hearing bis dann im Aus­schuss zu den Abänderungsanträgen und allem, was es gibt, ein ordentliches, ein rechtsstaatliches Gesetz zusammengebaut (Abg. Ing. Westenthaler: Ein Spitzel­gesetz! Ein schäbiges Spitzelgesetz!), das das Grundrüstzeug für unsere Kolleginnen und Kollegen der Exekutive darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mehr kann man zu diesem Gesetz nicht sagen. Es ist halt leider Gottes aufgrund der internationalen Entwicklung notwendig, sonst bräuchten wir es gar nicht zu diskutieren. Nicht auszudenken, wie die Wort­meldungen hier von diesem Rednerpult aus ausfallen würden, wenn bei uns in dieser Richtung etwas passieren würde.

Daher kommt gerade in diesem sensiblen Bereich der inneren Sicherheit immer wieder auch von mir der Appell: Versuchen wir, hier nicht zu polemisieren – das kennen wir ohnehin alle! Können wir uns das nicht einmal verkneifen und sehr sachlich im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger diskutieren und ein gutes Gesetz be­schließen? – Dazu lade ich Sie sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


18.41.23

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, den Worten meiner Vorredner ist nicht mehr viel hinzuzufügen.

Weil heute schon des Öfteren der Name Fuchs gefallen ist und Herr Kollege Öllinger gesagt hat, diese Novellierung des Gesetzes würde im Fall Fuchs eigentlich nicht helfen, weil er ja kein Handy gehabt hat: Der Fall Fuchs war im Jahr 1997, und ich bin mir sicher, in der heutigen Zeit hätte Fuchs sicher ein Handy. (Abg. Öllinger: Fritzl! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Aber, wie gesagt, ohne jetzt noch genauer darauf einzugehen: Sie können uns glau­ben, wir wollen sicher keinen Polizeistaat, wir wollen auch keine Totalüber­wachung, aber das, was wir für die Sicherheit in Österreich brauchen, ist, dass wir für die Polizei rechtliche Voraussetzungen schaffen, die den heutigen Ansprüchen gerecht werden, sodass die Polizei in Österreich die Sicherheit gewährleisten kann. Wie gesagt, Aufgabe der Politik ist es, dafür zu sorgen.

Seien wir stolz darauf: Österreich gehört zu den sichersten Staaten der Welt. Und das eine oder andere Gesetz muss einfach novelliert werden, um weiterhin diese Sicherheit


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gewährleisten zu können. Dies ist für die Polizei nur möglich, wenn sie nach den neuesten Gesichtspunkten arbeiten kann, und wir sind dafür verantwortlich, die ent­sprechenden Gesetze zu schaffen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

 


18.43.06

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz zum Antrag des BZÖ betreffend ACTA-Neuverhandlungen Stellung nehmen.

Als ich das gelesen habe, habe ich gemeint, ich traue meinen Augen nicht. – Wer will ACTA neu verhandeln, Hohes Haus? (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Die Verhandlungen über Acta waren grundsätzlich falsch.

Ich nenne Ihnen drei Gründe dafür, warum es zu keinen Neuverhandlungen zu Acta und über Acta kommen darf:

Bei den Verhandlungen über Acta waren keine internationalen Einrichtungen dabei, keine UNO-Einrichtungen. Es waren dabei die USA, Japan, Australien, Kanada und die Europäische Union. (Abg. Brosz: Deshalb ist es im Ministerrat beschlossen worden! Wahrscheinlich!) Es war die Zivilgesellschaft in keiner Weise mit eingebunden. (Abg. Öllinger: Die Regierung hat zugestimmt!) Und ich halte fest: Wenn wir über Urheber­recht, über das digitale Umfeld diskutieren, dann kann das nur auf internationaler Ebene durchgeführt werden. (Abg. Mag. Stefan: Wem sagen Sie das?)

Der zweite Punkt, warum dieser Antrag falsch ist: Acta ist bereits ad acta gelegt. Der Ratifizierungsprozess ist in Europa und in allen Mitgliedstaaten ausgesetzt. In Österreich, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat der Ratifizie­rungs­prozess noch nicht einmal begonnen! (Abg. Brosz: Hat es die Regierung beschlossen: ja oder nein?!)

Der dritte Punkt, warum dieser Antrag falsch ist (Abg. Grosz: Hat es der Ministerrat beschlossen?): Weil in diesem Abkommen nicht unterschieden wird zwischen Produktfälschungen und Markenfälschungen und dem digitalen Umfeld.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erinnern Sie sich an die Diskussionen im Finanzausschuss über die Produktpiraterie, wo wir alle der Meinung waren, dass Arzneimittelfälschungen, Fälschungen von Autoersatzteilen, von Ersatz­teilen für Flugzeuge nicht akzeptierbar sind und bekämpft werden müssen. Dazu bekenne ich mich. Was ich aber absolut ablehne, sind die Regelungen im digitalen Umfeld, und ich mache nur darauf aufmerksam, dass die Kommission versucht, derzeit über IPRED eine Entscheidung des Europäischen Parlaments zu hintergehen und neue strafrechtliche Bestimmungen für alle Mitgliedstaaten einzuführen.

Was mich betrifft, zu den Zwischenrufern: Ich beschäftige mich seit dem Jahre 2007 mit Acta, habe als einziger Abgeordneter parlamentarische Anfragen eingebracht. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Und ich frage mich: Haben all jene, die jetzt Acta ablehnen, damals geschlafen? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Was war in der Regierung?)


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18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte. (Ruf: Der Jarolim täte jetzt sagen, das war ! – Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


18.46.06

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Die letzten Wortmel­dun­gen, vor allem von der Regierungsbank aus, zwingen doch noch zu einer ergän­zenden Stellungnahme.

Dieser Vorwurf, der gegen einen Polizisten, der im freiheitlichen Umfeld als Mandatar tätig war, geäußert wurde, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Die Möglichkeiten des Strafrechts und des Disziplinarrechts sind hier sicherlich angebracht. Die Freiheitliche Partei distanziert sich nachdrücklich von solchen Vorgangsweisen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber jetzt zum Tagesordnungspunkt selbst: Rechtsschutzbeauftragter. Kollege Gerstl, wenn wir auf einem Gesetzesniveau wie noch vor ein paar Jahren stünden, dann hätten wir zum Beispiel auch noch andere Budgets und Ähnliches. Wenn man etwas eingeführt hat, wovon man im Nachhinein sieht, dass es nicht ausreichend ist, dann muss einem das doch zu denken geben.

Es war ein christdemokratischer deutscher Politiker, der auch klüger werden konnte, und das würde Ihnen, Herr Kollege Gerstl, auch gut anstehen. Denn: Rechtsschutz­beauftragter und das, was Sie alles geschildert haben, natürlich stimmt das, wei­sungsfrei und Ähnliches, auch dass derzeit die Person – in diesem Fall möchte ich sogar von einer Persönlichkeit sprechen –, die dieses Amt auskleidet, über jeden Zweifel erhaben ist, nur, Richter wird er dadurch in keinster Weise. Auch nicht, wenn man die Expertise von einem Höchstgericht einholt.

Was gehört denn zu einem Richter, zu einem Tribunal im Sinne der EMRK? – Dass nachprüfend auch noch eine Kontrolle stattfindet. Wo bleibt denn der Rechtsschutz des Einzelnen, der sagt: Die Entscheidung des Rechtsschutzbeauftragten war eine fal­sche!? Wo ist denn die nachfolgende Kontrolle? (Abg. Kößl: Das Parlament!) Welcher Rechtsakt ist es denn überhaupt, der da gesetzt wird? – Ist es ein Bescheid, oder was ist das? Wo kann ich es denn bekämpfen?

Das fehlt mir. Und das ist die Frage, die sicherlich auch zu diskutieren sein wird im Zusammenhang mit der Frage der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das sind Bereiche, wo man sagt, hier ist noch nicht aller Tage Abend. Das heißt, hier gehört dringend zusätzlich noch etwas gemacht, um wirklich Rechtsschutz zu bieten, was gerade im Fall der Beschränkung von Grund- und Freiheitsrechten wichtig ist.

Das Zweite, das ich hier mitgeben möchte: Es wird immer dann, wenn etwas passiert, nach Möglichkeit im Ausland, sofort etwas herausgezaubert, was in der Schublade liegt, damit man strenger werden kann. Mir kommt das wie ein Mechanismus vor. Und da gibt es eine durchaus wertvolle Anregung des Rechtsanwaltskammertages: Gibt es überhaupt bereits eine Evaluierung von allen Maßnahmen, die sich wie ein Fleckerl­teppich in Richtung Beschneidung der bürgerlichen Grund- und Freiheitsrechte entwickeln? Gibt es da eine Evaluierung? Haben denn die bisherigen Einschnitte überhaupt irgendetwas gebracht? Gibt es Statistiken, bevor man weitere Einschnitte macht? – Gibt es eben nicht!

Wir Freiheitlichen stehen dazu, Sicherheitspartei sein zu wollen und auch sein zu müssen, weil es die Österreicherinnen und Österreicher verdient haben. Aber die Grund- und Freiheitsrechte geben einfach Anlass, nachzudenken, ob hier nicht auch Missbrauchsmöglichkeiten drinnen sind. Und wenn gerade davon gesprochen wird, dass weltanschauliche Gründe hier herangezogen werden können, um Schnüffelei zu betreiben: Ich wäre gespannt, wie das zum Beispiel ein Sicherheitsminister Pilz oder Öllinger auslegen würde. (Beifall bei der FPÖ.)

18.49

18.49.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 204

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir stimmen über jeden Ausschussantrag getrennt ab.

Zunächst: Abstimmung über einen Entwurf betreffend SPG-Novelle in 1657 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Pendl, Kößl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung geben, dann bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Verdeckten Verteidigung.

Jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist somit abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1660 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ACTA-Neuverhandlungen.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

18.51.3410. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungs­vorlage (1388 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (1658 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 205

Die Debatte wird einbegleitet von Herrn Abgeordnetem Herbert. – Bitte.

 


18.51.59

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Das hier zur Diskussion stehende Regierungs­abkommen hat schon im Ausschuss sehr divergierende Meinungen hervorgebracht, dies auch völlig zu Recht, wie ich meine, denn es gibt daran doch einiges zu kritisieren. Ich darf die wesentlichen Punkte, die auch die FPÖ als Negativum anführt, zum Ausdruck bringen.

Da ist einmal die relativ schwammige Formulierung, wer eigentlich die Zielgruppe ist, um wen es in diesem Abkommen geht. Das Abkommen soll ja der Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Amerika und Österreich bei der Verhinderung von schwe­ren Straftaten dienen. Es soll den Austausch personenbezogener und anderer Daten ermöglichen, weil – und das ist die interessante Formulierung – „bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen“. Es muss also kein begründeter Verdacht vorliegen, und es müssen keine besonderen Ermittlungsmaßnahmen bereits stattgefunden haben.

Das ist dann der Fall, wenn, salopp gesagt, jemand eine Annahme hat, die man halt, wie auch immer, jederzeit leicht begründen kann, und wo dann noch die Voraus­setzung ist, dass man sich entweder an einer terroristischen oder sonstigen schweren Straftat beteiligt oder darin ausgebildet wurde. Das ist eine Formulierung, die eine Bandbreite offenlässt, die, wie wir meinen, mit unseren strafrechtlichen Zugängen, mit unserem strafrechtlichen Kontext nicht vereinbar ist. Missbräuchlichen Interpretationen sind hier also Tür und Tor geöffnet.

Ich komme gleich zum nächsten Punkt: Der Datenaustausch mit Amerika unter diesem Aspekt, der bei missbräuchlicher Interpretation oder Anwendung sehr leicht zu bewerk­stelligen ist, ist von Haus aus eigentlich sehr diffizil, da wir wissen, dass die daten­schutzrechtlichen Standards in Amerika mit den heimischen Datenschutzbestim­mungen – wenn ich sagen würde, nicht vergleichbar sind, dann wäre das eine sehr grobe Untertreibung. Datenschutzrechtliche Standards gibt es dort faktisch nicht. Und wenn man sich dann noch zu Gemüte führt, dass dort durch die unterschiedlichen Nachrichtendienste, die oft zueinander in Konkurrenz stehen, eine weitere, ungewollte Kanalisierung der von uns übermittelten Daten stattfinden kann, dann ist das eher besorgniserregend.

Ein anderes Problem im Kontext mit dem Datenschutz ist, dass einmal übermittelte Daten kaum gelöscht werden können. Es gibt hier zwar die Möglichkeit, die Daten­schutzkommission als Schnittstelle anzurufen, die Datenschutzkommission hat aller­dings keine Exekutivrechte. Das heißt, wenn ein österreichischer Staatsbürger nach Amerika übermittelte Daten gelöscht haben möchte oder aus irgendwelchen Verzeich­nissen genommen haben möchte, dann ist das für ihn quasi ein unmögliches Unterfangen.

Das Pünktchen auf dem i ist Artikel 12 dieses Abkommens – ich darf ihn kurz zitieren –:

„Personenbezogene Daten, aus denen die Rasse oder ethnische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die die Gesundheit und das Sexualleben betreffen, dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwecke dieses Abkommens besonders relevant sind.“

Jetzt wurde uns schon im Vorfeld erklärt, dass das ja eigentlich eine Schutz­bestim­mung ist, die dem Schutze jener Österreicher, von denen Daten übermittelt werden, dienen sollte. Wenn ich hier ein bilaterales Abkommen habe, das ja auf gegenseitigem Informationsaustausch beruht, dann, so meine ich, kann aus diesen Schutzbestim-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 206

mungen sehr leicht eine Bringschuld werden. Und dann ergeben sich für mich doch zwei wesentliche Aspekte. Erstens: Wer ermittelt in Österreich, welche sexuelle Orien­tierung ein Österreicher oder eine Österreicherin hat? Wer ermittelt die gewerk­schaftliche Zugehörigkeit in Österreich? Und vor allem: Wie ist das im Kontext mit diesem Abkommen zu sehen, wo in Österreich im Gegensatz zum amerikanischen Selbstverständnis die Rahmenbedingungen doch ganz andere sind?

Das heißt, alles in allem ist eher ausschlaggebend, dass es da nach dem SWIFT-Abkommen, nach der Fluggastdatenspeicherung um eine Einbahnstraße heimischer Daten in Richtung USA geht. Der Datenhighway in Richtung Amerika feiert fröhliche Urständ. Und es geht da wohl weniger darum, unsere Bedürfnisse zu befriedigen, als vielmehr darum, den amerikanischen Imperialismus zufriedenzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grund ist dieses Abkommen genauso abzulehnen, wie SWIFT abzulehnen war, wie das Fluggastdatenabkommen abzulehnen war. Denn wir haben kein Verständnis dafür, wenn man mit den Daten unserer BürgerInnen, der Österreicher und Österreicherinnen, derart salopp, um nicht zu sagen, schlampig umgeht. (Beifall bei der FPÖ.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


18.57.49

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Internationale Kriminalität kann an und für sich nur international bekämpft werden. Solche Abkommen, wie wir es heute mit Amerika beschließen, sind, wie ich meine, eine sinnvolle Ergänzung zum Prümer Vertrag, den wir bereits seit dem Jahre 2005 sehr intensiv nützen, mit den BENELUX-Ländern, mit Deutschland, Frankreich, ja in der Zwischenzeit mit zehn europäischen Ländern und zusätzlich mit Norwegen. Das ist eine Erfolgsstory: Bis 2011 wurden 153 000 DNA-Treffer und 6 177 Über­einstimmungen bei Fingerprints erzielt. Ich meine, dass das eine große Erfolgsstory im Bereiche der Bekämpfung der Kriminalität generell ist.

Natürlich ist jeder Datentransfer eine äußerst sensible Angelegenheit. Und ich bin natürlich bei allen Überlegungen mit dabei, wenn es heißt, dass gerade persönliche Daten sehr sensibel behandelt werden müssen.

Wenn wir erfolgreich Kriminalität bekämpfen wollen, wenn wir erfolgreich Aufklärungs­arbeit leisten wollen, dann zeigt der Datentransfer hier in Europa, dass dies eine Erfolgsgeschichte ist. Wenn wir die internationale Vernetzung, die international organisierte Kriminalität in all ihren Erscheinungsbildern betrachten, dann, so meine ich, können wir uns nicht verschließen, ein Abkommen mit Amerika hier zu schließen, und zwar in die Richtung, dass wir natürlich Fingerprints und in der Folge auch DNA-Spuren mit Amerika abgleichen.

Aber eines muss klar gesagt werden: Es werden die Daten anonymisiert, und erst wenn tatsächlich ein Treffer gegeben ist, dann werden im Zuge eines Rechts­hilfeersuchens Daten ausgetauscht. Also ich glaube, dass wir vonseiten des Daten­schutzes hier in Österreich alle Überlegungen ausgelotet haben, um hier ein gutes Abkommen mit den USA zu erzielen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Außerdem gibt es in dem Vertrag die Sistierungsklausel. Wenn sich Amerika in verschiedenen Bereichen nicht an die Vorgaben dieses Abkommens hält, dann können wir natürlich aussteigen. Aber angesichts dessen, dass Amerika rund 3 Millionen Datenträger hat und wir 150 000, meine ich, dass es sicherlich von großem Nutzen für


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die österreichische Erhebungsmaschinerie ist, wenn dieses Abkommen auch tat­säch­lich umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Steinhauser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.01.31

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Man muss natürlich wissen, dass diesem Abkommen ein plumper Erpressungsversuch der Vereinigten Staaten vorausgegangen ist. Die haben zu Österreich schlicht und einfach gesagt, wenn ihr nicht am Verhandlungstisch Platz nehmt, dann führen wir die Visapflicht für österreichische StaatsbürgerInnen bei Reisen in die Vereinigten Staaten ein. Das ist natürlich ein großes Drohpotenzial und das hat beim österreichischen Innenministerium auch Wirkung gezeigt, und so ist es zu diesem Abkommen gekommen.

Dieses Abkommen hat unabhängig von aller inhaltlicher Kritik einen großen Kollateral­schaden verursacht, weil nämlich die Europäische Union mitten in Verhandlungen war mit den Vereinigten Staaten und versucht hat, relativ hohe Standards einzuziehen. Und die Vereinigten Staaten sind hergegangen, haben die europäischen Länder nach der Reihe einzeln an den Verhandlungstisch gerufen, unter anderem eben auch Österreich, und haben natürlich mit einer viel stärkeren Verhandlungsposition all diese Bemühungen der Europäischen Union unterlaufen, beim Polizeidatenaustausch hohe Standards einzuziehen.

Und das österreichische Innenministerium hat einen wertvollen Beitrag geleistet, um die Verhandlungsposition Europas zu schwächen. Das muss man sagen.

Inhaltlich: Was sind unsere Kritikpunkte? Zwei Kritikpunkte: Der Anwendungsbereich ist viel zu weit. Zum einen dürfen die Daten schon bei sogenannten schweren Straf­taten ausgetauscht werden. Das sind vertragsdefinitionsgemäß Straftaten mit einem Strafrahmen ab einem Jahr. In Österreich ist das Verbrechen mit drei Jahren definiert.

Der zweite Punkt ist, die Datenübermittlung darf auch aus Präventionsgründen erfolgen, und zwar heißt es: wenn besondere Umstände Anlass zur Nachforschung geben. Jetzt müssen wir wissen, das Heimatschutzministerium ist nicht besonders zimperlich. Es gibt unter anderem dokumentierte Fälle, wo das Fotografieren abseits von Tourismuseinrichtungen als ein suspektes Verhalten definiert wurde, das Herumstehen vor strategisch wichtigen Einrichtungen vom Heimatschutzministerium als auffälliges Verhalten definiert wurde.

Das Problem bei diesem Abkommen ist, wir wissen nicht, ob der Ansatz der Ameri­kaner, dass es hier um die Verhinderung von Straftaten im Zusammenhang mit Terroris­mus geht, tatsächlich gegeben ist oder nicht. Das ist das eine Problem.

Das zweite Problem ist, es gibt keinen funktionierenden Rechtsschutz. Sind die Daten einmal außer Landes, haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger keine Rechte, weil es in den Vereinigten Staaten keine direkten Rechte gibt. Ich habe kein Lö­schungsrecht, ich habe kein Auskunftsrecht, ich habe kein Recht auf Richtigstellung. Das heißt, ich bin, wenn die Datensätze weg sind, machtlos, und das ist ein klassisches Rechtsschutzdefizit. Und da hilft es auch nicht, dass man sich bei der öster­reichischen Datenschutzbehörde beschweren kann, die dann in den Vereinigten Staaten eine Änderung verlangen kann, denn wenn ich keine Auskunftspflicht habe, welche Daten in Amerika gespeichert sind, dann kann ich auch nicht beurteilen, ob sie gelöscht oder verändert werden.


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Deswegen werden wir gegen dieses Abkommen stimmen. Es zieht sich wie ein Muster durch die Politik des Innenministeriums: Es gibt Rechtsschutzdefizite, wo man hin­schaut. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.05.00

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile teilweise die Bedenken bei diesem Abkommen, plädiere aber dafür, diesem Abkommen zuzustim­men (Abg. Ing. Westenthaler: Ein echter Datenschützer!), weil es nachhaltige Gründe gibt. Lassen Sie mich diese Gründe in aller Deutlichkeit erklären!

Wir haben als österreichischer Datenschutzrat und somit als Beratungsorgan der Bundesregierung im Jahre 2008 zum ersten Entwurf der USA sehr klar Stellung bezogen. Wir sind Beratungsorgan der Bundesregierung und haben unsere Vorstellun­gen und unsere Forderungen übermittelt. Ein Teil dieser Forderungen findet sich nun im Übereinkommen.

Kollege Herbert hat bereits auf einen Punkt hingewiesen, auf die Möglichkeit, dass die Datenschutzkommission eingeschaltet werden kann, wenn der Verdacht besteht, dass Daten entgegen dem Abkommen verwendet werden. Aber was wir als Einzige haben – diese Regelung findet sich in keinem der anderen bilateralen Verträge, die es bislang in Europa gibt, und es gibt derzeit 21 bilaterale Abkommen –, das ist eine Sistierungs- und Kündigungsklausel. Das heißt, Österreich kann von sich aus dieses Abkommen kündigen, wenn die USA Daten entgegen diesem Abkommen verwenden. Eine derartige Regelung haben nicht die Deutschen, haben nicht die Holländer, haben nicht die Franzosen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Problem sehe ich ähnlich wie Kollege Steinhauser. Es war natürlich eine Erpressung dabei. Es gab natürlich Druck auf Österreich wie auf die anderen Länder, und man hat versucht, die Länder gegeneinander auszuspielen. Man hat mit jedem Land einen bilateralen Vertrag abgeschlossen, und dann kam der Lissabonner Vertrag. Seit dem Lissabonner Vertrag, Hohes Haus, ist die Rechtssituation eine andere. Da geht es nämlich um die Frage, ob Mitgliedstaaten derartige Verträge abschließen sollen oder die Europäische Union.

Wir sind der Auffassung, dass es um einen gemeinsamen Rechtsraum geht, um einen Rechtsraum, wo es eben dieselben Standards im Datenschutzbereich, im Grund­rechte­bereich geben muss. Daher haben wir auch im Innenausschuss sehr klar argumentiert und darauf hingewiesen, dass bei bilateralen Abkommen die Länder gegeneinander ausgespielt werden, was das Gegenteil von einem gemeinsamen Rechtsraum darstellt.

Wir haben daher im Innenausschuss bereits folgende Entschließung eingebracht, und diese Entschließung kommt ja heute zur Abstimmung:

„1. Die zuständigen Mitglieder der Österreichischen Bundesregierung werden ersucht, gegenüber der EU-Kommission dafür einzutreten, dass dieses geplante EU-Rahmen­abkommen mit entsprechend hohen Datenschutzstandards so rasch wie möglich mit den USA abgeschlossen wird und die EU-Mitgliedstaaten laufend über den Verhand­lungsstand unterrichtet werden.

2. Weiters werden die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung ersucht, dem Nationalrat und dem Datenschutzrat jährlich einen Bericht über die Anwendung und die Erfahrungen mit dem ,Prüm-like-Abkommen‘ zu übermitteln.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 209

Dieser Bericht gibt uns die Möglichkeit, allenfalls notwendige Schritte in Österreich zu setzen, Bestimmungen des Abkommens zu sistieren oder überhaupt dieses Abkom­men mit den USA zu kündigen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch darauf hinweisen, dass wir derzeit gerade die Datenschutzgrundverordnung diskutieren, einen Vorschlag der Kommission und auch eine Richtlinie, in der europaweit die Datenver­wen­dung und der Datenaustausch im Bereich der Justiz und der Polizei geregelt werden sollen. Diese hohen Standards, die hier vorgesehen sind, sollen natürlich auch die Standards sein, die im Rahmenabkommen mit den USA berücksichtigt werden. Wir brauchen in Europa ein Abkommen mit den USA, das den Standards der Grund­rechtecharta beziehungsweise der Konvention des Europarates entspricht.

Wir haben als Datenschutzrat der Bundesregierung diese Vorgangsweise empfohlen, und ich hoffe, dass es so rasch wie möglich zum Abschluss dieses Rahmenüber­einkommens kommt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ing. Westenthaler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


 19.10.00

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zwei Vorbemerkungen: Erstens bin ich der Meinung, Österreich braucht einen neuen Vorsitzenden des Datenschutzrates (Beifall bei BZÖ und FPÖ) – und nicht einen willfährigen Abgeordneten, der nicht weiß, wann er ich oder ich ist, einen Abgeordneten, der bei jeglicher Einschränkung und bei jeglicher Aushöhlung des Datenschutzes bei personenbezogenen Daten entweder mitstimmt oder die Flucht aus dem Saal antritt, weil er zu feig ist, sich hier herzustellen und eine entsprechende Position im Sinne des österreichischen Datenschutzes und im Sinne der Daten der Österreicher zu vertreten. Herr Maier, treten Sie zurück, Sie sind schon lange gescheitert, Sie wissen es nur noch nicht! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Was Sie hier aufführen, ist wirklich ein Skandal, nämlich in jeder Ausschusssitzung dagegen zu reden, aber dann dafür zu stimmen oder einfach den Saal zu verlassen, weil es für den Datenschutzratsvorsitzenden halt unangenehm ist. Wenn Sie es nicht können, dann lassen Sie es einfach! Wirklich, lassen Sie es! Es gibt Berufenere, die wirklich wie ein Löwe bis zum Schluss für die personenbezogenen Daten, für den Schutz von personenbezogenen Daten kämpfen. Sie tun das schon lange nicht mehr! Sie sollten wirklich abtreten, Herr Maier! Das verlangen wir, das wäre eine Wohltat für Österreich. (Beifall beim BZÖ.)

Zweite Vorbemerkung: Ich kann mich erinnern, das ist jetzt ziemlich genau zehn Jahre her  (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Herr Jarolim, jetzt waren Sie mit mir erst vor Kurzem auf einem Antrag, seien Sie doch nicht so, Sie sind ja so gerne mit mir auf Anträgen, vergessen Sie das nicht! – Vor ziemlich genau zehn Jahren habe ich mir erlaubt, damals als Klubobmann der FPÖ, aufgrund der damaligen sicherheits­bedrohlichen Situation eine Idee zur Diskussion zu stellen, die da gelautet hat: Es sollten eigentlich Fingerabdrücke genommen werden, Fingerprints von der Bevölke­rung, nämlich zur Sicherheit derselbigen, um Straftäter, Terroristen ausforschen zu können. Mehr haben wir nicht gebraucht, von hüben wie drüben! Menschenverachtend, skandalös! Wie kann man denn nur? Furchtbar! Entsetzlich! Sie erinnern sich alle an die Diskussion.

Heute geht es nicht darum, Fingerprints zu nehmen, denn die werden ohnehin schon genommen, sondern darum, dass wir diese auch noch ins Ausland, nach Amerika


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schicken, samt personenbezogenen Daten, und zwar immer dann, wenn es die wollen. Das ist der viel größere Skandal. Viele Kollegen, vor allem Kollege Herbert, aber auch Kollege Steinhauser, haben es schon gesagt: Der Graubereich und der Missbrauchs­bereich, der hier geöffnet wird, ist wirklich beachtlich. Das im Konnex mit dem, was wir beim vorigen Tagesordnungspunkt unter Missbrauch besprochen haben, wo eben auch Menschen sehr leicht ins Fadenkreuz der Ermittlungen kommen können, die gar nichts dafür können. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass Sie jetzt hergehen und zum Beispiel auch auf die religiöse Einstellung abzielen, auf die politische Einstellung, auf das Sexualleben, auf die Gesundheit. All das schließt dieses Abkommen nicht aus. Es wird nicht ausgeschlossen, sondern es wird eigentlich sehr nebulos darüber gesprochen, wie solche Daten eingesetzt werden.

Und jetzt kommt der Gipfel, und das war für mich sehr beachtlich: Der Gipfel ist eigentlich der, dass das Innenministerium offiziell gar nicht weiß, ob solche Daten überhaupt gespeichert und erhoben worden sind oder nicht. Das hat uns nämlich die Frau Innenministerin im Ausschuss erzählt. Die hat uns gesagt, wir können euch nicht sagen, ob diese Daten gespeichert sind, politische Einstellung, Sexualleben, Gesund­heit, denn wir wissen selber nicht, ob wir die gespeichert haben.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, Frau Ministerin, entweder Sie sind sehr blauäugig und naiv und wollen uns wirklich weismachen, dass es diese Daten nicht gibt. Okay, dann sind Sie von jeder Kritik ausgenommen. Oder Sie sagen und das Innenministerium sagt hier bewusst die Unwahrheit und vernebelt das, was eigentlich Sache ist, nämlich dass es sehr wohl Datensätze gibt.

Kollege Steinhauser hat eine Anfrage – und in diesem Fall bin ich dem Herrn Kollegen Steinhauser sehr dankbar, ich wundere mich, dass er heute gar nicht darauf Bezug genommen hat – eingebracht. Er wollte nämlich wissen, sehr gescheit, welche Datensätze eigentlich beim Verfassungsschutz so gespeichert sind, wie viele und warum.

Antwort – sehr lapidar –: „Eine Beantwortung dieser Fragen kann auf Grund des dafür erforderlichen hohen Verwaltungsaufwandes nicht erfolgen.“

Also was jetzt? Gibt es keine Daten? – Dann kann es aber auch keinen hohen Verwaltungsaufwand geben. Oder gibt es schon so viele Daten, dass sie gar nicht zur Verfügung gestellt werden können, weil Sie sich selbst im Dickicht dieser gespeicher­ten und gesammelten personenbezogenen Daten von Bürgern eigentlich nicht mehr auskennen?

Und das ist im Konnex mit diesem Abkommen mit den USA besonders bedauerlich, denn wenn es so sein sollte, dass Sie die Daten ohnehin nicht haben, dann hätten Sie das den Amerikanern ja sagen können. Dann hätten Sie sagen können: Freunde, das können wir gar nicht hineinschreiben, denn bei uns wird das ja nicht gespeichert. Daher können wir sie auch nicht zur Verfügung stellen. Aber es steht explizit, expressis verbis im Abkommen drinnen. Und das verstehen wir nicht, auch alle anderen Kritikpunkte nicht. Was die Schwere der Tat und die Strafe von einem Jahr betrifft, muss ich sagen, welche Delikte da darunter fallen, wissen Sie auch. Es besteht da ein Unterschied zwischen Amerika und Österreich. Auch die Datenschutzkultur ist in Amerika eigentlich generell eine gänzlich andere als in Österreich, wobei man festhalten muss, dass sie auch in Österreich mittlerweile immer mehr Schaden erleidet. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 211

19.15.07

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Herr Präsident! Ge­schätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Bei aller Kritik muss ich sagen, dass wir hier einen richtigen Schritt in Richtung bessere Zusammenarbeit zwischen Österreich und den USA setzen, wenn es um die Verhinderung und Bekämpfung von Terrorismus und schweren Straftaten geht.

Datenaustausch ist immer eine sensible Materie, aber selbstverständlich gilt hier der Datenaustausch auf beiden Ebenen, das heißt gegenseitiger Datenaustausch. Sie alle wissen, dass ich einen Grundsatz habe: Wer Datenaustausch sagt, muss auch Datenschutz sagen! Und deswegen war es uns bei den Verhandlungen auch so wichtig, dass vor allem ein Schwerpunkt auf dem Datenschutz liegt. Und dass uns das gelungen ist, zeigt das Abkommen, denn mehr als die Hälfte des Abkommens beschäftigt sich ausschließlich mit dem Datenschutz. Und dass hier gut verhandelt worden ist, wurde auch vom Datenschutzrat ganz klar bestätigt.

Selbstverständlich ist uns auch der Rechtsschutz der Betroffenen wichtig, das heißt, die können sich an die Datenschutzkommission wenden.

Angesprochen wurde heute schon ein Spezifikum, eine ganz besondere Sache, nämlich die Kündigungsklausel. Wir in Österreich sind die Einzigen, die eine Kündi­gungsklausel durchsetzen konnten, die das auch hier im Abkommen festgeschrieben haben. Das können wir, wie ich meine, im wahrsten Sinne des Wortes als Erfolg ansehen.

Genauso wichtig war es uns, dass wir den Anwendungsbereich ganz klar eingrenzen und dass wir selbstverständlich hier auch nach dem Prinzip der Einzelabfrage vorgehen. Das heißt, es gibt keine globalen allgemeinen Massenabfragen, sondern eine Abfrage gibt es selbstverständlich nur im Einzelfall ganz nach dem Prinzip Treffer oder Nicht-Treffer, wo dann Österreich entscheidet, welche Daten und in welchem Umfang diese Daten letztendlich auch an die USA weitergegeben werden.

Ganz entscheidend ist natürlich auch die Kontrolle, welche Daten weitergegeben werden, und auch diese Kontrolle obliegt dem Datenschutzrat.

Selbstverständlich gilt es jetzt noch weitere Schritte zu setzen, nämlich die Durch­führungsvereinbarung. Wir werden diesbezüglich selbstverständlich die Datenschutz­kom­mission permanent informieren. Und selbstverständlich liegt es in unserer Verant­wortung, auch dem Nationalrat und dem Datenschutzrat jährlich zu berichten, was bezüglich dieses Abkommens geschehen ist, das heißt über die Anwendung dieses Abkommens, darüber, wie oft letztendlich Daten ausgetauscht wurden.

In Summe können wir bei aller Kritik sagen: Wir haben gut verhandelt, wir haben ein Abkommen wie kein anderer Staat erzielt. Wir haben wirklich dafür Sorge getragen, dass dem Prinzip des Datenschutzes und dem Rechtsschutz Rechnung getragen wird. Und ich bin fest davon überzeugt, dass gerade unser Abkommen eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen auf europäischer Ebene ist. (Beifall bei der ÖVP.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hornek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.27

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen Abgeordnete! Hohes Haus! Die Ereignisse der letzten Jahre in den Bereichen der grenzüberschreitenden Kriminalität und des internationalen Terrorismus führen zwangsläufig dazu, dass auf internationaler Ebene im Polizei- und Justizbereich markant und intensiv zusammengearbeitet werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 212

muss. Das mit den USA ausverhandelte Abkommen dient der Verhinderung sowie Bekämpfung von schweren Straftaten. Der Anwendungsbereich des Abkommens ist ausschließlich auf terroristische und schwere Straftaten beschränkt.

Unter schweren Straftaten versteht man Straftaten, die mit einer Strafe ab einem Jahr bedroht sind. Hinsichtlich automatisierter Abfragen, zum Beispiel Fingerprints bezie­hungs­weise DNA-Profile, gemäß Artikel 4 beziehungsweise Artikel 7 beruht der Informationsaustausch auf dem Prinzip der Einzelabfragen. Wenn es im Zuge einer automatisierten Abfrage zu einer Übereinstimmung eines Fingerabdrucks kommt, wird dieser Fingerabdruck mit einer Identifikationsnummer versehen. Die Vereinigten Staaten haben laut diesem Übereinkommen keinen direkten Zugriff auf personenbe­zogene Daten von Österreichern.

Erst im Zuge eines weiteren Schrittes können die USA aufgrund einer Übereinstim­mung eines Fingerabdruckes und einer Identifikationsnummer Auskunft über die dahinterstehende Person erhalten.

Weiters besteht die Möglichkeit, sich unter genau normierten Bedingungen wechsel­seitig über schwere Straftaten mit einer transnationalen Dimension und terroristische Straftaten auch ohne vorhergehendes Ersuchen zu informieren, sofern die Interessen einer der beiden Vertragsparteien berührt sind.

Die Frau Bundesministerin hat bereits darauf verwiesen, dass es sich bei diesem Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Österreichs um eine der besten Vereinbarungen innerhalb dieser 21 Staaten handelt.

Was den Rechtsschutz anlangt, enthält das Übereinkommen eine im Vergleich zu anderen Staaten verbesserte Position des Betroffenen, weil er sich nicht selbst mit den Beschwerden an die amerikanischen Behörden wenden muss, sondern dies auf indirektem Wege über das Bundesministerium für Inneres oder die Datenschutz­kommission erfolgen kann.

In Summe ist dieses Übereinkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Öster­reich ein wichtiger Mosaikstein zu mehr Sicherheit in unserem Heimatland. (Beifall bei der ÖVP.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayerhofer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.21.30

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Der Schutz der Privatsphäre ist der Sinn und Zweck des Datenschutzes. Das sollte im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen, personenbezogene Daten aus der Hand zu geben, noch dazu einem Drittstaat mit völlig anderer Rechtskultur, auch was die Belange des Datenschutzes in den USA angeht.

Es heißt nunmehr:„Personenbezogene Daten, aus denen () – im Artikel 12 ist das so angeführt – politische Anschauungen, religiöse oder sonstige Überzeugungen oder die Mitgliedschaft in Gewerkschaften hervorgeht oder die die Gesundheit () betreffen, dürfen nur zur Verfügung gestellt werden, wenn sie für die Zwecke dieses Abkommens besonders relevant sind.“ – Also noch schwammiger geht es ja überhaupt nicht.

Bis zur Behandlung dieses Schriftstückes war auch mir die Tragweite dieser Absichten nicht bewusst. Und ich bin überzeugt davon, dass es auch vielen Mitbürgern so geht. Wären sie in Kenntnis dieses Beschlusses, so hätten sie heute unsere Postkästen gefüllt und hätten uns gebeten, wie in anderen Bereichen auch, dass wir das eben ablehnen. Das werden wir auch gerne tun. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 213

Welche Belange, die die Österreicher betreffen, können so wichtig sein, dass diese Daten ohne Wenn und Aber einem nichteuropäischen Staat zur Verfügung gestellt werden? Wer glaubt ehrlich, damit einen Terroristen bekämpfen zu können? Sie, Frau Minister? – Ich nicht!

Unseres Erachtens sind da die Freiheit, die Wahrung der subjektiven Rechte auf Geheimhaltung, auf Löschung, auf Richtigstellung der Daten und die Auskunft durch eine unabhängige Datenschutzkontrolle nicht erörtert. Auch nicht der Schutz – und das ist besonders wichtig – vor überschießender staatlicher Ermittlung, wie das im österreichischen Recht mit dem Grundrecht auf Privatsphäre garantiert ist.

Und besonders unangenehm finde ich die Verhandlungsweise, die in der Ausgabe des „Standard“ vom 24. November 2011 in einem Artikel geschildert wurde. Darin werden die Beamten zitiert, die das Abkommen mit den Herren aus Amerika verhandelt haben:

„In freundlichem Ton hat man uns in deutlichen Worten mitgeteilt, dass es eigentlich nichts zu verhandeln gibt, und unsere einzige Option eine Unterschrift ist.“

Liebe Frau Innenminister! Ich beginne, mich zu fürchten. Wenn das die Österreicher erfahren, wahrscheinlich diese auch. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.24.23

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Abkommen zwischen Österreich und den USA erlaubt den gegenseitigen Zugang zu Fingerabdruck- und DNA-Dateien und trägt somit den aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet des internationalen Terrorismus, der grenzüberschreitenden Kriminalität und auch der zunehmenden Mobilität der Täter Rechnung.

Eine verstärkte internationale Zusammenarbeit ist der Schlüssel zur Kriminalitäts­bekämpfung in einer zunehmend mobilen Welt. Aus diesem Grunde begrüße ich es sehr, dass wir nun auch mit den USA ein Abkommen über eine Vertiefung der Zusam­menarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten schließen.

Die Inhalte des Abkommens sind von meinen Kollegen Kößl und Hornek bereits dargestellt und auch eingehend erläutert worden. Wer Verbrechen verhindern und Verbrecherinnen und Verbrechern das Handwerk legen will, muss der Exekutive auch die entsprechenden Möglichkeiten einräumen. In diesem Abkommen für den Daten­austausch wird großer Wert auf den Datenschutz gelegt. Abfragen gibt es nur bei begründetem Verdacht, und zudem werden diese auch genau protokolliert.

Wer immer nur darüber nachdenkt, dass eventuell auch einmal etwas missbräuchlich verwendet werden könnte, dem möchte ich nur an das Sprichwort erinnern: „Wie der Schelm denkt, so ist er.“

Wir halten es für ein notwendiges und vernünftiges Abkommen. Deshalb stimmen wir gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit sind einge­stellt. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 214

19.26.06

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Kollege Maier, du hast gesagt, dass die Vorgehensweise Amerikas natürlich schon hinterfragenswert ist, weil es eine Art Erpressungsversuch war, den Staaten zu suggerieren, man würde sonst eine Visumpflicht einführen.

Ich darf den Damen und Herren des Hohen Hauses mitteilen, dass die Visumpflicht eigentlich de facto und de jure bereits besteht. Das geht so weit, dass ich zum Beispiel nach Mexiko geflogen bin und alleine für den Überflug des Landes Vereinigte Staaten von Amerika ein sogenanntes ESTA-Papier gebraucht habe. Das heißt auf Deutsch: Elektronisches System zur Einreisegenehmigung.

Dieses hat man auszufüllen, ansonsten bekommt man nämlich keine Einreisegeneh­migung, ja nicht einmal ein Flugticket nach Mexiko ausgestellt, weil man ja das Land USA überfliegt. Auch per Schiff bekommt man keine Fahrkarte, und man muss für dieses Dokument 15 US-Dollar bezahlen.

Man stelle sich vor, Österreich würde für jeden Flieger, der dieses Land überfliegt, 15 € verlangen! Dann könnten wir unser Budget locker innerhalb eines Jahres sanieren. Und diese Visumpflicht besteht praktisch über dieses ESTA-Papier jetzt schon.

Herzugehen und die heutige Beschlussfassung mit dieser Argumentation zu begrün­den, ist also dementsprechend lächerlich, lieber Kollege Maier, und du weißt das ganz genau. (Beifall bei der FPÖ.)

Und wissen Sie, meine Damen und Herren, was in diesem ESTA-Papier auch gefragt wird? – Herr Neubauer, wenn Sie nach Amerika einreisen oder drüberfliegen wollen, beabsichtigen Sie einen Terroranschlag oder eine andere kriminelle Handlung? – Ich möchte wissen, wie viele Menschen diesen Punkt bereits mit Ja beantwortet haben. Das würde mich interessieren! (Abg. Dr. Rosenkranz: Evaluieren!) So weit gehen also die Datenerfragungen bei diesem ESTA-Papier. Da wird von der Hautfarbe über die Augenfarbe alles abgefragt. Das ist der wahre Skandal!

Herr Kollege Hornek, wenn Sie heute hier als bürgerlicher Vertreter der ÖVP an das Rednerpult treten und dieses Abkommen bejahen, wohlwissend, dass im Jahre 1848 diese bürgerlichen Rechte praktisch hier um die Ecke auf den Barrikaden in Wien mit dem Blut der Österreicherinnen und Österreicher – mit dem Blut der Arbeiterinnen und Arbeiter, Herr Kollege Maier – erstritten worden sind und heute mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung alle diese bürgerlichen Rechte der Österreicherinnen und Österreicher auf diesem Altar zu Grabe getragen werden, dann tun Sie mir wirklich leid. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreich-Partei FPÖ wird diesem Treiben jedenfalls nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.29

19.29.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1388 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Neubauer: Zum Genieren ist das!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 215

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1658 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten. (Abg. Neubauer – in Richtung ÖVP –: Was ist, Herr Auer? Auf!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen. (E 232.)

19.30.3511. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1809/A der Abgeordneten Günter Kößl, Otto Pendl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienst­gesetz 1986 – ZDG) geändert wird (1659 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Singer. 3 Minuten Redezeit sind wunsch­gemäß eingestellt – Bitte.

 


19.30.57

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen Bundesministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, hatten bisher ehemalige Zivildiener bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres die Möglichkeit, einen Antrag auf Löschung ihrer Zivildienstpflicht zu stellen, um den Dienst als Organ im öffentlichen Sicherheitsdienst leisten zu können. Das heißt, bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres konnten ehemalige Zivildiener auch in den Polizeidienst aufge­nommen werden. Diese Altersbeschränkung, nämlich mit dem vorgesehenem Höchst­alter bezüglich des Eintrittes in den Exekutivdienst, stellte auf das Beamten-Dienstrechtsgesetz ab.

Durch die Novelle des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 2011 wurde jedoch die Alters­grenze für den Eintritt in den Exekutivdienst fallen gelassen. Die logische Konsequenz daraus ist meines Erachtens, diese Altersgrenze auch im Zivildienstgesetz zu streichen. Und dies geschieht heute in der zur Debatte stehenden Novelle zum Zivil­dienstgesetz. Aus meiner Sicht ist das eine Maßnahme, die zu begrüßen ist.

Und, sehr geehrte Damen und Herren, zu begrüßen sind die vielen tollen Leistungen der jungen Menschen, die Zivildienst machen, ihnen ist zu danken. Klar hervor­zustreichen ist, dass eine Reihe von Diensten ohne Zivildiener unter den Vorgaben knapper finanzieller Mittel nicht mehr möglich ist.

Ja, sehr geehrte Damen und Herren, der Zivildienst ist ein wichtiger Motor des österreichischen Soziallebens – ob im Rettungs- oder Krankentransport, im Einsatz für Behinderte, im Umweltschutz, in der Betreuung von Drogenabhängigen, in der Land­wirtschaft, oder – neu – in der Kinderbetreuung. Überall dort werden hauptamtliche Mitarbeiter unterstützt, werden wertvolle Dienste geleistet.

Als Funktionär des Roten Kreuzes möchte ich auf die Rolle der Zivildiener im Rettungs- und Krankentransport näher eingehen. Im Jahr 2011 haben 5 925 Zivildiener im Rettungs- und Krankentransport ihren Dienst geleistet. Ohne sie ist das hochwertige Transportsystem nicht aufrechtzuerhalten. Das heißt, wenn wir sie nicht hätten, müssten sie durch hauptamtliche Mitarbeiter ersetzt werden. Die Mehrkosten dafür


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 216

wür­den sich in Millionenhöhe bewegen, und sie müssten wieder von der öffentlichen Hand getragen werden.

Daher, sehr geehrte Damen und Herren, sind alle Maßnahmen, die die Leistungen des Zivildienstes in Frage stellen, abzulehnen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.33.57

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Möglichkeit für Zivildiener, auch in den Polizeidienst einzutreten, ist ja noch nicht so lange gegeben. Es gibt diese Möglichkeit seit zirka einem Jahr. Seither ist es möglich, dass ehemalige Zivildiener bei der Zivil­dienstagentur einen Antrag auf Entbindung von der Zivildienstpflicht stellen. Danach sind sie zum Auswahlverfahren bei der Polizei zugelassen.

Diese Änderung wollten wir damals vornehmen, damit noch mehr junge Männer für den Polizeidienst in Frage kommen, damit man noch mehr junge Männer für den Polizei­­dienst ansprechen kann. Jetzt, am 24. Februar 2012, wurden die ersten vier Zivildiener für den Polizeidienst in Ybbs angelobt. Ich denke, man sieht, dass das Gesetz sinnvoll gewesen ist und dass dieses Gesetz jungen Männern tatsächlich neue Chancen eröffnet hat.

Der heutige Antrag wurde notwendig – das hat Kollege Singer schon angekündigt –, weil die Löschung der Zivildienstpflicht nur bis zum 28. Lebensjahr möglich war, das Beamtendienstrecht geändert wurde und somit auch das Eintrittsalter von 28 Jahren für den Polizeidienst aufgehoben wurde. Das Zivildienstgesetz wurde mit dieser Änderung nun angepasst.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Zivildienstgesetz ist eigentlich eine Erfolgs­geschichte, was einem deutlich wird, wenn man einen Rückblick auf diese Geschichte macht. Seit 1974 gibt es das Zivildienstgesetz in Österreich. Die stei­genden Zahlen bei den Zivildienern zeigen, dass der Zivildienst eine sehr beliebte Form des Dienstes bei jungen Männern ist, nämlich den Wehrersatzdienst zu leisten. Im Jahr 1974 waren 2,5 Prozent der tauglichen jungen Männer im Zivildienst tätig, bis zum Jahre 1991 ist dieser Anteil auf 8,1 Prozent gestiegen. Nach der Novellierung, als die Gewissensfrage nicht mehr vor einer Kommission beantwortet werden musste, sondern einfach eine schriftliche Erklärung genügte, dass man nicht den Dienst mit der Waffe leisten möchte, ist der Prozentsatz der Zivildiener im Jahr 1992 auf 21,8 Prozent gestiegen. Heute leistet zirka ein Drittel der tauglichen jungen Männer Zivildienst.

2011, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, war überhaupt ein Rekordjahr im Bereich des Zivildienstes. Rund 14 000 wehrpflichtige junge Männer haben Zivildienst geleistet. Die Fakten, wo er geleistet worden ist, hat Kollege Singer schon angesprochen. Beim Rettungsdienst waren es 5 925 junge Männer, im Behindertenwesen 2 584. Und es gibt noch viele andere Tätigkeitsfelder für junge Männer, um Zivildienst zu leisten.

Es ist auch sehr erfreulich, dass der Bedarf der Trägerorganisationen durchaus ge­deckt werden kann. Im Jahr 2010 war eine 94-prozentige Abdeckungsquote erreicht, im Jahr 2011 lag diese Quote bei 97 Prozent. Ich denke, auch das zeigt, dass die Befürchtungen betreffend Verkürzung der Dauer des Zivildienstes nicht eingetreten sind und die Organisationen durchwegs ihren Bedarf abdecken können.

Geschätzte Damen und Herren! Ich finde, dass es beim Zivildienst zwei Gewinner gibt: Gewinner ist einerseits die Gesellschaft, das sind wir alle, weil es zu einer Stärkung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 217

des Zusammenhaltes in der Gesellschaft kommt. Zivildiener sind eine Stütze im Sozial-, Behinderten-, Pflege- und Rettungswesen; das haben wir schon gehört. Ich finde aber auch, Gewinner sind jene Männer, jene jungen Männer, die Zivildienst leisten, weil sie dadurch soziale Kompetenzen erwerben, weil Empathie für soziale Anliegen und Prob­leme geweckt werden kann, weil es vor allem auch Sinn macht, dies zu tun. Außerdem erkennen Menschen dadurch auch den Wert der Solidarität in der Gesellschaft, sie erwerben natürlich auch fachliche Kompetenz und fachliche Fähig­keiten.

Gewinner beim Zivildienst ist, wie gesagt, die Gesellschaft, sind wir alle, auch der einzelne junge Mann, der Zivildienst leistet. Auch ich möchte mich herzlich bei allen jungen Männern bedanken, die für uns alle Zivildienst in den vielen Organisationen leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. 3 Mi­nu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.38.28

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Der gegenständliche Antrag ist ja Konsensmaterie, das heißt, auch wir werden diesem Antrag zustimmen. Wenngleich unsere grund­sätzliche, differenzierte Haltung zur BDG-Novelle, die ja indirekt die Grundlage für die­sen Antrag darstellt, allgemein bekannt ist, sehen wir aber doch, dass der Exekutive in den kommenden Jahren große personelle Herausforderungen bevorstehen werden. Wir denken, dass dieser Antrag zwar wahrscheinlich das Fass personell nicht zum Überlaufen bringen wird, er aber doch das eine oder andere Mal wird mithelfen können, nötiges Personal zu finden, noch dazu von Zivildienern, die ja gerne bei dieser Sache sind, sprich: in den Exekutivdienst gehen wollen. Dazu wollen wir unseren Unterstützungsbeitrag leisten.

In diesem Sinne werden wir diesen Antrag unterstützen. Ich freue mich schon, die ersten Zivildiener bei der Exekutive begrüßen zu dürfen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Königsberger-Ludwig: Gibt es schon! Vier!)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 3 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


19.40.01

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehr­ten Damen und Herren! Dass jene jungen Männer, die den Wehrersatzdienst, den Zivildienst geleistet haben, auch den Dienst bei der Polizei, bei der Exekutive bezie­hungsweise bei der Justizwache antreten können, war eine wichtige und not­wendige Reform und eine richtige und notwendige Novellierung. Und über die jetzige Streichung des Alters herrscht zweifellos Einigkeit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Worüber aber keine Einigkeit herrschen kann und wird, ist die Ausrichtung des Zivil­dienstes im In- und Ausland durch die Innenministerin und durch die Koalition. Wir hören immer wieder, dass das ein Erfolgsmodell ist. Meiner Ansicht nach, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sich auch die Innenministerin bis dato nicht mit der Materie Zivildienst auseinandergesetzt. Von den 13 500 Zivildienern gibt es jährlich 100 junge Männer, die ihren Zivildienst im Ausland absolvieren: ein ganzes Jahr lang, 12 Monate, unter widrigen Umständen, keine Frage, auf der ganzen Welt. (Abg. Neubauer: Na, so widrig sind die Umstände dort auch wieder nicht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 218

Es gibt Friedens- und Sozialprojekte, Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit, gewaltfreie Konfliktlösungsmodelle, regionale Projekte in ehemaligen Krisengebieten, und als Gedenkdiener arbeiten sie in ausländischen Holocaust-Gedenkstätten, in Museen, in Archiven und Bibliotheken. (Abg. Neubauer: Was sind das für widrige Umstände?) Sie betreuen in Altersheimen Holocaust-Überlebende, arbeiten in Jugend­begegnungsstätten und natürlich auch in Stätten des Massenmordes, so wie in Auschwitz, in Theresienstadt oder eben in Marzabotto. – Und dies alles gegen das Ver­gessen der Gräuel des Nationalsozialismus.

Das Innenministerium hat bis vor Kurzem jeden Zivildiener mit 10 000 € gefördert – 10 000 € für ein ganzes Jahr lang im Ausland gegen das Vergessen der Gräuel des Nationalsozialismus.

Nach Loipersdorf gab es dann plötzlich eine zehnprozentige Einsparung: 9 000 € pro Zivildiener für Unterkunft, für Auslandsversicherung, für Verpflegung. Und es wurde damals versprochen, dass diese 9 000 € beibehalten würden. Die Vereine haben dann versucht, durch Spenden ihre Zivildiener auch wirklich an die Stätten schicken zu können.

Seit ein paar Tagen – und deshalb freut es mich auch, dass die Finanzministerin hinter mir sitzt – ist bekannt, dass wieder 10 Prozent eingespart wurden beim Symbol des antifaschistischen Grundkonsenses, dass wieder 10 Prozent eingespart wurden beim Symbol für die Wiedergutmachung.

Das ist kein Erfolgsmodell, meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz im Gegen­teil. Sie haben die Kürzungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg fixiert. Sie haben die Kürzung über die Köpfe der Vereine hinweg fixiert. Sie haben mit niemandem darüber gesprochen. Die Holocaust-Überlebenden, die Betreuung durch österreichi­sche Zivildiener erfahren haben, müssen jetzt möglicherweise ohne österreichische Zivildiener auskommen, denn mit 8 100 € im Jahr schafft es kein Zivildiener, 12 Monate den Dienst zu versehen. (Abg. Neubauer: ... Zivildienst in Österreich!)

Sie sparen beim Symbol des antifaschistischen Grundkonsenses, und das kann auf keinen Fall ein Erfolgsmodell sein. (Beifall bei den Grünen.)

19.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.43.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion wird dieser Vorlage zustimmen, und zwar mit der Begründung, dass es sich eben um eine Folge der Novelle des Beamten-Dienstrechtsgesetzes handelt, wo die Altersgrenze für den Polizeidienst aufgehoben wurde. Ich sage aber auch ganz deutlich dazu – und das ist mir jetzt in der Debatte ein bisschen abge­gangen –, dass ich das Prinzip, dass jemand, der sich zum Zivildienst gemeldet und den Zivildienst abgeleistet hat, dann Polizeidienst mit der Waffe machen kann, vor der bestehenden Verfassungslage sehr kritisch sehe. (Abg. Neubauer: ... Bundesminister werden!)

Man kann schon sagen, dass man das nicht will, sondern dass man – und das würde ich durchaus befürworten – das gesamte System der Wehrpflicht hinterfragen und die Tätigkeiten sowohl im Sozialbereich als auch im Heeresbereich auf eine freiwillige Basis mit Anreizsystemen stellen möchte. Darüber kann man diskutieren, das muss man aber sehr sachlich und nicht mit irgendeinem parteipolitischen oder wahlkampf­politischen Hintergrund sehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 219

Aber jetzt haben wir eine Verfassungslage, wonach es die allgemeine Wehrpflicht gibt und wo es den Zivildienst, und den achte ich selbstverständlich, für die Fälle gibt, wo der Betreffende, der Wehrpflichtige, aus Gewissensgründen – aus Gewissens­grün­den! – den Dienst mit der Waffe verweigert. Und wo das so ist, muss man das auch achten, das ist überhaupt keine Frage, und dort, wo die Zivildiener sinnvoll eingesetzt werden, ist das ein wichtiger Beitrag auch für das Sozialsystem in Österreich. Wir wissen aber auch, dass nicht alle dieser Zivildiener diese Gewissensgründe wirklich haben. – Das ist aber Verfassungslage!

Wir waren damals alle gemeinsam dafür, dass die Kommission, die diese Gewis­sensgründe prüfen sollte, abgeschafft wird, weil es unzumutbar war, was da oft passiert ist, welche Fragen gestellt worden sind, aber man hat eben Schranken einge­führt, um diesem Verfassungsgrundsatz der Gewissensgründe doch irgendwo nachzu­kommen: Das war die unterschiedliche Dauer, und es waren gewisse Folgen, die an die Zivildienstleistung geknüpft waren. Wenn jemand sagt, dass er es nicht verantworten kann, mit der Waffe auf Menschen zu schießen, ist damit klar, dass er keinen Waffenpass bekommen kann und dass er natürlich nicht in einem Exekutiv­dienst arbeiten kann, denn dort ist klarerweise der Waffengebrauch berufsimmanent.

Dass man das vor einem Jahr geändert hat, obwohl die Verfassungslage gleich ist, mag nachvollziehbar sein, wenn man dem gesellschaftlichen Mainstream folgt, aber grundsätzlich und wirklich klar und dem Gesetz entsprechend ist es meiner Ansicht nach nicht.

Deshalb rufe ich noch einmal dazu auf, dass man, bevor man weiter solche Winkel­züge macht, endlich eine grundlegende Debatte über die Zukunft unserer Sozial­dienste, die wichtig und notwendig sind, führt und auf der anderen Seite auch die Zukunft der militärischen Landesverteidigung auf eine professionelle Basis stellt. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Sinne sage ich hier auch einmal Folgendes, denn auch das hat mir gefehlt: So wichtig und anerkennenswert der Dienst für Sozialeinrichtungen ist, so wichtig und anerkennenswert ist es auch, wenn österreichische Staatsbürger im Ernstfall bereit sind, ihre Gesundheit und ihr Leben im Sinne einer Wehrdienstleistung beim österreichischen Bundesheer für die Republik Österreich einzusetzen. (Beifall beim BZÖ.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungs­punkt gelangt Herr Abgeordneter Heinzl für 3 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


19.47.11

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zivildiener sind eine österreichische Erfolgsgeschichte. 365 Tage im Jahr leisten sie unverzichtbare Arbeit für die Gesellschaft, wie etwa bei der Feuerwehr, gemein­nützigen Einrichtungen oder Seniorenwohnheimen.

Herr Westenthaler! All diese 13 500 jungen Männer, die sich allein im Jahr 2010 dafür entschieden haben, neun Monate Dienst an ihren Mitmenschen zu leisten, haben für die österreichische Gesellschaft sicher schon weit mehr beigetragen, als Sie das jemals gemacht haben und jemals in der Lage sein werden beizutragen, wenn ich Ihnen, Herr Westenthaler, das einmal sagen darf. (Abg. Grosz: Herr Kollege Heinzl, was ist jetzt mit dem Kollegen Westenthaler? Ihr Vorredner war der Kollege Scheibner und nicht der Kollege Westenthaler! – Zwischenruf des Abg. Markowitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese 13 500 jungen Männer strafen all jene Lügen, die meinen, die heutige Jugend wäre egoistisch und kümmere sich nur um die eigenen


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Angelegenheiten. Es ist also ein wichtiger und richtiger Schritt, dass diese jungen Männer nicht mehr weiter in ihrer späteren Berufswahl eingeschränkt werden.

Mit den Änderungen im Zivildienstgesetz findet ein wichtiger Paradigmenwechsel statt: Junge Männer können jetzt wirklich frei entscheiden, ob sie Wehrdienst leisten wollen, ohne sich betreffend ihren späteren Berufsweg festlegen zu müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Alles in allem freut es mich, dass diese Novelle des Zivildienstgesetzes im Ausschuss einstimmig beschlossen wurde. Und ich bin mir sicher, dass es durch die neuen Regelungen nur Gewinner gibt.

Und ganz zum Abschluss und nicht ganz zur Sache passend: Herr Abgeordneter Grosz! Ich komme immer mehr zur Einsicht, dass der ehemalige Abgeordnete dieses Hauses Faul was Sie betrifft Recht gehabt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49

19.49.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Grosz und Heinzl. – Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.) – Ich darf um Aufmerksamkeit bitten!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1659 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.50.0612. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1648 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (1667 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Podgorschek. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.34

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Ich habe immer noch Ihre Worte in Erinnerung, sei es im Finanz­ausschuss oder auch hier im Plenum, als Sie uns immer weismachen wollten, das Bankenpaket sei ein tolles Geschäft, ein Riesengeschäft für die Republik und wir könnten in Summe unendlich viel an Zinsen kassieren.

Mittlerweile wurden wir eines Besseren belehrt. Sie haben nicht nur uns hier im Parlament, sondern auch der Bevölkerung einen Schmäh erzählt. Und jetzt verzichten wir bei der ÖVAG auf 700 Millionen € aus dem Partizipationskapital und geben ihr noch zusätzlich weitere 250 Millionen € als neues Eigenkapital beziehungsweise als Eigen­kapitalzuschuss.


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Das reiht sich ein in eine ganz normale Reihe, die es schon seit 40 Jahren, kann man beinahe sagen, gibt: von einem Skandal und einem Bankendesaster zum anderen. Ich will das jetzt gar nicht im Detail aufzählen, sondern ich rufe nur in Erinnerung: BAWAG, Kommunalkredit, Hypo Alpe-Adria, Hypo Tirol et cetera.

Und dann ist da noch Folgendes: Jetzt werden die Primärbanken, die kleinen Banken, die großteils gute Arbeit geleistet haben und auch entsprechendes Eigenkapital haben, gezwungen, für ihr Spitzeninstitut noch zusätzlich 220 Millionen € zuzuschießen und, was noch viel schlimmer ist, sie verlieren letzten Endes auch ihre Eigenständigkeit. Aber damit nicht genug: Auch die anderen Banken, die Mitbewerber, werden gleichfalls zur Kasse gebeten, indem die Bankenabgabe um 25 Prozent erhöht wird.

Dann hören wir immer wieder: Das geht nicht anders, sie sind systemrelevant, die Banken sind too big to fail. – Der Herr Bundeskanzler hat sogar gesagt, es kostet uns im Endeffekt 13 Milliarden €, wenn wir den Volksbankensektor jetzt in Konkurs gehen lassen. Auf Dauer gesehen wird uns – und das ist eine ähnliche Entwicklung, wie es sie auch in Griechenland gibt – diese Entwicklung wesentlich mehr kosten, als wenn wir jetzt einen ordentlichen Schritt machen würden. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Schickhofer: ... Sie eine Insolvenz?)

Wir haben es in den letzten Jahren verabsäumt, dass wir eine ordentliche Bankenkon­kursordnung schaffen und beschließen. Man kann die derzeitige Konkursordnung mit der Realwirtschaft nicht vergleichen, das ist mir völlig klar, aber man muss dem Bankensektor endlich auch einmal einen Riegel vorschieben, denn man kann dort nicht spekulieren und arbeiten, so wie sie es in den letzten Jahren getan haben.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Ban­kenkonkursordnung

Der Nationalrat wolle beschließen :

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat in den kommenden sechs Monaten eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine eigene Bankenkonkursordnung vorsieht. Eine solche Konkursordnung für Banken soll im Ernstfall eine geregelte Konkursabwicklung des betroffenen Bankinstitutes ohne Bedrohung des übrigen österreichischen Bankensektors sowie der österreichischen Wirtschaft sicherstellen und gleichzeitig die Guthaben der Bankkunden in unbegrenzter Höhe sichern.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Schickhofer: Wie soll denn das gehen? Erklären Sie das!)

Island und Schweden haben das schon praktiziert. Die haben ihren Bankensektor in Ordnung gebracht, und das steht auch bei uns vor der Tür. Mit Hinausschieben erreichen wir nur das eine – das habe ich schon erwähnt –, nämlich dass wir genau in dasselbe Desaster hineinkommen wie die Europäische Union mit Griechenland.

Aber das ist das typische Beispiel der ÖVP-Wirtschaftspolitik: Vom privaten Sektor, von der Realwirtschaft verlangt man, dass sie sich dem Markt stellt und dass sie auch entsprechende Konsequenzen zieht – Präsident Leitl betont das ja immer wieder –, aber in dem Moment, in dem es um den eigenen Bereich geht, wenn es dann darum geht, auch beim geschützten Sektor – und der Bankenbereich ist ein geschützter


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Sektor – endlich einmal ordentlich durchzugreifen, dann kommen auf einmal planwirtschaftliche Methoden und dann werden letzten Endes die Manager mit hohen Abfertigungen und entsprechenden Gehältern nach Hause geschickt und werden noch belobigt. (Beifall bei der FPÖ)

Und genau diese Wirtschaftspolitik bedeutet, dass der Steuerzahler und letzten Endes der Sparer die Zeche zahlen wird. Das, was Sie hier betreiben, ist reiner Bankenkom­munismus. (Beifall bei der FPÖ.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Banken­konkursordnung

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 29. Februar 2012 im Zuge der Debatte zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1648 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird (1667 d.B.)

Die aktuelle finanzielle Situation einiger heimischer Banken hat das Potential, die gesamte Volkswirtschaft in Gefahr zu bringen. Ein Konkurs wäre keine gangbare Alternative, vielmehr muss der Staat mittels Bankenrettungspaket die österreichische Finanzwelt stabilisieren und vor einem möglichen Untergang retten. Aus Sicht der FPÖ stellen sich zwei Fragen: Erstens, stimmt diese Beurteilung? Und zweitens, ist die Gefahr gebannt?

Eine Bank ist mit einem normalen Unternehmen nicht vergleichbar. Die Passivseite besteht fast vollständig aus Fremdkapital. Das Geschäftsmodell einer Bank besteht darin, dass viele kleine Depositionen zu Krediten gebündelt werden, um dadurch aus Ersparnissen sogenanntes produktives Kapital zu machen. Daher gilt bereits eine Bank mit einigen wenigen Prozent Eigenkapital als schon gut finanziert.

Der Konkurs einer heimischen Bank hätte zur Folge, dass die Kontrolle von den Eigen­kapitaleignern auf die Fremdkapitaleigner übergeht. Das hätte bedeutet, dass deren Aktionäre enteignet worden wären. Die Kontrolle der Geschäftstätigkeit wäre dann vom Vorstand an einen Konkursverwalter übergegangen. Es ist anzunehmen, dass der Kon­kurs einer stark vernetzten heimischen Bank auch andere Firmen (Banken und Nichtbanken) in Liquiditätsschwierigkeiten gebracht hätte. Dies wäre mit massiven zusätzlichen Kosten verbunden gewesen. Ein ungeordnetes „Grounding“ hätte im Fall des Konkurses einer großen heimischen Bank also zu massiven Problemen geführt.

Durch das Bankenrettungspaket werden den Banken Kapital zugeschossen, mit dem Ziel, der Bank Luft zu verschaffen, damit diese sich weiteres Kapital von Privaten beschaf­fen kann. Dieses Ziel wurde bis dato scheinbar erreicht. Tatsache aber ist auch, dass erstens die toxischen Papiere in den heimischen Banken ein nicht von der Hand zu weisendes Verlustrisiko darstellen und zweitens die Aktionäre und die Vorstände ungeschoren davongekommen sind. Für die FPÖ ist nicht einzusehen, dass der Steuerzahler deren Risiko finanziert!

Aufgrund der Tatsache, dass der Staat den heimischen Banken jegliches Risiko abnimmt und dafür nicht einmal entsprechende Prämien bekommt, führt dazu, dass die Banken nicht mit Umsicht agieren; vielmehr ist genau das Gegenteil aktuell der Fall.


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Durch das Handeln der Bundesregierung wissen die heimischen Banken, dass sie im Notfall gerettet werden. Somit werden sie künftig noch risikofreudiger werden. Aus diesem Grund ist die Gefahr einer weiteren systembedrohenden Finanzkrise heute wesentlich größer und nicht kleiner geworden.

Banken, die derart politisch vernetzt sind, dass sie eine Gratis-Versicherung des Staates genießen, stellen ein nicht zu rechtfertigendes Risiko für die österreichischen Steuerzahler dar. Daher ist eine praktikable Konkursordnung für Banken zu schaffen, die ein geordnetes „Grounding“ ermöglicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat in den kommenden sechs Monaten eine Regierunsvorlage vorzulegen, die eine eigene Bankenkonkursordnung vorsieht. Eine solche Konkursordnung für Banken soll im Ernstfall eine geregelte Konkursabwicklung des betroffenen Bankinstitutes ohne Bedrohung des übrigen österreichischen Bankensektors sowie der österreichischen Wirtschaft sicherstellen und gleichzeitig die Guthaben der Bankkunden in unbegrenzter Höhe sichern.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir vor zwei Wochen im Finanz­ausschuss die vorliegende Novelle des Bankwesengesetzes beschlossen haben (Abg. Ing. Westenthaler: Überfallsartig!), haben wir natürlich gewusst, dass das im Hinblick auf die aktuelle Entwicklung bei den Volksbanken notwendig ist, aber ehrlich ge­standen, vom Tempo und der Dramatik der Entwicklung am Wochenende waren wir dann eigentlich trotzdem überrascht, Frau Finanzministerin.

Ich muss ehrlich sagen, das Gesetz ist sehr rasch erklärt: Auf Basis einer EU-Richtlinie wird hier die Möglichkeit geschaffen, einen Kreditinstituteverbund zu gründen mit entsprechender gegenseitiger Haftung, mit Vollkonsolidierung, mit einer gewissen Steuerungs- und Servicefunktion des Zentralinstitutes.

Das ist sehr einfach, meine Damen und Herren, nur, ich glaube, womit wir uns schon in nächster Zeit beschäftigen müssen, sind einige Fragen, die sich ergeben auch aus den Schlagzeilen der heutigen Medien: die drei Banken-„Sorgenkinder“ der Frau Finanz­ministerin – Sie haben selber von „Sorgenkindern“ gesprochen, und natürlich erfüllt uns auch das mit Sorge. Und wenn plötzlich drei Banken, drei „Sorgenkinder“ im Portfolio des Finanzministeriums sind – teilverstaatlicht, vollverstaatlicht –, dann stellen sich natürlich schon einige Fragen.

Die erste Frage ist: Ist der Staat als Eigentümer von Banken wirklich besser als ein privater Eigentümer? Ich zitiere da die frühere langjährige angesehene Präsidentin der Notenbank, Frau Maria Schaumayer. Sie hat einmal sehr richtig gesagt, der Staat ist besser im Retten von Betrieben, aber er ist schlechter im Führen von Betrieben. (Abg. Mag. Kogler: Na, dann lassen wir sie halt gleich krachen gehen!) Dem kann ich mir nur vollinhaltlich anschließen, daher bin ich sehr froh, dass die Frau Finanzministerin


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erklärt hat, dass möglichst rasch – 2016, 2017 – das Ganze wieder verkauft werden soll in Richtung private Eigentümer, gar keine Frage.

Der zweite Punkt, meine Damen und Herren: Wir müssen uns schon Fragen stellen, was die Kontrolle und die Aufsicht der Banken betrifft. Wir haben hier eine unglaubliche Kontrollkette. Wir haben im Institut die Innenrevision, wir haben den Aufsichtsrat, wir haben den Staatskommissär, wir haben den Bankprüfer, wir haben die Finanz­markt­aufsicht, wir haben die Notenbank.

Da stellt sich schon die Frage: Ist Aufsicht und die Kontrolle Bürokratie und Ineffizienz, oder ist das etwas anderes? (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Die Frage stellt sich, Herr Kollege Riepl. Und ich werde auch mit den beiden Vorständen der Finanzmarktaufsicht ein Gespräch führen und lade die Fraktionsführer aller Parteien zu diesem Gespräch gerne ein, denn wir haben ja regelmäßige Gespräche mit der Finanzmarktaufsicht im Finanzausschuss. Denn ehrlich gestanden, bei dieser Kontrollkette dann immer wieder überrascht zu werden von solchen Entwicklungen zeigt, dass hier offensichtlich die Effizienz der Frühwarnung nicht gegeben ist. (Beifall der Abgeordneten Ing. Hofer, Gradauer und Steindl.)

Das muss man sagen: Die Effizienz der Frühwarnung ist hier einfach nicht gegeben. Vielleicht müssen wir der Finanzmarktaufsicht neue Instrumente geben, die sie in die Lage versetzen, uns entsprechend frühzeitig zu warnen. Das sage ich als Freund der Banken, meine Damen und Herren, weil ich weiß, ohne Banken stockt der Geld­kreislauf der Wirtschaft, da gibt es keine Finanzierung der Wirtschaft. Aber ich glaube, man muss so ehrlich sein, zu sagen, hier drängen sich jetzt einige Fragen wirklich auf.

Die nächste Frage stellt sich – auch das sage ich als einer, dessen wirtschaftliche Hal­tung bekannt ist – wirklich auch bezüglich der Bankmanagerbonifikationen. Ich habe immer gesagt, wenn man hier Wert legt auf eine gewisse Nachhaltigkeit, dann kann zumindest erst am Ende zum Beispiel eines Fünfjahres-Vertrages eine Bonifikation ausbezahlt werden.

Ehrlich gestanden, ich sehe auch nicht ein, warum aufgrund kurzfristiger, oft speku­lativer Elemente hohe Boni bezahlt werden. Das regelt der Aufsichtsrat und nicht der Gesetzgeber, das ist mir schon klar, aber das ist wirklich eine Entwicklung, wo ich sage, in weiten Kreisen der Bevölkerung und auch in weiten Kreisen der Klein- und Mittelbetriebe ist diesbezüglich kein Verständnis vorhanden.

Wenn ein privater Unternehmer – in viel kleinerem Ausmaß – solche Dinge macht, haftet er mit seinem ganzen privaten Vermögen. Wenn ein Bankmanager, der früher eine kleine Regionalbank geleitet hat, plötzlich Spitzenmanager wird, ein Desaster anrichtet und nachher mit tollen Abfertigungen in Pension geschickt wird, dann sagt jeder kleine Unternehmer: Das kann ja nicht wahr sein!

Also hier, glaube ich, ist wirklich Handlungsbedarf bei den Aufsichtsräten dieser Unternehmen, aber es gibt auch Handlungsbedarf, glaube ich, für den Gesetzgeber.

Ich sage noch einmal, ich lade die beiden Vorstände der Finanzmarktaufsicht – ich habe immer wieder so informelle Gespräche geführt – und alle Fraktionsführer der Parteien hier im Haus ein, denn wir müssen uns wirklich überlegen, das kann ja nicht der Weisheit letzter Schluss sein, dass wir von solchen Entwicklungen immer derart überrascht sind, wenn es um Milliardenbeträge geht. Wenn in diesem konkreten Fall der Volksbanken aufgrund der Überlegungen zu einer Bankensteuererhöhung und ähnlicher Dinge der Steuerzahler nicht zur Kasse gebeten wird (Abg. Petzner: So ein Schmäh!), dann ist das zwar sehr schön, aber trotzdem, Herr Kollege, sage ich: Es


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muss etwas geschehen, es ist dringender Handlungsbedarf! Ich lade alle konstruktiven Kräfte ein, hier mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

20.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.46

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir sehen die jetzige Vorlage im Zusammenhang mit dem, was wenige Tage danach passierte, nicht nur als merkwürdigen, sondern quasi als überfallsartigen Schritt hier im Parlament an, denn Sie können nicht erklären, dass eine bereits sechs Jahre alte EU-Richtlinie plötzlich über Nacht auf die Tagesordnung des Finanzausschusses gesetzt werden musste, weil wir das so schnell beschließen mussten. Es haben die Spatzen schon von den Dächern gepfiffen, was da auf uns zukommt. Die Grünen haben es noch nicht gewusst, sie haben dann auch zugestimmt und Ihnen die Räuberleiter gemacht. Wir sehen das sehr, sehr kritisch.

Ich muss wirklich sagen, wenn man bedenkt, was Sie für ein Theater aufgeführt haben in den letzten Monaten und Jahren bei den anderen Banken – ich nenne jetzt bewusst die Namen nicht, denn das ist ja schädigend für diese Banken; wir wissen alle, welche wir meinen, vor allem die eine in Kärnten –, und dass Sie jetzt plötzlich sagen, es gibt keine andere Variante, es ist alles so gut für die Sparer, es gibt keine Alternative, sonst wäre es noch teurer geworden, dann muss man sagen, Sie sollten wirklich bei der Wahrheit bleiben und vor allem den Menschen nicht Sand in die Augen streuen.

Die Erhöhung der Bankenabgabe heranzuziehen und zu sagen, damit sei alles gelöst, das sei damit sozusagen vom Tisch, das kann schon allein deshalb nicht stimmen, weil das erstens, wenn es zur Erhöhung kommt, wieder die Kunden zahlen. Das kommt wie das Amen im Gebet, das wissen wir, über versteckte oder gar nicht so versteckte Erhöhungen. Andererseits glaube ich gar nicht, dass das kommt, weil die Raiffeisen schon ausgerichtet hat – darüber können wir heute lesen –: Na das schauen wir uns an! Also das Muskelspiel ist schon da. Das schauen wir uns an, ob das kommt, allenfalls wird eine Klage eingebracht.

Das heißt, die Regierung hat gestern gesagt: alles finanziert, Kapitalschnitt – das wird alles erklärt –, hat dann gesagt, mit einer Erhöhung der Bankenabgabe sei das Thema de facto vom Tisch, und einen Tag später beziehungsweise in der Nacht erfahren wir, dass erstens sämtliche andere Banken offensichtlich gar nicht eingebunden waren in diese Lösung und sie zweitens gar nicht mitmachen, dass sie gar nicht bereit sind, das zu akzeptieren, das allenfalls sogar rechtlich bekämpfen werden.

Das ist keine saubere Lösung, das ist wirklich keine saubere Lösung, noch dazu wenn man weiß, dass ja die Volksbankengruppe innerhalb von wenigen Jahren bereits zum zweiten Mal gegen die Wand gefahren worden ist. Auch das muss einmal deutlich gemacht werden. (Beifall beim BZÖ.)

Da stellt sich auch für uns die Frage nach der Managerverantwortung, der Füh­rungs­verantwortung, die Frage nach den Personen, die hier zur Verantwortung zu ziehen sind, denn die verschwinden dann meistens, die sind auf einmal weg, von denen hört man nichts mehr, und die Belastung bleibt entweder beim Bankkunden oder beim Steuerzahler hängen, wie nun schon wieder 1 Milliarde. Und, Frau Ministerin, Sie müssen den Menschen auch die ganze Wahrheit sagen, dass sich nämlich durch den Kapitalschnitt und durch die 700 Millionen €, die Ihnen aufgrund des Bankenpakets aus dem Jahr 2009 fehlen, aufgrund der Milliarde, die von dort kommt, natürlich auch das


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Budgetdefizit erhöhen wird um – wie viel wird es sein? – 0,25, 0,3 Prozent, sagt Ihr eigenes Ministerium.

Auf der anderen Seite sind Sie durch die Kapitalerhöhung, durch die Zuführung von frischem Geld schon wieder dabei ertappt, neue Schulden zu machen, nichts anderes ist das. Sie machen schon wieder neue Schulden! Wir reden ständig von einer Schuldenbremse, wir sagen dauernd: keine neue Schulden!, gerade die ÖVP, und jetzt nehmen Sie frisches Geld und machen schon wieder neue Schulden, weil wir halt eben mal wieder eine Bank retten müssen.

So geht es nicht! Das ist tatsächlich Voodoo-Ökonomie. Daher bin ich auch der Meinung des Kollegen Podgorschek, der vorhin gesagt hat, es braucht eine ordentliche Banken-Konkursordnung, es muss möglich sein, dass es auch eine Bereinigung am Bankensektor gibt und dass vor allem – das ist eine der zentralen Forderungen, die wir erheben – endlich die spekulativen, die Spekulationsbanken getrennt werden von den Kommerzbanken. Das ist ganz, ganz wichtig, damit nicht immer der Kunde und der Steuerzahler blechen muss. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Podgorschek.)

Das halte ich für ganz entscheidend, und das fordern wir von Ihnen ein. Wir werden jedenfalls sehr genau beobachten, was da passiert und was da noch alles auf uns zukommt, denn der Hauptgrund für die Misere liegt auf der Hand: nicht nur das Miss­management, das dort geherrscht hat, sondern einmal mehr das risikoreiche Ost­geschäft. Das wissen Sie genauso gut wie ich, und wir wissen alle, dass das nicht die einzige Bank ist, die in diesen risikoreichen Ostgeschäften hängt, Wirtschaftskrise hin oder her. Aber man muss vermuten, dass das noch lange nicht das Ende der Reihe von möglichen Katastrophen ist, die auf dem Bankensektor auf uns zukommen. Daher wäre eine Finanzministerin, eine zukunftsorientierte, eine vorsorgende Regierung aufgerufen, tatsächlich einmal Ordnung am Bankensektor zu schaffen und entsprechende Trennungen und Strukturveränderungen durchzuführen. (Beifall beim BZÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.05.53

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Ich schließe gleich an an die Ausführungen des Abgeordneten Westenthaler. Es ist ja nicht so, dass wir vor zwei Wochen im Finanzausschuss sozusagen von den Problemen der Volksbank an diesem Wochenende gewusst haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das haben wir alle gewusst!) Das Gegenteil ist wahr. Man hat gehofft, dass man mit der Möglichkeit der Öffnung des sogenannten Rabobank-Modells so viel Eigenkapital im Sektor selbst mobilisieren kann, in der in Europa schon lange bewährten Form, sodass eine entsprechende Auffanglösung nicht notwendig ist. (Abg. Petzner: Das glaubst du ja selber nicht!) Tatsächlich reicht das aber nicht, und tatsächlich muss der Steuerzahler leider in Form einer Teilverstaatlichung eingreifen.

Lieber Günter Stummvoll, weil du vorhin Frau Dr. Maria Schaumayer zitiert hast: Im Führen wären die Privaten besser. – Diese Fälle überzeugen uns nicht alle. Wenn ich daran denke, dass der eine handelnde Generaldirektor bei den Volksbanken dann in Ablöse des Tilo Berlin auch noch zur Hypo Alpe-Adria geholt wurde, dann muss das nicht immer sozusagen das Beispiel für die beste Performance sein. Jedenfalls haben wir jetzt alle drei Problembären in Wirklichkeit unter der Obhut des Staates, und das kann keine dauerhafte Lösung sein. Ich erinnere daran, dass wir schon aus EU-rechtlichen Gründen gezwungen sind, uns in den nächsten zwölf Monaten in Wirklich-


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keit von der Kommunalkredit, der ersten dieser drei Banken, zu trennen, aber auch bei den anderen entsprechende Lösungen zu finden.

Kommen wir aber zu den Problembären hier im Haus. Das sind halt Fraktionen, aus deren verwaisten Reihen, wie etwa bei der FPÖ, Entschließungsanträge kommen, die in Wirklichkeit eine Situation schaffen sollen, dass der österreichische Steuerzahler in unbegrenzter Höhe für die Guthaben der Bankkunden haften soll. Was heißt denn das, Herr Kollege? Wir haben das kurzfristig schon in den Jahren 2008/2009 machen müssen. Das hieße dann, dass das Risiko bei der Volksbank noch höher gewesen wäre als jetzt, denn jetzt haben wir es im Einzelfall mit 100 000 begrenzt. Würde man Ihrer Entschließung folgen, wäre das Risiko noch höher. Das heißt, man müsste noch viel öfter eingreifen.

An dieser Stelle sei auch gleich – weil Herr Kollege Westenthaler das Problem, dass sich irgendwelche Bankdirektoren aufregen werden wegen der Erhöhung der Banken­abgabe, angesprochen hat – den anderen Bankgruppen ins Stammbuch geschrieben: Würde die Frau Finanzministerin nicht entschieden handeln, und hätten wir den Fall, dass die Volksbanken schlagend würden – wer bildet denn den sechsten Sicherungs­kreis im Einlagensystem? Wer hätte denn dann zahlen müssen, wenn die 10 Milliar­den € schlagend werden und der Volksbanken-Sektor es nicht allein kann? – Die anderen Sektoren.

In diesem Sinne ist es richtig und auch sachlich mehr als gerechtfertigt, dass die Bundesministerin für Finanzen zu Recht sagt: Dann werden wir auch die Banken­abgabe erhöhen, um jenen Anteil, den der Bund höher einzahlt, wieder von den Schultern des Steuerzahlers zu nehmen und bei denen unterzubringen, die auch sonst hätten zahlen müssen! Ich finde das grundvernünftig. Wir haben im Finanzsektor im Einlagensystem eine Branchenhaftung, für die, wenn sie nicht rechtzeitig greifen kann, der Staat übers Wochenende einschreiten muss, weil sonst die Geschäftsaufsicht droht, und dann muss das verteilt auf Raten bis 2017/2018 in Form einer Bankensteuer zurückbezahlt werden. Ich finde, dieser Vorgang ist richtig, und ich glaube, dass es unsere Aufgabe als Politiker ist, als Vertreter der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die Finanzministerin dahin gehend zu unterstützen, das Geld auch dort zu holen.

Dass diese ganze Banken-Retterei keine Dauerlösung ist, wissen wir alle, aber wir können das Problem national nicht lösen, denn wir haben eine derartige Verwebung im Finanzsektor, dass wir zum Beispiel für das Sterben-lassen-Können von Banken eine internationale Regelung bräuchten. Das ist eine Aufgabe, und ich möchte Sie, Frau Finanzministerin, bitten, in der Europäischen Union auch sehr, sehr stark darauf zu drängen – es gab erste Anläufe in der Kommission, aber ich habe das Gefühl, dieses Thema ist ein bisserl eingeschlafen –: Wie können wir eine Regelung dafür schaffen, dass man problemlos ein Institut, auch wenn es angeblich too big to fail ist, eingehen lassen kann, ohne dass am nächsten Tag an die KMUs, die Kredite dort haben, von irgendwelchen Haien, die die Kredite aufgekauft haben, Forderungen gestellt werden, dass sie aufgelöst werden, ohne dass die Sparerinnen und Sparer ihre Guthaben abheben? Wie können wir solch ein geordnetes Verfahren herstellen?

Letztlich wird die Antwort immer die öffentliche Hand umfassen müssen, darüber sollten wir uns klar sein; sei es in der Form, dass der Bankbetrieb quasi privat geführt wird in Verwaltung der öffentlichen Garantie letztlich für die Spareinlagen, und in Wirklich­keit sind die Banken Treuhänder für einen Treugeber, nämlich für den Garanten, in dem Fall den letzten Garanten in letzter Linie, und das ist immer die Steuerzahlerin/der Steuerzahler. In deren Verantwortung sollten wir daran arbeiten, ein entsprechendes System zu finden.


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Ehrlich gesagt hat man aber bisher noch in keiner Region dieser Welt ein sehr gutes Modell gefunden, das in Wirklichkeit diese Endlösung im Falle des Fallens einer Bank gescheit gelöst hat. Ich wäre dankbar, wenn jemand ein gutes Beispiel wüsste. Ich sehe weder in den USA noch in Asien, noch in anderen Wirtschaftsräumen gute Beispiele, die man zur Hand nehmen könnte. Das werden wir wahrscheinlich in Europa entwickeln müssen. (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Letzter Punkt: Volksbanken, zur Frage des Volksbankensektors. – Ich begrüße das Rabobank-Modell als Möglichkeit in der Gesetzgebung deswegen, weil es die Autonomie der Primärbanken aufrechterhält bei einer Struktur, die trotzdem ein gemeinschaftliches Treasuring und Debt Management erlaubt. Das ist eigentlich, wenn man so will, was die Mitsprachemöglichkeit der Genossenschafter betrifft, ein gutes Modell. In diesem Sinne ist es begrüßenswert, dass wir diese Möglichkeit schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Petzner. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile Ihnen das Wort. – Bitte.

 


20.12.46

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Mei­ne Damen und Herren! Herr Abgeordneter Matznetter von der SPÖ hat hier im Zusammenhang mit der Bankenkrise und den Ereignissen rund um die Pleite der Volksbank und den weiteren Aufwendungen seitens des Steuerzahlers den Begriff „Endlösung“ verwendet. – Ich halte das für das Hohe Haus unzulässig. Wir wissen, dass das ein historisch schwer belasteter Begriff ist, der nicht in einem anderen Zusammenhang verwendet werden kann, und ich ersuche das auch entsprechend zu ahnden, das Protokoll nachzuprüfen und entsprechende Konsequenzen gegen Herrn Matznetter einzuleiten. (Beifall beim BZÖ.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter hat sich zur Ge­schäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.13.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Herr Abgeordneter Petzner missbraucht die Möglichkeit der Wortmeldung zur Geschäftsordnung, um in Wirklichkeit einen politisch wirklich schwerwiegenden Begriff wie „Endlösung“, nämlich im Zusammenhang mit dem größten Verbrechen an der Menschlichkeit, in Zusammenhang zu bringen mit einem technischen Ausdruck in Bezug auf Bankenabwicklungen. (Abg. Grosz: Haben Sie das gesagt?)

Das ist eine Verharmlosung der Verbrechen des Holocaust, die er in seinem Beitrag macht, indem er so etwas erkennt, und ich bitte, daraus die notwendigen Konse­quen­zen zu ziehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Haben Sie den Begriff gesagt?)

20.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir werden das Protokoll anfordern, den Zusam­menhang, der hergestellt wurde, studieren und dann die entsprechenden Konse­quen­zen ziehen oder auch nicht ziehen, wenn kein Zusammenhang gegeben ist. (Abg. Grosz: Er bringt den Begriff in die Debatte herein, aber das hat der Edlinger auch


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schon gemacht! Von Sozialismus zu Nationalsozialismus ist kein weiter Weg! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

*****

Wir setzen in der Rednerliste fort.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Themessl um seine Ausführungen. 3 Minuten Rede­zeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.14.55

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Finanzministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Matznetter, von Ihnen weiß ich, dass Sie nicht nur die sehr einseitige Berichterstattung in den österreichischen Medien lesen, sondern manchmal auch versuchen, sich in ausländischen Medien zu erkundigen beziehungsweise Informationen einzuholen. Wenn Sie gestern im Wirtschaftsteil der „Frankfurter Allgemeinen“ den Bericht über die Griechenland-Hilfe gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass das, was mit Griechenland aufgeführt wird, ebenso niederschmetternd und nicht zielführend ist wie die Art und Weise, in der mit dem österreichischen Bankenpaket umgegangen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hier von der roten Reichshälfte: Wenn sich die Kollegen Kai Jan Krainer und Cap, und wie sie alle heißen, hierher ans Rednerpult stellen und permanent die Banken­manager anprangern, sie als böse Buben hinstellen, die alles verbrochen haben, dann muss ich Ihnen sagen, einzig und allein schuld daran, dass das kein Ende findet, ist diese Bundesregierung. Wenn Sie nicht endlich einmal ein Exempel statuieren, dass es so nicht geht, dann werden Sie den Banken- und Finanzsektor nie in den Griff bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Stummvoll, Sie sind heute sehr kleinlaut gewesen. Es wundert mich schon, dass Sie sich jetzt fragen, wo die Finanzmarktaufsicht bleibt und warum das Ganze nicht funktioniert. Ich erinnere nur an unseren Budgetsprecher Alois Gradauer. In jedem Finanzausschuss weist er darauf hin, dass es so nicht weitergehen kann, und in jedem Finanz- und Budgetausschuss stellt er die Frage, wo die Finanzmarktaufsicht, wo die Kontrolle bleibt.

Es ist jetzt dreieinhalb Jahre her, dass wir dieses Bankenrettungspaket hier beschlos­sen haben, und jetzt frage ich Sie: Was ist in den letzten dreieinhalb Jahren passiert? – Ich lasse mir noch einreden, dass in der Zeit vor dem Bankenrettungspaket die Kontrolle nicht funktioniert hat. Dann sind wir aus allen Wolken gefallen, weil man von Milliardenbeträgen gesprochen hat, die sich kein Mensch vorstellen kann, auch nie­mand von uns hier herinnen. Spätestens dann aber hätte das funktionieren müssen. Also was ist in den letzten dreieinhalb Jahren im österreichischen Banksystem passiert? – Gar nichts! Keine Kontrolle!

Was haben die Banken gemacht? – Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Die Schweizer Großbanken waren vor dreieinhalb Jahren mit 450 Prozent des Schweizer BIP verschuldet. Dann hat die Schweizer Regierung eingegriffen, allerdings wesentlich schlauer als die österreichische, und hat sich mit intelligenten Beteiligungen in zwei Jahren ein sattes Plus von 2 Milliarden Franken aus dem Bankenpaket geholt. Die Banken sind seit zwei Jahren gerettet, die UBS, die Credit Suisse stehen heute mit einer Eigenkapitalquote von 19 Prozent besser da als alle anderen Banken im euro­päischen Vergleich. In der Schweiz hat das funktioniert. Das hat auch so funktioniert, dass die Großbanken radikale Personalauswechslungen vorgenommen haben, weil die aktiven Manager über Jahre bewiesen haben, dass sie es nicht können.


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Die Banken haben seit Jahren alles verspekuliert. Ich bin überzeugt, dass vieles von den Gewinnen, die die Banken jahrzehntelang in Österreich gemacht haben, an der Steuer vorbeigegangen ist. Oder kann mir die Finanzministerin sagen, wie viele Milliarden an Steuern in den letzten Jahren von den Banken eingegangen sind? Dann haben wir ein Bankenpaket geschnürt, Milliarden hineingepumpt – und passiert ist gar nichts! Es gibt aber Baustellen nicht nur durch die Kommunalkredit und die Hypo und jetzt auch die ÖVAG, sondern es gibt weitere Baustellen durch die Hypo Tirol und die Hypo Niederösterreich. Sie werden noch aus allen Wolken fallen, wenn die Finanz­markt­aufsicht nicht endlich eingreift und die Kontrolle durchzieht.

Wenn das nicht geschieht, dann haben Sie das Rettungspaket, das den Namen nicht verdient – auch den Namen Sparpaket nicht –, vollkommen umsonst geschnürt, weil Sie all diese Eventualitäten nicht einkalkuliert haben. Sie haben kein Krisen­manage­ment für derartige Dinge. Ich frage mich, wenn wir nächste Woche oder in 14 Tagen von weiteren Milliarden reden werden, woher Sie diese nehmen werden. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

20.18

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.19.06

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Grosz hat in seinen Ausführungen zur Geschäftsbehandlung vorhin gesagt: Vom Sozialismus zum Nationalsozialismus ist kein weiter Weg. – Ich erwarte mir, auch wenn wir ein demokratisch gewähltes Haus sind, dass Herr Abgeordneter Grosz sich von dieser Äußerung distanziert oder dass Sie, Herr Präsident, Herrn Abgeordneten Grosz mit entsprechenden Konsequenzen belegen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weiters zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


20.19.45

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Im Rahmen meiner Empörung, weil sich Frau Abgeordnete Silhavy betreffend verwerfliche Äußerungen und Zusammenhänge lieber an ihren Kollegen Matznetter hätte wenden sollen, der in einer Täterumkehr Kollegen Petzner bezichtigt, diese Begrifflichkeit, die eine Tragödie ausdrückt, Leid und Mord, mit dem Bankenpaket in Zusammenhang zu bringen, möchte ich sagen, Sie zitieren mich falsch.

Das Protokoll wird ergeben, dass ich zu Ihnen hinübergerufen habe: Der Weg vom Sozialismus zu einem nationalen Sozialismus ist halt kein weiter. Und diese Begriff­lichkeit, wie Sie wissen, ist schon oft auch in diesem Parlament durchaus emotional gefallen, aber bedeutet in keinster Weise – und das wissen Sie gut genug – eine Verharmlosung, sondern ist auch der Ausdruck dessen, was sich heute durch Kollegen Matznetter hier abgespielt hat. (Abg. Silhavy: Reden Sie weiter, denn das verurteilt sich !)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir werden die gesamte Debatte – auch in Bezug auf die Geschäftsordnungsdebatte (Zwischenruf des Abg. Grosz) – zum wiederholten Male in der nächsten Präsidiale diskutieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 231

Das Stenographische Protokoll ist schon angefordert, und wir werden ja dann darin lesen, was tatsächlich gesagt wurde.

*****

Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt die Gemüter etwas abkühlen, dass wir in der Tagesordnung – es ist ein wichtiges Thema, das wir hier behandeln – fortsetzen und Herrn Mag. Kogler zuhören. 7 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Grosz: Aber das Prob­lem ist, dass die Sozialdemokraten nicht hören können, sinnerfassend – und im Übrigen lesen und schreiben auch nicht!)

 


20.21.28

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Auch ohne die eher seltsam anmutenden und wiederholt aufflackernden Geschäftsord­nungsdebatten ist es ja in der Sache selbst – zu der Sie mahnen – schon durcheinan­dergegangen. Ordnen wir die Dinge!

Erstens haben wir eine Novelle zum Bankwesengesetz, zweitens naturgemäß und in gewisser Weise damit in Zusammenhang stehend die Frage der aktuellen – unter Anführungszeichen, sage ich an dieser Stelle gleich fürs Protokoll – „Rettung“ der Öster­reichischen Volksbanken-AG. Ich erwarte schon, Frau Bundesministerin, dass Sie dazu jetzt ausführlich Stellung nehmen und möglicherweise das eine oder andere Kommunikationsdefizit bezüglich der von der Bundesregierung eingeschlagenen Haltung korrigieren können.

Drittens war noch ein Entschließungsantrag des Kollegen Podgorschek in Diskussion, auf den auch schon wieder mehrfach Bezug genommen wurde. Insofern ist es wahr­scheinlich einmal vernünftig, die Dinge nacheinander anzugehen.

Ich beginne also mit der Novelle selbst, zumal ja die grüne Fraktion mit ihrem Abstim­mungsverhalten im Ausschuss schon vorgekommen ist. – Ja, wir haben dem zuge­stimmt. Wir haben das auch jetzt noch vor, wenn es die Frau Bundesministerin nicht vernudelt, nämlich aus folgendem Grund: weil die Novelle allem Anschein nach und allem Studium nach, das wir damals schon absolviert haben, eine gescheite Sache ist – unabhängig davon, wie viel und wie weit jetzt gerettet werden muss.

Denn wenn die Intention ist und das gelingen würde, dass hier der Sektor sich so weit konsolidiert, dass das insgesamt anrechenbare Kapital, das dadurch mehr mobilisiert wird, sozusagen ein erhöhtes anrechenbares Kernkapital ergibt, und wir gleichzeitig bei diesen Rettungsmaßnahmen und dann mit dem neu eingeschossenen Eigenkapital – dem Eigenkapital des Staates dann schon – eine bestimmte Kernkapitalquote erreichen wollen, wenn nicht müssen, dann ist das Ergebnis der Rechnung am Schluss völlig klar: Was wir dort mobilisieren, muss – zumindest bei dieser Art von Rettungs­aktion; man könnte ja auch andere diskutieren – der Steuerzahler weniger ein­schießen. Das ist ja ganz logisch.

Ob das 200 Millionen € oder mehrere 100 Millionen € sind, ist ja dann eine Frage dessen, was auf diese Art und Weise mobilisiert werden kann, aber es scheint sich jedenfalls im dreistelligen Millionenbereich zu bewegen. Und allein das ist, auch vor dem Hintergrund der anstehenden Sanierungsaktion – also wenn wir jetzt zwei Wochen zurückdenken –, ein durchaus vernünftiger Vorgang gewesen. Das ist das eine.

Das hat aber nichts damit zu tun, zu hinterfragen, wie diese sogenannte Rettung hier insgesamt vonstattengeht. Frau Bundesministerin, wir haben ja nicht nur jetzt ein paar Fragen. Ich darf vielleicht mit der Fragestellung eröffnen, die wir vor zweieinhalb Jah-


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ren schon gehabt haben, also mitten im Jahr 2009. Da habe ich an Ihren Vorgänger eine Anfrage speziell zur ersten Aktion gestellt, zur ersten – damals ja noch nicht als Rettungsaktion titulierten – 1-Milliarden-Partizipationskapital-Einschieß-Aktion. Das ist ja zunächst in einer OTS-Meldung des Ministeriums mit Tönen versehen worden, die ich da gar nicht mehr vorlesen will, weil wir ja dann den Unernst geradezu wieder hereingeholt hätten, aber den hätte das Finanzministerium zu verantworten, und so viel Zeit habe ich gar nicht. Jedenfalls ist die ganze Aktion bejubelt worden.

Ich habe mir erlaubt, daraufhin eine Anfrage zu stellen, und möchte nur ein paar Fragen daraus wiederholen – für das Protokoll. Wir hatten damals natürlich Bedenken und haben also die Frage gestellt – um es zusammenzufassen –: Wie ist eigentlich der Zustand der Volksbanken-AG und des Sektors? Gibt es erstens einmal ein Gutachten, ob systemrelevant oder nicht, wie es immer geheißen hat, und: distressed oder non distressed? Das war ja damals immer das Thema. – Ja, es hat ein Gutachten von der Notenbank gegeben, und die ÖVAG ist ja sogar so positiv eingeschätzt worden, dass auf das hin nur 8 und nicht 9 Prozent Zinsen gezahlt werden mussten. Sei’s drum, sei’s drum! (Zwischenruf des Abg. Petzner.)

Trotzdem haben wir gesagt: Das kann sich alles so nicht ausgehen. Wir wollten wis­sen, wie das mit den Zinszahlungen ist und vor allem mit dem Risiko, dass man das Partizipationskapital irgendwann einmal abschreiben muss. Sie beziehungsweise Ihr Vorgänger hat damals geantwortet, dass der Dividendenzahlungsverpflichtung selbstverständlich nachgekommen wird. Das ist nie der Fall gewesen, das war klar, weil ja kein Gewinn sozusagen zu verbuchen war.

Bezüglich des Partizipationskapitals wurde geantwortet, dass die Volksbanken-AG die Dividende regelmäßig bedienen kann – das muss man sich einmal zu sagen trauen in diesem Zustand, der damals schon erkennbar war; auch für uns Laien –, und dass die bereits eingeleiteten Schritte zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Bank ausreichen. Das war die Antwort auf die Frage, wie sicher das Partizipationskapital ist.

Ich verweise nur darauf, dass das unter dem Schlachtruf geschehen ist, dass das Ganze noch ein Geschäft wird. Herrn Treichl tut es ja heute schon leid, aber er ist damals mit dem Finanzministerium in der „ZiB 2“ – ich kann mich noch gut erinnern – aufgetreten und hat gesagt, das werde alles noch ein Geschäft für die Republik. (Abg. Ing. Hofer: Zur Geschäftsordnung!)

Wenn wir jetzt die Hypo und die Kommunalkredit und diese Sache hier hernehmen: So viel kann ja ein – bemitleidenswerter – Sektor der Raiffeisen oder der Erste Bank – an dieser Stelle muss ich das wirklich sagen – gar nicht mehr an Dividenden herein­bringen, was da schon an Kapital versenkt worden ist. Und das schaue ich mir noch an, wie die ÖVAG-Rechnung am Schluss ausgeht.

Nichtsdestotrotz: Sie werden zu diesem Teil 2 meiner Fragen erklären müssen, was die Alternativen gewesen wären, was das gekostet hat. Bundeskanzler Faymann hat sich ja hingestellt und gesagt, das würde 13 Milliarden € kosten. Wir möchten hier nach­vollziehen können, wie er darauf kommt. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Vermutlich hat es damit zu tun, dass das Spitzeninstitut natürlich eine Rolle für die Primärbanken spielt und dass es über Liquiditätsrahmen und andere Mechanismen hier wirklich Schwierigkeiten gegeben hätte.

Die erste Frage ist aber schon, ob es nicht längst an der Zeit wäre, dass man so geordnet wie möglich hier einmal einen Konkurs abwickelt. Es kann natürlich sein, dass das nicht so ohne Weiteres möglich ist und dass das andere mehr kostet. Trotzdem werden Sie bei so einer Debatte und an dieser Stelle hier ganz genau erklären müssen, wie das ist.


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Eine andere Frage ist, wie die EU-Kommission das Ganze jetzt im Nachhinein bewertet. Ich höre heute, äußerst skeptisch, dass – fast logischerweise, was die erste Milliarde betrifft – ein Beihilfeverfahren läuft, weil ja die EU-Kommission heute gesagt hat, dass sie das damals schon sehr kritisch betrachtet hat. Ich würde gerne wissen, wie Sie das beurteilen.

Eine weitere Frage ist, wie die Forderungen umgesetzt werden, was Sie ja angekündigt haben – wir werden jedenfalls darauf schauen : dass keine Bonifikationszahlungen stattfinden werden und dass vor allem – weil es um größere Dimensionen geht, ist das viel wichtiger – die Dividendenpolitik so ausschaut, dass dann nicht wieder irgend­welche Privaten noch Geld herauskriegen, während der Steuerzahler fett drinnen bleiben muss. Alles das bitte ich, auch dem Hohen Haus zu erklären, weil die Kommunikation in der Öffentlichkeit ja nicht immer optimal zu sein scheint.

Dann gibt es noch die Fragen der Aufsicht – ja selbstverständlich! Was hat die FMA gemacht? Was hat die Notenbank zwei, drei Jahre lang gemacht? Ich darf hier den Kommentator Urschitz zitieren, der in einem Kommentar bezüglich der ÖVAG Folgendes behauptet (Abg. Petzner:  ist aber ein schlechtes Beispiel!):

„Dafür hat die FMA schon vor zwei Jahren ein sehr gescheites Modell in Form einer staatlichen ‚Bridge Bank‘“ – also auf Deutsch: Brückenbank – eingeführt, „die Kunden­einlagen und systemrelevante Verbindlichkeiten übernimmt und den Rest in den Orkus schickt“.

Das ist nicht umgesetzt worden, weil die Banken es blockiert haben – also, ich steige jetzt wieder aus aus dem Zitat.

Ich möchte wissen: Ist das wahr? Was ist die Rolle der Aufsicht gewesen? Welche Gegenstrategien hat es seitens der Finanzpolitik gegeben?

Ein letzter Punkt: zu den Forderungen für die Zukunft. – Ja, wir sehen das auch so wie der Antragsteller Podgorschek in seinem Entschließungsantrag. Es müsste gelingen, endlich einmal so eine Konkursordnung auch für Banken zu entwickeln, und es müsste besser gelingen, die Geschäftsfelder der Banken so zu trennen, dass wir das normale Geschäft, wenn Sie so wollen – ich führe das nicht weiter aus – und das sogenannte Investmentbanking besser trennen. Der von Urschitz zitierte Vorschlag weist ja offensichtlich auch in die Richtung, dass man das auch bei bestehenden und in Malversationen geratenen Banken sozusagen mittendrinnen noch rückorganisieren könnte.

Es wäre nützlich, wenn Sie das beantworten würden, weil ansonsten wieder hängen­bleiben wird, die Leute verstehen es nicht, wir zahlen – weiß ich wie viel – drauf beim Sparpaket, aber über Nacht und ganz schnell werden hier Milliarden zugesagt. Das Kommunikationsdefizit müssen Sie beheben. (Beifall bei den Grünen.)

20.30

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Es liegt eine weitere Geschäftsordnungswortmeldung von Herrn Abgeordnetem Ing. Hofer vor. Ich erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


20.31.05

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während wir heute hier dieses Thema beraten, ist bekannt geworden, dass der Bundespräsident scharfe Kritik am Bundeskanzler übt und den Terminplan zur Verabschiedung des Sparpakets kritisiert.


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Er sagt, er droht der Bundesregierung bei ihrem Konsolidierungspaket einen Strich durch die Rechnung zu machen. Die entsprechenden Gesetze sollten ja am 28. und 29. März kundgemacht werden und am 1. April in Kraft treten. Der Präsident sagt, es bleibe ihm ein zu kurzer Zeitraum, um das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzespaketes zu prüfen. Er sagt weiters, er wolle dabei nicht mitspielen. „Ich könnte eine solche Vorgangsweise – was Du“, in Richtung Kanzler, „verstehen wirst – nicht akzeptieren“.

Daher ist es notwendig, dass wir uns noch einmal über diesen Terminplan Gedanken machen und dringend im Rahmen einer Präsidialsitzung einen neuen Termin für die Verabschiedung dieses Pakets vereinbaren, denn ich denke, dass die Warnung des Bundespräsidenten nach dem Motto „speed kills“ – das ist ja so oft kritisiert worden –, sehr, sehr ernst zu nehmen ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

20.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Hofer! Das ist natürlich vielleicht eine interessante Wortmeldung, aber das war ein Debattenbeitrag, keine Geschäftsord­nungs­wortmeldung. Ich bitte daher, wenn ich jetzt weiter den einen oder anderen zur Geschäftsordnung aufrufe, sich wirklich an die Geschäftsordnung zu halten und vielleicht auch einen Antrag oder ein Begehren zu formulieren, damit das geschäfts­ordnungskonform über die Bühne geht.

Herr Kollege Grosz gelangt mit einer Geschäftsordnungswortmeldung zu Wort. – Bitte.

 


20.32.51

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Angesichts dessen, was Kollege Hofer gesagt hat, rege ich an, im Laufe der heutigen Plenarsitzung noch eine Präsidialsitzung des Nationalrates einzuberufen. Ich glaube, das tut der Geschäftsordnung Genüge, aber das tut auch der Demokratie Genüge.

Noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik hat es einen Hilferuf aus der Hofburg gegeben (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass ein amtierender Bundespräsident sich selbst gegen den Pfusch einer Bundesregierung zur Wehr setzt und seine Unterschrift unter dieses Gesetzespaket verweigern will, und zwar auch mit sachlichen Gründen: weil dieser Pfusch hier durch das Parlament gepeitscht werden soll, weil es hier auch nicht ausreichend, sondern in Form einer Sondersitzung diskutiert werden soll, (Zwischenruf bei der SPÖ), und allein die Fristen und die Tage bis zur Kundmachung selbst dem Bundespräsidenten, der sich jetzt an die Spitze der Bevölkerung stellt, nicht ausreichen, um über dieses Gesetz in hoher Verantwortung zu diskutieren.

Daher regen wir umgehend eine Stehpräsidiale an, um sich mit diesem Problem auseinanderzusetzen und auch über den Fahrplan des Nationalrates zur Verab­schiedung dieses Schröpfungspaketes zu diskutieren. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das war schon wieder ein Redebeitrag !)

20.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Anregung auf eine Sitzungsunterbrechung mit einer Präsidiale ist bei mir angekommen. Ich weiß aber nicht, ob ich dem noch folgen werde. Ich höre mir zuerst einmal den Herrn Kollegen Klubobmann Dr. Cap an. – Bitte.

 


20.34.21

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur in Erinnerung rufen, dass wir ja im Rahmen der Präsidialsitzungen gemeinsam diesen Terminplan besprochen haben, alle fünf Fraktionen diesen Terminplan auch be­schlossen haben (Abg. Petzner: Aber da hat sich der Bundespräsident noch nicht zu Wort gemeldet!), daher waren alle fünf Fraktionen der Meinung, dass dieser Termin­plan rechtens und in Ordnung ist, genug Zeit ist, um das zu verhandeln, dass beson-


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ders begrüßt wurde, dass man sich im Rahmen einer Sondersitzung ausschließlich diesem Thema widmet, in der dann auch zu diesem Konsolidierungspaket Stellung genommen wird.

Es ist das Recht des Bundespräsidenten, zum Fristablauf eine Anmerkung zu machen, und das respektieren wir, aber innerhalb des Parlamentes war dies letztlich unbestrit­ten. Daher verstehe ich die Beiträge jetzt nicht ganz. Ob das alles so sein wird, wie es sein könnte, wird davon abhängen – wenn ich den Schlusssatz dieser APA-Aus­sendung lese –: „Man werde den Bundespräsidenten im Zuge der Gesetzwerdung des Pakets laufend informieren und ‚eine gute Lösung suchen.‘“ Damit ist die Antwort ja ohnehin gegeben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich werde der Anregung auf Unterbrechung jetzt nicht nachkommen und werde auch zwei Sätze dazu sagen: Erstens einmal findet die Sitzung erst nächste Woche statt – Punkt eins. Da ist ausreichend Zeit, dass man sich auch noch zwischen den Fraktionen in der Präsidiale, wenn man es so will, einigen kann. Da brauchen wir nicht die Sitzung heute zu verlängern.

Zweitens wissen wir alle nicht, wie die Abstimmung am 8. März ausgeht. Es muss ja nicht sein, dass es da eine Mehrheit für dieses Sparpaket gibt – wer weiß es –, und daher werden wir einer derartigen Sitzung nicht vorgreifen.

*****

Wir setzen in der Tagesordnung fort.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Petzner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: 8. März Zuweisung! – Abg. Grosz: 8. März ist eine Zuweisungssitzung, da wird nichts beschlossen!)

 


20.36.22

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich auf Basis dieser vorgeschlagenen Änderung des Bankwesengesetzes schon auch zu den Entwicklungen der letzten Tage rund um die ÖVAG, die Österreichische Volksbanken-AG, äußern.

Ich erinnere mich gut an viele Sitzungen hier im Hohen Haus, bei denen gerade die Österreichische Volkspartei, Herr Stummvoll, gar nicht laut genug „Skandal“ schreien konnte, als es um die Hypo Alpe-Adria gegangen ist. Heftig haben Sie diese Bank, das Bundesland Kärnten attackiert. (Ruf bei der ÖVP: Heute noch!)

Frau Bundesminister Fekter ist sogar so weit gegangen, dem Image des Banken­standortes Österreich und des Bundeslandes Kärnten zu schaden, indem sie auf unzulässige Weise Kärnten mit Griechenland verglichen hat, was ihr sogar Proteste der eigenen Parteifreunde in Kärnten und der gesamten Kärntner Landesregierung in einer eigenen Resolution eingebracht hat. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Man war gar nicht schnell genug dabei, bei der Hypo eine SOKO, eine Sonder­kom­mission, einzurichten, zusätzlich eine CSI Hypo zu installieren, ganze Gutachter­horden zu beauftragen, Millionen für Rechtsanwälte auszugeben, um diesen vermeint­lichen Kärntner Haider-Hypo-Skandal aufzuklären. (Abg. Riepl: Das ist schon ein Skandal!) Ergebnis ist bis heute – ja, was ist herausgekommen, Herr Kollege? – Seit 2009 untersucht die CSI Hypo, und was ist denn bis heute herausgekommen? (Zwischenruf des Abg. Riepl.– Abwarten? Wir warten schon drei Jahre. Seit drei Jahren wird untersucht, die Kosten liegen insgesamt bereits bei über 30 Millionen €


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Steuergeld für diese ganzen Gutachter und Rechtsanwälte. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Herausgekommen ist ein Freispruch und sonst überhaupt nichts. Das ist das Ergebnis (Ruf bei der SPÖ: Aber die Milliarden fehlen schon, oder?), und das müssen Sie verantworten.

Jetzt haben wir den Fall der Volksbanken, und da schreit niemand „Skandal“. (Ruf bei der FPÖ: V wie Flügel!) Da ist alles wunderbar. Da sagt Herr Staatssekretär Schieder in der ZiB 1: Alles kein Problem, alles wunderbar! Das werden wir alles wieder in den Griff kriegen. Das wird die Republik nichts kosten, den Steuerzahler nichts kosten. Wir werden alles wieder zurückbekommen, die Bankensteuer wird die Kosten wieder wettmachen.

Meine Damen und Herren, bleiben wir bei der Wahrheit: Die Bankensteuer ist eine Sparbuchsteuer. Die Bankkunden in diesem Land werden das zu bezahlen haben und niemand anderer. Das ist die Wahrheit, die man zur Kenntnis nehmen muss, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Frau Ministerin Fekter, wann verkünden Sie die Einrichtung einer SOKO Volksbanken-AG, einer CSI ÖVAG? Wann kommt die Sonderkommission? Wann wird Herr Peschorn aktiv? Wann werden Sie die Rechtsanwälte engagieren, die Gutachter beauftragen (Ruf: Da sind wir), wie Sie es bei Kärnten gemacht haben, wann? – Gar nicht. Sie schweigt und schaut mich lange an. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Das ist diese heuchlerische Unehrlichkeit, die ich nur verurteilen kann. Wenn es um das Bundesland Kärnten und um parteipolitische Gründe geht, ist der Wirtschaftspartei ÖVP der Bankenstandort – Zehntausende Mitarbeiter, eine der größten Banken in Österreich – vollkommen egal. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Da wird hinge­droschen und hingehauen mit des Steuerzahlers Geld, und bei der ÖVAG breiten wir den Mantel des Schweigens drüber. Schauen wir uns die Zahlen an: Wie viel hat man bei der Hypo ausgegeben? (Beifall beim BZÖ.)

Herr Stummvoll, jetzt lesen Sie nicht in der Zeitung! Sie werden nicht fürs Zeitunglesen bezahlt, sondern fürs Reden und Zuhören, also hören Sie mir jetzt zu! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Er liest gerade die Raiffeisen-Spatzenpost na­mens „Kurier“.

Wie viel hat man bisher ausgegeben für die Hypo? Mit 1,5 Milliarden € haftet man, abgeschrieben hat man bisher 625 Millionen. Das ist euer großer Skandal?!

Was ist bei den Volksbanken? 1,3 Milliarden €, also fast die gleiche Summe, abge­schrieben seit ein paar Tagen 700 Millionen, also mehr. Um 100 Millionen € mehr Verlust und Abschreibebedarf als bei der Hypo Alpe-Adria! Und trotzdem schreien Sie nicht „Skandal“. Das ist Ihnen völlig egal.

Zum Schluss zum besten Beispiel: die Kommunalkredit, wo zufällig die Frau Minister Claudia Schmied im Vorstand gesessen ist. Wissen Sie, wie hoch da der Steuer­zahlereinsatz bisher ist? 4,6 Milliarden €. 4,6 Milliarden €! Auch das ist Ihnen egal. Bei der Hypo machen Sie wegen 1,5 Milliarden und 625 Millionen Abschreibun­gen ein Riesentheater, bei der Kommunalkredit sind 4,6 Milliarden kein Problem. Bei den Volksbanken sind 1,3 Milliarden und 700 Millionen Abschreibungen kein Problem. Kön­nen Sie mir das erklären? Können Sie mir erklären, wie und auf welcher Faktenbasis Sie zu derartigen Bewertungen kommen? Das können Sie nicht, sondern Sie agieren ausschließlich parteipolitisch. (Abg. Dr. Stummvoll: Das sagt gerade der Petzner!)

Eines kann ich Ihnen hier versprechen, meine Damen und Herren: Wir werden und ich werde weiterhin auf dem Thema draufbleiben! Es wird der Tag kommen, die Frau Minister Fekter weiß es genau, wo sie 3 Milliarden € Steuergeld für die Misswirtschaft einer deutschen Bank aus Österreich nach München überweisen muss. Ich habe ge-


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rade heute Gespräche mit sehr renommierten deutschen Zeitungen geführt, die sich das auch schon sehr genau anschauen, was die ÖVP zugunsten der Bayern verhandelt hat. Das heißt, das wird auch bereits im Ausland Thema.

Wir werden auf dem weiter draufbleiben, und ich kann Ihnen garantieren, dass die Hypo Alpe-Adria im Wahljahr 2013 für die Österreichische Volkspartei noch ein sehr großes Thema sein wird, nämlich im negativen Sinne für sie. Das kann ich Ihnen versprechen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Wir fürchten uns schon!)

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 3 Minu­ten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.42.08

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja Verständnis, wenn der Kollege Petzner nach Jahren des Leidens heute doch ein bisschen triumphal hier stehen kann (Abg. Petzner: Ich werde noch viel mehr triumphieren!) und, ich sage ausdrücklich, auch zu Recht von einem Skandal spricht. Es ist ein Skandal, was in der Volksbanken AG passiert ist. Ich sage es deutlich, meine Damen und Herren! Ich sage es deutlich! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Was mich besonders ärgert: dass man dann mit einer Erhöhung der Bankenabgabe noch einen Konkurrenten mitzufinanzieren hat, der uns jetzt jahrelang unterboten hat. Aber derartige Beispiele gibt es auch andere. Die Kommunalkredit zum Beispiel. (Abg. Strache: Ja, richtig! Die Frau Schmied!) Die Kommunalkredit hat jahrelang bei den Gemeindedarlehen die Sparkassen und die Raiffeisenkassen mit nicht marktkonformen Zinssätzen unterboten und unterlaufen. Und heute haben wir dasselbe Problem. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

Es ist ja besonders schmerzhaft – das ist ja offensichtlich vergessen worden –, dass die Kommunalkredit einmal der ÖVAG gehört hat. Die hat einmal dazugehört, meine Damen und Herren. In Wahrheit ist das ja einmal ein Komplex gewesen. Und das ist das Besondere.

Und ich erwarte mir auch, dass in dieser Frage das Management, der Aufsichtsrat, die Bankenaufsicht, die Nationalbank, die FMA und andere hier einmal Rede und Antwort stehen, was denn geschehen ist.

Meine Damen und Herren! Ich bringe Ihnen ein kleines Beispiel. Als ich mir vor sechs Jahren für meinen Enkel, für meinen ersten Enkel, ein Sparbuch im Sinne eines Vor­sorge­produktes auf der Bank ausstellen ließ, um monatlich einen bestimmten Betrag einzuzahlen, war es notwendig, zwei Seiten an Bedingungen zu lesen. Als ich im letzten Jahr dem zweiten Enkel dasselbe Produkt zugestehen wollte, waren es 16 Sei­ten an bürokratischen Unterlagen, die kein Kunde mehr liest. (Abg. Grosz: Bei Raif­feisen, oder was?) Das ist völlig wurscht, bei welcher Bank, das sind die Vorgaben der übergeordneten Dienststellen. (Abg. Grosz: Das kann nur Raiffeisen gewesen sein!)

Ich frage mich schön langsam, wofür manche Aufsichtsbehörden hier zuständig sind. Wenn man in Linz in der RLB zu Mittag eine Bewilligungssitzung hat, kommt der Staatskommissär, den ich sehr schätze; ich sage den Namen nicht, aber ein exzellenter Mann, ein erfahrener, langjähriger Experte. Wenn um drei Uhr Nachmittag in derselben Bank von einer Tochterbank, der Privatbank AG, eine derartige Sitzung stattfindet, kommt der nächste Staatskommissär. Somit sind zwei Dienstreisen mög­lich, ist ja angenehm – als ob das nicht in einem erledigbar wäre! (Abg. Grosz: Das ist eigentlich eine direkte Kritik an der Finanzministerin!)


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Da gäbe es also ungeheuer viele Dinge zu verbessern. Ich weiß, wie vor Jahren gekämpft wurde, das System der Staatskommissäre ein wenig zu ändern, diese Prob­leme zu lösen. Ein damaliger Finanzminister hat offen zugegeben, er braucht das sozusagen zur Aufbesserung des Beamtensoldes. Das kann aber nicht der Sinn der Sache sein. (Abg. Grosz: Ihr seid aber schon in einer Partei, oder?)

Ich bitte die Frau Bundesminister – und ich traue es ihr auch zu, dass sie es umsetzen wird –, dass hier endlich einmal nach dem Rechten gesehen wird, denn ansonsten brauche ich keine FMA, keine Nationalbank und andere Aufsichtsbehörden.

Aber eine Frage sollten wir uns schon auch stellen: die Frage nach der Gier allgemein, nach mehr Wachstum und damit nach der Gier verschiedenster Bankmanager nach mehr Boni, und so weiter und so fort. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und BZÖ.) Und da wäre vielleicht auch einmal die Frage nach der sogenannten internen Kontrolle zu stellen.

Aber tun wir nicht so, als ob das Bankenrettungsproblem ein österreichisches Problem wäre. Deutsche Landesbanken, die von professionellen Aufsichtsräten überwacht wurden, hatten riesige Probleme. Eine Schweizer Großbank, sie wurde heute schon zitiert, UBS, die jetzt durchaus positiv dasteht, hat eine Unterstützung des Schweizer Staates von 60 Milliarden benötigt! Und, und, und. In Amerika sind rund 400 Banken in den Konkurs marschiert. Und, und, und. (Abg. Mag. Gaßner: Lauter Pülcher!)

Da könnte man einmal ein bisschen nachdenken, warum ein derartiger Auslöser wie der Konkurs von Lehman Brothers damals eine derartige Erdbebenwelle finanzieller Natur nach sich gezogen hat. Diese Frage wäre zu stellen. – Weil der amerikanische Staat damals nicht bereit war, diese, eine der größten Investmentbanken, zu unter­stützen oder zu retten. (Abg. Strache: Weil es die Europäer getroffen hat!) Völlig rich­tig! Weil die relativ schlauen Amerikaner meinten, die meisten Papiere wurden ja bereits über den Atlantik geschoben und die Europäer sollen es zahlen. Und da wird man sich in Zukunft wirklich Gedanken zu machen haben. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Superrede! Hervorragende Rede! – Abg. Strache: Respekt!)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Frau Bundesminister Dr. Fekter gemeldet. – Bitte.

 


20.48.02

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ja, der langjährige Obmann der Raiffeisen Oberösterreich weiß, wovon er spricht. Es war eine hervorragende Rede, und ich kann ihm nur beipflichten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Da hätte er dort bleiben sollen und nicht Bauernbundpräsident werden sollen!)

Es ist nämlich die Rettung der ÖVAG und damit die Rettung des gesamten Volks­bankensektors am letzten Wochenende, um diesen Sektor zu stabilisieren und größeren Schaden von der Republik abzuwehren, eine schmerzhafte Angelegenheit, speziell in Zeiten, in denen wir gerade ein Sparpaket schnüren, Konsolidierungs­maßnahmen setzen und Reformen machen. (Abg. Petzner: Wann kommt denn die CSI-Volksbanken?)

Es war dies notwendig, weil das Spitzeninstitut, die ÖVAG, nicht mehr bilanzieren konnte, kein Testat mehr erhalten hätte und damit Konkurs anmelden hätte müssen. Diese Konkursanmeldung hat nicht nur den Schaden in der ÖVAG mit verursacht, sondern es wäre damit schlagartig, am nächsten Tag der Regierungskommissär in die Bank geschickt worden und damit wären alle Volksbankanleihen entwertet worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 239

(Abg. Petzner: Die Finanzmarktaufsicht sagt etwas anderes! Die FMA hat etwas anderes gesagt! Das ist falsch, was Sie sagen!)

Die Entwertung der Volksbankanleihen wiederum hätte den Primärbanken in den Regionen die Eigenkapitalbasis entzogen. Und wenn die Regionalbanken, die zum Großteil noch sehr gut dastehen, plötzlich auch in Schwierigkeiten gekommen wären, dann wäre die Einlagensicherung für 17 Milliarden Einlagen schlagartig zu bedecken gewesen. Und diese 17 Milliarden € hätte zuerst der Volksbanken-Sektor, dann an­schließend die anderen Sektoren, die anderen Banken in Milliardenhöhe und den Rest der Staat tragen müssen.

Dieses Schreckensszenario konnten wir Gott sei Dank verhindern. Natürlich mit einem sehr schmerzhaften Einsatz. Es ist bedauerlich, dass das Partizipationskapital, das wir in der Volksbank haben, einem Kapitalschnitt von 70 Prozent unterliegt und wir dieses Geld verlieren. (Abg. Petzner: Da ist es jetzt bedauerlich, aber bei der Hypo habt ihr ein Riesentheater gemacht!)

Wir haben die Kosten, die damit dem Staat Österreich erwachsen, angesichts des Sparpakets natürlich gegenzufinanzieren, eine Finanzierungsquelle zu suchen, damit die Kosten dieser Sanierung wieder hereinkommen. Zuallererst soll der Sektor selbst, das heißt der Finanzmarkt selbst, dazu beitragen.

Ich habe daher eine neue Idee eingebracht, nämlich dass wir auf die Bankenabgabe einen 25-prozentigen Zuschlag einheben, dieses Geld aber nicht in das allgemeine Budget fließen lassen, sondern einen Fonds bilden, der auch in Zukunft für Stabilisierungs- und Rettungsmaßnahmen im Finanzsektor zur Verfügung steht. (Abg. Petzner: Wer zahlt das? Wer zahlt das?) Das heißt, der Sektor selbst trägt dazu bei, dass da Stabilität auch in Zukunft gewährleistet ist.

Gleichzeitig kann ich mir vorstellen, dass jene Gewinne, die die Europäische Zentral­bank aufgrund der Griechenland-Umstrukturierung an die Nationalbanken ausschüttet, auch nicht in das allgemeine Budget fließen, sondern diesem Stabilisierungsfonds zur Verfügung gestellt werden. Ich bin mit Gouverneur Nowotny diesbezüglich in Kontakt. (Abg. Petzner: Das ist so ein Blödsinn, was Sie da sagen, das ist ja unglaublich!)

Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass wir zwar eine Fülle von Kontrollmechanismen haben, uns aber genau anschauen müssen, ob diese Kontrollmechanismen durch die Notenbank, durch die FMA, durch die Staatskommissäre, durch die eigenen Revisions­regelungen in sich schlüssig, konsistent und geeignet sind, auch präventiv derartige Sanierungsfälle zu verhindern.

Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, dass wir – wie es auch der Abgeordnete Auer angesprochen hat – die Arbeit der Staatskommissäre genau unter die Lupe neh­men. (Abg. Mag. Kogler: Das haben wir euch im Banken-Untersuchungsaus­schuss schon gesagt! Jetzt wird es wirklich unwitzig!)

Ich stelle mir vor, dass wir einen Sanierungsbeauftragten installieren, damit die stren­gen Auflagen für jene Banken, die im Staatsbesitz sind, auch zum Wohle unseres Staatsvermögens, nicht nur zum Wohle der Bank, nicht nur um die regulatorischen Vorschriften auf europäischer Ebene und auf technisch-österreichischer Ebene einzu­halten, von einem Sanierungsbeauftragten in Zusammenarbeit mit den Staatskommis­sären evaluiert und einem neuen Instrument zugeführt werden.

Ich habe veranlasst, dass wir über die bisherigen Tätigkeiten aller Aufsichtsinstanzen eine Zusammenschau bekommen, um zu sehen, inwieweit die Aufsicht nach der Krise 2008 vorgegangen ist und wie sie ihre jeweiligen Bewertungen vorgenommen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 240

Das heißt, ein Weitertun wie bisher wird nach diesem so einschneidenden Schritt nicht möglich sein, auch nicht für die Volksbanken. Das heutige Gesetz, das hier jetzt verab­schiedet werden wird, wird dazu beitragen, dass die Volksbanken sich zur Gänze umstrukturieren müssen. Die Primärbanken verlieren ihre Freiheit, ihre Autonomie, ihre alleinige Entscheidungsfähigkeit. (Abg. Strache: Alle Manager bleiben im Amt, keiner wird gekündigt!) Sie müssen sich zu einem Kreditverbund, zu einem Haftungsverbund zusammenschließen. Sie sind in Zukunft verpflichtet, das Spitzeninstitut zu stützen und zu tragen und dafür auch das Gesamtkapital als Haftungsverbund zur Verfügung zu stellen, ebenso auch die Liquidität. (Abg. Petzner: Das wird sich nicht ausgehen!)

Wir haben das lange vorberaten und dieses Gesetz hier im Parlament eingebracht. Ich bedanke mich, dass es so rasch umgesetzt wurde, damit im Volksbankensektor diese Umstrukturierungsmaßnahmen auch zügig umgesetzt werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich Frau Abgeordnete Silhavy gemel­det. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.55.58

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ja, es stimmt, als wir im Ausschuss die Gesetzesvorlage besprochen haben, war es aufgrund der Struktur klar, dass es eine Gesetzesvorlage ist, die für die Volksbanken geschaffen wird. Ich glaube, wir waren aber alle überrascht, dass wir von der Realität sozusagen übertrippelt worden sind und die Dynamik wesentlich größer war, als wir es uns vorgestellt haben.

Das Ziel dieses Verbundes ist, die Wettbewerbsfähigkeit durch Nutzung von Synergien zu stärken, aber vor allem auch die Verantwortung für das Institut zu übernehmen. Die Gesetzesänderung bedeutet aber auch, dass wir in Österreich die Möglichkeit schaf-fen, die es in anderen Ländern bereits gibt, auf die Entwicklungen des Finanz­marktes entsprechend zu reagieren.

Ja, Kollege Auer, es ist richtig, dass man den Fall Lehman Brothers und dessen Aus­wirkungen jetzt nicht einfach wegwischen kann, sondern man muss sich auch auf internationaler Ebene überlegen, wie man da weiter vorgeht und agiert.

Aber zweifelsohne ist es schon auch so, dass der Sektor der Finanzen und Banken in Osteuropa viele Jahre gut verdient hat. Und man fragt sich schon, wo aus diesen Gewinnen ein Risikopolster gebildet wurde. – Offensichtlich nirgends. Auch daraus gilt es Lehren zu ziehen. Und wir werden sehen, wie sich Basel III in dieser Frage ent-wickeln wird.

Faktum ist, dass auch wir in einem Abänderungsantrag festgehalten haben, dass sich die Kreditgenossenschaften im Hinblick darauf, dass künftig die Anrechnung der Haftungssummenzuschläge auf die Eigenmittel nicht mehr zulässig sein wird, frühzeitig auf die Stärkung hochwertiger Eigenmittel konzentrieren müssen. Und um dies zu erleichtern, wird es ihnen eben auch ermöglicht, die Haftung der Mitglieder auf den Gesellschaftsanteil zu beschränken. Ich halte das für einen ganz wesentlichen Punkt.

Ich möchte auch noch daran erinnern – und das ist mir schon wichtig, weil ja viele Menschen durch die Berichterstattung verunsichert sind –, dass wir seit Jänner 2010 die gesetzliche Einlagensicherung für Spar-, Bauspar- und Giroeinlagen haben. Damit sind Ersparnisse für jede Person pro Bank bis 100 000 € geschützt. Ich halte das für wesentlich, weil viele Sparerinnen und Sparer derzeit wirklich verunsichert sind.

Ich denke mir, für uns ist es ein Weg, den ich schon begrüßen kann, dass ein Großteil der Gegenfinanzierung durch eine Erhöhung der Bankenabgabe erfolgt. Ich glaube,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 241

dass es wichtig ist, wenn wir diese Sicherheit und diese Sicherung der Spareinlagen haben wollen, dass nicht alles auf dem Rücken der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler gemacht wird.

Den Kollegen Stummvoll sehe ich jetzt zwar nicht, aber vielleicht kann man ihm das ausrichten: Es kann nicht so sein, dass immer dann, wenn es ums Retten von Betrieben geht, der Staat sozusagen der erste Ansprechpartner ist, um Gelder, nämlich Budgetgelder, Gelder vom Staat, flüssigzumachen, während dann, wenn es um die Führung der Betriebe geht, immer klar und deutlich gesagt wird: Der Staat ist dafür nicht geeignet.

Gerade das derzeitige System der Banken zeigt uns, dass Privat auch nicht immer das Gelbe vom Ei ist, sondern dass diese häufig dann auf den Staat zurückgreifen. Und ich denke mir, man muss schauen, was das Beste für den Menschen und das Beste wirtschaftlich ist, unabhängig davon, in welchem System es geführt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.00.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Novelle, die heute auf der Tagesordnung steht, stimmen wir zu, weil – kurz gesagt, was den Niederländern billig ist, kann uns auch recht sein, und es passt genau für einen Teil des Bankensektors, der hier durch die ÖVAG repräsentiert wird.

Aber, Frau Bundesministerin, so eine Art Kommunikations-GAU war das schon seit Sonntag: Sie haben heute hier, jetzt, vor fünf Minuten, ein bisschen erklärt, worum es bei dieser Rettungsaktion ging. Aber ich muss schon sagen: Herr Kollege Auer, Sie genießen sonst meine volle Wertschätzung, aber Sie haben hier als Raiffeisen-Vertreter gesprochen, Sie haben in keiner Weise die Rettungsaktion argumentiert. (Abg. Mag. Kogler: Und das Gesetz schon gar nicht!) Das Gleiche gilt auch für Herrn Stummvoll und sogar für Herrn Matznetter. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich erzähle Ihnen das, weil ich meine: Wenn es mir so geht, dass ich meine Meinung tagtäglich aufgrund unterschiedlicher Informationen in so einem Fall ändere, wie muss es dann erst den Bürgerinnen und Bürgern, wie man so schön sagt, draußen gehen, die noch weniger verstehen, ob man das jetzt retten musste mit einer Milliarde Euro oder nicht? Das müssen Sie doch zu erklären versuchen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage ganz kurz: Schauen Sie, heute ist Mittwoch Abend. Gestern, Dienstag, habe ich mir gedacht: Na ja, wenn da 10 bis 13 Milliarden – von den 17 war da keine Rede, die höre ich heute zum ersten Mal –, wenn da 10 bis 13 Milliarden Einlagen gefährdet waren, dann scheint diese Rettungsmaßnahme nicht zu teuer zu sein. Alles, was vorher war, Finanzmarktaufsichtversagen, Staatskommissäre, ist in diesem Moment ja verschüttete Milch, das muss man aufarbeiten, aber im Moment, am Sonntag, standen andere Dinge zur Entscheidung.

Und der Bundesanteil an dieser „neuen ÖVAG“ – unter Anführungszeichen – von 40 bis 49 Prozent, so in der Größenordnung, um die 250 Millionen Eigenkapitalzufuhr, schien mir nicht übertrieben. So. Nach kurzem Nachdenken, nach Studium der heutigen Zeitungen verändert sich ja das Bild völlig, und heute Abend, nicht zuletzt aufgrund eines Gesprächs mit dem Kollegen Ikrath, verschiebt sich das wieder.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 242

Was macht einen nachdenklich? – Na die ÖVAG selbst. Die hat überhaupt keine Einlagen. Die Einlagen liegen bei den Primärbanken, sozusagen unten, die in der Region tätig sind. Da stellst du dir natürlich die Frage: Ja wenn diese 13 Milliarden Einlagen gar nicht bei der ÖVAG sind, sondern bei den Volksbanken unten – ich nenne es einmal so –, über welchen Transmissionsriemen sind dann durch den vorauszusehenden Konkurs der ÖVAG die Einlagen bei den Primärbanken gefährdet?

Das ist ja nicht ohneweiters offenkundig. Gut, es gibt solche Transmissionsriemen. Einen hat die Frau Bundesministerin erwähnt, nämlich die Bewertung der Anleihen im Portefeuille der Primärbanken.

Aber das müssen Sie erklären! Wenn ich nicht den Herrn Ikrath hätte, dann wüsste ich nicht Bescheid. Und das ist ja eine privilegierte Position. Wer von den acht Millionen Österreichern kennt – Entschuldigung, Herr Ikrath! – Sie (Heiterkeit) und kann Sie fra­gen? Das ist der Punkt.

Ein Punkt ist für mich immer noch offen: Also es entsteht hier ein neues Gebilde, ein Haftungsverbund und so weiter, wie die Frau Bundesministerin das skizziert hat. Daran erwirbt der Staat in der Größenordnung von, sagen wir einmal, 45 Prozent Anteile. Warum nicht 100 Prozent? Die waren pleite. Und in einigen kleineren Privatbanken seit dem Herbst 2008 war es so. Ich kann mich noch gut erinnern, als wir damals gestritten haben mit Beamten, zu welchem Preis sozusagen der Bund dann zur Übernahme berechtigt ist, wenn die Bank pleite ist. Und es gelang uns dann durchzusetzen: Wir übernehmen sie zu dem Preis, den sie wert ist, nämlich pro forma um einen Euro! Warum nicht in diesem Fall? Das müssen Sie noch erklären! Bitte, erklären Sie es mir noch! Ich glaube eh, dass es in Ordnung ist, aber Sie müssen es erklären, warum es in Ordnung ist.

Der nächste Punkt  (Bundesministerin Dr. Fekter: Weil das !) Moment, jetzt bin ich einmal dran!

Der nächste Punkt ist: Binnen fünf Jahren oder so wollen Sie das Ding wieder verkaufen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn ich jetzt Milliardär wäre, würde ich mich fragen: Was wird mir hier angeboten?! – Mir wird hier ein Gebilde angeboten, das besteht aus einem Dach, aber dieses Dach ist nicht etwa die Mutter der Primärbanken, nein, dieses Dach ist die Tochter der Primärbanken, die ja pro forma immer noch, auch im neuen Verbund – so lese ich das in allen Zeitungen, ich verstehe das ja nicht wirklich –, selbständig bleiben, auch wenn sie jetzt in diesem Haftungsverbund sind.

Wer kauft so ein Monster? – Das ist ja enorm komplex. Das müssen Sie sich ja einmal vorstellen: Die Kapitalverflechtung geht genau in die entgegengesetzte Richtung wie die angebliche Weisungsberechtigung dieser sogenannten Zentrale. Das ist wirklich hochinteressant! Und das soll dann gewinnbringend verkauft werden?!

Ich wünsche Ihnen alles Gute, ich kann als Vertreter der Steuerzahler nur hoffen, dass Ihnen das gelingt. Ich frage mich aber schon, ob es sich lohnt, ein derart komplexes Gebilde mit diesen Risken auf dem Markt zu halten, statt zu sagen: Okay, Leute, sorry, wir sind übergebankt – oder wie heißt das in Österreich? –, wir haben einen zu hohen Bankenanteil, benützen wir die Gelegenheit und strukturieren wir das neu!

Schauen Sie, ich bin ja nicht der Einzige, die „Presse“ ist ja nun wirklich nicht wirt­schafts­feindlich, oder? Und der Herr Urschitz ist alles andere als wirtschaftsfeindlich, aber dem müssen Sie doch auch erklären, wieso das nicht wahr ist, was er glaubt: dass wir nämlich, also der Bund, die Republik, wir, die Steuerzahler, nicht einmal 50 Prozent der Bank übernommen haben, aber de facto 100 Prozent der Risken!

Ja wenn dem so ist, scheint mir das nicht so ein gutes Geschäft zu sein. Aber noch einmal: Ich glaube eh – ich gebe Ihnen da einen Vertrauensvorschuss –, dass Sie das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 243

Richtige gemacht haben am Sonntag. Aber erklären müssen das schon Sie – nicht nur mir, sondern den Steuerzahlern und den Steuerzahlerinnen! Die sind nervös, die verstehen das nicht. Und wie sollen sie es verstehen, wenn jeden Tag in der Zeitung etwas anderes steht?

Das ist ein Kommunikations-GAU, Frau Bundesministerin. Vielleicht kein Super-GAU, denn wir schon viel erlebt haben in dieser Beziehung, aber ein GAU ist es schon. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)

21.07

*****

21.07.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, erteile ich Herrn Klubobmann Bucher einen Ordnungsruf.

Ich wurde ersucht, mir das Stenographische Protokoll der Rede während meines letz­ten Vorsitzes kommen zu lassen. Herr Abgeordneter Bucher hat insgesamt vier Mal von der „Verbrecherpartei SPÖ“ gesprochen, und dafür erteile ich ihm einen Ord­nungsruf. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riepl: Da müsste er ja vier bekommen!)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


21.07.34

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir während meines Studiums immer gewünscht, einmal von einem von mir sehr respektierten Professor so gelobt zu werden. Das ist mir damals nie gelungen, aber es macht wohl Sinn, die Hoffnung nie aufzugeben. Daher freue ich mich heute ganz besonders darüber.

Zur Sache: In zwei Minuten Redezeit kann man einem derart komplexen Thema leider in keiner Weise gerecht werden, worauf ich aber hinweisen will, ist, dass diese Regie­rung in einer sehr schwierigen Situation schmerzvoll, wie die Frau Bundesministerin gesagt hat – das sind Schmerzen, die wir mitvollziehen können; Kollege Auer hat sie ja auch schon in seiner sehr temperamentvollen Art zum Ausdruck gebracht –, aber doch sehr schnell entschlossen und richtig gehandelt hat. Und das ist von enormer Bedeutung, denn es ging in dieser Situation um extrem viel: Die Einlagen, die die ÖVAG und die Volksbanken haben, sind die von einer Million Österreichern, und das sind nicht die Reichen, nicht die sogenannten Supermillionäre, sondern Menschen, die auf dieses Ersparte sehr angewiesen sind. Es sind 15 Milliarden €, die in den Volksbanken angelegt sind.

Wenn die ÖVAG insolvent geworden wäre – und es hat ein paar gegeben, die das durch­aus ernsthaft erwogen haben; die haben aber offenbar keine Ahnung, was sie an Konsequenzen ausgelöst hätten –, hätte das aus unterschiedlichen Gründen, die in der Verflechtung eines Spitzeninstitutes mit seinem Sektor und mit seinen Kreditinstituten liegen, dazu geführt, dass es zwingenderweise zu Anschlusskonkursen gekommen wäre und es alle regionalen Volksbanken, die an sich gesund sind, auch hineingerissen hätte. Und das hätte Folgendes zur Konsequenz gehabt:

Erstens: Dass dann alle anderen Banken etwa 5 Milliarden € zur Einlagensicherung hätten beitragen müssen, 5 Milliarden € – und das in einer Zeit, in der es um Kapital­aufbau und um mehr Sicherheit für die Zukunft geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 244

Zweitens: Dass die Bundesregierung die Differenz hätte auffüllen müssen. Das wären zwischen 10 und 11 Milliarden € gewesen – eine Summe, die weit höher ist als das, was zur Rettung notwendig ist.

Drittens: Dass das Vertrauen nicht nur der Sparer bei den Volksbanken, sondern aller Sparer schwer erschüttert worden wäre, wodurch die Stabilität der österreichischen Finanzwirtschaft massiv gefährdet gewesen wäre. Letztlich ging es aber nicht nur um das Vertrauen der österreichischen Sparer, der Österreicher, sondern auch um jenes der internationalen Märkte.

Daher: Es war richtig, es zu tun, und es war richtig, es schnell zu tun.

Für die Zukunft allerdings müssen wir daraus sehr, sehr viele Lehren ziehen, denn was dort passiert ist, war ein Skandal, und solche Skandale dürfen sich nicht mehr wieder­holen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Steindl zu Wort. – Bitte.

 


21.10.38

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Finanz­minis­terin! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute das Rabobank-Modell in unserem Bankwesengesetz implizieren, dann bietet das die Möglichkeit, dass wir die Haftungsverbünde in den Sektoren der Banken, aber auch die Konsolidierungs­möglich­keiten verbessern.

Aber es gibt dabei auch einen Wermutstropfen: Es gibt natürlich entsprechende Durch­griffsrechte der Zentralinstitute auf die Regionalbanken und auf die Primärbanken. Das erfüllt mich doch ein wenig mit Sorge.

Ich glaube, dass es, wenn wir die Pleiten der letzten Zeit insgesamt, europaweit und weltweit, aber auch die in Österreich, anschauen, dringend notwendig ist, eine Tren­nung der Banken vorzunehmen. Es ist heute schon mehrmals gesagt worden: Wir müs­sen alles daransetzen, dass wir den Investmentbereich separat im Bankenbereich organisieren und den konservativen Teil der Banken, also Einlagen und Kredite, auch einer entsprechenden separaten Führung überantworten. Dazu gehört auch ein spezielles Haftungsmodell für den konservativen Teil der Bankenbereiche. Das wäre am besten über diese staatlichen Möglichkeiten, die wir hier vorfinden, zu nutzen.

Es hat sich auch gezeigt, dass eine grenzlose Expansion der Banken, wie sie in vielen Teilen Europas und der Welt gegeben ist, sehr, sehr gefährlich ist. Wenn wir da in Österreich beispielsweise die fünffache Bilanzsumme unseres Bruttosozialproduktes bereits haben, sind wir damit aus meiner Sicht doch am obersten Punkt der Skala angekommen.

Abschließend möchte ich nicht verhehlen, dass die Finanzmarktaufsicht auch diese Risken erkennen und auch danach entsprechend handeln sollte. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.12

21.12.15

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstatter keines gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1667 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 245

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend eigene Bankenkonkurs­ordnung.

Wer diesem Entschließungsantrag die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

21.13.5213. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1568 d.B.): Proto­koll zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien und Zusatz­protokoll zur Abänderung des am 1. Oktober 1997 in Ljubljana unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steu­ern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des am 26. September 2006 in Ljubljana unterzeichneten Protokolls (1668 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort. – Bitte.

 


21.14.30

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Fast könnte man der Einfachheit halber sagen: Schon wieder so ein Abänderungsantrag zu einem alten Doppelbesteuerungsabkommen! Die FPÖ wird dagegen stimmen, wie schon immer seit zwei Jahren, weil wir in dieser Abänderung, in dieser von der OECD uns aufgezwungenen oder Ihnen aufgezwungenen Abänderung des Artikels 26 eine Aushöhlung und Obsolet-Erklärung des österreichischen Bankgeheimnisses sehen. Wir werden daher diesem Abkommen nicht zustimmen.

Die etwas polemischeren Kollegen von den Regierungsfraktionen werden dann sagen: Aha, die FPÖ schützt schon wieder die ausländischen Steuerhinterzieher! Pfui!, werden sie auch noch rufen, wie beim letzten Mal.

Die etwas sachpolitischeren Kollegen von der anderen Regierungspartei werden sagen: Ja, es ist schon schlecht, wenn wir da am Bankgeheimnis rütteln müssen, aber uns bleibt ja nichts anderes übrig, wir haben keine andere Wahl, denn wenn wir es nicht tun, dann kommen wir auf die „graue OECD-Liste der Steueroasen“, und das wäre ganz schlecht für den Wirtschaftsstandort Österreich. – Und dabei könnten wir es belassen und zur Abstimmung schreiten!

Dieses Mal ist es, sehr geehrte Damen und Herren, aber ein bisschen anders, denn seit drei Wochen zeigt uns genau diese Bundesregierung, dass es wirklich nicht notwendig ist, diese Doppelbesteuerungsabkommen zu ändern und diesen OECD-Artikel 26 nachzuvollziehen. Sie erinnern sich sicher alle: Seit der Bekanntgabe des Spar- oder Belastungspaketes vor drei Wochen ist ja auch geplant, eine Milliarde an hinterzogenen Steuern aus der Schweiz zurückzuholen. Na ja, kann man sagen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 246

machen wir ganz einfach, seit 2006 gibt es ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz: Änderungsantrag Artikel 26, Schweiz gibt das Bankgeheimnis auf, und wir können auf die österreichischen Steuersünder in der Schweiz zugreifen!

Frau Bundesministerin, das wäre doch ganz einfach, denn die Schweiz hat ja so wie Österreich ein Interesse daran, nicht auf die „graue Liste“ zu kommen. Mit der Schweiz geht das aber nicht, und mit Liechtenstein geht das auch nicht, die schützen nämlich ihr Bankgeheimnis, die übernehmen nicht den Artikel 26. Wenn man von denen etwas will, dann muss man mit denen separate Verträge abschließen. Und die Verhand­lungen, die Sie für April angekündigt haben, sind ein eigenes Thema. Das werden wir uns dann im April anschauen, was Sie da rausgeholt haben. Aber damit ist auch der Beweis erbracht, dass es gar nicht notwendig ist, diese Doppelbesteuerungs­abkom­men abzuändern. Daher werden wir auch diesem Abkommen keinesfalls zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da es gerade dazupasst, habe ich noch ein ganz besonderes Zuckerl und Gusto­stückerl zu diesem Thema: Ich habe hier ein Foto von zwei Herren. (Der Redner weist auf eine Fotografie in seiner Hand, die er vorzeigt.) Den einen kennen Sie ganz sicher, das ist der Außenminister und ÖVP-Obmann Spindelegger. Den anderen Herrn, den kennt man in Österreich weniger, das ist der Herr Tschütscher.

Herr Tschütscher ist der Regierungschef von Liechtenstein, und der war vor zwei Wochen in Wien, am Donnerstag vor zwei Wochen. Das war der Faschingsdonnerstag, der Opernball-Donnerstag. Und an diesem Opernball-Donnerstag hat er sich nach­mittags mit der Regierungsspitze getroffen und hat das „Große Goldene Ehren­zeichen der Republik Österreich am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“ bekommen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Mit Liechtenstein gibt es seit den fünfziger Jahren ein Doppelbesteuerungsabkommen. Im September 2009 hat Ihr Vorgänger, Frau Bundesminister, der Minister Pröll, das Parlament informiert, dass Verhandlungen zur Abänderung dieses Doppelbesteue­rungs­abkommens, zur Einführung des Artikels 26 mit Liechtenstein geführt werden. Und seit zweieinhalb Jahren halten die Liechtensteiner Ihren Vorgänger und Sie hin bei diesen Verhandlungen.

Seit zweieinhalb Jahren wird kein Doppelbesteuerungsabkommen von Liechtenstein unterzeichnet. Seit zweieinhalb Jahren schützen die Liechtensteiner natürlich ihr Bankgeheimnis und unterschreiben keine Änderung dieses Doppelbesteuerungs­ab­kom­mens.

Vor zwei Wochen wurde genau über dieses Thema mit dem liechtensteinischen Regie­rungschef gesprochen. Da wurde eben dieser Orden verliehen. Und das ganz beson­dere Zuckerl dazu ist die Begründung, warum ihm dieser Orden verliehen wurde. Dreimal darf man raten! – Das Außenministerium hat diese Ordensverleihung bean­tragt und begründet für die Verdienste des liechtensteinischen Regierungschefs für die Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Seit zweieinhalb Jahren, sehr geehrte Damen und Herren, wird die österreichische Regierung von Liechtenstein durch Verhandlungsverzögerung, durch Unterschrifts­verweigerung an der Nase herumgeführt! Und dafür bedankt sich diese Regierung mit der Verleihung des höchsten Ordens der Republik und begründet das auch noch mit ebendieser Verhinderungshaltung, mit ebendieser Verweigerungshaltung!

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist an Jämmerlichkeit nicht zu über­bie­ten! Diese Regierung spottet jeder Beschreibung! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 247

Das war dem Strache sein Orden! – Abg. Neubauer: Das ist zum Genieren! Das ist wirklich zum Genieren!)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Obernosterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.20.25

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Haider, ich habe Ihren Ausfüh­rungen (Abg. Neubauer: Nichts hinzuzufügen!) aufmerksam zugehört. Sie wissen genau, wie das mit diesem Amtsgeheimnis ist. Sie wissen genau, dass Strafsachen vorlie­gen müssen et cetera. Ich glaube, ich brauche Sie nicht aufzuklären, Sie kennen den Inhalt. Und wir wissen, dass ihr ja bei jedem Doppelbesteuerungsabkommen da­ge­gen seid.

Aber warum ist es so wichtig und so richtig, diese Abänderung zum Doppelbesteue­rungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien zu machen? – Ihr wisst, Slowenien ist ja einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Öster­reichs. Man bedenke nur, wie viel österreichische Firmen in Slowenien inves­tieren: Es waren zum Schluss 5,2 Milliarden €. Das sind 48 Prozent der gesamten Investitions­summe, die Ausländer in Slowenien investieren. Österreich ist da ganz klar die Num­mer eins.

Wir wissen auch, dass Österreich zu den drei Haupthandelspartnern Sloweniens ge­hört, nach Deutschland und Italien. Wir wissen auch, dass Slowenien ein Top-Reform­land ist. Sie haben sich beim Ranking in der letzten Zeit von der 64. Stelle auf die 42. Stelle vorgearbeitet.

Und es gibt zum Beispiel über 700 österreichische Niederlassungen in Slowenien, ob das jetzt Tankstellen, Supermärkte oder Baumärkte et cetera sind. Wie gesagt, es gibt einfach diese enge Verknüpfung zwischen Österreich und Slowenien, das einer der wichtigsten wirtschaftlichen Partner und auch politischen Partner von Österreich ist. Seien wir auch froh, dass das Letzte, was eigentlich noch immer ein bisschen im Wege gestanden ist, wenn es um das politische Klima ging, nämlich die Frage der Ortstafeln, auch erledigt wurde.

Deshalb, glaube ich, ist es auch notwendig, richtig und wichtig, dieses Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens abzuschließen und heute hier auch zu beschließen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


21.22.55

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit der Änderung des in Diskussion stehenden Doppel­besteuerungsabkommens mit Slowenien erfüllt Österreich seine Verpflichtung zur Anpassung an die neuen OECD-Standards. Konkret geht es um die Umsetzung der neuen Standards betreffend Transparenz und Amtshilfebereitschaft, eine Vorausset­zung, um unter anderem effizient gegen Steuerkriminalität vorgehen zu können. – Und es geht nicht, wie Kollege Haider behauptet, um die Aufweichung des Bankgeheim­nisses für die österreichischen Staatsbürger. An diesem ändert sich nichts.

Die neuen OECD-Standards sorgen für mehr Kooperation bei Geldwäsche und Steuer­betrug. Und ein konsequenter Einsatz gegen Geldwäsche und Steuerbetrug kann ja


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 248

wohl nur im Interesse aller ehrlichen Steuerzahler sein. Ich denke schon, dass sich all jene, die diesem Abkommen nicht die Zustimmung erteilen wollen, auf die Seite der schwarzen Schafe stellen, die das Steuersystem missbrauchen, sich aber auch gegen all jene Bürger stellen, die brav ihrer Steuerpflicht nachkommen.

Österreich und Slowenien haben historisch gewachsene intensive Beziehungen, sowohl in wirtschaftlicher als auch in politischer und kultureller Hinsicht. Als Wirt­schaftspartner kommt Slowenien eine besondere Bedeutung zu, zumal Slowenien als größter Pro-Kopf-Abnehmer von österreichischen Waren gilt. Das Verhältnis von Export zu Import im Jahr 2010 liegt in der Größenordnung von 2,2 Milliarden zu 1,2 Milliar­den zugunsten des Exportes. Österreich ist ein Exportland, und daher ist auch ein sehr hoher Prozentsatz der Beschäftigten in Österreich direkt und indirekt exportabhängig.

Umso bedeutender sind auch Abkommen wie das heute vorliegende Abkommen, wo es um Rechtssicherheit für die österreichische Wirtschaft, Rechtssicherheit für Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch für Steuerpflichtige geht.

Daher würde ich all jene, die noch beabsichtigen, dem Abkommen nicht zuzustimmen, ersuchen, sich dieses Verhalten noch zu überlegen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner ist der Nächste, der zu Wort kommt. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Ing. Gartlehner –: Hat die Telekom in Slowenien auch was?)

 


21.25.48

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätz­te Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich im Wesentlichen den Ausführungen meiner Vorredner an, glaube auch, dass diese Beschlüsse sinnvoll sind.

Wir haben sehr viele österreichische Unternehmungen, insbesondere aus Kärnten, in Slowenien, aus der Steiermark gute Weinbauern, die in Slowenien wunderbare Weine anbauen. Daher ist es durchaus sinnvoll und nützlich, wenn wir heute diesen Be­schluss fassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Ein Hoch auf die steirischen Weinbauern!)

21.26

21.26.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.

(Abg. Dr. Bartenstein steht bei der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Dr. Fekter und Bundesminister Hundstorfer.) – Kollege Bartenstein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Ab­schluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1568 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.27.2014. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1634 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Förderung von frei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 249

willigem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Gebührengesetz geändert werden (1661 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1458/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Förderung der Freiwilligkeit (1662 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. – Bitte.

 


21.28.09

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! (Die Abgeordneten Dr. Bartenstein und Dr. Matznetter stehen bei der Regierungsbank und sprechen mit Bundesministerin Dr. Fekter und Bundesminister Hundstorfer. – Abg. Grosz: Kannst du vielleicht die Abgeordneten von der Regierungsbank weg­scheuchen?) Ich will Sie nicht stören bei Ihrer Diskussion mit den ehemaligen Ministerkollegen. (Abg. Mag. Kogler – in Richtung Bundesministerin Dr. Fekter, Bundesminister Hundstorfer sowie der Abgeordneten Dr. Bartenstein und Dr. Matznetter –: Habt ihr die Quartett-Karten auch schon ausgepackt? – Heiterkeit. – Abg. Grosz: Unbestätigten Gerüchten zufolge sind es Schnapskarten! – Die Abgeordneten Dr. Bartenstein und Dr. Matznetter entfernen sich von der Regierungsbank.) – Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, Lob vorweg: Der vorliegende Gesetzentwurf definiert nun endlich einmal auch, was Freiwilligenarbeit in Österreich eigentlich ist. Es war für uns in den letzten Jahren immer problematisch, wenn wir Maßnahmen zugunsten von Freiwilligen vorgeschlagen, eingefordert haben, auch klar zu definieren: Was ist nun eigentlich Freiwilligenarbeit? – Und das ist aus meiner Sicht sehr, sehr gut gelungen.

Ich darf nochmals unterstreichen, wie wichtig diese Tätigkeit Freiwilliger für uns in Österreich ist: Es sind 15 Millionen Stunden pro Woche, die in diesem Land freiwillig geleistet werden. Rechnen Sie sich aus – Sie können von einem Stundensatz von 10 € ausgehen –, was das eigentlich für das Land bedeutet!

Wer einmal in Ungarn war – und ich schätze dieses Land sehr – und dort einen Auto­unfall hatte, der weiß, dass er dort auf eine Rettung sehr, sehr lange warten muss, weil es dort kein Freiwilligenwesen gibt, weil dort nur die staatlichen Organisations­einheiten aktiv sind und es kaum zu schaffen ist, das über eine staatliche Organisation auch wirklich zu bewältigen.

Aber was uns in diesem Gesetz fehlt, ist die Antwort auf die Frage: Wie unterstützen wir tatsächlich diese Freiwilligenarbeit? – Da gibt es drei konkrete Maßnahmen, die wir vorgeschlagen haben und die leider nicht umgesetzt wurden.

Erstens: die Aufnahme in den öffentlichen Dienst. Wir waren da dafür, dass, wenn sich jemand im öffentlichen Dienst bewirbt, dann bei gleicher Qualifikation jener genommen wird, der Freiwilligenarbeit leistet. Da ist immer wieder gesagt worden: Naja, diese Bevorzugung ist rechtlich problematisch. – Ich glaube, dass sie das nicht ist, weil wir ja


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 250

auch zum Beispiel die Forderung der SPÖ kennen, die sagt, es soll eine positive Diskriminierung von Migranten im öffentlichen Dienst geben, also eine bevorzugte Aufnahme. Was hier möglich ist, ist natürlich im Bereich des Freiwilligenwesens genauso möglich.

Da möchte ich gleich ein Problem ansprechen, was Freiwilligenarbeit und Zuwan­derung anlangt. Ich glaube, dass es extrem wichtig ist, dass Menschen, die sich in Österreich niedergelassen haben, auch in den Vereinen, in den Hilfsorganisationen aktiv sind und dort eingebunden werden und dass man dort die Möglichkeit hat, sich auch durch diese Freiwilligentätigkeit viel, viel stärker als bisher in Österreich einzu­leben, zu integrieren.

Bei den Zahlen, die wir im Moment haben, sehen wir, dass bei den Zuwanderern dieses Freiwilligenengagement sehr stark vor allem im kulturellen Bereich, auch sehr stark im religiösen Bereich, aber weniger bei den klassischen Hilfsorganisationen erfolgt. Ich glaube aber, dass genau dort – Rotes Kreuz, Feuerwehr und so weiter – die Möglichkeit am ehesten gegeben ist, sich in seiner neuen Gemeinde auch wirklich einzuleben, zu integrieren und zu erleben, was Gemeinschaft in dieser Gemeinde bedeutet. Daher sind wir sehr dafür, hier alle Maßnahmen zu setzen, damit jene, die Österreich schätzen und lieben und hier eine neue Heimat gefunden haben, auch genau in diesen Hilfsorganisationen viel mehr als bisher aktiv werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber deswegen auch noch einmal: Ich glaube, dass dieser Vorschlag der bevorzugten Aufnahme in den öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifikation ein sinnvoller ist.

Ein zweiter Bereich: Viele, die hier im Parlament arbeiten, kommen aus dem ländlichen Raum, und sie kennen natürlich viele kleinere Betriebe, die sehr viele Freiwillige beschäftigen. Ein Beispiel: In einer Autowerkstatt in der Nähe meiner Heimatgemeinde ist jeder zweite Mitarbeiter bei der Feuerwehr aktiv. Also wenn es wirklich brennt, dann wird es für diesen Kleinunternehmer – er hat ja seine Aufträge abzuarbeiten – schwie­rig, seinen Aufgaben auch wirklich nachkommen zu können. Und trotzdem nimmt er Mitarbeiter auf, die eben bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv sind. Ich glaube, dass solche Unternehmer durch Boni, durch fiskale Maßnahmen zu unterstützen sind, weil ja dieser Ausfall der Leistungen im Betrieb auch für sie ein erhebliches Risiko darstellt. Genau dort sollten wir auch ansetzen.

Oder als dritte Maßnahme, die wir vorgeschlagen haben: Eine Mehrwertsteuer-Rück­erstattung beim Ankauf von Gerätschaften, die dem unmittelbaren Einsatz dienen, das heißt, Bergescheren zum Beispiel und so weiter und so fort.

Das waren die drei Dinge, die wir vorgeschlagen haben, und wir werden dem Entwurf heute nur deswegen nicht zustimmen, weil uns eben diese konkreten Umsetzungs­maßnahmen noch fehlen. (Abg. Steibl: Das ist aber ein großer Fehler!) Aber ich sage: Es ist ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung, dass endlich definiert ist, was Freiwilligenarbeit ist, und wir freuen uns, dann in weiterer Zukunft mit Ihnen an diesem Gesetz weiterzuarbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Csörgits gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.33.28

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit dieser Gesetzesvorlage wird einerseits ein Vor­haben der Bundesregierung umgesetzt, und andererseits wird damit auch – ich darf in Erinnerung rufen, dass das Jahr 2011 das Europäische Jahr der Freiwilligkeit war –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 251

freiwilliges Engagement in einen gesetzlichen Rahmen gefasst. Was mir bei diesem Vorhaben ganz besonders wichtig ist, ist, dass damit auch sichergestellt wird, dass diese Freiwilligentätigkeit keine Konkurrenz zum sogenannten – und lassen Sie mich das jetzt unter Anführungszeichen setzen – „normalen“ Arbeitsmarkt darstellt.

Bevor ich auf die für mich wichtigen Punkte eingehe, möchte ich mich zu Beginn ganz herzlich bei all jenen Menschen bedanken, die in diesem Land freiwillig arbeiten, frei­willig tätig sind, egal, ob es karitative, soziale Dienste, Kirchen oder politische Parteien sind. Diese Tätigkeiten sind ein wichtiger Bestandteil unseres gemeinsamen Zusam­menwirkens und ein ganz, ganz wichtiger Beitrag für unser Zusammenleben, und ich möchte mich bei all jenen Damen und Herren, bei jenen Menschen, die ihre Freizeit in diesen Vereinen verbringen, ganz, ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu den wichtigsten Punkten. Ganz entscheidend im Zusammenhang mit der Regierungsvorlage ist, dass einmal sichergestellt ist, dass es eine Planungssicherheit für das sogenannte Freiwillige Sozialjahr gibt, und ganz, ganz wichtig ist auch, dass eine Klarstellung getroffen worden ist, dass es sich dabei nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Dieses Freiwillige Sozialjahr beruht auf zwei Säulen: auf der einen Seite der beruflichen und Bildungsorientierung für junge Menschen und auf der anderen Seite dem freiwilligem Engagement. Möglich für junge Menschen ist, das Freiwillige Sozial­jahr ab Vollendung des 17. Lebensjahres, oder unter besonderen Voraussetzungen ab dem 16., in Anspruch zu nehmen, und es dauert sechs bis maximal zwölf Monate.

Ebenfalls sehr wichtig ist, dass Träger, die dieses Freiwillige Sozialjahr anbieten, einem sehr scharfen Zulassungsverfahren unterworfen sind, damit auch sichergestellt ist, dass einerseits die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind, aber auch, dass das Bildungskonzept, das in diesem Freiwilligen Sozialjahr eine ganz, ganz wichtige Rolle spielt, durchgeführt werden kann. Und was ebenfalls sehr wichtig ist, ist, dass den jungen Menschen, die diese Tätigkeit machen, auch Personen zur Verfügung stehen, die in schwierigen Situationen – denn oft ist man als Freiwillige oder Freiwilliger auch mit schwierigen Situationen, wie zum Beispiel im Rettungsdienst mit Schwer­verletzten, konfrontiert – entsprechende Hilfestellung gewährleisten.

Ich sagte schon in meiner Einleitung, es ist auch eine Arbeitsmarktneutralität ein ganz, ganz wichtiger zentraler Aspekt dieses Entwurfes, und es ist darin auch festge­schrieben, dass, wenn jemand freiwillig in einem Verein tätig ist, dies nicht dazu führen darf, dass dann ein Beschäftigter, der in diesem Verein tätig ist, gekündigt wird. Es wird auch ein ganz besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass das nicht der Fall ist.

Ebenso ist sichergestellt, dass Kranken-/Unfallversicherung beinhaltet sind und dass auch ein Taschengeld ausbezahlt wird.

Ich bedanke mich sehr, sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen und deren Ministerien, die dafür zuständig waren, diese Regierungsvorlage vorzubereiten und in einen entsprechenden Rahmen zu gießen. Herzlichen Dank, es ist ein guter Schritt in die richtige Richtung! (Beifall bei der SPÖ.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

21.37.29


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage gleich einmal vorweg, dass die Freiwilligentätigkeit gerade in Österreich sehr ausgeprägt ist – was in anderen Ländern nicht selbstverständlich ist –, und gerade deswegen ist es auch wichtig, dass wir jetzt ein Freiwilligengesetz schaffen. Wir werden diesem Freiwilligengesetz auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 252

die Zustimmung erteilen, obwohl wir nicht mit allen Dingen einverstanden sind, weil es zu wenig weitreichend ist.

Positiv zu erwähnen sind hiebei die qualitätssichernden Standards für die Freiwilligen­organisationen sowie die gesetzliche Verankerung des Freiwilligenberichts und des Freiwilligenrates und die Befreiung von der gesetzlichen Eingabegebühr für Straf­register­bescheinigungen. Die sind auf jeden Fall hervorzuheben. Auch die Einrichtung eines Anerkennungsfonds für das freiwillige Engagement ist zu begrüßen.

Leider ist dieses Freiwilligengesetz sozusagen eine Miniversion geworden, ein Mini­gesetz, denn es wurden mit diesem Gesetz keine Anreize geschaffen, um mehr Men­schen zu einer Mitarbeit bei einer Freiwilligenorganisation zu animieren. Und es fehlen auch einige zentrale Punkte, wie insbesondere die Absicherung der Freiwilligen bei ihrer Tätigkeit. Da sind einige Dinge offen geblieben, wie zum Beispiel Haftungsrisiken und Versicherungsschutz in gewissen Bereichen.

Die Freiwilligkeit muss meiner Meinung nach jene Wertschätzung bekommen, die sie auch verdient. Daher wäre es aus meiner Sicht auch wichtig, die Rahmenbedingungen für die Freiwilligentätigkeit zu verbessern. Ich stelle mir hier einige Dinge vor, wie einen weitgehenden Versicherungsschutz für Freiwillige in Hilfsorganisationen. Ebenfalls erwähnt wurde heute schon ein Bonus für die Betriebe, die freiwillige Mitarbeiter von Blaulicht-Organisationen beschäftigen, und auch eine Abgeltung von Lohnkosten bei längeren Einsätzen. Im Gegensatz dazu sieht – was ich nicht verstehe und worüber momentan große Aufregung herrscht, vor allem bei den Freiwilligen Feuerwehren – die neue EU-Verordnung über das Arbeitszeitgesetz vor, dass niemand eine Arbeitszeit von 48 Stunden überschreiten darf.

Wenn jemand bereits 40 Stunden im Betrieb gearbeitet hat und acht Stunden im Einsatz ist, dann müsste er sozusagen aufhören – und das Haus soll weiter brennen oder wie? Das ist eine völlig sinnlose Verordnung aus der EU, wie schon mehrere andere, wie die Gurkenkrümmung, die Bananenkrümmung und so weiter, und so fort. Darauf können wir verzichten. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, was freiwillige Helferinnen und Helfer tagtäglich bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz, bei der Bergrettung im Interesse der Bevölkerung leisten, ist ganz einfach beeindruckend. Für sie ist Solidarität keine leeres Wort, und Eigennutz und Egoismus werden hintangestellt. Das sollte sozusagen von uns, von der Politik, über verbesserte Rahmenbedingungen auch honoriert werden. (Beifall beim BZÖ.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


21.40.49

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte eingangs Judith Marte auf der Galerie herzlichst begrüßen. Sie ist die Obfrau des Vereines „Freiwilliges Soziales Jahr“ und ist mit 20 Jugendlichen da, die gerade dieses Freiwillige Soziale Jahr absolvieren. Das sind 20 von zirka 400 im Jahr. – Danke, unsere Hochachtung haben Sie! (Allgemeiner Beifall.)

Das vorliegende Freiwilligengesetz bringt eine neue Dynamik in die Freiwilligenarbeit und auch eine Absicherung im Freiwilligen Sozialen Jahr. Dies hat vor kurzem Caritas-Präsident Franz Küberl gesagt. Das sage auch ich mit ehrlichem, offenem Herzen, aber wenn es Franz Küberl sagt, hat es einen noch größeren Stellenwert, denn von ihm hört man nicht so oft ein Lob für die Regierungsarbeit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 253

Ja, es ist eine jahrelange Forderung, und manchmal mahlen die Mühlen langsam. Ich kann mich erinnern, dass ich vor zehn Jahren schon in diese Richtung gearbeitet habe, auch mit Judith Marte, dass es dazwischen Familienminister, Sozialminister gab, die das eben noch ein bisschen hin- und hergeschoben haben, damit es nicht eine fixe Regelung wird. Es ist nunmehr gelungen, und ich möchte unseren Sozialsprechern, sei es unsere Kollegin Csörgits, sei es August Wöginger, der heute nicht da ist, weil seine Frau wahrscheinlich im Laufe dieses Tages oder der Nacht ein Baby bekommt, auch hier wirklich danke sagen für diesen Einsatz, dass es nunmehr von dieser freiwilligen Regelung, wo es die Familienbeihilfe zumindest bis zum 24. Lebensjahr und natürlich dann auch noch die Absetzbarkeit gibt, zu einer fixen gesetzlichen Regelung kommt. Ich denke, dass aus diesem Provisorium nun eben ein solides Regelwerk geworden ist, und da muss man wirklich danke sagen für die vorausgegangenen Verhandlungen. Und da gehört natürlich auch unser Sozialminister dazu.

Wie gesagt, nun ist die Gewährung der Familienbeihilfe bis zum 24. Lebensjahr bei diesen Einsätzen gesichert. Und natürlich wurde auch klargestellt, weil das schon wichtig ist, dass es sich bei den Diensten – Freiwilliges Soziales Jahr, Umweltschutz­jahr, Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst – eben um kein Arbeitsverhältnis, sondern um ein Ausbildungs- und ein berufliches Orientierungsverhältnis beziehungs­weise dementsprechende Maßnahmen handelt und dass es hier auch hohe Qualitäts­anforderungen gibt, die ja dann sozusagen auch die berufliche Laufbahn prägen.

Das Freiwillige Soziale Jahr, das Umweltschutzjahr, das Friedens- und Gedenkjahr ist somit abgesichert. Es wurde schon erwähnt, dass an die drei Millionen Österreicher Freiwilligentätigkeit leisten, auch in anderen Bereichen, nicht wie im Sozialen Jahr oder in diesen Diensten, und dass das tatsächlich über 15 Millionen Arbeitsstunden wöchentlich von Menschen über 15 Jahren sind. Das ist schon ein großer Wert, ein Wert, den man nie finanziell abgelten könnte.

Da Kollege Hofer eingangs erwähnt hat, dass es notwendig wäre, gesetzlich zu regeln, dass zumindest im öffentlichen Dienst diese Leistungen anerkannt werden: Dazu ist zu sagen, dass es gerade in den ländlichen Regionen, in den Gemeinden, wie zum Bei­spiel meiner Gemeinde, Voraussetzung ist und auch in der Ausschreibung drinnen steht, wenn zum Beispiel ein Gemeindearbeiter aufgenommen wird, dass er zumindest bei der Freiwilligen Feuerwehr oder beim Roten Kreuz, bei diesen gängigen Einrichtungen, ehrenamtlich beschäftigt ist.

Das hat natürlich auch andere Gründe, wie wir wissen. Gerade in der Feuerwehr oder im Bereich Rotes Kreuz gibt es ja sehr viele Berufstätige. Diese arbeiten nicht immer in der ländlichen Gemeinde, sondern pendeln aus. Also ist das eine Win-win-Situation, und meines Wissens wird ja auch Bundeskanzler Faymann einen Brief an all diese öffentlichen Einrichtungen schreiben, um hervorzuheben, wie wichtig diese Arbeit ist.

Zusammengefasst: Ich denke, das ist wirklich ein positiver Tagungsordnungspunkt. Ich hätte mir nur gewünscht, dass auch hier so viele Kolleginnen und Kollegen anwesend sind, wie es bei den vorhergehenden Diskussionen der Fall war, wo es um Banken­geschäfte gegangen ist. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


21.45.58

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Sozialdienst-Leistende, ein herzliches Willkommen im Hohen Haus! Zweifellos ist das vorliegende Gesetz ein richtiger und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 254

wichtiger erster Schritt in der Freiwilligenpolitik und in der Absicherung der Freiwilligen­arbeit, aber es ist auch ein erster wichtiger Schritt, auf den schon lange gewartet wurde.

Gerade die Organisatoren und Organisatorinnen der verschiedensten Dienste wissen, wie lange eigentlich schon ein solches Freiwilligengesetz notwendig gewesen wäre, denn immerhin 45 Prozent aller Österreicher und Österreicherinnen ab 15 Jahren sind in irgendeiner Form freiwillig tätig. Das ist eine große Zahl von Personen, die ihre Freizeit dafür verwenden, für den sozialen Frieden, aber auch für den ökologischen Frieden da zu sein. Und das braucht natürlich auch einen gesetzlichen Rahmen.

Es handelt sich eben nicht nur um das Freiwillige Soziale Jahr, Frau Kollegin Csörgits, sondern, auch ganz wichtig, um das sogenannte Umweltschutzjahr und auch um Gedenkdienst im In- und Ausland, Freiwilligendienste im Sozialbereich, auch im Ausland. Für mich sind eben die wichtigen Eckpunkte dieses Gesetzes vor allem die pädagogische Begleitung und Betreuung, der Ausbildungscharakter, der bis dato nicht gegeben war, und eben, dass die Freiwilligendienste auch dafür da sind, die Berufs­orientierung zu fixieren, indem gerade diese jungen Menschen nach diesem einen Jahr fragen: Was mache ich dann? Welche Ausbildung mag ich machen? Welches Studium möchte ich beginnen? Es soll ja helfen, sozusagen in die Berufsbiographie einzu­steigen.

Ganz ehrlich, ich mag dieses Gesetz eigentlich sehr, auch deshalb, weil ich mir denke, es ist auch ein Startschuss für einen allgemeinen freiwilligen Zivildienst, wenn die Wehrpflicht irgendwann einmal abgeschafft wird und der Zivildienst dann so umstrukturiert werden muss, dass er auch zu einem Freiwilligendienst wird. Ich glaube, dass das wirklich eine gute Grundlage ist.

Dennoch ist es nur ein erster Schritt, und es gibt natürlich Dinge, die verbesserungs­würdig und auch diskussionswürdig sind, so zum Beispiel der Freiwilligenpass. Derzeit ist es so, dass der Freiwilligenpass ein Sammelsurium von Stempeln von Freiwilligen-Organisationen ist und gerade junge Menschen nichts mit diesen Stempeln anfangen können. Sie können sich keine ECTS-Punkte anrechnen lassen bei einschlägigen Ausbildungen. Sie können auf einer FH für Soziale Arbeit zum Beispiel nicht sagen, sie haben einschlägige Erfahrungen im freizeitpädagogischen Bereich, im gruppendyna­mischen Bereich. Das alles wäre auf jeden Fall noch wichtig.

Und der zweite große Punkt ist, dass, wenn junge Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen, ein Freiwilliges Ökologisches Jahr machen, und dafür natürlich auch die Familienbeihilfe erhalten – und das ist auch richtig und wichtig so –, es dann, wenn sie studieren, keine Verlängerung der Bezugsdauer der Familienbeihilfe gibt. Das finde ich sehr, sehr schade, denn gerade dieses Jahr als Freiwillige, das ja auch eine Berufs­orientierung darstellen soll, soll auch dann nicht zum Nachteil werden, wenn ich eine Ausbildung mache.

Das heißt, was wir fordern, ist ganz klar die Verlängerung der Bezugsdauer der Familienbeihilfe.

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat die gesetzlichen Rahmenbedin­gungen vorzulegen, die den Anspruch auf Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres erweitern, wenn ein Freiwilligenjahr, wie im Freiwilligengesetz defi­niert, absolviert wurde.“

(Beifall bei den Grünen.)

21.50



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 255

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe bis 25 nach Absolvierung eines Freiwilligenjahres

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1634 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Gebührengesetz geändert wer­den

Begründung

Die Regierungsvorlage zum Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) erlassen wird ist grund­sätzlich begrüßenswert. Freiwilliges Engagement, das in Österreich von rund 45 % aller BürgerInnen ab 15 Jahren geleistet wird, trägt zum gesellschaftlichen Zusam­menhalt bei und braucht förderliche gesetzliche Rahmenbedingungen.

Der Hauptfokus des neuen Gesetzes liegt auf den Freiwilligendiensten wie Freiwilliges Sozialjahr, Freiwilliges Umweltschutzjahr, Gedenkdienst sowie Friedens- und Sozial­dienste im Ausland. Diese werden im Gesetz definiert und TeilnehmerInnen an diesen Freiwilligendiensten haben Anspruch auf Familienbeihilfe während ihrer Tätigkeit.

Der Hauptkritikpunkt am Freiwilligengesetz ist die fehlende Verlängerung der An­spruchs­dauer der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn ein junger Mensch, einen solchen in Gesetz definierten Freiwilligendienst geleistet hat.

Damit wird der abgeleistete Freiwilligendienst zum Nachteil für Ausbildung und Er­werbs­biografie junger Menschen, die sich freiwillig engagieren.

Zum Beispiel hat eine 19-jährige HAK-Maturantin, die ein freiwilliges Sozialjahr absol­viert und danach mit einem Universitätsstudium beginnt, kaum die Chance ihr Studium bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres zu beenden. Eine Verlängerung der An­spruchs­dauer der Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres würde ihr ermöglichen sich gerade in der Abschlussphase ihres Studiums auf ihr Studium zu konzentrieren und das geleistete freiwillige Engagement würde ihr nicht zum Nachteil gereichen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat die gesetzlichen Rahmenbedin­gungen vorzulegen, die den Anspruch auf Familienbeihilfe bis zur Vollendung des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 256

25. Lebens­jahres erweitern, wenn ein Freiwilligenjahr, wie im Freiwilligengesetz de­finiert, absolviert wurde.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


21.50.09

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch Ihnen ein herzliches Willkommen auf der Galerie, meine Damen und Herren – und danke für das, was Sie tun!

Ich möchte ein paar Dinge zu erklären versuchen, und ich möchte – das ist natürlich verlorene Liebesmühe, aber zwei Minuten gebe ich mir noch dafür – auch die Freiheitlichen einladen, da mitzumachen. Es ist ja eigentlich schade, Herr Abge­ordneter Hofer, wenn Sie sich bemühen, da nein zu sagen – und das mit Begrün­dungen, wo Sie ganz genau wissen, dass ich hiefür keine Kompetenz habe. Für die Freiwilligen Feuerwehren habe ich wirklich keine Kompetenz!

Mein Ressort ist zwar ein sehr breit aufgestelltes, ich habe viele Kompetenzen, aber die Freiwilligen Feuerwehren gehören ganz sicher zum Innenressort. Über das Ressort Soziales kann nicht der steuerbegünstigte Ankauf von Gerätschaften bei der Feuer­wehr geregelt werden. Das geht nicht. Das, was ich machen konnte, ist, dass ich regle, dass das Ausstellen eines Leumundszeugnisses jetzt für alle gratis ist. Und das habe ich gemacht.

Aber Sie wissen doch ganz genau, dass ich das mit diesem Gesetz nicht regeln kann, weil es halt eine gewisse Kompetenzaufteilung gibt und wir nicht alles, was Freiwillige betrifft – vom Steuerrecht über den Katastrophenschutz –, zusammenführen können. Freiwilligen-Arbeit ist ja etwas Bunteres und auch Breiteres, etwas, wo über drei Mil­lionen Österreicherinnen und Österreicher engagiert sind: Das beginnt bei der Kunst und Kultur, bei Blaulicht-Organisationen, bei Sozialeinrichtungen, die wiederum mit dem Blaulicht nichts zu tun haben, et cetera.

Deshalb: Geben Sie sich noch einmal einen Ruck, denken Sie darüber noch einmal nach! – Das ist einmal das eine.

Das Zweite ist: Das, was wir im öffentlichen Dienst tun können, geschieht bereits, eben in Form des schon erwähnten Rundschreibens. Wir werden darüber alle Ressorts mit einem Rundschreiben des Bundeskanzleramts informieren, dass Personen, die in Freiwilligen-Organisationen tätig sind und sich dazu offen deklarieren, dass sie das tun, diesbezüglich bevorzugt behandelt werden.

Zur Frage Arbeitszeit, Herr Abgeordneter Dolinschek, und dazu, warum das so ein Thema geworden ist. Das sind nämlich nicht praxisferne Bürokraten, die das zum Thema gemacht haben, sondern dabei geht es um eine Materie, die seit dem Jahr 2003 in der Schublade liegt und unlängst wieder einmal von den europäischen Sozialpartnern sozusagen aus der Versenkung geholt wurde. Die europäischen Sozial­partner versuchen, diese Arbeitszeitrichtlinie im neunten Jahr ihrer Konzeption, ja vielleicht sogar schon im zehnten Jahr, endlich fertig zu stellen. Das ist der Hintergrund.

Dazu, dass es ein paar Medien gibt, die meinen, jetzt können sie halt wieder ein bisschen etwas EU-Kritisches tun, kann ich nur sagen: Das ist doch lächerlich! (Abg. Dolinschek: bei der Feuerwehr!) Das ist lächerlich, denn es ist ganz klar definiert,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 257

dass eine Arbeitszeitrichtlinie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt – und nicht für Menschen, die Freiwilligen-Arbeit leisten. Und zu dieser Verquickung, die da in dem einen Medium begangen wurde, kann ich nur sagen: Das ist abzuhaken. Und dem Redakteur oder der Redakteurin kann ich nur sagen: Bitte zurück in die Schulbank! So ist es.

Es gibt nämlich nur eine einzige Fall-Konstellation, wo es eventuell eine Kollision geben könnte, und zwar bei jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Firmen, die bewusst auch deshalb aufgenommen wurden, weil sie bei Freiwilligen Feuerwehren tätig sind – und wenn diese gleichzeitig Mitglieder von Betriebsfeuerwehren sind, während der Arbeitszeit sozusagen die „Bude“ abbrennt und ad hoc etwas getan werden muss. Das ist die einzige Fall-Konstellation, wo quasi etwas passieren kann zwischen Freiwilligen-Arbeit und seiner Angestelltentätigkeit.

Und dann gibt es noch eine zweite Fall-Konstellation, weil es ja einige Freiwillige Feuerwehren aufgrund der Größe ihres Einzugsgebiets, aufgrund dessen, was sie machen müssen, nicht mehr schaffen, ohne hauptamtliche Mitarbeiter auszukommen. Nehmen wir nur die Freiwilligen Feuerwehren entlang der Südautobahn: Wiener Neudorf, Mödling, Baden – diese sind ja teilweise leider sehr viele Stunden im Einsatz. Diese haben teilweise hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ja, die gibt es –, und für die gilt dann das Arbeitszeitgesetz, aber nicht als Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, sondern der Arbeitgeber heißt Freiwillige Feuerwehr Sowieso.

In vielen Teilen Österreichs gibt es zwischenzeitlich dort einen, dort zwei und so weiter. Das nur zur Aufklärung. Es ist nicht die Praxis für einen Bürokraten ... (Abg. Dolinschek: Nicht mich aufklären – die Freiwillige Feuerwehr aufklären!) – Ja, das habe ich ja bereits getan. Ich habe das heute am Vormittag in Graz mit dem steirischen Landes­feuerwehrkommandanten sehr ausführlich getan.

Was ich damit sagen will, ist: Versuchen wir, da nicht in die Falle zu tappen! Es ist in Wirklichkeit keine Falle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier, glaube ich, etwas sehr Po­sitives geschaffen, was aber ein paar Fragen der Weiterentwicklung noch offen lässt – wie immer. Es ist, wie schon gesagt wurde, eine Gesetzesmaterie, deren Realisierung sehr lange gedauert hat. Viele Vorurteile mussten aufgearbeitet werden, mussten klargestellt werden, weil wir natürlich auch nicht – ich will das am wenigsten! – das Hintertürl für ganz neue Beschäftigungsformen aufmachen wollen. Das will niemand von uns.

Daher kann ich Sie nur einladen: Gehen Sie diesen ersten Schritt mit! Damit brächten wir in Österreich einen einstimmigen Beschluss zu diesem ersten Freiwilligengesetz zustande. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Riepl zu Wort. – Bitte.

 


21.56.18

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es ist schon viel gesagt worden zu diesem Gesetzesvorschlag, daher vielleicht nur noch einmal kurz zusammengefasst: Das Freiwilligengesetz bringt Unterstützung und Förde­rung ehrenamtlicher Tätigkeiten in unserem Land sowie eine bessere Absicherung von Menschen, die sich freiwillig für andere engagieren und einsetzen.

Herr Kollege Dolinschek, ich denke, dass man nicht, wie du es getan hast, von einem Minigesetz sprechen und mangelnde Anreize bekritteln sollte. Meiner Meinung nach sind in diesem Gesetz einige Anreize verpackt, die dazu führen, dass sich vielleicht –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 258

und das ist ja das, was wir alle hoffen – noch mehr junge Menschen für eine solche Tätigkeit interessieren und dann auch ausüben.

Sehr viele Menschen in Österreich arbeiten ja freiwillig und ehrenamtlich im Interesse der Allgemeinheit – es ist schon darauf hingewiesen worden – und einige hundert derzeit im Rahmen eines Freiwilligen Sozialjahres, eines Freiwilligen Umweltschutz­jahres oder im Friedens- und Sozialdienst.

Ich denke, die Freiwilligen-Tätigkeit ist ein – ich möchte es so nennen – kleiner Edel­stein einer sozialen und solidarischen Gesellschaft und wertvoll für ein gutes Zusam­menleben in unserem Land. Und daher auch vonseiten der Sozialdemokratie in diesem Haus herzlichen Dank an Sie auf der Galerie, die Sie heute hier zuhören und die Gesetzeswerdung sozusagen ein bisschen miterleben dürfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Anreize, Herr Kollege Dolinschek. – Wichtig ist meines Erachtens, dass die Rahmen­bedingungen stimmen. Da sind wir uns, glaube ich, einig. Es gelten Mindeststandards, die nun eingeführt wurden – auch eine kleine Verbesserung, vor allem für die anerkannten Trägervereine und Organisationen. Die TeilnehmerInnen haben, wie schon ausgeführt wurde, Anspruch auf Taschengeld, Freistellung, also quasi Urlaubs­anspruch, die Sozialversicherung ist geregelt. Also es sind einige Dinge, die, glaube ich, doch Anreiz für die Ausübung einer solchen Tätigkeit sein können.

Ich denke, diese Tätigkeit ist aber auch eine Chance für einen späteren Einstieg in einen Sozialberuf. Das sollte man in diesem Zusammenhang nicht vergessen. Wer als Jugendlicher gesellschaftliche Verantwortung in Form einer Freiwilligen-Tätigkeit übernimmt, der wird sie vielleicht auch als Erwachsener – mit hoher Wahrschein­lich­keit, glaube ich sogar – fortsetzen und vielleicht später auch seine Kinder für eine soziale und gerechte Gesellschaft begeistern können. Und wenn es halbwegs in diese Richtung geht, dann beschließen wir heute etwas, was sehr wertvoll für unsere Gesellschaft ist. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


21.59.51

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Es hat ein bisschen gedauert, bis ich hier zum Rednerpult gefahren bin, aber auch das FSJ gesetzlich zu regeln hat einige Jahre gedauert. Ich möchte auch auf der Galerie 20 Jugendliche begrüßen, die das Freiwillige Soziale Jahr machen. Sie leben vor, was es bedeutet, sich sozial zu engagieren, und sie haben damit auch die Politik überzeugt, sodass wir heute zu diesem Gesetzesbeschluss kommen werden. Dafür möchte ich ihnen danken.

Sie werden von dem neuen Gesetz nicht mehr profitieren, aber sie haben den Weg bereitet für andere Jugendliche, die ehrenamtlich tätig sein werden. (Allgemeiner Beifall.)

Von den Strukturen haben wir einiges regeln können. Wer das FSJ absolviert, ist krankenversichert, pensionsversichert, unfallversichert, aber bekommt auch die Famil­ien­beihilfe und Taschengeld, und das ist wichtig.

Was ich sehr begrüße, ist, dass nicht nur in Österreich ehrenamtliches Arbeiten in diesem Gesetz steht, sondern dass in letzter Minute auch der Gedenkdienst mitver­ankert werden konnte, das Freiwillige Ökologische Jahr und auswärtige Ehrenamtlich­keit. Das ist sehr wichtig, denn wer schon einmal als Jugendlicher ein Jahr bei Pater


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Georg Sporschill gemacht hat, bei Straßenkindern in Rumänien, der lernt wirklich für sein Leben.

Genauso wie Jugendliche, die in einer Einrichtung für behinderte Menschen arbeiten. Ich habe selbst erlebt im Gespräch mit Jugendlichen, dass sie nach dem Jahr nicht mehr die Behinderung in den Vordergrund stellten, sondern den Menschen und vor allem die Fähigkeiten, die er hat; und da lernt man für sein Leben.

Ich möchte mich bei Minister Hundstorfer bedanken, der sich dafür eingesetzt hat, dass das Freiwilligengesetz zustande gekommen ist, ebenso bei Minister Mitterlehner, Ministerin Fekter, vor allem aber bei meinem Kollegen August Wöginger. Er hat sich sehr dafür eingesetzt, dass dieses politische Baby heute zur Welt kommt, und gleichzeitig steht er im Kreissaal und bekommt noch ein zweites Baby.

Ich möchte zum Schluss den Jugendlichen für ihr Engagement danken und ihnen sagen: Nur weiter so, Ehrenamt zahlt sich aus!  Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


22.04.13

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute hier wirklich einen historischen Moment, denn nach dem Europäischen Jahr der Freiwilligentätigkeit können wir auch ein Freiwilligengesetz beschließen. Das ist ein wichtiges Ergebnis. Ich kann mich noch an Diskussionen im Österreichischen Frei­willigenrat vor eineinhalb Jahren erinnern, wo darum gerungen wurde, wie man Frei­willigentätigkeit definieren und umschreiben kann, damit es eine Abgrenzung zur Berufstätigkeit gibt und damit es nicht die Möglichkeit gibt, dass die Generation Praktikum an jungen Menschen, die sozusagen freiwillige Dienste leisten, freiwillig tätig sind, dass diese dann integriert werden in den Arbeitsprozess, ohne Ausbildung und ohne Zusatzbedingungen.

In Österreich gibt es einen hohen Anteil an Engagement im Freiwilligenbereich. Mit 44 Prozent sind wir ein Topland in Europa, vor vielen, vielen anderen europäischen Ländern. Die Aufteilung, wo sich Österreicherinnen und Österreicher ab dem 15. Le­bensjahr beschäftigen, ist beginnend bei der Kultur und Unterhaltung mit 17 Prozent, dann kommt der Sport mit 15 Prozent, die kirchlichen Organisationen mit 14 Prozent und die Hilfsdienste, sprich Katastrophenhilfsdienste und Rettungsdienste, mit 13,7 Pro­zent. Auch die Verteilung zwischen Männern und Frauen ist eine unter­schiedliche. Bei den Männern sind Sport, Katastrophenhilfsdienste und Rettungs­dienste an erster Stelle, bei den Frauen kirchliche und kulturelle Organisationen.

Was ein wichtiger Beitrag ist, ist die Definition der Freiwilligentätigkeit, die in diesem Gesetz festgeschrieben wird, und vor allem auch die Kriterien für die Organisationen, damit die eine fundierte Grundlage haben, wenn sie Freiwillige in ihre Organisation einbinden.

Auch die Regelung des Freiwilligen Sozialen Jahres ist ein wichtiger Punkt. Es wurde heute schon auf Frau Marte verwiesen, bei der ich mich auch bedanken möchte, denn sie hat mir gezeigt, welch umfassende Angebote es für junge Menschen im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres gibt.

Lange Diskussionsprozesse haben zu einem wichtigen Ergebnis geführt, und ich bin mir auch sicher, dass wir auf diesem wichtigen Ergebnis, das ein gutes Fundament für die Freiwilligentätigkeit ist, in Österreich weiter aufbauen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 260

Herr Minister, Gratulation Ihrem Haus und Ihnen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

22.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Vock. – Bitte.

 


22.07.08

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Es war sehr nett, uns hier während der Plenarsitzung ein Angebot zu machen, wobei Sie unsere Stellungnahmen und Meinungen auch schon im Vorfeld gekannt haben, und es wäre mit Ihrem Willen schon im Vorfeld möglich gewesen, einen gemeinsamen Entschließungsantrag oder gemeinsame Initiativen zu starten.

Uns ist schon klar, zum Beispiel die Mehrwertsteuer-Rückvergütung ist nicht Ihr Ressort, dafür sind Sie nicht zuständig, aber man könnte natürlich gemeinsame Willenskundgebungen starten.

Was uns auch aufgefallen ist, ist, dass es zwei Stellungnahmen gibt, die man auch nicht so einfach von der Hand weisen kann.

Das ist erstens die Stellungnahme des österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes:  „Der ÖBFV begrüßt die Initiative des BMASK, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Freiwilligenarbeit in Österreich zu verbessern. Der Entwurf beschränkt sich jedoch leider nur auf Teilaspekte der Freiwilligenarbeit, wie zum Beispiel das Freiwillige Sozialjahr, und scheint dadurch zu wenig ambitioniert.“

Die Stellungnahme des Österreichischen Roten Kreuzes: „Allgemein ist anzumerken, dass die Einführung von gesetzlichen Regelungen für das Freiwillige Soziale Jahr keinesfalls dazu führen darf, dass damit eine ,Zweiklassengesellschaft‘ unter den Freiwilligen geschaffen wird. Während Teilnehmer am FSJ zukünftig ein Taschengeld erhalten sollen und eine verstärkte sozialversicherungsrechtliche Absicherung genießen werden, erbringen zahlreiche Freiwillige  etwa im Rettungsdienst  ihre Dienste nach wie vor im Dienste der österreichischen Bevölkerung, ohne in den Genuss einer Absicherung zu kommen, wie diese für das FSJ vorgesehen ist.

Die große Gruppe der Freiwilligen, die über Jahre  und in der Regel neben einer hauptberuflichen Tätigkeit  im Interesse der Öffentlichkeit ihre Dienste leistet, darf keinesfalls vernachlässigt werden.“  So das Rote Kreuz.

Beide Stellungnahmen sehen wir in Ihrer Vorlage nicht berücksichtigt, nicht einmal ansatzweise. Wir diskutieren jetzt aber auch den Tagesordnungspunkt betreffend den Antrag der Kollegin Haubner, der viel weiter gehen würde. Das wäre eine Diskus­sionsgrundlage. Da hätte man sagen können, okay, vielleicht sind nicht alle Punkte umsetzbar, aber man geht teilweise auf diese Punkte ein.

Die freiheitlichen Forderungen, Kollege Hofer hat es schon gesagt, wären relativ übersichtlich: Das ist die bevorzugte Aufnahme in den öffentlichen Dienst bei gleichwertigen Bewerbern, aber generell für alle, die Freiwilligenarbeit leisten, die Entschädigung für Kleinbetriebe für Dienstausfall durch Freiwilligenarbeit und die Mehrwertsteuer-Rückerstattung bei technischen Geräten.

Uns ist klar, dass das nicht alles Ihr Ressort betrifft, aber noch einmal: Initiativen können auch Sie als Minister setzen, wenn der Wille dazu vorhanden ist.

Wir sagen grundsätzlich Ja zur Freiwilligenarbeit, aber man sollte Freiwilligenarbeit generell fördern und nicht nur einzelne Zielgruppen! (Beifall bei der FPÖ.)

22.09

22.09.50

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 261

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens des Herrn Berichterstatters wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement erlassen wird sowie das Familienlastenausgleichsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 1661 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall auf der Galerie.)  Heute sehe ich über etwas hinweg, was hier nicht geschehen darf.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe bis 25 nach Absolvierung eines Freiwilligenjahres.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist nicht ange­nom­men.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1662 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.11.5716. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1633 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (1663 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 663/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird (1664 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig zu Wort. Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 262

22.12.41

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat im Umgang mit Opfern des Nationalsozialismus besondere Verantwortung. Ich denke, das steht für uns alle außer Zweifel.

Seit dem Jahre 1945, ganz genau seit dem 17. Juli, gibt es ein Opferfürsorgegesetz, welches zuerst einer sehr kleinen Opfergruppe – es waren nur die österreichischen Widerstandskämpfer – bestimmte Fürsorgemaßnahmen, Vergünstigungen oder Ren­ten zuerkannte.

Diesem Gesetz, das wissen wir alle, folgten eine Reihe von Novellierungen, bei denen vor allem der Kreis der Anspruchsberechtigten immer erweitert wurde und, wie ich denke, Österreich seiner Verantwortung immer ein Stück gerechter wurde.

Der Vollzug dieses Opferfürsorgegesetzes obliegt seither den Ländern. Es gab im Zuge von Diskussionen über Verwaltungsvereinfachungen auch von den Länder­vertretungen, von den Landeshauptleuten den Vorschlag, die erstinstanzliche Zu­ständigkeit der Landeshauptleute beim Vollzug des Opferfürsorgegesetzes zum BSA, zum Bundessozialamt, zu verschieben.

Das Opferfürsorgegesetz soll demnach von der mittelbaren in die unmittelbare Bundesvollziehung übertragen werden. Mit dem heutigen Beschluss, den wir wahr­scheinlich einstimmig fassen werden, wird dieses Ansinnen der Landeshaupt­leute­konferenz umgesetzt. Mit diesem Beschluss, davon sind wir überzeugt, mit der Übertragung wird es zu Synergieeffekten kommen, die vor allem den betroffenen Menschen zugutekommen werden, weil dadurch auch die Verfahrensdauern verkürzt werden, die ja in der Vergangenheit auch immer wieder Anlass für Kritik gewesen sind.

Die Verfahrensdauern waren auch in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Wir wissen, diese Verfahren haben von drei Monaten im Burgenland bis zu 20 Monaten in Kärnten gedauert. Durch die Synergieeffekte, die beim Bundessozialamt ohne Zweifel zum Tragen kommen, werden die Verfahrensdauern sicher verkürzt werden.

Zudem ist durch die Organisationsstruktur des Bundessozialamtes mit den neun Län­derstellen eine ganz besonders bürgernahe Betreuung möglich, und die Anspruchs­berechtigten können durch den direkten Kontakt mit den Betreuerinnen und Betreuern der Landesstellen des Bundessozialamtes auch weit über die Ansprüche vom Opfer­fürsorgegesetz Hilfestellung in Anspruch nehmen. Ich denke mir, auch im Hinblick auf das Alter der Menschen, die dort ihre Anträge stellen werden, ist das eine sehr, sehr wichtige Maßnahme für die Menschen.

Viele Vorteile sehe ich in diesem Gesetz vor allem für die betroffenen Menschen, die rasche Entscheidungen verdienen. Es hat aber im Begutachtungsverfahren auch Kritik gegeben, vor allem von den Opferverbänden. Das waren vor allem auch Bedenken hinsichtlich der Abschaffung der erstinstanzlichen Rentenkommission. Diese Anliegen wurden sehr ernst genommen, und es konnten dann in Gesprächen, auch mit dem Minister, diese Bedenken ausgemerzt werden. Man einigte sich darauf, eine bundes­weite Rentenkommission, früher hat es neun Länderrentenkommissionen gegeben, mit Vertretern der Opferverbände zu gründen. Es wird heute diesbezüglich noch einen Antrag vom Kollegen Keck geben.

So konnten auch diese Bedenken der Opferverbände ausgeräumt werden, und ich bin wirklich überzeugt davon, dass wir heute ein sehr gutes Gesetz beschließen, vor allem im Sinne der betroffenen Menschen, die dadurch wieder eine Reihe von Verbesserungen in Anspruch nehmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.16



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 263

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Klikovits zu Wort. – Bitte.

 


22.16.37

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat schon darauf hingewiesen, welch große Verantwortung wir natürlich im Hinblick auf diese dunkle Geschichte Österreichs insbesondere den Opfern gegenüber haben. Wir haben das ja auch in verschiedenen anderen Gesetzen bereits, glaube ich, sehr eindeutig dokumentiert, dass wir diesen Opfern zumindest in Form von Abgeltungen Wiedergutmachung leisten wollen. Das ist auch mit diesem Opferfürsorgegesetz so, das 1947 beschlossen wurde, um eben die soziale Fürsorge für die Opfer des Nationalsozialismus zu leisten.

Dementsprechend wurde dieses Gesetz geschaffen, und mit vielen Novellierungen, das wurde bereits angesprochen, hat es bis heute Gültigkeit. Insgesamt betrifft es derzeit noch 1 902 Personen, und das ist Grund genug für uns, dieses Opferfürsorge­gesetz auch dahin gehend zu novellieren, dass die Verfahren, die es diesbezüglich gibt, tatsächlich beschleunigt werden.

Es ist außerdem, glaube ich, erstmals ein wichtiger und sichtbarer Beitrag zum Gelin­gen einer Verwaltungsreform. Ich denke, wir können das auch in dieser Hinsicht beur­teilen.

Meine Vorrednerin hat darauf hingewiesen, dass die Landeshauptmännerkonferenz das begrüßt und dass künftighin diese Verfahren erstinstanzlich beim Bundessozialamt abgehandelt werden sollen. Das ist gut und richtig so, auch wenn es diesbezüglich Kritik von einzelnen Verbänden gibt, die die Verknüpfung von Kriegsopferfürsorge und dem Opferfürsorgegesetz nicht so akzeptieren, aus Gründen, die auch aus deren Sicht dargelegt wurden.

Für uns ist es wichtig, dass wir dieses Gesetz heute beschließen, um dem gerecht zu werden, was unsere Intention ist, nämlich den Opfern aus dieser Zeit zumindest ein bisschen Wiedergutmachung zu leisten.

In diesem Sinne hoffe ich, dass dieses Gesetz auch einstimmig beschlossen wird. Es wird ja auch noch einen Abänderungsantrag geben, der noch eine zusätzliche orga­nisatorische Verbesserung bringen wird. Das ist gut so, dem werden wir zustimmen. Wir werden das aus vollster Überzeugung für unsere Verantwortung die­sen Opfern gegenüber tun, wir werden aus vollster Überzeugung diesem Gesetz unsere Zustim­mung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Restredezeit Ihrer Fraktion: 9 Minuten insgesamt. Ich stelle die Uhr auf die gewünschten 2 Minuten. – Bitte.

 


22.20.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vollzug des Opferfürsorgegesetzes ist derzeit Ländersache, und das war in sehr vielen Fällen nicht gut so. Es gab erklärbare und unerklärliche Verzö­gerungen bei den Verfahren in einzelnen Bundesländern, auch bei der Bereitschaft der Bundesländer, auf Anträge einzugehen, gab es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Es gab auch Bundesländer, die man dafür loben müsste, wie gut sie gearbeitet haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 264

Insgesamt waren und sind wir bereit, dieser Regelung der Verbundlichung, die jetzt vorgeschlagen wird, zuzustimmen, weil sie mit einer bedeutenden Verfahrens­verkür­zung verbunden ist. Das finden wir gut, das finden wir richtig.

Weniger gut, Herr Bundesminister, finden wir, dass, obwohl die Leistungen nach dem Opferfürsorgegesetz 1964 zum letzten Mal angehoben worden sind, diese nicht, wie von uns vorgeschlagen, einmalig valorisiert werden. Das ist schade, aber im Prinzip, was den Kern des Opferfürsorgegesetzes betrifft, sind wir einverstanden, ebenso mit der vorgeschlagenen Abänderung. (Beifall bei den Grünen.)

22.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.21.23

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wenn künftig der Vollzug des Opferfürsorgegesetzes in erster Instanz nicht mehr durch die Ämter der Landesregierungen erfolgen soll, sondern durch die Bundessozialämter und diese für die Opferfürsorgeangelegenheiten zuständig sein sollen, so werden dadurch, weil ja die Bundessozialämter jetzt schon für die Kriegsopfer-, für die Heeres­versorgung, für die Verbrechensopferentschädigung und für Impfschäden verant­wort­lich sind, Synergien genutzt.

Wir erwarten uns natürlich auch eine Verkürzung der Verfahrensdauer. Das wird von uns positiv gesehen. Wir setzen uns ja seit Jahren für eine Verwaltungsreform ein, und das ist ein kleiner Schritt, der umgesetzt wird.

Die bürgernahe Betreuung der Opfer und der Hinterbliebenen vor Ort wird gewähr­leistet, ein umfassendes Beratungs- und Betreuungsangebot durch die Bundes­sozial­ämter ist ebenfalls gewährleistet.

Was die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen betrifft, die Kollege Öllinger erwähnt hat, bin ich auf seiner Seite, dass dort auch einmal etwas getan werden sollte. Aber dieser Gesetzesnovelle zum Opferfürsorgegesetz werden wir unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


22.22.45

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Der ehemalige deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal in Anlehnung an Krieg und Nationalsozialismus gesagt, dass die Jungen nicht daran schuld wären, was damals geschah, er meinte aber, dass sie die Verantwortung dafür tragen werden, was in der Geschichte daraus wird.

Wir, meine Damen und Herren, sind die Jungen, die Weizsäcker meinte, denn wir sind die, die den Krieg nicht erleben mussten, wir sind die, die zum Glück keine Schuld an den Schrecken und an den Verbrechen von damals tragen. Bei uns also liegt die Verantwortung im Umgang mit den Opfern von damals, und wir nehmen diese Verantwortung unter anderem auch durch dieses Opferfürsorgegesetz wahr.

Führen wir uns doch einmal vor Augen, meine Damen und Herren, was Opferfürsorge im gesetzlichen Sinne bedeutet. Wir unterstützen mit diesem Gesetz Menschen, die damals für mindestens drei Monate zu Unrecht im Zuchthaus oder KZ waren, die keine Berufsausbildung machen konnten, die bleibende und schwere Gesundheitsschädi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 265

gungen erlitten haben, die zwangssterilisiert wurden, die sich für mindestens sechs Monate verstecken mussten oder die gezwungen wurden, einen Judenstern zu tragen.

Das Opferfürsorgegesetz bringt für diese Betroffenen eine Unterstützung, die für viele überlebensnotwendig geworden ist. Aktuell erhalten rund 3 000 Menschen eine Hilfe nach diesem Gesetz. In Summe werden dafür rund 16 Millionen € ausgegeben, pro Monat und Person sind das weniger als 450 €. Und diese Zahl, meine Damen und Herren, reduziert sich laufend. 2010 waren es nur mehr 1 884 Renten, die ausbezahlt wurden, und Gleiches gilt auch für die Anträge auf Leistungen aus dem Opferfür­sorgegesetz. Sie sinkt und ist regional extrem unterschiedlich. In Wien wurden zum Beispiel von 2005 bis 2010 nur mehr 750 Anträge gestellt, in Niederösterreich waren es nur neun Anträge, in Tirol nur fünf und in Vorarlberg sogar nur mehr vier.

Verwunderlich ist das nicht, meine Damen und Herren, denn jedem Antrag steht eine durchschnittliche Verfahrensdauer von drei bis sogar 20 Monaten gegenüber. Bemer­kenswert ist, dass das Land Kärnten hier am langsamsten arbeitet. Man bedenke auch, wir sprechen hier von Personen, die diese Anträge stellen, die heute 80 Jahre oder älter sind.

Die heute beantragte Gesetzesänderung soll also nicht nur eine Verwaltungs­verbes­serung bringen, sie soll den Betroffenen helfen. Wir übertragen die Zuständigkeit auf die Bundessozialämter, also auf Profis, die schon jetzt Menschen mit Behinderungen bürgernah zur Seite stehen. Wir streichen neun Rentenkommissionen und schaffen eine gemeinsame für raschere Entscheidungen.

Um da noch mehr Verbesserung herbeiführen zu können, bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, Oswald Klikovits, Karl Öllinger und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1663 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1633 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Z 7 wird im § 11c Abs. 2 folgender Satz angefügt:

‚Der Vorsitzende kann Vertreter der genannten Organisation aus jeweils jenen Bun­desländern zur Beratung beiziehen, die nicht durch Mitglieder oder Stellvertreter reprä­sentiert werden, wenn Verfahren aus diesen Bundesländern zu behandeln sind.‘“

*****

Unterm Strich, meine Damen und Herren, bedeutet das mehr Transparenz, gleiches Recht für alle und eine hoffentlich sehr deutliche Verfahrensbeschleunigung. Genau das ist unsere Pflicht den Opfern gegenüber, und ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 266

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, Oswald Klikovits, Karl Öllinger und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1663 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1633 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Z 7 wird im § 11c Abs. 2 folgender Satz angefügt:

„Der Vorsitzende kann Vertreter der genannten Organisation aus jeweils jenen Bun­desländern zur Beratung beiziehen, die nicht durch Mitglieder oder Stellvertreter reprä­sentiert werden, wenn Verfahren aus diesen Bundesländern zu behandeln sind.“

Begründung:

Durch diese Regelung soll gewährleistet werden, dass bei Verfahren, in denen an der Sitzung der Rentenkommission auf Grund ihrer Zusammensetzung eine Teilnahme eines Mitgliedes oder Stellvertreters eines Opferverbandes aus dem jeweiligen Bundesland des Opfers oder Hinterbliebenen nicht möglich ist, vom Vorsitzenden Vertreter von Opferverbänden aus diesem Bundesland beigezogen werden können. Diese haben im Verfahren beratende Stimme.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Abgeordneter Spindel­ber­ger. – Bitte.

 


22.26.37

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Wie wir schon gehört haben, ist es höchst an der Zeit gewesen, dass dieses Gesetz von der Lan­des­kompetenz auf die Bundeskompetenz übertragen wird. Ich habe es nur ein bisschen eigenartig empfunden, wenn sämtliche Vorredner jetzt auch darauf hinge­wiesen haben, dass dieser Schritt, der ja längst notwendig war, darauf zurückzuführen ist, dass die Landeshauptleutekonferenz einen einstimmigen Beschluss in diese Richtung gefasst hat.

Warum ich das sage, liegt auch auf der Hand, denn ich würde mir wünschen, dass von dieser Landeshauptleutekonferenz, bei der es sich lediglich um ein informelles Treffen handelt und die ja in der Bundesverfassung nirgendwo verankert ist, solche positiven Beschlüsse auch in anderen Bereichen gefasst würden. Denn tagtäglich, wenn ich unterwegs bin, höre ich von den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder Unverständnis darüber, dass es nach wie vor nicht gelungen ist, zum Beispiel ein einheitliches Jugendgesetz zu verabschieden oder österreichweit einheitliche Bauordnungen in einem Bundesgesetz zu verankern. Da würde ich mir wünschen, dass genau dieser Personenkreis nicht nur immer davon spricht, dass im Bund Stillstand herrscht, während er selbst, wenn es um die eigenen Interessen und den eigenen Machterhalt geht, nicht bereit ist, die eine oder andere Blockade aufzugeben.

Aber nun wieder zurück zum Opferfürsorgegesetz. Wir haben ja schon gehört, dass in Österreich 3 000 Personen, von denen zirka 1 900 eine monatliche Rente nach den gesetzlichen Bestimmungen beziehen, Menschen sind, die nachweisen mussten, dass


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sie 1938 bereits seit mindestens zehn Jahre einen Wohnsitz in Österreich hatten. Und das sind, wie Kollege Keck es eben ausgeführt hat, Menschen, die heute älter als 80 Jahre sind und Opfer des Krieges oder Opfer von politischer Verfolgung gewesen sind und darüber hinaus auch noch schwere bleibende gesundheitliche Schäden erlitten haben. Und wenn man weiß, dass die Verfahrensdauer solcher Anträge oft viele Monate betragen hat – in Kärnten zum Beispiel 20 Monate –, dann liegt diese Verfahrensdauer bei den Angelegenheiten, die beim Bundessozialamt angesiedelt sind, weit unter sechs Monaten. Ich bin mir daher sicher, dass durch diese neuen Strukturen und durch die Nutzung der Synergien künftig auch in diesem Bereich ein rascherer Verfahrensabschluss erreichbar und auch eine bessere Betreuung der Betroffenen vor Ort gewährleistet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

22.29

22.29.40

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird, in 1633 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Csörgits, Klikovits, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 7 bezieht.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Csörgits, Klikovits, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich stelle ausdrücklich fest, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittel­mehr­heit gegeben ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Auch hier stelle ich wieder ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit fest.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1664 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 268

22.31.2518. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1811/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urlaubsgesetz und das Landarbeits­gesetz 1984 geändert werden (1665 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


22.31.53

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Änderung des Urlaubsgesetzes und des Landarbeitsgesetzes, die wir heute, wie ich annehme, einstimmig beschließen werden, ist ein großer Schritt in Richtung Gleichstellung von Frauen gemacht worden. Warum? – Bislang war geltende Rechtslage, dass Urlaube, die vor Antreten des Mutterschutzes oder der Väterkarenz nicht konsumiert wurden, nur um maximal zehn Monate, die eine Mutterschutzkarenz oder Väterkarenz gedauert hat, aufgeschoben werden konnten. Und das heißt: Verfall dieses Urlaubes.

Das war ungerecht, vor allem für Frauen, die längere Mutterschutz- und Karenzzeiten in Anspruch genommen haben. Das wird jetzt neu geregelt, das heißt, der Verfall des Urlaubes kann so lange aufgeschoben werden, wie die Dauer der Karenzzeit war.

Das ist ein Schritt in Richtung einer Besserstellung von Frauen, aber das ist nicht der einzige Schritt, der in den letzten Monaten gelungen ist. Erinnern Sie sich daran, wie Abgeordneter Katzian im Sommer 2011 Frauen-Sonderlohnrunden ausgerufen hat.

Wenn man jetzt ein bisschen zurückschaut, was passiert ist in der Frage des Schließens der Einkommensschere und in der Frage einer Besserstellung von Frauen, sieht man, dass in vielen Kollektivverträgen – Metall, Handel, Gewerbe – wirklich fundamentale Verbesserungen für Frauen erreicht werden konnten, nämlich in der Frage, wie genommene Karenzzeiten für Frauen im Berufsleben angerechnet werden.

Gleichstellung, Gleichbehandlung von Frauen – etwas, wo wir alle, wie ich glaube, der Meinung sind, dass es vorangetrieben gehört –, und das geht mit diesem Gesetz einen großen Schritt weiter. Ich garantiere, dass auch in den Kollektivvertragsverhandlungen, die von den Gewerkschaften geführt werden, da noch weitere Schritte gesetzt werden, sodass Frauen im Berufsleben eine bessere Position haben, als das derzeit der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


22.33.49

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zeit ist vorge­schritten; inhaltlich hat meine Vorrednerin ja sehr ausführlich erläutert, worum es in dieser Vorlage geht. Ich kann das nur unterstreichen und dem zustimmen.

Wir sagen immer: Mut zum Kind!, Mut zur Familie!, und daher darf es solche Benach­teiligungen, wie das bisher der Fall war, eben nicht geben, sondern die Urlaubs­ansprüche, die man vor Antreten der Karenzzeit erworben hat, sollen aufrechtbleiben. Ich denke, das ist eine Unterstützung für Frauen, für Mütter, aber auch für Väter. Ganz einfach gesagt: Das ist eine gute Möglichkeit für Familien, auch da Gleichberechtigung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 269

zu erfahren, und daher werden wir von der ÖVP dieser Vorlage zustimmen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


22.34.51

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus dem Umstand, dass Frauen Karenz beanspruchen, darf ihnen kein Nachteil er­wachsen.

Diese Veränderung, die jetzt vorgenommen wird, ist zu begrüßen – und deshalb stimmen wir Grünen gerne zu. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

22.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


22.35.00

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Bisher konnte leider der Fall eintreten, dass Elternurlaub verloren ging oder verkürzt wurde – und jetzt wird mit einer Änderung des Urlaubsgesetzes Rechtssicherheit geschaffen. Vorangegangen ist dem ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. In Zukunft können also Zeiten nach dem Mutterschutz oder nach der Väterkarenz unein­geschränkt ohne Verjährung in Anspruch genommen werden, denn diese Zeiten bleiben aufrecht.

Deshalb werden wir vom BZÖ dem zustimmen, so wie alle anderen Fraktionen dieses Hauses auch. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Csörgits.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte.

 


22.36.00

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Über diese Thematik wurde schon ausführlich berichtet – auch, dass es da um ein Nachvollziehen aufgrund eines EuGH-Urteiles geht.

Hinzufügen möchte ich jetzt lediglich, dass mit diesen Änderungen viel mehr Klarheit sowie Gerechtigkeit in das Urlaubsgesetz hineingepackt worden ist. Sie alle werden mir sicherlich zustimmen, dass es dabei um eine kleine gesetzliche Änderung, jedoch mit sehr positiven Auswirkungen geht.

Kurzum: Für DienstnehmerInnen wird das wesentliche Vorteile mit sich bringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36

22.36.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1665 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 270

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

22.37.3819. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über mine­ralische Rohstoffe, über die Änderung des ArbeiternehmerInnenschutzgesetzes und des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (Mineralrohstoffgesetz – MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, geändert wird (1779/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tages­ordnung.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. – Bitte.

 


22.38.13

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg möchte ich mitteilen, dass wir uns derzeit in Gesprächen befinden – mit den Grünen und dem BZÖ – und dass wir einen Antrag in ähnlicher Form gemeinsam einbringen werden. Ich hoffe jedenfalls, dass das gelingen wird.

Wir haben in Österreich Öl- und Erdgasvorräte, zwar in eher bescheidenem Ausmaß, aber doch, und diese Öl- und Erdgasvorräte befinden sich im Eigentum der Republik Österreich. Wer immer Öl und Erdgas in Österreich fördern will, muss dafür Zins bezahlen, und darum geht es in diesem Antrag.

In Österreich haben wir eine Jahresproduktion von 900 000 Tonnen Erdöl, von 1,8 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Der Produktionswert dieser Rohstoffe ist in den letzten sieben Jahren von 600 Millionen € auf 1 Milliarde € gestiegen, und zwar aufgrund der höheren Weltmarktpreise.

Das heißt, wer jetzt in Österreich diese Rohstoffe nutzt, verdient auch besser damit. Wir sind der Meinung, dass der Staat mehr als bisher von diesen Einnahmen profitieren und der Förderzins angehoben werden sollte und dass das Geld, das dabei in unserem Lande verdient wird, für den Ausbau des Nutzens erneuerbarer Energie eingesetzt werden sollte.

Da bin ich auch schon beim zweiten Thema, das uns sehr beschäftigt und auch große Sorgen macht, nämlich die Frage einer Schiefergas-Förderung in Niederösterreich, des sogenannten Frackings.

Grundsätzlich verstehe ich, dass jemand sagt: Wenn das alles umweltschonend über die Bühne geht, warum sollten wir dann nicht unsere Abhängigkeit von anderen Staaten, von Scheichs und Oligarchen reduzieren und das nutzen, was wir hier in Österreich haben? – Allerdings habe ich bisher noch keine Methode kennengelernt, die es wirklich möglich machen würde, diese Schiefergasvorräte schonend zu Tage zu fördern.

Wir wissen außerdem aufgrund der Erfahrungen aus anderen Ländern, dass es auch zu Erdbeben kommen kann. Das haben wir in Großbritannien erlebt. Es hat einige sehr interessante Berichte darüber gegeben, dass auch die Konzerne zugeben mussten,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 271

dass diese Erdbeben aufgrund des Frackings ausgelöst worden sind. Und wir haben in Frankreich, einem Land, dass, wenn es um Umweltthemen geht, nicht unbedingt zimperlich ist, auch ein Verbot dieser Art der Förderung von Erdgas.

Daher würde ich meinen, dass wir hier sehr vorsichtig sein müssen, und dass letzt­endlich, wenn es darum geht, diese Vorkommen in irgendeiner Weise zu nutzen, vor allem die Bevölkerung in der Region gefragt werden muss, ob sie das denn überhaupt will. (Beifall bei der FPÖ.)

Es werden nicht wir Burgenländer sein, es werden nicht die Freunde in Salzburg und in Kärnten und in Oberösterreich sein, sondern es werden die Menschen in Nieder­österreich sein, die massiv und negativ davon betroffen sein werden, wenn hier mit den herkömmlichen Methoden diese Vorräte gehoben werden. Ich glaube, das ist eine Entscheidung, die letztendlich auch vor allem die Menschen in dieser Region treffen müssen.

Meine Damen und Herren, abschließend ersuche ich Sie, in Ihre Überlegungen mit­einzubeziehen, ob wir diesen Förderzins erhöhen. Ich glaube, es wäre angebracht. Bedenken Sie – ich sage es noch einmal –, der Produktionswert ist von 600 Millionen € auf 1 Milliarde € gestiegen, das heißt 400 Millionen € mehr Gewinn für die Firmen, die fördern. Aber die Einnahmen aus dem Förderzins sind nur um 85 Millionen € gestie­gen. Wenn Sie sich die Entwicklungen im Bereich der Energiepreise ansehen, dann werden Sie sehr rasch feststellen, dass diese Einnahmen aus den Förderungen in Österreich in den nächsten Jahren noch viel viel stärker steigen werden. Wir sind der Meinung, davon soll auch der Staat und davon soll auch der Steuerzahler profitieren. (Beifall bei der FPÖ.)

22.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


22.42.36

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass auch Österreich Öl- und Gasvorräte hat. Ich bin der Meinung, dass, wenn jemand Öl- und Gasvorräte in Öster­reich abbaut, auch die Republik davon entsprechend profitieren soll.

Das passiert zurzeit in mehrfacher Hinsicht.

Zum einen deshalb, weil natürlich die OMV als ein Betrieb, der zumindest zu einem Teil der Republik Österreich mitgehört, Dividenden bezahlt. Daran sieht man auch, dass es nicht nur etwas Schlechtes ist, wenn die öffentliche Hand Beteiligungen an Wirtschaftsbetrieben hält.

Zum anderen passiert es durch den vom Abgeordneten Hofer angesprochenen Förder­zins. Wahrscheinlich können wir jetzt und dann auch im Wirtschaftsausschuss trefflich darüber streiten, was eine angemessene Höhe für diesen Förderzins ist. Aber ich denke schon, dass wir mit der Förderzinsnovelle 2011 im Rahmen des Budgetbegleit­gesetzes eine Lösung mit Augenmaß gefunden haben. Aus meiner Sicht macht es auch nicht sehr viel Sinn, jedes Jahr oder jedes halbe Jahr eine neue Diskussion zu beginnen.

Der Abbau von Erdgas und Erdöl ist ein kapitalintensives Vorhaben, und es braucht für die Unternehmen, die das tun, auch ein relativ gesichertes Investitionsumfeld. Eine permanente Diskussion über den Förderzins trägt meiner Meinung nach zumindest nicht dazu bei.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 272

Dazu muss man auch sagen, dass sich Rohstoffe an verschiedenen Orten der Welt abbauen lassen. Ich möchte daher gerne Rahmenbedingungen haben, die sichern, dass das, was in Österreich möglich ist, auch in Österreich abgebaut wird und nicht woanders und dass die Arbeitsplätze, die hier zur Verfügung stehen, auch ent­sprechend genutzt werden.

Was die Frage der Mittelverwendung betrifft – und das ist ja auch in Ihrem Antrag ange­sprochen –, soll man doch auch auf die schon bestehenden Förderschienen bei der Umweltförderung im Inland hinweisen. In diesem Rahmen werden Holzheizungen jetzt schon sowohl für Betriebe als auch für Private gefördert.

Abschließend möchte ich noch sagen: Wir haben heute Morgen über den Benzinpreis eingehend diskutiert. Ich bin mir nicht sicher, ob die Verteuerung des Abbaus von Erdöl tatsächlich zu einer Preissenkung beim Benzin einen großen Beitrag leisten wird. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Wirtschaftsausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

22.45.16

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke auch, dass wir im Ausschuss noch ausführlich Zeit haben werden, uns dieser Thematik zu widmen. Aber ich bin schon beim Kollegen Katzian, denn ich denke auch, dass es nicht viel Sinn macht, dass wir uns mit dieser Thematik der Erhöhung des Förderzinses im Parlament alle halben Jahre beschäf­tigen, denn wir haben, wie gesagt, im Jahr 2011 diesen Förderzins schon um durch­schnittlich 25 Prozent angehoben. Wenn man diesen Förderzins mit jenem der euro­päischen Länder vergleicht, welche eine signifikante heimische Förderung aufweisen, wie zum Beispiel Dänemark, Ungarn, Italien und so weiter, dann sieht man, dass Österreich neben Ungarn bereits den höchsten Förderzins hat. Also ich denke, auch im europäischen Konnex sollten wir die Kirche im Dorf lassen.

Ich glaube auch, eine Verteuerung der Förderkonditionen und damit einhergehend eine sinkende heimische Aufbringung würden die Importabhängigkeit noch mehr erhöhen. Es müssen an und für sich Anreize geschaffen werden, welche die Unabhängigkeit von Energieimporten fördern und nicht die eigene Rohstoffgewinnung beeinträchtigen. Das auch im Hinblick auf die heute in der Früh schon geführte Diskussion. Aber es bleibt uns ja dann im Wirtschaftsausschuss noch genügend Zeit, das zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


22.46.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Man glaubt es ja nicht, aber Kollege Katzian hat es mit seiner Wortmeldung geschafft, mich zu später Stunde noch zu schocken. Das ist echt heftig. Wir dürfen ja eigentlich überhaupt nichts machen, denn wenn wir den Förderzins erhöhen würden, dann würde unter Umständen die Firma, die das Öl abbaut, ins Ausland flüchten – hoffentlich ohne unser Öl! – Das ist ja wirklich ein Märchen, was du da erzählst!

Dass irgendeine Ölförderfirma verzichten würde, die Vorräte in Österreich auszu­beuten, so lange das möglich ist, das kannst du irgendwem erzählen, der Jettitante, aber sicher nicht hier herinnen. Das ist wirklich jenseitig. Das ist kein Argument, das ist wirklich Märchen. – Punkt eins.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 273

Punkt zwei: Dass wir sozusagen ohnehin schon profitieren an der OMV, indem wir ein kleines Stückerl von der Dividende erhalten, das hätte ich mir – na sagen wir einmal – eher vom Kollegen Haubner als Argument erwartet, aber nicht unbedingt von einem Gewerkschafter. Also das finde ich schon auch etwas schräge.

Und zum Dritten, dass nämlich möglicherweise eine Erhöhung des Förderzinses auch den Benzinpreis erhöhen könnte: Ja, alles ist möglich! Aber wir wissen, wie der Benzinpreis und dessen Erhöhungen zustande kommen, nämlich ganz sicher nicht dadurch, dass Österreich den bescheidenen Anteil an den Fördervorräten besser verzinst! Da gehen eher Explorationen der OMV in anderen Ländern, die sehr kosten­intensiv sind, auf dieses Konto. – Das sei dazu gesagt.

Zum Antrag selbst kann man nur sagen: Ja, absolut! Es gibt auch Anträge der Freiheitlichen, die absolut Sinn machen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


22.48.50

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist ja wirklich eigenartig: Heute haben wir vom Herrn Wirtschaftsminister vernommen, dass man die Dividende bei der OMV nicht erhöhen kann. Man könne in eine Aktien­gesellschaft nicht eingreifen, auch wenn wir dort noch sehr viele Prozente halten. Jetzt hört man, dass man auch den Förderzins nicht erhöhen kann, denn das wäre ja auch schädlich.

Der Antrag der FPÖ zielt in Wahrheit nur darauf ab, dass bei gewaltigen Mehr­gewinnen der Staat ein bisschen etwas mitschneidet und nicht die Konzerne alles bekom­men, um Rücklagen zu bilden und dann vielleicht auch im Ausland noch irgendwelche Betriebe aufzubauen und Neubohrungen vorzunehmen.

Das ist wirklich eigenartig, und ich kann nur sagen: Bei dieser alten schwarz-roten Koalition geht überhaupt nichts mehr! Es geht nichts weiter. Man ist nicht offen für Neues, und man denkt auch gar nicht nach, liebe Freunde von der ÖVP und auch von der SPÖ. Das muss man einfach einmal sagen. Denn: Es geht bei den Dividenden nichts und es geht beim Mitschneiden bei fetten Gewinnen nichts. Was geht überhaupt bei euch noch?

Also packen Sie Ihre Klimaschutzkonzepte, packen Sie Ihre Konzepte für erneuerbare Energie, packen Sie die Konzepte für öffentlichen Verkehr ein, denn Sie wissen nicht, wie man sie finanzieren kann! (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ, aber auch die Grünen und die FPÖ haben Ihnen aufgezeigt, was machbar ist, was möglich ist. Aber dafür sind Sie offenbar nicht zu haben.

Das Thema Energie ist ein wichtiges Zukunftsthema. Wir haben das heute in der Ak­tuel­len Stunde diskutiert. Wir haben es diskutiert beim Dringlichen Antrag des BZÖ zum Spritpreis. (Abg. Grillitsch: Wie finanzieren wir es?) – Ich habe es gerade gesagt, Herr Kollege von der ÖVP, wie man es finanziert: nämlich mit den fetten Gewinnen, die die Öl- und Gaskonzerne einfahren! Da schneiden wir ein bisschen mit. Das ist eine ganz einfache Rechnung: Mehrgewinne um 600 Millionen € pro Jahr, und wir nehmen zum Beispiel 200 Millionen € heraus, und das stecken wir in die Förderung erneuer­barer Energien.

Ist das machbar: ja oder nein? (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist unfassbar, es ist undenkbar für die Wirtschaftspartei ÖVP. Ihr habt wirklich nur mehr die Konzerne im Kopf und sonst nichts mehr: nicht mehr den Mittelstand, nicht mehr


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die Haushalte, nicht mehr die kleinen Leute, die unter den großen Spritpreisen extrem leiden, dafür habt ihr nichts übrig! (Abg. Kopf: Seid ihr Kommunisten oder was?) Das ist echt einzigartig! (Beifall beim BZÖ.)

Noch etwas, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich war gestern am Abend in der Akademie der Wissenschaften, da gab es einen interessanten Vortrag zum Thema „Schiefergasförderung – Methoden und Risiken“.

Ich war übrigens, soweit ich das gesehen habe, der einzige Abgeordnete dieses Hau­ses, der dort war, und es war sehr interessant. Es war eine Veranstaltung, die auch vom Lebensministerium gesponsert war. Es waren dort die Vertreter der erneuerbaren Energien, die IG Windkraft, die Kleinwasserkraft, der Biomasseverband, Photovoltaik, Umweltdachverband und Austria Solar.

Die Vorträge waren insofern interessant, als sie zwar etwas einseitig geprägt waren in Richtung Katastrophenszenarien, was nämlich passieren kann bei der Schiefergas­förderung, aber sie waren auch sehr aufschlussreich, und zwar in zweierlei Hinsicht: einerseits in die Richtung, dass, wenn man nicht aufpasst, wirklich etwas passieren kann in Bezug auf die Umwelt, auf das Grundwasser, auf das Trinkwasser, auf den Landschaftsverbrauch, auf die Lärmbelästigung in der Bevölkerung, und andererseits dahingehend, dass, wenn man aber aufpasst – und das passiert inzwischen –, kaum etwas passieren kann, denn die Methoden sind durchaus ausgereift. Wenn Sie im Internet nachschauen, dann werden Sie feststellen, dass bereits 30 Prozent des Gases in den USA aus Schiefergas kommt.

Aber ich bin da sehr skeptisch, das sage ich auch dazu, denn eines wurde auch ge­sagt: Schiefergas produzieren ist etwas Kurzzeitiges. Man muss laufend nachfracken, also das Gestein aufspalten, damit das Gas über einen längeren Zeitraum heraus­kommt. Daher werden wir uns ganz genau anschauen, ob das Sinn macht. Die betroffenen Bürgermeister von den Gemeinden in Bulgarien oder in Texas waren nämlich hier und haben schon sehr harte Fakten auf den Tisch gelegt, die zeigen, dass alte Verfahren mit Sicherheit zu Nachteilen führen.

Aber wir vom BZÖ stehen nicht auf der Seite der Fundamentalisten und sagen: Nein, es geht überhaupt nichts mehr! Auch die ÖVP ist inzwischen fundamentalistisch und sagt: Nein, es geht überhaupt nichts mehr!

Wir stehen aber auch nicht auf der Seite der Fundamentalisten, die keine neuen Verfahren unter wissenschaftlicher Begleitung und durchzuführender UVP, die wir verlangen, zulassen wollen.

Und wir stehen mit Sicherheit nicht auf der Seite von Großkonzernen, die nur bei den Menschen abzocken wollen, wobei dann die ÖVP und die SPÖ sagen: Da können wir nichts machen, lasst sie ordentlich abkassieren, da sind ja all unsere Parteifreunde gut untergebracht, und die brauchen ja auch ein etwas schöneres Ausgedinge!

Da spielen wir vom BZÖ mit Sicherheit nicht mit, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir sagen: Die Zweckbindung und auch die Erhöhung des Förderzinses ist richtig, ist sinnvoll. Ich hoffe, dass wir diesbezüglich einen gemeinsamen Antrag einbringen wer­den.

Es geht auch beim Schiefergas letztlich nicht um die jetzige Absicherung der Gas­versorgung, sondern es geht darum, im Sinne eines Gesamtkonzeptes in der Energie­strategie strategische Reserven auch für Krisenzeiten für Österreich festzumachen, wo wir wissen, dass wir im Bedarfsfall darauf zurückgreifen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 275

Aber es geht auch darum, die jetzigen Gewinne etwas zu beschneiden und nicht alles den Konzernen zu überlassen, und darum, nachhaltig auf erneuerbare Energien, aber auch auf Energieeffizienztechnologie zu setzen und diese massiv auszubauen. Ihr wisst jetzt auch, wo man das Geld dafür bekommen soll. Daher lade ich Sie ein, das mit uns intensiv zu diskutieren.

Ich sage zum Schluss nur noch eines: Wenn die Erde in Österreich schon blutet, weil wir Gas herausholen, weil wir Öl herausholen, dann sollten wir das dadurch gewon­nene Geld, wenn schon die Folge dessen eine geschundene Erde ist, wenigstens nachhaltig für erneuerbare Energie und für die Zukunft Österreichs einsetzen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

22.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1779/A dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zu.

22.54.1920. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (196 BAZ 1131/11x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (1674 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte.

 


22.54.55

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin zwar froh, dass wir einen einstimmigen Beschluss im Immunitätsausschuss zusammengebracht haben und verzichte auf alle Argumen­tations­linien, die im Ausschuss argumentiert wurden, würde Sie allerdings dringend einladen:

Wir bemühen uns jetzt seit zweieinhalb Jahren, dass wir ein neues Immunitätsrecht zustande bringen. Wir sind fast fertig. Wir ersparten uns diese Diskussionen, die wir immer anlassbezogen führen müssen, weil das liegt halt in der Natur der Sache, wenn wir zu einem neuen Immunitätsrecht kommen würden.

Vielleicht gelingt es. Ich bin ein Optimist. Ich darf Sie alle dazu einladen. Vielleicht können wir das kleine bisschen, an dem es momentan noch hängt, auch ändern. Dann ersparten wir uns immer diese – „unnötigen“ darf man nicht sagen – mühsamen Beur­teilungen und Diskussionen.

In den Grundzügen sind wir uns ja alle einig. Vielleicht bringen wir es wirklich zustande, und dann haben wir es alle miteinander leichter. Dazu lade ich Sie sehr herzlich ein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 276

22.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


22.56.14

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pendl, ich gebe dir recht. Ich glaube, wir warten darauf, dass wir etwas zusammenbringen, aber ich glaube, das Wunder werden wir nicht zusammenbringen. Wir werden, wenn wir den Vorschlag sehen, auch weiterhin einen Immunitätsausschuss haben und weiterhin Fälle zur Immunität.

Ich weiß nicht, ob der konkrete Fall ausgeschlossen worden wäre von einem neuen, kommenden Immunitätsgesetz, aber ich glaube es nicht. (Abg. Grosz: Wäre er nicht!)

Es geht heute einfach darum, dass ein Ersuchen der Staatsanwaltschaft um Zustim­mung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Wolfgang Zinggl am Tisch liegt. Dem Herrn Kollegen Zinggl werden von der Staatsanwaltschaft Wien widerrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem, Verletzung des Telekommunikations­geheimnisses, missbräuchliches Abfangen von Daten, Missbrauch von Computerpro­grammen oder Zugangsdaten vorgeworfen.

Unserer Meinung nach – und das war die einstimmige Meinung im Immunitäts­aus­schuss – ist das eindeutig, es hat nichts mit der beruflichen Immunität zu tun bezie­hungsweise ist kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit gegeben.

Deshalb ist im Sinne des Immunitätsgesetzes zu entscheiden gewesen, und es war auch einstimmig, dass dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Auslieferung des Kollegen Zinggl zugestimmt werden soll. Das soll heute auch beschlossen werden. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

22.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


22.58.07

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Großruck! Das stimmt alles: Wir haben zugestimmt, es war einstimmig. Die Entscheidung, die wir ge­trof­fen haben, stimmt aber trotzdem nicht ganz. Wir haben nur keine weiteren Schwie­rig­keiten gemacht.

Denn dies ist ein Fall, wo der politische Zusammenhang wahrscheinlich schon gege­ben ist, und zwar unmittelbar. Wenn man den Gesamtzusammenhang beachtet, dann hat der Abgeordnete Recherchen gemacht zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten oder einem Skandal, und der betroffene Abgeordnete hat diese Materialien auch an die Medien weitergegeben und ist dadurch auch in den Fokus der Staatsanwaltschaft gekommen.

Damit gäbe es einen politischen Zusammenhang. Trotzdem wäre natürlich die Verfolgung zuzulassen gewesen, denn unabhängig davon, was wirklich passiert ist: Wenn sich jemand Informationen beschafft, indem er in fremde Computerprogramme eindringt, dann wollen wir diesen Vorgang nicht durch das Immunitätsgesetz geschützt haben.

Deswegen werden wir hier auch zustimmen, wenngleich ich auf die Gesamtprob­le­matik verweise und darauf, dass hier wohl ein politischer Zusammenhang gegeben wäre und daher die Entscheidung ein bisschen anders lauten sollte. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 277

22.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. – Bitte.

22.59.00

 


Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Es ist wahrscheinlich schon notwendig, ein paar Dinge dazu zu sagen. Worum geht es in der Causa? Der Abgeordnete Zinggl hat, unbestrittenerweise und wahrscheinlich auch von vielen mitverfolgt, im Bereich der Kultur einiges an Aufdeckungsarbeit geleistet. Jetzt kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob das wichtig ist, wertvoll ist, ob damit die richtigen Dinge getroffen worden sind.

Faktum ist, dass es auch zu Konsequenzen geführt hat, insbesondere in der Kunst­halle, wo der Vorwurf gelautet hat, dass der Chef der Kunsthalle die Kunsthalle für private Zwecke genutzt hat. Aus diesem Konflikt ist dann etwas hervorgegangen – wie das oft ist, wenn Aufdeckungsarbeit getätigt wird, nämlich dass Abgeordnete weitere Informationen bekommen. In diesem Fall hat Kollege Zinggl einen Datenstick zugespielt bekommen. Er hat diesen Datenstick am eigenen Computer aufgemacht, es hat einen Hyperlink gegeben, sozusagen eine Verbindung, und durch die Rück­meldung war auch klar, dass er die Daten bekommen hat – so weit, auch so unbestritten.

Der Punkt bei der Geschichte ist: Wenn das von der Staatsanwaltschaft bekannt ge­geben worden wäre, dann hätten wir heute einen anderen Beschluss, nämlich einen Beschluss auf Nichtauslieferung. Die Frage der Datenverwendung ist eindeutig klar, Aufklärungsarbeit – auch mit Daten, die zugespielt worden sind – ist eine Aufgabe von Abgeordneten dieses Hohen Hauses. Wenn man sich die letzten Ausschüsse anschaut – im Untersuchungsausschuss bestätigt sich das wahrscheinlich – ist es eine Aufgabe der Abgeordneten, Missstände aufzuzeigen.

Der Punkt bei dieser Geschichte ist besonders spannend: Kunsthallenchef Matt hat eine Sachverhaltsdarstellung gemacht. In dieser Sachverhaltsdarstellung ist offenbar nachgewiesen worden, wann diese Daten vom Computer der Kunsthalle abgezogen worden sind, es war, glaube ich, ein Ostersonntag, wenn ich das richtig im Gedächtnis habe. Es wurde festgestellt, dass sich irgendwer – und zwar jemand Unbekannter in der Sachverhaltsdarstellung –, dass sich unbekannte Täter Zugriff zu diesen Daten verschafft hätten. Das scheint auch noch relativ schlüssig und nachvollziehbar zu sein. In der Sachverhaltsdarstellung der Kunsthalle beziehungsweise des Herrn Matt war kein Wort davon enthalten, dass Herr Zinggl als Abgeordneter sich selbst den Zutritt verschafft hätte.

Dann kam ein Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft daher, in dem steht, es bestehe der Verdacht, dass der Abgeordnete – und das muss man sich schon einmal geben – widerrechtlich in die Räumlichkeiten der Kunsthalle eingedrungen wäre, dort also quasi eingebrochen oder sonst irgendwie hineingekommen wäre. Er wäre zu dem Computer hinmarschiert und hätte persönlich den Datenstick hineingesteckt – wir haben schon über die umfassenden Computerkenntnisse des Kollegen Zinggl gescherzt, wie er innerhalb von 5 Minuten das Computersystem abzockt, aber das ist ein anderes Kapitel. Dann wäre er wieder heimgegangen und hätte sich die Daten geholt. (Ruf bei der ÖVP: Das trauen wir ihm zu!) Das ohne jede Vermutung, die selbst in der Sachverhaltsdarstellung geäußert worden ist.

Wenn man das auseinandernimmt, wird es relativ simpel sein, denn zu diesem Zeit­punkt war Herr Kollege Zinggl bei einer großen Familienfeier. Wenn Sie ihn also fragen, wo er war, wird man innerhalb von drei Minuten aufklären können, dass er zu dem Zeitpunkt gar nicht hätte dort sein können. Insofern ist der Fall vielleicht auch gar nicht so drastisch und wird wahrscheinlich relativ bald eingestellt werden.

Nur auf eines möchte ich Sie alle aufmerksam machen: Wenn es Schule macht, dass in Zukunft jeder, über den Informationen gespielt werden, die dann von einem Politiker


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 278

öffentlich gemacht werden, hergeht und sagt: Moment, da gibt es einen Politiker, der deckt Dinge über mich auf. (Abg. Scheibner: Ihr lebt doch von solchen Geschichten!)

Es gibt zwei Varianten: entweder ist der bei mir eingedrungen, hat sich bei mir die Daten selbst geholt, hat sich die Informationen gefladert (Abg. Ing. Westenthaler: Ver­nade­rung macht ihr ja nie! – Abg. Scheibner: Ihr lebt doch von solchen Geschichten bei anderen Parteien!) oder – das ist die zweite Variante, auch die hatten wir schon, ich erinnere an die Frage des Laptop (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Wes­ten­thaler und Scheibner.) – Ich weiß nicht, warum Sie so schreien, der Stadler war da anderer Meinung bei der Frage des Laptops von Pilz beispielsweise.

Beim Laptop des Kollegen Pilz mit der Beschlagnahme war es anders, da hat man gesagt: Der Pilz hat die Daten, also hat er vermutlich jemanden angestiftet. (Neuerliche Zwischenrufe beim BZÖ.) – Das BZÖ schreit wunderbar dazwischen, man soll sich das nur versinnbildlichen.

Wenn das der Fall ist, dass jeder, über den aufgedeckt wird, sagt, entweder wurden die Daten gestohlen oder es gab eine Anstiftung, dann werden wir in Zukunft bei jedem Fall politischer Aufklärung ein solches Vorgehen der Staatsanwaltschaft und letztlich eine Umgehung des Immunitätsrechts haben. Darauf wollte ich aufmerksam machen.

Auch wir werden zustimmen. Wenn der Vorwurf da ist, es sei jemand eingedrungen und das wäre so – wir beurteilen nicht inhaltlich, sondern wir beurteilen den Vorhalt –, dann wird das auch aufgeklärt werden. Nur die Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft werden wir sicher auch mit einer parlamentarischen Anfrage an das Justizministerium aufzuklären versuchen. Es hat auch mehrere Medienberichte gegeben, dass dieser Fall über Monate geprüft worden ist. Wie es zustande kommt, dass ohne, dass das in der Sachverhaltsdarstellung drinnen steht, der Vorwurf in das Auslieferungsbegehren kommt, dass ein Abgeordneter dort eingedrungen sei – es steht auch noch drinnen, es gebe keine Videoaufzeichnungen, es gebe keine Zeugenaussagen, aber es wird einfach der Verdacht geäußert –, ist etwas ... (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Ja, das ist jetzt wieder eine „klassische“ Rädler-Aussage, die kennen wir schon lange Zeit.

Das, was die Staatsanwaltschaft da macht und was vom Justizministerium gedeckt wird, ist aus meiner Sicht und im Sinne der Aufklärung durch das Parlament absolut zu hinterfragen. (Beifall bei den Grünen.)

23.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. – Bitte.

 


23.04.43

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Für politische Insider: Wenn ein Abgeordneter der letzten Bank der Freiheitlichen oder des BZÖ ausgeliefert wird, dann wird das den ganzen Tag mit einer Teletext-Seite begleitet – das kann nur das Delikt der üblen Nachrede betreffen –, es gibt Zeitungsberichterstattung und mindestens drei APA-Meldungen. Aber heute erleben wir etwas anderes – Herr Abgeordneter Zinggl –: keine APA-Meldung, keine ORF ON-Seite. Es wird kaum über eine Auslieferung gesprochen, wird alles niedergebügelt, aber wir haben einen sehr wehleidigen Redebeitrag der Grünen. Wissen Sie, Kollege Brosz, die Immunität schützt nicht vor allem und der Zweck heiligt nicht die Mittel. (Beifall beim BZÖ.)

In Ausübung meines Abgeordnetenamtes darf ich auch als Kontrollorgan niemanden nötigen und auch niemanden erpressen, um zu meinen Informationen zu kommen. Auch wenn ein politischer Zusammenhang bestünde, dürfte ich den Abgeord­neten-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 279

kollegen außer Dienst Faul nicht niederfahren, weil das ein Straftatbestand wäre. Auch wenn vielleicht der politische Zusammenhang erklärbar wäre, sehr geehrte Damen und Herren, dürfte ich es nicht! Ich dürfte es nicht! (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Da haben wir den gleichen Fall: Wir haben einen politischen Zusammenhang – ein Abgeordneter wird verdächtigt, dass er unter Umgehung sämtlicher Gesetze und Begehung schwerer Delikte in den Computer eines anderen eingebrochen ist und sich illegal Unterlagen beziehungsweise Computerdaten beschafft hat. Da stehen dann die Grünen und sagen: Ja, das ist ja der ureigene Auftrag eines grünen Abgeordneten, die Umgehung der Bürgerrechte. (Abg. Mag. Kogler: So ein Blödsinn!)

Da wird heute über ACTA, über die Bürgerrechte, über den Datenschutz diskutiert. Also wenn sich ein grüner Abgeordneter der Daten Dritter unter Umgehung des Datenschutzes und der Bürgerrechte bemächtigt, dann ist das alles die politische Immunität. Dann darf das nicht sein. (Abg. Mag. Kogler: Pass auf, was du sagst! Du hast es wieder genau nicht verstanden! – Ruf bei der ÖVP: Seid nicht so empfindlich, das macht ihr jeden Tag!)

Wenn ein Abgeordneter des BZÖ oder der FPÖ so etwas machen würde, dann konstruiert man einen Fall Kleindienst. Das hat ja dieses Haus schon einmal erlebt, unter der Federführung der Grünen.

Sehr geehrte Grüninnen und Grüne! (Heiterkeit bei BZÖ und ÖVP.) Seid nicht so empfindlich! Da ist offenbar etwas passiert, das nicht in Ordnung ist, und es ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft, das aufzuklären. Es kann und darf nicht sein, dass Abgeordnete in ihrer Abgeordnetentätigkeit zu illegalen Methoden greifen, um zu möglichen Informationen zu kommen. Das funktioniert nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Die ganze Diskussion, ob da ein politischer Zusammenhang oder kein politischer Zusa­mmenhang ist, wäre ein für alle Mal gelöst, wenn man der BZÖ-Forderung endlich Folge leistete, die Immunität gänzlich abzuschaffen. Erheben wir uns doch nicht über die Bevölkerung! (Beifall beim BZÖ.)

Der Fall Zinggl wäre – Kollege Pendl, Kollege Großruck hat es richtig gesagt – auch nach dem derzeitigen Stand der Reform ja niemals umfasst gewesen, weil der politische Zusammenhang ein offenkundiger ist. Aber dennoch darf das Parlament auch mögliche Straftäter nicht schützen, wenn sie eine Straftat im Rahmen ihrer politi­schen Tätigkeit begangen haben. Da hätten wir auch nach einer Reform dieser Immunität, die im Übrigen dann auch verunglückt wäre, auch keine Möglichkeit.

Daher nochmals: Schaffen wir sie ab, und ich sage, die Auslieferung des Abgeord­neten Zinggl ist mehr als gerechtfertigt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Was tun wir mit den Vorbestrafungen? – Abg. Ing. Westenthaler: Was machen wir mit den Dummen?)

23.08

23.08.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Dr. Jarolim: Was tun wir mit den Vorbestrafungen? – Abg. Grosz: Zumindest einmal ! – Abg. Ing. Westenthaler: Was machen wir mit den Blöden? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Ing. Westen­thaler.) – Herr Abgeordneter Dr. Jarolim, bitte!

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir jetzt diese Abstimmung und im Anschluss daran noch einmal eine Abstimmung haben. Ich würde darum bitten, über diese zwei Abstimmungsvorgänge einigermaßen ruhig drüberzu­kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 280

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1674 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 196 BAZ 1131/11x, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Wolfgang Zinggl wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.08.20Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungs­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1826/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umgestaltung des Parteiengesetzes zur Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

23.10.15Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1839/A(E) bis 1863/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 10762/J bis 10896/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.11 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.10.50 Schluss der Sitzung: 23.10 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien