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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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164. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 4., und Donnerstag, 5. Juli 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

164. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 4., und Donnerstag, 5. Juli 2012

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 4. Juli 2012: 9.06 – 24.00 Uhr

                                          Donnerstag, 5. Juli 2012: 0.00 –    0.44 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Gemeinsam Europas Zukunft gestalten – mit Beschäfti­gung, Wachstum und Stabilität“

2. Punkt: Beschluss des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Art. 136 AEUV hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

3. Punkt: Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Ir­land, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Repu­blik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der Republik Finn­land

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1985/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Zah­lungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert werden (ESM-Begleitnovelle)

5. Punkt: Bericht über den Antrag 1986/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (1879 d.B.) (Zweite Lesung)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bundesfinanz­rahmengesetz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden

7. Punkt: Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem König­reich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der


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Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Li­tauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem Königreich der Niederlan­de, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumä­nien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Königreich Schweden

8. Punkt: Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Re­publik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Verei­nigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Kroatien über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäi­schen Union samt Schlussakte

9. Punkt: Protokoll zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit

11. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die teilweise Suspendierung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit im Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Repu­blik Kosovo

12. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 100/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Ausbildung von Pflegekräften

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1668/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1746/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung des Pflegegeldes

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1822/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer automatischen jährlichen Wert­anpassung des Pflegegeldes an die Inflation

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1987/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1951/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ar­beitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1530/A(E) der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Förderung im Zusammen­hang mit dem Ausbildungsnachweis zur Lehrmitte (Praxistest)


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20. Punkt: Bericht über den Antrag 1728/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der Lehrlingsentschädigung

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1820/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Einführung des Blum-Bonus Neu

22. Punkt: Bericht über den Antrag 437/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Entfall der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Lehrlingsausbildung

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert werden

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1977/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen im UVP-Feststellungsverfahren

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1829/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, zuletzt geändert mit BGBl. 144/2011, geän­dert wird

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1947/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Wid­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klagsrecht für Umweltorganisationen

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1979/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention

28. Punkt: Bericht über den Antrag 1827/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Schiefergasförderung

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .....................................................................................................  28, 163

Ordnungsrufe ......................................................................................................  109, 145

Geschäftsbehandlung

Einwendungen des Abgeordneten Heinz-Christian Strache gegen die Tages­ordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 30

Einwendungen der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen ge­gen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung ............................................................................................ 30

Durchführung einer gemeinsamen Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                  30

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 30

Josef Bucher ................................................................................................................. 31

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 33

Dr. Peter Fichtenbauer ................................................................................................ 34

Jakob Auer .................................................................................................................... 35

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 37


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Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 39

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 41

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 42

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 44

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 45

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 47

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 49

Einwendungen finden keine Mehrheit ......................................................................  50, 50

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 50

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung in Bezug auf eine Äußerung des Abgeordneten Gerald Grosz:

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................. 85

Gerald Grosz ................................................................................................................. 85

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 85

Mitteilungen des Präsidenten Fritz Neugebauer in diesem Zusammenhang      85, 85

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ........  159, 161, 163, 166,
168,170, 172, 197, 199, 219, 221, 223

Unterbrechung der Sitzung ..............  159, 162, 164, 166, 169, 171, 173, 198, 200, 219,
222, 223

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Fritz Neugebauer .................................................................................. 292

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 296

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 28

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema „Gemeinsam Europas Zukunft gestalten – mit Beschäftigung, Wachstum und Stabilität“             ............................................................................................................................... 51

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 51

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   51

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 54

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 58

Heinz-Christian Strache .....................................................................................  60, 101

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 64

Josef Bucher ................................................................................................................. 68

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 71

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 73

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 75

Herbert Kickl ................................................................................................................. 77

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 80

Gerald Grosz ................................................................................................................. 81

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 83

Dr. Martin Bartenstein ................................................................................................. 86


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Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 87

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 89

Mag. Rainer Widmann ................................................................................................. 90

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ..................................................................................... 93

Franz Eßl ....................................................................................................................... 94

Dr. Martin Strutz ........................................................................................................... 94

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 95

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 96

Gerhard Huber .............................................................................................................. 97

Gerald Grosz (tatsächliche Berichtigung) .................................................................... 98

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 98

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Chris­tian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfas­sungsgesetzes – Ablehnung .........................................................  64, 103

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundeskanzler gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ab­lehnung ......................................................................  92, 103

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1716 d.B.): Beschluss des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Än­derung des Art. 136 AEUV hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mit­gliedstaaten, deren Währung der Euro ist (1877 d.B.)                             104

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1731 d.B.): Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Repu­blik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Repu­blik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slo­wakischen Republik und der Republik Finnland (1880 d.B.)                       104

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1985/A der Ab­geordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geän­dert werden (ESM-Begleitnovelle) (1878 d.B.) ..................................................... 104

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1986/A der Ab­geordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (1879 d.B.) (Zweite Lesung) .................................. 104

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1711 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bun­desfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013
bis 2016, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 ge­ändert werden (1883 d.B.)    ............................................................................................................................. 104

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 105

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 106


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 6

Josef Bucher ............................................................................................................... 108

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 109

Bernhard Themessl ................................................................................................... 111

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 112

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 116

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 119

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 121

Alois Gradauer ........................................................................................................... 124

Jakob Auer .................................................................................................................. 125

Christoph Hagen ........................................................................................................ 127

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 128

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 131

Maximilian Linder ....................................................................................................... 132

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 134

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 135

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 136

Josef Jury .................................................................................................................... 137

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 138

Gerhard Huber ............................................................................................................ 141

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 142

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 143

Karl Donabauer .......................................................................................................... 145

Martina Schenk ........................................................................................................... 146

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 148

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 150

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 151

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 153

Johann Singer ............................................................................................................ 154

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 155

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 156

Erich Tadler ................................................................................................................. 157

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Rein­hold Lopatka, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Euro­päischen Konvent und Eurobonds – Annahme (E 258)           116, 166

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnah­men zum Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch Prävention von Bankinsolvenzen und geordnete Reorganisation von Instituten mit wirtschaftli­chen Problemen – Annahme (E 260) ................................................  140, 174

Genehmigung des Beschlusses des Europäischen Rates in 1877 d.B. (nament­liche Abstimmung)      ............................................................................................................................. 159

Genehmigung des Staatsvertrages in 1880 d.B. (namentliche Abstimmung) ............ 161

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1880 d.B. (namentliche Abstimmung)     ............................................................................................................................. 163

Annahme des Gesetzentwurfes in 1878 d.B. (namentliche Abstimmungen)............... 166

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1878 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Insider-Regelungen bei Verhandlungen zu Sekundärmarkt­operationen des ESM (E 259) ..... 170

Annahme des Gesetzentwurfes in 1879 d.B. in zweiter Lesung (namentliche Ab­stimmung)                       170

Annahme des Gesetzentwurfes in 1883 d.B. (namentliche Abstimmung) .................. 172


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 7

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1725 d.B.): Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirt­schafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Re­publik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Un­garn, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Repu­blik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Königreich Schweden (1881 und Zu 1881 d.B.) ............................ 175

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 175

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 176

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 179

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 180

Josef Bucher ............................................................................................................... 182

Angela Lueger ............................................................................................................ 183

Peter Haubner ............................................................................................................. 184

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 185

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 186

Mag. Michael Schickhofer ......................................................................................... 188

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 189

Konrad Steindl ............................................................................................................ 191

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 191

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 192

Ing. Franz Windisch .................................................................................................... 194

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 195

Entschließungsantrag der Abgeordneten Renate Csörgits, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in Europa – Annahme (E 261) .................................................................................................................  177, 201

Genehmigung des Staatsvertrages in 1881 d.B. (namentliche Abstimmung) ............ 197

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1881 d.B. (namentliche Abstimmung)     ............................................................................................................................. 199

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1717 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Kö­nigreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzog­tum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Kroatien über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union samt Schlussakte (1848 d.B.) ............................................................................................... 202

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 202

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 203

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 204

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 205


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 8

Gerald Grosz ............................................................................................................... 205

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ..................................................................... 206

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 207

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 208

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 210

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 212

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 213

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 214

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 216

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 217

Harald Vilimsky .......................................................................................................... 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Restitution an Altösterreicher durch die Republik Kroatien – Ablehnung (namentliche Abstimmung)         211, 223

Genehmigung des Staatsvertrages in 1848 d.B. (namentliche Abstimmung) ............ 219

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1848 d.B. (namentliche Abstimmung)     ............................................................................................................................. 221

9. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1796 d.B.): Protokoll zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon (1849 d.B.)                     225

Redner/Rednerinnen:

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 225

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher .................................................................................. 226

Johann Singer ............................................................................................................ 226

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 227

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 228

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 228

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ...................................................................... 230

Genehmigung des Staatsvertrages in 1849 d.B. ......................................................... 231

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1849 d.B.          231

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1682 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit (1851 d.B.)   ............................................................................................................................. 231

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1737 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die teilweise Suspendierung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bun­desrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit im Verhältnis zwischen der Re­publik Österreich und der Republik Kosovo (1850 d.B.) ........................................................ 231

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 231

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 232

Karl Öllinger ................................................................................................................ 233

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 233

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 234

Dietmar Keck .............................................................................................................. 235

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1851 und 1850 d.B. ................................ 236


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1652 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung über die gemeinsame Förde­rung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird (1852 d.B.) ......... 236

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 100/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Ausbildung von Pflegekräften (1853 d.B.) .................................................................................................................... 236

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1668/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einführung einer Pflegelehre (1854 d.B.) .................................................................................................................... 236

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1746/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend jährliche Valorisierung des Pflegegeldes (1855 d.B.)        ............................................................................................................................. 236

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1822/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer automatischen jährlichen Wertanpassung des Pflege­geldes an die Inflation (1856 d.B.) .................................... 236

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 237

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 237

Karl Öllinger ................................................................................................................ 238

Mag. Michael Hammer ............................................................................................... 240

Ursula Haubner .......................................................................................................... 242

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 244

Rupert Doppler ........................................................................................................... 245

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 245

Johann Höfinger ......................................................................................................... 247

Martina Schenk ........................................................................................................... 248

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 248

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behandlung des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen (NAP) im Nationalrat – Ablehnung ..............................................................................................................................  240, 249

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Be­treuungsbereich – Ablehnung .  243, 249

Genehmigung der Vereinbarung in 1852 d.B. .............................................................. 249

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1853, 1854, 1855 und 1856 d.B. ........... 249

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1987/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpen­sionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1858 d.B.)                                                  250

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 250

Karl Donabauer .......................................................................................................... 251


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 10

Werner Neubauer ....................................................................................................... 252

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 253

Werner Neubauer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 253

Karl Öllinger ................................................................................................................ 255

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 256

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 258

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate, nach der Pensionshöhe gestaffelte Abschlagszah­lungen für all jene Pensionsbezieher, die bei der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden – Ablehnung ........  254, 259

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der Benachteiligung der Pensionsanpas­sung 2008 für Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz – Ablehnung                                                                            257, 259

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 258

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1951/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Fi­nanzierungsgesetz geändert wird (1857 d.B.) ........................... 259

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1530/A(E) der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Wiedereinführung der Förderung im Zusammenhang mit dem Ausbildungsnachweis zur Lehrmitte (Praxistest) (1859 d.B.)                  259

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1728/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Umbenennung der Lehrlingsentschädigung (1860 d.B.)      ............................................................................................................................. 259

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1820/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einführung des Blum-Bonus Neu (1861 d.B.)        ............................................................................................................................. 259

22. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 437/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entfall der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Lehrlingsausbil­dung (1862 d.B.) ................................................................................... 259

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 260

Renate Csörgits .......................................................................................................... 260

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 261

August Wöginger ....................................................................................................... 262

Bernhard Vock ............................................................................................................ 262

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 263

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 265

Franz Riepl .................................................................................................................. 266

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 267

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ....................................................................... 268

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 269

Rupert Doppler ........................................................................................................... 270

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 271

Annahme des Gesetzentwurfes in 1857 d.B. .............................................................. 272

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 1859, 1860, 1861 und 1862 d.B. ........... 272


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 11

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1809 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert werden (1867 d.B.)              ............................................................................................................................. 272

24. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1977/A(E) der Ab­geordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rech­te der Nachbarn/Nachbarinnen, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen im UVP-Feststellungsverfahren (1868 d.B.) ........................... 272

25. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1829/A der Abge­ordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, zuletzt geändert mit BGBl. 144/2011, geändert wird (1869 d.B.) ............................................................................................................................. 272

26. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1947/A(E) der Ab­geordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klags­recht für Umweltorganisationen (1870 d.B.)          ............................................................................................................................. 273

27. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1979/A(E) der Ab­geordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend voll­ständige Umsetzung der Aarhus-Konvention (1871 d.B.)        ............................................................................................................................. 273

28. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1827/A(E) der Ab­geordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Schiefergasförderung (1872 d.B.)             ............................................................................................................................. 273

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ........................................................................................................... 273

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 274

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 275

Hannes Weninger ....................................................................................................... 277

Martina Schenk ........................................................................................................... 279

Franz Hörl .................................................................................................................... 279

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 280

Mathias Venier ............................................................................................................ 282

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 282

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 283

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 283

Werner Neubauer ....................................................................................................... 284

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 285

Erwin Hornek .............................................................................................................. 285

Walter Schopf ............................................................................................................. 286

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 286

Peter Stauber .............................................................................................................. 287

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 288

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 288

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 289

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 289

Annahme des Gesetzentwurfes in 1867 d.B. .............................................................. 291

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 1868, 1869, 1870, 1871 und 1872 d.B.                      291

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 28


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 12

Bürgerinitiative betreffend „Weitere Mitgliedschaft Österreichs bei EURATOM“ (Ordnungsnummer 44)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 28

1843: Bundesgesetz, mit dem das Geodateninfrastrukturgesetz geändert wird

1882: Protokoll zwischen der Republik Österreich und Georgien und Zusatzpro­tokoll zur Abänderung des am 11. April 2005 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Berichte ......................................................................................................................... 28

Vorlage 98 BA: Berichte über die Durchführung der finanziellen Erfolgskontrolle bei Anwendung der Flexibilisierungsklausel gemäß § 2 Erfolgskontrollen-Verord­nung, BGBl. Teil II Nr. 28/2001, sowie Stellungnahme des Controlling-Beirates; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-336: Bericht, Reihe Bund 2012/6; Rechnungshof

III-340: Kulturbericht 2011; BM f. Unterricht, Kunst und Kultur

III-341: Kunstbericht 2011; Bundesregierung

III-342: Tätigkeitsbericht des Österreichischen Wissenschaftsrates über die Jah­re 2009, 2010 und 2011; BM f. Wissenschaft und Forschung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein modernes, unbürokrati­sches und autonomes Schulsystem (2022/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderun­gen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Kindergarten (2023/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Bildung (2024/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderun­gen des Volksbegehrens „Bildungsinitiative“ im Bereich Hochschulen (2025/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gründung einer „Ös­terreichischen Baukulturstiftung“ (2026/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deklaration zur Bau­kultur (2027/A)(E)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Menschenrechts­lage in der Türkei (2028/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Sonder­schullehrpläne (2029/A)(E)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gratisabgabe von Kondomen für Jugendliche bis 18 Jahren (2030/A)(E)

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Daniela Mu­siol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (Gesetzesbeschwerde, Beibehaltung des Art. 144 B-VG) (2031/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 13

Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Harald Stefan, Mag. Daniela Mu­siol, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (Gesetzesbeschwerde, Entfall des Art. 144 B-VG) (2032/A)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einleitung eines Vertragsver­letzungsverfahrens wegen europarechtswidriger Temelίn-UVP (2033/A)(E)

Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Um­stiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich (2034/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der Benach­teiligung der Pensionsanpassung 2008 für Pensionen unter dem Ausgleichszulagen­richtsatz (2035/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12102/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Feuerwerkskörper und Gesundheitsschäden 2011“ (12103/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Security-Personal (beziehungsweise Ordner und Türsteher) – Sicherheits­probleme im Jahr 2011“ (12104/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Horn an HS, NMS, AHS und BMHS (12105/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Hollabrunn an HS, NMS, AHS und BMHS (12106/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Gmünd an HS, NMS, AHS und BMHS (12107/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Lilienfeld an HS, NMS, AHS und BMHS (12108/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Scheibbs an HS, NMS, AHS und BMHS (12109/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Zwettl an HS, NMS, AHS und BMHS (12110/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk St. Veit an HS, NMS, AHS und BMHS (12111/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Villach Stadt an HS, NMS, AHS und BMHS (12112/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 14

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Völkermarkt an HS, NMS, AHS und BMHS (12113/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wolfsberg an HS, NMS, AHS und BMHS (12114/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Feldkirchen an HS, NMS, AHS und BMHS (12115/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Hermagor an HS, NMS, AHS und BMHS (12116/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Spittal/Drau an HS, NMS, AHS und BMHS (12117/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Eisenstadt an HS, NMS, AHS und BMHS (12118/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Mattersburg an HS, NMS, AHS und BMHS (12119/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Neusiedl an HS, NMS, AHS und BMHS (12120/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Oberpullendorf an HS, NMS, AHS und BMHS (12121/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Oberwart an HS, NMS, AHS und BMHS (12122/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bun­desland Burgenland (12123/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Burgenland (12124/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bun­desland Burgenland (12125/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bun­desland Kärnten (12126/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bun­desland Kärnten (12127/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 15

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Kärnten (12128/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bun­desland Niederösterreich (12129/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Niederösterreich (12130/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Oberösterreich (12131/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bun­desland Oberösterreich (12132/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Oberösterreich (12133/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Salzburg (12134/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Freistadt an HS, NMS, AHS und BMHS (12135/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Bludenz an HS, NMS, AHS und BMHS (12136/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Ottakring an HS, NMS, AHS und BMHS (12137/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Penzing an HS, NMS, AHS und BMHS (12138/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Meidling an HS, NMS, AHS und BMHS (12139/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Margareten an HS, NMS, AHS und BMHS (12140/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Alsergrund an HS, NMS, AHS und BMHS (12141/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Graz-Umgebung an HS, NMS, AHS und BMHS (12142/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 16

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Reutte an HS, NMS, AHS und BMHS (12143/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Feldkirch an HS, NMS, AHS und BMHS (12144/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wels-Land an HS, NMS, AHS und BMHS (12145/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Perg an HS, NMS, AHS und BMHS (12146/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Ried/Innkreis an HS, NMS, AHS und BMHS (12147/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Eferding an HS, NMS, AHS und BMHS (12148/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Wien-Brigittenau an HS, NMS, AHS und BMHS (12149/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Voitsberg an HS, NMS, AHS und BMHS (12150/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Tamsweg an HS, NMS, AHS und BMHS (12151/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schulplatzsituation im Bezirk Hallein an HS, NMS, AHS und BMHS (12152/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Salzburg (12153/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bun­desland Salzburg (12154/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Steiermark (12155/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Steiermark (12156/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Tirol (12157/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 17

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Tirol (12158/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Vorarlberg (12159/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Vorarlberg (12160/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bundesland Vorarlberg (12161/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Primarstufe im Bundes­land Wien (12162/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe II im Bundesland Wien (12163/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Fehlstunden an Schulen der Sekundarstufe I im Bun­desland Wien (12164/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Gift in Kunststoffkochutensilien (Kochlöf­fel et cetera) (12165/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Gift in Kunststoffkochutensilien (Kochlöffel et cetera) (12166/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend steigende Tendenz zu Übergewicht (12167/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend „Aktionstage ,Weiße Feder‘“ – Inserat des BMUKK in „Heute“ am 27. Juni 2012 (12168/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Löschung unerwünschter Inhalte (12169/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Staustunden von Lkws (12170/J)

Mag. Michael Hammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Lärmschutz Innkreis Autobahn A 8 (12171/J)

Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Halt der ÖBB-Railjet-Züge am Bahnhof Wels (12172/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das Si­cherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12173/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12174/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 18

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bun­desregierung ohne Diplomatenpass (12175/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesre­gierung ohne Diplomatenpass (12176/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12177/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12178/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12179/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12180/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung oh­ne Diplomatenpass (12181/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12182/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Di­plomatenpass (12183/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesre­gierung ohne Diplomatenpass (12184/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12185/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend das Sicherheitsrisiko für Mitglieder der Bundesregierung ohne Diplomatenpass (12186/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12187/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12188/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12189/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Be­reich (12190/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 19

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12191/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12192/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12193/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12194/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12195/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12196/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12197/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Be­reich (12198/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12199/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Anzahl an Lehrlingen im öffentlichen Bereich (12200/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Ver­wendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12201/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12202/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmei­len für private Zwecke (12203/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12204/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12205/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12206/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12207/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12208/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12209/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 20

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12210/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwe­cke (12211/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwecke (12212/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwe­cke (12213/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Verwendung von dienstlichen Bonusmeilen für private Zwe­cke (12214/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12215/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregie­rung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12216/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefen­psychologie – IFAT“ (12217/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12218/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12219/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12220/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agen­tur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12221/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12222/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Res­sorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12223/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 21

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12224/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Aufträge von ÖVP-geführten Ressorts der Bundesregierung an eine ÖVP-nahe Agentur und das „Institut für angewandte Tiefenpsychologie – IFAT“ (12225/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend mangelnde tierärztliche Versorgung im „Landestierschutzheim Steiermark in der Grazer Grabenstraße“ (12226/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die ungenaue und unrichtige Beantwortung der Anfrage „Landestierschutzheim Steiermark in der Grazer Grabenstraße“ (12227/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Kosten der 19 österreichischen Krankenversicherungsträger im Jahr 2011 (12228/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Inneres betreffend Telefonnummern in Korruptionsfall (12229/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Dienstrechtswidrigkeiten an der HS Lindenallee Knit­telfeld beziehungsweise im Vollzugsbereich des zuständigen Bezirksschulinspektors (12230/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend vermehrte Fälle von Neurodermitis bei Kindern (12231/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Einschränkung der Reisefreiheit eines Teiles der Südtiroler (12232/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend unterdrückte Nummern von Polizeidienststellen (12233/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Neurodermitis-Erkrankungen (12234/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend mögliche Geldzahlungen an Alfons Mensdorff-Pouilly im Zuge des Pandemievertrages mit der Fa. Baxter (12235/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Zugangsbeschränkungen an Medizinischen Universi­täten (12236/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend „GPLA-Prüfungen: Prüfpraxis durch Sozial­versicherungsträger und Finanz 2011“ (12237/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finan-
zen betreffend „GPLA-Prüfungen: Prüfpraxis durch Sozialversicherungsträger und Fi­nanz 2011“ (12238/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 22

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Wilderer in Österreich – Polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlun­gen 2011“ (12239/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Wilderer in Österreich 2011 – Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sowie Ge­richtsverfahren nach §§ 137-141 StGB“ (12240/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Suchtprävention und Suchtberatung (12241/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Eigentumsdelikte im ersten Halbjahr 2012 in den Landeshauptstädten (12242/J)

Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend die Steuerpflicht für Dienstwohnungen in touristischen Branchen (12243/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltdelikte im ersten Halbjahr 2012 in den Landeshauptstädten (12244/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Technische Kommunikationsüberwachung (12245/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Bürgerbespitzelung durch ausländische Geheimdienste (12246/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Risiken der Technischen Telekommunikationsüberwachung (12247/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Datenweitergabe durch das HNA an ausländische Dienste (12248/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend den Austausch fehlerhafter Daten mit ausländischen Nachrichtendiensten (12249/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Auftrags­summen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12250/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langtha­ler (12251/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Mo­nika Langthaler (12252/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12253/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12254/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12255/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12256/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 23

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12257/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langtha­ler (12258/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12259/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12260/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12261/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12262/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Auftragssummen an die Firma Brainbows/Monika Langthaler (12263/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Berufsbezeichnungen und Titelwirrwarr bei Wahlen und in der Öffentlichkeit (12264/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Be­rufsbezeichnungen und Titelwirrwarr bei Wahlen und in der Öffentlichkeit (12265/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Berufsbezeichnungen und Titelwirrwarr bei Wahlen und in der Öffentlichkeit (12266/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Berufsbezeichnungen und Titelwirrwarr bei Wahlen und in der Öffentlichkeit (12267/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister in Vorarlberg (12268/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister in Tirol (12269/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister in der Steiermark (12270/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister in Salzburg (12271/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister in Kärnten (12272/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister im Burgenland (12273/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 24

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Presseaussendung LK Kärnten bezüglich Almfutterflächen“ (12274/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Kompatibilität des „verschränkten Unterrichts“ mit Freizeitengagement (12275/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Inserate und Medienkoope­rationen mit der Bauernzeitung und dem Österreichischen Agrarverlag“ (12276/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Asylunterkunft Altenmarkt an der Triesting (12277/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Kontrolle der Mittelverwen­dung des ÖKOSOZIALEN FORUMS sowie der Plattform FORUM LAND“ (12278/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend Sprachstand von Kindern mit Migrationshinter­grund (12279/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verfahrenshilfe 2011 und 2012 bis dato (12280/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend das „Emirat Kaukasus“ in Österreich (12281/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Islamisten innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (12282/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Umsetzung der Entschließungen 197/E, 198/E und 199/E (12283/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Geldflüsse des islamischen Terrorismus (12284/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Novellierung des österreichischen Tierversuchsgesetzes (12285/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend amtliches Hunderegister bei IFTA Ltd. (12286/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Novellierung des österreichischen Tierversuchsgesetzes (12287/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend unterlassene Rekonstruktion des vernichteten Aktes „Geh.Abb/98-Sonderoperation „Dürer“ – Verbindungen zum Fall Kampusch (12288/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend „Eurogendfor – EU-Polizeitruppe“ (12289/J)

*****

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend das Sicherheitsrisiko für die Präsidenten des Nationalrates im Ausland (83/JPR)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 25

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend das Sicherheitsrisiko für die von der SPÖ, der ÖVP und den Grünen im Außen­politischen Ausschuss tätigen Mitglieder des Nationalrates im Ausland (84/JPR)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Berufsbezeichnungen und Titelwirrwarr bei Wahlen und in der Öffentlichkeit (85/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (11289/AB zu 11482/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (11290/AB zu 11485/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (11291/AB zu 11480/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (11292/AB zu 11483/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (11293/AB zu 11481/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (11294/AB zu 11527/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (11295/AB zu 11528/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11296/AB zu 11583/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11297/AB zu 11584/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11298/AB zu 11585/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11299/AB zu 11586/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11300/AB zu 11587/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11301/AB zu 11588/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11302/AB zu 11589/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11303/AB zu 11590/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11304/AB zu 11591/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11305/AB zu 11592/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11306/AB zu 11593/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11307/AB zu 11594/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11308/AB zu 11595/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11309/AB zu 11596/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11310/AB zu 11597/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11311/AB zu 11598/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11312/AB zu 11599/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11313/AB zu 11600/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11314/AB zu 11601/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11315/AB zu 11602/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (11316/AB zu 11484/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (11317/AB zu 11486/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (11318/AB zu 11509/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (11319/AB zu 11487/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (11320/AB zu 11488/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (11321/AB zu 11497/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11322/AB zu 11565/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11323/AB zu 11566/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (11324/AB zu 11582/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 27

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (11325/AB zu 11489/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (11326/AB zu 11490/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (11327/AB zu 11491/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (11328/AB zu 11520/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (11329/AB zu 11506/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 28

09.06.01Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, Ihre Plätze einzunehmen und eröffne die Sitzung.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 163. Sitzung vom 27. Ju­ni 2012 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Großruck und Ing. Hofer.

09.06.43Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 12102/J bis 12241/J;

Schriftliche Anfragen an die Präsidentin des Nationalrates: 83/JPR und 84/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 11289/AB bis 11329/AB;

3. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Geodateninfrastrukturgesetz geändert wird (1843 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Berichte des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft über die Durchführung der finanziellen Erfolgskontrolle bei Anwendung der Fle­xibilisierungsklausel gemäß § 2 Erfolgskontrollen-Verordnung, BGBl. Teil II Nr. 28/2001, sowie Stellungnahme des Controlling-Beirates (Vorlage 98 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 44 betreffend „Weitere Mitgliedschaft Österreichs bei EURATOM“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 2015/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Integrierung der Schutzmachtfunktion für Südtirol in die österreichische Verfas­sung;

Budgetausschuss:

Antrag 2021/A(E) der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Budgetmittel im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 29

Finanzausschuss:

Protokoll zwischen der Republik Österreich und Georgien und Zusatzprotokoll zur Ab­änderung des am 11. April 2005 in Wien unterzeichneten Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Ver­mögen (1882 d.B.),

Antrag 2019/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kontrolle der Goldreserven der Oesterreichischen Nationalbank;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesgesetz, mit dem das Sprengmittelgesetz 2010 geändert wird (Sprengmittelge­setz-Novelle 2012) (1810 d.B.),

Antrag 2017/A(E) der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Umgehung der Beschuldigtenrechte im staatsanwaltschaftlichen Ermitt­lungsverfahren durch fälschliche Anwendung des Sicherheitspolizeigesetzes;

Justizausschuss:

Antrag 2016/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 66/2011, geändert wird;

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2012/6 (III-336 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Antrag 2018/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Eindämmung des Verkehrssicherheitsproblems „Handy am Steuer“,

Antrag 2020/A(E) der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend planmäßigen Halt aller ÖBB-Premium-RailJet-Züge in Wörgl;

Wissenschaftsausschuss:

Bundesgesetz betreffend den Erwerb von Geschäftsanteilen der PEG MedAustron Ge­sellschaft mbH (MedAustron GmbH-Gesetz – MAGG) (1811 d.B.),

Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein zeitgemäßes Tierversuchsgesetz für Österreich;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Kulturausschuss:

Kulturbericht 2011 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-340 d.B.),

Kunstbericht 2011 der Bundesregierung (III-341 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Österreichischen Wissenschaftsrates über die Jahre 2009, 2010 und 2011, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (III-342 d.B.).

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe außerdem bekannt, dass diese Sit­zung auf ORF 2 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge übertragen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 30

09.07.24Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Strache hat im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die schriftlich mitgeteilte Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben. Die Einwendungen betreffen die Abset­zung der Tagesordnungspunkte 2 bis 6 von der heutigen Tagesordnung.

Weiters hat Herr Abgeordneter Bucher im Sinne des § 50 der Geschäftsordnung schriftlich Einwendungen gegen die schriftlich mitgeteilte Tagesordnung der heutigen Sitzung erhoben. Die Einwendungen betreffen die Absetzung der Tagesordnungspunk­te 2 bis 7 von der heutigen Tagesordnung.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat.

Ich reduziere die Redezeit und die Anzahl der Redner und Rednerinnen im Sinne des § 50 Abs. 1. Für die gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattfindende gemeinsame De­batte wurde folgende Gestaltung vereinbart: ein Einwender FPÖ 5 Minuten, ein Ein­wender BZÖ 5 Minuten und danach zwei Runden in der Reihenfolge SPÖ, FPÖ, ÖVP, BZÖ und Grüne mit je 5 Minuten.

Ich erteile nun Herrn Klubobmann Strache das Wort. – Bitte.

 


9.08.24

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Die heutige Einwendungsdebatte ist kein bloßer oder billiger Aktionismus (Abg. Dr. Bartenstein: Na, schauen wir einmal! – Ah-Rufe bei der SPÖ), sondern begründet sich mit der tiefen Sorge darüber, was heute auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses platziert wurde und begründet sich mit der Sorge um unsere ös­terreichischen Verfassungsgrundsätze, begründet sich mit der Sorge letztlich darum, dass die Freiheit und Souveränität Österreichs, aber auch unsere Budgethoheit in Ge­fahr ist. Und ich sage, im Gegensatz zur SPÖ, ÖVP und den Grünen wollen wir nicht den Großbanken oder Spekulanten dienlich sein, sondern wir haben einer Gruppe zu dienen, nämlich der österreichischen Bevölkerung und deren Interessenlagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das wäre die Aufgabe jedes einzelnen Parlamentariers hier: der österreichischen Be­völkerung dienlich zu sein. Wir fordern die Entfernung der Teile der Tagesordnung be­treffend die Beschlussfassung über den ESM, den sogenannten Europäischen Stabi­litätsmechanismus, von der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung, weil unserer Auffassung nach gerade in dieser entscheidenden Frage auch eine verbindliche Volks­abstimmung notwendig wäre und Sie diese verweigern. (Beifall bei der FPÖ.)

De facto wäre der ESM, der Europäische Stabilitätsmechanismus, nämlich die Übertra­gung der österreichischen Souveränitätsrechte in Richtung eines Ermächtigungsgeset­zes, einer diktatorischen Vollmacht, einer Exekutiveinrichtung namens Gouverneursrat im Rahmen des ESM-Gouverneursrats, der letztlich ohne Kontrolle durch die Legisla­tive oder Judikative agieren können soll. Und das sind grundlegende Veränderungen, die unserer Auffassung nach nur mit einer verbindlichen Volksabstimmung durchsetz­bar sein können. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese durch einen Vertrag ermöglichte Ermächtigung – und das ist ein Ermächtigungs­gesetz – bedeutet letztlich, dass die ureigene Kompetenz, die die Selbständigkeit eines Staates ausmacht, nämlich die parlamentarische Budgethoheit, in Zukunft abgetreten werden soll und man völlig unbeeinflusst von diesem Parlament in Zukunft von außen bestimmt bekommt, was mit Geldern des österreichischen Steuerzahlers zu geschehen hat. Und das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Verfassung und daher unserer Auffassung nach selbstverständlich einer Volksabstimmung zu unterziehen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 31

Wenn heute Rot, Schwarz und Grün, diese drei Parteien, im Alleingang die Teilnahme Österreichs an einem ESM beschließen, so ist das nichts anderes – und man muss es so nennen – als ein Verfassungsputsch beziehungsweise auch ein kalter Staats­streich (He- und Hallo-Rufe), dessen Ziel de facto die Abschaffung der Zweiten Re­publik darstellt zugunsten des Aufgehens Österreichs in einer zentralistischen europäi­schen bundesstaatlichen Struktur (Beifall bei der FPÖ), wie es ja jetzt schon der Herr Außenminister Spindelegger klar und offen definiert hat.

Man muss letztlich davon sprechen, dass der ESM-Gouverneursrat, der nicht demokra­tisch kontrolliert wird, der auch nicht der Exekutive, der Judikative, den Parlamenten Rechenschaft abzulegen hat, natürlich ein Instrument einer Finanzdiktatur darstellt, an­ders kann man das nicht bezeichnen. Und die einzelnen Mitgliedsländer der Europäi­schen Union hätten – wenn es nach diesem Ziel geht, das offenkundig geworden ist, das offenbar drei Parteien in diesem Haus haben, nämlich Entscheidungen in Richtung eines zentralistischen europäischen Bundesstaates voranzutreiben, die nicht mehr rückgängig zu machen sein sollen – und dann hätten auch wir als Teil der Europäi­schen Union im Falle so einer katastrophalen Umsetzung weniger Rechte als einzelne amerikanische Bundesstaaten.

Das ist ein Weg in Richtung eines autoritären Systems, das eine Vorspiegelung de­mokratischer Grundprinzipien darstellt. Und über diesen schwerwiegenden Schritt in ei­ne unheilvolle, aber auch sehr bedenkliche Zukunft darf nur der Souverän entscheiden, und der Souverän ist nun einmal die österreichische Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es kann nicht sein, dass Sie dem Souverän sein Recht nehmen wollen, über seine Gelder, nämlich Steuergelder, verfügen zu wollen, sodass der österreichische Souve­rän durch Sie heute – durch drei Parteien – gezwungen werden soll, sein Steuergeld in marode Bankensysteme und Pleitestaaten zu pumpen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), für die er keine Verantwortung trägt. Das sind unverantwort­liche Vorgangsweisen, wo der österreichischen Bevölkerung auch das Recht zukommt, eine verbindliche Volksabstimmung gesichert zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

9.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. – Bitte.

 


9.13.58

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der eine oder andere mag das als populistischen Akt betrachten (Abg. Dr. Moser: Das ist so!), aber ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ, ÖVP und Grünen, Ihnen wird das Lachen noch vergehen!

Ihnen wird das Lachen noch vergehen, wenn die ersten Staaten und die ersten Banken dann tatsächlich pleitegehen und kein Geld zurückfließt aus dem Teufelswerk, das Sie heute im Begriffe sind, zu beschließen. (Abg. Dr. Bartenstein: Teufelswerk?!) – Ja, ich sage ganz bewusst: Teufelswerk. Warum? – Weil es ja in den Reihen der Konservati­ven, weil es in den Reihen auch der Sozialdemokraten sehr viele gibt, die insgeheim genau wissen, dass das, was heute beschlossen wird, zum Schaden Österreichs ist. Sie wissen das! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Daher will ich das nicht als populistische Handlung abtun, sondern als eine gewis­senhafte politische Debatte, die wir führen sollten. Es waren letzte Woche hier Exper­ten vertreten, die uns wirklich gesagt haben, welche Fallstricke in diesem Teufelswerk Europäischer Stabilitätsmechanismus eingebaut sind. Ja Sie (in Richtung SPÖ) neh­men das sehr leichtfertig hin, Sie lachen darüber. Wie können Sie so einfach und leichtfertig 40 Milliarden € versprechen? Wie können Sie das gegenüber den österrei­chischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern verantworten, die hart arbeiten müssen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 32

in unserem Land, damit sie die Steuern abliefern können, und Sie verpulvern Milliarden an marode Banken und Pleitestaaten – einfach so, als gäbe es kein Morgen, und ein­fach so, als hätten wir das Geld?

Den Wirtschaftern in der ÖVP sage ich: Wir haben das Geld nicht! Es gibt keinen ge­heimen Tresor, den die Frau Finanzministerin aufmachen kann, wo all diese Milliarden drinnen sind. Sie verpfänden die nächsten Generationen! (Abg. Dr. Kräuter: Hypo!) Es werden noch Generationen, die noch nicht einmal auf der Welt sind, für das zahlen müssen, was Sie hier heute beschließen, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und SPÖ. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sie sehen doch, dass sämtliche Krisengipfel der letzten Monate und Jahre nichts ge­bracht haben, dass man die Situation nicht in den Griff bekommen hat, dass im Grunde genommen alles immer noch teurer und noch schlimmer geworden ist. Schauen Sie nach Griechenland: Die Rezession wird noch schlimmer ausfallen! Schauen Sie nach Spanien: Nicht 60 Milliarden, sondern 100 Milliarden werden benötigt!

Schauen Sie heute nach Deutschland: Dort wird schon über Alternativen nachgedacht. Dort sagt beispielsweise Seehofer, der CSU-Chef aus Bayern, dass er diesen Weg, den die Frau Merkel da einschlägt, nicht mehr mitgehen möchte. Es kommt zu einem Umdenken in Europa, aber Österreich nimmt die Scheuklappen vor die Augen und geht mit dieser Bundesregierung blind in den Untergang. Dagegen wehren wir uns mit aller Kraft und allen Möglichkeiten, die wir vom BZÖ haben, weil wir auf der Seite der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auf der Seite unseres Landes sind. (Beifall beim BZÖ.)

Und bitte bedenken Sie Folgendes: Dieser Vertrag, den Sie heute beschließen wer­den – SPÖ, ÖVP und Steigbügelhalter Grüne –, dieser Vertrag ist ja nicht einmal der Letztstand. Er wurde beim letzten Gipfeltreffen am Wochenende überarbeitet, das heißt, es kommen ja in nächster Zukunft noch weitere Grauslichkeiten auf Sie zu. Denn was ist denn beschlossen worden am Wochenende? – Dass die Gelder künftighin di­rekt an die Banken fließen werden, also nicht mehr den Bypass, nicht mehr den Um­weg über die Länder nehmen, sondern dass die Banken direkt in die Taschen der Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler greifen können. Das wollen Sie jetzt mitbeschließen.

Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, vor dem Hintergrund, dass die Auflagen für die Schuldnerländer weiterhin gelockert worden sind. Das heißt, Sie ge­ben einfach gewissenlos Milliarden aus, ohne zu wissen, wer künftighin die Rechnung dafür zahlen wird.

Ich sage Ihnen: Die Rechnung wird der österreichische Steuerzahler zahlen müssen, denn es ist noch kein Cent von Griechenland zurückgekommen. Es wird kein Cent von diesen über 40 Milliarden €, die Sie heute beschließen wollen, zurückfließen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) Er kann auch nicht zurückfließen, Herr Kollegen Bartenstein (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein), weil Sie in einen Fonds einzahlen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), der nicht ein­mal aufgelöst werden kann. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Somit ist das Geld, das wir nicht haben, heute schon verloren und damit die nächsten Generationen verpfändet! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich mache auf Fol­gendes aufmerksam: Ich habe jetzt nicht in Ihre Rede eingegriffen, aber wir diskutieren die Einwendungen gegen die Tagesordnung, und daher lege ich Wert darauf, dass auch Einwendungen vorgebracht werden. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist ja der Grund für die Einwendung! – Abg. Dr. Moser: Das ist ja Teil der Tagesordnung!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 33

9.19.33

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich halte die Ein­wendungen für nicht schlüssig, auch nicht für sinnvoll. Es wird jetzt in vielen europäi­schen Staaten genau das diskutiert, was wir heute auf der Tagesordnung haben – und es wird dann auch beschlossen werden, so wie es aussieht. (Abg. Kickl: Herden­trieb! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Skandal!) Aber die Wortmeldungen der bei­den Oppositionssprecher von FPÖ und BZÖ waren eine Mischung aus Angstmacherei und Alternativenlosigkeit (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller), und davon hat der Bürger und die Bürgerin nichts. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie müssen ja die Szenarien zu Ende denken! Wenn Sie einfach die Banken krachen gehen lassen, dann frage ich mich: Denken Sie an die vielen Sparerinnen und Sparer nicht, die in den unzähligen Banken ihr Geld zusammengespart dort liegen haben? Ist Ihnen das gleichgültig, als Vertreter der kleinen Leute, wie Sie immer sagen? (Abg. Strache: Die Spareinlagen gehören ja gesichert! Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Also wir stehen auf der Seite derjenigen, die wirklich alles unternehmen wollen, dass diese Banken ein funktionierender Teil der Wirtschaft sind. Sie sollen ihren Obolus zahlen, sie werden eine Bankenaufsicht bekommen, sie sollen ein gewisses Eigenka­pital haben. Wir sind bereit, dafür zu kämpfen, dass es dann eine Einlagensicherung gibt. (Abg. Strache:  bedient ja die Spekulanten und nicht die Sparer!) Aber die Auf­sicht soll dann auch bewirken, dass man hineinschaut, was in diesen Banken vor sich geht; und dort, wo Steuergelder sind, dort sollen auch die Eigentumsrechte übertragen werden. Na, was wollen Sie noch? Und wir wollen damit die Einlagen der Sparerinnen und Sparer sichern.

Das Zweite ist, weil Sie sagen, es gibt die Notwendigkeit einer Volksabstimmung, also wir diskutieren da gerade einen Staatsvertrag: Das ändert an der österreichischen Ver­fassung gar nichts. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Guter Schmäh! Abg. Stra­che: Ein Wahnsinn! – Abg. Kickl: Unglaublich!) Und beispielhaft für andere Parla­mente in Europa werden wir hier ein Veto- und Mitwirkungsrecht dieses Parlaments beschließen: bei der Erhöhung, bei der Vergabe dieser Mittel im ESM. Das ist ganz entscheidend ehrlich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Iro­nische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.)

Ich sage das deswegen, damit die Steuerzahlerin und der Steuerzahler in Österreich wissen, wir haben ein Auge darauf. Ehrlich gesagt, den ESM und das Geld, das dort hinkommen und für eine stabile Währung sorgen soll, das machen wir auch aus sehr eigensüchtigen Gründen, denn wir wollen, dass der Euro, der auch unsere Währung ist, weiter stabil ist, damit unser Standort gesichert ist und damit auch die wirtschaft­liche Entwicklung abgesichert wird. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir brauchen das, denn eine halbe Million bis eine Million sind abhängig vom Export. Wir wollen, dass es in Europa – und nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt, aber jetzt vor allem in Europa, in der Eurozone – eine möglichst hohe Kaufkraft gibt, eine möglichst funktionierende Wirtschaft gibt, dass unsere Waren, die hier produziert werden und die hier für Wohlstand, für Sicherheit sorgen, dort gekauft werden können. (Zwischenruf beim BZÖ.)

Wissen Sie, Sie müssen da ein bisschen in Zusammenhängen und weiträumiger den­ken und nicht sagen: Ich schaue gerade bis zu meinem Zaun, putze mir meine Brillen nicht, ich will gar nicht drüber schauen, mich interessiert nicht, was außerhalb vor sich geht. Und dieses Außerhalb ist gar nicht außerhalb, weil heutzutage in der globalen Wirtschaftsentwicklung nichts mehr außerhalb ist. (Zwischenruf des Abg. Jury.) Diese Sicht der Dinge ist ganz entscheidend, wenn wir das alles hier debattieren. (Ruf bei der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 34

FPÖ: Das ist billig! Abg. Strache: Schuldner aller Länder vereinigt euch!, ist das Motto der SPÖ!)

Ich wäre dafür, dass Sie sich wirklich herstellen und sich auch dem Risiko einer Kritik einmal aussetzen. Sagen Sie uns, wie Sie sich das vorstellen in der End  (Abg. Bu­cher: Haben wir Ihnen ja schon gesagt! Wir haben ja Ausschussberatungen gehabt! Haben Sie nicht zugehört?!) Na schau: austreten aus der Europäischen Union, oder austreten aus der Eurozone. Sie träumen von irgendwelchen Übergängen und Hart­währungszonen und sonst was.

Jeder wirklich seriöse Ökonom wird Ihnen sagen: Wenn man das macht, was Sie nicht aussprechen, weil Sie irgendwie Angst haben, es auszusprechen, aber was Sie mei­nen und was die Logik Ihrer Argumentation ist, da haut es uns einmal gleich das Wachstum um 10 Prozent runter. Es führt zu einer gigantischen Arbeitslosigkeit. Es führt zu einer Zerrüttung des österreichischen Sozial- und Gesundheitssystem und des österreichischen Pensionssystems. Das wollen wir nicht. Das wollen wir nicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. Zwischenruf bei der FPÖ.)

Für diejenigen, bis hin zu diesem kanadischen Opa, der gestern in der „ZiB 2“ aufge­treten ist (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz politischer Opa natürlich –, die ein biss­chen davon schwärmen, dass wir wieder in Richtung Schilling gehen können: Wir alle wissen, Sie alle wissen, dass es den Schilling allein nie gegeben hat. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Dieser war immer in einem Konnex mit der D-Mark; das müssen Sie wissen. Deutschland ist da das entscheidende Land, und der Deutsche Bundestag hat das auch schon beschlossen. (Abg. Strache: Machen Sie immer das, was die Deutschen machen, Herr Cap?) Die werden bis zu 30 Prozent des Kapitals des ESM ausmachen, ganz entscheidend.

Daher muss ich sagen: Das ist ein Weg ins Ungewisse, der hier angesprochen wird. Das ist ein Weg ins Chaos. Ich bin dafür, dass wir auch deswegen den Weg gehen  nicht nur aufgrund der Argumente, die ich hier angeführt habe , weil ich auch will, dass wir unseren Wohlstand absichern, da das im Interesse Österreichs ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Es ist meine Pflicht, noch einmal auf die Geschäftsordnung aufmerksam zu machen, nämlich dass wir uns in einer Einwendungsdebatte befinden. Zumindest die Begründung, ob Pro oder Con­tra, sollte in den Reden vorkommen. Ich werde von nun an bei dieser Frage nicht mehr in die Debatte eingreifen, mir allerdings eine Diskussion in der Präsidiale vorbehalten. (Zwischenrufe beim BZÖ. Abg. Neubauer: Herr Cap hat eine Befürwortungsdebatte gemacht!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


9.25.26

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir erheben Einwendungen gegen die Tagesordnung in Ansehen der Punkte 2, 3, 4, 5 und 6 und begründen dies wie folgt:

Durch die anstehende Beschlussfassung betreffend ESM samt Begleitnormen handelt es sich um eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung, jedenfalls im materiellen Sinn. Die, sagen wir, sehr oberflächliche Hinwegwischung des Argu­ments, dass diesbezüglich Verfassungsbedenken bestehen, seitens des Klubobmanns Cap, trifft nicht die Wirklichkeit, denn, ich wiederhole, der Verfassungsgesetzgeber konnte niemals daran denken, dass durch eine Vertragsgestaltung wie diese ungefähr ein Viertel, also 25 Prozent des jährlichen Budgets der Republik Österreich ausgelagert


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wird und auf Dauer einer nicht Österreich unterstehenden Kontrollinstanz zugewiesen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Im materiellen Sinn handelt es sich also um eine Beseitigung der parlamentarischen Kontrolle über ungefähr 20 Milliarden €, wobei weder dem österreichischen Parlament, aber auch nicht dem EU-Parlament eine Kontrollbefugnis zusteht, und auch dem
EU-Kontrollgremium keine Kompetenz zur Kontrolle zusteht. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Damit handelt es sich um eine erhebliche materiell-rechtliche Beseitigung wesentlichen österreichischen Verfassungsbestandes, sodass es gerechtfertigt ist, die Forderung zu reflektieren, darüber eine Volksabstimmung abzuhalten. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Mag wohl sein, dass nach dem jetzigen Verfassungsbestand die ganze Aktion, weil sie eben so gekleidet ist, dass man wohlweislich den Unterwerfungen, die sich aufgrund des Lissabon-Vertrages ergeben würden, von der österreichischen Bundesverfassung ganz abgesehen, den Ausweichweg eines Staatsvertrages gesucht hat, aber im mate­riellen Sinn berührt es Grundsubstanzen des österreichischen Staates, der österreichi­schen Bundesverfassung, und daher war unser Antrag bezüglich des ESM-Gesetzes­werkes oder des Staatsvertrages, also darüber eine Volksabstimmung durchzuführen, mehr als gerechtfertigt. (Abg. Krainer: Das geht ja gar nicht!) Wir haben dafür einen Antrag eingebracht, der im Verfassungsausschuss debattiert wurde, aber keine Mehr­heit gefunden hat.

Wenn wir also die politischen Erkenntnisse der letzten Tage ansehen, verweise ich auf den Brüsseler Gipfel, wo sich alle Kommentatoren darüber einig sind, dass wir de facto mit dem ESM-Vertrag, der da vorliegt, bereits ein politisches Falsifikat beschließen, weil dort beschlossen ist, dass ohne Umwege über die Staaten  gemäß Artikel 3 be­treffend den Zweck, der hier niedergelegt ist  in einem direkten Konnex den Banken eine Überweisung zuzukommen hat, also vom Ansatz her  aufgrund des politischen Drucks der handelnden Mächte  der Zweck des Vertrages ausgehebelt wird, und wir heute überdies mit der Beschlussfassung der politischen Realität hinterherhinken.

Im Zusammenhang damit, dass wir auf Dauer ein Viertel des jährlichen Budgets der Republik Österreich außerhalb der parlamentarischen Kontrolle bringen, auf Dauer auslagern  (Abg. Dr. Bartenstein: Stimmt ja nicht!) Ja, selbstverständlich stimmt es. Sie können es abstreiten, aber es ist Faktum. Wenn Sie in der geordneten Ge­schäftsführung bilanzieren, so müssten Sie die Rückstellung für die Haftung, die wir hiermit beschließen, einbuchen. (Abg. Dr. Bartenstein:  unglaublich!) Und damit ist der Pakt, der ESM-Pakt eine Verletzung des österreichischen Verfassungsstaates, und damit gehörte er einer Volksabstimmung unterzogen. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn man Tausend Mal die Wahrheit bestreitet, wird sie im Bestreitungsinhalt doch nicht richtiger. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Und damit ist die Verfassungs­verletzung offenkundig und die Einwendungsdebatte gerechtfertigt. (Beifall bei der FPÖ.)

9.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


9.30.25

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einwendung gegen die Tagesordnung ist durchaus möglich, steht also parlamentarisch zu. Darüber sollte man auch diskutieren: Ist heute etwas überfallsartig auf die Tagesordnung gesetzt worden? – Mitnichten. Es gab eine ausreichende Dis­kussion. Es gab ein Hearing vorige Woche, intensiv, mit Fachleuten, die, so wird aus­drücklich und eindeutig festgehalten, in einer besonderen Art und Qualität die Dinge dargelegt haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 36

Es hat sich der Verfassungsausschuss noch einmal sehr intensiv mit diesem Thema und dem Tagesordnungspunkt, also insbesondere ESM, beschäftigt. Es gab im Bud­getausschuss eine ausreichende Debatte darüber, und, meine Damen und Herren, wenn dann, nach einer ausreichenden, intensiven parlamentarischen Debatte in den Ausschüssen, im Hearing, die Tagesordnung derartig festgesetzt wird, sollte man das in der Demokratie auch zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Gerade in diesem Bereich – das wurde bereits ausgeführt – gibt es eine parlamentari­sche Mitwirkung wie in kaum einem anderen Land in Europa. Auch das sei festge­halten. Ich gestehe ja dem BZÖ und der Freiheitlichen Partei zu, dass sie das Recht oder das Monopol auf Kritik sozusagen gepachtet haben. Das steht ihnen ja zu. Es war ja bemerkenswert: Die kleine Plakette „Genug gezahlt“, die wesentlich größere „Stoppt ESM“ in fast derselben Farbe. Da kommt man wieder drauf, die verfeindeten Brüder und Schwestern  (Abg. Strache: Rot-weiß-rot! Ich glaube, Sie sind farbenblind!  Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Strache: Das ist das, was Sie aufgeben: die rot-weiß-rote Souveränität!) – Wir geben gar nichts auf, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Rosenkranz: Rot-weiß-rot würde Ihnen auch gut anstehen! Weitere Zwischenru­fe beim BZÖ.)

Oder man könnte auch festhalten, man hat im parlamentarischen Ablauf übersehen, dass heute die Möglichkeit für eine der beiden Fraktionen vorhanden gewesen wäre, eine Aktuelle Stunde einzufordern. Die hat man übersehen, nicht eingebracht, daher beginnt man mit der Einwendungsdebatte – auch eine Möglichkeit, steht Ihnen ja frei. (Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Aber Sie sollten auch in der Sache selber sagen, was Sie wollen. Was wollen Sie? Wollen Sie zurück zum Schilling? Wollen Sie einen „Süd-Euro“, einen „Nord-Euro“? (Abg. Strache: Sie wissen es eh!) Meine Damen und Herren, was wollen Sie? (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Na ja, einen „Kärnten-Euro“ würde ich mir nicht wün­schen. Der belastet uns durchaus auch. Außerdem ist es ein zu schönes Bundesland, um hier massive Kritik zu üben. Für die politische Führung ist man aber selber verant­wortlich.

Meine Damen und Herren, dieser ESM hat eine Feuerwehrfunktion. Er bringt auch eine massive Kontrollverstärkung, damit die Fehler, die gemacht wurden, nicht mehr vor­kommen. Und es ist unbestritten, dass es Fehler gegeben hat. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. Abg. Neubauer: Ihr seid die Brandstifter und dann holt ihr die Feuerwehr!)

Also ich würde bitten, bei aller Härte in der Auseinandersetzung, das Wort „Brandstif­ter“ zurückzunehmen, Herr Kollege. Es wäre dringend empfehlenswert (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen), denn wer in diesem Land die Sprache manches Mal an den Rand der Brandstiftung gebracht hat, mögen Sie selber beurteilen, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der Grünen.)

Es ist ja unbestritten, dass Fehler gemacht wurden: bei der Gründung der Europäi­schen Union, bei der Sanierung der Probleme. Erster Fehler: die Aufnahme von Grie­chenland in die EU, wo man wusste, dass getrickst wird. (Zwischenruf beim BZÖ.  Abg. Strache: Der erste Fehler war die Einführung des Euro! Nein, ich glaube, dass die Euro-Einführung eine der größten Errungenschaften war, die es gegeben hat. Den­ken wir zurück, welchen Wohlstand uns der Euro gebracht hat, dass er eine harte Währung ist. Denken wir zurück, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wollen Sie wirklich zurück? (Abg. Strache: Sie wollen die Leute für dumm verkaufen!  Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.) Wollen Sie wirklich zurück zum Schilling? Wollen Sie


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das wirklich, meine Damen und Herren? Haben Sie vergessen, welche Chancen in der Wirtschaft, gerade im Exportbereich durch den Euro möglich geworden sind, durch ei­ne gemeinsame Währung? Meine Damen und Herren, haben Sie das alles vergessen? (Abg. Mag. Stefan: Geh bitte, das stimmt doch nicht! Das hat doch mit dem Euro nichts zu tun!) Schön. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Zweiter Fehler: Die Verpflichtung zur strikten Budgetdisziplin ist bedauerlicherweise von den beiden großen Ländern Deutschland und Frankreich als erstes sanktionslos durchbrochen worden; das ist bekannt.

Der dritte Fehler ist, dass eine absolut falsche Einschätzung über das wahre Ausmaß der Dramatik vorhanden war.

Wir werden daher an den Reformen nicht vorüberkommen, die sind dringend notwen­dig in Europa. Aber mit Ihrer Art der Politik werden wir die Probleme nicht lösen. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

9.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.36.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Kollege Auer, dein Redekonzept ist noch hier. Ich werde es nicht verwenden, denn ich habe zugehört, ich brauche das nicht vor­zulesen. (Der Redner hält Schriftstücke in die Höhe.)

Ich bedanke mich bei dir einmal, dass du uns hier zugestanden hast, dass es in Ord­nung ist, dass wir darüber diskutieren und auch Einwendungen setzen. Ich sage es deshalb, da das ja leider nicht mehr selbstverständlich ist in diesem Hohen Haus. (Abg. Bucher: In der Raiffeisenbank !) Wir haben es ja das letzte Mal erlebt, wo die Koali­tion zwischen Rot, Grün und Schwarz eine derartige Debatte abgewürgt hat, meine Da­men und Herren.

Es ist wichtig, dass wir darum kämpfen, mit allen geschäftsordnungsmäßigen Mitteln, mit allen politischen Mitteln, dass diese Option und diese Hypothek für die künftigen Generationen der Österreicherinnen und Österreicher nicht kommt, verhindert wird. Sie werden es beschließen, ist in Ordnung (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das ist nicht in Ordnung!), aber wir werden bis zum Schluss darum kämpfen, dass der Wahr­heit hier zum Durchbruch verholfen wird, und daran werden Sie uns nicht hindern. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

Frau Präsidentin, natürlich ist es aus unserer Sicht gerechtfertigt, diese Punkte abzu­setzen und noch einmal ordentlich darüber zu diskutieren, ob nicht die Hypothek von 40 Milliarden €, nach oben offen, ein Fall für eine Volksabstimmung ist, dass man da die Bevölkerung entsprechend miteinbezieht, ob nicht die so gerühmten parlamentari­schen Mitwirkungsrechte nicht doch ein bisschen schwach ausgefallen sind. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Und wenn der Kollege Kogler aus der letzten Reihe da herunterschreit, dann verstehe ich das, denn er war der Verhandler bei den Grünen, und wenn man vielleicht stunden­lang mitverhandelt, dann hat man subjektiv das Gefühl, dass man etwas durchgesetzt hat. (Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen.) Und ich höre da irgendwo im Ohr „die strengsten“  (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen. Ja bitte, wenn Sie sagen, das sind die besten Mitwirkungsrechte in Europa, dann bedaure ich wirklich die anderen europäischen Länder.

Denn wenn es ausreicht, meine Damen und Herren, dass ein Geheimausschuss, hier im österreichischen Hohen Haus, mit einfacher Mehrheit, also mit den Mehrheiten der Regierungsparteien (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Falsch! Zwischenruf des Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 38

Strache), darüber entscheidet, ob das Steuergeld der Österreicherinnen und Österrei­cher nach Brüssel und via Brüssel nach Madrid und nach Athen und nach Malta und nach Zypern geht, dann mag das für Sie ausreichend sein. Für uns ist das nicht aus­reichend. Das sei Ihnen einmal ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Der Abgeordnete Kogler hat ja im Ausschuss schon ganz offen und interessant ge-
sagt, wenigstens eine Zweidrittelmehrheit hätte man doch in diesem Ausschuss (Abg. Dr. Wittmann: Das ist schlichtweg falsch!), und wenn Sie immer sagen Alternativen: Warum haben Sie nicht eine Zweidrittelmehrheit als Erfordernis entsprechend einge­bracht? Da hat der Kollege Kogler gesagt: Entschuldigung, was verlangt man das, das ist doch zulässig und verständlich, dass eine Regierung, die im Nationalrat die Mehr­heit hat, dann auch in einem Ausschuss mit Mehrheit das beschließen können soll.

Wenn das ein Regierungsvertreter sagt, verstehe ich das auch noch, aber von der Op­position ist das neu. Und ich verstehe auch, dass man, wenn man in einer Regierung ist, so wie die Grünen etwa in Wien, gegen alle vorigen Grundsätze stimmt und arbei­tet. Aber dass man das schon eineinhalb Jahre vor einem beabsichtigten Regierungs­eintritt macht, ist einzigartig. Aber das werden Sie mit Ihren Wählerinnen und Wählern zu verantworten und diskutieren haben. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, es wird dann immer von Angstmacherei gesprochen. – Wir sollen nicht Angst machen, und wir sollen Alternativen setzen, und das ist alles eh so gut und wir schaden, die Kritiker schaden dem europäischen Gedanken.

Meine Damen und Herren, lesen Sie einmal die Protokolle, auch hier aus dem Hohen Haus, der Debatten bei der Euro-Einführung. Da haben wir ganz genau das Gleiche gehört. Jeder, der nicht den Euro an sich, die gemeinsame Währung, sondern die Art und Weise, wie dieser Euro, wie diese gemeinsame Währung eingeführt worden ist, kritisiert hat, wurde als „Anti-Europäer“, als „Angstmacher“ und „Scharfmacher“ abqua­lifiziert.

Alles war positiv: Der Euro wird so stark wie der Schilling und die D-Mark und der Hol­ländische Gulden!, und alles ist wunderbar. Und jetzt sagt Kollege Stummvoll im Aus­schuss: Es war blauäugig, dass man die Euro-Einführung so gemacht hat. (Zwischen­ruf bei der ÖVP.)

Kollege Auer ist ja auch Bankenvertreter, und es ist klar, dass er dafür ist, weil in Wirk­lichkeit die Banken europaweit von diesem Euro-Rettungsschirm als Einzige profitie­ren. (Abg. Jakob Auer: Wir brauchen nichts!) Kollege Auer sagt: Da sind Fehler ge­macht worden! (Abg. Jakob Auer: Wir brauchen nichts!) Aber wer zahlt denn für die Fehler, meine Damen und Herren? – Zahlen Sie für die Fehler, die Sie damals bei der Euro-Einführung gemacht haben? – Nein, es ist der Steuerzahler! Es sind die Österrei­cherinnen und Österreicher, die dafür die Rechnung präsentiert bekommen. (Beifall beim BZÖ.)

Dann sollten Sie aber nicht heute hier dasselbe wieder bringen. Nicht die Kritiker scha­den dem Projekt, sondern jene, die jede Kritik wegwischen und das ganz einfach ge­gen alle Probleme und gegen jeden Rat durchziehen.

Wer hat den Euro an den Rand des Abgrunds gebracht? Waren das die, die damals gesagt haben, die Konvergenzkriterien sind nicht ausreichend? – Nein. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Es waren jene – so wie Sie –, die jede Kritik weggewischt und gesagt haben, es ist alles in Ordnung.

So wird es auch in Zukunft sein, und man muss den Österreicherinnen und Österrei­chern sagen, dass dieser Beschluss, den Sie heute hier fassen (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt neuerlich das Glockenzeichen), noch ihre Enkelkinder und deren Kinder be­lasten wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 39

Sie werden dafür die Verantwortung zu tragen haben, aber wahrscheinlich nur mehr posthum. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Mag. Kogler –: So, jetzt kommt der Regierungssprecher! Pressesprecher der Koalition! – Abg. Dr. Bartenstein: Ein vernünftiger Oppositionspolitiker!)

 


9.41.40

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Meine Damen und Herren! Es ist nicht so, dass man die Sorgen, die hier vorgebracht werden, nicht ernst nehmen müsste. Ich glaube, Klubobmann Abgeordneter Strache hat zu Recht von Sorgen gesprochen.

Die Sorge um den europäischen Zusammenhalt ist berechtigt. Die Sorge um ein unge­ordnetes Auseinanderdriften und einen ungeordneten Crash der Währungszone ist be­rechtigt. Die Sorge, welche politischen Auswirkungen das auf diesen Kontinent hat, ist berechtigt.

Ich weiß nicht, ob er das gemeint hat, aber er darf als österreichischer Abgeordneter selbstverständlich auch die Sorge äußern, dass die Instrumente, die heute hier via Ver­tragswerke beschlossen werden, auch Rückwirkungen – zumindest irgendwann ein­mal – auf die österreichischen SteuerzahlerInnen haben könnten. Es ist berechtigt, die­se Sorgen zu äußern – überhaupt keine Frage. Es ist selbstverständlich auch zulässig, hier zu argumentieren, das heute nicht beschließen zu wollen. Allerdings bleibt schon die Frage nach den Alternativen, und zwar nicht nur inhaltlicher Art – darüber werden wir ja anschließend reden –, sondern auch, wie ein Parlament unter Wahrnehmung sei­ner vollen Verantwortung vorgehen soll.

Und da verstehe ich Sie dann nicht mehr ganz. Ich sage das als jemand von einer Fraktion, die mindestens so sehr wie Ihre, wenn nicht intensiver, länger und stärker, hier immer dann alle Mittel ausschöpft, wenn es darum geht, gegen die Bundesre­gierung vorzugehen (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), wenn es zum Beispiel um klassischen Verfassungsbruch geht – Sie haben das heute hier erwähnt. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Als es darum ging, dass diese Bundesregierung ein Budget in verfassungswidriger Weise vorgelegt und durchgepresst hat, waren es die Grünen, die alle Mittel eingesetzt haben, die da an der Spitze gestanden sind. Ich darf das ein einziges Mal hier an die­sem Pult für mich selbst in Anspruch nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Das war der Grund, warum ich 13 Stunden gegen diese Verfassungswidrigkeit gespro­chen habe. Von der FPÖ hat man damals nicht so viel mitgekriegt (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber es ist ja auch das Recht der Opposition, einmal so und einmal so zu qualifizieren.

Jetzt sage ich Ihnen Folgendes zum Vorgehen hier im Haus: Gegenüber der damali­gen Situation wird dieser ESM-Vertrag – Herr Klubobmann, in Deutsch auf 60 Seiten (der Redner zeigt ein Schriftstück) – seit über einem Jahr intensiv diskutiert. Es sind in der Zwischenzeit Verbesserungen vorgenommen worden. Seit Monaten liegt er hier im Haus. Sagen wir, Ihrer Fraktion steht er 60 Tage zur Verfügung – mindestens. Er hat 60 Seiten. Man schafft es, eine Seite am Tag zu lesen, eine Seite am Tag zu interpre­tieren, eine Seite am Tag so vorzubereiten, dass man dann mit 20 Experten hier auf dieser Bank diskutieren kann, und zwar stundenlang und stundenlang. – Das hat es noch nie gegeben.

Irgendwann wird auch dieses Parlament entscheiden müssen! Was ist denn Ihr Ziel? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die Handlungsunfähigkeit in Europa? (Abg. Strache:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 40

Volksabstimmung, die Sie verweigern, Herr Kogler!) Man kann unterschiedlicher Mei­nung sein, und dieser – wir werden es diskutieren – Europäische Stabilitätsmechanis­mus ist durch und durch ambivalent. (Abg. Strache: Reden Sie nie wieder von direkter Demokratie, Herr Kogler!)

Es ist meine Haltung, zu sagen – früher, als Sie das schon verstanden haben –, dass das richtig angewendet eine gute Waffe gegen Spekulation sein kann. Die Gefahr bleibt aber immer noch! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Bevor Sie von der ÖVP zu schnell applaudieren: Sie haben hier ganz lange in die falsche Richtung gewirtschaftet. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Dieser ESM bleibt ambivalent, denn falsch angewendet kann er die Spekulation noch fördern! (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt das schlechte Gewissen! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Deshalb ist es unsere Aufgabe, hier zu schauen, was damit passiert. Aber Sie werden doch nicht den Ankauf eines Feuerwehrfahrzeuges verhindern wollen, nur weil es missbräuchlich eingesetzt werden kann! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Zuerst brauchen wir es einmal, und dann werden wir es verwenden, und zwar richtig.

Wir haben dafür gesorgt – und das kommt auch Ihnen zugute –, dass alle großen und wesentlichen Beschlüsse durch das Plenum dieses Nationalrates müssen, die kleine­ren durch die Ausschüsse; so gut wie jeder Beschluss muss das. Das gibt es bis auf den Deutschen Bundestag sonst nirgends!

Apropos Deutschland: Herr Klubobmann, es gibt viele Rechte hier herinnen, aber die Verdrehung und Verhunzung der politischen Sprache wird hier und jetzt zurückzuwei­sen sein!

Wissen Sie, was Sie seit Tagen verbreiten und sagen? – Ein Verfassungsputsch, ein Ermächtigungsgesetz, eine Finanzdiktatur. Ich erwarte mir auch von den Regierungs­parteien, dass hier endlich einmal ganz anders aufgetreten und entgegengehalten wird, dass sie einmal aus ihrem Schlafwagen herauskommen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist doch ein Witz, hier am Rednerpult des österreichischen Parlaments zu sagen, dass das ein Verfassungsputsch ist! (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Strache: Ist ja wahr, was ihr da macht!)

Wissen Sie, was das war im Jahr 1933, das Ermächtigungsgesetz? (Anhaltende Zwi­schenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Das war der Wegbereiter für die Diktatur. Da war der Reichstag schon angezündet. (Abg. Strache: Aushebelung der Demokratie und der Parlamentskontrolle, das machen Sie!) Da haben SA-Männer in illegaler Weise die Abgeordneten bedroht. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Da sind die ersten Abgeordneten, die Kommunisten, schon im KZ gesessen. Da waren die Sozialdemo­kraten schon bedroht. Und diese Sprache werden wir Ihnen hier nicht durchgehen las­sen! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Und das sollten Sie auch tun!

9.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende. (Abg. Mag. Kogler: Und deshalb werden wir hier auf demokratische Art und Weise diskutieren und hinkünftig entscheiden! Nehmen Sie Ihre demokratischen Rechte wahr, aber missbrauchen Sie sie nicht!) Herr Abgeordneter!

(Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Kogler.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 41

Herr Abgeordneter Dr. Wittmann gelangt zu Wort. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist ein Arzt im Haus? Dann sollten wir Vorsorge treffen !)

 


9.48.05

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Wir befinden uns derzeit in einer Einwendungsdebatte! Eine Einwendungsdebatte ist eigentlich ein Instrumentarium, mit dem man ein nicht disku­tiertes Vorbringen hier noch einmal rückverweisen will, um eine Diskussion in den Aus­schüssen zu ermöglichen. – Das ist in dieser Situation völlig verfehlt.

Wir haben am 14. Juni die erste Lesung hier im Nationalrat beantragt und beschlossen, Sie sind ausgezogen und haben die Diskussion verweigert. (Abg. Dr. Matznetter: Ty­pisch!)

Wir haben am vorigen Donnerstag eine mehr als zehnstündige Sitzung (Zwischenruf des Abg. Scheibner) mit 20 Experten über den ESM und über den Fiskalpakt gehabt. (Abg. Strache: Da haben die Experten gewarnt davor!) 10 Stunden Diskussion! (Ruf bei der FPÖ: Was haben die Experten gesagt?)

Wir haben am Montag eine vierstündige Verfassungsausschusssitzung gehabt. Das heißt, insgesamt ist das mehr als 15 Stunden diskutiert worden. (Abg. Strache: Sie nehmen ja die Experten nicht ernst! – Abg. Dr. Matznetter: Plus Finanzausschuss!)

Und wenn man den Finanzausschuss noch dazurechnet, ist das 18 Stunden diskutiert worden. Das rechtfertigt keine Einwendungsdebatte! Das ist ein Gesetz, das in diesem Haus gründlich und ordentlich behandelt wurde. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir müssen diese Diskussion auch öffentlich führen (Zwischenruf des Abg. Hagen), wir müssen sie hier führen – und Sie wollen sie wieder verweigern. (Rufe bei der FPÖ: Volksabstimmung!)

Ich bin in der Analyse durchaus nicht weit weg von Ihnen, wir haben eine Krise in Europa, aber es gibt zwei Möglichkeiten, mit dieser Krise umzugehen (Ruf bei der FPÖ: Volksabstimmung!): Das eine ist (Abg. Strache: Mehr Demokratie! Machen Sie eine Volksabstimmung möglich! Verhindern Sie keine Volksabstimmung!), man bemüht sich, Instrumentarien zu finden, um diese Krise zu bekämpfen (Abg. Strache: Mehr Demokratie ist notwendig! Bürgereinbindung, das wäre es doch einmal!), oder man macht nichts und verschärft damit diese Krise. Und diese Richtungsentscheidung ha­ben wir heute zu treffen!

Sie sagen nicht, welche Mechanismen Sie zur Lösung dieser Krise anbieten, sondern Sie wollen diese Krise, damit Europa auseinanderbricht! Wir wollen das nicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir wollen dagegenhalten und Instrumentarien unterstützen, die die Möglichkeit bieten, dass Europa mit dieser Krise umgehen kann. Und das ist der grundlegende Unter­schied. Sie wollen das nicht. Sie wollen ja alles nützen, damit Europa auseinander­bricht.

Es gibt momentan kein anderes Instrumentarium als den ESM. Beschließt man den ESM nicht, hat man daher nichts! Dann hat man nichts! (Abg. Strache: O ja, dann entscheidet das Parlament von Fall zu Fall wie bisher! Das ist ja absurd! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dann ist diese Krise unbewältigbar, dann ist diese Krise nicht beherrschbar. Dann ist ganz klar, dass die Kräfte, die dann einwirken, dazu füh­ren, dass Europa auseinanderbricht. (Abg. Kickl:  zaubern etwas Neues aus dem Hut und nichts funktioniert!) Aber Sie bringen keine Lösung, Sie wollen keine Lösung!

Heute geht es hier darum, dass wir darüber abstimmen, dass es wenigstens ein Instru­mentarium gibt, das hilft, Europa aus dieser Krise zu führen. Ob das das alleinige Ins-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 42

trumentarium bleiben wird, da bin ich mir nicht sicher. Niemand in Europa hat be­hauptet, dass das das Allheilmittel ist, keine der Regierungsparteien behauptet das, aber es ist ein Mechanismus, um diese Krise zu bekämpfen. Die Alternative ist: kein Mechanismus. Die Alternative ist, dass Europa sich selbst überlassen wird. Die Alter­native ist, dass Länder wie Griechenland, Spanien, Italien keine Chance auf Unterstüt­zung haben und dass keine gemeinsame Bewältigung dieser Krise möglich ist. Das heißt, wir haben die Chance, diese Krise zu bekämpfen, andernfalls wird sie sich, wie Sie das wollen, verschärfen.

Sie sind nicht interessiert an Europa, sondern die Nationalstaatlichkeit ist Ihr Ziel. Ich halte das für falsch, ich halte das für grundlegend falsch.

Ich denke auch, dass diese Mechanismen, wenn man sie sich selbst überlässt, so ver­stärkt werden, dass das unbeherrschbar wird. Und es ist doch nicht möglich, dass Sie glauben, dass dann, wenn Europa auseinanderbricht, Österreich allein das bewältigen kann. Das kann doch nicht wirklich Ihr Ansinnen sein! (Abg. Scheibner: Das glaubt ja keiner, aber ihr macht !) Sie müssen sich doch in die Diskussion einbringen mit Al­ternativen, mit Mechanismen, wie man das behandeln kann. Das tun Sie nicht! Es sind auch abenteuerliche Zahlen, die Sie hier nennen. (Zwischenruf des Abg. Bucher.)

Tatsache ist, dass Österreich 2,2 Milliarden € direkt bezahlen wird, und das in fünf Tranchen, in fünf Tranchen über drei Jahre. Das sind 400 Millionen im Jahr für die nächsten drei Jahre (Zwischenruf des Abg. Neugebauer), die bezahlt werden müssen, insgesamt fünf Tranchen.

Wir haben schon oft hier Beschlüsse gefasst, und zwar ohne Verfassungsrecht, über 400 Millionen €. Das heißt, das ist nicht diese Katastrophenaktion, die Sie hier sehen. (Abg. Dr. Graf: Wo nehmen Sie das Geld her? – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Eines noch zum Kollegen Fichtenbauer: Sie wissen sehr wohl, dass über Staatsver­träge keine Volksabstimmung möglich ist! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. – Bitte.

 


9.53.26

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerrängen! Herr Kollege Wittmann, zur Einstimmung: Dieses Haus entscheidet, worüber eine Volksabstimmung möglich ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Volksabstimmung ist über das möglich, hinsichtlich dessen wir entscheiden, dass sie möglich ist. Über das, worüber wir eine Volksabstimmung anordnen, wird eine sol­che abgehalten. (Abg. Strache: Verweigern tut er es!) Das stimmt, Herr Kollege.

Notfalls wird man, wenn Sie dieser Ihrer Meinung sind, die Verfassung erweitern und ändern, aber wir entscheiden, ob es über etwas eine Volksabstimmung gibt. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Nur zu sagen, das geht nicht, deswegen entscheiden wir und diskutieren wir nicht da­rüber, damit ist das Problem nicht aus der Welt geschafft.

Aber eines muss man ja sagen: Herr Kollege Kogler hat ja immerhin den Anstand ge­habt, sein schlechtes Gewissen über seine Zustimmung zu dem, was heute passiert, in einer Weise zu zeigen, dass es mit Händen greifbar ist. Kollege Kogler hat sich in Ar­gumente geflüchtet, hat zum Schluss fast Tränen in den Augen gehabt, als er das ver­teidigen musste, was er heute gemacht hat und macht. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn die Präsidentin nicht so energisch mit der Klingel geläutet hätte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 43

Natürlich schmerzt es, wenn im Zusammenhang mit der heutigen Diskussion Worte wie „Ermächtigungsgesetz“, „Verfassungsputsch“ und Ähnliches fallen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Natürlich schmerzt es, wenn solche Worte fallen (Abg. Strache: Die treffen genau den Nerv, die Realität!), aber zumindest von grüner Seite nie das Wort „Volk“ oder „Volksabstimmung“ fällt, denn Kollege Kogler hat eines nicht getan, er hat einen Begriff nicht verwendet: „Mitbestimmung des Volkes“, „Volksabstimmung“. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Das ist das Einzige, wofür sich wirklich Tränen lohnen, wofür Tränen wirklich vergos­sen werden sollten: wenn in dieser wesentlichen Sache alles besprochen, alles gesagt, alle Phrasen herangezogen werden, aber das Wort „Volksabstimmung“ nicht einmal in den Mund genommen wird!

Ich darf Ihnen, Kollege Kogler, nur kurz ein Kalendarium der Versprechen in Sachen Euro-Einführung, die wir von oben gehört haben, geben. Das sind jetzt Zitate von Kanzlern und Finanzministern, die im Parlament gefallen sind:

Der Euro wird eine harte Währung sein, strikte Budgetdisziplin aller Mitgliedstaaten wird das garantieren. – Zu Beginn der Eurozone.

Nur wer sich strikte an Auflagen hält, wird Mitglied in der Eurozone werden. – Siehe Griechenland, Italien und Co.

Kein Euro-Land wird für Verbindlichkeiten des anderen haften.

Das Griechenlandpaket ist nur symbolisch zu verstehen, es dient ausschließlich zur Beruhigung der Märkte. Die ausgehandelten Mittel werden nicht ausgeschöpft werden. (Abg. Strache: Wer will ihnen noch etwas glauben?)

Weiters: Die Europäische Zentralbank wird die Regeln nie ändern, sie wird nie ein Schuldnerland bevorzugen.

Die Eurozone wird niemals eine Schulden- oder Transferunion mit gemeinsamer Haf­tung für Schulden der Mitgliedsländer werden. – Ende der Zitate. (Abg. Dr. Graf: Wer hat das gesagt?)

Was sind diese Aussprüche im Lichte des Juli 2012? – Alles Lügen. Wer soll hier glau­ben, dass der ESM – um den Kollegen Wittmann noch einmal zu zitieren – nur darin besteht, dass man 2,3 Milliarden € über fünf Jahre einzahlt? Wer soll das glauben? Das wäre ja schon schlimm genug, 2,3 Milliarden €, aber wir haften noch einmal für 19,7 Milliarden €! 19,7 Milliarden haben wir unterschrieben, und das müssen wir ein­zahlen, wenn es der Gouverneursrat einfordert. 19,7 Milliarden €! Das ist aber nur die jetzt bewilligte Summe, da kommen wir auf 700 Milliarden €, und da gehen wir davon aus, dass die anderen Länder einzahlen.

Alle Experten sagen, dass die 700 Milliarden € nicht reichen werden. Alle Experten, aber nicht nur die Experten, sondern auch die Laien sagen, dass Griechenland, Por­tugal, aber auch Spanien und Zypern, Italien vermutlich auch und möglicherweise auch Frankreich, ihre Anteile nicht einzahlen werden. Was bedeutet das? – Dass die 19,7 Mil­liarden € von uns nicht annähernd reichen werden.

Das muss man der Bevölkerung sagen, das ist eine ehrliche Diskussion, und dann können wir ehrlich darüber abstimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der heute schon erwähnte, damit komme ich auch schon zum Schluss, bayrische Mi­nisterpräsident Seehofer hat etwas sehr Interessantes gesagt – ich zitiere –:

„Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden!“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 44

Das bezieht sich auch, aber nicht allein auf die Institutionen der Europäischen Union. Und das, was wirklich traurig ist, ist, dass diejenigen, die gewählt wurden, nämlich wir, heute zusätzlich einen Schritt in die Richtung unternehmen, dass die Gewählten nichts zu sagen haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


9.58.27

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist natürlich klar, dass die Opposition und dass jede Partei, die hier herinnen meint, dass etwas heute nicht be­schlossen werden soll, nicht auf die Tagesordnung kommen soll, Einwendungen erhe­ben kann. Ich meine aber, dass man – wie auch schon einige meiner Vorredner gesagt haben – darauf Bedacht nehmen muss, wie diese Diskussion, dieser Debattenprozess verlaufen sind.

Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Hearing stattfindet – wir haben das getrennt gehabt über den ESM und über den Fiskalpakt – und dass sich zwei Ausschüsse mit derselben Thematik beschäftigen, wie das beim ESM der Fall war.

Ich glaube, dass wir das hier – egal, ob jetzt bei der Einwendungsdebatte oder dann bei der Erklärung des Bundeskanzlers oder anschließend bei den Gesetzestexten – sachlich abhandeln müssen und den Menschen sachliche Argumente bringen müssen.

Ich möchte schon ganz gerne einmal die FPÖ und auch das BZÖ fragen: Was haben Sie an Alternativen anzubieten? Was wollen Sie den Menschen sagen? Wollen Sie zum Schilling zurück? Wollen Sie aus der Europäischen Union austreten? Oder welche Alternativen haben Sie? (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Wir wollen Stabilität in Europa, und wir wollen die wesentlichen Punkte, nämlich Struk­turreformen und Budgetkonsolidierung, auch in den Ländern der Währungsunion, aber natürlich auch im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Und wir wollen Wachs­tumsimpulse schaffen. (Beifall bei der ÖVP.) Und darauf hat man sich jetzt auch im Eu­ropäischen Rat verständigt.

Wenn die Grünen heute kritisiert werden – ich bin ja nicht immer einer Meinung mit dem Herrn Kogler oder mit den Grünen –, dann muss man sagen, die Grünen haben Verantwortung übernommen, sie haben Verhandlungen geführt, sie haben Bedingun­gen gestellt. (Abg. Neubauer: Österreich!) Und wenn man Verantwortung übernehmen will und wenn man Verhandlungen führt, dann muss man  (Zwischenrufe bei Ab­geordneten von BZÖ und FPÖ.) Sie wollen die Verantwortung auf die Bevölkerung abwälzen. Sie sind gewählte Mandatare, Sie müssen hier Entscheidungen treffen! (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

Was geschieht jetzt mit dem, was wir heute beschließen? Die Frau Finanzministerin, die künftig Österreich im Gouverneursrat des ESM vertreten wird, kann dort keine Ent­scheidungen treffen, ohne dass sie nicht hier im Hohen Haus einem Unterausschuss des Budgetausschusses Rede und Antwort stehen muss und dieser Budgetausschuss darüber abstimmt. Sagen Sie das einmal den Menschen! Und wenn Sie immer nach einer Volksabstimmung rufen: Die Politiker müssen auch einmal Verantwortung über­nehmen. Herr Hübner hat gesagt, die, die gewählt sind, dürfen nicht entscheiden. (Abg. Neubauer: V wie Flügel!) Das stimmt überhaupt nicht. Wir entscheiden heute, und Sie können auch entscheiden, ob Sie zustimmen oder nicht.

Aber ich glaube, wir sollten den Menschen auch einmal die Dimensionen klarmachen, um die es heute geht. Es wird hier von 40 Millionen, von 20 Millionen geredet. (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 45

Kickl: 20 Milliarden! – Abg. Ing. Westenthaler: Es ist eh schon egal: Milliarden, Mil­lionen!) – Hören Sie mir zu, Herr Kickl!

In Wahrheit hat Österreich einen Kapitalbeitrag in Höhe von 19,5 Milliarden € zu leis­ten. Davon sind rund 17 Milliarden Haftungen. Hören Sie mir gut zu, dann werden Sie sehen, welche Dimensionen das hat! Allein das Land Kärnten hat für die Hypo Alpe-Adria fast 18 Milliarden Haftung übernommen. Und die österreichischen Steuerzahle­rinnen und Steuerzahler mussten da einspringen (Beifall bei ÖVP und SPÖ) aufgrund von Misswirtschaft im Land Kärnten durch die Blauen und auch durch das BZÖ. Heute schieben Sie sich die Verantwortung wechselweise zu. (Abg. Kickl: Wer?) Die österrei­chischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben sie hier rausgerissen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl), die Verantwortungsträger in Kärnten. Und da geht es in etwa um diese Dimensionen.

Oder: Wir haben als Republik 100 Milliarden Exporthaftungen übernommen, wir haben Zigtausende Arbeitsplätze daran hängen. Und, Herr Kollege Stefan, Sie haben zuvor gesagt, mit dem Euro sind jetzt nicht unbedingt mehr Arbeitsplätze gekommen oder un­sere Exportwirtschaft ist jetzt deswegen nicht besser. – Das stimmt überhaupt nicht! Können Sie sich vielleicht daran erinnern, wie es früher mit den Wechselkursumrech­nungen war und wie Unternehmen früher ? (Abg. Mag. Stefan: Sagen Sie Zahlen! Wie haben sich die Exportzahlungen entwickelt?) – Dann schauen Sie sich die Export­zahlen an. Unternehmer werden Ihnen sagen, dass es heute mit dem Euro im Ver­gleich zu früher, als wir noch den Schilling hatten, wesentlich leichter ist zu exportieren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich frage Sie noch einmal: Welche Alternativen schlagen Sie vor? Was wollen Sie? – Wollen Sie den Schilling? Wollen Sie aus der Europäischen Union austreten? Oder was wollen Sie? Ich hoffe, dass einer von Ihnen hier herausgeht und uns das heute noch mitteilt, ansonsten müsste man sagen, dass Sie als Politiker nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen und den Menschen die Wahrheit zu sagen. Sie betrei­ben billigen Populismus, Angstmache und Hetze, und das lehnen wir kategorisch ab. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Wes­tenthaler zu Wort. – Bitte.

 


10.03.46

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Liebe Kollegen! Es war schon bezeichnend zu sehen, wie unangenehm dem Herrn Kollegen Kogler hier heute seine neue Funktion als hauptamtlicher Regie­rungssprecher eigentlich war. Es war Ihnen körperlich unangenehm, als Rot und Schwarz plötzlich begeistert zu Ihren Ausführungen geklatscht haben. Herr Kollege Kogler, Sie werden sich daran gewöhnen müssen, denn ab heute sitzen Sie im Boot mit Rot und Schwarz und haben Ihre Position als Oppositionspartei ein für alle Mal auf­gegeben! Das ist die Wahrheit. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Und wenn es besonders eng wird für die Grünen, wenn sie Argumentationsnotstand haben noch und nöcher – man hat das heute gesehen, wie Sie hier rausgeschrien ha­ben –, dann kommt unwiderruflich der Griff zur Faschismuskeule. Sie sind heute ent­larvt, Herr Kollege Kogler, mitsamt Ihrer Fraktion! Sie haben mit dem heutigen Tag auf­gehört, als Oppositionspartei zu existieren. (Abg. Mag. Musiol: Stimmt nicht!) Sie ha­ben heute mit der Zustimmung zu diesem Machwerk des ESM in Wahrheit für Posten, Macht, Einfluss in einer Regierungsbeteiligung die Seele Ihrer Partei verkauft. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wenn Sie schon mir nicht glauben, Frau Kollegin Glawischnig, dann schauen Sie ein­mal hinein in die Foren, dann schauen Sie einmal hinein in die Basis, wo heute ge-


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schrieben wird, wie sehr es bei Ihnen brodelt, und wo Ihnen Ihr grüner Wirtschaftsspre­cher ausrichtet: „Parteichefin ignoriert mit Ja zum Euro-Rettungsschirm Basisbeschluss.“

Sie brechen mittlerweile eigene mit Mehrheit gefasste Parteitagsbeschlüsse, nur um der Regierung einen Gefallen zu tun. Das sagen Ihnen Ihre eigenen Leute. Es wird ein Beschluss des Gremiums ignoriert, sagt Ihnen Ihr Wirtschaftssprecher aus Wien.

Und so könnte ich Ihnen noch Dutzende aufzählen, die bereits in den Foren Ihr Auf­treten kritisieren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Dutzende? – Machen Sie weiter!) Ja, wen wollen Sie noch hören? Den Herrn Margulies kann ich Ihnen nennen. Wen wollen Sie hören? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Vernünftige Argumente!)

Ich könnte Ihnen jede Menge von Leuten aufzählen, die erkannt haben, dass Sie für einen billigen Eintritt in eine Regierung eigentlich Ihre Partei verkauft haben, und das auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher, für die Sie heute Haftungen beschließen, zu denen die Österreicher nicht einmal gefragt worden sind. Sie nehmen sie für die nächsten Generationen in Geiselhaft, nur damit neue Schulden aufgenom­men werden. Das ist die Wahrheit dieses ESM. Und das müssen Sie auch zur Kennt­nis nehmen!

Es wird heute auch immer wieder die Unwahrheit gesagt, die SPÖ hat da ja schon Tra­dition. (Abg. Dr. Cap: Absoluter Unsinn!) Wenn der Herr Klubobmann Cap heute he­rausgeht und – es ist schon wieder nachweisbar die Unwahrheit – behauptet, es gibt ein Vetorecht für Österreich, was die Entscheidungen anbelangt, dann ist das hundert­prozentig falsch und ein Unsinn, Herr Klubobmann Cap. Und das Schlimme ist, Sie wissen das auch! Sie wissen ganz genau, dass in besonders dringenden Fällen Kapi­talabrufe, also Nachschusspflichten für Österreich, allein und unwiderruflich durch den Beschluss des geschäftsführenden Direktors erfolgen und auch dann bezahlt werden müssen. Unwiderruflich!

Da können Sie in den Sack fahren, nur Sie fahren nicht in den eigenen, sondern in den Sack der Österreicherinnen und Österreicher, und das kritisieren wir so bei Ihrer Politik, Herr Klubobmann Cap. Sie wissen, Österreich hat beim ESM einen Stimmrechtsanteil von ganzen 2,8 Prozent. (Abg. Strache: So ist es!) Daher gibt es kein Veto, gibt es kein Blockieren. Alleine können das nur Deutschland, Italien und Frankreich, die eine Sperrminorität haben. Sie haben heute hier vom Rednerpult die Österreicher ange­schwindelt, Herr Klubobmann Cap, das muss man Ihnen ganz klar sagen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Aber das passiert ja nicht zum ersten Mal. Und jetzt, Herr Klubobmann Cap und SPÖ, Ohren spitzen und gut zuhören: Es gab im Jahr 1997 hier im Hohen Haus eine Dringli­che Anfrage des Abgeordneten Dr. Jörg Haider an den damaligen sozialdemokrati­schen Finanzminister Edlinger.

Frage an Edlinger – ich zitiere –: „Können Sie in diesem Fall ausschließen, daß die tra­ditionellen Hartwährungsländer zusätzliche Transferzahlungen an die schwächeren Mitgliedsstaaten leisten müssen?“ Können Sie das ausschließen?

Antwort Edlinger darauf: „Zusätzliche Transfers können auch deshalb ausgeschlossen werden, weil die ‚schwächeren Mitgliedstaaten‘ explizit erklärt haben, daß die Wäh­rungsunion nicht zu Transfers führen wird.“

Lüge! Lüge! Lüge hier in diesem Haus von einem sozialdemokratischen Finanzmi­nister. (Abg. Scheibner: Wo ist der Herr Edlinger?)

Zweite Frage an den Finanzminister: „Was ist Ihrer Meinung nach die Folge, wenn man Länder von unterschiedlicher Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit in einer Wäh­rungsunion vereinigt?“ – 1997, Jörg Haider.


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Antwort von SPÖ-Finanzminister Edlinger: „Die ‚unterschiedliche Wirtschaftskraft‘ der einzelnen Länder hat keine Auswirkungen“ auf eine Währungsunion. (Ah-Rufe beim BZÖ.)

Lüge! Wieder eine Lüge hier im Hohen Haus, und das ist das Problem, das wir haben. Sie schwindeln die Österreicher von oben bis unten an, nehmen sie in Haftung, und das bei steigender Arbeitslosigkeit, bei steigender Armut, bei höheren Steuern und bei höherer Inflation. (Abg. Scheibner: Wo ist der Edlinger?) Dafür sollten Sie sich genie­ren, denn das ist keine redliche Politik, Herr Klubobmann Cap! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Was heute hier beschlossen wird, ist eine europäische Schuldenunion als Höhepunkt einer unfassbaren Misserfolgsstory einer gemeinsamen Währung, des Euro, einer un­fassbaren Misserfolgsstory, letztlich eine Schuldenunion zur Rettung maroder Staaten und Banken. Und die Bevölkerung wird nicht gefragt, sie muss dafür bluten. Daher hat Klubobmann Josef Bucher einen Vertrag für eine Volksabstimmung vorgeschlagen. Das ist die einzige Chance, wie sich die Grünen noch aus ihrem Dilemma mit ihrer Basis retten können. (Beifall beim BZÖ.)

10.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Musiol gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.09.18

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Einwendungsdebatte ist ein Glanzstück von FPÖ und BZÖ. Sie ist natürlich zulässig, wenn man ein Problem mit der Tagesordnung hat. Es haben heute schon viele gesagt, was eigentlich der Sinn der Einwendungsdebatte ist, nämlich Ver­handlungsgegenstände umzureihen, die nicht ausreichend diskutiert wurden oder die dem eigenen Vernehmen nach an der falschen Stelle auf der Tagesordnung stehen. Aber Sie haben auch schon in der Vergangenheit bewiesen, wie Sie mit Einwendungs­debatten umgehen und welchen parlamentarischen Zugang Sie dazu eigentlich haben. (Rufe: Volksabstimmung!)

Ich erinnere nur an die letzte Sitzung, bei der Sie eine Einwendungsdebatte gemacht haben (Abg. Scheibner: Haben wir nicht gemacht!) und damit das, was Sie jetzt gera­de herausrufen, nämlich Volksabstimmung, direkte Demokratie, nach hinten verschie­ben wollten. (Abg. Scheibner: Die haben Sie abgewürgt, die Einwendungsdebatte!)

Was haben Sie damals gemacht? Auf der Tagesordnung stand laut Geschäftsordnung, weil es wichtig ist, prominent das Bildungsvolksbegehren, die Behandlung des Bil­dungsvolksbegehrens, der Abschluss. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben hier eine Einwendungsdebatte gemacht, damit dieses Bildungsvolksbegehren nach hinten verschoben wird und Sie hier hysterisch Ihre Schmollwinkelpolitik betreiben können, sind dann ausgezogen und waren während der gesamten Debatte des Bildungsvolks­begehrens nicht anwesend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Das stimmt ja nicht! Ich habe mich selbst zu Wort gemeldet! Ihre Klubobfrau war nicht da!) Und jetzt stellen Sie sich hier her und wollen sich zu den Meistern der direkten Demokratie machen? – Das ist absolut unglaubwürdig! Es ist ab­solut unglaubwürdig! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Der ESM-Vertrag ist schon lange bekannt, der Kollege Kogler hat das schon gesagt. Pro Tag eine Seite hätte gereicht, und dann vielleicht noch ein bisschen darüber nach­denken und es sich erklären lassen. Der Fiskalpakt ist lange bekannt. Und was ma­chen Sie? – Sie gehen bei der letzten Sitzung hinaus in den Schmollwinkel und kom­men vorgestern oder beim Hearing zurück und zünden jetzt eine Debatte an, obwohl Sie lange genug Zeit hatten, eine Expertise einzuholen und eine Diskussion zu führen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Unerhört! – Abg. Strache: Reden Sie nicht die Unwahrheit!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 48

Da Sie hier mit der Volksabstimmung kommen: Ich war beim Hearing; ich war die gan­ze Zeit anwesend. Nicht einmal Ihre eigenen Experten – Kollege Fichtenbauer, ich se­he ihn gerade nicht – haben da eine Volksabstimmung und eine Gesamtänderung in den Raum gestellt. Das ist eine Erfindung, eine populistische Erfindung, damit Sie hier wieder davon ablenken können (Abg. Strache: Unsinn! Sie sind der Volksabstim­mungsverweigerer!), dass Sie unfähig sind, in europarechtlichen Fragen, in Fragen, die die EU betreffen, Diskussionen zu führen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.) Sie ha­ben sich hier nicht auf eine Diskussion eingelassen, sondern hysterisieren und polari­sieren.

Wir haben anderes gemacht: Wir sind in Verhandlungen gegangen, ja, und nicht nur die Basis, sondern auch ich bin ambivalent, weil es eben, wie Kollege Kogler gesagt hat, nicht so eindeutig gut ausgehen kann. Aber es ist im Moment die einzige Alterna­tive. Und alle Ihre RednerInnen haben es nicht geschafft, hier andere Alternativen vor­zubringen. (Abg. Strache: Die Alternative ist, das Parlament behält die Hoheit und entscheidet von Fall zu Fall!) Und auch das Volk wird keine anderen Alternativen vor­bringen, sondern es ist einfach so, dass das jetzt unsere Möglichkeit ist. Das ist jetzt unsere Möglichkeit.

Wir sind in Verhandlungen gegangen, Herr Abgeordneter Strache, und nur den Grü­nen ist es zu verdanken, dass es hier Mitwirkungsrechte des Parlaments gibt, die sich europaweit sehen lassen, die Transparenz garantieren und die es ermöglichen, dass ein Regierungsmitglied eben nicht einfach so nach Europa fährt und dort tut und schal­tet, wie es will.

Sie haben sich dieser Diskussion absolut entzogen, und jetzt zicken Sie herum. (Abg. Scheibner: Bitte, Herr Präsident, was ist denn das!?) Verzeihen Sie mir den Ausdruck, aber anders kann man das, was Sie hier erledigen, nicht bezeichnen. Große Buttons aufkleben, aber nichts Essentielles beitragen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben nicht nur die ESM-Mitwirkungsrechte ganz klar verhandelt und mit den Re­gierungsparteien auch zu einem Abschluss gebracht, sondern auch inhaltlich viel wei­tergebracht: Finanztransaktionssteuer, Europa-Konvent. All diese Punkte sind wichtige Punkte, die es ohne diese Verhandlungen nicht gegeben hätte. Sie können weiter in Europafragen die Politik vertreten: Populismus, Redeverweigerung, Polarisierung. Aber Sie wissen ganz genau, dass uns das nicht weiterbringt. Das bringt Ihnen vielleicht viel mehr Stimmen und vielleicht weitere Abgeordnete, die dann die Kompendien von 60 Seiten trotzdem nicht lesen, aber es bringt Europa nichts und es bringt Österreich nichts. (Abg. Scheibner: So ein Unsinn! Wo ist die Finanztransaktionssteuer? Alles verraten und verkauft!)

Daher stehen wir absolut dazu, dass wir heute diesem ESM zustimmen, auch wenn wir hier ambivalente Zugänge haben. (Abg. Strache: Unsere Fraktion war beim Hearing geschlossen dabei!) 

Anders ist es mit dem Fiskalpakt. Und auch da haben Sie beim Hearing nicht differen­zieren können. Da sind wir absolut entschieden dagegen. Da gibt es massive verfas­sungsrechtliche Probleme, aber auch da gehen wir einen anderen Weg. Wir haben Geld in die Hand genommen. Wir haben ein Gutachten beauftragt. Wir gehen den Weg der Argumente. Das Gutachten wird am Ende der Woche vorliegen. Und dann werden wir es unter anderem auch dem Bundespräsidenten zur Verfügung stellen, der dann darüber entscheiden wird müssen, ob er diesen Argumenten folgt oder nicht. (Präsi­dentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Dann wird es auch Diskussionen mit Ihnen geben, ob eine Verfassungsgerichtshof­klage eingebracht werden soll. (Abg. Strache: Aber Sie verhindern die Volksabstim­mung, wenn Sie das heute hier beschließen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 49

Herr Kollege Strache, kurze Nachhilfe: Eine Volksabstimmung über Staatsverträge wie den Fiskalpakt gibt es nach derzeitigem Recht nicht. Das sollten Sie als Oberdirektde­mokrat wissen! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

10.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


10.14.52

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Auch ich bin für diese Einwendung gegen die Tagesordnung, weil ich glaube, dass wir uns in vielen anderen Dingen wirklich beeilen müssten: ob das die Schulre­form ist, die Verwaltungsreform, die Gesundheitsreform, die Pensionen. Bei diesen Dingen können wir uns sehr wohl beeilen. (Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede!) Aber in dem Punkt ESM, wo es darum geht, unsere Zukunft zu verspielen, da können wir uns ohne Weiteres mehr Zeit nehmen und intensiv darüber diskutieren. Und genau das will ich heute auch hier machen.

Um zu sehen, warum wir in diesem Schlamassel sind, müssen wir etwas zurückgehen, und zwar in die Zeit vor dem Euro. Was hat man uns für unser Steuergeld nicht alles versprochen! Man hat uns unser Steuergeld abgenommen, hat eine riesige Propagan­damaschinerie aufgebaut und uns davon überzeugt, welche Erfolgsgeschichte der Eu­ro wird, welche Vorteile der Euro bringen wird.

Die Frau Ederer hat uns damals einen Tausender versprochen. Jetzt warten wir schon seit zehn Jahren auf diesen Tausender, und wir haben ihn nicht bekommen. Und wenn man sich den internationalen Vergleich ansieht, wenn man sich jene Länder ansieht, die nicht dem Euro beigetreten sind, dann sieht man, dass dieser Tausender in diesen zehn Jahren nie gekommen ist. (Zwischenrufe.) Der Euro war keine Erfolgsgeschichte, ganz im Gegenteil.

Und jetzt ist er endgültig da, der Tausender. Jetzt bekommen wir den Ederer-Tausen­der. Aber wir bekommen ihn nicht in die Geldbörse. Wir müssen ihn zahlen! Und es ist auch kein Schilling-Ederer-Tausender, sondern es ist ein Euro-Ederer-Tausender, den wir schon bezahlt haben, an Griechenland. Und wenn dieser ESM-Vertrag kommt, dann wird es im besten Fall ein Ederer-Euro-Zehntausender, den wir noch zahlen müs­sen. Und das ist genau der Punkt. (Abg. Riepl: Das gibt es gar nicht!)

Das heißt, wir müssen uns einmal überlegen, warum wir den Euro überhaupt einge­führt haben. Man hat ja damals einiges ins Treffen geführt: Die Wechselkursschwan­kungen waren ja damals ganz, ganz furchtbar. – Wir waren damals an die D-Mark ge­bunden und hatten damit kein Problem, weil das unser Hauptabsatzmarkt war.

Oder wenn man sich anschaut, was noch alles aufs Tapet gebracht wurde: Im Urlaub braucht man nicht mehr umzuwechseln, das ist dann eine große Erleichterung. Oder die Firmen haben kein Wechselkursrisiko mehr. – All diese Dinge sind angesprochen worden. (Abg. Dr. Cap: Jetzt kommt die Tauschwirtschaft!)

Und wenn ich heute zurückschaue und mir ansehe, dass der Euro für diese Probleme die Lösung war, dann wünsche ich mir das Problem zurück. Ich wünsche mir wirklich das Problem zurück. Und all die Unkenrufe damals von der SPÖ, die habe ich auch vor einigen Jahren schon wieder einmal gehört, der Schilling wäre zu einem Spekulations­objekt geworden.

Können Sie sich noch an den Herrn Soros erinnern? Der Herr Soros hat damals dem britischen Staat mit einer waghalsigen Spekulation, bei der alle möglichen Leute mit­gemacht haben, 1 Milliarde abgeknöpft. Das ist ja heute geradezu ein Trinkgeld. Darü­ber würden wir uns ja freuen, wenn wir nur 1 Milliarde zu zahlen hätten. Wir sind jetzt


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schon beim hundertfachen Betrag dessen, was der Herr Soros damals mit dieser Spe­kulation angerichtet hat. Und deshalb haben wir den Euro? Deshalb brauchen wir den Euro, um das zu verhindern? – Na dann, gute Nacht!

Das heißt, wenn das die Lösung ist, dann will ich das Problem zurück. Und deswegen sage ich es auch ganz offen: Ja, ich wünsche mir eine nationale Währung, und das muss nicht der Schilling sein. Das kann ein Nord-Euro sein, oder wie auch immer er heißen mag. Aber wir brauchen unsere Souveränität zurück.

Ich weiß schon, viele hängen noch am Euro. Das ist so wie ein Medikament, das zwar nicht wirkt – haben wir ja gehört, es wirkt nicht –, aber man hat sich schon an die Ne­benwirkungen gewöhnt. Deshalb belassen wir es dabei, statt dass wir das Medikament Euro absetzen und schauen, dass wir ein besseres Medikament für das finden, was wir eigentlich wollen, nämlich Stabilität – und das schafft der Euro nicht. Dieses Medika­ment bringt nicht Stabilität, ganz im Gegenteil, und das sehen wir ja jeden Tag.

Das heißt, lassen Sie uns wieder zur Vernunft zurückkehren! Lassen Sie uns dieses Medikament absetzen und nicht ununterbrochen gegen die Nebenwirkungen irgend­welche Pillen schlucken! Das macht keinen Sinn. Das würde ja sonst auch keiner ma­chen.

Deshalb: Wenn Sie von der SPÖ und auch von der ÖVP heute immer wieder alle von der Opposition auffordern, doch bitte an einem Strang zu ziehen, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Dieser Strang ist um den Hals der Bürger gewickelt – und ich weigere mich, daran zu ziehen! – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.19

10.19.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die Einwendungen des Abgeordneten Stra­che betreffend Absetzung der Tagesordnungspunkte 2 bis 6 von der heutigen Tages­ordnung.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die diesen Einwendungen beitreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über die Einwendungen des Abgeordneten Bucher be­treffend Absetzung der Tagesordnungspunkte 2 bis 7 von der heutigen Tagesordnung.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Minderheit und damit abgelehnt.

Somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 6, 10 und 11, 12 bis 16, 18 bis 22 sowie 23 bis 28 der Tagesordnung je­weils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Ta-


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gesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten er­geben: SPÖ und ÖVP je 140, FPÖ 125, Grüne 110 sowie BZÖ 105 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten zu beschränken.

Für die Dauer der Fernsehübertragung bis 13 Uhr wurde folgende Redeordnung ver­einbart: Erklärung des Bundeskanzlers 15 Minuten, eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 11 Minuten, ein Regierungsmitglied der ÖVP mit 7 Minuten, eine weitere Red-
ner-/Rednerinnenrunde mit je 7 Minuten, eine weitere mit je 6 Minuten und noch eine weitere mit je 5 Minuten.

Die Reihenfolge erfolgt nach Fraktionsgröße.

Der vorsitzführende Präsident/die vorsitzführende Präsidentin verteilt vor Beginn der letzten Runde – nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden – die verbleibende Rede­zeit in ORF 2 auf die fünf Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden erst nach der Fernsehzeit in ORF 2 auf­gerufen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.22.161. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Gemeinsam Europas Zukunft gestalten – mit Beschäf­tigung, Wachstum und Stabilität“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an die Erklärung des Bundeskanzlers wird im Sinne des § 81 der Ge­schäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten ei­ne Debatte stattfinden.

Ich erteile nun Herrn Bundeskanzler Faymann zur Abgabe der Erklärung das Wort. – Bitte.

 


10.22.46

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Sehr verehrte Mitglieder der Regierung! Hochverehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Her­ren! (Abgeordnete des BZÖ entrollen ein Transparent mit der Aufschrift: „Ja zur Volksabstimmung. Nein zum ESM!“ – Die Abgeordneten der FPÖ halten geschlos­sen Tafeln mit der Aufschrift: „Stoppt ESM – Dem Volk sein Recht!“ in die Höhe.) Der Europäische Rat hat im richtigen Moment, wie ich meine, wesentliche Beschlüsse gefasst, nämlich in einer Situation, in der die Frage war: Sind wir stark genug, einen Schutzschirm zu bilden, der einmal ein Schritt im Voraus ist und der nicht wie in der Vergangenheit im allerletzten Moment zustande kommt? Sind wir stark genug, die Flexibilisierung des Schutzschirmes, die verstärkten Möglichkeiten, einander zu schüt­zen, zu schaffen? (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wir wollen ei­ne Volksabstimmung! – Rufe bei der FPÖ: Volksabstimmung!)

An diesen wesentlichen Beschlüssen haben wir als Österreicher mitgewirkt in der Überzeugung: Nur wenn wir diese Europäische Union gemeinsam schützen, schützen wir auch Österreich am besten! – Und das sind eben nicht die Taferlhalter und nicht die


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mit dem Transparent. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Herr Bun­deskanzler, warum machen Sie keine Volksabstimmung? Wir wollen eine Volksabstim­mung!)

Wer Taferl in die Höhe hält, aber nicht zugibt, dass die Arbeitsplätze in Österreich da­von abhängig sind, dass Exporte, dass die Wirtschaft in Europa, dass die Kaufkraft in Europa funktionieren, der zeichnet bei der Bevölkerung absichtlich ein falsches Bild dieser Europäischen Union. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wo­vor fürchten Sie sich, Herr Bundeskanzler?)

Es gäbe in Österreich kein so geringes Zinsniveau für unsere Staatsanleihen, für die wir im Moment deutlich weniger bezahlen, als wir noch in der Vergangenheit aufge­wendet haben, es gäbe nicht die höchste Beschäftigung, wenn wir in diesem Europa nicht gemeinsam tätig wären, um einander zu schützen vor Spekulation, einander zu schützen dort, wo es notwendig ist, für eine gemeinsame soziale und wirtschaftliche Entwicklung Europas zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Warum ver­weigern Sie die Volksabstimmung?)

Wir im Unterschied zu anderen 

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, eine Sekunde, bitte!

Bevor Ihnen die Arme abfallen, sehr geehrte Damen und Herren von FPÖ und BZÖ, fordere ich Sie auf, das Transparent und die Schilder wieder einzuholen!

Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann (fortsetzend): Man muss sich einmal durchdenken, was in Europa konkret passieren könnte, wenn niemand bereit wäre, jetzt unterstüt­zend und schützend einzugreifen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Pirklhuber.) Es wäre das Ziel der Spekulanten, ständig irgendein anderes Land mit dem Thema „Staatsanleihen“ vor sich herzutreiben – im Sinne der Spekulation, aber gegen ein menschenwürdiges Europa, ein Europa, in dem die Menschen, in dem die Politik, in dem die Demokratie Rahmenbedingungen setzen. Verzichten wir in dieser wichtigen Stunde nicht darauf, Europa zu gestalten! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Gestalten wir Europa und erteilen wir jenen eine Absage, die sich diebisch darauf freu­en, dass irgendwelche Negativprognosen über Europa in den nächsten Jahren eintre­ten! (Abg. Strache: Was ist mit der Volksabstimmung, die Sie versprochen haben?) Wer nur Spaß an der Apokalypse hat, bringt nichts Konstruktives in diesem Land ein, und das hat Österreich und das hat Europa nicht verdient. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Strache: Sie brechen Ihr Versprechen gegenüber der Bevölkerung! Volksabstimmung! Volksabstimmung!)

Mit welcher Freude, mit welchem Spaß an der Sache einzelne Redner der FPÖ im EU-Hauptausschuss erklärt haben, wie sie recht bekommen werden in diesem Zusam­menbruch der Eurozone (Abg. Strache: Volksabstimmung!), wie sie meinen in ihren eigenen negativen Vorhersagen, wie sie sich schon einüben im Recht-behalten-Wollen zur Zerstörung Europas (Abg. Strache: Volksabstimmung!), damit haben wir nichts am Hut. Wir stehen zu diesem Europa (Abg. Strache: Volksabstimmung!), wir stehen zu dieser wirtschaftlichen Entwicklung, und wir erteilen all jenen Hetzern eine Absage! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Strache: Volksabstimmung, die Sie ver­sprochen haben! – Abg. Dr. Jarolim: Herr Strache, nieder die Dummheit!)

Es wurde bei diesem Europäischen Rat eine Reihe von wichtigen Maßnahmen be­schlossen, die ich in zwei, drei Punkten im Rahmen der vereinbarten Redezeit auch of­fen ansprechen möchte.

Es wurde vereinbart, dass wir in Zukunft in Richtung Bankenunion eine gemeinsame Bankenaufsicht brauchen, die die Europäische Zentralbank mit Vorschlägen vorberei-


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ten wird. Das ist nicht nur eine Aufsicht im Sinne einer statistischen Abteilung, sondern das ist eine Aufsicht, die auch Möglichkeiten haben soll, einzugreifen, vorzuschlagen, durchzusetzen dort, wo es um die Entwicklung von Risken in Europa geht.

Ich halte das deshalb für so wichtig, dass wir auch Instrumente dafür schaffen, einzu­greifen, wenn systemrelevante Banken in Schwierigkeiten kommen, weil die Leidtra­genden im Falle von Schwierigkeiten oder gar Zusammenbrüchen einer systemrele­vanten Bank irgendwo in Europa nicht jene sind, die in der Vergangenheit etwas damit verdient haben, sondern die Leidtragenden sind die Menschen, die Sparbücher haben, und die Wirtschaftstreibenden, die Wirtschaft des Landes. (Abg. Strache: Volksabstim­mung!) Daher: Schützen wir die Sparbücher und schützen wir die Wirtschaft Europas mit einer ordentlichen Aufsicht! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Volksab­stimmung! Warum verweigern Sie die?)

Dass wir Instrumente dafür schaffen, um nicht erst dann eingreifen zu können, wenn jemand vor der Insolvenz steht oder jemandem eine Insolvenz droht und er dann ein Programmland werden muss – mit all den bekannten Mechanismen, die wir ja mittler­weile leider kennenlernen mussten, weil sie notwendig waren –, sondern um früher ein­zugreifen, ist genauso richtig und anständig wie bei einem Arzt, der, wenn er die Mög­lichkeit hat, auch früher eingreift und nicht später.

Der nächste Schritt, in die Prävention zu gelangen, ist noch ein erheblicher. Dafür zu sorgen, dass der Schutzschirm auch mit einer Bankenkonzession ausgestattet wird, dafür zu sorgen, dass es einen Tilgungsfonds, gemeinsame Möglichkeiten der Schul­denbewirtschaftung gibt, dass es klare Fiskalregeln, Kontrolle gibt, die auch gewährleisten sollen, dass das nicht Fässer ohne Boden sind, zu all diesen Entwicklun­gen, Hand in Hand mit einem Aufbau von schlagkräftigen Instrumenten, die den Aus­druck „Prävention“ verdienen, die also zu einem sehr frühen Zeitpunkt Vorsorge treffen, ist noch ein weiter Weg, und dieser gliedert sich in zwei Teile.

Ein Teil ist innerhalb der Verträge möglich. Es wird bis Oktober neuerlich aufgelistet, welche Möglichkeiten es innerhalb der bestehenden Verträge gibt, auf rechtlich korrek­ter Basis diese verstärkte Entwicklung einzuleiten. (Abg. Kickl: Sagen Sie einmal et­was zur Volksabstimmung!)

Es wird andererseits jene Maßnahmen geben, die einen Konvent notwendig machen, und zwar unserer Meinung nach so früh wie möglich, wenn diese Parameter vereinbart sind, so früh wie möglich in ganz Europa (Abg. Strache: Sie finden kein Wort zur Ihrem Volksabstimmungs-Versprechen!), nämlich einen Konvent mit der Bevölkerung, mit all den Parteien, mit all den NGOs, mit all jenen, die auch mitdiskutieren müssen, weil am Ende einer derartigen Diskussion für eine Vertragsänderung eine umfassende Zustim­mung notwendig ist. Diese umfassende Zustimmung heißt ja nicht nur Volksabstim­mung, sondern diese umfassende Zustimmung zu einer Vertragsänderung setzt eine intensive Informations- und Überzeugungsarbeit im Vorfeld voraus.

Wir haben viele Aufgaben. Wir haben die Aufgabe, kurzfristig das Richtige zu tun im Schutze Europas und zum Schutz Europas. Wir haben mittelfristig diese Instrumente weiterzuentwickeln, um die Aufgaben der nächsten Monate – wobei Ihnen niemand versprechen kann, dass es nicht weitere Risken geben kann –, um die Aufgaben der Zukunft ebenfalls wieder rechtzeitig mit Mitteln wie etwa einer Bankenkonzession für den Schutzschirm bewältigen zu können. Und wir haben langfristig die Aufgabe, die Akzeptanz dieser neuen Instrumente, die Akzeptanz dieser engeren Zusammenarbeit, dieses engeren Füreinander-Einstehens, mit einem neuen Vertrag auch dauerhaft ab­zusichern. (Die Abgeordneten Kickl und Strache: Volksabstimmung! Volksabstimmung!)

Lassen Sie mich noch über den Erfolg berichten, dass auch die Finanztransaktions­steuer hinsichtlich der Vorgehensweise ein Datum bekommen hat, konkret den Dezem-


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ber 2012. Die Formulierung in den Schlusserklärungen lautet: Deshalb werden mehre­re Mitgliedstaaten einen Antrag auf Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit in diesem Bereich stellen, damit die Steuer im Dezember 2012 angenommen werden kann. – Zitatende.

Das ist mehr als allgemeine Beteuerung, das ist ein richtiger, notwendiger Schritt im In­teresse unseres gemeinsamen Beschlusses. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Neubauer: Was ist mit der Volksabstimmung?)

Lassen Sie mich sagen, dass die Festsetzung eines konkreten Datums in der Vorbe­reitung für die Finanzmarktaufsicht, damit für Regelwerke, die dringend notwendig sind, weil sie das Leben und die Entwicklung der Bevölkerung in Europa direkt beeinflussen, genauso richtig war wie die 120 Milliarden €, die einerseits aus neuen, andererseits aus unverbrauchten Mitteln zusammengestellt wurden, um eine Reihe von Instrumen­ten und Möglichkeiten aufzubauen, stärker in Beschäftigung zu investieren. Beschäfti­gung ist eine Voraussetzung für ein faires Europa. – Das ist einer der wichtigen Schrit­te bei den Beschlüssen dieses Europäischen Rates gewesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich zum Abschluss zwei Dinge sagen! Erstens bin ich persönlich davon überzeugt, dass, würden wir jetzt nicht unsere Verantwortung über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam wahrnehmen, auch als Österreicher dafür zu sorgen, dass es die­sen Schutz in Europa gibt, dann hätten wir nicht das Recht, zu sagen, wir sind für eine gemeinsame soziale, wirtschaftliche, friedliche Entwicklung in Europa. Denn eine Basis für diese Entwicklung ist, dass wir eine Wirtschaftskrise, wie es sie in den dreißiger Jahren gegeben hat, verhindern, und das können wir nur durch stärkeren Einsatz und durch die Beschlüsse, die wir heute tätigen, verhindern.

Diese Gestaltung Europas wird darüber entscheiden, ob unsere Kinder und unsere En­kelkinder in einem Europa aufwachsen, für das wir kämpfen (Rufe bei der FPÖ: Volks­abstimmung! Volksabstimmung!), in einem sozialen, einem fairen, einem wirtschaftli­chen und einem friedlichen Europa.

In diesem Sinne bitte ich Sie um die Zustimmung zu den Beschlüssen. (Lang anhalten­der Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Stra­che: Kein Wort zur Volksabstimmung! – Abg. Ing. Westenthaler: Gott schütze Öster­reich!)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten sind bekannt.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Redezeit: 11 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt können Sie sich ein Beispiel nehmen, Herr Strache!)

 


10.35.54

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Was mich verwundert, sowohl angesichts der Täfelchen, die Sie mittlerweile mit zittrigen Armen in die Höhe halten, als auch dieses Transparents, ist, warum in Ihren Reden heute nie die Einzelschicksale zur Sprache gekommen sind. Der Herr Bundeskanzler hat berichtet, dass bei dem Gipfel ein Pakt für Beschäftigung und Wachstum beschlossen wurde, eine Erklärung hinsichtlich einer Finanztransaktionssteuer erfolgte, damit es neue Einnahmen gibt und damit auch die Spekulation gedämpft und minimiert wird, und dabei geht es doch immer darum, dass die einfachen Menschen, diejenigen, die Arbeit brauchen, diejenigen, die vom Erspar­ten leben, diejenigen, die ein funktionierendes Pensionssystem brauchen, abgesichert werden. Aber das wird von Ihnen nicht angesprochen, und das wundert mich eigent­lich, weil Sie selbst immer sagen, Sie seien die Vertreter der „kleinen“ Leute, der mittle­ren Unternehmer, von wem auch immer.


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Das zeigt, dass Sie in Wahrheit ein ganz anderes Interesse haben. Ihnen geht es nicht um die Sache, sondern das ist ein politisches Spiel, das Sie hier betreiben, und das ist verantwortungslos.

Wenn wir heute hier diskutieren und es um die Souveränität Österreichs geht, dann möchte ich folgende These aufstellen (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist ein Veto?): Wenn man riskiert, dass es in Europa, aber auch in Österreich eine Entwicklung gibt, die zu wirtschaftlich desaströsen Situationen führt, die zu Chaos führt, zu Massenar­beitslosigkeit, zum Zusammenbruch der Währung – etwas, das der Herr Bundeskanz­ler mit den dreißiger Jahren schon angesprochen hat –, und wenn einzelne Länder in solch eine Situation kommen, dann sind sie so etwas von abhängig vom Internatio­nalen Währungsfonds, dann sind sie so etwas von abhängig von mächtigen Kapital­gruppen, dann sind sie so etwas von abhängig von anderen politischen Entscheidungs­ebenen, und dann riskiert man die Souveränität des eigenen Landes. – Das verstehe ich nicht! Am liebsten würde ich einen Misstrauensantrag gegen FPÖ und BZÖ ein­bringen, nur leider sieht das die Geschäftsordnung nicht vor. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Sie werden heute noch einen derartigen Entschließungsantrag einbringen, das ist Ihr gutes Recht, es fehlt aber jede sachliche Grundlage. (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Kollege Cap! Was ist mit dem Veto? Das würde mich interessieren!)

Weil hier so viele Kärntner sitzen, möchte ich eine ganz kleine Bemerkung machen: Es wäre viel kreativer gewesen, wenn Sie ein paar Transparente zur Landes-Hypo in Kärnten gehabt hätten. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Wenn ich mir das „Wirt­schaftsBlatt“ vom 8. Juni dieses Jahres anschaue, das davon spricht, dass die Hypo Alpe-Adria faule Kredite und hochriskante Geschäfte bis zu einem Volumen von 10 Mil­liarden € in eine Sondergesellschaft auslagern muss (Rufe bei der FPÖ: Was ist mit der Kommunalkredit?), was bedeutet, dass im Endeffekt mit Staatsgarantien und allem Drum und Dran der Steuerzahler den Kopf hinhalten muss, dann bedeutet das, dass für diese Misswirtschaft von Blau und Orange in Kärnten jede Österreicherin und jeder Österreicher mit 1 200 € den Kopf hinhalten muss. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir heute hier über die 2,2 Milliarden € diskutieren, die in den ESM einfließen, und wenn wir noch die 17 Milliarden Haftungen dazunehmen, dann sind wir noch im­mer nicht bei den 22 Milliarden der Landes-Hypo Kärnten. Daher: Spielen Sie sich nicht so auf, als ob Sie die Vertreter der Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher wären – Sie sind es nicht! (Abg. Neubauer: Dann fragen Sie doch das Volk, wenn Sie so sicher sind!)

Sie spielen auf dem Rücken der Österreicherinnen und Österreicher ein ganz übles Spiel! Wenn Sie ihnen einreden, dass wir ab jetzt aus unseren Steuergeldern in den ESM einzahlen, ohne zu erwähnen, dass wir das tun, um auch Österreich zu schützen, um auch den österreichischen Standort zu schützen, um uns wettbewerbsfähig zu hal­ten mit China, mit den USA, mit vielen anderen Ländern, wenn Sie das alles beiseite­lassen, dann kann ich Ihnen nur sagen, das ist verantwortungslos! Das werden Sie noch einmal zu verantworten haben, wenn die Wählerin und der Wähler dazu eine Mei­nung abzugeben haben. (Abg. Neubauer: Wir fürchten uns nicht vor dem Wähler!)

Sie wissen selbst (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Strache), weil Sie da immer diese Feindbilder ESM und Fiskalpakt errichten – übrigens, der Fis­kalpakt kommt bei Ihnen gar nicht vor, also ich finde das interessant –: Das ist eine Einrichtung, wo man schaut, dass mit dem Steuergeld ja verantwortungsvoll umgegan­gen wird, dass das möglichst mit Zinsen und Zinseszinsen zurückgezahlt wird, dass Haushaltsdisziplin herrscht, dass der Haushalt ausgewogen ist – was beim Fiskalpakt übrigens jeder selbst entscheiden kann, ob das über Einnahmen oder Ausgaben gere-


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gelt wird, der ausgeglichene Haushalt. Bei konjunkturellen Abschwüngen kann man so­gar aussteigen, und der Staat kann wieder aktiv sein, sogar durch eine Vergrößerung im Rahmen seiner Schulden, die er dann macht, um sie durch mehr Wachstum und Beschäftigung wieder zurückzugewinnen. Das kommt bei Ihnen nicht vor.

Wieso kommt das eigentlich bei Ihnen nicht vor? Das ist nicht bloß der ESM, den Sie mit Ihren zittrigen Händen und Ihren Täfelchen als anonymes Etwas darzustellen ver­suchen. Nein, das ist es nicht, sondern das ist eine Rettungseinrichtung, damit der Eu­ro stabil bleibt, damit wir mit einem stabilen Euro Wirtschaft, Handel und Konkur­renzfähigkeit absichern. (Abg. Kickl:  seit Monaten!) Oder wollen Sie, dass hier bei uns die Lohnniveaus und die Sozialniveaus von Südchina und Südindien gelten? Wol­len Sie das? – Dann sagen Sie es (Zwischenruf bei der FPÖ), dann kommen Sie he­raus und sagen Sie, Sie wollen eine andere Gesellschaftsordnung und ein anderes So­zialniveau. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was ist mit dem Veto? – Zwischenruf des Abg. Strache.)

Ja, das Veto gibt es, das Veto gibt es. (Rufe beim BZÖ: Wo? Wo?) Sie wissen, dass wir hier im Nationalrat die Möglichkeit haben, beim ESM mitzuwirken (Abg. Strache: Es gibt kein Veto!), Sie haben sich dagegen ausgesprochen. (Anhaltende Zwischenru­fe bei BZÖ und FPÖ.)

Schauen Sie, Sie haben sich dagegen ausgesprochen, dass das Parlament mitredet, was mit dem Steuergeld im ESM geschieht. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo steht das Veto? Halten Sie doch die Leute nicht für dumm! – Zwischenruf bei der FPÖ.) Das nen­nen Sie Demokratie? Ich muss Ihnen sagen, Demokratie ist, wenn man versucht, dass man darauf Einfluss nimmt, was mit unserem Steuergeld geschieht. Genau das werden wir machen: wenn es zu einer Erhöhung kommt, Einsatz der Mittel; auch in dringlichen Fällen gibt es Mechanismen, wo wir hier nicht ausgeschaltet sind. Das möchte ich nur einmal mitteilen.

Sie vereinfachen das alles, machen Angst, errichten Feindbilder und sagen: Die Lö­sung von allem ist – was? Es hat noch kein einziger Redner von Ihnen hier heute ge­sagt, was eigentlich seine Lösung und sein Modell ist. (Ruf: Volksabstimmung!) Ich fin­de, das ist ganz schön dürftig. (Abg. Strache: Volksabstimmung, Herr Cap!  verwei­gern Sie die!)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe jetzt versucht, das zu Ende zu denken, was Sie da gerade vorgeschlagen haben. Wie gesagt, das kann dazu führen, dass die Wäh­rung zusammenbricht, dass wirtschaftliches Chaos herrscht, dass Souveränitätsrechte dann wirklich gefährdet sind. Einer muss ja für Sie denken. Sie selber machen das nicht, also habe ich mich bereit erklärt, zu denken (Heiterkeit bei der SPÖ – Abg. Ur­sula Haubner: Bitte nicht! – weitere Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ), und habe das al­les jetzt sozusagen auch zu Ende gedacht.

Ehrlich gesagt, man muss sich dann auch bereit erklären, sich mit den Modellen aus­einanderzusetzen, und der ESM und der Fiskalpakt, die gehören zusammen. Das hat eine bestimmte Logik (Abg. Dr. Graf: Wissen das die Grünen auch?), denn man soll eben mit diesen Geldern auch diszipliniert umgehen. Deswegen steht das heute auf der Tagesordnung, deswegen ist es auch wichtig, dass das heute in diesem Zusam­menhang beschlossen wird.

Wissen Sie, was noch wichtig ist? – Beim Pakt für Wachstum und Beschäftigung (Zwi­schenruf des Abg. Bucher) und bei der Diskussion beim Gipfel haben am Anfang noch alle gelacht (Zwischenruf bei der FPÖ), als Österreich, Bundeskanzler Werner Fay­mann der Einzige war, der gesagt hat, die Finanztransaktionssteuer muss her. Da war er noch der Einzige. Da haben wir schon einen Fünf-Parteien-Antrag gehabt, aber da war er noch der Einzige in Europa. – Jetzt ist plötzlich sogar mit einer Frist geplant, dass das auch wirklich kommt.


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Warum stellen Sie sich nicht her, als selbstbewusste österreichische Abgeordnete, und sagen: Ja, wir sind stolz darauf, dass Österreich etwas durchgesetzt hat!? Wieso ma­chen Sie das eigentlich nicht? Wieso gibt es so viel Selbstzweifel hier herinnen? Was ist da los? Wo ist Ihr Nationalbewusstsein eigentlich? Wo ist es? (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Bucher:  Selbstzweifel!)

Mit dem Pakt für Wachstum und Beschäftigung soll versucht werden, gezielt zu för­dern, gezielt in einzelnen Ländern in Europa darauf zu schauen, dass sie wirklich ein Teil dieses Wirtschaftsraumes sind, damit der gesamte Wirtschaftsraum ein produktiver Teil, ein funktionierender Teil und auch konkurrenzfähig ist. Das ist keine Kleinigkeit, die sich da gerade im globalen Wettbewerb abspielt, mit den USA, mit China, mit In­dien, mit vielen anderen Ländern. Das ist ernst zu nehmen. Das soll ein Wettbewerb auf Augenhöhe sein, und wir sollten nicht bei einer Entwicklung mittun, wo wir uns sel­ber schwächen.

Wer aber riskiert, dass wir uns selber schwächen, der muss doch wissen, dass das auch Auswirkungen hat – nicht bloß auf die von Ihnen so bezeichneten Bürokraten in Brüssel oder sonst wo, nein, auf das eigene Land und hier im Zentrum unserer Politik. Und wenn wir den ESM wollen, und wenn wir den Fiskalpakt mit dabei haben, dann ist das eigene Land – nämlich Österreich – im Mittelpunkt unserer Überlegungen, dann wollen wir erhalten, wofür Generationen gekämpft haben (Abg. Bucher: Das opfert ihr alles!)  gekämpft für dieses Pensionssystem mit dem berühmten Umlageverfahren, das sich ja als so toll herausgestellt hat gegenüber den Spekulationspensionsfonds, die man uns einzureden versucht hat; gekämpft für das Gesundheitssystem, wo Oba­ma in den USA erst jetzt die ersten Schritte macht in die Richtung, wo Österreich schon seit Jahrzehnten ist – hier in Österreich gibt es dieses super Gesundheitssystem.

Das sind keine Selbstverständlichkeiten. All das braucht eine funktionierende Wirt­schaft, all das braucht ein funktionierendes Währungssystem, und all das braucht eine funktionierende Demokratie. (Abg. Kickl: Das setzen Sie aufs Spiel! – Abg. Strache: All das setzen Sie aufs Spiel !) Das ist der einzige Punkt, an dem wir uns treffen, wo ich sage: Für diesen Ausbau der Demokratie bin ich, nämlich indem die nationalen Par­lamente und das österreichische Parlament primär einbezogen werden und wo wir die­ses Modell der Mitwirkung im ESM-Bereich hier erreicht haben.

Wieso sind Sie da schon wieder ohne Selbstbewusstsein? Wieso haben Sie schon wieder diese komischen Selbstzweifel? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wieso machen Sie das? Wir sollten stolz darauf sein und den anderen Ländern dieses Modell darstel­len und den anderen Ländern dieses Modell zeigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, ein bisschen kommen mir die FPÖ und die BZÖ vor (Rufe beim BZÖ: Das BZÖ! – Abg. Grosz: Frau Unterrichtsministerin, !) – das habe ich schon bei den Hea­rings gesagt; BZÖ oder FPÖ, mir ist das wurscht, in welcher Reihenfolge – wie jemand, der ein Feuer anfacht, nach der Feuerwehr ruft, aber die Zufahrt der Feuerwehr blo­ckiert. Das ist die Verantwortungslosigkeit, die hier zum Ausdruck kommt.

Da muss ich Ihnen sagen: Damit werden Sie Österreich nicht durch diese unsicheren Zeiten mitsteuern können. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Sie verweigern sich auch. Das ist das Positive an den Grünen: Bei allen Differenzen, die wir mit den Grü­nen haben und die Grünen mit uns – keine Frage; und die wird es auch in Zukunft ge­ben (Zwischenruf beim BZÖ) –, haben sie signalisiert, dass sie Mitverantwortung tra­gen wollen. Wenn Sie von Blau und Orange das Wort „Verantwortung“ hören, ergreifen Sie die Flucht, und wir sehen von Ihnen nur mehr eine blaue oder orange Staubwolke. Das ist die Quintessenz dieser Verhandlungen und Gespräche der letzten Wochen und Monate. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Da Sie die ganze Zeit Demokratie sagen, möchte ich das, was Kollege Auer in seiner Rede heute gesagt hat, wiederholen: Sie wollten ein Hearing, wir wollten ein Hearing,


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wir haben hier einen ganzen Tag lang ein Hearing mit Experten durchgeführt, es gab unzählige Ausschusssitzungen, Diskussionen, all das. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Sie können nicht sagen, dass da etwas überfallsartig gemacht worden ist. (Rufe bei der FPÖ: Volksabstimmung! Sie hören den Experten nicht zu!)

Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist, dass Sie letzte Woche eine Sitzung chaotisiert haben, in der es darum gegangen ist, zu diskutieren, dass wir in Wirklichkeit die Mitwir­kung des Parlaments schon frühzeitig hier debattieren wollen und das auch beschlie­ßen wollen, weil wir selbstbewusst sind. Also ich muss Ihnen sagen: eine erbärmliche Vorstellung von Ihnen, auch konditionell übrigens. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

 


10.47.43

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Ge­schätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Es gibt in diesem Hohen Haus eine Partei, Herr Strache, die gerne plakatiert: „Unser Geld für unsere Leut’!“ (Rufe bei der FPÖ: Richtig! Bravo! – Demonstrativer Bei­fall des Abg. Neubauer.) Herr Bucher, es gibt in diesem Hohen Haus auch eine Partei, die gerne Anstecker trägt, auf denen steht: „Genug gezahlt!“ (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Es ist noch gar nicht lange her, da haben in Kärnten hauptverantwortlich diese beiden Parteien – FPÖ und BZÖ –, das Land, gegenüber ihrer Landesbank Haftungen von über 20 Milliarden € übernommen (Abg. Strache: Das war die  Landesregierung, die das beschlossen hat! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen), meine Damen und Herren (Ruf bei der SPÖ: Wahrheit tut weh! – Rufe: Martinz! Birnbacher!), dann haben sie diese Bank ins Ausland ver­kauft, aber die Haftungen bestehen lassen. (Ruf: Birnbacher!) Und als diese Bank dann kurz vor der Pleite war und Kärnten das Schlagendwerden dieser Haftungen gedroht hat, musste der Staat, musste Österreich einspringen (Ruf bei der FPÖ: Ihr Finanz­minister hat die Bayern außen vor gelassen!), diese Bank notverstaatlichen und diese hohen Risiken, die FPÖ und BZÖ da eingegangen sind, übernehmen. (Ruf bei der FPÖ: Volksabstimmung! – Abg. Petzner:  Josef Martinz steht heute vor Gericht!)

Hätten wir damals, meine Damen und Herren, nach dem Motto von FPÖ und BZÖ ge­handelt, hätten wir Kärnten pleitegehen lassen müssen (Zwischenrufe beim BZÖ), nur: Haben Sie aus irgendeinem der Bundesländer in Österreich, die sogenannte Net­tozahler sind – Vorarlberg, Oberösterreich –, eine solche Forderung gehört? – Und Sie erheben sich jetzt in Richtung Europa?! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das tut weh! – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, was ist denn der Sinn von Gemeinschaften, Familien, Ge­meinden, Ländern? – Der Sinn von Gemeinschaften ist (Abg. Neubauer: Volksabstim­mung!), dass man versucht, Herausforderungen, die bestehen, die ein Einzelner nicht oder nur schwer lösen kann, gemeinsam zu bewältigen, auf der jeweiligen Ebene, auf der es am besten geht (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ) – und das aber im bestverstandenen Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe und nicht im Sinne von Auf­hängen von Hängematten. Das ist der Sinn von Gemeinschaften, meine Damen und Herren!

Was ist das Resultat von Gemeinschaft und von Solidarität? – Es ist ein menschen­würdiges Leben für möglichst alle statt nur für die Stärkeren, das Resultat von Gemein­schaft und Solidarität ist sozialer Friede in diesen Gemeinschaften, ist Sicherheit in die­sen Gemeinschaften, und das Resultat von Gemeinschaft und Solidarität sind Entwick­lungschancen für möglichst alle. Das Gegenstück davon ist das Recht des Stärkeren.


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Wir sind für Gemeinschaft und für Solidarität in dieser Welt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich ist eine solche Gemeinschaft zur Sicherung von Frieden und Wohlstand, und so wie Kärnten oder die Hilfe für Kärnten keine Misserfolgsgeschichte – wie das Ganze auf Europa übertragen gesagt wurde – ist und war, so ist auch Europa keine Misserfolgsgeschichte und ist auch der Euro keine Misserfolgsgeschichte, meine Da­men und Herren (Abg. Petzner: Martinz sitzt auf der Anklagebank!  euer Parteiob­mann!), sondern es sind Instrumente zur Übung von Gemeinschaft und Solidarität im Sinne eines besseren Ganzen. Das ist der Sinn und Zweck des Ganzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, vergessen wir doch eines nicht bei dieser ganzen Debatte: Österreich ist zwar Nettozahler in dieser Gemeinschaft (Zwischenruf bei der FPÖ), aber Österreich ist gleichzeitig einer der größten Profiteure in dieser Gemeinschaft. Wir haben durch die Teilnahme an dieser Gemeinschaft ein zusätzliches Wirtschafts­wachstum erfahren. Wir haben durch die Teilnahme an EU und Euro zusätzlichen Wohlstand für die Menschen in Österreich schaffen können. Das alles sind Resultate, und zwar trotz der Nettozahlerposition, und ist per Saldo trotzdem für Österreich posi­tiv. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

So wie auch in Kärnten ein paar Fehler gemacht worden sind (Zwischenruf bei der FPÖ), so sind tatsächlich auch auf der europäischen Ebene bei der Gestaltung und bei der Vergrößerung der Europäischen Gemeinschaft Fehler gemacht worden, und auch bei der Einführung des Euro ist der eine oder andere Fehler gemacht worden, vor al­lem sind einige Länder zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden, zu dem sie dafür nicht reif waren.

Wir dürfen jetzt aber nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern wir müssen jetzt gemeinsam versuchen, diese sinnvolle Gemeinschaft davor zu bewahren, dass sie von destruktiven Kräften zerstört wird; Kräfte mit solchen Absichten sitzen auch in diesem hohen Haus. (Abg. Kickl: Hinter Ihnen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das heißt, meine Damen und Herren, wir müssen jene Länder, deren Handeln zur Ge­fahr für den Euro und für die Europäische Gemeinschaft geworden ist, dazu zwingen – würde ich sagen –, ihre Defizite abzubauen, ihre Schulden abzubauen, ihre mangelnde Wettbewerbsfähigkeit zu beseitigen oder zu verbessern. (Abg. Mag. Stefan:  in den letzten zehn Jahren!) Wir müssen auch die Mängel in den Regulierungen der Finanz­märkte beseitigen – keine Frage –, aber wir müssen vor allem mit dem Konzept „Wachstum auf Pump“ Schluss machen. Dieses Konzept ist gescheitert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Was machen wir denn ?)

Ich sage es einmal mehr, meine Damen und Herren: Unser Problem in Europa, in vie­len Ländern ist die Verschuldung dieser Staaten. Griechenland wird wahrscheinlich nächstes, übernächstes Jahr einen Primärüberschuss erwirtschaften, aber das Land hat so hohe Schulden und eine so schlechte Bonität, dass es Kredite – wenn über­haupt noch – nur zu horrenden Zinsen bekommt. Es macht doch Sinn, dieses Land, das auf sehr bescheidenem Niveau, das muss man zugeben, die Chance hat, aus Ei­genem sogar wieder Überschüsse zu erwirtschaften (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber es nicht schafft, sich selber zu finanzieren, nicht aus unserer Gemeinschaft zu stoßen, wie es manche möchten, sondern dass wir diesem Land durch ein Instrument wie den ESM helfen.

Der ESM ist ein Kapitalmarktinstrument, das wir uns aber selber gestalten und das wir nicht den anderen überlassen, den Spekulanten auf den Kapitalmärkten. Wir gestalten uns hier ein Instrument, um Länder wie Griechenland und andere – und damit letzten Endes auch uns, in der Rückwirkung – aus den Fängen der Kapitalmärkte zu befreien


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(Abg. Mag. Stefan: Was heißt „aus den Fängen der Kapitalmärkte“?), und Griechen­land ist inzwischen zum Spielball dieser Märkte geworden. Dieses Instrument dient da­zu, uns aus den Fängen der Kapitalmärkte und der Spekulanten wieder zu befreien, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Den Staaten, mit denen wir Solidarität üben – aber durchaus auch eigennützig Solidari­tät üben, denn es würde ja auch uns schaden, ihnen nicht zu helfen –, ist natürlich auch einiges abzuverlangen. Solidarität ist keine Einbahnstraße. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Wo ist die Solidarität mit den Ös­terreichern?)

Auf diesen Zwischenruf hin – wo ist die Solidarität mit den Österreichern? –: Griechen­land oder den Euro scheitern zu lassen, wäre ja ein Schaden für die Österreicherinnen und Österreicher, der deutlich größer wäre als das, was wir jetzt in diesen ESM an Fi­nanzmitteln einbringen und was wir dort an Haftungen übernehmen. Sie wollen den Österreicherinnen und Österreichern durch Ihre destruktive Haltung schaden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Damit verantwortungsvolles Handeln jener Länder, denen wir jetzt unter die Arme grei­fen, auch gesichert ist, brauchen wir dieses zweite Instrument, das heute auch be­schlossen wird, den Fiskalpakt. (Abg. Kickl: Nicht dass die Grünen !) Nur der Fiskal­pakt kann sicherstellen, dass diese Länder die eingegangenen Verpflichtungen auch tatsächlich einhalten.

Meine Damen und Herren! Hier war die Rede vom Verlust von Souveränität. – Ja, aber doch nicht für uns. (Ruf bei der FPÖ: Was denn sonst?) Wir müssen dieses Instrument wollen, denn mit diesem Instrument können wir jene an die Leine nehmen und an die Leine legen, die bisher nicht so gehandelt haben, wie sie es versprochen haben. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Strache, Bucher und Mag. Stefan.) Das ist Einschrän­kung von Freiheit für jene, die Hilfe brauchen, aber doch nicht für uns, sondern im Ge­genteil: In unserem Interesse ist die Einschränkung der Freiheit der anderen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Der ESM als ein Schutzschirm, der auch für die Österreicherinnen und Österreicher positiv wirkt, und der Fiskalpakt sind unverzichtbare Instrumente zur Stabilisierung der finanziellen Situation von in die Schieflage geratenen Ländern, sie sind aber auch Hilfe und Schutz für uns selber. Alle, die diese Instrumente jetzt ablehnen, alle, die diese Instrumente nicht etabliert sehen wollen, handeln letzten Endes zum Nachteil und zum Schaden der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


10.58.44

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs auf ein paar Punkte eingehen, die Herr Klubobmann Cap und Herr Klubob­mann Kopf zum Besten gegeben haben, wobei sie doch wieder einmal vieles nicht ge­sagt haben.

Wenn Sie Banken wie die Hypo Alpe-Adria ansprechen, dann erwähnen Sie bitte auch, dass eine SPÖ-ÖVP-Landesregierung damals diesen Haftungsrahmen beschlossen hat und per Antrag eingebracht hat (Oh-Rufe bei der FPÖ), und vergessen Sie nicht, dass es Ihre beiden Parteien in einer Kärntner Landesregierung waren (Zwischenruf bei der SPÖ), die damals mit diesem Antrag dieses Haftungsvolumen überhaupt erst


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möglich gemacht haben. Das haben Sie heute wohlweislich verschwiegen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genauso haben Sie verschwiegen, dass es Finanzminister Pröll war, der die Bayern in unverantwortlicher Weise aus ihrer Verantwortung entlassen hat, denn die Bayern hät­ten für den Schaden, den sie angerichtet haben, auch aufkommen müssen und nicht die österreichischen Steuerzahler, wie Finanzminister Pröll im Auftrag des Herrn Bun­deskanzler Faymann es verhandelt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann verschweigen Sie auch nicht, dass hinter mir eine der Verantwortlichen des größ­ten Bankenskandals und Schadens, der angerichtet worden ist, sitzt, nämlich Frau Mi­nister Schmied, die bis 2007 letztlich Vorstand und Finanzchefin der Kommunalkredit war, für die bis heute nicht 1 Milliarde €, sondern 4,5 Milliarden € von österreichischen Steuerzahlern aufgewendet werden mussten. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann verschweigen Sie nicht, dass die Österreichische Volksbank, die sich in Ihrem Nahebereich befindet, Herr Klubobmann Kopf, mit nahezu 1,35 Milliarden € auch eine Pleite hingelegt hat, für die die österreichischen Staatsbürger aufkommen mussten. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wenn es um die österreichischen Banken geht, wenn es um die Spareinlagen der Ös­terreicher geht, ja, dann stehe ich dazu, diese Spareinlagen zu sichern und zu schüt­zen, aber notfalls auch Banken zu verstaatlichen und dafür Sorge zu tragen, dass die Manager zur Verantwortung gezogen werden, was Sie bis heute nicht getan haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Und bis heute sitzt eine Verantwortliche hier auf der Regierungsbank statt sich der Verantwortung zu stellen für den Schaden der Kommunalkredit, den sie angerichtet hat!

So viel zu dem, was Sie hier leider Gottes verschwiegen haben.

Wenn Sie sich, Herr Klubobmann Cap, heute hier herstellen und sagen, es wurde un­glaublich toll und eingehend debattiert, dann erinnere ich Sie daran: Vor 14 Tagen oder vor knapp mehr als 14 Tagen haben Sie mit der Tagesordnungspunktergänzung im Sinne eines Handstreichs gearbeitet, um diese Punkte auf die Tagesordnung zu brin­gen. Dann hat es ein Hearing hier im Hohen Haus gegeben, das von der Opposition er­zwungen wurde und bei dem wir Freiheitlichen geschlossen als Fraktion anwesend wa­ren, weil es uns so wichtig ist und wir das Thema auch so ernst nehmen. Und dann ge­hen Sie her und sagen, das wäre ausreichend gewesen, und vergessen völlig – nicht einmal irgendein Wort haben Sie heute dazu gefunden –, dass Ihr Bundeskanzler, der Herr Faymann, den Österreichern zugesichert hat, bei einer Änderung von Verträgen eine Volksabstimmung durchzuführen, und dieses Versprechen heute selbst mit Füßen tritt und nicht bereit ist, es einzuhalten. Kein einziges Wort dahingehend wurde ver­loren. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist schon ein interessanter Zufall, dass Sie gerade heute, am 4. Juli, am Tag der amerikanischen Unabhängigkeit, am amerikanischen Unabhängigkeitstag, hier die Un­abhängigkeit Österreichs in entscheidenden Teilbereichen aufheben wollen.

Zu Recht bringen wir daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschlie­ßung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)


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Das, was Sie tun, ist eine Schande für unsere Republik und ist nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung, der gegenüber Sie verweigern, dass der Souverän, die österreichische Bevölkerung, abstimmen darf. Sie haben Angst vor dem Volk, aus gu­tem Grund, weil Sie ganz anderen Interessenlagen dienen. Sie dienen nicht der öster­reichischen Bevölkerung, sondern Ihren Bankspekulanten.

Wenn Sie sich heute herstellen und, wie immer wieder in den letzten Wochen, sagen, die Brandherde müssen gelöscht werden – was machen Sie denn in Wahrheit? Sie sorgen dafür, dass die Brandopfer noch einmal zur Kasse gebeten werden, damit die Brandstifter, die Bankspekulanten, das Geld der Brandopfer bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre unverantwortliche Politik, mit der Sie versuchen, unsere Bevölkerung zu nötigen, zwangszuverpflichten, zu entrechten, zu enteignen, ohne dass das Volk darü­ber abstimmen darf. Das ist der demokratiepolitische Skandal, der heute hier gelebt wird.

Man muss Ihnen dafür das Misstrauen aussprechen, denn Sie wollen letztlich Öster­reich, wie wir es bis heute kennen und schätzen, in der Form abschaffen. Sie wollen das Ende der Zweiten Republik in Teilbereichen. Oder nicht nur in Teilbereichen, denn der Herr Vizekanzler hat ja schon gesagt, am Ende will man generell die Abschaffung der Zweiten Republik durch einen zentralistischen europäischen Bundesstaat, der letzt­lich schon sehr offen propagiert wird.

Deshalb ist es wichtig, Sie alle von SPÖ, ÖVP und den Grünen als Komplizen namhaft zu machen als Verantwortungsträger für diese Entwicklung und die Österreicher auch restlos aufzuklären und ihnen die Wahrheit zu sagen.

Wenn Sie von Vetorecht reden – ja, wo gibt es denn das? Eine Notstandsverordnung gibt es im ESM-Gouverneursrat, wo mit qualifizierter Mehrheit natürlich alles zu be­schließen sein wird und wir mit 2,8 Prozent mit unserer Finanzministerin dort nicht ein­mal nichts bewirken oder verhindern können. Das ist die Wahrheit, über die Sie schweigen, während Sie hingegen bewusst versuchen, unwahre Gebilde zu konstru­ieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler Faymann, der Herr Vizekanzler Spindelegger, aber auch die Kumpanin als Dritte, nämlich die Frau Gla­wischnig, haben letztlich hier eine österreichfeindliche Koalition gebildet, und man muss von einem Ermächtigungsgesetz reden, auf das sie sich geeinigt haben, mit dem man die Budgethoheit und damit die Souveränität Österreichs in wesentlichen Berei­chen an Brüssel abtreten will.

Sie haben als Dreierbande, als Koalition des Grauens – anders kann man das nicht be­zeichnen – diametral gegen die österreichischen Interessen hier eine Entscheidung vor, und Sie zeigen einmal mehr, dass Ihr Politikverständnis darin besteht, über die ei­gene Bevölkerung drüberzufahren. Sie brauchen nie wieder den Begriff „direkte Demo­kratie“ in den Mund zu nehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja zum Genieren, wenn dann diese drei Parteien, die immer wieder Volksab­stimmungen verhindern und mit Füßen treten, überhaupt noch mit diesem Begriff spie­len und damit operieren! – Der Herr Staatssekretär Kurz ist schon gegangen, der ist schon abgemeldet in dieser Frage, genauso wie Kopf, Cap und Glawischnig. Sie ha­ben es ja immer verhindert, wenn es notwendig gewesen wäre. Sie haben bei der Eu­ro-Einführung eine Volksabstimmung verhindert, obwohl wir Freiheitliche damals An­träge zuhauf eingebracht haben, weil die österreichische Bevölkerung selbstverständ­lich auch damals darüber abstimmen hätte sollen, was Sie jedoch verhindert haben. Sie haben in Folge bei der Verfassung der Europäischen Union, beim Lissabon-Ver­trag, wieder mit Hilfe der Grünen eine Volksabstimmung verhindert. Sie haben beim


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zuletzt beschlossenen EFSF-Rettungsschirm für Griechenland wieder mit den Grünen und deren Unterstützung eine Volksabstimmung verhindert.

Hier sitzen die Volksabstimmungsverweigerer von Rot, Schwarz und Grün! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.) Sie verhindern permanent das Recht des Volkes auf Entscheidungsgewalt, Sie verhindern das Initiativrecht durch die Bevölkerung.

Das werden die Bürger nicht nur nicht vergessen, sondern das ist auch unentschuld­bar. Und genau das ist es, was heute auch übrigbleibt, indem Sie hier über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen treffen, durch die letztlich unsere Bevölkerung, der Steuerzahler, für die Rettung von Banken zwangsverpflichtet werden soll, statt dass man endlich darüber nachdenkt, wie man Bankenkonkursordnungen sichern kann. Statt endlich darüber nachzudenken, wie man Banken verkleinern kann, machen Sie sie noch größer mit einer EZB Bad Bank, mit einer Großbank, mit einem Konstrukt, mit dem man erst recht die europäischen Staaten in die Zwickzange nehmen kann und durch Zinsenbelastung letztlich auch unter Kontrolle bringen kann.

Das, was Sie hier machen, ist unverantwortlich, und Sie verhindern eine Volksabstim­mung, Sie verhindern direktdemokratische Entscheidungsgewalt.

Aber vor allem sollten wir eines nicht vergessen: Die Finanzkrise und die Spekulations­möglichkeiten wurden überhaupt erst durch den Euro möglich. Das verschweigen Sie. Er hat die Krise verursacht, indem er zusammenzwang, was nicht zusammengehört. Das ist die Wurzel des Problems, die Sie bis heute negieren, sondern immer wieder versuchen, sie schön und anders darstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Euro ist eine Fehlkonstruktion, als Zwangswährung über unterschiedliche Volks­wirtschaften gestülpt, was nicht funktionieren konnte. Das haben auch wir zu Recht von Beginn an aufgezeigt. Er verstieß gegen das Prinzip „One State – One Money“, wie Prof. Breuss das letztlich aufgezeigt und betont hat.

Man hat auch die Regeln der Maastricht-Kriterien nicht eingehalten. Glauben Sie denn, dass die EU-Bürokraten-Elite, die jetzt alle Vorgaben und Verträge nicht eingehalten hat, sie in Zukunft einhalten wird? Sie geben den Versagern und den Verantwortlichen des heutigen Schadens noch mehr Gewalt und schaffen letztlich ab, dass es demokra­tische und parlamentarische Kontrolle gibt.

Das ist das Unfassbare: Sie wollen einen Bruch legalisieren, einen Bruch letztlich auch der EU-Verfassungsverträge! Sie reden davon, mit dem Zusatz zu Artikel 136 geht es um eine klitzekleine Änderung des Lissabon-Vertrages. Das ist ja keine klitzekleine Re­gelung, das ist eine wesentliche Veränderung! Diese klitzekleine Änderung bedeutet einen Verfassungsputsch und – ich nenne es so – einen Staatsstreich, weil man die Prinzipien der Europäischen Union und der Währungsunion, die man vertraglich fest­gelegt hat, auf den Kopf stellt und grundlegend ändert. Alles, was wir nicht wollten, und alles, was uns versprochen wurde, haben Sie gebrochen, mehrfach gebrochen, und Sie sind heute dabei, genau diese Versprechen, die Sie gemacht haben, neuerlich zu brechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Währungsunion, die zu einer Schuldenunion, zu einer Bankenunion, zu einer Transferunion werden soll, ist ein unverzeihlicher Verrat an der österreichischen Be­völkerung! Das wird Ihnen die österreichische Bevölkerung nicht verzeihen! Ich sage daher: Die Volksabstimmung, die Sie heute verweigern, diese Volksabstimmung wird bei der kommenden Nationalratswahl stattfinden, bei der diese drei verantwortlichen Parteien auch von der österreichischen Bevölkerung zur Rechenschaft gezogen wer­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage auch klar, was sichtbar geworden ist: Nur wenn die Freiheitliche Partei
bei einer kommenden Nationalratswahl, die eine Volksabstimmung werden wird, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 64

33,3-Prozent-Marke durch das Vertrauen seitens der Bevölkerung erreichen kann, kön­nen wir verhindern, dass Sie einen weiteren Ausverkauf der österreichischen Demokra­tie gegenüber der Europäischen Union vornehmen.

Das ist das Versprechen, das wir gemeinsam mit den Österreichern sicherstellen kön­nen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.10


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Mag. Stefan, Kickl und weiterer Abgeordneter betref­fend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesregierung

eingebracht im Zuge der Erklärung des Bundeskanzlers Faymann zum Thema „Ge­meinsam Europas Zukunft gestalten – mit Beschäftigung, Wachstum und Stabilität“ ge­mäß § 19 Abs. 2 GOG-NR

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschlie­ßung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Klubobfrau Dr. Glawischnig-Pies­czek. – Bitte.

 


11.10.13

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Klubobmann Strache hat 11 Minuten Redezeit ausschließlich dafür verwendet, sich unendlich aufzuregen – aber hat keinen einzigen Satz dazu ge­sagt, wie er sich eigentlich die Zukunft Europas vorstellt und welche Alternativen er tat­sächlich zur bestehenden Krise hat. Ich finde das schon extrem erstaunlich. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Haben Sie nicht zuge­hört?)

Ich sage Ihnen, ich hätte mir schon ein bisschen eine Ursachenanalyse erwartet. Was sind die Ursachen dieser Krise, vor der wir jetzt in Europa stehen? Aber offensichtlich ist es für Sie ganz einfach.

Wir haben ein klares politisches Ziel, und das heißt, die Spekulation in Europa zurück­zudrängen. Das ist ein ganz klares politisches Ziel. Sie haben offensichtlich auch ein klares politisches Ziel: Sie wollen aus der Europäischen Union austreten, Sie wollen aus dem Euro austreten, denn der Euro ist für Sie offensichtlich die Wurzel allen Übels. Der Finanzmarkt interessiert Sie überhaupt nicht, die Regulation der Finanzmärkte in­teressiert Sie überhaupt nicht. Die Ursachen der Krise zu bekämpfen, interessiert Sie überhaupt nicht. Ich finde das schon bemerkenswert. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 65

Damit blenden Sie eigentlich die wesentlichen Fragen, die wir als politische Mandatare in diesen Tagen zu stellen und auch zu beantworten haben, vollkommen aus.

Ich habe auch mitbekommen, dass Ihre französische Freundin, Marine Le Pen, also die Chefin der rechtsextremen Front National, das noch sehr viel deutlicher ausgespro­chen hat. Sie will die Zerstörung der Europäischen Union. Und ich möchte Sie auch einmal direkt fragen: Ist das auch Ihr Ziel – bei all dem, was dann auf die Österreiche­rinnen und Österreicher zukommt? Ist Ihr politisches Ziel die Zerstörung der Europäi­schen Union? Beantworten Sie diese Frage einmal. Ich würde mich darüber freuen, denn dann könnten wir hier einmal Klartext reden.

Wir haben andere Ziele. Wir haben jetzt vier Jahre lang europäische Gipfel erlebt, wo sich das, was wir uns an Kurswechsel oder Kursänderung vorstellen, in keinem ein­zigen widergespiegelt hat. In keinem einzigen der Schlussdokumente wurden die Ursa­chen der Krise ordentlich benannt und auch ordentlich bekämpft. Jetzt spürt man einen leichten Kurswechsel, eine leichte Änderung, die möglich geworden ist einerseits durch die Wahlen in Frankreich, durch den Machwechsel von Sarkozy zu Hollande, das ist unbestreitbar, aber auch dadurch, dass die deutsche Opposition, allen voran die deut­schen Grünen gemeinsam mit den Sozialdemokraten, dort auch einen Kurswechsel der deutschen Kanzlerin erzwungen haben. Das ist im Moment eine ganz neue Vo­raussetzung für Europa, und da wäre es spannend, darüber zu diskutieren, was das auch für Österreich heißt, auch was es im positiven Sinne heißt. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben eindeutig identifiziert und auch als politisches Thema besetzt: Die radikale Liberalisierung auf den Finanzmärkten ist die Wurzel des Problems. Und da muss man ansetzen. Das ist letztendlich auch die Rechnung für eine neoliberale Wirtschaftspolitik über viele Jahre hinweg, die man jetzt präsentiert bekommt. Das schafft einfach Pro­bleme, und diese Probleme zu lösen ist eine politische Aufgabe.

Ich frage mich: Was ist die Alternative von BZÖ und FPÖ für die Staaten Italien, auch Frankreich vielleicht, vor allem Spanien, um sich am Kapitalmarkt, wenn sie in Schwie­rigkeiten kommen, zu finanzieren? Was ist da Ihre Antwort? Einfach fallenlassen? Sie einfach ihrem Schicksal überlassen? Glauben Sie, dass das keine Auswirkungen auf die Republik Österreich und auf die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler hätte? Was ist jetzt Ihre Alternative zum Rettungsschirm? Das frage ich Sie ganz offen: Was ist Ihre Alternative?

Dazu fällt Ihnen nämlich überhaupt nichts ein. Bei aller Ambivalenz und bei allen Schwierigkeiten, Staaten in Wucherzinsen hineinzutreiben, sie in eine Negativspirale hineinzutreiben, noch einmal eine Umverteilung von Staatskapital, von Steuergeldern von Ländern hin zu den Finanzmärkten: Das alles ist Ihnen wurscht? (Abg. Strache: Austritt aus der Euro-Zone!) Glauben Sie, dass das keine Auswirkungen auf Österreich hat? Italien ist einer unserer wichtigsten Handelspartner. Reden Sie einmal mit Unter­nehmen, was ein Straucheln von Italien für uns bedeuten würde. Reden Sie mit den Leuten in Spanien, was es bedeuten würde, nicht nur jetzt Schwierigkeiten zu haben, sondern tatsächlich auch nicht mehr zahlungsfähig zu sein. Was bedeutet das für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die uns allen gemeinsam in Europa ein Anlie­gen sein sollte. Es sollte unser aller Anliegen sein, hier Lösungen zu finden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Erste Schritte wurden jetzt gesetzt, und das muss man auch honorieren. Das sollte man sehen und honorieren.

Wenn der Kollege Scheibner vom BZÖ schreit: Wo ist denn die Finanztransaktions­steuer?, dann sage ich Ihnen eines sehr deutlich: Eine Finanztransaktionssteuer kommt nicht davon, dass man sie hier im Parlament einfach nur hinausschreit, dass


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man schreit: Wo ist sie denn, wo ist sie denn?, sondern dass man politisch europäisch dafür arbeitet und dafür kämpft. Das heißt arbeiten, das heißt europäisch politisch ar­beiten. Das ist Ihnen völlig fremd. Sie sind nämlich weder fähig noch willens, europä­isch zu arbeiten! (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Das ist offensichtlich unser Job. Wir haben gemeinsam mit der grünen Familie in ganz Europa die Finanztransaktionssteuer von einer Forderung von ATTAC und den Grünen mittlerweile auf die Ebene des Europäischen Rates gehoben. Das ist eine Leistung der grünen Familie in ganz Europa. (Beifall bei den Grünen.)

Früher war es immer sehr einfach, sich hinter diesen Forderungen zu verstecken. Es hat immer geheißen, na ja, wir sind ja ohnehin für eine Finanztransaktionssteuer, aber so lange das nicht europaweit alle so sehen, geht das einmal nicht. Es waren Groß­britannien und Schweden, die das lange Zeit blockiert und verhindert haben. Doch der jetzige Fortschritt ist ein sehr konkreter. Er bedeutet, dass mittlerweile neun, vielleicht auch zehn – vielleicht werden es noch mehr Staaten sein –, sich bereit erklärt haben, diese Finanztransaktionsteuer tatsächlich einzuführen. Bis Ende des Jahres soll das geschehen.

Das ist ein wesentlicher Fortschritt, das hat es bis jetzt nicht gegeben, bis jetzt war hier Totalblockade. Und das nicht zu honorieren, das kann man nur dann, wenn einem die Bekämpfung der Spekulation kein Anliegen ist. Uns ist es das politisch wichtigste An­liegen, und deswegen honorieren wir auch diesen Erfolg. Der ist jetzt möglich gewor­den durch einige Änderungen, aber auch durch die Verhandlungen der Grünen zum ESM hier in diesem Haus. Es ist also auch ein Verhandlungserfolg.

Wenn Sie das nicht honorieren, ist mir unbegreiflich, was Sie überhaupt in der Politik wollen. Ich meine, als Oppositionspartei hätte ich mir schon von Ihnen erwartet, dass Sie beispielsweise auch stärkeren Widerstand leisten. Wenn ein Abgeordneter Werner Kogler Widerstand leistet, dann heißt das 13 Stunden Dauerrede im Ausschuss. (Zwi­schenrufe bei der FPÖ.) Im Übrigen frei, mit Argumenten, nicht irgendetwas vorgele­sen. 13 Stunden Widerstand!

Was war bei Ihnen im Ausschuss? Ich meine, Sie waren nicht einmal fähig, die Aktuel­le Stunde zeitgerecht einzubringen. Also ich weiß nicht: Was ist das? (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich will mich jetzt nicht zu viel mit dem befassen, dass Sie weder fähig noch willens sind, Ihre demokratische Pflicht zu erledigen, nämlich als Abgeordnete zu arbei­ten, sondern ich möchte einmal sagen, was jetzt die nächsten wichtigen Schritte sind. Man muss in einer Krise einen Schritt nach dem anderen setzen, und ein wichtiger Schritt ist jetzt mit dieser Entschließung, mit dieser Schlussfolgerung des Europäischen Rates in Form der Finanztransaktionssteuer auch tatsächlich geschehen. Aber das reicht nicht, das reicht bei weitem noch nicht.

Unser zweites wichtiges Anliegen ist neben verantwortungsvollem Umgang mit Steuer­geld – ja, auch mit österreichischem Steuergeld, das ist wichtig – aber nicht Sparen um jeden Preis, blindes, völlig unausdiskutiertes Sparen, wie das im Fiskalpakt aus meiner Sicht geschehen soll, sondern wir wollen auch Investitionen. Europa braucht Investi­tionen, Europa braucht auch einen Umbau in eine ökologischere und solidarischere Wirtschaftsstruktur. Das ist unser nächstes Ziel. Das müssen wir erreichen.

Am Ende muss auch so etwas wie ein Neustart für die europäischen Strukturen stehen. Auch das haben wir mit der Regierung verhandelt. Es wird eine Initiative zu ei­nem Europäischen Konvent geben. Ich halte das für extrem wichtig. Wir brauchen eine Diskussion, eine breite Debatte in ganz Europa mit Beteiligung von NGOs, Bürgerinnen und Bürgern: In welche Richtung soll sich Europa entwickeln? Was ist die neue wirt­schaftspolitische Grundlage für unsere gemeinsame Europäische Union? Das muss


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man ausdiskutieren, vereinbaren und dann einer Volksabstimmung unterziehen. Dem europäischen Volk ist vorzulegen, in welche Richtung es gehen soll.

Das, was Sie immer meinen mit direkter Demokratie, das ist ausschließlich mobilisie­ren und blockieren. Ist das ein ernste Frage, die Sie stellen wollen: ESM, ja oder nein? – Nein, Sie wollen nur blockieren. Aber mit Blockadepolitik kommt man in Europa in einer Krise leider nicht weiter. Ich glaube, das sollten Sie anerkennen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich hätte überhaupt kein Problem damit gehabt, die Hypo Alpe-Adria in den Konkurs zu schicken. Und das muss auch in Zukunft geschehen. Das Prinzip für Banken: „Too big to fail, too connected to fail“, das sollte ausgedient haben. (Abg. Strache: Zum Beispiel Kommunalkredit!) Ja, auch Kommunalkredit.

Darüber muss man diskutieren, darüber sollte man diskutieren, das wird auch eine Frage des Einsatzes des Rettungsschirms sein. Ich bin absolut der Meinung, dass man hier sehr differenziert vorgehen sollte. Natürlich, Spanien muss man helfen, aber man muss nicht jeder Bank in Spanien helfen. Das sind wesentliche Fragen, über die wir uns unterhalten müssen.

Und da gehen wir auch einen Schritt weiter: stärkere Bankenregulierung, Banken-In­solvenzrecht, Banken stärker kontrollieren und sie auch in die Pleite schicken, wenn es notwendig ist. Da gibt es natürlich Unterschiede. Bei den Volksbanken – ich weiß nicht, wer das gesagt hat – ist natürlich eine ganz andere Situation. Da geht es um sehr viele kleine regionale Strukturen, um Kleinanleger, um Genossenschaften. Das ist etwas an­deres als eine Investmentbank, die ausschließlich sorglos, verantwortungslos hohe Ge­winne durch Investitionsspekulation sowie Immobilienspekulation in Spanien einge­streift hat. Das ist ein komplett anderes Thema.

Darüber hätte ich gerne einmal diskutiert und nicht nur – ich sage das jetzt einmal wirk­lich offen – diese Beschimpfungen und dieses Geplärre gehört. Das hat mit Politik über­haupt nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Im Übrigen, Herr Kollege Westenthaler, bin ich der Meinung, dass rechtskräftig verur­teilte Politiker zurücktreten sollten und in diesem Nationalrat nichts verloren haben. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Wir führen zwar jetzt die Diskussion zu den Gipfelergebnissen, aber am Nachmittag werden wir den Rettungsschirm beschließen, und der Fiskalpakt wird von der Regie­rungsmehrheit alleine beschlossen werden.

Die Grünen gehen da sehr differenziert vor, und wir schauen uns alle diese Dinge sehr genau an. (Ironische Oh-Rufe bei der FPÖ.) Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Sie schau­en sich nichts differenziert an. (Ruf bei der FPÖ: Wollen Sie nur mehr regieren?)

Ich weiß gar nicht, ob Sie wissen, dass es einen Unterschied zwischen dem Rettungs­schirm und dem Fiskalpakt gibt. – Glaube ich nicht. (Abg. Kopf: „Glaube ich nicht“! – Heiterkeit des Abg. Kopf.) Also mir wäre das jetzt noch nicht so aufgefallen, aber wurscht.

Der Rettungsschirm, was ist das im Wesentlichen? – Das ist im Wesentlichen, Kapital und Haftungen übereinander zu legen – im Übrigen in derselben Größenordnung wie die Hypo, das ist vollkommen richtig, das ist ungefähr dieselbe Größenordnung; das ist schon viel, das stimmt auch, ja –, mit dem Ziel, Staaten, die in Finanznot geraten sind und die am Kapitalmarkt Wucherzinsen ausgeliefert sind, zu unterstützen. Und über die Details muss man in Zukunft genau reden und aufpassen.

Wir haben es auch mit einer Reihe von Maßnahmen verknüpft, die im Vorfeld wirken und nicht erst, wenn der Rettungsschirm benötigt wird. Wenn auch im Vorfeld be-


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stimmte Maßnahmen notwendig wären, muss man sie auch setzen. Das ist unsere Po­litik in dieser Frage.

Den Fiskalpakt lehnen wir ab. Es gibt auf europäischer Ebene durch den Stabilitäts­pakt, durch die neuen Regelungen, Sixpack et cetera (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), sehr viele Vorgaben, die Sparen ohnehin schon sehr strikt festgelegt haben. Der Fiskalpakt ist eine reine Einbildung von Kanzlerin Merkel. Den brauchen wir nicht, und der ist im Übrigen auch wirtschaftspolitisch schädlich. – So, Klartext. (Beifall bei den Grünen.)

11.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.21.22

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klubobfrau Glawischnig hat offenbar wirklich ein gespaltenes Sympathieemp­finden, denn alleine aufgrund ihrer Kleidung (der Redner verweist auf die orangefar­bene Jacke von Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek) ist sie vom BZÖ nicht sehr weit ent­fernt, aber was ihre Ansichten betrifft, so sind diese den unsrigen diametral entgegen­gesetzt. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie versucht, abzulenken!)

Lassen Sie mich gleich zu Beginn eines sagen, weil Herrn Kollegen Cap nie etwas Besseres einfällt, als uns in die Nähe der Kärntner Hypo Alpe-Adria zu bringen (Abg. Riepl: Hat er recht gehabt! – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim): Nehmen Sie, Herr Kollege Cap, einmal zur Kenntnis, dass weder die FPÖ noch das BZÖ jemals in Kärn­ten in einer Alleinregierung war. Es war immer so, dass die SPÖ in Kärnten alles mit­beschlossen hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil sie ja auch an der Re­gierung beteiligt war. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und übrigens noch eines, weil der Applaus von der ÖVP gekommen ist: Niemand vom BZÖ steht in Kärnten vor Gericht. Einzig und allein der ÖVP-Parteiobmann von Kärn­ten, Martinz, steht im Fall Hypo vor Gericht (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mayer­hofer), weil es eine Anzeige gegen ihn gibt, meine sehr geehrten Damen und Her­ren. – Das bitte einmal zur Kenntnis zu nehmen.

Herr Bundeskanzler, auch an Ihre Adresse: Nehmen Sie ein für alle Mal zur Kenntnis, dass wir vom BZÖ überzeugte Europäer sind! (Abg. Hörl: Lei-lei!) Wir wollen für Eu­ropa nur das Beste. (Beifall beim BZÖ.) Ihre Politik steht dem diametral entgegen. So, wie Sie auf europäischer Ebene versuchen, die Probleme aufzugreifen und zu lösen, ist das der falsche Weg, ist das ein Irrweg, ist das der Weg, der Europa direkt in den Abgrund führt.

Das wollen wir vom BZÖ verhindern. Daher haben wir andere Ansichten als Sie. Aber unsere Ansichten sind gute Ansichten, vor allem für die Europäerinnen und Europäer! Herr Bundeskanzler, stellen Sie uns nicht in das europafeindliche Eck (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Da stellen Sie sich selber hin! – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Jarolim und Silhavy), nur weil wir Ihre Argumente nicht hinnehmen wollen, nur weil wir nicht alles das glauben, was Ihnen in Brüssel mit auf den Weg gegeben wird, sondern weil wir kritische Beobachter und selbstständige Denker sind und weil wir ein eigenes Konzept zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher entwickelt haben. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie so sehr davon überzeugt sind – und davon war in Ihrer heutigen Stel­lungnahme nicht einmal die Rede –, dass das, was Sie in Brüssel beschließen, richtig und gut ist für die Menschen Europas, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger in Ös­terreich, dann frage ich mich: Warum haben Sie Angst vor dem Volk? Warum wollen Sie die Menschen in unserem Land nicht mitbestimmen lassen? Warum wollen Sie sie


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nicht auf diesem gemeinsamen Weg mitnehmen? – Sie sind selbst nicht überzeugt von dem, was Sie beschließen. Sie haben Angst vor den Menschen, und das wissen Sie, denn sonst würden Sie den Weg hin zu einer Volksabstimmung gehen, so wie wir das auch immer wieder eingefordert haben. (Beifall beim BZÖ.)

Sie schützen daher nicht die Bürgerinnen und Bürger, Herr Bundeskanzler, Sie schüt­zen auch nicht Österreich, so wie Sie das gesagt haben, sondern Sie schützen einzig und allein die Banken. Sie sind der Schutzpatron der Banken, Herr Bundeskanzler, und das bleibt an Ihnen picken, solange Sie Bundeskanzler sind. (Beifall beim BZÖ.)

Da fragen sich viele, was Sie bei den Bilderberger-Treffen, an denen Sie teilgenommen haben, auch mitbeschlossen haben, was Ihnen dort als Auftrag mitgegeben wurde. Da­von haben Sie nie ein Sterbenswörtchen erwähnt.

Ich bin überzeugt davon, dass da ganz andere Spielchen im eigentlichen Sinn umge­setzt werden sollen, und zwar auf dem Rücken der Bevölkerung. (Abg. Mag. Kogler: Welche denn?) Man will die Menschen nicht mit dabei haben, man will das Volk aus­schließen – ansonsten würden Sie keine Angst haben, ansonsten würden Sie den Weg einer wirklich breiten Aufklärung in Österreich gehen. Das wollen Sie nicht. Sie wollen einzig und allein das mitbeschließen, was Ihre Bankenvertreter auf europäischer Ebe­ne auch machen wollen. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist im Grunde genommen dieser Europäische Stabilitätsmechanismus, meine sehr geehrten Damen und Herren. Daher: Es ist erschreckend, wie gewissenlos Sie das Geld verschwenden und veruntreuen, Herr Bundeskanzler.

Deshalb werden wir Ihnen heute auch unser Misstrauen aussprechen, weil Sie nicht in der Verantwortung für unser Land handeln, sondern fremdbestimmt Beschlüsse herbei­führen und Ihre Abgeordneten missbrauchen – wobei ich davon überzeugt bin, dass diese gar nicht wissen, was sie hier heute mit diesem Europäischen Stabilitätsme­chanismus tatsächlich mitbeschließen werden. (Beifall beim BZÖ.)

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP, SPÖ und den Grünen, dass dieser Wohlstand, den Sie da immer bescheinigen, den uns der Euro angeblich gebracht hat, auf Sand gebaut ist und dass sich die Schulden im Euro in den letzten Jahren von 4 Milliarden € auf insgesamt 8 Milliarden € ver­doppelt haben. Ich weiß schon, die ÖVP ist da immer skeptisch und sagt: Nein, das waren tolle Zukunftsinvestitionen.

Herr Wolfgang Bosbach, CDU-Mitglied im deutschen Bundesrat, soll Ihnen einmal er­klären, was Sie da tatsächlich beschließen. Lesen Sie diesen Artikel (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), in dem Bosbach meint:

„Der ESM bewirkt nichts anderes als die Infizierung der gesunden und noch rettungsfä­higen Länder durch die Problemstaaten.“

Das ist eigentlich im Kern das, was heute beschlossen werden soll, und es löst nicht die Probleme auf europäischer Ebene.

Nehmen wir bitte das Beispiel Griechenland zur Hand: Da doktern Sie jetzt seit zwei Jahren herum. Die Situation wird immer noch schlechter. Die Arbeitslosigkeit steigt, das Wirtschaftswachstum sinkt – was heißt „Wachstum“?, es gibt eine Rezession von, wie wir jetzt wissen, nicht 4 Prozent, sondern 6 Prozent –, die Schulden steigen, und die Steuermoral sinkt.

Das ist Ihre Problemlösungskompetenz auf europäischer Ebene! Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, droht allen südeuropäischen Ländern in Zukunft, für die wir in Österreich, für die der Steuerzahler die Haftung übernehmen soll. Das wollen wir vom BZÖ nicht! Da stehen wir auf der Bremse und wollen ein anderes Modell Europa entwickeln. (Beifall beim BZÖ.)


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Auch wenn Sie sagen, die Arbeitslosenrate sei so großartig, die Arbeitslosenzahlen von Österreich seien so toll: Meine sehr geehrten Damen und Herren, nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis, dass die Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone, also in jenen Ländern, die den Euro haben, höher ist als in der gesamten Europäischen Union. Das heißt, dass die Euro-Zone nicht funktionsfähig ist, nicht funktioniert, dass das Wachstum zu­rückgegangen ist, dass insgesamt zu wenig Power, zu wenig Kraft vorhanden ist, um dieses gemeinsame Europa in der Euro-Zone zu zimmern.

Das ist die Realität. Verschließen Sie sich diesen Fakten nicht, und hören Sie auf zu träumen, dass nur der Euro uns den Wohlstand bringt! Der Wohlstand ist auf Sand ge­baut! Es sind Kredite draußen. An der Verdoppelung der Schulden sieht man, dass das alles künstlich geschaffen und nicht erwirtschaftet wurde. Das ist die Realität. Sie lügen der Bevölkerung immer etwas vor. Es ist nicht die Wahrheit, die da von der Regie­rungsbank getrommelt wird. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist auch nicht so, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Österreiche­rinnen und Österreicher in einem wachsenden Wohlstand leben: Das Nettoeinkommen ist zurückgegangen. Die Gewinne der Betriebe sind gesunken, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Kopf: Von welchem Land reden Sie? – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Die Leistungsfähigkeit ist vorhanden, der Export funktioniert – das ist richtig. Wir haben aber auch schon vorher exportiert, meine sehr geehrten Da­men und Herren, vor der Euro-Einführung. Es ist ein Irrglaube, dass erst mit dem Euro der Export eingesetzt hat.

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass der deutsche Präsident der Exportwirtschaft gesagt hat: Wir brauchen den Euro nicht. Wir können auch rechnen. Und wenn es andere Währungen gibt, dann werden wir die Preise in diese Währungen umrechnen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Viel Spaß!) – Es ist nicht der Euro, der den Wohlstand schafft, sondern die Leistungsbereitschaft der Menschen! Und die wird mit den Maß­nahmen, die Sie setzen, meine sehr geehrten Damen und Herren, untergraben. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Und das spüren die Österreicherinnen und Österreicher! Ja, sie zahlen heute schon für diese verfehlte Politik der Bundesregierung: Belastungspaket 1 – Pröll, Belastungspa­ket 2 – Fekter.

Sie machen eines: Sie erhöhen die Parteienförderung. – Was heißt, „erhöhen“? Sie verdoppeln die Parteienförderung! Und jetzt beschließen Sie noch einen Europäi­schen Stabilitätsmechanismus, einen europäischen Schuldenmechanismus, der die nächsten Generationen noch belasten wird, wo Enkelkinder, die noch gar nicht auf der Welt sind, diese enormen Beträge zurückzahlen werden müssen.

Sie haben ja überhaupt keinen Überblick mehr, um welche Summen es geht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Hypo und ESM sind gleich groß!) Es geht ja längst nicht nur um diese 40 Milliarden €, sondern es geht im worst case um ein Zehnfaches da­von, weil ja völlig klar ist, Herr Bundeskanzler – und ich hoffe, dass Sie das auch ein­mal zur Kenntnis nehmen –: Wenn andere Länder ausfallen, wenn sie Hilfsmaßnah­men in Anspruch nehmen vom Europäischen Stabilitätsmechanismus, dann wird unser Beitrag erhöht. Das heißt, wir, die noch keine Hilfsmaßnahmen in Anspruch nehmen, werden zukünftig noch stärker zur Kasse gebeten. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das stimmt ja nicht!)

Das ist die Realität! Und das in einem Fonds, wo wir im Grunde genommen kein Mit­spracherecht haben, denn führen Sie sich das einmal wirklich vor Augen – und das ist auch so eine Debatte, die hier immer wieder läuft –: 85 Prozent in diesem ESM-Fonds können jederzeit eine Entscheidung herbeiführen, wenn eine solche in kürzester Zeit erfolgen muss. Das heißt, die ersten sieben Länder können über uns drüberfahren,


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egal, welche Haltung wir einnehmen. (Abg. Riepl: Was ist Ihr Vorschlag? – Sie haben keinen einzigen Vorschlag!)

Unser Vorschlag ist, eine Parallelwährung einzuführen, so wie wir das auch hier im Ausschuss präsentiert haben. Professor Kerber hat das hier in diesem Haus erläutert, dass das eine tolle Alternative wäre. Wir brauchen eine Währungszone mit vergleich­baren Volkswirtschaften, die sich untereinander nicht belügen, die ehrlich miteinander umgehen, die auch eine vergleichbare Größe haben, was ihre Wirtschaftsleistung be­trifft. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wäre gemeinsam mit Deutsch­land, gemeinsam mit Luxemburg, auch gemeinsam mit Finnland möglich. Das sollten wir aktiv in Angriff nehmen. Das ist die Alternative zu diesem Irrweg, den Sie hier be­schreiten.

Dieser Irrweg, meine sehr geehrten Damen und Herren, führt in die Vernichtung Eu­ropas. Und das will ich nicht! Ich möchte nicht haben, dass sich die Politik auf die Stra­ße verlagert, dass wir zukünftig hier in Österreich Zustände haben, wie das in Grie­chenland der Fall war. Ich möchte nicht haben, dass wir Zustände wie in Spanien ha­ben.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich, dass alle von der FPÖ und auch von den Grünen mit uns einen Vertrag schließen, um durch ein Drittel der Abgeordneten eine Volksabstimmung in diesem Haus zu erzwingen, damit das Volk endlich zu seinem Recht kommt! (Beifall beim BZÖ.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Vizekanzler Dr. Spindel­egger. – Bitte.

 


11.33.15

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte die heutige Debatte zum Anlass nehmen, um einzugehen auf die Argumen­te, weniger auf jene hier im Haus, sondern mehr auf die, die ich auch durch viele Zu­sendungen von Bürgern aus Österreich übermittelt bekomme.

Das erste Argument, das viele mit Angst erfüllt, ist eben, dass dann, wenn wir ge­meinsam in einer Währung bleiben, tatsächlich unsere Währung in Gefahr sei. Heute wird das drastisch und zum ersten Mal auch in dieser Deutlichkeit von der FPÖ zum Ausdruck gebracht, die sagt: Raus aus dem Euro, zurück zum Schilling!

Meine Damen und Herren! Das ist ein Argument, mit dem man sich auseinandersetzen muss, bei dem man aber auch klarmachen muss, was das denn eigentlich heißt. Eigenständigkeit Österreichs in der Währung, das klingt ja gut, aber ich frage Sie: Be­vor wir den Euro hatten, waren wir da völlig eigenständig in unserer Währung? – Die Antwort ist: Nein! Wir haben uns als Österreicher immer ganz klar an die D-Mark an­gelehnt. (Ruf bei der FPÖ: ... D-Mark ist in Ordnung!) Sind wir damit schlecht gefah­ren? – Das Gegenteil war der Fall! Wir haben über viele Jahre eine Hartwährungs­politik gemeinsam mit Deutschland verfolgt. (Abg. Mag. Stefan: Freiwillig, oder?) Und Deutschland, meine Damen und Herren, hat heute den Euro, so wie wir. Daher bleiben wir auch beim Euro und gehen wir doch nicht das Risiko ein, jetzt für uns eine neue Währung zu schaffen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein zweites Argument, das ich immer wieder höre, sind die Fragen der Währungstur­bulenzen und dass wir uns jetzt mit einem ESM eben auch darauf einstellen müssen, dass es immer wieder Turbulenzen gibt. – Ja, die gibt es. Aber auch da ein offenes Wort: Gab es die früher nicht? War früher immer alles ganz klar in Richtung Stabilität der Währung unterwegs?


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Die Antwort ist: Nein! Die Währungsturbulenzen gab es immer wieder. Vor kurzer Zeit war der ehemalige deutsche Finanzminister Theo Waigel mein Gast, und er hat mir er­zählt, welche heftigen Währungsturbulenzen es damals gegeben hat, als er deutscher Finanzminister war, am Beginn der neunziger Jahre, wie damals die Deutsche Bundes­bank intervenieren musste, um stabil zu halten.

Auch das ist also nichts Neues. Es wird eben jetzt mehr vor dem Vorhang als hinter dem Vorhang abgehandelt. Aber auch davor dürfen wir uns doch nicht fürchten, son­dern wir müssen sagen, wir brauchen wirksame Instrumente, damit wir gegen Wäh­rungsturbulenzen auch ankommen.

Das dritte Argument, das heute von den Freiheitlichen hier plakatiert wird, lautet: Stoppt den ESM! – Ja meine Damen und Herren, „Stoppt den ESM!“, was heißt das in­haltlich? Gehört da nicht noch einiges dazu? „Stoppt den ESM“ heißt: Stoppt Europa! (Abg. Mag. Stefan: ESM ist Europa?! – Das ist aber traurig! – ESM ist Europa, „bravo“!), heißt: Stoppt den Wohlstand!, heißt: Stoppt die Arbeitsplätze!, heißt: Stoppt das Wachstum! – Meine Damen und Herren, das ist die Folge, die hinter diesem Slo­gan „Stoppt ESM“ steht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und um das nicht als ein „populistisches Argument“ stehen zu lassen: Dafür gibt es ja Beweise! Das deutsche Finanzministerium hat eine Untersuchung gemacht darüber, was es heißen würde, wenn jetzt Deutschland aus dem Euro rausginge und zum Bei­spiel mit uns eine Währungsunion tatsächlich errichten würde, was das für die Wirt­schaft in Österreich bedeuten würde. (Abg. Ing. Höbart: Na, was denn?) Was wären die Folgen daraus? – Laut einer klaren Berechnung: Minus 10 Prozent Wirtschaftsleis­tung, plus 9 Prozent Arbeitslosigkeit. – Das sagt nicht irgendjemand, sondern das sa­gen die Experten im deutschen Finanzministerium. Und das will ich nicht, meine Da­men und Herren! Es wäre ein entsetzliches Signal, wenn wir in diese Richtung gingen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

„Stoppt ESM“ hieße, heruntergebrochen auf Österreich, jeder zehnte Österreicher ver­liert seinen Arbeitsplatz, hieße, Betriebe müssen in Konkurs gehen. Das will ich auf keinen Fall für Österreich, meine Damen und Herren! (Abg. Kickl: Sie werden das, was Sie nicht wollen, alles noch erleben!) Wir brauchen Instrumente, auch wie den ESM, um Wohlstand zu schaffen, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, Wachstum zu initi­ieren in Österreich. Das ist unser Programm und ein gutes Gegenkonzept! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was heißt daher „ESM“? – Allein der Name sagt es schon: ein Europäischer Stabili­tätsmechanismus. Wer ist gegen Stabilität? Ich bin es sicher nicht! Wir brauchen ein wirksames Instrument, um eben Währungsturbulenzen abzufangen, um den Währun­gen, die in Schwierigkeiten geraten, kurzfristig unter die Arme zu greifen und damit insgesamt Stabilität zu erhalten. Wir brauchen zukünftig auch eine Sicherheit für öster­reichische Sparer, dass ihre Spareinlagen auch künftig gesichert sind, den Wert behal­ten. Das will aber jeder in Österreich, meine Damen und Herren. Und mit „Stoppt ESM“ wäre es das Beste, es nicht zu erreichen. – Das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der ESM, meine Damen und Herren, heißt auch, dass wir eigenständig unsere Wäh­rung ordentlich im Griff behalten. Ich finde es kein besonderes Zeichen, dass auch wir Europäer zum Internationalen Währungsfonds gehen müssen, dort versuchen müssen, Unterstützung zu erhalten für Länder in der Eurozone. Seien wir doch einmal selbstän­dig! Schaffen wir ein Instrument wie den ESM, einen Rettungsschirm, der auch in der Lage ist, unsere gemeinsame Währung stabil zu halten! Wir brauchen nicht die ande­ren, wir müssen selber in der Lage sein, unsere Probleme auch ordentlich zu lösen, und der ESM ist ein Mittel dazu. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich möchte daher dorthin zurückkehren, wo konstruktive Auseinandersetzung stattfin­det, wo wir durchaus auch jenen Sicherheit geben, die sich Sorgen machen um ihr ei­genes Geld, um die Zukunft Österreichs und auch um die Zukunft Europas. Und es sind Schalmeientöne, wenn Herr Bucher uns erklärt, er sei ja der größte Europäer überhaupt. (Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll.) Meine Damen und Herren, wer soll denn das glauben? (Abg. Scheibner: Sie brauchen es eh nicht glauben! – Null Profil, aber groß reden!) Jemand, der, wie das BZÖ, das auf seine Fahnen schreibt und ande­rerseits mit Aktionismus hier versucht, Österreicher mit populistischen Argumenten zu überzeugen, der kann nicht sagen, er ist ein guter Europäer. Das ist wirklich nicht der Fall. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Von der FPÖ erwarten wir das gar nicht, dass sie gute Europäer sind, Herr Kollege Strache. Das, was Sie hier ausgeführt haben, ist ja bar jeden Wissens und bar jeder Zukunftsvision für Österreich.

Es ist ja unglaublich, was Sie den Österreichern einzureden versuchen: Sie schreiben „Stoppt ESM!“ – und wollen damit jeden zehnten Arbeitsplatz in Österreich vernichten! (Abg. Strache: Das ist ein absoluter Unsinn!) Unglaublich: ein solches Programm für Österreich aufzustellen! Dagegen treten wir mit aller Vehemenz auf! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, kehren wir doch zurück zu einer nüchternen Betrachtung der Fakten! Tun wir das, was für Europa notwendig ist! Dann sind wir auch auf der si­cheren Seite – im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher! (Lebhafter Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


11.40.50

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wir haben ein sehr wichtiges Thema hier zu behandeln, ich möchte aber trotzdem – auch im Lichte der Situation im Murtal in der letzten Nacht, wo nach 180 Liter Regen pro Quadrat­meter eine Katastrophensituation herrscht – jenen danken, die dort die ganze Nacht im Einsatz waren, wo Häuser brannten, Unterwaschungen da sind. Dort sind 20 freiwillige Feuerwehren im Einsatz. Das ist mustergültig, was dort unsere Einsatzkräfte leisten. Ein Dankeschön von dieser Stelle aus. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich möchte dieses Beispiel eines Einsatzes von Menschen, die in Nachbarorte gehen, um zu helfen, weil dort eine Katastrophe ist, die ihre Gesundheit, zum Teil ihr Leben riskieren, obwohl nicht ihr Haus brennt, sondern das eines anderen, gleich dafür nüt­zen, aufzuzeigen, was zivilisatorisch richtiges Verhalten ist. Das ist ein Vorbild! Und es ist eine Besonderheit, dass wir in unserem Land so viele solche Menschen haben.

Es gibt aber bei uns politische Kräfte, die das genaue Gegenteil davon predigen, de­nen es völlig egal ist, dass wir Länder in Europa haben, wo in das Spital bereits der Gips mitgebracht werden muss, weil keiner vorhanden ist, und die sagen: Keine Hilfe dort!

Ich weiß nicht, Herr Präsident, Sie müssen mir helfen, mir fällt als einziges Vokabel da­für „schäbig“ ein, und das darf man, glaube ich, ohne einen Ordnungsruf zu bekom­men, sagen. – Das ist ein schäbiges Verhalten!

Herr Klubobmann Strache, wenn Sie sich hier herstellen und in Wahrheit fordern: Lasst die Probleme in diesen Ländern von Millionen Menschen deren Probleme sein, wir hel­fen nicht, nicht einmal mit Geld! (Zwischenrufe bei der FPÖ), dann sind Sie das ge-


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naue Gegenteil von dem, was uns Vorbild sein kann: die einfachen Bürgerinnen und Bürger, die heute Nacht ausgerückt sind und vielleicht heute schon wieder in ihrem Job stehen, die für andere alles riskieren, weil sie wissen, nur dann, wenn Menschen sich gegenseitig helfen, können sie zusammen eine vernünftige Zivilisation haben. – Schä­men Sie sich für dieses Ihr Verhalten und überlegen Sie sich, ob das richtig und ange­messen ist! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber kehren wir zur Frage der Intelligenz zurück! – Die Kollegin Glawischnig hat schon darauf hingewiesen. Es kann – und jetzt muss ich schon wieder aufpassen wegen eines Ordnungsrufs (Zwischenruf des Abg. Kickl), aber „das Gegenteil von intelligent“ darf ich sagen, Herr Präsident –, also es kann nur das Gegenteil von intelligent sein, wenn man gleichzeitig den ESM und den Fiskalpakt ablehnt. Denn: Wenn Sie schon diese schäbige Haltung haben: Denen helfen wir nicht, die sollen selber schauen, wie sie zurechtkommen! – in dem Sinne: unsere freiwillige Feuerwehr, die den Brand löscht, lassen wir nicht einmal einrichten, die wollen wir gar nicht unterstützen –, dann müssen Sie wenigstens dafür eintreten, dass sozusagen dort, in dem Haus, Brand­schutzmaßnahmen gemacht werden, damit es zukünftig weniger brennen kann.

Wieso lehnen Sie das Zweite ab? – Das ist wirklich das Gegenteil von intelligent! Und daran sieht man, dass es Ihnen um nichts anderes geht als um einen billigen Populis­mus auf der Basis einer latenten Fremdenfeindlichkeit. Das steckt ja dahinter: Diese Griechen arbeiten nichts, und die Spanier liegen in der Sonne, sollen sie sich selber helfen! Es geht Ihnen darum, damit ganz, ganz billiges politisches Kleingeld zu ma­chen.

Wir machen aber eine sehr, sehr vernünftige und besonnene Politik – mehr als viele er­wartet haben vom Europäischen Gipfel –, und da gilt ein ganz besonderes Dankeschön dem Herrn Bundeskanzler dafür, dass wir eben eine Politik machen, die bereits be­ginnt, vorausschauend sozusagen eine „freiwillige Feuerwehr für Europa“ zu machen, und dass wir gleichzeitig darauf schauen, dass wir den Wachstumsinitiativen trotz ve­hementer Kritik, die es gegen den Fiskalpakt gegeben hat, die richtigen, zweiten Medi­kamente verordnen, damit es nicht zu einer Wachstumsschwäche kommt.

Herr Bundeskanzler, die Frau Glawischnig hat Sie – es war ja fast ein Kompliment; jetzt ist sie nicht da – in die „grüne Familie“ aufgenommen, denn Sie hat gesagt, die „grüne Familie“ hätte jetzt diesen Schritt zur Finanztransaktionssteuer durchgesetzt. Ich glaube, dass der Einsatz unserer Bundesregierung und gerade unseres Bundes­kanzlers in dieser Frage deutlich weiter ging, aber es war als Kompliment gedacht, und ich glaube, er kann es auch als solches sehen.

Zurück zu unserer Fragestellung heute: Soll das kleine Österreich sich herstellen und eine Ratifikation des ESM verweigern, eine Ratifikation des Fiskalpakts verweigern? – Ich bekenne ganz offen: Auch in unseren Reihen gibt es kritische und sehr kritische Stimmen zum Fiskalpakt – nicht zum ESM, zum Fiskalpakt! –, und es waren eine Rei­he von Wirtschaftswissenschaftler, an der Spitze Stefan Schulmeister, die gesagt ha­ben, man soll nicht ein Sparkonzept undifferenziert darüberlegen, nur sollte man auch offen sagen, wie die Situation ist. Nämlich: Es gibt da nicht ein Geschäft, wo ich hi­neingehe und sage: Ich nehme den ESM heraus und lasse den Fiskalpakt im La­denregal liegen!, dieses Angebot gibt es nicht! Die politische Realität in Europa ist die, dass nur das Gesamtpaket möglich ist. Und diese Realität hängt zusammen mit der deutschen Situation.

Lassen Sie mich ein paar Anmerkungen dazu machen, weil Sie mit dem Herrn Gau­weiler und mit den CSU-Politikern kommen – heute war es der Seehofer, das letzte Mal der Waigel –: Es war jene CSU, die uns für die Währungsunion ein Maastricht-Pa­ket aufgezwungen hat, von welchem Sie sagen, dass es nicht funktioniert; aber auch


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die Europäische Zentralbank, die völlig unabhängig ist, was Sie selber hier immer lo­bend erwähnen. (Abg. Scheibner: Aber wer hat es beschlossen?)

Was hat das mit Demokratie zu tun? Sie spielen sich hier als Wächter auf, weil beim ESM im Gouverneursrat die Finanzminister darüber entscheiden. Die sind wenigstens gegenüber dem Parlament verantwortlich. Diese Politiker wollten eine Notenbankpoli­tik, die nichts mit Demokratie zu tun hat, wo die Demokratie abgeschafft wird: völlig un­abhängige Notenbank! Das sind die CSUler, die jetzt anfangen, auch noch gegen jene Möglichkeiten, die der Gipfel eröffnet, zu opponieren.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Denken Sie einmal darüber nach, mit wem Sie sich in dieser Frage ins Bett legen! Wenn Sie eine demokratische Legitimierung haben wollen, dann müssen Sie gegen jede Unabhängigkeit der Notenbanken sein und müssen dafür sein, dass die dem Parlament gegenüber verantwortlich sind.

Vielleicht ist das, was wir mit den Grünen zum ESM und zur parlamentarischen Ab­wicklung hier verhandelt haben, nämlich, dass vorher für die Abstimmung dort ein Man­dat da sein muss, ein gutes Modell auch für die Weiterentwicklung einer künftigen Fis­kalpolitik in Europa – so lange, bis wir Europa so weit haben, dass das Europäische Parlament, von allen Menschen gewählt, dort die Kontrolle hat. Dann endet aber unse­re Funktion hier – dessen muss man sich auch klar sein! –, denn sonst würden wir uns nämlich so verhalten wie ein Landtag, der sich anmaßt, für die Republik Österreich al­leine zu entscheiden, und das funktioniert gar nicht.

Auf diesem Weg können Sie sagen, wo Sie hinwollen. Wenn Sie Europa nicht wollen, dann sagen Sie heute nein. Der Kollege Bucher hat ja schon gestanden, was er will: einen „Nord-Euro“, „Neuro“ oder etwas dergleichen. Na da stimmen die Österreicher vielleicht mit? Dann diktiert Berlin alleine, was hier passiert, so wie es war, als wir im Schlepptau der D-Mark waren! Aber das passt vielleicht eh zu Ihrer Gesinnung.

Wir sagen nein dazu und ein Ja zu einem starken Europa! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


11.48.03

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! „Gemeinsam Europas Zukunft gestal­ten“ – das war heute das Thema der Erklärung des Bundeskanzlers. Und da ist die Frage zu stellen: Welche Zukunft wollen wir in diesem Europa?

Wenn ich den Freiheitlichen und dem BZÖ zugehört habe, dann habe ich vernommen: Die wollen zurück! Die wollen mehr Nationalstaatlichkeit. (Die Abgeordneten Scheib­ner und Petzner: Du hast es nicht verstanden!) In dieser Krisenzeit sind wir hier am Scheideweg. Wir glauben, dass wir ein Mehr an Europa brauchen, weil wir gemeinsam stärker sind als in einer Situation, wo jeder glaubt, allein das Heil zu finden, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

An diesem Scheideweg stehen wir! Und da müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass dieses Europa eigentlich mehr ist als Rettungsschirme, Fiskalpakt und ESM. Was ist der Kern dieses Europa? – Lassen Sie mich da, wenn es darum geht, welche Zukunft wir in Europa wollen, einen deutsch-iranischen Schriftsteller, Universitätsprofessor Na­vid Kermani, zitieren, der meint:

„Die Europäische Union ist mitsamt ihren Vorläufern die größte politische Errungen­schaft auf diesem Kontinent im vergangenen Jahrhundert, wenn nicht der europäi-


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schen Geschichte. Sie hat nicht nur Völker befriedet, die sich in Hass und Kriegswut gegenüberstanden, sie hat dem Kontinent“ – und das ist so wichtig! – „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ökonomischen Wohlstand beschert. Europa ist nicht nur ein Friedensprojekt. Es ist ein Projekt der Freiheit.“

Professor Kermani meint weiters – und da hat er hundertprozentig recht! –, die Demo­kratie für alle Deutschen hätte es nicht gegeben, wenn nicht Deutschland in Europa da­mals so verankert gewesen wäre. – Das sieht auch der Einigungskanzler Helmut Kohl so.

Navid Kermani führt auch richtig an, dass jene Staaten – und das vergessen wir im­mer! –, die jetzt große Probleme haben, bis in die siebziger Jahre Diktaturen auf dem europäischen Kontinent waren, ob Spanien, Portugal oder Griechenland.

Und der letzte Punkt: Hätte es nicht diese europäische Perspektive gegeben, wo wären dann heute unsere östlichen Nachbarn?

Auch jetzt ist für die ehemaligen Staaten auf dem Balkan – trotz der Probleme, trotz der Krise! – Europa die Perspektive ! Wir werden heute hier den Beitritt Kroatiens zur EU besprechen. Montenegro ist auf den Weg gebracht. Auch Serbien blickt Richtung Europa.

Warum sage ich das? – Weil es letztendlich, wenn wir heute den Fiskalpakt und den ESM beschließen, darum geht, dieses Lebensmodell „Europa“ nicht zum Scheitern zu bringen, sondern in der Krise für Stabilität zu sorgen.

Denn: Bei all dem, was heute hier kritisiert worden ist, nennen Sie mir auf diesem Pla­neten Erde einen anderen Staat, in dem Sie Ihr Lebensmodell sehen? –Ich halte das „Europäische Modell“ für das beste weltweit – besser als das Modell in den USA oder in Japan oder wo auch immer in den reichsten Ländern dieser Welt! Wo gibt es für den Einzelnen so viel Freiheit? Wo gibt es ein solch abgesichertes Sozial-, Gesundheits- und Pensionssystem, wie auf dem europäischen Kontinent? Und Garant dafür ist die Europäische Union – und nicht kleinliches nationalstaatliches Denken! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nur: Natürlich ist dieses Modell gefährdet, wenn Europa an Wettbewerbsfähigkeit ver­liert. Und Europa hat an Wettbewerbsfähigkeit verloren – aber nicht deshalb, weil es falsch aufgesetzt war, sondern deswegen, weil in der Vergangenheit europäische Staa­ten, vor allem jene, die eine gewisse Größe aufweisen, sich nicht an die Regeln halten mussten. Und es ist kein Zufall, dass die beiden ersten, die die Regeln verletzt haben, Frankreich und Deutschland waren.

Wer sich den Fiskalpakt durchgelesen hat und sich diese neue Form der Mehrheitsfin­dung, nämlich die umgekehrte Mehrheitsfindung, genau angesehen hat, der wird he­rausgelesen haben, dass jetzt kleine Staaten wie Österreich das verhindern können, was Deutschland und Frankreich damals noch machen konnten, nämlich die Regeln zu verletzen, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Das geht jetzt nicht mehr mit die­sem Fiskalpakt! Daher ist er für mich persönlich für die Zukunft der EU wichtiger als der ESM. Und da sollten wir in der Diskussion, meine sehr geehrten Damen und Herren, schon bei der Wahrheit bleiben.

Abgeordneter Strache hat heute hier gesagt, die Unabhängigkeit Österreichs sei in Gefahr. – Ich habe es gerade gesagt: Das Gegenteil ist der Fall! Denn: Die kleinen Staaten wie Österreich werden durch diesen Fiskalpakt gestärkt.

Das Zweite, was auch von Strache gekommen ist, war die Behauptung, der Gouver­neursrat könne alles beschließen. – Auch das ist nicht richtig! Wahr ist vielmehr, dass selbst bei dem Dringlichkeitsverfahren, das angesprochen worden ist, nach Art. 4 Abs. 4, wo man 85 Prozent der abgegebenen Stimmen braucht, auch Art. 8 Abs. 5 gilt.


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Und den möchte ich jetzt vor allem der freiheitlichen Fraktion, die ja hier noch sehr stark vertreten ist, vorlesen, denn wahrscheinlich haben Sie diesen Art. 8 nicht einmal gelesen.

Was steht hier? – Ich zitiere:

„Die Haftung eines jeden ESM-Mitglieds bleibt unter allen Umständen auf seinen Anteil am genehmigten Stammkapital zum Ausgabekurs begrenzt.“ – Also den Horrorszena­rien der FPÖ fehlt die Grundlage.

Und weiter:

„Kein ESM-Mitglied haftet aufgrund seiner Mitgliedschaft für die Verpflichtungen des ESM. Die Verpflichtung der ESM-Mitglieder zur Leistung von Kapitalbeiträgen zum ge­nehmigten Stammkapital gemäß diesem Vertrag bleibt unberührt, falls ein ESM-Mit­glied Finanzhilfe vom ESM erhält oder die Voraussetzungen dafür erfüllt.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Entscheidende für uns hier in Österreich ist, dass Österreich in der Position bleibt, in der wir sind: Wir haben die niedrigste Ar­beitslosigkeit innerhalb der Europäischen Union. Ja, warum? – Weil es uns gelungen ist, die Wettbewerbsfähigkeit auf einem hohen Stand zu halten.

Österreich ist als kleine exportorientierte Volkswirtschaft viel stärker davon abhängig, wie es dieser Europäischen Union geht, als andere Staaten. 70 Prozent unseres Ex­ports gehen in die Europäische Union, und 60 Prozent von dem, was wir erwirtschaf­ten, erwirtschaften wir durch den Export.

Daher sage ich Ihnen: Grundvoraussetzung für sozialen Frieden, für den Wohlstand, den wir haben, und dafür, dass Österreich weiterhin an der Spitze dieser Europäischen Union bleibt, ist es, dass wir in Europa wieder die Stabilität gewinnen – und dazu die­nen genau diese beiden Instrumente: der Fiskalpakt und der ESM! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


11.55.41

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn man den Reden der Vorredner von SPÖ, ÖVP und den Grünen gelauscht hat, dann musste man den Eindruck gewin­nen, dass dieses Österreich – und das ist vor allem an die Adresse der SPÖ ge­richtet – in den Zeiten eines Kanzlers Bruno Kreisky ein Land gewesen ist, das das wirtschaftliche Niveau von Burkina Faso gehabt hat, also eine Art Entwicklungsland, wo wir es mit Unfreiheit zu tun gehabt haben, wie wir sie ansonsten nur von jenseits des Eisernen Vorhanges kennen – und dann ist die Europäische Union gekommen, und alles ist besser geworden.

Das ist doch ein kompletter Unsinn, meine Damen und Herren, den Sie hier verzapfen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sollten sich einmal überlegen, wie Sie mit Ihrer eigenen Geschichte und mit denje­nigen Leuten umgehen, die dieses Land aus schwierigen Zeiten herausgeführt haben, die Eigenständigkeit, Selbstständigkeit und staatliche Souveränität überhaupt aufge­baut haben.

Meine Damen und Herren, das ist eine Entwürdigung dieses Erbes, ausgesprochen von den Vertretern der ÖVP und der SPÖ! – So viel zur historischen Richtigkeit. (Neu­erlicher Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe bis vor Kurzem gedacht, dass es einige Esoteriker in der Interpretation einer alten untergegangenen indianischen Kultur sind, die für dieses Jahr den Weltuntergang


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vorausgesagt haben, aber ich bin auch hier durch diese Debatte eines Besseren belehrt worden: Es sind die Vertreter von SPÖ, von den Grünen und von der ÖVP für den Fall, dass der ESM nicht kommt, meine Damen und Herren!

Das ist also die Wahrheit dieser Prophezeiung, mit der wir es zu tun haben! Das ist die Vermutung, die hier in den Raum gestellt wird! – Aber nichts davon entspricht den Tatsachen! Es gibt keine guten Gründe, es gibt keine rationalen Überlegungen, und es gibt keine gesicherten Erkenntnisse, die das, was Sie hier dauern behaupten, auch nur annähernd belegen würden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

All das, diese Panikmache, haben wir schon einmal gehört, und zwar damals, als es darum gegangen ist, die österreichische Bevölkerung in die Europäische Union, in den großen „Segensbringer“ hineinzumanipulieren. Und was ist seit damals geschehen? – Ein gebrochenes Versprechen jagt das andere, und ein gescheiterter Rettungsversuch folgt dem nächsten! Aber Sie werden nicht klüger und denken nicht um und versuchen nicht einmal, das Ding von hinten zu analysieren und an der Wurzel zu packen, son­dern Sie machen weiter auf Teufel komm raus, bis unterm Strich die völlige Katastro­phe da sein wird. – Das ist der Kurs, den Sie eingeschlagen haben, meine Damen und Herren! Und deshalb heißt es: Stoppt den ESM! Stoppt die europäische Fehlentwick­lung! Das heißt „Stoppt den ESM!“.

Wenn Sie hier hergehen und sagen, Sie seien gute Europäer – insbesondere Sie von der Volkspartei –, dann sage ich Ihnen: Sie sind vielleicht gute Eurokraten, aber Sie sind mit Sicherheit keine guten Europäer! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)

Gute Europäer sind diejenigen, die auch mit ihrem eigenen Heimatland noch etwas an­fangen können. Man ist ein guter Österreicher, so wie die Vertreter der Freiheitlichen Partei. Das ist die Voraussetzung dafür, auch ein guter Europäer zu sein, wenn diese Europäische Union ein tragfähiges Fundament für die Zukunft haben soll, meine Da­men und Herren!

Was sich bisher bestätigt hat, ist ja nur, dass Sie hier den Versuch unternehmen, mit diesem ESM in Kombination mit dem Fiskalpakt weite Teile der österreichischen Sou­veränität auf Nimmerwiedersehen zu verabschieden. Sie wollen das hier herinnen durchpeitschen und grenzen die österreichische Bevölkerung aus dieser Entscheidung aus. Ich formuliere es etwas salopp, aber es ist in dieser Art und Weise: Sie stellen die österreichische Bevölkerung, die all das zu tragen hat, in einer ähnlichen Art und Weise vor die Tür wie einen Hund, den man vor dem Supermarkt anhängt, damit er nicht zur Wurst geht. Das ist Ihre Art und Weise des Umgangs mit der österreichischen Bevölkerung!

Es ist dies ein europäischer Zentralstaat, eine wirtschaftliche Entmündigung, eine Be­sachwalterung, die hier stattfindet – und all das wird von Ihnen als der Weisheit letzter Schluss und als das große Instrument zur Rettung Europas angepriesen! Ja was ist das für ein Europa, das dann unterm Strich herauskommt? – Keines, glaube ich, das die Mehrheit der Österreicher haben will, meine Damen und Herren! Ein solches Euro­pa, wo wir den Bankomaten befüllen sollen bis zu einer nach oben immer höher wer­denden Grenze, ein solches Europa, wo die Haftungen schon von Woche zu Woche weiter erhöht werden, die wir übernehmen müssen, damit die anderen, die die Schul­den gemacht haben, sich bedienen können, das ist nicht die Europäische Union, die die österreichische Bevölkerung haben will! (Beifall bei der FPÖ.)

Und weil Sie das wissen, scheuen Sie die Volksabstimmung, die wir verlangen, wie der Teufel das berühmte Weihwasser, meine Damen und Herren! Das ist doch die Wahr­heit!

Jetzt komme ich zu den Grünen. Meine Güte: Im Parlament ist ein ESM-Unteraus­schuss eingerichtet worden, und dieser Unterausschuss soll jetzt der Garant dafür


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sein, dass auf der europäischen Ebene nichts schiefgeht. – Wissen Sie, das Herzstück einer Demokratie ist immer noch die Entscheidung des Souveräns. Dann kommt ein­mal eine parlamentarische Entscheidung, und dann kommt vielleicht einmal ein Unter­ausschuss.

Etwas salopp formuliert: Das ist die Abstellkammer des Parlamentarismus (Beifall bei der FPÖ), das ist die politische Besenkammer, die Sie sich da jetzt als Feigenblatt zu­rechtgerichtet haben, wo doch die gleichen Vertreter drinnen sitzen! Und wenn es einer einmal wagt, aufzumucken, dann ist der ausgetauscht – so schnell können Sie gar nicht schauen! –, damit das durchgepeitscht wird, was für Sie beschlossene Sache ist: eine Schuldenunion und ein europäischer Zentralstaat.

Dann höre ich „primitiver Populismus“ vonseiten des Abgeordneten Kogler in Richtung der sogenannten Rechtsparteien. – Das kann ich Ihnen nicht schuldig bleiben, Kollege Kogler: Das, was Sie hier aufführen, ist eine primitive Kriecherei, und zwar eine primi­tive Kriecherei in zwei Richtungen: zum einen in Richtung Regierungsbeteiligung, wo die Schleimspur für ganz Österreich schon wahrnehmbar ist, und zum Zweiten in Rich­tung Europäischer Union, wo es Ihnen gar nicht schnell genug gehen kann, sich dort anzudienen, für was auch immer, meine Damen und Herren, aber sicherlich nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordne­ten des BZÖ.)

Und jetzt gehen Sie her und sagen: Um Gottes willen, die bösen, bösen Rechtspopu­listen! Von den Experten abstrahieren wir einmal. Schauen Sie sich nur einmal an, wer heute klatscht und wer sich die Hände reibt, weil er sich so freut über diesen Be­schluss, den Sie hier heute fassen werden!

Das ist ein Feiertag für die großen Banken und für die großen Investoren. Die haben sich dumm und dämlich verdient, die haben die Gewinne eingestreift und sind dank Ih­rer Entscheidungen jetzt in der Lage, einfach das, was sie an Miesem gebaut haben, unter der Bevölkerung zu verteilen. Die reiben sich die Hände, für die ist das ein Feier­tag!

Es ist das ein Festtag für die Südländer samt ihrer neuen großen partnerschaftlichen Liebe, den Franzosen, weil jetzt gilt, dass die Schuldenverantwortung nicht mehr für sich selbst wahrzunehmen ist, sondern dass der Griff in den großen Topf, der von allen anderen befüllt wird, die noch etwas erwirtschaften, jetzt die neue Methode der Krisen­feuerwehr ist. Auch für die ist das ein Feiertag!

Und es ist das ein Freudentag für die EU-Bürokraten, meine Damen und Herren, die uns diese ganze Suppe mit dem Euro eingebrockt haben und durch Sie noch gestärkt werden!

Meine Damen und Herren! Helden waren Sie von SPÖ und ÖVP noch nie, aber jetzt kommt zur Feigheit auch noch der Verrat! Und das ist erbärmlich. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

12.03


Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren! Ich wende mich an die Klubverantwortlichen: Wir haben eine Redezeitvereinbarung und sind im Fahrplan bis 13 Uhr derart verspätet, dass die letzte Rednerrunde möglicherweise nur noch einen Satz zur Verfügung hat.

Ich schlage daher vor, dass wir bei der nächsten Rednerrunde, wo 6 Minuten einge­taktet sind, zunächst 1 Minute kürzen, sodass dann für die letzte Rednerrunde zwi­schen 2 und 3 Minuten zur Verfügung stehen.

Findet das die allgemeine Zustimmung der Klubs? – Ich sehe keinen Widerspruch. Wir gehen daher so vor.


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Diese Rednerrunde ist noch mit 7 Minuten eingetaktet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.03.38

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Ich werde von den 7 Minuten eine halbe Minute dem Vorredner widmen, statt einer tatsächlichen Berichtigung.

Wir werden heute hier weitreichende Mitwirkungsrechte des Plenums des Nationalra­tes beschließen, was sehr viele ESM-Angelegenheiten betrifft. In ganz wenigen wird ein Unterausschuss tagen, und in ganz, ganz wenigen Fällen ist er vielleicht sogar ein­mal geheim, weil man nämlich mit bestimmten Informationen die Spekulanten nicht füt­tern soll. Ich halte das für richtig, für vernünftig und für gerecht.

Was aber nicht zu dulden ist hier herinnen – entweder wollen Sie es nicht lesen oder Sie können nicht lesen; ich kann Ihnen das nicht unterstellen, also gilt Ersteres –: Sie stellen sich hier heraus und lügen, und wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen, das Plenum des österreichischen Nationalrates als „Besenkammer“ zu bezeichnen. Es passt aber genau zu Ihren anderen Auftritten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: Den Unterausschuss, Ihr Feigenblatt!)

Die Erklärung des Bundeskanzlers zu europäischen Angelegenheiten ist ja eigentlich hier das Thema, noch nicht einmal so sehr der Europäische Stabilitätsmechanismus, der wird aber vielleicht auch noch eine Rolle spielen. (Abg. Dr. Strutz: Der Kogler weiß nicht, was er reden soll!)

Da ist es auch um den Europäischen Rat vor wenigen Tagen gegangen. Eigentlich geht es ja hier um wesentlich mehr als um diesen Europäischen Stabilitätsmechanis­mus, der aus irgendwelchen, mir gar nicht immer nachvollziehbaren Gründen derart in die Höhe gehoben wird in seiner Bedeutung, die er zumindest von seiner Dimension her, wenn man das mit anderen Entscheidungen hier oder auch in Europa vergleicht, gar nicht verdient. Ich verstehe alle Sorgen, die sich drumherum ranken, aber das der­art aufzubauschen, das verstehe ich nicht. Wir werden aber noch Gelegenheit haben, darauf einzugehen, spätestens beim nächsten Tagesordnungspunkt, wenn das Ding dann auch wirklich diskutiert wird.

Jetzt aber zum Gipfel und zu Ihrer Erklärung, Herr Bundeskanzler.

Grundsätzlich ist Europa eigentlich ein Kontinent, wo die Wirtschaftsstärke immer noch wesentlich größer ausgeprägt ist als anderswo. Grundsätzlich müsste ein derartiges Problem, wie es etwa in Griechenland und in einigen anderen Ländern auftaucht, ge­messen an dem, was an Wirtschaftskraft vorhanden ist, an Know-how, an – und da wird es schon spannender – bisher gelebter Solidarität auf dem Kontinent, relativ leicht bewältigbar sein. Es ist aber in der Tat so, dass sich seit zwei Jahren der Eindruck verstärkt, dass hier, „self-fulfilling“ geradezu, durch das ganze ewige Krisengerede noch mehr angerichtet wurde, als schon längst hätte getan werden können.

Ich hatte bei dem letzten Gipfel das allererste Mal einen etwas besseren Eindruck, was das Krisenmanagement der europäischen Regierungschefs betrifft, auch bei dem, was jetzt vorgeschlagen wird und dann ohnehin wieder in die Parlamente kommt. Aber grundsätzlich ist es kein Anlass, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten, wie Europa dasteht. Und es wäre auch richtig und vernünftig, sich endlich einmal daranzumachen, diese Stärken zu bündeln – aber daran liegt es eben schon – und gegen die krisenhaf­ten Phänomene, die es in der Tat gibt, gegenzusteuern.

Nach welchen Grundsätzen soll und muss das passieren? – Natürlich auch unter soli­darischen Gesichtspunkten, Solidarität und Solidität, keine Frage. Ohne das wird es auch nicht gehen. Es wird also wirtschaftliche Vernunft brauchen und auch gerechte


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Elemente, dass diese Krise bewältigt werden kann. Deshalb komme ich zu unserer Grundeinschätzung, die dazu führt, dass wir nein zu dem heute hier ebenfalls abzu­stimmenden Fiskalpakt sagen, aber ja zum Europäischen Stabilitätsmechanismus.

Warum ist der Fiskalpakt so problematisch? – Weil er, wenn er denn dann in der Praxis so durchgezogen wird, über ganz Europa drüber oder zumindest über viele oder die meisten europäischen Länder, auch die starken Volkswirtschaften, in viel zu hoher Ge­schwindigkeit, mit viel zu direkten Eingriffen und Durchgriffen, letztendlich auch auf die Investitionstätigkeiten Auswirkungen hat. Lassen wir den Konsum einmal weg! Auch das wäre interessant, aber bleiben wir einmal bei den Auswirkungen auf die Investi­tionen. Das kann doch nicht der Sinn sein, in dieser Situation, wo die nächsten Rezes­sionsprognosen schon wieder heraufdräuen, mit einem derartigen „Wirtschaftspro­gramm“ – unter Anführungszeichen – auch noch die guten Volkswirtschaften dazu zu bringen, nach unten zu fahren. Das ist nicht schlau!

Ich kenne das Motiv: Man erwartet sich langfristig Stabilisierung, wenn man in die Aus­gaben-Programme eingreift, weil es da oder dort ja wirklich ineffizient zugeht, beson­ders in den Krisenländern. Das stimmt ja, ich will das überhaupt nicht verhehlen. Aber es ist trotzdem der falsche Ansatz.

Es müsste vielmehr oder erst recht, wenn Sie diesen Fiskalpakt verabschieden, we­sentlich deutlicher auf die Investitionen geachtet werden. Da passiert meines Erach­tens immer noch viel zu wenig. Und auf diesem Kontinent gäbe es verdammt viel zu sanieren und zu investieren. Das muss, auch vor dem Hintergrund noch ganz anderer Krisen, ökologischer Krisen, durchaus in die grünen, ökonomischen Zukunftsinvestitio­nen gehen. Da gibt es jetzt erste Ansätze, das ist gut, aber dort muss die Reise viel stärker hingehen.

Jetzt noch einmal zur Spekulationsbekämpfung und zu dieser Zweischneidigkeit des ESM: Ja, er ist natürlich in seiner Wirkungsweise in jede Richtung verwendbar (Abg. Kickl: Wie die Atomkraft!), aber natürlich auch vernünftig einsetzbar. In Wahrheit ist es eine Überbrückungshilfe, dass Sinnvolleres geschehen kann.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, Herr Bundeskanzler, dass es nicht vernünftig ist, einfach so eine direkte Spritze Richtung Banken als besonders tolles Konzept zu ver­abschieden, wenn nicht vorher klar ist, um welche es sich überhaupt handeln soll, und wenn nicht gleichzeitig oder bis dorthin endlich einmal ein strenges Finanzregulie­rungsregime Platz greift. Das ist wohl die mindeste Voraussetzung. Ansonsten hätten wir uns überlegen müssen, einen anderen Vertrag hier vorzulegen. Das steht im jet­zigen ESM nicht drinnen.

Viel wesentlicher für die Zukunft sind die Fragen der Finanztransaktionssteuer und der möglichen gemeinsamen europäischen Staatsanleihen. Darauf werden wir hinarbeiten, und darauf werden wir heute noch in den nächsten Debatten extra verweisen. (Beifall bei den Grünen.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


12.10.59

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren von Sozialdemokratie, von Österreichischer Volkspartei und von den Grünen! Ich stelle an Sie folgende Fragen:

Wie können Sie es mit Ihrem eigenen Gewissen vereinbaren, 2,3 Milliarden € hart erar­beitetes Steuergeld als Kredite für einen Pleitestaat, für Griechenland, herzugeben?

Wie können Sie es, sehr geehrte Damen und Herren von Rot, Schwarz und Grün samt der Bundesregierung, mit Ihrem Gewissen vereinbaren, 2,23 Milliarden € hart erarbei­tetes Steuergeld bar in den ESM einzuzahlen?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 82

Sehr geehrte Damen und Herren, wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, 17,3 Milliarden € als jederzeit abrufbare Bargeldleistungen aus österreichischen Steu­ergeldern für den ESM zu reservieren?

Wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, 28 Milliarden € – unfassbar: 28 Milliarden €!; das Geld ist abgeschafft?! – 28 Milliarden österreichische Euro, un­ser Geld, für den EFSF als Haftungen und weitere 19,5 Milliarden € für den ESM als Haftungen herzugeben?

Wie können Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren, den gesamten österreichischen Staatshaushalt, die Wirtschafts- und Steuerleistung unserer Österreicherinnen und Ös­terreicher zu verpfänden?

Das frage ich Sie bei dieser Debatte heute einmal mehr. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Entweder Sie verstehen es nicht, oder Sie wollen es nicht verstehen. Wenn Sie es nicht verstehen, ist es nicht charmant, sehr geehrte Damen und Herren von den Grü­nen. (Abg. Dr. Moser: Sie verstehen es nicht!) Wenn Sie es nicht verstehen wollen, dann erfüllt es den Straftatbestand des Hochverrats, des Hochverrats an den Öster­reicherinnen und Österreichern und des Hochverrats an der österreichischen Bundes­verfassung. Das, was nämlich Sie tun (Abg. Silhavy: Die Sprache ist verräte­risch!) – Hören Sie, bitte schön, auf mit Ihrer Stimme! Wirklich, Frau Kollegin Silhavy! (Hallo-Rufe bei SPÖ und Grünen.) Immer reden Sie dazwischen! Wenn man wirklich versucht, hier an diesem Rednerpult sachlich zu bleiben, zischelt’s immer von der lin­ken Seite herüber. Das dulden wir nicht! (Beifall beim BZÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Gutes, hart erarbeitetes Steuergeld der Österreiche­rinnen und Österreicher wird Ländern nachgeworfen, die mit diesem Steuergeld lieder­lich umgehen.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Grüninnen und Grünen! Ich habe hier Ihren eigenen Dringlichkeitsantrag vom 32. Bundeskongress, eingebracht durch Werner Kogler, Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen zu diesem Thema, in dem Sie meh­rere Punkte aufstellen, von deren Erfüllung Sie eine Zustimmung zum ESM abhängig machen. Aber Sie haben sich bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung in kei­nem dieser Punkte durchgesetzt!

Ich sollte das nämlich heute eigentlich verlesen, im Auftrag eines grünen Funktionärs, der mich in einem der Online-Foren angeschrieben hat und gesagt hat: Verlies das un­serer Bundesvorsitzenden, denn sie verrät nicht nur Österreich, die Österreicherinnen und Österreicher, sondern vor allem ihre eigene Basis! (Beifall beim BZÖ sowie bei Ab­geordneten der FPÖ.) – Ich gebe Ihnen dann Ihren eigenen Parteitagsbeschluss zum Nachlesen.

Dieses Gesetz zum ESM ist anachronistisch zur kaufmännischen Weisheit: Wer zahlt, schafft an! Österreich zahlt – aber wir schaffen nichts an. Das ist komplett konträr zu einer alten kaufmännischen Weisheit, denn wir haben keinerlei Einfluss. (Abg. Mag. Schickhofer: Darum machen wir ja den Fiskalpakt! Das ist der Grund!) Österreich, die­ses Parlament hat keinerlei Einfluss auf die Gebarung jener Länder, die unser Geld bekommen. Das Geld wird von EU-Bürokraten verwaltet, die keinerlei demokratische Legitimation durch das Volk besitzen. Es handelt sich aber um Volksvermögen, sehr geehrte Herren Faymann, Spindelegger und sehr geehrte Frau Glawischnig, das Sie hier am Altar eines sinkenden Schiffs Europa opfern!

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie haben seit den Debatten in den neunziger Jah­ren über Europa nicht viel gelernt. Kollege Westenthaler und Kollege Bucher haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 83

heute hier die Äußerungen Ihrer Vorgänger in der österreichischen Bundesregierung von Rot und Schwarz zitiert. Sie haben die letzten 20 Jahre nichts gelernt! Sie haben nach wie vor die Schneid, sich hier hinzustellen und den Menschen von dem Pult der Republik die Unwahrheit zu sagen, die Unwahrheit über das Schicksal dieses zusam­menbrechenden Europa, die Unwahrheit über den Wahnsinn, dass unser Steuergeld verpfändet wird und die Zukunft der Österreicherinnen und Österreicher und aller nach­folgenden Generationen verunmöglicht wird. (Beifall beim BZÖ.) Das ist weder ethisch noch moralisch vertretbar – und verfassungsrechtlich ist es überhaupt nicht konform!

Frau Kollegin Tamandl geht heute hier heraus und sagt: Der Euro hat uns Wohlstand gebracht! – Da frage ich schon: Lebt denn die Schweiz als Dritte-Welt-Land? (Abg. Strache: Die Schweden, die Dänen, die Norweger! Die leben alle sehr, sehr gut!) Vegetieren denn die ohne Wasser und Brot? Oder ist nicht die Schweiz mittlerweile der stärkste Finanzstandort und Wirtschaftsstandort dieses Europa, das zusammenbröckelt?!

Ich darf Sie daran erinnern: Die Schweiz ist nicht Bestandteil der Europäischen Union. Da müssen Sie in die Schweiz fahren und sich schön brav anstellen und fragen, ob Sie Vereinbarungen mit den Schweizern unterzeichnen dürfen. Die holen sich alle Vorteile eines Europa, aber machen nicht bei den Nachteilen mit, so wie Sie es heute machen.

Zu den ÖVP-Rednern, die gesagt haben: Wir haben es doch immer gewusst, dass die Europäische Union Probleme hat. – Ja, hat das der Herr Franz Fischler von der Öster­reichischen Volkspartei auch gewusst? Der war, glaube ich, EU-Kommissar. Weiß das der Herr Johannes Hahn, der derzeitige EU-Kommissar der Österreichischen Volkspar­tei? Hat das Frau Benita Ferrero-Waldner als EU-Kommissarin der Österreichischen Volkspartei gewusst? Und hat jemals der Vorsitzende des Europäischen Rates – zwei Mal war er es! –, das ÖVP-Mitglied Wolfgang Schüssel in seinen Ratspräsidentschaf­ten diese Probleme auf europäischer Ebene korrigiert? – Nein, weil Sie den Banken und den Spekulanten die Räuberleiter machen (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeord­neten der FPÖ) und dafür gemeinsam mit SPÖ und Grünen als Dreierbande das Geld der Steuerzahler den Bach hinuntergehen lassen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich erwarte mir eine Regierung, die handelt, wie die hoch gelobte Margaret Thatcher einmal gesagt hat: „I want my money back!“ – und keine Regierung, gegen die ich jetzt einen Misstrauensantrag einbringe.

Der Nationalrat wolle

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, den Misstrauensantrag muss ein nächster Kollege einbringen. Sie sind nicht mehr am Wort! (Abg. Grosz verliest den Antrag ohne Mikrophon und schließt mit: Der Antrag ist hiemit eingebracht! – Beifall bei Abgeordne­ten des BZÖ.)

Die Redezeit war abgelaufen. (Abg. Grosz: Es hat das Licht noch geblinkt, Herr Prä­sident!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. In dieser Rednerrunde stehen je­weils 5 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

 


12.17.52

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich werde keine halbe Minute meinem Vorredner widmen, denn es wäre schade darum. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben schon vielfach über die Situation in der Euro-Krise gesprochen und debattiert, sei das in öffentlichen Ausschüssen, sei das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 84

beim öffentlichen Hearing, sei das hier im Plenum gewesen. Offen, lang und ausgiebig haben wir darüber gesprochen. Seit dem Europäischen Rat vorige Woche haben sich die Vorzeichen in dieser Debatte allerdings eindeutig verschoben, denn die EU hat bei diesem Gipfel eine Trendwende geschafft. Mittlerweile ist allen in Europa klar, dass Sparen allein nicht aus dieser Krise führt. Vielmehr braucht es eine Kombination von intelligenter Budgetkonsolidierung und Investitionen in Wachstum und Beschäftigung. Das haben wir Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen seit Beginn der Krise im­mer wieder betont, und daher bin ich auch sehr froh darüber, dass dieser Pakt für Wachstum und Beschäftigung jetzt beschlossen worden ist. Ich möchte das noch einmal betonen: Der Fokus liegt auf Wachstum und Beschäftigung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nicht zuletzt das Verdienst des Bundeskanzlers und seiner Hartnäckigkeit in Brüssel. Das ist aber auch auf die Unterstützung, die wir letztendlich durch den fri­schen Wind aus Frankreich bekommen haben, zurückzuführen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Das ist nicht einmal ein Lüfterl!)

Die Entscheidungen, die der Rat getroffen hat, sind eine eindeutige Abkehr von der bisherigen einseitigen Sparpolitik. An die Stelle dieser einseitigen Sparpolitik tritt ein Dreiklang aus zukunftsorientierten Wachstums- und Beschäftigungsinitiativen, einer Neuausrichtung der Europäischen Finanzaufsicht und einer nachhaltigen Haushalts­konsolidierung.

Da bemerkt man auch wieder ganz klar die österreichische Handschrift, denn wir in Ös­terreich verfolgen ja schon lange und erfolgreich eine Politik, die auf nachhaltigen Ein­sparungen, zukunftsorientierten Investitionen und einer gerechten Steuerpolitik basiert, eine Politik, die vor allem auch die jungen Menschen bei ihrem Einstieg in den Beruf tatkräftig unterstützt. Umso mehr freut es mich, dass der Europäische Sozialfonds jetzt aufgestockt wird, um in ganz Europa eine Ausbildungs- und Beschäftigungsgarantie nach österreichischem Vorbild für arbeitssuchende Jugendliche umzusetzen.

Durch die Trendwende haben wir jetzt endlich die entscheidenden Instrumente gegen die Krise.

Erstens: Mit dem Pakt für Wachstum und Beschäftigung schaffen wir rasch neue Be­schäftigung und damit auch Arbeitsplätze. Wir sichern Investitionen ab zur Finanzie­rung von Infrastrukturprojekten im Bereich Verkehr, Energie und Kommunikation. Das macht uns nicht nur global wettbewerbsfähiger, sondern das schafft Studien zufolge europaweit bis zu 2 Millionen neue Arbeitsplätze. Durch die Umschichtung von Geld­mitteln aus dem EU-Strukturfonds können wir außerdem in Forschung und Innovation investieren und diese fördern, und wir bekämpfen damit die Jugendarbeitslosigkeit, die in manchen Staaten sehr hoch ist. Das sind alles Kernanliegen, die wir schon lange be­treiben und die jetzt durchgesetzt werden.

Zweitens führen wir eine nachhaltige Budgetkonsolidierung und eine notwendige, so­zial gerechte Strukturreform durch, damit wir unabhängig werden von den Finanz­märkten. Wir schaffen auch für die Zukunft die Voraussetzungen, um Finanz- und Wirt­schaftskrisen in der Währungszone besser verhindern zu können. Da wird es noch um­fangreiche Diskussionen geben, und daher werden wir heute auch noch einen Antrag einbringen, einen Europäischen Konvent zu diesem Thema abzuhalten.

Drittens sorgen wir für eine bessere Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte. Ich spreche nur die Bankenunion und auch die Finanztransaktionssteuer an, die uns sehr wichtig ist und für die wir lange gekämpft haben. Auch das ist ein österreichischer Erfolg, und ich glaube, auf den können wir zu Recht stolz sein.

Mit dem neu eingeschlagenen Weg der EU sind wir in der Überwindung der Krise ein gutes Stück weitergekommen, und ich kann nur sagen, hier müssen wir weitermachen im Sinne eines friedlichen und sozial gerechten Europas. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.22



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 85

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte. (Abg. Mag. Schwentner: Zur Geschäftsbehandlung!) – Zur Geschäftsbehand­lung. – Bitte.

*****

 


12.23.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte mich beziehen auf die Rede des Herrn Kollegen Grosz gerade vorhin und sei­ne Anmerkung zur Kollegin Silhavy in Bezug auf ihre Stimme.

Die Stimme ist ein persönliches Merkmal, und ich empfinde es als persönliche Diskri­minierung, zu jemandem zu sagen: Sie mit Ihrer Stimme! Oder: „Hören Sie, , auf mit Ihrer Stimme!“, haben Sie gesagt. (Abg. Mag. Wurm: „Kreischend“ hat er gesagt!)

Herr Präsident, ich würde Sie bitten, das zu kommentieren und nicht unkommentiert zu lassen! – Danke. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das war keine Geschäftsordnungsmeldung! – Abg. Scheib­ner: Das war aber kein Antrag!)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung ist ein Antrag notwendig. Ich darf darauf hinweisen, dass ich bereits mit dem Kollegen gesprochen habe. Es ist eine Frage der Höflichkeit, und die Höflichkeit ist zwar einmal angeboren, man kann sie auch lernen, man kann sie erweitern. Aber ich sehe keinen Anlass, jetzt die Debatte bis 13 Uhr zu diesem Thema weiter zu verzögern. Ich biete mich gerne als Vermittler zwi­schen den beiden Abgeordneten an. (Abg. Grosz: Zur Geschäftsbehandlung!) – Gibt es einen Antrag, Herr Kollege? (Abg. Grosz: Ja!)

 


12.24.16

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Die Kollegin unter­stellt mir etwas. Ich ersuche Sie, Herr Präsident, ihr einen Ordnungsruf dafür zu ertei­len. (Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ.) Das ist nämlich auch der Antrag. Sie unter­stellt mir etwas.

Mein Ansinnen in meiner Rede war, dass die Präsidentin des Nationalrates in den letz­ten Tagen sehr oft darüber gesprochen hat, dass die Würde dieses Hauses „den Keller hinuntergeht“, weil es ständig Zwischenrufe gibt. Das nehme ich jetzt zur Kenntnis. In einer Tour wurden von dieser Abgeordneten während meiner Rede von mir als störend empfundene Zwischenrufe zu einem sehr wesentlichen Thema gemacht. Und das woll­te ich zum Ausdruck bringen. Das hat nichts mit der Frau Kollegin Silhavy persönlich zu tun, sondern ich nehme einfach die Weisungen der Frau Präsidentin in Zukunft ernst. (Beifall beim BZÖ.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, Sie wissen ganz genau, dass das auch keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung war, denn Sie können mich mit einem An­trag nicht auffordern, einen Ordnungsruf zu erteilen. Ich ersuche Sie, sich an die Ge­schäftsordnung zu halten!

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. (Abg. Dr. Cap: Zur Geschäfts­ordnung!) – Bitte, Herr Klubobmann Cap.

 


12.25.27

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich melde mich deswegen auch zu Wort, weil es hier um eine Abgeordnete unserer sozial­demokratischen Parlamentsfraktion geht. Und ich würde den Kollegen Grosz ersuchen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 86

sich zu entschuldigen. Ich finde, das war eine Frechheit, was er vorhin gesagt hat be­züglich der Stimme. Das ist unentschuldbar! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

12.25


*****

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun doch Herr Abgeordneter Dr. Bar­tenstein. (Heiterkeit.) – Bitte.

 


12.25.57

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Hohes Haus! Die Geschäftsordnung kann nicht alles. Sie kann die Kinder­stube und gutes Benehmen nicht ersetzen, und mehr muss dazu eigentlich nicht ge­sagt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und zur Würde des Hohen Hauses, meine Damen und Herren – des BZÖ im Allgemei­nen und des Kollegen Grosz im Besonderen! Zu dem noch nicht eingebrachten, weil Ihr Wortschwall noch nicht zu Ende war und die Redezeit dann schon abgelaufen war, aber zu dem noch einzubringenden Misstrauensantrag des BZÖ gegen den Herrn Bun­deskanzler: Gerade als jemand, der unserem Bundeskanzler nicht ganz kritikfrei ge­genübersteht, sage ich: Auch da verletzen Sie die Würde des Hohen Hauses (Abg. Ing. Westenthaler: Ein Misstrauensantrag?), und Sie äußern sich, wie das nun einmal Ihre Art ist, in rotziger Art und Weise zum Bundeskanzler und formulieren: „ da sein Horizont nur vom Ballhausplatz bis zur SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße reicht, stellen die unterzeichneten Abgeordneten “, und so weiter, und so fort.

Würdelos, niveaulos, typisch BZÖ, typisch Grosz. Herzlichen Glückwunsch! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerin Muttonen – und sie möge recht haben – hat von der Trendwende gesprochen, die durch den Gipfel am letzten Wochenende ausgelöst wurde. Die Märkte scheinen im Moment mehr als ein Stroh­feuer dessen abzuliefern, was Börsen, was Refinanzierungsmöglichkeiten, was Zinsni­veaus anbelangt. Einige Silberstreifen am Horizont gibt es aber auch. Es wird heute berichtet, dass Spanien bei allen Problemen nicht nur die Fußball-Europameisterschaft souverän gewonnen hat, sondern auch im Juni einen Rückgang der Arbeitslosen um mehr als 100 000 zu verzeichnen hatte – besser, als alle Prognosen gewesen sind –, dass die Iren sich wieder auf die Finanzmärkte trauen können und dass die Griechen – man höre und staune!, es wurde schon gesagt – einen Primärüberschuss in Ihrem Budget haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist da die Steigerung in Österreich, Herr Siebeng’scheit?)

Das heißt, abgesehen von den ungeheuer hohen Schulden, nehmen sie aufs Jahr be­zogen seitens des Staates mehr Geld ein, als sie ausgeben. Also auch ein Hoffnungs­schimmer.

Ziel dessen, was wir heute besprechen und was im Mittelpunkt des Interesses ist, ist ja, dass den „Club-Med-Ländern“ – entschuldigen Sie meine Flapsigkeit, aber das ver­kürzt die Anrede – mit der Irland-Perspektive die Finanzierbarkeit auf den Märkten wie­der zurückgegeben wird, die sie seit zwei, zweieinhalb Jahren de facto verloren haben. Dazu gibt es zwei Instrumente, letztlich zwei Seiten einer Medaille: den ESM und den Fiskalpakt.

Der ESM soll insgesamt, alles zusammengerechnet, ein Haftungsvolumen von 700 Mil­liarden € – fürwahr viel Geld! – darstellen, und auf der anderen Seite gibt es die Kon­trollmechanismen des Fiskalpaktes, damit gerade auch, und das hat Kollege Kopf be­reits gesagt, in diesen Ländern die Konsolidierung wieder funktioniert – wir sind nicht


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das Problem, Deutschland ist nicht das Problem; Italien, Spanien, Griechenland und andere sind es –, damit dort die Konsolidierung funktioniert, damit eben dort der ESM nicht oder nur in geringem Ausmaß gebraucht wird.

Natürlich ist der ESM vor allem einmal unser Geld, das ist klar. Und da ist es auch ganz wichtig, an einem Tag wie heute darüber zu reden, dass Solidarität wahrlich keine Einbahnstraße sein soll. Du hast es gesagt, Kollege Kopf. Es gibt klarerweise und immer wieder die notwendige Solidarität mit den Schwachen, und das sind in dem Fall die „Club-Med-Länder“. Da braucht es die europäische Solidarität, vom Bundeskanzler hoch hinauf gestellt, und ich bin der Erste, der dem Bundeskanzler dazu gratuliert, jetzt ein glühender Europäer geworden zu sein. Mit seiner früheren Europa-Einstellung war ich ja nicht so ganz glücklich, wie Sie wissen. Da braucht es diese Solidarität, und zu der stehen wir. Es braucht aber auch die Solidarität eines Monti und auch eines Hol­lande und anderer mit den Zahlern, und das sind wir. Also Solidarität ist keine Einbahn­straße, sondern muss in beide Richtungen gelten: Solidarität mit den Empfängern, aber auch mit den Zahlern.

Die Alternativen, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wohl eher das, was „Chaos“ als Beschreibung gerade noch rechtfertigt. Wenn eher skurrile Wortmeldungen in einer Fernsehsendung in Österreich jetzt einem Schilling wiederum das Wort reden, wenn andere sagen, ein Nord-Euro gehört her, ein Auflösen der Eurozone wäre das Günstigere: Davor warnen nicht nur alle Experten, davor können auch politisch ver­antwortungsvoll Denkende nur warnen. Das ist mit Sicherheit der schlechtere Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich will zweitens überhaupt nicht behaupten, dass die 20 Milliarden € – es sind nicht 40 Milliarden €, Herr Bucher; da ist er schlecht informiert –, die 20 Milliarden €, die wir zum ESM heute als maximalen Haftungs- und Kapitalisierungsrahmen beschließen, nicht sehr, sehr viel Geld sind. Das ist es. (Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese 20 Milliarden € sollte man schon auch in Relation setzen zum Thema, mit wie viel Solidarität wir Kärnten aus der Pat­sche helfen, nämlich auch rund 20 Milliarden €. Beides ist wichtig und richtig.

Ein Schlusssatz, Herr Präsident: Man möge schon auch den Blick nach Deutschland wenden in diesen Stunden. (Abg. Neubauer: 20 Prozent haben dagegen gestimmt!) Das gesamte politische Establishment Deutschlands, nämlich nicht nur die Regie­rungsfraktionen, sondern auch SPD und Grüne stehen hinter ESM und Fiskalpakt. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) FPÖ und BZÖ müssen sich fragen, warum sie sich in einer ehrenwerten Gesellschaft auf Augenhöhe mit den Postkommunisten und den Linken begeben haben. Das sind nämlich die Einzigen, die in Deutschland da dagegen sind. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

12.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


12.31.45

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr verehrte Zuschauer! Wir haben hier heute viel an Legendenbildung und Angstmache gehört. Die Legen­denbildung beginnt immer damit, dass hier festgehalten wird, was die Europäische Union und vor allem der Euro uns alles gebracht haben.

Der Euro hat uns, wenn ich zum Beispiel Lopatka gehört habe, letztendlich das So­zialsystem gebracht, das Pensionssystem gesichert. Was hat er noch gebracht? – Also


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 88

alles, was wirklich Stabilität bedeutet, hat der Euro gebracht. Das hat es vorher nicht gegeben, und das gibt es nicht außerhalb der EU und ohne Euro. – Das ist die erste Legendenbildung.

Die zweite Legendenbildung: das Wirtschaftswachstum; ohne Euro kein Wirtschafts­wachstum.

Schaut man sich nur die Zahlen der Wirtschaftskammer Österreich an, das Wirt­schaftswachstum 1990 bis 2001: im Jahr durchschnittlich 2,84 Prozent, aber bereits reales Wirtschaftswachstum des BIP. Wirtschaftswachstum 2002 bis 2012: 1,45 Pro­zent – deutlich geringer als davor. Kann natürlich alles Zufall sein, aber schauen wir uns das an.

Schauen wir uns die Exportzahlen an: Exportanteil 2000, Anteil des Exports allein in die EU: 73 Prozent unserer Exporte, 2011 69,9 Prozent. Also eine deutliche Abnahme des Exports in den EU-Raum. Italien zum Beispiel: 8,7 Prozent Anteil noch 2000 – denn das ist ja das Hauptargument: Italien ist eines der wesentlichen Exportländer; völlig richtig, ist immer das Hauptargument –, 2011 7,6 Prozent. Eine Abnahme also auch hier, obwohl ja der Euro große Vorteile bringen sollte.

Zunahme der Exporte außerhalb, also in den Rest der Welt: 154 Prozent in den letzten zehn Jahren. In Europa außerhalb des Euro 116 Prozent Zunahme, innerhalb des Eu­roraums 89 Prozent Zunahme. Also das zeigt ja, dass sich die Entwicklung ganz wo­andershin bewegt, und man sollte uns nicht ständig diese Legenden erzählen, dass es auf den Euro ankommt, damit wir exportieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Friedensunion ist ja auch immer ein ganz besonderes Thema. In Wirklichkeit findet in Europa jetzt ein Auseinanderdriften statt, wie es davor nicht stattgefunden hat. Es wird einerseits da in den Mund genommen: Wir haben jetzt den Fiskalpakt, und auf­grund dessen werden dann Maßnahmen gesetzt – die uns im Übrigen auch treffen können, aber dazu später –, und das soll dann so nach dem Motto „Germanisierung der europäischen Wirtschaft“ sein. Und da gibt es ja jetzt bereits massive Widerstände, da gibt es massive Anfeindungen, die eine Entwicklung der EU und vor allem des Euroraums der letzten Jahre sind. Es gibt hier ein Auseinanderdriften und auch eine Entflechtung der Wirtschaft; das erkennen Sie, wenn Sie es sich genau anschauen.

Auch die Importe aus den Südländern haben massiv abgenommen, weil ja denen die Exportmärkte weggebrochen sind, und in Wahrheit haben auch die Exporte in diese Länder abgenommen. Das heißt, es findet in Wirklichkeit eine Entflechtung statt. Also diese ganzen Legenden, dass der Euro dazu beiträgt, dass wir hier eine Friedensunion haben, sind durch überhaupt nichts zu belegen! (Beifall bei der FPÖ.)

Und wenn man das schon so sehen will: Der letzte Krieg in Europa war in einer Währungsunion, in Jugoslawien. Das nur so am Rande erwähnt. – Also die Währung kann es nicht sein, die zum Frieden beiträgt. (Abg. Rädler: Das ist ein Blödsinn!) Das ist kein „Blödsinn“, das ist völlig richtig! Oder stimmt es nicht: Hatten die keine gemein­same Währung? Oder wollen Sie allen Ernstes behaupten, dass die europäischen Staaten übereinander herfallen würden, wenn es keine EU gäbe? Das ist doch einfach eine Legendenbildung, und das geht bereits über in die Angstmache.

Was passiert, wenn wir dem ESM nicht zustimmen? Der ESM ist Europa, habe ich heute gehört. – Der ESM ist ein Hilfsprodukt, wo eigentlich alle Vertreter auch der Re­gierungsparteien und auch der Grünen gesagt haben: Naja, vielleicht hilft er uns. Wir können nicht garantieren, dass das wirklich funktioniert, aber es ist zumindest eine Notmaßnahme. – Das akzeptiere ich noch, wenn man das sagt. Aber wenn man sagt, der ESM ist Europa, so ist das ein Armutszeugnis. Das muss man schon sagen. Und genau dort geht es hin. (Beifall bei der FPÖ.)


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Solidarität wird eingefordert! – Ja, Solidarität für jemanden, der sich nicht selbst helfen kann, hat einen Sinn. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Aber Solidari­tät als Anreiz dazu, keine Reformen durchzuführen, keine schmerzhaften Änderungen durchzuführen, das ist Unsinn und führt genau zu dem, was wir ablehnen, nämlich eine Schuldenunion und letztendlich eine unbegrenzte Haftung für Schulden fremder Staa­ten. (Beifall bei der FPÖ.)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte.

 


12.36.56

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Der Bundes­kanzler, so habe ich ihn eigentlich verstanden, wollte eine Erklärung zu den zwei Gip­feln vom vergangenen Wochenende abgeben. Zu zwei Gipfeln, weil es ja ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der 27 gegeben hat, also der gesamten Europäi­schen Union, und einen anschließenden Gipfel der Eurozone-Regierungschefs. Letzte­rer Gipfel ist, sofern ich mich nicht irre, um 4 oder 5 Uhr früh zu Ende gegangen, und es gibt dazu ein Kommuniqué – ohnehin nur eine Seite –, das ziemliches Aufsehen er­regt hat.

Mit diesem Kommuniqué haben die Staats- und Regierungschefs ihren Mund ziemlich voll genommen, finde ich. Und es werden sich zukünftig einige „Besenkammern“ die­ses Parlaments auch mit diesen Fragen zu beschäftigen haben – ich zitiere sinnge­mäß, natürlich einen FPÖ-Abgeordneten.

Der eine Punkt ist die Frage „Bankenunion, Europäische Bankenaufsicht“. Das hat der Herr Bundeskanzler erwähnt, das ist schön und gut. Ich sage nur dazu: Es fehlen im­mer noch eine Konkursordnung und eine Europäische Einlagensicherung dazu.

Der Punkt, auf den ich zu sprechen kommen wollte, ist aber folgender: Es wird im Rah­men des Kommuniqués der Regierungschefs überlegt, die Banken-Rekapitalisierung direkt vorzunehmen – derzeit bei der EFSF, künftig beim ESM –, statt über den Umweg des Staates. Das ist schön und gut, darüber kann man diskutieren. Ich weise nur da­rauf hin, dass Artikel 15 Absatz 1 des ESM-Vertrages – und über den stimmen wir heu­te ab, nicht über das Kommuniqué der Regierungschefs – das ausdrücklich nicht vor­sieht, sondern der Kredit an den Staat vergeben werden muss, der ihn seinerseits dann an seine Banken weitergibt.

Falls dieser Punkt geändert werden soll, muss der Gouverneursrat des ESM künftig darüber debattieren, und die „Besenkammer“ des Parlaments muss dann vorher sa­gen: ja oder nein, Frau Ministerin Fekter darf dieser Änderung zustimmen oder nicht.

Das Gleiche gilt für die Frage – das wäre der nächste Absatz –, dass Kredite an Spa­nien, die derzeit diskutiert werden, zuerst vom EFSF vergeben werden, dann an den ESM sozusagen übergeben werden sollen, „without gaining seniority status“.

Das ist auch ein heikler Punkt. Nach dem derzeitigen ESM-Vertrag haben ESM-Kredite „seniority status“. Das ist aber nicht ein eigentlicher Vertragsbestandteil, sondern ist Punkt 13 der Präambel. Also, ob das dann eine Vertragsänderung darstellt oder ob ein Beschluss der Regierungschefs hier genügt, ist zu prüfen. Wieder werden sich die „Be­senkammern“ des Parlaments damit auseinanderzusetzen haben. Und noch viel mehr gilt das für den dritten – und mit Recht am meisten aufsehenerregenden – Absatz, nämlich die Frage, ob nicht künftig der ESM ohne Einschaltung der Troika, ohne das relativ komplizierte Prozedere, das derzeit für Finanzhilfen, für den Einsatz der Finanz­instrumente des ESM vorgesehen ist, Hilfen geben kann. Gedacht wird dabei in erster Linie an Primärmarktinterventionen oder Sekundärmarktinterventionen. Dieser Absatz wurde von den Medien als Sieg von Mario Monti über Kanzlerin Merkel interpretiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 90

Darüber kann man debattieren. Ich bin nicht a priori gegen diese Änderungen. Ich sage nur, Artikel 13 des ESM-Vertrages, über den wir heute abstimmen, sieht diese Möglich­keit nicht vor. Wenn Italien oder ein anderes Land künftig unter bestimmten Bedin­gungen, Einhaltung des Sixpacks, Einhaltung aller bisherigen Vorschriften, so wie es hier geplant ist, unter erleichterten Bedingungen beispielsweise Sekundärmarktinter­ventionen in Anspruch nehmen kann, muss meines Erachtens der Artikel 13, die Ver­fahrensvorschriften, die jetzt existieren, geändert werden.

Das heißt, Ministerin Fekter muss das im Gouverneursrat debattieren, die „Besenkam­mern“ des Parlaments müssen sich damit auseinandersetzen und Ministerin Fekter ein Ja oder Nein zur entscheidenden Sitzung mitgeben.

Im Übrigen, meine Damen und Herren von FPÖ und BZÖ: Diese „Besenkammern“ des Parlaments haben künftig Rechte, die sie bisher nicht hatten, denn wenn das alles über die EFSF liefe, dann hätten wir hier im Parlament, egal, von welcher „Besenkammer“ wir reden, nichts mitzureden. Das ändert sich entscheidend mit dem ESM-Vertrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


12.41.50

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Nach der Märchenstunde vom Kollegen Van der Bellen (Abg. Dr. Bartenstein: Wie bitte?! Wie, Herr „Hofrat“?!) und den Märchenstunden der Regierungsvertreter (Abg. Dr. Moser: Der Ausdruck ! Alles, was Sie nicht verstehen, ist „Märchen“!) darf ich zur Stim­mungserweiterung gleich einmal den Misstrauensantrag gegen den Herrn Bundes­kanzler einbringen, den Kollege Gerald Grosz bereits einzubringen versucht hat. (Zwi­schenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Sie wissen sehr genau, dass dieser ESM bereits im Hintergrund weiterverhandelt wird, dass die Rechte dahin gehend erweitert werden sollen, dass man leichter Geld verge­ben kann – und das hinter unserem Rücken! Daher ist die ganze bisherige Vorgangs­weise der Bundesregierung verwerflich, undemokratisch, diktatorisch und mit unseren Prinzipien nicht zu vereinbaren.

Deswegen stelle ich jetzt folgenden Antrag:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundeskanzler wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschlie­ßung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie reden hier davon, dass der Euro den Wohlstand, den Frieden rettet und Solidarität in Europa schafft und wir sollten über den Tellerrand hinausschauen. Sie sagen, die Opposition gehe den Weg ins Ungewisse, den Weg ins Chaos.

Ich sage Ihnen: Es ist genau umgekehrt! Sie vorenthalten der Bevölkerung wesentliche Argumente, wesentliche Hintergründe. Sie vernebeln das Ganze mit irgendwelchen an-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 91

deren Dingen, denn die Wahrheit ist, dass der ESM an sich der Weg ins Ungewisse, der Weg ins Chaos ist.

Denn nur, wenn man daran erinnert, was Frau Merkel gesagt hat – das Merkel-Mär­chen, M & M kann man das abkürzen (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Bartenstein) –, merkt man, was los ist. Sie sagt: Ohne Euro hat die EU keine Zukunft. – Kollege Bar­tenstein! Ja was ist denn das für ein Schwachsinn? Was ist denn das für ein Schwach­sinn?

Wir hatten 60 Jahre Wiederaufbau in Europa – ohne Euro!; wir hatten den größten Wirtschaftszuwachs, den größten Aufschwung in Europa – ohne Euro! In den Ländern Schweden, Dänemark, Tschechien, Großbritannien und Ungarn, überall dort floriert die Wirtschaft, zum Teil sogar besser als bei uns, und die haben keinen Euro.

Also hören Sie auf mit dem Euro-Märchen: dass, wenn der Euro stirbt, dann auch Eu­ropa tot wäre! Ganz im Gegenteil: Der Euro in der jetzigen Konstruktion ist der Sarg­nagel für Europa! Das wissen Sie auch ganz genau. Denn: Nur 17 Länder von 27 Län­dern, Kollege Bartenstein, haben den Euro. Was ist mit den anderen zehn Ländern? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Was hätten Sie denn gern für eine Währung?)

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der ESM, so wie er konstruiert ist – ich werde gleich auf die Artikel eingehen –, zutiefst zentralistisch, undemokratisch und vor allem unwiderruflich. Sie machen hier Verträge, die sich gewaschen haben, für die nächsten Generationen, die die Verantwortung dafür werden übernehmen müssen.

Artikel 9 im Vertag: Das Kapital ist bedingungslos und unwiderruflich binnen sieben Tagen einzuzahlen. – Binnen sieben Tagen ist das Kapital bedingungslos unwiderruf­lich aufzustocken!

Artikel 10 im ESM: Das Grundkapital, derzeit 700 Milliarden €, kann ebenfalls jederzeit erhöht werden. – Bedingungslos, unwiderruflich! (Abg. Mag. Hakl: Sie schauen zu viel YouTube! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sinnerfassend lesen!)

Die Immunität ist angesprochen worden. Ich habe das bereits diskutiert. Wenn dort Fehlentscheidungen getroffen werden, dann können Sie das seitens Österreichs nicht einklagen. Es gibt keine Kontrolle durch den Rechnungshof. Es gibt keine Kontrolle der EU. Das ist in Wirklichkeit ein zentralistisches Organ, das sich der Kontrolle entzieht. (Abg. Mag. Steinhauser: Stimmt ja nicht!)

Kollege Van der Bellen, wenn Sie sagen, wir im Parlament hätten so viele Rechte, so frage ich Sie: Welche Rechte haben wir denn? – Wir haben zwei geheime Unteraus­schüsse, in denen wir drinnen sitzen dürfen, die kurzfristig von der Frau Finanzminister einberufen werden dürfen, wo wir keine Originalunterlagen haben, und dort können wir dann geheim diskutieren. Und im Nachhinein, wenn das Geld futsch ist, wenn das Geld weg ist, dann kommt es ins Plenum. – Na servus, wenn das die neue Auffassung der Grünen über Basisdemokratie ist, dann frage ich mich wirklich! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Steinhauser: Keine Ahnung! Völlig ahnungslos!)

Aber ich komme auch zum Kern des ESM, dass er gar nicht in der Lage ist, das, was Sie vorgeben, zu schaffen. Die sogenannten PIGS-Länder – Portugal, Irland, Griechen­land, Spanien – haben bereits heuer einen Kapitalbedarf von rund 750 Milliarden €. Das wissen Sie auch. Das ist in etwa die Summe, die der ESM derzeit ausmacht, die maximal zur Verfügung steht. Aber in den Folgejahren, 2013 werden es 400 Milliar­den € sein, 2014 sind es 350 Milliarden € und dann weitere 200 Milliarden €.

Das heißt, einfach ausgedrückt: Der Zuschussbedarf zum ESM von den Ländern, die noch zahlen können, wird kommen. Wir werden zuschießen müssen. Wir werden Haf­tungen übernehmen müssen. Wir müssen unser Geld dort hinschicken. Und das ist letztlich völlig unverantwortlich.


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Und ein Satz zu Griechenland. Griechenland hat seit 1981, seitdem es bei der EU ist, rund 133 Milliarden aus EU-Töpfen bekommen. 133 Milliarden! In den letzten zwei Jah­ren sind rund 130 Milliarden von den sogenannten Reichen, die ja die SPÖ besteuern will, zu den Banken abgeflossen, vorwiegend Deutschland, Frankreich. Das ist in etwa die Summe, mit der Europa bisher bereit ist, Griechenland zu helfen. Also ich frage mich, jetzt haben wir 30 Jahre EU-Mitgliedschaft Griechenlands und es gibt keine Re­formen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Daher gibt es nur eine Lösung, und die Lösung ist ein Zahlungsstopp an Griechen­land. – Erstens. Und zweitens: die Einführung einer Parallelwährung.

Sonst verspielen Sie von der ÖVP die Zukunft der Bürger in Österreich. Sie von den Grünen haben dann kein Geld mehr für das Bildungssystem, und Sie von der SPÖ ha­ben keine Chance mehr, den Jugendlichen eine entsprechende Ausbildung zu ermög­lichen und den Pensionisten Pensionen zu zahlen. (Beifall beim BZÖ.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Misstrauensantrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 4. Juli 2012 im Zuge der Debatte zur Tagesordnungspunkt 1: Erklärung des Bundeskanzlers gem. § 19 Abs. 2 GOG-NR zum Thema „Gemeinsam Europas Zukunft gestalten – mit Beschäftigung, Wachstum und Stabilität“

Wie vom BZÖ in den letzten Jahren immer wieder aufgezeigt, stellt der amtierende Bundeskanzler Faymann seit Beginn der Banken- und Finanzkrise immer wieder und nachhaltig unter Beweis, dass ihm die Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher kein Anliegen sind bzw. er ohne Wenn und Aber in regelmäßigen Abständen al­len Beschlüssen auf europäischer Ebene in Zusammenhang mit der „Rettung“ Grie­chenlands und anderer maroder Länder sowie des Euro seine vorbehaltslose Zustim­mung erteilt.

„Es drängt sich der Verdacht auf, dass Werner Faymann nicht ganz auf der Höhe der Dramatik der Ereignisse ist,“ erkennt Stefan Winkler in einem Kommentar in der „Klei­nen Zeitung“ vom 24. Oktober 2011 in diesem Zusammenhang völlig zurecht und er­gänzt: „Von einem Regierungschef, der, wenn er zu Krisentreffen nach Brüssel reist, von sich selber sagt, dass er nach Europa fahre, ist da wohl auch nicht viel anderes zu erwarten.“

Ein Bundeskanzler, der nicht nur nicht die Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher vertritt, sondern diese durch die Zustimmung zu Haftungen und Kreditverpflich­tungen in mehrstelligen Milliardenbeträgen auch noch verrät, ist aus Sicht der unterfer­tigten Abgeordneten untragbar geworden!

Zu den bereits durch die Beschlüsse in den letzten Monaten und Jahren von Österreich übernommenen Haftungen im Ausmaß von rund 22 Mrd. Euro sowie Bargeldflüssen in der Höhe von bisher 1,5 Mrd. Euro bzw. weiteren rund 2,3 Mrd. Euro im Zuge des ESM hat Faymann durch seine Zustimmung zur jüngsten Gipfelerklärung der Mitglieder des Euro-Währungsgebiets am 29. Juni 2012 bereits einem Aufschnüren des ESM zu­gestimmt, um die mehr als 19 Mrd Euro, von denen rund 2,3 Mrd Euro in bar zu zahlen und der Rest seitens Österreichs auf Abruf zur Verfügung zu stellen sind, noch ein­facher und „unbürokratischer“ vergeben zu können.


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So sollen entsprechend der genannten Gipfelerklärung künftig über den ESM direkte Rekapitalisierungen der Banken möglich werden. Nach den Worten des spanischen Fi­nanzministers könnte im Memorandum zwischen Spanien und der EU bereits die di­rekte Bankenhilfe festgeschrieben werden. Hinsichtlich dieser dann an Spanien auszu­zahlenden Direkthilfe wird der ESM nach dem Willen der Staats- und Regierungschefs sogar auf den Status der Gläubigervorrangigkeit verzichten und trägt damit das volle Ausfallsrisiko bei Zahlungsausfällen.

Darüber hinaus haben sich die Staats- und Regierungschefs in der genannten und von Bundeskanzler Faymann selbstverständlich mitunterstützten Gipfelerklärung darauf festgelegt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet sicherzustellen, insbesondere durch flexible und effiziente Nutzung der vorhandenen EFSF/ESM-Instrumente.

Das heißt, dass man noch vor Inkrafttreten des ESM ganz offensichtlich bereits über weitere Änderungen und Ausweitungen der Kompetenzen des permanenten „Rettungs­schirms“ sowie in letzter Konsequenz über Lockerungen der derzeit noch im ESM fest­geschriebenen Bedingungen und Auflagen, an die die Genehmigung von Finanzhilfen geknüpft sein sollen, nachdenkt.

Damit nicht genug beauftragen die Staats- und Regierungschefs die Euro-Gruppe, alle diese Beschlüsse bereits am 9. Juli 2012 umzusetzen!

Da man von einem Kanzler – wie dies ein Journalist treffend schrieb – verlangen kann, dass er für sein Land vorausblickt, dies aber nicht passiert da sein Horizont nur vom Ballhausplatz bis zur SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße reicht stellen die unterzeichne­ten Abgeordneten folgenden

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundeskanzler wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschlie­ßung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Für die letzte Rednerrunde stehen je Redebeitrag 2 Mi­nuten 15 Sekunden zur Verfügung. Ich bitte um Disziplin!

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


12.47.09

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Für uns SozialdemokratInnen stellt sich nicht mehr die Frage: Wollen wir Europa, wollen wir mehr oder weniger Europa?, sondern für uns stellt sich die Frage: Welches Europa wol­len wir?

Es war vor allem für die Sozialdemokratie, aber auch für die ArbeitnehmerInnenver­treter immer ganz klar: Wir wollen ein solidarisches und ein soziales Europa! Es ist auch kein Geheimnis, dass wir in vielen Dingen, vor allem in der Frage der Finanz­politik, auch als ArbeitnehmerInnenvertreter immer sehr kritisch waren, wie mit der Be­wältigung der Krise umgegangen wird.

Das, was wir in den letzten Tagen und Monaten erlebt haben, nämlich einen Rich­tungswechsel, einen vorsichtigen Richtungswechsel des Europäischen Rates in der


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Frage, wie mit der Krise umgegangen wird, stimmt uns hoffnungsvoll, weist uns aber darauf hin, dass wir in Zukunft noch viel zu tun haben.

Wenn wir uns jetzt den Pakt für Wachstum und Beschäftigung anschauen, so sehen wir, wir haben erstmalig 120 Milliarden für Wachstum und Beschäftigung. Das ist et­was, das 2010 noch belächelt wurde, als wir SozialdemokratInnen, aber auch Gewerk­schafterInnen das eingefordert haben, indem wir gesagt haben, wir können uns aus dieser Krise nicht heraussparen, wir müssen aus dieser Krise herauswachsen. Und plötzlich gibt es einen Pakt für Wachstum und Beschäftigung.

Wir haben eine Deadline für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Als Fay­mann und Sigmar Gabriel von der SPD damit hinausgegangen sind, wurde gesagt, das sei unmöglich. Merkel hat gesagt: Unmöglich, so etwas werden wir nicht einführen kön­nen! – Und plötzlich haben wir ein Datum.

Das heißt, dieser Weg ist für uns der richtige. Wir wissen, dass wir noch sehr, sehr viel zu tun haben, um vor allem die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen, haben aber in der Regierung einen guten Partner mit Handschlagqualität, der auf uns hört und der unsere Werte auch weiterträgt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


12.49.07

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Her­ren! Europa ist ein Friedensprojekt und bietet den Bürgern Frieden, Sicherheit und Freiheit. Und dieses Zentrum der Sicherheit können wir nur dann erhalten, wenn die Europäische Union auch wirtschaftlich erfolgreich ist, nämlich auf Dauer. Europa ist eine Erfolgsgeschichte, auch wenn nicht alles perfekt ist. Deswegen sind wir heute an­getreten, um einiges zu verändern.

Es geht nicht darum, dass jemand populistische Sprüche klopft, sondern es müssen die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Und die richtigen Entscheidungen sind oft nicht angenehm, aber sie sind notwendig.

Wir von der ÖVP wollen Stabilität, wir wollen Verlässlichkeit, wir wollen wirtschaftliche Weiterentwicklung. Und das schaffen wir in einem gemeinsamen Europa. Wir als Ös­terreich stehen auch gut da in Europa. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit. Wir haben eine hohe Zahl an Beschäftigten. Wir haben die geringste Jugendarbeitslosig­keit und hohe soziale Standards.

Meine geschätzten Damen und Herren, ja, es gibt unterschiedliche wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Verhältnisse in der EU. Aber wir sind ja dazu da, Regeln zu ver­ändern – und das ist dieser Stabilitätsmechanismus und dann der Fiskalpakt.

Wir gehen den besseren Weg für Europa, für Österreich und für die Menschen in un­serem Land. (Beifall bei der ÖVP.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


12.50.41

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beschluss über den ESM, über den Fiskalpakt, ist sicherlich der wich­tigste und weitreichendste Beschluss des österreichischen Parlaments seit dem Beitritt zur Europäischen Union. Warum ist das so? – Der ESM greift in unsere demokrati­schen Grundrechte ein und bedeutet de facto die Aufgabe unserer Souveränität; er ist mit dem Verlust unserer Souveränität und unseres Einwirkungsrechtes verbunden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 95

Ich verstehe daher nicht, dass das in so kurzer Zeit – erst vor 14 Tagen wurde dieser Beschluss auf die Tagesordnung gesetzt – hier im Parlament durchgepeitscht werden soll.

Ja, es gab dazu ein Hearing, was Sie aber verschweigen, meine Damen und Herren von SPÖ, ÖVP und von den Grünen, ist, dass sich die Mehrheit der Experten bei die­sem Hearing gegen diesen ESM und gegen diesen Fiskalpakt ausgesprochen hat. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Dr. Bartenstein: Stimmt ja nicht!) – Lesen Sie doch die Protokolle nach!

Ich habe nur wenig Redezeit. Die Österreicherinnen und Österreicher glauben Ihnen ohnehin nicht, denn Sie haben diese schon in der Vergangenheit über die Auswir­kungen im Unklaren gelassen, Sie haben sie falsch informiert. (Abg. Dr. Lopatka: Das stimmt ja nicht!) Was haben Sie uns denn nicht alles versprochen?! Und da rede ich nicht einmal von den von der Frau Ederer behaupteten 1 000 Schilling an Ersparnis.

Es werde, haben Sie von SPÖ und ÖVP versprochen, strengere Kriterien für die Auf­nahme in die EU geben. – Versprechen gebrochen!

Sie haben versprochen, der Euro werde eine harte Währung sein. – Ist nicht einge­treten!

Sie haben weiters versprochen, kein Euroland werde für die Verbindlichkeiten eines anderen haften. – Versprechen gebrochen!

Sie haben versprochen, das erste Griechenland-Hilfspaket sei sozusagen nur symbo­lisch nötig und werde gar nicht ausgeschöpft werden. – In Wirklichkeit aber diskutiert Herr Schäuble, der große Retter Griechenlands, bereits über das dritte Hilfspaket!

Sie haben versprochen, die Europäische Zentralbank werde kein Schuldnerland bevor­zugen und die Regeln nicht ändern. – Versprechen gebrochen! Genau das wird näm­lich jetzt gemacht! (Abg. Dr. Lopatka: Keine Ahnung!)

Sie haben versprochen, Österreich werde an der Griechenland-Hilfe verdienen. – In Wirklichkeit haben wir bis heute nichts zurückbekommen und haben enorme Verluste in unserem Budget zu verbuchen.

Und Sie haben weiters versprochen, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien, es werde keine Schulden- und Transferunion mit gemeinsamer Haftung für Staatsschulden geben. – Genau das aber machen Sie als Abgeordnete von SPÖ und ÖVP mit Hilfe der Grünen heute mit diesem Beschluss über den ESM und den Fiskal­pakt! (Abg. Dr. Lopatka: Redezeit!)

Das machen Sie gegen den Willen der österreichischen Bevölkerung! Das tun Sie zum Nachteil der österreichischen Bevölkerung! Und deswegen appellieren wir an Sie (Prä­sident Neugebauer gibt das Glockenzeichen): Es geht um das Geld der Österrei­cherinnen und Österreicher. Es geht um unsere Freiheit. Es geht um Österreich, daher: Sagen Sie ein Nein zu diesem ESM und zu diesem Fiskalpakt! (Beifall bei der FPÖ.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


12.53.55

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, auf diesem Gipfel sind die richtigen Schritte beschlossen wor­den, und einer der wichtigen Schritte ist die Erhöhung des ESM-Schutzschirms – und das ist gut so.

Einer der wichtigen Schritte ist selbstverständlich die Einführung einer Finanztransak­tionssteuer, denn nur so bekommen wir auch die Ursachen für die Finanzkrise in den Griff.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 96

Selbstverständlich ist auch ein wichtiger und richtiger Schritt die Einführung einer zen­tralen Bankenaufsicht.

Der Herr Bundeskanzler hat heute in einem Nebensatz etwas Wichtiges erwähnt, näm­lich die Überlegung, den ESM auch mit einer Bankenlizenz auszustatten. – Ja, richtig, wir müssen diesen Schutzschirm erhöhen, um die Zinszahlungen möglichst niedrig zu halten und damit den Spielraum der Länder zu sichern – den Spielraum der Länder zu sichern für Wachstumsinitiativen, für Investitionen in Klimaschutz, in Energieversor­gungssicherheit und damit natürlich auch die Arbeitslosigkeit in Europa zu reduzieren.

Noch etwas Wichtiges: Der Schutzschirm ist nicht einseitig. Österreich war selber vor wenigen Jahren darauf angewiesen, dass die Europäischen Union zur Seite gestanden ist, nämlich zu dem Zeitpunkt, als die österreichischen Banken 300 Milliarden € an Kre­diten in den südosteuropäischen Ländern offen hatten. Eine Riesengefahr für Öster­reich war das; Experten, Ökonomen haben schon einen Staatsbankrott befürchtet. Auch da waren die Institutionen der Europäischen Union da: Ein koordiniertes Banken­schutzinstrumentarium hat damals Österreich abgesichert.

Nochmals: Ein Schutzschirm ist nicht einseitig. Und es ist gut so und wichtig, da den richtigen Schritt gesetzt zu haben.

Einen letzten Satz zu den Ausführungen des Kollegen Grosz: Ich kann diese Ge­schichte mit der Schweiz schon nicht mehr hören! Wie gut geht es der Schweiz und wie gut würde es uns gehen, wenn wir in der Situation der Schweiz wären? – Schauen Sie doch das „FORMAT“ an! Hier heißt es: „Ohne die EU wäre Österreich nicht eine zweite Schweiz, sondern ein wirtschaftlicher Zwerg.“ – Lassen Sie sich das gesagt sein! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist also keine Ansage für Österreich! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und SPÖ.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


12.56.25

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der grünen Regierungssprecherin möchte ich meine 2 Minuten Redezeit nicht für das Thema „Europäischer Rettungsschirm“ verwenden, denn dazu haben wir nachher noch Gelegenheit – und dazu habe ich dann vielleicht mehr Redezeit als jetzt zur Ver­fügug.

Klar ist jedenfalls – und das haben Sie nicht widerlegen können –, dass Sie mit den heute zu beschließenden Haftungen einen Kredit auf Kosten künftiger Generationen geben – und eine solche Verantwortung können und dürfen Sie in Wirklichkeit doch gar nicht übernehmen!

Aber, Herr Bundeskanzler, wenn Sie heute in dieser Debatte sagen – ja, Kollege Bar­tenstein auch –, wie wichtig Wirtschaft und Kaufkraft in Europa seien, und zwar gerade für Österreich als Exportland – Kollege Kopf hat das als Hilfe zur Selbsthilfe bezeich­net, aber keine Hängematte für die betreffenden Länder! –, dann klingt das alles wun­derbar, nur: die Realität ist eine ganz andere, denn diese Milliarden und Abermilliarden werden eben nicht dafür verwendet – das hätten wir ja sogar noch unterstützt –, die Kaufkraft in Griechenland, in Spanien, in Portugal und in Italien zu steigern, damit sich die Menschen etwas leisten und unsere Betriebe exportieren können.

Das wäre sinnvoll gewesen, aber das geschieht nicht, sondern diese Milliarden gehen direkt in die Banken, damit diese ihre Spekulationsverluste abdecken können! In die­sen Ländern werden deshalb Sparpakete über die Bevölkerung gestülpt und die Kauf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 97

kraft wird nicht gesteigert, sondern gesenkt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist das Konzept, das Sie damit in Wirklichkeit unterstützen! Und das wird auch zum Schaden der österreichischen Exportwirtschaft führen; das steht doch außer Dis­kussion. Wir vom BZÖ verlangen daher, dass da eine Umkehr stattfindet, dass eben nicht bestimmte Banken künstlich am Leben erhalten werden, sondern dass endlich – da wende ich mich insbesondere an Sie, meine Damen und Herren von der Sozialde­mokratie – europäische Solidarität geübt wird, aber eben nicht mit den Spekulanten, sondern mit den Menschen in Europa.

Nach jeder Krise sollten wir in Europa alle zusammen helfen – auch wenn Sie das lus­tig finden, Herr Kollege Wittmann –, dass die Menschen in ihrer Heimat wieder Arbeit und ein wirtschaftliches Auskommen haben. Ja, das zu unterstützen, sind wir bereit, aber nicht, 700 Milliarden € als Schirm mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher zu finanzieren, damit die Spekulanten weiterhin ihr übles Geschäft ma­chen können. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.58.53

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die „Ernsthaftig­keit“ dieser neuen Koalition, dieser neuen rot-grün-schwarzen-Koalition, hat man am ja Montag im Budgetausschuss gesehen: Da wurde und wird nur gelacht, wenn man ernsthaft Themen anspricht, die man eigentlich ansprechen muss. Einzig und allein das BZÖ hat seit drei Jahren – und das geradezu gebetsmühlenartig – vor dieser Si­tuation gewarnt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „Genug gezahlt“!)

Unser Klubobmann, unser Parteiobmann Josef Bucher hat geradezu gebetsmühlenar­tig – und das die letzten drei Jahre lang – auf die Gefahren hingewiesen. (Abg. Dr. Lo­patka: Der Seher!) Von den Regierungsparteien hagelte es dafür nur Schelte; auch medial wurden wir nur mit Schelten belegt.

Aber ich glaube, dieser ESM lähmt Österreich! Er lähmt Österreich jetzt die längste Zeit, statt dass man notwendige Investitionen in die Zukunft tätigen könnte. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Es fehlt dieser Bundesregierung völlig an Visionen. Es gibt keine Visionen, sondern nur ein Buckeln vor der EU. Ich glaube, da muss man aufstehen.

Wenn heute Herr Klubobmann Cap sagt, dass wir alternativlos sind, dass wir nur Angst machen (Ruf bei der SPÖ: Da hat er recht!), dann muss ich sagen: Das ist ein unglaub­licher Vorwurf, denn wir vom BZÖ, Josef Bucher und wir, sind die Einzigen, die Lösun­gen angeboten haben, die Lösungen diskutieren wollen. Es ist unsere Pflicht, dass wir in diesem Haus über Lösungen sprechen! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn ich mich nur an die Eurofighter zurückerinnere: Da wurde jahrelang diskutiert. Und wenn man die Frau Bundesministerin fragt, wo die genehmigten 17 Milliarden € budgetär besichert sind oder wo sie zu finden sind, wenn sie innerhalb kürzester Zeit, innerhalb von sieben Tagen abgerufen werden, dann bekommt man keine Antwort.

Mit dieser Bundesregierung kann das so nicht gehen. Dieser Vertrag ist wirklich das Ende, und das ist die Aufgabe dieser Bundesregierung: Sie hört heute wirklich auf, für das österreichische Volk, für die österreichische Wirtschaft, für die österreichischen Pri­vaten, für die Familien zu arbeiten. Den Banken, einzig und allein den Banken wird un­ter die Arme gegriffen! (Beifall beim BZÖ.)

Niemand in ganz Europa versteht das, niemand! In ganz Europa beginnt Armut, Länder wie Italien haben die größten Probleme – und ihr geht her und lasst die Banken direkt


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in den österreichischen Steuersäckel greifen! Ob ihr das verantworten könnt? – Ihr werdet es verantworten müssen! Diese neue Koalition, Rot-Schwarz mit Grün, wird es verantworten müssen. Ihr werdet es euren Wählern erklären müssen, denn der Tag, an dem wir zahlen, wird relativ bald kommen.

Einzig und allein eine vernünftige Diskussion über Lösungen, wie sie auch von den Ex­perten – nicht nur von den Parteien, nicht nur von Josef Bucher und nicht nur vom BZÖ, sondern auch von den Experten – vorgeschlagen werden, ist sinnvoll, aber diese Diskussion verweigern Sie. Sie fahren schnurstracks in die Mauer hinein! Das ist der falsche Weg. Das werden wir nie zulassen, und dagegen werden wir mit allen Mitteln kämpfen. (Beifall beim BZÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Grosz zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die diesbezüglichen Bestim­mungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


13.02.20

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Abgeordneter Bartenstein hat mir und dem BZÖ vorgeworfen, dass das BZÖ gemeint hätte: Sein Horizont – gemeint: Werner Fay­manns Horizont – reicht „vom Ballhausplatz bis zur SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße“, nicht weiter. Das haben Sie so wiedergegeben.

Ich berichtige tatsächlich: Das ist keine Formulierung des BZÖ, sondern eine treffende und richtige Formulierung der „Kleinen Zeitung“ – Stefan Winkler in der Ausgabe vom 24. Oktober 2011.

Wenn Sie ein Problem mit dem Styria-Konzern haben: Machen Sie es sich mit denen aus, aber nicht hier! (Beifall beim BZÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 10 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


13.03.02

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn es um den ESM geht, müssen wir aus meiner Sicht einmal einige Sprachverwirrungen auflösen. Es wird ja immer wieder behauptet: Es ist ein Euro-Ret­tungsschirm, es ist eine Euro-Rettung, es ist eine Euro-Stabilisierung, es ist eine Nach­barschaftshilfe. – Was auch immer da immer wieder angeführt wird in puncto ESM und der Stabilität, die das angeblich bringen soll.

Wenn man sich anschaut, was der ESM tatsächlich ist, dann sieht man, es hat der ESM – genauso wie alle Hilfen, die wir vorher hatten – nur einen einzigen Sinn: Es soll darum gehen, dass sich die Staaten auch weiterhin möglichst billig verschulden kön­nen. Nur darum geht es! Es geht bei all diesen Rettungsgeschichten und bei all dem, was man uns hier verkauft als Euro-Rettung, als Stabilitätsprogramm, als was auch im­mer, nur um den einen Punkt: den Staaten, die sich jetzt nicht mehr zu günstigsten Konditionen verschulden können, soll das weiterhin ermöglicht werden!

Jetzt frage ich Sie: Wenn ein Land wie Griechenland, Spanien oder auch Italien von den Finanzmärkten keine neuen Gelder bekommt, keine neuen Schulden mehr zu ver­nünftigen Zinsen aufnehmen kann, woran liegt das wohl? – Liegt das an den bösen Fi­nanzmärkten, die einzelne Länder rausschießen und diese dann mit horrenden Zinsen, 8, 9, 10 Prozent, bestrafen, aus welchem Grund auch immer? Ist es wirklich so?

Glauben Sie nicht, dass sie ein kleines Land wie die Schweiz oder auch andere, wie zum Beispiel Dänemark, herauspicken würden, dass sie diese bestrafen oder ins Fa-


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denkreuz ihrer Spekulationen nehmen würden? – Das wäre ja viel einfacher. Aber sie tun es deshalb nicht, weil diese Länder solide wirtschaften. Und andere eben nicht, so wie Griechenland, Spanien, Italien, Portugal; die Liste ist ja schier endlos.

Das heißt, das Problem ist ja nicht, dass jene Länder abgeschnitten sind von billigen Krediten, sondern das Problem ist, dass jene Länder nicht verstanden haben, dass ho­he Zinsen immer ein politisches Versagen bedeuten. Das zeigt sich in der Geschichte der Finanzkatastrophen, und da hatten wir ja schon viele.

Wenn Sie 600 Jahre zurückschauen: Wir hatten sehr, sehr viele Finanzkatastrophen. Letztlich war immer ein politisches Versagen der Grund dafür, dass die Zinsen ausge­ufert sind, denn jeder, der einem Staat Geld gibt, hat ja Interesse daran, das Geld wie­der zurückzubekommen! Wenn das in Gefahr ist, dann bekommt man entweder gar kein Geld, oder man muss eben dementsprechend einen Risikoaufschlag zahlen.

Genau das erleben wir. Wenn wir jetzt mit diesem ESM hergehen, diesen Risikoauf­schlag künstlich auf null reduzieren und es jenen Ländern ermöglichen, sich wieder bil­lig zu verschulden, na, was glauben Sie, wird dann passieren? – Es wird genau das passieren, was in der Vergangenheit immer passiert ist: Jene Länder haben dann ein­fach keinen Reformdruck mehr!

Schauen Sie sich Griechenland an, schauen Sie sich an, was dort passiert ist! Nach­dem wir ihnen über 100 Milliarden € geschenkt haben – über 100 Milliarden haben wir ihnen erlassen –, plus die Direkthilfen, wo wir allein 2,5 Milliarden € gezahlt haben, was haben sie denn gemacht als schönes Dankeschön? Haben sie sich reformiert? Haben sie ihr Staatswesen in Ordnung gebracht? Haben sie ihr Finanzsystem in Ordnung ge­bracht? Haben sie ihre Steuern eingetrieben? – Nein!

In Griechenland sieht es immer noch so aus wie vor der Krise, und kein Mensch küm­mert sich darum. Warum? – Das Geld fließt ja ohnehin! Es gibt keinen Grund, es gibt für die Griechen keinen Grund, etwas an ihrer Lage zu ändern, denn das Geld kommt vom großen Onkel aus der EU. Der schickt das Geld, also wird nichts passieren.

Wenn wir uns die Geschichte der Griechen anschauen, dann wissen wir, dass die Grie­chen nach dem Zweiten Weltkrieg praktisch immer pleite waren. Es ist tragisch: In den letzten 200 Jahren waren die Griechen 100 Jahre pleite. Es ist ein Teil der griechi­schen Kultur, pleite zu sein. Die Griechen haben gewaltig viel Erfahrung damit, die le­ben ganz gut damit. Genau deshalb: Hätten wir sie auch pleitegehen lassen! Dann hät­ten sie von den Finanzmärkten eine gewisse Zeit kein Geld mehr bekommen, und sie hätten mit ihrem eigenen Geld auskommen müssen. Das ist der Punkt!

Genau das Gleiche verlange ich auch von den anderen Ländern wie Spanien oder Italien: dass sie endlich aufhören, neue Schulden zu machen. Natürlich werden sie pleitegehen! Natürlich, ein Land, das seine Schulden nicht mehr bedienen kann, geht pleite. Schauen Sie sich die Geschichte an! (Abg. Kopf: Und dann?) Schauen Sie sich die Geschichte an.

Und dann? Genau: Was passiert dann, wenn ein Land pleitegeht? – Es ist erstens von neuem Geld abgeschnitten. Das heißt, es kann nicht neue Schulden machen, was ja gut ist. Und es ist zweitens – und das ist das Wichtigste – verpflichtet, Reformen durch­zuführen, Reformen zu machen, um die Wirtschaftskraft wieder auf solide Beine zu stellen. Aber genau das verhindern wir mit dem ESM!

Sie sagen, wir retten den Euro. – In Wirklichkeit treiben Sie ihn in den Untergang, weil Sie das machen, was das Problem erzeugt hat: Sie machen nämlich mehr Schulden! Das Problem waren ja die Schulden, und der ESM macht jetzt wieder neue Schulden! Wie kann man denn eine Schuldenkrise mit neuen Schulden bekämpfen? – Es muss doch jedem einleuchten, dass das nicht funktionieren kann!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 100

Deshalb: Was der ESM will, ist gar nicht, den Euro zu retten oder den Griechen zu helfen. Das will ja der ESM gar nicht. Der ESM hat einen Zweck: Er soll die Schulden der Euroländer auf alle gleichmäßig aufteilen.

Das macht aus dem Blickwinkel der Sozialisten auch absolut Sinn. Die Sozialisten wollten immer schon eine Umverteilung – warum nicht auch in Europa? Warum vertei­len wir das Geld der Österreicher, der Deutschen und all jener, die gut gewirtschaftet haben, warum verteilen wir die Sparguthaben nicht einfach dorthin, wo sie gebraucht werden? – Das ist sozialistisches Denken: Umverteilung! Und das soll hier gemacht werden.

Warum macht die ÖVP dabei mit? – Die ÖVP ist kein großer Freund der Umverteilung. Aber die ÖVP ist ein großer Freund der Banken! Und die Banken werden jetzt mit die­sem ESM rausgekauft, denn der ESM kann auch am Sekundärmarkt investieren, auch das ist möglich. Das heißt, die Banken geben ihre Staatsanleihen, die ausfallsgefähr­det sind, an den ESM. Und wer haftet dafür? – Letztlich wieder der Bürger!

Somit haben alle, was sie wollen; das ist auch der Grund, warum ÖVP und SPÖ zu­stimmen. Die SPÖ will Umverteilung unseres Wohlstands dorthin, wo er gebraucht wird, um sozusagen das Elend gleichmäßig auf alle aufzuteilen. Und die ÖVP will die Banken raushauen, will ihre Klientel schützen, und deshalb ist es ihr auch lieber, dass der Bürger zahlt. Genau das ist der Hintergrund, und das ist das, was ich hier ankreide. (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Deshalb: Schauen Sie, der Euro muss nicht gerettet werden, denn der Euro ist nicht zu retten. Der Euro ist nicht zu retten! Was Sie mit dem ESM machen, ist eine Konkurs­verschleppung; und was ich gerne hätte, wäre eine Schadensbegrenzung. Wenn man sieht, es geht nicht mehr, muss man den Schaden begrenzen, nicht den Konkurs ver­schleppen. Sie geben auch einer Firma, die hoffnungslos überschuldet ist, nicht noch einmal fünf, sechs Kredite oben drauf, das machen Sie ja auch nicht. Das wäre eine Konkursverschleppung, und das ist übrigens strafbar.

Beim ESM machen wir das auf hoher Ebene, und ich kann Ihnen sagen, was passieren wird: Letztlich werden wir Hand in Hand mit unseren Freunden aus dem Süden in das dunkle Tal der Insolvenz schreiten und gemeinsam in Konkurs gehen! Genau das wird passieren – nicht morgen, nicht übermorgen –: Wir werden gemeinsam mit ihnen ins dunkle Tal schreiten, wir werden das Elend gleichmäßig auf alle verteilt haben, und wir werden uns dann hoffentlich wieder „derappeln“.

Dann werden es jene Eurokraten, die seit vierzig Jahren die Vereinigten Staaten von Europa anstreben, geschafft haben! Denn aus den Trümmern des gewaltigen Konkur­ses, der uns da bevorsteht, werden dann die Vereinigten Staaten von Europa entste­hen, und dann haben es diese Eurokraten endlich geschafft. Der Preis dafür wird hoch sein! Er wird gewaltig hoch sein: Er wird uns unseren Wohlstand kosten, er wird uns ins Elend stürzen. (Abg. Brosz: Wie heißen die ...?) Genau das leiten Sie heute mit diesem ESM ein! Ich kann es nicht deutlicher sagen. (Abg. Brosz: ... Neurologen?)

Letztlich ist dieser ESM, den Sie heute beschließen, ein Frevel: ein Frevel gegen die Österreicher, ein Frevel gegen unseren Wohlstand (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Der Stronach ...!) und ein Frevel gegen all jene, die sich mit harter Arbeit, mit einiger­maßen Budgetdisziplin diesen Wohlstand erkämpft haben.

Es ist ein Wahnsinn, dass wir das jetzt jenen opfern, die das eben nicht getan haben, jenen Ländern, die sich nichts gepfiffen haben – wie den Griechen – und die in ihrer Historie immer wieder bewiesen haben, dass sie nicht wirtschaften können. Diesen Ländern schenken wir unseren Wohlstand, und wir werden dann mit ihnen gemeinsam im Tal des Elends verkommen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.12



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 101

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Strache. 8 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.12.28

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss es vielleicht noch einmal herunterbre­chen: Wenn der Verzicht Österreichs auf Freiheit (Abg. Dr. Jarolim: Bleiben Sie se­riös!), Souveränität, Budgethoheit, parlamentarische Kontrollrechte, wenn das wirklich die Bedingung dafür ist, mit gleichzeitiger Schuldenübernahme der österreichischen Steuerzahler und der Bevölkerung, um für Bankspekulanten und deren verursachten Schaden aufzukommen, wenn das die Bedingung ist bei all dem, was wir heute vor­liegen haben, dann sage ich: Ja, dann wollen immer mehr Menschen den Euro zu Recht nicht. Denn das ist einfach ein Weg, der in die Katastrophe führen muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist dann nicht zu rechtfertigen, und das kann man dann in Wirklichkeit nur als das bezeichnen, was der ESM offensichtlich wirklich ist, nämlich ein Sadomaso-Vertrag. Das muss man einfach wiederholen und herausarbeiten: ein Sadomaso-Vertrag, wo of­fenbar die Eurobürokraten-Elite den Sadisten spielen will und Sie mitspielen, dass wir die Entrechtungsrolle, die Versklavungsrolle als Masochisten erhalten sollen. Als Ös­terreicher, die gar nicht mitentscheiden können, gar nichts kontrollieren können, aber zahlen dürfen, ohne jegliche Mitsprache zu haben und ohne, dass Sie ihnen eine Volksabstimmung überhaupt möglich machen und die eigene Bevölkerung darüber ent­scheiden lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann ist der Euro wirklich gescheitert. Das ist auch die Aussage des Ministerpräsi­denten Václav Klaus, und dieser ist durchaus ein nicht zu unterschätzender und ausge­wiesener Fachmann. Wir und auch Europa brauchen den Euro nicht, sagt auch Sar­razin, der heute hier im Parlament zu Gast ist und auf der Loge sichtbar war. Ja, auch das sagen viele Experten, die Sie negieren. Wir haben ja im Hearing auch selbst die Experten gehabt, die das alles sehr, sehr kritisch herausgearbeitet haben.

Aber auch in den Medien, vom Rang einer „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bis hin zum „Spiegel“, bis zur „Welt“, überall dort können Sie die Überschriften lesen: „Fehl­schlag Rettungsschirm“, „Fass ohne Boden“, „Verbrannte Milliarden“, „Der Euro kolla­biert“, „Der Euro kann nicht überleben“, steht da in den Titelschlagzeilen. „Chaos droht“, „Der Weg ins Verderben“, „Weg zur Hölle“, „Blick in den Abgrund“, „Euroshima“, alle diese Überschriften sind ja Realität. „Der Markt braucht keinen Euro“, „Europa greift nach unserem Geld“, „ESM, der Selbstbedienungsladen für Banken“.

All das also, was heute in den Medien europaweit in den Schlagzeilen steht und auch Thema der Ökonomen und der Experten ist, das wischen Sie alles mit einem Feder­strich weg. Jede Kritik wird hier weggewischt.

Auch wir haben vom Euro nicht profitiert, wie Sie immer wieder herauszuschälen und darzustellen versuchen. Genauso wenig, wie auch andere Volkswirtschaften vom Euro nicht profitiert haben.

Der Ökonom Hans-Werner Sinn vom Deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut arbeitet das heraus, und er sagt: Stagnierendes Wachstum ist heute Realität, erhöhte Arbeits­losigkeit, ja in Spanien bis zu 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit dank Ihres Euros, der so „segensreich“ ist, Strukturschwächen, Ungleichgewichte, Blasenbildungen. Übermä­ßige Staatsverschuldung ist die Ursache. Sparzwang, nicht funktionierende Stabilitäts­mechanismen, löchrige Rettungsschirme. Staatsschuldenfinanzierung durch die EZB, unverhältnismäßige Kreditausweitungen, die Realität geworden sind. Inflationsentwick­lung und Inflationsgefahren, Bankenpleiten durch uneinbringlich gewordene Kredite.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 102

Das ist Ihr „Erfolg“ des Euro – na, gute Nacht, was Sie da versuchen, in Ihrer per­sönlichen Erfolgsgeschichte schönzubeten! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Nobelpreisträger Paul Krugman spricht im Zusammenhang mit dem Euro zu Recht von einem „kollektiven Selbstmord“. Und der britische Außenminister William Hague spricht von einem „kollektiven Wahnsinn“, der sich da abspielt.

Es kommt noch schlimmer: Sie setzen mit Ihrer heutigen Zustimmung zum ESM, aber auch zum Fiskalpakt und zur Änderung des Lissabon-Vertrags unser gesamtes bis­heriges demokratisches System aufs Spiel. Denn für die, die hier zustimmen, ist es genauso wie für die ganze EU und Währungsunion: Demokratie soll nur noch Ramsch sein. – Das ist der Skandal, dem wir heute entschieden entgegentreten. (Beifall bei der FPÖ.) Wie das auch zu Recht der Chefredakteur der „FAZ“, nämlich Frank Schirrma­cher, angesichts der Euro-Diktatur sehr offen beschrieben hat.

In Deutschland klagt jetzt sogar die frühere Justizministerin Herta Däubler-Gmelin we­gen Verletzung der Verfassung. Ihr Hauptkritikpunkt – und der gilt letztlich auch für uns Österreicher – lautet, dass im ESM die Frage der Haftungshöhe letztlich unklar bleibt und mit dem Euro-Rettungsschirm und dem Fiskalpakt das Haushalts- und Kontroll­recht des Parlaments in unzumutbarer Weise beschnitten wird.

Genau darum geht es. Ein Nein zum ESM würde uns heute die Chance geben, in jeder Krise neu und eigenständig hier im Parlament zu entscheiden und zu beschließen, ob wir bereit sind, Gelder für einen Rettungsschirm zuzuschießen oder nicht. Aber wir be­wahren unsere Souveränität und die parlamentarische Hoheit, um die es uns geht. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber das schneiden Sie heute ab, ohne das Volk zu fragen. Das Königsrecht des Parlaments, das Budget zu beschließen, beschneiden Sie, das wird aufgehoben. Damit haben wir es in Richtung einer Entwicklung zum Abbau von Demokratie, in Rich­tung einer ESM-Finanzdiktatur zu tun. Sie vernichten nicht nur unser staatliches Gefü­ge, sondern zugleich beschneiden Sie auch maßgebliche Bereiche unserer Demokratie und Verfassung. Das müssen Sie sich nicht nur gefallen lassen, das ist der Grund der Schande, den wir heute aufarbeiten.

Herr Faymann, Ihr Versprechen ist nichts wert. Sie haben heute nicht ein Mal darauf Bezug genommen, dass Sie 2008, vor der letzten Nationalratswahl, schriftlich verspro­chen haben – für alle Österreicher lesbar in der „Kronen Zeitung“ –, dass Sie bei jeder Änderung eine Volksabstimmung sicherstellen werden. Das haben Sie nicht getan.

Sie handeln so, wie Juncker es beschrieben hat – und glauben Sie mir, die Menschen durchschauen das! Juncker hat einmal gesagt: Wir beschließen etwas, stellen das in den Raum und warten einige Zeit ab, ob etwas passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei und keine Aufstände gibt, weil die meisten gar nicht begreifen, was da be­schlossen wurde, dann machen wir weiter, Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.

Genau das bringen Sie heute auf den Punkt. Genau das ist Ihre Vorgehensweise von Rot, Schwarz und Grün. Aber ich garantiere Ihnen, dass die Menschen viel klüger sind, als Sie meinen. Die Menschen durchschauen das. Woher auch immer, und wem auch immer Sie dienen, aber Sie dienen heute nicht der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen Interessenslage. Sie dienen nicht der Demokratie. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie dann meinen, wir seien Chauvinisten oder wir seien eine politische Kraft, die dem Nationalismus frönt – das ist ja Unsinn! Wenn man heute ein aufrechter Österrei­cher ist und die österreichischen Interessen vertritt, dann ist man auch ein verantwor­tungsbewusster Europäer, denn wir wollen nicht die Aufgabe der Souveränitäten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 103

(Beifall bei der FPÖ.) Wir wollen letztlich das, was auch ein Cameron im „Sunday Telegraph“ zu Recht gesagt hat: Es gebe nicht zu wenig Europa, sondern zu viel da­von, zu viele Kosten, zu viel Bürokratie, zu viel Einmischung in Angelegenheiten, die den Nationalstaaten oder der Zivilgesellschaft oder dem Einzelnen überlassen werden müssen.

Wir wollen nicht, dass Österreich entsorgt wird, dass es am Ende im Moloch einer zen­tralistischen Vereinigten-Staaten-von-Europa-Konstruktion untergeht, wie sich das Herr Spindelegger wünscht. Nein, wir wollen unsere Freiheit, unsere Unabhängigkeit, unsere Souveränität und Selbstbestimmung bewahren. Das ist der Anker für den Wohl­stand, den wir erhalten und sichern wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen nicht den Schlendrian anderer Staaten decken müssen, wie Sie das heute beschließen, und für andere zahlen und haften müssen, die im Schlendrian leben, weil sie sich nicht bereit erklären, Vorgaben einzuhalten. Und es liegt in Ihrer Verantwor­tung, künftige Generationen zu verschulden und letztlich zu entrechten, nicht einmal mitsprechen zu lassen und damit letztlich die Zukunft ganzer Generationen zu verspie­len, indem man in einem Schuldenturm eingesperrt wird, aus dem man nicht mehr hi­nauskönnen soll.

Deshalb beziehen wir klar Position gegen diesen ESM-Wahnsinn und den Verfas­sungsbruch, der heute begangen wird, den wir auch so nicht hinnehmen, denn es ist für uns einfach sittenwidrig, wie hier vorgegangen wird. Und da muss man einfach fest­halten: Wohlstand und soziale Sicherheit sind heute in einigen Redebeiträgen von­seiten der SPÖ, der ÖVP und der Grünen bemüht worden. Schweden, Norwegen, Dä­nemark, die Schweiz und auch andere Länder in der Europäischen Union haben eine nationale Währung und eine gute und sichere Wohlstandsentwicklung ohne Inflation in der Art und Weise, wie sie heute die Eurozone erleben und in Zukunft befürchten muss. Das sind Realitäten. (Beifall bei der FPÖ.)

Bevor wir Demokratie, Souveränität und Eigenstaatlichkeit aufgeben, ist es vielleicht wirklich besser, darüber nachzudenken, zurück in eine nationale Währung zu gehen, angebunden an andere Hartwährungsländer, was natürlich sehr wohl auch Sinn erge­ben würde, bevor wir in so einen Wahnsinn hineingeritten werden, den wir heute be­schrieben haben. (Beifall bei der FPÖ.)

13.21

13.21.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesregierung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsge­setzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauens­antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Dr. Jarolim: Ein wenig Seriosität hätte gut getan! – Abg. Ing. Westenthaler: „Eurolim“!) – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundeskanzler gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsge­setzes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 104

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese erneut ausdrücklich fest.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauens­antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Jarolim: Ein Antrag zum Stiftungspräsidenten wä­re sinnvoll!) 

13.23.382. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1716 d.B.): Beschluss des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Art. 136 AEUV hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (1877 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1731 d.B.): Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der Republik Finnland (1880 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1985/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wer­den (ESM-Begleitnovelle) (1878 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1986/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsge­setz 1975) geändert wird (1879 d.B.) (Zweite Lesung)

6. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1711 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bundesfinanzrahmenge­setz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das Bundes­haushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (1883 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 2 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 105

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Podgorschek. 4 Minuten freiwillige Re­dezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.26.03

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Der vergangene Gipfel in Brüssel hat an und für sich of­fenbart, worum es bei dem ESM in Wirklichkeit geht. Prof. Van der Bellen hat es ja schon angedeutet, dass, bevor dieser ESM beschlossen werden soll, er eigentlich durch die Beschlüsse vom vergangenen Wochenende letzten Endes schon gebrochen worden ist. Der Artikel 3 über den Zweck des ESM ist völlig sinnverdreht und umge­kehrt worden. Es geht darum, dass das Geld der Steuerzahler letzten Endes direkt in den Bankensektor geht. Das heißt, der Umweg über die Regierungen ist abgeschafft worden. Das offenbart letzten Endes die Herrschaft der Banken über die Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Politiker in Brüssel haben sich letzten Endes als Marionetten der Finanzwirtschaft geoffenbart. Die Banken haben sich in den letzten Jahren immer wieder verspekuliert. Wir wissen das ganz genau, von Griechenland angefangen, über Portugal, Irland und bis hin jetzt zu Spanien. Und immer wieder greift die öffentliche Hand auf Kosten der Steuerzahler ein und rettet das Bankwesen. Die spanische Immobilienblase ist nichts anderes als das, was schon Lehman Brothers in Amerika gemacht haben, nämlich eine reine Immobilienblase, und die Beteiligten sollen jetzt wieder gerettet werden. Und zah­len muss der kleine Mann, der kleine Steuerzahler und letzten Endes auch die österrei­chische Bevölkerung. Dieser ESM ist nichts anderes als eine Bad Bank auf Kosten der Völker Europas. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei der Installierung des ESM haben Sie im Ausschuss behauptet, dass dieser ESM vergleichbar mit dem IWF ist. Der IWF darf auf keinen Fall an Banken Kredite verteilen. Im Gegenteil: Der IWF darf nur Staaten finanzieren. Damit haben Sie letzten Endes schon Ihr eigenes Versprechen gebrochen, noch bevor das überhaupt beschlossen wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Mir ist schon klar, dass die europäischen Finanzminister sich freuen, dass jetzt das Geld gleich direkt zu den Banken fließt, denn sie brauchen jetzt nichts in Ihren Budgets zu verbuchen; sie brauchen die Schulden nicht zu erhöhen. Das, was Sie machen, ist letzten Endes jedoch nur sehr kurzfristig gedacht, denn im Gegenzug kaufen natürlich die Banken unverkäufliche Anleihen und helfen damit den Staaten. Das ist nichts ande­res als ein Pyramidenspiel, ein Pyramidenspiel, das in der Privatwirtschaft auch als Wechselreiterei bezeichnet werden kann. Das führt letzten Endes zum Zusammen­bruch, und Pyramidenspiele haben immer zum Zusammenbruch geführt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die wirtschaftlichen Kennzahlen, sei es die Exportrate oder auch die Wachstumsrate, haben ganz deutlich vor Augen geführt, dass die Armen in letzter Zeit immer ärmer ge­worden sind und die Reichen immer reicher. Sie können noch so viel Geld in die Euro-Rettung stecken und in den Finanzsektor, die Schere wird weiter auseinandergehen. Und was nicht zusammenpasst, werden Sie auch nicht zusammenfügen können. Die­ses Puzzle ist nicht zu lösen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich sage das nicht aus Freude, sondern aus Sorge um unsere Heimat. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Handels- und Wirtschaftsungleichgewichte in einem Wirtschaftsraum werden bald dafür sorgen, dass man wieder ganz am Anfang steht. Übrig bleiben noch mehr Schulden, und die hat jeder Staatsbürger und Steuerzahler zu begleichen dank Ihrer Euro-Hörigkeit, weil Sie wider jede wirtschaftliche Vernunft an dieser Fehlkonstruktion des Euros festhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

13.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 106

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Wittmann. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.30.17

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Einige Antworten zur Rede von Herrn Kollegen Strache: Es kann nicht sein, dass man sich zwar in der Analyse ei­nig ist, nämlich dass Europa in einer Krise ist, aber gleichzeitig dazusagt: Alle Maßnah­men, um aus dieser Krise herauszukommen oder sie zu beherrschen, verweigere ich. Ich biete keine Alternative an. Ich biete den Zerfall Europas an. Ich biete apokalypti­sche Vorgangsweisen, apokalyptische Szenarien an, aber ich biete keine Lösung an.

Es mag schon sein, dass der ESM nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Niemand in Europa hat behauptet, dass der ESM das alles lösende Allheilmittel ist, aber es ist die einzige Möglichkeit, auf die derzeitige Krise zu reagieren, und wenn man auf diese Kri­se nicht reagiert, dann nimmt man fahrlässig den Zerfall Europas in Kauf, was auch be­deuten würde, dass man die Hilfe für Spanien, Italien, Griechenland, Irland nicht leisten könnte. Und der Bankrott dieser Länder bleibt doch nicht in diesen Ländern – Wer nimmt das an? Wer kann das ernsthaft behaupten? –, sondern er würde sich natürlich über die Abhängigkeiten der Finanzmärkte sofort auch weiter in die Länder ausbreiten, die von dieser Krise nicht betroffen sind. (Abg. Kickl: Das erledigt ihr jetzt lieber selbst!)

Daher ist es mir lieber, wir haben ein Instrumentarium, um diese Krise zu bekämpfen, als wir haben kein Instrumentarium, um diese Krise zu bekämpfen. Und das muss man sich einmal ins Stammbuch schreiben lassen: Wenn ich gegen jede Maßnahme zur Bekämpfung der Krise bin, lasse ich sie unbekämpft und ungehindert wirken. Und dass das nicht gescheiter sein kann, als etwas gegen ein Problem zu machen, das muss je­dem einleuchten. Es nützt nichts, zu behaupten, das regelt sich von selbst. Es regelt sich nicht von selbst, und Sie bieten keine Alternativen. Sie wollen nur Angst erzeugen. Nennen Sie mir eine Alternative, die besser wäre! (Abg. Bucher: Parallelwährung!) Eu­ropa zerfallen zu lassen? Griechenland unbegleitet in Konkurs gehen zu lassen? Spa­nien in Konkurs gehen zu lassen, Italien? Sie werden doch nicht selbst allen Ernstes glauben, dass das dann keine Wirkung hätte, keine Auswirkung hier in Österreich. Wir haben so viele Handelsbeziehungen, so viele Finanzbeziehungen zu diesen Ländern, dass es unmöglich wäre, hier unbeschadet herauszukommen. (Abg. Mag. Stefan: Sterbebegleitung ESM! ESM als Masseverwaltung!)

Die Behauptung, dass die Inflation in Dänemark und Schweden geringer wäre als in Österreich, ist an den Haaren herbeigezogen. Die durchschnittliche Inflation von 2005 bis 2010 war in Dänemark 2,1 Prozent, in Schweden 2,1 Prozent und in Österreich 1,8 Prozent. Also diese Behauptungen sind schlichtweg falsch, die hier aufgestellt wer­den. Sie werden auch nicht besser, wenn sie öfter wiederholt werden. Sie werden ganz einfach falsch bleiben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zur verfassungsrechtlichen Betrachtung des ESM: Nicht einmal einer der 20 Exper­ten hier hat behauptet, dass der ESM verfassungswidrig wäre. Es hat nur eine einzige Behauptung gegeben, dass der Fiskalpakt verfassungswidrig wäre. Also bleiben wir doch bei den Tatsachen, was hier gesagt worden ist. Man muss ja nicht alles verdre­hen. Man muss sich auch die Mühe machen, diese Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit auf­bringen, nur zu behaupten, was hier auch gesagt wurde. Es hat nur einer behauptet.

Diese Charakterisierung des Fiskalpakts als verfassungswidrig halte ich für eine Exo­ten-Meinung. 20 andere Verfassungsjuristen, namhafte Verfassungsjuristen, schlie­ßen sich dem nicht an, sondern genau dem Gegenteil. Wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt, weiß man, dass das eine Einzelmeinung ist, die sehr, sehr weit her-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 107

geholt ist. Mag sein, dass einige auch den Verfassungsgerichtshof anrufen werden. Ich sehe dem gelassen entgegen, weil ich denke, dass diese Meinung eine sehr exotische Meinung ist.

Zur Volksabstimmung: Auch da sollte man etwas ehrlicher in der Argumentation sein. Die Volksabstimmung, die der Herr Kanzler versprochen hat, bezog sich auf wesentli­che Änderungen des europäischen Vertrags. Der ESM ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Wenn wir uns schon auf der Ebene der Verfassungsjuristen bewegen: Der ESM ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der nichts mit europäischen Angelegenheiten zu tun hat, son­dern zwischen 25 Staaten abgeschlossen wurde. (Abg. Bucher: Ja, das ist absichtlich so konstruiert!) Wir reden von der juridischen Betrachtungsweise, wenn man da nur die Ehrlichkeit haben würde. Herr Kollege Fichtenbauer! Ich führe gern diesen Disput, weil man weiß, dass das ein völkerrechtlicher Vertrag ist und kein Teil des EU-Vertrages. Über völkerrechtliche Verträge haben wir eine allgemeine Bestimmung, dass darüber keine Volksabstimmungen stattfinden können.

Daher – noch einmal – ist auch der ESM eine einfachgesetzliche Bestimmung und kei­ne Verfassungsbestimmung. Daher kann er auch nicht auf die Verfassung wirken, weil er eben nur als einfaches Gesetz übernommen wird. Das heißt im Stufenbau unserer Rechtsordnung: Er verändert die Verfassung nicht, sondern er wirkt als einfachgesetzli­che Regelung bei uns.

Zweites falsches Argument: Es werden nicht jährlich 20 Prozent des Budgets genom­men, sondern es wird nur einmal in etwa 20 Milliarden € Haftung übernommen. Es er­folgt lediglich eine tatsächliche Auszahlung von 2,2 Milliarden €; der Rest wird an Haf­tungen übernommen. Diese 2,2 Milliarden € werden auch nicht auf einmal ausbezahlt, sondern in fünf Tranchen über drei Jahre. Das heißt, auch dadurch wird nicht das Bud­get zu einem Viertel belastet. Das ist falsch. Es ist ganz einfach falsch, was Sie gesagt haben, und es wird auch nicht besser, wenn Sie es mehrmals wiederholen.

Das heißt, es ist auf mehrere Jahre aufgeteilt, und die Haftung wird nur schlagend, wenn sie tatsächlich abgerufen wird. Die Abrufung der Haftung von nicht eingezahlten Kapitalbeträgen haben wir im Artikel 50b Z 2 oder 3 ausdrücklich so geregelt, dass die hier im Nationalrat beschlossen werden muss. (Abg. Bucher: Da hier herinnen?) Das heißt, jeder zusätzliche Haftungsabruf muss hier durch den Nationalrat, und dann muss die Frau Bundesminister oder der jeweilige Vertreter im Gouverneursrat dort jene Ent­scheidung vertreten, die hier getroffen wird. Wenn man das Eilverfahren heranzieht, ist es das Gleiche.

Die Behauptung, dass man ja nicht mitstimmt bei den 85 Prozent, das zu bezahlen, ist falsch, weil dann die Summe aus dem zu bildenden Risikofonds zu tragen ist. Und die­ser Risikofonds ist verpflichtend einzurichten. Das heißt, es wird aus diesem Betrag be­zahlt und nicht von Österreich, wenn wir nicht mitstimmen.

Wir haben daher in Kombination des ESM mit dem ESM-Begleitgesetz eine wirklich große Barriere und Transparenz, weil alle Risikofaktoren, die Änderung der Finanz­instrumente berücksichtigt ist. Da gebe ich Professor Van der Bellen recht, es wird zu einer Änderung kommen, weil das schon beim Gipfel beschlossen worden ist, aber es muss hier in den Nationalrat, weil wir es verfassungsrechtlich so geregelt haben. Das heißt, alle Risikofaktoren, eine Änderung der Finanzhilfe-Instrumente, eine Änderung der Abrufung des nicht einbezahlten Stammkapitals oder auch eine Erhöhung des Stammkapitals muss durch den Nationalrat, und der Vertreter im Gouverneursrat ist gebunden an die Entscheidung dieses Hauses. Wir geben daher keine Rechte ab, son­dern wir entscheiden hier über die weitere Vorgangsweise. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Klubob­mann Bucher. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 108

13.38.31

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Zunächst einmal herzlich will­kommen (in Richtung Zuschauergalerie) BZÖ Salzburg, das hier bei uns im Hohen Haus auf Besuch ist! (Beifall beim BZÖ.)

Das war jetzt natürlich typisch dafür, was wir immer wieder von verzweifelten SPÖ-Ab­geordneten des Hohen Hauses hören. Sie reden sich irgendwie autistisch selbst ein, dass das, was hier beschlossen werden soll, gut ist für Österreich und die Lösung wäre auf europäischer Ebene.

Ich sage Ihnen, Herr Kollege Wittmann, genau das Gegenteil wird leider Gottes ein­treten. Leider Gottes! Ich würde mir auch wünschen, ganz offen gestanden, dass all diese Maßnahmen endlich einmal greifen würden, weil ich ja auch dafür bin, dass wir auf europäischer Ebene weiterkommen. Das, was Sie beschließen, führt jedoch gera­dewegs in ein Desaster, und in einer Selbstsuggestion versuchen Sie sich einzureden, die Lösung zu haben, aber Sie verschlimmern immer mehr die Situation in Europa. Die Schuldenberge steigen, die Haftungen steigen und die Situation für die Bevölkerung wird auch immer schlimmer, von Jahr zu Jahr immer schlimmer.

Heute haben Sie hier am Rednerpult gesagt, die Mitbestimmungsrechte durch das Par­lament werden gestärkt. Das ist doch ein völliger Unsinn. Sie richten einen geheimen Unterausschuss des Budgetausschusses ein, in dem man geheime Dokumente mit geheimen Informationen der Frau Bundesministerin bespricht.

Man darf von dort nichts hinaustragen und im Grunde genommen fällen Sie ja keine Entscheidungen mehr da drinnen. Und wenn Sie irgendwelche Entscheidungen treffen, dann gibt es keine Einstimmigkeit, sondern nur eine ganz normale Mehrheit von Rot und Schwarz. Das bedeutet, dass die Grünen da drinnen null Mitbestimmungsrechte haben. Sie können sich da drinnen vielleicht das eine oder andere anhören, aber dann können sie es gleich wieder vergessen, weil sie damit nichts anfangen können. Es ist alles geheim, wenn die Frau Bundesministerin Ihnen überhaupt Informationen weiter­trägt in diesem sogenannten Unterausschuss. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen, aber reden Sie sich nicht selbst irgend­welche Dinge ein, die so nicht zutreffen werden. Sie belügen sich ja selbst. Dass Sie die Bevölkerung belügen, das kennen wir schon zur Genüge, aber dass Sie sich jetzt durch eine Suggestion selbst belügen, das ist einzigartig, das haben wir noch nie erlebt in dieser Weise.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Fonds, der da eingerichtet wird, diese Entscheidung, die Sie heute treffen ist ja schon wieder überholt, das ist ja schon nicht mehr die ganze Wahrheit, die Sie da beschließen. Jetzt muss ich dem Herrn Van der Bellen einmal recht geben. Er hat richtigerweise gesagt, letztes Wochenende, beim letzten Gipfeltreffen, wurden ja schon wieder ganz andere Entscheidungen, viel weit­reichendere Entscheidungen getroffen, nämlich dass die Banken direkt in die Taschen der Steuerzahler hineingreifen können. Das ist doch der Wahnsinn, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren: Sie müssen nicht mehr den Umweg über die Länder neh­men, sondern sie werden direkt bevorteilt. Früher war es das Grundprinzip, zu dem auch sehr viele am Anfang gestanden sind: ein Stabilitätspakt mit klaren Regeln, mit klaren Richtlinien. – All das ist gebrochen worden.

Jetzt müssen Sie sogar den EU-Reformvertrag ändern. Sie müssen den Art. 136 im EU-Reformvertrag ändern, denn da steht die sogenannte No-Bail-out-Klausel, die be­sagt, kein Land darf für ein anderes Land haften. Das müssen Sie jetzt zwangsläufig ändern, dazu brauchen Sie auch die Grünen, damit Sie diesen Fauxpas machen kön­nen, damit Sie den Banken direkt das Geld zuschießen können und damit Sie die ma­roden Länder im Süden auffangen können. Gratulation, sage ich Ihnen. Ich gratuliere


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Ihnen. Das ist nämlich genau das, was man von Anfang an nicht wollte. Sie schmeißen alles völlig gewissenlos über Bord, das interessiert Sie alles nicht.

Kollege Stummvoll, du schaust jetzt so betroffen; und ich verstehe das nicht, denn du bist an und für sich ein sehr respektabler Wirtschaftsfachmann. Wie kannst du das ver­treten, was da auf europäischer Ebene passiert? (Abg. Dr. Stummvoll: Das wirst du gleich hören!) Und sagt jetzt bitte nicht, das sei alternativlos.

Unsere Aufgabe sollte es sein, über Alternativen nachzudenken. Und es gibt diese Al­ternativen, und ihr werdet sie noch erleben. Es wird so weit kommen, dass Deutsch­land und die starken Volkswirtschaften des Nordens sich zusammenschließen in einer eigenen Währungsunion. Die werden dann eine Parallelwährung einführen, und es wird dann in Zukunft den Euro geben und eine zweite Währung, Krone, Mark, wie die auch immer heißen wird. (Abg. Dr. Bartenstein: Parallelwährung? Was ist das für ein Unsinn?!) Dass dieses Parallelwährungssystem funktioniert, haben wir hier im Aus­schuss besprochen. Herr Professor Kerber hat von der Regierungsbank aus im Aus­schuss dieses Konzept vorgestellt.

Das ist zumindest eine Alternative, während ihr einfach in gutem Glauben und in der Hoffnung dem folgt, was euch auf europäischer Ebene vorgegeben wird – ohne darü­ber nachzudenken, welche Folgen das für unser Land, welche Konsequenzen das für die Steuerzahler hat. Das ist die Wirtschaftspartei ÖVP? – Na dann: Gute Nacht, ÖVP! (Beifall beim BZÖ.)

13.43

*****

13.43.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Klubobmann Bucher! Für den mehrfach ge­äußerten Vorwurf der Lüge erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 5 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.43.59

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanzmi­nisterin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich glaube, allein die Präsenz hier im Plenarsaal zeigt, wie intensiv wir in den letzten Wochen das Thema ESM und Fiskalpakt diskutiert haben. Allmählich sind wirklich alle Argumente ausgetauscht, mei­ne Damen und Herren. Es fallen ja überhaupt keine neuen Argumente mehr! Nur die Stimme vom Herrn Klubobmann Strache und Herrn Klubobmann Bucher wird manch­mal ein bisschen lauter, aber neue Argumente fallen ja überhaupt nicht mehr. (Abg. Krainer: Eure sind auch nicht gut!) Ich gebe aber gerne zu, die Thematik ist schon sehr komplex und für den normalen Staatsbürger wirklich schwer durchschaubar. (Abg. Scheibner: Das ist euer Glück! Mit dem spielt ihr ja!) Er hört einmal „EFSF“, dann hört er „ESM“, dann hört er „Fiskalpakt“, „Fiskalunion“, obwohl der Grundsachverhalt eigent­lich sehr einfach ist.

Kollege Bucher hat den Artikel 136 zitiert, allerdings nicht das, was wir heute beschlie­ßen. Wir beschließen heute nur zwei Sätze, und die sind sehr einfach. Deshalb sage ich, der Grundsachverhalt ist sehr einfach. Da steht drinnen, und das ist das, was wir heute beschließen: Wenn es zur Erhaltung der Stabilität des Euro unabdingbar not­wendig ist, dann können die Mitglieder der Euro-Zone einen ESM ins Leben rufen. Wenn es unabdingbar notwendig ist! Und der zweite Satz ist: Die Gewährung von


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Stabilitätshilfen ist an strenge Auflagen gebunden. (Abg. Bucher: Die sind gelockert worden!) Das ist das, was wir heute beschließen, Herr Kollege Bucher. Und „unab­dingbar“ heißt: wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Die Euro-Zone ist in einer misslichen Lage, gar keine Frage, aber „unabdingbar“ heißt: wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt. Und jetzt frage ich Sie: Wer kann dagegen sein, dass die Stabilität unserer Sparguthaben, unserer Pensionen, unserer Löhne und Gehälter erhalten bleibt? Ehrlich gesagt, da kann doch niemand dagegen sein. Wir stellen uns mit diesem ESM schützend vor die Stabilität unserer Pensionen, Spargut­haben, Löhne und Gehälter, meine Damen und Herren. Wer das ablehnt, ist eigentlich gegen die Stabilität.

Lieber Kollege Bucher, du hast heute gesagt – und das wundert mich auch, weil einen gewissen wirtschaftlichen Sachverstand hast du ja –, der Euro ist eine Misserfolgs­story. Ich stelle dem gegenüber: Der Euro ist eine Erfolgsstory. Und wir haben auch keine Euro-Krise. (Abg. Grosz: Wir haben keine Euro-Krise?! Das ist aber eine ge­wagte Aussage!)

Ich bringe drei Beispiele: Der Euro ist heute neben dem Dollar die zweitwichtigste Welt­währung, ein Viertel aller Weltwährungsreserven wird in Euro gehalten, der Euro ist un­gefähr um 30 Prozent höher bewertet als der Dollar. Das ist eine Erfolgsstory, meine Damen und Herren! Es ist auch kein Zufall, nur um ein Beispiel zu sagen, dass seit Einführung des Euro – das weist die Notenbank ständig nach – die Inflationsrate ge­ringer ist als in den letzten Jahren vor dem Euro. (Abg. Bucher: Was ist mit der Ar­beitslosigkeit? Was ist mit dem Wirtschaftswachstum?) Die genauen Zahlen kannst du immer in der Notenbank abfragen.

Die Exportquote, lieber Freund, war vor Einführung des Euro ungefähr 52 Prozent bei Waren und Dienstleistungen, heute liegt sie bei fast 60 Prozent. Warum? Kannst du dich noch daran erinnern, wie die Exportwirtschaft darunter gelitten hat, als über Nacht die Lira um 30 Prozent abgewertet wurde? (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Unsere Exportwirtschaft – und 60 Prozent unseres Wohlstandes hängen vom Export ab – braucht verlässliche und stabile Rahmenbedingungen. Und die wollen wir erhalten. (Abg. Bucher: Ja, aber um welchen Preis?)

Natürlich ist der ESM – Kollege Peter Wittmann hat das schon gesagt – kein Allheil­mittel, aber es ist ein notwendiger Mechanismus, um die Stabilität zu erhalten. Dane­ben brauchen wir natürlich viele andere Maßnahmen. Wir brauchen, was ich hier schon wiederholt gesagt habe, das strategische Dreieck zwischen Budgetkonsolidierung, Wachstumsimpulsen und Strukturreformen. Das brauchen wir natürlich auch, aber der ESM stellt einmal sicher, dass keine Liquiditätsengpässe eintreten.

Ich sage es einmal ganz simpel, das versteht jeder, das versteht man an allen Stamm­tischen: Wir haben leider – ob wir das wollen oder nicht – eine globale Finanzspeku­lation. Wir haben heute eine Finanzwirtschaft, die sich weltweit völlig von der Realwirt­schaft entkoppelt hat. Da werden auf Knopfdruck jeden Tag Billionen von Euro und Dollar um die Weltkugel gejagt. Ja glaubt irgendjemand, dass ein kleines Land allein, das Schulden hat, sich da einer Attacke entziehen kann?

Wenn Europa, das zusammen die stärkste Volkswirtschaft der Welt ist, gemeinsam auftritt, hat der ESM allein schon eine präventive Funktion. Wenn die Spekulanten wis­sen, im Zweifelsfall steht der ESM, steht Europa hinter diesem Land – egal, ob das jetzt Griechenland heißt, Italien oder Spanien –, dann schaut die Lage schon ganz an­ders aus. Also wir brauchen das an sich auf Grund einer Tatsache, die wir alle nicht wollen, aber wir haben eben die globale Finanzspekulation, und die kann jedes Land in den Konkurs treiben. (Abg. Bucher hält das Buch „Mehr Wettbewerb wagen“ in die Höhe.)


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Und jetzt zu den Alternativen. (Abg. Bucher: Sag nicht, dass es das nicht gibt!) Lieber Freund, der harte Nord-Euro für Deutschland, Österreich, Holland, Luxemburg und Finnland – du weißt schon, was das heißt? Da sagen alle Studien, diese Währung wür­de ungefähr um 40 Prozent aufgewertet werden. (Abg. Bucher: Das sind eure eigenen Studien!) Jetzt stellen wir uns vor, was es bedeutet, wenn unsere Exporte um 40 Pro­zent teurer werden! Die Studien zeigen eindeutig: 10 Prozent Arbeitslosigkeit und 10 Prozent geringeres Bruttoinlandsprodukt.

Wir wollen das nicht! Wir wollen den bisherigen erfolgreichen Weg weitergehen. Nach den letzten Statistiken hat Österreich unter 27 EU-Staaten pro Kopf das dritthöchste Sozialprodukt, die geringste Arbeitslosigkeit und die zweitniedrigste Jugendarbeitslo­sigkeit. (Abg. Bucher: Wettbewerbsfähigkeit! Wo stehen wir da?) Diesen Weg wollen wir weitergehen, und die Instrumente, die wir heute beschließen, dienen dazu, dass wir diesen erfolgreichen Weg auch in den nächsten Jahren weitergehen werden, trotz aller Kassandrarufe der Opposition. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Themessl. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.49.22

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Werte Zuschauer! Ja, Herr Dr. Stummvoll, von wegen kleines Land: Ich wohne an der Schweizer Grenze und fahre zwei-, dreimal die Woche in die Schweiz. Ich habe noch nicht bemerkt, dass die verhungert sind, und die sind kleiner als wir, nicht in die EU eingebunden und auch nicht in die Euro-Zone. So viel zum kleinen Land.

Aber Ihre Argumentation für das, was heute hier beschlossen wird, schlägt ja dem Fass den Boden aus. Sie sagen, wir beschließen heute nur: Wenn es unabdingbar nö­tig ist, kann die EU-Kommission oder wer auch immer diesen ESM einführen. Ja, aber wenn er nicht unabdingbar nötig ist, warum beschließen wir ihn dann heute? (Abg. Dr. Bartenstein: Er ist es ja!) Dann warten wir doch, bis es unabdingbar nötig wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie geben ja indirekt zu, dass es unbedingt notwendig ist, sonst müssten wir ihn ja nicht heute beschließen. Das ist ja hanebüchen! Und wenn Sie behaupten, nur die FPÖ und das BZÖ wären massiv dagegen, dann sage ich Ihnen, auch in Ihren Reihen und auch in den Reihen der Grünen bröckelt das Ganze schon. Bei den Grünen schreit die Basis auf.

Und jetzt lese ich Ihnen einmal etwas vor, Herr Dr. Günter Stummvoll:

Das europäische Integrationsprojekt ist durch die systemimmanenten Schwächen der Währungsunion sowie durch den Betrug der Griechen schwer unter Druck geraten. Aber statt das zu tun, was die Vernunft geboten hätte, nämlich die in betrügerischer Absicht erschlichene Teilnahme der Griechen am Euro rückgängig zu machen, wurde mit dem Hinweis auf das gesamteuropäische Interesse massiv Geld zur Rettung Grie­chenlands aufgewendet. Eine Übung, deren Erfolg vermutlich niemand von uns je erle­ben wird. Zu katastrophal ist die Situation vor Ort: enorme Schulden, eine unfähige Bü­rokratie, keine wettbewerbsfähige Industrie und eine politische Kaste, die jeder organi­sierten kriminellen Vereinigung das Wasser reichen kann.

Und dann heißt es hier weiter:

Gefährlich an der Situation ist für uns aber nicht nur der finanzielle Aspekt dieses Abenteuers, sondern langfristig der weitere Verlust nationaler Souveränität, denn jetzt sollen die Nationalstaaten Budgetkompetenzen an eine übergeordnete Stelle, die Euro-


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päische Kommission, abgeben, mit dem Ziel, dass diese bestimmt, in welchem Rah­men sich der Haushalt der einzelnen Länder bewegen darf. Für Länder wie Österreich oder Deutschland klingt das wie Hohn, war doch die EU-Kommission jene zuständige Einrichtung, die von den Griechen beim Eurobeitritt mit massiv gefälschten Zahlen über den Tisch gezogen wurde. Nicht einmal bei den Begleiterscheinungen der Krise, aus­gelöst durch grobe Fehlentwicklungen im Bankensektor, war die Kommission in der La­ge oder auch willens, die Versprechungen hinsichtlich einer Regulierung der Finanz­märkte und des Bankensektors durchzusetzen. Dafür aber sollen jetzt alle Staaten Kompetenzen an eine von der realen politischen Wirklichkeit längst abgekoppelte Zen­tralbürokratie in Brüssel abgeben.

Wissen Sie, wer das geschrieben hat? – Der Arbeiterkammerdirektor aus Vorarlberg. Und der Arbeiterkammerpräsident aus Vorarlberg stößt genau in das gleiche Horn, und ich bin ja schon gespannt, wie die Abgeordneten, die der Arbeiterkammer nahe stehen, zu diesem ESM-Pakt stehen werden, weil dann wird das alles ad absurdum geführt.

Jetzt zu Ihrer Lüge, was beim Euro alles besser geworden ist – verzeihen Sie das Wort „Lüge“ –, zu Ihrer Unwahrheit, die Sie permanent behaupten. Sie sagen, durch den Eu­ro geht es uns ausgezeichnet. Tatsache ist, dass in Österreich 1 Million Menschen an der Armutsgrenze leben und 250 000 unter der Armutsgrenze. (Ruf bei der FPÖ: Rich­tig!)

Jetzt komme ich zu Ihrem Export-Unsinn. Ich habe mir das angesehen. Wissen Sie, wir haben vor der Euro-Einführung auch exportiert, und wir waren damals auch gut im Ex­port, und wir haben auch vor der Euro-Einführung über 30 Prozent nach Deutschland exportiert. (Abg. Dr. Stummvoll: Da ist der Euro daran schuld?!) Das war auch kein Problem, weil der Schilling an die D-Mark gekoppelt war. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen Folgendes: Lassen wir Deutschland weg. Deutschland ist das stärkste Exportland, über 30 Prozent exportieren wir nach Deutschland. Das zweit­größte Exportland ist Italien, das drittgrößte ist bereits die USA – kein Euro –, das viert­größte die Schweiz – kein Euro –, das sechstgrößte ist Tschechien – kein Euro –, das siebtgrößte ist Ungarn – kein Euro –, das achtgrößte ist Polen – kein Euro. Von diesen 70 Prozent Exporten, die nicht nach Deutschland gehen, gehen 80 Prozent in Nicht-Euroländer und 20 Prozent in Euroländer.

Dann sage ich Ihnen noch etwas: In den letzten sieben Jahren vor dem Euro, in Schil­ling-Zeiten, von 1995 bis 2001, hat sich der Export in Österreich um 32 Milliarden € er­höht, und in den ersten sieben Jahren nach der Euro-Einführung, von 2002 bis 2009, hat er sich um 16 Milliarden € erhöht.

Hören Sie doch endlich auf, solche Märchen zu erzählen! Das stimmt ja alles nicht, was Sie sagen! Schauen Sie doch in der Statistik nach, das ist ja relativ einfach! (Bei­fall bei der FPÖ.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Kogler. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.54.45

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Ja, der Arti­kel 136 des Lissabon-Vertrags steht zur Verhandlung, ebenso der Vertrag zum ESM und die Mitwirkungsrechte. Über diese ist schon viel gesprochen worden, das müssen wir jetzt nicht mehr wiederholen.

Wenn wir ein paar Instrumente, die die Europäische Union jetzt schafft beziehungs­weise zukünftig haben soll, vergleichen, dann fällt die Zustimmung zum ESM in der Tat schwer, weil gemessen an dem, was sonst gescheit wäre und präventiver wirken wür-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 113

de, ist das wirklich eine bescheidene oder eine möglicherweise notwendige, aber im­mer nur eine nicht hinreichende Angelegenheit. Das muss völlig klar sein.

Ich stelle nur ein Thema in den Vordergrund, nämlich das, was man als Spekulations­bekämpfung bezeichnen kann. Da hätten wir sicherlich mehrere Instrumente zur Aus­wahl, aber noch nicht gleich. Da spielt der ESM, richtig angewendet, eine Rolle, jeden­falls und viel stärker die Finanztransaktionssteuer und mit Sicherheit die zukünftige mögliche Emission gemeinsamer europäischer Staatsanleihen.

Das wäre eigentlich das, worauf wir hinarbeiten müssen, aber es steht ja zunächst ein­mal der ESM zur Debatte. Der Vertrag liegt ja vor, den haben wir ausführlich diskutiert. Jetzt wollen wir uns die Gipfelgespräche noch einmal in Erinnerung rufen. Man sieht jetzt an der Debatte vom Wochenende genau, wie ich immer sage, wie zweischneidig dieses ESM-Instrument ist. Wenn, wie Kollege Van der Bellen in der Vordebatte schon erwähnt hat, es möglich werden würde – das ist noch nicht der Fall –, ohne zusätzliche Vorbedingungen, ohne sozusagen ein besonderes Programm, bei dem die Troika dann auch noch hinterher ins Haus geschickt wird, ich rede ganz konkret von Italien, hier primär am Anleihenmarkt zu intervenieren, dann ist das unter dem Strich gesehen aus meiner Sicht eine gute und vernünftige Sache.

Warum? – Wenn dort Programme durchgeführt werden, die möglicherweise auch um­stritten sind, aber aus eigenem Antrieb, so wie es eigentlich in den europäischen Ver­trägen steht und den Möglichkeiten dort schon entspricht, und die immer noch mit 5, 6, 7 Prozent Zinsen oder 8 Prozent im schlimmsten Fall abgestraft werden, dann stimmt da etwas nicht. Da kann und soll nach diesen Überlegungen vom Wochenende – noch ist es nicht im laufenden ESM-Vertrag, den wir heute beschließen, drinnen, wohlge­merkt – eine Intervention dieses ESM eine durchaus brauchbare Hilfe zur Überbrü­ckung darstellen, und es wird ja dann bei einer Überbrückung bleiben, weil er ja selber entgegen allen Darstellungen hier nach oben beschränkt ist. Ich würde es für ein ver­nünftiges Instrument halten.

Ich würde es aber für sehr schlecht halten, wenn ohne besondere Konditionen und Prüfungen direkt Banken bedient werden. Ich sage Ihnen das ganz offen, Frau Minis­terin. Das wird eine harte Auseinandersetzung. (Abg. Scheibner: Das wird passieren!) Ja, das kann passieren. Über das können wir gleich reden. Es muss mindestens die Bedingung erfüllt werden, dass wir auf diesem Wege vorher eine europaweite Banken­aufsicht bekommen, die auch, wo auch immer angesiedelt, ernste Durchgriffsrechte bekommt. Ansonsten halte ich das insofern wieder für zweischneidig, als man dann ja jedenfalls nach dem Einzelfall unterscheiden muss.

Natürlich wird man sich, wenn man seriös ist, anschauen müssen: Geht es hier um Genossenschaftsbanken, um kleinere Banken, die für die regionale Wirtschaft, ganz egal, ob in Mittelitalien oder in Nordspanien, eine zentrale Rolle spielen und aus wel­chen Gründen immer in eine Schieflage geraten, dann ist es eigentlich ziemlich Blun­zen, ob wir über den Staat oder direkt die Banken rekapitalisieren. Wesentlich ist nur: Wozu ist das gut?

Wenn es aber darum geht, Investmentbanken, wo man vorher lange zugeschaut hat, wie die Eigentümer das Geld vielleicht noch rechtzeitig auf die Seite räumen, wie die Gläubigerhaftung außer Acht gelassen wird, auch noch zu rekapitalisieren, das werden Sie politisch nicht aushalten und das deshalb nicht tun, und wenn, dann wird es einen anständigen Crash geben, und wenn auch nur einen politischen. Ich halte das für ganz wesentlich, aber ich sage, auch diese Gefahr ist unterm Strich kein Grund, den ESM abzulehnen, weil er richtig angewendet eine vernünftige Überbrückungshilfe für die-
se durchaus schwierige Situation in einigen europäischen Ländern sein kann. (Abg. Scheibner: Überbrückungshilfe?! Wofür?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 114

Ich sage noch einmal: Es geht, wenn man es richtig macht, noch lange um keine Euro-Krise. Es geht um eine Krise von Staatsanleihen, von Volkswirtschaften und die dann sofort folgende und völlig überbordende Spekulation auf diese Staaten. Das ist das Problem, das ist der Kern des Problems! Und da können wir zumindest eine Zeit lang gegensteuern. (Beifall bei den Grünen.)

Ich wundere mich, warum es über den Rettungsmechanismus heißt, er wäre perma­nent, denn ob das so greifen wird, stelle ich auch in Zweifel, weil damit keine perma­nente Lösung erreicht wird. Das ist völlig logisch. Dazu bräuchte es ganz andere Ge­schichten, und dort müssen und wollen wir hin.

Zunächst einmal ein Allerletztes zum ESM: Was im Vergleich zu den Vorentwürfen aus meiner Sicht viel besser geworden ist, ist, dass zumindest die Möglichkeit der Gläubi­gerbeteiligung bei möglichen Staatspleiten eine Rolle spielt. Die Frage, ob das in der Praxis immer so einfach ist und greift, sei auch dahingestellt, füge ich hinzu. Aber wenn man das schon vertragsrechtlich betrachtet, dann ist das für all jene, die das wollen – viele wollen das ja gar nicht –, jedenfalls ein erkennbarer Fortschritt.

Das manifestiert sich darin, dass ab 2013 alle Staatsanleihen entsprechende Klauseln haben müssen, dass entsprechender Verzicht geübt wird, wenn es denn Richtung Staatspleite gehen sollte. Im Übrigen ist dieser Stabilitätsmechanismus nur dazu da, zumindest im Kern des Anwendungsbereiches, vorübergehend zahlungsunfähige Staa­ten herauszuschlagen und denen „drüberzuhelfen“, nicht an sich in Pleite befindliche Staaten. Da gehört endlich etwas anderes gemacht und das anders angegangen.

Noch einmal: Das war der Grund, warum wir hier nicht für diese Art von Griechenland­hilfe gestimmt haben; und wir sind auch nach wie vor der Meinung, dass Griechenland pleite ist und dass das anders abgewickelt gehört. (Abg. Scheibner: Ja, ihr macht aber das Gegenteil!) Das ist einfach richtig, hat aber mit dem ESM hier gar nichts zu tun. Das ist ja für die Zukunft! Das ist für die Zukunft eine wesentliche Frage, und das sieht auch der Vertrag im Übrigen vor, nämlich diese Unterscheidung vorzunehmen und je nachdem die Instrumente zu schmieden.

Aber was sind die besseren Instrumente, die wirklich wichtigen? Das ist mit Sicherheit ein Einstieg in die Finanztransaktionssteuer, und der scheint insofern zu gelingen, als die allerwichtigsten und heftigsten Barrikaden aus dem Weg geräumt wurden. Der Ecofin hat es angegangen. Es ist eine gute Sache, und da darf man auch einmal der Frau Finanzministerin Fekter Respekt zollen und auch ein Lob aussprechen, weil es nachweislich so ist, dass die Initiative von Österreich, Deutschland und Frankreich die­se Barrieren beseitigt hat! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Es war notwendig, die Briten, die immer nur blockieren, endlich zurückzulassen. Es war ein Leichtes, sich hier immer herzustellen und zu sagen, wir sind ohnehin alle für die Finanztransaktionssteuer – während Ihre Gesinnungsgenossen in Deutschland das torpedieren, aber Hauptsache, wir haben dazu eine Fünf-Parteien-Entschließung. Da putzen Sie sich ab, Sie von der rechten Opposition! Nein, jetzt ist es so: Jetzt können zumindest – und zwar innerhalb der europäischen Verträge, ich halte das für ganz we­sentlich – neun oder mehr Staaten sich zusammentun und einmal einsteigen; je mehr, desto besser, sonst ist es ökonomisch nicht so wirkungsvoll, das ist ja ganz logisch. Das ist ein wesentlicher Schritt, und Europa ist immer nur in kleinen Schritten gebaut worden, bei 27 Ländern, verschiedensten Regierungen und Ideologien. Aber das kann jetzt gelingen.

Wir sollten es uns auch nicht mehr gefallen lassen, dass einzelne Staaten – aus wel­chen Absichten heraus auch immer – eine Vertiefung der wirtschaftlichen Integration torpedieren. Und das ist ein glaubwürdiger Schritt in diese Richtung. Deshalb ist das so entscheidend gewesen. Dazu gibt es jetzt auch die Schlussfolgerungen im Europäi­schen Rat.


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Noch wichtiger für die Zukunft bei aller ideologischer Unterschiedlichkeit, die wir haben, ist meines Erachtens die Herangehensweise und dass man das einmal auf die Reise bringt, gemeinsame europäische Staatsanleihen zu haben. Es wird hier einen Haufen wirtschaftlicher und anderer Voraussetzungen geben müssen, das ist klar, aber es muss einmal die Möglichkeit geschaffen werden; und das gelingt, weil es europäische Vertragsänderungen braucht, eben nur auf dieser Ebene dort. Das wird mit einer gro­ßen Demokratisierungsgeschichte zu tun haben, wenn wir uns einmal auf einen Kon­vent einlassen. Es wird auch mit der wirtschaftlichen Vertiefung zu tun haben.

Das Ziel, dem wir uns zuwenden müssen, ist, dass das, was nur mehr auf europäi­scher Ebene sinnvoll gelöst werden kann, dorthin gegeben wird. Damit gewinnt der Bürger und die Bürgerin eigentlich an Souveränität, weil wir es schlagkräftiger machen. Dort, wo wieder Kompetenzen zurückwandern sollen, sollen sie von mir aus auch zu­rückwandern, weil das wahrscheinlich auch einmal eine gescheite Übung wäre.

Aber ein großer Konvent, wo das alles einmal eingebracht wird, soll kommen. Deshalb bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Lopatka und Mag. Kogler

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für folgende Punkte einzusetzen:

Österreich wird sich im Zuge der anstehenden Diskussionen zu institutionellen Ände­rungen in der Europäischen Union für die Etablierung eines Konvents nach Art 48 EUV aussprechen.

In dessen Rahmen wird sich Österreich dafür einsetzen, bei einer Überführung von ESM und Fiskalpakt in das Unionsrecht Mitwirkungsrechte des Europäischen Parla­ments vorzusehen.

Österreich wird sich dafür einsetzen, dass die Fiskalunion und die Emission von ge­meinsamen europäischen Staatsanleihen auf die Tagesordnung des Konvents gesetzt werden, und dass dort die rechtlichen, organisatorischen und institutionellen Voraus­setzungen dafür geschaffen werden.“

*****

Ich halte das – zumindest, was die europäische Politik dieser Bundesregierung be­trifft – für einen Durchbruch. Ich bin davon überzeugt, dass wir das in ein paar Jahren im Rückblick noch ganz anders bewerten werden als hier und heute und jetzt gerade in diesem Moment. Aber immer muss ein erster Schritt gemacht werden. Dieser Schritt ist ein durchaus großer, bedeutsamer und wichtiger, und davor sollten wir uns nicht ver­stecken, sondern, ganz im Gegenteil, das offensiv vertreten. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung das macht, sonst werden wir Ihnen wieder Beine machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 116

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muttonen, Lopatka, Kogler betreffend europäischen Konvent und Eurobonds

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3.) Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1731 d.B.): Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der Republik Finnland (1880 d.B.)

Begründung:

Durch in Kraft treten des Lissabon-Vertrages wurde die Konventmethode als ordentli­ches Verfahren für die Debatte und Beschlussfassung zur Erstellung von Entwürfen für Änderungen der Verträge geschaffen. Diese Methode ist politisch außerordentlich ge­eignet, größtmögliche Öffentlichkeit und damit auch demokratische Legitimation für die notwendigen und sinnvollen Vertragsänderungen zur Beantwortung der Zukunftsfragen des europäischen Einigungswerks zu geben. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Schwächen des derzeit geltenden Regelwerkes bereits mehrfach offen gelegt und un­terstreicht die Notwendigkeit einer größeren Vertragsreform.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene für folgende Punkte einzusetzen:

Österreich wird sich im Zuge der anstehenden Diskussionen zu institutionellen Ände­rungen in der Europäischen Union für die Etablierung eines Konvents nach Art 48 EUV aussprechen.

In dessen Rahmen wird sich Österreich dafür einsetzen, bei einer Überführung von ESM und Fiskalpakt in das Unionsrecht Mitwirkungsrechte des Europäischen Parla­ments vorzusehen.

Österreich wird sich dafür einsetzen, dass die Fiskalunion und die Emission von ge­meinsamen europäischen Staatsanleihen auf die Tagesordnung des Konvents gesetzt werden, und dass dort die rechtlichen, organisatorischen und institutionellen Voraus­setzungen dafür geschaffen werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Bundesminister Dr. Fekter. – Bitte.

 


14.06.01

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegen Staatssekretäre! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die jungen Menschen, die heute da auf der Galerie zuhören: Wir beraten gerade den Vertrag zur Errichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 117

Dieser Europäische Stabilitätsmechanismus ist eine internationale Finanzinstitution, so wie es der Internationale Währungsfonds ist, so wie es die Weltbank ist, so wie es bei­spielsweise auch die Europäische Entwicklungsbank ist, die Asiatische Entwicklungs­bank ist oder die Investitionsbank ist. Auch dort sind wir überall Anteilseigner, und wir werden dann auch beim ESM Anteilseigner sein. (Abg. Scheibner: Das ist unglaub­lich!)

Die Erfahrung der letzten drei Jahre hat gezeigt, dass wir so ein Instrument brauchen. Dieser ESM wird in Zukunft in etwa der „Europäische Währungsfonds“ sein. Damit kön­nen wir Schuldenkrisen, die unseren Euro oder unseren Euro-Raum bedrohen, ge­meinsam bewältigen. Es ist dies ein Finanzinstitut, das in Zukunft bei grenzüberschrei­tender Ansteckung bei Finanzkrisen helfen soll und dem einen Riegel vorschiebt.

Der ESM ist kein Allheilmittel, es ist nur eine Institution. Es ist in etwa wie eine hoch­moderne Feuerwehr, das hat heute schon Kollege Matznetter erklärt (Abg. Podgor­schek: Und wir sind das Löschmittel!), die künftig bei einer Finanzkrise ausrückt und verhindert, dass sie zu einem Flächenbrand wird, soll heißen, zu einer Währungskrise, die unser aller Wohlstand bedroht. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch besser, als die Feuerwehr zu holen, ist es natürlich, Brände überhaupt zu ver­meiden (Abg. Markowitz: Ja, genau!), und dafür haben wir in den vergangenen Jahren sehr viel Vorsorge getroffen. Wir haben zum Beispiel die Regeln des EU-Stabilitäts­paketes verschärft. Wir können jetzt schon viel früher eingreifen, wenn in einem Land die Schulden aus dem Ruder laufen. Wir können auch strengere Strafen gegen unein­sichtige Defizit- und Schuldensünder verhängen, und wir können auch bei gefährlichen volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten in einem Land einschreiten.

Wir haben wirksame Vorbeugungsmaßnahmen im Fiskalpakt geschaffen. Man muss immer den ESM, das Finanzinstitut, natürlich mit den Disziplinierungsinstrumenten für Defizitsünder beziehungsweise Schuldenländer in einem betrachten, und der nächste Tagesordnungspunkt ist ja dann dieser Fiskalpakt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir in Österreich haben unsere Hausaufgaben gemacht. Wir bringen unseren Haushalt in Ordnung. Wir waren hier Vorreiter. Wir haben ein Reform- und Konsolidierungspaket geschnürt, aber gleichzeitig auch 6,4 Milliarden € in die Hand genommen, um in die Zukunft zu investieren – in Bildung, in Forschung, in die thermische Sanierung, sprich in den Klimaschutz, aber auch in die Pflege und in die Schulen. Das heißt, es bedarf ei­nes Bündels an Maßnahmen, und dieses Bündel an Maßnahmen wird ebenso auf eu­ropäischer Ebene geschnürt.

Aber auch die besten Brandschutzmaßnahmen können eine Feuerwehr nicht vollkom­men ersetzen. Deswegen ist es gut, einen Feuerwehreinsatz nicht völlig auszuschlie­ßen. Deswegen ist es gut, Instrumente zu haben, die im Fall des Falles ausrücken kön­nen, wenn wo der Hut brennt. Und der ESM wird diese Feuerwehr in Europa sein. Er soll künftig Flächenbrände vermeiden, und das wird er mit folgenden Mitteln tun:

Er kann auf den Märkten für Staatsanleihen intervenieren und so Spekulanten das Wasser abgraben. Wer hier dagegen ist, spricht sich eigentlich für Spekulantentum aus und dafür, dass man den Spekulanten freien Lauf lässt. Wir wollen das nicht! Wir wollen diese Unsitten am Markt eindämmen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Gaßner. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Es kann aber auch ein Land vom Kapitalmarkt abgeschnitten sein. Normalerweise borgt sich ein Land für seine Schulden das Geld am Kapitalmarkt. Wenn es aber vom Kapitalmarkt keine Unterstützung mehr bekommt und somit kein Geld mehr hat, um sich selber zu finanzieren, dann kann der Stabilitätsmechanismus eingreifen. Er kann damit auch das Risiko verringern, dass es zu einer zusätzlichen Bankenkrise kommt, die dann in eine Staatskrise mündet.


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Er tut das alles unter ganz strengen Auflagen. Nur wenn ein Problemland jene Refor­men durchführt, die zurück zu nachhaltigem Wachstum und zu nachhaltig sanierten Staatsfinanzen führen, gibt es Unterstützung. Ohne Auflagenerfüllung keine Unterstüt­zung.

Mit dem ESM wird erstmals auch ein geordnetes Umschuldungsverfahren für Staaten ermöglicht. Das geschieht, indem ab 2013 die emittierten Staatsanleihen in Europa be­ziehungsweise im Euroland bestimmte Klauseln enthalten müssen, dass diese Staats­anleihen dann, sollte es doch zu einem Bankrott kommen, umgeschuldet werden kön­nen – geordnet nach einem Verfahren, das im ESM bereits vorgesehen ist.

Ich kann mir nicht vorstellen, warum man gegen solche geordnete Verhältnisse ist, wa­rum man das nicht will, warum man nur apokalyptische Horrorszenarien von Anarchie hier zeichnet! Nein, das ist es nicht, es ist ein anderer Weg. Er regelt, wie man mit Kri­sen umgeht, und nicht, wie man vor der Krise den Kopf in den Sand steckt. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Sie können ja nicht einmal den Ausdruck „Apokalypse“ richtig werten!)

Insgesamt sind also alle Umstände, die hier zu diesem Instrument geführt haben, trau­rig und schmerzhaft; aber die Vergangenheit hat uns gelehrt, was wir brauchen. Wir haben ursprünglich geglaubt, wir kommen mit einem Übergangsmechanismus aus. – Nein, wir gründen jetzt einen permanenten Stabilitätsmechanismus für unsere Wäh­rung, die uns das wert ist. Da sind sich alle Fachleute einig.

Es gibt aber auch Ignoranz gegenüber diesem Instrument und eine Fülle von Angstpro­paganda und falschen Äußerungen. Die Experten haben das im Hearing öffentlich oh­nehin schon wieder auf den Boden des Faktischen gestellt. Es ist beispielsweise eine Unwahrheit, dass der Gouverneursrat dieses Stabilitätsmechanismus unbegrenzt Geld von Österreich abrufen kann und wir damit unsere Budgethoheit hier im Hohen Haus aufgeben. (Abg. Neubauer: Ist es nicht!)

Im Gouverneursrat sitzt die Finanzministerin oder eben in Zukunft die Finanzminister oder -ministerinnen, je nachdem, wer eben Finanzminister sein wird. In der Erstphase ich, denn ich bin jetzt Finanzministerin. Ich kann aber dort nicht nach eigenem Gut­dünken agieren, sondern, es ist hier schon sehr intensiv diskutiert worden, es muss mich dieses Hohe Haus zu den Beschlüssen ermächtigen, sodass ich dort dann Ja sa­gen darf oder dagegen sein muss.

Im Übrigen ist es auch falsch, dass die Direktoren dort alle so enorm viel Geld verdie­nen. Die Direktoren machen ihre Arbeit ehrenamtlich. Nur der geschäftsführende Direk­tor, einer von ihnen, der dort die Geschäfte leitet, wird bezahlt; alle anderen Direktoren, die von den Finanzministern nominiert werden, machen ihre Arbeit ehrenamtlich.

Wir sind Anteilseigner. Unser Anteil beträgt insgesamt 2,2 Milliarden €, die wir in fünf Tranchen einzahlen müssen, und dann gibt es noch ein abrufbares Kapital, ausgerich­tet auf die nächsten Jahrzehnte, von 17,2 Milliarden €. Dieses Eigenkapital kann nicht beliebig erhöht, sondern nur durch einen Beschluss des Parlaments angehoben wer­den. Ja selbst für das bereits beschlossene Kapital, wenn es abgerufen wird, muss hier im Hohen Haus wieder ein Beschluss gefasst werden. (Abg. Podgorschek: Schulauf­satz, gell?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich hat damit die intensivsten Mitwir­kungsrechte des Parlaments bei diesem internationalen Finanzinstitut. Wären wir nicht in der Lage, so ein Managementinstrument für unsere Währung zu installieren, würden wir mit den bestehenden, nicht so gut organisierten Instrumenten weiterarbeiten. Na, was ist besser? Der Feind des Guten ist immer das Bessere. Daher ist der ESM besser als die Stabilitätsfazilität. Es ist besser, als bilaterale Kredite zu gewähren, wie wir das


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bei Griechenland in der Anfangsphase getan haben. Daher ist dieses Instrument not­wendig.

Ich bedanke mich bei der breiten Mehrheit hier im Hohen Haus, bei jenen drei Frak­tionen, die hiezu ihre Zustimmung geben, für diese vernünftige Vorgangsweise. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen. – Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.53

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Sie sagen: Wieso kann man denn dem nicht zustimmen? Wie kann man diese tolle Lösung denn nur ablehnen? – Es werden hier heute 20 Mil­liarden € an Haftungen beschlossen, Haftungen letztlich des österreichischen Steuer­zahlers für Schulden, die nicht hier in Österreich gemacht worden sind, sondern die Spekulanten in ganz Europa verursacht haben.

Dem so einfach zuzustimmen mit lautem Hurra, wie das jetzt passiert, das kann man ganz einfach nicht; vor allem deshalb nicht, weil wir das in den letzten fast vier Jahren schon so oft von Ihnen gehört haben. Immer wieder ist auch hier im Hohen Haus, unter anderem von Ihnen, eine Rettungsmaßnahme nach der anderen als die Lösung belo­bigt worden.

Jetzt habe man endlich die Lösung, haben wir immer wieder gehört. Nach jedem Gip­fel, wenn wieder irgendetwas aufgetaucht ist, hat es geheißen: Ja, aber jetzt haben wir die Lösung! Das kostet uns nur ein paar Hundert Millionen, aber jetzt haben wir es! – Das nächste Mal, ein paar Tage später, sind wieder die Spekulanten – hurra! – auf den Plan getreten und haben wieder die Lösung, die Sie als so toll beschrieben haben, ver­nichtet, und der nächste Gipfel hat wieder das nächste Paket gebracht.

Jetzt bringen Sie ein Paket mit insgesamt 700 Milliarden €. Ich meine, Sie haben Glück, dass sich diese Beträge kaum noch jemand vorstellen kann. 700 Milliarden € Gesamtvolumen! Aber wenn man all die Länder zusammenzählt, die jetzt schon an­gekündigt haben, dass sie Geld aus diesem Topf brauchen, dann sind wir schon wie­der über die 700 Milliarden € drüber. Das wissen wohl die Spekulanten besser als wir alle, und deshalb wird das überhaupt nichts nützen. Sie werden das wieder aufstocken müssen und es wird wieder die nächste Maßnahme geben.

Wenn Sie sagen, das würde nur der Nationalrat bestimmen: Ja, die gleiche Mehrheit, die jetzt diese 20 Milliarden € an Haftungen des österreichischen Steuerzahlers be­schließt, wird auch dann wieder, weil es ja so unbedingt notwendig ist, alles Weitere beschließen.

Jetzt sage ich Ihnen eines, Frau Bundesministerin – Sie waren damals, glaube ich, noch nicht in den jeweiligen Funktionen –: Wenn man sich Stenographische Protokolle aus der Zeit der neunziger Jahre anschaut, sieht man, dass wir, als es um die Euro-Einführung gegangen ist, genau dasselbe gehört haben. Herr Nowotny, damals noch Abgeordneter, jetzt Gouverneur der Nationalbank, hat uns damals erklärt, wie toll, richtig und wichtig diese Euro-Einführung ist, genau so, wie sie damals stattgefunden hat; gemeinsam im Chor mit Kollegem Stummvoll, der heute dasselbe wieder sagt: Jeder Kritiker ist verantwortungslos und kennt sich nicht aus, und die Euro-Einführung muss genau so stattfinden.

Herr Kollege Bartenstein, Sie werden es noch wissen: Wir haben damals, im Jah­re 1998, einen Antrag eingebracht, und zwar nicht auf Aufhebung dieses Projektes –


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und das ist immer das Perfide: wenn man die Art der Umsetzung eines Projektes kriti­siert, sagen Sie sofort, man sei gegen das Projekt an sich –, sondern wir waren auch damals für eine gemeinsame Währung in Europa, wie wir das auch heute sind, nur die Art der Umsetzung haben wir kritisiert, weil wir damals genau das vorhergesehen ha­ben, was jetzt eingetreten ist, dass nämlich Staaten mit dabei sind, die ganz einfach nicht fähig sind, in eine gemeinsame Währung einzutreten, weil damals die Kriterien nicht ausgereicht haben, weil der Kontroll- und Sanktionsmechanismus nicht ausge­reicht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Das haben wir hier x-mal diskutiert. Wir haben die Verschiebung dieses Projektes – nicht die Aufhebung – beantragt. Sie haben uns genauso wie heute kritisiert und ge­sagt, wie verantwortungslos die Verschiebung und wie toll dieses Projekt sei.

Kollege Stummvoll hat damals noch gesagt, dass die Euro-Einführung ja in Wahrheit keine in erster Linie währungspolitische Maßnahme ist, sondern sie ist eine grundsatz­politische Maßnahme. Deshalb sei es so wichtig.

Ja, das ist richtig, denn: Was war denn der wahre Grund für diese Art der gemeinsa­men Währung? – Das war der Preis, den Deutschland zahlen musste für die deutsche Wiedervereinigung, weil das Frankreich verlangt hat. Denn die haben Angst gehabt, dass eine deutsche Mark in einem wiedervereinigten, starken Deutschland überhaupt dann alles regieren und alles dominieren wird. Deshalb war dieser Euro der Preis für dieses sicherlich wichtige politische Projekt.

Aber heute, meine Damen und Herren, viele, viele Jahre danach, müssen wir uns nicht mehr danach richten, was Deutschland und Frankreich damals ausgemacht haben. Heute wäre es an der Zeit, die Fehler von damals zu korrigieren.

Da Sie immer von Feuerwehr-Aktionen et cetera sprechen: Ich sage Ihnen, wir wollen nicht leichtfertig ein morsches, ein renovierungsbedürftiges Haus abreißen. Da muss man schon schauen: vielleicht kann man daran arbeiten und es entsprechend sanie­ren. Aber wenn klar ist, dass das Haus nicht sanierbar ist – asbestverseucht, morsch, einsturzgefährdet ist –, dann ist es unverantwortlich, noch Geld hineinzupumpen, weil man weiß, es wird nicht funktionieren. Da ist der Abriss und der Neubau eines funk­tionierenden Gefüges die sicherere und die verantwortungsvollere Lösung. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben nicht gesagt – das sage ich Ihnen noch einmal –, dass wir gegen das Pro­jekt einer gemeinsamen Währung sind, sondern wir wollen endlich diese gemeinsame Währung auf eine solide Basis stellen, dass wir endlich den Fehler korrigieren und dass wir jetzt ausschließlich Länder in eine gemeinsame Währung hineinnehmen, die auch wirklich vergleichbare Volkswirtschaften haben, die vergleichbare Wirtschaftsda­ten haben. Das wäre das Sinnvolle.

Wir wollen, dass man ganz einfach sagt: Es geht nicht mehr! – und nicht Milliarden in­vestiert, nur um Zeit zu gewinnen. Die größten Euphoriker sagen: Eigentlich wollen wir ja nur Zeit gewinnen! – Aber: Worauf wollen wir warten? Dass Griechenland irgend­wann plötzlich zur Industrienation wird und auch einmal etwas erwirtschaftet? – Das werden wir nicht mehr erwarten. Oder dass in Spanien die Immobilienblase vorüber­geht? – Das werden wir auch nicht erwarten.

Deshalb wäre es sinnvoll, nicht polemisch herumzukritisieren und zu agitieren, sondern sich endlich einmal wirklich über die Zukunft der Europäischen Union und die Zukunft der gemeinsamen Währung Gedanken zu machen.

Aber da ist das genau der falsche Weg, weil der in Wahrheit wieder den Spekulanten den Atem freimacht für weiteres Agieren und die Banken entsprechend saniert. (Beifall beim BZÖ.)


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Das Hearing hat es ja gezeigt. Nehmen wir doch endlich das auf, was die Experten gesagt haben! Man muss sich bei solchen Maßnahmen ja auch über die Folgen den Kopf zerbrechen, wenn man sagt, ja vielleicht, man hofft, dass das ausreicht. Aber wenn auf der einen Seite Hoffnung steht, so ist auf der anderen Seite ein Worst-Case-Szenario gestanden: das Worst-Case-Szenario, dass das alles nicht ausreicht und dass es Nachschusspflichten geben wird bis zum Doppelten des derzeitigen Budget­defizits Österreichs, der Staatsschulden. Des Doppelten der Staatsschulden, hat ein Experte gesagt!

Das heißt, das, was wir in den letzten 60 Jahren an Staatsschulden hier in Österreich aufgebaut haben – das ist immer wieder kritisiert worden, aber das waren Aufwen­dungen in Österreich für die Österreicher –, könnte in wenigen Jahren verdoppelt wer­den.

200 Milliarden € zusätzlich an Staatsschulden hier in Österreich – aber nicht für die Österreicher, sondern dafür, dass die Spekulanten in ganz Europa weiter finanziert werden!

Dafür, Frau Bundesministerin, können Sie von uns als verantwortungsbewusster Op­position keine Zustimmung bekommen!

Wir wollen einen neuen Weg für Europa. Und da sollte man jetzt endlich einmal auch wieder anfangen damit. Wie viel Zeit hat man denn verloren? – Zehn Jahre lang hat man über eine europäische Verfassung herumdiskutiert, und dann ist der Lissabon-Vertrag herausgekommen. Jetzt: vier Jahre lang Krisenbewältigung.

Die wahren Ziele einer Europäischen Union – gemeinsame Sicherheit, gemeinsame Außenpolitik, gemeinsame Wirtschaftspolitik, um sich auch neue Märkte gemeinsam zu erschließen, die sich jetzt andere, Stichwort China und andere asiatische Staaten, un­tereinander aufteilen –, das wären die Aufgaben eines gemeinsamen, eines funktio­nierenden Europas; aber nicht dauernd Krisenfeuerwehr zu spielen, was letztlich nichts nützt.

Das wäre ein Umdenken – und es wäre längst an der Zeit, das zu machen! (Beifall beim BZÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.24

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Kollegen Scheibner muss man immer daran erinnern, dass die Aufnahme Griechenlands in die Eurozone von einem blauen Finanzminister auf europäischer Ebene beschlossen worden ist. (Abg. Huber: Herr „Professor“ Krainer!) – Ich weiß, Sie hören es nicht gern, aber es ist halt die Wahr­heit. Ein blauer Finanzminister hat der Aufnahme von Griechenland in die Währungs­zone, zum Euro, zugestimmt. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Neubauer: Die wahre Schuld liegt bei Griechenland!)

Ich sage auch immer dazu, wenn es ein roter Finanzminister gewesen wäre, lege ich nicht die Hand ins Feuer, dass er nicht dasselbe gemacht hätte wie der blaue, aber Sie sollten sich nicht von Ihrer eigenen Verantwortung permanent distanzieren, wie Sie das auch bei der Hypo und bei Kärnten die ganze Zeit machen! (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Huber. – Abg. Scheibner: Hast du etwas anderes auch zu reden? Po­lemiker!) – Das ist beschämend, wie Sie hier agieren und nicht die Verantwortung für Ihre eigenen Taten übernehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Beim ESM geht es darum, dass die Staaten der Eurozone gemeinsam sehr viel Geld in die Hand nehmen und damit eine Gesellschaft, einen Europäischen Währungsfonds, oder wie man es auch immer nennen will, gründen, der in Notfällen eingreift.


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Was ist ein derartiger Notfall? – Das ist dann, wenn ein Land sich für die Refinanzie­rung Geld nicht mehr am Kapitalmarkt ausborgen kann oder nur noch zu Wucher­zinsen ausborgen kann, die das Land in sehr kurzer Zeit in den Bankrott treiben wür­den. In dem Fall sagen wir untereinander, als europäische Staaten sind wir solidarisch miteinander. Wenn einer nur noch Wucherzinsen bekommt, die ihn in den Ruin treiben, dann braucht er sich nicht dort das Geld auszuborgen, sondern da legen wir zusam­men und borgen gemeinsam diesem Land das Geld – zu vernünftigen, zu leistbaren Zinsen, aber auch zu strengen Konditionen, bei strenger Kontrolle.

Das heißt, ESM auf der einen Seite als ein Zeichen der Solidarität, auf der anderen Seite der Fiskalpakt als klares Zeichen der Kontrolle, dass natürlich auch kontrolliert wird, was mit diesem Geld passiert.

Das sind in Wahrheit, einfach erklärt, diese zwei Verträge, die heute auf der Tagesord­nung stehen, und deren Wirkung.

Der Herr Bundeskanzler hat es gesagt: Das ist noch nicht sicher, dass das jetzt das Ende aller Tage ist. Es kann sein, dass aufgestockt werden muss, es kann sein, dass die Sicherungsmaßnahmen nicht reichen. Das, was Kollege Scheibner sagt, dass im­mer gesagt wird, jetzt ist aber eh alles geregelt, jetzt ist eh alles erledigt, das ist heute gar nicht gesagt worden. (Abg. Scheibner: Haben Sie wieder nicht zugehört?) – Es ist heute ausdrücklich gesagt worden, das ist ein wichtiger Schritt, und es kann keiner sa­gen, ob in den nächsten sechs Monaten nicht zusätzliche Schritte notwendig sein wer­den. (Abg. Huber: Für die Pflege haben wir kein Geld!)

Es gibt jedenfalls volle Unterstützung für das, was der Bundeskanzler heute auch ge­fordert und angesagt hat, nämlich zu schauen, dass der ESM eine Banklizenz be­kommt. Wieso das? – Alle Staaten in der Eurozone zahlen sehr hohe Zinsen für die Staatsschulden, in Wahrheit viel zu hohe Zinsen, wenn wir das mit den Zinsen verglei­chen, die die Vereinigten Staaten oder auch England zahlen. Bei höheren Schulden, bei höheren Defiziten zahlen die deutlich niedrigere Zinsen; auch niedrigere Zinsen als Österreich. Wir zahlen zwar relativ gesehen niedrige Zinsen, aber in Wahrheit könnten wir auch wesentlich weniger zahlen. Da reden wir von 1,5 bis 2 Prozent, die an und für sich notwendig wären.

Das heißt, dass wir daran arbeiten müssen, dass wir Instrumentarien schaffen, dass wir nicht unnötig viel Geld ausgeben an finanzielle Institutionen oder Investoren für un­sere Staatsschulden, sondern nur das zahlen, was notwendig ist, damit mehr Geld überbleibt für Maßnahmen der einzelnen Staaten – egal, ob das für Bildung ist, ob das für Gesundheit, ob das für Pensionen ist. Das ist eine Frage, die dann natürlich jedes Land für sich selber entscheiden muss.

Aber volle Unterstützung dafür, dass wir daran arbeiten, dass es hier zu mehr gemein­samer Finanzierung kommt – dahin gehend, dass wir alle weniger Zinsen zahlen, als wir das heute tun. Das ist ja der Schmäh von Eurobonds, oder wie Sie es auch jetzt immer plakativ nennen wollen – Eurobonds, Staatstilgungsfonds, Banklizenz für den ESM. Das, worum es geht, ist, dass wir alle weniger Zinsen zahlen und damit mehr Spielraum bei den nationalen Budgets haben.

Ich muss schon auch ein paar Dinge sagen zu Vorwürfen, die hier gekommen und völ­lig falsch sind.

Das Erste ist: Der Euro sei so eine Wackelwährung und wäre nicht stabil. – Die Sta­bilität einer Währung misst man im Wesentlichen zweifach: entweder die innere oder die äußere Stabilität. Bei der inneren Stabilität geht es darum, wie hoch die Inflation ist. Die Inflation seit Einführung des Euro ist zirka halb so hoch, wie sie vor Einführung des Euro war. Das heißt, die innere Stabilität des Euro ist jedenfalls nicht schlechter, son­dern besser, als die innere Stabilität des Schilling war. (Abg. Mag. Stefan: Das stimmt nicht!)


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Bei der äußeren Stabilität geht es um die Wechselkurse, also in welchem Verhältnis diese Währung zu anderen Währungen gewechselt wird. Da erfolgt der Hauptvergleich natürlich mit dem US-Dollar.

Es war immer das Ziel, ein Verhältnis von etwa 1 : 1 zu haben. Wir sind jetzt bei 1 : 1,26 – also auch nicht gerade eine besonders schwache Währung, sondern deutlich stärker als der Dollar. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Wenn hier behauptet wird, der Euro habe nichts mit Exporten zu tun, dann ist das na­türlich falsch, und zwar nicht nur weil Italien der zweitwichtigste Handelspartner ist, sondern das, was sich massiv geändert hat, ist allein die Fakturierung.

Das heißt, was früher in anderen Währungen fakturiert wurde – egal, ob das Dollar oder andere nationale Währungen waren –, wird jetzt in aller Regel in Euro fakturiert. Und allein diese Sicherheit, dass vor allem die Wechselkursschwankungen für den Ex­port ausgeschaltet sind, ist ein ganz wesentlicher Faktor, der das Exportieren leichter macht.

Reden Sie einfach mit Betrieben, die exportieren, und die werden Ihnen alle sagen, dass der Euro uns sehr, sehr geholfen hat, weil er hier sehr stabile Verhältnisse ge­bracht hat in unseren Außenbeziehungen und mit unseren Handelspartnern. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek und Neubauer.)

Wenn die FPÖ hier sagt, es gibt keine Kontrolle, nicht einmal der Rechnungshof darf den ESM kontrollieren, so ist das, wie leider sehr oft, nicht die Wahrheit. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)  Es ist so, dass es eine interne Kontrolle, eine externe Kontrolle und dann noch einen Prüfungsausschuss gibt, wo der Europäische Rechnungshof drinnen sitzt und wo, jeweils immer rotierend, zwei nationale Rechnungshöfe drinnen sitzen.

Das heißt, da ist natürlich die Kontrolle der Rechnungshöfe drin, und zwar zusätzlich zur internen und zur normalen externen Kontrolle.

Wenn gesagt wird, die Budgethoheit werde aufgegeben, so ist das generell falsch, aber in gewissen Situationen stimmt das natürlich. Die eigene Budgethoheit endet im­mer dort, wo die Budgethoheit des anderen beginnt. Wenn andere Staaten mich finan­zieren, dann werden die natürlich mitreden, wie ich mein Geld ausgebe, weil das ja nicht mein Geld, sondern auch ihr Geld ist. Es ist klar, dass natürlich dann in dieser Phase die anderen Staaten auch genauso darüber mitreden und kontrollieren, was mit diesem Geld passiert. Das halte ich im Prinzip für richtig.

Was völlig falsch ist – was auch immer wieder gesagt wird, was auch Kollege Scheib­ner wieder behauptet hat –, ist, dass es unbegrenzt möglich wäre, ohne dass das Par­lament irgendwas mitreden könnte, dass die Haftungen für Österreich schlagend wer­den können oder unbegrenzt ausgedehnt werden könnten.

Kollege Scheibner hat von 400 Milliarden € gesprochen. Das ist doch absurd und stimmt doch nicht! Die sind begrenzt mit dem Kapital, das wir einzahlen, und der Haf­tung. Jede Änderung über diese Summe hinaus bedarf vorher eines Beschlusses hier im Parlament.

Abschließend noch, nur damit wir wissen, wovon wir reden: Österreich hat ein BIP von zirka 300 Milliarden € und geht jetzt Kapital und Haftungen ein von unter 20 Milliar­den €. (Abg. Strache: Trotz 280 Milliarden € Staatsschulden!)

In Kärnten haben wir zirka ein BIP von 15 Milliarden € – also ein Zwanzigstel von Ös­terreich –, und dort wurden bei der Rettung der Hypo Alpe-Adria Haftungen und Kapital im Ausmaß von mehr als 20 Milliarden € notwendig.

Ich frage mich: Wo waren da jene Parteien, die heute schreien und sagen, das ist der Bankrott, und eine Volksabstimmung und dergleichen? – Haben Sie in Kärnten eine


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Volksabstimmung durchgeführt, ob Kärnten bei 15 Milliarden € Bruttoinlandsprodukt mehr als 20 Milliarden € Haftungen eingehen darf? – Nein! Haben Sie nicht! (Abg. Scheibner: Bei der BAWAG habt’s das aber anders gesehen!)

Wissen Sie, was der Unterschied ist? – Es ist zirka das Zwanzigfache, was Sie in Kärnten für ein Risiko eingegangen sind, und es ist schlagend geworden. Denken Sie einmal über Ihre eigenen Fehler nach und übernehmen Sie doch endlich Verantwor­tung für das, was Sie hier getan haben! (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Dr. Barten­stein – in Richtung FPÖ –: Haben Sie Ihre Rolle in Kärnten vergessen?)

Spielen Sie sich nicht als Lehrmeister auf und reden Sie hier nicht von Volksabstim­mungen, wenn Sie selber beim zwanzigfachen Risiko, das noch dazu schlagend ge­worden ist, das nicht gemacht haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.35.48

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich frage mich als Kaufmann immer wieder: Würden Sie von der SPÖ, Sie von der ÖVP und von den Grünen diesen Vertrag auch gutheißen und unterschreiben, wenn Sie selber dafür in die Haftung kommen könnten, also wenn Sie dafür verantwortlich gemacht werden könnten? – Ich denke, da würden Sie sich etwas schwerer tun, und Sie würden nicht so leichtfertig eine so weitreichende Ent­scheidung treffen! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, das Bild, das die EU und der Euro im Moment abgeben, das ist kein Zufall. Das hat so sein müssen. Ein Kommunist ist Ratspräsident. Ein Plei­testaat lenkt die Ratspräsidentschaft. Die größte zypriotische Bank ist pleite (Ruf bei der SPÖ: Trotz Grasser-Unterstützung?), braucht Geld vom ESM. Gestern ist im ORF in den Spätnachrichten durchgekommen, dass der größte EU-Betrugsskandal mit ei­nem Schaden von 600 Millionen € aufgedeckt wurde.

Meine Damen und Herren, das passt zum Bild der Euro-Situation. Peter Gauweiler von der bayerischen CSU führt zum ESM-Rettungsschirm wie folgt aus:

Das, was wir tun, ist wie „Schokolade für Zuckerkranke“ und führt ins Verderben. – Zi­tatende. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein. – Abg. Strache: Gauweiler ist kein Kommunist, Herr Bartenstein!)

Meine Damen und Herren, ich bin kein Ökonom, aber ich bin Kaufmann. Ich bin Kauf­mann und bilde mir meine Meinung als verantwortungsvoller Mensch selber. Ich als Kaufmann würde einen derartigen ESM-Vertrag niemals unterstützen und unterschrei­ben. (Beifall bei der FPÖ.)

Unübersehbare Risiken, Bürgschaften, die ins Unermessliche gehen, keine Kündi­gungsmöglichkeiten, Österreich verliert die finanzpolitische Souveränität – das sind Vo­raussetzungen, die ich nie, nie, nie unterschreiben und gutheißen würde.

Für eine dem Untergang geweihte Währung verschleudert diese Regierung – mit Hilfe der Grünen – Vermögen und unsere demokratischen Rechte. Wo ist denn in diesem Vertrag, meine Damen und Herren, die Gegenleistung für Österreich? – Wir zahlen im­merhin 2,23 Milliarden € ein, haften für fast 20 Milliarden €. Wo ist die Gegenleistung?! (Abg. Dr. Bartenstein: „Wo woar mei Leistung?“ – Das hat ein Freiheitlicher gesagt, oder?)

Was Herr Dr. Stummvoll im Budgetausschuss ausgeführt hat, ist ganz bezeichnend ge­wesen, denn da hat er nämlich gesagt, dieser ESM ist eine Verschnaufpause.


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Ja, meine Damen und Herren: Verschnaufpause. Und was kommt als Nächstes?

Das kommt mir so ähnlich vor wie diese russischen Puppen – Matroschka, glaube ich, heißen die (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter); „Matroschka“ steht im Duden, ich habe nachgeschaut –, Puppen also, bei denen man immer wieder die eine Hülle fallen lässt – und immer wieder kommt der nächste Rettungsschirm zum Vorschein. (Abg. Prähauser: Die werden immer kleiner!) – Immer kleiner, ja, ja, lieber Freund, das wäre so der Wunsch. Es ist das aber eine Insolvenzverschleppung, was hier gemacht wird, und nichts anderes.

Darum sind wir der Meinung, da gehört das Volk befragt! (Beifall bei der FPÖ.)

Als Budgetpolitiker, der ich ja für unsere Fraktion, für die FPÖ, auch bin, stelle ich fest, dass wir uns nicht gerade rosig finanzieren. Österreich hat – Frau Bundesminister, Sie vergessen das offensichtlich immer wieder – 283 Milliarden € Staatsschulden und zah­len dafür Zinsen in der Höhe von 10 Milliarden € pro Jahr. Österreich geht jetzt weitere Schulden ein – fremdes Geld, das wir aufnehmen müssen –, die der Steuerzahler letzt­lich bezahlen muss. Das, meine Damen und Herren, ist grob fahrlässig, wie hier vorge­gangen wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf schon daran erinnern, dass die Beschlüsse von Loipersdorf und das zuletzt von Ihnen entschiedene Sparpaket Belastungen für die Bevölkerung Österreichs bis zum Jahre 2016 von in Summe über 50 Milliarden € bringen – also 50 Milliarden € wer­den der Bevölkerung Österreichs, den Firmen Österreichs abgepresst. Das ist es, wo­rum es geht.

Wenn es mit den Rettungsschirmen so weitergeht, dann wird wahrscheinlich ein neues Sparpaket notwendig sein. – Auf der anderen Seite finanzieren Sie aber locker die Par­teienförderung und verdoppeln diese Beträge sogar.

Ich möchte zum Schluss noch eines sagen, meine Damen und Herren: Am Mon-
tag wurde in der ORF-Sendung „Thema“ über die Armut in Österreich berichtet – 250 000 Menschen in Österreich leben unter der Armutsgrenze. Es wurde über eine Betroffene berichtet, die in Österreich pro Woche 10 € fürs Leben zur Verfügung hat – 10 €! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es wurde darüber berichtet, dass Kleinstschulen zugesperrt werden müssen, weil Geldmangel herrscht, sodass diese Schulen, die so wichtig sind für das Soziale in Österreich – in dem Fall in Oberösterreich – nicht gehal­ten werden können.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Wir brauchen keine Rettungs­schirme für Banken, sondern Rettungsschirme für die Menschen dieses Landes. (Bei­fall bei der FPÖ.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.42.07

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich kann man über die Vorgangsweise diskutieren und streiten über den richtigen Weg. Man kann auch alles Mögliche bejammern, be­klagen, welche Fehler gemacht wurden – und dass Fehler gemacht wurden, das ist un­bestritten –, aber im Wesentlichen haben wir uns doch die Frage zu stellen: Welche Lösungen sind machbar, notwendig und umsetzbar, um die Budgetkrise in den vers­chiedensten Ländern und deren Finanzprobleme in den Griff zu bekommen?

Welche Instrumenten sind notwendig? Die einen glauben, die Lösung sei der Austritt, die Rückkehr zu dem, was wir einmal hatten, die anderen sagen: Nein, das alles ist nichts, nur sozusagen noch größer zu sein hilft.


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Ja, meine Damen und Herren, dieser ESM ist kein Allheilmittel, das ist unbestritten, aber es ist die einzig sinnvolle Alternative derzeit. Sagen Sie etwas anderes, was bes­ser sein könnte! (Abg. Dolinschek: Das haben wir eh gesagt!) – Das haben Sie nicht gesagt, meine Damen und Herren.

Natürlich wäre es besser, man bräuchte den Vergleich nicht zu machen, wo man meint, der ESM ist wie ein Feuerwehrauto. Mir wäre auch lieber, wenn das Gebäude vorher so stabil gebaut worden wäre, die Brandmauern so sicher wären, dass wir das alles nicht brauchen. Natürlich wäre das besser! Aber es gibt den Ausspruch des frühe­ren Bundesbank-Chefs Axel Weber, der einmal meinte, die größten Fehler der Politik werden nicht in den schlechten Zeiten, in den Zeiten der Krise gemacht, sondern in den guten Zeiten.

Es gibt ein bemerkenswertes Interview des früheren IWF-Chefs Horst Köhler aus dem Jahre 1995, wo er bereits damals ganz massiv betreffend die Kontrolle der Finanz­märkte darauf hingewiesen hatte, dass deutsche Sparkassen von der EU-Kommission gerügt wurden, weil sie bei einem Wirtschaftswachstum zwischen 2 und 3 Prozent we­niger Ertrag erwirtschaften würden als 25 Prozent. Köhler sagte damals, es kann doch niemand glauben, dass man aus nichts auch Geld machen kann.

Vielleicht hat man tatsächlich auch zu lange zugesehen, vielleicht hat man tatsächlich auch zu wenig überprüft, als Griechenland beigetreten ist, vielleicht hat man auch zu wenig darauf geachtet, die notwendigen Reformen und Maßnahmen zeitgerecht, schnel­ler und in einem größeren Umfang umzusetzen.

Auch bemerkenswert ist diese Woche ein Interview des früheren polnischen Finanz­ministers und Chefs der Nationalbank, der meinte, die Krise sei bei Weitem nicht so kritisch, wie sie dargestellt werde, aber dieses negative Szenario bräuchten doch, so meinte er, Journalisten und manche Politiker.

Und wenn es stimmt, dass Konjunktur auch eine Frage der Stimmung ist, dann ver­stehe ich nicht ganz, dass wir in Österreich, wo wir eine durchaus positive Konjunktur haben, alles krankjammern und schlechtreden, wo doch die Fakten eindeutig sind, dass Österreich blendend dasteht, in allen Bereichen beinahe zur Benchmark gehört, wir stolz sein sollten auf dieses Land, und letztlich unbestritten ist, dass dieser Euro und dieses Europa auch Österreich entsprechende Vorteile gebracht haben – das ist unbestritten! Daher sollten wir, meine Damen und Herren, auch in Zeiten der Schwie­rigkeiten, in jenen Zeiten, wo es Probleme gibt, zusammenstehen.

Ich halte fest, dass es offensichtlich doch möglich ist, dass drei Parteien staatspoliti­sche Verantwortung zeigen. Und dann so zu tun, als ob diese drei Parteien nichts ver­stünden, keine Ahnung hätten, das Land an die Wand fahren würden? – Dann frage ich mich, warum in Deutschland vier Parteien im Wesentlichen derartige staatspoliti­sche Verantwortung zeigen und nur eine einzige Gruppe in Deutschland, nämlich die Linken, dagegen ist (Bundesministerin Dr. Fekter: Die Kommunisten!) – nämlich, mei­ne Damen und Herren, die Kommunisten! (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Es mag, verehrte Damen und Herren von BZÖ und FPÖ, Ihre Sache sein, warum Sie sich auf die wirtschaftspolitische Ebene der Linken in Deutschland begeben wollen. (Bravo-Ruf sowie Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP in Richtung FPÖ und BZÖ: „Gratuliere!“ – Abg. Neubauer: Ihr haltet es mehr mit Gauweiler! – Gegenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Abgeordneter Hagen zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 127

14.46.59

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Ministerbank! Hohes Haus! Es ist mir neu, Herr Kollege Auer, dass der Ministerpräsident der CSU in Bayern ein Kommunist ist, aber er ist genau auf jener Linie, die auch das BZÖ vertritt, und daran können Sie sich ein Beispiel nehmen. (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Prähauser.)

Meine Damen und Herren! Es wurde hier schon oft über das Thema Feuerwehr ge­sprochen. Die Feuerwehr wird hier für den ESM missbraucht. Jetzt möchte ich Ihnen, Frau Minister, ein Beispiel bringen, nachdem Sie so schön mit der Feuerwehr gekom­men sind. (Abg. Prähauser: Die Feuerwehr kann nichts dafür!) – Die Feuerwehr kann eben nichts dafür, und jetzt frage ich Sie, was klüger ist, wenn das das Holzhaus des Nachbarn in Vollbrand steht und nicht mehr zu retten ist: Soll ich dann hergehen und meine Pumpe verwenden, die zu klein dimensioniert ist und meinen Löschteich leer­pumpen, wenn ich den sich annähernden Flächenbrand sehe? (Abg. Jakob Auer: Ja, da muss ich aufpassen, dass ich ...!) Ich glaube, das ist nicht vernünftig. Ich glaube, da muss ich mir eine Reserve zurückhalten und mein Haus schützen. Das ist legitim und das wollen wir hier machen, meine Damen und Herren.

Nun zum ESM. Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM soll die Ablöse der vor­läufigen Maßnahmen des Euro-Rettungsschirmes, der Europäischen Finanzstabilisie­rungsfazilität EFSF werden. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Es wird nicht funktionie­ren!

Ich erkläre Ihnen jetzt, warum das so ist: „Der Vorsitzende der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik, Lüder Gerken, kritisiert“ –

und das ist meiner Ansicht nach richtig –,

„dass der Stabilitätsmechanismus den Kern des Problems der südeuropäischen Län­der nicht erfasse: Dieses liege nicht in der Staatsverschuldung allein, sondern in der Verschuldung der Gesamtvolkswirtschaft aufgrund des anhaltenden Leistungsbilanzde­fizits. Diesem könne nur durch realwirtschaftliche Reformen begegnet werden. Solche Reformen seien zwar in den vereinbarten Mechanismen vorgesehen, indem die Ge­währung der Finanzhilfen an ,strenge Auflagen‘ geknüpft werden soll ...“ (Abg. Dr. Bar­tenstein: Eben! Genau!)

Gerken verweist aber darauf, „dass diese Auflagen in der Praxis nicht mit der notwen­digen Strenge durchgesetzt werden können, da die übrigen Euro-Staaten einem insol­venzgefährdeten Mitgliedstaat Finanzhilfen kaum versagen könnten und daher ihre Verhandlungsposition geschwächt sei.“ (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Stefan.)

Das haben wir jetzt sowieso schon gesehen, meine Damen und Herren, und genau so wird es kommen.

Der ESM verletzt auch die Nichtbeistandsklausel des EU-Vertrages, wonach die Union nicht als Ganzes für die Schulden der Mitgliedstaaten haften darf. Durch eine Ände­rung des EU-Vertrages soll diese Klausel nun ungültig werden, und das stimmt mich sehr nachdenklich, denn die Herrschaften, die diese Klausel eingebracht haben, wer­den sich dabei ja wohl etwas gedacht haben.

Der ESM soll künftig nicht nur Kredite an überschuldete Euro-Länder finanzieren, son­dern auch Anleihen von Euro-Ländern aufkaufen, vorsorglich Kredite zusagen und Geld zur Bankenstützung bereitstellen können.

Und jetzt kommt es: Diese Maßnahmen soll der ESM künftig ohne Kontrolle und auch ohne Einwilligung der Parlamente ausführen.

Da liegt ein großes Problem vor. Meine Damen und Herren von SPÖ, ÖVP und Grü­nen: Das ist die Aushebelung der Demokratie; da geht es in Richtung Diktatur. Auch


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wenn hiedurch schneller reagiert werden kann, weil lange parlamentarische Entschei­dungsprozesse, die ja für die Wirksamkeit der Maßnahmen eher kontraproduktiv sein könnten, hintangehalten werden, stimmt mich diese Vorgangsweise sehr nachdenklich. Die Parlamente sollen die Gesetzesvorschläge einmal ratifizieren und hätten dann kei­ne Verfügungsgewalt mehr über die gegebenen Finanzhilfen. Das schneidet einerseits massiv in das Budget- oder das Haushaltsrecht der Staaten ein und vergrößert ande­rerseits das bestehende Demokratiedefizit auf europäischer Ebene.

Meine Damen und Herren! Es ist wichtig für die Demokratie, dass der österreichische Nationalrat nicht zu einem Abnickgremium für Europa wird. Es ist für uns vom BZÖ nicht tolerierbar, dass Entscheidungen mit alternativlosen Sachzwängen und Dien­lichkeitsargumenten ohne nennenswerte Beratungen durch die Parlamente gepeitscht werden oder diese überhaupt nicht mehr gefragt werden.

Das Parlament ist nicht bloß eine Entscheidungs- und Gesetzgebungsmaschine, meine Damen und Herren. Wir haben eine Kommunikationsaufgabe hin zur Gesellschaft, de­rer müssen wir uns wieder bewusst werden! Wenn wir das nicht mehr erfüllen, ist unse­re Legitimität als Abgeordnete und als Parlament verfallen und die Demokratie über­flüssig geworden. So weit ist es mittlerweile, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Und noch etwas, meine Damen und Herren von ÖVP, SPÖ und Grünen: Ein Beschaf­fungsstopp bei der Polizei, geleaste Polizeifahrzeuge – wir haben vor Kurzem davon gehört – werden eingezogen, Ermittler müssen zu Fuß gehen oder mit der Straßen­bahn zu Tatorten fahren und, und, und. Überall wird eingespart, es ist kein Geld da. – Für die Österreicher und die österreichische Sicherheit haben wir kein Geld, aber für Bankenunterstützung im Ausland plündern wir die Staatskassen.

Können Sie als Österreicherinnen und Österreicher, als Abgeordnete, als gewählte De­mokraten, Österreich so vertreten!?

Wir vom BZÖ sagen ganz klar: Genug gezahlt! Eine Volksabstimmung ist hier der ein­zige Weg! (Beifall beim BZÖ.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nun hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.52.42

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der ESM, den wir heute diskutieren und der natürlich auch mit dem Fiskalpakt und der Änderung im EU-Vertrag verbunden ist, die ja im Wesentlichen wegen der deutschen verfassungsrechtlichen Situation notwendig geworden ist, ist auch ein langer Weg der Entwicklung in einer nicht sehr guten und gedeihlichen Entwicklung gewesen, nämlich dem Versuch, Griechenland extra zu helfen – die Schaffung der EFSF bis hin eben jetzt zur Schaffung des ESM, der nämlich als Struktur nun endlich auch die Antworten geben soll, die die anderen Varianten nicht gegeben haben.

Und genauso, wie das eine lange europäische Diskussion war, sind wir hier jetzt auch an einem Punkt angelangt, an dem eine lange österreichische Diskussion einen End­punkt gefunden hat. Ich möchte mich in diesem Zusammenhang für das konstruktive Gesprächsklima ganz herzlich bedanken, das zwischen den zwei Regierungsparteien SPÖ und ÖVP und der Oppositionspartei der Grünen, die nämlich jene Oppositionspar­tei war, die an diesen Gesprächen teilnehmen wollte, bestanden hat. Ich sage auch, wir wären nicht angestanden, das auch breiter zu diskutieren, nämlich mit den anderen zwei Oppositionsparteien, nur haben sie sich in dieser Frage sofort aus der Diskussion herausgenommen, was ich schade finde, weil ich auch glaube, dass das Ergebnis und


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der Diskussionsprozess selbst sehr gut waren, auch wenn Letzterer natürlich sehr mühsam und sehr langwierig gewesen ist.

Wenn die Frau Klubvorsitzende Glawischnig heute gesagt hat, der Abgeordnete Kogler hat einen „Eisenhintern“, weil er ein so lange durchsitzender Verhandler ist, so be­schreibt das Bild – wie immer man es beurteilen will – natürlich, dass es sehr lange Prozesse waren, weil es um eine sehr komplizierte Materie ging und darüber hinaus auch um viele schwierig zu beantwortende Fragen. Der wichtigste Eckpunkt war ja nicht nur der ESM selber, sondern auch die Antwort auf die Frage: Wie gehen wir hier in Österreich mit dem ESM um?

Die Mitwirkung im Nationalrat stellt sicher, dass in Österreich der Nationalrat über je­den wesentlichen Schritt im ESM beziehungsweise, ob jemand am ESM teilnimmt und wann der ESM auszahlt nicht nur informiert wird, sondern auch mitentscheiden kann – und das in einer Konstruktion, die natürlich trotzdem nicht Gefahr läuft, dass die ESM-Beschlüsse verzögert oder die Geheimhaltungspflichten, Vertraulichkeitspflichten ver­letzt werden. Aber es ist sichergestellt, dass in Österreich im Wesentlichen immer das österreichische Parlament als Souverän und als Vertreter des Souveräns, nämlich des Volkes, hier auch mitentscheiden kann.

In diesem Zusammenhang zu sagen, es gehe in Richtung Diktatur, wie das einige Ab­geordnete des BZÖ heute und auch gerade zuvor gesagt haben, ist nicht nur falsch, sondern infam! – Es ist ganz das Gegenteil der Fall, nämlich dass Österreich Vorreiter ist (Abg. Strache: ... sondern auch das deutsche Verfassungsgericht!), was die Mitbe­stimmung des Parlaments bezüglich Entscheidungen des ESM betrifft. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.)

Zweitens geht es auch um wichtige wirtschaftspolitische Eckpfeiler, die in diesen Ge­sprächen vereinbart werden konnten und die eine klare, eindeutige österreichische Po­sitionierung ermöglichen: das klare Bekenntnis zu Wachstum und Investitionen, wie es zum Glück auch beim europäischen Gipfel vom letzten Wochenende als Ergebnis he­rausgekommen ist – ein Ansinnen, das Österreich und der österreichische Regierungs­chef Bundeskanzler Faymann ja schon seit Langem formuliert hat. Wir brauchen zur Krisenbekämpfung, wir brauchen auch zur Budgetkonsolidierung – das ist ganz, ganz wichtig – Wachstumsimpulse und Wachstumsbereiche, aber auch die Finanztransak­tionssteuer und deshalb die Entscheidungen, die der ECOFIN und der Gipfel gebracht haben, nämlich dass jetzt endlich die Blockade einzelner Länder überwunden wird und der Weg frei ist, dass die Koalition der Willigen – jener Staaten, die bereit sind, die Fi­nanztransaktionssteuer einzuführen – diese auch einführen können.

Das ist ein massiver Durchbruch! Ich kann mich noch erinnern, vor einem Monat hat jeder Journalist in Österreich gefragt: Glauben Sie wirklich, dass das kommt? – Dies­bezüglich hat es Österreich mit einem Schulterschluss zwischen Regierung und der grünen Opposition geschafft, Europa in die Zange zu nehmen oder in Europa eine Dis­kussion voranzutreiben, nämlich auf verschiedensten Ebenen: über die Parteikontakte, über die Regierungskontakte, über die Parlaments- und Oppositionskontakte. Und das ist ganz, ganz wichtig und auch notwendig. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Es gibt aber auch – und das betrifft die Entschließungsanträge, die heute noch hier be­schlossen beziehungsweise zur Abstimmung vorgelegt werden – ein klares Bekenntnis zur baldigen Einrichtung eines Konvents inklusive der Beratung des Themas, wie wir in Zukunft mit Eurobonds umgehen wollen, wie wir in Zukunft auch mit der europäischen Frage Eurobonds, Eurobills, Schuldentilgungsfonds und wie sie alle heißen, umgehen wollen. Und es gibt einen Entschließungsantrag, der noch einmal untermauert, dass wir möglichst rasch ein Bankeninsolvenzrecht – oder sagen wir: einen rechtlichen Rah­men zur Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken – in Österreich schaffen wol­len.


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Zum ESM vielleicht noch ein paar Worte im Detail. Der ESM schafft Stabilität und Si­cherheit. Er ist ein Schutzwall gegen Spekulation – die Spekulation, die gerade gegen einzelne EU-Länder passiert – und wird in Zukunft auch bewirken, dass nicht mehr so leichtfertig wie bisher spekuliert werden kann. Der Zweck des ESM ist, für Mitglied­staaten mit schweren Finanzierungsproblemen Mittel zu mobilisieren, aber nicht ein­fach nur zu mobilisieren, sondern diese Hilfsgelder unter Auflagen auch zur Verfügung zu stellen.

Damit ist wohl ein dauerhafter, verbesserter Schutz vor systemischen Krisen geschaf­fen worden. Das ist nicht nur für die Problemstaaten ein wichtiger Punkt, sondern auch für Österreich, denn diese systemischen Krisen können sich mittelfristig auch auf Ös­terreich negativ auswirken. Schauen wir nur, was der Internationale Währungsfonds erst kürzlich in seiner Stellungnahme in seinem Österreich-Bericht gesagt hat, der sehr wohl sehr intensiv den Budgetkonsolidierungskurs in Österreich gelobt hat, den ausge­wogenen Kurs, den Wachstumskurs, den wir in Österreich fahren. Gleichzeitig hat er aber in seinem Länderbericht auch gesagt, die größte Gefahr für Österreich ist der nicht existente Schutz vor systemischen Krisen. Und mit dem ESM schaffen wir auch ein Element für den Schutz vor solchen systemischen Krisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der ESM basiert auf drei zentralen Elementen: Selbstverantwortlichkeit der betroffenen Länder durch strenge Auflagen, Solidarität der europäischen Partner und Beteiligung der privaten Gläubiger an der Sanierung. Gerade der letzte Punkt ist etwas, was alle vorherigen Konstruktionen nicht gehabt haben und was wir endlich mit dem ESM begonnen haben, hier durchzusetzen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es geht um viel Geld, das ist richtig, und jeder österreichische Staatsbürger, jeder ös­terreichische Steuerzahler fragt sich auch: So viel Geld – wer kontrolliert das und passt hier auf? – Darauf kann man auch eine klare Antwort geben: Es wird eine Kontrolle durch einen Prüfungsausschuss geben, der durch die nationalen Rechnungshöfe be­setzt ist – ganz, ganz wichtig –, und, wie gesagt, jede Entscheidung fällt hier in Öster­reich im Parlament.

Aber Österreichs Beitrag ist auch nicht überproportional groß, um auch das klar zu sa­gen: 2,8 Prozent ist unser Beitrag im ESM. Das entspricht der österreichischen Leis­tungsfähigkeit und der Leistungsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft. Das Ri­siko ist letztlich auf den Anteil an Kapital beschränkt; eine ähnliche Konstruktion wie bei einer GesmbH.

Nicht zu vergessen ist auch: Der ESM ist ein Kriseninstrument, er ist als Antwort auf die Krise entstanden, er ist aber natürlich nicht die einzige Antwort auf die Krise. Wir brauchen auch Wachstum und Beschäftigung, wir brauchen eine Konsolidierung der Haushalte, wir brauchen eine Regulierung der Finanzmärkte, und wir brauchen letztlich auch eine gerechte Verteilung von Vermögen und wirtschaftlicher Schaffenskraft inner­halb Europas und innerhalb der einzelnen Staaten. (Beifall bei der SPÖ.)

Für all jene, die ihre Beurteilung auch nach dem Faktischen machen wollen, sei nur auf die Entwicklungen der letzten Tage innerhalb Europas verwiesen. Wir haben schon ge­sehen, die Finanzmärkte erholen sich leicht. Wir haben auch gesehen, die Spreads sind seit dem europäischen Gipfel, der nämlich auch eine Wachstumsansage getätigt hat, stabil. Von Montag auf Dienstag hat es in Europa kaum eine Veränderung gege­ben. Wir werden sehen, ob das mittelfristig auch so bleiben wird.

Jedenfalls ist der ESM ein wichtiger Zwischenschritt zur Stabilisierung in dieser schwie­rigen Krisenzeit. Weitere Schritte wie Finanztransaktionssteuer, Wachstumspakt und Regulierung werden und müssen noch folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 131

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. – Bitte. (Abg. Mag. Wurm: Ein guter Redner nach dem anderen! Mir ist schon ganz schwindlig!)

 


15.01.49

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Der Kollege Scheibner ist im Moment nicht da – schade! In einigen Punkten konnte ich ihm nämlich durchaus folgen. (Abg. Bucher: Dafür bin ich da, stellvertretend!) Für mich ist der Euro auch nicht irgendeine heilige Institution, sondern das ist eine Währung – nicht mehr und nicht weniger. Und solange diese Währung ihre Funktionen erfüllt, ist es in Ord­nung. Ihre Funktionen erfüllt, heißt, wir verwenden sie als Zahlungsmittel, wir verwen­den sie als Tauschmittel gegenüber anderen Währungen, wir werden in dieser Wäh­rung bezahlt, et cetera.

Ich war auch sehr unglücklich über die Bemerkung von Frau Merkel – es ist schon ein Jahr her oder zwei –, wenn der Euro scheitert, dann scheitert Europa. Das ist natürlich in mehrfacher Hinsicht Unsinn. Erstens ist die Union nicht gleichbedeutend mit Europa. Zweitens, wenn der Euro scheitert, geht hoffentlich ein Ruck durch die Staaten der Uni­on, um nicht alles scheitern zu lassen, inklusive des Binnenmarktes und so weiter.

Aber das passt ja irgendwie zu den Ungenauigkeiten der Semantik in diesem Zusam­menhang. Wir reden immer von Euro-Rettungsschirmen, als ob der Euro gerettet wird. Das Gegenteil ist der Fall. Der Euro musste überhaupt noch nie gerettet werden. Was „gerettet“ wird – unter Anführungszeichen –, sind einzelne insolvente oder illiquide Staaten vor den Konsequenzen dieser Illiquidität oder Insolvenz. Aber der Euro als sol­cher braucht keinen Rettungsschirm. Bis jetzt hat er jedenfalls noch nie einen ge­braucht.

Kollege Scheibner, aber auch andere Kollegen vom BZÖ, haben sich auf die Hearing-Ergebnisse berufen. Da muss ich aber schon sagen, dass niemand von den Anwesen­den, niemand von den Experten und niemand von den anwesenden Abgeordneten nachvollziehen konnte, wie der Herr Ramb, das ist der von Ihnen nominierte deutsche Experte, plötzlich das Risiko für Österreich von den rund knapp 20 Milliarden, von de­nen im Vertrag die Rede ist, multiplizieren konnte und auf Beträge von 200 bis 400 Mil­liarden kommt. Das war für niemanden nachvollziehbar – sorry.

Herr Bucher, wenn ich Sie da schon sehe, vielleicht erklären Sie uns einmal, wie das mit dieser Parallelwährung gehen soll. (Bundesministerin Dr. Fekter: Südafrika!) Ich habe ja gesehen, dass Sie ein Büchlein vom Herrn Kerber haben. Herr Kerber ist ein Jurist von der Technischen Uni Berlin, war Ihr Experte beim Hearing – und ich hoffe, dass sein Buch besser ist als das, was er dort gesagt hat. Herr Kerber hat im Hearing gesagt – das habe ich mir genau gemerkt –, dass der ESM erst in Kraft treten würde, wenn und sobald der Fiskalpakt ratifiziert ist. Und er hat auch gesagt: Daher wird der ESM in absehbarer Zeit nicht in Kraft treten. (Abg. Mag. Stefan: Nein, nein! Hat er nicht gesagt!  90 Prozent !)

Das ist völliger Unsinn! Fiskalpakt und ESM haben gewisse Überschneidungen – ja, das ist wahr. Ein Land kann erst Hilfe erhalten, wenn es den Fiskalpakt unterschrieben, also ratifiziert hätte, aber das ist es auch. Wenn der Fiskalpakt überhaupt nicht in Kraft tritt, tritt der ESM trotzdem in Kraft, wenn ihn hinreichend viele unterschrieben haben. (Beifall bei den Grünen. Abg. Bucher: Aber nicht für das Land!) – Was heißt „nicht für das Land“? Wenn sie unterschrieben haben, dann haben sie unterschrieben.

Die Aufregung kann ich bis zu einem gewissen Grad überhaupt nicht nachvollziehen. Was ist denn der ESM?  Der ESM ist der Nachfolger der EFSF und bis zu einem ge­wissen Grad ist er der Nachfolger der Interventionen der Europäischen Zentralbank. Da die Interventionen der EZB, so sinnvoll sie auch in der Vergangenheit waren, immer


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wieder auf Kritik gestoßen sind, namentlich aus Deutschland, wird jetzt der ESM als neue Bank, wenn man so will, gegründet  die sinnvoll ist, aber die wir uns sparen könnten, wenn wir der EZB diese Möglichkeiten belassen hätten, nämlich auf Primär- und Sekundärmärkten zu intervenieren.

Worum geht es im Wesentlichen?  Ich glaube, Herr Staatssekretär Schieder hat es schon skizziert: Wenn auf irgendeinem Anleihemarkt, es kann auch einmal der öster­reichische sein, Hysterie auftritt, und Finanzmärkte tendieren zu hysterischen Reak­tionen, und eine Flucht aus den Anleihen dieses Staates einsetzt  das kann man sich ruhig analog zum Run auf eine Bank vorstellen, so kann es einen Run aus Anleihen ei­nes bestimmten Staates geben , mit den entsprechenden Folgen: der Kurs fällt, die impliziten Zinsen steigen, dann ist jedes kleine Land heute in der Euro-Zone diesen hysterischen Reaktionen hilflos ausgeliefert. Und wenn Sie da keine Institution haben, die dem entgegentritt, dann stecken Sie wirklich in der – ich verwende das Wort jetzt nicht – Bredouille, sagen wir einmal, ernsthaft. (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Das ist ein Schutz, Herr Bucher, insbesondere für kleine Staaten. Für größere Staaten reichen die 500 Milliarden € effektive Interventionskapazität ohnehin nicht aus. Das muss uns ohnehin klar sein. Wenn Italien ernsthaft in Schwierigkeiten wäre – unterstel­len wir einmal eine durchschnittliche Restlaufzeit von sieben Jahren bei italienischen Anleihen, bei rund 2 000 Milliarden Staatsschuld –, so sind das sind im Jahr rund 300 Milliarden, die zu refinanzieren wären, und zwar nur für ein Jahr. Das ist mit dieser Art ESM ohnehin nicht zu bewältigen. Deswegen überlegen wir ja alle, wie man diese Interventionskapazität erhöhen könnte und sollte. Entweder über die EZB, wie früher, oder über andere Maßnahmen, wie Herr Faymann heute gesagt hat, etwa über eine Banklizenz für den ESM. Das sind alles zweitbeste, drittbeste Möglichkeiten, weil wir der EZB in diesen Fällen zu wenig Interventionsmöglichkeiten lassen.

Das einzige wirkliche Risiko, das ich beim ESM sehe, ist, wenn wir die Fehler, die wir im Falle Griechenlands gemacht haben, wiederholen. Der ESM ist ein Mechanismus, der illiquiden, aber nicht insolventen Staaten vorübergehend hilft. Und das ist extrem sinnvoll! Aber er darf nicht dazu führen, dass insolventen Staaten Geld sozusagen nachgeworfen wird, und es ist sinnlos, es ihnen nachzuwerfen. Das landet eh nicht in Griechenland, sondern bei den Banken und anderen Gläubigern. (Abg. Bucher: Kön­nen Sie das ausschließen?) Also, im Falle Griechenlands ist das alles schiefgegangen, seit zweieinhalb Jahren. Wir sind jetzt so weit wie vorher. Das darf bei der reformierten Institution ESM in dieser Form nicht wieder passieren.

Leider sind einzelne Vertragsbestimmungen in diesem Zusammenhang nicht klar ge­nug. Es ist zum Beispiel eine Schuldentragfähigkeitsanalyse vorgeschrieben – das wis­sen Sie, das wissen wir alle –, aber es steht nicht ausdrücklich im Vertrag, was ist, wenn diese Analyse zu einem negativen Ergebnis kommt. (Abg. Bucher: Das wissen wir schon!) Darüber werden wir alle – das heißt Sie, ich bin dann nicht mehr hier im Haus, in dieser „Besenkammer“, wie die FPÖ das so abwertend bezeichnet (Abg. Pod­gorschek: Das war Grosz!) –, aber das werden Sie dann zu überlegen und zu befin­den haben, welchen Rat Sie der Finanzministerin mitgeben, wie sie sich im Gouver­neursrat zu entscheiden hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Linder gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.09.16

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Herr Staats­sekretär! Frau Minister, wenn Sie heute hier der Jugend auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen eindringlich erklärt haben, was der ESM ist und wie er funktioniert, so


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glaube ich, hätten Sie fairerweise dazusagen müssen: Liebe Jugend, das, was hier heute Rot, Schwarz und Grün beschließen, müsst ihr zurückzahlen, das wird von euch zu bezahlen sein, und versteht es, dass ihr bis zu eurem 70. Lebensjahr arbeiten müsst (Rufe bei Grünen und ÖVP: So ein Unsinn!), denn wir müssen den Griechen helfen, und es ist klar, dass ihr dafür bis 70 arbeiten und eine Steuerquote von min­destens 50 Prozent hinnehmen müsst. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. Zwischenruf bei der ÖVP.) Man sollte der Jugend gegenüber ehrlich und offen sein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Herr Abgeordneter Matznetter als auch die Frau Minister haben wieder die Feuerwehr ins Spiel gebracht, die Feuerwehr, die bereit ist, zu helfen. – Ich kann nur auf das re­flektieren: Ja, wir haben die Feuerwehr, die hilft, die bereit ist, zur Seite zu stehen, in der eigenen Gemeinde, im eigenen Bezirk, im eigenen Tal.

Das sind Leute, die gleich aufgestellt sind, die selbst ihren Beitrag zur Öffentlichkeit leisten und die selbst zum Staat stehen. Aber eines steht bei der Feuerwehr ganz im Vordergrund: der Selbstschutz. Schütze dich selbst, dann bist du in der Lage, zu hel­fen.

Anders aber ist es beim ESM: Da haben wir unterschiedliche Volkswirtschaften, da ha­ben wir ganz, ganz unterschiedliche Wirtschaftskräfte und vor allem haben wir Leute, die ganz anders denken. Wir haben einen Staat Österreich, der bereit ist, Steuern zu zahlen, die Bürger, die bereit sind, Steuern zu zahlen, die zum Staat stehen und die wissen, wenn es Probleme gibt, müssen wir zusammenstehen.

Im Gegenzug haben wir Länder wie Griechenland, wo Steuerzahlen keine Tradition hat, wo es dem griechischen Bürger völlig egal ist, wie der Staat zurechtkommt, er aber sehr wohl auf die Straßen geht, wenn er von Europa kein Geld bekommt. Ich glaube, nach all diesen Phasen, die wir im Lauf der Jahre miterlebt haben  versprochen, ge­brochen , es wurde zum Beispiel heute schon mehrmals erwähnt, dass das Griechen­land-Hilfspaket nur symbolisch sein sollte, es wurde uns erklärt, der Euro wird eine harte Währung sein, dass kein Euroland für andere Mitgliedsländer haften muss, dass wir Zinsen verdienen werden bei der Griechenlandhilfe, ich glaube, ob all dieser ge­brochenen Versprechen ist es für uns unerklärlich, dass Rot, Schwarz und Grün ganz bedingungslos den ESM fordern, in den ESM eintreten wollen, den ESM ratifizieren wollen. (Abg. Mag. Schickhofer: Eben nicht !)

Geradezu tagtäglich erleben wir, dass es wieder Änderungen gibt. Gerade jetzt beim Gipfeltreffen wurde wieder beschlossen, dass die Banken direkt Geld holen können. Wo wir uns alle im Klaren sind, dass wir die Banken zurückstutzen sollen, die Banken aufgeschlüsselt werden sollen, die Macht der Banken genommen werden soll, ist die SPÖ voll mit dabei, den Banken noch mehr Kraft, noch mehr Möglichkeiten und noch mehr Rückendeckung beim Spekulieren zu geben. Das ist meiner Ansicht nach unver­ständlich, aber offensichtlich ist die EU-Hörigkeit so groß, dass Sie alle Grundsätze über Bord werfen.

Wenn der Abgeordnete Matznetter sagt, es ist schäbig, nicht zu helfen, so sage ich hier ruhigen Gewissens: Schäbig ist es, wenn man Geld gibt und selbst keines hat, wenn wir unsere Bürger belasten müssen, Steuerquoten, Steuern und Abgaben von 45, 46 Prozent einführen! (Beifall bei der FPÖ.)  Aber wir müssen den anderen Län­dern helfen. Ich glaube, wir sollten uns zuerst einmal auf unser Land besinnen, zuerst einmal schauen, dass es bei uns dem Bürger gutgeht.

Die unterschiedlichen Meinungen, wie es mit Europa weitergeht, sind zweifellos da. Frau Abgeordnete Oberhauser hat heute gesagt, wir brauchen Europa – es fragt sich nur: wie? Das stimmt, aber ich glaube, das ist eine so grundlegende Entscheidung, dass wir sie nicht hier herinnen alleine treffen sollen. Da hat für mich wirklich das Volk


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miteingebunden zu werden und mitentscheiden zu dürfen  vor allem zu Zeiten, wo die ÖVP tagtäglich plakatiert, sie wollen direkte Demokratie, sie wollen das Volk mehr ein­binden und die SPÖ alleine für das Bundesheer schon eine Volksbefragung oder eine Volksabstimmung fordert. So, denke ich, ist es unsere Pflicht, ein so wichtiges Thema wie die Zukunft der EU mit dem Punkt, wie weit Österreich finanziell miteinsteigt in die Hilfe das Volk entscheiden zu lassen, da das Volk miteinzubinden.

Haben Sie den Mut, gehen wir den Weg einer Volksabstimmung und lehnen wir heute den ESM ab! (Beifall bei der FPÖ.)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Prähauser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.14.32

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Europa ja oder nein, da kann wohl nur eine dicke Unterstreichung unter ja kommen. Ich bin den Grünen sehr dankbar, dass sie den Weg der Regierung mitgehen, Europas Mitgliedern, die in Not geraten sind, zur Seite zu stehen.

Ich möchte ein paar Punkte, die hier als Argumente angeführt wurden, ein bisschen hinterfragen. Herr Kollege Themessl hat mich ein bisschen überrascht. Ich sehe ihn jetzt nicht, aber da er ja so oft in die Schweiz kommt, wie er sagt  ich glaube ihm das auch , wird er sicher nicht hinüberfahren, um den Lebensbedarf dort zu decken, das wird er sich nämlich schwer leisten können. Die Schweiz ist nämlich ein überteures Land geworden, und in der Schweiz, in Zürich  ich weiß, wovon ich rede, ich habe dort sehr viele Verwandte  eine Zweizimmerwohnung unter 2 500 € zu bekommen, kannst du nur erträumen, geschweige zu kaufen versuchen.

Gleichzeitig ist das Einkommen aber nicht so eklatant viel höher, dass das keine Be­lastung wäre. (Abg. Mag. Stefan:  BIP ist höher als bei uns!) Meine Damen und Her­ren, die Schweiz muss unglaublich viel Geld aufwenden, um mit Europa, mit dem Euro konkurrieren zu können. Durch die sogenannte Schwäche zum Franken waren die Exportmöglichkeiten der Schweiz in die Euroländer auf null gesunken. Die haben sehr viel Geld verwendet, um diese Notbremse bei 1,20 einzuziehen. In Wirklichkeit hätten sie von 1,35 geträumt, aber so viel Geld wollten die Schweizer, die auf dem Geld ja be­kanntlich sitzen, doch nicht lockermachen. Sie wollten einmal abwarten, wie sich die Zukunft entwickelt.

Meine Damen und Herren, das sollten wir, wenn man auch weiß, wie dort die Sozial­gesetzgebung ist, nicht immer als Beispiel heranziehen. Die Schweiz ist ein Staat für sich, wir sind ein Mitglied der Europäischen Union, haben unsere Aufgaben da wahrzu­nehmen. Der Stabilitätsmechanismus ist ein geeignetes Instrument, auch die Finanz­probleme gemeinsam in den Griff zu bekommen.

Ein anderes Argument, das ich immer wieder höre  bitte, liebe FPÖ, erklären Sie mir, was Sie damit wirklich meinen –: Die Griechen sollten aus Europa ausscheiden, sollten in Konkurs gehen, abwerten  und dann hätten sie keine Schulden mehr, oder wie stel­len Sie sich das vor?! Oder glauben Sie, dass es mit der abgewerteten oder wiederein­geführten Drachme auch nur einen Teil dessen vom Ausland beziehen wird können, was es braucht, um eine eigene Wirtschaft auf die Beine zu stellen? Das glauben Sie doch im Ernst nicht, aber Sie verkünden das jeden Tag, nur wie Sie das machen möch­ten, das haben Sie uns bis heute nicht gesagt.

Herr Kollege Themessl hat auch noch von der Schweiz geschwärmt, weil er ja so oft hi­nüberfährt, und er hat gesagt, die Schweiz habe mit Europa überhaupt keine Berüh­rungspunkte. – Dazu: Schengen wird er schon festgestellt haben, dass er den Pass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 135

nicht mehr zücken muss, und auch die bilateralen Verträge mit der EU, die die Schweiz unbedingt braucht, um wettbewerbsfähig zu sein, wird er ja wohl hoffentlich im Kopf haben. Nur sollte er das auch sagen und nicht gleichzeitig hier verkünden, es gibt kei­ne Berührungspunkte mit der Schweiz. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Meine Damen und Herren, wir haben keinerlei Vorteil, wenn einzelne Länder aus Eu­ropa herausgeschossen werden. Wir werden, wenn wir das gemeinsam bewältigen, die Kraft entwickeln, dass Europa in der Welt jenen Stellenwert in Zukunft einnehmen wird, der ihm auch zusteht. Europa hat eine unglaubliche Wirtschaftskraft und auch einen Willen, diese umzusetzen. Wir sollten unseren Teil dazu beitragen, dass auch schwä­chere Länder in die Lage versetzt werden, an diesem Kuchen zu partizipieren. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.18.18

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kurz gesagt, aus der Wirtschafts- und Währungsunion wird eine Haftungsunion.

Frau Finanzministerin, Sie waren die Erste, die das ausgesprochen hat, was sich sehr viele gedacht haben. Sie haben im Interview gesagt, dass Sie sich vorstellen können, dass Italien Hilfen aus dem Rettungsschirm benötigen wird und Sie hatten recht da­mit.

Die Reformen in Italien beginnen bereits zu stocken. Die Rezession wird immer größer. Die Staatsschuldenquote dürfte dieses Jahr bei 123 Prozent liegen, im nächsten Jahr geht man davon aus, dass sie bei 135 Prozent liegen wird. 2014 laufen Staatsanleihen im Volumen von 487 Milliarden aus. Das heißt, es braucht neues Geld, das heißt, der Rettungsschirm wird einspringen.

Frau Bundesministerin, Sie haben ja bereits bestätigt, dass Spanien 100 Milliarden aus dem Rettungsschirm bekommen wird. Das Brüsseler Centre for European Policy Stu­dies meint übrigens, dass den spanischen Banken Verluste bis zu 360 Milliarden ins Haus stehen. Zypern braucht Geld. Die Ratingagentur Fitch hat den Finanzbedarf für den Bankensektor in Zypern mit 4 Milliarden beziffert. Das, meine Damen und Herren, sind 22,85 Prozent der zypriotischen Wirtschaftsleistung.

Zu Griechenland: Die EU-Kommission hat errechnet, dass bisher 380 Milliarden € nach Griechenland geflossen sind. Laut Kommissionspräsident Barroso liegen die Hilfsgelder bei 177 Prozent des BIP. Dass Griechenland weitere Gelder benötigen wird, ist ein offenes Geheimnis, aber das Tragische dabei ist, dass von den 11,3 Mil­lionen Griechen zwei Drittel unter der Armutsgrenze leben.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass diese Beispiele ganz deutlich zeigen, dass man nichts anderes macht, als die Banken zu stützen, und die Bevölkerung aushun­gern lässt. Ich nehme auch an, dass das nicht die Chancen sind, von denen Herr Klub­obmann Kopf gesprochen hat.

Die Dimensionen sind noch nicht abschätzbar. Laut einem deutschen Bericht geht man davon aus, dass bis Ende 2013 beziehungsweise 2014 auslaufende Kredite in der Hö­he von 1 198 Milliarden fällig werden. Weiters wurde errechnet, dass man 300 Milliar­den für die laufenden Defizite benötigen wird. Ich nehme an, auch das sind nicht die Chancen, von denen Herr Klubobmann Kopf gesprochen hat.

Aber ich frage Sie: Wie soll Italien seinen Anteil von rund 14,5 Millionen bezahlen (Ruf: Milliarden!), 14,5 Milliarden, und eine weitere Bereitstellung von 111 Milliarden garan-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 136

tieren? Wie soll Spanien seinen Anteil von 9,5 Milliarden bezahlen und eine weitere Bereitstellung von 73 Milliarden garantieren? – Ich nehme an, man macht das über den Artikel 25:

„Nimmt ein ESM-Mitglied die aufgrund eines Kapitalabrufs erforderliche Einzahlung nicht vor, so ergeht an alle anderen ESM-Mitglieder ein revidierter erhöhter Kapitalab­ruf“.

Das heißt, es ist jetzt schon klar, die 700 Milliarden werden nicht ausreichen, Öster­reich wird sich mit einem rascheren Kapitalabruf von insgesamt 19,5 Milliarden be­schäftigen müssen. Somit werden sich die Gesamtschulden Österreichs auf über 300 Milliarden erhöhen, und natürlich wird auch die Zinsbelastung automatisch steigen. Ich nehme an, auch das sind nicht die Chancen, von denen Herr Klubobmann Kopf ge­sprochen hat.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, von der ÖVP, aber auch von den Grünen! Ich nehme das zur Kenntnis: Sie wollen diese Schulden- und Inflationsunion, Sie wollen den ESM, Sie wollen eine EU-Zentralregierung durch das Direktorium ESM und Sie wollen dieses Fass ohne Boden weiter finanzieren. Aber dann erklären Sie, meine Da­men und Herren, bitte den Österreichern, warum Sie die Förderungen im Bauspar­sektor und auch bei der Zukunftsvorsorge um 50 Prozent gekürzt haben! Erklären Sie, meine Damen und Herren, der österreichischen Bevölkerung, warum man bei den Pen­sionen und auf dem Arbeitsmarkt 7 Milliarden einspart! (Beifall beim BZÖ und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Erklären Sie, meine Damen und Herren, den Österreichern und Österreicherinnen, wa­rum man in Österreich Belastungspakete schnürt! Und vergessen Sie nicht, den Öster­reicherinnen und Österreichern auch zu sagen, dass Sie das Geld, das wir im Land brauchen – nämlich für Familien, Gesundheit, für den Wirtschaftsstandort Österreich, nicht zu vergessen: zur Bekämpfung der Armut in unserem Land –, dass Sie dieses dringend benötigte Geld lieber nach Luxemburg und nach Brüssel schicken. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

15.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


15.24.03

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Wir leben im größten Wirtschaftsraum der Welt. Österreich ist mit dem Wirtschaftsraum Europa strengstens und engstens verbunden. Rund 56 Prozent unseres Bruttonationalproduktes erwirtschaften wir aus unserer Exportwirtschaft, den Großteil davon im Euro-Raum. (Abg. Dr. Lichtenecker: 70 Prozent!) – Sie haben das richtig erraten, es sind 70 Prozent. (Abg. Dr. Lichtenecker: Nicht erraten, wissen!) Das heißt, rund ein Drittel aller Arbeitskräfte ist eindeutig von unserer Exportwirtschaft in Europa abhängig.

Man muss sich das vorstellen! Wir als Europa, als größte Wirtschaftsmacht der Welt, können all das bei einem Anteil von nur mehr 8 Prozent der Weltbevölkerung halten! Das heißt, wir stehen im Wettbewerb zu Amerika, wir stehen im Wettbewerb zu den asiatischen Ländern, und trotzdem erwirtschaften wir ein Viertel des weltweiten Brut­tosozialprodukts und die Hälfte aller Sozialleistungen. Wenn wir das weiter erhalten wollen, dann müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs stärken und Europa stärken und dann müssen wir auch die wechselseitige Unterstützung nicht nur akzep­tieren, sondern sind auch dazu verpflichtet, sie durchzuführen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 137

Meine Damen und Herren, wir brauchen daher einen Europäischen Stabilitätsmecha­nismus und einen Fiskalpakt, weil diese unwiederbringlich zusammengehören. Sie stellen nicht nur Gegenleistung und Leistung dar, sondern sie stellen aus meiner Sicht auch Zuckerbrot und Peitsche dar. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Nur wer die entsprechenden Auflagen von Europäischem Stabilitätsme­chanismus und Fiskalpakt erfüllt, hat auch die Chance, eine entsprechende Unterstüt­zung zu bekommen, und er hat diese Auflagen konsequent umzusetzen.

Nur jene Länder bekommen Finanzhilfe, welche den Fiskalpakt auch unterzeichnen. (Abg. Dr. Pirklhuber: In welches Gymnasium sind Sie gegangen?) Daher ist es sehr wichtig, dass Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sich heute noch überle­gen sollten, auch dem Fiskalpakt zuzustimmen, weil er die Grundlage für den Stabili­tätsmechanismus ist, denn er legt fest, dass in Zukunft alle Staaten, die diesen Fiskal­pakt unterschreiben, nur noch so viel Schulden machen sollen, wie sie auch zurück­zahlen können. Und das ist die Grundlage dafür, dass der Stabilitätsmechanismus da­nach auch in Anspruch genommen werden kann und die Gelder zur Verfügung gestellt werden. Das ist der Punkt, warum es notwendig ist, dass wir Stabilitätsmechanismus und Fiskalpakt in einem sehen!

Daher ist es wichtig, beides zu beschließen, um die Arbeitsplätze in Österreich, die Sparbücher in Österreich und expandierende Unternehmen in Österreich weiterhin zu unterstützen beziehungsweise zu sichern. Nur ein gesunder Staatshaushalt sichert die Stabilität in Europa. Diesbezüglich haben wir in Österreich bereits Maßnahmen durch­geführt. Wir haben das Konsolidierungspaket in Österreich bereits beschlossen, und das sollen mit dem Fiskalpakt nun auch die anderen Staaten in Europa durchführen.

Das heißt auch, dass wir langfristig davon ausgehen können, dass der Stabilitätsme­chanismus bei der Einhaltung der Kriterien seine Präventionsfunktion immer mehr er­füllt und immer weniger in Anspruch genommen werden wird, denn es geht darum, die Spekulation in Europa hintanzuhalten. Es ist wichtig, dass Europa nicht mehr den Spe­kulanten unterworfen wird, und gerade deshalb ist es notwendig, ESM und Fiskalpakt zu beschließen.

Unser Ziel ist es, weiterhin zur wohlhabendsten, sichersten und friedlichsten Region in Europa und in der Welt zu gehören, und das ist auch das Ziel von ESM und Fiskalpakt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jury gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.28.29

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Vorab möchte ich mich einmal als glühender Europäer bekennen, der für die europäi­sche Integration, für Frieden, Freiheit, Souveränität und für die Selbstbestimmung der Völker steht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, was Sie heute mit der Beschlussfas­sung des Europäischen Stabilitätsmechanismus und in weiterer Folge mit dem Fiskal­pakt veranstalten, ist ein Verfassungsputsch und ein kalter Staatsstreich, wie wir es heute Vormittag schon gehört haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Ja, ja, Kollege Bartenstein!

Kollege Bartenstein, ich frage dich aber auch: Was machst du morgen, wenn der fran­zösische Präsident Hollande kommt und sagt: 33 Milliarden € gehen mir in meinem Budget für 2013 ab!? – Frankreich stimmt dem ESM zu, aber dem Fiskalpakt? Stimmt Frankreich dem Fiskalpakt zu? (Abg. Dr. Bartenstein: Müssen sie ja!) Frankreich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 138

stimmt dem Rettungsschirm zu, aber Frankreich stimmt nicht den Kontrollmechanis­men zu. (Abg. Dr. Bartenstein: Aber natürlich !)

Das ist dieses Europa, das Sie zu verantworten haben, Herr Kollege Bartenstein, mit Ihrer Regierungspartei und mit Ihren Regierungspartnern, die einfach diese Krise nicht zur Kenntnis nehmen (Abg. Dr. Wittmann: Da haben Sie eine Informationslücke!) und die mit völlig falschen Mechanismen, Geld in eine Transferunion zu schicken, immer weiter in diese Krise hineinkommen, die ganz Europa in den Abgrund reißen wird. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Sie nehmen diese Krise zum Anlass, daraus diese Transferunion zu bauen und einen Super-Bundesstaat Europäische Union zu schaffen.

Wissen Sie, falsche Argumente werden nicht dadurch wahrer, dass sie immer wieder gepredigt werden (Abg. Mag. Steinhauser: Selbsterkenntnis, das ist gut!) von den Re­gierungsparteien und von der grünen Seite.

Ich will kein Europa mit 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Ich will kein Europa, wo Bü­rokratie, Zertifizierungen und Normierungen die Menschen in ihrer Freiheit behindern. Ein solches Europa lehnen wir ab! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitliche stehen für Frieden, für Frei­heit, für Selbstbestimmung und wollen nicht haben, dass dieses Europa auf dem Altar der europäischen Zentralisten geopfert wird! (Beifall bei der FPÖ.)

15.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker. – Bitte.

 


15.32.01

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege, Sie verwechseln da etwas im Zusammenhang mit Frankreich: Ein Staat kann den ESM-Schutzschirm nur in Anspruch nehmen, wenn er auch den Fiskalpakt ratifiziert hat. Das ist ein Fak­tum, und das sollten Sie in dieser Form auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Dann ist aber Ihr Abstimmungsverhalten sehr selt­sam! Dann ist das Abstimmungsverhalten der Grünen sehr, sehr seltsam!)

Was diskutieren wir heute? – Wir diskutieren heute, wie wir die Ursachen künftiger Kri­sen vermeiden können und wie wir die Folgewirkungen der Krisen letztendlich besser handeln können und im Endeffekt beseitigen können.

Ja, es geht natürlich beim Schutz vor künftigen Krisen um Gerechtigkeit, Transparenz und Kontrolle, und dazu braucht es eine Finanztransaktionssteuer. Diese ist vom Ab­stellgleis wieder auf Schiene gekommen, und das ist gut und wichtig so.

Und selbstverständlich braucht es, um Europa, die Wirtschaften Europas künftig vor Krisen zu schützen, auch ein Bankeninsolvenzrecht, denn die Menschen verstehen nicht mehr, dass die Banken große Gewinne machen, die die Eigentümer selbst in die Taschen stecken, aber dann, wenn Krisen auftreten und sie überschuldet sind, die All­gemeinheit, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Last zu tragen haben.

Das ist nicht verständlich, und daher haben wir Grüne darauf gedrängt (Abg. Grosz: Aber eher erfolglos!), dass es in Österreich auch ein Bankeninsolvenzrecht geben soll und auch wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist nichts herausgekommen!) Entsprechende Maßnahmen werden auch gesetzt, Herr Kollege Grosz, nehmen Sie das zur Kenntnis! Wir arbeiten daran, das ist in Umsetzung.

Daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein, den Herr Kollege Stummvoll heute ver­gessen hat:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 139

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Krainer, Stummvoll, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch Prävention von Bankinsolvenzen und geordnete Reorganisation von Instituten mit wirtschaftlichen Problemen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, raschestmöglich einen Maßnahmenkatalog mit der Zielsetzung der Entlastung der öffentlichen Haushalte und der Steuerzahler zu erstellen, mit dem vorbeugende Maßnahmen zur Verminderung des Risikos wirtschaft­licher Schieflagen von Kreditinstituten getroffen werden können. Weiters soll das be­stehende Instrumentarium des Bankwesengesetzes in Verbindung mit der Insolvenz­ordnung dahin gehend verbessert werden, dass Sanierungsverfahren vor dem Zeit­punkt der Unumkehrbarkeit von wirtschaftlichen Schieflagen eingeleitet werden kön­nen. Erforderlichenfalls sollen dann Reorganisations- und Abwicklungsverfahren zur Verfügung stehen, die eine geordnete Abwicklung mit einer Verteilung der finanziellen Lasten ermöglicht, die nicht nur auf die öffentlichen Haushalte und die Steuerzahler setzt, so dass künftig auch nicht mehr auf Bankenrettungen – zur Vermeidung eines ,moral hazard‘ – vertraut werden kann, was ebenfalls der Prävention dient. Eine sorg­fältige Evaluierung und die genaue Beobachtung und Einbeziehung der Entwicklung der Verhandlungen über den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 6. Ju­ni 2012 über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten sind hierbei erforder­lich. Daher soll die Bundesregierung im Herbst 2012 dem Nationalrat einen Katalog der evaluierten und mit dem künftigen EU-Recht weitestmöglich konsistenten Maßnahmen vorlegen, die die Bundesregierung in der Folge in Gesetzesform vorlegen soll.“

*****

Meine Damen und Herren! Das wird künftig einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Steuerinnen –, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – ja, die Genderge­schichte ist nicht immer einfach, wie Sie sehen, aber korrekt (Beifall bei den Grünen) – nicht die Last tragen müssen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie eine Frau Grünin oder eine Frau Grüne?) Es ist gut so, dass wir da den nächsten Schritt setzen.

Meine Damen und Herren! Was uns besonders wichtig ist zur Bewältigung der Folgen der Krisen, ist ein grünes Investitionspaket; ein grünes Investitionspaket deshalb, weil die Arbeitslosigkeit sowohl in Österreich als auch in Europa hoch ist. (Abg. Kickl: Eine Parteienförderung zum Beispiel!) Vergessen Sie nicht, dass zum heutigen Tag in Ös­terreich nach wie vor 40 000 Menschen mehr arbeitslos sind als 2008, vor der Krise. Vergessen Sie das nicht! Auch wenn Österreich eine relativ niedrige Arbeitslosenquote hat, ist die Arbeitslosigkeit dennoch gestiegen.

Und vergessen Sie nicht, in Europa sind an die 25 Millionen Menschen arbeitslos, von Arbeitslosigkeit betroffen, und insbesondere den jungen Menschen werden die Chan­cen genommen.

Daher sagen wir: Es ist wichtig, jetzt in die Zukunft zu investieren, in Bildung, in For­schung, in Innovation, in den Klimaschutz, in eine sichere Energieversorgung, um ge­nau in diesem Bereich eine Wende in der Wirtschaft zu erreichen, um die entspre­chenden Arbeitsplätze zu schaffen, grüne zukunftsfähige Arbeitsplätze.

Genau in diesem Punkt haben wir eine entsprechende Initiative gesetzt, und auch diese ist beschlossen worden. Das ist gut so, damit sich Europa in die richtige Richtung bewegt. (Beifall bei den Grünen.)

15.37



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 140

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Krainer, Stummvoll, Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch Prävention von Bankinsolvenzen und geordnete Reorganisation von Instituten mit wirtschaftlichen Problemen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1711 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das Bundeshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (1883 d.B.)

In Folge der Finanzmarktkrise mussten seitens der Steuerzahler in vielen Ländern, auch in Österreich, hohe Summen in Form von Haftungen und für Rekapitalisierungen von Kreditinstituten aufgebracht werden. Ziel der auf dem FinStaG und dem IBSG be­ruhenden Maßnahmen war es, dass durch wirtschaftliche Schieflagen im Finanzsektor nicht noch größere volkswirtschaftliche Schäden entstehen.

Es darf jedoch für die Zukunft nicht allein auf die bereits stark belasteten öffentlichen Haushalte gesetzt werden und es soll die Gefahr, dass diese weiterhin durch Banken­rettungen belastet werden, weitestmöglich reduziert werden. Der völlige Verzicht auf staatliche Rekapitalisierungen ohne weitere Begleitmaßnahmen im Krisenfall stellt je­doch keine Alternative dar, da unkontrollierte Insolvenzen von Unternehmen des Fi­nanzsektors in vielen Fällen ein hohes volkswirtschaftliches Risiko auch in der Real­wirtschaft darstellen können. Ausgehend von diesen Überlegungen hat die EU-Kom­mission am 6. Juni dieses Jahres einen Entwurf für ein harmonisiertes Banken-Re­organisationsrecht vorgelegt, der auf Ratsebene in Verhandlung genommen wurde.

Das österreichische Bankwesengesetz in Verbindung mit der Insolvenzordnung sieht an sich ein spezifisches Sanierungs- und Abwicklungsinstrumentarium für Kreditinsti­tute vor. Es hat jedoch die Erfahrung gezeigt, dass die derzeit möglichen Maßnahmen überwiegend in einem in der Praxis bereits unumkehrbaren Stadium einer wirtschaftli­chen Schieflage ansetzen. Eine Verbesserung des gesetzlichen Instrumentariums durch verstärkte Präventionsmaßnahmen sowie die Ergänzung von Verfahren, die Sa­nierungsmöglichkeiten einerseits und eine geordnete Abwicklung andererseits ermög­lichen, scheint daher geboten. Dadurch soll auch „moral hazard“-Effekten bei Instituten und Investoren vorgebeugt werden, die ansonsten im Vertrauen auf in der Vergangen­heit manchmal unumgängliche Bankenrettungen auf Kosten der Steuerzahler entste­hen können.

Bei der Evaluierung und Entwicklung eines derartigen Instrumentariums muss jeden­falls die Entwicklung der Verhandlungen des EU-Rechtsaktes genau verfolgt werden, um Inkonsistenzen in der europäischen Rechtslage weitestmöglich zu vermeiden und eine starke Verhandlungsposition auf Ratsebene zu wahren. Da die Verhandlungen auf Ratsebene entsprechend der Zuständigkeit federführend vom Bundesministerium für Finanzen in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Justiz erfolgen, sollen diese Ressorts auch bei der Erarbeitung von Gesetzesvorschlägen auf nationaler Ebene hauptverantwortlich sein. In Anbetracht der Reichweite der erforderlichen Maßnahmen für die Kreditwirtschaft, die Realwirtschaft, die Anleger und den Haushalt des Bundes soll auch eine Einbeziehung der FMA und der OeNB erfolgen, um deren Expertise für die aufsichtlichen und makroökonomischen Aspekte des Finanzmarktes nützen zu kön-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 141

nen. Beide Institutionen unterstützen das Vorhaben, nationale Reorganisationsregelun­gen vorzukehren und haben auch bereits erste Überlegungen hierzu angestellt.

Die Vorarbeiten sollen raschestmöglich begonnen werden, jedoch ist aufgrund der er­wähnten Reichweite und möglichen Eingriffsdichte besondere Sorgfalt bei der Evaluie­rung von Maßnahmen geboten, da im Falle wirtschaftlicher Schieflagen von Instituten des Finanzsektors nach der Natur der Sache letztlich auch finanzielle Eigentumsrechte berührt werden müssen, da ein Gesetz Verluste als solche nicht beseitigen oder gänzlich verhindern kann, und die Neuregelung eben die Entlastung der öffentlichen Haushalte von künftigen Rettungsmaßnahmen zum Ziel hat. Auch in der Sphäre wirt­schaftlich gesunder Kreditinstitute muss künftig eine verstärkte Einwirkung von Auf­sichtsseite erfolgen können, wenn Prävention wirksam werden soll. Es sollen daher die Bundesministerin für Finanzen und die Bundesministerin für Justiz raschestmöglich die erforderlichen Maßnahmen prüfen und Vorschläge erarbeiten, damit diese auf Ebene der Bundesregierung und des Nationalrates vor der endgültigen Vorlage eines Geset­zesvorschlags evaluiert werden können und auch die Einbeziehung der europäischen Entwicklungen gewährleistet ist.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, raschestmöglich einen Maßnahmenkatalog mit der Zielsetzung der Entlastung der öffentlichen Haushalte und der Steuerzahler zu erstellen, mit dem vorbeugende Maßnahmen zur Verminderung des Risikos wirtschaft­licher Schieflagen von Kreditinstituten getroffen werden können. Weiters soll das be­stehende Instrumentarium des Bankwesengesetzes in Verbindung mit der Insolvenz­ordnung dahingehend verbessert werden, dass Sanierungsverfahren vor dem Zeit­punkt der Unumkehrbarkeit von wirtschaftlichen Schieflagen eingeleitet werden kön­nen. Erforderlichenfalls sollen dann Reorganisations- und Abwicklungsverfahren zur Verfügung stehen, die eine geordnete Abwicklung mit einer Verteilung der finanziellen Lasten ermöglicht, die nicht nur auf die öffentlichen Haushalte und die Steuerzahler setzt, so dass künftig auch nicht mehr auf Bankenrettungen – zur Vermeidung eines ,moral hazard‘ – vertraut werden kann, was ebenfalls der Prävention dient. Eine sorg­fältige Evaluierung und die genaue Beobachtung und Einbeziehung der Entwicklung der Verhandlungen über den Vorschlag der Europäischen Kommission vom 6. Ju­ni 2012 über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten sind hierbei erforder­lich. Daher soll die Bundesregierung im Herbst 2012 dem Nationalrat einen Katalog der evaluierten und mit dem künftigen EU-Recht weitestmöglich konsistenten Maßnahmen vorlegen, die die Bundesregierung in der Folge in Gesetzesform vorlegen soll.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


15.37.56

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Kollege Krainer hat uns gerade erklärt, dass in weiterer Zu­kunft die Eurobonds kommen und dass es das Ziel dieser Eurobonds ist, dass alle weniger Zinsen zahlen. – Frau Bundesminister, „Professor“ Krainer, ich hätte, bitte, gerne eine Erklärung dafür, wie das funktionieren soll, wie für die Allgemeinheit die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 142

Zinsen niedriger werden sollen, wenn all die „schlechten“ Schulden auch auf unseren Rücken gelegt werden.

Die Zinsen werden dadurch massiv erhöht, und ich glaube, allein dadurch wird schon Angst gemacht. Und diese Angstmache muss aufhören.

Aber warum lassen wir nicht das Volk entscheiden? Warum hat der Herr Bundeskanz­ler Angst, der noch 2008 bei Herrn Dichand so groß Leserbriefe in der „Kronen Zei­tung“ geschrieben hat? Warum wird das nicht gemacht?

Ganz kurz zur aktuellen Situation Italiens. Ich war am Samstag in Italien und habe mich mit Herrn Luca Zaia getroffen, er ist der Präsident der Region Veneto mit immerhin 5,8 Millionen Einwohnern. Davor war Herr Zaia sechs Jahre ununterbrochen Minister im Kabinett Berlusconi.

Halten wir uns nur ganz kurz die Situation vor Augen: Italien hat heute offiziell zirka 1 950 Milliarden Schulden. Mindestens derselbe Betrag ist noch einmal ausgelagert.

Jetzt sagt Herr Präsident Luca Zaia, dass die Situation in Italien so nicht mehr weiter­gehen kann. Die Bevölkerung kann sich teilweise die Lebensmittel nicht mehr leisten, vom Tanken spreche ich gar nicht. Die Wirtschaft bricht massiv ein, weil die Kaufkraft so stark zurückgegangen ist.

Jetzt sagen solche Leute, dass man im Jahr 2013 über 500 Milliarden € brauchen wird. Frau Bundesminister, wie können wir solche Beträge finanzieren?

Wie ist das möglich? Was kann Österreich da tun? Was kann Deutschland da tun? Ich glaube, dass es einfach unverantwortlich ist, wenn wir bei diesem ESM mitstimmen. Und überlegt euch das noch einmal ganz kurz und ganz, ganz gut!

Nun habe ich eine Frage: Haftet der Herr Bundeskanzler, haftet der Herr Vizekanzler, haften alle Minister, die Staatssekretäre, Herr Klubobmann Cap, haften alle Ihre Abge­ordneten, auch die Abgeordneten von den Grünen und den Schwarzen, haften Sie alle privat bei diesem ESM mit? Warum machen Sie das nicht? (Abg. Kopf: Was für eine blöde Frage!) Wenn Sie das nicht machen, warum zwingen Sie dann den österreichi­schen Steuerzahler dazu? Das, glaube ich, ist kein Blödsinn. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Frage stellt sich massiv. Und die Familien haben ein Anrecht darauf, eine Ant­wort zu bekommen. (Abg. Dr. Cap: Blöde Frage!) Die Meinungen aller Experten wer­den ignoriert. Die Bundesregierung fährt da einfach drüber. Auf die Hyperinflation, die kommen wird, gibt es keine Antwort. Es gibt keine Gegenmaßnahmen.

Schauen wir uns kurz die Rolle des IWF an! Der IWF hat unlängst das Kapital erhöht. Der österreichische Staat zahlt 6 Milliarden ein, während Amerika nichts einzahlt. Ame­rika bezahlt null. Stimmen Sie überall so zu? Das sind keine Antworten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Ich fordere Sie auf, wir brauchen keinen Zentralstaat Euro­pa. Wir, die Politiker, der Nationalrat haben die Rahmenbedingungen zu schaffen für den Bürger, für die Familien, für die Unternehmen, aber nicht für die Banken und die Großinvestoren. (Beifall beim BZÖ.)

15.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. – Bitte.

 


15.41.49

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Fasst man die Debattenbei­träge in den Ausschüssen, von heute Vormittag und auch jene während der heutigen Debatte von FPÖ und BZÖ kurz zusammen, so ergeben sich meiner Meinung nach


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 143

drei Dinge: Fehlinformation, Populismus und Sie verbreiten Unwahrheiten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen wir uns das Ganze doch einmal et­was genauer an! (Abg. Petzner – in Anspielung auf das Kleid der Rednerin –: Rot oder rosa?)

Sie behaupten, dass wir Haftungen in unbegrenzter Höhe eingehen würden. – Richtig ist, dass wir ein begrenztes Haftungsrisiko haben.

Sie behaupten, es gäbe keine Kontrolle. – Richtig ist, kontrolliert wird durch fünf unab­hängige Personen beim ESM.

Sie behaupten, der ESM sei unwiderruflich, unbefristet und bedingungslos. – Richtig ist, dass wir hier in Österreich eine ESM-Begleitnovelle beschließen, wonach der Na­tionalrat ein Vetorecht hat.

Sie behaupten, es gäbe keine Transparenz. – Richtig ist, dass derart wichtige Ent­scheidungen, die auch die Risikofaktoren betreffen, hier im Plenum öffentlich debat­tiert werden.

Sie behaupten, der Schutz bestehe ausschließlich für Banken. – Richtig ist, dass wir alle Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger als unsere Prämisse sehen und an erste Stelle setzen.

Sie behaupten, die Gesetzesvorlage würde vor dem Sommer durch das Hohe Haus durchgepeitscht werden. – Richtig ist, dass wir schon seit Monaten darüber verhan­deln. (Abg. Dr. Strutz: 14 Tage!)

Sie fordern populistisch eine Volksabstimmung. – Richtig ist, dass über völkerrechtliche Verträge eine Volksabstimmung rechtlich nicht möglich ist.

Werte Kolleginnen und Kollegen von BZÖ und FPÖ, Sie versuchen hier, wirtschaftliche Kompetenz auszustrahlen. – Tatsache ist: tarnen, täuschen und verunsichern. Das ist Ihr Motto, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die zuständige Bundesministerin ist bei Entscheidungen, die von großer Wichtigkeit sind, an unsere Beschlüsse gebunden. Die ESM-Begleitnovelle, so wie wir sie hier im Hohen Haus beschließen, ist in Europa einzigartig, was die Mitbestimmungsrechte des Nationalrates und auch das Vetorecht betrifft. Wir Sozialdemokraten und Sozialdemo­kratinnen stehen für eine konstruktive Wirtschaftspolitik.

Unser primäres Ziel ist es, dass wir den Euro für unsere Bürgerinnen und Bürger als stabile Währung erhalten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hö­bart. – Bitte.

 


15.45.09

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Frau Ministerin! Zu den Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich nicht viele Worte verlieren. Ich werde dann aber im Anschluss Kopien vorbeibringen, Frau Kollegin Steßl-Mühlbacher. (Zwischenruf der Abg. Mag. Steßl-Mühlbacher.)

Die „Kleine Zeitung: „Wie versprochen, so gebrochen“. – Das haben wir heute schon zwei-, dreimal gehört. Ich gebe sie Ihnen nochmals zum Lesen. Vielleicht verstehen Sie es dann irgendwann einmal. Ich werde Ihnen das dann zum Lesen vorbeibringen.

Zu den Ausführungen der Kollegin Lichtenecker von den Grünen: Das war ja auch eine an Skurrilität nicht zu überbietende Rede. Sie sagen, der ESM mache nur dann Sinn,


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wenn der Fiskalpakt ratifiziert wird. – Jetzt erklären Sie uns einmal die Logik der grü­nen Partei! Sie stimmen dem ESM zu, dem Fiskalpakt allerdings nicht. Diese Logik müssen Sie mir einmal erklären! Vielleicht verstehe ich es, aber eigentlich möchte ich auch darüber nicht viele Worte verlieren. Ich kann die Grünen nur als Kasperltruppe an der Seite von Rot und Schwarz bezeichnen, denn das, was Sie hier von sich geben, ist ja wirklich nicht nur unlogisch, sondern auch unverfroren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir über den ESM diskutieren wollen, dann müssen wir uns auch über den Euro Gedanken machen. Wir haben das bereits in den letzten Wochen oft genug kundgetan: Der Euro ist – jetzt ist leider der Kollege Barten­stein, der sich da immer als besonderer Euro-Befürworter geriert, nicht da – auf einer falschen Architektur aufgebaut worden. Da gibt es ja zahlreiche Fakten, die meine Theorie, aber nicht nur die Theorie, sondern auch die Praxis bestätigen: Es funktioniert einfach nicht, wenn man unterschiedlichste Volkswirtschaften und Sozialsysteme in diesem Einheitsbrei zusammenfassen will. Das funktioniert nicht!

Und wir wissen auch, eine Einheitswährung ist nur dann realistisch und kann nur dann funktionieren, wenn die Volkswirtschaften ähnlich sind – Bingo!, das sollte ein Grund­verständnis sein –, wenn die Sozialsysteme ähnlich sind – das sollte man auch verste­hen, da braucht man nicht großartig „Professor“ zu sein wie der Kai Jan Krainer – und wenn auch die Mentalitäten sehr ähnlich sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich Thilo Sarrazin zitieren, und viele wissen ja, Sar­razin ist SPD-Mitglied – und nicht Freiheitlicher. Sarrazin sagt:

Die Regeln des Marktes und des Wettbewerbs müssen in Einheitswährungsländern zu­mindest ähnlich gelebt werden als ein arithmetisches Mittel aus Deutschen, Finnen und Österreichern. Österreich lebte viele Jahrzehnte in einer de facto Währungsunion mit Deutschland. Das hat sehr gut funktioniert. Und jeder, der mit Verstand auf die Ver­gangenheit zurückblickt, kann das nur bejahen.

Andreas Treichl – da wird es für die ÖVP besonders unangenehm; ich bezeichne ihn als bürgerlichen Granden, als ÖVP-Granden –, Generaldirektor der Erste Bank:

„Dass die Einführung des Euro in dieser Form ein Fehler war, sollte man auch einmal offen sagen.“ 

Die ÖVP hat aber nicht den Mut dazu!

Und Treichl weiter: „Derzeit ist völlig klar, dass die Länder, die nicht im Euro sind, einen Vorteil gegenüber den Euro-Ländern haben. Eine solche Situation darf es nicht mehr geben. Die Tschechen zahlen für ihre Staatsanleihen etwa die Hälfte der benachbarten Slowakei, nur weil sie nicht im Euro sind.“

Es kann daher auch ein Europa ohne Euro geben! (Abg. Kopf: Er hat sich schon ein paarmal getäuscht!)

Das heißt, Europa, Euro, das widerspricht sich überhaupt nicht.

Da möchte ich gleich mit der nächsten Geschichte aufräumen, bei der nämlich behaup­tet wird, dass der Euro unheimlich wichtig war für unseren Wohlstand, für unsere Wirt­schaftsentwicklung.

Das ist genau derselbe Schwachsinn, das kann man mit Fakten verdeutlichen: Die Ex­portquoten unserer Wirtschaft betragen 70 Prozent in den EU-Raum. Da soll mir ein­mal einer erklären, warum das Wechselverhältnis des doch so tollen Euro zur asiati­schen Wirtschaft so wichtig sein soll.

Wie hat sich – Abgeordneter Stefan hat das heute schon vorgebracht, ich möchte das nochmals nachschärfen – die Handelsbilanz verändert? – Zwischen 1995 und 2000, also innerhalb von fünf Jahren, wurde ein Mehr an Exportquote von 30 Milliarden € er-


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wirtschaftet und zwischen 2000 und 2010, also in einem Zeitraum von zehn Jahren, 40 Milliarden. Das heißt, daran kann man auch nicht unbedingt die Stärke des Euro festmachen.

Und damit ist eigentlich schon alles zum sogenannten ESM gesagt. Nämlich: Dieses Werkzeug ist unserer Überzeugung nach ein finanzdiktatorisches Instrument, österrei­chische Souveränität geht verloren – und der ESM füttert letztendlich schwache Volks­wirtschaften mit hart verdienten Steuergeldern.

Daher sagen wir Freiheitlichen klipp und klar – und wie schon so oft –: Schluss mit die­ser Voodoo-Ökonomie! Unser Geld für unsere Leute! (Beifall bei der FPÖ.)

15.49

*****

15.50.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höbart, für den Ausdruck und Vorwurf „Kasperltruppe“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Bei dieser Gelegenheit mache ich auch darauf aufmerksam, dass es in der letzten Prä­sidiale eine sehr ausführliche Debatte gab, die auch im Präsidialprotokoll festgehalten ist. Und ich möchte Sie über das, was vereinbart wurde, gerne in Kenntnis setzen, so­weit Sie nicht über Ihre Fraktionen informiert worden sind:

„Im Rahmen einer Grundsatzdebatte, an der sich alle Mitglieder der Präsidialkonferenz beteiligen, besteht Einvernehmen, dass im Rahmen von Plenardebatten politische Bot­schaften vermittelt werden sollen, dies jedoch keinesfalls mit persönlichen Verunglimp­fungen verbunden werden soll.

() Die Fraktionen ersuchen die/den jeweils vorsitzführende/n Präsidenten/in um eine konsequente Anwendung der diesbezüglichen Möglichkeiten der Geschäftsordnung.“

So deutlich war die Aufforderung, der ich gerne nachkomme, noch nie und daher auch der Ordnungsruf. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie im Kindergarten! Sie kassieren eh bald Geldstrafen!)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


15.51.40

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Man kann nicht immer der Beste sein. Es genügt schon, wenn man über weite Strecken zu den Besten gehört. Und ich denke, wenn wir unser Land im internationalen Vergleich lenken, dann sind wir dort, wo viele sein wollen. Und ich verstehe deshalb nicht, mit welcher Gemütsdepres­sion hier heute fallweise Debattenbeiträge vorgetragen werden. Ich komme mir fast vor, wie wenn ich in einem anderen Land unterwegs wäre, wo die Leute sich nach Frei­heit, nach wirtschaftlicher Stabilität, nach Entwicklung wirklich sehnen.

Die Oppositionsparteien haben mit unterschiedlicher Lautstärke ihre Argumente einge­bracht. Meine Damen und Herren, das darf sein. Unterstellen Sie mir keine kritische Haltung gegen Sie, denn ich zitiere bloß einen Chefredakteur, und dies deshalb, weil die Worte „Verfassungsputsch“ und „Staatsstreich“ gefallen sind. Er schreibt:

„Warum muss Politik gar so primitiv sein? () Beim Euro-Stabilitätsmechanismus () kommen aus der rechten Ecke überhaupt nur Schimpfworte: Mit ‚frechem Grinsen‘ wer­de der ‚ESM-Wahnsinn‘ zur ‚europäischen Finanzdiktatur‘. Und was hat“ man „dadurch für Österreich erreicht?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 146

Es gibt sicher gute Gründe, die Konstruktion des ESM zu hinterfragen, und die Regie­rung muss auch noch viel intensiver über die EU informieren. Aber was hilft der Kra­wall? Und wem hilft er? Will die FPÖ die Krise, weil dann die Wähler an den Rändern ihr Heil suchen?“

Ein Chefredakteur heute in einer Zeitung. Sie können es nachlesen. Sie werden sich sicherlich darüber Ihre Gedanken machen. (Zwischenrufe des Abg. Scheibner.)

Ihre Vorschläge, die ich heute vernommen habe, lauten: Wir brauchen zwei Währungs­zonen oder zurück zu den nationalen Währungssystemen. Nicht Sie, Herr Scheibner, ich habe es so vernommen. Ist ja mein Recht, das so zu hören.

Anträge oder Verbesserungsvorschläge blieben aus. Das Einzige, was Sie eingebracht haben, ist ein Misstrauensantrag, der erwartungsgemäß zurückgewiesen wurde. Und Misstrauensanträge, egal, ob gegen die Regierung oder den Herrn Bundeskanzler, sind allemal keine Fortschrittsanträge, sind eher Betrachtungen aus einer gewissen emotionalen Lage heraus. Ich verstehe Sie, nur ich zitiere wieder: Wem hilft das Gan­ze? – Sicher ist, dass dies eine sehr schwierige Materie ist.

Sowohl der Bundeskanzler als auch der Vizekanzler haben Ihnen heute in eindrucks­voller Weise unsere Position dargestellt. Es geht darum, Europa stabil zu halten. (Abg. Mag. Stefan: Bundesstaat Europa!) Es geht darum, Arbeit auch für die Zukunft zu sichern. Es geht darum, nicht wie Sie sagen, den Jungen die Zukunft zu nehmen, son­dern auch der Jugend eine Chance, eine Entwicklungsmöglichkeit zu geben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, das größte Übel, das es für Menschen gibt, ist Arbeitslosigkeit. Das größte Problem, das es gibt, ist, wenn sie keine soziale Absicherung haben, wenn sie kein or­dentliches Bildungssystem haben. Das alles haben wir uns gemeinsam auch in diesem Europa erarbeitet. Und das alles werden und wollen wir nicht aufs Spiel setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine Fehleranalyse im Nachhinein ist keine besondere politische Qualität, sondern Fehlervermeidung heißt die Herausforderung (Abg. Mag. Stefan: Genau!), und da sind wir unterwegs, und zwar, wie ich meine, auch sehr gut. Und ich frage mich auch, warum Sie immer nach einer Volksabstimmung rufen. Trauen Sie sich doch als Parla­mentarier das, was Sie denken, was Sie meinen, auch draußen vor den Bürgern zu sa­gen, und verstecken Sie sich nicht hinter einer Maßnahme, die in diesem Zusammen­hang gar nicht durchführbar ist. (Abg. Neubauer: Sie selbst lesen alles runter!)

Auf den Punkt gebracht: ESM schützt zwar nicht vor politischem Aktionismus, soll uns aber vor Spekulationen schützen und mit dem Fiskalpakt eine Neuentwicklung wie zum Beispiel eine strengere europäische Bankenaufsicht bringen, nach der wir uns alle seh­nen und die auch, wie ich meine, unserem Land guttun würde. (Beifall bei der ÖVP.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


15.56.38

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss jetzt, bald am Ende der Debatte, schon auch einmal auf das Kernthema zurückkommen. Denn wenn ich mir die Debat­tenbeiträge oder die Märchenstunde anhöre, die hier von Rot, Schwarz und auch von Grün zum Besten gegeben werden, dann kann ich Ihnen nur sagen: Das ist der kom­plett falsche Weg, und Sie gehen hier in eine Sackgasse. (Beifall beim BZÖ.)

Der ESM, der bei diesem, und der Fiskalpakt, der beim nächsten Tagesordnungspunkt abgestimmt wird, werden nämlich unser aller Leben massiv verändern und massiv be-


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einflussen. Jede Österreicherin, jeder Österreicher ist von den negativen Auswirkungen betroffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das geht über Generationen. Wir haben es heute schon oft gehört, hauptsächlich auch von unserer Fraktion, vom BZÖ. Aber es ist so. Es muss gesagt werden, es muss den Menschen einfach gesagt werden.

Was aber machen Sie? – Sie verschweigen, Sie informieren nicht, Sie sagen den Men­schen nicht die Wahrheit. Ich habe zeitweise das Gefühl, Ihr Motto ist nach den drei Affen: Nichts hören, nichts sehen und nichts sagen! (Die Rednerin macht zur Illustra­tion die entsprechenden Handbewegungen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das trifft auf Rot, Schwarz und Grün heute zu, wenn sie diesem ESM zustimmen. Das ist für Österreich das Schlechteste, was passieren kann. (Beifall beim BZÖ.)

Jene Banken, die schuld sind an der Krise, jene Banken, die billig Geld verliehen ha­ben, diese Banken werden gestärkt, und diesen Banken schanzen Sie heute das Geld zu.

Sie ignorieren die Menschen und Sie mutieren von Volksvertretern zu Volksverrätern. (Abg. Neugebauer: Ach!) Diesen Vorwurf müssen Sie sich hier heute gefallen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Vor allem glaube ich auch, dass die Abgeordneten von Rot und Schwarz und auch von Grün teilweise gar nicht wissen, was wirklich in diesem Vertrag steht. Denn Sie, glaube ich, haben sich nicht einer derartigen Mühe unterzogen wie viele Bürgerinnen und Bür­ger, die uns Mails schreiben, massenweise Mails – ich glaube, ich habe noch nie so viele Mails bekommen wie zu diesem ESM heute –, die Bürger, die in den Foren ihre Bedenken äußern, die anrufen, die Angst haben, die nicht wollen, dass wir unsere Sou­veränität abgeben, dass Österreich völlig entmachtet wird und dass nur mehr Brüssel bestimmt und dass das Endziel die Weltherrschaft sein wird. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Faymann, der ja immer sagt, dass er als Privatmann beim Bilderberger-Treffen eingeladen wird, bekommt dann auch ein nettes Brieflein mit, und was in diesem Brief­lein steht, das macht er dann unterschwellig und führt diese Aufgaben aus, die er von dort mitbekommt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Davon zu sprechen, dass Faymann als Privatmann dort eingeladen wird, das ist ja ein Hohn. Welcher Bäcker aus Passail oder aus Deutschfeistritz oder von sonst wo wird denn zum Bilderberger-Treffen eingeladen? Wie kommt denn diese Einladungsliste überhaupt zustande? Dazu verweigern Sie jegliche Information. Auch auf diverse An­fragen, die hier im Hohen Haus schon gestellt wurden, erfolgt keine Auskunft! Und da­rüber müssen wir die Österreicherinnen und Österreicher aufklären. Die Bürger sind viel mündiger, als sie es waren, sie interessieren sich viel mehr, sie wollen mehr dazu beitragen, sie wollen sich informieren, sie wollen mitreden und mitentscheiden. Das ha­ben wir auch bei den unzähligen Veranstaltungen, die als Protestmaßnahmen gegen diesen ESM-Beschluss heute im Vorfeld stattgefunden haben, mitbekommen.

Wir haben Experten eingeladen, wir haben Diskussionen mit hochrangigen Experten geführt, die unsere Meinung bestätigt haben, die die Meinung von Josef Bucher, die er schon seit Jahren vertritt und jetzt in letzter Zeit auch massiv gegen den ESM vertritt, bestätigt haben. Wir haben ein Experten-Hearing im Parlament abgehalten. Auch diese Experten haben sich gegen den ESM ausgesprochen und auf die Gefahr, die davon ausgeht, hingewiesen.

Was machen Sie mit all diesen Informationen? – Sie ignorieren sie einfach, meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot, Schwarz und Grün, und das ist wirklich verwerf­lich! (Beifall beim BZÖ.)


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Der ESM und der Fiskalpakt sind – noch einmal, abschließend – die gänzliche Ab­schaffung unserer Souveränität. Wir werden dem sicher nicht zustimmen. Sie haben noch etwas Zeit, sich das zu überlegen, wobei ich meine, dass das angesichts Ihrer Politik und Ihrer Ausführungen, die Sie heute hier getätigt haben, nicht mehr viel Sinn haben wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


16.01.18

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Entscheidung darüber, wie sie heute abstimmen werden, war für alle verantwor­tungsbewussten Abgeordneten sicher nicht einfach. Der Klub der Grünen hat lange diskutiert, hat den ESM-Vertrag geprüft und auch verhandelt. Wir haben es uns alles andere als leicht gemacht. Wir wissen, dass der ESM nicht risikolos ist. Wer sagt, dass eine Haftung der Steuerzahler mit 19,5 Milliarden risikolos ist, der unterschätzt wirt­schaftspolitische Risken. Wir wissen auch, dass der ESM Symptome der Krise be­kämpft, aber nicht alle Probleme löst. Das ist klar.

Ich sage Ihnen aber auch etwas anderes. Mindestens genauso riskant ist es, wenn man glaubt, dass man die Augen schließen kann und die Wirtschaftskrise einfach vor­beizieht. Das ist nämlich das, was BZÖ und FPÖ glauben.

Ich glaube auch nicht, dass der ESM alternativlos ist. Ich hätte ja gerne mit Ihnen über Alternativen debattiert, nur haben Sie uns heute keine Alternativen präsentiert, über die wir hätten diskutieren können. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Kommen Sie mir nicht mit dem „Nord-“ und „Süd-Euro“! Sie wissen, dass ein „Nord-“ oder „Süd-Euro“ die Probleme von Spanien nicht löst. Das ist ein Zukunftsmodell – ich sagen Ihnen gleich: ein untaugliches –, gut, das kann man debattieren, aber Sie haben kein einziges Sze­nario als Alternative zum ESM gebracht, wie Sie die Probleme der Wirtschaftskrise, die jetzt schlagend sind, lösen wollen.

Zu den Risken: Es sind zwei Risken, die uns Sorge machen dürfen. Das eine ist – was wir nicht wollen –, dass Spekulationskosten von Investoren, von Banken zu den Steu­erzahlerInnen umverteilt werden.

Ich nenne ein Beispiel: Spanien. Dort hat es eine Immobilienblase gegeben, Banken haben in diese Immobilienblase investiert, und die Immobilienblase ist geplatzt. Das Er­gebnis ist bekannt: Es besteht die Gefahr eines Bankencrashs, und damit steht Spa­nien wirtschaftspolitisch zumindest teilweise am Abgrund. Die spanischen Banken bräuchten Geld, und Spanien bekommt keine Kredite für diese Banken. Was wird pas­sieren? – Der ESM wird einspringen und Spanien relativ günstige Kredite zur Verfü­gung stellen. Das ist richtig, weil es in dieser Situation keine Alternative dazu gibt und weil wir auch nicht zu glauben brauchen, dass, wenn in Spanien die Realwirtschaft nach der Banken-Krise erfasst wird, Österreich nicht davon betroffen sein wird.

Trotzdem weise ich auf das Risiko hin: Im Worst Case haften der spanische Steu­erzahler und der europäische Steuerzahler für die Immobilienblase der spanischen Banken. – Und das wollen wir nicht! Daher haben wir in den Verhandlungen auf eines Wert gelegt: dass genau dieses Risiko minimiert wird, und das ist auch gelungen. Ich nenne ein paar Punkte dazu:

Die Gläubigerbeteiligung zum Beispiel ist ein wesentlicher Punkt, weil sich somit dieje­nigen, die die Verantwortung für die Krise tragen, auch beteiligen müssen.

Weiters: Das Bankeninsolvenzrecht, die Bankenregulierung und die Finanztransak­tionssteuer stellen sicher, dass jene, die Spekulationskosten verursacht haben, und je-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 149

ne, die in Europa Vermögen besitzen, auch ihren Beitrag dazu leisten müssen und nicht am Ende die kleinen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Rechnung dafür be­kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Man kann sagen, dass das alles nicht genug ist, was die Grünen verhandelt haben. Man kann hergehen und dieses zarte Pflänzchen der Veränderung Europas niedertrampeln und sich dann auf die Gartenbank setzen und sich darüber wundern, welches Unkraut im europäischen Blumenbeet wuchert. – Das ist die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist: Man kann dieses zarte Pflänzchen gießen und pflegen und hoffen, dass es zu einem Baum wird. – Das ist unser Zugang, meine Damen und Herren, weil wir glauben, dass jetzt tatsächlich eine sanfte Wende in Europa eingesetzt hat.

Der zweite Punkt, der uns beschäftigen muss, ist das Haftungsrisiko von – ich habe es schon gesagt – 19,5 Milliarden €. Keine Kleinigkeit! Deshalb hat es nur eine Antwort gegeben, und das haben unsere VerhandlerInnen durchgesetzt: Das österreichische Parlament muss bei allen Entscheidungen im ESM einbezogen werden.

Es wird vieles von FPÖ und BZÖ behauptet, von „Finanzdiktatur“ ist die Rede. Ich hät­te ja gerne mit Herrn Abgeordnetem Strache die Finanzdiktatur besprochen, denn er hat für heute zähen Widerstand angekündigt. Aber ich muss feststellen, offensichtlich findet dieser zähe Widerstand seit Stunden in der Cafeteria des Parlaments statt, denn Herr Abgeordneter Strache hat sich hier schon lange nicht mehr blicken lassen. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der FPÖ: Geh, ist ja nicht wahr!)

Nehmen wir zur Kenntnis: Herr Abgeordneter Strache leistet Widerstand in der Par­lamentscafeteria! Ich werde aber seiner Fraktion erklären, warum die grünen Verhand­lungsergebnisse der Einbindung des Parlaments (Zwischenrufe bei der FPÖ)  – Sie werden es ihm ausrichten, hören Sie zu! Schreien Sie nicht, Sie müssen es ihm dann erklären! (Abg. Dr. Rosenkranz: Sie dürfen sich ja nicht einmal raustrauen !) Ich ma­che es langsam für Sie.

Warum sind die Mitspracherechte des Parlaments eine Errungenschaft? – Ich gehe es mit Ihnen durch.

Finanzhilfen an marode Länder sind im Parlament in Österreich zu beschließen, wenn sie gewährt werden. Im Gouverneursrat herrscht Einstimmigkeit. Also wenn man jetzt zwei Fakten miteinander in Verbindung bringen kann, dann weiß man: Nur wenn das Parlament zustimmt, kann ein gültiger Beschluss im Gouverneursrat erfolgen, dass Fi­nanzhilfen zu gewähren sind.

Zur Kapitalaufstockung: Die FPÖ behauptet immer, das Kapital kann einfach von Brüs­sel abgerufen werden. – Ein Unsinn! Für jede Kapitalaufstockung ist letztendlich ein Beschluss des Plenums notwendig. In Brüssel braucht es Einstimmigkeit. Wieder zwei Fakten in Verhältnis gesetzt, das heißt: Die Kapitalaufstockung kann nicht ohne das österreichische Parlament erfolgen.

Auch mit den Wirtschaftsprogrammen, die mit der Finanzhilfe kombiniert werden, ist es so. Von „Finanzdiktatur“ kann keine Rede sein. Sie haben das Glück, dass die Grünen die Verantwortung übernommen haben, das massive Demokratiedefizit des ESM in ei­nem gewissen Verhältnis zu minimieren.

Sie werden noch froh sein, dass die Ministerin nicht einsam in Brüssel entscheidet, sondern dass wir hier im Parlament das alles diskutieren werden.

In diesem Sinne haben wir eine Abwägung getroffen und werden für den ESM stim­men. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ste­fan. – Bitte.

 



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16.07.48

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Hohes Haus! Am Vormittag wurde be­dauert, auch von grüner Seite, dass man über den ESM keine Volksabstimmung ma­chen kann.

Ich bringe daher – wir haben es schon angekündigt – jetzt einen entsprechenden An­trag ein, damit wir eben diese Chance bekommen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen

Artikel 1 Ziffer 1 Artikel 50a wird wie folgt geändert:

„Artikel 1

Art 50a. (1) Die Genehmigung des Abschlusses des Vertrages zur Errichtung des Eu­ropäischen Stabilitätsmechanismus ist einer Volksabstimmung zu unterziehen.

(2) Den Organen der Republik Österreich ist jedwede Zustimmung zum Vertrag zur Er­richtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus untersagt, solange nicht eine Volksabstimmung den Beitritt Österreichs zum Vertrag zur Errichtung des ,Europäi­schen Stabilitätsmechanismus‘ genehmigt hat.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Argumente sind schon viele gebracht worden, ich möchte auch meinen Nachrednern nicht die Zeit nehmen, aber ich gebe Ihnen hiermit die Möglichkeit, dem zuzustimmen, und das gibt uns wiederum die Möglichkeit, eine Volksabstimmung abzuhalten. Das wäre der richtige Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

16.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Mag. Stefan, Dr. Hübner und anderer Abgeordneter

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4 über den Bericht des Verfassungsaus­schusses über den Antrag 1985/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Gün­ter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Zahlungsbilanzstabili­sierungsgesetz geändert werden (ESM-Begleitnovelle) (1878 d.B.).

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Ziffer 1 Artikel 50a wird wie folgt geändert:

„Artikel 1

Art 50a. (1) Die Genehmigung des Abschlusses des Vertrages zur Errichtung des Eu­ropäischen Stabilitätsmechanismus ist einer Volksabstimmung zu unterziehen.

(2) Den Organen der Republik Österreich ist jedwede Zustimmung zum Vertrag zur Er­richtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus untersagt, solange nicht eine


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Volksabstimmung den Beitritt Österreichs zum Vertrag zur Errichtung des ,Europäi­schen Stabilitätsmechanismus‘ genehmigt hat.“

Begründung

Derzeit haftet Österreich, laut Ces Ifo Group München, bei Zahlungsausfall der GIPS-Länder und Italien für 62,3 Milliarden Euro.

Durch den Vertrag zur Errichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wird die Haftung für Österreich um weitere 20 Milliarden erhöht.

Die Haftungen liegen weit über den Einnahmen der Österreichischen Republik. Wenn diese Haftungen schlagend werden, werden die Österreichische Republik und ihre Bür­ger enteignet.

Diese durch einen Vertrag ermöglichte Bemächtigung einer ureigenen Kompetenz, die die Selbstständigkeit eines Staates ausmacht, nämlich über sein Budget selbst und un­beeinflusst von außen zu bestimmen, ist ein schwerwiegender Eingriff in die Verfas­sung und daher einer Volksabstimmung zu unterziehen.

Zu dieser Enteignung kommt noch, dass der Gouverneursrat des ESM mit einer quali­fizierten Mehrheit von 85 % jederzeit beschließen kann neue Haftungen einzugehen und das Direktorium sogar ohne Befassung des Gouverneursrats genehmigtes Kapital abrufen kann.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuz­das. – Bitte.

 


16.09.09

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion zum ESM ist schon fast zu Ende. Das gibt Gelegenheit, ein wenig zusammenzufassen und zu resümieren und vielleicht einige Dinge ins rechte Licht zu rücken.

Wir diskutieren ja nicht nur über den ESM, sondern auch über die Änderung der Ge­schäftsordnung des Nationalrates und über die ESM-Begleitnovelle. Dieser Diskussion heute, die eine eindeutige Erweiterung der Mitwirkungsrechte des Hohen Hauses zur Folge haben wird, ist auch eine Kampagne von FPÖ und BZÖ vorausgegangen, in der nicht immer der Wahrheit Genüge getan wurde. Es wurde mit Kraftausdrücken wie „Verfassungsputsch“, „Finanzdiktatur“, „Teufelswerk“, „Hochverrat“, „EU-Zentralregie­rung“ und vielen anderen mehr argumentiert.

Es wurde heute auch von „Märchen“ geredet, und wir müssen uns anschauen, wer denn die Märchen erzählt und damit zur Verunsicherung der Menschen beigetragen hat.

Es wird zum Beispiel immer wieder behauptet, der ESM schafft eine Schuldenunion. – Keinem Euroland, meine Damen und Herren, werden die Schulden von den anderen Mitgliedstaaten abgenommen! Es werden Finanzhilfen, insbesondere in Form von Kre­diten, gewährt, die natürlich zurückzuzahlen sind.

Oder: 700 Milliarden sind zu viel. – Professor Haber hat dazu Stellung genommen, und dazu möchte ich später noch etwas sagen.

Oder: umfassende Immunität. – Natürlich sind die Mitglieder immun, das ist notwendig und auch auf die amtliche Eigenschaft begrenzt. Kriminelle Handlungen, meine Damen


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und Herren, gehören natürlich nicht zu den amtlichen Tätigkeiten! Außerdem kann die Immunität aufgehoben werden. Ein gutes Beispiel dafür kennen wir: Die Immunität des ehemaligen Präsidenten des IWF wurde aufgehoben, weil das mit seiner amtlichen Tä­tigkeit nichts zu tun gehabt hat. Natürlich sind alle Vertreter, die im Gremium arbeiten, auch den Gesetzen, die österreichischen Vertreter den österreichischen Gesetzen, un­terworfen, aber die Immunität macht natürlich Sinn, weil es um den Schutz des ESM-Kapitals geht, nämlich um den Schutz vor Schadenersatzklagen von privaten Gläubi­gern, weil auch die Einbindung privater Gläubiger vorgesehen ist.

Oder: alle Informationen des ESM sind geheim. – Das Gegenteil ist der Fall! Alles wird hier im Hohen Haus diskutiert. Es gibt nur eine Ausnahme, nämlich im Unteraus­schuss, wenn es beispielsweise um Interventionen im Sekundärmarkt geht. Es wäre auch völlig verkehrt, das öffentlich zu diskutieren, denn dann kann man die Intervention gleich unterlassen.

Ich möchte vielleicht noch ein paar Worte zu den Experten sagen, die uns am 28. Juni zur Verfügung gestanden sind.

Was hat zum Beispiel Professor Haber gesagt? – Er hat zur Dimensionierung Stellung genommen und gesagt: Klein – dann ist der ESM nicht glaubwürdig, mittel – dann ist die Glaubwürdigkeit wahrscheinlich auch nicht gegeben, aber viel Geld ist weg. Wenn er ausreichend groß ist – und mit 700 Milliarden ist er ausreichend groß –, dann hat er auch die notwendige Glaubwürdigkeit. Es geht kein Geld verloren, aber der ESM kann schnell reagieren.

Professor Haber hat auch eine Empfehlung abgegeben: den ESM gemeinsam mit dem Fiskalpakt zu beschließen.

Dr. Mooslechner von der Oesterreichischen Nationalbank hat auch ein paar interessan­te Stellungnahmen abgegeben, nämlich dass die Währung, der Euro, bisher keine Si­cherheitsmechanismen gehabt hat, dass Kreditgewährung nur nach strengen Bedin­gungen erfolgt, und er hat klargestellt, dass es für Österreich immer ein Vorteil war, wenn es europäische Lösungen gegeben hat, weil Österreich selbständig zu klein ist.

Interessant ist auch – weil von Verfassungsbruch die Rede ist –, was Professor Potacs von der Wirtschaftsuni erzählt hat: Artikel 136 Abs. 3 schafft keine Solidarunion, die Begleitnovellen sind beispielhaft, eine enge Mitwirkung des Parlaments wird sicherge­stellt. Als ein Musterbeispiel für die Souveränität hat er es bezeichnet.

Zur Verfassungsänderung hat er klargelegt: keine grundlegende Änderung des Bun­des-Verfassungsgesetzes, keine Änderung der Grundprinzipien. Auch das ist wichtig.

Und: Jede Zustimmung im ESM ist an die vorherige Zustimmung des Parlaments ge­bunden.

Professor Rosner, der auf Einladung der Grünen gekommen war, hat gesagt: Die Rückkehr zum Schilling wäre naiv.

Wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es vielleicht dem „spiegel“: Die ge­meinsame Währung soll gerettet werden, denn der Zerfall der Euro-Zone hätte bei­spielsweise für Österreich Auswirkungen wie ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit im zweiten Jahr nach Auflösung von 8,6 Prozent und ein Sinken der Wirtschaftsleistung von 9,7 Prozent.

Nun, Kollege Huber, haften Sie für die Folgen dieses Nichtstuns? Oder, Kollege Hö­bart, wollen Sie den Experten nicht glauben? Es gibt natürlich auch viele andere, denn eines ist ganz, ganz wichtig: Die gemeinsame Währung müssen wir schützen. Der Wohlstandsverlust durch den Zerfall der Euro-Währung wäre viel, viel höher als der Einsatz für die Rettung, für das Beibehalten.


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Daher ist es sinnvoll und notwendig, den ESM und auch den Fiskalpakt zu beschlie­ßen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


16.15.01

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Kollege Donabauer hat uns aufgefordert, hier herauszukommen und den Mut zu ha­ben, unsere Position zu ESM und Fiskalpakt zu beziehen. Ich mache das gerne: Wir lehnen diesen ESM entschieden ab, und ich halte den Fiskalpakt für eine echte Kata­strophe. Wir tun das aus Überzeugung im Sinne der Mehrheit der österreichischen Be­völkerung, denn ich sage Ihnen eines: Die Mehrheit der Österreicherinnen und Öster­reicher will diesen ESM nicht und will diesen Fiskalpakt nicht (Beifall bei der FPÖ), weil das zulasten des österreichischen Staates, der österreichischen Sozialleistungen und der österreichischen Steuerzahler geht. (Abg. Mag. Schickhofer: Wie kommen Sie zu dieser Analyse?)

Nicht ich bin es, der zu dieser Analyse kommt, sondern – wären Sie doch beim Hearing anwesend gewesen – das ist, und das ist auch das, was Sie von der SPÖ verschwei­gen, die Überzeugung namhafter Finanzexperten. Von zehn Experten, die hier auf der Regierungsbank gesessen sind, haben sich sechs Experten gegen den ESM und vor allem gegen den Fiskalpakt ausgesprochen. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Sie sind der Überzeugung, dass dieser Fiskalpakt die wirtschaftliche und die soziale Lage in Europa nachhaltig verschlechtern wird. Das haben die Exper­ten gesagt. (Abg. Mag. Schickhofer: Welche sechs waren das? Zählen Sie sie auf! Das stimmt ja nicht! Wir waren ja alle da!)

Ich bin kein Finanzexperte, aber das erkläre ich Ihnen, das versteht auch ein Laie. Die Methode des kollektiven Sparens bewirkt nämlich genau das Gegenteil von dem, was eigentlich erreicht werden soll. Griechenland, Portugal, Spanien, Italien – das sind ja die besten Beispiele dafür: je höher die Sparpakete sind, je drastischer die Kürzungen von Löhnen, von Renten, von Sozialleistungen, je stärker die Einschränkungen von öf­fentlichen Investitionen sind, desto stärker schrumpft die Wirtschaft und desto stärker steigen die Zinsen. Das wird vielleicht auch Ihnen einleuchten. (Abg. Mag. Schickho­fer: Aber sollen sie sich jetzt weiter verschulden? Ist das die Position der FPÖ, dass sich diese Länder weiter verschulden?) – Hören Sie einmal zu, vielleicht verstehen Sie das! Die Zinsen steigen stärker und in der Folge auch die Staatsverschuldung, wäh­rend gleichzeitig den Banken Milliarden in den Rachen geschmissen werden.

Jetzt denken Sie einmal darüber nach, wie die Auswirkungen sind! Lesen Sie nicht die Schlagzeilen? (Der Redner hält eine Ausgabe der Zeitung „HEUTE“ in die Höhe.) In Wien werden mittlerweile in den Krankenhäusern Operationen nicht mehr durchgeführt. Das sind die Auswirkungen genau dieses Sparpakets, das Sie den Österreichern ver­ordnen. Wissen Sie, warum? – Die Sprecherin des Krankenanstaltenverbundes in Wien sagt, Kollege Cap: Wir bekommen einen Budgetrahmen, den wir einhalten müs­sen. Wir hantieren mit Steuergeld und müssen auf das Budget schauen. – Deshalb al­so die Verordnung, dass ab September keine Operationen mehr im orthopädischen Bereich angenommen werden. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schie­der.) – Lesen Sie es sich durch, bitte schön! (Der Redner überreicht Staatssekretär Mag. Schieder besagte „HEUTE“-Ausgabe.) Das sind Ihre Leute, die mit diesem Bud­get und mit diesen Sparvorgaben haushalten müssen.

Jetzt überlegen Sie einmal, was Sie machen! Sie beschließen einen ESM, aufgrund dessen wir in Zukunft Milliarden nach Brüssel überweisen, und verordnen den Öster­reicherinnen und Österreichern einen Sparkurs, den sie unmittelbar auslöffeln müssen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 154

indem sie zum Beispiel nicht mehr operiert werden, wenn sie krank sind, und in den Wiener Spitälern nicht mehr behandelt werden können. Das heißt, die Lebensbedin­gungen vieler Menschen in Österreich, vor allem der sozial schwächsten, werden sich durch diesen Sparkurs, den Sie uns hier aufoktroyieren, in Wirklichkeit verschlechtern. Da wollen wir nicht mitmachen!

Es gibt weltweit kein einziges Beispiel dafür, meine Damen und Herren, dass derartige Sparmaßnahmen die finanzielle Lage eines kranken Landes haben genesen lassen. Wenn die Schulden zwar sinken, gleichzeitig aber die Wirtschaft einbricht und infolge­dessen die Steuereinnahmen sinken, steigt die Arbeitslosigkeit. Das ist ein Teufels­kreis, den wir nicht haben wollen.

Der Fiskalpakt mit dem vorgesehenen Regelwerk entmachtet uns als nationales Parla­ment und auch das EU-Parlament und ist ein schwerer Schlag gegen die Demokratie, bei dem wir nicht mitmachen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


16.20.01

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute schon sehr viel über die Fehler,
die beim Konstrukt der EU und des Euro gemacht wurden, diskutiert (Abg. Neu­bauer:  im Brief gestanden!), aber wir haben Gott sei Dank auch schon klare Be­kenntnisse zum Euro und zur EU gehört.

Euro und EU haben den Rahmen geschaffen, der es unserer Bevölkerung ermöglichte, unseren Wohlstand – einen Spitzenplatz im Ranking der Länder – zu erarbeiten, nicht wegen des Rankings, sondern deshalb, weil wir uns den sozialen Standard, den Stan­dard in unserem Gesundheitswesen und unsere hohe Arbeitsplatzquote auf dem heuti­gen Niveau haben aufbauen können.

Unbestritten ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir von EU und Euro profitie­ren, daher muss Europa und daher müssen wir Rahmen schaffen, die europäische Staatengemeinschaft und den Euro entsprechend abzusichern, und der ESM ist ein Teil dieser Absicherung.

Kollege Scheibner hat heute gesagt, dass Kolleginnen und Kollegen heute mit Hurra dem ESM zustimmen werden. – Ich sage ganz klar: Nein, so ist es nicht; nicht mit Hurra, und keine Abgeordnete und kein Abgeordneter wird heute leichtfertig seine Stimme abgeben (Ruf beim BZÖ: Da bin ich mir nicht so sicher!), denn der finanzielle Anteil am ESM ist für Österreich ohne Zweifel sehr hoch. Unser Mittun ist aber nicht nur eine solidarische Aktion, sondern wir tun deshalb mit (Ruf beim BZÖ: Weil Sie nicht wissen, was Sie tun!), weil es in unserem Interesse, im Interesse Österreichs ist, und die Gründe dafür wurden heute schon vielfach diskutiert. (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Da heute auch schon mehrfach ein Zurück zum Schilling angesprochen wurde, darf ich den „Spiegel“ zitieren, der zur D-Mark – und damit wohl auch zum Schilling – schreibt: „Gemessen an solchen Szenarien erscheint eine noch so teure Rettung“ des Euroals kleines Übel“.

Ich gehe davon aus, dass diese Aussage wohl auch ein Argument im Deutschen Bun­destag war, wo der ESM mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Interessant ist – auch das wurde heute schon angesprochen –, dass in Deutschland außer den Post­kommunisten alle für den ESM eingetreten sind (Zwischenruf bei der FPÖ), auch die Liberalen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 155

Ich gehe aber auch davon aus, dass die Deutschen – und sie sind immerhin die höchs­ten Bareinzahler und auch diejenigen, die die höchsten Garantien abgeben – derzeit keinen anderen Weg als den ESM sehen. Unsere Debatten hier im Hohen Haus zeigen dasselbe Bild: Weder im Hearing noch heute sind entsprechend brauchbare Alternati­ven eingebracht worden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir uns zu Europa, wenn wir uns zum Euro bekennen, dann müssen wir auch zum Mechanismus für Stabilität und Sicherheit ein Ja sagen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


16.23.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Meine Herren Staatssekretäre! In den letzten Monaten haben wir – wie heute schon einmal erwähnt – massenweise Mails und Reaktionen von der Bevölkerung be­kommen.

In meiner kurzen Zeit als Abgeordneter habe ich ehrlich gesagt noch nie so viele Reak­tionen der Bevölkerung bekommen, und zwar nicht Reaktionen, die lauten: ja, weiter so!, sondern Reaktionen, die lauten: Bitte bremst diese Bundesregierung ein, denn sie trifft kontinuierlich Entscheidungen gegen das eigene Volk! – Und dieses Mal sind die Grünen mit dabei. Die Mitmach-Grünen, die bisher eher basisdemokratisch waren, sind dieses Mal mit an Bord. Ja, Frau Klubobmann Glawischnig, die Basis ist dahin, die Hälfte ist schon bei den Piraten, da hilft auch kein elegantes Lockendrehen. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Aber was haben wir denn nicht nur von den Mitmach-Grünen, was haben wir von den Regierungsfraktionen alles an überzeugenden Argumenten für den ESM gehört?

Erstens: Die Opposition hat ja keine Lösungen. – Na ja gut, über unsere 1 000 Anträ­ge, die in den Ausschüssen immer wieder vertagt werden, reden wir nicht. Reden wir einmal von den echten Problemen, wie es auch Kollege Steinhauser gesagt hat, näm­lich dass die Lösung für die spanische Immo-Krise natürlich unsere Zahlungen sind. – Herr Steinhauser, ich weiß nicht, welche Kinder Sie haben und wie viele Kinder Sie haben. Meine Kinder wehren sich dagegen, dass sie irgendwann einmal in ihrem Le­ben die spanische Krise auszubaden haben, und vielleicht kommen Sie auch einmal in diese Situation. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Pflänzchen, das Sie hochziehen wollen, das einmal ein Baum werden soll, das gibt es. Dieser Unkrautbaum lebt in der chinesischen Volkswirtschaft. Und das ist ge­nau Ihre Ideologie, die wollen Sie auch in Europa haben. Wir wollen sie hier nicht ha­ben.

Wir haben heute auch schon Argumente, Wahrheitsargumente rund um den Euro ge­hört. – Diese Argumente hat Kollege Themessl schon sehr stark entkräftet. Was ich aber bodentief verachte, ist Polemik, ist Populismus und ist das Spiel mit der Angst. Wenn heute ein Herr Spindelegger den Leuten Angst macht und sagt, wir bräuchten den ESM, wir bräuchten das alle, weil sonst unsere Arbeitsplätze wieder einmal gefähr­det seien, dann ist das genau die Angstmache, die wir hier herinnen nicht betreiben sollten, und Sie sollten das auch nicht machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was haben wir denn schon an tollen Wahrheiten von den ehrenwerten Herren und Da­men der Bundesregierung und aus der Europäischen Union gehört:

Die Aufnahmekriterien sind sehr streng. – Ja, und dann ist Griechenland dazugekom­men.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 156

Der Euro ist eine harte Währung, und da gibt es eine ganz strenge Budgetdisziplin. – Deutschland und Frankreich waren die Ersten, die sie gebrochen haben, und wir sind auch jenseits der 60-Prozent-Grenze.

Es wird kein Bail-out geben, keine Hilfe für andere Staaten. – Und was ist mit den Hilfspaketen nach Griechenland und für andere Banken?

Das erste Griechenlandpaket ist nur ein symbolisches. – Man möchte schon fast lä­cheln. Ja, das Geld ist symbolisch einmal dahin, das ist der Fakt.

Und – das konnten wir auch hören –: Österreich verdient an der Hilfe. – Ja, es verdie­nen vielleicht die, die unser Geld mittlerweile haben.

Wir brauchen keine Europäische Union, um zu sparen. Wir können selber sparen, wenn wir es wollen, aber diese Bundesregierung will nicht sparen. Sie will noch zusätz­lich das Geld unserer Bürger in andere Länder schicken, und das lehnen wir ganz hef­tig ab! (Beifall bei der FPÖ.)

Warum lehnen wir das ab? – Professor Köck, Professor für Völkerrecht an der Johan­nes Kepler Universität, hat einmal gesagt: Letzten Endes ist Völkerrecht Faustrecht.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn es so weit kommen wird, dass wir alles so wie beim letzten Gipfel machen, dass Italien, dass Spanien über die Nordländer, die noch ein bisschen Geld haben, die noch ein bisschen Reputation haben, herfallen und sie erpressen, wenn es dann so weit ist, dass unsere Kinder das alles zahlen müssen, dann brauchen Sie sich über die schiefe Ebene, auf der Ihre Wahlergebnisse stehen, nicht zu wundern. Die ÖVP weiß es ja mittlerweile, sie kratzt schon erfolgreich am Zwanziger nach unten, und auch bei Ihnen von der SPÖ wird es noch so weit kommen. Wenn wir dann möglicherweise über 33 Prozent haben, dann wünschen Sie sich nicht, dass unsere Kinder Realität machen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riemer. – Bitte.

 


16.28.23

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Staats­sekretäre! Frau Finanzminister! Hohes Haus! Am Ende der ganzen Gesprächsrunde kommt Folgendes heraus: Die Situation ist vergleichbar mit dem Untergang der Titanic, welche in zweieinhalb Stunden in Schieflage geraten war, aber in nur zehn Minuten ge­sunken ist.

Fakten und Fragen bleiben für uns natürlich dann noch übrig. Österreich könnte zah­lungsunfähig werden. Kollege Donabauer hat gesagt: Reden wir darüber! – Wann denn, wenn heute die Abstimmung ist? Recht hat er ja.

Österreich ist mit einer 90-prozentigen Verschuldung inklusive ausgelagerter Schulden und weiterer Haftungen zu den vorangegangenen Schulden von einem unnötigen Kon­kurs bedroht. Es ist unakzeptabel, dass am ESM kein Weg vorbeiführt. – Wer sagt das? Der Vertrag soll durch eine Überrumpelungsaktion von Rot, Schwarz und Grün und Brüssel an den Bürgern vorbeigeschummelt werden.

Der ESM vertieft und legalisiert die Transferunion Europa – eine gute Vision. Mit dem ESM ist die Umverteilungsaktion zu den schon unzähligen Milliarden umverteilten Gel­dern nicht beendet. Wird der ESM ratifiziert, können wir nicht mehr zurück, damit ha­ben wir unsere Autonomie aufgegeben – ein positives Szenario. Wir zahlen die Kon­sumausgaben und Vermögensflucht anderer Länder bereits heute – wundervoll!

Der ESM ist ein Horrorszenario einer Utopie, von der wir hoffen, dass sie nie eintreten wird. Die Südländer werden Reformen nicht durchführen wie bis heute in Italien mit der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 157

Arbeitsmarktreform. Präsident Hollande in Frankreich setzt auf Mindestlohn und auch noch auf eine Senkung des Pensionsalters.

Die Ausstiegsängste werden von den Banken und von allen, die von Verlusten betrof­fen sind, geschürt. Dazu gehört auch Präsident Obama in Amerika, weil US-Pensions­fonds Anleihen südlicher Euroländer halten. Und Strafen und Sanktionen ziehen wieder den Hass der betroffenen Bürger nach sich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek:  die Weltverschwörung sozusagen!)

Wir haben es hier mit einer verkehrten Revolution zu tun. Normalerweise gehen Revo­lutionen von unten nach oben vor sich. Hier haben wir es mit einer Revolution von oben nach unten zu tun. Das ist ein Putsch – laut eines Leserbriefes –, ein Staats­streich (Beifall bei der FPÖ), das entspricht einer Rätekonstruktion, und eine legitimier­te Rätediktatur gibt es nicht, denn die Entscheidungen in der EU fallen in Komitees, Räten und in Kommissionen. (Ruf bei der SPÖ: Ist das die FPÖ?)

Sie werden heute abstimmen – leichten Gewissens, wie ich hoffe; wenn nicht, dann machen Sie es nicht. Wenn Sie abstimmen, dann stimmen Sie dafür, dass einstimmige Grundsatzentscheidungen – außer ein Land braucht dringend Geld – auch hier gefällt werden können. – Vergessen Sie das nicht! Mit dem gleichzeitig vereinbarten Fiskal­pakt werden bedeutende Teile der Budgethoheit an die EU abgetreten. – Vergessen Sie das nicht! Wenn Sie heute abstimmen, dann stimmen Sie auch dafür, dass Schul­den vergemeinschaftet werden – hochriskantes finanzpolitisches Neuland!

Ich zitiere – Schlusssatz, die Zeit ist aus (Rufe bei der SPÖ: Bravo!) –:

„Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse, in Zei­tungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten. Überall ist der Irrtum oben­auf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“ – Zitat: Goethe an Eckermann.

Es hat sich bis heute nichts geändert.

Ich bitte Sie, überdenken Sie die Situation, machen Sie sich ein gutes Gewissen! Es lebe Österreich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Kollege Riemer! Gott schütze Österreich!)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich sehr herzlich den amtierenden Präsidenten des kroatischen Sabor, des kroatischen Parlamentes, Josip Leko mit seiner Delega­tion hier bei uns begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Präsident Leko, wir freuen uns sehr, dass Sie hier sind, dass Sie später, wenn wir über den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union, über die Ratifizierung diskutieren und entscheiden werden, auch anwesend sein werden! Wir freuen uns darüber.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Tadler zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf des
Abg. Grosz.)

 


16.33.33

Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Dies ist ja heute ein denkwürdiger Tag in diesem Hohen Haus, in ganz Österreich. Heute wird über unser aller Schuldenzukunft entschieden, das Geld der nächsten Ge­nerationen verzockt. Namentlich wird über den Europäischen Stabilitätsmechanismus und über den Fiskalpakt abgestimmt. Grünes Licht wird es für 700 Milliarden € geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 158

Der ESM-Vertrag ist der beste Weg, Österreich in die Pleite zu führen. Wir geben all unsere Souveränitätsrechte unwiderruflich, unwiederbringlich nach Brüssel ab. Dabei wäre ja der Stabilitätsmechanismus – oder besser: eine Übernahme von Schulden an­derer EU-Staaten – in der Urfassung des EU-Vertrages gar nicht vorgesehen gewesen, nein, sogar verboten. Da hat meines Erachtens schon der erste Bruch von EU-Recht stattgefunden.

Art. 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union schließt explizit die Haftung der Europäischen Union sowie deren Mitgliedstaaten für Verbindlichkei­ten – wie wir heute schon gehört haben – durch die No-Bail-out-Klausel aus. Die Hauptfunktion der Nichtbeistandsklausel besteht darin, EU-Staaten zu eigenverant­wortlicher Haushaltsdisziplin zu bewegen. Wir haben gesehen, dass das schon vorher nicht funktioniert hat, deshalb hat man sich in Europa entschlossen, diesen Vertrag umzugestalten. Die vertraglichen Änderungen in Art. 136 haben erst die Rechtsgrund­lage für einen Schutzschirm ermöglicht.

Frau Minister! In der Anfragebeantwortung 9972 vom 7. Februar 2012 wird angeführt, dass Länder wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal in den ESM einzuzahlen haben.

Jetzt stellt sich für mich die Frage: Wie kann Griechenland diese enorme Summe von immerhin 19,7 Milliarden € aufbringen, wo es doch am Tropf des vereinten Europa hängt?

Mehr als 180 Milliarden € sind ja bereits nach Griechenland geflossen, und jetzt zahlen die Griechen einen Teil dieses Geldes wieder in den ESM – wie soll denn das funk­tionieren? Sollte dann noch ein ESM-Mitgliedstaat die Beiträge und Haftungen nicht zahlen können oder wollen, wird der ausstehende Betrag den zahlungsfähigen und zahlungswilligen Mitgliedstaaten aufgebrummt. Das heißt also, wir können nicht sicher sein, dass nicht noch mehr Geld für marode Banken und Staaten zu berappen ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Die jüngere Geschichte hat uns gelehrt, dass wir das auch nicht ausschließen können.

Die Regierungsparteien samt den Grünen werden ja nicht müde, uns die Notwendigkeit des ESM und des Fiskalpaktes schmackhaft zu machen. Durch die ESM-Begleitnovelle habe sich Österreich einen parlamentarischen Kontrollmechanismus in Bezug auf den ESM-Vertrag gesichert, heißt es. Das scheint mir ein wenig naiv zu sein, wenn man sich dieses Vertragswerk genauer durchliest. Da wird von strikten Auflagen bei der Fi­nanzhilfe und der Verstärkung der haushaltspolitischen Verantwortung gesprochen. Bisher haben diese Sanktionsmechanismen nicht gegriffen, obwohl dies schon in Art. 125 festgeschrieben ist. Auch das sogenannte Mitspracherecht des österreichi­schen Parlamentes, welches ja von den Grünen so propagiert wird, ist ein Nullsum­menspiel. Danke für den Ausverkauf der österreichischen Fiskalhoheit!

Vergangenen Donnerstag gab es – wie wir heute schon mehrmals gehört haben – ein Hearing im Zuge des Verfassungsausschusses. Und Herr Dr. Cap hatte augenschein­lich nichts Besseres zu tun, als einige Experten der politischen Mitbewerber vor dem Ausschuss ein bisschen – ja, nennen wir es so – lächerlich zu machen. – Danke für die glänzende Demonstration der Überheblichkeit der Regierungsparteien!

Mit der Zustimmung zu diesen Vorlagen werden Teile der nationalen Finanzpolitik an die EU abgetreten und der Weg für Eurobonds freigemacht, Herr Krainer.

Abschließend: Ich kann nur hoffen, dass der österreichische Wähler, der Souverän die­ses Vorgehen der Regierungsparteien und der Grünen bei den nächsten Wahlen – nie und nimmer! – vergessen haben wird. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ. – Abg. Grosz: Hat er eh nichts angeschmiert?)

16.38

16.38.20

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 159

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines verlangt.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Ich lasse über jeden Ausschussantrag getrennt abstimmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Ver­fassungsausschusses, den gegenständlichen Beschluss des Europäischen Rates in 1716 der Beilagen gemäß Artikel 23i Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz zu genehmi­gen.

Gemäß § 82 Abs. 2 Z 1a der Geschäftsordnung stelle ich zunächst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Wir gehen daher folgendermaßen vor:

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden. Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Genehmigung des gegenständlichen Be­schlusses des Europäischen Rates stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, dass Sie nur einen Stimmzettel einwerfen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namensauf­ruf zu beginnen; später wird ihn Herr Abgeordneter Auer ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.43 Uhr unterbrochen und um 16.47 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 160

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 178; davon „Ja“-Stimmen: 125, „Nein“-Stimmen: 53.

Die Genehmigung des gegenständlichen Beschlusses des Europäischen Rates ist so­mit gemäß Artikel 23i Abs. 4 B-VG mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Diese Vorgangsweise gilt im Übrigen für alle folgenden namentlichen Abstimmungen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Ko­run, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 161

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommen wir zur Abstimmung über Tages­ordnungspunkt 3: Antrag des Verfassungsausschusses, dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bun­desrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Repu­blik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der Republik Finnland in 1731 der Beilagen gemäß Arti­kel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Es ist auch hier wieder namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Die Vorgangsweise ist vorher bekannt gegeben worden.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Genehmigung des gegenständlichen Staats­vertrages stimmen, „Ja“-Stimmzettel, also die grauen Stimmzettel, und jene die dage­gen stimmen, „Nein“-Stimmzettel, das sind die rosafarbenen, in die Urne zu werfen. Bitte achten sie sorgfältig darauf, dass Sie nur einen Stimmzettel einwerfen.

Ich bitte nun mehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen. – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 162

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Stimmenzählung unterbreche ich die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten des Hauses nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.52 Uhr unterbrochen und um 16.56 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 179; davon „Ja“-Stimmen: 126, „Nein“-Stimmen: 53.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist somit gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG ge­nehmigt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 163

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald, Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haub­ner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass mir mitgeteilt wurde, dass Frau Abgeordnete Steibl ab 10 Uhr aus dringenden privaten, persönlichen Um­ständen in die Steiermark zurück musste und daher auch als entschuldigt gilt.

*****

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses in 1880 der Beilagen im Sinne des Artikel 49 Abs. 2 B-VG, dass die englische, estni­sche, finnische, französische, griechische, irische, italienische, maltesische, nieder­ländische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische sowie spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öf­fentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale An­gelegenheiten aufliegen.

Auch hier ist namentliche Abstimmung verlangt worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 164

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Ich gehe vor wie zuvor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die besondere Kundmachung des gegenständ­lichen Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG stimmen, „Ja“-Stimmzettel, also die grauen Stimmzettel, und jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel, das sind die rosafarbenen, in die Urne zu werfen.

Beachten Sie auch hier wieder, nur einen Stimmzettel zu verwenden.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, den Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Na­mensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zum Zwecke der Stimmenzählung unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.01 Uhr unterbrochen und um 17.05 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 179; davon „Ja“-Stimmen: 126, „Nein“-Stimmen: 53.

Der Antrag des Verfassungsausschusses gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG in 1880 der Beilagen ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 165

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 166

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur Abstimmung – ich bitte, die Plätze einzunehmen! – über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Lopatka, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Europäischen Konvent und Eurobonds.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesen Antrag unterstützen, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 258.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ESM-Begleitnovelle in 1878 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Antrag betroffenen Teil des Ent­wurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sowie der Abänderungsantrag enthalten Änderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Ich stelle daher zunächst im Sinne der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest.

Zunächst Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Artikel 1 Z 1 Artikel 50a.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Wir gehen daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich bitte nunmehr die Schriftführer, den Namensaufruf durchzuführen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.10 Uhr unterbrochen und um 17.15 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 179; davon „Ja“-Stimmen: 54, „Nein“-Stimmen: 125.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde nicht erreicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 167

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 168

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Auch hier stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Hiefür ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Wir gehen daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich bitte die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte, mit der Stimmenzählung zu beginnen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 169

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.19 Uhr unterbrochen und um 17.23 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 175; davon „Ja“-Stimmen: 124, „Nein“-Stimmen: 51.

Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Van der Bellen;

Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 170

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Aus­schussbericht 1878 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Insider-Regelungen bei Verhandlungen zu Sekundärmarktoperationen des ESM.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diese Entschließung unterstützen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 259.)

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalra­tes geändert wird, samt Titel und Eingang in 1879 der Beilagen.

Der vorliegende Entwurf kann gemäß der Geschäftsordnung des Nationalrates nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungs­mäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Auch dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgangsweise kann ich als bekannt voraussetzen.

Ich bitte nun die Schriftführer um den Namensaufruf.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 171

Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Stimmenzählung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.28 Uhr unterbrochen und um 17.32 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 178; davon „Ja“-Stimmen: 126, „Nein“-Stimmen: 52.

Der Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­schäftsordnung des Nationalrates geändert wird, samt Titel und Eingang in 1879 der Beilagen ist somit in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz Anna, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 172

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes des Na­tionalrates kann die dritte Lesung des vorliegenden Entwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bundesfinanzrahmenge­setz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das Bundeshaus­haltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden, samt Titel und Eingang in 1883 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgangsweise kann ich als bekannt voraussetzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 173

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Namensauf­ruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird ihn später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Stimmenzählung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.36 Uhr unterbrochen und um 17.40 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 179; davon „Ja“-Stimmen: 126, „Nein“-Stimmen: 53.

Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarmer, Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 174

Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir stimmen nunmehr über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Krainer, Dr. Stummvoll, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Maßnahmen zum Schutz der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durch Prä­vention von Bankinsolvenzen und geordnete Reorganisation von Instituten mit wirt­schaftlichen Problemen ab.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 260.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 175

17.41.137. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1725 d.B.): Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Ir­land, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Re­publik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem König­reich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugie­sischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Repu­blik, der Republik Finnland und dem Königreich Schweden (1881 und Zu 1881 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


17.42.07

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Abgesehen von der jetzt geschäftsordnungsmäßig zu führenden Debatte erfahren wir gerade mit Erschüt­terung durch die ausgeteilten Zeitungen, dass das zehnjährige vermisste Wiener Kind Sebastian tot aufgefunden worden ist. Ich möchte seinen Eltern Beileid wünschen und an diesem Beispiel eigentlich auch aufzeigen, wie das Leben spielt, wie knapp beisam­men wirkliches Drama ist und das, was wir als Drama empfinden, wenn wir uns gegen­seitig hier Dinge an den Kopf werfen. Angesichts dessen, was sich alles abseits dieses Hauses abspielt, sollten wir unser eigenes Tun schon gelegentlich als relativ betrach­ten.

Davon abgesehen sprechen wir jetzt über das ernste Thema, das wir schon abge­stimmt haben, und über den Fiskalpakt. Ich bringe das ergänzend vor, was ich auch schon im Verfassungsausschuss zum Ausdruck gebracht habe, und werfe folgendes kritische Licht.

Die kritischen Punkte zum Fiskalpakt sind, dass nur die Mitgliedstaaten ein Klagerecht beim EuGH haben, nicht jedoch die Kommission oder andere EU-Institutionen. Es ist politisch äußerst unwahrscheinlich, dass ein Mitgliedstaat einen anderen Mitgliedstaat bei Verstoß gegen die Vertragsbestimmungen des EU-Fiskalpaktes klagt – schwerer Fehler von der Systematik.

Überdies hat der EuGH von sich aus nicht die geringsten Unterlagen, die die Verlet­zung von Vertragsbestimmungen durch einen Mitgliedstaat beweisen könnten, vor al­lem die unzureichende Umsetzung der strengen Fiskalregeln im nationalen Recht und deren Einhaltung. Der Vertrag regelt nicht, wie der EuGH zu seinen Unterlagen im Pro­zessfall käme. Daher wäre es jedenfalls sinnvoll, dass der Europäische Rechnungshof halbjährlich so quasi als Frühwarnsystem entsprechende Untersuchungen durchführt und darüber berichtet.

Überdies scheint es nicht sehr zielführend zu sein, über Mitgliedstaaten, die den Fis­kalpakt verletzen und ohnedies über kein Geld verfügen, noch zusätzlich Geldstrafen zu verhängen. Die müssten sie sich offenkundig aus der Bedeckung des ESM holen – also ein äußerst widersprüchliches Gesetz.

Über die Verfassungsproblematik, die von den Befürwortern des Fiskalpaktes negiert wird, wurde ja schon hinlänglich diskutiert. Insbesondere handelt es sich um Ein­schränkungen der österreichischen Budgethoheit und um die Problematik, dass das österreichische oberste Organ, nämlich der Finanzminister/die Finanzministerin, an das Votum der Kommission gebunden ist, also ein Stimmbindungsverhältnis zwischen ei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 176

nem österreichischen demokratisch legitimierten Organ und einem anderen nicht de­mokratisch legitimierten Organ – äußerst problematisch. (Beifall bei der FPÖ.)

Als Hinweis, wie in anderen Ländern seitens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kri­tisch und nicht jubilant berichtet wird, lade ich ein, auf die Homepage des ARD zu bli­cken, wo klar in der Kolumne „Euroschau“ von Klaus-Rainer Jackisch folgende Über­schriften zum Besten gegeben werden:

„Das Projekt Euro ist gescheitert. () Merkel warf ihre Prinzipien über Bord. Die Politik hat sich entschieden, den Euro zu retten – koste es was es wolle. Die Bundeskanzlerin hat ihre Prinzipien über Bord geworfen.“

Gleiches trifft ja eigentlich auch für Österreich zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Weiter steht da: „Parlament wird entmündigt“, „Großbritannien erwägt das Undenkba­re“, nämlich den Austritt aus der EU.

Beide Varianten, Rettung des Euro oder Abstellen auf eine neue Währung, wären in beiden Systemen mit unabschätzbaren Kosten verbunden. Bei den Experten, die wir hier gehabt haben, war eindeutig herauszuhören, dass die Variante Rettung des Euro durch eine neue Währung für die gesunden Länder tendenziell das billigere Modell wä­re. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Zusammenhang bitte ich zu verstehen, dass wir diesem Projekt keine Zu­stimmung geben können. (Beifall bei der FPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


17.47.22

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir mehr Solidarität unter den Mitgliedstaaten haben wollen, dann ist es auch notwendig, dass wir hier mehr Vertrauen und Kontrolle haben, dass die ein­zelnen Länder sich dann auch an ihre eigenen Budgetvorgaben halten und schauen, dass ihre nationalen Budgets nicht aus dem Ruder laufen.

Der Fiskalpakt dient in erster Linie genau dazu, hier klare Regeln aufzustellen, dass al­le Länder, die in der Eurozone sind, darauf achten, dass ihre nationalen Budgets eben nicht aus dem Ruder laufen, dass die Hilfen, die über ESM oder zukünftig vernünfti­gerweise über eine Banklizenz des ESM, Eurobonds oder andere Instrumente laufen, nicht in ein Fass ohne Boden fließen. Es geht darum, dass es hier klare Regeln gibt und dass alle Mitgliedstaaten in dieser Frage einander vertrauen können.

Auch die Grünen haben gesagt, dass, wenn man Eurobonds oder ähnliche Instrumente vorsehen will, man klare Regeln braucht. Das sind die, wo es eine Übereinkunft auf eu­ropäischer Ebene gibt. Die Kritik, die es im Hearing gab, war vor allem ökonomischer Natur, zum Beispiel der Punkt, wie das strukturelle Defizit berechnet wird. Dazu muss man sagen, dass die Art und Weise, wie es berechnet wird, einem permanenten Re­view-Prozess unterliegt, gerade aktuell. Das heißt, es muss hier sehr wohl geschaut werden, ob die ökonomischen Modelle dahinter funktionieren oder nicht. Meiner Mei­nung nach wird richtig gesehen, dass die angepasst werden müssen, und das ge­schieht auch.

Wir haben immer gesagt: Sparen ist gut, aber Wachstum und Investitionen in die Zu­kunft sind genauso wichtig. Durch den Beschluss des Gipfels gibt es ein namhaftes Paket, mit dem laut Berechnungen in etwa 2 bis 2,5 Millionen Arbeitsplätze bis 2014 geschaffen werden, also ein nennenswerter Beitrag. Das ist nicht die Lösung der wirt­schaftlichen Probleme, die es in Europa und in der Eurozone gibt, aber sicher ein guter Beitrag dazu, weil es bedeutet, dass jeder zehnte Arbeitslose bis 2014 nur durch die-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 177

ses Programm wieder einen Arbeitsplatz bekommen wird. Das ist jedenfalls ein Erfolg und ein Teil der Lösung, wenn auch nicht die ganze Lösung.

An dieser Stelle darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Csörgits, Stummvoll, Krainer, Wöginger, Matznetter, Steindl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für nachhaltiges Wachstum und Beschäf­tigung in Europa

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der von den Staats- und Regierungschefs am 28./29. Juni 2012 mit dem ,Pakt für Wachstum und Beschäftigung‘ eingeschlagene Weg für eine nachhaltige Bewältigung der Finanz- und Schuldenkrise weiter vorangetrieben wird und die notwendige Budgetkonsolidierung in Europa ähnlich wie in Österreich durch eine intelligente Kombination aus Wachstums­impulsen, Zukunftsinvestitionen, Einsparungen und Strukturreformen erfolgt.

Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, durch die Teilnahme an einer ,Ver­stärkten Zusammenarbeit‘ eine Einführung der Finanztransaktionssteuer bis 2014 si­cherzustellen und sich dafür einzusetzen, dass diese Zusammenarbeit so viele Mit­gliedstaaten wie möglich umfasst, um die bestmögliche Wirkung der Finanztransak­tionssteuer zu erzielen.“

*****

Das heißt, wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen, eine ganze Reihe von wich­tigen Modulen, die jeweils einen Beitrag zur Lösung der Krise liefern sollen, ob das Fi­nanzmarktregulierung ist, ob das Wachstum und Beschäftigung ist, ob das Fiskalpakt ist, ob das ESM ist. Das sind wichtige Bausteine, die dazu beitragen können, dass wir erfolgreich aus der Krise kommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Csörgits, Stummvoll, Krainer, Wöginger, Matznetter, Steindl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für nachhaltiges Wachstum und Beschäf­tigung in Europa

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 4. Juli 2012 im Zuge der Debatte zu TOP 7.) Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1725 d.B.): Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Wäh­rungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Helleni­schen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italieni­schen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Re­publik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Kö­nigreich Schweden (1881 und Zu 1881 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 178

Konsolidierung und Wachstum gehören zusammen. Nur wenn es Europa gelingt, beide Ansätze koordiniert zu verfolgen, können wir die öffentlichen Finanzen stabilisieren und die notwendige Grundlage für nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze bilden. Der Nationalrat begrüßt daher ausdrücklich, dass der Europäische Rat vom 28./29. Ju­ni 2012 dem Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (‚Fiskalpakt‘) einen Pakt für Wachstum und Beschäftigung zur Sei­te gestellt hat. Die dafür vereinbarten Mittel in der Höhe von 120 Milliarden Euro sollen prioritär zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, zur Förderung von Forschung und Innovation sowie zur Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen Europas (KMU) eingesetzt werden. Die Bereiche, die für nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Wachstum sorgen und damit Europa dauerhaft im internationalen Wettbewerb als dy­namischen und erfolgreichen Wirtschaftsraum mit leistungsfähigen Sozialsystemen po­sitionieren, werden damit rasch zusätzliche Impulse erhalten. Allein mit der im Pakt enthaltenen Aufstockung des Kapitals der Europäischen Investitionsbank sollen bis 2014 zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies wird einen wichtigen Beitrag zum Abbau der teilweise dramatisch angestiegenen Arbeitslosigkeit in manchen Regionen Europas – hervorgehoben sei hier im Besonderen die inakzep­tabel hohe Jugendarbeitslosigkeit – leisten. Die im Pakt enthaltene Jugendgarantie – unterstützt mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds – wird hier ebenfalls positiv wir­ken. Der Pakt sieht weiters vor, dass KMU noch stärker gefördert werden, auch da­durch, dass ihnen der Zugang zu EU-Fördermitteln erleichtert wird. Österreich schlägt in diesem Zusammenhang die Bündelung und bessere Ausschöpfung bereits vorhan­dener EU-Mittel durch die Einrichtung eines EU-Wachstums- und Innovationsfonds vor. Der Pakt betont auch die notwendige Vertiefung und Vollendung des Binnenmarktes, die Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb der Union und die in den Mitgliedstaaten erfor­derlichen Strukturreformen.

Eine angemessene Beteiligung des Finanzsektors ist für eine tragfähige Konsolidie­rung ebenso unabdingbar. Österreich hat sich gemeinsam mit Deutschland und Frank­reich von Beginn an für ein rasches Voranschreiten in diesem Bereich ausgesprochen und die Verhandlungen dazu führend vorangetrieben. Entsprechend den Beschlüssen des Europäischen Rates wird sich Österreich daher auch einer Allianz von Mitglied­staaten anschließen, die den Antrag auf Begründung einer Verstärkten Zusammenar­beit zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer möglichst rasch der Kommission vorlegen werden. Diese Verstärkte Zusammenarbeit soll noch in diesem Jahr endgültig beschlossen werden. Die Finanztransaktionssteuer soll auch im Rahmen der Ver­stärkten Zusammenarbeit dem Vorschlag der Europäischen Kommission folgen und diesen weitgehend abbilden. Entscheidend ist, dass einzelne Mitgliedsstaaten eine sinnvolle Besteuerung des Finanzsektors nicht länger verhindern können.

In diesem Sinne stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der von den Staats- und Regierungschef am 28./29. Juni 2012 mit dem ‚Pakt für Wachstum und Be­schäftigung‘ eingeschlagene Weg für eine nachhaltige Bewältigung der Finanz- und Schuldenkrise weiter vorangetrieben wird und die notwendige Budgetkonsolidierung in Europa ähnlich wie in Österreich durch einer intelligente Kombination aus Wachstums­impulsen, Zukunftsinvestitionen, Einsparungen und Strukturreformen erfolgt.

Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, durch die Teilnahme an einer ‚Ver­stärkten Zusammenarbeit‘ eine Einführung der Finanztransaktionssteuer bis 2014 si-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 179

cherzustellen und sich dafür einzusetzen, dass diese Zusammenarbeit so viele Mit­gliedstaaten wie möglich umfasst, um die bestmögliche Wirkung der Finanztransak­tionssteuer zu erzielen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte.

 


17.51.25

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! – So wirklich begeistert klang das aber nicht, Herr Kollege Krainer! Kollege Matznetter hat ja schon darauf hingewiesen, dass es sich um ein politisches Paket handelt und dass der so­genannte Fiskalpakt halt auf Drängen der Deutschen zum ESM dazugekommen ist und die Bundesregierung – wie soll ich sagen? – keinen Weg gefunden hat, dieser Art von deutscher Nötigung auszuweichen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Ja, nicht nur deut­scher, aber speziell der Regierung Merkel, natürlich.

Von den Deutschen wird immer wieder zu argumentieren versucht, dass man den Fis­kalpakt braucht, um den berüchtigten Finanzmärkten zu signalisieren, dass man es jetzt ernst meint mit der Verschuldungsproblematik. Ich halte das aus mehreren Grün­den für ganz falsch. Wenn Sie die berüchtigten Medien der Finanzwelt studieren, etwa die „Financial Times“ oder den „Economist“, dann werden Sie über all diese Monate und Jahre, glaube ich, nicht einen einzigen ernst zu nehmenden Kommentar finden, der diese Art von Fiskalpakt als vertrauenerweckend bei den Finanzmärkten ansieht, sondern die reden von ganz anderen Dingen: in erster Linie von der politischen Hand­lungsfähigkeit der Union, von „klotzen statt kleckern“, dass das aufhören muss, ständig den Krisen hinterherzurennen, und endlich einmal neue Institutionen und Mechanis­men geschaffen werden sollen, darunter zum Beispiel die Eurobonds. Das wären Maß­nahmen, mit denen man Handlungsstärke und Selbstbewusstsein signalisiert – aber nicht mit solchen kindischen Sachen.

In der heutigen „Financial Times“ findet sich ein langer Artikel vom Chefkommentator Martin Wolf: „A step at last in the right direction“. – Dieser bezieht sich auf den letzten Gipfel. Was darin nicht vorkommt, ist irgendein Wort vom Fiskalpakt, geschweige denn, dass er positiv erwähnt wird. Was erwähnt wird, das sind die negativen Wachstums­raten von Irland, Spanien, Italien und Portugal. Das sind die Folgen der Politik in Eu­ropa der letzten Jahre, dass wir mit negativen Wachstumsraten niemals aus dieser Schuldenproblematik herauskommen. Das ist einmal das Erste, was natürlich viele von uns verstehen, sich aber politisch genötigt fühlen, trotzdem dem Fiskalpakt zuzustim­men, obwohl sie wissen, dass, wenn man das ernst nimmt, was da drinnen steht, die europäische Rezession verschärft und verstärkt wird.

Das ist nun einmal ein Grundprinzip in der Ökonomie, dass das, was ein Land macht – Lettland zum Beispiel in der großen Krise, Ungarn von mir aus vor einigen Jahren –, verkraftbar ist, wenn die Umwelt entsprechend wachstumspolitisch orientiert ist. Aber wenn die gesamte Union oder auch nur die gesamte Eurozone simultan, gleichzeitig dieses scharfe Konsolidierungsprogramm fährt, dann muss das zu einer weiteren Ver­schärfung der Rezession führen. Sorry! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen das ganz genau – und geben trotzdem diesem Druck nach. Wir halten das für ganz falsch. Also wir halten das für ökonomisch kontraproduktiv, was hier gemacht wird. Der Hoffnungsschimmer, den man haben kann, ist, dass das nicht so ernst ge­meint ist, wie es da auf dem Papier steht. Hoffen wir das! Hoffen wir, dass es nicht so gehandhabt wird, wie es da gemeint ist!


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Wir halten es zweitens für eine Flucht aus den EU-Verträgen. Einmal mehr wird dieser Weg über einen völkerrechtlichen Vertrag gewählt, statt die Enhanced Cooperation, also die verstärkte Zusammenarbeit, auch nur zu versuchen.

Und drittens haben wir schwere verfassungspolitische Bedenken, die auch beim Hea­ring vor dem Verfassungsausschuss von Professor Griller schon vorgetragen wurden. Unserer Meinung nach ist es unzulässig, diesen Fiskalpakt in dieser Form mit einfa­cher Mehrheit zu beschließen. Dieser Fiskalpakt enthält Bestimmungen, die mit der ös­terreichischen Verfassung nicht im Einklang stehen. (Abg. Grosz: Jetzt auf einmal!) Das heißt, damit sie mit einfacher Mehrheit diesen Vertrag ratifizieren können, hätten die Regierungsparteien vorher die entsprechenden Verfassungsbestimmungen ändern müssen, was ihnen natürlich schwerfiele, weil sie die Zweidrittelmehrheit schwer zu­sammenbekommen. Aber das hätten sie versuchen müssen. So laufen sie Gefahr, dass der Verfassungsgerichtshof früher oder später die Ratifizierung dieses Pakts wird aufheben müssen.

Ganz abgesehen davon: Wie kann man so einen Vertrag unterschreiben, wo wichtige Bestimmungen derart vage beziehungsweise unklar sind? Die Definition des strukturel­len Defizits, die Problematik haben wir schon erwähnt. Aber es betrifft auch den Arti­kel 5 beispielsweise, die Zustimmungs-/Genehmigungsrechte von Rat und Kommission in Bezug auf sogenannte Partnerschaftsprogramme. Das ist ein neuer Begriff im Rah­men der Verfahren der sogenannten übermäßigen Defizite. Als österreichischer Jurist würde man sagen: Wenn hier ein neuer Begriff verwendet wird – neu im Verhältnis zum bisherigen Stabilitäts- und Wachstumspakt und neu in Bezug auf den „Sixpack“ –, dann müssen die Vertragspartner in diesem Zusammenhang auch etwas Neues mei­nen. Ja, was genau meinen sie hier? Ganz abgesehen davon, dass das, was ein au­tomatischer Korrekturmechanismus sein soll, im Vertrag nicht definiert ist. Das wird hier nicht definiert! Wohl aber setzen sich die Vertragspartner einer Strafe aus, wenn der EuGH findet, das ist nicht ordnungsgemäß verwirklicht.

Also ich finde, das ist ein Husch-Pfusch. Abgesehen jetzt von der inhaltlichen ökonomi­schen Problematik ist es legistisch ein Husch-Pfusch, was hier gemacht wird. Sorry! (Beifall bei den Grünen.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


17.57.36

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staats­sekretäre! Hohes Haus! Herr Professor Van der Bellen, die Grünen haben soeben dem ESM zugestimmt. Die Grünen sagen nein zum Fiskalpakt. Die Grünen sagen aber auch – schlag nach bei Frau Lichtenecker! –, dass Fiskalpakt und ESM eins sind, mit­einander junktimiert sind.

Also diese Chuzpe erklären Sie mir einmal, wieso die Grünen dadurch, dass sie gegen den Fiskalpakt sind, eigentlich indirekt auch gegen den ESM sind, weil ja durch das Junktim das eine oder das andere nicht geht. Das ist auch ganz klar im Expertenhea­ring herausgekommen.

Rein formal mögen Sie recht haben, Herr Kollege Van der Bellen, dass es kein formel­les Junktim gibt, aber es gibt sehr wohl ein politisches, zum Beispiel das deutsche, das da heißt: Keine Finanzierung aus dem ESM für ein Land, das dem Fiskalpakt nicht bei­getreten ist!

Die „Financial Times“ ist und bleibt – mit Verlaub! – eine englische Zeitung, und der Gipfel hat sich über alles Mögliche unterhalten, aber eben nicht über den Fiskalpakt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 181

Der ist doch seit Monaten gegessen! Der Herr Bundeskanzler hat namens Österreich dem Fiskalpakt vor Monaten bereits zugestimmt. Die parlamentarische Beschlussfas­sung wird heute bei uns abgeschlossen. Anderswo ist sie das ja schon.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin im Gegensatz zu Professor Van der Bellen der Auffassung, dass gerade der Fiskalpakt im Interesse Österreichs ist. Es ist der ESM ein Solidaritätsakt, ein sehr teurer Solidaritätsakt Österreichs, Deutschlands und anderer in Richtung der Club-Med-Länder. Und der Preis, den wir, die wir uns bud­getär einigermaßen halten und sicher noch stärker halten werden mit der Schulden­bremse, der Preis, den wir dafür von den Club-Med-Ländern haben wollen, ist eben der Fiskalpakt, nämlich die Zusicherung und die Gewissheit, dass man sich dort in Zukunft zumindest budgetär ordentlich verhält. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war keine Expertin oder kein Experte von der Volkspartei nominiert. Es war Frau Tumpel-Gugerell, vor nicht allzu langer Zeit eine der wichtigsten Zentralbankerinnen Europas, die bei diesem Hearing gemeint hat: Ohne Konsolidierung kein Wachstum.

Meine Herren Staatssekretäre, Sie waren da zum Teil ja auch dabei. Das ist eine Auf­fassung, die in der Sozialdemokratie nicht immer mehrheitsfähig war. Jetzt, glaube ich, ist sie es. Und sosehr ich meine, es gibt auch ein Zuviel an Austerity, es gibt ein Zuviel an Konsolidierung, und wenn, Herr Professor Van der Bellen, alle gleichzeitig dasselbe machen: Naja, es mag schon sein, dass es auch einige Kritikpunkte in diesem Zusam­menhang gibt.

Aber schauen wir nach Deutschland: Deutschland hat die Konsolidierung glänzend be­wältigt. Die schrammen schon nahe am Null-Defizit, sie haben es schon bald erreicht. Deutschlands Wirtschaft wächst prächtig, Deutschlands Motor brummt, die Arbeits­marktzahlen stimmen, und wie sich Deutschland auf den Finanzmärkten bedient, das wissen wir. Mittlerweile wird für kurzfristiges Geld ja schon Geld nach Deutschland ge­tragen und werden Minuszinsen in Kauf genommen.

So gesehen können wir uns Deutschland schon wieder – nicht immer, aber schon wie­der einmal – zum Vorbild nehmen und sagen, Konsolidierung braucht es eben, und der Fiskalpakt wird ein Instrument dazu sein, dass es ein wenig konsequenter geschieht, vor allem in den „Club-Med-Ländern“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Zweifeln, ob denn das nun reicht, ob denn das nun eingehalten wird, muss ich sagen, es ist auf alle Fälle besser als das, was da war. Es ist von den Freiheitlichen heute einmal richtig erwähnt worden – wir wissen es –, es waren ausgerechnet Deutschland und Frankreich, die den Stabilitäts­pakt nicht eingehalten haben in der Vergangenheit, aber die Instrumente inklusive des EuGH sind nun einmal stärker. Meine Auffassung ist, dass die Märkte hier letztlich das noch größere Gewicht haben werden, weil Brüssel ist das eine und Abstimmungen, Reverse Majorities und was es da alles gibt, aber die Märkte werden dann entschei­den, ob ein Land, das entsprechend konsolidiert hat, sich eben wiederum an den Fi­nanzmärkten bedienen kann oder ob es Bitteschön sagen muss beim ESM, beim Eu­ropäischen Währungsfonds, der er ja sein wird und der ähnlich harte Bedingungen auf­erlegen wird, wie der Internationale Währungsfonds das schon seit Jahrzehnten tut.

Regierungschefs geht es immer wieder ganz gleich: Wer immer zum Internationalen Währungsfonds geht oder gehen muss, hat fast die Garantie dafür, dass er oder sie das nächste Mal nicht mehr gewählt wird.

So gesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Zuversicht, dass der Fis­kalpakt diesmal hält und mit Zähnen ausgestattet ist samt den Märkten, etwas größer. Und einmal mehr betone ich, nachdem ich das grüne Abstimmungsverhalten schon kri­tisiert habe, mein diesbezügliches Unverständnis: Ein weiteres Mal verstehe ich das Abstimmungsverhalten von BZÖ und FPÖ zu dem Thema nicht. Auch hier legen Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 182

sich ins Bett mit den Linken in der Bundesrepublik, mit den Postkommunisten, mit der SED (Heiterkeit des Abg. Linder), und ich freue mich, sehr geehrter Herr Abgeordneter Linder, in was für eine ehrenwerte Gesellschaft Sie sich da begeben mit den Postkom­munisten gemeinsam. Wunderbar, das ist eine schöne Linie! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Neubauer: Sie stimmen mit den Linken den ESM ab und werfen den anderen die Linken vor!)

18.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


18.02.46

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Lieber Kollege Bartenstein! Wir sind da in guter Gesellschaft mit Großbritannien und mit Tschechien, die stimmen dem Fiskalpakt auch nicht zu. Die brauchen das nicht, die wollen das nicht. Das weißt du hoffentlich, dass Großbritannien und Tschechien keinen Fiskalpakt haben wollen? (Abg. Dr. Barten­stein: Haben die den Euro, lieber Josef Bucher?) – Die brauchen ihn nicht, die sagen, dass das nicht notwendig ist.

Insgesamt ist es, da muss ich dem Kollegen Van der Bellen recht geben, eine Husch-Pfusch-Geschichte und nichts anderes als eine billige Marketing-Masche der Frau Mer­kel. Sie glaubt, dass sie dadurch die Märkte beruhigen wird. Du hast ja richtigerweise gesagt, Kollege Bartenstein, die Märkte werden künftighin bestimmen, wer wie viel an Kreditzinsen zu zahlen hat. Das glaube ich nicht, denn jetzt wird der Fiskalpakt be­schlossen, dann wird die Bankenunion beschlossen, und dann kommen die Euro­bonds, die berühmten „Eurobomben“.

Und da schaue ich mir dann an, wie sich die ÖVP zu dieser Frage verhalten wird, zu den Eurobonds, denn das heißt in Wahrheit, dass unsere Zinsen nach oben gehen, auch die Zinsen der Deutschen nach oben gehen, was ja völlig klar ist. (Beifall beim BZÖ.) Wenn wir alle dann gemeinsam nur mehr eine Anleihe auf den Markt bringen, werden naturgemäß jene Länder bestraft, die eine sorgsame Haushaltsführung haben. Und das wollt ihr. Das ist für mich unverständlich! Das geht ja zu Lasten des eigenen Budgets, das geht zu Lasten der eigenen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Der noch komfortable Vorteil, den wir haben, gemeinsam mit Deutschland: Okay. Deutschland ist eine blühende Wirtschaftsnation, keine Frage, das hast du ja richtig ge­sagt. Aber viele flüchten ja – und wir auch. Warum? – Weil die anderen so marod sind, das ist ja völlig klar. Aber das ändert sich dann sofort, wenn es nur mehr eine ge­meinsame Anleihe gibt, und die heißt Eurobonds. Das heißt, dass unsere Zinsen nach oben gehen. Jetzt zahlen wir heute schon 10 Milliarden € an Zinsen – die sind ja im Budget vorzufinden –, und künftighin werden wir noch mehr belastet.

Wir halten davon nichts. Wir halten klarerweise vom ESM nichts und auch vom Fis­kalpakt nichts, weil die heterogene Zusammensetzung der Länder dazu führt, dass diese Fiskalpaktinhalte nicht leben werden, wie wir heute schon erfahren haben. Du, Kollege Bartenstein, sagst richtigerweise – oder der Professor Van der Bellen –, im Grunde wissen alle Länder schon seit vielen Monaten, was sie zu tun haben, welche Regeln sie einzuhalten haben. Und heute haben wir über die Medien erfahren, dass Italiens Defizit im ersten Quartal nicht 1,7 Prozent ist, nicht 1,8 Prozent ist, meine Da­men und Herren, sondern 8 Prozent beträgt – 8 Prozent im ersten Quartal! –, das heißt, die Regeln dort schon nicht eingehalten werden, und dass Slowenien jetzt eben­falls unter den Rettungsschirm schlüpfen will.

Im Grunde genommen werden all diese Pakte, die man da schließt, viel zu wenig ernst genommen. Ich habe kein Vertrauen, ich habe auch kein Zutrauen in die Regierungs­spitzen, die es betrifft, dass sie das auch tatsächlich umsetzen können in den eigenen Ländern. Deshalb wird das Schiffbruch erleiden, was da als Fiskalpakt dargestellt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 183

Warum haben wir in der Vergangenheit den Stabilitätspakt nicht eingehalten? Wir ha­ben ihn nicht eingehalten, die Deutschen nicht, die Franzosen nicht – ja kein Land hat ihn im Grunde genommen eingehalten, und alle müssten ein Defizitverfahren haben. Das, was man sich hier vornimmt, nämlich nur mehr 0,5 Prozent Defizit zu haben, führt geradewegs in die Unglaubwürdigkeit, weil ja viele wissen, dass einerseits Mittel für die Rettung südeuropäischer Länder zur Verfügung gestellt werden müssen, andererseits soll man das Ziel von 0,5 Prozent Defizit erreichen. – Aus meiner Sicht völlig unmög­lich, eine unrealistische Annahme, und wer sich solch unrealistischen Annahmen an­schließt, der hat heute schon verspielt. Das ist nichts anderes als eine Beruhigungspille für die Märkte, die nicht wirken wird, und ihr werdet euch alle noch wundern, was da unterm Strich herauskommen wird. (Beifall beim BZÖ.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


18.07.26

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Meine beiden Herren Staats­sekretäre! Werte KollegInnen des Hohen Hauses! Die Sozialdemokratische Partei hat von Anfang an klargemacht, als wir in die Bankenkrise geschlittert sind, dass es einer­seits wichtig ist, zu sparen, aber andererseits auch wichtig ist, dann noch etwas Bewe­gungsspielraum zu haben für Investitionen und Maßnahmen für Zukunftsbereiche. Wachstum und Beschäftigung – das sind eigentlich die beiden Schlüssel für einen aus­geglichenen Haushalt, sie sind ganz einfach wichtig im Zusammenhang mit dem Fis­kalpakt.

Wie haben wir unser österreichisches Budget gestaltet? – Einerseits durch kluge und vernünftige Einsparungen, andererseits durch Zukunftsinvestitionen im Bereich der Bil­dung, im Bereich der Innovation und Forschung, aber auch im Bereich der Infra­struktur. Und sehr wichtig ist uns auch, dass es letztendlich zu einem noch gerechteren Steuersystem kommt.

Der Pakt für Wachstum und Beschäftigung, der vorigen Freitag beschlossen wurde, er­gänzt den Fiskalpakt. Diese Wachstumsmaßnahmen werden von zwei Säulen ge­tragen: auch hier wieder Investitionen, Wachstum und Beschäftigung, aber im Gegen­satz dazu der disziplinierte, verlässliche, aber auch sozial ausgewogene Haushalt.

Die Eckpfeiler des Paktes haben wir heute schon sehr ausführlich besprochen, diese 120 Milliarden €, die da zur Verfügung gestellt werden. Das sind 4,5 Milliarden für Pro­jektanleihen im Bereich Verkehr, Energie und Breitbandinfrastruktur, 55 Milliarden für Forschung und Innovation zugunsten der KMUs – ein wichtiger und entscheidender Punkt! – und vor allem die Förderung der Beschäftigung, egal ob für Männer, ob für Frauen, für junge Menschen vor allen Dingen und auch für Langzeitarbeitslose.

Im Beschäftigungspaket selbst sind natürlich die nationalen Beschäftigungspläne mit einzubauen. Und die Europäische Jugendgarantie orientiert sich an der österreichi­schen Jugendgarantie, die damals Rudi Hundstorfer eingeführt hat, auf die Österreich sehr stolz ist und wo ganz Europa auf uns schaut, wie wir das machen.

Und wenn ich heute Kritik von FPÖ und BZÖ gehört habe: Wie schaut es laut einer Studie beim Zerfall der Eurozone aus? – Es kommt zu einem Einbruch der Wirtschafts­leistung, und zwar nicht nur um diese 3 Prozent, die wir während der Krise hatten, son­dern um über 10 Prozent. Es kommt zur Verdoppelung der Zahl der Arbeitslosen, und es sind 500 000 bis 1 Million Jobs, welche exportabhängig sind, auf Dauer gefährdet.

Wenn ich mir dann im Gegenzug anschaue, was uns der Euro und die EU gebracht haben: 70 Prozent unserer Exporte gehen in die EU, ein Drittel unseres Wachstums geht auf die EU zurück, und 220 000 Arbeitsplätze wurden seit dem Beitritt zur EU ge­schaffen.


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Ja, es ist eine schwierige Diskussion und wird eine schwierige Diskussion bleiben, aber wir wollen in Zukunft Investitionen in Wirtschaft und Wachstum vorantreiben. Die Fi­nanztransaktionssteuer, die mit Dezember dieses Jahres kommen soll, und nicht nur ein Bekenntnis, sondern auch eine Terminsetzung für eine Finanzmarktaufsicht, denke ich, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das ist ein Diskussionsprozess, der sich im­mer wieder verändert, und da sind jetzt Dinge passiert, die vor drei Monaten ganz ein­fach pure Illusion waren, wo man nicht einmal daran gedacht hat, dass sie passieren könnten. Und jetzt sind sie ganz einfach da aufgrund der hartnäckigen und guten Verhandlungen, die auch unser Bundeskanzler in Europa geführt hat.

Setzen wir die richtigen Schritte in die Richtung, Europa sozialer zu gestalten! Wir sind ein Teil Europas, also gestalten wir es auch mit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte. (Rufe: Nicht da!) – Er ist nicht im Saal.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.

 


18.11.41

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf den Kollegen Bucher zurück kommen, der gemeint hat, die deutsche Wirtschaft brummt. Ich glaube auch, dass die österreichische Wirtschaft mit ihren Unternehmerinnen und Unternehmern ausgezeichnet aufgestellt ist, und dass – das erkennen wir, wenn wir die Geschichte betrachten – der Euro für den Wirtschaftsstandort Österreich eine ganz wichtige Entwicklung gewesen ist.

Wenn man sich die Leistungsbilanz anschaut: Wir hatten im Jahr 1999 noch ein Minus von 1,7 Prozent und haben in den letzten beiden Jahren einen Überschuss gehabt: 2010 2,7 Prozent und 2011 1,9 Prozent. Man kann daher sagen, dass die österrei­chische Wirtschaft sich in den letzten Jahren viel internationaler gestaltet hat, was sich natürlich – und das ist das Erfreuliche – bei der Beschäftigung ausgewirkt hat. Wir hat­ten in den letzten 13 Jahren einen Beschäftigungszuwachs um ein Prozent pro Jahr, und das hat ungefähr 350 000 neue Arbeitsplätze gebracht.

Wir haben es heute schon gehört: Die Euro-Zone ist ganz wichtig für die öster­reichische Wirtschaft, gerade auch was den Export betrifft. Wir haben in den letzten zehn Jahren eine Verdoppelung der Exportbeiträge zu verzeichnen gehabt, und ich denke, dass das der entscheidende Punkt ist. Und warum sage ich das vorweg? – Weil ich der Meinung bin, dass gerade für Österreich dieser Fiskalpakt eine ganz entschei­dende Rolle spielt, denn es ist auch im Interesse Österreichs, dass auch die anderen Länder ihre Kriterien bei der Neuverschuldung und beim Budget einhalten. Deshalb ist dieser Fiskalpakt ein ganz wichtiger Punkt.

Frau Kollegin Lichtenecker hat vorhin ausgeführt, Voraussetzung, dass die Unterstüt­zung aus dem ESM kommt, ist, dass dem Fiskalpakt zugestimmt wird. Es ist also das eine an und für sich mit dem anderen verbunden, und ich verstehe daher die Grünen auch nicht ganz, dass sie in diesem Bereich jetzt der Kollegin Lichtenecker nicht fol­gen, die das hier doch deutlich ausgeführt hat.

Zum Zweiten bin ich der Überzeugung, dass der Fiskalpakt ja auch das Risiko des ESM reduziert, weil eben Regeln eingehalten werden müssen, und dass es nicht mehr so geht wie vor einigen Jahren, wo eben gerade die großen Länder wie Deutschland und Frankreich die Stabilitätspaktkriterien verletzt haben. Dieser Fiskalpakt wird ganz entscheidend dafür sein, dass wir nach klaren Regeln das Vertrauen in der Euro-Zone


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 185

stärken und auch internationale Kriterien beachten, die sehr wichtig sind im Miteinan­der.

Meine Damen und Herren! Der Fiskalpakt wird seit Monaten auf europäischer Ebene diskutiert und beschlossen, und wir beschließen ihn heute hier in Österreich im Sinne unseres Landes und natürlich auch im Sinne der Wirtschaft. Ich würde mich freuen, wenn auch die SPÖ entgegen anderslautenden Presseberichten geschlossen diesem Fiskalpakt zustimmen würde. Das wäre auch ein klares Signal der Regierungspar­teien. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Staatssekretär Mag. Schieder: Ihr habt auch zweimal Budgets nicht geschlossen zugestimmt, obwohl es ÖVP-Minister waren!)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


18.14.57

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch bei diesem Fiskalpakt verhält es sich ja wie bei anderen Dingen, die hier disku­tiert und beschlossen werden, um die Märkte zu beruhigen. Das mag dann funktio­nieren, wenn es ernst genommen wird. Und bei diesem Fiskalpakt wird es wohl ge­nauso sein wie bei vielen anderen Dingen: Das wird nicht ernst genommen. Wie soll man das auch ernst nehmen, wenn Sie hier wieder im Fiskalpakt zwar Kriterien auf­stellen, die die Länder, die verschiedenen Staaten erreichen müssen, von denen man aber bei einer großen Anzahl der Länder schon von vornherein weiß, dass sie es nicht erreichen können? Wie wollen Sie denn hier Budgetdefizitvorgaben machen, wo Sie jetzt schon wissen, dass manche Länder – Italien ist schon angesprochen worden, aber da geht es um ganz andere Länder – das nicht erreichen können? Sie können ei­ner Schildkröte vorschreiben, dass sie eine Mindestgeschwindigkeit von 20 km/h er­reichen können muss. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer.)

Ja, in dem Fall nicht. Deshalb habe ich bewusst dieses Beispiel nicht genommen, Herr Staatssekretär, auch wenn Sie schon darauf gewartet haben. Vorschreiben können Sie alles – alles! –, und bei manchen wird man glauben, vielleicht können die das. Aber bei diesen Kriterien auch des Fiskalpakts, und wenn man weiß, um welche Länder es geht, ist von vornherein klar, dass das das Papier nicht wert ist, auf dem es steht, weil es nicht erreichbar ist.

Es wäre sinnvoll, wenn man die gemeinsame Währung so strukturiert, wie wir das vor­schlagen, nämlich eine Gemeinschaft von vergleichbaren Staaten, die ähnliche Wirt­schaftsleistungen haben, die ähnliche Volkswirtschaften vorzuweisen haben, die eine ähnliche Währungspolitik auch insgesamt gestalten können. Dann wären solche Kri­terien sinnvoll. Aber man macht jetzt wieder den gleichen Fehler wie bei der Euro-Einführung, dass man Kriterien aufstellt und sagt: Die werden das erreichen, und wenn es erreicht wird, dann hat es einen Effekt! – Ja, aber wir wissen schon im Vorhinein, und auch die Märkte wissen das, dass das in Wahrheit nicht umsetzbar ist.

Dass die SPÖ dem jetzt auch freudig zustimmt, mag ja nicht verwundern, denn an­scheinend sieht man seit der Wahl in Frankreich das irgendwie als neue Politik, als „Silberstreif am Horizont“, habe ich gehört vonseiten der Sozialdemokratie. Warum aber die ÖVP jetzt das „Modell Hollande“ will, frage ich mich wirklich, denn der Herr Hollande hat ja gezeigt, was er von all diesen Richtlinien hält: nämlich gar nichts. Er hat gleich gesagt: Wir sparen nicht ein im öffentlichen Sektor, sondern wir weiten ein­mal gleich die Zahl der Beamten aus, wir erhöhen das Pensionsalter nicht, sondern wir senken es wieder, und wir machen mehr Schulden. (Abg. Peter Haubner: Das waren Wahlversprechen!) Und um das alles zu finanzieren, sollen die Eurobonds kommen.

Da ist ja auch interessant, Herr Staatssekretär Schieder: Sie haben den Kopf ge­schüttelt, als der Abgeordnete Bucher gesagt hat, es wird teurer werden, und gesagt:


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Nein, nein, nein. (Abg. Dr. Matznetter: Für alle Länder !) Bitte, Herr Matznetter? Wie ist das? Das heißt also, wenn wir jetzt starke Länder, die niedrige Zinsen haben, ver­mischen, in einem Pott sozusagen, mit schwachen Ländern, die hohe Zinsen zahlen, werden die Zinsen also noch niedriger sein auch für die starken Länder?! Das ist eine interessante Mathematik. (Abg. Dr. Matznetter: Sie verstehen es nicht!) Wir haben jetzt hier am Tisch, was da versprochen wird. Und wir hoffen, dass, wenn diese Euro­bonds kommen – ich hoffe nicht, dass sie kommen –, diese von Ihnen ebenso durch­gesetzt werden wie der ESM und jetzt der Fiskalpakt. Dann werden wir uns das an­schauen. Und dann werden Sie wieder sagen: Na ja, wir haben uns geirrt, und das war vielleicht ein bisserl blauäugig! (Abg. Dr. Matznetter: Das haben wir noch nie gesagt!), und Sie werden genauso wenig die Verantwortung für diese Falschinformation über­nehmen, wie Sie sie vorher schon dafür übernommen haben, dass die Euro-Kriterien nicht eingehalten worden sind. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben keine Ahnung!)

Das ist das Problem, das wir mit Ihnen haben, und die Menschen glauben Ihnen das ganz einfach nicht. (Abg. Dr. Matznetter: Sie verstehen es nicht!) Was glauben Sie denn wirklich, was wir profitieren? (Abg. Dr. Matznetter: Nix verstehen, aber dagegen sein!) Wir sind gegen diese Voodoo-Ökonomie, gegen diese 

Nix verstehen, nix verstehen! Sie sagen immer, wir verstehen nichts. Wenn wir aber recht haben, und die Bevölkerung zahlt für Ihre falschen Entscheidungen, dann sollten Sie ruhig sein und nicht noch Ihre falschen Aussagen und Ihre Zwischenrufe weiter tä­tigen! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist ja unerträglich! Unerträglich! Sie machen mit Ihrer Ideologie auf dem Rücken der Bevölkerung die falsche Politik und schreien da auch noch herein. Sie sollten ganz ruhig sein und endlich einmal versuchen, hier vernünftige Maßnahmen zu setzen.

Wir sagen Ihnen noch einmal, das ist die falsche Politik. Lassen Sie Ihre Ideologie im Nachtkasterl stehen und machen Sie endlich Politik für die Menschen! (Beifall beim BZÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Schie­der. – Bitte.

 


18.20.06

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht gleich zum Kollegen Scheibner, weil er mir ein Kopfschütteln schenkt – ich kann Ihnen das erklären –: Der Zinssatz von Eurobonds oder gemeinschaftlichen europäischen Anlei­hen ist ja kein Mischsatz, wie Sie sagen würden, kein Durchschnittssatz, wie es mathe­matisch heißt – das mathematisch gewichtete Mittel –, aus den nationalen Zinssätzen, sondern das ist ja ein neues Angebot an den Markt und damit auch abhängig davon, wer dieses Angebot legt, und die Größe des Angebotlegers determiniert den Zinssatz. Und da dieser Angebotleger dann bei den Größten der Welt ist, gibt es auch eine starke Evidenz in der Literatur, dass damit der Zinssatz für alle Beteiligten, auch wenn dann die Tendenz nach unten geht, durchaus nicht so stark nach oben geht. (Abg. Scheibner: Das werden wir uns dann anschauen!)

Aber zurück zum ESM und zum Fiskalpakt, um das heutige Thema zu behandeln. Wir haben ja heute Vormittag schon den ESM diskutiert; es hängen all diese Dinge zu­sammen, weil sie die Antworten Europas auf die verschiedensten Ausprägungen der Wirtschaftskrise darstellen. Der Fiskalpakt soll eine bessere Koordinierung der euro­päischen Staaten und der Budgetpolitiken der europäischen Staaten bringen, eine Wie­derherstellung der Stabilitätszone Europa, die auch das Vertrauen auf den Märkten wiederherstellt. Genau dafür ist der Fiskalpakt geschaffen.


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Er hat verschiedenste Ziele und verschiedenste Maßnahmen, unter anderem auch, dass die einzelnen Staatsanleihen und das Begeben auf den Märkten besser mitein­ander koordiniert werden und dass man der Europäischen Kommission im europäi­schen Semester schon vorab die Budgetentwürfe schickt, damit sie kommentieren kann und dergleichen. Natürlich soll auch mehr Budgetdisziplin erreicht werden.

Die zwei wesentlichen Punkte dazu sind, erstens das strukturelle Defizit mittelfristig Richtung Null zu reduzieren und zweitens dauerhaft ausgeglichene Staatshaushalte zu produzieren.

Man muss, so glaube ich, zwei Dinge bewusst sagen, wenn man sich diese Punkte nä­her anschaut. Das strukturelle Defizit ist das um die konjunkturellen Effekte bereinigte Defizit. Das heißt, die konjunkturellen Abschwungkosten würden ja aus dem struktu­rellen Defizit herausgerechnet sein und machen es möglich, dass konjunkturelle Schwankungen und damit verbunden auch die automatischen Stabilisatoren, wie es so schön im Ökonomen-Deutsch heißt, wirken können. Die Kosten für die soziale Sicher­heit, nämlich dass die Leute Arbeitslosenentschädigung bekommen, dass eine ver­nünftige Arbeitsmarktpolitik gemacht wird, dass es soziale Sicherheit gibt, Krankenver­sicherung, und, und, und, würden natürlich auch in der Krise ansteigen, wären aber weiterhin möglich. Das heißt, die soziale Sicherheit in einem Lande ist durch die Defi­nition jenes ausgeglichenen Haushalts nicht in Gefahr.

Ganz im Gegenteil! Es ist sogar noch zusätzlich im Artikel 3 Ziffer 1 lit. c festgelegt, dass in Krisenzeiten zusätzliche fiskalische Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaft möglich sind. Es ist ganz wichtig, das zu betonen, weil ich sehr wohl dafür bin, dass wir für fiskalische und haushaltstechnische Disziplin sind, aber ich bin nicht dafür, dass man nicht auch in Zukunft wieder in einer Krise gegensteuern kann. Es ist mit diesem Fiskalpaket auch sichergestellt, dass wir auch bei zukünftigen Krisen, die wir hoffent­lich nicht haben werden, wieder so erfolgreich gegensteuern können.

Das sage ich deshalb, weil ich die Rückführung von Defiziten an sich natürlich für eine vernünftige Maßnahme halte, weil sie auch die Abhängigkeit des Staates gegenüber den Finanzmärkten reduziert und damit auch mittelfristig einen handlungsfähigen und unabhängigen Staat garantiert.

Die entscheidende Frage ist – und die müssen wir uns stellen –, ob uns der Fiskalpakt in Zukunft weiterhin erlaubt, dass wir selbst oder der österreichische Nationalrat be­stimmen, wie wir unseren Haushalt konsolidieren und wie wir unsere Haushaltspolitik gestalten. Und genau dieses Wie ist auch weiterhin möglich. Es ist auch weiterhin im Fiskalpakt möglich, einen ausgewogenen Mix zwischen einnahmenseitigen und ausga­benseitigen Maßnahmen, zwischen konjunkturbelebenden Maßnahmen und Einspa­rungsmaßnahmen, zwischen Strukturmaßnahmen und Steuermaßnahmen in jenen Be­reichen, wo sie keine Wachstumsauswirkungen haben, zu suchen, so wie wir es be­reits heuer erfolgreich in Österreich gemacht haben.

Es ist ganz wichtig, das zu betonen, weil inzwischen zusätzlich die Diskussion ge­kommen ist: Investieren und konsolidieren, sind das Widersprüche oder nicht? – Und ich sage ganz ehrlich: Es ist kein Widerspruch. Ganz im Gegenteil! Ohne Wachstum ist das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes mathematisch nicht erreichbar. Und daher ist es auch notwendig, gerade wenn wir über einen Fiskalpakt und ein verstärktes Re­gelwerk zur Schaffung von Vertrauen und haushaltstechnischer Disziplin sprechen, dass wir auch darüber reden, wie wir Wachstum schaffen.

Daher gibt es auch den Pakt für Wachstum und Beschäftigung, den der Europäische Rat beschlossen hat. 120 Milliarden € als ein Maßnahmenpaket, und wenn man es noch um die Finanztransaktionsteuer ergänzt, die auch auf diesem Rat auf Schiene ge­bracht worden ist für jene Staaten, die sich dieser Koalition der Willigen anschließen,


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dann ist das schon ein massives Paket. Man kann immer diskutieren: Wäre noch mehr möglich gewesen oder nicht? Wir wissen, Europa ist letztlich eine Entscheidung von 27 oder 17 innerhalb der Eurozone.

Ich sage daher auch: Es ist richtig, dass wir beide Beine vernünftig ausbilden, nämlich das Bein des Vertrauens, der Konsolidierung, der finanziellen und haushaltstechni­schen Stabilität und das Bein des Wirtschaftswachstums und der Schaffung von Be­schäftigung. Mit genau diesen beiden Beinen lässt es sich dann auch vorangehen. Welches Bein einem lieber ist, ist jeweils nach der politischen Entscheidung unter­schiedlich beantwortbar. Es ist letztlich aber beides sinnvoll und beides auch gut für Europa.

Daher halte ich es auch für richtig, dass wir heute hier nicht nur den ESM als Schutzschirm, sondern auch den Fiskalpakt zur stärkeren Vertrauensschaffung in Eu­ropa und den Wachstumspakt zur Schaffung von Beschäftigung und Wirtschaftswachs­tum vorliegen haben und das in Summe doch ein vernünftiges Paket ergeben hat.

Lange hat es so ausgeschaut, als würde Europa einseitig vorangehen. Seit einigen Wochen geht Europa zum Glück vernünftig, auch mit der Inkludierung von Wirtschafts­wachstums und Beschäftigungsinitiativen voran, was letztlich erst die haushaltstechni­sche Konsolidierung ermöglicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schickho­fer. – Bitte.

 


18.26.39

Abgeordneter Mag. Michael Schickhofer (SPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass FPÖ und BZÖ heute ihre Strategie offengelegt haben und sagen: Ja, wir wollen diesen Euro nicht mehr, wir wollen zurück zum Schilling oder zu einer neuen harten Währung im Norden! Das heißt, dass sich die Staaten im Süden, beispielsweise Italien, über eine Abwertung sanieren können. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich – und das sehe ich als Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich –: Ich will nicht, dass die Produktion von Gütern in Italien von heute auf mor­gen aufgrund einer Abwertung um 40 Prozent günstiger ist. Dadurch würden wir näm­lich in Österreich Arbeitsplätze verlieren, weil sich die Industrie dann in das günstigere Italien verlagern könnte, weil auch dort hohe Qualität produziert wird, aber dann eben günstiger.

Ich möchte nicht, dass von heute auf morgen aufgrund einer neuen Währung in Italien die ganzen Tourismusdestinationen um 40 Prozent günstiger sind und wir dann nicht mehr konkurrenzfähig sind, in Kärnten beispielsweise, aber auch in der Steiermark und insgesamt in Österreich. Also ich glaube, dass es der falsche Weg ist, Sanierungen über Abwertungen der südlichen Staaten zuzulassen. (Abg. Zanger: Wie Sie meinen, Herr Kollege!)

Das Zweite, was Sie gesagt haben, ist: Lassen wir Banken unkontrolliert pleitegehen, lassen wir Staaten unkontrolliert pleitegehen, lehnen wir uns einfach zurück und schau­en, was passiert. – Ich glaube, das ist der falsche Weg.

Ich bekenne mich daher zu unserem Weg, dazu, dass wir gesagt haben, ja, wir müs­sen Mittel einsetzen, um diese Finanzmärkte zu stabilisieren (Abg. Grosz: Wir sind jetzt beim Fiskalpakt, nicht beim ESM!) – ganz klar im Artikel 3 –, wenn das insgesamt unabdingbar ist. Ich bin sehr froh darüber, dass wir klare demokratische Mitbestim­mungsrechte durch die Begleitnovelle geregelt haben.

Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass wir, wenn wir Gelder einsetzen, von allen Staaten einfordern, dass es entsprechende Budgetdisziplin gibt, denn das ist ja in


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einer Gemeinschaft unabdingbar. Es gibt natürlich grundsätzlich unterschiedliche Auf­fassungen, wie man es schafft, die Ziele – unter 3 Prozent und unter 60 Prozent – zu erreichen. Heute hat Hollande ganz klar verkündet, er will 7,5 Milliarden einnahmen­seitig konsolidieren und nur 1,5 Milliarden ausgabenseitig. Das heißt, es liegt in der Au­tonomie der Staaten, ob sie ausgabenseitig oder einnahmenseitig konsolidieren. Ich denke, wir in Österreich haben einen sehr ausgewogenen Weg genommen.

Nur: Wenn sich Staaten nicht an Regelungen halten, wenn wir Geld nach Griechen­land, nach Spanien zahlen müssen, dann zu sagen, einen Fiskalpakt brauchen wir nicht, die brauchen sich nicht an die Regelungen zu halten (Abg. Neubauer: Aber sind verfassungskonform!), die müssen nicht Gefahr laufen, vom EuGH verurteilt zu wer­den, das verstehe ich von Ihnen überhaupt nicht. (Abg. Grosz: Das hat mit den Maas­tricht-Kriterien auch schon „super“ funktioniert!)

Es ist natürlich auch eines klar: Auch wir haben uns an die Regeln zu halten. Wir kön­nen nicht sagen, wenn sich die anderen nicht an die Regeln halten, dann greifen wir durch, aber für uns ist das egal. Selbstverständlich muss dann der Fiskalpakt auch ge­gen uns und für uns wirken. (Abg. Mag. Kogler: Es ist nicht alles gut, was eine Regel ist!)

Ich sage Ihnen, im ESM-Vertrag ist klar geregelt – es ist mir wichtig, das endlich klar­zustellen –, dass die Haftung jedes ESM-Mitglieds mit der Stammeinlage begrenzt ist. Wir haben klare Prüfungen. Wir haben in der ESM-Begleitnovelle geregelt, dass Sta­bilitätshilfe, wenn sie gewährt wird, von den einzelnen Parlamenten beschlossen wer­den muss, auch wenn sich das Stammkapital verändert und wenn nicht eingezahltes Stammkapital abberufen wird.

Dann müssen wir eben genau diese Punkte immer im Zusammenhang mit dem Fiskal­pakt sehen, denn natürlich ist es wichtig, dass wir Vorschriften haben, um die Haus­haltsdisziplin zu fördern und die Koordinierung der Wirtschaftspolitiken zu verstärken, weil wir ein Währungsgebiet sind, ein Währungsgebiet bleiben wollen und weil das unser Weg ist.

Darum sage ich: Stabilisierung, klare demokratische Kontrolle, aber auch budgetäre Disziplin im Sinne eines erfolgreichen und nachhaltigen Europa. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte. (Abg. Dr. Bartenstein: Wir haben die Rede vom Kollegen Kogler vermisst!)

 


18.30.58

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Diese Rede kommt schon noch, Herr Kollege Bartenstein, die kommt schon noch. (Abg. Grosz: Wenn er ausgeschlafen hat!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das war wieder einmal ein „quali­fizierter“ Zwischenruf des Kollegen Grosz (Abg. Grosz: Aber treffend!), wie wir ihn ge­wohnt sind.

Zum Fiskalpakt. Wir haben heute viel über den ESM gesprochen, und bis vor Kurzem haben ja – das habe ich im Hearing an den Zwischengesprächen mit den KollegInnen von BZÖ und FPÖ bemerkt – diese KollegInnen nicht verstanden, dass die Grünen hier differenziert vorgehen, weil ihnen das fremd ist, dass wir bei EU-Fragen differenziert vorgehen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Schlechtes Gewissen heißt bei Ihnen „differenziert vorgehen“!)

Natürlich: Wir schauen uns beide Verträge an, wir schauen uns bei beiden an, was die Probleme sind. Wir haben heute am Vormittag auch klar erklärt – auch ich habe es


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erklärt –, dass es gegenüber dem ESM ein ambivalentes Verhältnis gibt, was die Zu­stimmung betrifft, aber dass im Wege der Verhandlungen viel erreicht werden konnte, vor allem auch auf der Ebene der Mitwirkungsrechte – aber nicht nur dort –, was es uns ermöglicht, hier zuzustimmen.

Anders verhält es sich – das sei hier auch noch einmal klar deponiert, und das hat Kol­lege Van der Bellen ja auch schon gesagt – mit dem Fiskalpakt, wo wir uns ganz klar positionieren und sagen, diesem Fiskalpakt können und werden wir nicht zustimmen. (Abg. Grosz: Genauso klar wie beim ESM! – Abg. Dr. Rosenkranz: Klar wie Kloß­brühe!)

Man hätte sich mit dem Fiskalpakt Zeit lassen können – das sei vor allem an die So­zialdemokratie gerichtet. Ursprünglich hat es auch so ausgeschaut, als würde das nicht gemeinsam beschlossen werden müssen. Aus den von Ihnen bereits so genannten politischen Notwendigkeiten gab es dann Eile, und es soll heute von Ihrer Seite be­schlossen werden.

Ja, ich habe kein Problem damit. Ich lehne es jetzt ab und ich hätte es auch im Herbst abgelehnt, aber es hätte vielleicht die Möglichkeit gegeben, dass sich in Ihrer Fraktion noch so manche näher informieren, sich vor allem auch näher informieren über die Frage des verfassungsmäßigen Zustandekommens, um dann nämlich auch dem Bun­despräsidenten den Job zu erleichtern, denn Tatsache ist – und das haben wir alle, die wir dort waren, im Hearing gehört –, dass es bezüglich des ESM, so wie vorher fälsch­licherweise hier zwischengerufen wurde, keinerlei verfassungsrechtliche Bedenken der ExpertInnen gab, beim Fiskalpakt aber sehr wohl. Kollege Van der Bellen hat auch das schon angesprochen. (Abg. Dr. Bartenstein:  prüft nicht der österreichische Bundes­präsident, Frau Musiol! Erkundigen Sie sich! – Ruf bei der FPÖ: Bei der Grünen Ju­gend vielleicht!)

Das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes überprüft der Bundespräsi­dent sehr wohl. Wir haben im Hearing ganz klare Aussagen von Professor Griller ge­hört. Mittlerweile haben sich ja weitere Verfassungsrechtsexperten, Leidenmühler und andere, zu Wort gemeldet, die ganz klar gesagt haben, dass hier eine Verfassungs­änderung vorliegt, dass daher ein Bundesverfassungsgesetz zu beschließen wäre und dass es drei wesentliche Gründe dafür gibt, warum das der Fall ist.

Der eine ist die sogenannte Schuldenbremse, die die Budgethoheit des Nationalrates weiter einschränkt. Der andere ist der Artikel 7, der eben den österreichischen Vertre­ter verpflichtet, immer mit der Kommission zu stimmen, und das würde Artikel 23e
B-VG widersprechen. Und der dritte ist die Salvatorische Klausel.

Was wird passieren? – Sie werden es heute beschließen, eben nicht mit der nötigen Verfassungsmehrheit. Wir haben ein Gutachten in Auftrag gegeben. Wir werden nach Erstellung dieses Gutachtens einerseits einen Brief an den Bundespräsidenten schrei­ben, um ihm unsere Bedenken mitzuteilen, und dann werden wir sehen, wie er sich verhält. Sollte er aber das verfassungsmäßige Zustandekommen unterzeichnen, dann erwägen wir, wie auch die anderen Oppositionsparteien, eine Verfassungsklage. Dann ist die Folge aber schon eine gravierende, denn dann haben Sie hier etwas beschlos­sen, was in Geltung sein wird. Sobald der Verfassungsgerichtshof aber das Erkenntnis treffen würde, dass eben keine Verfassungsmäßigkeit besteht, würde dieser Vertrag einfach nicht mehr zur Anwendung kommen. Dann dürfte kein Organ in Österreich diesen Vertrag mehr anwenden. Sie würden sogar das Problem bekommen, dass Sie völkerrechtliche Vertragsverletzungen begehen.

Sie nehmen das in Kauf, bevor Sie das näher geprüft haben. Wir werden sehen, wer hier rechtlich recht behält. (Beifall bei den Grünen.)

18.35



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 191

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.35.32

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir haben ja vielfach von dieser Stelle aus immer wieder beklagt, dass gerade die Europäische Union und die Eurozone zu wenige Regelwerke haben. Wir beschließen heute ein Re­gelwerk, das in Zukunft wirklich verschiedene Maßnahmen bietet, gerade was Staats­ausgaben, was strukturelle Defizite betrifft, das Budgets und Haushaltsentwicklungen vorschreibt und vorgibt, vor allem jenen Staaten, die mit den bisherigen Maßnahmen nicht zurechtgekommen sind.

Und doch ist ein Teil dieses Hauses auch mit diesem Regelwerk wieder nicht einver­standen. Das verstehe ich überhaupt nicht, weil gerade solche Regelwerke für eine ge­meinsame Entwicklung der Staaten von größter Bedeutung sind.

Aber lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einmal diese zwei Punkte zu­sammenfassen! Wir haben heute über weite Strecken von den freiheitlichen Mandata­ren und den Mandataren des BZÖ ein Bild von Europa gezeichnet bekommen, wo wir annehmen müssen, dass Europa und die europäische Wirtschaft demnächst in Kon­kurs gehen werden und eigentlich nicht mehr existieren können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fakten zeigen ein ganz anderes Bild. Wir haben mit nur 4 Prozent der Weltbevölkerung, die Europa stellt, das größte BIP in der globalen Welt mit derzeit 13,4 Billionen € und Amerika längst überholt. Wir sind sehr gut unterwegs, was unsere innovativen Möglichkeiten in Europa anlangt, wir sind tatsächlich auch sehr viel stärker als andere Volkswirtschaften der Welt. Wir sind stär­ker als die amerikanische Volkswirtschaft, aber auch besser, was die Staatsverschul­dung anlangt, als Amerika oder Japan. Das heißt, wir in Europa müssen nicht unser Licht unter den Scheffel stellen.

Insgesamt hat auch Österreich sehr von dieser guten europäischen Entwicklung profi­tiert. Wir haben – ich darf das noch einmal in Erinnerung rufen – gerade unsere Export­quote in der Zeit der Euroeinführung verdoppeln können. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.) Wir haben höchste Beschäftigungsstände in Österreich. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit in Europa. Wir haben Wohlstand auf sehr, sehr ho­hem Niveau und vor allem soziale Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Geht ja!)

Wenn wir das festhalten wollen, dann müssen wir auch in Europa diesen Schritt weiter verfolgen. Wir müssen die schwächeren Staaten, die in der Vergangenheit über zu bil­lige Kredite vielleicht doch eher in die Schuldensituation ausgewichen sind, wieder wettbewerbsfähiger machen. Dazu helfen Regelwerke wie ein Fiskalpakt oder auch ein gemeinsamer Währungs- und Rettungsschirm. Das müssen wir mitnehmen und schau­en, dass wir alle miteinander wettbewerbsfähiger werden. Dann können wir diesem Zu­kunftsprojekt Europa den Frieden erhalten und auch den nächsten Generationen den Wohlstand sichern. – Besten Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruck­berger. – Bitte.

 


18.39.07

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der eingeschlagene Weg beim Fis­kalpakt heißt Vereinigte Staaten von Europa. Wir alle, die wir vom Volk gewählt sind, also das Parlament, haben in Zukunft nicht mehr die volle Entscheidung über das Bud-


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get oder über Strukturreformen, sondern diese werden in Zukunft von der EU-Kommis­sion abgesegnet werden.

Wir als Volksvertreter sind dazu verpflichtet, die österreichische Verfassung zu respek­tieren, haben aber auch die Verpflichtung, die österreichischen Bürger zu schützen und deren Rechte zu wahren. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Es sind namhafte Verfassungsjuristen wie Mayer, Funk, Griller, die die Meinung vertreten, dass dieser Vertrag eine Verfassungsänderung dar­stellt. Da die Budgethoheit des Nationalrates eingeschränkt wäre, sei eine Zweidrittel­mehrheit nötig – so Professor Griller.

Meine Damen und Herren, ich muss ganz ehrlich sagen, ich bin enttäuscht darüber, wie man in diesem Fall über die Österreicher drüberfährt. Es war ein zentrales Thema beim Beitritt zur Währungsunion, dass kein Staat für einen anderen Staat haften muss oder dessen Schulden bezahlen muss.

Wenn man sich vorgestern den „Teletext“ angeschaut hat, ist eine Headline auf jeden Fall aufgefallen: „Spindelegger: Kompetenzen an EU“. Meine Damen und Herren, nur jemand, der sich nicht zutraut, die eigenen Probleme im Land anzupacken, gibt Kom­petenzen an die EU ab! (Beifall beim BZÖ.)

Am 12. Jänner dieses Jahres sagte der ÖVP-Delegationsleiter Karas: „Neuer Fis­kalpakt ist Weg zur Präsidialrepublik“; und weiter: „einen unverfrorenen Akt gegen die parlamentarische Mitbestimmung“.

Ja, meine Damen und Herren, sogar Ex-EU-Kommissar Fischler würde laut einem Be­richt diesen EU-Fiskalpakt nicht unterschreiben.

Dann haben wir noch den heute sehr oft zitierten Brief an die „Kronen Zeitung“: einen Wortbruch unseres Bundeskanzlers! (Die Rednerin hält eine Kopie der entsprechenden Zeitungsseite in die Höhe.) Er schreibt in diesem Brief: „Viele Menschen beklagen das Demokratiedefizit der EU und die mangelnde Transparenz.“

Und weiter: „... sind wir der Meinung, dass zukünftige Vertragsänderungen, die die ös­terreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich ent­schieden werden sollen“.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Ist das hier keine Vertragsänderung? Wovor haben Sie Angst? Haben Sie Angst vor einer Volksabstimmung? Haben Sie Angst da­vor, dass die Österreicher sagen können: Wir wollen das nicht, wir wollen unabhängig sein und bleiben, wir wollen den Ausverkauf Österreichs nicht, wir wollen die Schulden anderer Länder nicht bezahlen!? – Bleibt nur zu hoffen, dass der Herr Bundespräsident seinem Amtskollegen Gauck folgt.

Die wohl bekanntesten drei Worte Leopold Figls waren 1955 der Startschuss für die Zweite Republik: „Österreich ist frei!“ Sie (in Richtung ÖVP) treten das Erbe Leopold Figls mit Füßen, aber das werden Sie (Abg. Grosz: So ist es!) verantworten müssen. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben zu verantworten, meine Damen und Herren, dass in den Geschichtsbüchern stehen wird: Das Ende der Zweiten Republik: Eintritt des Bundesstaates Österreich in die Vereinten Staaten von Europa! (Beifall beim BZÖ.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


18.43.03

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine Herren Staatssekretäre! Jetzt ist er nicht hier, Herr Ex-Verteidigungsmi-


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nister Scheibner – na super! –, dessen Erinnerung nur ist, dass wir um 2 Milliarden Ab­fangjäger gekauft haben, die er eine Woche vor der Typenbestellung nicht wollte; aber gut. An denen zahlen die Steuerzahler heute noch, auch gut.

Vielleicht können Sie so lieb sein: Teilen Sie ihm den relativ einfachen Umstand mit, warum, wenn mehrere Personen zusammen einen Kredit aufnehmen, sie weniger Zin­sen zahlen, als wenn es einer oder weniger tun. Das ist ganz einfach: Wir, alle Öster­reicher zusammen, nehmen derzeit um 2,05 Prozent, Frau Ministerin (Bundesminis­terin Dr. Fekter nickt), Kredite auf. Warum? – Weil am Ende des Tages wir alle und al­le, die wir vertreten, das mit ihren Steuern notfalls zurückzahlen müssen. Die Wahr­scheinlichkeit, dass die acht Millionen Österreicher es nicht mehr zahlen können, ist bei acht Millionen viel geringer, als dass Herr Scheibner allein einen Kredit nicht zurück­zahlen kann. Daher bekommt er keine 2,05 Prozent, sondern muss viel mehr als das zahlen.

Dieser einfache Umstand führt dazu, dass, wenn sich mehrere zusammentun, sie es gemeinsam billiger bekommen. (Abg. Grosz: Eben, weil die Rückzahlungen von Grie­chenland so sicher sind! Und die Portugals!) Gut, dieser einfache Hinweis auf die Rea­lität, die jeder kennt, macht es ja einfach. (Abg. Grosz: Sind ja krisensichere Länder!)

Das ist ja überhaupt nicht ernst zu nehmen. Ich habe es heute Vormittag schon erklärt: Wenn Sie gegen den ESM stimmen, müssten Sie für den Fiskalpakt sein! – Ich möchte aber auf die ernsteren Einwendungen eingehen.

Alexander Van der Bellen hat jene Position vorgehalten, die viele kritische Ökonomen haben. Sie sagen: Wenn in Europa die öffentlichen Haushalte quasi simultan kontraktiv handeln, dann führt das zu einer Abschwächung, die deutlich stärker ist, als wenn das nur in Teilen dieses Binnenmarktes erfolgt. Keine Frage. Ein Gegenbeispiel waren die Konjunkturpakete 2009, wo sichtbar wurde, dass durch simultanes Anregen die Tal­sohle der Krise weitaus schneller überwunden wurde.

Dies war der Grund, warum – ich gebe das offen zu – auch in unserer Fraktion durch­aus Bedenken da waren, ob man ein solch enges Korsett eines Fiskalpaktes festlegen kann. Gefährdet man damit nicht die Chance, mit dem Herauswachsen die Schulden abdecken zu können?

Zwei Argumente führten dazu, dass wir dem mit sehr großer Mehrheit – ich glaube, bis auf einen oder zwei – zustimmen können. Erstens: Viele haben die neoliberale Aktion im Hinterkopf, die einzige Möglichkeit bestünde darin, die Ausgaben zu kürzen, und dort das Soziale. Es hat schon einer unserer Redner – ich weiß nicht mehr, welcher – darauf hingewiesen: Es gibt ja ganz andere Möglichkeiten, nämlich die Steuern zu erhöhen!

Wenn man die richtigen Steuern erhöht, dann wirkt das auch gar nicht negativ auf die Konjunktur. Beim Rooseveltschen New Deal sind Einkommens-, Vermögens- und Erb­schaftssteuern, auch Körperschaftssteuern in einem enormen Maß eingeführt worden, und dennoch haben es die USA geschafft, in der kurzen Zeit von vier bis fünf Jahren und wirklich auch ohne Kriegseintritt die Arbeitslosigkeit um zwei Drittel zu vermindern.

Sichtbar an dem Programm, das die österreichische Bundesregierung hier im Frühjahr vorgelegt hat, bis 2016: Dieses Programm schädigt unsere Konjunktur nicht, weil wir im Pensionsbereich nicht kürzen, weil wir die öffentlichen Gehälter nicht zurückstreichen, weil wir die Investitionen nicht zurückzunehmen. Das ist nicht leicht! Ferry Maier, der vor kurzer Zeit noch hier gesessen ist, war dagegen, dass man die Infrastrukturprojekte weiterbetreibt.

Die Bundesregierung hat sich entschlossen, diese konjunkturell wichtigen Teile weiter­zuführen. Aber sie hat auch einnahmenseitig gehandelt, hat jedoch die Einnahmen und


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die Steuern dort erhöht, wo die konjunkturelle Wirkung keine negative ist. Bankenab­gabe, um ein Beispiel zu nennen: Die 250 Millionen €, die zusätzlich hereinkommen, schädigen nicht die Konjunktur, und wir erfüllen mit diesem Programm den Fiskalpakt.

Das heißt, es ist kein Gesetz sine qua non – es geht nicht anders –, dass mit dem Fiskalpakt automatisch die Konjunktur abgewürgt wird. Wenn aber die Chance besteht, dann ist das die Frage: Welche inhaltliche Politik gibt es in jedem Land und bei der EU insgesamt? – Und da ist, als zweites Argument, an diesem Wochenende wirklich etwas gelungen!

Die einen sagen, es sind nur 130 Milliarden. Man denke aber zurück, welche Wirkung allein die Marshall-Plan-Mittel in Österreich oder in Europa hatten. (Abg. Petzner: Ich habe gedacht, dass Sie auch heute irgendetwas zur Hypo sagen werden!) Diese Volu­mina, wenn ich 1 bis 2 Prozent, in dem Fall nicht des Inlands, sondern der gesamten Wirtschaftszone, einsetze und zusätzliche Stimulanz herstelle, extra finanziert über EIB und Förderungsmittel, die noch in den Kassen der Europäischen Union vorhanden wa­ren, dann haben wir das Vernünftigste, noch vernünftiger als synchrones Handeln! Wir haben erstmals eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik, die sagt: Ja, wir müs­sen Wachstumsimpulse setzen!

Eine solche Europäische Union, die ihre Politik so auffüllt, kann sich gleichzeitig auch akkordieren, dass die Länder miteinander schauen, aus dieser Erdrosselung der Märk­te herauszukommen, die in Wirklichkeit die Demokratie ausschaltet. Denn wenn ich als Regierung eines Landes im Süden Europas nicht mehr weiß, wie ich nächste Woche die revolvierenden Anleihen refinanziere, dann bin ich in völliger Abhängigkeit von den Gläubigern! Das ist so, wie früher manche Monarchen von den Fuggern abhängig wa­ren.

Dieser Zustand ist demokratiegefährdend, daher ist der Fiskalpakt ein Beitrag dazu, in­nerhalb dieser Rahmenbedingungen, die wir hier haben, Europa auf den richtigen Weg zu führen. Ich kann daher mit gutem Gewissen – und ich darf das auch für meine Frak­tion sagen – dem zustimmen. Dafür kämpfen, dass die Politik in Europa eine des Wachstums wird, werden wir weiterhin – und nicht mit Abfangjägern wie Herr Scheib­ner, das sowieso nicht! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Windisch. – Bitte. (Abg. Petzner: Darabos hat 1 Milliarde Mehrkosten verhandelt, Herr Kollege Matznetter! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

 


18.49.39

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine geschätzten Herren Staatssekretäre! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen hier im Nationalrat! Ich denke, für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Sie kennen alle dieses Sprichwort. Es ist natürlich ein spannender Mo­ment für jeden Neo-Abgeordneten, sich hier das erste Mal positionieren zu können, hier im Plenum seine Stimme erheben zu können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich denke, wir alle hätten uns heute sicher eine andere Tagesordnung gewünscht, eine Tagesordnung, wo es um weniger gewichtige Dinge geht, wo es um weniger Kom­plexität der Fragen geht. Aber es ist so wie im Leben auch in der Politik: Man kann sich die Fragen nicht aussuchen, und das Leben ist eben kein Wunschkonzert.

Wir unterstützen – das ist immer auch zwischen den Zeilen suggeriert worden – diesen ESM-Vertrag und auch diesen Fiskalpakt nicht aus bloßer naiver Großherzigkeit he­raus. Sie ist eben unverzichtbar, diese Verknüpfung des ESM mit einem Vertrag über die Stabilität, über die Koordination und über die Steuerung dieser Währungs- und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 195

Wirtschaftsunion. Ich glaube, gerade im Interesse eines Nettozahlerlandes muss das eben so sein. Es gibt bis dato noch keine bessere Alternative dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Grundsätzlich geht es wie immer um die Balance. Auf der einen Seite ist abzuwiegen zwischen einzelstaatlicher Souveränität und gesamteuropäischer Solidarität. Es ist einfach so wie in jeder Partnerschaft, die gelebt wird: Der Einzelne ist bereit, ganz be­wusst und dosiert etwas von seiner Autarkie abzugeben, um damit ein viel größeres Stück von der Gemeinschaft her zurückzugewinnen. In einer Gemeinschaft als Zuge­winn, gerade in einer vernetzten Wirtschaftswelt, länderübergreifend, wo wir in Allianz mit den großen und kleinen Ländern dieses Europas mehr Stabilität haben wollen, dass auch die Bürger wieder mit mehr Vertrauen und mit mehr Zuversicht in die Zu­kunft dieses Kontinents hineinschauen können.

Gerade jetzt, wo Europa in diesen stürmischen Zeiten unterwegs ist, wollen wir eben genau nicht uns einfach abseilen und davonstehlen! Abseilen im wahrsten Sinn des Wortes in einem kleinen Rettungsboot, einem vermeintlichen Rettungsboot, das in ei­ner stürmischen See sehr schnell zu einer kleinen Nussschale ohne Tiefgang wird. Da ist es mir doch viel lieber, unterwegs zu sein auf einem großen Schiff, wo Stabilität herrscht durch die Wasserverdrängung, durch den tiefen Schwerpunkt, und wo ich noch dazu (Abg. Petzner: Die Titanic ist auch untergegangen!) den anderen großen Schiffen ins Auge sehen kann, denen auch auf Augenhöhe begegnen kann. (Abg. Zan­ger: Das hat bei der Titanic auch nichts genützt!)

Mit dem ESM greifen wir jenen ins Ruder hinein, die schwächeln. Auf der anderen Sei­te sollen mit der Haushaltsdisziplin, mit der erzwungenen Haushaltsdisziplin des Fiskal­paktes die anderen, eben die schwächelnden, auch entsprechende Eigenverantwor­tung übernehmen. Das ist der Knackpunkt! Fremde Hilfe entbindet einen nicht von der Aufgabe, sich um seine eigene Zukunftsfitness zu kümmern. Und Verstöße dagegen werden auch stärker geahndet.

Sie wissen, ich komme aus der Landwirtschaft, und dort gilt das Prinzip: Zuerst säen, dann ernten! Wer das umgekehrt lebt, der lebt immer im Defizit, und irgendwann kann es sein, dass einem die Zinsen entsprechend die Luft nehmen. Wir in Österreich sind hier vorbildlich unterwegs mit dem Schuldendämpfungspfad. Ich glaube, diese Aufgabe haben die anderen Länder auch noch alle vor sich.

Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg in diesem Österreich, auf dem richtigen Weg in diesem Europa. Last but not least lade ich Sie ein: Gehen Sie mit uns diesen Weg in Geschlossenheit und Entschlossenheit! Denn eines ist klar: Die Zukunft findet statt, mit und auch ohne uns! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


18.54.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Herr Abgeordneter Windisch hat hier zu Beginn irgendwie etwas sehr Sympa­thisches gesagt: dass er sich heute etwas Leichteres gewünscht hätte. Ich weiß gar nicht ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sympathisch, weil mir das so ehrlich zu sein scheint. Es ist allerdings dann auch wieder nicht die Aufgabe, sich tatsächlich Leichtes oder Schweres auszusuchen, sondern auch Entscheidungen zu treffen, in Verhand­lungen abzuändern, vorzubereiten und jedenfalls nach bestem Wissen und Gewissen zu entscheiden. Davor muss man sich nicht fürchten. Das haben Sie auch nicht ge­meint, aber immerhin haben Sie eingestanden, dass das nicht immer ganz leicht ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 196

Dieses Abwägen führt bei uns zum Beispiel dazu, dass wir, auch schon mit bestimmten Kritikpunkten, bestimmten Veränderungen und Punkten dazu, dem ESM zugestimmt haben, insbesondere auch dem Art. 136 im Vertrag von Lissabon mit seinem neuen 3. Absatz. Aber beim Fiskalpakt tun sich viele Fragen auf – sie sind ja zum Teil schon erwähnt worden –, die von uns durchaus auch negativ beantwortet werden. Deshalb lehnen wir dieses Konstrukt ab. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Im Übrigen völlig konsistenterweise, Kollege Bartenstein! Wir haben ja auch der inner­österreichischen Schuldenbremse nicht zugestimmt und diese nicht mit in den Verfas­sungsrang gehoben. Damit das auch einmal gesagt ist, weil Sie ja hier schon paar Mal den Vorwurf erhoben haben: Immer dann, wenn es um eine Zweidrittelmaterie geht – wenn das überhaupt ein Vorwurf sein soll, das ist für mich ohnehin nicht logisch, aber es stimmt ja auch nicht –, immer dann, wenn es um eine Zweidrittelmaterie geht, wür­den die Grünen zustimmen, und sonst nicht. Nein, es ist genau umgekehrt: Es ist eine Abwägung in der Sache, und diese führt dazu, dass wir aufgrund bestimmter Proble­matiken dieser Schuldenbremsenkonstruktionen nicht dafür zu gewinnen sind!

Bleiben wir bei einem Leitproblem dieses Dings: Sie wollen immer auf das strukturelle Defizit abstellen! Das ist ja an sich immer noch gescheiter, als das – unter Anfüh­rungszeichen – „normale“ Defizit zu nehmen, weil hier bestimmte Mechanismen greifen sollen. Kollege Matznetter hat es ja vorhin erwähnt. Aber wir haben hier natürlich wirt­schaftsstatistisch allergrößte Probleme damit – das gilt im Wesentlichen auch für den Fiskalpakt, was wir bei der innerösterreichischen Schuldenbremse schon angemahnt haben –, einen derart wichtigen Vertrag, der in die Rechte der jeweiligen nationalen Parlamente eingreift – das ist es ja wohl doch –, sozusagen auf eine derartige Bemes­sungskonstruktion wie ein strukturelles Defizit zu stellen, wo bis jetzt klar ist, dass es Abweichungen um mehrere Prozentpunkte gibt. Sie geben hier einen halben Prozent­punkt vor, der einzuhalten ist. Aber wir wissen aus der Vergangenheit, dass es hier – je nach Berechnungsmethode, ob im Vorhinein und dann noch im Nachhinein – Abwei­chungen um bis zu 3 Prozent gibt. Bitte, das ist ja das Sechsfache von dem, was Sie da als Limit einziehen wollen!

Das ist einfach aus dieser Überlegung heraus schon schwer problematisch, auch wenn es an dieser Stelle vielleicht noch gut gemeint ist. Das allein würde schon unsere Ab­lehnung begründen, weil man das ganz anders angehen müsste.

Schauen Sie, auch die Verquickung zum ESM – das wird ja dauernd auch von der rechtlichen Seite her eingefordert –: Ja, wir wissen schon, am Anfang war das nicht drinnen im Vertrag, im ESM-Vertrag nämlich, und es ist dann dazugekommen. Wissen Sie, das ist eigentlich vertragsrechtlich und politisch und wirtschaftspolitisch schon ziemlich wurscht, ob das da drinsteht oder nicht. Warum? – Wenn ein Land überhaupt in die Lage oder in die Not versetzt ist, beim ESM sozusagen ein Ansuchen zu stellen, dann ist die Passage auch schon wurscht, denn in Wirklichkeit geht es ja dann darum, bestimmte Programme aufzusetzen, die hoffentlich in Zukunft intelligenter ausschauen als die letzten.

Wir sind sehr wohl für Strukturreformen in vielen Ländern – im Übrigen auch bei uns! Da geht unser Appell wieder an die ÖVP, bei vielem, auch bei Zweidrittelmaterien, den Weg freizugeben, damit wir hier mehr weiterbringen können. Aber in vielen Ländern wird es Reformen brauchen, und man muss es einfach intelligenter angehen. Da hilft es nichts, mit dem Lineal über den ganzen Kontinent drüberzufahren.

Was ist denn los in Griechenland? – Das ist doch unerträglich bis heute, dass dort zig Milliarden – zig Milliarden! – an Vermögen ins Ausland geschafft wurden und die Euro­päische Union und andere hier nicht in der Lage sind, Regeln zu erzeugen, dass dort besser zugegriffen werden kann! (Beifall bei den Grünen.) Die Behörden in Griechen­land haben ja die längste Zeit überhaupt keine Absicht gezeigt, dem nachgehen zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 197

wollen. Es ist auch das politische und beamtete System dort in einer Art und Weise korrupt wie nirgends sonst in Europa. Das muss man auch hier sagen dürfen!

Das muss korrigiert werden, und da muss eingegriffen werden. Da werden wir in jedem Land unterschiedliche Bedürfnisse vorfinden. Da hilft uns dieser Fiskalvertrag nichts für die Reformen, die Sie vielleicht auch zu Recht einmahnen mögen, dort, wo wir uns tref­fen.

Das ist der Grund, warum man ökonomisch nicht dafür sein kann, aber es gibt natürlich auch noch andere ökonomische Probleme. Über die haben wir am Vormittag schon diskutiert. Jetzt noch ein rechtliches: Ich verstehe nicht, und das ist auch ein Grund un­serer avisierten Verfassungsklage, dass Sie einem Vertragswerk zustimmen, das eine derart offensichtliche Lücke hat. Nämlich: Wenn die Budgetregeln der Verträge nicht befolgt werden, legt die EU-Kommission den automatischen Korrekturmechanismus fest. Der steht jetzt noch nicht einmal fest. Sie wissen ja nicht einmal, worüber Sie ab­stimmen an der Stelle! Gerade jetzt ist einmal etwas gekommen, aber die Sanktionen stehen jetzt schon fest. Der Mechanismus nicht. Ich halte das von vornherein für eine äußerst merkwürdige Vorgangsweise, die auch unser rechtliches Misstrauen mitbe­gründet. Die anderen Argumente hat im Hearing hier Professor Griller vorgebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Es muss wohl bei aller Notwendigkeit einer Vertiefung der Europäischen Union sinnvoll und möglich sein, das auch innerhalb der Unionsverträge zu machen wie etwa bei der Enhanced Cooperation und nicht durch solche windigen Vertragskonstruktionen außer­halb, wenn es nur irgendwie anders geht.

Da wäre es möglich, und deshalb ist auch der Europäische Konvent so wichtig, dass diese Fragen der integrierten Wirtschaftspolitik einmal zusammengefasst und unter ei­nem gelöst werden. Und das wird auch die Voraussetzung für Eurobonds sein. Dort können wir dann über sinnvolle Regeln reden, wie die Haushalte zusammengeführt werden. Dass die natürlich nicht komplett auseinandergehen dürfen als Vorausset­zung, ist klar. Das ist jedoch die falsche Regel, und deshalb sind wir dagegen. (Beifall bei den Grünen.)

19.01

19.01.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1725 der Beilagen gemäß Ar­tikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Hiezu ist, von 20 Abgeordneten unterstützt, namentliche Abstimmung verlangt wor­den.

Wir gehen daher so vor. Die Vorgangsweise ist bekannt.

Die beiden Schriftführerinnen, die Kolleginnen Lohfeyer und Franz, werden den Na­mensaufruf durchführen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 198

Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Stimmenauszählung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.05 Uhr unterbrochen und um 19.10 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unter­brochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 163; davon „Ja“-Stimmen: 103, „Nein“-Stimmen: 60.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist somit gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG ge­nehmigt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 199

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Graf, Grosz Gerald, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian,

Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Pirklhuber;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache;

Tadler Erich;

Unterreiner;

Van der Bellen, Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Windbüchler-Souschill;

Zanger, Zinggl.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den An­trag des Verfassungsausschusses in 1881 der Beilagen im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die bulgarische, dänische, englische, estni­sche, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsver­trages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bun­desministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor. Die Vorgehensweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die besondere Kundmachung des gegenständ­lichen Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG stimmen, „Ja“-Stimmzettel, also die grauen Stimmenzettel, und jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel, das sind die rosafarbenen, in die Urne zu werfen.

Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, den Namensaufruf durchzuführen. – Bitte.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 200

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Jakob Auer und Zanger werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zum Zwecke der Stimmauszählung unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.15 Uhr unterbrochen und um 19.19 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 162; davon „Ja“-Stimmen: 100, „Nein“-Stimmen: 62.

Der Antrag des Verfassungsausschusses gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG in 1881 der Bei­lagen ist somit angenommen.

*****

(Abweichend von der Bekanntgabe des Stimmverhaltens durch Präsidenten Dr. Graf lautet das tatsächliche Abstimmungsergebnis wie folgt: abgegebene Stimmen: 163; davon „Ja“-Stimmen: 100, „Nein“-Stimmen: 63.)

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch;

Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 201

Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger;

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Graf, Grosz Gerald, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pirklhuber;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache;

Tadler Erich;

Unterreiner;

Van der Bellen, Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Windbüchler-Souschill;

Zanger, Zinggl.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über einen Entschließungsantrag. – Darf ich die Damen und Herren Abgeordneten bitten, die Plät­ze einzunehmen! Wir haben noch eine Abstimmung!

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Csörgits, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung in Europa.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 261.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 202

19.20.278. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1717 d.B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, der Tschechi­schen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spa­nien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zy­pern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxem­burg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Ru­mänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finn­land, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Kroa­tien über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union samt Schluss­akte (1848 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt als Erste Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.21.00

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Und vor allem, sehr geehrte Gäste aus Kroatien! Ich möchte Sie herzlich hier im Parlament begrüßen und wir freuen uns sehr, dass Sie dieser Debatte beiwoh­nen. (Allgemeiner Beifall.)

Wenn Kroatien im Juli 2013 der Europäischen Union beitritt, dann ist das ein großer Er­folg für die Menschen in Kroatien, die hart daran gearbeitet haben und einen langen, aber auch eindrucksvollen Weg zurückgelegt haben. Der Weg in die Unabhängigkeit hat für Kroatien 1991 zunächst in der Zerstörung des Landes geendet. Der vier Jahre dauernde, blutige Krieg wurde mit über 10 000 Toten und über 200 000 Vertriebenen bezahlt. Was folgte, ist eine beeindruckende politische, gesellschaftliche und wirt­schaftliche Entwicklung, die Kroatien Schritt für Schritt an die EU herangeführt hat. In­nerhalb kürzester Zeit hat Kroatien seine Politik, die Wirtschaft und Gesellschaft um­gedreht: vom Krieg zur Demokratie, zur Rechtsstaatlichkeit und zum Frieden. Das hat den Menschen in Kroatien eine große Bereitschaft zur Veränderung abverlangt und das verdient unsere Achtung und unseren Respekt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Jetzt gibt es trotz aller Erfolge noch einige Probleme, besonders im Justizbereich, die angegangen werden müssen. Aber ich denke, dass es hier bis zum Beitritt im Juli 2013 entscheidende Verbesserungen geben wird. Mit der Auslieferung kroatischer Kriegs­verbrecher an den Internationalen Strafgerichtshof hat Kroatien jedenfalls ein entschei­dendes Hindernis für den Betritt beiseite räumen können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kroatien ist heute ein funktionierender demokrati­scher Rechtsstaat mit einer agilen Marktwirtschaft. Damit ist Kroatien auch zu einem stabilisierenden Faktor am Balkan geworden. Aber auch die EU hat einen großen An­teil an dieser Entwicklung.

Kroatien ist ein wichtiges Beispiel für die zentrale Bedeutung der EU als Friedens- und Sicherheitsgemeinschaft in Europa. Und mit dem Beitritt Kroatiens kommen wir einem stabilen und friedlichen Balkan einen großen Schritt näher. Der Beitritt ist auch für die anderen Länder des Westbalkans ein positives Signal für die eigene europäische Pers­pektive.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 203

Österreich wird in einem ganz besonderen Maße vom Beitritt Kroatiens profitieren. Wir sind eng mit Kroatien verbunden, geographisch, historisch, wirtschaftlich und auch durch die große Anzahl der Kroaten, die hier in Österreich leben. Kroatiens Beitritt ist aber auch ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Zugewinn für Österreich. Es ist bereits jetzt ein wichtiger Handelspartner für unser Land, und der EU-Beitritt wird weite­re große Kooperationsmöglichkeiten eröffnen. Das schafft und sichert Arbeitsplätze in beiden Ländern und ist also gut für Österreich und Kroatien. Und ich bin mir zudem si­cher, dass sich der kulturelle und gesellschaftliche Austausch ebenso zum Vorteil bei­der Staaten intensivieren wird.

Ich freue mich daher, wenn wir im Juli 2013 die kroatischen Bürger und Bürgerinnen in der EU begrüßen dürfen!

Vielen Dank und alles Gute unseren Gästen aus Kroatien!

(Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.25.18

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Kroatien läuft den EU-Hafen an“, hat heute eine österreichische Zeitung getitelt. Ich finde, das ist ein sehr gu­tes Bild, denn einen Hafen anlaufen heißt heimkehren. Und Kroatien ist ein zutiefst eu­ropäisches Land und Kroatien gehört in diese Europäische Union, da sind wir uns alle einig. Und daher ist es gut, dass es Kroatien in relativ kurzer Zeit gelungen ist, hier die­sen Schritt zu setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich hat zu Kroatien historisch gese­hen eine besondere Beziehung, besonders was die Staatswerdung betrifft. Ich darf hier schon sagen, dass es der damalige Außenminister Alois Mock war, der seinerzeit mas­siv schon zu einem Zeitpunkt für die Selbstständigkeit von Kroatien eingetreten ist, als das nicht unumstritten war, als das sehr umstritten war. Alois Mock musste sowohl in­nerhalb der österreichischen Regierung dafür kämpfen als auch bei den Großen dieser Welt. (Abg. Petzner: Das war eben noch ein gescheiter Außenminister – im Gegensatz zum jetzigen!)

Die USA waren zu diesem Zeitpunkt damals überhaupt nicht dafür, und es war nicht nur Alois Mock, sondern es war immer die Linie aller österreichischen Außenminister, hier Kroatien entsprechend zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und warum ist das so wichtig? Ich als Steirer sage Ihnen – ich weiß nicht, ob es allen bekannt ist –, wenn ein Grazer nach Wien fährt, hat er eine längere Wegstrecke zu­rückzulegen, als wenn er nach Zagreb fährt. Es ist tatsächlich so. Und es ist daher wirt­schaftlich für diesen Raum von großer Bedeutung. Es ist noch nicht lange her, als wir eine tote Grenze hatten, zu Slowenien, zu Ungarn. Der Süden Österreichs kämpft in vielen Bereichen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Umso wichtiger ist es, hier offe­ne Grenzen zu haben, neue Märkte zu haben, wo es keine Grenzen gibt, im wahrsten Sinn des Wortes.

Kroatien hat auch beim Referendum im Jänner beeindruckend gezeigt, dass es in die­se Europäische Union will. Und es ist für mich ein glücklicher Zufall, dass wir uns heute nicht nur mit den Problemen der Union beschäftigen – Stichwort ESM und Fiskalpakt –, sondern heute auch sehen, dass dieses Europa noch lange nicht in seiner Finalität an­gekommen ist. Dieses Europa ist im Wachsen. Und diese Perspektive, die Kroatien hatte, der Europäischen Union beitreten zu können, findet jetzt eine Fortsetzung mit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 204

den Nachbarn, mit Serbien, mit Montenegro, und in einem längeren Horizont gesehen ist das die Perspektive für alle Staaten des ehemaligen Jugoslawien. Das ist schon in der jahrhundertelangen Geschichte des Balkans einzigartig, dass der Blick aller Staa­ten in eine Richtung geht, und nicht der Blick der einen Richtung Europa und der Blick der anderen eher Richtung Osten, Richtung Russland geht.

Jetzt ist der Blick aller Richtung Brüssel gerichtet, und das ist ganz, ganz wichtig, um hier auch langfristig Frieden zu haben. Es ist so schnell vergessen, aber es ist noch nicht lange her, dass es blutige Scharmützel gab, dass Krieg am Balkan war. Auch hier hat Kroatien seinen Beitrag geleistet in der Aufarbeitung dieser Zeit. Das war sicherlich kein leichtes Unterfangen. Und die Europäische Union hat hier ihren Beitrag geleistet, um zu mehr Rechtsstaatlichkeit zu kommen und um auch wirtschaftliche Prozesse zu beschleunigen.

Daher bin ich felsenfest davon überzeugt, dass diese Stabilisierung der Balkan-Region mit dem Betritt von Kroatien einen weiteren wesentlichen Schritt erfährt. Kroatien wird innerhalb der Europäischen Union auch Österreich stärken, weil die mittleren, die klei­neren Staaten einen dazubekommen, wenn es darum geht, im Konzert mit den Großen auch zu bestehen.

Daher sage ich Ihnen, wir freuen uns, ab 1. Juli 2013 die schon jetzt sehr gute Zusam­menarbeit mit Kroatien innerhalb der Europäischen Union mit dem 28. Mitgliedstaat fortsetzen zu können. Herr Präsident des kroatischen Parlaments, mich freut es, dass Sie das heute hier in Wien miterleben können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.30.24

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste aus Kroatien! Auch wir begrüßen unsere kroatischen Freunde recht herzlich in Wien und im österreichischen Parlament, und auch wir freuen uns, dass Kroatien in der europäischen Familie angekommen ist beziehungsweise einen Schritt weiter in die europäische Familie kommen wird. Kroatien ist für uns ein unverzichtbarer Teil der europäischen Mitte, ein Staat, der mit uns jahrhundertelang verbunden war und der mit uns viele Tragödien, viele Krisen und viele Kriege Seite an Seite durchge­macht hat.

Wir sind der Ansicht, dass die Europäische Union dieses Land bisher unfair behandelt hat, benachteiligt und zurückgesetzt hat, nicht anerkannt hat, welches Leiden im Krieg Kroatien zugestoßen ist. Man hat Kroatien hinter Bulgarien und Rumänien zurückge­setzt und fünf Jahre länger in der Warteschleife gelassen. Das passierte aufgrund von emotionalen, historischen Lasten, die wir an diesem Tag nicht näher diskutieren wol­len. Ob Kroatien in der Europäischen Union nur Freude finden wird und ob es nur posi­tiv sein wird, das mag die Zukunft zeigen.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Trotz vieler Bemühungen, auch seitens mei­ner Partei, ist es nicht gelungen, Kroatien dazu zu bewegen, das schwere Unrecht, das in der Zeit um 1945 im Zusammenhang mit der Vertreibung, Entrechtung und Enteig­nung von Hunderttausenden Menschen passiert ist, wiedergutzumachen. Es gibt zwar vage Absichtserklärungen von Kroatien, auch die Enteignungen vor dem Juni 1945 – das sind die Enteignungen, die aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einem Volksstamm erfolgt sind – wieder zu untersuchen, anzugehen, aber konkret passiert ist nichts.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 205

Das ist auch der Grund, warum einige – vielleicht fünf oder sechs – Abgeordnete mei­ner Partei heute dem Beitritt Kroatiens nicht zustimmen werden. Und das ist auch der Grund dafür, warum etwa unser Parteiobmann bei der heutigen Abstimmung nicht an­wesend ist. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Sehr „mutig“!)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.32.53

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herzlich willkommen, liebe Gäste aus Kroatien! Willkommen in der Europäischen Union! Wir werden noch genug Schwierigkeiten gemeinsam haben in der Europäischen Union. Das ist kein einfacher Klub. (Heiterkeit und Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Jedenfalls freuen wir uns sehr, dass Kroatien in einem Jahr auch formell dabei ist. Wir haben keinerlei Einschränkungen, wie die Freiheitliche Partei. Ich hätte gedacht, dass wir hier im Nationalrat eine einstimmige Entscheidung fällen, aber das ist offenbar nicht ganz der Fall. Ich hätte mich gefreut. (Abg. Neubauer: Wenn Sie für Vertreibungen sind !)

Schauen Sie, dann müssten wir eine lange historische Diskussion darüber führen, was vor 1945 passiert ist oder vor dem Mai 1945. Das ist ja alles ein Paket. Es geht nicht an, dass Sie uns mit so einem Antrag hier überfallen und erwarten, dass wir da einfach mitgehen werden. Wir werden bei diesem Antrag sicher nicht mitgehen. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Also abgesehen von diesem Wermutstropfen freue ich mich, dass die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind. Für Österreich ist ja Kroatien praktisch ein Land, das vor der Tür ist. Ich selber bin jedes Mal erstaunt, dass ich zur kroatischen Adria weit­aus kürzer unterwegs bin als nach Tirol, wo ich herkomme. Dorthin sind es 600 Kilome­ter. Ich weiß nicht, wie weit es nach Rijeka ist, aber jedenfalls weniger.

Ich mache es kurz: Sie werden sich sicherlich keine Illusionen darüber machen, wie lustig und einfach es in der Europäischen Union ist. Sie haben ja in den Verhandlungen einen Vorgeschmack bekommen. Aber insgesamt stehen wir sehr positiv zu dieser Entscheidung und würden uns freuen, wenn Serbien und die anderen Nachbarländer aus Ihrer Region, sage ich einmal, zu gegebener Zeit dann auch dem Klub beitreten werden. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.03

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren aus Kroatien! Werte Delegation! Herr Präsident! Wir hatten ja heute zu Mittag nicht die Gelegenheit, uns persönlich kennenzulernen, weil meine Fraktion bei den Verhandlun­gen des ESM hier die geschlossene Anwesenheit im Plenum vorgezogen hat. (Zwi­schenruf des Abg. Weninger.)

Nichtsdestotrotz: Kroatien ist geographisch, politisch und historisch ein Teil Europas. Das war es immer. Und dieses Land erfüllt auch alle Voraussetzungen für einen Beitritt zur Europäischen Union. Kroatien ist eine der Wiegen der Zivilisation der Antike, begin­nend bei den Illyrern, es war ein Teil des Byzantinischen Reichs, bis zur jüngeren Ver­gangenheit hat es immer eine sehr enge Verbundenheit auch zu Österreich gehabt. Wir sind daher sehr stolz – und meine Fraktion befürwortet auch diesen Beitritt, stimmt


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dem auch heute zu –, dass Kroatien Teil eines vereinten und, ich hoffe, in Zukunft friedlichen Europas ist.

Kroatien hat ein sehr schweres Schicksal hinter sich, und es nötigt Respekt ab, dass ein Land, das sich von 1991 bis 1995 in einem Krieg befunden hat, in einem Krieg vor unseren Haustüren, vor Österreich, in einem Unabhängigkeitskrieg, in dieser Schnellig­keit, in weniger als 20 Jahren, zu einem wirtschaftlich durchaus aufsteigenden Land geworden ist, das uns Österreichern nicht nur ans Herz gewachsen ist, weil es das Ur­laubsland vieler Österreicherinnen und Österreicher ist, die die Vorzüge, die Kultur und die geographische Lage Kroatiens schätzen, sondern weil es uns auch Respekt ab­nötigt, wie rasch Kroatien aus dem Krieg herausgefunden hat und jetzt ein guter Be­standteil Europas sein wird.

Nichtsdestotrotz darf ich Sie auch warnen: Behalten Sie Ihre Kuna! Ich appelliere an Sie! Nehmen Sie nicht den Euro. Euro je skup – der Euro ist teuer. Das ist sogar mehr­sprachig.

Seien Sie froh, dass Sie mit der Kuna eine Währung haben, mit der auch wir Österrei­cher uns angefreundet haben, aber machen Sie nicht den Fehler, den die österreichi­sche Bundesregierung gemacht hat, denn sonst haben Sie die gleichen Debatten wie wir heute zum ESM, wo Sie nur zahlen, aber nichts aus diesem Europa herausbekom­men werden. Ganz im Gegenteil, Sie werden für Pleiteländer mithaften. Und das kann nicht im Interesse eines stolzen Kroatiens sein, das seinen Stolz auch aus der Ge­schichte heraus bekommen hat und auch wirklich gut in die Zukunft blicken wird. (Bei­fall beim BZÖ.)

Das, was ich heute schon sagen möchte, ist: Wir können natürlich über Europa disku­tieren und darüber, wie schön und wie toll denn das Ganze ist, wir müssen aber auch die Gefahren erkennen. Die finanziellen Gefahren dieses Europas erkennen wir seit ei­nigen Jahren, seit 2008, und schmerzlich in den letzten Monaten. Es gibt aber auch an­dere Gefahren. Wenige Kilometer von Zagreb entfernt liegt Krško. Krško wird von Kroatien und Slowenien gleichermaßen betrieben. Wenn in Krško etwas passiert, ist an ein normales Leben in der kroatischen Hauptstadt nicht mehr zu denken. Wenn in Krško etwas passiert, ist an ein normales Leben, an ein friedliches Leben in Kärnten und in der Steiermark nicht zu denken. Krško wird zur Hälfte von Kroatien betrieben – ich muss den Kollegen Bartenstein aufklären, sie wissen es eben doch nicht alle, Kol­lege Bartenstein, großer Außenpolitiker – und zur anderen Hälfte von Slowenien. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Daher ersuchen wir anlässlich des Beitritts (Zwischenruf der Abg. Silhavy) einmal mehr, dass Kroatien alle seine Möglichkeiten ausnutzt, im eigenen Interesse und in unser aller Interesse, im Interesse eines gesunden Lebensraums Mittel- und Südeuro­pa, um dieses Kraftwerk endlich zu schließen.

Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft in der Europäischen Union alles Gute! Behalten Sie Ihr Rückgrat, für das auch Kroatien bekannt ist – und lassen Sie es sich nicht von den Bürokraten der Europäischen Union verbiegen! (Beifall beim BZÖ.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Dr. Spin­delegger. – Bitte.

 


19.39.22

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Her­ren! Liebe Gäste aus Kroatien und vor allem Herr Parlamentspräsident!

Ich möchte drei Bemerkungen zu diesem Beitritt Kroatiens, der heute von Österreich ratifiziert wird, machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 207

Zum Ersten: Wir verstehen uns als Österreicher immer als Unterstützer von Kroatien. Wir haben das vor 20 Jahren gemacht, als es um die Unabhängigkeit von Kroatien ging. Österreich war eines der ersten Länder, das anerkannt hat. Wir haben das ge­macht vor sechs Jahren, als es darum ging, dass Verhandlungen mit Kroatien aufge­nommen werden.

Wir haben uns in den schwierigen Phasen, als dieser Streit um die Bucht von Piran mit Slowenien losgebrochen ist, voll hinter Kroatien gestellt und gesagt: Das darf nicht die europäische Dimension eines Beitritts völlig behindern.

Wir haben uns vor allem in der Schlussphase noch einmal ganz stark gemacht für Kroatien, als es drohte, endlos in die Länge gezogen zu werden. Auch das ist gelun­gen. Nun sind wir mit stolz, dass Kroatien jetzt das 28. Mitglied der Europäischen Uni­on werden kann. Sie können sicher sein, wir werden Kroatien auch unterstützen, wenn es Mitglied ist. Wir sehen das als unsere Aufgabe. Sie sind ein Teil, ich würde sagen, das letzte Land Mitteleuropas; so verstehen wir Kroatien. Wir sehen nach wie vor eine enge Verbundenheit mit Österreich.

Zweite Bemerkung: Wir haben eine neue Art, wie die Verpflichtungen Kroatiens im Zu­ge des Beitrittsprozesses überwacht werden, ein Vor-Beitritts-Monitoring. Dort gibt es auch eine Reihe von Kritikpunkten an Kroatien, aber wenn wir uns den Bericht der Kommission vom letzten April ansehen, ist doch klar herausgekommen: Grosso modo erfüllt Kroatien seine Verpflichtungen, die es eingegangen ist, nämlich bis zum Beitritt die letzten Schritte zu tun. Das freut uns, und ich möchte Sie auch auffordern, die letz­ten Punkte zu erfüllen. Das sind viele Fragen im Rahmen des Justizwesens, das sind vor allem Fragen der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität. Ich bitte Sie, da nicht nachzulassen, damit dieser Zeitplan bis zum 1. Juli 2013 auch voll erfüllt werden kann.

Meine dritte und letzte Bemerkung ist, dass Kroatien eben auch einen Vorbildcharakter hat, nämlich für viele andere Länder in Südosteuropa, die einmal Mitglied der Europäi­schen Union werden wollen. Alle schauen auf Kroatien, wie jetzt diese Phase bis zum 1. Juli 2013 vonstattengeht. Sie haben diesen Vorbildcharakter, und ich bitte Sie auch, dass Sie auf Ihre Nachbarländer einwirken, dass man eben zeigt: Wenn man seine Hausaufgaben erfüllt, dann kommt man vorwärts auf diesem Weg in die Europäische Union.

Da haben Sie jetzt die große Aufgabe, andere mitzuziehen, denn wir brauchen das. Wir sind der Überzeugung, dass viele Länder von Südosteuropa auch zu Europa gehö­ren, und wir wollen, dass nach dem Vorbild Kroatiens auch andere, wenn sie ihre Hausaufgaben erfüllt haben, nach Europa kommen können.

In diesem Sinn gratuliere ich Ihnen. Ich freue mich, dass wir das heute ratifizieren kön­nen.

Ich bin überzeugt davon, Kroatien wird als 28. Mitgliedsland der Europäischen Union seine Aufgaben auch in Zukunft erfüllen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.44

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Gäste aus Kroatien! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich ist das zwölfte Land, das jetzt ratifiziert, be­dauerlicherweise nicht einstimmig. Ich bedauere das wirklich, weil in der Sitzung des Verfassungsausschusses dies nicht erkennbar war. Dort gab es von der Freiheitlichen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 208

Partei die volle Zustimmung zum Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union. Daher sa­ge ich namens meiner Fraktion: Wir sind über dieses Verhalten ziemlich enttäuscht.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitritt Kroatiens zur Euro­päischen Union ist ein großer Erfolg für die europäische und österreichische Balkan­politik. Der Herr Vizekanzler hat die Verdienste Österreichs, die zum Beitritt Kroatiens geführt haben oder nun führen, bereits dargelegt. Unterstützt und motiviert durch die klare Beitrittsperspektive hat sich Kroatien innerhalb weniger Jahre von einem Bürger­kriegsland zu einer funktionierenden Demokratie und zu einem Stabilitätsanker am westlichen Balkan entwickelt.

Mit Kroatien verbindet Österreich sehr viel, nicht nur die Geschichte. Die wenigsten von Ihnen werden es wissen: Im Reichsratssaal saßen bis zum Jahr 1918 zwölf kroatische Abgeordnete, die die Interessen ihrer Region vertreten haben. Es gab damals ein Ab­kommen zwischen den Serben und den Kroaten, die die Wahlkreise aufgeteilt haben. Zwölf Abgeordnete waren Kroaten und haben im Reichsrat die Interessen ihrer Bevöl­kerung und ihrer Region vertreten.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht bei diesem Beitritt – der Herr Vizekanzler hat es bereits angeschnitten – aber um viel mehr. Es geht auch um eine EU-Perspektive für alle Staaten des westlichen Balkans. Es geht auch darum, dass die Europäische Union sich daran erinnert, was beim Gipfeltreffen 2003 in Thes­saloniki vereinbart wurde. Dort hat man auch allen übrigen Staaten die Möglichkeit er­öffnet, Mitglied der Europäischen Union zu werden.

Nun, man muss diese Entwicklung, die die anderen Staaten betrifft, sehr differenziert sehen. Es wird unterschiedliche Szenarien geben. Mit Montenegro werden die Beitritts­gespräche in Kürze beginnen. Österreich wird Montenegro auf diesem Weg zur Euro­päischen Union unterstützen. Auch aus Montenegro stammte ein Abgeordneter, der im österreichischen Reichsrat saß, nämlich aus dem Wahlkreis Kotor und Budva.

Serbien ist zu unterstützen und zu motivieren, die Reformen weiterzuführen. Auf Ser­bien ist auch einzuwirken, unter der neuen Regierung, unter dem neuen Präsidenten Nikolić Gespräche mit dem Kosovo aufzunehmen, um diesen Grenzkonflikt, den es gibt, zu entschärfen.

Enttäuscht bin ich über die Entwicklung in Mazedonien, ich sage es ganz offen. Maze­donien hatte Kandidatenstatus, aber in Mazedonien bewegt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehr wenig. Es gibt Probleme, insbesondere in Fragen der organisierten Kri­minalität, aber auch die nicht gelöste Frage des Namens.

Wie es mit Bosnien, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, weiter­geht, kann, glaube ich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt niemand beantworten. Da gibt es eine Herausforderung für die Europäische Union, aber auch für Kroatien, den Zwist zwischen den beiden Entitäten zu beseitigen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union und sagen gleichzeitig: Auch für alle anderen Staa­ten des westlichen Balkans muss es diese europäische Perspektive geben, auch diese sind ein Teil Europas.

Willkommen in der Europäischen Union! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.28

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vi­zekanzler! Herr Staatssekretär! Poštovani gospodine president Hrvatskog Sabora! Poš-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 209

tovani gospodine ambasador Bakota! Srdacno Vas pozdravljam u Europi, našoj skup­noj domovini! (Lebhafter Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Vorsitzender der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Österreich-Kroatien und natürlich auch als Burgenland-Kroate freue ich mich ganz besonders, dass es jetzt gelungen ist, zu erreichen, dass Kroatien künftig als 28. Mitglied in die Europäische Union einziehen und mit uns gemeinsam das große Haus Europa weiterentwickeln wird.

Ich konnte mich, so wie viele andere Kolleginnen und Kollegen der Freundschaftsgrup­pe, im vergangenen Jahr und auch heuer davon überzeugen, welch großartige Fort­schritte Kroatien in den vergangenen Jahren gemacht hat und wie zielstrebig Kroatien die dem Land auferlegten Pflichten vollzogen hat.

Vorher wurde ja angesprochen, dass es im Justizbereich und in vielen anderen Berei­chen zuletzt noch ein bisschen gehakt hat. Es ist gelungen, auch diese Hürden noch zu überwinden. Ich kann heute hier sagen, dass Kroatien seit dem 18. Juni 2004, als es nämlich den offiziellen Status als Beitrittskandidat bekommen hat, wirklich eine tolle Entwicklung genommen hat.

Hohes Haus! Der Spruch: „Was lange währt, wird endlich gut“, trifft im Falle Kroatiens definitiv zu, denn es waren die bislang längsten Verhandlungen, die ein Staat für die Aufnahme in die Europäische Union geführt hat; aber in diesem Fall kann man sagen, dass der Spruch tatsächlich Geltung hat.

Zwar gibt es heute noch offene Punkte – einer davon wurde angesprochen, nämlich die Restitution. Das ist sicherlich ein ernst zu nehmender Punkt, den wir als österreichi­sches Parlament ansprechen; aber ich weiß von unseren kroatischen Freunden, dass sie auch dieses ernsthafte Thema rasch und sofort abhandeln wollen, damit auch diese Frage geklärt wird.

Deswegen ist mir umso unverständlicher, dass die Freiheitliche Partei nicht als Ganzes diesem Antrag zustimmen kann, denn auch ein bisschen Vertrauen ist in einer Part­nerschaft letztendlich das Wichtigste. Ich vertraue der Republik Kroatien, dass sie ihre Versprechungen auch in der Frage der Restitution wahr macht.

Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kroatien hat am 22. Januar 2012 mit dem Referendum zum EU-Beitritt 60 Prozent der Kroaten überzeugen können. Das ist, glaube ich, auch eine gewaltige Leistung, die man anerkennen muss angesichts der vielen Diskussionen, die wir jetzt in der Europäischen Union haben. Heute haben wir ein Beispiel dafür miterlebt, wie schwierig es ist, dieses Haus weiterzubauen, wie schwierig es ist, letztendlich auch die richtigen Mechanismen zu entwickeln.

Aber wenn wir als Europäische Union und als Staatengemeinschaft wollen, dass die­ses Europa irgendwann einmal auch eine Staatengemeinschaft mit vielen gemeinsa­men Inhalten wird, dann brauchen wir auch alle anderen Staaten. Kroatien ist so ein positives Beispiel, und wenn der Herr Vizekanzler immer wieder darauf hinweist, dass die Donauraumstrategie eine ganz wichtige Angelegenheit ist, so bin ich mir sicher, dass Kroatien auch hier hilfreich mitwirken kann und ein positives Beispiel für alle Staa­ten, die noch folgen sollen, sein kann.

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, freue ich mich, dass Kroa­tien mit 1. Juli 2013 der Europäischen Union beitreten wird. Abschließend möchte ich festhalten: I nadam se, da ćemo i dalje zajedno raditi na strukturi naše Europe! Herz­lich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Kitzmüller zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 210

19.52.06

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Nun also soll die Republik Kroatien der EU beitreten. Es ist dies eine Entscheidung, die an sich sehr begrüßenswert ist; allerdings, und das muss ich dazusagen, nicht ohne dass zuvor die leidliche Frage der Restitution an die Altösterreicher geklärt wird.

Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass im Jahre 2012 noch immer keine zufriedenstel­lenden Ergebnisse betreffend Restitutionsgesetze seitens Kroatiens verabschiedet wurden, dass da noch nichts geschehen ist. Daher sehe ich als Vertriebenensprecherin der Freiheitlichen Partei die Aufnahme Kroatiens sehr skeptisch.

Ich muss Ihnen sagen, ich vertraue Ihnen sehr wohl, dass Sie auf dem besten Wege sind, da etwas zu tun. Sie hatten ja schon die erste Lesung, bevor die Neuwahlen wa­ren, und waren auf dem besten Weg, dazu etwas zu tun; nur ist dann nichts mehr ge­schehen, meine Damen und Herren!

Wir wollen nicht den gleichen Fehler machen, der bei der Aufnahme Tschechiens ge­macht wurde, wo man nämlich geglaubt hat, dann auf gleicher Augenhöhe ein Ergeb­nis erzielen zu können – was nicht passiert ist. In einem Europa, das immer mehr zu­sammenwächst, das sich nicht nur als wirtschaftliches Bündnis sieht, sondern sich auch als moralische Institution versteht, wäre es selbstverständlich, diese Frage der Restitution zu lösen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie sind nun gefordert, ei­ne Lösung für die leidgeprüften Altösterreicher zu finden und den Worten auch Taten folgen zu lassen. Einen besonderen Appell möchte ich hier an die Vertriebenenspre­cher der anderen Parteien richten. Den Vertriebenen, die ja für den Wiederaufbau Ös­terreichs sehr viel geleistet haben und auch sonst sehr viel für Österreich getan haben, gebührt Dank und Anerkennung! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Restitution an Altösterreicher durch die Republik Kroatien

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf zwischenstaatlicher Ebene und im Rah­men der Europäischen Union dafür einzusetzen,

dass die Republik Kroatien offene Fragen der Restitution gegenüber Altösterreichern zufriedenstellend löst;

sowie die Republik Kroatien eine Arbeitsgruppe zu Fragen der Restitution unter Einbe­ziehung der Vertriebenen-Verbände einsetzt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich ersuche, dass Sie sich auf den Weg dazu machen, dass wir eine Lösung gemein­sam finden und dass wir auch hier doch einmal zu einem gemeinsamen Ergebnis kom­men. Meine Bedenken dazu haben Sie gehört. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.55



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 211

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend die Restitution an Altösterreicher durch die Republik Kroatien

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 8 über den Bericht des Verfassungsaus­schusses über die Regierungsvorlage (1717 d. B.): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Däne­mark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Re­publik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Groß­herzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Repu­blik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Kroatien
über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union samt Schlussakte (1848 d. B.) in der 164. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 4. Juli 2012

Die Wunden, welche der Zweite Weltkrieg in Europa gerissen hat, beginnen nun lang­sam aber doch zu heilen und die Länder Ost- und Südosteuropas beginnen nun immer mehr sich ihrer eigenen historischen Verantwortung bewusst zu werden.

Serbien etwa hatte unlängst ein Restitutionsgesetz für die vertriebenen Altösterreicher im Parlament verabschiedet: ( werden die Bedingungen, die Art und Weise und das Vorgehen der Restitution des enteigneten Vermögens und Entschädigung für das ent­eignete Vermögen geregelt, das auf dem Gebiet der Republik Serbien durch Anwen­dung der Vorschriften über die Agrarreform, Verstaatlichung, Verwaltung sowie anderer Vorschriften, auf Grund der Vorschriften über die Verstaatlichung nach dem 9. März 1945 von natürlichen und bestimmten juristischen Personen enteignet wurde und in ge­meinschaftlichen, staatlichen, gesellschaftlichen oder genossenschaftlichen Besitz über­tragen wurde).

Im Zuge des begrüßenswerten bevorstehenden Beitrittes der Republik Kroatien ist es auch ein Anliegen, im Sinne der historischen Aussöhnung, auch die Republik Kroatien an ihre historische Verantwortung zu erinnern, um offene Fragen der Restitution ge­genüber den Altösterreichern zufriedenstellend zu lösen. Dies wäre für eine gemein­same Zukunft aller europäischen Volksgruppen essentiell und im Sinne der Heimatver­triebenencharta vom 05. August 1950, wie auch einer europäischen Aussöhnung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf zwischenstaatlicher Ebene und im Rah­men der Europäischen Union dafür einzusetzen,

dass die Republik Kroatien offene Fragen der Restitution gegenüber Altösterreichern zufriedenstellend löst;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 212

sowie die Republik Kroatien eine Arbeitsgruppe zu Fragen der Restitution unter Ein­beziehung der Vertriebenen-Verbände einsetzt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden diesem Entschließungsantrag unsere Zustimmung geben, wiewohl wir eben glauben, dass diese Fragen mit Kroatien mit großer Wahrscheinlichkeit leichter zu regeln sein werden als etwa mit der Tschechischen Republik, die unsere Hoffnun­gen leider enttäuscht hat, als es damals darum gegangen ist, dem Beitritt zuzustim­men. Wir haben das gemacht, und es hat damals geheißen, auf der europäischen Ebe­ne könnte man diese offenen Fragen – und sie sind wesentlich gravierender als jene in Kroatien, etwa die Aufhebung der Beneš-Dekrete – leichter lösen. Bis heute warten wir auf eine derartige Lösung.

Trotzdem ist es heute nach vielen für uns eher traurigen Beschlüssen im Hohen Haus ein freudiger Anlass, dass wir Kroatien in der Europäischen Union willkommen heißen dürfen. Es ist ein Land, das mit großen Schmerzen seine Unabhängigkeit, seine Frei­heit von einem diktatorischen Regime erkämpfen musste, und das nicht ohne Schwie­rigkeiten und auch nicht ohne Probleme, die selbst verursacht worden sind.

Aber zu diesem Zeitpunkt sollten wir auch daran erinnern, dass es hier in Österreich, aber auch in der Europäischen Union nicht für alle selbstverständlich gewesen ist, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und damit auch der Kroaten ohne Wenn und Aber zu unterstützen und diesem zum Durchbruch zu verhelfen.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, und es war beschämend, als kroatische Frei­heitskämpfer und Politiker in internationalen Gremien den Westen, Europa, die demo­kratische Staatengemeinschaft flehentlich um Hilfe gebeten haben, als es darum ge­gangen ist, sie in ihren Freiheitsbestrebungen zu unterstützen. Man hat damals auf Verhandlungen mit einem diktatorischen Regime gesetzt, man hat sie auf Zuwarten vertröstet. Man hat, und das war besonders bedauerlich, in Europa gesehen, dass die Wunden der beiden Weltkriege und die Grenzen und Paktsysteme der beiden Welt­kriege in den neunziger Jahren noch immer Nachwirkungen gehabt haben. Das soll an diesem Tag auch erwähnt werden. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wir freuen uns aber auch über die tolle Entwicklung, die Kroatien gemacht hat, und über die guten Beziehungen zu Österreich. Viele, viele Österreicherinnen und Österrei­cher fahren nach Kroatien (Abg. Grosz: Ja!); die kroatische Bevölkerung in Österreich, die Migranten haben sich gut integriert, da gibt es im Gegensatz zu anderen Gruppen kaum Schwierigkeiten; es ist also ein wirklich gutes Verhältnis zwischen den beiden Ländern und Nationen.

Eines hoffen wir: Dass man mit dem Beitritt Kroatiens – und das ist eine Bitte an beide Seiten, an die Außenpolitik Österreichs, aber auch Kroatiens – innerhalb der Europäi­schen Union endlich eine stärkere Zusammenarbeit der kleinen und mittleren Länder unterstützt, dass nicht nur Deutschland, Frankreich und vielleicht noch einige wenige den Weg in der Europäischen Union vorgeben, und zwar zulasten der kleineren und mittleren Länder, sondern dass wir zeigen, dass an uns und an der Mitbestimmung unserer Länder kein Weg vorbeiführt. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

19.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 213

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.58.52

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Gäste aus Kroa­tien! Hohes Haus! Ich finde es sehr schade, dass man diesen einstimmigen Beschluss, den man im Verfassungsausschuss gefällt hat, der eigentlich ausschließlich von posi­tiven Redebeiträgen geprägt war, hier nicht weiter fortsetzen kann.

Ich verstehe alle Bedenken, ich verstehe alle Forderungen, ich verstehe es aber nicht, wenn man bei so einer Entscheidung, wo es um ein wirklich befreundetes Land geht, mit dem traditionell gute Beziehungen auf allen Ebenen bestehen und mit dem ein un­getrübtes Verhältnis zueinander besteht, Junktime aufbaut.

Österreich konnte der Europäischen Union beitreten, ohne dass uns irgendjemand ge­fragt hat, ob wir Restitution betreiben. Wir haben erst nach dem Beitritt zur Union zu restituieren begonnen. (Abg. Dr. Hübner: Geh bitte, Kollege!)

Und wir sind erst in unserer Zeit, während wir in der Europäischen Union waren, dieses Thema angegangen und haben es auch für uns gelöst. (Abg. Grosz: Das ist ein Blöd­sinn! – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das ist aber so, und kein einziges europäisches Land hat bei unserer Ratifikation jemals irgendein Junktim an diese Frage geknüpft. Und das finde ich schade. Es ist ein historischer Akt, mit dem wir eigentlich eine soli­darische Geste diesem Land gegenüber zeigen könnten, das es nicht leicht gehabt hat.

Es ist von vielen meiner Vorredner angesprochen worden, dass es eine kriegerische Auseinandersetzung gegeben hat, die eigentlich nicht mehr erwartet wurde. Zu einem Zeitpunkt, als Europa eigentlich völlig befriedet war, ist es dann überraschend zu krie­gerischen Auseinandersetzungen gekommen. Dieses Land wurde massiv in Mitleiden­schaft gezogen und hat in einem sehr raschen Tempo begonnen, sich an die europäi­schen Standards anzupassen. Es hat alle Bemühungen unternommen, als Land die­sem europäischen Gebilde immer näherzurücken und letztendlich auch um den Beitritt anzusuchen.

Während dieser Beitrittsverhandlungen ist es diesem Land auch noch gelungen, viele Nachteile, die vorher vorhanden waren – gesellschaftspolitisch oder auch infrastruktu­rell oder wirtschaftspolitisch –, zu lösen und letztendlich zu einem der führenden Staa­ten am Balkan zu werden, letztendlich auch beispielgebend für die anderen Staaten am Balkan zu werden. Dieses Land zeigt auch einen Weg vor, wie man in einer konse­quenten Art und Weise an eine Aufgabe und Annäherung herangeht.

Nunmehr ist es so weit, dass man diese Bemühungen anerkennt, dass man diese Be­mühungen auch so gewertet hat, dass einem Beitritt nichts mehr entgegensteht. Auch das Monitoring-Verfahren hat im Wesentlichen einen positiven Ausblick gezeigt. Der letzte Bericht im April dieses Jahres zeigt, dass es Fortschritte in allen Bereichen gege­ben hat.

Das heißt, das Land bemüht sich weiterhin, auf seinem Weg die Linie zu halten und dieses Schiff dorthin zu leiten, wo es eigentlich landen soll.

Ich glaube, die Europäische Union und Europa insgesamt ist gerade zu dem Zeitpunkt, als Kroatien alle Bemühungen unternommen hat, um an die Europäische Union heran­zutreten, von einer massiven Krise durchgeschüttelt worden. Letztendlich sind gerade die Abstimmung und das Referendum in einen Zeitraum gefallen, in dem es gerade massive Schwierigkeiten innerhalb der Europäischen Union gegeben hat beziehungs­weise diese sich angebahnt haben.

Man hat es den politischen Entscheidungsträgern nicht einfach gemacht, einen pro­europäischen Kurs durchzusetzen und trotzdem hat es ein Ergebnis von 60 Prozent


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 214

gegeben – ein überwältigendes Votum trotz der Begleitumstände, die es auf europäi­scher Ebene gab.

Kroatien ist auf dem richtigen Weg – und das wird getragen von einer massiven Mehr­heit der Bevölkerung. Ich meine, Kroatien ist ein wichtiger Stabilitätsfaktor für den Westbalkan, und daher ist es sinnvoll, wenn man dieses Land auch in die Europäische Union aufnimmt.

Ich finde es insbesondere schade, weil ja die besonnenen Kräfte in der FPÖ im Ver­fassungsausschuss sich sehr, sehr positiv geäußert haben. Es gab kein Anzeichen, dass nicht alle gemeinsam mitstimmen. Ich glaube, dass man eine historische Chance versäumt, dass man all diese Probleme auch innerhalb der EU ansprechen und auch lösen kann.

Ich halte es für ein falsches Zeichen, weil wir, wie ich glaube, alle positiv diesem Bei­tritt gegenüberstehen. Ich finde es schade, dass man das nicht in einem einstimmigen Beschluss macht und letztendlich zu einer einhelligen Meinung kommt.

Ich glaube, Kroatien hat alle seine Hausaufgaben gemacht. Es ist so, dass wir natürlich wissen, dass es im Justizbereich Aufholbedarf gegeben hat – insbesondere als Anwalt weiß man das –, aber bis zum Bericht im April 2012 wurde da schon einiges erreicht. Ich bin mir sicher, dass auch in Zukunft noch weitere Schritte in diese Richtung ge­macht werden.

Ich glaube, alles in allem kann man sagen, es ist ein freudiger Tag. Persönlich bin ich besonders froh, dass Kroatien beitreten kann. Ich respektiere dieses Land. Ich achte dieses Land sehr. Auch Europa wird reicher durch dieses Land, und auch die kulturelle Vielfalt Europas wird erweitert.

Im Übrigen wird Europa, wenn Kroatien beitritt, um 1 200 der schönsten Inseln der Welt reicher. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Präsident Neugebauer. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.05.44

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vi­zekanzler! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich werte Ihre Anwesenheit, Herr Präsident Leko, und die Ihrer Delegation als ein besonderes Zei­chen der traditionell guten Beziehungen unserer Länder. Und „traditionell“ heißt, dass das ja nicht erst gestern oder vorgestern begonnen hat, sondern das sind aufgrund fa­miliärer, aufgrund historischer Bande Jahrzehnte dieser guten Beziehungen. Das macht auch, glaube ich, die Qualität unserer Treffen aus.

Ich erinnere mich, dass wir erst vor wenigen Wochen bei Ihnen zu Gast sein durften und über verschiedene Fragen – so zum Beispiel, wie wir als Parlamentarier denn mit den Vorlagen aus der Europäischen Union umgehen, wie wir unsere Regierungen da­zu drängen, uns auch ausreichend mit Informationen zu versorgen und wie wir die ge­wichtige Stimme der nationalen Parlamente in den entsprechenden Gremien von Brüs­sel und Straßburg einbringen – außerordentlich fruchtbringend für beide Teile gute Ge­spräche geführt haben.

Österreich hat von Anfang an nicht nur diesen Beitritt unterstützt. Der Name des frü­heren Außenministers Dr. Alois Mock ist heute schon genannt worden. Ich hatte ges­tern Abend Gelegenheit, mit der Familie Mock zusammenzutreffen, und darf Ihnen sa­gen, dass Alois Mock gerne heute hier gewesen wäre. Unsere Freunde wissen, dass es ihm aus gesundheitlichen Gründen leider nicht möglich ist, aber Alois Mock ist sehr froh über diese Entwicklung, die er eigentlich ja schon visionär zu einer Zeit ausge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 215

macht hat, als er die Selbstbestimmung der Balkanländer eingefordert hat, Freiheit und Demokratie, als das eigentlich für viele noch undenkbar war.

Ich darf von Alois Mock die besten Grüße an Sie und an die Kolleginnen und Kollegen in Kroatien überbringen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf Ihnen zu diesem klaren Votum, das Sie mit Ihrem Referendum am 22. Jänner dieses Jahres erzielt haben, gratulieren. Eine satte Zweidrittelmehrheit heißt im politi­schen Diskurs ein ganz, ganz tolles Ergebnis. Die Ratifizierung in Ihrem Parlament ist ja einstimmig erfolgt.

Dabei steht außer Zweifel, dass die Mitgliedschaft Kroatiens auch zu einer Stabilisie­rung Ihrer Region ganz wesentlich beitragen kann. Dass wir in vielen Bereichen schon hervorragend zusammenarbeiten, in wirtschaftlicher, in kultureller Hinsicht, das kann man erkennen, wenn man nicht nur die wunderschöne Küste Dalmatiens besucht, son­dern auch das Innere des Landes selbst.

Wenn ich lese, dass erst vor Kurzem, nämlich vergangenen Freitag, ein Jubiläum in Graz gefeiert wurde, nämlich das zehnjährige Bestehen der Kroatisch-Österreichischen Handelskammer, wo auch Ihr Staatspräsident anwesend gewesen ist, und dass dort vom Herrn Landeshauptmann und vom Herrn Wirtschaftslandesrat der Steiermark be­richtet wurde – Steiermark hat ja traditionellerweise die intensivsten Geschäftsbezie­hungen mit Ihnen –, dass in kurzer Zeit 14 000 Geschäftskontakte entwickelt werden konnten, dann ist das zwar ein schmales Segment, zeigt aber, was in einer solchen Partnerschaft möglich ist.

Ich persönlich bin überzeugt davon: Wenn der Beitritt Kroatiens zur EU vollzogen sein wird, werden auch jene KMU – diese machen ja Österreichs wirtschaftliche Kraft aus –, die bisher den Schritt noch nicht gewagt haben, bei Ihnen anklopfen.

Ihre Verhandlungen waren verzögert, haben außergewöhnlich lange gedauert, aber waren letztendlich inhaltlich außerordentlich anspruchsvoll. Es ist Ihnen in vielen Berei­chen eine Anpassung an europäische Standards gelungen. Sie haben mehr Transpa­renz in die Institutionen gebracht und damit die Förderung von Demokratie und Rechts­staatlichkeit sichergestellt.

Sie haben heute in einem Interview mit einer österreichischen Tageszeitung, Herr Prä­sident Leko, zum Ausdruck gebracht, dass Sie fest entschlossen sind, alle notwendi­gen Kriterien zu erfüllen.

Herr Außenminister Dr. Spindelegger hat das Kapitel 23 angesprochen, wo es noch um Fragen der Justiz und der Grundrechte geht. Natürlich kann man auch das Thema der Restitution mit hereinspielen. Wer sich öfter in Kroatien aufhält, wer den Kontakt durch unsere Botschaften sucht, weiß, dass dieses Thema auf der Agenda, der Tagesord­nung und in Diskussionen permanent ist, aber das hat mit dem heutigen Ratifizie­rungsakt überhaupt nichts zu tun. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo wir Ihnen wahrscheinlich nicht wesentlich helfen können, ist das Kapitel 8, in dem es um die Privatisierung Ihrer großen Werften und Ihrer Schifffahrtsindustrie geht – Korneuburg in Österreich ist schon eine Weile Ge­schichte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident Leko hat heute in diesem Interview mit einer österreichischen Tageszeitung für mich bedeutsame Sätze in drei Zeilen gesagt, von denen ich aber meine, dass sie von gewaltigem Inhalt sind.

Auf die Frage an Sie: „Wie wirkt sich der Beitritt Kroatiens auf die Region aus?“, haben Sie geantwortet:

„Das europäische Projekt ist kein Projekt einer Generation.“ – Zitatende.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 216

Sie haben in Ihren Verhandlungen kennen gelernt, was langer Atem für die Verwirkli­chung der europäischen Vision bedeutet.

Ich zitiere weiter: „Kroatien hat einen besonderen Weg hinter sich. Das hat einen be­sonderen Nutzen für die künftige Generation. Unsere Erfahrungen und unsere Ent­schlossenheit stellen ein großes Vorbild für alle Nachbarn in Südosteuropa dar.“ – Zi­tatende.

In einem Raum, der vor knapp zwei Jahrzehnten Tausende Tote hinnehmen musste in einer massiven kriegerischen Auseinandersetzung, da kann man nur sagen: Sie sind auf dem Weg in die Friedensunion Europa.

Mit der heute mit überwältigender Mehrheit zu beschließenden Ratifizierung setzt das österreichische Parlament ein Zeichen, dass wir Sie in der EU herzlich willkommen heißen und zu einer weiteren, sehr fruchtbaren und erfolgreichen Zusammenarbeit be­reit sind. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

20.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer zu Wort. – Bitte.

 


20.12.52

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte als Freunde zu begrüßende Delegation aus Kroatien! Es gehört nun einmal dazu, dass man unter Freunden auch Wahrheiten aussprechen muss, und aus diesem Grund darf ich Folgendes festhalten:

Es gibt überhaupt kein Junktim. Daher stimmt der freiheitliche Klub gemäß den Aussa­gen, die im Verfassungsausschuss getroffen worden sind, mit überwältigender Mehr­heit diesem heutigen Tagesordnungspunkt betreffend den Beitritt Kroatiens zur Euro­päischen Union zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es wäre nicht allzu schwer gewesen, seitens der kroatischen Diplomatie ein deut­liches Zeichen bekannt zu geben, dass an den Anliegen, die nun einmal ein Kernstück der freiheitlichen Politik sind, nämlich die Fürsprache und die Verantwortung für die Vertriebenen ernst aufzugreifen und Signale ernster Natur zu übermitteln, dass also an diesem Problem konsequent positiv gearbeitet wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grund nehmen sich einige Abgeordnete unseres Parlamentsklubs die Frei­heit, ihrem Gewissen zu folgen und nicht zuzustimmen. Mögen Sie es glauben oder nicht, das ist im Prinzip bedauerlich, aber es ist ein Teil der parlamentarischen Wahr­heit. Kernpunkt ist aber, und ich wiederhole das, was ich im Verfassungsausschuss gesagt habe, dass Europa, zumal auch die österreichische Geschichte, ohne Kroatien nicht gedacht werden kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Kroatien ist seit dem 1. Jänner 1527 Bestandteil der habsburgischen Länder unter der habsburgischen Krone gewesen und ist aus diesem Staatsverband am 29. Oktober 1918 ausgeschieden. Alle österreichischen Kriege, in die das Land verwickelt war, sind unter hohem Blutzoll kroatischer Soldaten bestritten worden. Die kroatischen Armeen im österreichisch-ungarischen Soldatenkleid haben für unser Land höchste Ehre einge­legt, und das ist ein ewiges Erinnerungsgut, von dem wir uns nicht verabschieden wer­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher habe ich im Verfassungsausschuss auch zum Ausdruck gebracht, dass seitens Österreichs eine Verantwortung für Kroatien besteht und wir aus diesem Grund den Beitritt begrüßen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 217

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. 2 Minuten sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


20.15.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Meine Damen und Herren! Kollege Fichtenbauer! Die Argumentation der FPÖ ist an Doppelbödigkeit und Kleingeistigkeit nicht zu überbieten. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist wirklich ein trauriger Tag im österreichischen Parlament, hier so dreist und so ewiggestrig und ressentimentgeladen zu argumentieren. Es ist eine Schande – tut mir leid, das hier feststellen zu müssen, Herr Präsident des kroatischen Parlamentes!

Sie sehen, für die Mehrheit dieses Hauses ist es ein Freudenszeichen, ein Zeichen ei­ner politisch aktiven Region. Sie haben in den letzten Jahren bewiesen, wie ernst es Ihnen ist mit einem Fortschritt auch in der kroatischen Zivilgesellschaft, im kroatischen Parlamentarismus. Ich konnte das auch immer wieder im Rahmen europäischer Foren feststellen.

Wir hatten viele Meetings, sowohl was die Europa-Ausschüsse betrifft als auch was Fachausschüsse betrifft, wo kroatische Abgeordnete ja schon länger eingebunden sind und sich sehr aktiv beteiligt haben.

Ein Wort noch zu dem Antrag der Kollegin Kitzmüller: Zunächst einmal ist dieser An­trag in der Sache sehr schlecht gezimmert. Sie erwähnen hier das serbische Restitu­tionsrecht, ohne zu erwähnen, dass Kroatien seit 1996, mit einer Novelle im Jahr 2002, ein bestehendes Restitutionsrecht hat. Sie erwähnen auch nicht, dass der Oberste Ge­richtshof Kroatiens eindeutig in der Rechtssache Zlata Ebenspanger vom 26. Mai 2010 unmissverständlich festgestellt hat, dass nach dem geltenden kroatischen Restitutions­gesetz Ausländer und Kroaten gleichberechtigt sind.

So etwas zu verschweigen in einer sicher heiklen Frage ist nicht korrekt, und daher werden wir diesem Antrag unsere Zustimmung nicht geben, was ja wohl klar ist. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

20.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Vilimsky. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.18.07

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Eigentlich wollte ich die Aus­führungen meiner Fraktion mit der sehr würdevollen, mit der Kroatien gegenüber sehr freundschaftlich gestimmten Rede meines Kollegen Dr. Fichtenbauer abschließen las­sen, aber die mehr als unflätigen Äußerungen meines Vorredners haben mich meine Meinung ändern lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Als eine Fraktion im österreichischen Parlament nehmen wir uns das Recht heraus, uns auf das freie Mandat zu berufen und kommen in einer Entscheidung mehrheitlich zu der Erkenntnis, ja, wir unterstützen diesen Beitritt, aber wir möchten angesichts gra­vierender Probleme auch ein Signal setzen – ein Signal setzen, das wichtig ist für die Vertriebenenproblematik –, und wir müssen uns dann das von Ihnen anhören, wo doch Ihre parlamentarische Schleimspur immer größer wird. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe bei den Grünen.)

In einer diplomatischen Debatte wie hier das auch noch in unflätiger Art und Weise politisch zu instrumentalisieren, das ist unanständig. Aber bei Ihnen – angesichts der heutigen Erinnerungen an die Beschlussfassungen – verwundert mich sowieso nichts mehr.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 218

Meine sehr geehrten Damen und Herren aus Kroatien, ich möchte Sie seitens meiner Fraktion meines Wohlwollens versichern. Das kroatische Volk genießt unsere Freund­schaft und unsere Wertschätzung. (Beifall bei der FPÖ.)

Dennoch ist die Frage der Wertschätzung und der Freundschaft nicht losgelöst zu betrachten von der Frage, ob die Mitgliedschaft in einem bestimmten Verein unter be­stimmten Voraussetzungen gegeben ist oder nicht gegeben ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Da werden wir uns auch weiterhin das Recht herausneh­men, auf Dinge wie die Vertriebenenproblematik aufmerksam zu machen, auch wenn Sie auf diesen Augen völlig blind sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben die Problematik bei den Tschechen und wir haben sie auch hier. Und das, was wir uns erhofft hätten, das, was wir erbetet hätten, ist nicht mehr und nicht weniger als ein diplomatisches Signal, diese Fragen auch entsprechend anzugehen.

Dieses Signal haben wir vermisst, daher werden fünf meiner Kollegen und meine We­nigkeit heute hier ein parlamentarisches Signal setzen – ein Signal, dass wir das freie Mandat ernst nehmen, ungeachtet der freundschaftlichen Verbundenheit und in Kennt­nis dessen, dass Kroatien ein Teil der europäischen Völkerfamilie ist, in Kenntnis des­sen, dass die Kroaten eine enge Verbundenheit mit Österreich haben, aber wir hier dennoch auch andere Interessen nicht verschweigen wollen und diese auch entspre­chend in der Diskussion mitberücksichtigt wissen wollen.

Eines möchte ich dem kroatischen Volk an Überlegung mitgeben. Es steht mir nicht zu, trotzdem möchte ich als Angehöriger eines befreundeten Staates und als Vertreter dieses Hauses noch einen Gedanken äußern: Kroatien, das seine Unabhängigkeit ge­nießt und schätzt, Kroatien, das ein sehr stolzer Staat ist, möge auch überlegen, ob Kroatien seine Freude daran findet (Zwischenruf des Abg. Krainer), Mitglied in einer Europäischen Union zu werden, wo 80 Prozent der Gesetze künftig nicht mehr (in Richtung Galerie) bei Ihnen beschlossen werden, sondern Ergebnis einer Richtlinien­politik aus Brüssel sind (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), wo Personen wie Barroso, Van Rompuy, Lady Ashton und Draghi einen Kurs festsetzen, wo Sie in weiterer Folge Ja und Amen sagen müssen und Ihre Parlamentarier dann dieselbe Problematik haben wie wir (Beifall bei der FPÖ), wo die Regierungsfraktionen sagen: Ja, da können wir nichts machen, das ist aus Brüssel so gewollt.

Nichts wiegt schwerer, als das Gefühl, in Selbstbestimmtheit, in Freiheit über sein eige­nes Territorium bestimmen zu dürfen, Teil einer europäischen Völkerfamilie zu sein (Zwischenruf des Abg. Amon), aber auf Augenhöhe miteinander, partnerschaftlich, auf Basis souveräner Staaten seine Zukunft gestalten zu dürfen, und nicht in einem Verein, der sich Tag für Tag weniger demokratisch legitimiert, nur mehr Befehlsempfänger sein zu müssen. Das ist etwas, das wir hier im Hohen Haus täglich erleiden müssen, was die Menschen quer durch Europa immer mehr beklagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, Sie wissen das nicht und deswegen vermeiden Sie auch jede Volksabstimmung
in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen wird in weiteren 26 Ländern dieser Europäischen Union eine Volksabstimmung verunmöglicht (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser – Zwischenrufe bei der ÖVP): weil Sie wissen, dass die politische Nomenklatura völlig losgelöst ist von den Befindlichkeiten der Bevölkerung Europas.

Ich komme zum Schluss: Kroatien genießt unsere Wertschätzung, Kroatien hat eine geschichtliche Verbundenheit mit Österreich, die wir schätzen, Kroatien wird von unse­rer Seite auch weiterhin Wertschätzung genießen können. Kroatien ist Teil des abend­ländischen Europa (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner), das heißt aber noch lange nicht, dass hier ein EU-Beitritt, ohne beide Augen zuzudrücken, von unserer Seite auch goutiert wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 219

Ich freue mich dennoch (in Richtung Galerie) für Sie. Machen Sie Ihre eigenen Erfah­rungen! Wir haben sie bereits gemacht, und wir können nicht nur das Beste berich­ten. – Danke und alles Gute! (Beifall bei der FPÖ.)

20.23

20.23.40

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1717 der Beilagen gemäß Ar­tikel 50 Abs.1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Gemäß § 82 Abs. 2 Z 1a der Geschäftsordnung stelle ich zunächst die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordne­tenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Genehmigung des gegenständlichen Staatsvertrages stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimm­zettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragen Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.28 Uhr unterbrochen und um 20.34 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 220

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 159; davon „Ja“-Stimmen: 152, „Nein“-Stimmen: 7.

Der gegenständliche Staatsvertrag ist somit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (Lange anhaltender, stehend dargebrachter Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ.)

*****

(Abweichend von der Bekanntgabe des Stimmverhaltens durch Präsidenten Dr. Graf lautet das tatsächliche Abstimmungsergebnis wie folgt: abgegebene Stimmen: 158; davon „Ja“-Stimmen: 150, „Nein“-Stimmen: 7, ungültig: 1.)

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Deimek, Dolinschek, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Doppler, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Fichtenbauer, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartelgruber, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Grosz Gerald, Grünewald;

Haberzettl, Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Ursula, Hechtl, Heinzl, Hell, Herbert Werner, Höbart Christian, Höfinger, Höl­lerer, Hörl, Hornek, Huainigg, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Kaipel, Karlsböck, Katzian, Kaufmann-Bruckberger, Keck, Kickl, Kirchgatterer, Kliko­vits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lausch, Lettenbichler, Lichtenecker, Linder, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayerhofer, Muchitsch, Mühlberghuber, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Petzner, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Riemer, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Scheibner, Schenk, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spadiut, Spindelberger, Stauber Peter, Stefan, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Strutz, Stummvoll;

Tamandl;

Unterreiner;

Van der Bellen, Venier, Vock;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 221

Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Kitzmüller;

Lugar Robert;

Neubauer Werner;

Rosenkranz;

Tadler Erich;

Vilimsky.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, gäli­sche, italienische, kroatische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polni­sche, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzu­machen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für euro­päische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Auch dazu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Vorgehensweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die besondere Kundmachung des Staatsver­trages gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen. (Unruhe im Saal.) – Darf ich um Aufmerksamkeit bitten, sonst passieren unter Umständen Abstimmungs­fehler.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 222

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.39 Uhr unterbrochen und um 20.42 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 157; davon „Ja“-Stimmen: 148, „Nein“-Stimmen: 9.

Der Antrag des Verfassungsausschusses gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG in 1848 der Bei­lagen ist somit angenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Deimek, Dolinschek, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Doppler, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Fichtenbauer, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartelgruber, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Graf, Grillitsch, Grosz Gerald, Grünewald;

Haberzettl, Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Ursula, Hechtl, Heinzl, Hell, Herbert Werner, Höbart Christian, Höfinger, Höl­lerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jury;

Kaipel, Karlsböck, Katzian, Kaufmann-Bruckberger, Keck, Kickl, Kirchgatterer, Kliko­vits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lausch, Lettenbichler, Lichtenecker, Linder, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Mayerhofer, Muchitsch, Mühlberghuber, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pendl, Petzner, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Riemer, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Scheibner, Schenk, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spadiut, Spindelberger, Stauber Peter, Stefan, Steindl Konrad, Steßl-Mühlba­cher, Strutz, Stummvoll;

Tamandl;

Unterreiner;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 223

Van der Bellen, Venier, Vock;

Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Hübner;

Jannach;

Kitzmüller;

Lugar Robert;

Neubauer Werner;

Rosenkranz;

Tadler Erich;

Vilimsky.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Restitution an Altösterreicher durch die Republik Kroatien.

Es ist namentliche Abstimmung über diesen Entschließungsantrag verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Vorgehensweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für diesen Entschließungsantrag stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführung, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.46 Uhr unterbrochen und um 20.50 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 224

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 153, davon „Ja“-Stimmen: 42, „Nein“-Stimmen: 111.

Der gegenständliche Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller;

Lausch, Linder, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Gril­litsch, Grünewald;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Hörl, Hornek, Huainigg;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 225

Pendl, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rasinger, Riepl, Rudas;

Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stau­ber Peter, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Weninger, Windbüchler-Souschill, Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

*****

20.50.579. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1796 d.B.): Protokoll zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon (1849 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Wunschgemäß sind 4 Minuten Rede­zeit eingestellt. – Bitte.

 


20.51.26

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir lehnen diese Vorlage ab. Nicht, weil wir es der irischen Bevölkerung nicht gönnen, dass sie im Wege eines Zusatzprotokolls Zugeständnisse zum Lissabon-Vertrag be­kommen hat, weil die Volksabstimmung, die sie abhalten durften – im Gegensatz zur überwiegenden Mehrheit der anderen Bürger in der Europäischen Union –, negativ ausgegangen ist. Auch nicht, weil dadurch das Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags er­möglicht worden ist. Ich persönlich begrüße das grundsätzlich. Sondern uns geht es darum, gegen die grundsätzliche Vorgangsweise, den grundsätzlichen Mechanismus in der Europäischen Union zu protestieren. Deshalb verstehe ich auch die Zustimmung der freiheitlichen Fraktion nicht ganz, die bis jetzt alles abgelehnt hat, was den Lissa­bon-Vertrag betrifft. Aber ich bin schon gespannt auf die Begründung. (Abg. Kickl: Wir werden es dann erklären!)

Erstens einmal stört uns die Vorgangsweise, grundsätzlich möglichst wenige solche Volksabstimmungen abzuhalten über wichtige Verträge, da man ja der Bevölkerung misstraut und sagt, da würde das Chaos ausbrechen, wenn dann in fünf oder sechs Ländern über möglicherweise mangelhafte Initiativen der Europäischen Union negativ abgestimmt werden würde. Und wenn dann schon in einem Land unbedingt eine Volksabstimmung abgehalten werden muss, und die geht dann daneben, dann wird so lange abgestimmt, bis es irgendwann einmal doch positiv ausgeht. Man macht ein biss­chen Druck, droht ein bisschen, macht ein paar Zugeständnisse, bis alle befriedigt sind und ein guter Zeitpunkt erwischt wird, und dann ist es positiv und dann sind wieder alle zufrieden.

Wir haben ja diesem System ein anderes System gegenübergestellt. Heute am Vor­mittag haben wir auch darüber diskutiert, dass man darüber reden sollte, wie denn die Zukunft der Union aussehen soll. Wie soll dieses gemeinsame Europa aussehen, das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 226

besser funktioniert als das bisherige? Noch dazu, wo immer mehr Mitgliedsländer mit­einbezogen werden und wo der Entscheidungsfindungsprozess immer schwieriger wer­den wird.

Deshalb haben wir gesagt, wir wollen und brauchen ein Europa der verschiedenen Ge­schwindigkeiten, mit einem Kerneuropa im Innersten der Europäischen Union, wo die Bevölkerung in den einzelnen Nationalstaaten selbst bestimmen kann, wie weit der Grad der Integration des jeweiligen Landes funktionieren soll. Wer das gesamte Paket will, der wird dem auch zustimmen, und dort wird das auch in Kraft treten. Wo das nicht der Fall ist, sollen die Länder nur Teile daraus für sich in Anspruch nehmen.

Es kann nicht sein, dass ein negatives Votum in einem Land für alle anderen ein mög­licherweise wichtiges Projekt unmöglich macht, aber auf der anderen Seite kann es auch nicht sein, dass man sich dann solche Speziallösungen herauspickt, damit das insgesamt funktioniert. Das ist der falsche Weg, und deshalb stimmen wir dieser Vor­gangsweise nicht zu und sagen noch einmal: Wir brauchen ein neues Europa, ein an­deres Europa, wo jeweils auch die Bevölkerung darüber entscheidet, welches Maß an Integration sie für sich selbst haben möchte. (Beifall beim BZÖ.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.54.51

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Martin Schulz sagte einmal: „In der EU wird der Erfolg nationalisiert und der Misserfolg europäisiert.“ Ich glaube, dieses Zitat passt auch zum Verlauf der heutigen Debatten zu den Tagesord­nungspunkten, die wir bis dato behandelt haben.

Im Grunde weiß das Gros der Bevölkerung der EU, dass Europa teuer ist, dass Europa Verpflichtungen bedeutet, und in den Boulevardzeitungen werden vorwiegend Themen behandelt wie die Frage, ob es „Steirisches Kürbiskernöl“ noch weiter gibt oder ob die Marmelade weiterhin „Marmelade“ heißen darf. (Ruf bei der ÖVP: Krainer!) Es ist uns aber bis dato noch nicht gelungen, der Bevölkerung zu vermitteln, dass Europa ein Friedensprojekt ist und dass wir alle gemeinsam den europäischen Gedanken leben müssen und uns vor allem auch als Europäer fühlen müssen. Es ist wichtig, ein Gefühl für Europa zu haben, aber das wird wahrscheinlich noch über mehrere Generationen dauern.

Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Die Einheit Europas war ein Traum weniger. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“ (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Singer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.56.36

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Zusatzprotokoll zum Ver­trag von Lissabon wird eine politische Zusage gegenüber Irland nach dem bereits an­gesprochenen negativen Ausgang des ersten irischen Referendums zum Vertrag von Lissabon eingelöst. Ich darf erinnern, damals stimmten 53,4 Prozent der Iren gegen diesen Vertrag.

In diesem Protokoll wurde dem Anliegen der irischen Bevölkerung entsprechend Rech­nung getragen, wobei dadurch der Vertrag keine inhaltlichen Änderungen erfährt, son-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 227

dern es handelt sich vielmehr um Klarstellungen. Ein paar dieser Klarstellungen darf ich anfügen. Es geht um den Schutz des Rechts auf Leben, den Schutz der Familie und Schutz der Rechte in Bezug auf Bildung. Es geht darum, dass mit dem Vertrag von Lissabon keine neuen Kompetenzen im Bereich der Steuerpolitik eingeführt werden, und es geht Irland vor allem auch um seine traditionelle Politik in der militärischen Neu­tralität.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Protokoll, sofern bis zum 30. Juni 2013 diese Ratifikationsurkunde hinterlegt wird, soll mit diesem Zeitpunkt in Kraft treten. Die ÖVP stimmt diesem Protokoll zu. Ich lade alle anderen Fraktionen ein, das auch zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.38

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Kollege Singer! Sie haben ja gesagt, was die Iren da bekommen haben: Klarstellungen, die im Wesentlichen aber Änderun­gen des Vertrages sind, nur ist es so formuliert, als ob es Klarstellungen wären, Klar­stellungen, von denen auch wir profitieren, weil sie weitgehend unserer Interessenlage entsprechen. Bei der Abtreibung kann man vielleicht diskutieren, aber die anderen Punkte sind genau in unserem Interesse.

Wie haben sie das bekommen?  Nicht durch die verhandelnde Regierung, denn die hat das alles bereits unterschrieben gehabt und zur Abstimmung vorgelegt, sondern durch das Volk, weil die Regierung in Irland gezwungen war oder so fair war, das Volk zu befragen. Deshalb und nur deshalb gibt es diese Klarstellungen und Korrekturen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da gibt es eine bis heute gültige und unübertroffene Definition von Abraham Lincoln über das, was Demokratie ist. Er hat gesagt: Demokratie ist die Herrschaft des Volkes, durch das Volk, für das Volk. – Das soll unsere Leitlinie sein. Wenn wir das machen, dann haben wir auch Kraft. Jede Regierung, die einigermaßen interessiert ist, Interes­sen des Volkes durchzusetzen, wird sich auf das Volk stützen und das Volk befragen, denn dann hat sie das beste Argument, das zu tun, was das Volk will, und nicht Erpres­sungsversuchen oder Druckversuchen zu erliegen  so wie alle Regierungen. (Präsi­dentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Alle Abstimmungen haben ja gezeigt – mit ganz wenigen Ausnahmen; eine Ausnahme ist die zweite irische Volksabstimmung, nachdem sie einiges durchgesetzt haben –, dass das, was die Regierenden aushandeln, im Volk keinen Rückhalt findet.

Das heißt, wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu Regierenden nach der Demokratie-Definition des französischen Philosophen und Schriftstellers Romain Rolland werden. Ich werde vorlesen, wie er die Demokratie definiert hat, nämlich:

„Demokratie, das ist die Kunst, sich an die Stelle des Volkes zu setzen und ihm feier­lich in seinem Namen, aber zum Vorteil einiger guter Hirten, die Wolle abzuscheren.“

So wollen wir doch nicht handeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir stimmen daher selbstverständlich dem vorliegenden Gesetzentwurf und der Über­lassung der Früchte, der wohlverdienten Früchte, an das irische Volk zu. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Früchte der Erde!)

21.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 228

21.01.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Scheibner, ja, mehrere Geschwindigkeiten haben wir ohnehin in der Union, und wir hätten auch die Instrumente dafür, die verstärkte Zusammenarbeit zum Beispiel. (Abg. Scheibner: Aber das System geht nicht in die Richtung!) Es geht oft nicht in die Rich­tung, selbst da nicht, wo man es machen könnte, da bin ich schon bei Ihnen.

Wenn man den Bericht des Verfassungsausschusses (der Redner zeigt diesen) durch­liest zu diesem relativ trivialen Ding, dieser Klarstellung im Protokoll über bestimmte Anliegen der irischen Bevölkerung und so weiter, muss man sagen, wenn die Entschei­dungen in der Union immer auf diese Weise fielen, dann wären wir immer noch auf dem Stand von 1957, würde ich sagen. Da geht ja überhaupt nichts weiter.

Herr Kollege Hübner, Volksabstimmungen gut und schön, aber demnächst werden wir 28 sein, und was den Iren recht ist, müsste den anderen 27 ja auch recht sein. Ab nächstem Jahr hat die EU 28 Mitglieder mit 28 theoretisch möglichen Volksabstimmun­gen. Ich bin sehr dafür, große Vertragsänderungen mit einer Volksabstimmung abzu­segnen, aber dann mit einer europaweiten Abstimmung. (Beifall bei den Grünen.)

Man kann darüber diskutieren, ob wir sie sozusagen nach Schweizer Muster machen: Mehrheit der Stände in der Schweiz – Mehrheit der Staaten in der Union plus Mehrheit der Bevölkerung insgesamt. Also mehr Ja-Stimmen in der Bevölkerung insgesamt als Nein-Stimmen in der Bevölkerung insgesamt. Das wäre eine vernünftige Geschichte. Aber dafür haben wir auch noch keine Rechtsgrundlage in der Union. Das wäre drin­gend notwendig.

Die grüne Fraktion stimmt natürlich diesem Anliegen zu, was das irische Protokoll be­trifft, damit das endlich einmal weg vom Fenster ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Don­nerbauer. – Bitte.

 


21.02.51

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das erste Mal an die­sem Rednerpult zu stehen ist ein besonderes Gefühl – auch das letzte Mal hier zu ste­hen ist ein besonderes Gefühl. Und ich danke Ihnen allen, die Sie mir die Gelegenheit geben, den letzten Tag in diesem Hohen Haus wirklich bis zur letzten Minute auskos­ten und noch möglichst viele meiner Namensstimmzettel verwenden zu können. Herzli­chen Dank dafür! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute hier, wie schon gesagt wurde, über Irland und die Anliegen der irischen Bevölkerung zum Vertrag von Lissa­bon. Irland ist zweifellos ein schönes Land, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren – und ich glaube, viele von Ihnen können mir da zustimmen –, für mich erreicht kein Land auf dieser Welt die Schönheit und Attraktivität unseres Heimatlandes, unse­res Österreich. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Österreich mit seinen wunderschönen Landschaften und seinen Naturschönheiten, mit seiner langen Geschichte und Tradition, aber auch mit seinen kulturellen Schätzen und seinen Errungenschaften, vor allem aber unser Österreich mit seinen vielen fleißigen, kreativen und engagierten Menschen, den vielen Unternehmen, die weit über unser Land hinaus erfolgreich sind, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber vor al­lem auch unser Österreich mit seinem unermesslichen Kapital an Freiwilligen, die täg­lich unentgeltlich arbeiten in Tausenden und Abertausenden Vereinen, Organisationen, aber auch in der Politik.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 229

Und für dieses Österreich, meine sehr verehrten Damen und Herren, für seine Bürge­rinnen und Bürger, für deren Anliegen und Interessen zu arbeiten, sich einzusetzen und manchmal auch dafür zu kämpfen, das gehört für mich und wohl für uns alle zu den schönsten und spannendsten Aufgaben, die man sich vorstellen und wünschen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Wenn ich mich daher nach elf Jahren, fast auf den Tag genau – am 2. Juli 2001 wurde ich in diesem Nationalrat angelobt –, aus diesem Hohen Haus und von Ihnen verab­schiede, dann tue ich das nicht mit Wehmut, nicht mit Bitterkeit, schon gar nicht mit Gram oder aus Zorn oder Ärger, nein, ich kann sagen, dass ich mich von Ihnen ver­abschiede in Freude und mit Dankbarkeit. In rückblickender Freude, dass ich diese wundervolle Aufgabe für unsere Republik, für Niederösterreich und für das Weinviertel elf Jahre ausüben durfte, dass ich viele neue wundervolle Menschen und Initiativen kennenlernen konnte und die Chance hatte, elf Jahre, elf spannende Jahre, die hinter uns liegen, die Geschicke unseres Landes hier in diesem Hohen Haus mitzugestalten.

Ich möchte daher heute danke sagen, danken vor allem jenen, die mich in den vergan­genen elf Jahren auf diesem Weg begleitet und unterstützt haben: in erster Linie natür­lich meinen Wählerinnen und Wählern und meiner Gesinnungsgemeinschaft, der Ös­terreichischen Volkspartei. Sie waren es, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben und in den vergangenen elf Jahren immer wieder neue und spannende Aufgaben ermöglicht, aber auch zugetraut haben.

Danken möchte ich allen Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus, aber na­türlich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ÖVP-Parlamentsklubs, aber auch des Parlaments insgesamt und auch den parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie alle unterstützen unsere Arbeit, machen sie erst möglich und erleich­tern sie täglich. (Allgemeiner Beifall.)

Stellvertretend für alle möchte ich namentlich meine eigene parlamentarische Mitarbei­terin, Gerti Kirchweger, nennen, die mich in diesen elf Jahren mit ungebremstem Enga­gement und Elan begleitet hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Für die letzten fünf Jahre als Justizsprecher und Vorsitzender des Justizausschusses darf ich mich darüber hinaus auch bei den Justizsprechern aller Fraktionen, aber auch bei den Justizministern dieser Zeit und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Justizministerium für die zumeist doch sehr konstruktive und sachliche Zusammenar­beit im justiziellen Bereich bedanken.

Nicht zuletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren – auch das sei hier einmal er­wähnt –, bedanke ich mich auch bei meiner Familie, insbesondere bei meiner Frau und meinen zwei Töchtern, die in diesen elf Jahren auf vieles verzichten mussten, für ihr Verständnis und ihre Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich abschließend mir und auch Ihnen noch etwas wünschen darf, dann ist es die Bitte, auch in schwierigen Zeiten – und wir durchleben sicher gerade wieder eine solche – bei den oft notwendigen, auch harten inhaltlichen Auseinandersetzungen das Gemeinsame über das Trennende zu stellen und das gemeinsame Ziel der Arbeit für unser Land und für seine Bürgerinnen und Bürger, nämlich hier möglichst gute Entscheidungen zu treffen, nie aus den Augen zu verlieren.

Ich würde Sie ersuchen und bitten, auch die Meinung anderer zu respektieren und sachlich zu diskutieren und nicht persönliche Diffamierungen in den Vordergrund zu stellen, wie wir das leider auch hier in diesem Haus in letzter Zeit immer wieder be­merken müssen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Ich wünsche Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Zukunft dieses Hohen Hauses, für unser Land alles Gute, viel Erfolg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 230

Es lebe die Republik Österreich! Es lebe die österreichische Demokratie in einem ge­meinsamen Europa! Es lebe dieses Hohe Haus! – Herzlichen Dank! Viel Erfolg! (Allge­meiner anhaltender Beifall. – Die Abgeordneten der ÖVP spenden stehend Beifall.)

21.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sehr geehrter Herr Mag. Donnerbauer! Ich als Präsidentin darf Ihnen im Namen des gesamten Nationalrates alles Gute für die Zu­kunft wünschen und mich ebenfalls für die Zusammenarbeit bedanken. Viel Erfolg wei­terhin!

Ich hatte ja gestern schon die Gelegenheit, das eine oder andere zu erwähnen, daher jetzt nur noch: Viel Glück, viel Freude und ein weiteres Mal danke für die gute Zusam­menarbeit! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. – Bitte.

 


21.09.46

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Bundesminister! Herr Abgeord­neter Donnerbauer, ich darf Ihnen von dieser Stelle aus ebenfalls alles Gute für die Zu­kunft wünschen.

Ich mache es kurz. Das Protokoll ist natürlich nach Ansicht der Europarechtler, nach Ansicht der Verfassungsrechtler, nach Ansicht all jener, die das damals in dieser kom­plizierten Situation ausgearbeitet haben, keine materielle Änderung, sondern eine Klar­stellung der Bestimmungen, die im Lissabon-Vertrag beziehungsweise in der Grund­rechtecharta normiert sind.

Interessant habe ich die Ausführungen des Kollegen Scheibner mit den zwei Ge­schwindigkeiten gefunden. Würde ein Auto mit zwei Geschwindigkeiten unterwegs sein – linke Achse, rechte Seite –, dann würde es ein Vehikel normalerweise zerreißen. Diese Gefahr würde natürlich bei Europa genauso bestehen.

Ich glaube, Sie haben vorhin dem Beitritt Kroatiens zugestimmt, wo ja die Volksab­stimmung ähnlich erfolgreich war wie damals in Österreich, also 66 Komma ein biss­chen etwas Prozent. Was mich natürlich interessieren würde, ist: Haben Sie jetzt dem Beitritt zur langsameren oder zur schnelleren Geschwindigkeit zugestimmt, wenn es das gäbe?

Das zeigt ja schon, es gibt eine Geschwindigkeit, es gibt ein Europa. Dass die Kom­plexität von Entscheidungen bei so einem großen Gebilde natürlich groß ist, dass dort komplexe Entscheidungsstrukturen vorliegen, wissen wir ja.

Ich habe schon oft Timothy Garton Ash, einen britischen Historiker, zitiert, der gesagt hat: Natürlich kann man kritisieren, dass die Entscheidungen in Europa langsam sind, aber das ist allemal besser als das, was früher passiert ist, nämlich dass man aufein­ander geschossen hat. Und das ist ja der große Erfolg dieser Konstruktion.

Daher, wie gesagt, es ist eine Klarstellung, keine materielle Änderung. Ich bin daher froh, dass es diese große Zustimmung gibt.

Noch etwas auch zur Diskussion betreffend Volksabstimmung. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir, wenn es in einem Konvent zu wesentlichen Vertragsänderungen kommt – wir wissen alle, das dauert dann eine geraume Zeit –, diese auch einer Volks­abstimmung unterwerfen wollen. Das ist schon oft gesagt worden und soll hier noch einmal betont werden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.12

21.12.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 231

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1796 der Beilagen gemäß Arti­kel 50 Abs. 1 Z 2 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Gemäß § 82 Abs. 2 Z 1a der Geschäftsordnung stelle ich zunächst die für die Abstim­mung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Ab­geordneten fest.

Nun bitte ich jene Damen und Herren, die sich für die Genehmigung des gegenständ­lichen Staatsvertrages aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG, dass die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französi­sche, griechische, irische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländi­sche, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages da­durch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesminis­terium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

21.13.5510. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1682 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Ser­bien über soziale Sicherheit (1851 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1737 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die teilweise Suspendierung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Ju­goslawien über soziale Sicherheit im Verhältnis zwischen der Republik Öster­reich und der Republik Kosovo (1850 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


21.14.40

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese beiden Materien haben ir­gendwie eine Gemeinsamkeit und andererseits auch wieder doch nicht.

Wir haben ja heute den ganzen Tag darüber diskutiert und wir Freiheitlichen haben es auch klargemacht, dass es nicht die Aufgabe Österreichs sein kann, Transfergeldleis­tungen in schwächere Gebiete einfach als Einbahnstraße wegzuschicken. Und genau­so sehen wir das natürlich auch im Sozialbereich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 232

Das Beispiel Kosovo, das wir jetzt hier auch in dieser Materie behandeln, zeigt ja, dass man Verträge auch kündigen kann, nämlich dann, wenn es sogar der Regierung zu bunt wird, wenn überhaupt nichts mehr zurückkommt, wenn diese Regierung erkennt, da ist offensichtlich eine Schieflage. Daher werden wir diesem Antrag natürlich zustim­men.

Aber genauso gerne hätten wir es, dass auch bei allen anderen Abkommen in den So­zialbereichen einmal eine Evaluierung erfolgt, um zu sehen: Ist es überhaupt so, dass da ein Geben und Nehmen ist, oder ist es eine Einbahn, wo in eine Richtung sehr viel Geld fließt, in die andere nicht?

Wenn wir draufkommen, dass es eben nicht so ist, dann müsste man schauen, ob es vielleicht auch Möglichkeiten gäbe, diese Schieflage zu korrigieren oder eine vernünfti­gere Lösung zu finden. Daher werden wir dem anderen Antrag nicht zustimmen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

21.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindel­berger. – Bitte.

 


21.16.02

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Hohes Haus! Da wir uns den ganzen Tag über bereits mit europäischen Themen befassen, geht es natürlich auch bei mir weiter mit dem Abkommen über soziale Sicherheit zwischen Österreich und Serbien.

Ich möchte auch versuchen zu erklären, warum wir solche Abkommen als notwendig erachten. Denn es ist nicht so einfach, wie das in der Öffentlichkeit immer wieder dar­gestellt wird, dass Menschen ein Leben lang nur in einem Staat arbeiten, um dort an­schließend vielleicht den Ruhestand genießen zu können. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Menschen haben in einem Land einen Arbeitsplatz, vielleicht auch nur für eini­ge Jahre, und übersiedeln dann in ein anderes Land. Und dann gibt es eben auch un­terschiedliche Sozialsysteme, wo jederzeit der Fall eintreten könnte, dass sie aufgrund deren Unterschiedlichkeit auch Nachteile erleiden können.

Da nehme ich, um das vielleicht zu verdeutlichen, auf das Thema Pensionen Bezug. In Österreich hat man erst dann einen Pensionsanspruch, wenn man 15 Beitragsjahre vorzuweisen hat, also 15 Jahre versichert war.

Jetzt gibt es aber eine große Zahl von Menschen, die in mehreren Staaten arbeiten, aber in den einzelnen Staaten oft zu wenig Versicherungszeiten haben, um überhaupt einen Pensionsanspruch erwerben zu können.

Mit diesem Abkommen, das unverständlicherweise von einigen abgelehnt wird, tritt eben der Fall ein, dass die in diesen Staaten erworbenen Versicherungszeiten künftig auch zusammengerechnet werden können. Das heißt, aufgrund solcher Abkommen hat jemand, der in Österreich nur fünf Jahre gearbeitet hat, aber in einem anderen Staat zehn Versicherungsjahre aufzuweisen hat, dann auch einen Pensionsanspruch, logischerweise von Österreich nur für die hier erworbenen fünf Jahre.

Selbstverständlich besteht, wenn derartige Abkommen nicht abgeschlossen werden, auch eine große Gefahr, was die Doppelversicherung anbelangt. Denn machen wir sol­che Abkommen nicht, könnte auch der Fall eintreten, dass der Arbeitgeber Sozialver­sicherungsbeiträge in Österreich und auch in einem anderen Land für die jeweiligen Arbeitnehmer zu bezahlen hat. Der extremste Fall wäre aber jener, dass sich kein Staat im Bereich der Sozialversicherung verantwortlich fühlt.

Dann könnte schlimmstenfalls nämlich der Fall eintreten, dass ich in meinem Urlaubs­land keine medizinischen Leistungen mehr in Anspruch nehmen kann. Damit das nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 233

passiert, sind solche Abkommen, wie wir sie heute mit Serbien abschließen werden, wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

21.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


21.18.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Mein Vorredner, Kollege Spindelberger, hat mir schon einen Teil abgenommen, nämlich was den pensionsrechtlichen Aspekt betrifft.

Mich überrascht nach dem heutigen Tag und dem Verlauf der Debatte zu Kroatien nicht mehr viel bei den Freiheitlichen. Doch nur eines zur Illustration: Wenn Österrei­cher in Serbien Urlaub machen – und das geschieht ja –, dann haben sie eigentlich die berechtigte Erwartung, dass sie dort auch medizinisch versorgt werden.

Dass das in einem geregelten Rahmen erfolgt, dafür sorgt ein Sozialabkommen, dass nämlich dann die Leistungen rückerstattet werden und je nach Ausformung des Sozial­abkommens möglicherweise vorher gar nicht ein Betrag einbehalten wird. – Punkt.

Wer also gegen ein Sozialabkommen ist, der hat nicht nur diesen pensionsrechtlichen und möglicherweise andere Aspekte zu betrachten, sondern auch was das im Krank­heitsfall für Österreicher, die in Serbien sind, bedeutet, wenn es kein Sozialabkommen gibt, und umgekehrt genauso für Serben, die in Österreich sind. Klar! Also wer dage­gen ist, will nicht, dass irgendjemand aus Österreich in Serbien Urlaub macht und dort im Krankheitsfall entsprechend versorgt wird. Das muss man auch so sagen. – Das ist das eine. Das illustriert die Haltung der Freiheitlichen, finde ich, sehr trefflich.

Das andere, was ich dazu sagen will, ist Folgendes: Auf der Tagesordnung steht ja heute nicht nur dieses Sozialabkommen mit Serbien, sondern auch das Sozialabkom­men mit dem Kosovo, das leider nicht aufrechterhalten oder erneuert wird, sondern in den wesentlichen Teilen gekündigt wird, gekündigt deshalb, weil – so die österreichi­sche Argumentation – der Kosovo nicht imstande ist, seine Verpflichtungen aus diesem Sozialabkommen zu erfüllen.

Es war ein Beamter des Außenministeriums da, der uns im Prinzip erklärt hat, da hel­fen nur Zuckerbrot und Peitsche. Und wissen Sie, gegen dieses Prinzip habe ich bei völkerrechtlichen – in diesem Fall ist es eine milde Form – Verträgen bestimmte Be­denken. Ich möchte das jetzt nicht weiter ausführen, denn der Kosovo hat ja eine Ver­gangenheit, eine Gegenwart und hoffentlich auch eine Zukunft. Gerade eben wurde in Wien bestätigt, dass der Kosovo sozusagen als vollstaatlich und selbsterhaltungsfähig anerkannt wurde. Das passt irgendwie nicht ganz zu der anderen Geschichte. Aber wir wissen alle, wir könnten noch viel mehr erzählen. Das tue ich nicht mehr.

Es ist leider ein Wermutstropfen in der Sache. Und ich erkläre noch einmal für die Grü­nen, selbstverständlich sind wir für Sozialabkommen mit möglichst vielen Ländern, na­türlich in Gegenseitigkeit, und selbstverständlich sind derartige Sozialabkommen eine sinnvolle Sache und nicht etwas, wogegen man sein kann. (Beifall bei den Grünen.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kliko­vits. – Bitte.

 


21.22.15

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben ja schon darauf hingewie­sen, dass wir hier beim Abkommen zwischen dem Kosovo und der Republik Österreich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 234

und beim Abkommen zwischen der Republik Serbien und Österreich ein unterschied­liches Abstimmungsverhalten an den Tag legen werden, nicht zuletzt deswegen, weil zwar, wie schon ausgeführt, die Republik Kosovo die Anerkennung, die sie verdient, jetzt auch entsprechend erhält, aber bei manchen gesetzlichen Rahmenbedingungen noch nicht die Voraussetzungen erfüllt, die dafür notwendig sind, dass dieses Abkom­men, das seinerzeit mit der Republik Jugoslawien geschlossen wurde, auch aufrecht­erhalten werden kann. Die Kosovaren sagen ja selbst, dass sie derzeit nicht imstande sind, alle Verpflichtungen, die im Rahmen der gegenseitigen Anerkennung notwendig sind, zu erfüllen.

Daher ist es, glaube ich, nur recht und billig, dass wir im Moment, weil dort nicht die Rechtssicherheit gewährleistet ist, diese Anerkennung aufheben. Und ich bin mir ganz sicher, dass der Kosovo bei dem Tempo, das er an den Tag legt, während er in eine positive Richtung, in Richtung einer Demokratie geht, diese Rechtssicherheiten bald wieder garantieren kann und dass dann dieses Abkommen, das wir jetzt aufkündigen müssen, unter neuen Aspekten auch wieder neu geschlossen werden kann.

Wir haben ja auch das Abkommen mit der Republik Serbien zu beschließen. Da ist so­zusagen der Umkehrschluss gegeben.

Wir werden diesen Abkommen unsere Zustimmung geben, weil wir der Auffassung sind, dass die Voraussetzungen nach wie vor gegeben sind, auch mit dem seinerzeiti­gen Abkommen. Es ist wichtig, dass Fragen der Unfallversicherung, der Pensionsversi­cherung entsprechend geregelt sind. Daher werden wir auch das Abstimmungsver­halten, das wir im Ausschuss an den Tag gelegt haben, hier im Plenum bestätigen. Ich danke auch für jede Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolin­schek. – Bitte.

 


21.24.45

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die beiden Abkommen über soziale Si­cherheit sowohl mit Serbien als auch mit dem Kosovo fußen ja auf den Abkommen mit dem ehemaligen Jugoslawien, die ja sozusagen pragmatisch weiter angewendet wur­den. Bei dem nun vorliegenden Abkommen mit Serbien ändert sich im Großen und Ganzen inhaltlich im Wesentlichen gar nichts, die Kranken-, Unfall-, Pensions- und Ar­beitslosenversicherung bestehen dort weiter.

Wenn man Bedenken hat wegen einer gewissen Schieflage, dann muss ich eines sa­gen, wir sind grundsätzlich für soziale Abkommen. Wenn ich ein soziales Abkommen mit einem Staat abschließe, der bevölkerungsmäßig weit über unserem liegt, so habe ich auch dort eine gewisse Schieflage. Es geht nicht nur um die Leute in Beschäfti­gung, sondern auch um sozialversicherungsrechtliche Absicherung im Urlaub. Sollte es eine Schieflage zwischen Österreich und Serbien geben, so kann sich das in Zukunft dadurch ändern, dass dort verstärkt Urlaub gemacht wird, dass Arbeitsaufträge von ös­terreichischen Firmen mit Standort in Serbien erfolgen, und so weiter.

Was den Kosovo betrifft, so sind wir, obwohl wir im Feber 2008 die Eigenstaatlichkeit des Kosovo anerkannt haben, jetzt für die Aufhebung dieses Sozialabkommens, weil die sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze von diesem Staat ganz einfach nicht eingehalten werden können. Der Kosovo hat bisher kein Sozialversicherungssystem aufbauen können und somit besteht keine Rechtssicherheit in diesem Bereich. In der Pensionsversicherung würde nur bis 1998 zurückgerechnet. Dagegen gibt es schon


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 235

massive Bedenken. Wir werden den Abkommen in der vorliegenden Form zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


21.26.46

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Serbien und Ko­sovo haben eine gemeinsame Geschichte. Sie sind ja beide Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien. Für beide Länder, sowohl für die Republik Serbien als auch für die Republik Kosovo, liegen heute ähnliche Abkommen vor, die aber nicht unter­schiedlicher sein könnten. Die Unterschiede sind wirklich groß.

Es freut mich, dass wir jetzt einen Vertrag mit Serbien, der noch bessere Rechtssi­cherheit gewährleisten wird, vorliegen haben. Dieser regelt nämlich den Umgang mit den Pensionen von mehr als 25 000 Menschen, die dies betrifft. Er liefert Rechtssi­cherheit, wenn es um die Krankversorgung geht, und folgt einer klaren sozialpoliti­schen Linie. Ich wünsche keinem Österreicher oder keiner Österreicherin, dass sie im Ausland krank werden, wenn dort kein soziales Abkommen mit Österreich besteht. Kol­lege Öllinger hat dies schon gesagt. Die Kosten, die dann anfallen, sind horrend. Ein Patient hat das in diesen Staaten zu bezahlen, sonst wird er von den Ärzten einfach nicht behandelt.

Der Ursprung für die heutige Regelung dieses Abkommens liegt ja bereits im Jahr 1965, das bereits mit dem damaligen Jugoslawien abgeschlossen wurde. Im Jahr 1998 hat es dann Nachfolgeabkommen gegeben. Mit dem Zerfall der ehemaligen Republik Ju­goslawien hat sich das aufgehört. 2003 und 2006 wurde dann der Inhalt der Abkom­men weiter angewendet, jedoch nicht mehr angepasst. Nachdem bereits im Jahr 2010 ein entsprechendes Dekret mit Montenegro unterzeichnet worden ist, ist es nunmehr an der Zeit, auch mit Serbien eine adaptierte Fassung zu beschließen, die klare Regeln formuliert. Pensionen werden dann zuerkannt, wenn unsere Erfordernisse erfüllt sind. Doppelversicherungen werden vermieden. All jene, die bei uns krankenversichert sind, können sich auch auf die Gesundheitsversorgung in Serbien verlassen. Es ist nämlich dann keine Vorfinanzierung nötig.

Um hier allen Vorurteilen vorzubeugen, meine Damen und Herren: Natürlich werden künftig auch kein Pflegegeld und keine Ausgleichszulage ins Ausland geschickt, wie oft behauptet wird. (Abg. Neubauer: Wer sagt das?) Natürlich wird es auch künftig keinen Gesundheitstourismus geben, wie behauptet wird, da auch aufgrund des neuen Ab­kommens nur jene Leistungen, die auch die eigene Krankenversicherung erbringen würde, erbracht werden. Dieses Abkommen baut nämlich auf dem Prinzip der Gleich­behandlung und der Konsequenz auf. Das Beispiel der Republik Kosovo zeigt deutlich, wie ernst wir es meinen, denn in der Republik Kosovo funktioniert der Sozialstaat nicht. Dort gibt es keine Pensionsversicherung, dort kann keine Gesundheitsvorsorge geleis­tet werden. Die ausführlichen Verhandlungen, die mit der Republik Kosovo vor Ort ge­führt wurden, haben gezeigt, dass das auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist.

Es ist nur richtig, auch wenn es traurig ist, dass wir dieses Abkommen suspendieren, damit endlich wieder Rechtssicherheit herrscht. Aber es ist zu hoffen, dass die Repu­blik Kosovo so rasch wie möglich ihren Verpflichtungen nachkommen wird und somit ein neues Abkommen mit der Republik Kosovo abgeschlossen werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

21.29

21.30.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 236

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit, in 1682 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung der Republik Österreich über die teilweise Suspendierung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Jugoslawien über soziale Sicherheit im Verhältnis zwischen der Republik Österreich und der Republik Kosovo, in 1737 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.31.0112. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1652 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung über die gemeinsame Förderung der 24-Stun­den-Betreuung geändert wird (1852 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 100/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicher­stellung der Ausbildung von Pflegekräften (1853 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1668/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einführung einer Pflegelehre (1854 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1746/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung des Pflegegeldes (1855 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1822/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfüh­rung einer automatischen jährlichen Wertanpassung des Pflegegeldes an die In­flation (1856 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 237

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 bis 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


21.32.18

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wie heute schon vielfach besprochen, gibt es viele Baustellen, die diese Regierung nicht bewältigt, eine davon ist der Pflegenot­stand. Seit vielen Jahren, Herr Bundesminister, sprechen Sie davon, Sie werden die­ses Problem lösen. Dieses Problem ist bekannt. Erst in den letzten Tagen zwischen der Ausschuss- und der heutigen Plenarsitzung haben wir wieder Schlagzeilen gehabt, dass ein vermehrter Bedarf an Pflegekräften vorhanden sein wird. Ihre Reaktionen aber sind eher mäßig bis nicht vorhanden. Sämtliche Initiativen, die wir gesetzt haben, werden abgeschmettert. Ehrlich gesagt, Herr Bundesminister, kann ich das nicht ganz nachvollziehen.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Pflegelehrmodell eingehen, auf die Pflege­lehre, die kategorisch abgelehnt wird mit der Begründung, 15-Jährige wären zu jung. Es gibt in Vorarlberg ein Sondermodell, dort wird das jetzt erstmals ausprobiert – war­ten wir einmal auf die Evaluierung! Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, solche Modelle gibt es auch in anderen europäischen Staaten, beispielsweise in der Schweiz, und ich habe noch nicht gehört, dass sich dort 15-, 16-Jährige das Leben ge­nommen haben, weil sie den psychischen Belastungen nicht gewachsen waren. Viel­mehr, denke ich, muss man auch den Lehrplan sozusagen so einteilen, dass auch
15-Jährige diesen Beruf ergreifen können.

Ein zweiter wesentlicher Punkt wäre endlich auch eine Durchgängigkeit in diesem Pfle­gesystem. Wir haben heute verschiedenste Bereiche, die aber in keiner Weise durch­gängig sind.

Das sind viele Punkte, die gerade im Pflegebereich dringendst notwendig wären, Herr Bundesminister, hier sind Sie gefordert! Wir werden Ihrer Regierungsvorlage nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der FPÖ.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königs­berger-Ludwig. – Bitte.

 


21.34.03

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unter Punkt 12 beschließen wir die Verlän­gerung der Geltungsdauer der Artikel 15a-Vereinbarung mit den Ländern betreffend die Förderung der 24-Stunden-Betreuung, die aufgrund der Verlängerung des Finanzaus­gleichs verlängert werden muss. Ich denke, das ist eine sehr wichtige Maßnahme, weil wir auch wissen, dass die 24-Stunden-Betreuung eine große Rolle im gesamten Pfle­gewesen spielt. Wir haben eine Steigerung jener Fälle bei der 24-Stunden-Förderung zu verzeichnen, in denen wir ausbezahlt haben. Ich denke, das ist eine sehr wichtige Maßnahme.

Ich teile die Meinung von Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, dass wir einen Pfle­genotstand haben, eigentlich nicht, und auch nicht jene, dass der Herr Minister in den letzten Jahren untätig gewesen ist. Frau Kollegin, ich möchte Sie nur daran erinnern, dass es eine Menge an Verbesserungen im Bereich der Pflege gibt, obwohl ich schon auch natürlich eingestehe, dass wir doch viele Herausforderungen in diesem Bereich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 238

zu klären haben. Wir müssen einen Mix zwischen stationärer Pflege, teilstationärer Pflege, Sachleistung und Geldleistung finden. Das sind große Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Trotzdem, und das muss man auch einmal anerkennen – darum würde ich Sie wirklich ersuchen –, hat der Minister in den letzten Jahren viele große Dinge auf den Weg ge­bracht und auch schon abgeschlossen. Ich erinnere nur an die Übernahme der Lan­despflegegelder durch den Bund. Wir haben eine Reduzierung der Anzahl der Ent­scheidungsträger auf acht Entscheidungsträger gefunden. Dadurch ist natürlich auch die Begutachtungsfrist für Menschen, die Pflege benötigen, um ein Vielfaches verkürzt worden. Das sind doch wirklich Errungenschaften, die vorher nicht umgesetzt worden sind und die unser Herr Minister auf den Weg gebracht hat.

Wir sind dabei, einheitliche Regelungen für die Anerkennung des Pflegebedarfes aus­zuarbeiten. Auch hier sind wir auf einem guten Weg, dass es wirklich einheitliche Be­dingungen in ganz Österreich geben wird. Auch eine ganz, ganz wichtige Maßnahme!

Viele von Ihnen haben gemeinsam mit uns eine Erschwerniszulage für demenzkranke Menschen und schwerstbehinderte Kinder und Jugendliche beschlossen.

Es hat eine große Qualifizierungsoffensive des Herrn Ministers gegeben für Menschen, die sich in der Pflege ausbilden lassen.

Wir haben den Pflegefonds beschlossen, der mit einem hohen Geldbetrag, nämlich mit 1 Milliarde €, dotiert ist. Ich denke, das alles steht dafür, dass man nicht einfach sagen kann, es hat sich im Bereich der Pflege nichts getan.

Wir haben auch im Bereich der pflegenden Angehörigen wirklich etwas durchgesetzt, womit man diese eben entlasten kann. Die Krankenversicherungsbeiträge und Pen­sionsversicherungsbeiträge werden zur Gänze vom Bund übernommen. Auch das sind Errungenschaften, die in den letzten Jahren auf Initiative unseres Ministers hin durch­gesetzt werden konnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin wirklich der Meinung, dass wir noch Dinge zu erledigen haben. Es gibt eine Ar­beitsgruppe im Ministerium, die sich dieser Dinge angenommen hat. Und bei all dem, was Herr Minister Hundstorfer schon auf den Weg gebracht hat, bin ich sehr optimis­tisch, dass wir tatsächlich diese große Herausforderung gemeinsam – und ich denke, das ist unser aller Anliegen – bewältigen werden, um eine ordentliche Pflege zu ge­währleisten und – und das ist mir auch wichtig – um die Pflegerinnen und Pfleger in ih­rem schweren Beruf gesund zu halten. (Beifall bei der SPÖ.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


21.37.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden der Verlängerung der 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern in Bezug auf die 24-Stunden-Betreuung natürlich zustimmen. Allerdings sei mir schon noch die kritische Anmerkung gestattet, die wir auch im Ausschuss gemacht haben: Gelöst ist mit dieser Verlängerung der Finanzierung das gravierende Problem der sehr prekären Verhältnisse im Bereich der 24-Stunden-Betreuung nicht. Das war es schon nicht, als wir das damals beschlossen haben. Wir hätten uns bessere Lösungen vorstellen kön­nen. Aber klar war: Da gibt es einen Notstand!, das war damals so, und mit dieser Re­gelung hat man diese Not lindern können, keine Frage, aber natürlich auf Kosten jener, die diese Betreuung vornehmen, und zwar wirklich auf Kosten im wörtlichen Sinne.

Die Bezahlung ist schlecht, und damit bin ich auch gleich beim nächsten Problem.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 239

Wir verhandeln ja jetzt nicht nur über diesen Antrag, sondern auch über ein paar im Ausschuss abgelehnte Anträge, von denen einer Gott sei Dank abgelehnt wurde, und zwar betreffend die Pflegelehre. Es ist einfach – das haben wir schon wiederholt be­tont – meines Erachtens der falsche Ansatz, dass man 14-jährige, 15-jährige Jugendli­che in eine Pflegelehre schicken würde, die die Ausbildung dann mit 17 abgeschlossen haben und schon während dieser Zeit mit alten Menschen arbeiten – also im Alter von 15, 16, 17 Jahren – und, so vermute nicht nur ich, sondern vermutet auch die Pflege­wissenschaft insgesamt, mit diesem Problem völlig überfordert werden. Das ist einfach eine interessante, schwierige Lebensphase, in der man nicht einfach auf alte Men­schen losgelassen werden kann und auch nicht soll. Ich glaube, dass das wirklich kein Fortschritt wäre. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich bin schon dann skeptisch, wenn man Jugendliche re­lativ früh auf Kinder in Kinderbetreuungseinrichtungen loslässt, obwohl das noch ein ganz anderes Feld mit ganz anderen Problemen ist. Mit 16, 17 Jahren kann es schon sein, je nach Ausbildung, dass man im Kindergarten tätig werden kann, mit 18 Jahren wäre auch noch früh genug.

Bei alten Menschen, bei schwer eingeschränkten Menschen halte ich das wirklich für eine absolute Überforderung, was es auch – siehe 24-Stunden-Betreuung – für Perso­nen sein kann, die nicht ausgebildet sind oder die über einen langen Zeitraum auf sehr engem Raum mit diesen Menschen zusammenleben und zusammenarbeiten müs­sen. – So viel zu diesen zwei Problemen.

Noch ein Punkt, Herr Bundesminister, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen Antrag von Kollegin Jarmer zu diesem Verhandlungspunkt geerbt, die sich für heute vorgenommen hat, ihn selbst einzubringen. Sie haben es vielleicht bemerkt, wegen ih­res weinenden Kindes musste sie die Teilnahme an der Sitzung etwas früher abbre­chen.

Im Prinzip geht es in diesem Entschließungsantrag darum, dass zur Umsetzung der UN-Konvention ein Nationaler Aktionsplan über die Rechte der Menschen mit Behinde­rungen erstellt wurde, der die behindertenpolitische Strategie Österreichs für die Jah­re 2012 bis 2020 enthält.

Kollegin Jarmer – und ich weiß jetzt wirklich nicht, ob das mit anderen Fraktionen ab­gesprochen ist – ist der Meinung, die ich mit ihr teile, dass es eine Möglichkeit geben muss, diesen Nationalen Aktionsplan, der bis 2020 läuft, aufgrund eines Berichtes, den der Herr Bundesminister vorlegen soll, schon vorher zu diskutieren.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behand­lung des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen (NAP) im National­rat

eingebracht im Zuge der Debatte über eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwi­schen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird (1852 d.B.)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 240

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über den Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen zuzuleiten.

*****

Eine sinnvolle Sache, die Sie, so hoffe ich, unterstützen werden. (Beifall bei den Grü­nen.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behandlung des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen (NAP) im Nationalrat

eingebracht im Zuge der Debatte über eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwi­schen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung geändert wird (1852 d.B.)

Begründung

2008 hat Österreich die UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behin­derungen ratifiziert. Die UN-Konvention fordert die Herstellung von umfassender physi­scher, sozialer, kommunikativer und intellektueller Barrierefreiheit.

Österreich ist völkerrechtlich verpflichtet, die Konvention auf allen Ebenen des Staates, also auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene umzusetzen.

Zur Umsetzung der UN-Konvention wird ein Nationaler Aktionsplan erstellt, der die be­hindertenpolitische Strategie Österreichs für die Jahre 2012 bis 2020 enthält. Die Be­schlussfassung des NAP im Ministerrat genügt nicht. Es muss auch die Gelegenheit geben, den Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen im Nationalrat zu diskutieren.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Bericht über den Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen zuzuleiten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ham­mer. – Bitte.

 


21.43.10

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute eine Vielzahl an Anträgen und Beschlüssen zum Thema Pflege zu fassen. Das macht wie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 241

der einmal deutlich, wie wichtig dieses Thema eigentlich ist und vor welchen Heraus­forderungen wir im Pflegebereich stehen. Zum einen macht die demographische Ent­wicklung sowohl im Angebotsbereich als auch im Fachkräftebereich vieles notwendig, auf der anderen Seite ist natürlich auch der Bereich der Finanzierung zu klären.

Ein wichtiger Beschluss ist – und das wurde schon erwähnt – die Verlängerung der Vereinbarung nach Artikel 15a mit den Ländern zur Finanzierung der 24-Stunden-Be­treuung. Ich glaube, das ist ein logischer Schritt, nachdem der Finanzausgleich auch verlängert wurde, und das ist gemeinsam mit der Regelung des Pflegefonds ein wei­terer Schritt, um die Pflegefinanzierung für einige Jahre sicherzustellen.

Das ist aber – und das muss uns allen klar sein – ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer dauerhaften Pflegefinanzierung. Ich glaube, in Ihrem Ressort, Herr Minister, ar­beitet eine Pflegestrukturgruppe, die sich mit der Pflegefinanzierung auseinandersetzt. Wir sollten wirklich danach trachten, dass wir in absehbarer Zeit ein dauerhaftes Modell auf den Tisch bekommen und auch beschließen können, damit wir die Pflege nämlich wirklich langfristig absichern und finanzieren können und den Ausbaugraden, die auf­grund der Demographie notwendig sind, in Bezug auf die finanziellen Ressourcen Rechnung tragen.

Wichtig ist eine Gesamtlösung, die wirklich nachhaltig die Pflegefinanzierung sichert und meiner Meinung nach auch regeln soll, dass es hinkünftig keinen Rückgriff mehr auf die Angehörigen und auch nicht auf das Vermögen der Pflegebedürftigen gibt. Es sollen nicht wieder in einzelnen Bundesländern individuelle Regelungen getroffen wer­den, sondern es sollte eher in Richtung Vereinheitlichung gehen, nicht in Richtung vie­ler Einzelregelungen.

Angesprochen wurde auch der Bereich der Pflegekräfte. – Ja, ich glaube, wir werden noch große Denkaufgaben zu leisten haben, um die ausreichende Anzahl an qualifi­zierten Pflegekräften sicherzustellen. Das ist nicht leicht. Es wird notwendig sein, so­wohl das Image der Pflege als auch die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Ich bin auch der Meinung, dass das Modell der Pflegelehre nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. (Abg. Markowitz: Bitte, machen Sie einen Vorschlag!) – Ich werde schon meine Vorschläge bringen.

Das Modell der Pflegelehre ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, die entspre­chenden Argumente sind auch dargelegt worden, ich glaube aber – und das ist die Herausforderung –, wir müssen uns schon überlegen, wie wir die Jugendlichen nach Beendigung der Schulpflicht für die Pflegekarriere, für den Pflegeberuf gewinnen und sichern können. Es soll natürlich nicht sein, dass Jugendliche in andere Berufsgruppen abwandern, weil sie in den Pflegeberuf noch nicht einsteigen können. Ich meine, dies­bezüglich braucht es mehr Denkprozesse und Maßnahmen, aber nicht das Argument, dass die Pflegelehre für Jugendliche aus fachlicher Sicht einfach nicht tragbar ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Markowitz: Wer sagt das?)

Generell sollten wir wirklich in den verschiedenen Bereichen ausreichend qualifiziertes Pflegepersonal haben, sowohl für die 24-Stunden-Betreuung als auch für die mobile Betreuung und auch die Betreuung im Heim. Wenn wir die Finanzierung dauerhaft lö­sen und uns wirklich anstrengen, das Pflegepersonal entsprechend sicherzustellen, werden wir die Pflege für die Menschen in Österreich auch nachhaltig absichern kön­nen. Populistische Vorschläge, die das Problem nicht lösen, sind nicht hilfreich! (Beifall bei der ÖVP.)

21.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haub­ner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 242

21.46.40

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit drei zur Debatte stehenden Anträgen möchte ich mich besonders befassen, und zwar zum einen mit der Regierungsvorlage betreffend die 24-Stunden-Betreuung, die um ein Jahr verlängert werden soll. Ich denke, es ist damals aus einer Notsituation heraus eine Legalisierung der ausländischen Kräfte erfolgt. Jetzt verlängert man um ein Jahr, ohne dass man sich eigentlich die Schwächen dieses Sys­tem genauer angesehen hat und darauf auch eingeht. Es gibt zum Beispiel viele Pro­bleme mit der Sprache, viele Schwierigkeiten, dass sich die zu Pflegenden mit denje­nigen, die betreuen, in ihrer Sprache richtig verständigen können. Gerade auch für die aktivierende Pflege ist das ein ganz großes Manko.

Ein Manko ist auch, dass immer billigere Fachkräfte angeboten werden, zum Beispiel aus Rumänien, die wesentlich günstiger sind – zumindest bei uns in Oberösterreich – als jene aus der Slowakei.

Letztendlich geht es auch darum, dass es für die 24-Stunden-Betreuung eine öffentli­che Förderung gibt, nicht aber dann, wenn kürzere Zeit betreut und gepflegt wird. Ich denke, das ist auch ein großes Manko. Das hätte man sich eigentlich in der Zwischen­zeit schon genauer ansehen können.

Daher wäre es wichtiger, wie ich meine, das einmal ordentlich zu evaluieren, um sagen zu können, wie es eine gute Lösung sein kann, ob es eine Dauerlösung oder nur eine Übergangslösung ist, wie das ursprünglich auch geplant gewesen ist.

Zum Pflegegeld haben wir einen eigenen Antrag. Das Pflegegeld, glaube ich, ist eine Einrichtung, an der nicht zu rütteln ist, die auch in Zukunft gewährleistet sein muss und gewährleistet ist. Ich fordere hier wieder ganz vehement die jährliche Wertanpassung ein, denn es kann nicht sein, dass wir zum Beispiel bei der Parteienförderung ganz au­tomatisch die Wertanpassung machen, während bei dieser wichtigen Unterstützung für die zu Pflegenden jedes Jahr diskutiert wird: Kann man sich das leisten oder nicht? Das ist erbärmlich im Sozialstaat Österreich. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe auch kein Verständnis dafür, wenn im Ausschuss eine Studie zitiert wird, wo­nach 70 Prozent des Pflegegeldes zweckentfremdet verwendet werden. Wenn „zweck­entfremdet verwendet“ heißt, dass Angehörige zu Hause pflegen – wir wissen aus ver­lässlichen Studien, dass 60 Prozent von Angehörigen zu Hause gepflegt werden –, so kann das nicht zweckentfremdet sein, sondern wir müssen froh sein, dass es noch An­gehörige gibt, die das tun.

Der dritte Bereich: die Pflegeberufe. Ich will mich jetzt gar nicht auslassen über die Pflegelehre. Wir unterstützen die duale Ausbildung. Ich kann auch das Argument nicht mehr hören, dass 15-Jährige nicht geeignet sind.

Man weiß, es ist nicht jeder für jeden Beruf geeignet. Es können Zugangsregelungen geschaffen werden, es kann die Ausbildung auf das Alter abgestimmt werden – also das ist mir einfach zu wenig, wenn das immer gesagt wird.

Herr Kollege Hammer – er ist jetzt nicht da (Abg. Markowitz: Wohl! Er sitzt da hin­ten !), ah, da hinten ist er –, Sie sagen, Sie können dem nichts abgewinnen. Die Junge ÖVP in Oberösterreich fordert vehement die Ausbildung Pflege und Betreuung im dualen System (Zwischenruf bei der SPÖ), also sprechen Sie bitte einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen.

Wir brauchen Mut zu neuen Ideen, und neue Ideen gehören einmal intensiv und seriös diskutiert. Was mich sehr freut, Herr Bundesminister, ist, dass bei Ihnen jetzt auch ein Umdenken stattgefunden hat, was die Umschulung anlangt. Bisher wurde vom AMS die Ausbildung für jene bezahlt, die arbeitslos beziehungsweise die arbeitsuchend wa-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 243

ren, aber nicht für jene, die in einem Arbeitsverhältnis waren und aus verschiedensten Gründen diese Umschulung machen wollten; sie haben bisher alles bezahlen müssen.

Wenn ich es den Medien recht entnommen habe, wollen Sie da etwas machen, etwas, das schon in der Sozialreferentenkonferenz im Mai 2011 in Linz gefordert wurde. Da­her bringe ich einen Antrag ein, der von uns auch schon vor einem Jahr eingebracht und in der Zwischenzeit abgelehnt wurde. Ich bringe ihn heute wieder ein, und sehen Sie diesen Antrag bitte auch als eine Unterstützung für Sie, für die Ankündigung, die Sie getroffen haben.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Schenk, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, ausrei­chend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, damit der berufliche Umstieg in den Pflege- und Betreuungsbereich für alle Personen, die dazu motiviert sind, auch leistbar ist.“

*****

Ich bin guten Mutes, dass heute diesem Antrag zugestimmt wird. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Schenk, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Förderung des beruflichen Umstiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich; eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 4. Juli 2012 zu TOP 13 im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 100/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Ausbildung von Pflegekräften (1853 d.B.)

Seit Jahren steigt in Österreich die Zahl der älteren Menschen im Verhältnis zur Ge­samtbevölkerung. Auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen nimmt ständig zu. Da der Pflegebedarf in Österreich aufgrund der demografischen Entwicklung weiter stei­gen wird stellt diese Tatsache unsere Gesellschaft und unser Land vor neue finanzielle und organisatorische Herausforderungen.

In Österreich gibt es rund 430.000 pflegebedürftigen Personen, aber auch einen aku­ten Personalmangel im Pflegebereich. Österreichweit fehlen tausende Pflege- und Be­treuungskräfte. Viele Pflegestellen können in den Spitälern und Alten- und Pflegehei­men aus Personalmangel nicht besetzt werden. Vor allem die Bereiche Psychiatrie, Kinderkrankenpflege und Altenpflege haben einen dringenden Bedarf an Pflegefach­kräften und Pflegehelfern.

Daher sollen nicht nur junge Menschen sondern auch Wiedereinsteiger/innen und jene Personen, die einen Berufswechsel überlegen, verstärkt für Pflegeberufe motiviert wer­den.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 244

Derzeit erhalten nur Arbeitssuchende, die eine Ausbildung im Pflegebereich absolvie­ren wollen, eine finanzielle Unterstützung. Künftig sollten aber auch jene Personen vom AMS gefördert werden, die trotz Beschäftigung einen beruflichen Umstieg in den Pflegebereich machen wollen. Diese arbeitsmarktpolitische Maßnahme haben auch die Sozialreferenten der Bundesländer bei der Sozialreferenten-Konferenz am 27. Mai 2011 in Linz gefordert.

Erfreulich ist, dass nun auch Bundesminister Hundstorfer angekündigt hat, dieser lang­jährigen Forderung nachzukommen, den Pflegekräftebedarf durch Umschulungen von Personen zu fördern, nicht erst wenn sie arbeitslos sind, sondern auch wenn sie er­werbsfähig sind und in den Pflegeberuf wechseln wollen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, ausrei­chend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, damit der berufliche Umstieg in den Pflege- und Betreuungsbereich für alle Personen, die dazu motiviert sind, auch leistbar ist.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Ober­hauser. – Bitte.

 


21.52.21

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ähnlich dem Kollegen Karl Öllinger der Frage der Pflegelehre widmen. Das ist ein Antrag, der – nachdem wir ihn jetzt wieder abgelehnt haben – unter Garantie im nächsten Ausschuss wieder einge­bracht werden wird und den wir wieder diskutieren werden. (Zwischenruf des Abg. Markowitz.) – Abwechselnd, genau; einmal FPÖ, einmal BZÖ, kein Problem. Es wird sich an der Haltung, die die Sozialdemokratie zu diesem Thema hat, nichts ändern.

Wir sind – ähnlich, wie Karl Öllinger es gesagt hat – dagegen, 15- bis 17-jährige Men­schen – Kinder, Jugendliche – in den Pflegeberuf zu bringen. Das Modell in Frastanz von der aqua mühle, das Sie zitieren, ist keine Pflegelehre. Das ist ein Betriebsdienst­leisterlehrberuf, der nach Abschluss des Lehrberufes ein Jahr Pflegehelfer aufsetzt. Das ist eine Mogelpackung, denn den Pflegehelfer kann ich in einem Jahr auch ohne diese Betriebsdienstleisterlehre machen. Das heißt, diese Möglichkeit gibt es.

Die in der Frage der Pflegelehre viel zitierte Schweiz: Soweit uns bekannt ist, wurden dort Umfragen gemacht, vor allem bei den Absolventinnen und Absolventen dieser Pflegelehre, bei denen einhellig herausgekommen ist, dass diese sich überfordert ge­fühlt haben, sich zu jung gefühlt haben, und die Fluktuation aus diesem Beruf heraus ist sehr groß.

Das heißt, auch wenn der Antrag noch so oft eingebracht wird, wird das an der Mei­nung der Sozialdemokratie nichts ändern. Wir wollen 15- bis 17-jährige junge Men­schen nicht in einer Pflegelehre sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 245

21.53.57

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Entschuldigen Sie bitte meine Stimme, ich bin etwas heiser, aber das macht nichts. (Ruf bei der ÖVP: Von was?) – Nicht von dem, was du glaubst, Herr Kollege. (Abg. Markowitz:  Klimaanlage!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Sicherstellung der Ausbildung von Pfle­gekräften: Herr Minister, es wäre höchst an der Zeit – wenn es nicht schon fast zu spät ist – für eine mutige Ausbildungsoffensive bei den Pflegeberufen. Einerseits gibt es im­mer mehr ältere Menschen, die auf Pflege und Betreuung angewiesen sind, und ande­rerseits stellt sich die Frage, wie lange die ausländischen Pflegekräfte noch in Öster­reich tätig sein werden, denn sie werden in Zukunft auch in ihren Heimatländern ge­braucht werden, und auch dort wird das Lohnniveau steigen. Dann fehlen uns diese Fachkräfte auch noch.

Es muss, meine sehr verehrten Damen und Herren, seitens der Politik alles unternom­men werden, junge interessierte Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen, und dazu gehört selbstverständlich auch eine angemessene Bezahlung – während der Ausbil­dung und selbstverständlich auch nachher. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, ich habe eine große Bitte an Sie, denn was den Umstieg in den Pfle­geberuf betrifft, ist, glaube ich, auch das AMS gefordert. Es gibt viele Menschen, die sehr gerne in den Pflegeberuf oder in die Altenpflege einsteigen möchten, sich aber die Ausbildung in keinster Weise leisten können. Deshalb ist – das habe ich eingangs ge­sagt, meine sehr verehrten Damen und Herren – eine mutige Ausbildungsoffensive dringend notwendig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Hunds­torfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.55.45

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass Sie heute schon einen sehr langen Tag hinter sich haben (Ruf: Sie auch!) – na, ich bin es gewöhnt (ironische Heiterkeit bei der ÖVP – Ruf bei der FPÖ: Ja, wir auch!) –, aber ich habe eine Bitte an Sie, eine Riesenbitte: Machen Sie bitte, bevor Sie hier eine Rede halten, Recherchen!

Wer sich hier herstellt und fordert, das AMS solle endlich einmal mit einer Ausbil­dungsoffensive anfangen, weiß nicht, dass wir pro Jahr 4 200 Menschen für die Pflege ausbilden. Haben Sie sich denn noch nie erkundigt, Herr Abgeordneter Doppler? (Abg. Doppler: Besser als Sie glauben, Herr Minister!) Haben Sie denn noch nie hinge­schaut? Haben Sie mit Menschen, die diese Ausbildung machen wollen, gesprochen? Finden Sie einen, dem das nicht bezahlt wurde! Es ist eine Niveaulosigkeit, hier zu sagen, dass wir das nicht machen. Wir tun es! – Punkt eins. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Punkt zwei: Sagen Sie den Menschen, dass Sie die Menschen nicht lieben (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ), denn Sie haben hier behauptet, wir lehnen die Verlängerung der 24-Stunden-Betreuung ab. Was ist denn Ihre Alternative? – Ihre Alternative ist, die Menschen in Armut zu stürzen! Unsere Alternative ist der Pfle­gefonds, um den Menschen eine soziale Antwort zu geben. Genau darum geht es. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein.)

Das ist genauso wie bei der Abstimmung über den ESM. Sie glauben, aus einem ge­wissen Populismus heraus sind Sie auf der Welle. Nein! (Abg. Neubauer: Sie glauben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 246

Sie können Ihr Amt als Minister ! Ist ja unglaublich!) Wenn Sie Menschen lieben, dann müssen Sie für diese Verlängerung sein! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist genauso, wenn es darum geht, hier zu sagen, die Schweiz ist das Beispiel bei der Pflegelehre. Ich lade Sie ein: Fahren Sie bitte einmal hin! Schauen Sie sich dieses Miniaturprojekt doch wirklich einmal in der Realität an! Reden Sie mit denen, die das gemacht haben! Schauen Sie sich das bitte einmal an, dann werden Sie sehen, dass das halt nicht das Gelbe vom Ei ist! Das ist genauso wie in Vorarlberg. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) – Ja, wenn Sie meinen, ich hätte überzogen, entschuldige ich mich gerne, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei der FPÖ sowie des Abg. Riepl.) Ich habe überhaupt kein Problem damit. Ich habe nicht gewusst, dass Sie so empfindlich sind. Wenn ich mir Ihre Plakate anschaue (Heiterkeit bei der ÖVP) – ich habe das nicht gewusst. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich stehe nicht an, mich zu entschuldigen, kein Problem (Zwischenrufe der Abgeord­neten Neubauer und Riepl), aber ich möchte hier Folgendes sagen: Warum ist denn das Vorarlberger Modell nicht multipliziert worden? – Weil es auch eine Augenauswi­scherei ist! Man macht eine kaufmännische Ausbildung, und nachher macht man das, was alle machen können: einen Pflegehelfer. Das können alle machen! (Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein: Dann machen wir es!) – Ja, das machen wir doch Tausende Male!

Schauen Sie sich doch an, was wir zahlen! Schauen Sie sich doch an, was wir hi­neinpulvern! (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein:  für 15-Jährige!) – Ja, entschuldi­gen Sie, 15-jährige Menschen! Wir sind uns, glaube ich, einig, dass es irgendwo auch Grenzen der Ethik gibt, dass es irgendwo auch Grenzen der Belastbarkeit gibt.

Warum haben wir denn das Problem, dass wir im Pflegeheimbereich 18-jährige Jung­diplomierte nach zwei Jahren verlieren? Warum denn? – Weil es ganz einfach eine Belastung ist (Abg. Ursula Haubner: Aber auch für !), die junge Menschen nicht das ganze Leben lang machen wollen.

Ich war heute bei einer Diplomfeier in einer Fachhochschule für Gesundheits- und Krankenpflege – Sie haben nicht dabei sein können; kein Vorwurf! – und habe 50 jun­gen Menschen ein Diplom verliehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Auch dort ist ganz genauso Thema: Wir wollen als 18-, 19-Jährige nicht in die Geriatrie. Wir wollen als
18-, 19-Jährige im Akutbereich sein. Das ist doch ein gesamtgesellschaftspolitisches Thema.

Frau Abgeordnete Haubner, verzeihen Sie mir das jetzt – Sie kommen ja aus dem Ge­schäft –: Warum ist die Umschulung im aufrechten Dienstverhältnis nicht ganz einfach? (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.– Wir machen es ja dort, wo das Dienstver­hältnis in einer Krankenanstalt ist. Wir schulen Hunderte Bedienerinnen pro Jahr zu Pflegehelferinnen um, wir schulen PflegehelferInnen zu diplomiertem Krankenpflege­personal um – heuer in Salzburg 120, in Wien rund 160 und so weiter. Das geschieht doch tagtäglich. (Abg. Doppler:  zu wenig!  das Dreifache!) – Die dreifache Menge müssen Sie erst einmal finden, lieber Herr Abgeordneter (Zwischenruf bei der ÖVP), Sie müssen die Menschen einmal finden. – Punkt eins. (Beifall bei der SPÖ.)

Punkt zwei: Jetzt wollen wir versuchen, ein Modell zu finden, denn es gibt viele, die sa­gen, sie seien irgendwo in der Verwaltung. So, wie machen wir das? – Den Theorieteil können wir im zweiten Bildungsweg anbieten, das ist überhaupt kein Thema. Aber finden Sie den privaten Dienstgeber, der sagt: Für das Praktikum gebe ich dir jetzt Ka­renzurlaub, und nachher kriegst du den Arbeitsplatz wieder! In welcher Welt glauben Sie denn zu leben? (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

Das Problem ist, dass der Praktikumsteil nicht in einem aufrechten Dienstverhältnis ab­solviert werden kann, wenn man bei einem privaten Arbeitgeber beschäftigt ist, denn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 247

der private Arbeitgeber wird sagen: Weißt du was, entweder du bist da oder baba und fall nicht! – Deshalb haben wir das Problem.

Den Theorieblock kann man ohne Probleme im zweiten Bildungsweg anbieten, das ist überhaupt kein Thema. Das Problem ist der Praktikumsblock, das ist mein Thema. Ich würde auch liebend gerne vielen helfen, die mir sagen, dass sie irgendwo in der Ver­waltung oder irgendwo Verkäuferin sind und sich umschulen lassen wollen. (Neu­erlicher Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Das werden wir in Modellen auch tun, aber das Praktikum kann nicht im aufrechten Dienstverhältnis gemacht werden.

Denken Sie bitte darüber nach: Die Firma Spar wird nicht 10, 15, 16 Personen für das Praktikum Karenzurlaub geben. Darin sind wir uns, glaube ich, einig. Das ist unser Pro­blem, das ist unsere Hürde, die es da zu überwinden gilt, und deshalb werden wir wei­ter daran arbeiten.

Abschließend darf ich noch einmal festhalten: Der NAP wird in absehbarer Zeit im Mi­nisterrat beschlossen werden, und wir werden selbstverständlich die Frau Präsidentin darüber informieren, wenn der NAP auf der Homepage veröffentlicht ist, um Ihnen das auch offiziell mitzuteilen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höfinger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.02.47

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister – in voller Leidenschaft! (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der SPÖ.) Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren die Vorlagen des Aus­schusses, die Tagesordnungspunkte 12 bis 16, wo zwei verschiedene Bereiche vor­kommen, die wir meiner Meinung nach auch wirklich trennen sollten. Das eine ist der Bereich, in dem wir uns über die 24-Stunden-Betreuung unterhalten, und das ist etwas wesentlich anderes als die Pflege, über die wir auch im Rahmen dieser Punkte disku­tieren. Das sollten wir nicht vermengen.

Ja, es ist wichtig, dass wir diese Artikel-15a-Vereinbarung um ein Jahr verlängern, der Finanzausgleich wird sie dann darüber hinaus neu regeln. Wir haben die Erkenntnis gewonnen, dass diese 24-Stunden-Betreuung in den letzten Jahren etwas sehr Wert­volles geworden ist. Die Menschen erfahren da eine Betreuung in den eigenen vier Wänden, sie erfahren sie zu Hause, das ist für die Menschen ungemein bereichernd. Da gibt es gute Entwicklungen, da gibt es gute Ergebnisse, auch was die Kontrolle be­trifft.

Es gibt ja die Qualitätskontrolle, das Kompetenzzentrum Pflege, angesiedelt bei der Sozialversicherung der Bauern, und die Überprüfungen haben ergeben, dass in 99 Prozent der Fälle die Pflege wirklich ordnungsgemäß durchgeführt wird, nur 1 Pro­zent musste beanstandet werden, was diese Arbeit betrifft. Ein großes Dankeschön an alle, die sich wirklich aufopfernd um ihre Schützlinge kümmern! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Zweite ist eben der Pflegebereich, und auch das Thema Pflegelehre sollten wir wirklich grundlegend diskutieren. Ich bin viel unterwegs, auch in Ausbildungsstätten, in Krankenhäusern und Altersheimen, und ich muss sagen: Allen Menschen, die Pflege in den verschiedensten Stufen durchführen, gilt mein größter Respekt, meine höchste An­erkennung für die aufopfernde Arbeit. Ich zolle vor allem auch den jungen Menschen meinen größten Respekt, und ich bewundere sie wirklich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 248

Wir dürfen aber eines nicht vergessen: Es ist eine physische und psychische Heraus­forderung für diese Menschen, und es nagt und es zehrt auch an diesen Menschen. Man darf das nicht unterschätzen. Und es ist so, dass sie manchmal wirklich überfor­dert sind, dass sie ausgelaugt werden und dass sie dann auch resignieren. Ich denke, das sollten wir in dieser Debatte nicht vergessen.

Daher ist es auch meine Meinung, dass eine stufenweise aufbauende Entwicklung und Ausbildung hier mehr Sinn hat, als junge Menschen schon mit 15 Jahren – wie es ge­sagt wurde – in die Pflegelehre zu bringen. Das sind meine Ansätze, ich kann Sie nur bitten, diese auch zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort.

Frau Abgeordnete, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Ihre Fraktion lediglich 12 Minuten Gesamtrestredezeit hat.

Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Neubauer: Das wäre jetzt mutig, 12 Minuten zu reden!)

 


22.05.49

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man die launische und schwungvolle Rede des Herrn Mi­nisters jetzt gehört hat, könnte man im ersten Moment glauben, es sei alles bestens und wir hätten gar keinen Pflegenotstand. Er hat alles in den schillerndsten und höchsten Tönen gelobt, hat belehrend gewirkt, hat hier auch seine Kompetenz zum Besten gegeben. (Abg. Riepl: Das stimmt ja !)

Herr Minister, wenn Sie aber davon sprechen, dass das Geld in die Pflege hineinge­pulvert wird, dann frage ich Sie, warum das Pflegegeld seit 1993 nur dreimal valorisiert wurde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Wir haben da mittlerweile einen Wertverlust von bis zu 20 Prozent, Herr Minister. Da können Sie nicht sagen, dass im Pflegebereich alles in Ordnung ist, und die Argumente, die vorgebracht wer­den, einfach vom Tisch wischen. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Auch im Ausschuss sind viele Anträge abgelehnt worden, der Lehrberuf Pflege und Betreuung ist abgelehnt worden, ebenso weitere Oppositionsanträge, die vorhin schon genannt wurden.

Ich kann Ihnen da nicht ganz folgen, wenn Sie von oben herab immer alles abschas­seln – das ist auch in anderen Ausschüssen so üblich. Das macht kein gutes Bild und ist eines Ministers eigentlich auch nicht würdig, würde ich einmal sagen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Vock.)

Wir sollten uns alle anstrengen, gemeinsam dem Pflegenotstand in Österreich entge­genzuwirken, denn die demografischen Entwicklungen zeigen, dass es in den nächs­ten Jahren noch viel, viel schlimmer werden wird. Da haben wir wirklich ein hartes Stück Arbeit vor uns, und das sollten wir alle gemeinsam angehen. – Danke. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


22.07.33

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich werde über das Thema Pflegelehre reden. Wir finden den Antrag wichtig und wer­den ihn selbstverständlich auch unterstützen, denn in den letzten Jahren haben wir ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 249

sehen, wie wichtig es ist, dass wir gerade hier in Österreich gut ausgebildetes Pflege­personal haben. Herr Minister, Sie haben es auch angesprochen, natürlich ist es wich­tig, dass man genügend Geldmittel in Umschulungen investiert, es muss uns aber auch klar sein, dass ein guter Lehrberuf geschaffen würde.

Wenn Sie jetzt Befürchtungen haben und sagen, 15-Jährige seien nicht in der Lage, ei­nen Pflegeberuf auszuüben, dann müssen wir uns etwas überlegen; dann beginnen wir eben mit 16 Jahren und machen im ersten Jahr die Theorie und erst später, mit 17 oder 18 Jahren, das Praktikum. Also ich würde zuerst den Theorieteil ansetzen und später, wenn sie so weit sind, sollen die Jugendlichen den Pflegeberuf erlernen, denn sonst haben wir nichts anderes als Hilfskräfte, die mit wenig Geld auskommen müssen, und auf lange Sicht profitieren die zu Pflegenden auch nicht davon.

Das Einzige, was ich bei diesem Antrag kritisieren muss – oder was ich zumindest nicht verstehe, Frau Kollegin –, ist, dass man einen Lehrberuf ergreift und nach drei Jahren nur Pflegehelfer ist. Ich finde, wenn man einen Lehrberuf abschließt, dann darf der Begriff „Helfer“ nicht mehr vorkommen. Auch da gilt es Überlegungen anzustellen.

Natürlich brauchen wir einen Pflegeberuf in Österreich, Herr Minister, denn auf lange Sicht, angesichts der Alterspyramide, kann es nicht sein, dass wir Ausländer illegal be­schäftigen müssen, damit wir in unserem Land die alten Menschen pflegen können. Sie wissen auch, dass man das auf lange Sicht nicht immer leugnen kann.

Wir werden diesen Antrag unterstützen und auch weiterhin die Thematik im Auge be­halten. Sie werden es in ein paar Jahren auch sehen: Dies wird in anderen Ländern auch so gehandhabt, dass es nämlich in Zukunft einen eigenen Pflegeberuf geben wird. Diesbezüglich sehen wir kein Problem. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

22.09

22.10.10

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Ar­tikel 15a B-VG in 1652 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behandlung des Nationalen Ak­tionsplans für Menschen mit Behinderungen (NAP) im Nationalrat.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist nicht die Mehr­heit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1853 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ur­sula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung des beruflichen Um­stiegs in den Pflege- und Betreuungsbereich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 250

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen – Das ist nicht die Mehr­heit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1854 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1855 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1856 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Das waren die Abstimmungen.

22.12.1917. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1987/A der Ab­geordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1858 d.B.)

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu Tagesordnungspunkt 17.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


22.12.59

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Minister! Hohes Haus! Bei diesem Antrag der KollegInnen Csörgits, Wöginger und Öllinger geht es um eine besondere Pensionsanpassung.

Für Bezieher von Kleinstpensionen bis zur Ausgleichszulage werden diese erhöht, wenn sie am 1. Oktober 2012 eine Pension beziehen, wenn ihr Stichtag vor dem 1. Jänner 2007 liegt, wenn ihre Pension am 1.1.2008 den Betrag von 747 € nicht erreicht hat und wenn sie im Jahr 2008 nur den Anpassungsfaktor bekommen haben. Diese Regelung gilt auch für Hinterbliebenenpensionsbezieherinnen und -bezieher.

Es ist so, dass vonseiten des Europäischen Gerichtshofes eine Diskriminierung im Rahmen der Pensionsanpassung 2008 festgestellt wurde und das durch diese Maß­nahme jetzt auf gleiche Füße gestellt hat.

Diese neue Regelung gilt für 455 000 PensionistInnen sowie 165 000 Menschen mit Hinterbliebenenpensionen.

Weiters gibt es in dieser ASVG-Regel auch eine Regelung, dass TeilnehmerInnen am Freiwilligen Sozialen Jahr oder am freiwilligen Dienst die Waisenpensionen weiter be­ziehen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 251

Beide Regelungen schaffen Verbesserungen, die alle Parteien im Hohen Haus unter­stützen, da sie einen wichtigen Beitrag darstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dona­bauer. – Bitte.

 


22.15.00

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist sicherlich von diesem Rednerpult aus schon Dutzende Male betont worden, dass wir in Österreich ein sehr leistungsstarkes Alters­sicherungssystem haben, wobei die größte Herausforderung jene ist, dass wir im Gro­ßen und Ganzen diese Systematik halten, dass wir sie auch finanzierbar halten.

Die große Aufgabe ist, dass wir auf der anderen Seite auch dafür sorgen, dass wir in unserem Land ausreichend Beschäftigung haben. Ich denke, diese Bundesregierung stellt sich laufend dieser Herausforderung, und wir hoffen, dass wir auch in der nächs­ten Zeit hier gute Entwicklungen haben.

Wir diskutieren die Pensionsanpassung des Jahres 2008. Jede Pensionsanpassung wird mit größter Sorgfalt gemacht, egal, welche Regierung letzten Endes die Verant­wortung trägt. Auch die des Jahres 2008 ist zweifelsfrei sehr gründlich überlegt wor­den, und es ist eben in verschiedenen Stufen angepasst worden.

Nun gibt es eine begleitende Maßnahme aufgrund von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes, weil man bei den Beziehern von Aus­gleichszulagen nur eine Anpassung von 1,7 Prozent deshalb vorgenommen hat, weil es da auch begleitende Einkommen gibt, die anzurechnen sind.

Ich denke, das war wohlüberlegt. Den Einzelrichtsatz für die Ausgleichszahlungen hat man mit 21 €, den Familienrichtsatz mit 29 € angepasst. So weit, so gut.

Nun haben 152 Bürgerinnen und Bürger von ihrem Recht Gebrauch gemacht und ha­ben dies dem Obersten Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, und es wurde gesagt, ja, es gibt da eine sogenannte Nachbesserungspflicht, und dieser wird auch entsprochen. Diese 152 bekommen das, weil sie die Klage eingebracht ha­ben, ab dem Zeitpunkt der Klagseinbringung.

Ich denke, dass diese Sache nun dahingehend enderledigt wird, dass wir für alle ande­ren – Frau Kollegin Lapp hat schon die Größenordnung genannt; es sind 455 000 Be­zieher von Einzelpensionen und, ich glaube, 165 000 Bezieher von Hinterbliebenen­pensionen –, um hier nicht eine weitere Diskussion zu entfachen, diese Anpassung ab 1. Oktober 2012 durchführen.

Rückwirkende Anpassungen – ich weiß, dass es solche Gedanken gibt – machen tat­sächlich wenig Sinn. Sie müssen in diesem Zusammenhang ja auch sehen, dass dies alles eine gewaltige Verwaltungsmaßnahme ist und dass wir Pensionen mit 30, 50, 80, 100, 200 € haben. Wenn wir jetzt die Nachbesserung ab 1. Oktober 2012 mit 1,1 Prozent machen, dann rechnen Sie sich aus, was das im Einzelfall bei 80,100 oder 200 € bedeuten würde. Da wäre der Aufwand größer als das, was die Leute letztlich herausbekämen, weil das ja Auswirkungen auch auf viele andere Begleitleistungen hat.

Ich denke, das ist ein ganz korrekter Vorschlag. Im Jahr 2012 wird er uns 9 Millionen € kosten, und er wird in Zukunft, also für das Jahr 2013, mit 37 Millionen € veranschlagt, und dieses Geld wird bereitgestellt werden.

Ich hoffe, dass damit diese Sache entsprechend geregelt ist, sodass Sie auch in Zu­kunft bei der Pensionszuerkennung den Anlassfall des Alters, der langen Versiche­rungszeit und auch der Gesundheitsbezogenheit in umfassendem Maße wahrnehmen


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können und damit Erwartungen, Wünsche oder Rechtsansprüche der Bürger auch be­dienen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neu­bauer. – Bitte.

 


22.18.43

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Frau Kollegin Lapp, ich muss Sie ganz geringfügig, aber doch korrigieren. Das ist keine Erhöhung der Pensionen, die hier vorliegt, sondern eine Reparatur und damit eine Anpassung der Pensionen auf den gesetzmäßigen Stand von 2008. Das ist nämlich jener Zeitpunkt, zu dem es den Pensionisten eigentlich schon zugestanden wäre, 2,8 Prozent zu erhalten.

Die zweite Reparatur, die wir heute vornehmen müssten, weil es natürlich einen rea­len Verlust für 620 000 Pensionistinnen und Pensionisten gibt, der ihnen durch die damalige Rechtsauslegung entstanden ist, die erfolgt heute leider nicht! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese 620 000 werden zurückgesetzt auf den Stand von 2008 mit der Angleichung von diesen 1,1 Prozent, aber 620 000, Herr Bundesminister, bekommen die Ausfälle nicht refundiert.

Ich darf Ihnen nur an einigen ganz geringfügigen Beispielen sagen, wie sich diese Aus­fälle rechnerisch darstellen. Weil Sie gesagt haben, es gibt 25 956 Pensionisten mit etwa 10 €, haben wir das ausgerechnet. Bei 10 € brutto wäre ein Verlust von 7,20 € entstanden, bei einer Pension von 100 € wären dies 71,97 €, bei 300 € wären es 215 €, bei 500 € dann 359 €, und bei 700 € wäre ein Schaden von 503 € entstanden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier so zu tun, als wäre das für diese Min­destpensionisten kein Geld, das halte ich eigentlich gerade für Sozialdemokraten für unsozial. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir von der FPÖ als soziale Heimatpartei bringen deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate, nach der Pensionshöhe gestaffelte Abschlagszahlungen für all jene Pensionsbezieher, die bei der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die adäquate, nach der Pensions­höhe gestaffelte Abschlagszahlungen für all jene Pensionsbezieher beinhaltet, die bei der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden.“

*****

Herr Bundesminister, wenn Sie sagen, das für 620 000 Menschen auszurechnen, wäre ein übermäßiger Verwaltungsaufwand, dann darf ich Ihnen sagen, meine Lohnverrech­nerin hat mit einer ganz einfachen Excel-Datei jeden einzelnen Cent ausgerechnet, al­so wird es wohl für die Verwaltung möglich sein, das auch zu tun.

Gleichzeitig darf ich Ihnen einen Pensionsbescheid zeigen. Da hat einer aus Salzburg errechnete 2 429 € erhalten. Die Pensionsversicherungsanstalt stellt ihm einen Be­scheid zu. Wissen Sie, was der bekommt? 60 Cent, abzüglich Lohnsteuer 30 Cent, bleiben 30 Cent! Die werden bei einer Höhe von 2 490 € ausgezahlt, aber dem Bezie-


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her einer Mindestpension verweigern Sie die entsprechende Adaptierung! Das, finde ich, ist unsozial. (Beifall bei der FPÖ.)

22.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.22.17

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Neubauer, wir haben ja das Thema schon ein paarmal diskutiert. Was Sie hier ma­chen, ist natürlich eine Milchmädchenrechnung. (Abg. Neugebauer: Eigentlich Milch­bubenrechnung! Wir müssen ja gendern!) Sie rechnen das Brutto, Sie tun nicht nach­versteuern (Abg. Neubauer: Natürlich!) – aber überhaupt nicht –, Sie machen keine Nachverrechnung der Krankenversicherung, Sie berücksichtigen die Erbschaften nicht, die wir zwischenzeitlich drinnen stecken haben, Sie berücksichtigen die gesamten Ver­lassenschaften nicht. Sie wissen ganz genau, Sie streuen den Menschen irgendwie so – Salz würde ich nicht sagen, denn das würde ja brennen –, Sie streuen den Men­schen irgendetwas in die Augen und glauben, Sie tun was Gutes.

Sie wissen ganz genau, dass wir die 156 Fälle, die per Gericht gewonnen haben, hän­disch nachrechnen müssen, weil das EDV-mäßig in der Pensionsversicherung gar nicht mehr möglich ist. – Das ist einmal Punkt eins.

Punkt zwei: Sich hierherzustellen und zu sagen, wir rechnen jetzt alles nach, würde heißen, dass wir den Menschen wahrscheinlich nächstes Jahr, wenn nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit überhaupt erst übernächstes Jahr alles nachzahlen könnten. Sie wissen ja auch ganz genau, dass wir bei jedem Fall prüfen müssen, was sich von 2009 bis dato verändert hat.

Demzufolge, glaube ich, haben wir einen sehr offenen Dialog geführt. Ich habe alle So­zialsprecher des Hauses eingeladen, gemeinsam diesen Dialog zu führen. Das haben wir auch getan und sind zu der Überzeugung gekommen: Gaukeln wir den Menschen nicht irgendetwas vor, sondern sagen wir die Wahrheit! Die Wahrheit ist dieser Er­höhungsantrag, den wir heute haben.

Und wir machen noch etwas: Wir haben gar nicht lange darüber diskutiert, ob wir nur das Gerichtsurteil vollziehen, denn das wäre das, was wir legistisch machen müssen, sondern, nein, wir haben gesagt, wir machen das nicht nur für die 156, sondern wir machen tutti kompletti für alle 650 000 diesen Erhöhungsbetrag. Die 156 müssen wir händisch nachvollziehen. Die müssen – fragen Sie einmal Betroffene – alle Unterlagen noch einmal nachbringen und, und, und.

Sagen wir doch den Menschen auch, was das, was Sie hier wollen, bedeutet! Denn: Wie erkläre ich diesen 25 000, die 10 € Pension haben – solche Menschen haben wir –, ich zahle euch jetzt 2 € nach? Der Verwaltungsaufwand war zirka 30 €. Wie wollen Sie den Menschen diese Geldverschwendung erklären? Lassen Sie es dabei bleiben! Es ist die sozial gerechteste Lösung. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die GO-Bestimmungen. – Bitte.

 


22.25.17

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Der Herr Bundesminister hat soeben unterstellt, wir Freiheitli-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 254

chen hätten bei unserer Berechnung falsche Zahlen verwendet. (Abg. Wöginger: Das hat er nicht gesagt!) Der Herr Bundesminister hat gemeint, wir würden keine Kranken­versicherungsbeiträge, keine Sozialversicherungsbeiträge und auch keine anderen Pa­rameter in unserer Berechnung mitberücksichtigt haben. Das ist falsch!

Ich berichtige: Wir haben alle Parameter in unsere Berechnungen ganz bewusst mit einbezogen, die er uns bei der letzten Sozialausschusssitzung genannt hat! (Beifall bei der FPÖ.)

22.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich habe vorhin nicht erwähnt, was ich hiermit nachhole: Der Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Neubauer wurde ord­nungsgemäß eingebracht und steht selbstverständlich mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend adäquate, nach der Pensionshöhe gestaffelte Abschlagszahlungen für all jene Pensionsbezieher, die bei der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 17: Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1987/A der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1858 d.B.), in der 164. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 4. Juli 2012

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil (C-123/10, Brachner) vom 20. Oktober 2011 entschieden, dass in der Pensionsanpassung 2008 eine verbotene Diskriminierung von Frauen liegen kann.

Als Folge dieses Urteils hat der Oberste Gerichtshof im Dezember 2011 festgestellt, dass für die betroffene Personengruppe die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 2,81 Prozent statt der gewährten 1,7 Prozent hätte betragen müssen und tatsächlich eine Diskriminierung vorliegt. Betroffen sind vor allem Frauen, deren Partner ein so ho­hes Einkommen erzielt, dass ihnen der Ausgleichszulagenrichtsatz vom Gesetz her nicht zusteht.

Um den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Obersten Gerichts­hofes Rechnung zu tragen, soll nunmehr gesetzlich geregelt werden, dass Pensionen, die am 1. Jänner 2008 niedriger waren als der Einzelrichtsatz für die Ausgleichszulage (damals 746,99 Euro) und nicht schon auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung mit einem höheren Faktor als dem Anpassungsfaktor für das Jahr 2008 vervielfacht wur­den, um 1,1 % erhöht werden.

Zusätzlich sind adäquate, nach der Pensionshöhe gestaffelte Abschlagszahlungen ge­fordert, damit die Betroffenen so gestellt werden, als wäre die Pensionsanpassung im Jahr 2008 korrekt erfolgt. Mit dieser gestaffelten Abschlagszahlung sollen die Folgewir­kungen für die Anpassungen in den Jahren 2009 bis 2012 ausgeglichen werden.

Das Argument eines zu hohen Verwaltungsaufwandes darf hier nicht ins Treffen ge­führt werden, denn rechtsstaatliche Verpflichtungen können nicht mit dem Argument einer Überbürdung der Verwaltung gegengerechnet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 255

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die adäquate, nach der Pensions­höhe gestaffelte Abschlagszahlungen für all jene Pensionsbezieher beinhaltet, die bei der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


22.26.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ist es ganz nützlich, noch einmal in das Jahr 2007 zurückzugehen. Es ist nicht nützlich, das ist vielleicht falsch formuliert, aber es ist wichtig. Im Jahr 2007 wurde nämlich diese Pensionserhöhung, die jetzt aufgehoben wurde, hier im Parlament beschlossen, und zwar unter heftiger Zustimmung der Seniorenverbände von ÖVP und SPÖ. Die waren der Meinung, das passt alles wunderbar. Und ich glaube, auch die FPÖ war damals noch dabei.

Der springende Punkt war, dass damals schon erkennbar war, dass diese vorgeschla­gene Regelung der Pensionserhöhung die kleinen Pensionen, also die Frauenpen­sionen in erster Linie, benachteiligen wird. Wir haben das damals in der Debatte auch dem damaligen Sozialminister – das war ein anderer – klarzumachen versucht, aber er war der Meinung, das sei die beste Lösung. Das war es nicht!

Wir haben dann auch versucht, Personen zu ermutigen, eine Klage einzubringen. Die Beispiele – Kollege Wöginger weiß es ja – haben wir hier herinnen auch gebracht und darzustellen versucht, wo das Problem liegt. Aber damals ist nichts gegangen, weil auch die Seniorenverbände sozusagen überzeugt waren, das sei super, das passe alles.

Dann kam das Urteil, und ich habe es eigentlich sehr fair gefunden, dass wir uns da­mals als Sozialsprecher mit dem Minister getroffen haben und er uns diese Lösung vorgeschlagen hat, die heute auch abgestimmt wird, weil sie unter den gegebenen Pa­rametern zwar nicht die ideale Lösung war, aber einfach die, die machbar ist und auch fair gegenüber denen, die selbstverständlich ein Recht haben, aber dieses Recht durch das Gericht noch nicht zugeteilt bekommen haben.

Eigentlich waren damals alle der Meinung, ja, wir wollen diese Lösung, und es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als zu sagen, okay, wir sind einverstanden damit, denn das ist immerhin wesentlich mehr, als das Gericht zuerkannt hat, weil es ja nur denen, die die Klage eingebracht haben, diesen Vorteil zuerkannt hat, alle anderen hätten klagen müssen. Und wir alle wissen, es klagen nicht alle. Nie und nimmer! Eine Klage, bei der es in einem Fall um 2 € geht oder meinetwegen um 5 € und im anderen Fall um 50 € vielleicht – wer tut sich das an? (Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

Es wäre auch unökonomisch gewesen, diese Leute auf den Klagsweg zu verweisen, denn auch im Wissen, dass von den 25 000 vielleicht nur 1 000 klagen, hätte das be­deutet, dass die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit mit diesen Klagen sozusagen lahm­gelegt worden wäre.

Also ehrlich gesagt, vergessen Sie bitte, sowohl BZÖ als auch FPÖ, diese Anträge (Abg. Neubauer: Sicher nicht!), die versuchen, etwas wiederherzustellen auf dem Sta­tus von 2008, was so nicht mehr herstellbar ist – egal, mit welcher Lösung! Ich habe


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 256

mir gedacht, ich schaue mir das an, ob Sie es bis zur heutigen Sitzung schaffen wer­den, einen Initiativantrag, der diesbezüglich einen Vorschlag beinhaltet, zu liefern. (Abg. Neubauer: Haben wir ja geliefert!) Das können Sie nicht, und das wissen Sie auch, dass Sie das nicht können. (Abg. Neubauer: Natürlich können wir das!) Das wis­sen Sie auch, dass Sie das nicht liefern können. Und der Vorschlag mit der Entschlie­ßung ist insofern ehrlicher, als man sagt: Herr Minister, tue du das jetzt, was wir nicht machen können! (Abg. Neubauer: Ich kann es nicht auszahlen! – Abg. Wöginger: Nein, du kannst es aber in den Initiativantrag hineinschreiben!)

Das verweist auf einen anderen Antrag, der aber erst unter dem nächsten Tagesord­nungspunkt diskutiert wird, der von den Freiheitlichen eingebracht wurde und in dem es heißt: Uns gefällt der Ausdruck „Lehrlingsentschädigung“ nicht; wir wissen zwar nicht, wie er anders heißen sollte, aber, Herr Minister, mach du einen anderen Vor­schlag für den Begriff „Lehrlingsentschädigung“!

Also ich finde das wirklich nicht sauber, und das auch im Sinne derer, die sich jetzt wie­der Hoffnungen machen, dass sie durch irgendeinen Automatismus vielleicht 3, 4, 5, 10 oder 20 €, die diese Leute auch brauchen könnten, erhalten könnten. (Abg. Neu­bauer: Öllinger als Regierungssprecher!) Aber, Entschuldigung, so geht es nicht! (Bei­fall bei den Grünen.)

22.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolin­schek. – Bitte.

 


22.31.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 2007 haben SPÖ und ÖVP mit der Pen­sionsanpassung 2008 eine meiner Meinung nach ungerechte und nicht nachvollzieh­bare Erhöhung, nämlich 1,7 Prozent, für all jene Pensionisten beschlossen, die mit ih­rer Pension unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz gelegen sind und weniger als alle anderen erhalten haben. Alle anderen haben etwas mehr bekommen.

152 Personen haben geklagt und vom Höchstgericht auch recht bekommen. Und jetzt geschieht diese Reparatur mit 1,1 Prozent. Ich bin froh darüber. Wir werden dieser Re­paratur auch zustimmen. Diese 1,1 Prozent kriegen alle Betroffenen, nicht nur die 152, die geklagt haben. Das ist einmal ein erster Schritt. Die inflationsbedingte Berechnung und Nachzahlung für die zirka 500 000, Kollege Neubauer, die ist da natürlich nicht berücksichtigt – keine Frage –, aber wir haben uns ja des Langen und Breiten darüber unterhalten, dass eine nach der Pensionshöhe gestaffelte Abschlagszahlung natürlich nicht so einfach administrierbar ist, viel Aufwand bedeutet und das eben nicht ganz so einfach ist.

Deswegen bringe ich jetzt folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine weitere Diskriminierung der Pensionsanpassung 2008 für Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz beseitigt und die fi­nanziellen Nachteile spätestens bis zur Pensionsanpassung 2013 mitberücksichtigt.“

*****

Herr Bundesminister, das wäre dann sozusagen die Forderung, in Zukunft die Pen­sionen bis zur Ausgleichslage dementsprechend höher anzuheben, denn das hinterher


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 257

so zu reparieren, wäre schon sehr, sehr schwierig, und etliche Leute, die da eine zu geringe Pensionsanpassung erhalten haben, sind ja schon verstorben.

Meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag zu! (Beifall beim BZÖ.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der Benachteiligung der Pensionsanpassung 2008 für Pensionen unter dem Ausgleichzulagenrichtsatz

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 4. Juli. 2012 im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1987/A(E) der Abgeordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz und das Bun­desbahn-Pensionsgesetz geändert werden (1858 d.B.)

Mit der Pensionsanpassung für das Jahr 2008 wurden Pensionen bis zur Höhe des Ausgleichszulagen-richtsatzes nur mit dem Anpassungsfaktor auf Grund des Verbrau­cherpreisindex um 1,7% erhöht, während die übrigen Pensionen viel höher um bis zu 2,8% angepasst wurden, was zu großer und berechtigter Empörung unter den Betrof­fenen geführt hat. Auch die Vorverlegung der Pensionsanpassung 2009 um zwei Ka­lendermonate sah weiterhin keine Berücksichtigung der unsozialen Bestimmungen der Pensionsanpassung 2008 vor.

Dann hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 20. Oktober 2011 entschieden, dass in der Anpassung der Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz im Rah­men der Pensionsanpassung 2008 mit 1,7% im Vergleich zur außerordentlichen Er­höhung anderer Pensionen die Möglichkeit einer verbotenen Diskriminierung der Frau­en nach der Richtlinie 79/7/EWG liegen kann, wenn in der in Betracht kommenden Gruppe von Pensionsbeziehern wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind.

Weiters stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass tatsächlich eine Diskriminierung vor­liegt und für die betroffenen Personen die Pensionsanpassung 2008 daher 2,81% be­tragen müsste.

Um den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes und des Obersten Gerichts­hofes Rechnung zu tragen, ist mit 1. Oktober 2012 gesetzlich vorgesehen, dass Pen­sionen, die am 1. Jänner 2008 niedriger waren als der Einzelrichtsatz für die Aus­gleichszulage, um 1,1% erhöht werden, wenn am 1. Jänner 2008 tatsächlich ein An­spruch auf Pensionserhöhung bestand.

Doch bei dieser außerordentlichen Pensionsanpassung werden die inflationsbedingten Verluste seit der Pensionsanpassung 2008 nicht entsprechend mitberücksichtigt, wo­von rund 455.000 Direktpensionen und rund 165.000 Hinterbliebenenpensionen betrof­fen sind.

Damit diese Pensionisten aber weiterhin keine finanziellen Nachteile erleiden, sollen diese niedrigen Pensionen spätestens bis zur Pensionsanpassung 2013 durch eine hö­here Anpassung ausgeglichen werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 258

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine weitere Diskriminierung der Pensionsanpassung 2008 für Bezieherinnen und Bezieher von Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz beseitigt und die fi­nanziellen Nachteile spätestens bis zur Pensionsanpassung 2013 mitberücksichtigt.“

*****

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Au­bauer. – Bitte.

 


22.33.54

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte jetzt nicht in die Vergangenheit schweifen. Entscheidend ist doch, was wir heute hier beschließen wollen. Und das ist – da nehme ich das Wort des Herrn Bundesministers auf – eine faire Lösung. Kollege Öllinger, glaube ich, hat gesagt, es ist die einzig machbare Lösung. Das heißt, es ist eine gute Lösung. Ich wünsche mir, dass viele Verbesserungen für ältere Menschen so gut, so unbürokratisch und vor allem so schnell über die Bühne gehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Wie und Warum ist ja schon sehr ausführlich klargestellt worden. Was ist uns be­sonders wichtig dabei? – Wir wollen ein klares Signal an die Senioren geben. Wir wol­len, dass nicht nur jene 152, die geklagt haben, diese Erhöhung bekommen, sondern viele mehr, nämlich 620 000 Personen. Und ich freue mich, dass jetzt diese Regelung gelingt, und es ist schön, dass alle, die bei der Pensionsanpassung 2008 eine Pension unter der Ausgleichszulage bezogen haben, diese außertourliche Erhöhung erhalten. Damit gibt es nun nicht nur eine Art Ergreiferprämie für diese 152, sondern eine Anpas­sung für alle Betroffenen, und zwar sozial ausgewogen.

Noch ein wichtiger Punkt: Es ist eine Erleichterung für viele Frauen. Warum? – In die­ser Generation waren Frauen meist daheim mit der Kindererziehung beschäftigt, waren kaum berufstätig, und deshalb sind unter den Betroffenen mit vielen Klein- und Mini­pensionen vor allem Frauen, und gerade deshalb ist uns diese Regelung so wichtig.

Wenn hier auch von vielen Hürden in der Verwaltung die Rede war: Herr Minister, all diese Hürden werden wohl zu überwinden sein! Wichtig ist schließlich das Ergebnis, nämlich eine faire und sozial ausgewogene Lösung! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.36

22.36.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen.

Ich lasse über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1858 der Beilagen ab­stimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 259

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend adäquate, nach der Pensionshöhe ge­staffelte Abschlagszahlungen für all jene Pensionsbezieher, die bei der Pensionsan­passung für das Jahr 2008 diskriminiert wurden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beendigung der Benachteili­gung der Pensionsanpassung 2008 für Pensionen unter dem Ausgleichszulagenricht­satz.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Minderheit. Auch dieser Antrag ist abgelehnt.

22.37.5818. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1951/A der Ab­geordneten Renate Csörgits, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (1857 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1530/A(E) der Abgeordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wie­dereinführung der Förderung im Zusammenhang mit dem Ausbildungsnachweis zur Lehrmitte (Praxistest) (1859 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1728/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung der Lehrlingsentschädigung (1860 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1820/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung des Blum-Bonus Neu (1861 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 437/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen der Lehrlingsausbildung (1862 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 bis 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 260

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


22.39.13

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Zunächst einmal möchte ich gleich mit einem Antrag beginnen, der leider Gottes von allen anderen Fraktionen im Ausschuss wirklich nur lächerlich gemacht worden ist. Das ist der Antrag des Kollegen Kickl zur Änderung des Begriffs „Lehrlings­entschädigung“. Und ich habe überhaupt nicht verstanden, was an diesem Antrag so lächerlich sein soll.

Wir werden in zwei Tagen hier ein Gesetz beschließen, mit dem ärztliche Assisten­tInnen plötzlich OrdinationsassistentInnen heißen. Das geschah ohne unser Zutun. Es gab eine Umbenennung, sage ich jetzt einmal, von Putzfrauen in Richtung Raumpfle­gerinnen, und KindergärtnerInnen heißen heute KindergartenpädagogInnen.

Überall wird versucht, das Image zu heben. Überall wird versucht, irgendwie mit ge­ringsten Mitteln, die auch nichts kosten – denn eines ist uns ja allen klar: Geld ist kei­nes vorhanden –, das Image aufzupolieren.

Und das Image der Lehre ist nun einmal ein schlechtes, das ist einfach so, da können wir jetzt noch so viel um den heißen Brei herumreden. Und genau das ist die Intention gewesen: dieses Image aufzupolieren! Und außerdem, wenn Sie sich ein bisschen schlaugemacht hätten: „Entschädigung“ ist eine Leistung, die dazu dient, erlittene Nachteile sozusagen auszugleichen.

Jetzt frage ich mich schon: Welchen Nachteil hat denn ein Lehrling überhaupt gehabt? Oder hat der Lehrherr einen Nachteil gehabt? – Also der Begriff passt eigentlich über­haupt nicht. Und ich weiß nicht, warum dieser Antrag so sehr der Lächerlichkeit preis­gegeben wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Man könnte einfach auch sagen: ein Lehrlingsgehalt, ein Lehrlingsentgelt – es gäbe viele Möglichkeiten. Aber das gleich einmal so in das Reich der Lächerlichkeit zu ver­weisen, wie das der Kollege Öllinger gemacht hat – gut, das ist Ihre Meinung, Ihre Ein­stellung, ist in Ordnung. (Abg. Öllinger: Einen Vorschlag, bitte!) Aber Sie haben auch keine anderen Ansätze eingebracht zu der Frage, wie man den Lehrberuf wiederum ein bisschen aufwerten kann. Genau darum geht es doch letzten Endes!

Und wir haben da tatsächlich ein Problem, das wissen wir doch alle. (Abg. Öllinger: Besser zahlen!) Viele Lehrherren klagen auf der einen Seite, dass sie zu wenig quali­fizierte Lehrlinge bekommen (Abg. Öllinger: Besser zahlen!), auf der anderen Seite wollen auch viele Jugendliche gar nicht unbedingt in den Lehrberuf einsteigen. Das sind ja alles Tatsachen!

Sie können schon hereinbrüllen und Sie können sich über alles lustig machen, aber bringen Sie einmal Vorschläge! – Das wäre ein Vorschlag gewesen, der nichts gekos­tet hätte und der ein Versuch gewesen wäre, das Image der Lehrberufe aufzupolieren. (Beifall bei der FPÖ.)

22.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csör­gits. – Bitte.

 


22.41.31

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Meine Ausführungen beziehen sich auf den Antrag 1951/A(E), in dem es da­rum geht, die Aktivierungsbeihilfe, die derzeit gesetzlich mit 58 Millionen € im Jahr be­schränkt ist, zu erhöhen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 261

Warum ist das notwendig? – Wir sind ja, Gott sei Dank, in Österreich in der glücklichen Situation, dass wir noch immer eine sehr niedrige Arbeitslosenrate haben, und wir sind nach wie vor Europameister, was die Beschäftigungspolitik anbelangt. Dennoch muss man auch feststellen, dass, obwohl wir noch immer die geringste Arbeitslosigkeit ha­ben, gerade auch in den letzten Monaten bemerkbar wurde, dass es trotzdem zu einer leichten Erhöhung bei der Arbeitslosigkeit gekommen ist und dass davon insbesondere auch jene Personen betroffen sind, die ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind, oder auch der Kreis jener Personen, die sogenannte gesundheitliche Vermitt­lungseinschränkungen haben. Und da bedarf es natürlich einer ganz besonderen Be­treuung, um diesen Personen wieder die Möglichkeit zu geben, in den Arbeitsprozess einzusteigen und eingegliedert zu werden.

Dazu nützt man oft entweder sozialökonomische Unternehmungen/Betriebe oder ge­meinnützige Beschäftigungsprojekte. Und jene Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, die im Zusammenhang mit diesen Projekten ArbeitnehmerInnen beschäftigen, bekommen vom AMS eine sogenannte Aktivierungsbeihilfe.

Um in diesem Bereich jetzt noch stärker Menschen wieder in den Arbeitsprozess ein­gliedern zu können, wird mit diesem Antrag die vorhandene Summe auf 20 Millionen € aufgestockt. Das bedeutet, dass hier wesentlich mehr Menschen wieder ganz gezielt vom AMS und von sozialökonomischen Betrieben betreut werden können, damit sie wieder rascher in den Arbeitsprozess einsteigen können. Diese zusätzlichen 20 Mil­lionen € sind eine gute Investition für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder für Menschen, die es ganz einfach nicht so leicht in ihrem Leben haben. Herzlichen Dank für diese Möglichkeit! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeord­neter Dolinschek. – Bitte.

 


22.43.54

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Aktivierungsbeihilfen betrifft, so werden wir diesem Antrag auch unsere Zustimmung geben, da damit vor allem die Unterstützung der Beschäftigten in sozialökonomischen Betrieben und in gemeinnützigen Beschäfti­gungsprojekten erfolgt und bei der Verwendung dieser Mittel sozusagen ein Schwer­punkt auf arbeitsmarktnahe, qualitativ hochwertige gemeinnützige Arbeitskräfteüberlas­sung gesetzt wird. Ich glaube, dass damit vor allem im Bereich älterer Arbeitnehmer eine Wiedereingliederung erfolgreich ermöglicht werden kann. Deswegen unterstützen wir auch diesen Antrag.

Was den Antrag der FPÖ auf Entfall der Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen einer Lehrlingsausbildung für die auszubildenden Betriebe und deren Übernahme durch die öffentliche Hand betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass derzeit Betriebe keine Unfall­versicherung zahlen, es entfällt im ersten und zweiten Lehrjahr die Krankenversiche­rung, und die Arbeitslosenversicherung ist nur im letzten Lehrjahr zu zahlen. Das sind einige Erleichterungen in diesem Bereich.

Ich finde, dass man dieser FPÖ-Forderung zwar einiges abgewinnen kann, ich glaube aber nicht, dass dadurch mehr Lehrplätze geschaffen werden, denn der Anreiz dazu ist damit wohl etwas zu gering. Und außerdem weise ich darauf hin, dass, wenn keine Pensionsversicherung einbezahlt wird, auch keine Versicherungszeiten erworben wer­den und dass diese Zeiten für die Lehrlinge dann sozusagen nicht als Versiche­rungszeiten, die sie ja sonst für die Pension erwerben, berücksichtigt werden.

Das ist meiner Meinung nach sozusagen nicht der Weisheit letzter Schluss. Dem wer­den wir nicht zustimmen. Was die Lehrlingsentschädigung und die Lehrlingsfragen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 262

überhaupt betrifft, so wird mein Kollege Markowitz dazu Stellung nehmen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeord­neter Wöginger. – Bitte.

 


22.45.57

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, das Wichtigste ist, dass die Men­schen in unserem Lande Beschäftigung haben. Das passt auch gut zu der Diskussion, die heute den ganzen Tag geführt wurde im Zusammenhang mit den Maßnahmen, die wir für Europa gesetzt haben.

Wir haben Gott sei Dank die Ausgangssituation, dass wir nach wie vor die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa haben. Wir führen da seit 15, 16 Monaten die Liste an und haben eine sehr hohe Beschäftigtenzahl. 3,5 Millionen, genau 3 498 000 unselbstän­dige Beschäftigungsverhältnisse hat es mit Ende Juni gegeben. Das ist der absolute Höchststand, den es in dieser Republik jemals gegeben hat, und das ist wirklich positiv zu vermerken.

Wir haben um 51 000 Beschäftigte mehr, wenn man den Vergleich zum Vorjahr heran­zieht, aber wir haben in den letzten Monaten eine leichte Steigerung bei den Arbeitslo­senzahlen verzeichnet. Daher ist es wichtig, dass wir da entgegenwirken mit diesem Initiativantrag von Kollegin Csörgits und mir, dass wir 20 Millionen € zusätzlich für Ar­beitsmarktoffensiven zur Verfügung stellen, dass diese für die Aktivierungsbeihilfen be­reitgestellt werden.

Diese 20 Millionen € sollen vor allem sozialökonomischen Betrieben und gemeinnüt­zigen Beschäftigungsprojekten zugutekommen, mit dem Zweck der Wiedereingliede­rung in den Arbeitsmarkt. Bei der Verwendung der Mittel soll ein Schwerpunkt auf ar­beitsmarktnahe, qualitativ hochwertige gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung gesetzt werden. Es geht im Wesentlichen um rund 1 500 Personen, die ältere Arbeitnehmer beziehungsweise gesundheitlich beeinträchtigte Personen sind.

Ich halte das für eine sehr wichtige Maßnahme, damit wir die Aufrechterhaltung der Qualität unseres Arbeitsmarktstandorts auch in Zukunft so gut bewerkstelligen kön-
nen und damit die Beschäftigung sich in Österreich auch weiterhin positiv entwickeln
kann. Daher kann ich nur um Zustimmung zu diesem Antrag ersuchen. (Beifall des Abg. Neugebauer.)

Abschließend, meine Damen und Herren, ein Wort zu dem Antrag betreffend die Um­benennung der Lehrlingsentschädigung. Frau Kollegin, es ist natürlich legitim, dass man hier solche Anträge einbringt. Wir haben uns nur darüber gewundert, dass der Bundesminister aufgefordert wird, sich für die Umbenennung einzusetzen, aber dass nicht einmal ein Vorschlag gekommen ist, wie man denn die Lehrlingsentschädigung nennen sollte. Das ist das gewesen, was uns verwundert hat, und deshalb hat es auch im Ausschuss einiges an Überraschungen gegeben, einiges, was wir nicht verstanden haben. – Das wollte ich abschließend hier noch zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Vock zu Wort. –Bitte.

 


22.48.47

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Minister! Sie haben im Ausschuss zwei Behauptungen aufgestellt, die nicht ganz der Wahrheit entsprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 263

Zum Ersten haben Sie im Zusammenhang mit meinem Antrag gesagt, es gibt kein ein­ziges Lehrlingsgehalt, das unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt. – Ich kann Ihnen zum Beispiel den Bäckerlehrling im ersten Lehrjahr nennen, der 417 € pro Monat verdient. (Abg. Öllinger: Zahntechniker!) Wenn ich jetzt die Sozialversicherungsbeiträge abzie­he, dann sind wir bei 374 €, also unter der Geringfügigkeitsgrenze.

Der Unternehmer muss aber 14 Mal die 417 € bezahlen. Das heißt, mit den Dienstge­berbeiträgen kommt er auf 6 000 €. Der Lehrling arbeitet aber letzten Endes nur acht bis neun Monate im Betrieb, das heißt, der Unternehmer kommt auf Kosten von 660 €.

Und genau das ist das Problem: Wenn ein Unternehmer zum Beispiel einen Studenten beschäftigt, dann ist dieser ganzjährig bei den Eltern mitversichert, und der Arbeitgeber muss nur den produktiven Zeitraum bezahlen. Zum Beispiel bei einem Kellnerlehrling kann er sagen: Bevor ich einen Lehrling nehme, nehme ich lieber einen Studenten – dem zahle ich im Verhältnis mehr, aber er kommt mir billiger, weil ich diese Neben­kosten nicht zu tragen habe.

Es gibt dann noch den Angestellten im Güterbeförderungsgewerbe, und der bekommt überhaupt nur 390 € pro Monat. Da brauchen wir überhaupt nicht weiterzureden, da sind wir sofort mit den Sozialversicherungsbeiträgen darunter.

Die zweite Behauptung, die Sie aufgestellt haben, lautet, die ÜBA-Lehrlinge würden nur im ersten Lehrjahr in den Lehrwerkstätten beschäftigt, dann käme die Überleitung in die betriebliche Ausbildung.

Jetzt haben wir im Wirtschaftsausschuss einen Bericht zur Situation der Jugendbe­schäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2010 und 2011 erhalten, und da wird berichtet von 10 000 Lehrlingen in der ÜBA; Tendenz steigend. Davon wechselt nur ein Drittel in die betriebliche Ausbildung. Es wechselt übrigens auch ein großer Teil in die Arbeitslosigkeit.

Eines ist klar: Die betriebliche Lehrlingsförderung wird mit nur rund 156 Millionen gefördert. Die ÜLAs kosten uns 230 Millionen, rund 18 000 € pro Lehrling. Da könnte man wirklich überlegen, ob man nicht die Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, mehr för­dern sollte.

Abschließend möchte ich mich bei allen Lehrherren der betrieblichen Ausbildung be­danken, denn unsere Lehrlinge sind im internationalen Vergleich Welt- und Europa­meister. Hier kann unser schulisches Ausbildungssystem im internationalen Vergleich noch einiges lernen. (Beifall bei der FPÖ.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


22.51.11

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Ich bin nicht ganz glücklich, dass wir wieder so partiell, mit einzelnen, relativ klei­nen Anträgen das Thema „Lehrlingsausbildung“ diskutieren. Denn: Ich denke, womit wir uns auseinandersetzen müssen, ist, dass das duale Ausbildungssystem ein Er­folgsmodell war. Es war erfolgreich! Mittlerweile sind wir mit einer ganzen Reihe von Problemen in diesem Zusammenhang konfrontiert. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch Experten und das können Sie letzten Endes auch in dem Bericht des Wirtschaftsministeriums zur Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung nachlesen.

Ich denke, wir müssen uns mit dieser Realität einfach intensiver auseinandersetzen. Ich möchte da nur auf einige Punkte eingehen, die dringenden Handlungsbedarf sicht­bar machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 264

Wir wissen, dass sich immer mehr Unternehmen beklagen, dass die jungen Leute mit einem Bildungsniveau aus der Schule kommen, welches sie nicht ermächtigt, eine Lehre wirklich beginnen zu können. Jetzt weiß ich schon, Herr Minister, es gibt das Lehrlingscoaching, das versucht, parallel zur Lehre diese Defizite auszugleichen. Aber trotzdem, das kann es eigentlich nicht sein!

Nächster Punkt: Wir haben häufig Motivationsdefizite bei den jungen Menschen, wenn sie in der Lehre sind, und zwar zum Teil auch deshalb, weil es ihnen einfach nicht möglich ist und gelingt, in dem Beruf eine Ausbildung zu machen, der ihnen vielleicht wirklich entsprechen würde. Wir haben dringenden Handlungsbedarf im Zusammen­hang mit der richtigen Berufswahl. Wir brauchen eine bessere Berufsorientierung und Berufsberatung. Das wissen wir alle, aber trotzdem ist es, obwohl auch viele Experten das seit Langem fordern, noch nicht durchgesetzt, dass die Berufsberatung, die Be­rufsorientierung wirklich längere Zeit Teil der Schulausbildung ist beziehungsweise in den Lehrplänen fix integriert ist.

Dritter Punkt: Wir haben, was Sie auch alle wissen, das Problem, dass seit Jahren die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze zurückgeht. Und ich muss sagen: Ich glaube, es ist ein Mythos, dass das nur an den Förderungen liegt. Der Blum-Bonus hat daran nichts Wesentliches geändert und würde daran auch nicht viel ändern.

Abgesehen von den fehlenden Plätzen haben wir auch ein Qualitätsproblem. Es ist leider so, dass es mehr oder weniger fast Zufall ist, ob ich einen Lehrplatz mit einem guten Niveau bekomme oder nicht. Wie gesagt, wir haben ein Problem im Bereich der Qualitätssicherung.

Meine Damen und Herren! Das duale Ausbildungssystem passt offenbar nicht mehr zu den Unternehmen von heute oder – sagen wir es so! – zu immer weniger Unternehmen von heute. Und dieser Realität müssen wir uns stellen. Wir müssen hier neue Modelle entwickeln beziehungsweise von mir aus gerne das bestehende Modell, das sich ja bisher bewährt hat, weiterentwickeln.

Die FPÖ hat dazu einige Vorschläge gemacht, wie man auch andere Ansätze sozusa­gen verfolgen könnte. Die wurden mehrheitlich abgelehnt. Für mich stellt sich die Frage: Wann und wo widmen wir uns einer wirklich grundlegenden Auseinanderset­zung damit, wie die praxisbezogene Berufsausbildung in Österreich ausschauen soll?

Warum setzen wir uns, die Leute aus dem Wirtschaftsausschuss, dem Sozialaus­schuss und auch aus dem Bildungssauschuss, nicht mit Experten zusammen, um zu­kunftsweisende Konzepte zu erarbeiten? Sicher, es kommt dann immer das Argument: Das machen im Prinzip die Sozialpartner! Aber auch in dieser Frage muss ich sagen: Die Sozialpartner bringen hier einfach nichts weiter!

Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die jungen Menschen eine quali­tativ hochwertige Berufsausbildung bekommen, und ich hoffe, dass wir hier im Parla­ment und auch Sie, Herr Minister, dieser Verantwortung noch stärker nachkommen. Wir brauchen dringend eine Schulreform, die die jungen Menschen ermächtigt, gute berufliche Chancen zu haben. Wir brauchen mehr Plätze in den berufsbildenden Schu­len. Es kann nicht sein, dass man, obwohl man eine praxisbezogene Ausbildung will, in eine AHS gehen muss, weil es in den BHS nicht genügend Plätze gibt.

Wir brauchen eine bessere Ausbildungs- und Berufsberatung. Das wissen wir! Wir brauchen eine grundlegende Reform der dualen Ausbildung. Wir Grüne haben dazu Vorschläge gemacht. Wir würden sagen: Die Betriebe gehören entlastet! Es könnte zum Beispiel die überbetriebliche Ausbildung fixer Teil der dualen Ausbildung werden. Und als drittes Element würden wir auch die Berufsschulzeiten ausbauen.

Schließlich noch ein Punkt, den ich ins Spiel bringen möchte: Ich denke, wir müssten auch einmal über die Kosten reden. Es ist eigentlich nicht einzusehen, warum die öf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 265

fentliche Hand die Schulbildung finanziert, auch die höhere Bildung an den Universi­täten et cetera, aber die Lehre letzten Endes nicht. Natürlich gibt es die Förderungen, aber trotzdem: Auch diesen Bereich könnte man einmal diskutieren! Also es gibt auch da noch sehr viel zu tun.

Meine Damen und Herren, es wäre wichtig, dass wir hier sehr viel mehr tun. Ich weiß, Herr Minister, Sie sind in vielen Fragen sehr engagiert, aber oft eher im Sinne von Lö­schen akuter Brände. Ich denke, wir brauchen hier eine grundlegende Reform. Es wäre wichtig, diese bald einmal anzugehen. – Danke. (Beifall des Abg. Öllinger.)

22.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 2 Minuten. Sie haben eine Gesamtrestrede­zeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


22.56.39

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich sehe das so ähnlich wie meine Vorrednerin, die schon einige wichtige Punkte ange­sprochen hat.

Wir haben im Wirtschaftsausschuss den Jugendbericht diskutiert, und da haben wir ge­sehen, wie dramatisch die Situation ist. In den letzten zehn Jahren ist nämlich die Zahl der Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, stark zurückgegangen, und zwar um zirka 10 000. Also hier müssen wir wirklich eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialressort forcieren. Ich meine damit, dass sich diese drei Ressorts in Zukunft überlegen müssen, wie man sozusagen übergreifend junge Menschen ausbil­den kann, damit sie nach Abgang von der Schule überhaupt in der Lage sind, einen Lehrberuf zu finden und dann auch zu ergreifen. Jetzt verhält es sich zumeist so, dass vor allem bei den Grundrechnungsarten die größten Schwierigkeiten auftreten. Gerade im Bereich „technische Berufe“ haben wir gewaltige Probleme, was die Ausbildung zum Facharbeiter in Zukunft betrifft. Das liegt natürlich auch an der Ausbildung in der Schule.

Den Antrag der FPÖ betreffend „Praxistest“ werden wir nicht unterstützen, weil es in der Berufsschule ohnehin jährlich einen Bericht gibt. Der Lehrherr schließt einen Ver­trag mit dem Jugendlichen, dass dieser ausgebildet wird. Jedes Jahr wird ein Zeugnis ausgestellt. Daran sieht man, ob der Jugendliche den Test bestanden hat oder nicht. Und wenn er den Test besteht, steigt er in die nächste Stufe auf und bekommt mehr Lehrgeld. Also diesen Punkt finden wir nicht unterstützenswert.

Nun zur Umbenennung in „Lehrlingsentschädigung“. – Ich glaube, wir haben andere Sorgen und andere Probleme. Es gibt 8 000 Jugendliche, die noch für den Herbst eine Lehrstelle suchen. In Anbetracht dessen ist es nicht wichtig, ob das Lehrlingsentschä­digung heißt oder sonst irgendwie. Daher lehnen wir auch diesen Antrag ab.

Ein wichtiges Thema ist – das hat die Vergangenheit auch gezeigt – der Blum-Bonus. Ob „Blum-Bonus Neu“ oder unter einer anderen Bezeichnung, diesen werden wir auch weiterhin unterstützen, da er seinerzeit 13 000 zusätzliche Lehrstellen gebracht hat. Wir sind der Meinung, dass jede einzelne Lehrstelle wichtig ist. Auch wenn es nur 1 000 sind, dann sind es eben 1 000. Es ist wichtig für die Jugendlichen, einen Job zu finden! Wie gesagt, Initiativen diesbezüglich werden wir auch weiterhin unterstützen.

In Zukunft erwarte ich mir, und zwar auch vom Minister, dass wir in Zusammenarbeit mit mehreren Ministerien ein Konzept erstellen, wo dafür gesorgt wird, dass es nicht mehr 4 000 offene Lehrstellen gibt, sondern in zwei Jahren vielleicht nur mehr 2 000. Da haben wir alle etwas davon. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

22.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 266

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


22.59.05

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Zuerst ganz kurz zur Kollegin Schatz: Ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin, es gibt sicher in der Berufsausbildung und in der Lehrlingsausbildung einiges zu tun, keine Frage, aber es stimmt nicht, wie Sie gesagt haben, dass überhaupt nichts geschehen ist. (Abg. Mag. Schatz: Nein!)

Sie haben gesagt, es sei in den letzten Jahren nichts geschehen. Ich glaube, es ist ganz schön viel geschehen: Lehre mit Matura, Modulare Ausbildung, Förderungen und so weiter. Ich will das jetzt gar nicht weiter ausführen, Sie wissen das ja genauso gut wie ich. Also: Ja, es ist etwas zu tun, da kann man sicher einiges noch diskutieren. (Abg. Öllinger: Das hat sie eh gesagt!) – Okay.

Ich möchte nun zu zwei Anträgen der Freiheitlichen ganz kurz Stellung nehmen.

Der eine betrifft den Entfall der Sozialversicherungsbeiträge bei der Lehrlingsausbil­dung. Wenn man sich diesen Antrag genau durchliest, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, dann wird einem nicht ganz klar, was da gemeint ist, denn: In der Begründung wird gesagt, das soll eine Lohnnebenkostensenkung sein, also Arbeitgeberbeiträge, und weiter unten wird dann gesagt, nur die Lehrlinge sollen keine Sozialversicherung mehr zahlen. Also ist jetzt der Arbeitgeber gemeint oder der Lehrling oder sind beide gemeint? Ich gehe davon aus, dass Sie wahrscheinlich beide meinen.

Bis jetzt ist diese Frage nicht klar beantwortet. Aber wenn da beide gemeint sind, wäre es vielleicht ganz interessant, zu erfahren, was das, wenn die öffentliche Hand das übernehmen soll, kosten würde. Diese Zahl sind sie uns nämlich schuldig geblieben. Haben Sie da eine Ahnung? Haben Sie sich das angeschaut? (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Man kann leicht sagen, die öffentliche Hand soll Sozialversicherungsbeiträge übernehmen, aber es ist auch wichtig, zu wissen: Wie schaut das aus? Wie viel ist das?

Ich sage Ihnen, wie viel es ist. – Es sind ungefähr 375 Millionen € – 375 Millionen €! –, wo Sie so locker sagen, das soll jetzt die öffentliche Hand übernehmen. Ich denke, so einfach wird es nicht gehen. Auch in diesem Bereich sollte man einen sparsamen Um­gang mit Steuergeld pflegen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Und jetzt zum zweiten Streich, zum Antrag mit der Begriffsgeschichte: Um dem Fach­arbeitermangel entgegenzuwirken, soll der Begriff „Lehrlingsentschädigung“ durch eine positive Bezeichnung ersetzt werden. – So steht es in Ihrem Antrag drinnen. Aber wir warten bis heute auf einen Vorschlag von Ihnen. Wir haben gehofft, es kommt jetzt der große Vorschlag.

Was ist diese „positive Bezeichnung“? (Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.) Keine Ant­wort! Also Sie fordern etwas, wissen aber eigentlich gar nicht, was Sie wollen. Und wenn man Sie dann konkret fragt, sagen Sie, der Sozialminister soll nachdenken und einen Vorschlag machen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.)

Würde der Sozialminister einen Vorschlag machen, dann würden Sie sagen: Nein, der Vorschlag ist nicht das, was wir gemeint haben! Also diese Hin- und Herdiskutiererei ist zwar lustig, ist originell, vielleicht sogar ein bisschen verhaltensoriginell, bringt uns aber in Wirklichkeit nicht weiter. Ich glaube, so kann man es nicht machen. Zudem glaube ich, dass es, wenn wir das machen würden, einen erheblichen legistischen Änderungs­bedarf ohne Mehrwert zur Folge hätte.

Ich habe mir das angesehen: In 22 Gesetzen findet sich der Begriff „Lehrlingsentschä­digung“. Das müsste man alles ändern. Hunderte Verordnungen gibt es, wo das drin-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 267

nen steht. Die Schulbücher in den Berufsschulen müssten geändert werden, weil über­all dort auf die Lehrlingsentschädigung Bezug genommen wird. Viel Bürokratie würde dadurch entstehen. Also in Wirklichkeit das alles für nichts. Der Antrag ist zwar lustig zum Diskutieren, aber eigentlich nicht ernst zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


23.02.43

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minis­ter! Na ja, Herr Kollege Riepl, Sie fragen: Wo kommt das Geld dafür her? – Wenn ich mir den ersten und den zweiten Tagesordnungspunkt nochmals hernehme, dann stelle ich fest: Wir sagen: Stoppt den ESM!, aber Sie überweisen so locker, flapsig 2,2 Mil­liarden € in den ESM! Wir sagen eigentlich schon jahrein, jahraus: „Unser Geld für un­sere Leut!“ Das heißt: Eigentlich könnten wir das Geld viel punktgenauer für die eige­nen Leute verwenden! – Das muss man an dieser Stelle schon sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, wir haben zwei essentielle Punkte in dieser Republik unter anderen zu bekämpfen oder in Ordnung zu bringen. Erstens: die Jugendarbeitslosigkeit – oftmals diskutiert! Wir haben darüber diskutiert: Sind es jetzt 20 000, 25 000 oder 30 000 in ÜAZs? Wir haben uns jetzt die aktuellen Zahlen angesehen: Es sind ungefähr 35 000 bis 40 000 arbeitslose Jugendliche und 11 000 bis 12 000 in ÜAZs.

Wir haben auch im Ausschuss eingehend darüber diskutiert, dass ein Ausbildungsplatz im ÜAZ im Jahr 17 000 € kostet und eine betriebliche Ausbildungsstätte ungefähr 5 000 € im Jahr. Da gebietet es der logische Hausverstand, dass wir eigentlich alles daransetzen sollten, die betrieblichen Lehrstellen und damit die Wirtschaft zu fördern. Bevor ich 17 000 € in irgendwelche ÜAZs pumpe, investiere ich doch lieber in die Wirt­schaft und motiviere sie, betriebliche Ausbildung zu machen und Lehrstellen zu schaf­fen.

Nun zum Blum-Bonus: Ich habe schon im Ausschuss gesagt, dass das leider ein biss­chen eine Ideologie-Debatte ist, weil dies damals unter der schwarz-blauen Bundesre­gierung ins Leben gerufen wurde. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Oder am Rande. Egal. – Damals wurde der Blum-Bonus ins Leben gerufen, und es wurden rasch Lehrstellen geschaffen. Dann hat man den Blum-Bonus abgeschafft, und die Zahl der Lehrstellen ist zurückgegangen.

Was will ich damit sagen? – Wenn man Betriebe fördert, dann sind sie motivierter, Lehrstellen zu schaffen. – Das ist die eine Seite. (Beifall bei der FPÖ.)

Und die andere Seite sind natürlich imagehebende Initiativen, die wir setzen müssen. (Zwischenruf des Abg. Schopf.) – Nein, das ist so, davon bin ich überzeugt! Und in diese Kerbe hat auch der Antrag des Kollegen Kickl hineingeschlagen.

Diese drei Vorschläge von der Freiheitlichen Partei sind wirklich konstruktiv. Unterhal­ten wir uns doch gemeinsam darüber! Ich verstehe, das man aus Koalitionsräson die­sen Anträgen nicht zustimmen darf, wir sind auch gerne bereit, über einen anderen Na­men für den Blum-Bonus nachzudenken, aber von den Initiativen, Betriebe heute auch finanziell zu unterstützen, sollten wir keineswegs abweichen. Und auch über die Wie­dereinführung der Förderung im Zusammenhang mit dem Ausbildungsnachweis zur Lehrmitte, sprich: über den Praxistest, sollten wir nachdenken.

Alles in allem müssen wir ein Gesamtpaket schnüren, um die Betriebe wieder verstärkt zu motivieren, junge Menschen auszubilden, um dem Facharbeitermangel entgegenzu­treten und um vor allem dem Ruf nach weiterer Zuwanderung entgegenzutreten, was


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 268

ja irrtümlicherweise von der Wirtschaft auch immer wieder gefordert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

23.05


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Hundstor­fer. – Bitte.

 


23.06.02

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir jetzt wirklich leid, dass es so spät am Abend ist, aber ich kann die Sachen nicht so einfach im Raum stehen lassen.

Herr Ing. Höbart, sich hier herzustellen und zu sagen, wir müssen die ÜBAs sozusagen runterfahren und die Betriebe fördern, ist einfach, denn wenn Sie wirklich von der Wirt­schaft eine Ahnung hätten – verzeihen Sie diese persönliche Anrede! –, dann würden Sie  (Abg. Ing. Höbart: Im Gegensatz zu Ihnen komme ich aus der Wirtschaft!) – Hö­ren Sie mir jetzt eine Sekunde zu, ich habe Ihnen auch zugehört!

Reden Sie einmal mit der engagiertesten Wirtschaftskammerpräsidentin in Österreich, die wir für Lehrlingsfragen haben, reden Sie mit der Frau Präsidentin Zwazl! Ich lade Sie ein, führen Sie einmal ein Fachgespräch mit ihr! Das ist nämlich jene Wirtschafts­kammer, die den ausgewähltesten und breitesten Test macht, und das mit Unterstüt­zung des Ressorts von Minister Mitterlehner und meines Ressort, und zwar mit viel Geld – ich sage das hier ganz entspannt – der Wirtschaftskammer, die einen Test bei allen Hauptschülern macht. Dann werden Sie wissen, warum die Frau Präsidentin, eine der vehementesten Gegnerinnen der ÜBAs bis vor zwei Jahren, auch heute zur Kennt­nis nehmen muss, dass wir in Niederösterreich 1 600 ÜBA-Plätze haben, weil wir ein generelles Problem haben.

Und dieses generelle Problem ist nicht mit einer Augenauswischerei, die Sie hier be­treiben wollen, zu lösen, denn die Betriebe wurden nicht gefunden, die bereit wären, die Defizite, die wir in der ÜBA auffangen, auszugleichen. Die kann ich auch mit 10 000 € nicht lösen, weil wir gewisse Probleme haben, die unbestritten sind und die wir ganz einfach viel früher zu lösen beginnen müssen. – Das war einmal Punkt eins.

Punkt zwei: Sie haben im Wirtschaftsausschuss einen Bericht bekommen, der Aussa­gen über die Situation in der Vergangenheit trifft. Das ist jetzt überhaupt keine Kritik an dem Zahlenwerk, das dort diskutiert wurde, aber wir haben zwischenzeitlich bereits begonnen, umzustellen, und das ist in dieses Zahlenwerk nicht eingeflossen, weil es nicht einfließen konnte, weil wir nämlich bereits die ÜBAs umgestellt haben, und zwar die ÜBA 1 und die ÜBA 2, und die ÜBA 2 wird nun viel stärker forciert.

Ich würde Sie auch bitten, zur Kenntnis zu nehmen – ich weiß, das ist jetzt Zahlenklau­berei –: Zur Stunde haben wir nur 9 190 Köpfe in ÜBAs und keine 12 000 und auch keine 13 000. Ich hätte lieber nur 6 000 oder 7 000, das ist überhaupt nicht mein Pro­blem, sondern mein Problem ist, dass ich Betriebe finden muss, die bereit sind, Lehr­linge auszubilden. Vielleicht haben Sie Kreativität, dann finden Sie welche! Sie werden genauso nichts finden, wie wir nichts gefunden haben. – Das war Punkt zwei.

Noch etwas: Glauben Sie denn wirklich, dass wir uns herstellen und ein Programm, das über vier Jahre gelaufen ist, aus Jux und Tollerei einstellen? Glauben Sie denn wirklich, dass die Koalitionsparteien so naiv sind und sagen: Blum-Bonus weg, gefällt uns nicht mehr!? Es gibt sehr wohl sachliche Gründe, die zu dieser Entscheidung ge­führt haben.

Da Sie sich heute hier herstellen und sagen „Facharbeit“: Ich glaube, wir sollten zur Kenntnis nehmen – und das war in diesem Bericht im Wirtschaftsausschuss, glaube ich, auch ein Thema –, dass wir eine schrumpfende Jugend haben. Wir werden weni-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 269

ger im Moment. Und im Moment weniger werden heißt, dass die Jugendlichen, die da sind, viel stärker und viel intensiver von den unterschiedlichsten Ausbildungszweigen angeworben werden.

Ob wir wollen oder nicht, wir sind jetzt dabei, das erste Mal die 15 000er-Grenze zu überschreiten. Kollege Mitterlehner hat Ihnen das im Wirtschaftsausschuss auch dar­gestellt. Und es ist doch vollkommen klar: Wenn wir die Gesamtwirtschaftsleistung die­ses Landes aufrechterhalten wollen, dann brauchen wir Migration. Ob Sie wollen oder nicht, ob es Ihnen Spaß macht oder nicht, wir brauchen Migration, wenn wir die Ge­samtwirtschaftsleistung dieses Landes aufrechterhalten wollen! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich weiß, dass heute in diesem Haus schon sehr intensive Europadiskussionen gelaufen sind. (Zwischenruf des Abg. Ing. Höbart.) – Nein, es geht ja nicht darum, junge Leute auszubilden, es geht darum – Sie verstehen es nicht, Herr Ing. Höbart, verzeihen Sie! –, wenn ich um 15 000 Menschen pro Geburtsjahr­gang weniger habe, dann kann ich nicht mehr ausbilden, weil ich sie nicht habe! Und wenn sich die AHS-Oberstufe, die HTL, die HAK um denselben 15-Jährigen mit der Lehre streiten, die Krankenpflegeschule und auch die Kindergartenausbildung, ich aber um 15 000 15-Jährige weniger pro Jahr habe, dann habe ich ein Problem!

Und jetzt machen wir noch den letzten Lückenschluss: Die 4 000, die uns pro Ge­burtsjahrgang an 15-Jährigen verloren gehen, suchen wir jetzt auch noch auf, indem wir mit dem Jugend-Coach in die Schulen gehen.

Lieber Herr Ing. Höbart! Machen Sie einmal diese Milchmädchenrechnung, und dann reden wir weiter! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Schluss kommend: Sie haben heute sehr viel über Europa diskutiert, und im Zuge dieser Debatte konnte es nicht Eingang finden, das ist vollkommen klar, es war auch nicht das Thema: Eurostat hat heute eine Statistik veröffentlicht – Herr Ing. Höbart, hören Sie eine Sekunde zu, damit Sie ein bisschen eine Jubelmeldung verkaufen können! –, wo 271 Regionen Europas nach ihren Arbeitslosenquoten zerlegt wurden. Unter den ersten zehn Regionen sind vier österreichische Regionen, an erster Stelle ex aequo Salzburg und Tirol. Das sind jene Regionen Österreichs mit der niedrigsten Ar­beitslosenquote von allen 271 Regionen Europas.

Das ist aktive Arbeitsmarktpolitik mit einer äußerst engagierten Wirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moret­ti. – Bitte.

 


23.13.26

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist schade, dass wir dieses wirklich spannende und sehr wichtige Thema, zumin­dest für uns als ÖVP-Politiker, weil uns Jugend, Ausbildung und auch Ausbildungsbe­triebe wichtig sind, zu so später Stunde diskutieren. Es hätte sich ein größeres Forum wirklich verdient.

Sehr viele Vorredner haben es ja schon angesprochen: Die Lehre ist eine gute Ausbil­dung. Und, Frau Abgeordnete Schatz, das duale System, glauben Sie mir, ist das bes­te System, das wir in dieser Form von Ausbildung haben. Es ist europaweit anerkannt. Und die anderen Länder fragen schon: Wie macht ihr das in Österreich? Wie schafft ihr es, zu so tollen Fachkräften zu kommen? Wie schafft ihr es, dass ihr so eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit habt? Sogar Spanien, Frankreich, wie auch immer die Länder heißen in der Europäischen Union, interessieren sich für unsere duale Ausbildung. Und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 270

nicht nur in Europa, unser Präsident Leitl ist sogar in Übersee unterwegs und stellt dort unser duales, unser Topsystem für Jugendausbildung vor. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil Frau Abgeordnete Belakowitsch so großartig über den Antrag des Herrn Abgeord­neten Kickl gesprochen hat: Ich bedauere sehr, dass sehr viele von Ihnen nicht den­selben Wissensstand haben, weil die Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein wis­sen müsste, dass es keinen „Lehrherrn“ mehr gibt. Dieser Ausdruck stammt aus dem vorigen Jahrhundert, jetzt heißt es, und das schon sehr, sehr lange, „Lehrberechtigter“. Aber vielleicht ist Nachlesen beim Lehrvertrag ein bisschen zu viel verlangt.

Aber nun zur Frage: Was glauben Sie, warum Unternehmerinnen und Unternehmer Jugendliche zu Fachkräften ausbilden? Weil sie Förderungen bekommen? – Mit Si­cherheit nicht! Das ist sicher nicht der Grund dafür, warum wir Betriebe Lehrlinge aus­bilden. Wir bilden Lehrlinge aus, weil wir Fachkräfte brauchen. Wir brauchen gut aus­gebildete Fachkräfte, um unseren Wirtschaftsstandort abzusichern, um wachsen zu kön­nen und um Arbeitsplätze zu sichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber zu den Anträgen meiner FPÖ-Kollegen. Zum Antrag betreffend Umbenen­nung der Lehrlingsentschädigung sage ich überhaupt nichts, das Wesentliche ist be­reits gesagt. Das bringt aber schon gar nichts.

Ich möchte nur noch ein paar Worte zum Blum-Bonus sagen. Der Blum-Bonus wurde seinerzeit ins Leben gerufen, weil wir ein Überangebot von Lehrstellen-Suchenden hatten. Herr Ing. Höbart, vielleicht könnten Sie mir zuhören, dann kennen Sie sich aus! Und heute ist es ja umgekehrt: Wir haben nicht mehr so viele Jugendliche, die auf Lehrstellensuche sind. Die Gründe hat uns Minister Hundstorfer schon genannt: weil wir eben aufgrund der demographischen Entwicklung viel zu wenige junge Menschen haben, die in Ausbildung gehen, und weil es auch einen großen, ich sage jetzt einmal, Konkurrenzkampf mit den Schulen gibt.

Alle anderen Anträge sind ja schon entsprechend argumentiert worden. Wir werden diesen Anträgen nicht zustimmen, zumal mir bei diesen Anträgen auch das Positive für die Unternehmen fehlt. Es gibt ja genügend Überlegungen und ganz, ganz sinnvolle Vorschläge. Und ich bitte Sie, setzen wir uns einmal zusammen, gehen wir diese Vor­schläge und Überlegungen durch! Dann werden wir sicher zu tollen Ergebnissen kom­men, nicht nur für unsere Lehrlinge, sondern auch für unsere Ausbildungsbetriebe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


23.17.18

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Ich versuche, jetzt noch einmal sachlich zu argumentieren. Vielleicht hat sich der Herr Minister in der Zwischenzeit beruhigt.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der Entfall der Sozialversi­cherungsbeiträge während der Lehrlingsausbildung eine wichtige Sache wäre. Die Wirtschaft klagt zu Recht – das kann auch der Herr Minister nicht bestreiten – über ei­nen Facharbeitermangel. Unsere heimische Wirtschaft besteht zum Großteil aus sehr fleißigen mittleren Betrieben, die sehr gerne, Herr Minister, Lehrlinge ausbilden und an­stellen würden, aber sie können es sich fast nicht mehr leisten. Das werden Sie auch nicht bestreiten.

Hier ist die Politik sehr gefordert, meine sehr verehrten Damen und Herren, endlich Rahmenbedingungen, Möglichkeiten für die Betriebe zu schaffen, die dafür sorgen, dass sie wieder Lehrlinge anstellen können, dass die Lehrlinge wieder einen Lehrplatz finden und die Firmen und Betriebe nicht noch mehr belastet werden. Eine gute Sache,


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Herr Minister, ein sehr guter Anreiz für die Betriebe wäre es, wenn die öffentliche Hand die Sozialversicherungsbeiträge von den Lehrlingen übernehmen würde.

Sozialversicherungsbeiträge sind Lohnnebenkosten, und diese Lohnnebenkosten sind jetzt schon viel zu hoch. Und wir von den Freiheitlichen sind überzeugt, dass hier das Geld viel besser eingesetzt wäre als für dubiose Rettungsschirme, wie wir sie heute schon beschlossen haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

23.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


23.18.59

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Anträgen der FPÖ Stellung neh­men, zur Umbenennung der Lehrlingsentschädigung und zur Fortführung des Blum-Bonus.

Zur Lehrlingsentschädigung ist schon sehr viel gesagt worden. Eine Namensänderung bringt, glaube ich, überhaupt keine Änderung in die Richtung, dass wir dann mehr jun­ge Leute hätten, die sagen, ich will eine Lehre machen. Abgesehen davon haben Sie auch keinen Vorschlag betreffend einen neuen Namen. Ich gehe davon aus, Sie wollen nicht wieder das Lehrgeld einführen, das die Eltern in früheren Zeiten für den Lehrplatz ihres Kindes gezahlt haben. Wenn das jetzt „Lehrgehalt“ heißt, so wird es an der Situa­tion nichts ändern.

Das Defizit fängt viel früher an. Ab dem zehnten Lebensjahr fangen wir derzeit an, in unserem Bildungssystem Kinder zu trennen: die einen in die Hauptschule, die anderen in die höheren Schulen, und damit sind die Kinder ab dem zehnten Lebensjahr irgend­wie schon abgestempelt. Und das ist der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Die skandinavischen Länder zeigen es uns ja vor, dass bis zum 15. Lebensjahr die Kinder nicht getrennt werden sollen. Und ab dem 15. Lebensjahr soll man ihnen dann die Entscheidung überlassen, ob sie eine Ausbildung machen wollen oder ob sie weiter in die Schule gehen wollen. Dort liegt eigentlich das Problem, aber wir wissen, dass wir bislang an einem neuen Bildungssystem gescheitert sind.

Aber jetzt zum Blum-Bonus. Wenn ich eine Firma frage: Wollt ihr eine Förderung haben?, dann wird jede sagen: Ja, ich will eine haben! – Die Förderung ist aber nicht das Allheilmittel. Die Vorredner und Vorrednerinnen haben das auch schon gesagt. Die Wirtschaft kann sich selber motivieren, Lehrplätze zu schaffen. Es gibt hier ein Bei­spiel, und darüber möchte ich ganz kurz berichten.

Seit 1980 gibt es eine Ausbildungsumlage in der Bauwirtschaft. Pro Arbeiter pro Tag zahlt jede Baufirma – wurscht, ob sie Lehrlinge hat oder nicht – 1 € in den Ausbildungs­fonds ein. Und mit diesem Geld, das sind rund 20 Millionen €, die da hereinkommen, werden jene Firmen belohnt, die Lehrlinge ausbilden. Die Bauindustrie hat früher nie Lehrlinge ausgebildet. Sie hat die guten Fachkräfte vom Gewerbe abgesaugt. Das Baugewerbe war dementsprechend enttäuscht, war „z’wider“, war „ang’fressen“, hat gesagt: Wir bilden nicht mehr aus!

So hat man dann automatisch einen internen Ausgleich geschaffen. Der Erfolg ist: Die Bauindustrie bildet jetzt auch selber aus, weil sie selber zu diesem internen Geld kom­men will. Damit finanzieren wir Lehrbauhöfe, wo eine Höherqualifizierung stattfindet. Damit finanzieren wir die Internatskosten, damit die Lehrlinge keine Internatskosten ha­ben, wenn sie im Internat schlafen. Und damit kriegt jeder Betrieb 1 500 € pro Jahr und Lehrling cash auf die Hand – ohne einen einzigen Euro Steuergeld dafür aufwenden zu müssen. Das ist ein Modell, das ich Ihnen allen sehr gerne zur Verfügung stelle, ein Beispiel, wo Betriebe Betriebe motivieren auszubilden, ohne dass wir Steuermittel in


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die Hand nehmen müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.22


23.22.10

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf eines Bundesgeset­zes, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (1857 d.B.).

Wer diesen Gesetzentwurf unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, so bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1859 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1860 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr unterstützendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1861 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr positives Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Ausschusses für Arbeit und So­ziales, seinen Bericht 1862 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr positives Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

23.23.5523. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1809 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luft­fahrtgesetz geändert werden (1867 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1977/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechte der Nach­barn/Nachbarinnen, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen im UVP-Fest­stellungsverfahren (1868 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1829/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, zuletzt geän­dert mit BGBl. 144/2011, geändert wird (1869 d.B.)


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26. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1947/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Klagsrecht für Um­weltorganisationen (1870 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1979/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend vollständige Um­setzung der Aarhus-Konvention (1871 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 1827/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Schiefergasförderung (1872 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 23 bis 28 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem stattfindet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


23.24.00

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Wir behandeln die UVP-Novelle. Angesichts der späten Stunde und der kur­zen mir zur Verfügung stehenden Redezeit ganz kurz: Die FPÖ wird dieser Novelle zum UVP-Gesetz nicht zustimmen. Unsere Kritikpunkte sind in erster Linie fachlicher Art. Wir befürchten durch diese UVP-Novelle eine Schwächung und Schädigung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Der zweite Kritikpunkt betrifft die kurze Begutachtungsfrist. Ich möchte dem Nationalrat hier nur einige Stellungnahmen zu dieser UVP-Novelle zur Kenntnis bringen.

Eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes: massive Kritik an der sechstägigen Be­gutachtungsfrist. Sechs Tage Begutachtungsfrist für ein solches Gesetz! Hinzu kom­men noch 30 Kritikpunkte legistischer und formeller Art, was eigentlich darauf hinweist, dass das Ministerium hier keine ordnungsgemäße Arbeit abgeliefert hat.

Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Österreich: ebenfalls Kritik an der kurzen Begutachtungsfrist, obwohl das meiner Ansicht nach etwas geheuchelt ist, denn ich bin der Meinung, die Sozialpartner haben sehr wohl die Gesetzesnovellen vom Ministerium wesentlich früher erhalten, sonst hätten sie nicht am gleichen Tag, an dem wir den Ausschuss gehabt haben, nämlich am 29. Mai, Stellungnahmen zu diesem Gesetz ab­geben können, das erst an diesem Tag in die Begutachtung gegangen ist.

Das ist auch eine Kritik und ein Vorwurf von uns an den Herrn Minister, dass es nicht möglich ist, Gesetzesvorlagen auch dem Parlament so rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, dass man sie ausreichend begutachten kann. Es geht nicht, so eine Geset­zesvorlage in sechs Tagen durchzuarbeiten. Das ist vom Bundeskanzleramt und allen wesentlichen Meinungsträgern in Österreich bestätigt worden.

Wie gesagt, dieser Vorwurf ist von den Sozialpartnern meiner Ansicht nach nicht ge­rechtfertigt, denn die Sozialpartner haben im Gegensatz zu uns den Gesetzentwurf we­sentlich früher bekommen. Es sollten alle die gleiche Frist für die Begutachtung dieses Gesetzentwurfs haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 274

Stellungnahme von der Wirtschaftskammer zur UVP-Novelle: komplizierter, unüber­schaubarer, unübersichtlicher.

Stellungnahme der Industriellenvereinigung: schränkt die Infrastrukturinvestitionen massiv ein.

Wir von der FPÖ wollen das nicht. Wir schließen uns dieser Kritik inhaltlich voll an.

Eine Kritik möchte ich noch vorbringen, denn es wird ja immer so getan, als ob das Ge­setz nach der Begutachtung im positiven Sinne überarbeitet würde. Dazu gibt es die Stellungnahme des Landes Oberösterreich. Auch diese Stellungnahme ist mehr als ne­gativ und mehr als bedenklich. Das Land Oberösterreich hat nämlich eine zusätzliche Stellungnahme Ende Juni abgegeben und darin kritisch festgestellt, dass das Gesetz nach der Überarbeitung durch das Ministerium nach der Begutachtung noch kompli­zierter, noch unüberschaubarer und noch wirtschaftsschädigender ist.

Deswegen gibt es von der FPÖ keine Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage. (Beifall bei der FPÖ.)

23.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


23.26.48

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Das Gesetz zur Verbesse­rung der Umweltverträglichkeitsprüfung ist eines, das nach einem sehr langen offenen Diskussionsprozess entstanden ist. Vor einem Jahr hat meine Fraktion eine Klubklau­sur abgehalten, wo wir gesagt haben: Was können wir tun, um die Abläufe zu be­schleunigen? Da sind einige gute Ideen seitens der Wirtschaft und anderer Kräfte ge­kommen. Wir haben das durchformuliert. Und es ist dann gelungen, dass das Minis­terium zu einem Runden Tisch eingeladen hat, zu dem, Gott sei Dank, die Bundes­länder ihre besten Leute geschickt haben, auch die Wirtschaft, andere Gruppen auch. Dabei wurden etliche Anregungen formuliert. Ein Jahr lang wurde daran gearbeitet und mit allen Interessengruppen diskutiert, wie diese Verbesserungen auszuschauen ha­ben.

Das ist auch der Grund dafür, warum letztendlich einerseits die Begutachtungsfrist kurz war, weil man mit manchen sehr lange geredet hat, auf der anderen Seite auch kurz bleiben konnte, weil man eben mit allen alles ausgesprochen hat. Daher sind dann auch keine wesentlichen, wirklichen Einwendungen gekommen.

Ein Problem ist allerdings deutlich zutage getreten. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ja ein Instrument der Verwaltungsvereinfachung für den Investor. Wenn eine Inves­tition sehr groß ist, dann will dieser am Schluss einen fertigen Bescheid, mit dem er rechtssicher bauen kann – und das garantiert die Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Teufel schläft allerdings an der Grenz’, sagt man bei uns daheim. Es gibt eine Unter­grenze für die Umweltverträglichkeitsprüfung. Und komme ich hinein oder komme
ich nicht hinein, das macht einen großen Unterschied in den Kosten. Daher sind die Schwellwerte immer ein wichtiger Punkt und ein Streitpunkt.

Diese Frage ist maßgeblich dafür: Brauche ich eine Umweltverträglichkeitsprüfung? Deshalb muss ich prüfen lassen, ob ich über die Schwellwerte komme. Und dazu gibt es ein Feststellungsverfahren. Dieses Feststellungsverfahren wird in manchen Bundes­ländern sehr zeitaufwendig durchgeführt, praktisch wie eine UVP. Und wir haben es jetzt geschafft, dass diese Phase weggelassen werden kann, wenn ein Investor sicher ist, dass er eine UVP braucht. Dann gibt es dieses Feststellungsverfahren auf Antrag gar nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 275

Damit aber jetzt nicht passieren kann, dass dann vielleicht wer sagt, es ist schlampig geprüft worden, wurde ausgewählten NGOs, die im Gesetz genannt sind, ein besonde­res Recht eingeräumt, dass sie überprüfen können, ob dieses Feststellungsverfahren, das ergeben hat, dass ein Investor keine UVP braucht, ordentlich abgelaufen ist. Die­ses Überprüfungsverfahren hat keine verzögernde Wirkung, aber gibt der Bürgergesell­schaft Sicherheit, dass es passt.

Wir haben das im Gesetz für etliche Themen aufbereiten können: in der Wasserkraft, in der Windkraft, im Verkehr. Wir haben jetzt auch Neubestimmungen drinnen, die UVP-pflichtige Flughäfen betreffen, Bestimmungen, die die Versprechen, die den Menschen in Mediationsverfahren gemacht wurden, durchsetzbar machen, Bestimmungen, die dafür sorgen, dass es zu bindenden Bescheiden kommt, damit die Menschen das auch kriegen, was ihnen versprochen worden ist. Auch das ist eine gute Geschichte.

Ein Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt: Nachdem das Schiefergas weltweit ein Thema geworden ist, in Amerika der Erdgaspreis dadurch auf ein Drittel zurückge­gangen ist, ist die Industrie hoch an der Förderung interessiert. In Österreich – das er­laube ich mir zu sagen – wurde von der OMV dieses Thema in der Region dilettantisch aufbereitet. Statt dass man zuerst geschaut hätte, dass man ein ordentliches Verfahren bekommt, dass man mit den Menschen das Thema so aufarbeiten kann, dass sich kei­ner fürchten muss, hat man ein Theater angefangen, das unglaublich war!

Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass wir rasch und rechtzeitig – und da bedanke ich mich bei allen Kollegen, die konstruktiv mitgearbeitet haben – für Schiefergas in der Erkundung, und in der Förderung sowieso, eine eigene Kategorie in der UVP angefügt haben, damit auch dieses Thema geregelt und erledigt ist. (Ruf bei der ÖVP: UVP-pflichtig! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Genau, es ist UVP-pflichtig! Genau so ist es, und das wollen wir, weil wir in Österreich einen hohen Standard bei den Umweltgesetzen haben (Abg. Mag. Brunner: Das heißt, wir wissen nur, wie es genehmigt wird!) und daher so eine Investition nur möglich wird, wenn sie ordentlich durchgeführt werden kann. Wenn das nicht beweisbar ist, wird es sie nie geben. Ich denke, diejenigen, die mit dem vielen Geld daherkommen, werden auch daran interessiert sein, dass sie es ordentlich machen. Und dann, wenn es or­dentlich gemacht wird, werden nicht einmal mehr die grünen Kollegen etwas dagegen haben.

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist leider erschöpft; nicht das Thema, ihr werdet alle noch etwas dazu sagen. Ich höre fürs Erste auf und freue mich wirklich, dass wir dieses UVP-Gesetz durchgebracht haben. Herr Bundesminister, herzliche Gratulation, großes Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


23.31.34

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Den Gratulationen kann ich mich leider nicht anschließen. Ich wundere mich auch ein bisschen über die bisherigen Ar­gumente, denn eigentlich heißt es Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, und ich habe jetzt nur solche Schlagworte gehört wie: Wirtschaftsstandort, Vereinfachungen für die Wirtschaft. Im Wesentlichen geht es darum, hier Umweltinteressen einzubringen!

Es ist auch ein sehr, sehr wichtiges Gesetz. Wir haben heute sehr viel auch über Betei­ligung, über direkte Demokratie gesprochen. Das Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz ist das zentrale Gesetz, wo es um Bürgerbeteiligung bei Umweltanliegen geht; aus


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unserer Sicht nicht ausreichend, aber dort ist noch die beste Form der Bürgerbetei­ligung gegeben. Und dann wundere ich mich gerade bei einer Partei wie der FPÖ, die direkte Demokratie plakatiert, aber im Ausschuss, wenn die Öffentlichkeit dann nicht so genau zuhört, sagt: Na ja, wir warnen vor zu viel Bürgerbeteiligung! Das hat ein biss­chen Erklärungsbedarf. (Abg. Dr. Graf: Was macht ihr denn? Die Grünen brauchen das Wort „Bürgerbeteiligung“ nie wieder in den Mund zu nehmen! Nie wieder! – Weite­re Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Noch einmal zum Grund des Zustandekommens dieses Gesetzes: Da die Bürgerbetei­ligung im österreichischen UVP-Gesetz eben nicht ausreichend geregelt ist, gab es zahlreiche Beschwerden an die Kommission. (Abg. Dr. Graf: Die Bürgerbenachteili­gungspartei sind die Grünen!) Die EU hat dem auch stattgegeben. Es gibt ein eindeu­tiges Mahnschreiben, dass wir hier Verbesserungsbedarf haben. Das betrifft eben das vom Vorredner angesprochene Feststellungsverfahren, wo es darum geht: Brauche ich für ein Projekt überhaupt eine UVP oder nicht?

In diesem Verfahren gibt es keine Parteienstellung für Bürgerinnen und Bürger, für Nachbarinnen und Nachbarn. Sie haben jetzt die NGOs hineingenommen. Das begrü­ßen wir, es ist aber bei Weitem nicht ausreichend. Wir wissen, 80 Prozent aller Fest­stellungsverfahren gehen negativ aus; das heißt, es ist keine UVP notwendig. Als Nachbarin, als Anrainerin, als Bürgerinitiative habe ich dann keine Möglichkeit, das zu beeinspruchen! Und die Parteienstellung der NGOs reicht eben nicht aus, weil NGOs einfach andere Interessen vertreten als eine lokale Bürgerinitiative oder eine Anrai­nerin/ein Anrainer und weil NGOs sich auch nicht in jedem lokalen Projekt engagieren können.

Das heißt, aus unserer Sicht wurde da dem Mahnschreiben der EU nicht ausreichend Rechnung getragen. Wir haben deswegen auch einen Antrag eingebracht, dass wir zu­sätzlich die Parteienstellung von BürgerInneninitiativen, von Anrainerinnen und Anrai­nern fordern. Dieser wurde leider von Ihnen abgelehnt.

Was in diesem Gesetz fehlt, ist auch die finanzielle Unterstützung für Bürgerinitiativen. Wir Grüne haben das! Wir haben einen Bürgerinitiativenfonds, der sehr gut angenom­men wird, weil er auch gebraucht wird, weil das UVP-Verfahren nicht für die Wirtschaft die große Kostenbelastung ist, sondern für die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl auch, die in ihrer Freizeit mit ihrem eigenen Geld Gutachter finanzieren müssen und sich das UVP-Verfahren antun müssen. (Abg. Dr. Graf: ... eure eigenen Vereine!) Ich denke mir, die vertreten genauso auch öffentliche Interessen. Umweltschutz wird in konkreten Fällen oft nur von engagierten BürgerInnen vertreten, daher wäre es auch hier Ihre Aufgabe, für finanzielle Unterstützung zu sorgen. (Beifall bei den Grünen.)

Was auch noch fehlt, ist ein Energieeffizienzgebot. Herr Minister, ich verstehe es ir­gendwie nicht: Sie reden von Energieautarkie, aber dann, wenn es um Genehmigun­gen geht, findet man nicht, dass Energieeffizienz irgendwie ein Genehmigungskriterium wäre.

Wir haben Verschlechterungen drinnen, die ganz kurzfristig gekommen sind. Die sehr kurze Begutachtungsfrist wurde ja schon angesprochen; da finde ich es gerade dann, wenn es um ein Gesetz mit Bürgerbeteiligung geht, auch eigenartig, wenn die Zeit für Stellungnahmen zu diesem Gesetz so kurz ist. Trotzdem sind sehr viele gekommen, auch mit sehr viel Kritik. Aber sehr kurzfristig, einen Tag vor dem Ausschuss, sind dann noch weitere Verschlechterungen über einen Abänderungsantrag gekommen, die das Entlastungsprivileg bei Flughäfen und bei Starkstromleitungen ausweiten. Das heißt, man kann hier BürgerInnen gegeneinander abwägen: Werden mehr belastet als entlas­tet? – Das bringt beim Gesundheitsschutz der einzelnen Person eigentlich nichts.

Ein anderer Aspekt, wenn es um Beteiligung geht, ist die Umsetzung der Aarhus-Kon­vention. Das hatten wir auch im Ausschuss. Österreich ist vor 14 Jahren beigetreten


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und hat es bisher nicht geschafft, diese Konvention umzusetzen. Was fehlt, ist nämlich, dass BürgerInnen Umweltverstöße auch bei öffentlichen Gerichten einklagen können. Das haben wir vor 14 Jahren versprochen, es aber bis jetzt nicht geschafft, das umzu­setzen. Ich finde das peinlich!

Es ist hier auch eine Verschwendung von Steuergeld passiert, weil aus Ihrem Haus ei­nerseits Studien finanziert wurden, wie wir diese Konvention umsetzen können. Da ist dann herausgekommen, dass wir ein Umweltbehelfsgesetz brauchen. Gleichzeitig wird aber dann ein Experte – ein Jurist – engagiert, der sich dafür einsetzt, dass wir das nicht umsetzen müssen. Das, finde ich, ist ein bisschen eine Doppelbödigkeit, eine Verschwendung von Steuergeld und, ja, peinlich, dass Sie es in 14 Jahren nicht schaf­fen, eine Umweltschutzkonvention, eine Konvention, die Bürgerrechte gewährleisten wird, umzusetzen. (Abg. Dr. Graf: Weil es kein eigenes Umweltministerium gibt!) – Da­zu werde ich noch kommen.

Das Thema Schiefergas wurde schon angesprochen. Sie haben das jetzt in der UVP drinnen, die Ausnahme für Schiefergas ist gestrichen. Nur: Wenn Schiefergas im UVP-Gesetz drinnen ist, heißt das nicht, dass es keine Schiefergasbohrungen geben wird. Dann wissen wir nur, wie solche Projekte zu genehmigen sind. Ich wehre mich dage­gen, dass diese Vorgangsweise dazu verwendet wird – alle anderen Parteien haben unseren Antrag auf ein Verbot von Schiefergas, auf ein Nein zu Schiefergas abgelehnt (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, ich wehre mich dagegen, dass wir uns damit, Schie­fergas in die UVP hineinzunehmen, davor drücken, die politische Entscheidung über Schiefergas zu treffen, denn die ist notwendig! (Beifall bei den Grünen.)

Wir müssen hier entscheiden: Wollen wir, dass in Zukunft Schiefergasbohrungen im Weinviertel oder überhaupt in Österreich stattfinden oder nicht? – Wir Grüne sagen ganz klar: Nein! Denn sollten die Versprechungen der OMV je erfüllt werden können – was ich nicht glaube –, sollte es tatsächlich ein umweltverträgliches Verfahren geben, ist es immer noch fossiles Gas, das wir nicht werden verbrennen können, außer, wir wollen unsere dramatische Klimabilanz noch weiter verschlechtern. Das können wir uns nicht leisten, finanziell nicht, umweltmäßig nicht. (Abg. Hornek: ... sagen zu allem und jedem Nein!) Wenn man die Energiewende ernst nimmt, wenn Sie das, was Sie plakatieren oder inserieren, ernst nehmen, dann muss man ein klares Nein zu Schie­fergas sagen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Ich plakatiere das nicht!)

Wir haben in unserem Antrag drei Möglichkeiten vorgeschlagen, die der Herr Umwelt­minister hätte, die der Herr Wirtschaftsminister hätte und die die Frau Finanzministerin hätte, für einen Stopp von Schiefergas zu sorgen. Das haben Sie alle abgelehnt. Ge­hen Sie nicht ins Weinviertel und sagen Sie den Leuten nicht, sie können ohnehin in der UVP alles sagen! Denn in der UVP geht es nicht mehr darum, ob Schiefergas kommen soll oder nicht, sondern nur noch, wie. (Abg. Neubauer: Das sagen Sie! Und was sagt die Frau Glawischnig?)

Herr Minister, Sie haben gesagt, Sie glauben nicht an Schiefergas. Nur ist das leider keine Glaubensfrage, und ob Sie das glauben oder nicht, ist irrelevant. Sie sind Minis­ter, Sie sind dazu da, etwas zu tun, egal, ob es um Schiefergas oder um andere Um­weltthemen geht. Das vermisse ich sehr, deswegen: Österreich braucht ein eigenstän­diges, starkes und engagiertes Umweltministerium! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hörl: Na bitte!)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


23.39.44

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kollegin Brunner, wenn ich Ihnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 278

jetzt sehr genau zugehört habe, klang eher Ablehnung gegen die vorliegende Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz durch. Ich denke mir, aus den Stellungnah­men ist doch eindeutig hervorgegangen, dass man auf der einen Seite Wirtschaft fördern, Wirtschaft zulassen muss, dies aber unter strengen, strengsten österreichi­schen Umweltauflagen!

Genau das ist die Intention des Gesetzes, dass wir aus Erfahrungen aus der Ver­gangenheit in einem mehr als einjährigen Diskussionsprozess, unter Einbindung aller Stakeholder, von der Industriellenvereinigung, der Wirtschaft, der Landwirtschaft, dem Verkehrsbereich und Umweltorganisationen, die sich alle sehr intensiv eingebracht ha­ben, jetzt zu einer Novelle gekommen sind.

Wenn wir auf der einen Seite sagen, wir wollen Klarheit für Investitionen, wenn jemand bereit ist, sich freiwillig einer UVP-Prüfung zu unterstellen ohne Feststellungsverfahren, dann ist das ein Fortschritt, sowohl für die Umweltpolitik als auch für den Investor! Das ist gerade der Punkt, den Umweltorganisationen immer wieder bemängelt haben, weil sie gesagt haben: Im Vergleich gibt es in Österreich relativ wenige Umweltverträglich­keitsverfahren. Ich glaube, dass sich das damit ändert.

Genauso die Anrainerrechte: Es gibt zwei Arten von Anrainerrechten, die einen im Ma­terienverfahren, wo die Anrainer natürlich in der ersten Instanz alle Möglichkeiten ha­ben, und jetzt die neue zweite Möglichkeit – auch auf Wunsch der Umweltorganisa­tionen und auf Druck von Europa –, dass man sagt: Wenn es ein negatives Feststel­lungsverfahren gegeben hat, haben die anerkannten österreichischen Umwelt-NGOs die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag zu stellen.

Wenn man die Energiewende will, muss man auch Leitungen, muss man Windkraftan­lagen, Wasserkraftanlagen ermöglichen. Auch hier gibt es einen konstruktiven Kon­sens mit den Umweltorganisationen. Bei aller Kritik, die es immer an Schwellenwerten geben wird – darüber werden wir permanent beraten müssen –, vertreten auch die Um­weltorganisationen im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energie die Intentionen des Gesetzes.

Auf neue Technologien muss neu reagiert werden. Schiefergas war bis vor wenigen Monaten de facto kein Thema in Österreich; mit der Diskussion im Weinviertel ist es zum Thema geworden. Wir haben die Problematik sofort ins UVP-Gesetz mit aufge­nommen: Schiefergas-Förderung, selbst die Erkundung ist nur möglich, wenn es ein UVP-Verfahren gegeben hat.

Ein klares Bekenntnis gibt es zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs, auch ein Be­kenntnis zum Flughafen Wien-Schwechat als Verkehrsdrehscheibe, als Wirtschafts­standort und Arbeitgeber.

All diese Reformen sind in einem sehr guten Kompromiss und mit Einbindung der Um­weltorganisationen und der wichtigsten Stakeholder umgesetzt worden. Es ist auch ein Gesetz, das parlamentarisch sehr gut beraten wurde, sehr intensiv diskutiert wurde, das im Vergleich zur Vorlage noch wesentlich verbessert wurde – auch ein Beispiel für erfolgreiche parlamentarische Arbeit!

In diesem Sinne ist dieses Gesetz für die nächste Zeit wieder ein strenges Umwelt­gesetz, das die Lebensqualität in Österreich wesentlich erhöhen wird, strenge Umwelt­auflagen bietet, aber trotzdem wirtschaftliche Entwicklung und den Weg der Energie­wende ermöglichen wird. Herzlichen Dank an alle, die hier mitgewirkt haben! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 279

23.43.42

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich kann den euphorischen Worten des Vorredners nicht zustimmen. Das BZÖ wird auch dieser Novelle heute nicht zustimmen. Ich werde kurz anführen, warum wir nicht zustimmen werden. Es sind schon einige Punkte angesprochen worden.

Über 80 Stellungnahmen hat es zu diesem Entwurf gegeben, aber von diesen über 80 Stellungnahmen ist relativ wenig in diese Novelle eingeflossen. Es fehlen wesent­liche Punkte, sie wurden schon angesprochen und wurden auch im Hearing vom Ex­perten, den wir namhaft gemacht haben – Mag. Alge, den Geschäftsführer des Ökobü­ros –, bestätigt, wiedergegeben und auch dargelegt. Wir haben auch darüber diskutiert und sind eben dort noch einmal zu der Meinung gekommen, dass dies unzureichend und nicht gut überlegt ist.

Es gibt negative Punkte, die Contras überwiegen gegenüber den Pros bei diesem Ent­wurf. Die Bürgerinitiativen- und Anrainerrechte – das wurde schon angesprochen – sind nicht berücksichtigt, auch was die Beteiligung von NGOs im Feststellungsverfah­ren betrifft, fehlt es hier nach wie vor.

Der Entwurf wird durchgepeitscht, vielleicht auch im Hinblick darauf, dass der Herr Mi­nister von Landeshauptmann Pröll in Niederösterreich aufgefordert wurde, rasch zu reagieren und diese Novelle schnell zu machen, denn er möchte ja die dritte Piste am Flughafen ausbauen. Gegen diese Piste sind wir nicht, aber es geht um das ganze Procedere dahinter, dass eben mit dieser Novelle auch die Enteignungen vorangetrie­ben werden, die Enteignungen leichter gemacht werden können. Das schaut mir ganz nach einer Anlassgesetzgebung auch für Niederösterreich und für Pröll aus.

Fazit: Wir werden nicht zustimmen. Hier wurde unseres Erachtens eine Chance vertan, eine echte Novellierung zu machen. Es ist ja mittlerweile, glaube ich, schon die 13. oder 14. seit 1993, und es wird auch aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novel­le 2012 eine neue Novelle notwendig sein, die schon vom BKA in Ausarbeitung ist, wie der Herr Minister uns im Ausschuss mitgeteilt hat.

Wir hätten noch warten und diese Novelle ordentlich machen können, damit alle Berei­che und die Komplexität dieser Materie mit behandelt werden können. Der Rechnungs­hof hat ebenfalls festgestellt, dass die Begutachtungsfrist viel zu kurz war, und hat dies auch kritisiert. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

23.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


23.46.24

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundes­minister! Ja, das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ist natürlich eine sehr komple­xe Materie. Sie war ursprünglich zur Verwaltungsvereinfachung gedacht, zur Verwal­tungskonzentration; ob wir das im Laufe dieser Jahre erreicht haben, das möchte ich schon bezweifeln. Aber ich glaube, wir sind auf einem richtigen Weg, wir sind in der Si­tuation, dass wir die Verfahren massiv verkürzen konnten.

Ich möchte mich hier bei Herrn Minister Berlakovich bedanken, auch bei Frau Petek, die sehr bemüht ist und wirklich versucht, Fortschritte zu erreichen, dass wir in der Bü­rokratie etwas effizienter und schneller vorgehen. Wenn wir heute sehen, dass Verfah­ren, die früher drei, vier Jahre dauerten, jetzt bei eineinhalb Jahren angelangt sind – Feststellungsverfahren, dann das normale Verfahren und Berufung beim Umweltse­nat –, dann, denke ich, sind das Fortschritte.

Allerdings gibt es nach wie vor Verfahren wie bei uns im Zillertal: ein Golfplatz, vier Jahre – ich hoffe, wir bekommen jetzt bald die Bewilligung. Es gibt auch Seilbahn-Ver-


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fahren, eines wurde gerade abgelehnt: Zell am See, dreieinhalb Jahre, 3 Millionen an Kosten. Wir reden hier also schon auch von erheblichen Kosten.

Aber wir sind auf dem richtigen Weg, und ich möchte mich hier bedanken für diese No­velle bei Hermann Schultes, ohne den das nicht gegangen wäre, auch bei Josefine Sinkovits, die für das Kabinett verhandelt hat, und bei Frau Petek. Auch Herr Weninger hat hier mitgeholfen. Ohne euren Einsatz, der sprichwörtlich war, wäre das alles nicht gegangen! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Jannach – wo ist er denn? Er ist nicht da. Man kann natürlich auch sagen ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Lieber Freund, Sie sind hier. – Man kann natürlich auch sagen, das ganze Glas ist völlig leer, es ist alles umsonst, man kann hier nichts tun. Aber wir sehen es anders! Wir arbeiten daran, dass es besser wird, und ich glaube, wir sind ein gutes Stück weitergekommen.

Wir haben einen freiwilligen und schnellen Eintritt in das UVP-Verfahren erreichen kön­nen. Wir haben die Länder, die Parteistellung der Materienbehörden, zurückschrauben können. Wir haben auch bei den Unterlagen, die vorzulegen sind, einige Erleichterun­gen zustande gebracht, dass die Verfahren schneller beginnen können.

Es ist uns auch gelungen, dass wir den Umfang der Unterlagen etwas reduzieren konnten. Sie brauchen für ein Schigebiet, für das Restaurant nicht mehr die Kipprad­pfanne, die Marke der Kippradpfanne vorzulegen oder bei einem Kraftwerk, wenn Sie heute einen Presseraum haben, nicht mehr zu wissen, welche Büromöbel Sie da hi­neinstellen. Das wird es auch in Zukunft nicht mehr geben.

Allerdings, Herr Minister, kreide ich Ihnen etwas an, dass Sie den NGOs die Parteistel­lung im Feststellungsverfahren eingeräumt haben. Das hätten wir nicht tun müssen. Es gibt zwar ein Vertragsverletzungsverfahren von der Europäischen Union, aber das hät­te man natürlich auch gewinnen können, wenn man es gewinnen wollte!

Deshalb, Frau Brunner, sage ich Ihnen eines: Dieser Umweltminister ist ein echter Um­weltminister! (Beifall bei der ÖVP.) Ich als Wirtschafter bedauere das manchmal. Aber, Frau Brunner, wir haben ein tolles Umweltministerium! Mehr brauchen wir sicher nicht, auch deshalb nicht, weil wir den Standort Österreich schützen müssen vor Extremisten, wie sie auch in den Reihen der Grünen manches Mal zu finden sind. Dafür kämpfe ich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Was ist denn das? „Extremisten“, wenn man eine andere Meinung hat? Herr Präsident!)

23.49


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich. – Bitte.

 


23.50.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Regierungskolle­gin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Umweltverträglichkeitsprüfungsge­setz prallen die Interessen aufeinander, einerseits die der Wirtschaft, die Genehmigun­gen haben möchte, andererseits die Interessen der Bürger, der Bürgerinitiativen, der Nachbarn. Meine Aufgabe im Speziellen ist es, diese Interessen zu bündeln und einen ordentlichen Weg zu finden, mit dem alle existieren können.

Mit der vorliegenden UVP-Gesetzesnovelle erreichen wir schnellere, einfachere, klare­re Verfahren – das ist das Ziel – unter Aufrechterhaltung hoher Umweltstandards. Die Novelle bringt zum einen Verbesserungen für die Menschen, für die Umwelt, für die Wirtschaft, sie bringt raschere, unbürokratische Verfahren, eine schnellere Klarheit für alle Beteiligten, und wir schaffen auch mehr Bürgerrechte. Das Gesetz hat zum Ziel, dass Ökologie mit Ökonomie vereinbar wird, Umweltinteressen gemeinsam mit Wirt­schaftsinteressen vollzogen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 281

Für den Umwelt- und Klimaschutz brauchen wir den Ausbau der erneuerbaren Ener­gien. Wir wollen eben auch die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, um Steine aus dem Weg zu räumen. Wenn wir Atomstrom konsequent ablehnen, uns von den fossilen Energieträgern wegbewegen, erneuerbare Energieträger ausbauen, dann brauchen wir aber auch effiziente Genehmigungsverfahren. Wir haben schon einiges erreicht. Durch die letzte große UVP-Novelle im Jahr 2009 ist es zu einer merklichen Verkürzung der Verfahrensdauer gekommen. Wir haben damals in Sillian, bei der Re­gierungsklausur in Osttirol, etliche Schritte zur Verfahrensvereinfachung gesetzt.

Ich erinnere an den Schluss des Ermittlungsverfahrens. Der Behördenleiter kann sa­gen, ich habe alle Informationen, ich brauche keine neuen Informationen mehr. Ei-
ne mündliche Verhandlung kann entfallen. Es gibt eine Vereinfachung beim Turbinen­tausch.

Der Effekt, den wir damit erzielt haben: Früher gab es bei den Anlagengenehmigungs­verfahren eine Verfahrensdauer von 15 Monaten, jetzt sind es 11 Monate, also eine Verkürzung um vier Monate. Sie können das dem aktuellen UVP-Bericht entnehmen, der dem Nationalrat übermittelt wurde.

Die Novelle wird diese Bestrebungen fortsetzen. Die Menschen sagen zu Recht, die Bürokratie ist ausufernd, die Verwaltung muss reduziert werden. Wir sparen mit dieser Novelle Bürokratie, wir sparen auch Geld und erhöhen die Effizienz, weil wir Erfah­rungen aus der Praxis berücksichtigen. Wir haben einen Runden Tisch im Lebensmi­nisterium gemacht mit Vertretern der Wirtschaft, der NGOs und anderen Stakeholdern, um deren Erfahrungen einzubeziehen.

Sie dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass die Genehmigungsverfahren beim UVP-Gesetz Ländersache sind, die erste Instanz ist Ländersache. Es hängt also sehr wohl von den Ländern ab, wie großzügig sie Experten zur Verfügung stellen und wie effi­zient die Verfahren abgewickelt werden.

Eine Verbesserung für die Umwelt: Schiefergas wird UVP-pflichtig, auch die Probeboh­rungen dazu. Das ist für die Menschen in den betroffenen Regionen wichtig. Sie haben die Debatte im Weinviertel verfolgt. Die Menschen dort habe große Sorge. Das wird al­so UVP-pflichtig.

Natürlich werden die Bestrebungen nach Energieautarkie in Österreich umgesetzt durch verschiedene Gesetze, Ökostromgesetz, Klimaschutzgesetz, jetzt UVP-Gesetz. Die thermische Sanierung ist wichtig. Wir arbeiten konsequent an der Energieunabhängig­keit Österreichs, nämlich an einem energieautarken Österreich, wenn wir jetzt zum Bei­spiel auch klarere Richtlinien für die UVP-Pflicht bei mittleren Flusskraftwerken haben oder es bei kleinen Windanlagen keine UVP-Pflicht gibt.

Weniger Bürokratie: Es gibt die freiwillige UVP statt einer Einzelfallprüfung, das heißt, man erspart sich ein Vorprüfungsverfahren, wenn der Projektwerber sagt, ich mache freiwillig eine UVP.

Wir haben Vereinfachungen bei der Einreichung von Unterlagen. Es müssen bei Pro­jektbeginn nicht sofort alle Unterlagen vorhanden sein. Wir haben aber auch Beschleu­nigungen, indem die Landesbehörden auf Parteienstellung verzichten und das Ver­fahren schneller wird. Und wir verwirklichen auch mehr Bürgerrechte. Die NGOs be­kommen im Feststellungsverfahren die Möglichkeit, die Anträge zu überprüfen. Wenn Sie hier ansprechen, dass Nachbarn oder Bürger keine Rechte haben, so stimmt das nicht, weil in den einschlägigen Gesetzen, zum Beispiel in der Bauordnung, in der Ge­werbeordnung sehr wohl Nachbarrechte berücksichtigt werden.

Abschließend: Das Ziel muss sein, dass wir gemeinsam Projekte vorantreiben, dass wir eine wirtschaftliche Entwicklung in Gang bringen unter gleichzeitiger Wahrung un­serer hohen Umweltstandards.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 282

Ich bedanke mich bei Kollegin Bures, dass wir diesen gemeinsamen Weg gegangen sind, mit Gesetzesmaterien in meinem Zuständigkeitsbereich und in ihrem Zuständig­keitsbereich, und ich bedanke mich stellvertretend für die Abgeordneten bei Abgeord­netem Schultes, Abgeordnetem Weninger für die gemeinsame Arbeit. Es ist dies eine wichtige Materie, wo wir wirklich vieles in Österreich voranbringen, eine ökologische Fortentwicklung, aber auch wirtschaftlichen Fortschritt haben können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Venier. – Bitte.

 


23.55.27

Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der letzte Umweltausschuss hat eine Fülle von Themen behandelt, die es sich eigentlich verdient hätten, mehr Redezeit zu erhal­ten. Leider haben wir schon eine sehr vorgerückte Stunde und nur mehr sehr be­schränkte Redezeit, deswegen bringe ich mich hier nur mehr zum Thema Schiefergas­förderung ein.

Selbstverständlich und zweifelsohne gibt es größte Bedenken, vor allem was die Me­thode der Exploration angeht. Wenn man bedenkt, dass größtes Risiko von Verunrei­nigungen des Grundwassers durch schweren Chemikalieneinsatz besteht, so kann das unmöglich in unserem Interesse, im Interesse des Landes sein. Wenn man bedenkt, dass wahrscheinlich der größte Schatz dieses Landes  (Abg. Mag. Brunner: Sie ha­ben den Antrag auf Verbot aber abgelehnt!) – Dazu komme ich noch!

Wie gesagt: Österreich hat größtes Interesse daran, gerade das Grundwasser und das Wasser, das ich als größtes Kapital des Landes sehe, zu schützen. Das Problem Ihres Antrages ist, dass ein generelles Verbot der Exploration gefordert wird. Das umfasst auch Probebohrungen und auch die Forschung. Damit verhindern wir – Sie haben das angesprochen – die Möglichkeit einer ökologisch verträglichen Exploration dieses Ga­ses. Das ist für uns Grund genug, diesem Antrag nicht zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

23.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


23.57.02

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministe­rin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser UVP-Gesetzesnovelle wird heute auch das Luftfahrtgesetz mit beschlossen, und selbstverständlich spielt die Um­weltverträglichkeitsprüfung auch im Kontext mit dem Bau, Ausbau und Umbau von Flughäfen eine wichtige Rolle.

Als Donaustädter Abgeordnete für zirka 180 000 Menschen, die teilweise in den Ein­flugschneisen des Flughafens Wien-Schwechat wohnen, ist mir das Umweltverträglich­keitsprüfungsgesetz 2000 auch deshalb ein besonderes Anliegen, weil der Flughafen beabsichtigt, eine dritte Piste auszubauen.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung, das angeschlossene Mediationsverfahren war in der Vergangenheit doch ein sehr großer Erfolg. Das beweist auch die Beschwerde­statistik des Flughafens. Wien hat jährlich zirka 10 000 Beschwerden, in Amsterdam sind es 700 000, in Berlin gar 1 Million im Jahr.

Für mich als Wiener Abgeordnete und Donaustädterin ist eine weitere Verbesserung der Fluglärmsituation im Interesse der Wiener Bevölkerung sehr wesentlich, und ich hoffe, dass für die Menschen in Wien – obwohl kein Weisungsrecht von Wien besteht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 283

und auch keine behördliche Kompetenz am Flughafen – im Mediationsverfahren und in den vielen Verhandlungen hohe Standards im Hinblick auf Ökologie und Lärmschutz durchgesetzt werden können. Daher sind mir die Einführung einer transparenten Ab­bildung der Flugspuren, des Kurvenanfluges zur Entlastung von Essling sowie neuer Flugrouten bei Starts auf der Piste 29 ein unverzichtbares Anliegen. Dazu benötigt der Flughafen auch eine dritte Piste. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


23.59.10

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Minister! Werte Kollegen! Grundsätzlich möchte ich einmal sagen, mich wundert sehr, dass nie­mand von den Grünen sich bis dato beklagt hat, wie rüde man eigentlich von Re­gierungsseite mit ihrer Fraktion im Ausschuss umgegangen ist, insbesondere nachdem Kollegin Moser von der ÖVP das Mikrofon abgedreht worden ist. Aber, und ich kann eine gewisse Schadenfreude da nicht verhehlen, so ist es halt, wenn man sich bei den Regierungsparteien anbiedert. (Beifall bei der FPÖ.)

Leid tut mir, dass die diversen Berichte einfach nicht ins Plenum kommen, denn die sind immer sehr inhaltsreich und es würde dem Thema eigentlich sehr guttun, könnten wir auch hier im Plenum darüber sprechen.

Ein besonderer Punkt wäre auch die Aussprache zur Weltkonferenz Rio+20. Da muss ich schon sagen – und das richtet sich wieder an Kollegin Brunner –: Wie verkraftet man das eigentlich als Grüne, wenn man bedenkt, welch tiefen CO2-Abdruck man hin­terlassen hat mit der Reise nach Rio, mit dem Aufenthalt in Rio und mit der Rückreise, ohne dass man auch nur irgendeinen positiven Anhaltspunkt, wie Sie das immer argu­mentieren, irgendeine Erneuerung nach Hause gebracht hat?

Sie haben gemeint, wir würden uns davor fürchten, politische Entscheidungen zu tref­fen, insbesondere bezüglich der Schiefergasförderung, weil wir Ihren Antrag abgelehnt haben. – Nein, das ist es nicht, ganz im Gegenteil! Wir haben Ihren Antrag abgelehnt, weil wir diesen Ausschluss, dieses absolute Nein eben nicht wollen und weil wir für die Freiheit der Wissenschaft und der Forschung eintreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Aarhus-Konvention möchte ich noch sagen: Es stimmt nicht, dass sie nicht um­gesetzt worden ist. Sie ist nicht vollständig umgesetzt worden. Immerhin ist es der ein­zige völkerrechtliche Vertrag, der einem einzelnen Menschen eine Durchsetzung und ein Mitspracherecht in Umweltangelegenheiten genehmigt. Das Einzige, was noch nicht durchgesetzt worden ist, ist die gerichtliche Klagsmöglichkeit. Ja, das kommt noch. Nur möchten wir auch verhindern, dass NGOs dann den Umweltgedanken zur Ultima Ratio machen und es praktisch keine andere Möglichkeit mehr gibt und die Wirt­schaft so in erheblicher Weise behindert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

0.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschla­ger. – Bitte.

 


0.01.47

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Vorrednerin der freiheitlichen Fraktion! Sie haben angesprochen, dass es Turbulenzen im Ausschuss gegeben hat. Ich kann Ihnen als Mitglied des U-Ausschusses, der den Umgang des Abgeordneten Pilz mit der Vorsitzenden Moser miterlebt, nur eines versichern. Erst wenn Sie das er­lebt haben, wissen Sie, was wirklich Respektlosigkeit ist im Hinblick auf die Geschäfts-


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ordnung und den Umgang der Abgeordneten untereinander. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Das ist ungeheuerlich!)

Falls es irgendwelche Irritationen gegeben haben sollte, stehe ich nicht an, mich für meine Fraktion, sage ich einmal, schadlos zu halten. Wir wollten so etwas sicherlich nicht verursachen, das ist ja ganz klar, aber eine lebhafte Diskussion, die haben wir in den Parlamenten und die haben wir selbstverständlich auch in den Ausschüssen.

Ich möchte kurz auf das schon Erwähnte eingehen. Wir haben zahlreiche Punkte hier in der UVP. Natürlich müssen auch die Enteignungsregelungen, die nun für Flughafen­projekte angepasst werden an das Bundesstraßengesetz, erwähnt werden. Es ist nicht leicht, so etwas umzusetzen. Gerade angesichts der Kritik an der Ausweitung dieser Enteignungstatbestände, müssen wir bedenken, dass es gerade bei Großprojekten der Infrastruktur immer zu Verwerfungen bei den Grundstückspreisen kommt, zu Verwer­fungen bei der Preisbildung durch Spekulation. Das ist immer schwierig für landwirt­schaftliche Grundstücke.

Daher muss auch hier festgehalten werden: Enteignung darf nur und muss immer das allerletzte Mittel bleiben. Wir sehen auch in der Geschichte, dass sie nur selten ange­wandt wurde. Daher können wir das für den Flughafen durchaus in die UVP mit hinein­nehmen, denn damit kommen wir einem Ergebnis des Dialogforums entgegen, das der Flughafen Schwechat als Mediationsverfahren sehr hervorragend führt. Im Vergleich dazu funktioniert das in München, London oder Berlin überhaupt nur sehr schlecht. Schwechat ist da vorbildhaft in Europa und wird auch von Experten dafür geschätzt. Und ein Experte im Hearing hat es uns ja ausgerichtet, dass wir die Bürgerinnen und Bürger im UVP-Verfahren nicht als Hindernis von Projekten sehen sollen, sondern dass wir sie miteinbinden sollen. Und hier können wir sie einbinden. Mit der gesetzli­chen Ermächtigung können wir vor allem das Geforderte umsetzen in der UVP.

Ich möchte Ihnen schon sagen: Infrastruktur ist wichtig. Frau Brunner, Sie waren selbst in Rio, und Sie könnten, wenn wir nicht den Flughafen in Schwechat hätten, wohl nur mit dem sprichwörtlichen Radl nach Rio fahren. Daher brauchen wir Investitionen in In­frastruktur für lebensfrohe und lebensaktive Regionen, für die Wirtschaft in Österreich, für die Sicherung der Arbeitsplätze und damit für die Sicherung des Wohlstands in un­serer Republik. (Beifall bei der ÖVP.)

0.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


0.04.50

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr Bundesminister! Ganz kurz zu den Vorschlägen der Grünen und der Einbeziehung der NGOs. Wir als Freiheitlichen halten von der Einbeziehung der NGOs in Verwaltungsverfahren nichts. Einerseits erkennen wir darin eine Verzöge­rung der Verwaltungsverfahren, wogegen wir uns permanent auch schon in der Ver­gangenheit ausgesprochen haben. Andererseits soll damit ja wohl nur unterschwellig ein Misstrauen gegen die entsprechenden Behörden zum Ausdruck gebracht werden, worin wir auch nicht wirklich eine Verbesserung der Situation insgesamt erkennen.

Wenn wir nun die Aarhus-Konvention betrachten: Frau Kollegin Brunner, Sie wissen ganz genau, dass der Rechnungshof sich die Umsetzung der Aarhus-Konvention auf die österreichische Situation angesehen hat, mehrfach kontrolliert hat und zur Erkennt­nis gelangt ist, dass diese gesetzeskonform in Österreich angewendet wird. Mehr ist dazu nicht zu sagen. (Unruhe im Sitzungssaal. – Präsident Neugebauer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Anders verhält es sich bei der Aarhus-Konvention in der Interpretation bei ausländi­schen Umweltverträglichkeitsprüfungen, wie zum Beispiel der Umweltverträglichkeits-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 285

prüfung Tschechien, Slowakei oder Slowenien. Da haben wir selbst großen Erklä­rungsbedarf, weil wir diese Ungesetzlichkeit in diesen Ländern durch die Bundesregie­rung bis heute dulden. Da ist bis heute kein Rechtsschritt gesetzt worden, der diese Ungesetzlichkeit hätte korrigieren können. Das stimmt, Herr Bundesminister. Selbst der Landeshauptmann von Oberösterreich wirft Ihnen hier Untätigkeit vor.

Die oberösterreichische Landesregierung hat einen Beschluss gefasst, Ihnen hiermit den Auftrag zu erteilen, endlich ein Vertragsverletzungsverfahren bei der Erweiterung Temelίns auf die Reaktoren 3 und 4 einzureichen, da endlich tätig zu werden. Bis heute sind Sie dieser Aufforderung des Landes Oberösterreich nicht nachgekommen. Wir haben deshalb einen Antrag eingebracht, der Ihnen ein bisschen Unterstützung in diese Richtung gewähren soll. (Beifall bei der FPÖ.)

0.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


0.07.06

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Sehr verehrter Herr Minister! Gott sei Dank, ich glaube, es werden mir doch alle im Raum zustimmen, leben wir in einem Land mit Wasserkraft, einer erneuer­baren Energie. Erneuerbare Energie brauchen auch wir Abgeordnete, wenn wir mor­gen Früh wieder da sind. Es kommt leider Gottes immer wieder zu sehr großen Verzö­gerungen, und das ist in Anbetracht dessen, dass wir Energieautarkie anstreben, na­türlich nicht unbedingt gut.

Mit dieser UVP-Novelle erreichen wir zwei Dinge: einerseits eine Beschleunigung der Verfahren und andererseits auch das nötige Maß an Einbindung der Bevölkerung. Und da wäre ich schon bei Äußerungen des Kollegen Jannach von der Freiheitlichen Partei. Sie haben heute ja nur erwähnt, dass Sie unter anderem dagegen sind, weil Sie eine Gefahr sehen für den Wirtschaftsstandort Österreich. Sie haben aber weggelassen, wie Sie das im Ausschuss gesagt haben, nämlich durch übertriebene Bürgerbeteili­gung. Und diese Aussage spricht für sich. Was die Freiheitliche Partei unter übertrie­bener Bürgerbeteiligung versteht, das müssen Sie der Öffentlichkeit noch erklären, wo Sie doch auf der anderen Seite die Verfechter der direkten Demokratie auf Biegen und Brechen sind. (Abg. Neubauer: Ganz genau, aber nicht von NGOs! – Abg. Dr. Graf: Sie haben es erkannt!)

Unterm Strich: Maßvolle Beschleunigung und das nötige Maß an Einbindung der Be­völkerung. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


0.08.43

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Geschätzte Abgeordnete! Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Anmerkungen. Ich freue mich, dass es ei­ne positive Bilanz über die Umweltförderung im Inland gibt. Auf einen Punkt möchte ich markant hinweisen. Es ist die Sanierungsoffensive, in der mit 100 Millionen € 800 Mil­lionen € Investitionen ausgelöst werden können. Das bedeutet, dass wir weiter in Um­welttechnologien investieren und damit Green Jobs gesichert werden.

Ich freue mich darüber. Man kann eine beachtliche Zahl an Projekten in diesem Zu­sammenhang sehen. Alleine im Jahre 2011 gab es bei der kommunalen Siedlungswas­serwirtschaft 2 600 Projekte und in der Sanierungsoffensive 17 000 Projekte. Eine be­achtliche Zahl.

Die österreichischen Paradetechnologien im Umweltbereich werden im Zuge der JI/CDM-Programme international exportiert und damit unsere Wirtschaft mit modernster Tech-


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nologie im Umweltbereich gestützt und damit wiederum Arbeitsplätze gesichert und ge­schaffen.

Ich freue mich auch, dass der Umweltrat in zwei Sitzungen stundenlang konstruktive Gespräche geführt hat, die über den Bereich der Abgeordneten, die in diesem Hause arbeiten, hinausgehen. Ich bedanke mich bei der hohen Beamtenschaft und auch bei den NGOs in diesem Zusammenhang.

Die UVP neu bringt beachtliche Vorteile im Bereich der erneuerbaren Energien, die be­reits angesprochen wurden, zum Beispiel Wasserkraft und ähnliches.

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mir noch zwei Sätze Zeit für eine kurze Anmerkung in Bezug auf den Ablauf des letzten Umweltausschusses. Ich bin verwun­dert über den Sturm im Wasserglas, der hier in Bezug auf meinen Kollegen Schultes stattgefunden hat. Er hatte sich zur Geschäftsordnung gemeldet, ich war nach vorne geneigt, er war aufrecht sitzend und konnte die Kollegin Moser nicht sehen. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Brunner.) Sie hat eine Gedankenpause gemacht und er hat sich zu Wort gemeldet. Ich kann die Grünen schon verstehen, dass sie ein Problem da­mit haben, wenn ich im Untersuchungssauschuss erlebe, wie ein Kollege Pilz die Frau Vorsitzende Moser permanent dadurch brüskiert, dass er ihr das Mikrophon abdreht. Dieses Trauma ist von den Grünen verursacht worden.

Folgendes sei hier auch noch angemerkt: Ich sehe nur noch zwei grüne Abgeordnete, die sich für dieses Umweltthema heute interessieren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Neubauer.)

0.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


0.11.12

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ein wesentlicher Punkt in dieser Novellierung ist ja letztendlich, dass es in Zukunft die Möglichkeit eines freiwilligen UVP-Verfahrens gibt. Und ich denke, dass dies ein wichtiger Punkt ist, weil dadurch ganz sicher die Verfah­ren einfacher werden. Es wird auch bei den Einreichunterlagen Möglichkeiten geben, dies zu vereinfachen.

Meine Damen und Herren, es wird auch eine Reihe von Sonderregelungen geben, ins­besondere für die Wirtschaft, für die Industrie, für Gewerbeparks. Aber auch für ver­schiedene Städtevorhaben wird es in Zukunft einfacher sein, ein derartiges Verfahren abzuwickeln.

Das große Ziel jedes UVP-Verfahrens ist ja letztendlich, dass versucht wird, eventuell die Umweltschäden nach dem Vorsorgeprinzip zu vermeiden, Umweltauswirkungen ganzheitlich und umfassend zu betrachten.

Ich denke, es ist aber auch wichtig, nicht nur für die Nachbarn, nicht nur für Anrainer, nicht nur für Betroffene, sondern vor allem auch für jene, die die verschiedenen Pro­jekte betreiben, für Klarheit zu sorgen. Und diese Klarheit wird letztendlich durch die­ses Verfahren herbeigeführt. Daher bekennen wir uns dazu und diese Novellierung ist wichtig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Prinz.)

0.12


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Prinz kommt zu Wort. – Bitte.

 


0.12.43

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Re­gierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 287

ein weltweit angewandtes Instrument für vorsorgenden Umweltschutz. Mit dieser No­velle wird die Effizienz von UVP-Verfahren weiter gesteigert. Das UVP-Gesetz wird so­mit kontinuierlich weiterentwickelt und eine notwendige Balance zwischen Ökologie und Ökonomie geschaffen und gefunden.

Durch die Novelle wird die Abwicklung von Planungs- und Genehmigungsverfahren un­ter Berücksichtigung umwelt- und gesellschaftspolitischer Notwendigkeiten in Zukunft schneller, einfacher und genauer möglich sein. Projekte wie der Ausbau der Wasser­kraft und der sogenannten kleinen Windkraft, können somit leichter umgesetzt werden. Damit wird die Vorreiterrolle Österreichs, die ja jetzt bereits gegeben ist, in Bezug auf Strom aus erneuerbarer Energie weiter gefestigt.

Diese Novelle stellt daher eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Novelle 2009 dar, die wesentliche Vereinfachungen zum Beispiel für Hochwasserschutzprojekte gebracht hat. Mit dieser Novelle ist es gelungen, Österreich als Standort noch attraktiver zu ma­chen und trotzdem eine nachhaltige Umweltpolitik zu betreiben. Notwendige Rahmen­bedingungen werden geschaffen und unnötige Steine damit auch entsprechend aus dem Weg geräumt. Investoren wird damit die Möglichkeit gegeben, in einer vernünf­tigen Zeit zu einer Entscheidung über ihr Projekt zu gelangen.

Damit wird eine wirtschaftliche Entwicklung bei gleichzeitiger Sicherung der hohen Qualität von Umweltschutz, Klimaschutz und Wasserschutz ermöglicht. Mit einer Zu­stimmung zur vorliegenden Novelle sind alle Parlamentsfraktionen eingeladen, ihre Verantwortung in diesem Bereich wahrzunehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

0.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


0.14.32

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch auf der Seite der Ge­meinden ist diese gesetzliche Regelung zu begrüßen. Es sind einige Sachen drinnen, die es uns erleichtern werden, die Arbeit in den Gemeinden zu vollziehen. Wir als Ge­meinde sind es gewohnt, rasch, effizient, korrekt und bürgernah zu handeln, und das wird uns manchmal durch die Bundesgesetze erschwert.

Einige Verbesserungen sind durch dieses Gesetz eingetreten: Es wurde eine Verfah­rensvereinfachung und -beschleunigung angedacht und auch umgesetzt, zum Beispiel die Einführung einer freiwilligen Umweltverträglichkeitsprüfung statt der bisherigen Ein­zelfallprüfung. Das ist sicher ein Fortschritt. Ein weiterer Fortschritt ist auch die Verfah­rensvereinfachung durch den Entfall der Parteistellung von mitwirkenden Behörden, wie Landesbehörden im Feststellungsverfahren.

Auf den Entfall der Parteistellung für die mitwirkenden Behörden im Feststellungsver­fahren kann aus Sicht der Gemeinden schon deshalb verzichtet werden, weil Großpro­jekte gegen den ausdrücklichen Wunsch der Gemeinden kaum oder gar nicht durch­führbar sind. Aus demselben Grund sind auch Sorgen, dass künftig dem Umweltschutz bei Großprojekten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, abwegig.

Heute kann es sich keine Gemeinde, liebe Frau Kollegin Brunner, und kein Bürger­meister leisten, irgendwelche Dreckschleudern in seiner Gemeinde gegen den Willen der Bevölkerung zu tolerieren oder auch bei Umweltsünden wegzuschauen. (Abg. Mag. Brunner: Sie machen es aber!) Das gibt es nicht mehr. Dieses Gesetz wird wei­ter dazu beitragen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.16


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 288

0.16.40

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Minis­terin! Werter Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die heute zur Beschlussfas­sung vorliegenden Novellen zum Umweltverträglichkeitsgesetz als auch zum Luftfahrt­gesetz haben bereits in der letzten Ausschusssitzung eine heftige Diskussion ausge­löst und auch die unterschiedlichen Meinungen und Ansichten der Parteien aufgezeigt.

Das Ziel dieser Novelle ist, in Zukunft bundesweit für schnellere, vor allem aber auch effizientere UVP-Verfahren zu sorgen. Vom Zeitpunkt der Begutachtung bis zur heuti­gen Beschlussfassung sind jedoch einige Verbesserungen eingearbeitet worden. Unter anderem, und das möchte ich hier aufzeigen, ist das Beschwerderecht für NGOs ge­gen negative UVP-Feststellungsbescheide vorgesehen, aber Rechte von Nachbarn ge­nauso.

Speziell für mich, als Abgeordneter vom Weinviertel, ist die UVP-Pflicht für die För­derung von Schiefergas von Bedeutung. Als Abgeordneter kenne ich natürlich diese Problemstellung auch von sehr vielen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort im Wahlkreis und es freut mich, dass hier eine klare Regelung getroffen wurde. Hier geht es vor allem um die verpflichtende UVP, wo auf der einen Seite natürlich die korrekte Überprüfung durch diese UVP gewährleistet ist, aber auf der anderen Seite ist es auch sehr wichtig, dass man kein vollständiges Verbot hat. So behält man weitere Möglichkeiten in Forschung und Entwicklung, weil es sein könnte, dass wir umwelt­freundliche Verfahren entwickeln, die die Förderung möglich machen. (Abg. Mag. Brun­ner: Was machen Sie mit dem Gas?) – Frau Kollegin Brunner! Hier geht es nicht um fossile Gase, die wir unbedingt verstärkt freisetzen wollen, sondern hier geht es um Gase, die wir vielleicht importieren müssen und nicht importieren müssen, wenn wir diese Förderung umweltfreundlich durchführen könnten. (Abg. Mag. Brunner: Sagen Sie das auch den Menschen im Weinviertel?)

Ich bin kein Bürgermeister einer Erdölgemeinde im Weinviertel, aber eines möchte ich festhalten: Die OMV ist ein großer Arbeitgeber, der seit über 60 Jahren in dieser Re­gion tätig ist, und eines muss man schon sagen, wir haben einen sehr hohen Sicher­heitsstandard für die Umwelt, aber auch für die Menschen erreicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss, Herr Minister, möchte ich noch zwei Sätze bezüglich der Siedlungswas­serwirtschaft, die mir selber sehr am Herzen liegt, sagen. Wir haben in den siebziger und achtziger Jahren zahlreiche Investitionen durchgeführt, zum Beispiel Kanal, Was­ser und auch Kläranlagen. Jetzt ist natürlich wieder die Modernisierung notwendig. Sie haben ja auch schon im Ausschuss gesagt, dass Erhebungen durchgeführt werden und Sie auch mit der Finanzministerin Gespräche führen wollen. Wir werden Sie natür­lich hier unterstützen, damit auch hier wieder ausreichend Budgetmittel bereitgestellt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.18


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl zu Wort. – Bitte.

 


0.19.02

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Herr Minister! Hohes Haus! (Unruhe im Sitzungssaal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Die Änderung des UVP-Gesetzes 2000 für Fracking, wel­ches auch Probe- und Erkundungsbohrungen beinhaltet, ist gerade für die geplanten Schiefergasbohrungen von größter Bedeutung. Die Verunsicherung der Bevölkerung bezüglich einer eventuellen Schiefergasförderung ist natürlich sehr ernst zu nehmen. Die derzeitig verwendete Abbautechnik in den USA lassen Umweltschäden befürchten,


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weil erstens der Wasserverbrauch extrem hoch ist, und zweitens gesundheitsschädli­che Chemikalien verwendet werden.

Erdgas wird – das ist unumstritten – ein immer bedeutenderer Energieträger. Weltweit gibt es mehr Erdgas als Erdöl und die Verwertung von Erdgas ist weniger klimabelas­tend als jene von Erdöl. Ökonomisch wichtig im Besonderen auch für Österreich, wäre natürlich der Schiefergasabbau.

Dieser darf und soll aber nicht im Widerspruch zu unserer Umwelt stehen. Die Montan­universität Leoben, von dieser Gegend komme ich auch, erforscht zurzeit eine Technik, bei der die Schiefergasbohrungen ohne toxische Chemikalien durchgeführt werden können. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung schon für Probebohrungen hat den Vorteil, dass bereits vom Staat eines Projektes alle Für und Wider durchleuchtet werden. So­mit können auch etwaige Änderungen sofort in Angriff genommen werden.

Dies beschleunigt auch die weitere Projektierung. Ich denke, eine UVP ist nicht als Verhinderung zu sehen, sondern eine Maßnahme, unsere Menschen und deren Um­welt zu schützen und auch die Investoren vor späteren Unannehmlichkeiten zu bewah­ren. (Beifall bei der SPÖ.)

0.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


0.21.03

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Aus der Sicht der Region, als Vertreter der Anrainergemeinden, als Bürgermeister der Standort­gemeinde mit dem größten österreichischen Unternehmen in der Ostregion ist es für mich natürlich schon wichtig, auch zum Ausdruck zu bringen, dass ich es immens als wichtig betonen möchte, dass auf der einen Seite mit der Novellierung des Umweltver­träglichkeitsgesetzes, des Prüfungsgesetzes, und auf der anderen Seite, aber auch mit dem Luftfahrtgesetz zwei Dinge sichergestellt werden: Die berechtigten Interessen der Anrainerinnen und Anrainer müssen gewahrt werden, und das Mediationsverfahren gilt dabei als bestes Beispiel, als Best-Practice-Modell – das ist ja schon angesprochen worden –, aber letztendlich muss auch die Verantwortung wahrgenommen werden, nämlich die Verantwortung des Parlaments, der Abgeordneten und der Bundesregie­rung.

Hier muss man ganz klar feststellen, dass es bei diesem Betrieb um ein Unternehmen geht, wo 22 000 Menschen beschäftigt sind, die indirekt weitere 60 000 Arbeitsplätze sicherstellen, und wir sind dazu veranlasst, auch dafür zu sorgen, dass die Menschen Jobs haben, dass sie Bildung und Ausbildung garantieren und dass soziale Sicherheit und sozialer Wohlstand gewährleistet werden kann.

Das ist mit dieser Sicherheit gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und dafür gilt es auch im Namen der vielen, vielen Beschäftigen in diesen Unternehmen und für die Chance, diese Unternehmen weiter zu forcieren, im Sinne auch der öster­reichischen Wirtschaft, des Tourismus und in vielen anderen Bereichen, ein herzliches Danke zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

0.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg. Dr. Graf: Keiner da?)

 


0.22.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Ministerin! Herr Mi­nister! (Unruhe im Sitzungssaal. Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Abgeordnete Winter hat hier gemeint, dass of-


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fensichtlich für viele NGOs die Umwelt die Ultima Ratio ist. Es ist nicht nur für die NGOs so, sondern es ist natürlich auch für die Grünen so, weil es eine klare Analyse gibt, nämlich eine Analyse (anhaltende Unruhe im Saal), dass wir nur einen Planeten zur Verfügung haben, dass unsere Ressourcen endlich sind (Abg. Grosz: Das ist inter­essant! Nicht einmal die eigenen Abgeordneten sind da! – Zwischenruf des Abg. Scheibner), und dass, wenn die Umwelt zerstört ist, auch keine Wirtschaft mehr mög­lich ist und die Bürgerinnen und Bürger und alle darunter leiden werden. Das ist ein Faktum, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Daher ist es enttäuschend, an diesem Tag von ÖVP und SPÖ zu hören, dass es nur ausschließlich um Klarheit für Investoren geht. Keine Frage, das ist auch ein wichtiges Thema, aber ausschließlich dieses Thema haben Sie angesprochen. Kein einziges Wort hingegen ist über die Klarheit für die Bürgerinnen und Bürger gefallen (Abg. Grosz: Das ist eine Umweltdebatte und keiner von den Grünen ist da!), die Klarheit für die Anrainerinnen und Anrainer, die Klarheit für die betroffenen Menschen in unserem Land.

Und das ist eigentlich wirklich ein Bekenntnis zu einem Scheitern, nämlich zu einem effektiven Scheitern. (Unruhe im Sitzungssaal.) Werte Kolleginnen und Kollegen, wer hat sich für das Hearing im Umweltausschuss eingesetzt? – Die Grünen! (Zwischen­ruf.) – Selbstverständlich haben Sie das unterstützt, wir haben das gemeinsam be­schlossen.

Ehrlich gesagt, wenn Sie jetzt hier lautstark 

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege, bitte! Meine Damen und Herren! Bitte noch für den vorläufig letzten Redner Kondition aufzubringen! (Abg. Neubauer: Drei Grüne sind da!)

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Wenn Sie hier laut­stark die Ernsthaftigkeit dieser Debatte zu untergraben versuchen oder irgendwelche formalen Dinge voranstellen, um uns hier hinzustellen, als würden wir nicht ernsthaft und massiv hinter dieser Sache stehen, dann muss ich Ihnen leider sagen: So wird es nicht gehen! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Kollege Hörl sogar zum Minister sagt – und das finde ich schon bezeichnend für die ÖVP-Position: Nein, die NGOs, das ist unglaublich, dass die im Verfahren eine Be­schwerdemöglichkeit haben. Das ist, findet er, ein negatives Ergebnis (Zwischenruf des Abg. Neubauer), und das vor dem Hintergrund, dass die Europäische Union ein Klagsverfahren in Aussicht gestellt hat. Die FPÖ spricht sich genauso gegen die NGOs im Verwaltungsverfahren aus.

Dann sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: So geht es nicht. Wenn Sie die Bür­gerinnen und Bürger nicht haben wollen in den Verfahren  (Abg. Neubauer: Das ha­be ich nicht gesagt!) – Sie haben es gesagt, Herr Kollege Neubauer! Sie haben gesagt, Sie wollen keine NGOs im Verwaltungsverfahren. (Abg. Neubauer: NGOs sind etwas anderes!)

Meine Damen und Herren, noch ein Punkt zum Thema Schiefergas, und das ist wirk­lich bezeichnend. Ein Minister, der in seiner Wortmeldung hier sagt: Wir müssen kon­sequent gegen fossile Energie vorgehen, wir lehnen sie ab  (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Das haben Sie gesagt, Herr Minister. Sie reden ja permanent von der Energieautarkie in Österreich. Und Sie, als Umwelt­minister, sind dann nicht bereit, da für ein Verbot einzutreten? (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Die einzige konsequente Maßnahme, Kollege Scheibner, wäre ein Verbot von Schie­fergas in Österreich. Der Minister hat es nicht gefordert. Er wird es auch nicht unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 291

stützen. Das ist ein Grund, warum wir für ein eigenständiges Umweltministerium eintre­ten. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Und wir werden dieses eigenständige Umwelt­ministerium auch erkämpfen. Sie werden es sehen. Es wird kommen, eher, als Sie es vermuten. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt noch zu den drei Möglichkeiten, die wir haben, um das Problem ernsthaft zu lö­sen. Einerseits kann die Finanzministerin im Rahmen der Eigentümerrechte der Re­publik an der ÖIAG für eine Beendigung des Schiefergasförderungsprojekts im Wein­viertel effektiv und effizient eintreten. Das ist die Aufgabe der Finanzministerin. Der Wirtschaftsminister kann auch als Eigentümer, nämlich der Bodenschätze – und Schie­fergas und alle Bodenschätze sind im Eigentum des Bundes –, hier eine entspre­chende Maßnahme setzen. Und der Wirtschafts- und der Umweltminister werden auf­gefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf für ein Verbot der Schiefergasförde­rungen in Österreich vorzulegen.

Das wäre richtig und effizient gewesen. Sie haben das verhindert. Sie haben unseren Antrag abgelehnt, und das ist leider ein Zeichen für eine desolate Umweltpolitik und nicht für eine effiziente Umweltpolitik.

Daher braucht es ein eigenständiges Umweltministerium, ein effizientes. Das wird kom­men. Das können wir Ihnen garantieren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Un­ruhe im Sitzungssaal.)

0.27

00.27.20

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Meine Damen und Herren! Zur weiteren Konditionierung darf ich den Fahrplan bekannt geben: Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen. Dann darf ich sieben Seiten des Amt­lichen Protokolls verlesen, und dann haben wir noch eine weitere Sitzung zu bewälti­gen. – Nur dass wir uns ein bisschen die Kraft einteilen.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Luftfahrtgesetz geändert wer­den, samt Titel und Eingang in 1867 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für diesen Antrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Umweltaus­schusses, seinen Bericht 1868 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie den Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1869 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1870 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 292

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1871 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1872 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr positives Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.32.06Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeord­neten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tages­ordnungspunkte 2 bis 4 sowie 6 bis 8 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten. Dadurch soll die umgehende Beschlussausfertigung er­möglicht werden.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr die entsprechenden Teile des Amt­lichen Protokolls:

„Gegen den Vorschlag der Präsidentin, die Tagesordnungspunkte 2 bis 6 unter einem zu verhandeln, wird kein Einwand erhoben.

TO-Punkt 2: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1716 der Beilagen): Beschluss des Europäischen Rates vom 25. März 2011 zur Änderung des Art. 136 AEUV hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (1877 der Beilagen)

TO-Punkt 3:Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1731 der Beilagen): Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwischen dem Königreich Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Ir­land, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Repu­blik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, dem Großherzogtum Luxemburg, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Portugiesischen Republik, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik und der Republik Finn­land (1880 der Beilagen)

TO-Punkt 4: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1985/A der Abge­ordneten Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bel­len, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert werden (ESM-Begleitnovelle) (1878 der Beilagen)

TO-Punkt 6: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1711 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012, das Bundesfinanz­rahmengesetz 2012 bis 2015, das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das Bun­deshaushaltsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz 2013 geändert werden (1883 der Beilagen)

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage II/2 vor.

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage III/2 vor.

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage IV/2 vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 293

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage IV/3 vor.

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage VI/2 vor.

Die Abgeordneten Mag. Muttonen, Dr. Lopatka, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 3/1 EA ein.

Die Abgeordneten Krainer, Dkfm. Dr. Stummvoll, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kolle­gen bringen den Entschließungsantrag Beilage 6/1 EA ein.

Die Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen bringen den Abänderungsantrag Beilage 4/1 ein.

Abstimmungen:

Zu TO Punkt 2: Der Beschluss des Europäischen Rates wird gemäß dem Ausschuss­antrag in 1877 der Beilagen im Sinne des Art. 23i Abs. 4 B-VG bei Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in namentlicher Abstim­mung

abgegebene Stimmen: 178

davon Ja-Stimmen:125

Nein-Stimmen: 53

mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit genehmigt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 16.43 Uhr bis 16.47 Uhr.

Zu TO Punkt 3: Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 1880 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG in namentlicher Abstim­mung

abgegebene Stimmen: 179

davon Ja-Stimmen:126

Nein-Stimmen: 53

genehmigt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 16.52 Uhr bis 16.56 Uhr.

Ferner wird in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 179

davon Ja-Stimmen:126

Nein-Stimmen: 53

beschlossen, dass gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, maltesische, niederländische, portugie­sische, schwedische, slowakische, slowenische sowie spanische Sprachfassung die­ses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsicht­nahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten auf­liegen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 17.01 Uhr bis 17.05 Uhr.

Der Entschließungsantrag Beilage 3/1 EA wird mehrstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 294

Zu TO Punkt 4: Der Abänderungsantrag Beilage 4/1 wird bei Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 179

davon Ja-Stimmen: 54

Nein-Stimmen: 125

abgelehnt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 17.10 Uhr bis 17.15 Uhr.

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1878 der Beilagen bei Anwe­senheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in zweiter Le­sung mehrstimmig – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenom­men

und in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen:175

davon Ja-Stimmen:124

Nein-Stimmen: 51

ebenfalls mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 17.19 Uhr bis 17.23 Uhr.

Die dem Ausschussbericht 1878 der Beilagen angeschlossene Entschließung wird mehrstimmig angenommen.

Zu TO Punkt 6: Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 1883 der Bei­lagen in zweiter Lesung mehrstimmig angenommen

und in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 179

davon Ja-Stimmen:126

Nein-Stimmen: 53

angenommen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 17.36 Uhr bis 17.40 Uhr.

Der Entschließungsantrag Beilage 6/1 EA wird mehrstimmig angenommen.

TO-Punkt 7: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1725 der Beilagen): Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem König­reich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Ita­lienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Kö­nigreich Schweden (1881 und Zu 1881 der Beilagen)

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beila­ge VII/2 vor.

Die Abgeordneten Csörgits, Dkfm. Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 7/1 EA ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 295

Abstimmung:

Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 1881 der Bei­lagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 163

davon Ja-Stimmen:103

Nein-Stimmen: 60

genehmigt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 19.05 Uhr bis 19.10 Uhr.

Ferner wird in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 162

davon Ja-Stimmen:100

Nein-Stimmen: 62

beschlossen, dass gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, litaui­sche, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedi­sche, slowakische, slowenische, spanische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 19.15 Uhr bis 19.19 Uhr.

Der Entschließungsantrag Beilage 7/1 EA wird mehrstimmig angenommen.

TO-Punkt 8: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1717 der Beilagen): Vertrag zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, der Tschechischen Republik, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, der Republik Ungarn, der Republik Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Re­publik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland, dem Königreich Schweden, dem Ver­einigten Königreich Großbritannien und Nordirland (Mitgliedstaaten der Europäischen Union) und der Republik Kroatien über den Beitritt der Republik Kroatien zur Euro­päischen Union samt Schlussakte (1848 der Beilagen)

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 8/1 EA ein.

Hiezu liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beila­ge VIII/2 vor.

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beila­ge VIII/3 vor.

Abstimmung:

Der Abschluss des Staatsvertrages samt Schlussakte wird gemäß dem Ausschussan­trag in 1848 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 2 B-VG bei Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in namentlicher Abstim­mung

abgegebene Stimmen: 159


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 296

davon Ja-Stimmen: 152

Nein-Stimmen: 7

mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit genehmigt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 20.28 Uhr bis 20.33 Uhr.

Ferner wird in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 157

davon Ja-Stimmen: 148

Nein-Stimmen: 9

beschlossen, dass gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, gälische, italienische, kroatische, letti­sche, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öf­fentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale An­gelegenheiten aufliegen.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 20.39 Uhr bis 20.42 Uhr.

Der Entschließungsantrag Beilage 8/1 EA wird in namentlicher Abstimmung

abgegebene Stimmen: 153

davon Ja-Stimmen: 42

Nein-Stimmen:111

abgelehnt.

Sitzungsunterbrechung zur Stimmenauszählung von 20.46 Uhr bis 20.50 Uhr.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 2 bis 4 sowie 6 bis 8 vor (Beilage II/1, III/1, IV/1, VI/1, VII/1 und VIII/1).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Die entsprechenden Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

00.43.25Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2022/A(E) bis 2035/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 12242/J bis 12289/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen 85/JPR an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 297

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisung betreffen wird, berufe ich für 0.44 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.44.09Schluss der Sitzung: 0.44 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien