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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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188. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 31. Jänner 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

188. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode       Donnerstag, 31. Jänner 2013

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 31. Jänner 2013: 9.06 – 22.15 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird, und Bericht über den

Antrag 1786/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Weiterentwicklung der Fahrgastrechte

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle), und Bericht über den

Antrag 1246/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundes­sozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b STVO

3. Punkt: Bericht über den Antrag 69/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der StVO (Straßenverkehrsordnung) zugunsten des Radverkehrs und der Zufußgehenden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1572/A der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz über die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Stra­ßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVS-Gesetz – IVS-G)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG und das Kraftfahrliniengesetz – KflG geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, Bericht über den

Antrag 2089/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Johannes Schmuckenschlager, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird, über den

Antrag 1683/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerschein­gesetz – FSG) geändert wird, und über den


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Antrag 2169/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der praxisfremden Bestimmungen im Führerscheingesetz

9. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative Nr. 37/BI: „Stoppt die Vorratsdatenspei­cherung“

10. Punkt: Bericht über den Kunstbericht 2011 der Bundesregierung

11. Punkt: Bericht über den Antrag 2151/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Sil­via Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1116/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Musiktalenten

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1456/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Un­terreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Subventions-Transpa­renzdatenbank für die Bereiche Kunst & Kultur

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Weingesetz 2009 geändert werden (Absetzung dieses Tagesordnungspunktes siehe bitte S. 53)

15. Punkt: Bericht über die Anträge 2170/A(E) der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Harald Jannach, Gerhard Huber, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaf­fung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes und

470/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Le­bensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1064/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spa­diut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dringlichkeit der Wahrnehmung der Koordi­nierungsfunktion des Landwirtschaftsministers in der Einheitswertfrage

17. Punkt: Bundesgesetz über das Inverkehrbringen von Gasölen für nicht auf See be­findliche Binnenschiffe und Sportboote sowie für mobile Maschinen und Geräte

18. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Euro­pawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlassen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden (2177/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 18

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäfts-


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ordnung, den 14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2015 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das AMA-Ge­setz 1992 und das Weingesetz 2009 geändert werden (2114 d.B.), von der Ta­gesordnung abzusetzen – Annahme           52, 53

Antrag des Abgeordneten Herbert Scheibner auf Durchführung einer Debatte gemäß § 59 Abs. 3 – Ablehnung ................................................................................................................  52, 53

Wortmeldung des Abgeordneten Harald Jannach im Zusammenhang mit dem Antrag des Abgeordneten Herbert Scheibner .......................................................................................................... 52

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 53

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  125, 177

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 177

Fragestunde (26.)

Verkehr, Innovation und Technologie ...................................................................... 18

Anton Heinzl (180/M); Johannes Schmuckenschlager, Sigisbert Dolinschek, Dr. Gabriela Moser, Mathias Venier

Peter Haubner (178/M); Gerald Grosz, Dr. Gabriela Moser, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Mag. Josef Auer, Erich Tadler

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (182/M); Peter Stauber, Johann Singer, Gerhard Hu­ber, Dr. Gabriela Moser

Dr. Gabriela Moser (183/M); Edith Mühlberghuber, Mag. Rosa Lohfeyer, Johann Rädler, Sigisbert Dolinschek

Josef Bucher (184/M); Dr. Gabriela Moser, Josef Jury, Gabriele Binder-Maier, Dorothea Schittenhelm

Christoph Hagen (185/M); Franz Glaser, Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Gabriela Mo­ser, Werner Herbert, Dietmar Keck

Wilhelm Haberzettl (181/M); Hermann Gahr, Sigisbert Dolinschek, Dr. Harald Walser, Bernhard Themessl

Mag. Karin Hakl (179/M); Mag. Rainer Widmann, Dr. Ruperta Lichtenecker, Dr. Andreas Karlsböck, Ing. Kurt Gartlehner

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 18

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  49, 249

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung (13793/J) ....................................................................................................................... 125


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Begründung: Dr. Peter Fichtenbauer ......................................................................... 128

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .................................................................. 133

Debatte:

Heinz-Christian Strache ............................................................................................ 138

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 141

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 143

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 146

Kurt List ....................................................................................................................... 148

Christoph Hagen ........................................................................................................ 150

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 153

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 154

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 155

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 157

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 161

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 165

Mario Kunasek ............................................................................................................ 166

Peter Stauber .............................................................................................................. 170

Hermann Gahr ............................................................................................................ 171

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 172

Gerald Grosz ............................................................................................................... 174

Dr. Peter Fichtenbauer .............................................................................................. 176

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Reform des Zivildienstes – Ablehnung ...............................................  159, 177

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Arti-
kel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung
(namentliche Ab­stimmung)           169, 177

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeför­derung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geän­dert wird, und über den

Antrag 1786/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Weiterentwicklung der Fahrgastrechte (2118 d.B.) ....................................................... 54

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ................................................................................................................. 54

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 55

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 56

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 57

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 59

Christoph Hagen .......................................................................................................... 59

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 60

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 62

Johann Rädler .............................................................................................................. 63

Dr. Harald Walser ......................................................................................................... 64

Ewald Sacher (tatsächliche Berichtigung) .................................................................... 65

Johann Hell ................................................................................................................... 65

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 68


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Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle), und über den

Antrag 1246/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch
das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b STVO (2119 d.B.)                     68

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 69/A(E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der StVO (Straßenverkehrsordnung) zugunsten des Radverkehrs und der Zufuß­gehenden (2120 d.B.) ......................................................... 68

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1572/A der Abge­ordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (2121 d.B.) .......................................................................... 68

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ........................................................................................... 69

Anton Heinzl ................................................................................................................. 70

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 71

Dr. Martin Bartenstein ................................................................................................. 72

Mathias Venier .............................................................................................................. 73

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 74

Dr. Wolfgang Spadiut .................................................................................................. 76

Stefan Markowitz .......................................................................................................... 77

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 79

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 80

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 81

Mag. Josef Auer ........................................................................................................... 83

Peter Stauber .......................................................................................................... ..... 85

Christoph Hagen .......................................................................................................... 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Barten­stein, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie zu Vor­rangregeln für Radfahrer/innen – Annahme (E 284)  76, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kolle­gen betreffend zeitliche Befristung der StVO-Behindertenausweise – Ablehnung                                                   78, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinderung – An­nahme (E 285) ......................................................................  83, 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Anbringungshöhe von Straßenverkehrszeichen – Annahme (E 286) .........................................................  84, 88

Annahme des Gesetzentwurfes in 2119 d.B. ................................................................ 87

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2119 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinderung (E 287) ................................................. 88

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2120 und 2121 d.B. ............................ 88


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 6

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1799 d.B.): Bundesgesetz über die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVS-Ge­setz – IVS-G) (2122 d.B.) ....................................................... 88

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2108 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (2123 d.B.) .......................................... 88

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1986 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG und das Kraftfahr­liniengesetz – KflG geändert werden (2124 d.B.) ............................................ 89

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1985 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, über den

Antrag 2089/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz geändert wird, über den

Antrag 1683/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird, und über den

Antrag 2169/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Änderung der praxisfremden Bestimmungen im Führerscheinge­setz (2125 d.B.) ............................. 89

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gabriela Moser ..............................................................................................  89, 104

Wilhelm Haberzettl ....................................................................................................... 90

Johannes Schmuckenschlager .................................................................................. 92

Harald Jannach ............................................................................................................. 93

Dr. Wolfgang Spadiut .................................................................................................. 94

Christoph Hagen .......................................................................................................... 95

Bundesministerin Doris Bures ................................................................................... 97

Dietmar Keck ................................................................................................................ 98

Peter Haubner ............................................................................................................. 100

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 101

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 102

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 103

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kolle­gen betreffend Sitzerhöhungen für Kinder bei Taxifahrten – Ablehnung .......................................  96, 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die Verkehrssicherheitsgefahr Handy am Steuer – Ablehnung  105, 108

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 2122, 2123, 2124 und 2125 d.B. ...................... 106

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 37/BI: „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“ (2086 d.B.) ......................................................................... 108

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 108


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 7

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 110

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 111

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 112

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 113

Gerald Grosz ............................................................................................................... 115

Christoph Hagen ........................................................................................................ 117

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 118

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 120

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 121

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 122

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 123

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 124

Werner Herbert ........................................................................................................... 179

Hannes Fazekas .......................................................................................................... 180

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2086 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Vorratsdatenspeicherung und Datensicherheit sowie deren Überprüfung (E 288) ..... 181

10. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Kunstbericht 2011 der Bun­desregierung (III-341/2126 d.B.) .............................................................................................................. 181

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 181

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 183

Ursula Haubner .......................................................................................................... 184

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 185

Josef Jury .................................................................................................................... 186

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 187

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 188

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 190

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 192

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 192

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend freien Eintritt für Kinder und Jugendliche in österreichische Theater – Ablehnung ..................  189, 194

Kenntnisnahme des Berichtes III-341 d.B. ................................................................... 194

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2126 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Aufnahme der Aktivitäten von Filmfestivals in Kunst-, För­der- und Filmwirtschaftsberichte (E 289)         ............................................................................................................................. 194

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2126 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Ausweitung der Gender-Statistik (E 290) ..................................................................... 194

11. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2151/A der Abgeord­neten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2127 d.B.) ....................................................................... 195

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 195

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 197

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 198

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 198

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 199


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 8

Ursula Haubner .......................................................................................................... 200

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 200

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend das Hofkammerarchiv, Franz Grillparzer und sei­ne Zeit – Ablehnung  196, 201

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 200

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1116/A(E) der Abge­ordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Musiktalenten (2128 d.B.) ......... 201

13. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1456/A(E) der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung einer Subventions-Transparenzdatenbank für die Bereiche Kunst & Kul­tur (2129 d.B.) ............................................................................ 201

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer ..............................................................................................  201, 207

Mag. Christine Lapp, MA ........................................................................................... 203

Ursula Haubner .......................................................................................................... 204

Johann Höfinger ......................................................................................................... 204

Dr. Walter Rosenkranz ......................................................................................  205, 210

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 207

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 208

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 209

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 210

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 211

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2128 und 2129 d.B. .......................... 212

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Re­gierungsvorlage (2015 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Weingesetz 2009 geändert werden (2114 d.B.) (Absetzung dieses Tagesord­nungspunktes siehe bitte S. 53)

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die An­träge 2170/A(E) der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Harald Jannach, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes und

470/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes (2115 d.B.) ............................................................................................... 212

Redner/Rednerinnen:

Jakob Auer .........................................................................................................  212, 220

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 213

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 213

Gerhard Huber ............................................................................................................ 214

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 215

Franz Eßl ..................................................................................................................... 215

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 216

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 218

Ewald Sacher .............................................................................................................. 218


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 9

Walter Schopf ............................................................................................................. 219

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 219

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2115 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaf­fung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes (E 291) ..................................................................................................... 221

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 1064/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Dringlichkeit der Wahrnehmung der Koordinierungsfunktion des Landwirtschaftsministers in der Einheitswertfrage (2116 d.B.)                         221

Redner/Rednerinnen:

Rupert Doppler ........................................................................................................... 221

Jakob Auer .........................................................................................................  222, 235

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 222

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 223

Gerhard Huber ...................................................................................................  224, 233

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 225

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 226

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 227

Ing. Franz Windisch .................................................................................................... 228

Harald Jannach ........................................................................................................... 229

Ernest Windholz ......................................................................................................... 232

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen des Einkommensteuergesetzes im Zuge der Neuberechnung von Einheitswerten – Ablehnung     231, 236

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2116 d.B. ................................................... 236

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1993 d.B.): Bundesgesetz über das Inverkehrbringen von Gasölen für nicht auf See befindliche Binnenschiffe und Sportboote sowie für mobile Maschinen und Geräte (2130 d.B.) .............................................................................. 236

Redner/Rednerinnen:

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 236

Hannes Weninger ....................................................................................................... 237

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 237

Martina Schenk ........................................................................................................... 238

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................... 238

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 238

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 239

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 239

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 240

Walter Schopf ............................................................................................................. 240

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 240

18. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidenten­wahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geän­dert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlas­sen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden (2177/A)                241


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 10

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 241

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 242

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 243

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 245

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 248

Zuweisung des Antrages 2177/A an den Verfassungsausschuss .............................. 249

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 49

2142: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

2143: Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden

2144: Bundesgesetz, mit dem das BFA-Einrichtungsgesetz, das BFA- Verfah­rensgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Grenzkontrollgesetz sowie das Grund­versorgungsgesetz – Bund 2005 geändert werden (FNG-Anpassungsgesetz)

2146: Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 und das Bun­desverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeinde­bundes und des Österreichischen Städtebundes geändert werden

2147: Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013 und das Bun­desfinanzgesetz 2013 geändert werden

2148: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz und das Notarversicherungsgesetz 1972 zur Umsetzung des Spekula­tionsverbotes mit öffentlichen Mitteln geändert werden

2149: Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bun­des-Sportförderungsgesetz 2013 – BSFG 2013)

Berichte ......................................................................................................................... 50

Vorlage 116 BA: Bericht gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz über die im 4. Quartal 2012 ergriffenen Maßnahmen; BM f. Finanzen

Vorlage 117 BA: Bericht gemäß Art. 50c Abs. 3 BVG iVm § 6 der Anlage 3 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabili­tätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 4. Quartal 2012; BM f. Finanzen

III-385: Bericht betreffend Jahresvorschau 2013 auf der Grundlage des Legisla­tiv- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission beziehungsweise zum Jahresprogramm des Rates; BM f. Gesundheit

III-386: Schlussbericht des Akkreditierungsrates 2011/2012 gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F.; BM f. Wissenschaft und Forschung

Anträge der Abgeordneten

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Verbesserung des Nichtraucher­schutzes für Kinder und Jugendliche (2202/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 11

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Öffnung des Sternwarteparks mit „Frühlingserwachen“ (2203/A)(E)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Betreuung von Opfern von Kinderhandel (2204/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verankerung von Qualitäts­standards für Pflichtpraktika in Studienplänen (2205/A)(E)

Elmar Mayer, Christine Marek, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geändert werden (2206/A)

Mag. Christine Muttonen, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Gespräche zwischen der türkischen Regierung und dem inhaftierten Führer der PKK, Abdullah Öcalan (2207/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, ge­ändert wird (2208/A)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekämpfung von Lohndumping und Sozialbetrug (2209/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend die Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung (13793/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Neubesetzung der ADA-Ge­schäftsführung (13794/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Strafbescheide, Geldbußen und Strafeinnahmen durch die Bundeswettbewerbsbehörde“ (13795/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vollziehung des Biozid-Pro­dukte-Gesetzes in Österreich im Jahr 2012“ (13796/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „Lebensmittelinfektionen 2012“ (13797/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Drohungen und Tätlichkeiten gegenüber Richtern, Staatsanwälten und sonsti­gen Mitarbeitern der Justizbehörden (nichtrichterliches Personal) im Jahr 2012“ (13798/J)

Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend „Elternberatung (vor einvernehmlicher Scheidung)“ (13799/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Väterka­renz (13800/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Väterkarenz (13801/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Väterkarenz (13802/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 12

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Väterkarenz (13803/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Väterkarenz (13804/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Väterkarenz (13805/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Väterkarenz (13806/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Väterkarenz (13807/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Väterkarenz (13808/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Väterkarenz (13809/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Väterkarenz (13810/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Väterkarenz (13811/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Väterkarenz (13812/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bildungs­karenz (13813/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Bildungskarenz (13814/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Bildungskarenz (13815/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Bildungskarenz (13816/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Bildungskarenz (13817/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Bildungskarenz (13818/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Bildungskarenz (13819/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Bildungskarenz (13820/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bildungskarenz (13821/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Bildungskarenz (13822/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 13

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Bildungskarenz (13823/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Bildungskarenz (13824/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Bildungskarenz (13825/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Geisterfahrer (13826/J)

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Medikamententests in Entwicklungs- und Schwellenländern (13827/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Disziplinarverfahren (13828/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend die Auswahl der ASFINAG von Arbeitskräften auf Großbaustellen (13829/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend die Auswahl der ÖBB von Arbeitskräften auf Großbaustellen (13830/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend Behandlung der „Erpresser“ in der Wiener Votivkirche (13831/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend politisch motivierte Verzögerung des Einsatzes zur Katastrophenhilfe in Kärnten (13832/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Marchfeldschlösser Revitalisierung- und Betriebs GmbH (13833/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Kärnten (13834/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Wien (13835/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Burgenland (13836/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Niederösterreich (13837/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Tirol (13838/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 14

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Steiermark (13839/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Oberösterreich (13840/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Vorarlberg (13841/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Studenten mit Migrationshintergrund an Pädagogi­schen Hochschulen im Bundesland Salzburg (13842/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Einvernahmeprotokoll der Natascha Kampusch – Folgeanfra­ge (13843/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend ADHS (13844/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Versprechen des Landeshauptmannes Pröll (13845/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Einstellung eines Verfahrens durch die Salzburger Staatsanwaltschaft (13846/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Haftprivilegien für prominente Straftäter (13847/J)

Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend „Freiheit für die ,Cuban Five‘“ (13848/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend die Wieder-Verlängerung des Gerichtsjahres für RechtspraktikantInnen (13849/J)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Schlichtungsstellen in Mietrechtsstreitigkeiten (13850/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Hollabrunn (13851/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Gmünd (13852/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Bruck a.d. Leitha (13853/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Mistelbach (13854/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Baden (13855/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Gänserndorf (13856/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend mehr Personal für Oberösterreichs Exekutive insbesondere im Bezirk Linz-Land (13857/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 15

Harry Rudolf Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die „Erzeugung und Bei­mischung von Biokraftstoff“ (13858/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Wien-Umgebung (13859/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeibeamte im Grenzgebiet Niederösterreichs – Bezirk Korneuburg (13860/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung in der Steiermark (13861/J)

Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Unterwanderung des Arbeitszeitgesetzes im Jahr 2012 (13862/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Erbschaftssache P. (13863/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Aufstieg trotz Nichtgenügend aufgrund aufsichtsrechtlicher Weisung des Landesschulrates (13864/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend unklare Förderrichtlinien von Elek­trofahrzeugen (13865/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Siedlungswasserwirtschaft in Ös­terreich (13866/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Personalstände der Donaustädter Polizeiinspektionen (13867/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die personelle, infrastrukturelle und finanzielle Situation bei der Wiener Polizei (13868/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend unnötig lange Wartezeiten bei der Zuweisung in ein Krankenhaus nach Un­fällen (13869/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Verdacht des Amtsmissbrauches durch einen Staatsanwalt in der Causa Kampusch (13870/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend eine statistische Auswertung der „Anzeige gemäß § 121a Bundesabgabenord­nung (BAO) – Schenkungsmeldegesetz 2008“ nach Gegenstand der Zuwendungen (Übertragenes Vermögen) (13871/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Vergabepraxis von Bundes­fördermittel für die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen“ (13872/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12913/AB zu 13166/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 16

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (12914/AB zu 13170/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (12915/AB zu 13184/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (12916/AB zu 13187/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolle­ginnen und Kollegen (12917/AB zu 13165/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (12918/AB zu 13168/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12919/AB zu 13171/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (12920/AB zu 13180/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen (12921/AB zu 13185/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen (12922/AB zu 13186/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12923/AB zu 13188/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Ger­hard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (12924/AB zu 13189/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12925/AB zu 13192/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (12926/AB zu 13224/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12927/AB zu 13262/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12928/AB zu 13268/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12929/AB zu 13272/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten
Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12930/AB zu 13273/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen (12931/AB zu 13281/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Dopp­ler, Kolleginnen und Kollegen (12932/AB zu 13287/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12933/AB zu 13174/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 17

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen (12934/AB zu 13181/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12935/AB zu 13182/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12936/AB zu 13191/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12937/AB zu 13172/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12938/AB zu 13175/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12939/AB zu 13178/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (12940/AB zu 13193/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (12941/AB zu 13190/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 18

09.06.01Beginn der Sitzung: 09.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Königsberger-Ludwig, Preiner, Hörl, Peter Mayer, Ing. Hackl, Dr. Winter und Mag. Jarmer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger wird durch den Bundesminister für Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass ORF III die Sitzung live und in voller Länge übertragen wird.

09.06.39Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom Redner-/Red­nerinnenpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Für die Beantwortung der Anfrage stehen der Frau Bundesministerin 2 Minuten zur Verfü­gung beziehungsweise zur Beantwortung der Zusatzfrage jeweils 1 Minute.

So wie bisher werde ich kurz vor Ablauf der Redezeit durch Glockenzeichen auf diesen Umstand aufmerksam machen.

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen damit zur ersten Anfrage, 180/M, des Abgeordneten Heinzl an die Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie. – Herr Abgeordneter, ich bitte um die Frage.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Bundesministerin! Moderne Verkehrsinfrastruktur muss umweltfreundlich, effizient und kundenorientiert sein. Nur wenige andere Staaten verfügen über eine so gut ausgebaute Infrastruktur im hochrangigen Straßen- und Schienennetz wie Österreich. Zusätzlich haben wir mit der Donau eine leistungsfähige Wasserstraße und mit dem Flughafen Wien ein internatio­nales Drehkreuz im Luftverkehr.

Eine wesentliche Herausforderung für die Zukunft ist die optimale Vernetzung aller Ver­kehrsmittel.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 19

Meine Frage lautet:

180/M

„Sie haben im Dezember Ihren Gesamtverkehrsplan vorgestellt. – Wie wird sich dem­nach der Verkehr in Österreich entwickeln, und welche verkehrspolitischen Weichen­stellungen sind Ihrer Meinung nach notwendig?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Einen schönen guten Morgen, Herr Abgeordneter! Es ist so, dass es gelungen ist, einen Gesamtverkehrsplan zu präsentieren, in dem wir alle Verkehrsprognosen bis zum Jahr 2025 berücksichtigen, mit dem wir damit auch ganz klar die Pfeiler für eine mo­derne und zukunftsorientierte Verkehrspolitik gesetzt haben.

Das Entscheidende beim Gesamtverkehrsplan ist eben, dass wir alle Verkehrsträger verknüpfen, da die Zukunft des Verkehrs eine sein wird, wo man verschiedene Ver­kehrsmittel verwendet. Man fährt mit dem Fahrrad zu Eisenbahn, fährt mit der Eisen­bahn oder der Schnellbahn in die Stadt, steigt in die U-Bahn ein, hat Carsharing – das heißt intermodale Verkehre sind die Zukunft. Und dieser Verkehrsplan hat das festge­legt, er ist ein Wegweiser für die zukünftige österreichische Verkehrspolitik mit den Schwerpunksetzungen effizient, umweltfreundlich und sozialer Verkehr. Das sind die Eckpunkte. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Heinzl, bitte.

 


Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Bahn ist als modernes und umweltfreundliches Verkehrsmittel das Rückgrat der österreichi­schen Infrastruktur. In den letzten Jahren wurde, wie wir wissen, der Ausbau der Schie­ne wirklich massiv vorangetrieben. Erst im Dezember wurde die neue Westbahn zwi­schen Wien und St. Pölten feierlich eröffnet – von Wien nach St. Pölten in 25 Minuten.

Auch andere Großprojekte, wie die neue Trasse im Unterinntal, tragen zur Attraktivie­rung des Verkehrsmittels Schiene bei, und laut aktuellem Rahmenplan fließen auch in Zukunft jährlich rund 2 Milliarden € in den Ausbau der Schienen-Infrastruktur.

Meine Frage, Frau Bundesministerin: Sind auch zusätzliche Investitionen in modernes Wagenmaterial geplant, von dem die Bahnkunden unmittelbar profitieren werden? – Wenn ja, in welchem Umfang und Zeitraum?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, es ist so, wie Sie sagen. Wir investieren 2 Milliarden € in eine moderne In­frastruktur, wobei der Großteil, der größte Teil dieses Geldes nicht in den Neubau, son­dern in die Sanierung und Modernisierung des bestehenden Netzes fließt.

Aber bei den öffentlichen Verkehrsmitteln geht es nicht darum, dass Bauen ein Selbst­zweck ist, sondern es geht darum, dass wir der Bevölkerung ein gutes Angebot legen, nämlich einen attraktiven öffentlichen Verkehr, und dafür braucht es moderne Bahn­höfe, die auch für Menschen mit Behinderungen barrierefrei sind, und es braucht mo­derne Züge. (Unruhe im Sitzungssaal.)

Wir haben vom Jahr 2008 bis 2012 rund monatlich einen neuen railjet ausgeliefert, und ich kann Ihnen berichten, dass es gelungen ist, mit den Bundesländern Wien, Steier­mark, Niederösterreich und Oberösterreich gestern eine Vereinbarung zu schließen, dass wir zusätzlich 100 neue Waggons für den Nahverkehr für die Pendlerinnen und Pendler zur Verfügung stellen wollen, damit der Komfort für diese Menschen, die die


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Bahn brauchen, um zum Arbeitsplatz zu gelangen, auch wirklich steigt. Das ist unser Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich darf dringend da­rum ersuchen, den Geräuschpegel abzusenken!

Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmuckenschlager für eine weitere Zusatzfrage zu Wort. – Bitte.

 


Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Frau Bundesminister! Verkehr will gut geplant sein, und Ihr Ministerium arbeitet an einer Reihe von Rahmenplänen und Entwicklungen – jetzt gibt es einen Gesamtverkehrsplan. Für uns als Parlament wäre es natürlich interessant, wenn wir da auch eingebunden wären, und daher meine Frage:

Gibt es in Zukunft die Möglichkeit für das Parlament, dass hier Berichte über Rahmen­pläne vorgelegt werden, und wie gehen Sie es an, dass das Parlament noch stärker in die Erarbeitung von Rahmenplänen, zum Beispiel bei ÖBB oder ASFINAG, eingebun­den wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wie die Berichtslegung im Hohen Haus stattfindet, das bestimmen die Ab­geordneten des Hauses.

Berichtslegungen erfolgen auf gesetzlicher Basis, aber ich habe ganz großes Interesse daran, alle in die Umsetzung dieses Gesamtverkehrsplans mit einzubeziehen – alle parlamentarischen Parteien, aber auch alle Stakeholder, alle Verkehrsunternehmen von der Luftfahrt bis zur Schifffahrt, den Nutzern der Donau als Verkehrsweg, et cetera. Das heißt, es geht natürlich darum, dass – da jetzt die Pfeiler eingeschlagen und Wei­chen gestellt wurden – man das jetzt mit Leben erfüllen muss, und dazu lade ich Sie und alle Fraktionen des Hauses herzlich ein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dolin­schek.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Meine Zusatzfrage beschäftigt sich mit dem Bundesland Kärnten, denn im Rahmen­plan 2011 bis 2016 waren für Investitionen in das Bestandsnetz in Kärnten rund 350 Millionen vorgesehen; 2012 bis 2017 waren es nur mehr 292 Millionen und von 2013 bis 2018 waren es lediglich 288 Millionen, die hier vorgesehen waren.

Meine Frage lautet: Wie hoch waren tatsächlich die Investitionen in das Bestandsnetz in Kärnten in den Jahren 2011 und 2012 und wie hoch werden sie 2013 sein? Ich weiß, dass es schwierig ist, das jetzt so ad hoc zu beantworten, aber vielleicht ist es auch möglich, das schriftlich zu beantworten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Danke vielmals für das Entgegenkommen, Herr Abgeordneter. Ich werde dem gerne nach­kommen, wobei natürlich für alle Bundesländer vorliegt, welches Investitionsvolumen auf die Bundesländer zukommt bei einem Gesamtinfrastrukturinvestitionsvolumen von 2 Milliarden, das wir aber – und deshalb kam es aufgrund der Konsolidierungsmaßnah­men auch zu Kürzungen – doch ein wenig zurückschrauben mussten, weil wir auch im Bereich der Infrastruktur einen Konsolidierungsbeitrag zu leisten haben.

Aber allgemein ist, was den Süden Österreichs betrifft, dieser bezüglich Investitionen sicher eine Region, wo wir in den nächsten Jahren die größten Investitionen in die Schiene vorhaben. Ich möchte nur die ganze Südbahn, die modernisiert wurde, an-


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sprechen, vom Semmering-Basistunnel bis zum Koralmtunnel. Also gerade in den Bun­desländern Steiermark und Kärnten wird es zu hohen Investitionen kommen – und die Detailzahlen bekommen Sie von mir. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Auch von mir einen schönen guten Mor­gen, Frau Ministerin! Sie haben ja selbst gesagt, 2 Milliarden sollen investiert werden. Sie legen das Schwergewicht auf den öffentlichen Verkehr. Was hilft das dem öffentli­chen Verkehr, wenn ein Brenner-Basistunnel mit Milliardenkosten errichtet wird, der Österreich nichts nützt, weil keine Verlagerung stattfindet, Experten das kritisch be­trachten und wir eigentlich jetzt schon die Verlagerung der Lkw-Fahrten auf die Bahn vorantreiben könnten, auch ohne Tunnel? Das passiert nicht, die Leute im Unterinntal sind belastet, und wir haben ein Großprojekt vor, das nicht genützt werden wird, weil es einfach zu teuer ist und die Straße zu billig.

Was unternehmen Sie, damit die Straße teurer wird und damit die Bahninfrastruktur dann wirklich genutzt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, wir haben beim Ausbau der Schieneninfrastruktur zwei Aufgaben: Die eine ist, dass wir sie den Österreicherinnen und Österreichern als attraktives öffentliches Verkehrsmittel in der besten Qualität zur Verfügung stellen, als eine moderne Bahn, die sozusagen auch im 21. Jahrhundert ankommt.

Die zweite Aufgabe, die wir aber auch haben, ist folgende: Wir haben – das brauche ich Ihnen nicht zu sagen – zu Recht so etwas wie Klimaziele, österreichische wie euro­päische, und da spielt der Güterverkehr eine große Rolle. Dabei ist es eine zentrale Aufgabe, wenn man es mit den Klimazielen, die wir uns vorgenommen haben, ernst meint, dass wir den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern. Und ge­rade beim Brenner, der ein gemeinsames europäisches Projekt ist, das gemeinsam mit Italien und der Europäischen Union zu finanzieren ist, geht es darum, dass wir die 98 Prozent Transitverkehr, die wir derzeit am Brenner auf der Straße haben, auf die Schiene bekommen müssen. Dazu müssen wir diese erneuern, dazu müssen wir sie modernisieren, und daher – um diese Kapazitäten zu haben – müssen wir genau die­sen Korridor auch tatsächlich ausbauen: um die Region, um die Menschen, um dieses sensible Gebiet der Alpen vom Transitverkehr zu entlasten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Venier.

 


Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Die Eisenbahnstrategie „Zielnetz 2025+“ sieht vor, dass sich die Reisezeit vom Hauptbahnhof Wien nach Innsbruck Hauptbahnhof von 4 Stunden 40 Minuten auf 4 Stunden verkürzen soll.

Wie weit sind die dafür erforderlichen baulichen Maßnahmen fortgeschritten? Handelt es sich hierbei ausschließlich um teure Neubauten oder auch um die Bereinigung von gewissen Flaschenhälsen? Besteht darüber hinaus die Aussicht, diese wenig ambitio­nierte Zeitersparnis noch größer werden zu lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sie spre­chen mit der Westbahnstrecke jenen Bahnkorridor in Österreich an, der zur moderns­ten Bahnstrecke Österreichs zurzeit gehört, wo wir mit dem Ausbau noch nicht ganz fertig sind. Beim Hauptbahnhof wird die Vollfunktionsfähigkeit mit Ende 2014 gegeben sein, und es ist unser Ziel, die Fahrzeiten zu reduzieren.


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Und wenn das 40 Minuten zwischen Wien und Innsbruck sind, dann kann ich Ihnen nur sagen, schauen Sie sich die anderen Bereiche an, wo wir Flaschenhälse beseitigt ha­ben, wie die Güterverkehrsumfahrung St. Pölten, um ein Beispiel zu nennen! Also wenn man vom Zentrum Wiens ins Zentrum von St. Pölten 25 Minuten mit der Bahn fährt, dann lade ich alle ein, mit der Bahn zu fahren und nicht mehr mit dem Auto, denn damit ist man in 25 Minuten bestenfalls in Wien am Auhof. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: ... ist das ein bisschen anders!)

Und 1 Stunde 15 Minuten von Wien nach Linz zeigt: Das macht Sinn! Damit ist das ein attraktives Angebot. Damit ist die Bahn konkurrenzfähig zum Auto, und wir werden die­se Strecke weiter ausbauen.

Und weil Sie gefragt haben, welche Maßnahmen noch gesetzt werden: Fahren Sie mit der Westbahn und schauen Sie sich all diese Bahnhöfe an! Schauen Sie sich den Bahnhof St. Pölten an! Der Bahnhof Salzburg wird ein Schmuckstück, wo alte Architek­tur mit neuen, modernen Technologien verbunden ist. Also die Weststrecke ist das Vor­bild für die Südstrecke, in die wir heute noch investieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 178/M des Herrn Ab­geordneten Haubner. – Bitte.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, Frau Präsident! Guten Morgen, Frau Minister! Frau Minister, die Ausgaben bei den ÖBB steigen rasant an. Wir haben im Bundesbudget für die Eisenbahninfrastruktur im Jahr 2010 noch zirka 1 Milliarde ge­habt, haben jetzt über 60 Prozent mehr. Dazu kommen für gemeinwirtschaftliche Leis­tungen heuer zirka 656 Millionen, bei den Pensionen haben wir, wenn man den De­ckungsbeitrag abzieht, auch noch Kosten von über 1,5 Milliarden.

Grundsätzlich bekenne ich mich natürlich auch zum positiven Ausbau der Infrastruktur, aber ein gewissenhafter Umgang mit Steuergeld bedeutet auch, dass wir gewisse Ein­sparungspotenziale realisieren sollten.

Daher lautet meine Frage an Sie:

178/M

„Was unternehmen Sie, um im Bereich ÖBB Einsparungseffekte – etwa durch wettbe­werbliche Vergabe von Teilleistungen der vom Bund bestellten Verkehrsdienste, eine Weiterentwicklung des Dienstrechts, eine Reduktion der Errichtungskosten (10 Prozent Einsparungsziel aus dem Regierungsübereinkommen) – zu erzielen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrter Herr Abgeordneter, mir ist der sorgsame Umgang mit öffentlichen Mitteln sehr wichtig. Ich gehöre zu jenen, die zutiefst davon überzeugt sind, dass wir den öffentli­chen Haushalt sanieren müssen, dass wir eine Konsolidierung vornehmen müssen, dass öffentliche Gelder nicht in Zinsendienste fließen, sondern dass öffentliche Mittel so eingesetzt werden sollen, dass wir in unserem Land mehr an Wohlstand, mehr an Beschäftigung und damit auch eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes erreichen.

Daher ist es im Bereich der Investitionen meines Ressorts so, dass es einen klaren Fo­kus gibt, die Investitionen so zu tätigen, dass wir in Zukunft die höchsten Werte, die ir­gendwie aus diesen Investitionen zu erhalten sind, haben, das heißt die höchsten Werte, was Maßnahmen zum Umweltschutz betrifft, das heißt die höchsten Werte, was Beschäftigung, Wachstum und Wertschöpfung im eigenen Land betrifft mit diesen In­vestitionen. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass wir einen ganz entscheidenden Bei­trag zur Konsolidierung zu leisten haben.


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Die 10 Prozent, die Sie angesprochen haben, sind im Rahmenplan eingestellt. Es wird jedes Bauprogramm, das von den Österreichischen Bundesbahnen durchgeführt wird, durchleuchtet, sie haben dieses Einsparungspotenzial von 10 Prozent zu bringen. Das wird permanent mit dem Finanzministerium abgeglichen, und das funktioniert auch so.

Das Zweite, das mir noch wichtig ist: Wissen Sie, Pensionsausgaben aus der Vergan­genheit haben wir in allen Bereichen. Der Wissenschaftsminister hat seine Universi­tätsprofessoren, die Frau Innenministerin hat ihre Exekutivbeamten, und in meinem Bereich gibt es das auch. Erstaunlicherweise werden sie halt in meinem Bereich immer dazugerechnet. Ich habe das beim Wissenschaftsminister und bei der Innenministerin noch nicht gesehen – aber sei es, wie es sei. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Sie wissen, ich habe gesagt – und das findet statt, auf Punkt und Beistrich –, es gibt ei­nen Stopp der Frühpensionen bei den ÖBB. Wir leisten damit einen Konsolidierungs­beitrag von über einer halben Milliarde Euro in diesem Haushaltszyklus, und das ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir klug investieren, dass wir damit Beschäftigung sichern und dass wir uns gleichzeitig zur Konsolidierung des öffentlichen Haushaltes beken­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haubner.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Vielleicht noch einmal: Das Regierungspro­gramm sieht ja für diese Gesetzgebungsperiode auch die Weiterentwicklung des ÖBB-Dienstrechts vor – ich habe das vorhin schon erwähnt –, unter Einbindung der Sozial­partner, und es soll ja dem Konzern erleichtern, eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Personalpolitik umzusetzen sowie die Beschäftigungsmöglichkeiten der Bediensteten weiter zu verbessern.

Meine Frage an Sie ist: Was haben Sie bisher unternommen, dass es zu dieser im Re­gierungsübereinkommen vorgesehenen Weiterentwicklung des Dienstrechts kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, soviel ich weiß, kommen Sie aus der Sozialpartnerschaft, das heißt, Sie wissen genau, dass Dienstrechtsverhandlungen Sozialpartnerverhandlungen sind. Ich kann Ihnen aber versichern, weil ich mich da laufend informieren lasse, dass es auch da sehr viele Diskussionen gibt, denn wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein ge­meinsames Interesse haben, dann ist es jenes, dass ein Unternehmen nicht gegen die Wand fährt, sondern dass es ein stabiles Unternehmen ist, das Zukunftschancen hat und damit auch ein sicherer Arbeitsplatz ist.

Zwei Initiativen, die ergriffen wurden, die ich besonders wertvoll finde, sind – Punkt 1 – mit Unterstützung meines Hauses den Jungen eine Chance im Unternehmen zu geben und eine ganz starke Lehrlingsausbildung in Zukunftsberufen voranzutreiben und – Punkt 2 – sich auch stärker darum zu bemühen, ältere Arbeitnehmer im Unternehmen zu halten, dafür zu sorgen, dass sie auch gesund länger im Unternehmen sein können. Da gibt es eine Reihe an Maßnahmen; Dienstrechtsverhandlungen führen die Sozial­partner und nicht das Ministerium. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesminister! Zu den Pensionen: Da wür­de ich Ihnen empfehlen, endlich einmal die Nebenbezugspauschale zu ändern, dann würden Sie in den nächsten Jahrzehnten vielleicht noch einige Milliarden – zumindest 1,2 Milliarden € laut Rechnungshof – einsparen. Das wäre sehr einfach.

Aber nun zu den ÖBB und ihren Spekulationsverlusten, wo es auch um Steuergeld geht: Ich erinnere Sie an MÁV Cargo, wo 1,3 Milliarden € durch Ihren roten Aufsichts-


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ratsvorsitzenden Pöchhacker in den Sand gesetzt worden sind. Ich erinnere Sie an die Postkastenfirma Geuronet des Herrn Gulya, der sich dem Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments entzogen hat und mit 7 Millionen € beauftragt worden ist. Spekulationsverluste, Korruption – tatsächliche; diese Firma wird in Ungarn auch wegen Korruption angeklagt, ist durch Österreich beauftragt worden –, und das alles unter dem Deckmantel der ÖBB und der schwarzen und roten Aufsichtsratsvertretung. (Rufe: Frage! Frage!)

Was hätten Sie als Bundesgeschäftsführerin der SPÖ in einer solchen Situation ge­macht? – Das merke ich nur an. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Welche konkreten Maßnahmen haben Sie getroffen – beziehungsweise werden Sie treffen –, damit Spekulationen und weitere Kostensteigerungen in diesem Bereich in den ÖBB endlich unterbunden werden? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich will mich jetzt nicht länger verbreitern über die schwarz-blaue Ära bei den Bundesbahnen. (Zwischenruf des Abg. Riepl.) Die Maßnahmen, die da gesetzt worden sind, haben wir glücklicherweise gestoppt, und deshalb sind die Bundesbah­nen heute auf gutem Weg im Unterschied zu damals. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Glaubt Ihnen kein Mensch!)

Aber wir hatten bei den Bundesbahnen tatsächlich Spekulationsverluste. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Es hat Geschäfte gegeben, die gerade vom neuen Management der ÖBB und mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein vom Aufsichtsrat dieses Unter­nehmens als Kontrollorgan bereinigt werden konnten – mit einem großen Schaden für das Unternehmen, der aus einer Zeit stammt, in der Sie politisch Verantwortung getra­gen haben. (Abg. Grosz:  und Pöchhacker! Glaubt Ihnen auch kein Mensch! – Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich kann Ihnen sagen, in Zukunft ist das, was Sie angerichtet haben, ausgeschlossen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Und der Herr Gulya ! – Ruf: Setz dich nieder!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin! Die schwarz-blaue Ära hat uns ja noch ein anderes Problem beschert: die Zergliederung der ÖBB in Teilbereiche mit relativ viel bürokratischem Overhead, sprich viele Häuptlinge, wenige Indianer.

Meine Frage lautet: Was unternehmen Sie, damit es wieder mehr Schaffner, mehr Ser­vice, mehr Kundenorientierung bei den ÖBB gibt und nicht Milliarden in große Infra­strukturprojekte investiert werden?

Die Menschen brauchen die Leistung vor Ort, im Waggon, im Triebwagen. Es sind ja jetzt Gott sei Dank neue Triebwägen bestellt worden (Zwischenruf bei der SPÖ); dort brauchen wir die Leistungen, dort brauchen wir ein gutes öffentliches Unternehmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, auch wenn wir darüber schon sehr viel diskutiert haben: Meine Auffassung ist, wir brauchen beides. Wir brauchen moderne Gleisanlagen, wo wir dann moderne Züge haben, und eine Infrastruktur, damit man einen railjet nicht auf 40 km/h runter­bremsen muss, weil die Infrastruktur veraltet ist und wir nicht investiert haben. Und wir können nicht mehr Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene verlangen, wenn wir dort die Kapazitäten nicht haben.

Wir brauchen beides: Wir müssen in die Infrastruktur investieren, und wir müssen dafür sorgen, dass wir beim Güterverkehr hohe Kapazitäten und im Personenverkehr ein at-


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traktives Angebot mit modernen Zügen, mit kurzen Intervallen und mit leistbaren Tari­fen haben. Das sind die Zielsetzungen, das ist kein Widerspruch, der immer wieder zu konstruieren versucht wird. Das ganze Konzept ist, dass es sozusagen wie ein Blut­kreislauf funktioniert, das geht nur, wenn wir beides haben. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Was Sie angesprochen haben, ist aber ein gutes Beispiel: Auf der einen Seite sagt man immer, der beste Manager sei – da hat es sogar Preise gegeben –, wer die meis­ten Menschen um ihren Arbeitsplatz bringt. Ich halte von dem nichts, ich bin der Auf­fassung, eine gewisse Leistung erfordert auch eine gewisse Anzahl an Menschen, die diese Dienstleistung erbringen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glo­ckenzeichen.)

Wir müssen natürlich trotzdem sorgsam ein Unternehmen auch so führen, dass es wirt­schaftlich überleben kann, und daher stehen wir vor der großen Herausforderung, auf der einen Seite eine gute Dienstleistung, ein gutes Unternehmen, das sichere Arbeits­plätze bietet, mit motivierten Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern, zu haben. Auf der anderen Seite – und dazu stehe ich auch – habe ich als Eigentümerin die Vorgabe ge­macht, dass das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben muss, denn nur dann ist es in Wirklichkeit ein sicherer Arbeitgeber, und darum, glaube ich, geht es uns allen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Bun­desministerin! Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, Sie haben ja meinen Vorred­nern schon – richtig – geantwortet, dass beispielsweise auch am Dienstrecht gearbeitet wird; Sie haben – auch richtig – erwähnt, dass die MÁV Cargo mittlerweile saniert ist – da bleibt eigentlich vom Fragenkomplex des Kollegen Haubner nur noch die Frage nach den Errichtungskosten über. Jetzt ist ja der Teil der Infrastruktur, der sich mit den Neubauten beschäftigt, wenn man so will in der politischen Landschaft der schwarze Fleck in den ÖBB.

Glauben Sie, dass das der Hintergrund sein könnte, dass man dort noch keine kräfti­gen Einsparungen erzielen konnte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Bei der Infrastruktur? (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ja!) – Da haben wir viele Einsparungen getrof­fen. Was die Investitionen in die Infrastruktur betrifft, ist es so, dass wir allein mit der Konsolidierungsvereinbarung der Regierung im Jahr 2008 1 Milliarde € an Einsparun­gen vornehmen müssen. Wir sind ursprünglich von etwa 2,8 Milliarden € an jährlichem Investitionsvolumen ausgegangen und haben das eben reduziert.

Ich war der Auffassung, dass man damit auch sehr sorgsam umgehen muss, denn wir wissen von anderen europäischen Ländern, die zum Beispiel 50 Prozent Jugendar­beitslosigkeit haben, 25 Prozent Arbeitslosigkeit, und das sind jene Länder, die kaputt­gespart werden, wo nicht investiert wird, nicht in den Standort, nicht in die Beschäfti­gung – und daher ist beides erfolgt.

Wir haben jedes einzelne Infrastrukturprojekt durchleuchtet und evaluiert. Wir haben alle Einsparungspotenziale ausgelotet. Wir haben auf einmal 10 Prozent Kürzungen vorgenommen. Wir werden Österreich aber nicht kaputtsparen, sondern wir werden in eine moderne Infrastruktur investieren, und das ist bei der Schiene besonders gut, denn da werden noch unsere Kinder und Enkelkinder etwas davon haben, weil sie dann in Zukunft auch noch Luft zum Atmen haben und nicht Zustände wie in Peking. (Beifall bei der SPÖ.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Auer.

 


Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Guten Morgen, Frau Minister! Ein Ziel der EU-Kommission ist ja die Privatisierung der europäischen Bahnen. In der öffentlichen Dis­kussion werden natürlich immer wieder große Ängste und Bedenken vorgebracht, sei­tens der Kommission wird aber immer wieder beruhigt. Dass die Ängste aber nicht un­berechtigt sind, das zeigen ja sehr viele Beispiele aus der Vergangenheit auf europäi­scher Ebene, aber auch bei uns in Österreich – ich denke nur an die Post, wo Sie sehr viel verhindert haben, wo aber die Rolle der Finanzministerin zum Beispiel in der öf­fentlichen Diskussion nie angeschnitten wird.

Meine Frage ist: Wie stehen Sie zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission, wo­nach eben die europäischen Bahnen privatisiert – man könnte auch sagen: zerschla­gen – werden sollen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie wissen, diese Diskussionen über Liberalisierung beziehungsweise Pri­vatisierungen treiben ja manchmal wirklich Blüten, um es einmal so zu sagen. Sie ha­ben ja gestern hier im Haus die Frage der Privatisierung des Wassers diskutiert, und ich bin sehr froh, dass das Parlament doch mit großer Mehrheit der Auffassung ist, wir sollten kein Instrument auslassen, um dafür zu sorgen, dass Grundversorgungssyste­me nicht privatisiert werden.

Was die Liberalisierung im Eisenbahnpaket der Europäischen Union betrifft: Da geht es darum, dass wir auf der einen Seite in Österreich sagen, wir wollen keine Zerschla­gung der Struktur der Eisenbahn. Da ist im Übrigen beim Europäischen Gerichtshof ein Verfahren anhängig, wo ich sehr zuversichtlich bin, dass das österreichische System Bahn, wo alles in einer Hand ist, auf Zustimmung stoßen wird. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.) Ich bin auch sehr froh, dass in dieser Diskussion das Zurverfügungstellen von öffentlichen Verkehrsmitteln etwas ist, was staatliche Aufgabe ist.

Als die britische Bahn privatisiert wurde, waren die Folgen, dass die Tarife gestiegen sind, die Intervalle verlängert worden sind. Sie wissen von den Unfällen, die es bei der britischen Bahn in dieser Zeit gegeben hat. Heute ist sie privatisiert, hat Millionen an Steuergeldern gekostet. Ich glaube, man braucht da nur über die Grenzen zu schauen, um solch einen Fehler, der woanders schon passiert ist, nicht selber zu machen; des­halb bin ich gegen die Zerschlagung der Bahn und gegen die Privatisierung. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Tadler.

 


Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Guten Morgen! Jetzt kommt – nicht überraschend – Lob von meiner Seite, aus Salz­burg; Sie haben schon erwähnt, dass der Ausbau unseres Hauptbahnhofes zügig vo­rangeht. Ich habe heute in den „Salzburger Nachrichten“ auch gelesen, dass der Halb­anschluss Hagenau angeblich kommen soll – angeblich. Die Westbahnstrecke im Flachgau ist quasi auf Schiene, die Untertunnelung.

Aber jetzt zu meiner Frage: Da bin ich wieder bei Österreichs berühmtester Baustelle. Es hat hier herinnen einen Herrn gegeben, der das immer behauptet hat, und ich möchte das an das, was Herr Kollege Grosz gesagt hat, anfügen. Die Verringerung der Eigenkapitalquote durch die Spekulationsgeschäfte von Vorständen lag laut Ihren Angaben im November bei den ÖBB bei 5 Prozent und bei der ASFINAG bei 20 Pro­zent, mit steigender Tendenz. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)


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Wie lauten die Ihnen bekannten aktuellen Zahlen der prognostizierbaren Ergebnisse für 2013?

Ich weiß, das ist schwierig, aber können Sie uns da trotzdem ein bisschen etwas sa­gen, bitte!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich werde Ihnen natürlich die Zahl auf den Prozentpunkt genau zukommen lassen; aber es stimmt: Es hat beim Unternehmen Österreichische Bundesbahnen eine Schwächung des Eigenkapitals gegeben, weil es in der Vergangenheit Spekulations­verluste gegeben hat. Das muss man sich einmal vorstellen: rund 300 Millionen €. Das war aber leider nicht das Einzige.

Wir hatten aus dem Eigenkapital noch einmal 300 Millionen € wegen Fahrtkostenbe­günstigungen an das Finanzministerium zu zahlen – diese Begünstigungen haben wir jetzt mit der neuen Pendlerpauschale und auch dem Jahresticket eigentlich beseitigt, aber sei es, wie es sei – und dadurch noch einmal eine Eigenkapitalschwächung er­fahren. Daher glaube ich, dass die Diskussion eine richtige ist, wir haben sie auch ge­führt.

Wenn wir ein starkes Unternehmen wollen, dann braucht es auch eine starke Eigenka­pitalausstattung, und so wie wir seitens der öffentlichen Hand unsere anderen Unter­nehmen – im Energiebereich, im Verbund – gestärkt haben, sollten wir diese Diskus­sion auch da führen.

Was die ASFINAG betrifft, wissen Sie, dass sie all ihre Aufgaben ausschließlich aus den Mauteinnahmen durchzuführen hat, diese hatten aufgrund der Wirtschaftskrise ge­rade beim Lkw eine leichte Delle in den Krisenjahren. Das hat sich aber jetzt stabili­siert. Das Unternehmen wird zur Konsolidierung auch einen Beitrag leisten. Es wird rund 100 Millionen € an Dividende zur Konsolidierung beitragen. Also die Unternehmen im Verkehrsressort, das kann ich Ihnen sagen, die strengen sich ordentlich an.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 182/M des Herrn Ab­geordneten Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Sie haben in einem Teil Ihres Ressorts eine – sagen wir einmal so – kleine größere Baustelle geerbt. Wir haben in mehr als 20 Anfragen relativ genau seziert, wo es überall Missstände im Bereich der Austro Control, also der österreichischen Flugsi­cherung und Zivilflugbehörde, gibt. Das beginnt bei der Ausbildung der Fluglotsen, das sind Teile in der Aufbaustruktur, im Ablauf, das sind Teile wie zum Beispiel diverse Flugberechtigungen – werden die richtigerweise so gemacht, oder sollte man zum Bei­spiel Prüfer dort, wo sie selber prüfen, nicht als Piloten einsetzen? – und vieles mehr.

Meine Frage:

182/M

„Inwieweit werden Sie in absehbarer Zeit dringend notwendige Änderungen bei der ACG vornehmen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich weiß, dass Sie in diesen Fragen der Luftfahrt ein wirklicher Experte sind, daher wissen Sie auch, vor welchen großen Herausforderungen und Aufgaben nicht nur die Austro Control Gesellschaft sozusagen als Luftraumüberwachung und Be­hörde, sondern die Branche insgesamt steht.


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Ich bin deshalb auch sehr froh darüber, dass es gelungen ist, mit der gesamten Luft­fahrtbranche die „Road Map Luftfahrt“ zu entwickeln, also eine Luftfahrtstrategie, wo es nicht nur um Flughäfen und Fluggesellschaften, sondern um die gesamte Industrie und damit auch Technologie und Beschäftigung in diesem Zusammenhang geht.

Es stimmt, dass wir bei der Austro Control Gesellschaft Umstrukturierungen vorhaben. Wir haben, was den behördlichen Teil betrifft, die Gruppe Luftfahrt in meinem Haus neu aufgestellt, auch nach den Bedürfnissen der Branche, weil es eine enge Zusam­menarbeit geben soll. Und wir haben im BMVIT auch ein Projekt mit externen Beratern eingeleitet, was die Weiterentwicklung der Austro Control Gesellschaft in Zukunft brin­gen soll und welche die Aufgabenstellungen sind.

Es ist vereinbart, dass bis zum Sommer, also in den nächsten Monaten, eine Machbar­keitsstudie darüber mit verschiedenen Varianten vorgelegt wird, und dann werden wir die konkreten Strategieziele plus mögliche neue Organisationsausrichtungen gemein­sam diskutieren und umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Deimek.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Bundesministerin! Werden Sie in diesem Zusammenhang den behördlichen Teil aus der ACG wieder herausnehmen und gemeinsam mit Teilen des BMVIT zu einer eigenen Behörde, die nur im BMVIT angesiedelt ist, formen, oder wollen Sie diesen Teil in der ACG lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Abgeordneter, wenn diese Entscheidung schon getroffen wäre, dann wäre ich schon an der Umsetzung.

Das ist eine der Varianten, die ich für sehr möglich halte. Aber wir werden, wie gesagt, in den nächsten Monaten eine Machbarkeitsstudie mit mehreren Varianten bekommen, und dann werden wir, davon bin ich überzeugt, jene wählen, die am besten sicherstellt, dass die österreichische Luftraumüberwachung perfekt funktioniert, dass der behörd­liche Teil, der ja auch große Aufgaben im Bereich der Luftfahrt hat, perfekt funktioniert.

Wir schauen uns die Varianten an, und die, die Sie erwähnt haben, nämlich Heraus­lösung des behördlichen Teiles, wird eine davon sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Stauber.

 


Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Sie haben schon erwähnt, Sie haben im Herbst 2011 die „Road Map Luftfahrt“ präsentiert, in der wirklich sehr viele wichtige Ansätze und Maßnahmen zur Verbesserung der Luft­fahrt vorgestellt worden sind.

Meine Frage dazu: Welche Umsetzungsschritte setzen Sie bereits jetzt in Bezug auf diese ACG-Sache?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, in der „Road Map Luftfahrt“ haben wir ganz konkret 77 Maßnahmen defi­niert, die zu einer Stärkung der Luftfahrtwirtschaft in Österreich führen sollen, und wir befinden uns bei fast allen Maßnahmen schon in der Umsetzungsphase.

Das Erste und die größte Herausforderung war natürlich, dass nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa, ja weltweit, auch in Amerika, die Luftfahrt von der Wirtschafts­krise sehr geschüttelt war. Es war daher auch die Aufgabe, die Airlines und die Luft­fahrt zu stärken. Wir haben das auch gemacht, indem wir zum Beispiel eine Senkung der Flugabgabe vorgenommen haben, von den Kosten, was Pilotenlizenzen betrifft, Druck genommen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 29

Das Allerwichtigste ist natürlich, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Und die Wettbe­werbsfähigkeit und die Stärkung der Luftfahrtwirtschaft haben natürlich sehr viel damit zu tun, ob wir einen leistungsfähigen Flughafen haben, ob Österreich die Funktion ei­ner Drehscheiben bei den Flughäfen innehat. Weiters muss der Flughafen mit der Ei­senbahn gut verbunden sein, und daher bauen wir auf dem Flughafen auch noch einen neuen Bahnhof. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Singer.

 


Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der Ver­kehrsausschuss hat am 17.3.2010 beschlossen, das Austro-Control-Gesetz im Hinblick auf die Anpassung der Gebühren an die allgemeine Preisentwicklung abzuändern. Diesbezüglich wurde auch die Energie angesprochen, nämlich die Effizienzpotenziale entsprechend zu erhöhen.

Im Bericht steht: „Der Verkehrsausschuss geht deshalb davon aus, dass die Austro Control GmbH unabhängig von der Valorisierung der Gebühren zusätzliche Effizienz­potenziale nicht nur in der Luftraumsicherung sondern auch innerhalb des Unterneh­mens selbst identifiziert und ausschöpft.“

Meine Frage dazu: Welche Effizienzpotenziale hat die Austro Control in den letzten beiden Jahren im Sinne der Willensbildung des Verkehrsausschusses ausgeschöpft?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich habe das auch unterstützt. Es muss darum gehen, dass wir noch mehr Kosteneffizienz haben. Wir müssen versuchen, die Gebühren so gering wie möglich zu halten. Aber gar keine finanzielle Basis zu haben geht natürlich nicht, für das Behörd­liche und für diese Luftraumüberwachung.

Es ist mir wichtig, in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass wir beides brauchen: Kosteneffizienz, aber auch die erforderlichen Mittel, um diese Aufgaben exzellenter – da geht es auch um Sicherheitsfragen in der Luftfahrt – erfüllen zu können. Was die Kosteneffizienz betrifft, ist es so, dass wir bei den Gebühren in Österreich bei 2,2 Pro­zent liegen, Deutschland liegt zum Beispiel bei nur 1 Prozent. Zielsetzung ist es, eine Senkung um 2,6 Prozent zu erreichen, was wir auch als Ziel definiert haben, und daran wird in der ACG sehr intensiv gearbeitet. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Man stelle sich vor, seit nunmehr 15 Jahren streiten die Pilotenverbände und die Luftfahrtindustrie um die neuen Dienstzeiten. Jetzt hat die Luftsicherheitsbehörde von Europa im Auftrag der EU-Kommission den Vorschlag gemacht, die höchstzulässigen Arbeitszeiten der Pilo­ten und des Kabinenpersonals zu vereinheitlichen und wesentlich zu verlängern.

Es gibt Umfragen, die belegen, dass schon heute jeder fünfte Unfall, der im Luftverkehr passiert, aufgrund der Müdigkeit der Piloten passiert. Weiters gibt es eine Umfrage aus Schweden, die besagt, dass bereits jeder zweite Pilot im Cockpit eingeschlafen ist.

Frau Minister, meine Frage ist daher: Wie stehen Sie zu diesen geplanten EU-Rege­lungen? Sehen Sie diese Arbeitszeiterweiterung als massives Risiko in der Luftfahrt? Wie bewerten Sie das Ganze?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie wissen, dass ich eine Verbündete bin, wenn es darum geht, alles zu unternehmen, um mehr Sicherheit zu erreichen. Im Bereich des Verkehrs und insbe-


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sondere in der Luftfahrt kommt dem eine besondere Rolle zu. Ich bin für Verkehrssi­cherheit sozusagen sehr sensibilisiert.

In diesem Bereich führt eine längere Arbeitszeit möglicherweise zu höheren Sicher­heitsrisiken, was ein sehr ernst zu nehmendes Thema ist. Das wird derzeit im Europäi­schen Parlament diskutiert. Ich weiß, dass einige europäische Fraktionen versuchen, noch Änderungen zu verhandeln.

Ich kenne das Dokument, das dann unter den Verkehrsministern diskutiert werden soll, nicht, aber ich glaube, es muss ein Ausgleich gefunden werden: soviel Sicherheit, wie nur irgendwie möglich, ohne dabei die wirtschaftlichen Aspekte aus den Augen zu ver­lieren. Aber zuerst kommt die Sicherheit, und dann kommen die wirtschaftlichen As­pekte. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin! Die Austro Control ist auch für die Flugbewegungen beim An- und Abflug zuständig, sie reguliert den Luft­fahrtsraum. Im Sinne der direkten Demokratie, sprich im Sinne dessen, dass Men­schen ihre Anliegen im Parlament zur Sprache bringen können, richte ich folgende Fra­ge an Sie, die ich heute in der Früh durch eine Luftlärmgeschädigte bekommen habe, die sich immer wieder über den Fluglärm in Liesing beschwert und um unverzügliche Einhaltung der Luftverkehrsregeln ersucht, welche die Vermeidung von unnötigem Fluglärm insbesondere über dicht besiedeltem Gebiet wie Liesing vorschreiben:

Was werden Sie unternehmen, damit die Menschen vor Ort endlich nicht mehr durch unnötigen Fluglärm gequält werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, das ist ein sehr ernstes Thema, nämlich wie wir Entwicklungen, die sich im Bereich der Mobilität eben negativ auswirken, hintanhalten können. Wir haben das im Bereich der Luft, wir haben negative Auswirkungen was Feinstaub und CO2 betrifft, und wir haben es in der Luftfahrt natürlich auch mit Lärm zu tun.

Ich möchte Ihnen nur sagen, dass sich Österreich, was die Lärmschwellenwerte be­trifft, an alle internationalen Standards hält, auch jene der Weltgesundheitsorganisa­tion. Österreich hat darüber hinaus eine Form der Bürgerbeteiligung – weil Sie den Wiener Bezirk Liesing angesprochen haben –, im Rahmen derer wir mit diesen Bezir­ken, aber auch den Gemeinden, Anrainern des Flughafens Schwechat ein Mediations­verfahren über Jahre gemacht haben, wo wir auch diese Lärmschwellenwerte definiert und festgehalten haben. Wir haben auch gesagt, keine gesetzliche Regelung darf unter einen Mediationsvertrag, unter das gehen, was die Bevölkerung in Mediationsverfahren vereinbart hat, damit gesichert ist, dass wir beides haben: einen wirtschaftlich wichti­gen und starken Flughafen, aber auch den höchstmöglichen Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Da Sie die Anflugrouten angesprochen haben: Ich werde auch in meiner Funktion als Technologieministerin daran arbeiten. Es ist so, dass man mit unterschiedlichen Anflü­gen tatsächlich Lärm verhindern kann, dass man tatsächlich auch weniger Kerosinaus­stoß bewirkt und daher umweltfreundlicher ist. Dafür braucht es jedoch technische Voraussetzungen, an denen wir arbeiten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Das heißt, ich hoffe, dass wir in Zukunft dem Problem Lärm bei der Luftfahrt mit neuen Technologien begegnen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 183/M, das ist jene der Frau Abgeordneten Dr. Moser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, Sie betonen immer die Wichtigkeit des öffentlichen Verkehrs. Da ist uns sicher die Schweiz ein Vorbild. In der Schweiz gibt es eine Netzkarte, die überall gilt – Zug, Straßenbahn, teilweise auch für Seilbahnen. Und im Regierungsprogramm haben Sie auch vereinbart, dass eine ähnli­che Netzkarte in Österreich eingeführt werden soll, das sogenannte Österreich-Ticket.

Meine Frage:

183/M

„Bis wann werden Sie dafür Sorge tragen, dass das im Regierungsprogramm enthalte­ne ,Österreich-Ticket‘ als preisgünstige, unkomplizierte Netzkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel eingeführt wird?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, ich weiß sehr gut, dass das oberflächlich ganz toll klingt: ein Ticket für alle Verkehrsmittel! (Abg. Dr. Moser: In der Schweiz gibt es das!) Das wäre natürlich eine Form von Vereinfachung, würde aber am Ende, sagen mir Experten, nicht zu dem füh­ren, was wir wollen.

Wir haben das im Regierungsübereinkommen nicht festgehalten sozusagen als „wird eingeführt“, sondern es gibt eine Reihe taxativer Aufzählungen, was wir unternehmen wollen, um den öffentlichen Verkehr zu attraktivieren, und da war das ein Beispiel. Deshalb habe ich das auch einer Prüfung durch Expertinnen und Experten unterzogen. Und die sagen, dass wir mit diesem Ticket nur eine ganz, ganz kleine Bevölkerungs­gruppe erreichen würden. Dieses Ticket kostet in der Schweiz, die wesentlich kleiner ist – das heißt, bei uns wäre es wesentlich teurer –, an die 3 000 € im Jahr. Also wie viele Familien würden sich das leisten können und brauchen es, vom Neusiedler See bis zum Bodensee mit allen Verkehrsmitteln zu fahren?

Sie wissen, dass das nicht meine Berechnung ist. Selbst der damalige Finanzminister Molterer hat gesagt, dass dieses „Österreich-Ticket“ 100 Millionen € kosten würde.

Daher ersuche ich um Verständnis dafür, dass ich alles unternehmen werde, um bei den Tarifen Vereinfachungen und bei den Verkehrsverbünden einheitliche Regelungen gemeinsam mit den Landesverkehrsreferenten zu erreichen, aber 100 Millionen € kön­nen wir besser investieren als in ein Ticket, das sich kaum jemand leisten kann, für das es keinen Bedarf gibt und von dem die Experten in Untersuchungen sagen, dass die Gruppe jener, die das in Anspruch nehmen würde, ganz minimal und klein wäre.

Ich denke, hinsichtlich der Tarife können wir mit den Landesverbünden und Landesver­kehrsreferenten zu guten, überschaubaren Lösungen kommen, die tatsächlich dem Mobilitätsbedürfnis der Menschen entsprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Wie erklären Sie sich dann, dass gerade diese Netzkarte in der Schweiz sehr beliebt ist, sehr verbreitet ist, zu zusätzlichen Nut­zerInnen des öffentlichen Verkehrs geführt hat, Attraktivierung bedeutete? Warum ge­hen wir nicht den Weg der Schweiz?

Die Schweiz leistet sich dieses Ticket, die Menschen leisten es sich, und es bringt eine Entlastung der Straßen und eine Verbesserung der öffentlichen Servicefunktion im Nah­verkehr.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Ich hole mir immer gute Beispiele auch aus dem Ausland, aber diese Darstellung, als wäre die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 32

Schweiz im Bereich des öffentlichen Verkehrs unser ganz großes Vorbild, hinkt ein bisschen.

Ich möchte Ihnen sagen, dass in Österreich mehr Menschen mit öffentlichen Verkehrs­mitteln fahren als in der Schweiz – auch bei den jetzigen Tarifgestaltungen. In Wien gibt es dichten öffentlichen Verkehr, ein U-Bahn-Netz, und das Jahresticket kostet 1 € am Tag, ein ganz tolles Angebot – nicht 3 000 € wie in der Schweiz. In Österreich transportieren wir dreimal so viele Güter mit der Eisenbahn wie die Schweiz.

Also nicht alles, was im Ausland ist, ist gut. Ich würde sagen, wir haben auch gute Sys­teme im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Deshalb werden sie von den Menschen auch so angenommen. Aber der Feind des Guten ist das Bessere, und daher werden wir weiter an Optimierungen arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mühl­berghuber.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesminister! Ich möchte gleich zum nächsten Ticket kommen, und zwar zum neuen Top-Jugendticket, das ein ganzes Schuljahr für alle Fahrten rund um die Uhr gilt. Es gilt für Wien, Nieder­österreich und das Burgenland und kostet 60 €. Es gilt für Schülerinnen und Schüler und auch für Lehrlinge bis zum vollendeten 24. Lebensjahr und zwar bis zum 8. Sep­tember 2013.

Meine Frage dazu wäre: Wird dieses Top-Jugendticket ab dem Schuljahr 2013/2014 auf die restlichen Bundesländer ausgedehnt? (Ruf bei der SPÖ: Falsche Adresse!) Und wie sieht es für die Studierenden aus, wird es solch ein Angebot auch für Studie­rende einmal geben? (Abg. Riepl: Das ist Sache des Wirtschaftsministers!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, zuerst einmal: Ich sehe es genauso wie Sie, dass solch ein Jugendticket et­was ganz Sensationelles ist. Nicht nur, weil es sozusagen einfach und preisgünstig ist, sondern weil es auch den Effekt haben wird, dass junge Menschen, die mit der Bahn fahren, die den Vorteil des öffentlichen Verkehrs schon in jungen Jahren kennenlernen, später auch eher bereit sind, nicht ins Auto zu steigen, sondern öffentliche Verkehrs­mittel zu benützen, sodass wir auf diesem Wege einen Bewusstseinswandel, den wir bei der Mobilität und in der Verkehrspolitik brauchen, einleiten können.

Was die Frage betrifft, ob wir es auf Studierende ausweiten können: In der Schweiz gibt es weder für Schülerinnen/für Schüler noch für Studentinnen/für Studenten eine Freifahrt, wie wir das in Österreich haben – nur als Ergänzung. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.) Es ist so, dass wir das aus dem Familienlastenaus­gleichsfonds bezahlen. Das heißt, die Schülerfreifahrt, die Förderung dieses Jugend­tickets erfolgt über den Familienlastenausgleichsfonds, und dieser ist im Wirtschafts- und Familienministerium angesiedelt. Es ist das daher nicht Aufgabe der Verkehrspoli­tik, sondern der Familienpolitik des Landes.

Ich nehme an, Kollege Mitterlehner wird bald in einer Fragestunde hier sein, und dann werden Sie Gelegenheit haben, ihn das zu fragen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Loh­feyer.

 


Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Einen schönen guten Morgen, Frau Bun­desministerin! Dem Nahverkehr kommt ja im Hinblick auf die Mobilität der Menschen immer größere Bedeutung zu. Wie haben sich die Bestellungen des Bundes im Nah­verkehr in letzter Zeit entwickelt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 33

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, wir haben auch im Bereich des Nahverkehrs und der gemeinwirtschaftli­chen Leistungen, wie das heißt, also dort, wo wir Strecken des öffentlichen Verkehrs auch fördern, weil diese nicht wirtschaftlich geführt werden können und die Ticket­preise somit unbezahlbar wären, von Jahr zu Jahr ein größeres Angebot. Derzeit wer­den 71 Millionen Zugkilometer zur Verfügung gestellt. Wir haben so viele Passagiere wie noch nie.

Das erfordert eben, dass wir in diesem Bereich nicht nur bei diesen gemeinwirtschaft­lichen Leistungen mehr Kilometer Bahn bestellen, mehr Kilometer fahren, kürzere In­tervalle und somit ein besseres Angebot haben, sondern dass auch diese Verträge ins­gesamt ganz transparent gestaltet sind. Da gibt es keinen Zuschuss an ein Unterneh­men vom Steuerzahler, sondern da gibt es eine Leistung, die dahin gehend definiert wird, wo fahre ich mit welcher Leistung, mit welcher Qualität, mit welchen Zügen, mit welchen Intervallen. Und dafür gibt es ein Schienenentgelt. Also die ganzen Rahmen­verträge und gemeinwirtschaftlichen Leistungsverträge beinhalten keine Pauschalie­rungen mehr und keine Subventionen, sondern sind Leistungsverträge, die die Repu­blik mit allen Bahnunternehmen, nicht nur mit den ÖBB, abgeschlossen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Rädler.

 


Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Sie selbst haben die Investitionen im Bereich der Bahnen angesprochen. In Niederösterreich ist, so meine ich, Bund und Ländern in diesem Bereich einiges gelungen. Ich denke nur an die Westbahnstrecke oder an den Erhalt der Nebenbahnen und natürlich auch an die gewaltigen Vorhaben, die wir noch auf der Südbahnstrecke haben.

Ich möchte aber trotzdem auf das Österreich-Ticket zurückkommen, wozu es eine Re­gierungsvereinbarung gibt. Sie haben nach der Frage der Frau Abgeordneten Moser die Kostenseite angeschnitten. Ich möchte wissen, wie dies in rechtlicher Hinsicht aus­sieht. Wie weit sind die Gespräche zwischen Bund und Ländern im Hinblick auf ver­tragsrechtliche Vereinbarungen im Verkehrsverbund oder wo immer auch gediehen, um das Österreich-Ticket in nächster Zukunft realisieren zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wenn ich von Experten, die dieses Modell überprüft haben, ein Gutachten oder eine Expertise bekomme, aus der hervorgeht, dass die Kosten zu hoch sind und die Zahl der Nutzer zu gering ist, dann ist das etwas, was ich ernst nehme. Somit ist ein Österreich-Ticket aus wirtschaftlichen Gründen nicht das geeignete Instrument und erzielt auch nicht den Effekt, dass ich damit viele Menschen veranlasse, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Daher werde ich auch nicht an etwas sozusagen operativ weiterarbeiten, wenn auf dem Tisch liegt: zu teuer für zu wenige Menschen und bringt nicht die entsprechenden Effekte.

Allerdings habe ich in enger Kooperation mit den Landesverkehrsreferenten eine Initia­tive gestartet, wo es um die Einführung eines österreichweiten Taktverkehrs geht, wo es um die Vereinheitlichung der Tarifsysteme in ganz Österreich geht, wo es um eine gemeinsame Verbesserung des Angebots von öffentlichen Verkehrsmitteln geht, wo nicht jeder nur seinen eigenen Schrebergarten bedienen kann, sondern die Menschen wollen, wenn sie aus der Bahn aussteigen, einen Anschluss an den Autobus haben. Das müssen wir optimieren. Da müssen Bund, Länder und Gemeinden eng zusam­menarbeiten. Diesbezügliche Initiativen sind vonseiten der Landesverkehrsreferenten gesetzt worden. Diese werden bei der nächsten Sitzung, die schon im April ist, einen Zwischenbericht über weitere Verbesserungen im öffentlichen Verkehr präsentieren.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 34

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dolin­schek.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Bundesminister! Der öffentliche Nahverkehr spielt eine wichtige Rolle für die Mobilität der Menschen in unserem Land. Unbestritten ist auch, dass die Länder und Gemeinden entsprechend eingebunden werden müssen. Wie hoch sind die Mittel, die der Bund und die Länder derzeit für die Finanzierung des Nahverkehrs in Österreich zur Verfügung stellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Also wir haben das ja, was die Kompetenzen für den öffentlichen Verkehr betrifft, noch breiter zersplittert, mit eingebunden sind auch die Städte und Gemeinden. Wie hoch die öf­fentlichen Mittel sind, die in den gesamten öffentlichen Verkehr – Städte, Gemeinden, ÖBB – und nicht nur in den Nahverkehr fließen, das kann ich jetzt nicht genau be­antworten. Was sozusagen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Bereich der Bah­nen in Österreich betrifft, sind es rund 600 Millionen €. Aber es wird ein Zigfaches des­sen sein, was Österreich in den öffentlichen Verkehr, also in Busse, U-Bahnen, Stra­ßenbahnen, investiert. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Es ist nicht nur so, dass sich Investitionen auch im Bereich Beschäftigung nieder­schlagen und ein hoher Anteil an öffentlichem Verkehr vor allem auch die Lebensqua­lität erhöht, sondern besonders wichtig ist auch, dass Investitionen auch für den Stand­ort etwas ganz Wesentliches sind. Wenn mehr Menschen mit öffentlichen Verkehrsmit­teln fahren, ersparen wir uns im Gesundheitsbereich einiges an Geld – Ihnen, Herr Ab­geordneter Dolinschek, brauche ich das nicht zu sagen, Sie waren im Sozialministe­rium. Das ist auch eines der Beispiele dafür, dass man nicht nur immer einen Bereich betrachten soll, sondern dass eine gesamtheitliche Betrachtungsweise notwendig ist. Die Investitionen in den öffentlichen Verkehr rechnen sich ökonomisch und ökologisch und erhöhen die Lebensqualität der Menschen in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor wir nun zur Anfrage 184/M kommen, meine Damen und Herren, muss ich auf Folgendes aufmerksam machen: Wir sind erst bei der Hälfte der Fragen, und die Zeit ist weit vorgeschritten. Daher, Frau Bundesmi­nisterin, darf ich Sie erstens bitten, kürzer zu antworten. Das bedingt aber umgekehrt, dass Fragen gestellt werden, die auch in wenigen Sätzen beantwortbar sind. Also in dieser Wechselwirkung können wir unser Grundprinzip durchziehen, alle gestellten Fragen auch zum Aufruf zu bringen, sonst müssen wir wieder irgendwann zur Zerstü­ckelung der Fragestunde übergehen, was Unkalkulierbarkeit zur Folge hat – also bitte entsprechende Fragen und, Frau Bundesministerin, knappe Antworten!

Herr Abgeordneter Bucher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sie müssen mich nicht so sorgenvoll anschauen, Frau Bundesminister, ich habe eine ganz freundliche Frage an Sie. Es ist ja schon von meiner Kollegin gefragt worden, wie es mit dem Österreich-Ticket ausschaut. Leider Gottes muss ich laut Geschäftsordnung die Frage stellen, die wir eingereicht haben – dies für jene, die zu Hause zusehen. Sie haben schon gesagt, dass das Österreich-Ticket nicht so umsetzbar sein wird, wie es im Regierungsprogramm steht.

Nichtsdestotrotz ist es so, dass viele Fahrgäste in Österreich nicht verstehen können, dass es unterschiedliche Tarife gibt. Vor allem transportieren auch die Zeitungen im­mer den Ärger der Fahrgäste darüber, dass es einen Tarifdschungel gibt und die Tarif­gestaltung unübersichtlich ist. Aus einer Grafik geht hervor, dass in Vorarlberg das Jahresticket 592 € kostet, während es in Kärnten 2 420 € kostet und in Wien 1 614 €, also gibt es enorme Unterschiede.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 35

Jetzt meine Frage, bezogen auf das Österreich-Ticket, aber etwas abgeleitet: Wie lan­ge wird es zirka dauern, bis es zu einer Annäherung der unterschiedlichen Tarife in den einzelnen Bundesländern kommt?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 184/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wann werden Sie das im Regierungsprogramm 2008–2013 den Österreicherinnen und Österreichern versprochene Österreich-Ticket endlich umsetzen, um die derzeit bestehenden unterschiedlichen Tarife in den Bundesländern zu vereinheitlichen und den Pendlern ein kostengünstiges und umweltfreundliches Angebot zu machen?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das lasse ich jetzt durchgehen, wenngleich au­ßerhalb der Geschäftsordnung. Aber da der Text in der Vorfrage nahezu identisch war, lasse ich es eben, wie gesagt, durchgehen.

Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin, ich bemühe mich sehr, Ihrem Wunsch auch nachzukommen.

Herr Abgeordneter, Sie selbst haben es ja erwähnt, ich brauche es daher nicht weiter zu erläutern, warum dieses Modell nicht weiter verfolgt wird, weil es unwirtschaftlich ist und weil die Annahme dieses Tickets in diesem Fall nicht so sein wird, wie man sich das möglicherweise erhofft hat.

Aber wir verfolgen weiter andere Modelle, die auch diesen Effekt haben, nämlich ein­heitliche Ticketsysteme, klarere Tarifsysteme in ganz Österreich, auch bessere ge­meinsame Regelungen, was Ermäßigungssysteme in allen Verkehrsverbünden Öster­reichs betrifft. Aber dafür brauche ich die Länder. Im April 2013, also in wenigen Wo­chen, werde ich mit den Landesfinanzreferenten genau diese Modelle diskutieren und Sie dann in Form eines Zwischenberichts auch auf dem Laufenden halten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Bu­cher.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Jetzt eine Frage, die auch sehr viele Menschen berührt, vor allem ältere Menschen, die, wenn sie ein Ticket kaufen, oft mit den Ticket­automaten nicht zurechtkommen, weil sie diese als unübersichtlich und kompliziert empfinden. Diese Menschen haben dann, wenn sie es nicht schaffen, ein Ticket aus dem Automaten herauszubekommen, im Zug eine Strafe zu bezahlen. Das versteht niemand. Warum kann man nicht dazu übergehen, dass man ein Ticket auch im Zug lösen kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, natürlich kann man das, natürlich kann man technologische Hilfsmöglich­keiten, die man jetzt hat, die wir im Übrigen noch stärker ausbauen wollen, nämlich über Internet, über Handy, über Automaten, auch dadurch ersetzen, dass in verstärk­tem Maße Zugbegleiter oder, wie man früher gesagt hat, Schaffner eingesetzt werden. Aber dann muss man wissen, was das bedeutet, dass nämlich dafür zusätzlich Men­schen eingesetzt werden müssen, die das auch tun, und dass die Bundesbahnen mehr Geld zur Verfügung stellen müssen, um mehr Arbeitsplätze finanzieren zu können, an­statt dort Einsparungen zu treffen, was ja unsere zentrale Zielsetzung wäre.


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Aber, Herr Abgeordneter, was nicht geht, ist, auf der einen Seite immer dazustehen und zu sagen, das ist ein Wahnsinn, die Gelder für die ÖBB müssen gekürzt werden, aber anderseits zu fordern, es muss mehr gefahren werden, es müssen die Korridore ausgebaut werden und mehr Menschen sollen dort arbeiten. Das geht nicht! Wir müs­sen schauen, dass wir das Geld gut investieren, dass wir dort sichere Arbeitsplätze ha­ben und dass die Leistung für die Kunden gut ist. Und da gibt es ein großes Bemühen im Unternehmen, dafür zu sorgen, dass man auch unbürokratisch und leichter zu ei­nem Ticket für die Bahn kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin, hier ein Brief eines Pen­sionisten. (Die Rednerin hält einen Brief in die Höhe.) Zusatzfrage: Es geht ja ums Ser­vice, Ticket oder Information, Fahrplan. Der Herr, 77 Jahre alt, schreibt:

Nun soll ich mir mit meinen 77 wegen der ÖBB einen PC kaufen, weil es kein Kursbuch mehr gibt. Wenn ich anrufe, bleibe ich sogar in der Warteschleife hängen. Bitte, warum gibt es kein Kursbuch? Gerade alte Menschen, ältere Menschen brauchen verlässliche Informationen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, wenn Sie mir den Brief zukommen lassen, dann nehme ich sehr gerne mit dem Herrn auch Kontakt auf. Viele Zuseherinnen und Zuseher wissen vielleicht nicht, was unter einem Kursbuch zu verstehen ist. Das ist so ein Schmöker. (Die Rednerin beschreibt mit den Händen ein etwa 20 cm dickes Buch.) Es wäre gerade für einen äl­teren Menschen eine Belastung, wollte man diesen mittragen.

Tun Sie nicht so, als würde es keine Fahrpläne geben! Für alle Strecken, auf denen dieser Herr fahren möchte, stellt das Unternehmen Bahn – das ist ja nicht meine Auf­gabe – Fahrpläne zur Verfügung, aus denen ersichtlich ist, wann der Zug wohin fährt und wann ich einen Anschluss habe. Und ein Kursbuch, das so dick und verdammt schwer ist und wohl nur für wenige – ich sage das jetzt einmal so – Eisenbahnfreaks wäre, hätte diesem Herrn mit 77 mit Sicherheit nicht weitergeholfen. Aber wenn Sie mir das Schreiben geben, würde ich gerne mit ihm Kontakt aufnehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Moser: Ich habe schon Kontakt aufgenommen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Jury.

 


Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Sie, Frau Minister, lehnen das Ö-Ticket ab. Für mich ist das ein bisschen unverständlich. Noch im November hieß es:

„Bures fordert bis März 2013 Öffi-Reform

Öffis boomen. Doch Zonen- und Tarifdschungel verprellen neue Kunden.“

Wie ist dies zu erklären, wenn Sie auf der einen Seite dieses Ö-Ticket ablehnen, das ja für die Kunden etwas Essenzielles wäre, wodurch dieser Tarif- und Verkehrsverbund­dschungel viel leichter zu handhaben wäre, während Sie auf der anderen Seite fordern, dass Zonen- und Tarifdschungel gelöst werden? Wie stellen Sie sich das vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Ich muss, Frau Präsidentin, leider wirklich noch einmal wiederholen, weil das so einfach klingt, aber nicht so einfach ist.

Also wenn Sie fordern, dass wir in Österreich ein neues Ticket einführen, dann würde das laut Berechnung des damaligen Finanzministers Molterer – und die Rechnung ist fünf Jahre alt, heute wird das jedenfalls mehr sein – den österreichischen Steuerzahler


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100 Millionen € kosten. Wenn jeder, der dieses Ticket kauft, mit Kosten von 3 000 bis 4 000 € rechnen muss, wie das zum Beispiel in der Schweiz ja auch der Fall ist, und wenn der einzige Vorteil  den man aufgrund eines so teuren Tickets hat, das hoch­subventioniert wird  wäre, dass man in Bregenz und in Eisenstadt auch mit dem Bus fahren kann, dann, so meine ich, geht das in Wirklichkeit am Bedarf der Menschen vor­bei und dann halte ich das, offen gesagt, für einen Unsinn.

Ich bin aber ganz bei Ihnen, wenn es darum geht, dass wir für Pendlerinnen und Pend­ler, dass wir in den Städten, bei den Verkehrsverbünden entsprechende Tarife brau­chen, dass wir Ermäßigungen für Pensionisten, für Junge brauchen, dass wir ein at­traktives Angebot haben, dass wir auch österreichweit gleiche Systeme haben, in de­nen festgelegt ist, ab wann man ein Pensionist und was eine Jugendermäßigung ist, denn das sollte in einzelnen Regionen nicht unterschiedlich sein. Und ich versichere Ih­nen, alle neun Landesverkehrsreferenten, die unterschiedlichen Parteien angehören, haben ein gemeinsames Interesse daran, zu einheitlicheren Systemen und somit in Zu­kunft zu einer besseren Leistung für die Menschen zu kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Binder-Maier.

 


Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Es gibt 1,8 Millio­nen Pendlerinnen und Pendler, 400 000 nützen die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich bin davon überzeugt, dass diese die Tarifsysteme und Verbundsysteme sehr genau ken­nen. Aber Sie haben ja schon in Ihrer Antwort darauf hingewiesen, dass die Schwierig­keit bei der Vereinfachung darin liegt, dass die einzelnen Verkehrsträger hinzugezogen werden müssen.

Welche Maßnahmen werden Sie setzen, dass es wirklich zu einer Vereinfachung und zu noch mehr Kundenfreundlichkeit kommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Ja, die doch große Herausforderung besteht darin, dass wir ein föderalistisches Land sind – Kollege Stöger kann ein Lied davon singen – und dass es daher eben unterschiedliche Kompetenzen gibt, was den öffentlichen Verkehr betrifft. Neben der Tatsache, dass der Bund für den öffentlichen Verkehr eine große Verantwortung trägt, stehen auch die Länder, die Gemeinden und Kommunen vor ganz großen Herausforderungen. Und es geht nun darum, dass wir das besser verknüpfen wollen.

Und jetzt könnte man natürlich die Frage stellen: Warum hat man das nicht schon längst getan? Ich habe das Gefühl, das hat schon sehr viel damit zu tun, dass es in den letzten Jahren tatsächlich ein breiteres Bewusstsein insgesamt in der Politik, in der Bevölkerung – da gibt es ja Wechselwirkungen – dafür gibt, dass wir den öffentlichen Verkehr ausbauen müssen.

Vor ein paar Jahren noch hat es viele Diskussionen gegeben, in denen man gesagt hat: Bauen wir lieber Straßen und nicht öffentliche Verkehrsmittel, bauen wir lieber Kreisverkehre, anstatt mehr Geldmittel für Autobusse zu verwenden!

Ich glaube, es herrscht heute das Bewusstsein, auch aufgrund umweltpolitischer Vor­gaben und umweltpolitischer Überzeugung, dass wir alle an einem Strang ziehen müs­sen – Bürgermeister, Landeshauptleute und Ministerin –, damit wir in Zukunft zu einem guten Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schit­tenhelm.

 


Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Frau Bundesministerin, Sie haben im Februar 2009 im Rahmen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 38

einer Verkehrsausschusssitzung angekündigt, Sie werden die Projektgruppe Österreich-Ticket einsetzen. Daher meine konkrete Frage:

Wer hat in dieser Projektgruppe mitgearbeitet? Wer waren die Expertinnen und Exper­ten? Und hat diese Projektgruppe jetzt endlich auch ein Ergebnis gebracht, bezie­hungsweise welche Maßnahmen wurden gesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Das Er­gebnis ist, es gibt kaum Bedarf an diesem Ticket und es ist viel zu teuer. Daher wird es in dieser Legislaturperiode nicht kommen. (Abg. Steibl: Wer war dabei?) Das weiß ich nicht. Ist das die Fragestellung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ja, es war noch die Frage, wer Mitglied war.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Prä­sidentin, ich kann die Liste übermitteln.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Gut, danke schön.

Wir gelangen zur Anfrage 185/M des Herrn Abgeordneten Hagen. Die Frage bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Bundesminister, meine Frage lautet:

185/M

„Durch überholende Lkws auf zweispurigen Autobahnstücken kommt es immer wieder zu enorm gefährlichen Situationen und kilometerlangen Staus als Folge dieser gefahr­vollen und langwierigen Überholmanöver.“

Ein Antrag zur Verbesserung der Situation, welchen ich im Jahr 2010 im Verkehrsaus­schuss eingebracht habe, wurde zwar behandelt, meine Forderungen wurden auch bestätigt, dann aber von den Regierungsparteien abgelehnt. Dieses Problem besteht nach wie vor. Wie aus den Medien zu erfahren war, haben Sie die Länder aufgefordert, die Gefahrenstellen für Lkw-Überholverbote auf zweispurigen Autobahnstücken bezie­hungsweise Schnellstraßen zu erheben.

Jetzt meine Frage zu 185/M:

„Bis wann ist mit einem Lkw-Überholverbot auf zweispurigen Autobahnteilbereichen zu rechnen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, für mich ist das Thema Verkehrssicherheit ganz wichtig. Und gerade Lkws sind in vielen Bereichen zwar nicht häufiger in Unfälle involviert, aber bei Unfällen sind die Folgen natürlich viel dramatischer. Und daher setze ich in vielen Bereichen Maß­nahmen, um für mehr Sicherheit zu sorgen.

Was das Überholverbot von Lkws betrifft, ist es so, dass es gesetzlich möglich ist, die­ses Überholverbot zu verordnen, unter der Voraussetzung, dass die Länder mit einem Gutachten von Verkehrssachverständigen untermauert dieses besondere Bedrohungs- oder Gefährdungspotenzial feststellen. Daher habe ich die Länder aufgefordert, mir mittels Gutachten mitzuteilen, wo es gefährliche Streckenabschnitte gibt. Das heißt al­so: Kein flächendeckendes Lkw-Überholverbot, sondern auf gefährlichen Streckenab­schnitten und dort, wo die Länder das durch Sachverständige bestätigt haben, haben wir das umgesetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 39

Ich kann Ihnen Beispiele nennen: Auf der A 4, der Ostautobahn, wurde das gemacht, bei der A 2 im Bereich der Nordumfahrung Klagenfurt, und Sie kennen auch die Rege­lung auf der A 21, die betrifft einen besonders neuralgischen Streckenabschnitt, näm­lich die Außenringautobahn, da haben wir sogar ein Fahrverbot für Lkws auf der dritten und vierten Fahrspur verhängt. Aber es wird kein flächendeckendes Überholverbot für alle Lkws auf allen hochrangigen Straßen geben, sondern dort, wo die Länder sagen, da gibt es ein hohes Gefahrenpotential, und Sachverständige das bestätigen, dort setzt das Verkehrsministerium das um. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hagen.

 


Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Als gelernter Polizeibeamter möchte ich Ihnen in Bezug auf Ihre Antwort Folgendes nahelegen: In Deutschland ist es so, dass bei einem Überholvorgang durch einen Lkw eine Länge von 1,2 Kilometern be­ziehungsweise eine Minute nicht überschritten werden darf. In Österreich gibt es nur die Richtlinie – und diese gilt für alle Verkehrsteilnehmer, nicht nur speziell für Lkws –, dass 20 km/h schneller als das Fahrzeug gefahren werden muss, das man überholt. Nun ist es so, dass es in Österreich dazu weder eine Ausnahme noch eine gesetzliche Bestimmung gibt. Das ist nur ein Richtwert, der nicht vollziehbar und nicht exekutierbar ist.

Meine Frage: Ist in Österreich überhaupt – und wenn ja, bis wann – mit einer klaren ge­setzlichen Regelung für das Überholen durch Lkws zu rechnen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, mir liegen keine signifikanten Unfallzahlen vor, die bestätigen würden, dass die Vorgaben, die definiert sind, ohne dass es eine konkrete gesetzliche Defini­tion gibt, tatsächlich zu irgendwelchen größeren Problemen im Bereich der Verkehrssi­cherheit führen.

Ich meine auch, dass wahrscheinlich nicht alles immer gleich besser ist, wenn es auch gesetzlich determiniert ist. Also momentan gibt es meinen Informationen nach keine signifikanten Unfallzahlen, was das Überholen durch Lkws und die Geschwindigkeit in diesem Bereich betrifft, aber ich werde mir das im Detail noch einmal anschauen.

Wir werden dafür in anderen Bereichen, auch mit der Exekutive, heute ja noch sehr vieles beschließen, was Arbeitszeitregelungen von Lkw-Fahrern betrifft, aber auch was die Kontrollen des technischen Zustands von Lkws betrifft. Das ist auch oft eine Un­fallursache, dass die Lkws in einem technisch katastrophalen Zustand sind. Wir wer­den da stärkere Kontrollen durchführen.

Das Überholverbot werden wir nur dort einführen, wo tatsächlich ein Gefahrenpotenzial vorhanden ist, aber es wird diesbezüglich keine flächendeckenden Maßnahmen geben. Ich halte das auch nicht für sehr sinnvoll. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Glaser.

 


Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Minister! Die immer länger wer­denden Lkw-Kolonnen hängen wohl auch damit zusammen, dass der Güterverkehr aus den Regionen kaum eine andere Chance hat, als auf der Straße zu fahren, weil ja die Nebenbahnen immer weniger werden. Gleichzeitig haben Sie zu Beginn der Frage­stunde gesagt, dass es Ihr Ziel ist, den Güterverkehr auf die Schiene zu bringen.

Meine Frage: Wie wollen Sie bewerkstelligen, dass der Güterverkehr auf die Schiene kommt, wenn das Schienennetz immer mehr ausgedünnt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 40

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich muss Sie berichtigen beziehungsweise enttäuschen, denn Ihre Ausfüh­rungen entsprechen nicht den Tatsachen. Es ist so, dass wir derzeit in Österreich so viele Schienenkilometer fahren, wie noch nie in der Zweiten Republik. Es ist so, dass wir bei Gütern auf der Schiene Europameister sind. Es gibt kein Land in Europa – und nicht nur innerhalb der EU, auch die Schweiz nicht –, das so viele Güter auf der Schie­ne befördert wie Österreich, und das ist gut so. Wir haben einen Marktanteil von 30 Prozent der Güter auf der Schiene, weil wir ein attraktives Angebot haben, weil wir Anschlussbahnen für die Wirtschaft fördern, weil wir auch in enger Kooperation mit die­sen Unternehmungen stehen.

Es gibt nur ganz wenige Bereiche – da handelt es sich um 0,2 Prozent im Einzelstück­verkehr –, wo die Güter aus wirtschaftlichen Gründen manchmal mit einem Kleinbus zu befördern sind, weil das auch ökonomisch und ökologisch sinnvoller ist. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Bezüglich des Ausbaus dieses Mehrgüter­verkehrs auf die Schiene gibt es klare Vorgaben, nämlich jetzt den Modal Split mit 30 Prozent auf der Schiene, um weiter Europameister zu bleiben, und wenn wir die großen Korridore, nämlich den Brenner Basistunnel und den Südkorridor mit Semme­ring-Basistunnel und Koralmtunnel in Betrieb nehmen – nämlich im Jahr 2025 –, dann haben wir für den Güterverkehr die Zielsetzung von 40 Prozent Modal Split auf der Schiene. Das hat kein anderes Land auf der Welt. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Minister! Die Lebenserwartung der österreichischen Bevölkerung steigt, folglich steigt auch die Zahl der älteren Verkehrs­teilnehmer. Senioren fahren vorsichtiger und vorausschauender als andere Verkehrs­teilnehmer, haben aber trotzdem das gleiche Unfallrisiko wie die besonders gefährde­ten 18- bis 24-jährigen Lenker.

Frau Minister, meine Frage: Werden Sie – und wenn ja, wie werden Sie – die Ver­kehrssicherheit für die älteren Verkehrsteilnehmer verbessern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie wissen ja, dass das Parlament erst vor wenigen Wochen diese neue Führerscheinrichtlinie umgesetzt hat, dass es jetzt in ganz Europa einheitliche Führer­scheine gibt, die alle zehn bis 15 Jahre verlängert werden müssen. Österreich hat sich erstens einmal dazu entschlossen – und ich habe das auch so vorgeschlagen –, die längst mögliche Variante zu nehmen, nämlich 15 Jahre, und zweitens dazu, dass es nachher keine verpflichtenden Gesundheitsuntersuchungen geben muss, um wieder eine Verlängerung zu bekommen.

Wir wissen, dass gerade ältere Verkehrsteilnehmer, wie Sie gesagt haben, kein höhe­res Unfallrisiko haben, sehr verantwortungsbewusst im Straßenverkehr sind, aber wir werden bei der Verlängerung des Führerscheins gerade älteren Autolenkerinnen und Autolenkern anbieten, kostenlos und anonym einen Gesundheitscheck durchzuführen: Wie ist meine Sehfähigkeit? Wie ist meine Reaktionsfähigkeit? Diese kostenlosen und anonymen Gesundheitschecks für ältere Autofahrerinnen und Autofahrer dienen als Unterstützung und sind kein Zwang. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Ministerin! Ich darf Ihnen jetzt dieses Beispiel eines Briefes eines älteren Menschen in kopierter Form überreichen und fol­gende Zusatzfrage stellen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 41

Wie werden Sie dafür Sorge tragen, dass in Zukunft die Lkw-Kontrollen intensiver vor­genommen werden? Wir haben minimale Kontrollstandards. (Die Rednerin überreicht Bundesministerin Bures ein Schriftstück.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, mir liegen die genauen Zahlen der Einsätze, was die Lkw-Kontrollen betrifft, vor. Ich habe in der Beantwortung der vorigen Frage auch schon darauf hingewiesen, dass wir dem ganz besonderes Augenmerk schenken. Wir werden auch noch eine Ver­schärfung vornehmen, was die Abnahme bei manipulierten Einrichtungen in den Lkws betrifft. Wir haben außerdem die Anzahl der geprüften Fahrzeuge durch die Bundesan­stalt für Verkehr in den letzten Jahren stetig erhöht. Es werden immer mehr Lkws kon­trolliert. Wir haben die BAV mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet, weil das kostet natürlich Geld, und haben sie auf einen höheren und besseren technischen Standard gebracht, was die Kontroll- und Überprüfungsgeräte betrifft. Ich werde Ihnen dann ger­ne die Zahl der Einsätze in der Reihenfolge 2010, 2011 und 2012 zur Verfügung stel­len. – Herzlichen Dank für den Brief. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Her­bert.

 


Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Oft sind es nicht überholende Lkws, die für lange Staus und für Sperren auf Autobahnen verantwortlich sind, sondern oft ist es auch eine Unterdimensionierung der Verkehrs­wege wie beispielsweise auf der A 4 zwischen Flughafen Schwechat und dem Knoten Kittsee, wo die A 4 nur zweispurig ausgebaut ist und wo die tägliche Verkehrsüberlas­tung immer wieder durch schwere Unfälle und stundenlange Staus und Sperren der Autobahn auf sich aufmerksam macht.

Da ist seit Jahren die politische Ankündigung eines dreispurigen Ausbaus der Auto­bahn auf diesem Teilstück im Gespräch. Die Ankündigungen hört die Bevölkerung wohl, allein es fehlt an den Taten.

Daher meine Frage an Sie: Wann wird der dreispurige Ausbau der A 4 im Bereich Flughafen Schwechat und Knoten Kittsee kommen, der bereits vielfach von der Politik angekündigt wurde? Sind dafür budgetäre Mittel bereitgestellt? Wie schaut das Zeit­szenario aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: So, jetzt sind wir wieder genau bei dem vorhin erwähnten Problem angelangt: Sie haben nicht eine Frage gestellt, sondern drei oder vier Fragen, und die soll jetzt die Frau Bundesministerin in einer Minute beantworten. In diesem Dilemma befinden wir uns jetzt. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen. Wir müssen irgendwann in der Präsidiale noch einmal darüber sprechen, wie wir mit der Fragestunde in Zukunft umgehen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Ich kann Ihnen insofern die Sorge nehmen, was die Länge meiner Antwort betrifft, als ich zwar diesen Rahmenplan an sich irgendwo in meinen Unterlagen habe, aber natürlich habe ich nicht jedes Teilstück, das wir im hochrangigen Straßennetz zur­zeit in Planung, in Ausführung, in Umsetzung haben, mit allen genauen Investitionskos­ten im Kopf.

Die Informationen sind jedoch erstens einmal auf der Homepage des BMVIT abrufbar, auf der jedes Detailprojekt genau angeführt ist, und zweitens werde ich Ihnen die ge­wünschten Informationen auch zukommen lassen. Eine grundsätzliche Bemerkung aber, in aller Kürze: Was den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes betrifft, waren das Erste, womit ich als Ministerin konfrontiert war, natürlich unzählige Wünsche von Bürgermeistern, von Landeshauptleuten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 42

Ich sage Ihnen, ich halte das für einen Bereich, den man objektivieren muss. Es gibt Verkehrsprognosen, es gibt Verkehrszählungen, es gibt Streckenabschnitte, die man vierspurig braucht, und es gibt andere, die nur zweispurig zu sein brauchen. Man braucht nicht überall eine Autobahn, man kann auch mit Ortsumfahrungen Ortskerne vom Straßenverkehr entlasten. (Abg. Grosz: Aber die Frau Ministerin beantwortet von vier Fragen nicht einmal eine, und das so lange!) Deshalb haben wir eine Evaluierung aller Straßen in Österreich vorgenommen und nach diesen objektiven Kriterien ein Bauprogramm definiert, die Kosten definiert, und das wird jetzt in die Tat umgesetzt. Zurufe nehme ich wahr, aber wir müssen da ganz objektive Kriterien an den Tag legen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Die Gebrüder Grimm haben dagegen Kurzge­schichten geschrieben!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Keck.

 


Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Dem Wunsch der Frau Präsidentin entsprechend komme ich sofort zur Frage:

Frau Bundesminister, welche Maßnahmen haben Sie zur Erhöhung der Lkw-Sicherheit auf Österreichs Straßen gesetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, einige der Beispiele habe ich schon erwähnt, etwa eine Verstärkung der Kontrollen von Lkws auf mögliche technische Mängel. Wir werden heute noch über einen ganz wichtigen Bereich sprechen, auch was Arbeitszeiten betrifft, wobei selbst­ständige Lkw-Lenker hier miteinzubeziehen sind, weil natürlich Übermüdung oft auch ein Verkehrsrisiko darstellt.

Wir haben auch im Bereich der Kontrollen, wie gesagt, nicht nur die Anzahl erhöht, sondern auch die technische Ausstattung verbessert, und ich habe die Länder aufge­fordert, uns neuralgische Punkte mitzuteilen.

Aber gleichzeitig, Herr Abgeordneter, gibt es etwas, das nicht so naheliegend ist: Das größte Verkehrsrisiko – nicht nur umweltpolitisch der größte Schaden, sondern auch das größte Verkehrsrisiko – wäre es, wenn Gigaliner, Monster-Lkw auf unseren Stra­ßen führen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Daher möchte ich mich beim Hohen Haus noch einmal dafür bedanken, dass mittels einer Entschließung, die einstimmig verabschiedet wurde, festgelegt wurde, dass wir in Österreich keine Monster-Lkws auf unseren Straßen haben möchten, weil die das größte Verkehrsrisiko wären. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 181/M, das ist jene des Herrn Abgeordneten Haberzettl. Nur zur Orientierung: Ich mache so, wie in der Präsidiale vereinbart, die Fragestunde mit allen Fragen fertig. Eine weitere Bera­tung folgt in der nächsten Präsidiale. – Bitte, Herr Abgeordneter Haberzettl.

 


Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Frau Bundesminister! Frau Präsidentin! Da Ihr Wort für mich natürlich Auftrag ist, meine Frage in aller Kürze.

181/M

„Welche gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen hat der Ausbau“ – der laufende und der zukünftige – „der Schieneninfrastruktur?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, wenn ich als Verkehrsministerin Ihnen jetzt sagen würde, diese Investi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 43

tionen sind der Turbo für die österreichische Wirtschaft, für Wachstum und Beschäfti­gung, würden natürlich alle meinen, naja, sie muss das ja in irgendeiner Form rechtfer­tigen. Weil es nicht darum geht, etwas zu rechtfertigen, sondern weil etwas, das ich tue, auch Hand und Fuß haben muss, habe ich mir das natürlich nicht nur selbst ange­sehen, sondern habe ganz interessant gefunden, dass die Industriellenvereinigung ei­ne Studie zum ökonomischen Fußabdruck des Systems Bahn in Auftrag gegeben hat.

Ich würde Ihnen allen diese Studien gerne ans Herz legen, denn sie wurde nicht vom BMVIT oder von den Österreichischen Bundesbahnen in Auftrag gegeben, sondern von der Industriellenvereinigung. Daraus geht ganz klar hervor, dass die Bahninvesti­tionen ein ganz entscheidender Wirtschaftsfaktor sind. Hätten wir in den Krisenjahren nicht in diese Infrastruktur investiert, dann wären wir so wie andere Länder in die Re­zession geschlittert und hätten Arbeitslosenzahlen, die wir in Österreich nicht haben wollen, so wie das leider in anderen europäischen Ländern der Fall ist. Der ökono­mische Fußabdruck des Systems Bahn lässt sich wirklich sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haber­zettl.

 


Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Eine vertiefende Frage: Wie sieht eigent­lich die Beschäftigungsbilanz bei den ÖBB selbst und auch unter Berücksichtigung der bahnaffinen Industrie aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ein Teil dieser Studie besteht auch aus der Frage, in welche Teile der In­dustrie die Arbeitsplätze fließen. Man könnte ja glauben, wenn man die Schieneninfra­struktur ausbaut, dann ist es die Industrie – die Bauindustrie, die Stahlindustrie, die Ei­senbahnproduktionsindustrie –, die da die meisten Mittel und die höchsten Investitio­nen bekommt. Dem ist nicht so. 74 Prozent der Investitionen fließen in Klein- und Mit­telbetriebe in unserem Land – in alle Branchen quer durch die Bank, Dienstleistungen und Handwerk. Das heißt, wir haben bei der Beschäftigung die Effekte in der Baupha­se, im Dienstleistungsbereich, und – das ist mir jetzt noch ein Herzensanliegen, und ich weiß, Sie sind da ein Mitstreiter und -kämpfer – das System Bahn hat im Bereich der Beschäftigung, vor allem im eigenen Unternehmen, eine wirkliche Zukunftsinitiative ge­setzt, nämlich indem fast 2 000 junge Menschen als Lehrlinge ausgebildet werden, für die Bahn, für die Wirtschaft, die dann eine tolle Ausbildung mit Zukunftschancen ha­ben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gahr.

 


Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Bundesminister! Die Deutsche Bahn schreibt durch den Netzausbau Gewinne und nimmt eine äußerst positive Entwicklung. Das liegt an der professionellen Ausschreibung, Vergabe und am Baumanagement. Auch wir haben im Bundesbahngesetz 2009 festgelegt, dass wir zwei Kapitalgesell­schaften einrichten, eine für die Erhaltungsmaßnahmen und eine für die Neu- und Aus­baumaßnahmen. Wie ist der Stand derzeit und was hindert Sie daran, diese Maßnah­men umzusetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Wir ha­ben in Österreich das System der integrierten Bahn, und ich halte das für richtig. Ich halte es für falsch, wenn wir eine Zersplitterung des Systems Bahn vornehmen. Wir se­hen auch, dass die besten Bahnen weltweit ebenfalls integrierte Bahnen sind, in Japan oder der Schweiz, wie schon so oft erwähnt.


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Daher, glaube ich, ist das auch ein sehr gutes System hinsichtlich der Leistung im In­frastrukturbereich, der Leistung für die Wirtschaft mit Gütern und der Leistung für die Bevölkerung.

Was die Frage der Liberalisierung insgesamt betrifft, brauchen wir uns nicht Asche aufs Haupt zu streuen. Wir haben in Österreich eine Form der Bahnliberalisierung, wie es sie in kaum einem anderen Land gibt. Es fahren Private auf unseren Strecken; ich brauche das ja nicht näher auszuführen, Sie kennen das.

Was ich Ihnen aber vielleicht noch sagen möchte, weil ich es interessant finde: Es hat ja gestern einen weiteren Liberalisierungsvorschlag der Europäischen Kommission ge­geben, was die Ausschreibung von Strecken betrifft. Die Wirtschaftskammer Österreich hat gestern geschrieben, die weitere Trennung von Infrastruktur und Absatz sowie die undifferenzierte und generelle Ausschreibungspflicht für alle Bahnen führe zu Milliar­den an Kosten. – Ich sehe das wie die Wirtschaftskammer.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dolin­schek.

 


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Bundesminister! Laut einer von den Österreichischen Bundesbahnen in Auftrag gegeben Studie des Beratungsunterneh­mens Roland Berger sollen bis zu 56 Nebenbahnen und Regionalstrecken in ganz Ös­terreich aufgelassen werden. Mit einer Ausdünnung des Schienennetzes im ländlichen Raum soll die Ertragslücke geschlossen beziehungsweise das Defizit der ÖBB verrin­gert werden. Dabei sollen 1 600 Kilometer Schienennetz zur Disposition stehen.

Meine Frage: Welche Bahnstrecken für den Personen- beziehungsweise für den Güter­verkehr sind derzeit von einer Einstellung bedroht? Wie wollen Sie die Schließung die­ser Strecken verhindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, es gibt kein Streckenschließungsprogramm in Österreich, was die Bahn betrifft, sondern es gibt ein Ausbauprogramm. Dort, wo es Bahnen gibt, die im zentra­len hochrangigen Schienennetz als Massenverkehrsmittel diese Aufgaben nicht erfül­len können, habe ich sehr konstruktive Gespräche mit den Ländern geführt. Dort, wo Bahnen nicht einen Nutzen für den Wirtschaftsstandort als zentrale Verkehrsadern, sondern einen regionalen Nutzen haben – ob das die Wachauer Bahn, die Mariazeller Bahn oder die Pinzgau Bahn ist, die das hervorragend regional organisiert –, wird nicht eingestellt, sondern das wird dort regional von den Ländern übernommen.

Das ist in Niederösterreich so der Fall gewesen, da kann ich Ihnen die Liste der Stre­cken geben, und ich bin auch in guten Gesprächen mit Oberösterreich, wo es um ein­zelne Strecken geht. Da bin ich nur noch in Verhandlungen, aber sobald diese abge­schlossen sind, kriegen Sie auch da die Liste von mir. Aber es gibt kein Streckenauflö­sungskonzept im Ministerium. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Der Aus­bau der Arlbergbahn ist ja leider gestoppt worden, vor allem die Strecke zwischen Braz und Bludenz, die ja schon konzipiert war. Für Vorarlberg ist das ein wesentlicher Nachteil. Wir haben im Ausschuss auch schon darüber diskutiert. Meine Frage an Sie: Wann wird wieder intensiv daran gedacht, die Strecke Landeck–Bludenz zweigleisig auszubauen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich kann es Ihnen jetzt sozusagen ganz im Detail nicht beantworten. Aber was mir schon wichtig ist, weil wir das auch im Ausschuss diskutiert haben, ist die Bahnstrecke in Tirol: Auch da haben wir in den letzten Jahren eine Form der Moderni­sierung vorgenommen, die wirklich herzeigbar ist.

Ich glaube, Sie waren dabei, als wir die Unterinntalstrecke eröffnet haben, eine Strecke mit ganz hohen Investitionen und was die Region betrifft von ganz großer Bedeutung. Am Arlberg, ein gutes Beispiel, haben wir eine ganze Bahnstrecke völlig verlagert, aus einem Ortszentrum – im Zuge der Weltmeisterschaft 2001, glaube ich – sozusagen an den Ortsrand. Wir nehmen auch beim railjet, also was die Schnellverbindungen betrifft, noch einmal Verbesserungen in der Region vor. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Aber was den Streckenabschnitt genau betrifft, wann da was wie ge­plant ist, das werde ich Ihnen zukommen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter The­messl.

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Guten Morgen, Frau Minister! Also mir müssen Sie die Wichtigkeit der Infrastruktur der Bahn nicht näherbringen. Ich kenne auch die Studie der Industriellenvereinigung und weiß, wie wichtig eine funktionierende Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort Österreich ist.

Jetzt hat sich dadurch, dass Österreich ein exportstarkes Land ist, natürlich der Güter­verkehr in den letzten Jahren gewaltig vervielfacht. Die Bahntransporte haben in die­sem Ausmaß nicht mitgehalten. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass im kombi­nierten Verkehr sehr, sehr viele Lücken nach wie vor offen sind. Wie wollen Sie das schließen und was haben Sie da in den nächsten Jahren vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie haben recht, dass der Güterverkehr zurückgegangen ist, aber nicht auf der Schiene, nicht im Verhältnis Straße und Schiene, das sieht man ja immer an dem Modal Split, sondern insgesamt. Aufgrund von Einbrüchen bei Export und Import, aber vor allem auch im Bereich des Exports aufgrund der Wirtschaftskrise 2008/2009 hatten wir da eine richtige Delle. Wir haben das vor allem was die Mauteinnahmen auf der Straße betrifft bei der ASFINAG, beim Straßenunternehmen, ja auch gesehen.

Wir befördern zwar weniger Güter, auf der Straße wie auf der Schiene, aber das Ver­hältnis Straße und Schiene hat sich nicht verschlechtert. Aber, und das habe ich auch gesagt, wir wollen den Modal Split noch steigern und erhöhen, aber dafür brauchen wir auch ein Schienennetz, das in der Lage ist, diese Kapazitäten zu befördern; und des­halb müssen wir sie ausbauen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 8. Anfrage, 179/M, der Frau Abgeordneten Mag. Hakl. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Grüß Gott, Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Die Bundesregierung hat in Ihrer Forschungs-, Innovations-, und Technologie­strategie schon seit Längerem festgelegt, ein Ziel von 3,76 Prozent des Anteiles an Forschung erreichen zu wollen. Sie haben das größte Budget.

Meine Frage:

179/M

„Welche Maßnahmen setzen Sie, Frau Bundesminister, um das in der FTI-Strategie des Bundes formulierte Ziel (3,76 Prozent F&E-Quote 2020) zu erreichen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, Sie wissen aus vielen Diskussionen aus dem Forschungs- und Technolo­gieausschuss, dass es ein sehr ambitioniertes Ziel ist – wir wollen 3,76 Prozent For­schungs- und Entwicklungsquote bis zum Jahr 2020 –, weil man das nicht verschrei­ben kann, weil das ein Ziel ist, dass wir, nämlich die Politik, die Bundesregierung und die Wirtschaft, gemeinsam erreichen müssen.

Wir haben auch die Regelung, dass ein Drittel öffentliche Hand, zwei Drittel jene Unter­nehmen, die Forschung, Technologie betreiben, da auch investieren. Da habe ich eine Reihe an Initiativen gesetzt, was die private Wirtschaft betrifft. Wir haben „Innovations­land Österreich“, freiwillige Selbstverpflichtungen, die Forschungsbudgets in den Kon­zernen, in den privaten Unternehmungen zu erhöhen. Die öffentliche Hand, mein Res­sort ist da ein verlässlicher Partner und wir unterstützen das auch.

Ich weiß, Geld ist nicht alles, aber ohne Geld funktioniert es auch nicht wirklich. Und daher bin ich sehr froh, dass es gelungen ist, bei den Verhandlungen für die wirt­schaftsnahe, angewandte Forschung – die mein Zuständigkeitsbereich ist –, um Öster­reich auch als Forschungsstandort zu stärken, das Budget um 6 Prozent zu erhöhen. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung sagt, dieser Pfad kann dazu füh­ren, dass wir im Bereich der öffentlichen Hand dem Ziel 3,76 Prozent F&E-Quote sehr nahe sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Hakl.

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Bundesminister! Die Anstrengungen der öffentlichen Hand, auch dank der Finanzministerin, haben dafür gesorgt, dass uns ins­besondere der öffentliche Anteil an der Forschung nicht eingebrochen ist und haben auch den Einbruch bei der privaten Forschungsbeteiligung abgefedert. Letztlich ist es uns nie gelungen, in irgendeinem Jahr die tatsächlich hohen Steigerungsraten zu er­reichen, die es realistisch machen, 2020 genug Geld und diesen Anteil zu erreichen. Meine Frage: Gerade im privaten Bereich sind die mittelständischen, die Familienunter­nehmen das Rückgrat unserer Wirtschaft, die, die die Forschung vorantreiben. Welche Maßnahmen werden Sie ganz gezielt in diesem Bereich vornehmen, damit wir da ge­meinsam besser werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, ganz konkret haben wir mehrere Förderprogramme entwickelt, die genau dort ansetzen, wo die forschende Wirtschaft Unterstützung braucht.

Wir haben nicht nur die forschende Industrie, wo wir zum Beispiel die Forschungsprä­mie angehoben haben, sondern wir haben auch sehr viele Kleinunternehmen, manch­mal Zwei-, Drei-Mann/Frau-Unternehmen, die Geniales und Hervorragendes entwi­ckeln, die Prototypen entwickeln, technische Anwendungen, die zum Nutzen der Ge­sellschaft und der Bevölkerung da sind. Dann fehlt es ihnen an Geld und Know-how, das auch marktfähig zu machen, denn eine Erfindung ist ja nur dann gut, wenn sie auch marktfähig ist, wenn sie dann Wertschöpfung und Beschäftigung sichert. (Präsi­dentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Genau da haben wir ein Programm entwickelt, wo wir diese Unternehmen vom Prototy­pen bis zum marktfähigen Produkt unterstützen, wir haben Produktionstechnologien als Schwerpunktsetzung. Das sind die Dinge, wo wir die Zusammenarbeit zwischen Wirt­schaft- und Forschungsministerium sehr intensiv und sehr eng vorantreiben und die auch greifen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Wid­mann.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 47

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Minister! Diese Regierung gibt ja Milliarden zu Eurorettung aus, zur Rettung von Banken, zur Rettung von Pleitestaaten. Aber die Kollegin von der ÖVP hat es gerade gesagt: Der Forschungspfad von 3,76 Prozent wird mit diesem Budget nicht einhaltbar sein. Und wir wissen, dass wir damit auf der Strecke bleiben im Forschungs- und Entwicklungsbereich. Damit leidet auch der Standort, damit leiden auch die Arbeitsplätze und letztlich auch die Steuerein­nahmen.

Meine Frage daher: Wird es in dieser Regierungsperiode noch ganz konkrete Verhand­lungen mit Ihrem Partner, der ÖVP, insbesondere Minister Töchterle im Wissenschafts­bereich und auch der Frau Finanzministerin, geben, um diesen Forschungspfad auch tatsächlich realisieren zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, Sie haben natürlich recht, dass die Frage der Einhaltung dieser Zielset­zung natürlich nicht nur über die angewandte Forschung im Wirtschaftsbereich, son­dern auch im gesamten Wissenschaftsbereich von Bedeutung ist. Aber ich kann nur für meinen Zuständigkeitsbereich Rechenschaft ablegen.

Ich habe als Beratungsgremium den Rat für Forschung und Technologieentwicklung, und die sagen, das, was in meinem Bereich für die angewandte Forschung gelungen ist zu investieren, das kann einen ganz wesentlichen Beitrag – allein mit dem werden wir es nicht erreichen, da bin ich bei Ihnen, aber einen ganz wesentlichen Beitrag – da­zu leisten. Zu 6 Prozent Steigerung in Zeiten des Sparens würde ich sagen: allemal!

In Summe ist es so, dass wir im Jahr 2013, ab heuer, in diesem Budgetpfad zusätzli­che 110 Millionen €, also insgesamt fast über eine halbe Milliarde €, in die angewandte Forschung, 6 Prozent mehr, investieren. Das ist eine gute Entwicklung. In den anderen Bereichen müssen wir und die anderen Kollegen auch einen Turbo einlegen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Lich­tenecker.

 


Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Ministerin! Es geht ja nicht nur um die absoluten Größenordnungen, wie viel in Forschung investiert wird. Es ist ja auch die Frage, in welche Felder. Und ein ganz wichtiger Bereich ist selbstverständlich die Energieforschung. Es ist die große Herausforderung eine sichere, umweltverträgli­che und leistbare Energieversorgung zu gewährleisten.

Frau Ministerin, wir liegen in Österreich im unteren Feld bei den Energieforschungs­ausgaben. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit sich diese Situation ver­bessert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Ab­geordnete, ich bin ganz bei Ihnen, dass man bei der angewandten Forschungsförde­rung Schwerpunkte setzen muss. Da geht es nicht wie bei der Grundlagenforschung um Erkenntnisgewinn, sondern da geht es darum, wo können wir mit Technologien auch marktfähig sein und möglicherweise auch mit diesem Know-how Weltführerschaft erreichen. Und da haben wir viele Bereiche.

Wir hatten nur vier Schwerpunkte in Österreich, nämlich die Frage der Mobilität, die Frage der Informations- und Kommunikationstechnologien, die Frage von Produktions­technologien, und der vierte gleichwertige Bereich ist der Energiebereich, wo wir jähr­lich 70 Millionen € an Förderungen investieren, wo wir Smart Cities, Smart Grids, wo


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 48

wir Elektromobilität, wo wir vielen Fragen erneuerbarer Energie wirklich den Anstoß ge­ben und im internationalen Vergleich bei der Energieforschung seitens des BMVIT sehr gut liegen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karls­böck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Jetzt unmittelbar daran angeschlossen: Wir sehen einen bemerkenswerten Bewusstseinswandel im Energieverbrauch auf­grund der dramatischen Situationen und Katastrophen in den letzten Jahren und Jahr­zehnten, die weltweit stattgefunden haben. Da ist Österreich in Teilaspekten führend. Wir haben großartige Hochschulen. Wir haben großartige Forscher. Wir haben großar­tige Betriebe, die Produkte auf den Markt bringen. Konkrete Frage, noch einmal an die Vorredner angeschlossen:

Wie ist denn Österreich im Bereich der Energietechnologien jetzt international positio­niert und welchen Beitrag leistet das Ministerium ganz konkret dazu?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, diese Schwerpunktsetzungen, wo ein wesentlicher Bereich Energie ist, verfolgen wir schon seit den letzten Jahren. Da sind wir in Österreich wirklich gut posi­tioniert. Ich möchte Ihnen, was Energietechnologien betrifft, nur zwei, drei Beispiele – in aller Kürze, Frau Präsidentin – sagen.

Jedes dritte Energiepassivhaus, das es in Europa gibt, steht in Österreich. Wir sind im Bereich von Solarenergien ganz vorne. Wir sind bei thermischen Solaranlagen in vielen Bereichen wirkliche Technologieführer. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Wir sind bei Smart Cities – also intelligente Städte, die Herausforderung der Zukunft – ganz vorne. Österreich baut in China, baut in Indien diese Städte, die ener­gieeffizient, umweltfreundlich, gesamtheitlich geplant werden. Wir haben eine ganz starke Industrie. Wir haben auch eine qualitätsvolle Beschäftigung in diesem Bereich und wirklich viele Unternehmen, die da ganz hervorragende Forschung betreiben, die auch in Österreich angewendet wird. Und diese Technologie wird in die ganze Welt ex­portiert. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Letzte Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Gartlehner.

 


Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Frau Ministerin! Ich habe auch eine Fra­ge, und zwar: Österreich ist ein Industrie- und Forschungsstandort, wie wir wissen. Auch aktuell gibt es große Produktions- und Forschungsprogramme: E-Mobility, Breit­bandinitiative und dergleichen. Trotzdem jammert bei uns die Industrie – obwohl wir wissen, dass auch an den technischen Universitäten die Studierendenzahlen stark ge­stiegen sind – , dass wir zu wenig Techniker, zu wenig Ingenieure und zu wenig Perso­nal für Forschung und Entwicklung haben. Meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin:

Was gedenken Sie daran zu tun, oder welche Aktivitäten haben Sie bereits unternom­men?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Ab­geordneter, ich teile die Bedenken der Wirtschaft und den Wunsch, noch mehr Initia­tiven zu ergreifen, damit mehr junge Menschen auch technische Berufe, technische Ausbildungszweige ergreifen. Das Entscheidende ist, dass erstens einmal natürlich den Universitäten eine ganz große Rolle zukommt, aber dass wir schon sehr früh be­ginnen müssen. Kinder sind neugierig auf Technologien, auf Veränderungen, auf Ent-


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wicklungen, und irgendwann verlieren sie das. Bei Frauen ist das noch schlimmer. Wir können auch nicht den Anteil in technischen Ausbildungszweigen erhöhen, wenn wir die Hälfte der Gesellschaft de facto ausschließen.

Daher gibt es drei Bemühungen. Erstens einmal schon bei den kleinsten Kindern zu beginnen, zum Beispiel mit Technologieecken in den Kindergärten. In außeruniversitä­ren Forschungseinrichtungen, aber auch Unternehmungen müssen Schülerinnen und Schülern Forschungspraktika zur Verfügung stehen, die das BMVIT auch fördert und unterstützt. An den Universitäten werden Studierenden auch Praktika in Forschungs­einrichtungen zur Verfügung gestellt.

Was mir noch ganz wichtig ist, ist, dass wir bei all diesen Maßnahmen, ob es Kinder, Schüler oder Studenten sind, in den technischen Berufen Gender-Kriterien auch ganz stark haben müssen. Nur wenn es uns gelingt, auch Frauen für technische Bereiche tatsächlich zu gewinnen, dann werden wir diese Lücke an gut ausgebildeten Men­schen, die die Wirtschaft manchmal beklagt, auch schließen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank.

Ich beende damit die Fragestunde.

Ich wiederhole noch einmal: Wir werden uns auch in der Präsidiale darüber unterhalten müssen, wie wir in der Zukunft mit der Fragestunde umgehen. Es gibt viele Ursachen, warum so manches nicht so funktioniert, wie wir es uns ursprünglich vorgestellt ha­ben – zu lange Antworten, zu komplexe Fragen, und vor allen Dingen sind wir eine Fraktion mehr. Das darf man auch nicht vergessen. Es gibt auch eine Fragerunde mehr.

Ich werde mir vorbehalten, das auch beim nächsten Mal mit den Mitgliedern der Prä­sidiale zu beraten.

10.56.48Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 12913/AB bis 12941/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (2142 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das EU-Polizeikooperationsgesetz (EU-PolKG) und das Bun­desgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprä­vention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (2143 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das BFA-Einrichtungsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz und das Grenzkontrollgesetz sowie das Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 geändert werden (FNG- Anpassungsgesetz) (2144 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Finanz-Verfassungsgesetz 1948 und das Bundesverfas­sungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes geändert werden (2146 d.B.),


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 50

Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 2013 und das Bundesfinanzge­setz 2013 geändert werden (2147 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz, das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversi­cherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das No­tarversicherungsgesetz 1972 zur Umsetzung des Spekulationsverbotes mit öffentlichen Mitteln geändert werden (2148 d.B.),

Bundesgesetz betreffend die Förderung des Sports durch den Bund (Bundes-Sportför­derungsgesetz 2013 – BSFG 2013) (2149 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsge­setz über die im 4. Quartal 2012 ergriffenen Maßnahmen (Vorlage 116 BA),

Bericht der Bundesministerin für Finanzen gemäß Art. 50c Abs. 3 BVG iVm § 6 der An­lage 3 zum GOG (ESM-Informationsordnung) über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus getroffenen Maßnahmen im 4. Quartal 2012 (Vorlage 117 BA);

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz geändert wird (2137 d.B.),

Antrag 2190/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Abschaffung von Volontariaten im privaten Profit-orientierten Sektor,

Antrag 2191/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entschädigung von Praktika in Kollektivverträgen;

Familienausschuss:

Antrag 2192/A der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) (BGBl. I Nr. 103/2001, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 139/2011) geändert wird;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (2113 d.B.),

Antrag 2182/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Lagerung des österreichischen Goldes auf heimischen Territorium;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 2178/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Wahl des Na­tionalrates (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert wird,

Antrag 2195/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Reformen des Zivildienstes in Österreich,

Antrag 2196/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Auslandsdienste auf eigene finanzielle Beine stellen und für Frau­en und Männer öffnen;


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Justizausschuss:

Antrag 2194/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird;

Umweltausschuss:

Antrag 2180/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verhinderung einer Temelίn-Erweiterung und Abänderung von Euratom,

Antrag 2197/A(E) der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Prüfung rechtlicher Schritte gegen die Ausbau-Genehmigung für Teme­lίn sowie Weiterentwicklung von Euratom zu einem europäischen Atomausstiegspro­gramm;

Verkehrsausschuss:

Antrag 2181/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Versorgung mit E-Tankstellen nach dem Modell „ubitricity“,

Antrag 2184/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schienenausbau und kürzere Fahrzeiten auf der Strecke Vorarlberg–Inns­bruck–Salzburg;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 geändert wird (DSG-Novel­le 2013) (2131 d.B.),

Antrag 2183/A der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsver­fahrensgesetzen 2008 geändert wird,

Antrag 2193/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegungspflichten der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes,

Antrag 2198/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend kein Ausverkauf des Wassers;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 2199/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend kein Ausverkauf des Wassers,

Antrag 2200/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Reform der Solarförderung durch die OeMAG,

Antrag 2201/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sonderfonds zur Förderung der Solarenergie;

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 2189/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Öffentliche Qualitätsdatenbank für Pflichtpraktika;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Gesundheit betreffend Jahresvorschau 2013 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission bezie­hungsweise zum Jahresprogramm des Rates (III-385 d.B.);


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 52

Wissenschaftsausschuss:

Schlussbericht des Akkreditierungsrates 2011/2012 gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F., vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (III-386 d.B.).

*****

10.57.09Antrag gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Ja­kob Auer, Mag. Gassner und Dr. Pirklhuber im Sinne des § 49 Abs. 5 der Geschäfts­ordnung schriftlich die Absetzung des Punktes 14 von der Tagesordnung beantragt ha­ben.

Hiebei handelt es sich um den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (2015 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz 1992 und das Weingesetz 2009 geändert werden (2114 d.B.).

Die Absetzung eine Punktes von der Tagesordnung kann vor Eingang in die Tagesord­nung beschlossen werden und erfordert eine Zweidrittelmehrheit.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.57.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsiden­tin! Diese geschäftsordnungsmäßige Veränderung der Tagesordnung kritisieren wir und würden ersuchen, dass darüber eine Kurze Debatte abgeführt werden kann – denn wenn es der Fall ist, dass eine Vorlage, die eigentlich auf der Tagesordnung wäre und diskutiert werden sollte, über keine ausreichende Mehrheit verfügt – wobei man das eigentlich erst bei der Abstimmung weiß –, dann sollte sie in den Ausschuss rück­verwiesen werden, damit alle Fraktionen darüber diskutieren können, und nicht, so wie das jetzt geplant ist, von der Tagesordnung abgesetzt werden, dass außerhalb des Parlaments anscheinend zwischen ÖVP und Grünen noch irgendwelche Gespräche zur Mehrheitsfindung durchgeführt werden können.

Ich beantrage eine Durchführung einer Geschäftsordnungsdebatte über diesen Antrag auf Änderung der Tagesordnung. (Beifall beim BZÖ.)

10.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Eine weitere Geschäftsordnungswortmeldung liegt mir vor. – Bitte, Herr Abgeordneter Jannach.

 


10.58.28

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Auch wir sind mit der Vorgangsweise, die hier von SPÖ und ÖVP gewählt wird, nicht einverstanden. Wir sind nicht für eine Absetzung. Beim österreichischen Weingesetz geht es um ganz, ganz Wesentliches für die österreichische Weinwirtschaft, für die Winzer und für das Weinmarketing in Österreich. Mit dieser Vorgangsweise, im Hinter­kämmerchen dann irgendeine Regelung zu treffen und es dann wieder auf die Tages­ordnung im Nationalrat zu bringen, sind wir nicht einverstanden. Wir wollen zumindest hier im Parlament darüber diskutieren, allenfalls im Ausschuss noch einmal über die­ses wesentliche Gesetz reden.

Wie gesagt, wir stimmen dem Antrag des Kollegen Scheibner zu, eine Debatte über diese Vorgangsweise hier abzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

10.59

10.59.30

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 53

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu dem Absetzungsantrag hat sich Herr Abge­ordneter Scheibner zu Wort gemeldet und einen Gegenantrag gestellt, den ich so ver­stehe, eben eine Debatte über den Absetzungsantrag zu führen.

Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob wir über den gegenständlichen Abset­zungsantrag eine Debatte durchführen sollen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer Debatte sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Somit nicht angenommen. (Zwischenrufe bei SPÖ, FPÖ und BZÖ, darunter Abg. Ing. Westenthaler: Könnt’s euch die ganze direkte De­mokratie an den Hut stecken!)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Absetzungsantrag betreffend den Punkt 14 der Tagesordnung. (Anhaltende Unruhe im Saal.)

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle fest, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Damit wird Punkt 14 von der Tagesordnung abgesetzt. Die Nummerierung der nach­folgenden Tagesordnungspunkte wird aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit nicht geändert.

11.01.10Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kollegin­nen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 13793/J der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betref­fend die Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung dringlich zu be­handeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt wer­den.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 5 bis 8 sowie 12 und 13 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Ta­gesblockzeit von 7,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neu­verteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für diese 7,5 „Wie­ner Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 105, FPÖ 94, Grüne 83, BZÖ 71 sowie Team Stronach 60 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 54

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Redezeitenregelungen die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.02.561. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2110 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird, und über den

Antrag 1786/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Weiterentwicklung der Fahrgastrechte (2118 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


11.03.36

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits seit 2010 erhalten Bahnkunden im Fernverkehr bei einer Verspätung von einer Stunde 25 Prozent des Fahrpreises retour und ab zwei Stunden sogar 50 Prozent. Ebenfalls seit 2010 erhalten Besitzer von Jahreskarten im Nahverkehr eine Entschädigung in der Höhe von 10 Pro­zent, wenn die Züge auf ihrer Strecke nicht zu mindestens 90 Prozent pünktlich sind. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Dieses Gesetz, sehr geehrte Damen und Herren, war wirklich ein großer Erfolg. Bereits 2011 waren die ÖBB so pünktlich wie noch nie. 97 Prozent aller Züge kommen pünkt­lich an ihr Ziel, und Ähnliches gilt auch für 2012. Somit kann mit Freude festgestellt werden, die ÖBB sind die pünktlichste Bahn Europas. (Beifall bei der SPÖ.)

In den wenigen Fällen, sehr geehrte Damen und Herren, wo es zu Verspätungen kam, wurde im Bereich Fernverkehr eine Entschädigung in der Höhe von 365 000 € ausbe­zahlt, und im Regionalverkehr wurden 1 300 Pendlerinnen und Pendler mit insgesamt 29 200 € entschädigt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit der aktuellen Novelle werden die Rechte der Pendlerinnen und Pendler abermals gestärkt. Davon profitieren täglich et­wa an die 540 000 Menschen. Zuverlässigkeit auf dem Weg zur Arbeit ist für die Pend­lerinnen und Pendler eben ganz besonders wichtig. Zukünftig werden bereits Entschä­digungen gezahlt, wenn die Pünktlichkeit unter 95 Prozent fällt statt bisher unter 90 Pro­zent.

Ebenfalls neu, sehr geehrte Damen und Herren: Pendlerinnen und Pendler mit Jahres­karten können künftig im Internet jederzeit kostenlos prüfen, ob auf ihrer Strecke der vorgegebene Pünktlichkeitsgrad tatsächlich erreicht wird. Die Jahreskartenbesitzer müssen sich nur einmal im System anmelden, dann erhalten sie am Ende des Jahres automatisch ihre Entschädigung.

Wichtig, sehr geehrte Damen und Herren: Die neuen Regelungen gelten für alle Bahn­unternehmen und nicht nur für die ÖBB. Ebenfalls neu ist der Fahrgastbeirat. Dieser Beirat kontrolliert nicht nur die Pünktlichkeit, sondern auch die Sauberkeit in den Zü­gen, den technischen Zustand und die Information für die Fahrgäste.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 55

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Durch die heute zu beschließende No­velle werden den 540 000 Pendlerinnen und Pendlern noch mehr Rechte eingeräumt, und ich meine, das ist ein weiterer Schritt, um die Eisenbahn als umweltfreundliches, modernes und vor allem kundenfreundliches Verkehrsmittel zu etablieren. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


11.06.56

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fahre gerne mit der Bahn, ich fahre viel mit der Bahn und oft zwischen Innsbruck und Wien hin und her.

Es ist einerseits sehr erfreulich, dass wir jetzt endlich ein eigenes Gesetz zur Festle­gung der Fahrgastrechte, die ausgeweitet werden, haben. Andererseits ist es traurig, dass man ein solches Gesetz braucht. Es ist immer wieder befremdend, wenn man sieht, dass die ÖBB, deren Dienstleistung tatsächlich in den letzten Jahren erheblich verbessert wurde, offensichtlich einerseits Gesetze brauchen, um das noch zu verbes­sern, andererseits endlich einen Konkurrenten mit der Westbahn gefunden haben, der wohl stärker zur Qualitätsverbesserung für uns alle, für alle Bürgerinnen und Bürger, die mit der Bahn fahren, beigetragen hat, als es dieses Gesetz überhaupt kann.

In diesem Zusammenhang meinen herzlichen Dank an die Westbahn, die, obwohl sie – ich sage es jetzt einmal vorsichtig – vonseiten des Ministeriums nicht gerade gefördert wird, hier mit einem Superservice viel dazu beiträgt, dass auch bei den ÖBB ein wirkli­cher Sprung bei der Freundlichkeit der Mitarbeiter und beim Service auszumachen ist.

Ich muss aber sagen, mit der Entschädigung bei Verspätungen, die wichtig, gut und richtig ist, und mit anderen Dingen, die wir hier festlegen, ist das Ende der Fahnenstan­ge für einen Normalzustand als Kunde aus meiner Sicht noch lange nicht erreicht.

Gerade beispielsweise – ich habe jetzt ein Kind – für Mütter mit Kindern und Kinderwa­gen ist Bahnfahren in Österreich nach wie vor ein Horror. Man kommt mit dem Kinder­wagen in kaum einem Zug durch den Gang durch, man kann den Kinderwagen kaum irgendwo abstellen, er hat keinen Platz in den Gepäcksablagen und Gepäcksfächern. Ein sicherer Bereich, wo Kleinkinder krabbeln können, der gepolstert ist und den es in den Schweizer Zügen gibt, ist überhaupt nicht vorgesehen. Da es fast unmöglich ist, ein kleines Kind vier, fünf Stunden auf dem Schoss zu halten, ist man erst wieder dazu gezwungen, auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen.

Besonders bemerkenswert ist aus meiner Sicht, dass jetzt endlich in einigen Zügen zu­mindest Handys und Internet funktionieren. Von einer flächendeckenden Funktion, et­was, das natürlich bereits in jedem Schweizer Zug seit über einem Jahrzehnt funktio­niert, kann beim besten Willen noch nicht gesprochen werden. Schon vor Jahren, beim Amtsantritt des Herrn Kollegen Kern, habe ich einmal gefragt, warum das eigentlich in der Schweiz funktioniert und bei den ÖBB nicht. Die Antwort lautete, um die entspre­chenden Sender auch in den Zügen einzubauen, müsse man den Telefonanbietern et­was bezahlen.

Wir haben in der Schweiz nachgefragt. Die Schweiz, die das schon früh, nämlich vor 15 Jahren gemacht hat, hat damals sogar Unterstützung durch die Telefongesellschaf­ten gekommen. Wenn man erst 15 Jahre später eintritt, wenn jeder Handys hat und die Unternehmen darauf nicht mehr angewiesen sind, dann wird es natürlich schwieriger und teurer.

Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft insbesondere bei der Qualität für die Fahr­gäste bei den ÖBB noch weitere wirkliche Quantensprünge passieren: dass insbeson-


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dere, wenn es zu Verspätungen kommt, der Umgang des Personals mit verärgerten Passagieren etwas freundlicher ist, wenn etwa mitten in der Nacht ein Zug vier Stun­den später aus dem Bahnhof losfährt, weil versehentlich ein Waggon rangiert wurde, der einen Defekt hat – das dauert vier Stunden, bis der Zug dann tatsächlich fährt –, und man dann vielleicht an die verärgerten Fahrgäste eine Flasche Wasser pro Person verteilt, statt 0,1 Liter Wasser pro Abteil, da es um diese Zeit am Bahnhof gar nichts zu kaufen gibt. Das ist bei der Westbahn, in der Schweiz und auch sonst bei privaten Un­ternehmen üblich, und ich hoffe, dass es hier auch bei den ÖBB noch zu Verbesserun­gen kommt.

Es ist erfreulich, dass endlich ein Fahrgastbeirat eingesetzt wird, der dann die Frau Bundesminister berät und die Fahrgastrechte und das, was die Fahrgäste brauchen, diskutieren kann und wird. Dies ist eine langjährige Forderung der ÖVP, und ich hoffe, dass auch in der Zusammenarbeit des Parlaments mit diesem Fahrgastbeirat für die Kundinnen und Kunden der Eisenbahnunternehmen noch weitere Verbesserungen er­wirkt werden können. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


11.12.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Das Fahrgastrecht ist ein zu Recht sehr wichtiges Thema. Wir haben daher auch nicht nur das Eisenbahnbeförderungsgesetz, sondern auch die entsprechenden flan­kierenden Maßnahmen im Eisenbahngesetz selbst.

Wenn wir von einem Dienstleister sprechen – und die ÖBB oder die Westbahn sind ja Mobilitätsdienstleister –, dann sollten wir einmal davon ausgehen, was der Kunde will, und nicht davon, was die Behörde oder das Unternehmen will. Der Kunde will von A nach B kommen in einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Art und Weise, und das ist zu erfüllen. Dafür zahlt er auch und dafür hat er aber auch das Recht, dass er diese Leistung entsprechend entgegennehmen kann.

Und da sagt manchmal auch der Regulator, über den diverse Beschwerden abzuhan­deln sind, das sei nach dem alten Gesetz nicht immer leicht gewesen. Fangen wir ganz vorne bei den Bahnhöfen an! – Manchmal war es für Eisenbahnunternehmen nicht im­mer leicht – wir sind ja jetzt in der liberalisierten Phase, noch nicht ganz so, wie die EU es will, aber zumindest über weite Strecken –, die ihnen aufgetragenen Kundma­chungs- und Informationspflichten im Sinne ihrer Fahrgäste auch wirklich zu erfüllen. – Ja bitte, was soll das? Auf der einen Seite gibt man irgendwelchen Unternehmen Auf­lagen, sie sollen die Kunden informieren, und am Bahnhof, dort, wo sie die Information übergeben wollen, geht es nicht. Daher ist es durchaus wichtig und richtig, dieses Ge­setz heute so zu beschließen.

Das Nächste ist, dass manchmal natürlich Bahnunternehmen gerne hätten, dass Be­schwerden anders abgehandelt werden sollen. Und wer sich diesen Schienenkontroll­bericht genau durchliest, der kommt drauf: So leicht ist es nicht, denn die Bahn hätte beispielsweise gerne gehabt, dass Witterung und technische Gründe in den Bereich der höheren Gewalt kommen und damit überhaupt von allen möglichen Abstandszah­lungen ausgenommen sind. – Das glaube ich schon, dass man es manchmal gerne hätte, dass Regen, Schneefall, Hagel, Nebel oder auch schönes Wetter als höhere Ge­walt abgetan werden, und deswegen hat man nicht pünktlich sein können und gibt es daher leider schon gar kein Geld.

Oder technische Gründe: Die Fahrgäste haben im Einzelfall, wenn etwas passiert, wenn beispielsweise eine Bremse oder dergleichen bricht, durchaus Verständnis, dass


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das repariert wird und ein Zug später kommt. Aber dass man grundsätzlich davon aus­geht, dass keine Wartung mehr gemacht werden müsste oder dass man bei der Über­gabe eines Zugs durch den Wagenmeister am Anfang schlampig sein könnte, das geht einfach nicht.

Die Bahninfrastruktur hat ja durchaus eine ordentliche Datenbank, wo Sie jeden Zug vom Anfang bis zum Ende, vom Reinfahren nach Österreich bis zum Rausfahren ins Ausland genau aufzeichnet. – Wir schaffen jetzt mit diesem Gesetz, dem wir grund­sätzlich positiv gegenüberstehen, eine erst mit einem Jahr verzögerte Möglichkeit, eine monatlich zusammengefasste Abfrage zu machen.

Unserem Verständnis nach müsste es möglich sein, jeden Zug einzeln, und zwar über­all, bei jedem Halt abfragen zu können. Genauso sagen wir: Ja, es ist durchaus wich­tig, dass Pendler mit ihrer Jahreskarte einmal die Möglichkeit einer Zahlung erhalten, wenn die Züge nicht pünktlich sind! Aber wir Freiheitliche glauben, dass jeder Pendler, egal, ob er eine Jahreskarte, eine Wochenkarte oder eine Monatskarte hat, dieses Recht haben sollte. Aber so weit sind wir noch nicht, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der FPÖ.)

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einen kleinen Schwenk, denn das Ganze ist ja immer auch ein politisches Geschäft. Ich darf Ihnen dieses kleine Modell zeigen, denn es hat Symbolwirkung. (Der Redner hält das Modell einer E-Lok in die Höhe. – Abg. Kopf: Das ist schön!) – Das ist schön, richtig. Welche Farben hat das? – Rot und Schwarz. (Abg. Kopf: Wo ist Schwarz?) Und genau dort liegen nämlich die Probleme, die wir haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Es sind genau diese Probleme. Und das symbolhafte Problem habe ich gestern Vormit­tag gehabt. Da bekam ich zufällig eine Presseaussendung von einigen Landeshaupt­leuten und von der Bundesministerin, die uns mitteilten, es werden Züge gekauft. – Frau Bundesminister Bures hat heute in der Früh gesagt, Waggons werden gekauft. Nein, es sind Züge, ganze Züge mit drei Abschnitten. Und erst am Nachmittag um 16 Uhr haben der Aufsichtsrat und der Generaldirektor der ÖBB dasselbe gesagt.

Jetzt frage ich mich, wie das geht. Haben die Bundesministerin und die Landeshaupt­leute irgendwelche übersinnlichen Kräfte, die Zukunft vorherzusagen? Oder ist es nicht so, dass das Management und der Aufsichtsrat ein Anhängsel der Politik sind? Warum zahlen wir denen hunderttausend pro Kopf, damit sie dann im Endeffekt nur den Tele­fonhörer abnehmen und nachsagen, was Häupl und Pröll ihnen vorgeben. Da wäre es doch gescheiter, man würde aus Häupl, Pröll und der Frau Bundesministerin ein Trium­virat machen, dann wäre das wenigstens ehrlich, wenn die das so abhandelten. (Beifall bei der FPÖ.)

Gestatten Sie mir noch einen letzten Punkt, weil die Damen und Herren von der ÖVP so nett beisammen sind. Sie wollten doch im Sommer die ÖBB an den Herrn Stronach verscherbeln, meine Damen und Herren von der ÖVP. So, wie das Ganze derzeit auf­gestellt ist – der Herr Stronach ist jetzt 80 Jahre –, werden Sie noch zehn Jahre min­destens warten müssen, bis er Ihnen das so abnimmt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


11.18.09

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Bartenstein (der soeben angesprochene Abgeordnete hat sichtbar Gefallen an der Modell-Lokomotive gefunden), ich verstehe Ihre Vorliebe für die Eisenbahn. Ich ha­be ja auch Ihre Vorliebe für Fahrräder verstanden, denn ich hatte ein kleines Modellrad


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und das habe ich Ihnen dann in einer Art Reflex geschenkt. Glücklicherweise, es war nämlich mühsam, dieses Modellrad irgendwo aufzutreiben. Eine Modelleisenbahn krie­ge ich schnell wo, aber ein Modellfahrrad? Ich habe es Ihnen gerne geschenkt, viel­leicht ist der Herr Kollege Deimek auch so großherzig und schenkt Ihnen die Lok, damit eine gemeinsame Verkehrspolitik vorangetrieben wird. (Abg. Dr. Bartenstein: Da müs­sen wir schauen, ob sie weniger als 100 € wert ist!)

Frau Bundesministerin, wir haben dankenswerterweise jetzt eine weitere Reformepo­che, was Fahrgastrechte anbelangt, was die Möglichkeit anbelangt, dass die Kundin­nen und Kunden von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr als Bittsteller behandelt werden, sondern wirklich als Kunden, ordentlich und seriös. Und ich danke Ihnen, dass Sie den Antrag der Grünen, der schon zwei Jahre sozusagen auf Vorbereitung gelegen ist, jetzt endlich auch mit Ihrer Initiative umsetzen. Es war auch unser Anliegen, die Fahrgastrechte ausgestalten und verbessern, auf Basis dessen, was die Schienen-Control immer wieder an Mängeln festgehalten hat.

Ich stimme auch völlig mit meinem Vorredner überein: Nicht nur die Besitzer von Jah­reskarten sollen eine Entschädigung bekommen, wenn es zu einer Verspätung kommt, sondern auch die Pendlerinnen und Pendler, die Monatskarten oder Wochenkarten ha­ben. Die sind nämlich genauso betroffen wie diejenigen, die Jahreskarten besitzen.

Wie das funktioniert, ist noch ein Extra-Kapitel, wie kompliziert das sein wird oder wie einfach. Ich werde selbst einmal den Lackmus-Test machen.

Also, es geht um Pünktlichkeit, die soll erhöht werden, die ist auch schon besser ge­worden, Frau Ministerin, keine Frage. Da gibt es jetzt ausgefeilte EDV-Programme, Zugbeobachtungsprogramme; ich selbst konnte mir vor Ort ein Bild davon machen. Es geht aber bei den Fahrgastrechten auch um die Frage des Angebotes. Das Angebot wurde teilweise in den Zentralräumen verbessert. Der Fernverkehr ist ausgedünnt wor­den. Sie kennen ja mein altes Anliegen Linz–Graz. Und wenn Sie immer wieder sagen, das Land soll zahlen, dann sage ich Ihnen: Wo zahlt das Land Tirol, dass sie Wien–Innsbruck fahren? Wo zahlt das Land Kärnten, dass sie Wien–Graz fahren? Wo zahlt das Land Vorarlberg, dass es Verbindungen bis nach Bludenz und Bregenz gibt? Die zahlen nichts dafür! Aber Linz soll zahlen, damit ein Zug nach Graz fährt.

Dieses Angebot verlangen aber die Fahrgäste, das sage ich Ihnen ehrlich. Probieren Sie einmal, eine Karte beim WESTbus zu bekommen, der diese Strecke fährt! Da kön­nen Sie sich im Internet anstellen! Und da bin ich gleich beim nächsten Problem: Inter­net ist gleich Fahrplan.

Sie selbst haben heute in der Fragestunde darauf verwiesen, dass das Kursbuch, sprich die Sammlung aller Fahrpläne, ein völlig unhandliches, voluminöses Konvolut sein soll. Frau Ministerin, ich habe mir extra das Letztexemplar des Kursbuches, nämlich vom Jahr 2012, besorgt. (Die Rednerin zeigt das angesprochene Kursbuch.) Das ist ja ein­gestampft worden, weil die Westbahn drinnen nicht vorgekommen ist, und aus Zorn, weil die Westbahn in Zukunft vorkommen müsste, ist das Kursbuch nicht mehr aufge­legt worden. (Abg. Riepl: Das braucht eh keiner! Man kann alles im Internet nach­schauen!)

Dieses Kursbuch – ich kann es Ihnen gerne abmessen, ich habe mir alles mitgenom­men – hat eine Dicke von 2,5 cm, eine Länge von 21 cm und eine Breite von 13 cm. Das ist nicht unhandlich! Das ist ein handliches Taschenbuch-Format, und die Men­schen, die zu Hause keinen PC haben, sollen auch die Möglichkeit haben, nachzu­schlagen, sich ihre Verbindungen herauszusuchen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage es Ihnen ehrlich, auch ich schlage lieber nach, weil beim SCOTTY muss ich jedes Mal etwas eintippen, und da brauche ich nur zu lesen und muss nicht schreiben.


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Das nur noch als Nachtrag zur Fragestunde, aber Sie wissen, wir sind konstruktiv ge­sinnt, wir tragen selbstverständlich die vorgeschlagene Novelle mit und freuen uns auf weitere Nachbesserungen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


11.22.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Verbesserung der Fahrgastrechte ist durchaus positiv zu beurteilen. Wir vom BZÖ begrüßen das und haben das auch des Öfteren einge­mahnt, denn es kann nichts schlechter oder nichts ungustiöser sein, als dass Pendler wegen Unpünktlichkeit der Züge auf der Strecke bleiben, zu spät zum Arbeitsplatz, zur Schule, zur Uni, zur Behörde oder zum Arzt kommen.

Was die Entschädigungsansprüche betrifft, so werden diese auf die Jahreskarten-Be­sitzer ausgeweitet, aber ich bin der Meinung, wie meine Vorredner schon erwähnt ha­ben, dass diese auch auf Wochen- und Monatskarten-Besitzer ausgeweitet werden sollten. Aber das Wichtigste dabei ist, glaube ich, dass die neuen Regelungen für alle Bahnunternehmen gelten, nicht nur für die ÖBB, sondern für alle. Das ist ein wesentli­cher Punkt, denn die Bahn muss im Gesamten ein verlässlicher Partner der Bahnkun­den sein.

Die Kundenzufriedenheit kann nur durch Pünktlichkeit der angebotenen Dienstleistung gesteigert werden. Durch den Ausbau der Fahrgastrechte, den wir jetzt beschließen, und die Steigerung der Pünktlichkeit der Züge ist zu erwarten und zu hoffen, dass ver­mehrt mehr Menschen auf die Bahn umsteigen; das hoffen wir wohl alle. Und das ist auch Sinn und Zweck des Ganzen. (Beifall beim BZÖ.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


11.24.17

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Zuerst möchte ich noch auf das vorige Geschehen betreffend die Tagesordnung zurückkommen. Ich bin schon enttäuscht von den Grünen. Sie pre­digen immer Demokratie, und nichts kann Ihnen demokratisch genug sein, und wenn es dann darum geht, der ÖVP und der SPÖ den Steigbügel zu halten, dann sind Sie die Ersten, die hier zur Stelle sind, und würgen die demokratischen Rechte der Oppo­sition ab. Sie haben sich disqualifiziert, die Bevölkerung wird schon wissen, was sie von Ihnen zu halten hat! (Abg. Dr. Walser: Wir sind jetzt bei der Eisenbahn!)

Ich komme zum Thema Verkehr. Erwähnen möchte ich, dass es positiv ist, dass die Pünktlichkeit bei den ÖBB verbessert worden ist. Das muss man zugestehen und das finde ich auch sehr positiv, sehr lobenswert, allerdings gibt es doch noch gewisse Pro­bleme, und diese Probleme gibt es meistens immer auf denselben Strecken. Das heißt, im Allgemeinen hat sich die Pünktlichkeit verbessert, aber auf gewissen Strecken fah­ren die Züge immer wieder unpünktlich. Und das ist ein Problem, an dem man noch ar­beiten muss. Da haben Sie doch noch einiges zu tun, Frau Minister.

Ich möchte noch einen speziellen Fall ansprechen. Vor Kurzem habe ich in der Sen­dung „Konkret“ im ORF folgenden Fall gesehen: Junge Studenten aus Oberösterreich wollten mit dem Zug zum Münchner Flughafen fahren, um von dort nach Amerika zu fliegen. Eine Studienreise, Leute, die nicht viel Geld haben, die jung sind, die sich da einen Traum erfüllt haben. Mit dem Auto hätte es halt eine gewisse Zeit gedauert, und eine Zugfahrt ist natürlich bequemer, angenehmer. Auch wenn man dann müde zu­rückkommt, einen Jetlag hat, ist das Heimfahren mit dem Auto nicht so angenehm.


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Diese jungen Menschen haben sich auf den Fahrplan verlassen, haben im Internet ge­schaut, ob es irgendwo Verspätungen oder Sonstiges gibt. Nichts dergleichen stand drinnen. Während sie dann abgereist sind, ist irgendwo ein Zug ausgefallen. Das ist nicht bekannt gegeben worden, wurde auch im Zug nicht durchgesagt. Es hat dann ei­ne Verkettung vieler unglücklicher Umstände gegeben, jedenfalls haben die jungen Bur­schen den Flug in die USA verpasst.

Jetzt streiten sie mit den ÖBB um die Entschädigung, keiner will zuständig sein. Zuerst hat man ihnen Peanuts angeboten, mittlerweile hat man ihnen, nachdem sich da der ORF eingeschaltet hat, ein besseres Angebot gemacht, aber immer noch nicht ein zu­friedenstellendes. Das ist meiner Ansicht nach nicht die richtige Umgangsweise, weil nachweislich, wie ich aus dem Bericht ersehen habe, die ÖBB sehr wohl dafür ver­antwortlich sind, dass diese jungen Leute den Flug nach Amerika verpasst haben.

Es gibt also bei den ÖBB schon noch Dinge, die nicht funktionieren. Es klingt manches sehr gut, aber in der Praxis schaut es dann halt oft anders aus. Frau Minister, vielleicht können Sie mit Herrn Kern einmal sprechen und ihm einen Schubs geben, dass diese jungen Menschen zumindest für ihre entgangenen Urlaubsfreuden etwas entschädigt werden und vielleicht doch noch ein großzügigeres Angebot bekommen. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Regierungsvorlage zur Verbesserung der Fahrgastrechte, die heute beschlossen werden soll, bekommt unsere Zustimmung, auch deshalb, weil wir vom Team Stronach für mehr Fairness sind, und da wird den Fahrgästen gegenüber mehr Fairness gebo­ten. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist noch nicht alles perfekt, wie ich jetzt auch an dem Beispiel ausgeführt habe. Daran können Sie noch arbeiten, Frau Mi­nister. Der Zug fährt in die richtige Richtung, und deshalb werden Sie unsere Unterstüt­zung bekommen. (Beifall beim Team Stronach.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

 


11.28.20

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Ab­geordneter, ich danke Ihnen auch. Bei Millionen von Kundinnen und Kunden, die täg­lich von den ÖBB sehr zufriedenstellend befördert werden, schließe ich nicht aus, dass es da und dort auch einmal ein Problem geben kann. Ich habe trotzdem den Ein­druck – Sie haben das ja auch bestätigt –, dass in dem Unternehmen das Bewusst­sein, ein Dienstleistungsunternehmen zu sein, wo wie in vielen anderen Dienstleis­tungsbereichen auch die Devise gilt: Der Kunde ist König!, schon Platz gegriffen hat, denn in den letzten Jahren ist gerade in puncto Kundenfreundlichkeit sehr viel gesche­hen.

Frau Abgeordnete Hakl hat hier ein negatives Beispiel gebracht. Wissen Sie, ich glau­be, dass man immer im Leben einem unfreundlichen Menschen, im Gasthaus oder sonst wo, begegnen kann, aber es ist wichtig, nicht immer ein ganzes System oder ei­ne ganze Berufsgruppe zu diffamieren und damit in Frage zu stellen. Ich lese so wie Sie immer alle Tageszeitungen und ich kann Ihnen sagen, wie oft Berichte darüber kommen, wie hilfsbereit Beschäftigte bei den Bundesbahnen – weit über ihren Aufga­benbereich hinaus – den Bahnkunden gegenüber sind.

Ich erlebe das, so wie viele von Ihnen auch – und nicht deswegen, weil ich die Ver­kehrsministerin bin –, in den Bahnhöfen, in den Zügen, die Beschäftigten bei der Bun­desbahn sind engagierte Leute, die im Interesse der Bahnkunden und Bahnkundinnen Tag und Nacht, auch Samstag und Sonntag unterwegs und tätig sind. Das wollte ich


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auf jeden Fall erwähnen, damit es nicht so einseitig im Raum stehen bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch kurz einen Punkt ansprechen, bevor ich zu der Novelle komme, die Sie heute beschließen werden, wie ich den Ausführungen entnommen habe, nämlich den Ankauf von 109 Zügen. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir unsere Zug­flotte modernisieren, denn die Zufriedenheit des Bahnkunden hat natürlich auch damit zu tun, welche Qualität unsere Züge haben. Es geht um Fragen wie: Haben die Züge Klimaanlagen, sind sie barrierefrei für Menschen mit Behinderungen, sind die Gänge auch breit genug, um mit einem Kinderwagen durchzukommen?, et cetera.

Diese Kriterien definiert die Politik im gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag. Und die Züge, die angekauft werden, sind wie die Infrastruktur. Wir werden mit diesen 100 Zü­gen – neben Railjets – eine jüngere Bahnflotte haben als die Schweiz, wir werden mit diesen 109 Zügen eine der jüngsten Bahnflotten und modernsten Züge in Europa haben.

Herr Abgeordneter, wenn es so ist, dass über diesen Leistungsvertrag die Finanzie­rung dieser Züge über den Bund erfolgt, wenn es gelungen ist, gemeinsam mit den vier Bundesländern, mit den Landeshauptleuten, mit Bürgermeister Häupl, mit Landes­hauptmann Pröll, mit Landeshauptmann Pühringer, mit Landeshauptmann Voves, die­se Finanzierung auf die Beine zu stellen, und wenn die sich bereit erklärt haben, bei diesen neuen Nahverkehrszügen für die Pendlerinnen und Pendler mitzuzahlen, dann, glaube ich, ist es auch richtig, wenn die Landeshauptleute und die Verkehrsministerin, die diese Finanzierung langfristig auf die Beine zu stellen haben, ähnlich wie bei den Infrastrukturinvestitionen, sagen, es ist gut, dass wir 100 neue Züge für unsere Bahn­kunden und für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung stellen.

Es wurde auch die Chronologie angesprochen, wer was wann gesagt hätte. Im Übrigen hätte der Aufsichtsrat ja gar nicht die Möglichkeit im Zusammenhang mit Vergabepro­zessen. Ich mische mich nicht in operative Dinge des Unternehmens ein. Wer welchen Zuschlag für welche Produktion der Züge bekommt, entscheidet das Management. Su­per ist, wenn die Beschäftigung, die Wertschöpfung in unserem Land bleibt, da mache ich auch keinen Hehl daraus. Aber ich bin nicht operativ zuständig. Die Politik ermög­licht den Ankauf, das Unternehmen und das Management haben es operativ umzuset­zen, einen Vertrag über Ankäufe mit der Eisenbahnwirtschaft abzuschließen. Und da­her ist es in der Reihenfolge gar nicht anders möglich, man kann keinen Vertrag unter­schreiben, wenn es das Geld nicht gibt, und das haben vier Bundesländer zu einem Teil und zu einem großen Teil der Bund zur Verfügung gestellt. Daher ist es gut, wenn ich mich mit diesen vieren über neue Züge für unsere Pendlerinnen und Pendler freue. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt noch in aller Kürze zur Novelle, die heute beschlossen werden soll, da Sie schon so viel Richtiges zu den neuen Fahrgastrechten gesagt haben. Es ist so, dass wir im Jahr 2010 Fahrgastrechte in Österreich eingeführt haben, dass die Bilanz eine gute ist, dass wir das nicht, so wie die meisten anderen Staaten, nur im Fernverkehr gemacht haben, sondern auch für die Pendlerinnen und Pendler. 1,8 Millionen Menschen haben Fahrgastrechte bekommen. Mit der heutigen Novelle werden wir noch mehr an Konsu­mentenschutz, noch mehr an Dienstleistung für die Bahnkundinnen und Bahnkunden er­möglichen.

Wir werden, wie gesagt, noch einmal strengere Zielmarken bei der Pünktlichkeit set­zen. Alles, was unter 95 Prozent Pünktlichkeit ist, bedeutet, dass es Entschädigungs­zahlungen gibt. Ich teile auch die Frage: Können wir nicht noch mehr Karten, die Mo­natskarten zum Beispiel, mit einbeziehen? In der Novelle ist auch eine Vorkehrung ent­halten. Es gibt ein paar technische Probleme, weil diese Karten nicht personalisiert sind, aber ich möchte mich dazu gar nicht vertiefen. Die Zielsetzung ist, dass es in Zu­kunft – das kann ein nächster Schritt sein – auch für Monatskarten-Besitzer möglich


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gemacht wird. Und das ganz Wichtige ist, dass das eben auch für Pendlerinnen und Pendler gilt.

95 Prozent Pünktlichkeit ist die Marke, wir haben derzeit 96 Prozent, wir sehen also, dieses Druckmittel wirkt. Und am Ende ist das ein weiterer Beweis dafür, dass der Kun­de König ist, bei der Eisenbahn im Besonderen.

Herzlichen Dank für die breite Zustimmung zu mehr Konsumentenschutz in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


11.35.27

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Schon 2010 wurde ein eigenes Bundesgesetz, in dem Fahr­gastrechte geregelt wurden, beschlossen, ausgehend von einem Unionsrecht. Mittler­weile hat sich dieses Gesetz natürlich weiterentwickelt, und es kann festgestellt wer­den, dass die österreichischen Regelungen weit über die EU-Vorgaben hinausgehen und wir nicht anstehen, anzuerkennen, dass diese Regelungen nach wie vor erweite­rungs- und auch präzisierungsbedürftig sind.

Frau Ministerin Bures hat schon darauf hingewiesen: Wir haben in Österreich 1,8 Mil­lionen Pendlerinnen und Pendler, und davon nützen 30 Prozent die öffentlichen Ver­kehrsmittel. Durchschnittlich legen Pendlerinnen und Pendler in Österreich zwischen 20 und 35 Kilometer täglich zurück.

Bereits 2010 war es ein Anliegen von Bundesministerin Doris Bures, die Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr zu stärken, nicht nur im Fernverkehr, sondern auch die Pendlerinnen und Pendler waren der Ministerin ein großes Anliegen. Denn gerade das sind jene Menschen, die täglich auf die Bahn angewiesen sind, und das sind über 90 Prozent der Fahrgäste der Österreichischen Bundesbahnen.

Meine Damen und Herren! Dafür wurde von den Bahnen ein Pünktlichkeitsgrad von 90 Prozent festgelegt. Wenn dieser nicht erreicht wird, gibt es eine Entschädigung.

Was haben die Fahrgastrechte 2011 bewirkt? – Im Fernverkehr haben die Österreichi­schen Bundesbahnen rund 10 000 Personen entschädigt, im Regionalverkehr erhielten 1 368 PendlerInnen rückwirkend eine Entschädigung.

Für Bahnunternehmen sind Entschädigungszahlungen natürlich ein Ansporn, die Pünktlichkeit noch mehr zu steigern. Es gibt auch klare Vorgaben an die Österreichi­schen Bundesbahnen: Kundenorientierung und Pünktlichkeit müssen Priorität haben. Und wenn ein Zug nicht pünktlich ist, machen das die ÖBB nicht aus Jux und Tollerei, sondern es bereitet Sorge und man versucht, diese Probleme zu lösen.

Insgesamt festgestellt, sind die Österreichischen Bundesbahnen die pünktlichste Bahn Europas. 2012 gab es einen Pünktlichkeitsgrad von 96,6 Prozent.

Ich denke, wir können stolz sein auf das österreichische Unternehmen ÖBB. Wir kön­nen stolz sein auf die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und mich verwundert im­mer wieder, dass Kollegin Karin Hakl als Abgeordnete des österreichischen Parla­ments eine Wortspende zu den Österreichischen Bundesbahnen abgibt und das groß­artige österreichische Unternehmen Bundesbahnen als Feindbild darstellt. Ich kann diesem Gedanken und diesem Weltbild wirklich nicht folgen. Wir sollten auf unsere Un­ternehmen stolz sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke mir, meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Kritik, oftmals ist es so, wie ein altes Sprichwort sagt: Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es zu­rück! Das vielleicht der Kollegin Karin Hakl aus Tirol ins Stammbuch geschrieben.


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Insgesamt begrüßen wir die neuen Regelungen zu den Fahrgastrechten, und wir sind überzeugt davon, dass dadurch die Qualität für die Kundinnen und Kunden der ÖBB weiter gesteigert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


11.39.35

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kollegin Binder-Maier, Sie können sicher sein, dass wir dem Unternehmen Österreichi­sche Bundesbahnen positiv gegenüberstehen, insbesondere natürlich jetzt, wenn wir nach drei Jahren bereits eine Evaluierung der Fahrgastrechte vornehmen.

Das Eisenbahnbeförderungsgesetz wird nunmehr vom internationalen Recht an natio­nales Recht angepasst. Das bringt mehr Konsumentenschutz für die 2,2 Millionen Fahrgäste jährlich. Das Besondere dabei – es wurde bereits alles betont, was für die Fahrgäste wichtig ist, was es an Verbesserungen geben wird – ist die Einrichtung die­ses Fahrgastbeirates, wo unter dem Vorsitz der Frau Bundesminister unter Einbezie­hung der Interessenvertreter und natürlich auch der betroffenen Ministerien weiterhin für eine Evaluierung gesorgt wird.

Ich habe bereits betont, diese 2,2 Millionen Fahrgäste sind eine positive Zahl, aber die­se 2,2 Millionen sind auch Wählerinnen und Wähler, ein Großteil davon, Kinder ausge­nommen. Am gestrigen Tag ist ja besonders hervorgekommen, dass seitens der SPÖ jetzt zwei Dinge als Linie verfolgt werden, nämlich das Thema Wasser – komischer­weise jetzt neu – und die Landtagswahlen in Niederösterreich und in Kärnten. Keiner redet mehr – außer jetzt durch die Dringliche Anfrage der Freiheitlichen – über die Wehr­pflicht.

Ich möchte eines richtigstellen – das betrifft mich als niederösterreichischen Abgeord­neten –, das gestern falsch dargestellt wurde. Ich habe mir das Protokoll der Landtags­sitzung vom 28. Juni 2001 in Niederösterreich besorgt. Herr Abgeordneter Kuzdas und auch Herr Abgeordneter Krainer, alle haben gesagt, die SPÖ hatte überhaupt keinen Anteil an der Veranlagung der Wohnbauförderungsdarlehen. (Abg. Brosz: , das ist sehr großzügig, Herr Präsident!) Ich darf Ihnen hier das damalige Abstimmungsergeb­nis zur Kenntnis bringen: Die Veranlagung der Wohnbauförderungsdarlehen wurde mehr­heitlich mit den Stimmen der ÖVP, SPÖ und FPÖ angenommen. (Abg. Dolinschek: Es geht um die Fahrgastrechte!)

Das sind Wählerrechte und auch Fahrgastrechte. Die Niederösterreicherinnen und Nie­derösterreicher fahren auch gerne mit dem Zug, Herr Kollege! (Abg. Dr. Walser: Bitte!)

Ich darf Ihnen aus dem Protokoll dieser Landtagssitzung zitieren: Der Antrag der Abge­ordneten Schneeberger und Sacher – Herr Kollege Sacher sitzt ja jetzt auf der Hinter­bank des Nationalrates (Zwischenrufe der Abgeordneten Binder-Maier und Petzner– wurde genehmigt.

Und die Freiheitlichen, weil Sie sich gerade aufgeregt haben. Vom Herrn Abgeordneten Rambossek wird im Protokoll Folgendes vermerkt:

die Mobilisierung der Wohnbauförderungsdarlehen kann von uns als eine zukunfts­orientierte und nachhaltige sowie Maastricht-Einnahmen-wirksame Bewirtschaftung des Ausleihungsvolumens bezeichnet werden.“ – Also positiv von der FPÖ. (Abg. Petz­ner: Herr Präsident, das ist ja !)

Und am besten schneidet natürlich die SPÖ ab, Herr Kollege Sacher. (Abg. Binder-Maier: Zum Tagesordnungspunkt reden!) Der SPÖ-Abgeordnete Feurer sagt:

„Und dass wir damit beitragen werden, dass viele Menschen, die eine neue Wohnung brauchen oder ein Eigenheim errichten wollen, auch die entsprechende Förderung vom


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Land Niederösterreich erhalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)“ – Es heißt hier noch: Ich bedanke mich und stimme zu.

(Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Bitte, was war das jetzt?!)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


11.43.22

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Kolle­ge Rädler, war das jetzt eher ein Beitrag zum Fasching? Zum Thema haben Sie näm­lich nichts gesagt. (Abg. Mag. Schönegger: Doch, doch!) Die Szenen Ihrer schwarz-roten Ehe mögen ja interessant sein, aber vielleicht könnten Sie das intern regeln, denn wir haben hier wichtige Themen zu behandeln und sind weniger an Ihren koali­tionsinternen Streitigkeiten interessiert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Klikovits: Herr Dr. Walser, das wäre zum Mitdenken gewesen!)

Ich würde also gerne, wenn Sie erlauben, wieder zu den Fahrgastrechten zurückkom­men. Frau Ministerin, ich möchte schon an ein paar Dinge erinnern.

Es ist noch nicht einen Monat her, dass in Wald am Arlberg 400 Zugpassagiere stun­denlang im Railjet eingesperrt waren. Ursache: eine der vielen Pannen, die es auf die­ser Strecke gibt.

Frau Ministerin, wir haben jetzt mehrfach über den Streckenausbau gesprochen. Sie haben im Zusammenhang mit dem Ausbau der Arlbergstrecke im Ausschuss über den Unterinntal-Trassenausbau gesprochen, Sie haben heute in der Fragestunde auch wie­der mit dem Ausbau im Unteren Inntal geantwortet. Mich aber interessiert der Ausbau der Arlbergbahnstrecke, und der ist gestoppt. Da gibt es keine absehbaren Fortschritte mehr, auch in Ihren Planungen steht überhaupt nichts drinnen.

In Vorarlberg haben wir die Hausaufgaben gemacht. Ich bin stolz darauf, als Grüner sagen zu können, „wir“, denn die Zustimmung der Vorarlberger Grünen zum Budget war ganz entscheidend davon abhängig, ob die Landesregierung dem 365-€-Jahres­ticket zustimmt. Wir haben diesen Erfolgsschlager aus Wien jetzt nach Vorarlberg im­portiert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Themessl.)

Ab nächstem Jahr gibt es dank der Hartnäckigkeit der Grünen auch in Vorarlberg die Möglichkeit, um 1 € pro Tag im ganzen Land mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter­wegs zu sein. Das ändert aber nichts daran, wenn diese Hausaufgaben gemacht sind, dass es mit der Anbindung an Restösterreich, wenn ich das so sagen darf, nach wie vor hapert.

Die Strecke zwischen Wien und Salzburg – das gebe ich gerne zu  ist inzwischen vor­bildlich ausgebaut. Das ist nahezu eine Rennstrecke, 2 Stunden 22 Minuten Fahrzeit, da kann man nichts sagen. Von Salzburg nach Vorarlberg haben wir aber dieselben Fahrzeiten wie vor Jahrzehnten, da ist ein gewisses Missverhältnis vorhanden. Auch Ihr Railjet trägt da wenig Positives zur Verbesserung bei, Frau Ministerin, denn der Railjet ist als wirkliche Schnellverbindung mit Halten nur in den Landeshauptstädten konzipiert. Das funktioniert: St. Pölten, Linz, Salzburg, dann Innsbruck, so weit auch noch okay, aber dann gibt es fünf weitere Halte: Imst, Ötztal, Landeck, St. Anton. Da haben wir von diesem Railjet relativ wenig.

Hinzu kommt der mangelnde Ausbau, eine eingleisige Strecke. Das entspricht nicht mehr den Erfordernissen der modernen Verkehrspolitik, das wissen Sie, das wissen wir, das spüren die Fahrgäste. Frau Ministerin, da würde ich bitten, sich dringend die­ser Strecke anzunehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 65

Man muss sparen, die Mittel sind knapp, wir wissen das, man muss sorgfältig damit umgehen, aber ich lese auch, dass die Strecke zwischen Neumarkt am Wallersee und Salzburg um sage und schreibe 1,65 Milliarden € ausgebaut wird. Warum ist das so teuer? – Weil die Raumordnung in unserem Land nicht funktioniert, weil Bürgermeister nicht bereit sind, harte Einschnitte zu machen, und weil so eine Strecke untertunnelt werden muss. Bis zu 16 Kilometer dieser Strecke sollen im Tunnel geführt werden.

Frau Ministerin, das geht wesentlich effizienter: Wenn wir am Arlberg – und da verlan­gen wir keineswegs den Ausbau einer Hochleistungsbahn –, dort, wo das möglich ist, dort, wo das zu verantworten ist, zweigleisig ausbauen, dann wird die Verbindung zwi­schen Vorarlberg und Wien schneller, dann wird die Anfälligkeit der Strecke geringer, und wir haben mit weniger Problemen zu kämpfen.

Kein Geld sei da – das stimmt nicht. Das Geld wird nur falsch eingesetzt. Ich ersuche Sie dringend, diese Pläne im Zielnetz 2025 plus, in dem die Arlbergstrecke eben nicht vorkommt, noch einmal zu überdenken. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung erteile ich Herrn Abgeordnetem Sacher das Wort. – Bitte.

 


11.49.00

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorletzte Redner, Herr Abgeordneter Rädler, hat in seiner Rede ausgeführt, dass der Beschluss bezüglich der Veranlagung von Wohnbaugeldern in Niederösterreich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ gefasst worden wäre.

Er hat allerdings unrichtig zitiert, und ich möchte berichtigen: Der Beschluss hat gelau­tet, dass nicht risikoreich veranlagt werden darf, während sich dann bei der Umsetzung des Beschlusses die dafür Verantwortlichen nicht an den Landtagsbeschluss gehalten, die Vorgaben einer nicht risikoreichen Veranlagung missachtet und wesentlich risiko­reicher veranlagt haben, als das ursprünglich der Landtag in seinem Grundsatzbe­schluss gemeint hat. Dadurch ist es zu den erwähnten Ausfällen beziehungsweise Schädigungen gekommen. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


11.50.03

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Walser, wir hatten gestern hier eine Diskussion über Railjet-Halte in Tirol. Es hat eine Petition gegeben, und es waren, soweit ich mich erinnere, alle Abgeordneten hier dafür, dass man diese Petition unter­stützt, damit es künftig in Wörgl in verstärktem Ausmaß Railjet-Halte gibt. Wir sollten nicht über die Regionen, über die Länder hinweg diskutieren. Ich bin bei Ihnen: Der Railjet ist ein Premiumzug der Österreichischen Bundesbahnen, der natürlich eine Schnellverbindung darstellt. Aber wenn aus den Regionen ein entsprechender Wunsch kommt, dann sollte man auch über den Halt eines solchen Zuges diskutieren.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die heute hier zu beschließende Novellie­rung der Fahrgastrechte ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Qualitätsverbesserung al­ler österreichischen Bahnen. Ich betone besonders „aller“, weil es ja inzwischen auch viele Privatbahnen gibt, die sich auf dem Schienennetz der Österreichischen Bundes­bahnen bewegen.

Die Qualitätsverbesserung ist auch eine wesentliche Voraussetzung, dass zukünftig mehr Menschen dieses öffentliche Verkehrsmittel benützen und auch umsteigen; in ein Verkehrsmittel, das wichtige Voraussetzungen für die Verkehrsbewältigung der Zukunft bietet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 66

Pünktlichkeit, Sauberkeit, Information bei Regelbetrieb und bei Störungen, das erwar­ten sich die Gäste, die die Zugverbindungen benützen. Und es ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, das in der heutigen Novelle formuliert wurde, und eine große Herausforderung für alle Verkehrsunternehmen, das auch umzusetzen.

Wir alle wissen, dass es oft nicht im Bereich der Verkehrsunternehmen liegt, wenn es zu Verspätungen kommt, durch Suizidfälle, durch Lawinenabgänge, durch Zusammen­stöße mit Pkws auf Regionalbahnen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Alle heute diskutierten positiven Aspekte, wenn es um Fahrgastrechte geht, dürfen aber nicht auf Kosten der Sicherheit gehen. Die österreichischen Verkehrsunternehmen gehören zu den sichersten Verkehrsunter­nehmen in Europa.

Die Kosten für Qualitätserhöhungen und der Wettbewerb dürfen nicht zu Lohndumping führen. Auch bei der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter darf künftig nicht gespart werden. Das sind Qualitätskriterien, die natürlich auch berücksichtigt werden müssen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf noch folgenden Antrag ein­bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahn­gesetz 1957 geändert werden (2110 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2118 d.B.) wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 1 lautet § 19 Abs. 1:

„(1) Das Eisenbahnunternehmen kann Fahrgäste, welche die vorgeschriebene Ord­nung oder Sicherheit im Betrieb von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder den Verkehr auf einer Eisenbahn oder die zu ihrer Aufrechterhaltung getroffenen An­ordnungen der vom Eisenbahnunternehmen beschäftigten oder beauftragten Personen nicht beachten oder sonst auf Grund ihres Zustandes oder ihres Verhaltens stören, von der Beförderung ausschließen; Fahrgäste mit Behinderung dürfen jedoch nicht auf­grund ihres auf die Behinderung zurückzuführenden Verhaltens ausgeschlossen wer­den. Die Fahrgäste haben diesfalls keinen Anspruch auf Erstattung des Fahrpreises und der sonstigen Kosten oder auf Entschädigung.“

II. Artikel 2 (Änderung des Eisenbahngesetzes 1957) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 70a wird folgender Absatz 4 hinzugefügt:

„(4) Schriftliche Verträge nach Abs. 1 und 2 unterliegen nicht den Rechtsgeschäftsge­bühren nach dem Gebührengesetz 1957.““

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 67

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahn­gesetz 1957 geändert werden (2110 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2118 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahn­gesetz 1957 geändert werden (2010 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2118 d.B.) wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 1 lautet § 19 Abs. 1:

„(1) Das Eisenbahnunternehmen kann Fahrgäste, welche die vorgeschriebene Ord­nung oder Sicherheit im Betrieb von Schienenfahrzeugen auf einer Eisenbahn oder den Verkehr auf einer Eisenbahn oder die zu ihrer Aufrechterhaltung getroffenen An­ordnungen der vom Eisenbahnunternehmen beschäftigten oder beauftragten Personen nicht beachten oder sonst auf Grund ihres Zustandes oder ihres Verhaltens stören, von der Beförderung ausschließen; Fahrgäste mit Behinderung dürfen jedoch nicht auf­grund ihres auf die Behinderung zurückzuführenden Verhaltens ausgeschlossen wer­den. Die Fahrgäste haben diesfalls keinen Anspruch auf Erstattung des Fahrpreises und der sonstigen Kosten oder auf Entschädigung.“

II. Artikel 2 (Änderung des Eisenbahngesetzes 1957) wird wie folgt geändert:

1. Nach Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. In § 70a wird folgender Absatz 4 hinzugefügt:

„(4) Schriftliche Verträge nach Abs. 1 und 2 unterliegen nicht den Rechtsgeschäftsge­bühren nach dem Gebührengesetz 1957.““

Begründung

Zu Ziffer 1:

Die Wortfolge „aufgrund ihres Zustandes oder ihres Verhaltens“ könnte im Zusammen­hang mit bestimmten Behinderungsarten zu Diskriminierung führen. Deshalb wird die Wortfolge „Fahrgäste mit Behinderung dürfen jedoch nicht aufgrund ihres auf die Be­hinderung zurückzuführenden Verhaltens ausgeschlossen werden“ zur Klarstellung eingefügt. Selbstverständlich sind die Bestimmungen des BGStG in diesem Zusammen­hang anwendbar.

Zu Ziffer 2:

Hinsichtlich des Infrastrukturbenützungsvertrages und seiner gebührenrechtlichen Be­urteilung besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Mit dieser Regelung in § 70a Ab­satz 4 Eisenbahngesetz erfolgt eine gesetzliche Klarstellung.

*****

11.54.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 68

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2110 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der eine Änderung in Artikel 1 beziehungsweise die Einfügung einer neuen Ziffer 2a in Artikel 2 zum Inhalt hat.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung den vorliegenden Entwurf unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

11.55.452. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, (25. StVO-Novelle) und über den

Antrag 1246/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch
das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b STVO (2119 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 69/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der StVO (Straßenverkehrsordnung) zugunsten des Radverkehrs und der Zufußgehenden (2120 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 1572/A der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (2121 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 69

11.56.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir haben unter diesem Paket eine ganze Reihe von gesetzlichen Maßnahmen, denen wir in vielen Punkten zustimmen. Es gibt aber einige essenzielle Punkte, denen wir nicht, aber nicht im Geringsten zustimmen können. Daher werden wir erstens in zweiter Le­sung eine getrennte Abstimmung verlangen und zweitens in Summe dem Gesamtpa­ket unsere Zustimmung versagen.

Welche sind die Punkte, denen man durchaus zustimmen kann und die wir auch mittra­gen? – Das fängt bei der Parkerlaubnis für Hebammen an. Das ist eher ein urbanes Problem, denn auf dem Land bleiben sie stehen, wo sie es brauchen und nicht dort, wo es gerade zufälligerweise der Bürgermeister oder der Parksheriff erlaubt.

Wo wir auch zustimmen, das ist die neue Regelung betreffend Telefonieren am Rad. Wir sagen: Ja, wenn die Fahrradfahrer halbwegs gleichwertige Verkehrsteilnehmer sein wollen, dann muss das Telefonieren am Rad verboten sein. (Beifall bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Zum Punkt betreffend Geschwindigkeitskontrollen in den Gemeinden wird Kollege Ve­nier noch etwas sagen.

Aber – jetzt kommen wir genau zu den Punkten, wo man sehr kritisch sein muss –: Be­gegnungszonen. Es gibt derzeit Fußgängerzonen und Wohnstraßen. Die Benützungs­pflicht von Radwegen kann aufgehoben werden, heißt es hier. Man kann Fahrradstra­ßen einrichten, die so wie Busstraßen oder eigene Busspuren sind.

Woher kommt denn das Ganze? – Das ist doch nichts anderes als eine verlängerte Te­lefonleitung vom Rathaus ins Parlament. Und wir sind bitte das Parlament! Wir machen die Bundesgesetzgebung. Es ist nicht unsere Aufgabe, irgendwelche Wiener Koali­tionsgeschichten, die Frau Stadträtin Vassilakou halt unbedingt durchziehen möchte, bundesweit zu machen. Wenn sie das in Wien machen möchte, dann soll dort die SPÖ mitstimmen, das ist lustig, das sollen sie sich ausmachen. Aber bundesweit haben wir wirklich andere Probleme. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wir hier von einer Zweidrittelmaterie ausgehen, sind natürlich irgendwelche Opposi­tionsparteien nötig, um das Ganze beschließen zu können. Was passiert? – Die Grü­nen verhandeln, die Grünen verhandeln streng. Ich glaube, dass Frau Kollegin Moser durchaus fachlich streng verhandeln kann.

Aber was ist denn herausgekommen? – Da ist wieder einmal der Anruf von Frau Vassi­lakou gekommen und dann hat man sich gelegentlich auf drei Entschließungsanträge, nicht konkrete Gesetzesformulierungen – Entschließungsanträge! –, also Wünsche ans Christkind einigen können.

Nehmen wir den ersten Entschließungsantrag:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im In­teresse von blinden und sehbehinderten Menschen den § 48 StVO hinsichtlich der Anbringungshöhe von Straßenverkehrszeichen zu überprüfen und allenfalls Vorschlä-
ge () zuzuleiten.“

Na ja, grundsätzlich sind wir dafür. Der Antrag ist ja so weich formuliert, dass man schon fast nicht dagegen sein kann. Es ist eigentlich allem zuzustimmen, aber eine konkrete Geschichte ist das nicht. (Abg. Dr. Moser: Das ist sehr konkret! – Heiterkeit des Abg. Mag. Josef Auer.)

Es wird noch lustiger, es wird noch lustiger! – Kollege Auer, Zurückhaltung! – Die Frau Bundesministerin soll eine Studie machen. Sie wissen, wir stehen den Radfahrern sehr kritisch gegenüber, weil das die undiszipliniertesten Verkehrsteilnehmer sind. Gegen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 70

eine Studie kann ich aber guten Gewissens gar nicht sein, denn vielleicht kommt dabei einmal heraus, wie undiszipliniert die Fahrradfahrer wirklich sind.

Und das Letzte ist dann wirklich die Krönung, ein Entschließungsantrag: Der Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird um irgendetwas ersucht, Parkausweise und so weiter – die Parkausweisproblematik ist bekannt –, bis En­de 2017 etwas zu machen. – Warum nicht gleich die Sache auf den Sankt Nimmer­leinstag verschieben? Das soll ein Verhandlungsergebnis sein? Das ist eine Farce! Deswegen geben die Grünen ihre Zustimmung. Da soll sich gleich die Frau Vassilakou hersetzen und sagen, wir machen das, was wir für Wien brauchen. (Abg. Dr. Moser: Das ist ja nicht wahr!)

Bitte, das ist ja Fahrradterror! (Abg. Dr. Bartenstein: Fahrradterror, dass ich nicht la­che! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Früher hat man noch mit gutem Ge­wissen von Vollkorn-Taliban gesprochen, mittlerweile sind wir beim Fahrrad-Taliban. (Abg. Dr. Moser: Ich glaube, Sie können nicht lesen!) Frau Kollegin Moser! Das betrifft Sie zwar weniger, aber seinerzeit mussten in China unter Mao einmal alle Spatzen ge­tötet werden – die Grünen stellen jetzt diesen Antrag. Nur weil es in Wien modern ist, müssen alle mit dem Fahrrad fahren. Das kann es ja nicht geben! (Abg. Dr. Moser: Es wird ja niemand aufs Fahrrad gezwungen!)

Die politische Vergangenheit einiger Fraktionskollegen würde ja den Schluss nahele­gen, dass es da eine ideologische Verwandtschaft gibt. Aber bitte, wenn die Fahrrad­fahrer wirklich gleichwertige Verkehrsteilnehmer sein wollen, dann müssen sie auch gleichwertig sein, das heißt: Handytelefonieren verboten, eine Nummer, eine Haft­pflichtversicherung. Wenn er ein Auto beschädigt, wenn er einem anderen Fahrradfah­rer das Fahrrad beschädigt oder eine Körperverletzung begeht, wenn er einen Fußgän­ger über den Haufen fährt und der dann dahin ist, dann muss der Radfahrer ordentlich seiner Verpflichtung nachkommen. (Abg. Dr. Bartenstein: Nummerntafeln!) Derzeit ist das noch nicht der Fall. Wir verlangen wegen der Undiszipliniertheit eigentlich eher be­sondere Strenge. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


12.02.12

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Immer mehr Menschen legen ihre Wege umweltfreundlich und gesundheitsbewusst zurück, und zwar mit dem Rad. (Abg. Neubauer: Du auch?) In Österreich gibt es sieben Millionen Fahrräder. Die Tendenz ist steigend, und in den letzten fünf Jahren ist der Anteil der Radfahrer am Verkehr um satte 40 Prozent gestiegen. Das ist, wie ich meine, ein gutes Zeichen, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich.

Lieber Kollege Deimek, ich würde die Radfahrer nicht pauschal als „Fahrrad-Rambos“ oder dergleichen bezeichnen, sondern würde meinen, dass es gut ist, dass pünktlich zum Frühlingsbeginn neue fahrradfreundliche Gesetze in Kraft treten werden. An erster Stelle sind dabei die Fahrradstraßen und die Begegnungszonen zu nennen. Fahrrad­straßen sind jene Straßenabschnitte, die den Radfahrern und Fußgängern vorbehalten sind, mit dem Auto ist hier nur die Zu- und Abfahrt erlaubt.

Werter Kollege Dipl.-Ing. Deimek, es stimmt ganz einfach nicht, dass es da, wie du meinst, eine Telefonleitung vom Wiener Rathaus ins Parlament gibt, über die dann an­geschafft wird, dass jetzt diese Begegnungszonen einzurichten sind. Wahr ist viel­mehr – und ich glaube, du hast dieses österreichweite Schreiben von Gemeinden und Städten auch erhalten –, dass die Gemeinden und Städte wie auch der Städte- und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 71

Gemeindebund an uns Parlamentarier herangetreten sind, wir sollen doch diese Be­gegnungszonen einrichten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Begegnungszonen handelt es sich um Be­reiche, die von allen Verkehrsteilnehmern – also Autofahrern, Radfahrern und Fußgän­gern – gleichberechtigt genutzt werden können. Wichtig dabei ist, dass der schwächste Verkehrsteilnehmer Vorrang hat. Die Höchstgeschwindigkeit in diesen Begegnungszo­nen beträgt 20 Stundenkilometer. Nur in äußerst begründbaren Fällen kann diese Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer erhöht werden.

Auch die Radwege-Benützungspflicht wird flexibilisiert. Wenn es die Situation erlaubt, ist es den Radfahrern künftig gestattet, auch auf den Straßen zu fahren, sofern sie kei­ne Gefahr darstellen. Damit können überfüllte Radwege entlastet werden.

Ganz besonders bedeutend ist – und das hat mein Vorredner auch schon gesagt –, dass in Zukunft auch ein Handyverbot für alle Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer gilt. Es ist ganz klar: Wie beim Autofahren ist es wichtig, dass eine Hand zum Lenken zur Verfügung steht, und die andere muss bei den Radfahrern natürlich für Abbiege­zeichen frei sein. Trotzdem bleibt Telefonieren mit einer Freisprechanlage am Fahrrad natürlich weiterhin erlaubt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch wichtig, dass es ein echtes Miteinander und kein Gegeneinander im Straßenverkehr gibt. Daher ist das Fahrradpaket, wie ich meine, die richtige und zeitgemäße Antwort, um mehr Sicherheit und klare Regeln für Radfahrerinnen und Radfahrer zu schaffen.

Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ich denke, dass wir mit diesen Neue­rungen rechtzeitig zu Beginn der neuen Radfahrsaison das Radfahren noch sicherer und attraktiver gestalten werden. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


12.05.58

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Straßenverkehrsordnung betrifft, so ist im Allgemeinen wohl ein jeder von uns Fußgänger, zwischendurch Radfahrer und auch sehr oft Autofahrer, und dass einer auf den anderen Rücksicht nehmen muss, ist auch klar. Sonst geht das ganz einfach nicht. Wenn jemand oft einmal beim Radfahren un­diszipliniert ist und dem Autofahrer den Vogel zeigt oder umgekehrt, dann sollte man immer daran denken, dass man einmal in der einen Position und einmal in der anderen ist. Dazu wird aber mein Kollege Spadiut noch Stellung nehmen.

Ich werde mich mit der Thematik des Behindertenpasses in der Straßenverkehrsord­nung und mit den Parkausweisen beschäftigen. Derzeit klaffen ja die Beurteilungen für den Behindertenpass und den Parkausweis für gehbehinderte Personen nach dem § 29b der Straßenverkehrsordnung trotz der geringfügigen Unterschiede in den Krite­rien in der Praxis sehr, sehr weit auseinander. Dies ist auf die unterschiedliche Spruch­praxis der Länder zurückzuführen. Diese Situation ist für die Betroffenen nur schwer nachvollziehbar. Die verschiedenen Zuständigkeiten bei den Behörden machen insbe­sondere Menschen mit Behinderung immer wieder große Schwierigkeiten und führen auch oft zu Missverständnissen. Viele Antragswerber sind bei einfachen Behördenwe­gen dann ganz einfach oft einmal überfordert.

Während für die Ausstellung des Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsord­nung für dauernd stark gehbehinderte Personen die Bezirkshauptmannschaften bezie­hungsweise die Magistrate – in Wien die MA 15 – zuständig sind, ist hingegen für die Ausstellung des Behindertenausweises das Bundessozialamt zuständig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 72

Wir vom BZÖ fordern schon seit Jahren, dass für die Ausstellung eines Ausweises nach § 29b StVO die Einführung einer ärztlichen Begutachtung grundsätzlich durch das Bundessozialamt erfolgt. Das ist eine Anlaufstelle in allen Bundesländern. Das wird jetzt auch so getätigt und ist eine große Verwaltungsvereinfachung für die betrof­fenen Personen bei der Antragstellung, weil es nur mehr eine Anlaufstelle gibt. Das ist für Menschen mit Behinderung, für die Betroffenen ein großer Vorteil. Deswegen wer­den wir dieser Novelle auch gerne unsere Zustimmung geben.

Ich möchte auch noch erwähnen, dass die Parkerleichterungen für Hebammen eben­falls sehr positiv zu bewerten sind. Nunmehr dürfen Hebammen auch an Straßenstel­len, an denen Halten und Parken verboten ist, ihr Fahrzeug abstellen. Natürlich ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie auch als Hebamme in diesem Bereich tätig sind, dass es eine Geburt geben muss. Das ist wichtig. – Wir werden dem gerne unsere Zu­stimmung geben. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Mag. Lapp.)

12.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


12.09.06

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir sprechen hier über ein Verkehrs-, ein Verkehrssi­cherheits-, ein Radpaket, das breite Zustimmung zu finden scheint. Jedenfalls sehe ich einmal viereinhalb Fraktionen, wenn ich Herrn Deimek zweiteile. In diesem Paket geht es aber nicht nur um das Rad, sondern auch um andere Verkehrsteilnehmer und Ver­kehrsträger.

In Richtung derjenigen, die hier von Fahrradterror oder -terroristen gesprochen haben, vielleicht auch in Richtung des Koalitionspartners, der, wenn es um Verkehrsträger geht, immer wiederum von der Präferenz für die Schiene gegenüber der Straße spricht, möchte ich jedoch Folgendes sagen: Wir seitens der Volkspartei wollen Gleichbehand­lung der Verkehrsträger und aller Verkehrsteilnehmer, und zwar nicht nur Gleichbe­handlung derselben, sondern auch die Wahlfreiheit. Die steht für uns im Vordergrund. (Beifall bei der ÖVP.)

So gesehen, meine Damen und Herren, kommt diese Idee, wenn schon, dann aus vie­len ÖVP-geführten Gemeinden. Noch ist es in Wien nicht so weit. Die Begegnungszo­ne ist ganz sicherlich nicht auf Zuruf des Wiener Rathauses entstanden, die ist in Ös­terreich breit getestet worden. Es ist gut, dass es nun vermehrt dazu kommt.

Inhaltlich hat Kollege Heinzl schon alles Notwendige dazu gesagt. Die Verkehrssicher­heit muss auch hier im Vordergrund stehen. Einander im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe zu begegnen, kann ganz gut funktionieren. Einer der von mir in Stu­dienzeiten am häufigsten frequentierten Plätze in Graz ist mittlerweile eine solche Be­gegnungszone, anstatt eines früheren Kreisverkehrs. Das kann Sinn machen, ebenso wie man auch von einem Lückenschluss sprechen kann. Sie haben das ja schon ange­deutet.

So gesehen passt das schon, wie auch die Fahrradstraßen und die Radwege-Benüt­zungspflicht. Da sollte man sich nicht immer nur an der Wiener Ringstraße orientieren. Dort wird es aus Verkehrssicherheitsgründen ziemlich sicher nicht gehen, dass die Radfahrer wieder auf die Ringstraße ausweichen, die ist ohnehin schon blockiert ge­nug. Aber es geht auch um Radwege wie zum Beispiel jenen rund um den Millstätter See, auf denen viele langsame Radfahrer unterwegs sind – Familien mit Kindern und Kinderwägen –, aber auch Radfahrer, die etwas sportlicher fahren wollen, und, und, und. Das alles macht also Sinn und ist gut so. Es gibt hier, wie gesagt, ein breites Maß an Konsens, wofür ich danke.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 73

Insgesamt, und das kommt nicht so oft vor, darf ich jetzt gleich drei unserer Abgeord­neten ein Stück weit vor den Vorhang bitten, weil es so etwas wie eine „Lex Huainigg“, eine „Lex Gahr“ und auch eine „Lex Schmuckenschlager“ gibt.

Die Lex Schmuckenschlager betrifft nicht die StVO sondern das Führerscheingesetz. Es geht um den Ihnen sicherlich nicht bekannten Traktorführerschein, der aber für manche in diesem Hohen Haus wichtig ist.

Die Lex Gahr betrifft die schon zitierten Hebammen. Dem Vorschlag kann ja sogar die FPÖ etwas abgewinnen. Es geht darum, dass sie, wenn sie amtieren und helfen, dann auch leichter parken können sollen. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Natürlich!)

Franz-Josef Huainigg wird selbst noch Stellung nehmen, aber er hat hier, wie üblich, wenn er Hand anlegt, exzellente Arbeit in Sachen besserer Zugang von Menschen mit Behinderung zu Parkausweisen geleistet. (Beifall bei der ÖVP.)

Herzlichen Dank in Richtung dieser drei Kollegen.

Wenn es dann einmal einen freiheitlichen oder einen sozialdemokratischen Abgeord­neten oder eine grüne Abgeordnete gibt, die sich so für etwas engagieren, bin ich der Erste, der dann auch Danke schön sagt.

Danke auch an das BMVIT und die Frau Ministerin. Der Teufel trägt ja bekanntlich nicht nur Prada, sondern steckt auch oft im Detail. Überall da war das BMVIT hilfreich, um zu einem Konsens zu kommen. Eine Fülle von Abänderungsanträgen und Ent­schließungsanträgen, die eine breite Zustimmung finden, ist ja auch ein guter Beweis dafür. – Das ist also ein gutes Paket, das auch den Weg in die Medien gefunden hat.

Last but not least: Ich gehe zwar nicht so weit, den Fahrradterroristen – Zitat FPÖ – Nummerntafeln umhängen zu wollen, das wäre zu viel des Guten, aber dass sie – ebenso wie die Autofahrer – während des Radfahrens nicht mit dem Handy telefonie­ren sollten, ist wohl auch unumstritten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.13


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Venier. – Bitte.

 


12.13.59

Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Einmal mehr zieht sich durch dieses verkehrspolitische Gesetzeswerk, in diesem Fall die 25. StVO-Novelle, ein Tenor der Feindseligkeit gegenüber dem motorisierten Individualverkehr. (Abg. Dr. Moser: Sie können ja nicht lesen!) Nicht nur, dass sich die Autofahrer künftig in sogenannten Begegnungszonen – alleine das Wort ist ja schon ein absoluter Wahnsinn und gewissermaßen an Naivität überhaupt nicht mehr zu über­bieten – mit einem Fuß ins Gefängnis begeben, weil Fußgänger und Radfahrer tun und lassen können, was sie wollen, nein, außerdem werden sie einmal mehr zu den Melk­kühen der Nation. (Abg. Dr. Moser: Wenn Sie wüssten, was Sie da für einen Schmarrn vorlesen!) Dabei geht es doch, gerade in puncto Geschwindigkeitsbeschränkungen und deren Überwachung, längst nicht mehr um die Verkehrssicherheit, sondern vielmehr um ein ganz simples, lukratives Geschäft. (Abg. Dr. Moser: Sie lesen ja nur Schmarrn vor!)

Die öffentliche Hand muss hier kassieren. Wir wissen, wie es vielen Gemeinden geht. Hier werden Tür und Tor geöffnet, damit auch die Gemeinden mitnaschen oder mehr mitnaschen können. Gerade auf den Gemeindestraßen wird dieses Mischverhältnis zwischen der angeblichen verkehrssicherheitstechnischen Notwendigkeit und der Ein­nahmenmaximierung richtig offenkundig.

Wir kennen das alle: In der 30er-Zone fährt man leicht einmal 37 km/h, in der 40er-Zone 48 km/h. Seien wir ehrlich: Das passiert jedem, das passiert relativ schnell. Ich


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glaube nicht, dass dies der Verkehrssicherheit massiv schadet. Auf der anderen Seite muss man aber sehen, wenn einmal 36 € hier, einmal 50 € da kassiert werden, dann ergibt das über das ganze Jahr gerechnet ein nettes Körberlgeld für die Gemeinden. Ich glaube aber nicht, dass dies die Grundlage der Verkehrspolitik sein sollte.

Dass allerdings diese Gemeinden unter einer Finanznot leiden und dringend Finanz­mittel brauchen, liegt ja nicht unbedingt immer an den Gemeinden selber, sondern zum Großteil natürlich an Bund und Ländern und am Finanzausgleich. Die Gemeinden wer­den, ganz besonders in ländlichen Regionen mit großer Fläche, hier einfach massiv benachteiligt. Ich sage nur: großer Investitionsbedarf in Infrastruktur, Leitungsbereich und so weiter. Vonseiten des Bundes, vonseiten der Länder sollte hier nicht die Devise sein, nur anzuschaffen, aber nichts zu bezahlen.

Es wäre, aus meiner Sicht, weitaus ehrlicher, den Gemeinden langfristig die Finanzie­rung der ihnen aufoktroyierten Aufgaben zu gewährleisten oder – noch besser – sie erst gar nicht mit diesen Aufgaben zu belasten, anstatt ihnen – das haben wir in letzter Zeit sehr oft – unter dem Deckmäntelchen fragwürdiger Möglichkeiten zu erlauben, in Form eines legalisierten Raubrittertums die Bürger und insbesondere die schon massiv belasteten Autofahrer des Individualverkehrs abzuzocken. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


12.17.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ja, es ist ein Gesamtwerk, das hier entstanden ist. Viele waren beteiligt. Jahre hat es gebraucht. Ich darf nur erinnern: Im Jahr 2008 brachte ich einen Antrag mit über 30 Punkten über die Reform der Straßen­verkehrsordnung ein, damit ein Miteinander erleichtert wird, damit Begegnungszonen eingerichtet werden, damit wir eine umweltverträgliche, menschengerechte, menschen­freundliche Verkehrspolitik auch in der Straßenverkehrsordnung verankern können.

Ich sage das deshalb so ausführlich, weil es ja darum geht, dass wir Mobilität und Verkehr als Gesamtgefüge, intermodal – wie Sie, Frau Ministerin, heute auch gesagt haben – verstehen. Wir müssen uns vor Augen halten, dass die Mehrheit der Men­schen in Österreich – weit über 50 Prozent – über kein Auto verfügt. Vor allem junge Menschen verzichten auf ein Auto oder halten es nicht mehr für notwendig. Sie wollen aber trotzdem den öffentlichen Raum als gleichberechtigte Partner benützen können. Dazu hat es eben, im Vorfeld dieses heutigen Beschlusses, intensiver Verhandlungen bedurft.

Thema eins: Traktorführerschein – das ist ja ein Kabarettstück. Ich will es jetzt nicht wiederholen, aber es gibt jetzt wieder die Möglichkeit – immer schon mit grüner Zustim­mung –, dass die Menschen im ländlichen Raum ihre landwirtschaftlichen Wege ohne dieses wesentliche – Papier darf ich nicht mehr sagen –, durchaus schweißverträgliche Kärtchen zurücklegen.

Es hat Jahre gedauert, bis wir das Radpaket auf einen gemeinsamen Nenner brachten. Ich war die einzige Abgeordnete – und das war für mich nicht einfach –, die wirklich an den Verhandlungen dieses Arbeitskreises, der, glaube ich, über drei Jahre hinweg ge­tagt hat und an dem über 30 Mitglieder aus 30 unterschiedlichen Organisationen mitge­wirkt haben, teilgenommen hat und die dort die Anliegen aus der politischen Perspek­tive einbringen durfte, sodass eine rege Fachdiskussion stattfinden konnte. Das war ein mühsamer Prozess, ein langwieriger Prozess, ein Geduld erfordernder Prozess. Mein Dank gilt vor allem den MitarbeiterInnen im Ministerium, die diesen Prozess vo­rantrieben, begleiteten und auch zu einem Ende führten. (Beifall bei den Grünen.)


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Das ist wirklich eine massive Arbeit gewesen, und da habe ich niemanden gesehen von der ÖVP, da habe ich niemanden gesehen von der FPÖ, da war auch niemand von der SPÖ dabei. Und dann zu sagen, das sei sozusagen ein Vassilakou-Paket?! – Na Mahlzeit. (Heiterkeit des Abg. Dr. Bartenstein. – Abg. Dr. Bartenstein: ist Ihre Parteifreundin!)

Also nehmen Sie teil, arbeiten Sie mit, dann werden Sie auch Ihre Ansicht ein bisschen ändern können und sich der Realität etwas nähern können! – Gut.

Wir haben auch mühsam verhandelt, um die Behindertenausweise auf ein neues recht­liches Standbein zu bringen. Das war auch mühsam. Und ich bedanke mich da auch bei allen Beteiligten, dass es zu einem Konsens kam – der allerdings Pferdefüße hat, das gebe ich schon zu: Wir haben keine Befristung. Und gerade der Missbrauch bei der Verwendung von Behindertenausweisen, was Parkraumbenützung anlangt, ist wirklich weit verbreitet. Ich erinnere daran nur mit einem Schlagwort: Fall Kapeller. Ich meine, das war hochnotpeinlich – und es wurden glücklicherweise die Konsequenzen gezogen –: missbräuchlicher Gebrauch eines Behindertenausweises eines Verstorbe­nen!

Und ich verstehe die Kommunen, ich verstehe den Städtebund, die sagen: Mit der jet­zigen Regelung, wo wir eine zentrale Verwaltung haben, ist zwar ein Fortschritt er­reicht, aber ohne Befristung haben wir als Kommunen, wir als Gemeinden die Schwie­rigkeiten im Vollzug. Wie können wir das kontrollieren?

Ich appelliere daher noch einmal an die Ministerin, den Entschließungsantrag, den wir jetzt gemeinsam beschließen werden, wirklich möglichst rasch umzusetzen und den Gemeinden vor Ort bessere Kontrollmöglichkeiten zur Hand zu geben. Denn: Jetzt sind mehr Menschen berechtigt, mehr haben einen derartigen Parkausweis, aber der Park­raum ist nicht mehr geworden, und die Kontrollbedingungen sind noch nicht optimal. Ich glaube, da spreche ich auch im Sinne meines Kollegen Huainigg, dass wir hier durchaus nachbessern sollten und dass die Entschließungsanträge nur eine sanfte An­näherung sind an das, was an sich notwendig ist.

Und zum Schluss noch zum Radpaket: Ich habe schon erwähnt, wie mühsam die Ver­handlungen waren, wie dringend es notwendig ist, und wir haben uns entschlossen, trotz der vielen Mängel, die aus unserer Sicht hier noch zu vermerken sind – es ist noch lange nicht so, dass RadfahrerInnen oder FußgängerInnen, obwohl sie die Mehr­heit darstellen, als gleichberechtigte Partner im öffentlichen Raum angesehen wer­den –, diesem Paket zuzustimmen.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Studie zu Vorrangregeln für Radfahrer/innen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, eine Stu­die zu den Vorrangregeln für Radfahrer/innen in der Praxis und möglichen Änderungen zu beauftragen.“

*****

Kollege Deimek hat gesagt, eine Studie ist nicht viel wert. Ich sage, eine Studie ist ein erster Schritt, sonst hätten wir überhaupt nichts. Und es geht um Sicherheit, um Ver-


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kehrssicherheit für die AutofahrerInnen und für die RadfahrerInnen. Dieser Auftrag hat also zwei Seiten. Deshalb bitte das nicht alles sozusagen als Radlerprivilegierungspro­gramm abzuqualifizieren, sondern als Fortschritt in einer Verkehrspolitik, die ja letztlich umweltpolitisch orientiert sein muss und menschengerecht sein soll. Menschenge­recht – ich denke da auch an Ihre Gesundheit: Steigen Sie doch öfter aufs Rad! Sie ha­ben weniger große Bäuche. – Danke schön. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Ab­geordneten Anton Heinzl, Dr. Marin Bartenstein und Dr. Gabriela Moser steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Dr. Gabriela Moser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Studie zu Vorrangregeln für Radfahrer/innen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 2: Bericht des Verkehrsausschusses (2119 d.B.) über die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle)

Seit Inkrafttreten der 19. StVO-Novelle im Jahr 1994 gilt für den Radfahrverkehr gemäß StVO §19 Abs. 6a „Nachrang beim Verlassen einer Radfahranlage“. Diese Logik weicht von den anderen Vorrangregeln ab, die daran anknüpfen, woher ein Fahrzeug kommt. So sollte in einer Studie untersucht werden, ob in der Praxis diese Regelung zu Un­klarheiten für die Radfahrer/innen, aber auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer/in­nen führt.

Im Rahmen dieser Studie wären daher allenfalls auch praxisgerechte, für alle Ver­kehrsteilnehmer/innen verständliche Vorrangregeln für Radfahrer/innen zu untersu­chen. Ebenso wären mögliche Regelungen für Radfahrer/innenüberfahrten sowie eine Lösung für Querungsstellen bei gemischten Geh- und Radwegen, die Vorteile für alle Verkehrsteilnehmer/innen bringt, zu untersuchen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, eine Stu­die zu den Vorrangregeln für Radfahrer/innen in der Praxis und möglichen Änderungen zu beauftragen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


12.23.27

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Es wurde über Radfahrstraßen und Begegnungszonen schon sehr viel berichtet. Tatsache ist, dass durch diese klaren Regeln für die Radfahrer auch mehr rechtliche Sicherheit für die Kraftfahrer geschaffen wird, obwohl wir über einen Teil dieses Entwurfs nicht sehr


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glücklich sind, und das ist jener, mit dem auch die Ausnahme von der Radwegebenüt­zungspflicht ermöglicht wird. Da steht:

Damit sollen gefährliche Situationen auf Radwegen entschärft werden, wenn es „die Si­cherheit und Flüssigkeit des Verkehrs erlauben“.

Wer beurteilt die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs? – Das ist wieder eine sub­jektive Beurteilung. Und wir wissen, manche Radfahrer glauben, sie haben Narrenfrei­heit; sie werden das eben so auslegen, dass die Sicherheit und die Flüssigkeit des Verkehrs gegeben sind, und dann wird es natürlich zu vielen rechtlichen Streitigkeiten kommen, weil dies eben eine sehr subjektive Beurteilung ist.

Etwas, das wir begrüßen, ist das Handytelefonierverbot während des Radfahrens – nicht nur, weil man zum Radfahren zwei Hände braucht, das wäre nicht das Problem, sondern weil mit dem Handytelefonieren meist auch die Aufmerksamkeit von der Stra­ße abgelenkt wird und es zu schweren Unfällen kommen kann. Hier hat auch der Kraft­fahrer mehr rechtliche Sicherheit, denn sollte ein Radfahrer mit dem Handy in der Hand vor ihm liegen, dann ist die rechtliche Situation klar.

Das Telefonieren, wie gesagt, vermindert nicht nur die Aufmerksamkeit, es kommt auch zu vermehrten Unfällen. Dass das Verbot schwer exekutierbar ist, ist keine Frage. Ei­nen Radfahrer zu identifizieren, ist nicht immer möglich, weil er einen Helm trägt und weil er meistens auch schneller weg ist. Aber allein das ausgesprochene Verbot wird einige daran hindern, während des Radfahrens ein Handy zu benutzen, weil ja dann doch eine Strafe möglich ist.

Wichtig für die Verkehrssicherheit ist bei allen Änderungen und allen neuen Verord­nungen aber der respektvolle Umgang der Verkehrsteilnehmer miteinander. (Beifall beim BZÖ.)

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


12.25.49

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde mich heute mit dem Behindertenausweis beschäftigen. Prin­zipiell ist es ja zu begrüßen, dass es hier eine Novelle gibt, dass es ein Ressort gibt – das Sozialministerium –, wo die Zuständigkeit angesiedelt ist, was die Vergabe der Be­hindertenausweise angeht. Natürlich bin ich vor allem für Transparenz und dafür, dass es leicht zu organisieren und auch leicht zu überprüfen ist, wer so einen Behinderten­ausweis bekommt.

Vorhin habe ich mit dem Kollegen Huainigg ausführlich darüber debattiert, wie wir das am besten angehen, wie das geregelt wird. Ich werde trotzdem den zwei Entschlie­ßungsanträgen zustimmen, dass der erste Schritt einmal darin bestehen soll, dass bis 2017 zumindest eine neue Regelung kommt. Die derzeitige ist nicht das Gelbe vom Ei, das wissen wir, vor allem wenn man bedenkt, dass immer noch 40 000 Ausweise in Umlauf sind. Es hat ja in diesem Zusammenhang ein unrühmliches Beispiel gegeben, nämlich bei der ÖVP – ich werde den Namen jetzt nicht nennen –, wo tatsächlich der Ausweis eines Toten verwendet wurde. So etwas ist schlimm, das gehört nicht ins Ho­he Haus.

Aus diesen Gründen haben wir uns die Gesetzeslage in Österreich angesehen und vor allem auch die Regelungen in anderen Ländern. In Deutschland ist es so, dass der Be­hindertenausweis nach fünf Jahren erneuert werden muss. Jetzt kann man natürlich sagen, es ist diskriminierend, wenn man sich alle fünf Jahre untersuchen lassen muss oder überprüfen lassen muss, ob man eine Verlängerung bekommt.

Deshalb mache ich das ein bisschen leichter und bringe dazu folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz und Hagen betreffend zeitliche Befristung der StVO-Be­hindertenausweise

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Verkehr, Infrastruktur und Technologie wird ersucht, im Ein­vernehmen mit dem Bundesminister für Soziales eine zeitliche Befristung für die Gültig­keit von StVO-Ausweisen vorzusehen.

*****

Warum ist das so? – Wir haben es ja vorhin gerade gehört, die Grünen haben es ange­sprochen, die Kollegin Moser hat es angesprochen. Ja, führen wir diese zeitliche Be­fristung der Ausweise ein! Befristen wir sie nicht auf fünf Jahre – das finde ich zu streng –, aber zumindest auf zehn Jahre! Finden wir also einen Kompromiss! Die FPÖ wird dann auch dafür sein, nehme ich an, dass man den Behindertenausweis zeitlich begrenzt – Kollege Deimek, du warst vorhin nicht da –, und vielleicht finden wir beim Regierungspartner ebenfalls Zustimmung.

Nur wenn man das klar regelt, wird es nicht mehr so sein, dass hier quasi missbräuch­lich agiert wird. Und da so eine große Zahl von Ausweisen in Umlauf ist – 40 000 –, ist es, finde ich, an der Zeit, dass man hier etwas macht. Ich freue mich diesbezüglich auf breite Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Stefan Markowitz, Christoph Hagen und Kollegen betreffend zeitli­che Befristung der StVO-Behindertenausweise

Eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über
die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsord­nung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle) sowie über den Antrag 1246/A(E) der Ab­geordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung ei­ner einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt für die Ausstel­lung eines Ausweises gemäß § 29b STVO (2119 d.B.)

Dass mit der vorliegenden Gesetzesnovelle die Zuständigkeit für die StVO-Behinder­tenausweise von den Bezirksverwaltungsbehörden auf das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen übergeht, wird von den Antragstellern jedenfalls begrüßt.

In Österreich ist damit jedoch weiterhin die illegale Verwendung von Ausweisen Ver­storbener zeitlich unbegrenzt möglich, da hier nicht von der Möglichkeit Gebrauch ge­macht wurde, eine Befristung vorzusehen. Laut Hochrechnung des Österreichischen Städtebundes werden österreichweit derzeit gut 40.000 Ausweise missbräuchlich ver­wendet. Die vorgesehene Novellierung unterlässt es, die Rechtslage der Empfehlung des Rates anzupassen und eine Befristung einzuführen.

Der wiederholt vonseiten des BMVIT vorgebrachten Ansicht, ein Ablaufdatum sei nur erforderlich, wenn die nationale Rechtsordnung eines vorsehe, was bei dauernder Be­hinderung nicht sachlich sei, ist entgegenzuhalten, dass beispielsweise in Deutschland


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der Ausweis bei „nichtverbesserungsfähigen Körperschäden“ höchstens fünf Jahre gilt, und das mit Ablaufdatum auf der Vorderseite, wie in der Ratsempfehlung vorgesehen. Dies dient ganz offensichtlich der Verhinderung einer Dauernutzung durch Dritte.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher den nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Infrastruktur und Technologie wird ersucht, im Ein­vernehmen mit dem Bundesminister für Soziales eine zeitliche Befristung für die Gültig­keit von StVO-Ausweisen vorzusehen“.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

 


12.28.27

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir heute eine Novelle zur Straßenverkehrsordnung diskutieren, mit der wir auch auf ein verän­dertes Verkehrsverhalten der Menschen eingehen und Rücksicht nehmen. Wenn wir erleben – und jeder, der sich im öffentlichen Raum bewegt, merkt das –, dass das Rad­fahren boomt, dann ist es gut, dass wir unsere gesetzlichen Regelungen überprüfen, ob diese auch noch im Einklang mit dem Verkehrsverhalten vieler Menschen in unse­rem Land sind.

Wir haben beim Radfahren eine Entwicklung, die Zahlen zeigen uns das. Sie zeigen, dass in den letzten fünf Jahren der Radverkehr um 40 Prozent gestiegen ist, dass wir uns – weil die Tendenz steigend ist – in die Richtung bewegen, dass es in Österreich doppelt so viele Fahrräder wie Autos gibt. Das ist eine positive Entwicklung, vor allem für jene, die Rad fahren, denn das ist gesund – darauf wurde schon hingewiesen –, aber es ist natürlich auch eine umweltfreundliche Mobilität.

Ich möchte gar nicht wissen, was für ein Verkehrschaos wir in Österreich hätten, wür­den diese Radfahrer alle in Autos sitzen. – Es ist also eine gute Form der Mobilität, sie ist gut für die Umwelt und sie ist gesund. Und daher freue ich mich, wenn wir heute mit einer breiten Zustimmung die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Radfahrerin­nen und Radfahrer verbessern.

Folgende zwei Dinge waren mir besonders wichtig: Das Erste ist, mehr Raum zu schaf­fen. Diese Diskussion halte ich deshalb für so wichtig, weil wir – wie sich jetzt auch ein bisschen gezeigt hat – alles unternehmen müssen, damit es im öffentlichen Raum nicht zu einem Gegeneinander kommt, nach dem Motto: Der Stärkere setzt sich durch, und der Schwächere bleibt auf der Strecke. Ich will, dass sich im öffentlichen Verkehr jeder Verkehrsteilnehmer und jede Verkehrsteilnehmerin rücksichtsvoll gegenüber den ande­ren verhält. Ich möchte nicht, dass sich der Autofahrer mit seinem Verhalten gegen den Radfahrer und der Radfahrer gegen den Fußgänger richtet, sondern dass man auch alle Anstrengungen unternimmt – mit Infrastruktur, mit baulichen Maßnahmen –, damit wir ein Miteinander im öffentlichen Raum haben.

Das Paket an Maßnahmen, das Sie heute beschließen werden, das ich vorgelegt habe und mit dem gesamten Team und dem Unterausschuss Radverkehr und unseren Ex­pertinnen und Experten sehr unterstütze, ist, glaube ich, ein gutes. Es schreibt nichts


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vor, sondern es gibt den Ländern, den Gemeinden, den Orten die Chance, die Mög­lichkeit, das Miteinander im öffentlichen Raum nach ihren Bedingungen und Verhältnis­sen besser zu organisieren. Sie können Begegnungsstraßen einführen, sie können Fahrradstraßen einführen, sie können die Radwegebenützungspflicht abändern. Das heißt, was wir tun, ist, jenen vor Ort schlicht und einfach mehr Möglichkeiten, mehr Chancen für ein besseres Miteinander zu geben.

Der zweite wichtige Punkt der Novelle in Bezug auf das Radfahrpaket ist für mich, wie bei allen Straßenverkehrsordnungs-Novellen, die Verkehrssicherheit. Deshalb mache ich kein Hehl daraus, dass ich zutiefst davon überzeugt bin, dass wir, wie beim Auto­fahren, auch beim Radfahren das Handytelefonieren verbieten. Es lenkt ab. Es funktio­niert nicht, denn man ist auch heute schon verpflichtet, mit einer Hand die Lenkstange zu halten und nicht freihändig durch die Gegend zu fahren. Und wenn man abbiegen will, weiß man, dass man blinken muss, daher ist das Telefonieren am Handy – eine dritte Hand haben wir nicht – sowieso nicht möglich. Daher ist es auch richtig, da Han­dytelefonieren ein Verkehrssicherheitsrisiko ist, zu sagen: Beim Autofahren ist das Han­dytelefonieren zu Recht verboten, und wir machen das beim Radfahren auch.

Ich bin auch sehr froh darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir das jetzt beschließen, dass wir da jetzt auch noch ein bisschen Druck gemacht haben. Mit 31. März soll das Gesetz in Kraft treten. Momentan glaubt man das nicht ganz, aber der Sommer kommt bestimmt, und damit kommt auch wieder die Radsaison, und damit können diese neuen Regelungen, die wirklich sehr positiv sind und in den letzten Wo­chen auch schon sehr positiv aufgenommen wurden, auch umgesetzt werden.

Mein Wunsch ist also ein friedliches Miteinander. Mein Wunsch ist, dass viele Men­schen Rad fahren und auch auf das Rad umsteigen.

Abschließend noch zwei Punkte, die auch über das Radfahrpaket hinaus angeschnit­ten wurden. Ich bedanke mich bei jenen – es waren vor allem Frauen und weibliche Abgeordnete dieses Hauses –, die mitgeholfen haben, damit das, was bei Ärzten selbstverständlich ist, nämlich dass ein Arzt im Dienst leichter parken darf, in Zukunft auch für Hebammen möglich ist, dass es für sie also eine Parkerleichterung gibt.

Ich bedanke mich bei allen Behindertensprechern dieses Hauses, die auch ganz inten­siv daran mitgewirkt haben, dass wir gerade für jene Menschen, die es hinsichtlich der Mobilität schwer haben, Erleichterungen schaffen werden, dass es in Zukunft nur mehr eine Behörde geben soll, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten vereinheitlicht wird und dass wir auch unnötige Untersuchungen ersparen wollen – und natürlich trotzdem gleichzeitig jeden Missbrauch unterbinden wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, das ist ein gutes Paket. Es ist auch ein Paket, das zeigt, dass wir der Realität ins Auge sehen und nicht vor Veränderungen in unserer Gesellschaft die Augen verschließen, sondern offensiv und positiv aufnehmen. Und, wie gesagt, ich hoffe für die nächste Radsaison auf mehr Raum, mehr Freiheit und mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


12.34.55

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Zwei Drittel der Österreicher und Österreicherinnen fahren bereits re­gelmäßig Rad. Es sind sieben Millionen Fahrräder, die bereits auf Österreichs Straßen unterwegs sind, und es wurde schon mehrfach erwähnt, dass der Radverkehr in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen hat. Ich finde diese Entwicklung aus den auch


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schon erwähnten umwelt- und gesundheitspolitischen Gründen sehr positiv. Das be­deutet aber auch, dass klar formulierte Regelungen für RadfahrerInnen im Straßenver­kehr notwendig sind, die vor allem darauf abzielen, dass den einzelnen Verkehrsteil­nehmerInnen genügend Raum gegeben wird, damit sie eben gut miteinander auskom­men können.

Auf die ansteigende Anzahl der RadteilnehmerInnen am Straßenverkehr wurde in den letzten Jahren schon mehrfach reagiert. Es gab die Einführung der Radhelmpflicht, die Verankerung des Rücksichtnahmegebots in der Straßenverkehrsordnung, die Förde­rung von Fahrradtrainings für Kinder und Senioren und so weiter.

Das vorliegende Fahrradpaket, das wir in der Straßenverkehrsordnung verankern wer­den, wird die Errichtung von Fahrradstraßen und Begegnungszonen ermöglichen, Aus­nahmen von der Radwegebenützungspflicht möglich machen und die Rechtslage der RadfahrerInnen beim Handytelefonieren an jene der AutofahrerInnen angleichen. Und ab 31. März sollen dafür Strafen von 50 €, wie beim Autofahren ohne Freisprechan­lage, auch umgesetzt werden.

Dieses Gesetz zielt wie das Rücksichtnahmegebot darauf ab, dass auf die schwächs­ten Mitglieder im Straßenverkehr Rücksicht genommen wird. Es geht um mehr Sicher­heit und insgesamt auch um die Reduzierung von Verkehrsunfällen, denn jedes Unfall­opfer ist eines zu viel. Allein im Jahr 2011 hat es in Österreich 42 getötete Radfahre­rInnen gegeben. Das ist eindeutig zu viel, und dem soll diese Novelle auch entgegen­wirken.

Positiv erwähnen möchte ich auch noch, dass die Novelle eine Parkerleichterung für Hebammen bringen wird, die dann auch, ähnlich Ärzten im Dienst, vor allem bei Haus­besuchen oder bei Hausgeburten eine langwierige Parkplatzsuche ersparen soll. – Dan­ke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Dr. Moser.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


12.37.49

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Was, glauben Sie, ist dem Österreicher und der Österreicherin das wertvollste Papier? Die Geburtsurkunde, die Heiratsurkunde, der Reisepass? In den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, es ist der Behindertenparkausweis – ein sehr begehrtes und ein sehr gefragtes Dokument.

Wir haben in den letzten Monaten mit meiner Kollegin Ulrike Königsberger-Ludwig, Be­hindertensprecherin der SPÖ, sehr viele Gespräche mit BehindertenvertreterInnen ge­führt. Wir haben auch die Länder angeschrieben, wir haben mit VertreterInnen disku­tiert. Wir haben, glaube ich, ein Paket zusammengebracht, das Verbesserungen für be­hinderte Menschen bringt, aber auch den Missbrauch besser in den Griff bekommt und generell sehr gut ist.

Ich möchte das ein wenig näher ausführen. Der erste Pluspunkt ist die Entbürokrati­sierung. Statt der vielen Bezirkshauptmannschaften ist nunmehr nur noch das Bundes­sozialamt zuständig, das die Behindertenparkausweise ausgibt. Bisher war es eine Schikane für behinderte Menschen, da sie zweimal zu einer amtsärztlichen Untersu­chung mussten, um feststellen zu lassen, ob sie öffentliche Verkehrsmittel benutzen können, einmal für den Behindertenpass und einmal für den Parkausweis. In Zukunft wird es nur mehr eine Untersuchung brauchen. Das ist ein wesentlicher Wegfall dieser Schikane.

Der Bezugskreis für die Parkausweise wird ausgeweitet, damit nicht nur Rollstuhlfahrer einen bekommen können, sondern generell Personen, die eine Mobilitätseinschrän-


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kung haben. Das ist auch gerechtfertigt, vor allem für blinde Menschen, die oft das Pro­blem hatten, dass sie von einem Lenker irgendwo hingebracht wurden, dann alleine ausgestiegen sind, vielleicht an einem gefährlichen Ort, während der Lenker versucht hat, irgendwo einen Parkplatz zu bekommen. Es ist ein Gebot der Verkehrssicherheit, dass auch blinde Menschen einen Behindertenparkausweis bekommen.

Ein sehr großer Punkt in der Diskussion war die Missbrauchsfrage, die Kollegin Moser angesprochen hat. Ich glaube, viele kennen Geschichten wie: Ich habe jetzt einen Parkplatz bekommen, kann zeitlich unbegrenzt parken, ohne Gebühren zu zahlen, ich habe einen Behindertenparkausweis von der Oma, weil sie ja im Altersheim ist. – Mei­ne Damen und Herren, Missbrauch ist kein Kavaliersdelikt, auch nicht beim Parken, auch der Missbrauch eines Behindertenparkausweises nicht.

Es gibt zwei Maßnahmen, die jetzt getroffen werden. Zum einen laufen die alten Park­ausweise aus, sie werden Ende 2015 ungültig, und zum anderen kommen nur mehr neue Parkausweise, die persönlich gekennzeichnet sind mit einem Foto und mit dem Autokennzeichen. Somit hat das Bundessozialamt einen besseren Überblick über den Bezieherkreis, personenbezogen, und wird bei Versterben von Amts wegen veranlas­sen, dass der Ausweis an die Behörde zurückzustellen ist. Ich denke, das ist insge­samt ein sehr gutes Paket.

Ich möchte noch einen Entschließungsantrag einbringen, um die Erfolge, um die Aus­wirkungen zu evaluieren.

Da ich den Entschließungsantrag nicht selbst vorlesen kann, weil ich nicht sehr gut se­he – ein Abgeordneter, der nicht lesen kann –, wird meine parlamentarische Mitarbeite­rin, Frau Evelyn Pammer, ihn nun vorlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinderung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, die Auswirkungen der Ausstellung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung durch das Bundessozialamt und die Kooperation mit den Städten und Gemeinden bei der Verbesserung der Parkraumbewirtschaftung für mobilitätseingeschränkte Men­schen zu evaluieren. Dabei ist insbesondere auf die Maßnahmen zur Vermeidung von missbräuchlicher Verwendung des Parkausweises Bedacht zu nehmen. Die Evaluie­rung soll einen mindestens dreijährigen Beobachtungszeitraum nach Inkrafttreten der 25. StVO-Novelle umfassen und daher bis Ende 2017 durchgeführt werden.“

*****

Es freut mich, dass fast alle Parlamentsparteien mitstimmen werden. Ich wünsche gute Fahrt und gutes Parken. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen, BZÖ und Team Stronach.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 83

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinderung

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 2: Bericht des Verkehrsausschusses (2119 d.B.) über die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle)

Aufgrund des eingeschränkten Parkraums für Menschen mit Behinderung ist es erfor­derlich, den gesetzeskonformen Einsatz der entsprechenden Parkberechtigungen zu beobachten und die diesbezüglich gesetzten Maßnahmen auf ihre Effektivität zu über­prüfen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, die Auswirkungen der Ausstellung von Parkausweisen für Menschen mit Behinderung durch das Bundessozialamt und die Kooperation mit den Städten und Gemeinden bei der Verbesserung der Parkraumbewirtschaftung für mobilitätseingeschränkte Men­schen zu evaluieren. Dabei ist insbesondere auf die Maßnahmen zur Vermeidung von missbräuchlicher Verwendung des Parkausweises Bedacht zu nehmen. Die Evaluie­rung soll einen mindestens dreijährigen Beobachtungszeitraum nach Inkrafttreten der 25. StVO-Novelle umfassen und daher bis Ende 2017 durchgeführt werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


12.45.36

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Danke, Herr Kollege Huainigg, für diese sehr schönen Schlussworte: Gute Fahrt!

Herr Kollege Deimek, in Bezug auf Ihre Ausführungen möchte ich sagen, wir könnten das alles ein bisschen positiver sehen, und ich komme auch gleich zu diesem Ent­schließungsantrag, den Sie angesprochen haben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anbringungshöhe von Straßenverkehrszeichen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Inter­esse von blinden und sehbehinderten Menschen den § 48 StVO hinsichtlich der An­bringungshöhe von Straßenverkehrszeichen zu überprüfen und allenfalls Vorschläge für eine angepasste Mindesthöhe einem Begutachtungsverfahren zuzuleiten.“

*****


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Sie, Herr Kollege Deimek, haben nicht viel Gutes daran gelassen, ich sehe sehr viel Gutes, Kollege Huainigg auch.

Ich habe sehr wenig Redezeit, deshalb muss ich mich ganz kurz halten. Es sind sehr viele positive Punkte in diesem gesamten Konglomerat.

Entbürokratisierung – von Dr. Huainigg auch angesprochen worden –: Immer wieder trommeln die Oppositionsparteien, einmal die einen und einmal die anderen, manch­mal miteinander, dass keine Entbürokratisierung stattfindet. Das ist heute ein Beispiel dafür, dass das auch gelingt; zwar kein großes, aber wenn ich mich an gestern erinne­re, da wurde auch einiges beschlossen, und somit hat diese Regierung insgesamt sehr viel zuwege gebracht. Das wird von Ihnen natürlich immer totgeschwiegen, deshalb müssen wir es immer wieder sagen.

Zum Fahrradpaket, Herr Kollege Deimek: Tourismus ist doch auch für die FPÖ etwas Wichtiges. Wenn wir Impulse für die Radfahrer setzen und wenn wir auch selbst mehr Rad fahren, dann ist das nicht nur gesund für uns, für die Bevölkerung, sondern dann ist das – da gehen wir vielleicht konform – auch ein weiterer Punkt für Tourismusimpul­se. In Lienz zum Beispiel – Kollegin Moser weiß das sicher – haben wir bereits einen Radverkehrsanteil von 37 Prozent. Also das ist nicht nichts, das ist insgesamt sehr, sehr wichtig.

Wenn ich mir anschaue, was Herr Kollege Venier zu den Begegnungszonen gesagt hat, dann muss ich ihm als Bürgermeister, aber natürlich auch als Nationalrat vehe­mentest widersprechen. Mit der Begegnungszone wird eine Lücke zwischen Wohnstra­ßen und Fußgängerzonen geschlossen. Es war natürlich nicht alles umsetzbar, was für eine Reduktion der Geschwindigkeit notwendig wäre, aber es hat einerseits Geschwin­digkeitsreduktionen gegeben und andererseits diesen Lückenschluss Begegnungszo­nen. Das ist sicher nicht nur für den städtischen Bereich, sondern auch für ländliche Gemeinden wichtig. Als Bürgermeister möchte ich sagen, in meiner Heimatgemeinde – Gemeindezentrum, vis-à-vis die Kirche, Gott sei Dank, ein belebter Platz und sehr, sehr viel Verkehr, was sich nicht mehr ändern lässt – wäre eine Begegnungszone sicher sehr gut. Ebenso könnte ich mir das bei vielen anderen Bereichen auch vor­stellen.

„Abzocke“ ist gesagt worden. Dem muss ich als Bürgermeister auch widersprechen. Abzocke, das ist ein völliger Blödsinn. Viele Bürgerinnen und Bürger beklagen sich da­rüber, dass sehr viele Geschwindigkeitsübertretungen stattfinden. Bei uns im Dorf – im bewohnten Gebiet! – wird mit 95 und mehr Stundenkilometern gefahren. Was soll man da anderes machen? Da muss man natürlich auch strafen.

Insgesamt, möchte ich sagen, sehr viele positive Impulse. – Danke schön, Frau Minis­ter. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anbringungshöhe von Straßenverkehrszeichen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 2: Bericht des Verkehrsausschusses (2119 d.B.) über die Regierungsvorlage (2109 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrs­ordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 85

§ 48 Abs. 5 StVO normiert für seitlich der Fahrbahn angebrachte Verkehrszeichen eine Mindest-Anbringungshöhe von 60 cm über dem Fahrbahnniveau. Verkehrszeichen ste­hen allerdings oft auf einem entlang der Fahrbahn verlaufenden Gehsteig oder Rad­weg. In Folge dessen kann es zu Verletzungen bei blinden und sehbehinderten Fuß­gängern, aber auch bei Radfahrern kommen.

Solchen Unfällen könnte durch die verbindliche Festlegung einer größeren Mindest-An­bringungshöhe auf Gehsteigen, Geh- und Radwegen grundsätzlich vorgebeugt wer­den. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass die lokalen straßenbaulichen Voraus­setzungen sehr unterschiedlich sein können – insbesondere liegt die Gehsteigober­fläche manchmal deutlich höher als das Fahrbahnniveau – und nicht nur die kör­perliche Unversehrtheit der Fußgänger und Radfahrer, sondern auch die gute Erkenn­barkeit der Verkehrszeichen durch die Kraftfahrer gewahrt sein muss. Eine genauere Überprüfung der Problemlage und allenfalls die Ausarbeitung einer differenzierteren Regelung sind daher anzustreben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Inter­esse von blinden und sehbehinderten Menschen den § 48 StVO hinsichtlich der An­bringungshöhe von Straßenverkehrszeichen zu überprüfen und allenfalls Vorschläge für eine angepasste Mindesthöhe einem Begutachtungsverfahren zuzuleiten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


12.50.03

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich an die positiven State­ments meines Kollegen Auer anschließen, sowohl was den Radfahrbereich betrifft, aber auch die Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen. Dass vor allem die Punkte Behindertenausweis und Parkausweis jetzt einer vernünftigen Regelung zuge­führt werden, das ist schon seit vielen Jahren von den verschiedensten Behinderten­verbänden gefordert worden. Sie stehen dieser Regelung auch absolut positiv gegen­über.

Ich möchte mich dafür auch bei den Behindertensprechern sehr herzlich bedanken. Herr Kollege Bartenstein, ich glaube, das ist nicht nur eine „Lex Huainigg“, sondern ich möchte sagen, auch eine „Lex Königsberger-Ludwig“ (Beifall bei der SPÖ), die sich sehr massiv eingebracht hat in diese unzähligen Gespräche, Expertenrunden und so weiter. Ich denke, das ist für alle gemeinsam eine tolle Sache, die dabei herausgekom­men ist.

Selbstverständlich nehmen wir auch die Bedenken und die Anmerkungen, die vonsei­ten des Städte- und Gemeindebundes gekommen sind, sehr ernst. Wir werden die Ge­spräche bezüglich der Datenübermittlung und des Datenaustausches auch noch inten­sivieren, um den Missbrauch wirklich besser kontrollieren und abstellen zu können. Aber bei diesem Gesetz geht es keineswegs darum, den Missbrauch zu regeln, denn der Missbrauch ist ohnehin ein Strafdelikt, das entsprechend verfolgt werden sollte, sondern darum, eine bundeseinheitliche Lösung für Menschen mit Behinderungen zu finden. Und das ist mit diesem Gesetz, glaube ich, wirklich gelungen. (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 86

Ein Wort noch zu den Regelungen im Radfahrverkehr. Auch ich darf dir sagen, lieber Kollege Venier, wenn du meinst, dass die Gemeinden die Abzocker der Nation sind, die nur neue Gesetze beschließen, um noch mehr Geld hereinzubekommen, dann bist du auf dem falschen Weg. Begegnungszonen sind etwas absolut Positives und sollen die Gleichberechtigung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer in den Mittelpunkt stel­len. Es geht nicht darum, dass die Gemeinden da abzocken. Ich kann dir sagen, es be­steht zwar die Möglichkeit für Gemeinden, Radarmessungen durchzuführen, aber ich kann dir versichern, mehr als 90 Prozent aller Gemeinden werden diese sicherlich nicht in Anspruch nehmen, denn wir werden unsere Bürger sicherlich nicht abzocken. Dafür sind andere da. Wir vertrauen auf die Vernunft der Verkehrsteilnehmerinnen und Ver­kehrsteilnehmer, dass sie sich ordentlich verhalten, so wie es die Straßenverkehrsord­nung vorgibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


12.52.53

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte auf die Ausführungen des Kollegen Barten­stein betreffend das Mitführen des Traktorführerscheins zurückkommen. Das Mitführen des Traktorführerscheins ist ein altes Anliegen, das ich im Verkehrsausschuss mehr­fach eingebracht habe. Die ÖVP hat sich gewunden – wie kann man das also so dar­stellen, dass das, wie Kollege Bartenstein das heute vorgebracht hat, ein ÖVP-Abge­ordneter durchgesetzt hat? –, ohne wirklich Gründe dafür zu haben, das Ganze auf die lange Bank zu schieben. Ich weiß nicht, was daran so kompliziert ist, ob man einen Führerschein in der Tasche oder im Traktor mitführen muss oder nicht, dass man da lange evaluieren muss, und so weiter. Aber sie hat es dann doch geschafft. – Das nur, damit die Zuschauer einmal wissen, wie hier im Parlament in den Ausschüssen ge­arbeitet wird, nämlich dass hier bewusst verzögert wird, damit man es sich dann auf die eigenen Fahnen schreiben kann. Das muss man auch einmal klarstellen. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir werden trotzdem zustimmen, weil es eine alte Forderung von mir ist, ganz klar. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Jetzt darfst halt du, Kollege Schmuckenschlager, die Federn tragen, aber es passt gut. (Abg. Grosz: Zur Sache!) – Das ist zur Sache, Herr Grosz! Herr Grosz spricht leider in vielen Bereichen nicht zur Sache, ich rede zur Sa­che. (Abg. Grosz: Aber zum falschen Tagesordnungspunkt!)

Der nächste Punkt: das Radfahrpaket. Das Radfahrpaket ist in vielen Bereichen so in Ordnung, wie es ist. Das Handytelefonieren auf dem Fahrrad zum Beispiel ist äußerst gefährlich, die Unfallgefahr steigt ungemein. Deshalb muss man Maßnahmen setzen, um das zu unterbinden und auch gut unterbinden zu können. Dieser Punkt also ist in Ordnung.

Allerdings habe ich schon etwas Bauchweh, wenn es jetzt heißt: wenn es der Verkehr zulässt. – Das ist immer eine Abwägungssache. Wann besteht keine Gefahr, wann lässt es der Verkehr wirklich zu, dass man nicht den Radweg benützt? Ich möchte auch darauf hinweisen, dass man in vielen Bereichen um sehr viel Geld extra Rad- und Gehwege baut, die dann auch benützt werden sollen. Im Übrigen gibt es zivilisierte Radfahrer, aber auch Rad-Rowdys, das muss man auch einmal ganz klar sagen, und die schießen dann auf der Straße herum, gefährden nicht nur sich selbst, sondern den gesamten Straßenverkehr, vom Fußgänger angefangen bis zum Autofahrer, der viel­leicht eine Vollbremsung machen muss und in eine gefährliche Situation kommt.

Ich finde diese Regelung nicht wirklich so gut. Ich kann zwar die Intention von Frau Kollegin Moser, die mit ihrem Drahtesel durch die Gegend reitet, gut verstehen, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 87

sie natürlich möglichst viel Freiheit haben möchte, und ich nehme an, sie ist eine zivili­sierte Drahteselreiterin, aber das ist leider nicht bei allen so.

Stellen Sie sich folgende Situation vor – das ist Ihnen als Autofahrer sicher auch schon einmal passiert –: Sie fahren mit dem Auto, schlechte Sicht, Sie kommen zu einem die­ser gemeinsamen Rad- und Fußgängerübergänge, es regnet, es ist dunkel, die Bedin­gungen sind nicht optimal, und dann kommt ein Radfahrer, schwarz gekleidet, Sie neh­men in kaum wahr, und der schießt dann quer über die Straße rüber. Bei einer Voll­bremsung ist klar, dass das Auto hinter Ihnen auf Ihres draufdonnert, weil der Fahrer zu wenig Abstand hält, was auch verständlich ist, was man ihm nicht einmal übel neh­men kann, denn wer rechnet schon damit, dass ein Radfahrer aus einer dunklen Gas­se quer über die Straße schießt.

Das sind schon gefährliche Situationen, die meiner Ansicht nach sehr stark geahndet gehören. Wenn man nur Radfahrer-Rechte schafft, dann beschneidet man die Rechte des Autofahrers und er ist immer der Lackierte. Das Problem ist immer, dass der Au­tofahrer zu 99,9 Prozent eine Teilschuld auferlegt bekommt, und das sollte man auch einmal berücksichtigen – bei allem Verständnis für den Schutz des schwächeren Ver­kehrsteilnehmers. Die Frage ist auch, wer der schwächere Verkehrsteilnehmer ist, wenn ein Radfahrer gegen einen Fußgänger donnert; auch das gibt es. Da müsste man sicher noch einiges im Gesetz ändern und die Radfahrer-Rechte nicht nur nach oben schrauben, sondern auch einmal die anderen Verkehrsteilnehmer vor Radfahr-Rowdys schützen. Das wäre ein wichtiger Punkt.

Nichtsdestotrotz werden wir den meisten Anträgen zustimmen, ausgenommen jenem, den Frau Moser eingebracht hat. Ich finde es nicht zielführend, dass man wegen Han­dytelefonierens ins Vormerksystem kommt. Das ist etwas überzogen, dem werden wir nicht zustimmen. (Beifall beim Team Stronach.)

12.57

12.57.17

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend 25. StVO-Novelle in 2119 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dipl.-Ing. Dei­mek vor.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung be­troffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung er­forderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordne­ten fest. Wir kommen zunächst zur getrennten Abstimmung über die Ziffern 4 bis 9, 11, 21, 30 und 31a in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes zustim­men, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte auch hier um Ihre Zustimmung. Es ist Zweidrittelmehrheit erforderlich. – Das ist mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 88

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, so bitte ich um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich stelle ausdrücklich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2119 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinde­rung.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenom­men. (E 287.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinzl, Dr. Barten­stein, Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studie zu Vorrangregeln für Radfahrer/innen.

Wer diesem Entschließungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 284.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitliche Befristung der StVO-Behin­dertenausweise.

Wer diesem Entschließungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ab­gelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Königsberger-Ludwig, Dr. Huainigg, Dr. Moser, Markowitz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Parkausweise für Menschen mit Behinderung.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen. (E 285.)

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Königsberger-Ludwig, Dr. Huainigg, Dr. Moser, Markowitz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anbringungshöhe von Straßenverkehrszeichen.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen. (E 286.)

Es folgt die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Verkehrsausschus­ses, seinen Bericht 2120 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 2121 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

13.00.595. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1799 d.B.): Bun­desgesetz über die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern (IVS-Gesetz – IVS-G) (2122 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (2108 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (2123 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 89

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1986 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG und das Kraftfahrliniengesetz – KflG ge­ändert werden (2124 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1985 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führer­scheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, über den

Antrag 2089/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz geändert wird, über den

Antrag 1683/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird, und über den

Antrag 2169/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Änderung der praxisfremden Bestimmungen im Führerscheinge­setz (2125 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 5 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Kollegin.

 


13.02.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass auch die Hebammen jetzt or­dentliche Parkmöglichkeiten haben. Sie haben leider das Parlament, glaube ich, schon verlassen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Nun geht es aber bei diesem Tagesordnungspunkt um die Umsetzung einer EU-Richt­linie. Wir werden dieser Umsetzung zustimmen, möchten aber ganz kritisch anmerken, dass aus unserer Sicht die Bedeutung und die Wichtigkeit dieses Anliegens wirklich überstrapaziert sind, dass die Industrieinteressen für die Verkehrstelematik teilweise zu sehr im Vordergrund stehen und dass es – und das ist immer wieder zu bemerken – sehr lange gedauert hat, Frau Ministerin, bis Sie diese Richtlinie auch umgesetzt ha­ben, bis das in Kraft treten kann.

Wir wollen diese Tagesordnungspunkte auch zum Anlass nehmen, um zu kritisieren, dass bei der Erweiterung der Tätigkeit des BMVIT im Zusammenhang mit dieser Richt­linie womöglich wieder ein Geschäftsführerposten notwendig wird.

Aber lassen Sie mich noch positiv schließen. Ich bin glücklich und froh, dass jetzt mo­derne Triebwägen für den Nahverkehrsbereich angeschafft werden, vor allem auch für die S-Bahn-Garnituren in Wien. Ich hoffe, dass die fahrgastorientierte Konzeption des Desiro von den ÖBB noch entsprechend nachverhandelt wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ha­berzettl zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 90

13.04.03

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Sehr verehrte Damen und Herren! Das Bundesgesetz, mit dem das Güterbe­förderungsgesetz 1995, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 und das Kraftfahrli­niengesetz geändert werden, 1986 der Beilagen, in Kurzform: Es ist eine Heranführung der österreichischen Gesetzgebung an die europäischen Vorgaben beziehungsweise an das europäische Recht. Behandelt werden darin insbesondere die Zuverlässigkeit und die finanzielle Leistungsfähigkeit sowie fachliche Eignung von Verkehrsunterneh­mungen im Bereich der Kraftfahrlinien und der Güterbeförderung. Was aus sicherheits­technischer Perspektive als ganz besonders wichtig erscheint: Es geht auch um die Festlegung von arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen und Aufzeichnungspflichten für selbständige Kraftfahrer. Das ist der berühmte Bäckermeister, der seine Kipferl selbst ausliefert. Die werden hier auch kontrolliert. Zur Kontrolle ermächtigt werden die Behör­den in der Bezirkshauptmannschaft sein.

Ich habe aber zu diesem Gesetzesantrag, um die restlose Heranführung an die euro­päische Rechtsansicht sicherzustellen, folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl und Dr. Martin Bartenstein

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungs­gesetz 1995, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 und das Kraftfahrliniengesetz ge­ändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (2124 d.B.) wird wie folgt ge­ändert:

1. Nach Art. 1 Z 12 wird folgende Z 12a eingefügt:

„12a. Nach § 17 wird folgender § 18 eingefügt:

,§ 18. Die Bestimmungen der §§ 12 bis 17 finden auf die Beförderung von Postsendun­gen keine Anwendung.‘“

2. Art. 1 Z 22 lautet:

„22. In § 26 wird nach Abs. 8 folgender neuer Abs. 9 angefügt:

‚(9) Natürliche Personen, denen vor dem 4. Dezember 2011 eine Konzession gemäß § 5 erteilt wurde, gelten als Verkehrsleiter im Sinne des Artikels 4 Verordnung (EG) Nr. 1071/09. Ist in einem Unternehmen die Bestellung eines gewerberechtlichen Ge­schäftsführers gemäß § 39 GewO 1994 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset­zes, in der Fassung BGBl. I Nr. /2013, von der Behörde bescheidmäßig genehmigt worden, so gilt jedenfalls dieser als Verkehrsleiter. Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes keinen Verkehrsleiter benannt haben, müssen in­nerhalb eines Monats einen Verkehrsleiter benennen.‘“

3. Art. 2 Z 25 lautet:

„25. An § 19 wird folgender neuer Abs. 6 angefügt:

,(6) Natürliche Personen, denen vor dem 4. Dezember 2011 eine Konzession gemäß § 5 erteilt wurde, gelten als Verkehrsleiter im Sinne des Artikels 4 Verordnung (EG) Nr. 1071/09. Ist in einem Unternehmen die Bestellung eines gewerberechtlichen Ge­schäftsführers gemäß § 39 GewO 1994 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Geset­zes, in der Fassung BGBl. I Nr. /2013, von der Behörde bescheidmäßig genehmigt worden, so gilt jedenfalls dieser als Verkehrsleiter. Unternehmen, die zum Zeitpunkt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 91

des Inkrafttretens dieses Gesetzes keinen Verkehrsleiter benannt haben, müssen in­nerhalb eines Monats einen Verkehrsleiter benennen.‘“

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungs­gesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG und das Kraftfahrliniengesetz – KflG geändert werden (1986 d.B.), in der Fassung des Aus­schussberichtes ((2124 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungs­gesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG und das Kraftfahrliniengesetz – KflG geändert werden (1986 d.B.) in der Fassung des Aus­schussberichtes (2124 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Nach Art. 1 Z 12 wird folgende Z 12a eingefügt:

„12a. Nach § 17 wird folgender § 18 eingefügt:

‚§ 18. Die Bestimmungen der §§ 12 bis 17 finden auf die Beförderung von Postsendun­gen keine Anwendung.‘“

2. Art. 1 Z 22 lautet:

„22. In § 26 wird nach Abs. 8 folgender neuer Abs. 9 angefügt:

‚(9) Natürliche Personen, denen vor dem 4. Dezember 2011 eine Konzession gemäß § 5 erteilt wurde, gelten als Verkehrsleiter im Sinne des Artikels 4 Verordnung (EG) Nr. 1071/09. Ist in einem Unternehmen die Bestellung eines gewerberechtlichen Ge­schäftsführers gemäß § 39 GewO 1994 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge­setzes, in der Fassung BGBl. I Nr. /2013, von der Behörde bescheidmäßig geneh­migt worden, so gilt jedenfalls dieser als Verkehrsleiter. Unternehmen, die zum Zeit­punkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes keinen Verkehrsleiter benannt haben, müs­sen innerhalb eines Monats einen Verkehrsleiter benennen.‘“

3. Art. 2 Z 25 lautet:

„25. An § 19 wird folgender neuer Abs. 6 angefügt:

‚(6) Natürliche Personen, denen vor dem 4. Dezember 2011 eine Konzession gemäß § 5 erteilt wurde, gelten als Verkehrsleiter im Sinne des Artikels 4 Verordnung (EG) Nr. 1071/09. Ist in einem Unternehmen die Bestellung eines gewerberechtlichen Ge­schäftsführers gemäß § 39 GewO 1994 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge­setzes, in der Fassung BGBl. I Nr. /2013, von der Behörde bescheidmäßig geneh­migt worden, so gilt jedenfalls dieser als Verkehrsleiter. Unternehmen, die zum Zeit­punkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes keinen Verkehrsleiter benannt haben, müs­sen innerhalb eines Monats einen Verkehrsleiter benennen.‘“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 92

Begründung

Zu Z 1 (§ 18 GütbefG):

Während die Beförderung von Postsendungen durch die Post bisher generell von der Konzessionspflicht ausgenommen war und somit de facto nicht dem Güterbeförde­rungsgesetz unterlag, ist dies nach der neuen Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 nicht mehr möglich (s. dazu auch Art. 1 Z 4 der Regierungsvorlage). Die Bestimmungen der §§ 12 bis 17 GütbefG haben allerdings keine EU-rechtliche Grundlage. Während es für die Beförderung von Postsendungen ohnehin die gültigen Posttarife gibt und daher eine Festlegung durch den Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe nicht op­portun wäre, sind die Voraus-setzungen des § 17 durch die Post aus praktischen Grün­den nicht zu erfüllen. Es soll daher ausdrücklich die Beförderung von Postsendungen von diesen Bestimmungen ausgenommen werden.

Zu Z 2 (§ 26 Abs. 9 GütbefG) und Z 3 (§ 19 Abs. 6 GelverkG):

Da die Regierungsvorlage noch von einer Kundmachung der Novelle im Jahr 2012 ausging, waren die beiden Bestimmungen insofern anzupassen, als das Jahr 2013 als Erscheinungsjahr des Bundesgesetzblattes, mit dem die Kundmachung erfolgen wird, einzusetzen war.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.08.27

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Änderung im Führerscheingesetz haben wir nun endlich eine Lösung herbeigeführt, die wieder praxistauglich ist. Wir ha­ben hier Gott sei Dank eine breite Zustimmung. Ich möchte mich sowohl beim Regie­rungspartner als auch bei den Oppositionsparteien im Namen der gesamten Bevölke­rungsgruppe der Bäuerinnen und Bauern und all der Herrschaften, die Traktoren im ländlichen Raum führen, dafür bedanken, dass es hier auch eine breite Zustimmung gibt, dass man ein Gesetz wieder praxistauglich gemacht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht zur näheren Erläuterung: Hier geht es nicht darum, dass man ohne Führer­schein irgendwo hinfahren darf. Hier geht es nur um die Mitnahmepflicht des Führer­scheins und darum, dass diese Mitnahme nicht notwendig ist, wenn man im Umkreis seines bewirtschafteten Hofes mit einem Traktor fährt. Das Ziel bei der Führerschein­mitnahmepflicht ist ja, dass man die Identität des Fahrzeuglenkers feststellen kann, und das fällt in dem Bereich, der relativ überschaubar ist, meistens weg. Das lässt sich relativ einfach darstellen. Daher war diese Regelung nicht praxistauglich. Man hat das wieder zurückgenommen, und ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Schritt, das ist eine Vereinfachung für die Bürgerinnen und Bürger. Hier haben wir wieder einmal Verwal­tung abbauen können.

Ein weiterer Punkt im Verkehrsausschuss war auch eine Ausschussfeststellung bezüg­lich der Radarüberwachung auf Gemeindestraßen. Es ist den österreichischen Ge­meinden schon lange ein Anliegen, auf den Straßen selbst Radarüberwachungen durchzuführen, um die Verkehrssicherheit vor allem im örtlichen Gebiet sicherzustellen. Hier haben wir eine Feststellung getroffen, dass die Bundesministerin und das Bundes­ministerium für Verkehr mit den Ländern, die ja die Kompetenz in diesem Bereich ha­ben, kooperieren, einen Gesetzesvorschlag dem Verkehrsausschuss zuleiten, damit wir hier taugliche Gesetzestexte bekommen, damit wir hier so rasch wie möglich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 93

Rechtsnormen schaffen können, die es den Gemeinden ermöglichen, Radarüberwa­chungen auf Gemeindestraßen punktuell im Sinne der Verkehrssicherheit unserer Bür­ger durchzuführen.

Ich glaube, wenn wir hier ganz im Geiste der Praxistauglichkeit agieren und relativ rasch eine Lösung haben, ist es im Dienste aller, der Gemeinden, der Bürger und letzt­endlich auch unseres Hohen Hauses. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. 6 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.11.01

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nur ganz kurz eine Stellungnahme zum Führerscheingesetz, weil das so ausführlich debat­tiert worden ist: Herr Kollege Bartenstein, ich muss dir recht geben, das ist nicht das größte Problem der Landwirtschaft. Diese Debatte über den Bauernführerschein ist ei­gentlich fast ein Kabarett. So viel Energie in so ein Projekt hineinzustecken – das wäre woanders wesentlich angebrachter. Ich gebe euch da vollkommen recht. Mir tut der Kollege Schmuckenschlager fast leid, dass er als Einziger hier herausgehen und er­klären muss, was da passiert ist. Keiner von den honorigen Bauernbundfunktionären hat den Mut, hier herzugehen und sich einfach dafür zu entschuldigen, dass da im vo­rigen Jahr ein Fehler passiert ist. (Abg. Mag. Gaßner: Der Schmuckenschlager ist auch vom Bauernbund!) Euch ist im vorigen Jahr einfach ein Fehler passiert. Da braucht man nichts zu rechtfertigen, sondern muss das einfach zugeben und es än­dern. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich möchte nur auf etwas verweisen: Wir haben ja – das wisst ihr – im vorigen Jahr ei­nen diesbezüglichen Antrag gestellt. Es wurde dazu eine namentliche Abstimmung ver­langt. Alle Vertreter der Regierungsparteien haben dagegen gestimmt. Der Antrag zum Bauernführerschein, der heute von ÖVP und SPÖ eingebracht wurde und zur Ab­stimmung kommt, der ist nicht anders. Er ist sogar wortidentisch! Nicht ein Beistrich, nicht eine Silbe ist anders. Ich möchte nur vorlesen, was ihr in der „BauernZeitung“ (Abg. Dr. Bartenstein: Gut Ding braucht Weile!) – gut Ding braucht echt Weile – über den Antrag geschrieben habt, den wir im Vorjahr eingebracht haben, der wortidentisch mit eurem heurigen war. Also das, was wir gemacht haben mit unserem Antrag, war laut Bauernbundzeitung „ein reines Politspektakel für die Galerie, wie sich sofort he­raus stellte.“

Und weiters: „Denn dieser Antrag hätte nicht das Gesetz geändert, sondern die Regie­rung aufgefordert, ein Gesetz zu ändern“, was an und für sich schon ein Anflug von geistiger Umnachtung des Redakteurs gewesen sein muss. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Der ist ja vom Bauernbund! Der kann nix dafür!) Aber jetzt einen wortidentischen An­trag einzubringen und im Vorjahr unseren Antrag, der gleich gelautet hat, so zu be­schreiben, also das entbehrt wirklich jeglicher Logik. Das muss man sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte noch ergänzen, ich glaube euch nur bedingt, dass es überlesen worden ist. Ihr schreibt in den Erläuterungen, das war so gut versteckt und die böse SPÖ hat das hineingeschummelt. Das mag vielleicht stimmen. Aber eines gebe ich auch zu beden­ken: Es sind zehn Bauernbund-Abgeordnete da, die das betrifft. Es sind neun Landes-Landwirtschaftsreferenten in den Bundesländern, die das alle durchlesen können, die das prüfen können. Es sind alle neun Landwirtschaftskammerpräsidenten – und in den Landwirtschaftskammern sind alle ÖVPler (Abg. Grosz: So viele Verwandte! – Zwi­schenruf der Abg. Dr. Moser) –, die dieses Gesetz zur Durchsicht bekommen haben. Niemandem soll es aufgefallen sein? Also ganz glaubwürdig ist das nicht. (Abg. Jakob


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 94

Auer: Euch auch nicht! Lies dir die Diskussion durch!) – Bitte, Jakob Auer, du kannst dich danach melden, das ist für mich kein Problem! (Zwischenrufe der Abgeordneten Jakob Auer und Hornek.) Du kannst ja herausgehen.

Du hast einen wortidentischen Antrag, den gleichen wie unserer vom Vorjahr, einge­bracht und gesagt, der Bauernbund arbeitet intensiv an einer Lösung – die genauso aussieht wie die, die wir vor einem Jahr eingebracht haben. (Abg. Jakob Auer: Stimmt nicht!) – Wortidentisch, auf das weise ich genau hin. Wortidentisch! (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) – Ja, dann werde ich das noch einmal vorlesen. Es ist vollkommen gleich.

Auch wenn ihr dem eine so große Bedeutung beimesst, unserer Ansicht nach ist das größte Problem der Landwirtschaft nicht die Mitnahmepflicht des Führerscheins. Wir haben ein Gesetz im Vorjahr beantragt. Ihr habt ein Jahr gebraucht, um unseren An­trag abzuschreiben und jetzt einzubringen. Wir freuen uns, dass es diese Änderung und diese Erleichterung für die Bauern jetzt wieder gibt. Die Vorgangsweise, die ihr ge­wählt habt, ist allerdings sehr, sehr eigenwillig.

Mich würde noch interessieren – das habe ich den Kollegen Gaßner schon gefragt –, was denn das Gegengeschäft für diesen genialen Coup war, für diese Reparatur des Führerscheingesetzes. (Abg. Jakob Auer: Wahre Freunde!) Vielleicht, Herr Kollege Gaßner, kommst du dann heraus und wirst uns erklären, was die SPÖ dafür bekom­men hat, dass sie jetzt dem Bauernbund hier aus der Patsche hilft (Abg. Jakob Auer: Den Bauern haben wir geholfen, nicht dem Bauernbund!) und die Reparatur dieses Gesetzes endlich vorangetrieben hat. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.15.02

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ja, im Juli 2011 hatten die Regierungsparteien, also SPÖ und ÖVP, eine richtige Schnapsidee. In einer Änderung des Führerscheingesetzes strichen sie die Sonderre­gelung, dass Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahrenden Arbeitsma­schinen auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als zehn Kilometern vom dauernden Standort des Fahrzeuges keinen Führerschein und keine Lenkerberechtigung mitfüh­ren müssen.

Herr Kollege Schmuckenschlager! Sie sollten sich dafür bei den Bauern und Bäuerin­nen nicht bedanken, sondern für diesen verbockten Antrag entschuldigen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Neubauer.)

Es wurde nicht nur von uns, sondern auch von den Bauern als reine Schikane emp­funden. Warum? – Ganz einfach: Es ist leicht, den Lenker eines Traktors ausfindig zu machen, es ist nicht anzunehmen, dass ein Bauer nach einem Unfall mit seinem Trak­tor, vielleicht sogar mit dem Mähwerk oder Pflug, Fahrerflucht begehen wird. Die Zei­ten, in denen ein Bauer mit dem Traktor zum Gasthaus gefahren ist, sind auch schon lange vorbei. (Abg. Mag. Gaßner: Für zehn Kilometer ins Gasthaus braucht man kei­nen Führerschein!) Nebenbei gesagt gibt es in den Traktoren nicht einmal Vorrichtun­gen, wo man den Führerschein positionieren kann.

Im Oktober 2011 haben wir einen Antrag eingebracht, um diese Änderung zurückzu­nehmen. Dieser wurde in den Ausschüssen des Öfteren vertagt. Und jetzt, nach einer Schrecksekunde von einem Jahr, hat die ÖVP, wie der Kollege Jannach schon gesagt hat, einen Antrag – identisch mit jenem von der Oppositionspartei – eingebracht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 95

Interessant ist die Begründung für den Antrag, und zwar steht da: Der Entfall der Son­derregelung „hat sich als unpraktikabel erwiesen“. – Als wenn man das nicht schon vorher gewusst hätte, dass das auf Deutsch gesagt ein Blödsinn ist.

Es ist eine richtig billige Ausrede für diesen verbockten Antrag. Aber sei es, wie es sei: Die Bauern werden zufrieden sein, wir sind zufrieden, und die ÖVP hat einen weiteren Beweis für das parteiinterne Chaos abgeliefert. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.17.22

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Zum Traktorführerschein habe ich vorher schon auf den Herrn Bartenstein repliziert, darum möchte ich mich mit etwas anderem beschäftigen. Die EU-Richtlinie, die hier zur Umsetzung vorliegt, ist begrüßenswert. Es geht um eine Verbesserung von Verkehrs- und Verspätungsinformationen. Das ist also eine positive Sache, die wir hier sicher unterstützen werden. Alles, was dem Bürger hilft, etwas ein­facher zu machen, etwas besser planen zu können, ist begrüßenswert. Die arbeits­zeitrechtlichen Kontrollen stellen für mich auch eine Verbesserung dar und sind des­halb positiv zu bewerten.

Jetzt möchte ich noch auf ein Thema eingehen, da ich da die Chance nützen werde, der Frau Bundesminister etwas unter die Arme zu greifen. (Abg. Grosz: Vorsicht! – Abg. Jakob Auer: Das will sie aber nicht!) Es ist vorhin schon angesprochen worden: Auf meinen Antrag betreffend den Traktorenführerschein hat die ÖVP dann später, nach einem Jahr, reagiert. Das ist positiv. Und jetzt hoffe ich, dass es nicht so lange dauern wird bei dem Antrag, den ich Ihnen jetzt präsentiere.

Ich habe vor einigen Tagen, beziehungsweise ist es schon fast einen Monat her, ein E-Mail eines besorgten Bürgers aus Salzburg bekommen. Der hat mir geschrieben, dass er mit den Kindern auf dem Weihnachtsmarkt war und dann mit dem Taxi heimfahren wollte. Und, wie es so vorgeschrieben ist, beim Taxi ist es nicht notwendig, einen Kin­dersitz beziehungsweise eine Erhöhung, damit der Sicherheitsgurt beim Kind gut sitzt, mitzuführen. Das ist eigentlich unverständlich. Wir tun ja alles, damit die Kinder ge­schützt sind und bei einem etwaigen Unfall möglichst ohne Schaden davonkommen. Warum ist das jetzt beim Taxi nicht notwendig? Das ist eigentlich unverständlich.

Als ich dieses Mail gelesen habe, habe ich mir gedacht, da muss ich sofort einen An­trag machen und der Frau Bundesminister helfen. Es ist nicht einzusehen, dass beim Taxi das nicht mitgeführt werden muss. Wir wissen alle, wie gefährlich es ist, wenn ein Kind den Gurt um den Hals hat, weil es zu klein für den Sitz ist. Es gibt auch rigorose Strafen im Straßenverkehr für einen privaten Fahrzeuglenker. Warum ist das beim Taxi nicht notwendig?

Deswegen möchte ich jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Markowitz, Tadler, Kollegin und Kollegen betreffend Sitzer­höhungen für Kinder bei Taxifahrten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Infrastruktur und Technologie wird aufgefordert, mit einer Gesetzesnovelle dafür Sorge zu tragen, dass Taxis Sitzerhöhungen für den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 96

Transport von Kindern mitführen, damit die Sicherheitsgurte zumindest bei größeren Kindern über die Brust geführt werden können, ohne am Hals anzuliegen.“

*****

Frau Minister, ich glaube, das ist eine vernünftige Sache. Ich erwarte mir auch im Sin­ne der Vernunft und nicht der Parteipolitik, dass hier im Nationalrat alle Fraktionen die­sem Antrag zustimmen. Es geht um die Sicherheit von Kindern, und die kann nicht ge­nug geschützt werden. (Beifall beim Team Stronach.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hagen, Markowitz, Tadler, Kollegin und Kollegen betreffend Sitzer­höhungen für Kinder bei Taxifahrten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1985 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, über den Antrag 2089/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Johannes Schmuckenschla­ger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz geändert wird, über den Antrag 1683/A der Abgeordneten Harald Jan­nach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über den Führerschein (Führerscheingesetz - FSG) geändert wird sowie über den Antrag 2169/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der praxisfremden Bestimmungen im Führerscheingesetz (2125 d.B.)

Eltern müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Kinder im Auto angeschnallt sind bzw. bis zu einer Größe von 150 cm einen entsprechenden Kindersitz verwenden. Ab einer Kör­pergröße von 135 cm darf ausnahmsweise ein höhenverstellbarer Dreipunktgurt ohne Kindersitzpolster benützt werden, wenn sichergestellt ist, dass der Gurt nicht über den Hals des Kindes verläuft. Der Verstoß gegen die Kindersicherungspflicht hat eine Geld­strafe und eine Eintragung in das Führerschein-Vormerksystem zur Folge.

Im Vergleich zu privaten Fahrzeuglenkern und Eltern sind Taxis nicht verpflichtet für Kinder Kindersitze oder Sitzerhöhungen bereitzustellen. Kindergerechte Taxis können in einigen Gebieten zwar bestellt werden, die Wartezeiten sind jedoch lange und ins­besondere im Fall eines raschen Transportes, z.B. zum Arzt oder beim Versäumen des Schulbusses nicht in Kauf zu nehmen.

Für den Transport von Kindern in Taxis wäre daher zumindest die verpflichtende Mit­nahme einer Sitzerhöhung für Taxis ein erster Schritt zu mehr Kinder-Verkehrssicher­heit.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Infrastruktur und Technologie wird aufgefordert, mit einer Gesetzesnovelle dafür Sorge zu tragen, dass Taxis Sitzerhöhungen für den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 97

Transport von Kindern mitführen, damit die Sicherheitsgurte zumindest bei größeren Kindern über die Brust geführt werden können, ohne am Hals anzuliegen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Bundesministerin Bures hat sich zu Wort ge­meldet. – Bitte. (Abg. Hagen schüttelt Bundesministerin Bures die Hand. – Bundesmi­nisterin Bures in Richtung des zum Rednerpult gehenden Abg. Keck –: Entschuldi­gen Sie, Herr Abgeordneter Keck! – Ruf bei der ÖVP: Dietmar, lass dir Zeit! – Abg. Keck: Ich wollte nur kontrollieren, ob er ihr nicht wirklich unter die Arme greift!)

 


13.21.04

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hagen, ich bin sehr froh darüber, dass Sie eine so breite Debatte mit derartig vielen gesetzlichen Ver­änderungen, die heute zur Beschlussfassung vorliegen, ein wenig skizziert haben. Wir haben das so von einem kleinen Detail, nämlich der Frage der Mitführpflicht eines Füh­rerscheins, wieder ein bisschen auf die Ebene gebracht, was es tatsächlich ist.

Ich war ja auch lange genug Abgeordnete, ich weiß deshalb, dass das ein politisches Geplänkel ist und dass man so etwas nützt. Aber es ist manchmal viel einfacher, als man denkt.

Ich habe grundsätzlich die Vorstellung, dass wir einheitliche Regelungen mit relativ we­nigen Ausnahmen haben sollten. Das war eine solche Ausnahme. Im Zuge der Ver­änderung nachher habe ich die Information bekommen, dass es für eine ganz kleine Gruppe an Menschen eine ganz große Bedeutung hat, dass es diese Mitführpflicht bis zu gewissen Kilometergrenzen nicht gibt. Es ist nicht mehr oder weniger geschehen, als dass man wieder zur alten Lösung zurückgekehrt ist. Ich glaube aber, dass man damit jetzt nicht alle anderen Themen, die Sie heute beschließen und die so wichtig sind, überlagern sollte. Das halte ich für eine Übertreibung.

Ich möchte daher in aller Kürze auf diese Palette weiterer Mosaiksteine hinweisen, die zur Beschlussfassung vorliegen. Bei jedem dieser Punkte geht es wieder um eine Er­höhung der Verkehrssicherheit auf unseren Straßen.

Das Erste würde man augenscheinlich nicht glauben, aber wenn wir ein Rahmenge­setz beschließen, das die Einführung intelligenter Verkehrssysteme betrifft, dann hat das auch sehr viel mit Verkehrssicherheit zu tun. Internationale Experten sagen, dass wir durch einen umfassenden Einsatz von intelligenten Verkehrssystemen 30 Prozent der Todesfälle im Straßenverkehr verhindern können. Das zeigt, dass solche Techno­logien tatsächlich das Potential haben, Menschenleben zu retten.

Darüber hinaus ist mit der Umsetzung dieser Richtlinie zum Einsatz intelligenter Ver­kehrstechnologien insgesamt eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik verbunden. Wir können einem wachsenden Mobilitätsbedürfnis der Menschen umweltfreundlicher und effizienter begegnen, wenn das, was wir heute schon sehr lange diskutiert haben, um­gesetzt wird. Punkt eins: Wir müssen natürlich den öffentlichen Verkehr ausbauen. Punkt zwei: Wir sollen aber auch Verkehrssysteme einsetzen, die für mehr Umweltver­träglichkeit und Sicherheit sorgen.

Zweitens, zur Änderung im Bundesstraßengesetz: Auch dieses Gesetz hat damit zu tun, dass unsere Verkehrspolitik davon ausgeht, dass Verknüpfungen verschiedener Verkehrsträger, intermodaler Verkehr, die Mobilität der Zukunft sein werden. Wir wer­den daher im Bundesstraßengesetz die leichtere Anbindung und Verknüpfung zwi­schen Schiene, Luft, Wasser und Straßennetz ermöglichen. Das führt zu einer Verkür-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 98

zung der Transportwege und ist daher aus wirklich vielen guten Gründen eine positive Veränderung.

Drittens: Güterbeförderungsgesetz, Gelegenheitsverkehrs-Gesetz und Kraftfahrlinien­gesetz. Das ist eine Sammelnovelle mit der Substanz, dem ganz wichtigen Punkt, dass es um die Arbeitszeiten von Kraftfahrern und Buslenkern geht. In Zukunft wird es auch für selbständige Kraftfahrer die gleichen maximalen wöchentlichen Arbeitszeiten wie für unselbständige Lenkerinnen und Lenker von Bussen und Lkw geben. Übermüdung bei Lkw-Fahrern ist eines der großen Unfallrisiken. Da macht es keinen Unterschied, ob der Lenker oder die Lenkerin selbständig oder unselbständig ist. Daher ist es gut, wenn wir die gleichen arbeitsrechtlichen Regelungen für beide – unabhängig davon, welches Dienstverhältnis sie haben, ob selbständig oder unselbständig – einführen.

Viertens: die KFG-Novelle und das Führerscheingesetz. Auch das knüpft an verbesser­te arbeitsrechtliche Regelungen an. Ich habe das in der Fragestunde schon erwähnt, wir werden schärfere Maßnahmen bei Manipulationen von Kontrollgeräten vornehmen. Wir werden im Bereich der Verkehrssicherheit zum Beispiel die Winterreifenpflicht für Microcars einführen.

Ein ganz wesentlicher Punkt ist auch, dass wir einige Verwaltungsvereinfachungen vor­nehmen werden. Das ist, was Sparmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung betrifft, gut. Das ist aber auch für jene, die die Verwaltung in Anspruch nehmen, für die Bürge­rinnen und Bürger, positiv – ob das die Begutachtungsplakettendatenbank betrifft, ob es Vereinfachungen bei der Zweitausfertigung eines Zulassungsscheins sind oder ob wir Vereinfachungen und Deregulierungen im Bereich der Fahrschulen vornehmen.

Es ist ein umfassendes Paket, das heute beschlossen wird. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit und vor allem für die Vorbereitung der Umsetzung durch die Be­amtinnen und Beamten meines Hauses. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


13.27.11

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Die 31. Kraftfahr­gesetz-Novelle und die 15. Führerscheingesetz-Novelle sind beide von hohem Praxis­bezug und von Vereinfachungen geprägt. Landwirte – wir haben es schon einige Male gehört – sollen ihren Führerschein zu Hause lassen können, wenn sie ihre Arbeit mit dem Traktor und mit einer landwirtschaftlichen Arbeitsmaschine verrichten.

Aber ich denke, noch viel positiver sind alle Änderungen, die die Fahrschulen betreffen. Dadurch erreichen wir wirklich bei allen Beteiligten eine Win-win-Situation. Künftig müssen Änderungen bei den Fahrschulfahrzeugen nicht mehr behördlich genehmigt werden. Auch die Prüfungswiederholung bei den Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern wird großzügiger gestaltet. Die L17-Tafeln müssen nicht mehr bei der Behörde abgeholt werden, das geht auch mit der Beantragung bei den Fahrschulen.

Ein Führerscheinkurs der Klasse B kostet heute 1 000 € und mehr, das ist ein kleines Vermögen für einen Jugendlichen. Diese Verwaltungsverschlankungen können zur Kostensenkung für unsere Jugendlichen führen. Ein Führerschein ist ja heute schon Pflicht für jeden Berufstätigen. Es ist nicht einzusehen, warum diese Pflichtausbildung, denn nichts anderes ist das, so teuer sein muss. Es ist alles zu begrüßen, was sie kos­tengünstiger macht.

Gleichzeitig wird mit der Führerscheingesetz-Novelle aber auch die Qualität der Ausbil­dung erhöht. Die Behörde hat nun mehr Möglichkeiten bei den Fahrschulinspektionen. Es ist auch notwendig, dass das geprüft wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 99

Das oberste Ziel unserer Frau Verkehrsminister ist die Hebung der Verkehrssicherheit. Daher möchte ich an dieser Stelle noch die gesetzliche Verankerung der sogenannten Begegnungszonen im Zuge der heutigen Kraftfahrgesetz-Novelle erwähnen.

Wir ändern aber auch das Bundesstraßengesetz 1971.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971 geändert wird (2108 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2123 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971 geändert wird (2108 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2123 d.B.) wird wie folgt geändert:

Die bisherige Novellierungsanordnung erhält die Ziffernbezeichnung „1.“; folgende Z 2 und 3 werden angefügt:

„2. In § 26 Abs. 1 wird der Ausdruck ,Abs. 3‘ durch den Ausdruck ,Abs. 2 bis 4‘ ersetzt.

3. In § 26 erhält Abs. 4 die Absatzbezeichnung ,(5)‘; folgender neuer Abs. 4 wird einge­fügt:

,(4) Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) kann Zu- und Abfahrten zu und von militä­risch genutzten Liegenschaften des Bundesheeres zu militärischen Zwecken erlauben, sofern sichergestellt ist, dass für die Verkehrssicherheit auf der Bundesstraße keine Nachteile zu erwarten sind. Der dem Bund (Bundesstraßenverwaltung) dadurch entste­hende Aufwand ist abzugelten.‘“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971 geändert wird (2108 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2123 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenge­setz 1971 geändert wird (2108 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (2123 d.B.) wird wie folgt geändert:

Die bisherige Novellierungsanordnung erhält die Ziffernbezeichnung „1.“; folgende Z 2 und 3 werden angefügt:

„2. In § 26 Abs. 1 wird der Ausdruck „Abs. 3“ durch den Ausdruck „Abs. 2 bis 4“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 100

3. In § 26 erhält Abs. 4 die Absatzbezeichnung „(5)“; folgender neuer Abs. 4 wird ein­gefügt:

„(4) Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) kann Zu- und Abfahrten zu und von militä­risch genutzten Liegenschaften des Bundesheeres zu militärischen Zwecken erlauben, sofern sichergestellt ist, dass für die Verkehrssicherheit auf der Bundesstraße keine Nachteile zu erwarten sind. Der dem Bund (Bundesstraßenverwaltung) dadurch entste­hende Aufwand ist abzugelten.““

Begründung

Zu § 26 Abs. 4:

Durch diese Regelung soll ermöglicht werden, den durch militärisch genutzte Liegen­schaften des Bundesheeres verursachten Militärverkehr direkt dem höherrangigen Straßennetz zuzuführen, wodurch unnötige Umwege vermieden werden und das nie­derrangige Straßennetz entlastet wird. Dadurch sollen Einsparungen bei den Treib­stoffkosten für das Bundesheer, eine Senkung des Schadstoffausstoßes sowie eine Verringerung der Lärmbeeinträchtigung für Anrainer erreicht werden.

Bei der Ausbildung der Zu- und Abfahrten ist sicherzustellen, dass geeignete Verzöge­rungs- und Beschleunigungsstreifen errichtet werden und dass bei der Benützung der Zu- und Abfahrten durch Heeresfahrzeuge der erste Fahrstreifen nicht überragt wird.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.30.33

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch für die Wirtschaft ist das ein wesentlicher Punkt, gerade im Güterbeförderungsgewerbe.

Wir halten uns in Europa alle an dieselben Verkehrsregeln. Deshalb sollten wir uns auch an einheitliche Regeln für den Marktzugang halten. Ich denke, das ist ein wesent­licher Punkt. Denn es ist weder zeitgemäß noch ökonomisch sinnvoll oder wirtschafts­freundlich, wenn in einem Land andere Regeln für die Güterbeförderung gelten als im Nachbarland. Zur Schaffung einer erfolgreichen gemeinsamen Verkehrspolitik in Euro­pa gehört daher auch die Aufstellung gemeinsamer Regeln für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Denn Infrastruktur ist Standortpolitik und für die Unternehmerinnen und Unternehmer natürlich ganz wichtig.

Wenn wir uns die Verkehrsleistungen der Europäischen Union anschauen, dann sehen wir, dass Prognosen zufolge bereits bis zum Jahr 2050 der Güterverkehr um rund 80 Prozent und der Personenverkehr um rund 50 Prozent steigen werden. Österreich hat dabei eine große Chance, sich als Logistikdrehscheibe in Europa zu positionieren. Das ist wiederum wichtig für den Standort, denn das bedeutet Arbeitsplätze, Wachstum und Wertschöpfung für unser Land. Die Voraussetzung dafür ist allerdings eine wirt­schaftsfreundliche Verkehrsinfrastruktur.

Die Schaffung einer gemeinsamen Verkehrspolitik erfordert die Beseitigung aller Be­schränkungen und bürokratischen Hindernisse, die mit der Staatsangehörigkeit eines Dienstleistungserbringers zusammenhängen. Mit dem Güterbeförderungsgesetz legen wir einen Grundstein für die Beseitigung dieser bürokratischen Hürden. Viel Bürokratie ist schlecht für den Standort. Deshalb ist es jetzt so wichtig, dass wir mit diesem neuen Gesetz einen wesentlichen Beitrag zu mehr Wettbewerbsfähigkeit leisten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 101

Natürlich haben wir ein kleines Problem. Um wirtschaftlich attraktiv zu bleiben, brau­chen wir natürlich die besten Rahmenbedingungen. Jetzt haben wir bei den ÖBB, bei der Rail Cargo das Problem, dass ein Trend weg von der Schiene hin zur Straße be­merkbar ist. Wir kennen natürlich alle die wirtschaftliche Situation und wissen, dass es einen radikalen und längst fälligen Sparkurs bei der Rail Cargo gibt, der auch notwen­dig ist. Aber gerade die Unternehmerinnen und Unternehmer klagen darüber, dass seit 2011 das Angebot sukzessive gekürzt und gestrafft wird. Die Folge ist ein schleichen­der Rückzug der ÖBB aus einem ihrer Kerngeschäfte. Der Anteil des Schienengüter­verkehrs ist in den letzten Jahren gesunken und wird bald unter die 30-Prozent-Marke fallen. Das hat natürlich umwelt-, verkehrs- und vor allem wirtschaftspolitische Auswir­kungen. Frau Minister! Ich ersuche Sie, dass wir gemeinsam nach einer Lösung su­chen, denn es ist wirklich ganz wichtig, dass gerade der Schienengüterverkehr in Ös­terreich weiterhin gewährleistet werden kann und so einen wesentlichen Beitrag für die österreichische Wirtschaft leistet.

Wir sind also gefordert, drei essenzielle Lücken zu schließen. Erstens: attraktive, vo­rausschauende Rahmenbedingungen für eine zuverlässige Infrastruktur. Zweitens: Verbindung mit einer nachhaltigen Ansiedlungspolitik. Drittens: eine Steigerung der Mobilität durch eine flächendeckende Versorgung für Unternehmen. Das konkrete Ge­setzesvorhaben legt die gemeinsamen Regeln dafür fest. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek zu Wort gemeldet. 4 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.34.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ja, diesem Gesamtpaket aus dem Verkehrsressort können wir in Summe zustimmen. Erlauben Sie mir aber noch einige Bemerkungen zu verschiede­nen Paketen.

Es ist natürlich gut, dass bei den intelligenten Verkehrssystemen die Sicherheit geho­ben wird; die Frau Bundesminister hat das schon erwähnt. Wir glauben aber auch, dass es trotzdem gut ist, dass die Nutzung der Reisedaten und vor allem des Fracht­managements verbessert werden. Es ist eine Chance, dass das verbessert wird, ge­nauso wie die multimodalen Reiseinformationsdienste. Das Ganze ist nicht nur ein Si­cherheitspaket, sondern es ist auch ein Servicepaket und vereinfacht für den Kunden die ganze Vorgangsweise. Was man bedenken müssen wird, ist, dass das Ganze nicht gratis ist. Das kostet etwas. Daher ist zu bedenken, wie man das Ganze am Ende des Tages von der Kostenseite her umlegt.

Zum Bundesstraßengesetz: Die intermodale Verknüpfung ist sehr stark zu unterstrei­chen, und wir gehen da auch voll mit. Was die Umsetzungen in den Bereichen der Gü­terbeförderungsgesetze und des Gelegenheitsverkehrsgesetzes betrifft, hat sich Kolle­ge Haberzettl schon im Detail damit befasst. Auch da gehen wir mit.

Ich möchte aber zum Führerscheingesetz noch ein paar Anmerkungen machen: Uns ist es besonders wichtig, dass es weitere grenzüberschreitende Verfolgungen geben wird und dass vor allem der Austausch der Daten beziehungsweise der Informationen über Delikte, die dahinter stehen, erleichtert wird. Das ist es auch, warum wir das voll unterstützen. Das ist grundsätzlich ein Problem, und zwar was den Führerschein als solchen betrifft, aber natürlich auch im Bereich der Strafverfolgung. Das ist im EU-Raum nicht leicht, obwohl wir eigentlich von einem gemeinsamen Wirtschaftsraum sprechen.

Erlauben Sie mir ein paar Worte zu bereits gehaltenen Reden zum Führerscheinge­setz: Aus der vereinigten Bauernecke konnte man – ich glaube, es war Kollege Auer –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 102

in Richtung des Kollegen Jannach hören: Matschger nicht, stimm lieber zu! – Ja, das glaube ich schon. Das ist die landwirtschaftliche Variante des ÖVP-Generalthemas: „Hände falten, Goschn halten!“ (Beifall bei der FPÖ.) Bitte beachten Sie, wir sind die Freiheitlichen. Auch wenn das bei Ihnen das Haus- und Hofthema ist, bei uns schaut das noch anders aus.

Ich bin mir sicher, dass nicht nur die Bauernbundfunktionäre, sondern vor allem auch die Wirtschaftsbundfunktionäre mit derselben Vehemenz wie jetzt den Bauernführer­schein in Zukunft auch den Bauarbeiterführerschein unterstützen werden, damit auch die Bauarbeiter, sagen wir im Umkreis von fünf Kilometern rund um die Baustelle, in den verschiedenen Fahrzeugen den Führerschein nicht dabei haben müssen. Ich bin mir sicher, das werden Sie unterstützen. (Abg. Dr. Moser: Ärzteführerschein!)

Erlauben Sie mir auch noch ein paar Worte zum Cargo-Bereich, den Kollege Haubner angesprochen hat. Wir kommen mit langsam voranschreitender Liberalisierung schön langsam dorthin, dass die Bahn sagt: Wir sind ein gewinnorientiertes Unternehmen. Ob das so im Eisenbahngesetz drinnen steht, weiß ich nicht. Ich glaube eher nicht. Aber wenn die Bahn sagt, dass sie ein gewinnorientiertes Unternehmen ist, dann wird sie Sachen, die nicht gewinnorientiert zu erfüllen sind, streichen.

Das heißt, die öffentliche Hand – der Bund, die Länder, wer auch immer – wird da ein­schreiten müssen. Ich warne aber davor, dass man dann wieder hergeht und sagt: Ist eh klar, schon wieder eine Subvention an die Bahn! Da sollte man dann sagen: Okay, das ist eine Leistung, die der Staat will, dann wird er sie auch bezahlen müssen. Es ist ja nicht zwingend vorgeschrieben, dass das bei den ÖBB sein muss. Das kann ja auch bei einem anderen Unternehmen sein. Gerade im Cargo-Bereich gibt es sehr viele, die das machen können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.38.12

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Intelligente Verkehrssysteme sind zukunftsorientiert. Ich denke, dass das einmal eine vernünftige Richtlinie der EU ist.

Die Leistungsfähigkeit der Verkehrssysteme ist wichtig für den Wirtschaftsstandort – egal, ob das in Österreich oder im übrigen Europa ist. Sie ist entscheidend für die Wett­bewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft, aber auch für die Lebensqualität unserer Bürger. Bei einem kontinuierlichen Ausbau dieser Infrastruktur sollen die neuen Ansät­ze in der Verkehrssteuerung, in der Verkehrsorganisation helfen, die Probleme in der Verkehrspolitik zu lösen, egal, in welchem Bereich es ist. Verkehr ist ja sehr vielseitig.

Was die Änderungen des Bundesstraßengesetzes 1971 betrifft, stehe ich diesen sehr positiv gegenüber. Die direkte Anbindung bestimmter Anlagen der verschiedenen Ver­kehrsträger – Schiene, Luft, Wasser, Bundesstraßen – ermöglicht uns eine bessere Verknüpfung dieser Verkehrsträger. Sie soll dazu beitragen, dass der durch diese Ver­kehrsträger verursachte Schwerverkehr auf kurzem Weg dem höchstrangigen Straßen­netz zugeführt wird. Dadurch sollen die Transportwege verkürzt und das niederrangige Straßennetz entlastet werden.

Was das Führerscheingesetz betrifft, ist heute schon einiges gesagt worden.

Wenn vor einem Jahr einmal ein Lapsus passiert ist in diesem Hohen Haus, so bin ich trotzdem froh, dass das heute repariert wird. Gegenseitige Schuldweisungen sind ei­gentlich zurückzustellen, wir sollten alle gemeinsam an einem Strang ziehen, und es ist vernünftig, dass wir die alte Ordnung wiederherstellen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

13.40



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 103

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.40.21

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Ich darf einen staatstragenden Abänderungsantrag der Abgeordneten An­ton Heinzl und Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen einbringen zur Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1997 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, 1985 der Beilagen, in der Fassung des Ausschussberichtes 2125 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung folgende Änderung beschließen:

In Art. 1 Z 58 wird im § 132 Abs. 29 Z 1 der Verweis § 2 Abs. 1 Z 15a ersetzt durch § 2 Abs. 1 Z 15b.

*****

Ein rein redaktionelles Versehen. – Das wär’s eigentlich schon.

Zum Bauernführerschein vielleicht noch ein paar Bemerkungen: Die leidvolle Zeit für die Bauern, dass sie den Führerschein einstecken müssen, ist jetzt endgültig wieder vorbei. Sie haben ja wirklich äußerst darunter gelitten. Sie hätten ihn verlieren können, er hätte verschmutzt werden können und so weiter und so fort.

Gut, das ist vorbei. Was ich allerdings aus der gesetzlichen Situation jetzt noch nicht herausgefunden habe, ist, ob die Bauern den Zulassungsschein auch nicht mithaben müssen. Und jetzt frage ich mich,  (Abg. Donabauer: Doch!) – Nein! So wie es jetzt ausschaut, nein!

Und jetzt frage ich mich: Sollte ein Bauer in Österreich einmal kontrolliert werden, was hat der für Papiere mit? – Der hat gar nichts mit. (Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.)

Das müssen wir uns noch einmal genau anschauen, denn nach der jetzigen Situation hat er nicht einmal den Zulassungsschein mitzuhaben, und das finde ich doch etwas problematisch.

Kollege Jannach hat gemeint, ich sollte ihm sagen, was die SPÖ dafür bekommen hat. Kollege Jannach! Wir täuscheln da nicht herum, sondern in der Koalition werden ein­fach Nägel mit Köpfen gemacht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung zum Schluss: Rund um den Bauernführerschein wurde seitens des Bauernbundes immer wieder behauptet, die bö­se Arbeiterkammer und die SPÖ insgesamt hätten doch dieses große Problem für die Bauern geschaffen, dass sie den Führerschein nicht mithaben müssen. Das hat mich ein bisschen geärgert, muss ich sagen, denn alle, die sich damit beschäftigt haben, wissen genau, dass die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer Österreich sich darüber unterhalten haben, ob denn das wirklich gut sei. Und gemeinsam haben sie dann gesagt, okay, das ist nicht in Ordnung. Das Bundesministerium für Inneres hat auch nichts dagegen gehabt.

Dann kam es zu dem Beschluss, dass die Bauern den Führerschein mithaben müs­sen – ÖVP und SPÖ. Also da waren die SPÖ und die Arbeiterkammer nicht alleine da­ran schuld. Solche Dinge sollte man in Zukunft vermeiden. Das ist keine schöne und faire Sache. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 104

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Martin Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden (1985 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (2125 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden (1985 d.B), in der Fassung des Ausschussberichtes (2125 d.B) wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z 58 wird in § 132 Abs. 29 Z 1 der Verweis „§ 2 Abs. 1 Z 15a“ ersetzt durch „§ 2 Abs. 1 Z 15b“.

Begründung

Es handelt sich lediglich um die Korrektur eines redaktionellen Versehens. Der Verweis muss richtig § 2 Abs. 1 Z 15b lauten, da diese Bestimmung in Artikel Z 1 geändert wird.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Mo­ser. 2 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


13.44.15

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Wir haben vier Gesetzesvorschläge völlig unterschiedlicher Natur bei einem Ta­gesordnungspunkt. Deswegen muss ich ein zweites Mal noch etwas klarstellen, und zwar dass wir diese Bundesstraßengesetz-Änderung auf jeden Fall ablehnen, weil sie nämlich größte Mängel hat im Hinblick darauf, dass sie keine Änderungen vornimmt bei völlig überflüssigen Straßenverkehrsprojekten; S 36, S 37, S 7, A 5, der Fortfüh­rung in den Norden, S 8 Marchfeld, S 34 Traisental und S 1 Lobau und A 26 Westring.

Frau Ministerin, wenn gespart werden soll, dann könnten wir dort einmal den Sparstift ansetzen.

Der zweite Hintergrund meiner Wortmeldung liegt darin, dass beim Führerscheingesetz die Änderungen auch in Richtung Verkehrssicherheit argumentiert werden. Wir sehen einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung  (Abg. Hornek: Sie wollen alles kaputt­sparen, Frau Kollegin!) – Überhaupt nicht kaputtsparen! Landschaft würde gewahrt und Menschen würden vor Verkehrslärm geschützt werden, wenn Sie unseren Vorschlä­gen des Streichkonzerts folgen würden.

Aber wir wollen die Verkehrssicherheit auch insofern verbessern, als wir das Delikt Handy am Steuer zu einem Vormerksystem-Delikt machen wollen.

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, das gravierende Verkehrssicherheitsproblem „Han-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 105

dy am Steuer“ zu entschärfen und in diesem Sinne für die rasche Aufnahme von „Han­dy am Steuer“ als Delikt im Führerschein-Vormerksystem zu sorgen.

*****

Die Begründung liegt einfach in der Unfallstatistik. Es gibt zahlreiche Unfälle, bei denen Unaufmerksamkeit als Unfallursache vorliegt, und Handy am Steuer fördert das leider.

Zum Schluss – da dies die einzige Sitzung des Nationalrates in der Faschingszeit ist –: Ich meine, der Traktorführerschein war schon Thema. Ich sage nur, in Zukunft haben wir gesetzlich legitimierte Schwarzfahrer. Hätten Sie früher auf die Opposition gehört, dann hätten wir das ganze Dilemma heute nicht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnah­men gegen die Verkehrssicherheitsgefahr Handy am Steuer

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses (2125 d.B.) über die Regierungsvorlage (1985 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrge­setz 1967 (31. KFG-Novelle) und das Führerscheingesetz (15. FSG-Novelle) geändert werden, über den Antrag 2089/A der Abgeordneten Anton Heinzl, Johannes Schmu­ckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird, über den Antrag 1683/A der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG) geändert wird und über den Antrag 2169/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Änderung der praxisfremden Bestimmungen im Führerscheingesetz

Telefonieren am Steuer ist Gift für die Verkehrssicherheit. Studien haben bereits vor Jahren eine Beeinträchtigung vergleichbar einer Alkoholisierung mit 0,8 Promille doku­mentiert. Aufmerksame Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer finden die­ses Faktum Tag für Tag dutzendfach in der Straßenverkehrs-Praxis bestätigt.

Selbst für eine Mehrheit der Kfz-LenkerInnen selbst ist die Gefahr durch unaufmerk­same Telefonierende am Steuer ein großes Ärgernis, wie die Forderung von 62% der FührerscheininhaberInnen nach Aufnahme von Handy am Steuer als Delikt ins Führer­schein-Vormerksystem unterstreicht.

Handy am Steuer ohne Freisprecheinrichtung ist zwar schon seit 1999 verboten. Von diesem Formalakt abgesehen wird jedoch mit der Eindämmung dieses Problems in Gesetzgebung, Vollziehung, Öffentlichkeits- und Bewusstseinsarbeit sehr zurückhal­tend umgegangen, trotz offenkundig weit verbreiteter Missachtung des Verbots. Einzi­ge konkrete rechtliche Maßnahme der letzten Jahre war die Erhöhung des Strafsatzes von 25 auf immer noch günstige 50 Euro (29. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 6/2008). Nach wie vor ist die Ahndung an die Anhaltung der LenkerInnen gebunden, was das Risiko stark eingrenzt.

Im europäischen Ausland sind die Strafen vielfach höher, auch in nahezu allen Nach­barstaaten Österreichs, und/oder mit Zusatzsanktionen wie Punkteführerschein-Punk­ten kombiniert. In mehreren Ländern wurden die Strafen zudem zuletzt spürbar erhöht,

etwa in Frankreich von 35 auf 135 Euro.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 106

Nach der Unfallstatistik 2012, wonach bei Verkehrsunfällen mit Verunglückten „Ablen­kung und Unachtsamkeit“ zB durch Handy am Steuer die Unfallursache Nummer 1 ist, duldet das Problem Handy am Steuer endgültig keinen Aufschub mehr.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, das gravierende Verkehrssicherheitsproblem „Han­dy am Steuer“ zu entschärfen und in diesem Sinn für die rasche Aufnahme von Handy am Steuer als Delikt ins Führerschein-Vormerksystem zu sorgen.

*****

13.46.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betref­fend IVS-Gesetz, samt Titel und Eingang in 2122 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in drit­ter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz geändert wird, in 2108 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die im vorher erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Ziffernbezeichnung der bisherigen Novellierungsanordnung sowie die Einfügung neuer Ziffern 2 und 3 zum Inhalt hat.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 107

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls mehrheit­lich. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz und das Kraftfahrliniengesetz geändert werden, in 1986 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom vorher erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 12a in Art. 1 sowie Änderung in den Art. 1 und 2 zum Inhalt hat.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz und das Führerscheingesetz ge­ändert werden, in 2125 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen ei­nen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Die Abgeordneten Heinzl, Dr. Bartenstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 Z 58 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein be­jahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 108

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ha­gen, Kollegin und Kollegen betreffend Sitzerhöhungen für Kinder bei Taxifahrten.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen die Ver­kehrssicherheitsgefahr Handy am Steuer.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.53.019. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 37/BI: „Stoppt die Vorratsdatenspeicherung“ (2086 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.53.28

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Letztes Jahr haben 106 067 BürgerInnen die Bürgerinitiative „Stoppt die Vorratsdaten­speicherung“ unterschrieben; das ist die größte Bürgerinitiative, die jemals ans Parla­ment gerichtet wurde. Und es ist kein Zufall, dass diese Bürgerinitiative so viel Unter­stützung erfahren hat, denn die Vorratsdatenspeicherung als Überwachungsmaßnah­me stößt mittlerweile auf massiven Widerstand.

Was ist die Vorratsdatenspeicherung? – Die Vorratsdatenspeicherung ist nichts ande­res als die verdachtsunabhängige Speicherung von Handy- und Internetdaten sowie Standortdaten, womit man feststellen kann, wer wann wo war und wer wem wann ge­schrieben oder wer mit wem wann telefoniert hat – ohne dass sich die betroffenen Per­sonen etwas zuschulden kommen lassen haben. Das Einzige, was man ihnen vorwer­fen kann, ist, dass sie Handy oder Internet verwenden.

Die Bürgerinitiative hat zwei glasklare Ziele gehabt: Das eine Ziel war, dass man sich in Brüssel für eine Änderung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einsetzen soll, denn die österreichische Gesetzgebung beruht ja auf einer Richtlinie der Europäischen Union.

Das zweite Anliegen war, dass man die Terrorgesetze, also die Gesetze zur Überwa­chung in Österreich, evaluiert.

Es hat dann durchaus ein ordentliches Hearing mit 16 ExpertInnen im Justizausschuss gegeben. Die KritikerInnen der Vorratsdatenspeicherung haben deutliche Worte ge­funden.

Ich möchte nur ein paar Dinge zitieren. Da hat es etwa geheißen: Die rechtsstaatliche Notwendigkeit von Terrorparagraphen ist gering.

Oder von Experten wortwörtlich geäußert: Das ist der Polizeistaat in der Schublade, das ist Stasi 2.0.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 109

Oder: Kriminelle wissen, mit welchen Maßnahmen man die Vorratsdatenspeicherung umgeht, getroffen werden unbescholtene BürgerInnen.

Das waren die Meinungen von unabhängigen Experten und Expertinnen, die Kritik geübt haben.

Es hat auch Personen beim Hearing gegeben, die für die Vorratsdatenspeicherung waren. Das Auffällige war aber, dass das alles Beamte von diversen Ministerien und die Rechtsschutzbeauftragten waren. Also dass die Rechtsschutzbeauftragten eupho­risch für die Vorratsdatenspeicherung eintreten, das macht mich einmal grundsätzlich skeptisch, aber sei es so. Aber die einzigen Befürworter waren die Vertreter des Mi­nisteriums.

Der Vertreter des Infrastrukturministeriums hat gesagt, er ist schon froh, dass die ver­fassungsrechtliche Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung argumentierbar ist. Also da ist offensichtlich der Anspruch sehr gering.

Der Vertreter des Justizministeriums war ein großer Anhänger der Vorratsdatenspei­cherung. Er hat mit leuchtenden Augen von den Vorteilen geredet. Und er war so eu­phorisch, dass er gesagt hat, im Justizministerium kann man sich sogar vorstellen, dass man Vorratsdaten in Zukunft auch bei Urheberrechtsverletzungen einsetzt.

Damit ist genau das passiert, was wir immer kritisiert haben. Wir haben gesagt, man öffnet die Büchse der Pandora, man beginnt beim Strafrechtlichen und landet dann bei der Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen und einem massiven grundrechtli­chen Eingriff, einem massiven Ausbau des Überwachungsstaates.

Die Behandlung der Bürgerinitiative war ja grundsätzlich ordentlich. Man hat das Gan­ze an den Justizausschuss weiterverwiesen und hat dann dort ein umfassendes Hea­ring abgehalten. Das war richtig, und da kann ich mich durchaus bei allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Justizsprecher bedanken.

Enttäuschend war allerdings das Ergebnis. Denn bevor noch das Ergebnis des Hea­rings, also der Meinung der ExpertInnen, festgestanden ist, hat man der grünen Frak­tion bereits einen Antrag zugeschickt, was am Ende dieser Debatte stehen soll. Also man hat noch gar nicht gekannt, was es an Kritikpunkten geben könnte, man hat aber schon gewusst, dass man nichts tun will. Denn das – und es wird auch heute abge­stimmt –, was als Ergebnis der Bürgerinitiative übrigbleibt, ist ein lauwarmer Antrag. Übrig bleibt nämlich, dass die Regierung ersucht wird, allfällige Erkenntnisse des Ver­fassungsgerichtshofes umzusetzen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.)

Ja, da kann man nur lachen. Erstens sind wir gesetzlich dazu verpflichtet. Das ist un­gefähr so, wie wenn das Parlament beschließen würde, die Regierung möge regieren, oder wenn der Himmel wolkenfrei ist, soll die Sonne scheinen. Diesen Grad hat dieser Beschluss, der heute gefasst wird. Das haben sich die 100 000 Bürgerinnen und Bür­ger nicht verdient! (Beifall bei den Grünen.)

Spannend war ja, sich genau anzuschauen, was die Bürgerinitiative will und was die Bundesregierung dazu sagt. Die Bürgerinitiative will, dass man sich in Brüssel für eine Änderung einsetzt. Ich habe während des Hearings die Vertreter des Innenministe­riums gefragt, was ihre Position in Brüssel ist. Die Position Österreichs zur Reform der Vorratsdatenspeicherung in Brüssel ist: abwarten.

Na, das ist eine großartige Position. Jetzt funktioniert das aber nicht mehr, was man früher gesagt hat. Früher hat man immer gesagt: Wir sind gegen die Vorratsdatenspei­cherung, wir müssen sie aber umsetzen, denn es ist eine Richtlinie aus Brüssel. Die wird sich nicht von selber ändern, und die wird sich nicht ändern, wenn die österreichi­sche Position abwarten ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 110

Der zweite Punkt, das Ziel der Evaluierung der gesamten Terrorgesetzgebung: Warum ist das in Österreich nicht möglich? – Letzte Woche hat in Deutschland die Regierung aus CDU und FDP beschlossen, dass die Terrorgesetze seit 2001 in Deutschland eva­luiert werden sollen. Durchaus mit unterschiedlichen Zielen, und man wird sehen, was man Ende rauskommt. Aber in Deutschland hat man sich durchgerungen, genau diese Evaluierung vorzunehmen. In Österreich ist das offensichtlich nicht möglich.

So, dass auf das österreichische Parlament wenig Verlass ist, wissen wir. Daher haben wir uns ja auch – und viele Bürgerinnen und Bürger – an den Verfassungsgerichtshof gewendet. Der Verfassungsgerichtshof, und das ist beachtlich, hat im Dezember be­schlossen, wegen schwerer grundrechtlicher Bedenken die Beschwerde dem Europäi­schen Gerichtshof vorzulegen. Davon erwarte ich mir mehr als von den lauwarmen An­trägen des Parlaments.

Unsere Position ist relativ klar: Dieser Antrag, diese Beschwerde wird jetzt eineinhalb Jahre in Brüssel liegen, so lange dauert das. Und bis dahin gibt es nur einen einzigen Weg: Das österreichische Parlament muss diese massive Überwachungsmaßnahme zurücknehmen und aussetzen!

Wenn der Verfassungsgerichtshof andeutet, dass es schwere grundrechtliche Beden­ken gibt, dann soll sich das Parlament nicht darüber hinwegsetzen! (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne: 100 000 Bürgerinnen und Bürger haben es sich nicht verdient, dass sie heute mit einem lauwarmen Antrag auf den Arm genommen werden. Daher werden wir auch diesem lauwarmen Antrag nicht zustimmen. Denn eines steht fest: Wenn der Verfassungsgerichtshof und der Europäische Gerichtshof Recht gesprochen haben, dann wird das Parlament mit oder ohne diesen Antrag reagieren müssen. Handeln müsste man jetzt schon! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Ikrath. 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Öllinger: Jetzt haben Sie etwas zum Erklären, Herr Ikrath!)

 


14.00.42

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen Bun­desministerinnen! Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme mit meinem Vorredner darin überein, dass wir einerseits die Unterstützung, die diese Bürgerinitiative erhalten hat, zu respektieren haben, und auch das Thema, das eine weitreichende Bedeutung hat, weil es immerhin die Grundrechte der Bürger betrifft, sehr ordentlich und sehr sachge­recht behandeln müssen. Aus meiner Sicht – und das hat auch Kollege Steinhauser unterstrichen – haben wir uns auch im Justizausschuss bemüht, das zu tun.

Warum das Ergebnis von den Grünen jetzt als ein lauwarmer Antrag gewertet wird, verschließt sich mir. Das Ergebnis, der Antrag, den wir heute stellen werden, ist ein Er­gebnis des Experten-Hearings, ein Ergebnis unserer intensiven Befassung damit im Ausschuss. Wir haben ja auch die Proponenten der Bürgerinitiative mit einbezogen und ihnen dort ausreichenden Raum zur Darstellung ihrer Positionen gegeben. Warum nun der daraus resultierende Antrag gerade von den Grünen nicht mitgetragen werden kann, weiß ich nicht, weil – und da sind wir uns ja auch einig – das Thema Vorratsda­tenspeicherung das Hohe Haus mit Sicherheit neuerlich beschäftigen wird.

Lassen Sie mich auf eines verweisen. Hinter dem Thema Vorratsdatenspeicherung steht ein klassischer Gegensatz jeder demokratischen Gesellschaft: Hie die Freiheit, da die Sicherheit – das Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch des Bürgers auf Schutz seiner Privatsphäre, auf die Freiheit vor ungerechtfertigten Eingriffen des Staa-


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tes in diese auf der einen Seite, und andererseits das Bedürfnis einer Gesellschaft nach Sicherheit und das der Exekutive nach effektiver Garantie dieser Sicherheit. Die­ses Spannungsverhältnis muss ständig gewissenhaft ausbalanciert werden.

Ich erinnere daran, dass die Vorratsdatenspeicherung eigentlich ein Resultat jener Ter­roranschläge von London und Madrid ist. Sie wurde auf europäischer Ebene 2006 be­schlossen und war ursprünglich nur für die Terrorbekämpfung und zur Bekämpfung schwerer Verbrechen, die in der Richtlinie jedoch nicht näher definiert sind, gedacht. Wir als Parlamentarier müssen nun prüfen, ob die Umsetzung in Österreich diesem An­spruch, diesem Anliegen auch wirklich gerecht wird. Und ich gestehe: Je intensiver ich mich mit der Materie befasse, desto größer wird das Fragezeichen in mir, ob es da nicht zu einer überschießenden Gestaltung zugunsten der Sicherheit und zulasten der Freiheit des Bürgers gekommen ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Da haben Sie noch Zweifel? Da haben Sie noch Zweifel, Kollege Ikrath?)

Das war ja auch das Ziel, uns intensiv damit zu befassen, und wir tun es ja auch. Ich spreche von einem Fragezeichen, Kollege Pirklhuber, und deswegen ist das Thema doch auch anhängig beim Europäischen Gerichtshof, deswegen überarbeitet die Kom­mission die Richtlinie. Und deswegen ist unserer Überzeugung nach sachgerecht vor­zugehen, indem wir diese schwebenden Verfahren (Abg. Öllinger: Abwarten!) beob­achten, die Erkenntnisse aus diesen Verfahren verwerten und dann das Thema Vor­ratsdatenspeicherung neuerlich im Hohen Haus im neuen Licht diskutieren – und dann durchaus auch zu Anpassungen des Gesetzes kommen, nach dem Prinzip: So viel Freiheit für den Bürger wie möglich und so viel Sicherheit wie notwendig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Da wird Ihnen nichts übrig bleiben! – Abg. Grosz: Fürs Pro­tokoll: schwacher Applaus von der Fraktion!)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.05.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Kollege Ikrath, Sie haben in Ihrer Rede von einem klassischen Widerspruch gesprochen. Den kann auch ich Ih­nen nur bestätigen, nämlich den Widerspruch in Ihrer Politik!

Sie können nicht einerseits für Menschenrechte und für Grundrechte eintreten, so wie sie im Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind – nämlich das Grundrecht auf Privatsphäre – und hier von diesem Pult aus wirklich ernsthaft argumentieren: Anlass waren ja eigentlich nur die Terroranschläge in Madrid et cetera. Zwei Terroranschläge, und das Ergebnis: 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger werden sozusagen zu Überwachungsobjekten. Ist das ein Zugang? Ist das nicht Ihr Widerspruch?

Es ist doch unglaublich, Kollege Ikrath, dass Sie sagen: Wir warten jetzt ab; wir spei­chern Daten und warten ab, bis Entscheidungen auf europäischer Ebene stattfinden. In dem Entschließungsantrag – und das ist der Grund für unseren Zorn darüber – kommt gar keine politische Stoßrichtung in Richtung Kommission vor! Sie sind ja gar nicht be­reit, in Europa aufzutreten gegen einen Wahnsinn, den man nur so bezeichnen kann, nämlich 500 Millionen Menschen zu Überwachungsobjekten zu machen. Das kann man in keiner Form akzeptieren, und daher ist auch dieser Entschließungsantrag aus unserer Sicht viel zu schwach.

Meine Damen und Herren, das ist insbesondere deswegen so dramatisch, weil – Sie haben das nicht ausgeführt, Kollege Ikrath – in mehreren Mitgliedstaaten die dort be­findlichen jeweiligen nationalen Verfassungsgerichtshöfe bereits diese Umsetzung für


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verfassungswidrig erklärt haben. Wir wären also in einem guten Team mit anderen Ländern richtig aufgestellt, wenn wir hier die Entscheidung politisch wahrnehmen, zu sagen: Nein, das ist die falsche Vorgangsweise! Wir gehen auf Basis dieses Hearings gemeinsam vor, wir nehmen die Entschließungen des Parlaments, wir werden hier die Bundesregierung auffordern, auf europäischer Ebene aktiv zu werden und die EU-Richtlinie 2006/24/EG entsprechend zu ändern oder überhaupt abzustellen. Diese Art von Politik ist nicht zeitgemäß, sie ist nicht bürgernah und sie ist auch nicht effizient, auch nicht im Hinblick auf Terrorbekämpfung, Kollege Ikrath!

Eines abschließend zum Prozedere: Ich muss sagen, Kollege Steinhauser hat hier zu Recht angeführt, welche Bedeutung diese Bürgerinitiative eigentlich hat, auch im parla­mentarischen Prozess, weil mehr als 100 000 Menschen – erstmalig übrigens auf der Homepage des Parlaments – diese Bürgerinitiative zusätzlich unterstützt haben. Das ist schon ein Novum.

Ich bin etwas traurig, sage ich als Mitglied des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen, weil es meine Vorstellung gewesen wäre, als ersten Schritt dazu einmal ein öffentliches Hearing zu machen, bevor man in die Fachebene geht, in den Fachaus­schuss. Das finde ich gut, das hat auch Kollege Steinhauser gut dargestellt. Das war einen spannende, wichtige und qualitativ hochstehende Debatte. Aber man hätte eben die Zeit dazwischen auch für ein öffentliches Hearing nutzen können – zum Beispiel im Plenarsaal –, wo man dann auch in der Öffentlichkeit die Problematik noch einmal in aller Breite diskutiert hätte, damit auch die Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen, um welche Fragen es hier geht, dass es entschieden um ihre Grundrechte geht, die es zu verteidigen gilt, wofür wir Grüne uns massiv einsetzen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.08.44

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Vorratsdatenspeiche­rung handelt es sich – und das wurde bereits ausgeführt – um europäisches Recht. Österreich hat in den Jahren 2005 und 2006 durch die damalige BZÖ-Justizministerin Gasteiger und den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (Abg. Mag. Hakl: Die Justizministerin hieß Gastinger!) – Gastinger – dieser Richtlinie zugestimmt. Öster­reich hat in weiterer Folge gegen die Richtlinie, was möglich gewesen wäre, auch kei­nen Einspruch erhoben.

Wenn es nun in Europa eine Debatte um einerseits Grundrechte und andererseits um Sicherheit gibt, dann müssen wir eines klar sagen: Dieses Spannungsverhältnis, das es da gibt, kann kein Verfassungsgerichtshof lösen! Und ich berichtige meinen Vorred­ner, den Kollegen Pirklbauer (Abg. Dr. Pirklhuber: Pirklhuber!) – Pirklhuber (Abg. Grosz: Er hat es heute mit den Namen! – weitere Zwischenrufe) –: Die Verfassungsge­richte (Abg. Grosz: Der Herr Müller hat es heute mit den Namen!) der anderen Mit­gliedstaaten haben nicht die Vorratsdatenspeicherung an sich in Frage gestellt, son­dern nur die Umsetzung. Das ergibt sich insbesondere auch aus der Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn nun jemand diese Richt­linie ändern und beseitigen kann, dann ist das ausschließlich der Europäische Ge­richtshof. Dort sind derzeit zwei Verfahren von nationalen Gerichten anhängig, nämlich eines vom Irish High Court und eines vom österreichischen Verfassungsgerichtshof. Vor zwei Tagen hat auch die österreichische Datenschutzkommission einen Antrag an


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den EuGH gestellt betreffend die Frage: Darf das Recht auf Auskunft überhaupt ver­weigert werden?

Ich habe zur Frage der Vorratsdatenspeicherung eine ganz eindeutige Position. (Abg. Grosz: Aber trotzdem zugestimmt, oder? Trotzdem zugestimmt!) Ich halte sie für nicht vereinbar mit Artikel 8 der Grundrechtecharta der Europäischen Union.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Richtlinie ist zu einer Zeit erlassen worden, als es den Lissabonner Vertrag und die Grundrechtecharta der Europäischen Union als Teil des Lissabonner Vertrages nicht gegeben hat. (Zwischen­rufe bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Grosz: ... wo Sie bei der Abstimmung waren!) Nun kann der Europäische Gerichtshof darüber befinden, ob eine Grundrechtskonformität gege­ben ist oder nicht.

Hohes Haus! Aber grundsätzlich müssen wir uns auch mit der Frage auseinander­setzen: Ist eine adäquate Strafverfolgung im Internet möglich oder nicht? – Stichwort Cybercrime: Internet ist Tatmittel und Tatort zugleich.

Wir sind alle hier der Meinung, dass Strafverfolgung als legitimer Anspruch der Gesell­schaft, das heißt des Staates, möglich sein muss, und zwar mit minimalen Grund­rechtseingriffen. Den Strafverfolgungsbehörden muss es daher möglich sein, in engen, grundrechtsschonenden Grenzen Erkenntnisse aus bestimmten Daten zu gewinnen. – Das stammt nicht von mir, sondern vom Bundesdatenschutzbeauftragten Deutsch­lands, einem Mitglied der grünen Partei. Er hat vorgeschlagen, das Quick-Freeze-Ver­fahren in Österreich oder in Europa einzuführen. Ich glaube, wir müssen auch in dieser Richtung offen sein und weiterdiskutieren.

Ich halte die Vorratsdatenspeicherung in der derzeitigen Form für überzogen. Ich halte die Vorratsdatenspeicherung auf europäischer Ebene in dieser Form für nicht gerecht­fertigt, weil alle wissenschaftlichen Studien (Abg. Grosz: Sagen Sie, wo waren Sie denn bei der Abstimmung, Kollege Müller?) ergeben haben, dass damit die deliktspezi­fischen Aufklärungsquoten in keiner Weise erhöht werden. Mein Respekt gilt all den Kritikern auch in Europa und in Österreich, die sich nicht nur kritisch zur Vorratsdaten­speicherung geäußert, sondern einen wesentlichen Beitrag für die Demokratie und für die Republik Österreich geleistet haben.

Um auf Ihre Frage zu antworten, Herr Kollege Grosz: Ich habe bei dieser Abstimmung nicht mitgestimmt, im Gegensatz zu BZÖ-Mitgliedern auf europäischer Ebene. (Abg. Grosz: Sind Sie hinausgegangen, oder was?) Denn hätte die damalige BZÖ-Ministerin (Abg. Grosz: Sie sind hinausgegangen?) nicht zugestimmt (Abg. Grosz: Wie der Herr Bundespräsident? Aufs Häusl oder zum Friseur?), dann hätten wir in Europa und in Österreich keine Vorratsdatenspeicherung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Grosz: Wo war die Fraktion bei der Abstimmung? So eine Geschichtsfälschung habe ich sel­ten gehört!)

14.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.13.51

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir reden heute über die Bürgerinitiative „Stoppt die Vorratsda­tenspeicherung“ – ein sehr griffiger Titel, es war auch eine sehr erfolgreiche Bürgerini­tiative.

Es geht hier um ein Thema, das uns auf der Ebene der Europäischen Union leider im­mer wieder beschäftigt, nämlich darum, dass unter dem Vorwand der Terrorismusbe­kämpfung und der Antidiskriminierung immer wieder Maßnahmen gesetzt werden, die


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die Grund- und Freiheitsrechte einschränken. Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Teil davon, wir haben aber auch die Fluggastdatenspeicherung, wir haben das SWIFT-Ab­kommen und wir haben Projekte wie INDECT, die über das Ganze noch weit hinaus­gehen, wo auch alle Bilddaten erfasst und für die Überwachung verwendet werden sol­len. – Es reiht sich dies also leider in eine sehr unrühmliche Reihe ein.

Und es ist richtig: Leider haben auch die Vertreter Österreichs dieser Richtlinie zuge­stimmt. Allerdings ist es der SPÖ und dem derzeitigen Bundeskanzler jedenfalls unbe­nommen, auf europäischer Ebene dagegen aufzutreten, Herr Kollege Maier, wenn Sie das schon zu Recht ansprechen. Ich verstehe nicht, warum es da kein einziges Wort von unseren Vertretern, vom Bundeskanzler gibt. Wenn man feststellt, das entspricht nicht der Grundrechtecharta, dann ist es doch ein Leichtes, dagegen aufzutreten, Ver­bündete zu suchen und dagegen vorzugehen. Diese Scheinheiligkeit verstehe ich da­her nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben also die Vorratsdatenspeicherung für die Terrorismusbekämpfung, weil es Anschläge gegeben hat. Diese werden immer sehr gerne als Begründung dafür he­rangezogen, dass man dann einschränkende Maßnahmen setzt. Das kennt man aus der ganzen Welt. Die USA sind dafür bestimmt ein großes Vorbild.

Wofür ist das jetzt tatsächlich eingesetzt worden? – Der Rechtsanwaltskammer­tag 2010 hat gemeint:

„Terroristen gibt es in Österreich erst, seit es Anti-Terror-Gesetze gibt.“

Das scheint mir wirklich so zu stimmen. Weiters haben gab es dort eine Vortragsreihe unter dem Titel: „Der Terrorist als Gesetzgeber“.

Genau das ist der Punkt: Man verwendet das als Vorwand – etwas, das es in der Form jedenfalls in Österreich gar nicht gibt –, um hier Überwachungsmaßnahmen zu setzen. Diese gehen, wie man jetzt hört, so weit – da gibt es bereits Ideen, auch vom Justizmi­nisterium, habe ich zumindest läuten hören –, dass jetzt auch Urheberrecht damit an­gegangen werden soll, das heißt, dass man auf die Vorratsdaten zurückgreifen kann. Also das, worum es ursprünglich gegangen ist, nämlich wirklich schwere Kriminaltaten, Terror und organisierte Kriminalität, das ist längst weg.

Schauen wir uns jetzt an, was wirklich passiert ist – erstens einmal die Sinnhaftigkeit der Vorratsdatenspeicherung: Es gibt keine einzige Untersuchung, die zeigt, dass die Vorratsdaten tatsächlich für die Kriminalitätsbekämpfung, sei es auch nur für die schlichte Kriminalitätsbekämpfung, wirklich nützlich sind. – Das ist einmal das Erste.

Das Zweite: Es stellen alle fest, dass es ein völlig überschießender Eingriff in die Grundrechte ist. – Also ist auch das massiv abzulehnen.

Wie viele Abfragen gibt es wirklich? – Die Anhörung am Ende der Bürgerinitiative hat gezeigt, dass es ganz wenige Abfragen von Vorratsdaten gibt. Interessant, warum ei­gentlich? – Na, weil in Wirklichkeit die Polizei und die Behörden nach wie vor auf die Verkehrsdaten zugreifen! Und zwar hundert- bis tausendmal so oft wird nach wie vor auf die Verkehrsdaten, die es schon immer gab, zugegriffen, und nicht auf die Vorrats­daten. – Interessant!

Also hat man da offenbar eine bürokratische Hürde eingebaut und hat uns hier etwas vorgemacht, indem wir hinsichtlich der Vorratsdaten die Abfragen relativ eng halten. In Wirklichkeit wird auf die Verkehrsdaten zugegriffen, und das ist dann das Ergebnis all dieser Aktionen.

Die Sinnhaftigkeit ist also einmal ein wesentlicher Punkt, nämlich auch deshalb, weil ja diejenigen, die sich wirklich damit auseinandersetzen, das leicht umgehen können. Ein Experte hat mir gesagt: Ein Mensch, der zwei Semester Informatik studiert hat, kann


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das alles ohne Probleme umgehen. Nur alle anderen, die das nicht können, die norma­len Bürger, wenn man so will, die eben ihr Telefon und ihren Computer verwenden, werden überwacht! Die werden flächendeckend überwacht, mit allen ihren Bewegungs­daten, mit allen ihren Kommunikationsdaten. Derjenige, der es darauf anlegt, der nicht überwacht werden will, kann das ganz leicht umgehen.

Das ist das große Problem: Wir schaffen also hier – wie heute auch schon gesagt wur­de – einen Generalverdacht, weil verdachtsunabhängig alle überwacht werden, alle Daten überwacht werden, und in Wirklichkeit nicht gezielt gegen den Verbrecher vorge­gangen werden kann.

Daher kann es wirklich nur heißen: Die Vorratsdatenspeicherung in dieser Form ist schlicht und einfach aufzuheben! Und man muss auf europäischer Ebene auch klarma­chen, dass man nicht bereit ist, eine derartige Richtlinie umzusetzen. Unter Hinweis auf die Menschenrechtskonvention und auf die Grundrechtecharta der Europäischen Union müsste das ein Leichtes sein. Da müssen wir nichts abwarten, da müssen wir nicht auf irgendetwas warten – wobei ich allerdings hoffe, dass uns hier der Verfassungsge­richtshof noch zur Seite springt.

Der zweite Punkt – dass ich es nicht vergesse – ist die Evaluierung all jener Maßnah­men, die Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte sind. Einen entsprechenden Antrag haben wir bereits vor ziemlich genau einem Jahr hier im Parlament eingebracht, weil wir eben der Meinung sind, dass alle diese Maßnahmen – Terrorismusprävention und so weiter –, die in die Grundrechte eingreifen – auch in das Grundrecht der Meinungs­freiheit und so weiter –, einer klaren Kontrolle unterworfen werden müssen. Denn es muss klar sein, dass die Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte natürlich in einem möglichst geringen Ausmaß getätigt werden. Dort ist der große Maßstab.

Die Sicherheit der Bevölkerung ist uns Freiheitlichen nachweislich, wie man hier auch immer wieder merkt, ein sehr großes Anliegen. Allerdings muss sie mit angemessenen und geeigneten Mitteln erreicht werden, denn der Umgang mit den Grund- und Frei­heitsrechten ist letztendlich auch ein Maßstab für die Reife eines demokratischen Rechtsstaats. Wir werden daher weiterhin schauen, dass diese Eingriffe im geringst­möglichen Ausmaß getätigt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


14.20.02

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Kollege Maier! Hohes Haus! Ich finde es schon etwas eigenartig, dass man heute bei dieser Debatte die Richtlinie der Europäi­schen Union 2006/24/EG dazu hernimmt, das Debakel, das Österreich mit der Vorrats­datenspeicherung erlitten hat, irgendwie zu rechtfertigen. (Abg. Mag. Johann Maier: Das Debakel war 2006, das wissen Sie ganz genau!)

Kollege Maier! Nicht die ursprüngliche Richtlinie der Europäischen Union bezüglich der Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung von Terrorismus, Kinderpornografie, Cyber­crime et cetera et cetera war das Problem, sondern deren überschießende Umsetzung durch diesen österreichischen Nationalrat mit Stimmen der Sozialdemokratie und der Österreichischen Volkspartei – jener Sozialdemokratie, der Sie als Abgeordneter selbst angehören und jener Partei, von der Sie zum Vorsitzenden der österreichischen Daten­schutzkommission gemacht worden sind (Abg. Mag. Johann Maier: ... Datenschutz­kommission!): Sie, der Sie heute hier stehen und davon sprechen, wie schlimm denn diese Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung für Österreich war und der Sie eigent­lich alle unsere Argumente aus dieser damaligen Plenardebatte – in der sich Freiheitli­che, Grüne und das BZÖ zu Wort gemeldet haben und gemeinsam gesagt haben, die­se Umsetzung ist falsch – plötzlich als richtig darstellen.


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Herr Kollege Maier, es ist nicht besonders heldenhaft, sich in der guten alten sozialde­mokratischen Tradition des Herrn Dr. Heinz Fischer bei wichtigen Abstimmungen in den Toilettenbereich zu schleichen. Das ist nicht besonders heldenhaft! Heldenhaft ist, hier im Plenum des österreichischen Nationalrates gegen etwas zu stimmen, wenn man der ehrlichen Überzeugung ist, dass es sich gegen die Menschen in diesem Land richtet. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Und ja, Herr Doktor – Verzeihung, ich nehme die akademische Graduierung sofort zurück –, Herr Magister Maier, es war falsch. Diese ... (Abg. Mag. Johann Maier geht in Richtung Ausgang, bleibt aber zwischen den Sitz­reihen stehen.) – Jetzt geht er wieder, wie der Fischer. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wenn es ein bisschen peinlich wird, wird wieder der Toilettenbereich vorgezogen.

Das ist nicht sozialdemokratischer Heldenmut, Kollege Maier, sondern sozialdemokrati­scher Heldenmut wäre es, sich mit den Argumenten auseinanderzusetzen, dass die Vorratsdatenspeicherung (Abg. Mag. Johann Maier verlässt den Sitzungssaal) – und jetzt geht er hinaus; jetzt ist er weg und ist bei Bundy und Bundy wiederzufinden (Hei­terkeit bei BZÖ und FPÖ) –, dass also diese Vorratsdatenspeicherung ein unzulässiger Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicherinnen und Österreicher war.

Nicht die Kriminellen wurden durch diese Umsetzung in Österreich ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden gebracht, sondern alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Wenn sie ein Telefon, das Internet gebraucht oder Mailkontakt gehabt haben, sind alle unbescholtenen, alle anständigen Staatbürgerinnen und Staatsbürger mitten im Faden­kreuz dieser Vorratsdatenspeicherung, und die Österreichische Volkspartei meint, wie der Kollege Ikrath gerade gesagt hat: Jetzt warten wir einmal ab, prüfen weiter, und ir­gendwann werden wir schon sehen!

Das ist nicht der Schutz des Menschenrechts der Grund- und Freiheitsrechte. Wenn man sich diese Vorgangsweise in Österreich ansieht, dann wäre ja Herr Metternich vor Neid erblasst, denn diesen Überwachungsstaat hat selbst das große christlich-soziale Vorbild offenbar nicht zusammengebracht. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.) Er hat nur durchs Schlüsselloch geschaut; Sie speichern alle Daten, und das ist falsch. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Bei diesem Hearing – ich glaube, Kollege Steinhauser hat das gesagt – hat es keinen anerkannten Experten gegeben, der in irgendeiner Form für diese Vorratsdatenspei­cherung gesprochen hätte, außer dem Vertreter des Justizministeriums – no na! –, der diese Vorratsdatenspeicherung mit Zähnen und Klauen hier verteidigt hat.

Es ist unstatthaft, es entspricht unserer österreichischen Verfassung nicht und es ent­spricht auch den nationalen Verfassungen aller anderen europäischen Länder nicht (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath), die diese Vorratsdatenspeicherung aufheben, dass ohne richterliche Bewilligung anwendbare Werkzeuge geschaffen werden, die in den unmittelbaren Intimbereich, in die unmittelbare Freiheit von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern eingreifen und das Kommunikationsgeheimnis in irgendeiner Form aus­hebeln.

Das haben wir von Anbeginn an angezweifelt, und der Kollege Maier, der jetzt mittler­weile schon vor 4 Minuten diesen Plenarsaal verlassen hat, der liebe Kollege Maier hat hier gemeint: Da haben ja alle zugestimmt! – Nein, es hat hier im Plenum eine Abstim­mung und eine sehr lange Debatte gegeben (Zwischenruf der Abg. Schönpass) mit Wortmeldungen meines Klubobmannes Josef Bucher, unseres Sicherheitssprechers Peter Westenthaler, Wortmeldungen aller Experten aller Oppositionsfraktionen, wo wir alle eindringlich davor gewarnt haben, diese Vorratsdatenspeicherung in dieser über­schießenden Art und Weise hier in Österreich umzusetzen, und Sie haben es trotzdem gemacht.

Heute gibt es dann einen Entschließungsantrag, wo man versucht zurückzurudern, statt dass man den ehrlichen Weg geht und die Vorratsdatenspeicherung – so, wie sie


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beschlossen worden ist – in Österreich gänzlich aufhebt und sich neue Wege auch der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung einfallen lässt, denn der Bericht des Jus­tizausschusses vermerkt auf Seite 2 betreffend die unterzeichneten Abgeordneten – das ist im Übrigen wieder der Herr Ikrath und der abwesende Herr Maier – Folgendes:

„Die unterzeichneten Abgeordneten nehmen die in letzter Zeit laut gewordenen Beden­ken, dass durch die Maßnahmen Aspekte der Datensicherheit bei den Betreibern nicht ausreichend berücksichtigt werden, was insbesondere die Verhinderung des unberech­tigten Zugangs zu den gespeicherten Daten und die Kontrolle deren Löschung nach Ablauf der Speicherfrist betrifft, sehr ernst.“

Na bum! Ihr nehmt sie also jetzt einmal sehr ernst. Also Ihr überwacht nun seit einem Jahr Hinz und Kunz in dieser Republik, aber nach einem Jahr nehmt Ihr jetzt endlich die Bedenken ernst. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das ist im Übrigen ein Antrag dieses heldenhaften Herrn Maier, der noch vorhin hier heraußen gestanden ist: Diese Vorratsdatenspeicherung war falsch und sie muss fallen! – Und auf der anderen Seite bringt er einen Entschließungsantrag ein, mit dem er sie eigentlich indirekt bestätigt und sagt: Ja, aber die Bedenken nehmen wir ernst, und jetzt sollten wir evaluieren. – Das ist wahrhaftig keine sehr heldenhafte Vorgangsweise. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Wir bekämpfen die Vorratsdatenspeicherung in dieser Form, wir stehen aber dazu, dem Staat und den staatlichen Behörden die Instrumente in die Hand zu geben, um Terrorismus tatsächlich zu bekämpfen, auch was die religiöse Verhetzung in diesem Land betrifft, den Islamismus, alle extremen Ausprägungen (Ruf bei der ÖVP: „Grosz-ismus“!), um Kinderpornografie zu bekämpfen, schwere Kriminalität, organisierte Krimi­nalität. Diese gehören in diesem Land bekämpft, auch mit den richtigen Instrumenten, aber nicht den einfachen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land auf billige Art und Weise durchs Schlüsselloch ins Schlafzimmer geschaut, was offenbar die Träume eini­ger Abgeordneter darstellt. (Beifall beim BZÖ.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen zu Wort gemeldet. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Auf die Reaktion des Kollegen Maier ...! – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Grosz und Dr. Jarolim.)

 


14.27.20

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin zwar der Meinung, dass der Exekutive jedwede Möglichkeit für die Bekämpfung von Straftaten in die Hand gegeben werden sollte, je­doch kann ich auch den Bedenken dieser Bürgerinitiative „Stoppt die Vorratsdatenspei­cherung“ ganz klar nahetreten.

Die Situation ist die, dass man das unter folgende Überschrift setzen könnte: Un­schuldsvermutung oder Schuldverdacht?, ist auf einen einfachen Nenner gebracht die große gesellschaftliche Auseinandersetzung, um die es hier geht. Wollen wir demokra­tische Strukturen mit frei handelnden Unternehmungen und Bürgerinnen und Bürgern oder einen planwirtschaftlich gelenkten Staat, in dem Bürgerinnen und Bürgern per Ge­neralverdacht misstraut wird? – Ich glaube, so stellt sich die Situation betreffend die Vorratsdatenspeicherung dar.

Gehen wir ein bisschen tiefer in die Materie hinein: Bei der Vorratsdatenspeicherung werden von jedem Menschen in Europa sensible persönliche Daten ohne jeden Ver­dacht gespeichert, das heißt, wenn Sie ein Telefon benützen, wenn Sie E-Mails ver­schicken oder wenn Sie sogar eine Internetverbindung irgendwohin haben, dann wird das aufgezeichnet. Dann stehen Sie, sollte irgendwo ein Verdacht auftreten, wenn Sie


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mit dieser Person kommuniziert haben, automatisch unter Generalverdacht, auch wenn Sie gar nicht wissen, worum es geht.

Das Nächste ist, dass mittels telefonbezogener Daten von Mobiltelefonen die Standort­informationen aufgezeichnet werden, das heißt, es ist jederzeit nachvollziehbar, wo Sie unterwegs waren, wo Sie sich aufgehalten haben. Aber wenn man jetzt weiter schaut, widerspricht das dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Wenn wir dann weiters sehen, dass die nationalen Verfassungsgerichte diverser Staa­ten, die diese EU-Richtlinie 2006/24/EG bereits eingeführt haben, diese Vorratsdaten­speicherung für verfassungswidrig erklärt haben, dann muss man, glaube ich, hier nicht viel mehr dazu sagen, um zu wissen, wo man sich bewegt und was hier abgeht.

Es ist hier schon von Oppositionspolitikern mehr oder weniger ausführlich dargelegt worden, warum diese Vorratsdatenspeicherung in dieser Form abzulehnen ist. Ich fra­ge: Wollen wir den gläsernen Menschen ohne Wenn und Aber? – Ich denke nicht, und deshalb, glaube ich, ist dieser Bürgerinitiative recht zu geben, und wir unterstützen die­se mit vollem Herzen. – Danke. (Beifall des Abg. Markowitz.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesmi­nisterin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.30.38

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir leben in Europa, in einem Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und die stete Wahrung der Grundrechte sind elementare Werte unserer Gesellschaft und prä­gen dementsprechend auch den Wertekanon der Europäischen Union und ihrer Mit­gliedstaaten.

Als Justizministerin kommt mir die Aufgabe zu, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu sichern und zu bewahren. Natürlich ist dieses Vertrauen gefährdet, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger annehmen müssen, dass ihr Kommunikationsgeheimnis nicht mehr geschützt ist.

Eine offene und transparente Gesellschaft ist auf die vertrauensvolle Kommunikation ihrer Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Nur auf diese Weise kann Privatheit, aber auch Diskussionsbereitschaft und Teilnahme am öffentlichen Diskurs gewährleistet werden. Skepsis und Sorge der Bevölkerung, wie selbstverständlich auch die heute zur Debatte stehende Bürgerinitiative, nehme ich vor diesem Hintergrund natürlich sehr ernst. Mit großem Interesse verfolge ich daher die weitere Entwicklung betreffend die drei gegen die Umsetzung der Richtlinie beim Verfassungsgerichtshof eingebrach-
ten Gesetzesbeschwerden – und dies nicht nur, weil bei einem Verfahren immerhin 11 130 Antragsteller auftreten.

Seit dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2012, mit dem er den Europäischen Gerichtshof mit Fragen zur Vereinbarkeit der Richtlinie mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Grundrechtecharta befasst hat, stehen wir vor einer neuen Situation. Ich begrüße diese Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, weil nur dadurch sichergestellt ist, dass die Frage der Grundrechtskonformität der in Rede ste­henden Richtlinie endgültig geklärt wird – was natürlich auch in Reformvorhaben der Europäischen Kommission münden wird.

Nicht unerwähnt möchte ich jedoch lassen, dass sich aus dem Vorlagebeschluss des Verfassungsgerichtshofes keine Kritik an den Umsetzungsschritten in der Strafprozess­ordnung herauslesen lässt, weil im Zentrum der Überlegungen die Richtlinie selbst be-


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ziehungsweise deren eigentliche Umsetzung in den Regelungen des Telekommunika­tionsgesetzes stehen.

Ungeachtet des mit Spannung zu erwartenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs möchte ich auch auf die Sorgen und Befürchtungen all jener, die sich gegen die Vor­ratsdatenspeicherungspflicht wenden, eingehen, und zwar mit einem Blick auf die Praxis.

Zur Frage der Zweckmäßigkeit des Zugriffs auf Daten des Telekommunikationsver­kehrs möchte ich voranstellen, dass es schon bisher – also über viele Jahre bereits vor dem 1. April 2012 – zulässig und gängige Praxis war, dass die Strafverfolgungsbehör­den im konkreten Verdachtsfall und natürlich nur bei Erfüllung der entsprechenden ge­setzlichen Voraussetzungen über jene Daten Auskunft erhalten haben, die beim Betrei­ber zu betrieblichen Zwecken vorrätig waren. Diese Ermittlungsmaßnahme stellte schon in der Vergangenheit ein äußerst wirksames Mittel zur Verfolgung und Aufklä­rung schwerer Kriminalität – etwa Mord, Raub, Einbruchsdiebstahl und Sexualdelikte – dar.

Die Umsetzung der Richtlinie Vorratsdatenspeicherung hat in Österreich nach meinem Dafürhalten auch zu einem verstärkten Grundrechtsschutz und zu mehr Rechtsklarheit für Anbieter und Behörden geführt, wobei ich vor allem die umfassenden Kontrollbefug­nisse des Rechtsschutzbeauftragten der Justiz hervorheben möchte.

Auch die zur Gewährleistung einer hohen Datensicherheit geschaffenen technischen Voraussetzungen für die Datenübermittlung – also die verschlüsselte Übermittlung der Daten von den Anbietern an die Strafverfolgungsbehörden – sind als vorbildlich zu be­werten.

Hohes Haus! Die bisherigen Erfahrungen bezüglich der Anwendung der Bestimmun­gen über die Auskunft von Vorratsdaten haben gezeigt, dass die Strafverfolgungsbe­hörden mit diesem Instrumentarium wirklich maßvoll umgehen. Der Rechtsschutzbe­auftragte der Justiz berichtet, dass ihm zum 31. Oktober 2012 über 168 Anordnungen nach § 135 Abs. 2a StPO – darunter Fälle von Raub, Vergewaltigung und Suchtgift­handel – vorgelegt wurden. Der Rechtsschutzbeauftragte berichtet im Übrigen, dass sich in keinem Fall Bedenken gegen die getroffenen Anordnungen ergeben hätten.

Es war nicht nur einhellige Meinung, dass sie der Aufklärung förderlich sind, insbeson­dere der Ausforschung weiterer Beteiligter, sondern geradezu die Notwendigkeit der retrospektiven Ermittlungsmaßnahmen stand außer Zweifel. Vor allem gilt dies in der Vielzahl der Fälle schweren Diebstahls mit großen Schadenssummen und des schwe­ren Raubes, teils offensichtlich durch ausländische Banden begangen, wobei in diesen Fällen eine Betroffenheit Unbeteiligter in einem geringen Ausmaß zu befürchten ist, weil sich die Ermittlungen de facto ohnedies nur auf Kommunikationen zwischen den Komplizen beschränken.

Der Schutz der Privatsphäre Unbeteiligter ist durch das Erfordernis gerichtlicher Bewil­ligung, die Prüfung durch den Rechtsschutzbeauftragten und die Ergebnisprüfung durch ihn weitestgehend gewährleistet. Insoweit besteht für mich bislang kein Zweifel, dass wir, soweit mein Zuständigkeitsbereich betroffen ist, gegen den Zugriff auf Vor­ratsdaten für Zwecke der Strafverfolgung einen umfassenden Rechtsschutz gewähr­leisten und die Verwendung von Vorratsdaten in bestimmten, vom Gesetz klar determi­nierten Fällen tatsächlich ein notwendiges Instrument zur wirksamen Verfolgung schwerer und schwerster Kriminalität ist, das sich in den letzten Monaten auch in der Praxis bewährt hat.

Der Ausgleich zwischen den Rechten des Einzelnen auf Wahrung seiner Rechte auf Datenschutz und Privatsphäre auf der einen Seite und dem legitimen Interesse des Staates und der betroffenen Opfer auf Verfolgung und Aufklärung schwerer und


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schwerster Straftaten wird nach meinem Empfinden im Strafverfahren unter den Rah­menbedingungen der Richtlinie auch tatsächlich gewahrt.

Wenn nun von den hier vertretenen Fraktionen Zweifel an der Ausgewogenheit der Ba­lance zwischen den Rechten des Einzelnen und den Zwecken der Verbrechensbe­kämpfung und der Strafverfolgung angemeldet und daraus ein Änderungsbedarf abge­leitet wird, so stellen wir uns gerne dieser Diskussion, weil nämlich die Wahrung der Menschenrechte ein hohes Gut und natürlich auch Maßstab für eine gerechte Justiz ist.

Allerdings wird einmal abzuwarten sein, wie der Europäische Gerichtshof die Rege­lungen der Richtlinie im Hinblick auf die Wahrung dieser Balance bewerten wird. Wir dürfen aber auch nicht vorschnell auf die Schutzfunktion des Strafrechts und seiner Durchsetzung verzichten – auch Opfer schwerer Kriminalität haben nämlich ein Recht darauf, dass der Staat und seine Organe für die Zwecke der Ausforschung und Verfol­gung dieser Taten einen beschränkten und kontrollierten Zugang zu Daten der Tele­kommunikation haben müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Zögerlicher Applaus seitens der ÖVP!)

14.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Himmelbauer zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.38.51

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Mir ist bewusst, dass das Thema Vorratsdatenspeicherung keinesfalls leichtfertig behandelt werden darf, ge­rade weil es sich um persönliche Daten handelt. Und egal ob es analog oder digital ist, wenn es um persönliche Daten geht, dann müssen wir Wert darauf legen, dass damit adäquat umgegangen wird und dass deren Sicherheit gewährleistet wird.

Die Speicherung von Metadaten von elektronischer Kommunikation, aber auch die Um­setzung der EU-Richtlinie generell hat – für mich verständlicherweise – Unmut in der Bevölkerung erzeugt und hat auch berechtigten Zweifel aufkommen lassen, und das nicht nur bei uns in Österreich, sondern in der gesamten EU.

Beim Hearing im November – und das hat die Frau Ministerin schon angesprochen – hat der Rechtsschutzbeauftragte des BMJ gesagt, dass seit Inkrafttreten der Vorrats­datenspeicherung bis Ende Oktober 2012 rund 168 Abfragen getätigt worden seien. Diese betrafen unter anderem Mord, schwerer Raub, Stalking und Vergewaltigung – al­so durchaus auch schwere Straftaten, wie es auch die EU-Richtlinie vorsieht.

Aber ich glaube, auch wenn es zu keiner entsprechenden Stellungnahme des EuGH kommt, müssen wir uns darüber klar werden, wie wir im digitalen Bereich die Grenze ziehen. Dass Begehrlichkeiten geweckt werden, nur weil es die technischen Möglich­keiten gibt und Daten auch für andere Zwecke genützt werden können, kann so nicht richtig sein.

Wir müssen festlegen, wofür Telekommunikationsdaten genützt werden, vor allem müssen aber wir auch festlegen, wofür sie nicht verwendet werden dürfen. Und wir müssen auch klarstellen, wie die Schutzmechanismen dahin gehend aussehen, um die Grenzen für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Rädler – in Richtung des sich langsam zum Redner­pult begebenden Abg. Dr. Jarolim –: Lässt sich bitten!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 121

14.41.17

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Danke für die Nachsicht, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn man jetzt die Fra­ge stellt, was eigentlich zu kritisieren ist – ob das Gesetz zu kritisieren ist oder ob der umgesetzte Normenbestand in der EU zu kritisieren ist –, dann muss man sich nur einmal die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorlage an den EuGH an­schauen.

Der Verfassungsgerichtshof spricht ganz eindeutig davon, dass er Bedenken hat, dass die EU-Richtlinie über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung der EU-Grundrechte­charta widersprechen könnte. Das heißt, der Verfassungsgerichtshof sagt nicht etwa, die Umsetzung sei falsch, denn dann könnte er selbst aufheben und sagen, im Lichte der Richtlinie sei die Umsetzung überschießend, sondern er sagt, die Richtlinie gehöre angeschaut – das heißt, das, was wir umgesetzt haben, gehört angeschaut –, und er geht davon aus, dass sie im Lichte der Grundrechtecharta überschießend ist.

Das ist natürlich ein riesiger Unterschied, und man kann es drehen und wenden, wie man will, das Grundübel ist nun einmal das Zustandekommen der Richtlinie durch die seinerzeitige Zustimmung des BZÖ. Da kann man reden, was man will, man hätte das nicht tun dürfen. Ich verstehe das schon: Es war damals offensichtlich peppig, da mit­zuspielen. Man hat also nicht lange nachgedacht und irgendetwas getan, ohne das Hirn wahnsinnig zu strapazieren – und daran leiden wir jetzt alle. Insofern ist das unser aller Problem, weil man sich damals natürlich hätte fragen können, ob man das nicht auch anders machen kann.

Ich glaube also, dass das, was Kollege Maier vorhin richtigerweise gesagt hat – dass der deutsche Datenschutzbeauftragte den Vorschlag macht, diese Daten nur in Fällen, wo das Gericht es anordnet, blitzartig zu speichern und dann anzuschauen –, natürlich auch der Intention entspricht, denn die Vorratsdatenspeicherung hat eben – und das haben Kollegen vor mir auch schon gesagt – den Sinn, nur bei schwerst kriminellen Aktivitäten als Mittel zur Forschung herangezogen zu werden.

Wenn man sich anschaut, dass es Kreise gibt, die für einen Hendldieb mehr oder weni­ger auch die Vorratsdatenspeicherung heranziehen möchten, dann sieht man allein da­ran schon, welche enormen Probleme mit dieser Möglichkeit für schwer kriminelle Fälle entstehen können. Daher ist das, was da vorgeschlagen wurde – und es ist ein Grüner, der diesen Vorschlag in Deutschland unterbreitet hat; das muss man dazusagen –, nämlich Quick Freeze durchzuführen, auf richterliche Anordnung in die Daten hinein­zugehen, aus meiner Sicht ein durchaus probates Mittel, wie weiter vorzugehen ist.

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch eines sagen, weil es auch andere Bereiche gibt, in denen dann die unterschiedlichen Kreise auf einmal auf die Idee kommen, sie würden für ihre Zwecke auch gerne eine derartige Vorratsdatenspeicherung haben: Das ist im Zusammenhang mit dem Urheberrecht der Umstand, das zur Verfolgung urheberrecht­licher Eingriffe heranzuziehen. Das ist sicherlich die absolut geringste Intensität von Eingriffen im Vergleich zu Mord, schwerer Körperverletzung und Vermögensdelikten, und dort muss man das sicher zurückweisen. Das sind einzelne Bereiche, die das dort heranziehen, und ich glaube, unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass das nicht kommt.

Ich darf den Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung noch einmal ganz kurz zi­tieren, welche Bedenken er darlegt, nämlich „dass durch die vorgegebene Verpflich­tung“ – nämlich der EU-Richtlinie – „zur Speicherung der Daten Rückschlüsse auf Ver­halten, Gewohnheiten und Aufenthaltsorte der Nutzer von Kommunikationsdiensten und damit die Erstellung von sogenannten ‚Bewegungsprofilen‘ ermöglicht würden.“

Das heißt, der Verfassungsgerichtshof sagt nichts anderes als: Eigentlich ist dadurch der gläserne Mensch gegeben. Es kann im Zusammenhang mit einem Missbrauch –


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das ist dann im nächsten Absatz ausgeführt – jeder, der das will und sich über diese Hemmschwelle hinwegsetzt – und das kommt leider Gottes immer vor –, über jeden alles wissen, was es nur gibt, was dessen Leben quasi hergibt, und das können wir si­cher nicht wollen.

Ich gehe davon aus, dass der EuGH diese Richtlinie aufhebt und wir dann endlich eine entsprechende Anpassung des österreichischen Normenbestandes durchführen kön­nen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.46.16

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Jarolim, wenn Sie vom Hirn stra­pazieren sprechen, dann darf ich Sie bitten, Ihr eigenes Hirn etwas mehr zu benützen und nicht in der Vergangenheit zu verweilen (Heiterkeit, Beifall und Bravoruf beim BZÖ), sondern zu überlegen, wie man diese schlechte Richtlinie wegbringen kann, wie man gegen die Vorratsdatenspeicherung vorgehen kann, und nicht erst darauf zu war­ten, dass die EU das aufgrund des Verfassungsgerichtshofbeschlusses abändert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Ich verstehe das Problem sehr wohl (Abg. Grosz: Wir verstehen auch Ihr Problem mit der ALIZEE BANK!), und vielleicht machen Sie keine unqualifizierten Zwischenrufe, sondern hören zu, dann können Sie noch et­was lernen, sehr geehrter Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Grosz: Die heißt eh ALIZEE, oder?)

Tatsache ist, dass die Vorratsdatenspeicherung unbescholtene Bürger unter General­verdacht stellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird auch der Rechts­grundsatz „in dubio pro reo“ umgekehrt in „in dubio contra reo“, und das kann es nicht sein.

Mein Kollege Grosz hat es schon ausgeführt, und einige Vorredner, vor allem von den Oppositionsparteien, haben es auch schon angesprochen, dass diese Vorratsdaten­speicherung ein massiver Eingriff in die Privatsphäre ist, und die Privatsphäre ist ein Grundrecht. Das wissen wir doch alle hier im Hohen Haus, meine sehr geehrten Da­men und Herren!

Jeder von uns, der ein Telefon benützt, der telefoniert, der eine SMS verschickt, der sich im Internet aufhält, wird erfasst, ist von dieser Richtlinie betroffen, und die Daten werden gespeichert. Es wird quasi jeder kriminalisiert, ohne einen Grund. Kollege Steinhauser hat eingangs in seiner Rede schon erwähnt, dass die wahren Kriminellen genau wissen, wie sie sich davor schützen, nur, der unbescholtene Bürger bleibt wie­der auf der Strecke, wird überwacht – und das lehnen wir ab, und das muss auch zu Fall gebracht werden, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich kann Ihnen von den Regierungsparteien Kritik nicht ersparen, wenn ich mir das ansehe – Gott sei Dank sind wir in Österreich so weit, dass die Bürger aktiv mitbe­stimmen, mitentscheiden –, denn wie ist es denn zu dieser Situation gekommen, vor der wir heute stehen? – Über 106 000 Österreicherinnen und Österreicher haben die Bürgerinitiative unterschrieben, über 11 000 Österreicherinnen und Österreicher haben sich mit einer Anfechtung dieser menschenrechtswidrigen EU-Richtlinie an den Ver­fassungsgerichtshof gewandt, und der Verfassungsgerichtshof hat diesem Anliegen recht gegeben, indem er eine Empfehlung an den Europäischen Gerichtshof schickt, die Konformität dieser Richtlinie zu prüfen.

Das kann nur der Europäische Gerichtshof entscheiden. Diese Entscheidung kann lei­der sehr lange dauern, bis zu 16 Monate, wie wir wissen, der Verfassungsgerichtshof


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geht aber davon aus, dass in diesem Fall rascher entschieden wird, was wir auch hof­fen. Wir hoffen natürlich auch, dass dann durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes diese Vorratsdatenspeicherung zu Fall gebracht wird.

Schade ist es allerdings, dass es dazu die Bevölkerung braucht und dass die Abgeord­neten der Regierungsparteien ihrem Auftrag nicht nachkommen, nämlich Vorschläge zu machen, damit wir diese Vorratsdatenspeicherung schon früher loswerden, damit sie rückgängig gemacht wird, damit unbescholtene Bürger nicht weiterhin bespitzelt werden. Da haben Sie Ihre Arbeit nicht gemacht, so wie in vielen anderen Bereichen auch. Das ist schade, aber die Österreicherinnen und Österreicher werden Sie bei den kommenden Wahlen dafür sicher nicht belohnen. (Beifall beim BZÖ.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.59

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident, ich kann Sie jetzt leider nicht als Ersten begrüßen, und auch nicht die Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus; ich muss die Bürger an den Fernsehschirmen herzlich begrüßen, denn was man jetzt in dieser Debatte so gehört hat, das macht einem ja wirklich Angst. (Zwischenruf des Abg. Grosz. – Abg. Öllinger: Wir grüßen auch die Bürger !)

Als jemand, der wirklich dafür bekannt ist, sich für Datenschutz einzusetzen, als je­mand, der dieser Vorratsdatenspeicherung bekanntermaßen besonders kritisch gegen­überstand und gegenübersteht, ist es mir ein großes Anliegen, hier die Bürger zu beru­higen.

Nein, Sie werden nicht bespitzelt; nein, Ihre Daten werden nicht von der Polizei oder vom Staat gespeichert, sondern Ihre Daten werden wie bisher bei Ihrem Telefonan­bieter gespeichert, und dort bleiben sie auch, dort wurden sie auch schon vorher ge­speichert. (Zwischenruf der Abg. Schenk.)

Der Unterschied ist – erstens –, jetzt dürfen Sie nur noch ein halbes Jahr gespeichert werden, während sie vorher auch für ewige Zeiträume gespeichert wurden, und – zwei­tens – zusätzlich zu den Daten, die schon immer gespeichert wurden, wird jetzt auch Ihre IP-Adresse, das heißt, an welchem Computer Sie sitzen, gespeichert, und von welcher E-Mail-Adresse an welche E-Mail-Adresse ein E-Mail ging; nicht welche Per­son, sondern welche E-Mail-Adresse. Dies ist Voraussetzung für ganz normale polizei­liche Ermittlungsarbeit. Es wird kein Inhalt von einem E-Mail gespeichert, niemals und zu keinem Zeitpunkt.

Um an diese Daten zu kommen, braucht es ein Vier-Augen-Prinzip bei der Staatsan­waltschaft, braucht es ein Vier-Augen-Prinzip bei der Polizei. Und weil uns, weil mir das nicht genug war, haben wir eine Plattform programmieren lassen, die sicherstellt, dass die Polizei nicht beim Betreiber zugreift, sich die Daten herausholt, sich vielleicht mehr holt, als sie darf. Auf diese Plattform werden diese Daten im Einzelfall – im zu begrün­denden, überprüfbaren und überprüften Einzelfall – gelegt, und von dort können sie jetzt von der Polizei abgeholt werden.

Es gibt viel größere Eingriffe in die Privatsphäre, wie etwa in folgendem Beispiel: Ein Polizist steht auf der Straße vor einem Haus, dort wohnt ein Krimineller oder ein Ver­dächtiger; jeder, der in diesem Haus ein und aus geht, kann fotografiert werden, kann überprüft werden. – Darüber gibt es schon lange keine Aufregung mehr. Man muss al­so die Kirche im Dorf lassen.

Diese Daten werden für die Aufklärung schwerer Verbrechen und solcher, die nur mit Hilfe dieser Vorratsdaten aufklärbar sind, wie zum Beispiel Stalking, herangezogen.


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Anders findet man einen Stalkingtäter nicht. Wer wie ich schon Frauen getroffen hat, die von ihren Exfreunden gestalkt wurden, die psychisch zerrüttet sind, der weiß, dass das das einzige Instrument ist, wie man auch der Täter habhaft werden kann.

Es ist allerdings weit überschießend, diese Daten oder auch andere Daten – es müs­sen gar nicht die Vorratsdaten sein – in Zukunft auch für ganz einfache, nicht gewerbs­mäßige Urheberrechtsverletzungen heranzuziehen und verfügbar zu machen. Dage­gen werde ich mich ganz massiv zur Wehr setzen.

Ich glaube, für viele Menschen, die diese Bürgerinitiative unterstützt haben, ist genau das der Grund, warum sie so gegen die Speicherung dieser Daten sind: weil jeder ein­malige illegale Download eines Musikstückes – das ist nicht legal, aber sehr viele Kin­der und Jugendliche tun das ab und zu einmal – damit geahndet und verfolgt werden kann. Außer in Fällen der Gewerbsmäßigkeit darf überhaupt keines dieser Daten für Urheberrechtsverletzungen herangezogen werden; wenn Sie mich fragen, ist das völlig aus der Waage. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Grünen: Das ist ja falsch!) 

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.26

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Recht laufen bereits seit Jahren Datenschützer und besorgte Bürgerinnen und Bürger gegen die Vorratsdatenspeicherung Sturm. Der Nationalrat musste aufgrund einer drohenden Millionenklage bei Nichtumsetzung der EU-Richtlinie trotz Bedenken unsererseits letztendlich die Vorratsdatenspeicherung mit 1. April 2012 in Kraft setzen, und zwar auf Basis der notwendigsten Erfordernisse mit kürzester Speicherdauer.

Mit der Umsetzung dieser EU-Richtlinie wurden heimische Kommunikationsdienstleis­ter verpflichtet, diverse Nutzerdaten für die Dauer von einem halben Jahr zu speichern, egal, ob es einen Anlass gibt oder nicht. Im Wesentlichen gilt die Speicherpflicht zum Zweck der Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten, was im Prinzip bedeutet, dass diese Daten zur Terrorismusbekämpfung verwendet werden sollten.

Uns allen ist bewusst, dass eine gesteigerte Gefahr von terroristischen Aktivitäten in Europa die Justiz- und Sicherheitsbehörden in den letzten 15 Jahren vor neue Herausforderungen gestellt hat. Es gilt für uns Politikerinnen und Politiker, bestmöglich mit der Justiz zusammenzuarbeiten und Lösungen zu finden, die für die Justiz und na­türlich auch für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger zufriedenstellend sind.

Statt einer generellen Speicherung wäre etwa eine anlassbezogene Bearbeitung bei entsprechend genauer rechtlicher Prüfung des Verdachts schon denkbar. Da muss dann auch sichergestellt werden, dass es keine unberechtigten Zugriffe gibt und die Daten dann auch wieder gelöscht werden. Zu gewährleisten, dass diese Daten nicht ir­gendwie missbraucht werden können, ist schwierig, weil wir mit der Möglichkeit der Speicherung auch die prinzipielle Möglichkeit des Missbrauchs schaffen.

Beim Hearing im Justizausschuss im November teilte uns der Rechtsschutzbeauftrage im Justizministerium mit, dass es seit Einführung der Vorratsdatenspeicherung 188 Ab­fragen durch Justiz- und Sicherheitsbehörden gegeben hat. In 19 Fällen ist bis zu die­sem Zeitpunkt eine Aufklärung erfolgt. Die Frau Ministerin hat das schon erwähnt; ich möchte das noch ein bisschen genauer ausführen:

In drei von bis dahin 168 Fällen ging es um Mord, in 58 um schweren Diebstahl, in 14 um schweren Raub, in 20 um Stalking, in 16 um schweren Betrug, in 20 um Verstöße


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gegen das Suchtmittelgesetz und in zehn um Vergewaltigung. Bei den 19 bis zu die­sem Zeitpunkt aufgeklärten Fällen hat es sich bei sieben um Stalking gehandelt.

Auf keinen Fall will ich diese Straftaten verharmlosen, aber es ist schon offensichtlich, dass es sich bei diesen Fällen nicht um Terrorismusbekämpfung handelt, und dies war ja der eigentliche Grund, weshalb eine Vorratsdatenspeicherung vonseiten der EU ge­fordert wurde. Jetzt wird das eigentliche Problem der Vorratsdatenspeicherung sicht­bar, denn die EU-Grundrechtecharta garantiert – wie die Europäische Menschenrechts­konvention und auch das in der österreichischen Verfassung verankerte Grundrecht auf Datenschutz –, dass jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden Daten hat.

Wie die oben erwähnte Auswertung zeigt, betrifft die Vorratsdatenspeicherung fast ausschließlich Personen, die keinen Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben. Die Behörden ermitteln ihre Daten und sind über das private Verhalten solcher Perso­nen informiert, und dazu kommt dann auch noch die Gefahr des Missbrauchs.

Ich möchte den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Gerhart Holzinger zitieren, der in einer Presseaussendung vom 18. Dezember 2012 Folgendes schreibt:

„Der Verfassungsgerichtshof ist verpflichtet, den EuGH einzuschalten, wenn er Zweifel an der Gültigkeit bzw. Auslegung von Unionsrecht hat. Wir haben Zweifel daran, dass die EURichtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit den Rechten, die durch die EUGrund­rechte-Charta garantiert werden, wirklich vereinbar ist.“

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

Ich mache darauf aufmerksam, ich werde um 15 Uhr – also in einer Minute – diese De­batte unterbrechen müssen. Wollen Sie dennoch beginnen? (Abg. Herbert verneint dies.) – Dann unterbreche ich bis 15 Uhr, bis zum Aufruf der Dringlichen Anfrage, kurz­fristig die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und unterbreche die Verhandlungen über Punkt 9 der Tagesordnung, damit die ver­langte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.21Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung (13793/J)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 13793/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 126

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

„Wenn in Österreich im kommenden Jänner per Volksabstimmung über die Einführung eines Berufsheeres entschieden werden soll, so bleibt den Österreichern die Chance, es besser zu machen“ schrieb ein deutscher Offizier in der Presse vom 02.09.2012.

Am 20. Jänner 2013 fand nach einem unrühmlichen Vorspiel die Volksbefragung über die Beibehaltung der Wehrpflicht oder die Einführung eines Berufsheeres statt.

Die Fragestellung im Einzelnen:

a) Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen So­zialjahres

oder

b) sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes?

Das Ergebnis war mit einer Zustimmung von 59,8 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht mehr als eindeutig.

BM Mag. Darabos konnte weder seine Partei wirklich begeistern, innerhalb der SPÖ war das Thema „Berufsheer“ nicht unumstritten, noch in seiner Amtszeit den Gutteil der Soldaten für sich und seine Idee gewinnen. Es blieb bei einer Politik des Bundesmi­nisters Darabos der nachhaltigen Demoralisierung der Truppe und der Demontage des Bundesheeres. Eine traurige Bilanz nach sechs Jahren Bundesminister für Landesver­teidigung.

War noch am Anfang die Prämisse: „Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“ (), so hat BM Darabos doch zumindest mit dem zweiten Satz Recht behalten.

Am 4. Oktober 2010 gab es eine Vorausmeldung der „Krone“ auf ein Interview in der Zeitung vom 5.10.2010, dass Bürgermeister Häupl sechs Tage vor der Wahl in Wien als Wahlkampfzuckerl für eine Volksbefragung zur Abschaffung der Wehrpflicht eintritt. Nach kurzer Ratlosigkeit an der Spitze des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport wurde die Forderung unterstützt. In der Folge wurde für ein Berufsheer plä­diert und die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert.

Ein 180 Grad Schwenk von Bundesminister Darabos, der in der Geschichte seines Gleichen sucht, denkt man an die letztlich gescheiterte Demontage des Generalstab­chefs Entacher zurück.

Durch das Ergebnis der Volksbefragung wurde das Projekt „Daraboses-Berufsheer“ deutlich abgelehnt und damit auch der Bundesminister mit seiner politischen Linie be­treffend das Österreichische Bundesheer ganz klar abgestraft.

Im Vorfeld der Volksbefragung wurde von Seiten des BM Darabos in offiziellen Vorträ­gen Werbung für einen privaten Verein zur Unterstützung des Berufsheeres gemacht sowie Heeresgerät für die Werbevideos dieses Vereins zur Verfügung gestellt.


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Wie nun die Reform des Grundwehrdienstes sinnvoll und objektiv durchgeführt werden soll, ist fraglich. Der zuständige Bundesminister, der dieses Modell komplett ablehnt, seine Offiziere, die einen werden nicht wiederbestellt, da sie augenscheinlich anderer Meinung als er sind, die anderen werden bestellt werden, obwohl sie Verfechter des Berufsheeres sind. Diese Reform ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Die anstehenden Neubestellungen der höchsten Funktionen müssen durch einen neuen Bundesminister, der die Entscheidung des Volkes klar und ohne Ressentiments mit dem dafür geeigneten Personal umzusetzen trachtet, erfolgen!

In diesem Zusammenhang ergeht an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport folgende

Dringliche Anfrage

1. Wie viele Berufsheerprojekte sind derzeit in Durchführung begriffen?

2. Wann sollen diese, vor allem im Lichte des Ergebnisses der Volksbefragung, be­endet werden?

3. Wie hoch waren die bisherigen Kosten für jedes dieser Projekte?

4. Wie hoch werden die geplanten Gesamtkosten dieser Projekte sein?

5. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgten diese Pilotprojekte?

6. Wie hoch werden die Kosten für die von Ihnen geplante Abschaffung oder Reduzie­rung der Systemerhalter im Jahr 2013 sein?

7. Welche Reformen werden Sie zur Umsetzung des Ergebnisses der Volksbefragung setzen?

8. Wann werden Sie sich für die notwendige Anschubfinanzierung mit der Bundes­ministerin für Finanzen in Kontakt setzen?

9. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Attraktivierung des Grundwehr­dienstes setzten?

10. Wann soll die Reform des Grundwehrdienstes umgesetzt sein?

11. Haben Sie als zuständiger Ressortleiter den Einsatz von Soldaten inklusive Grund­wehrdienern bei Skisportveranstaltungen im Jänner 2013 befohlen?


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12. Wie viele Grundwehrdiener kamen bisher bei solchen Wintersportveranstaltungen im Jahr 2013 zum Einsatz?

13. In welcher militärischen Funktion kamen diese Soldaten dort zum Einsatz?

14. Stehen solche Tätigkeiten im Zusammenhang mit Ihrer Maßnahmen zur Attrakti­vierung des Grundwehrdienstes?

15. Wurden für die Erstellung der Werbevideos für ein Berufsheer des privaten Vereins www.personenkomiteeunserheer.at Heeresgerät verwendet?

16. Wer hat dies genehmigt?

17. Welche Kosten sind dem Bundesheer durch die Zurverfügungstellung des Geräts entstanden?

18. Welche Bundesheergerätschaften wurden für die Videos dem privaten Verein zur Verfügung gestellt?

19. Zu welchen Heeresliegenschaften hatte der private Verein für die Filmaufnahmen Zutritt?

20. Wurde der Dienstbetrieb durch die Aufnahmetätigkeit gestört oder verzögert?

21. Hat die Heeres Bild- und Filmstelle dem Verein zugearbeitet, indem Material zur Verfügung gestellt wurde?

22. Welcher Aufwand entstand dadurch der HBF?

23. Wie hoch waren die Kosten für die von Ihrem Ressort geschalteten Zeitungsinse­rate für den Zeitraum Oktober bis Jänner 2013, aufgegliedert auf Landesverteidigung und Sport?

24. Welche Zeitungen haben davon in welchem Ausmaß profitiert?

25. Wie hoch waren die Gesamtausgaben für Werbung von Ihrem Ressort für den Zeit­raum Oktober bis Jänner 2013, aufgegliedert auf Landesverteidigung und Sport?

26. Gab es im Zeitraum Oktober bis Jänner 2013 zusagen von Ihrem Ressort (Landes­verteidigung und Sport) für Inserate im Jahr 2013?

27. Wenn ja, in welchem Umfang an welches Medium?

28. Soll es sinnvoller Weise zu einer Weiterbestellung der zur Zeit in den Spitzen­funktionen befindlichen Offizieren bis zum Ende der Reform kommen?

29. Wenn nein, warum nicht?

30. Inwieweit behindert die Planstellenbesetzungsverordnung 2012 die personellen Re­formplanungen ihres Ressorts, wenn es weiterhin zur Übersteuerung durch das Bun­deskanzleramt bei der Arbeitsplatzbesetzung in ihrem Ressort kommt?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dring­lich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begrün­dung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Fichtenbauer als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.00.51

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es gäbe natürlich die Hoffnung, die


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verständlicherweise im Gemüt des Herrn Bundesministers für Landesverteidigung Platz finden würde, bestimmt auch Platz gefunden hat, nach dem Ergebnis der Volks­befragung zur Tagesordnung überzugehen und tunlichst zu vergessen, was so passiert ist. Aber, und dafür bitte ich um Entschuldigung, diesen Gefallen können wir Ihnen nicht machen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Sache, die Sie angezettelt haben, ist zu ernst. Es hat die Bevölkerung geraume Zeit hindurch in Atem gehalten, genau genommen seit 5. Oktober 2010, auf welch dra­matische Weise ein derart wichtiges Instrument der Souveränitätserhaltung der Repu­blik, nämlich das österreichische Bundesheer, misshandelt wurde. Es ist ja nicht so, dass das der bösen Beachtungsintentionalität der Freiheitlichen entspringt, sondern wir befinden uns da in Gesellschaft mit vielen Kommentatoren, in Gesellschaft mit Beob­achtern des In- und Auslandes.

Ich kann Ihnen das folgende Zitat nicht ersparen – es ist sehr spitz, sehr pointiert, aber von nahezu unüberbietbarer Güte zeitungsliterarischer Qualität –, Christian Ortner hat am 24. Jänner 2013 Folgendes geschrieben:

„Was einen intelligenten, umgänglichen und wahrscheinlich auch redlichen Mann wie Norbert Darabos dazu bringt, sich öffentlich demütigen, entwürdigen und der Lächer­lichkeit preisgeben zu lassen.

Verfügte Norbert Darabos über eine auch nur geringfügige Achtung vor Norbert Dara­bos, wäre er vom Amt des Verteidigungsministers zurückgetreten.“ (Beifall bei der FPÖ.)

„Verfügte Norbert Darabos über eine auch nur geringfügige Achtung vor Norbert Dara­bos, wäre er bereits im Oktober 2010 zurückgetreten – damals, als der Wiener SPÖ-Chef Michael Häupl dem überzeugten Vertreter der allgemeinen Wehrpflicht Darabos mitteilte, er habe künftig ein überzeugter Gegner der Wehrpflicht zu sein.

In dieser für einen Verteidigungsminister zentralen Frage öffentlich und dazu noch vom schon jenseits seines Zenits politischer Potenz befindlichen Häupl am Nasenring durch die Manege geführt zu werden, zum Gaudium des johlenden medialen Mobs – schlim­mer ist wahrscheinlich noch kein Minister in der Zweiten Republik gedemütigt worden.“ (Beifall bei der FPÖ.)

„Hätte Häupl“ – so schreibt Christian Ortner weiter – „seinen Parteifreund Darabos an­gewiesen, den Rest seiner Amtszeit mit einer roten Narrenkappe bei den Kabinettssit­zungen zu erscheinen, die Erniedrigung wäre nicht größer gewesen.“

Und weiter: „Faszinierend an diesem Vorgang ist die Frage, was einen eher intelligen­ten, umgänglichen und wahrscheinlich nicht einmal unredlichen Mann wie Darabos da­zu bewegt, eine so entwürdigende Behandlung durch seine Parteifreunde hinzunehmen“.

Darabos hätte durch seinen Rücktritt Rückgrat zeigen können und die Achtung bewah­ren und gegebenenfalls wieder gewinnen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister! Das Problem ist ja nicht so sehr in der psychologischen Erörte­rung Ihrer subjektiven Befindlichkeit zu sehen – ich kann mir auf menschlicher Ebene durchaus vorstellen, dass es Ihnen die ganze Zeit hindurch nicht besonders gut gegan­gen sein mag –, sondern es ist das Ihnen anvertraute Instrument, das österreichische Bundesheer – in Summe sprechen wir von insgesamt 55 000 Menschen –, mit hinein­gezogen worden. Sie haben einen tiefen Riss innerhalb der Berufsmilitärs erzeugt.

Hier links, hier rechts, gegenseitige Belauerungen: Was kann ich denn werden, wenn das eine Modell gewinnt oder das andere? Wie geht es mit meinem Job weiter? Der ei­ne beäugt den anderen, Misstrauen.

Das größte Übel besteht darin, die Motivenlage eines Heeres zu ruinieren. Militär ist zu einem hohen Prozentsatz von emotionaler Qualität und Dienstbereitschaft getragen,


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ähnlich wie das bei Ärzten, Priestern und Lehrern der Fall ist. Aber niemand von denen hat geschworen, für das Vaterland auch sein Leben einzusetzen.

Das ist ernst zu nehmen. Aber es gibt durchaus die Neigung, mit dieser Bereitschaft politische Spielchen zu treiben, Lächerlichkeiten auszusprechen. Aber die Leute, die etwa im Auslandseinsatz, weil sie auf eine Mine treten, ein Bein verlieren oder sich sonst schwere Verletzungen, die sie sonst nicht hätten, zuziehen, haben eine andere Betrachtungsperspektive.

All das, das Ruinieren, das Herabwürdigen, das Entgleisen in der persönlichen Fähig­keit, uneingeschränkt dem Dienst zur Verfügung zu stehen, dem Vaterland zu dienen – Sie waren schon oft bei der Leutnantsausmusterung, aber das laute Schlusswort der Offiziere „zu dienen“, das geht an Ihnen vorbei. Sie sind sofort bereit, am sogenannten Altar – es handelt sich natürlich um keinen Altar, sondern um einen Stein, denn Sie ha­ben einmal gesagt, dass die Wehrpflicht in Granit gemeißelt ist – in Form von theoreti­schen Räucherstäbchen das, was gestern gegolten hat, in die Luft zu blasen.

Ich erinnere daran, was Sie in der Geschichte Ihrer Ministerschaft zu diesem zentralen Punkt, der Gestaltung des Heeres, von sich gegeben haben, mehrfach und x-fach.

10.1.2007 – Sie waren kaum angelobt –: „Das Bundesheer kann sich auf mich verlas­sen.“ – Das haben Sie gesagt!

„Nein, Berufsheer ist aus meiner Sicht kein Thema.“ – 11. Jänner 2007.

„Nein, ich bin kein Freund des Berufsheeres. Es ist auch nicht realistisch. Wir bleiben bei dem gemischten System von Grundwehrdienern, Kader- und Milizsoldaten.“ – „Ku­rier“ vom 11. Mai 2007.

„Ich stehe zu dem jetzigen System der Wehrpflicht und zum Milizsystem.“ – 1. Ju-
ni 2008.

„Die allgemeine Wehrpflicht ist Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Bürger für die Sicherheit unseres Landes.“ – Absage an das Berufsheer. – 4. Mai 2009.

Dann: Ich bekenne mich „zur allgemeinen Wehrpflicht, Tendenzen in Richtung Berufs­heer seien lediglich in größeren Staaten zu beobachten“. – 23. Juni 2009.

„Für mich ist die Wehrpflicht in Stein gemeißelt. Mit mir als Verteidigungsminister wird es kein Ende der Wehrpflicht geben.“ – 3. Juli 2010.

Und so geht es weiter, bis wir beim 4. Oktober 2010 gelandet sind – und das ist ein wirklicher Markstein der Geschichte, der die trübe Angelegenheit zutiefst beschreibt: Am Tag vor der Verkündung des Schwenks stand das schon in der „Kronen Zeitung“. Einen Tag vor Ihrer Verkündung ist der Schwenk auf das Berufsheer schon in der „Kro­nen Zeitung“ gestanden. – Das haben sich die Republik und das Bundesheer in keiner Form verdient, so misshandelt zu werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ja nicht so, dass es vorwerfbar wäre, dass man politische Auffassungen ändert – das ist kein Problem –, die Frage ist nur, wie das geschieht. Bis zum Tag vor dem so­genannten Schwenk x-fach zu beschwören, auf einem bestimmten Standpunkt zu ste­hen, und dann, wenn Bürgermeister Häupl, wissend, dass er die Wahl verliert, etwas dahinraunt, wie auf ein Zirkuspferd darauf aufzuspringen und in die Gegenrichtung zu galoppieren, das ist doch keine Haltung!

Die Erwartungen gegenüber einem Verteidigungsminister bestehen in erster Linie da­rin, den Schutz der Bevölkerung sicherzustellen, das Heer ordentlich zu führen und Rückgrat zu haben. Verlässlichkeit, die dem militärischen Bereich prinzipiell anheimge­stellt wird, muss auch der Verteidigungsminister glaubwürdig repräsentieren. (Beifall bei der FPÖ.)


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Aufgrund der Geschehnisse muss man feststellen, es ist erstaunlich – tritt man einen Schritt zurück, kann man das aus der Sicht eines politologischen Beobachters feststel­len –, wie wenig Sie Ihre eigene Partei kennen. (Abg. Dr. Graf: Koalitionsvertrag gibt es auch!) Das ist eigentlich ein interessanter Befund. Es wird irgendwann zeitge­schichtlich vielleicht aufgearbeitet werden, welch krasse Unfähigkeit des Kennens Ihrer eigenen Parteigeschichte es da gibt, der Psychologie, die nicht am Gürtel in Wien endet, sondern bis Salzburg reicht. Sie geht sogar bis Tirol, und auch in Vorarlberg ha­ben Sie Wähler. Sie geht auch bis in den Süden – da gibt es einen Landeshauptmann Voves. Sie geht bis Kärnten. Und das Ergebnis dieser krassen Misshelligkeit ist das Er­gebnis von 60 : 40.

Die Frage, auf welche Weise man in adäquater Form eine politische Verantwortung wahrnehmen soll und muss, kann Ihnen aus Ihrer subjektiven Befindlichkeit niemand nehmen. Aber weil Sie oberstes Organ des Militärs sind, zuständig für den Vollzugsbe­reich des Bundesministeriums für Landesverteidigung, ist es absolut unumgänglich, Sie in dieser Angelegenheit kritisch zu befassen.

Wir werfen einen kritischen Blick darauf, und anhand der Frageliste, die wir Ihnen vor­gelegt haben, muss auch erörtert werden, in welcher Form – redlich oder unredlich – Propaganda betrieben wurde.

Es hat natürlich Anhänger der verschiedenen Auffassungen gegeben, und es gibt eini­ge Anzeigen – fünf, sechs oder zehn – gegen Bürgermeister, die in einem Brief ge­schrieben haben, dass sie für die allgemeine Wehrpflicht sind. Wir aber sind sehr neugierig und möchten gerne wissen, was es damit auf sich hat, mit welchen Mitteln, mit welchen Methoden und in welcher Kostenhöhe der gegnerische Verein der Wehr­pflicht, also die Anhänger des Berufsheeres, finanziert und unterstützt wurde. Da hat es Unterstützung durch Hubschrauber gegeben, da hat es Zutritte zu den Kasernen gegeben, Bereitstellung von Gerätschaft und Material, Werbung, die im Ressort jeden­falls vorzufinden ist, Plakatunterstützung, et cetera, et cetera.

Wer hat genehmigt, dass für das Personenkomitee „Unser Heer“ solche Mittel zur Ver­fügung gestellt werden? Wer hat das beschlossen? Wer hat das zu verantworten?

Und ganz nebenbei – wir werden dazu noch eine eigene Anfrage einbringen –: Da gibt es eine berühmte Persönlichkeit in diesem Land, Herrn Schröcksnadel, die immer dann, wenn Skisaison ist, von besonderer, von zentraler Wichtigkeit ist. Jahr für Jahr wird ihm eine Kompanie von rund 150 Mann zum Skipistentreten angedient. Die Solda­ten bereiten die Abfahrten vor. Und dieser Herr sagt, dass für ihn nur ein Berufsheer in Frage kommt, denn das seien ja lauter Profis, die anderen könne man nicht brau­chen. – Er möchte also Profipistentreter haben.

Welche Kosten sind Herrn Schröcksnadel und dem ÖSV für Profipistentreter verrech­net worden? Wie kommt es, dass sich ein System, repräsentiert durch einen bestimm­ten Herrn, ohne Rücksicht auf Zurückhaltung beim Heer bedient und von diesem be­dient wird? Sie bedienen ihn, Sie liefern das „Material“ Mensch zu, das ja sonst nicht vorhanden wäre beziehungsweise teuer bezahlt werden müsste.

Wie viel zahlen Ihnen ÖSV und Schröcksnadel für die Bereitstellung von Skipisten tre­tenden Soldaten? – Wenn die sozusagen ohnehin nichts sind und abgeschafft gehö­ren, dann kann man aus der Sicht des Herrn Schröcksnadel das sehr üble Wort „Ma­terial“ verwenden. Sonst hat man Ski-Raupen als Material, und so hat er Soldaten als „Material“ zur Verfügung gestellt bekommen.

Also ich verwahre mich dagegen, dass künftig für Unterhaltungszwecke und für res­sortfremde Zwecke Menschen, Soldaten, die den Wehrdienst leisten, zur Verfügung gestellt werden, ohne dass es sich hiebei um eine klare verwaltungsrechtliche oder mi­litärische Aufgabe handelt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ein kurzer Rückblick auf eine weitere oftmals geäußerte links hinein- und rechts hi­nausgehende Kritik, ich spreche vom Einsatz von Soldaten als Assistenzeinsatzkräfte, der auch nach dem Beitritt Ungarns zum Schengen-System bis Dezember 2011 weiter­geführt wurde.

Heute haben wir vom Rechnungshof eine Auswertung, eine sogenannte Follow-up-Prüfung zur Verfügung gestellt bekommen. Darin sind interessante Sätze zu lesen:

„Die adäquate Besetzung von Arbeitsplätzen bei den Assistenzkräften gemäß Organi­sationsplan setzte das BMLVS verspätet um, wodurch Mehraufwendungen von rd. 1,6 Mio. EUR anfielen.“

Und: „Obwohl die durch die Schengenerweiterung erforderlichen personellen und orga­nisatorischen Anpassungen der Exekutive (Strukturmaßnahmen)“ – die sind natürlich nicht erfolgt – „im Juni 2011 abgeschlossen waren, wurde der Assistenzeinsatz bis De­zember 2011 fortgesetzt, wodurch dem BMLVS Mehraufwendungen in Höhe von rd. 4 Mio. EUR entstanden.“

Weiters: „Die gesamten Mehraufwendungen des BMLVS für den rund vierjährigen As­sistenzeinsatz nach Schengenerweiterung betrugen insgesamt rd. 79,6 Mio. EUR.“ – Also fast 80 Millionen €.

Und weiters: „Dem standen insgesamt 3.490 Meldungen von Vorfällen an die Sicher­heitskräfte gegenüber, welche zu 279 Anzeigen bei Vermögensdelikten“ – 79,6 Millio­nen dividiert durch 279 – „und 74 Festnahmen führten. Der Anteil der aufgrund von Meldungen der Assistenzkräfte angezeigten Vermögensdelikte im Einsatzgebiet betrug 0,84 %.“

Die Zahlen sprechen für sich selbst. Das hat natürlich überhaupt nichts mit den ge­rechtfertigten Sicherheitsbedürfnissen der Menschen an der Ostgrenze zu tun. Es ist damals das Zollpersonal aufgelöst worden, und es sind 600 Zollposten frei geworden. Aus diesem Personal – das haben wir des Öfteren verlangt – hätte man eine prächtige Grenzschutztruppe aufstellen können. Das ist natürlich nicht erfolgt.

Gleichermaßen hat es der Herr Verteidigungsminister mit Sicherheit unterlassen, zu versuchen, eine angemessene Refundierung der dafür aufgelaufenen Kosten zu be­kommen, obwohl das Heeresbudget, wie wir alle nur zu gut wissen, wie es so schön heißt, aus dem letzten Loch pfeift.

So, Herr Bundesminister, es reichen diese 20 Minuten gerade, um einen groben Über­blick über die Missstände, die Sie als Bundesminister für Landesverteidigung zu ver­antworten haben, zu geben.

Die Gelegenheit, heute darüber zu sprechen, leitet sich zwingend aus den Ergebnissen der Volksbefragung ab.

Ich komme auf das zurück, was ich Ihnen aus einem Kommentar in der „Presse“ vom 24. Jänner 2013 vorzulesen die Ehre hatte: Herr Bundesminister! Befreien Sie die Ar­mee von der Last Ihrer eigenen Verantwortung, die auch für Sie eine Last darstellt! Sorgen Sie für eine bessere Zukunft des Heeres und denken Sie darüber nach, ob Sie nicht lieber – Finanzminister wird nicht gehen – Sozialminister oder anstelle von Frau Heinisch-Hosek Bundesminister sein würden!

Es gibt auf Bundesministerebene eine Reihe von Ihren Fähigkeiten zuzumessenden al­ternativen Posten. Es muss ja nicht das Bundesministerium für Landesverteidigung sein. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

15.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Darabos zu Wort gemeldet.


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Die Redezeit sollte 20 Minuten nicht übersteigen. – Herr Bundesminister, Sie sind am Wort.

 


15.20.40

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Fichtenbauer, bitte lassen Sie die Parteigeschichte der SPÖ aus dem Spiel, da sind Sie sicherlich kein Experte! (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden auch nicht allein entscheiden, wer welches Ressort in der Republik Österreich zu führen hat.

Aber ich möchte zum Anlass zurückkommen. Der 20. Jänner des Jahres 2013 hat eine klare Entscheidung gebracht, auch was die Zukunft des österreichischen Bundeshee­res betrifft. Die Bevölkerung hat sich klar für die Beibehaltung des jetzigen Systems mit der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen. Damit bleibt diese allgemeine Wehrpflicht erhalten und auch der Zivildienst als Wehrersatzdienst.

Ja, es ist richtig, ich habe für ein anderes Modell gekämpft und ich hätte mir ge­wünscht, dass wir diese einmalige Chance nützen, um Tausende junge Männer von sechs Monaten Dienst zu befreien und ihnen Lebenszeit zu schenken.

Ja, ich hätte mir gewünscht, dass sie ihre Lebenszeit in Ausbildung und Weiterbildung investieren hätten können und ihre ersten Karrieresprünge geschafft hätten. Ich weiß auch, dass 70 Prozent der jungen Menschen, nicht nur der jungen Männer, sondern der jungen Menschen unter 30 Jahren dieses Konzept unterstützt haben.

Aber es ist klar, ich bin als Demokrat zutiefst überzeugt davon, dass wir das jetzige System nach diesem Entscheid – und das haben wir ja gemeinsam in der Koalition be­schlossen – auch umsetzen müssen. Diese Überzeugung verpflichtet mich, diese Ent­scheidung zur Kenntnis zu nehmen, anzuerkennen und zu respektieren. Und ich bin auch bereit – und wir haben in der Regierung ja eine Arbeitsgruppe eingesetzt –, diese Entscheidung auch umzusetzen.

Wir haben eine Sachfrage gestellt. Diese Sachfrage hat sich in zwei Alternativen fokus­siert. Die Argumente sind unterschiedlichst ausgetauscht worden, ich würde meinen, auch relativ fair ausgetauscht worden, und diese waren die Basis für die Entscheidung der Bevölkerung. Diese Antwort liegt jetzt auf dem Tisch, und diese Reformen sollten wir auch gemeinsam mit diesem Hohen Haus angehen.

Eines hat die Debatte in den letzten Wochen auf jeden Fall gezeigt – und da war auch Konsens über alle Parteien da –: So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Wir haben Mängel im Wehrsystem. Wir haben eine hohe Anzahl von Systemerhaltern unter den Grundwehrdienern. Wir haben Leerläufe, die zu Frustration führen. Wir haben Verbes­serungspotenzial in verschiedenen Bereichen, vor allem in der Ausbildung, um nur einige Punkte zu nennen. Daher müssen wir in dem sehr eng gesteckten Rahmen des sechsmonatigen Grundwehrdienstes auch eine Reform erarbeiten, die den Namen Re­form auch verdient.

Es wurde in den letzten Jahren während meiner Amtszeit schon einiges erreicht. Die Verringerung der Zahl der Systemerhalter wurde, soweit das möglich war, vorangetrie­ben. Wir haben beispielsweise die Zahl der Wachsoldaten von 2 650 im Jahr 2010 auf 2 170 im Jahr 2011 reduziert. Es wurde eine flexiblere und innovative Zeitordnung zur Einarbeitung der Samstagsdienste eingeführt. Wir haben die Gesundheits- und Sport­ausbildung stark intensiviert. Wir haben auch für die Verbesserung der Infrastruktur einiges Geld in die Hand genommen, allein im Jahr 2011 11,7 Millionen €, und im Jahr 2012 waren es sogar 15 Millionen €.

Wir haben im Rahmen von Pilotprojekten – und das ist ja auch eine Frage, die Sie mir gestellt haben, Herr Kollege Fichtenbauer – Erfahrungswerte gesammelt und sammeln


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sie noch weiter, wie zukünftig der Betrieb von Liegenschaften ohne Einsatz von Grund­wehrdienern gestaltet werden kann. Wir betreiben beispielsweise jetzt bereits sechs Heeresliegenschaften komplett ohne Grundwehrdiener.

Der Truppenübungsplatz Seetaler Alpe ist ein gelungenes Beispiel dafür. Auch das Mi­nisterium selbst, Rossauer Lände, Rossauer Kaserne, wird seit Jahresbeginn ohne Einsatz von Grundwehrdienern betrieben. Damit ist es jetzt schon gelungen, 400 Re­kruten pro Jahr weg von der Systemerhaltung hin zur Truppe zu bringen.

Und da das in den letzten Tagen auch unterschwellig gekommen ist und auch von Ih­nen, Herr Abgeordneter Fichtenbauer, die sechs Jahre. Ich haben einen Reformstau vorgefunden, der unter anderem auch von einem Ihrer Minister zu verantworten ist, der jetzt einer anderen Fraktion angehört. Wir haben gemeinsam auf Grundlage der ÖBH 2010, Österreichische Bundesheer-Reform 2010, von meinem Vorgänger Gün­ther Platter mit einem einstimmigen Beschluss versucht, diesen Reformstau aufzuar­beiten. Wir haben von 138 Maßnahmen, die in diesem Reformplan drinnen waren, über 100 erfüllt. Das heißt, man kann nicht sagen, es nichts geschehen. (Abg. Grosz: Was ist mit den VW-Touaregs?)

Ganz im Gegenteil. Wir haben sehr viel im Beschaffungswesen gemacht, beispielswei­se haben wir modernste Sanitätseinrichtungen, etwa einen Sanitätscontainer, der un­sere Hercules zu einem „fliegenden Spital“ macht, das jetzt leider zum Einsatz kom­men musste aufgrund von Verletzungen auf den Golan-Höhen.

Wir haben mit dem Projekt „CONRAD“ den Truppenfunk umgestellt. Wir haben das Ra­darsystem erneuert. Wir haben Allschutz-Transportfahrzeuge angeschafft. Wir haben gemeinsam festgelegt, dass wir bis ins Jahr 2016 150 „Geschützte Mehrzweckfahrzeu­ge IVECO“ zulaufen lassen.

Wir haben es im Gegenzug und auch gegen alle Widerstände im Heer – und darauf bin ich stolz – geschafft, die Zahl der gepanzerten Fahrzeuge deutlich zu reduzieren und auszuscheiden. Das hat kein Minister vor mir gemacht. Andere Minister haben noch angekauft, obwohl der Kalte Krieg schon vorbei war. Ich habe dieses Gerät ausge­schieden und stehe dazu. Wir brauchen diese Panzer nicht mehr. Wir haben andere einsatzrelevante Szenarien im österreichischen Bundesheer zu bewältigen.

Wir haben während meiner Amtszeit allein im Baubereich über 500 Millionen € inves­tiert. Wir haben auf Grundlage auch der Empfehlungen der österreichischen Bundes­heerreformkommission Kasernen veräußert, 37 Prozent in der Endausbauphase, und mittlerweile über 250 Millionen € an Erlösen erzielt.

Und wir werden auch in der Zukunft, davon wird uns niemand abhalten, in die Truppe investieren, beispielsweise im Pionierbereich, der in den letzten Wochen sehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist, was den Katastrophenschutz betrifft, Arbeitsboote, Flachwasserboote, Schnellboote, um auch für den Katastrophenfall besser gerüstet zu sein. Wir steigen in völlig neue Technologiefelder ein, indem wir Drohnen ankaufen. Al­so alles Dinge, die in den nächsten Jahren anstehen.

Herr Abgeordneter Fichtenbauer, ich habe das Bundesheer nicht schlechtgeredet und auch nicht die Soldaten schlechtgeredet. Sie haben schlecht geredet. Sie haben immer von einer „Schrottarmee“ gesprochen. Das ist einfach nicht wahr. Wir haben, wie ich jetzt auch nachgewiesen habe, mit einem hohen Investitionspotenzial unsere Truppe auf den höchsten Stand gebracht, und wir sind auch bereit, beispielsweise im Bereich der Rüstung und der Anschaffungen alleine im Jahr 2013 313 Millionen zu investieren. Das heißt, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, und zwar auch in weiterer Folge.

Wir haben beispielsweise auch aufgrund der Empfehlungen der Bundesheerreform­kommission die Brigaden reduziert. Wir haben die Bataillone reduziert. Wir haben im


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Verwaltungsbereich eingespart. Das mag für die Bediensteten nicht angenehm sein, das ist logisch. Aber auf Dauer gesehen ist es für ein wettbewerbsfähiges, leistungs­fähiges, kompetentes Bundesheer auch notwendig. Das heißt, wir haben beispielswei­se nur in der Zentralstelle von 1 200 Bediensteten auf 900 reduziert. Wir haben wäh­rend meiner Amtszeit die Verwaltung insgesamt um 2 000 Personen verschlankt. Wir haben Verwaltungsübereinkommen abgeschlossen mit den Ressorts meiner Kollegin­nen, in dem Fall Frau Innenministerin Mikl-Leitner. Wir sind dabei, auch Personal ins Innenministerium überzuführen. Wir haben Personal auch ins Finanzministerium über­geführt.

Das sind alles verwaltungsinnovative Prozesse, die nicht in allen Ministerien so offen­siv angegangen worden sind wie in meinem Ministerium. Und das ist aus meiner Sicht Verwaltungsreform pur.

Man sieht damit, dass in diesen sechs Monaten seit meinem Amtsantritt viel an Verän­derungen zum Besseren gelungen ist, wobei mich der Rückblick auf die Fülle dieser Reformen, auch wenn es Ihnen nicht passt, optimistisch stimmt, was die kommenden Monate und den Ausblick auf die Reform betrifft, die wir gemeinsam anzugehen haben. (Abg. Grosz: Sechs Jahre sind es schon, nicht Monate!)

Es stehen zwei große Projekte an:

Erstens: Gemeinsam mit dem Koalitionspartner und durch Experten in meinem Haus unterstützt werden wir die Reformen des Grundwehrdienstes auf Basis des Ergeb­nisses der Volksbefragung zum 20. Jänner dieses Jahres fortsetzen. Das ist kein leich­ter Job. Es ist nicht so einfach, denn der sechsmonatige Grundwehrdienst schnürt uns in ein enges Korsett, aber wir haben den Auftrag der Bevölkerung.

Zweitens – und damit bin ich auch bei Ihnen hier im Hohen Haus – hoffe ich auf Ihre Mithilfe, dass wir den Empfehlungsteil zur Sicherheitsstrategie im Parlament beschlie­ßen können. Der Analyseteil wurde von der Regierung bereits beschlossen. Er wird auch in Zukunft Grundlage aller weiteren Reformvorhaben sein. Eine Ergänzung durch das Parlament wäre daher sinnvoll und wertvoll. Und ich hoffe in dieser Frage auf Ihre breite Unterstützung.

Nun zu den einzelnen Fragen. Sie haben mir 30 Fragen gestellt, interessante Fragen.

Zur Frage 1: Berufsheerprojekte.

Wenn Sie mit dieser Frage die Pilotprojekte zur weiteren Professionalisierung der Streitkräfte gemeint haben, dann sind es drei an der Zahl.

Das Pilotprojekt 1 dient der Attraktivierung und Anhebung der Qualität von Milizein­heiten.

Das Pilotprojekt 2 dient dem probeweisen Betreiben militärischer Liegenschaften und Einheiten ohne Funktionssoldaten.

Das Pilotprojekt 3 hat die Aufstellung eines Musterverbandes, in dem Fall das Jäger­bataillon 25, auf Basis des bereits bestehenden KIOP-KPE-Phasenplanes, also des Kräfte für internationale Operationen/Kaderpräsenzeinheiten-Phasenplanes, zum Ziel.

Zur Frage 2:

Es besteht breite Übereinstimmung, dass eine Weiterführung dieser Projekte auch im Wehrpflichtsystem Sinn macht. Auch Ihr Verbündeter, der Generalstabschef Entacher, hat das mehrfach geäußert. Es haben sich auch andere Generäle im österreichischen Bundesheer dazu geäußert. Diese Pilotprojekte sind nicht Bestandteil einer Hinführung zu einem Berufsheer, sondern zu einer Professionalisierung des österreichischen Bun­desheeres.


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Zu den Fragen 3 und 4:

Insgesamt gehen wir über den dreijährigen Projektzeitraum von Zusatzkosten in der Höhe von 10 Millionen € aus, wobei das aus meiner Sicht gut investiertes Geld in die Erhöhung der Einsatzbereitschaft der Truppe ist.

Für das Pilotprojekt 1, also die Freiwilligenmiliz, sind bisher Vollkosten in der Höhe von 1 Million € angefallen. Das Pilotprojekt 2, Reduzierung der Zahl der Funktionssoldaten, hat in zwei Liegenschaften erst am 1. Dezember 2012 und in den restlichen Kasernen am 1. Jänner 2013 begonnen. Wir rechnen mit 1 Million € an Einmalinvestitionen und ersten Personalkosten. In Folge werden sich die jährlichen Kosten bei zirka 480 000 € aufschlagen.

Derzeit sind keine nennenswerten Kosten für das Pilotprojekt 3, Musterverband, an­gefallen, da das Personal erst in den neuen Organisationsplan übergeleitet wird und erst die entsprechenden Ausbildungen durchgeführt werden.

Zur Frage 5:

Auf Basis der verfassungsrechtlichen und wehrrechtlichen Normen, der Empfehlungen der Bundesheerreformkommission und des Regierungsprogramms sind diese Pilotpro­jekte auch erarbeitet und erdacht worden.

Zur Frage 6: Wie hoch werden die Kosten für die Reduzierung der Systemerhalter sein?

Das wird eben derzeit in einer Arbeitsgruppe im Generalstab beurteilt. Erste Ergebnis­se werden demnächst vorliegen. Diese werden Sie natürlich auch zu Gesicht bekom­men.

Zu den Fragen 7 bis 10:

Ich habe auf Basis des Ergebnisses der Volksbefragung und nach Abstimmung inner­halb der Regierung entsprechende Richtlinien zur weiteren Bearbeitung mit einer eige­nen Ministerweisung vom 24. Jänner 2013 erteilt. Es wurde eine ressortinterne Arbeits­gruppe eingerichtet. Deren Projektfortschritt wird regelmäßig mir und der Arbeitsgruppe innerhalb der Regierungskoalition, die aus Frau Minister Mikl-Leitner, aus Herrn Klub­obmann Kopf, Herrn Staatssekretär Ostermayer und meiner Wenigkeit besteht, berich­tet werden.

Wir gehen davon aus, dass wir bis Sommer 2013 ein Konzept zur entsprechenden Re­form erarbeiten können, und dann kann man mit der Umsetzung beginnen. Sie soll im Jahr 2014 beendet werden.

Zu den Fragen 11 bis 14:

Da geht es um die von Ihnen angesprochenen Schisportveranstaltungen. Unterstüt­zungsleistungen sind erlassmäßig im österreichischen Bundesheer geregelt. Derartige Leistungen werden dann genehmigt, wenn sie einen Ausbildungswert haben und eine sinnvolle Ergänzung beziehungsweise Anwendung von erlernten Ausbildungsinhalten darstellen.

Auch Schisportveranstaltungen des Österreichischen Schiverbandes werden seit Jahr­zehnten unterstützt, wenn für die Grundwehrdiener eine Ergänzung der Ausbildung im konditionellen und schifahrerischen Bereich gegeben ist.

Insgesamt waren im Jahr 2013 bisher 148 Grundverdiener bei Schisportveranstaltun­gen im Einsatz.

Zu den Fragen 15 bis 17: Da geht es um die Werbevideos.

Nein, das Video wurde mit Equipment der Firma „MEDIA VILM“ erstellt. Damit entfal­len die Fragen 16 und 17.


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Zur Frage 18:

Grundsätzlich ist festzuhalten – und da muss ich sehr exakt sein und auf Exaktheit be­stehen –, dass es mit dem privaten Verein „Personenkomitee Unser Heer“ keine direk­te Zusammenarbeit zur Produktion eines Videos gegeben hat. Das Video wurde von der in Wien ansässigen Firma „MEDIA VILM“ erstellt.

Es wurden Aufnahmen in einer Heeresküche, von einem Rollstraßengerät und von ei­nem Hubschrauber des Typs „S 70 – Black Hawk“ durch die zuständige Kommunika­tionsabteilung genehmigt.

Zur Frage 19:

Es hat keinen Zutritt von einem privaten Verein zu Heeresliegenschaften gegeben.

Zur Frage 20:

Der Dienstbetrieb wurde natürlich nicht gestört.

Zu den Fragen 21 und 22:

Auch hier ein klares Nein. Der Firma „MEDIA VILM“ wurde Archivmaterial zur Verfü­gung gestellt, ein oftmals im Jahr stattfindendes routinemäßiges Service, das von un­terschiedlichsten Medien in Anspruch genommen wird.

Zur Frage 23:

Die Kosten für Zeitungsinserate im Zeitraum Oktober 2012 bis Jänner 2013 betrugen 453 329,64 €. Ein Großteil davon wurde im Oktober für die Bewerbung der traditio­nellen Heeresleistungsschau zum Nationalfeiertag aufgewendet.

Zur Frage 24: welche Zeitungen?

„Presse“, „Standard“, „Kronen Zeitung“, „Österreich“, „Heute“, „Niederösterreichische Nachrichten“, „Vorarlberger Nachrichten“, „Oberösterreichische Nachrichten“, „Tiroler Tageszeitung“, „Salzburger Nachrichten“ oder „Kleine Zeitung“.

Zur Frage 25: Wie hoch waren die Gesamtausgaben für Werbung für den Zeitraum Oktober 2012 bis Jänner 2013?

Für den Bereich Landesverteidigung 570 846,90 € und für den Bereich Sport 184 376,15 €.

Zur Frage 26: Gab es im Zeitraum Oktober 2012 bis Jänner 2013 Zusagen von Ihrem Ressort für Inserate im Jahr 2013?

Nein.

Damit entfällt Frage 27.

Zu den Fragen 28 und 29:

Da geht es um die Weiterbestellung von führenden Offizieren, Sektionschefs, General­stabschef, Stellvertreter und so weiter.

Die Fünfjahresverträge laufen jetzt aus. Auf Basis des Ausschreibungsgesetzes wur­den die Betroffenen über die Nichtweiterbestellung informiert. Die Ausschreibungen er­folgen in Kürze. Den Betroffenen bleibt es natürlich unbenommen, sich wieder zu be­werben, wie das auch vor fünf Jahren der Fall war.

Zur letzten Frage, zur Frage 30:

Die Planstellenbesetzungsverordnung 2012 ist eine Verordnung der Bundesregierung mit der Zielrichtung, die Mobilität innerhalb des Bundes zu stärken. Daher ist diese Ver­ordnung eine Unterstützung in der personellen Reformplanung, weil damit die Vermitt-


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lung jener Bediensteten, die keinen dauerhaft systemisierten Arbeitsplatz haben, zu anderen Ministerien möglich ist. So konnten von 33 möglichen Nachbesetzungen im Bund 25 aus meinem Ressort vorgenommen werden.

Ich hoffe, ich habe Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit, ich bin mir nicht sicher, beant­wortet. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Jedem Klub kommt eine Gesamtrede­zeit von 25 Minuten zu.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


15.38.13

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Zuschauer! Man muss schon festhalten, dass in keinem anderen Ressort dieser rot-schwarzen Bundesregierung ein derartiges Scheitern vorgelebt worden ist wie in Ihrem Ressort, Herr Verteidigungsminister Darabos. (Beifall bei der FPÖ.)

Es zeigt sich auch, dass das Experiment, einen Zivildiener zum Landesverteidigungs­minister gemacht zu haben, kläglich gescheitert ist. Aber natürlich gab es ein Ziel, das dahinter stand, und auch das hat die Tätigkeit unter Ihrer Verantwortung seit über sechs Jahren gezeigt, nämlich die Aufgabe und das Ziel, das österreichische Bundes­heer offenbar ganz gezielt kaputt zu machen.

Genau das hat auch eine sehr deutliche Abfuhr und Absage erfahren im Rahmen der Volksbefragung am 20. Jänner, und das ist gut so.

Herr Verteidigungsminister, Sie haben von der überwiegenden Mehrheit der österrei­chischen Bevölkerung sehr, sehr klar und deutlich das Vertrauen versagt bekommen. Das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen.

Gerade jetzt ist eines sichtbar geworden, was die vielen Umfragen, die es im Vorfeld auch gegeben hat, betrifft. Diese gibt es ja immer, und man sollte kurz darauf einge­hen. Es ist ja schon interessant, wie diese Umfrageinstitute immer diametral zuein­ander und katastrophal daneben lieben. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wurde vorherge­sagt, eine geringe Beteiligung. – Beides ist nicht eingetroffen. Es war eine eklatante Mehrheit, die Ja zur Wehrpflicht und zur Neutralität gesagt hat, auch eine unglaubliche Beteiligung von 53 Prozent.

All das zeigt auch, wie mündig der österreichische Staatsbürger ist. Er hat sich durch Kampagnisierungen und auch durch den Boulevard nicht beeinflussen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da muss man auch festhalten, dass der Boulevard in den letzten Jahren vielleicht manchmal doch stärker das Ohr beim Volk hatte und jetzt offenbar der Eindruck ent­standen ist und für viele Bürger auch sichtbar geworden ist, dass man manchmal das Ohr mehr im SPÖ-Sekretariat oder vielleicht bereits im Kanzleramt hat. Anders kann man sich gewisse Kampagnisierungen auch nicht erklären.

Es ist kein Wunder, dass die Bevölkerung den Berufsheer-Hirngespinsten des Herrn Darabos eine klare Abfuhr erteilt hat. Schon lange nicht mehr ist im Zuge von Kam­pagnisierungen und auch im Zuge von Diskussionen mit so vielen Unwahrheiten, Halb­wahrheiten und auch Angst- und Panikmache gearbeitet worden, wie im Zuge dieser


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Debatte um die Beibehaltung der Wehrpflicht und des Zivildienstes beziehungsweise die Einführung eines Berufsheeres.

Da ist natürlich Desinformationspolitik gelebt worden, und die Menschen haben ge­spürt, dass da einiges sehr manipulativ ist. Sie haben mit ihrer Mündigkeit auch ge­zeigt, dass sie davon Abstand nehmen, und das war durchaus sehr, sehr beachtlich. Die Österreicher haben sich klar – und zwar mit 60 Prozent, also sehr, sehr klar – für die Beibehaltung unserer österreichischen Neutralität durch eine umfassende Landes­verteidigung mit der Wehrpflicht ausgesprochen und ja zum Zivildienst gesagt.

Es zeigt ja interessanterweise auch jede Umfrage, dass für die Bevölkerung zwar ein wesentlicher Punkt – nämlich für 74 Prozent – der Zivildienst war, aber für 70 Prozent war es die Wehrpflicht, was man dann vergessen hat, beizufügen.

Das zeigt, wie sehr die Mehrheit hinter der Wehrpflicht und dem Zivildienst gestanden ist, weil sie ganz klar erkannt hat, wenn das Richtung Berufsheer geht, dann bedeutet das einen Schritt in Richtung NATO. Und da sind wir jetzt bei der Parteigeschichte der SPÖ. Ein Bruno Kreisky hätte so etwas nie zugelassen, weil er zu Recht immer klar und deutlich gesagt hat: Das ist unsere Verantwortung, dass wir hoffentlich niemals mehr ein Berufsheer erleben werden, weil wir aus der Geschichte eben negative Erfah­rungen haben.

Genau darum geht es auch. Wenn man dann natürlich Ihren Parteichef Werner Fay­mann hernimmt, der auf Zuruf von Häupl genauso wie Sie auch tätig geworden ist und wie Sie die eigene Grundsatzposition in diametral entgegengesetzter Richtung verlas­sen hat, da muss man schon auch einmal beurteilen: Wie lange schauen Sie zu bei der Geschichte des erfolglosesten Parteichefs der SPÖ, Werner Faymann, der die letzten zehn Wahlen und Entscheidungen katastrophal vergeigt und verloren hat? (Beifall bei der FPÖ.)

Aber das ist Ihr Problem. Damit müssen Sie leben, und diesbezüglich müssen Sie auch weiterhin Ihre Entscheidung treffen. Es ist jedenfalls großartig, wie die Menschen im Rahmen der direkten Demokratie gezeigt haben, dass diese direkte Demokratie und Bürgermitsprache der Bevölkerung ein Anliegen ist. Das ist genau das, was wir auch mitnehmen sollten, nämlich die Bevölkerung nicht weiterhin zum Bittsteller zu degra­dieren oder vielleicht von der Gnade der Parteienallmacht abhängig zu machen, worü­ber die Bevölkerung abstimmen darf und worüber nicht, sondern wir sollten das jetzt nützen, die direkte Demokratie, so wie die Schweiz das auch geregelt hat, als gesetzli­ches Initiativrecht abzusichern, dass das Recht vom Volk ausgeht und verbindliche Volksabstimmungen zu allen Materien, die wir hier beschließen, auch durchgesetzt werden können. Das wäre der logisch-konsequente Schritt aus dieser Volksbefragung. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach dem klaren Ergebnis der Volksbefra­gung müssen Sie von SPÖ und ÖVP natürlich auch endlich aufhören, Ihre taktischen Spielchen zu beenden. (Abg. Kopf: „Aufhören zu beenden“?) Da kann ich die ÖVP nicht ausnehmen.

Warum? – Die ÖVP taktiert weiter. Anstatt dass man dieses klare Votum der Bevölke­rung ernst nimmt und zu Recht auch zum Ausdruck bringt, dass der Verteidigungs­minister das Vertrauen nicht mehr hat und es daher logisch und nur konsequent wäre, dass er zurücktritt, helfen Sie mit, dass er sich weiter am Sessel festklammern kann und nicht bereit ist, diesen Schritt zu setzen.

Da helfen Sie mit, und da muss ich Sie in die Verantwortung nehmen, denn wenn man notwendige Reformen auch wirklich will: Glauben Sie wirklich, dass das mit einem Ver­teidigungsminister Darabos durchzusetzen sein wird? Nein! Jemand der so unglaubli­che Bocksprünge gemacht hat, von in Stein gemeißelter Wehrpflicht bis hin zu Aussa-


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gen wie, das könne man überhaupt nicht mehr reformieren, die Wehrpflicht sei nicht re­formierbar, jemand, der so etwas gesagt hat, soll jetzt genau diese Wehrpflicht refor­mieren? Das glaubt doch niemand, und das ist auch nicht machbar und nicht mög­lich, wenn man das nicht auch in der Überzeugung, in sich selbst drinnen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn jemand – ich sage es ganz bewusst – so versagt hat, dann braucht es einfach eine Person, die jetzt die Kompetenz, die Sachlichkeit mitbringt, und das sind zwei Ei­genschaften, die dem Herrn Minister Darabos in diesem Ressort und in seiner Verant­wortung fehlen. Jemand der die Wehrpflicht derart schlechtgeredet hat, das Bundes­heer derart schlechtgeredet hat und gezielt durch Reformverweigerung – und das ha­ben Sie über sechs Jahre lang gelebt, in Ihrer Verantwortung – letztlich auch mitge­holfen hat, das Bundesheer herunterzuwirtschaften und abzuwirtschaften, jemand bei dem der Widerwille, Verteidigungsminister zu sein, so eklatant im Gesicht erkennbar ist, dem das an der Nasenspitze anzusehen ist, der für unsere Soldaten letztlich kein Lob über hat, sie für nicht geeignet empfindet und meint, dass die heutigen Berufs­soldaten durch andere Profis ersetzt werden müssen, der letztlich in Wirklichkeit nicht hinter den österreichischen Berufssoldaten, aber auch nicht hinter den Grundwehrdie­nern und der Miliz steht (Abg. Mag. Gaßner: So eine Frechheit!), der, muss man wirk­lich sagen, ist für das Amt des Verteidigungsministers unbrauchbar.

Das ist der falsche Mann am falschen Ort, und da muss ein Rücktritt erfolgen. Wir wer­den daher heute, auch um das sichtbar zu machen, diesen Misstrauensantrag einbrin­gen. (Beifall bei der FPÖ.)

Er ist der falsche Mann am falschen Ort, der zu demolieren versucht hat, anstatt zu reformieren. (Abg. Mag. Gaßner: Geh hör auf!) Genau darum geht es. Ich fordere na­türlich auch alle anderen Parteien auf, dem Misstrauensantrag zuzustimmen. Auch die ÖVP fordere ich auf, zuzustimmen, wenn Sie es ernst meinen mit notwendigen Refor­men, denn selbstverständlich wissen Sie, genauso wie die SPÖ, dass das nur mit einer anderen Persönlichkeit funktionieren wird. Trotzdem wollen Sie einen gescheiterten Mi­nister im Amt behalten. Warum? – Weil Sie offenbar vorhaben, einen gescheiterten SPÖ-Minister im Amt zu halten, damit Sie ihn am Nasenring weiter herumführen kön­nen, bis zum Wahlkampf, in der Hoffnung, dass Ihnen das Stimmen bringt.

Das ist durchschaubar, aber es ist auch ein Verrat an den Bürgern, den Sie damit le­ben, auch ein Verrat gegenüber den österreichischen Soldaten, die nach sechs Jahren Darabos-Versagen endlich einen Minister verdient hätten, der für Sie und nicht gegen Sie arbeitet. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, auch, dass Sie offenbar Ihre eigene Unfähigkeit mit der Unfähigkeit des Verteidigungsministers ka­schieren wollen. Anders ist das nicht zu erklären. Sie wollen offenbar versuchen, den Schwarzen Peter dem roten Darabos in die Schuhe zu schieben.

Die FPÖ hat ganz klare Vorstellungen, wenn es um die Heeresreform geht, die not­wendig ist. Wir brauchen eine gerechte finanzielle Entlohnung. Es muss auf Basis der Mindestsicherung für Grundwehrdiener und Zivildiener auch etwas sichergestellt wer­den. Das muss uns etwas wert sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Es muss eine Truppenausbildungsschule geben, die zentral die beste Ausbildung für alle Grundwehrdiener sicherstellt, wo alle im Pionierdienst, aber auch im Sanitätsbe­reich, in Erster Hilfe eine Ausbildung erfahren. Es muss sich im Dienstrecht etwas än­dern, und die Besten müssen Generäle werden, das darf nicht ausschließlich eine Al­tersfrage sein, dass man dann automatisch General wird.

Es muss weniger Häuptlinge und mehr Indianer geben. Es muss auch für die Miliz das kommen, was zugesagt wurde, nämlich 5 000 € im Jahr Anerkennungsprämie für die


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tollen Leistungen der Milizsoldaten. Der Ersatz des Verdienst-Entganges für die Frei­willigen in der Miliz, und hin zur freiwilligen Feuerwehr, das Modell sollten wir auch um­setzen. Das wäre gerecht. Und natürlich braucht es Kostenwahrheit auch in diesem Bereich. Da wird eine Anschubfinanzierung für das Heer notwendig sein. Da muss man doch ehrlich sein. Auch wenn man mit der Reform alle Sparpotenziale ausnützt, hat un­ser Heer immer noch das geringste Verteidigungsbudget aller europäischen Länder. Das Heer ist in den letzten Jahren durch schwarze und rote Verteidigungsminister ge­zielt ausgehungert worden.

Wir brauchen auch da Kostenwahrheit. Es gibt Sportkosten in der Landesverteidigung, es gibt UNO-Friedenseinsatzkosten, all das ist letztlich nicht die Kostenwahrheit, wenn es um die allumfassende Landesverteidigung und um den Schutz unserer österreichi­schen Neutralität geht. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn dann immer – zu Recht – die Sicherheitsdoktrin bemüht wird, ja bitte, dann neh­men wir uns ein Beispiel an der Schweiz! Wir brauchen das nur zu kopieren und für uns zu übernehmen und uns danach als neutrales Land auszurichten, dann hätten wir’s. Schlusssatz: Wir brauchen ein professionelles, eigenständiges und einsatzberei­tes Heer. Eine Gesellschaft, die keine Werte mehr hat, ist eine wertlose Gesellschaft. Wir stehen zu Werten der Landesverteidigung und der Neutralität. (Beifall bei der FPÖ.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähau­ser. – Bitte.

 


15.48.48

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Groll und Frust, Kollege Fichtenbauer, bist du nun losgeworden. Aber ich gehe einmal davon aus, dass dir das Heer so sehr am Herzen liegt wie uns allen, vor allem auch dem Verteidigungsminister (ironische Heiterkeit bei der FPÖ), dass wir ab jetzt, wenn dieser heutige Tag vorbei ist, zum Wohle der Repu­blik dem Minister dabei helfen, das Heer so zu reformieren, dass wir sagen können, das ist ein Heer, wie wir es uns vorstellen.

Und, Herr Kollege Strache, gescheitert ist der Herr Bundesminister nicht (Ah-Rufe bei der FPÖ), denn jemand, der von 118 Empfehlungen der Bundesheerreformkommission 106 Empfehlungen umsetzt, der ist nicht gescheitert. (Abg. Kickl: Wie schaut denn dann einer aus, der scheitert? Abg. Strache: Sehen so Sieger aus?)

Gescheitert ist bei uns natürlich Folgendes: die Ansicht, wie man das Heer in die Zu­kunft führt, um unter gewissen finanziellen Voraussetzungen dafür garantieren zu kön­nen, dass es auch funktioniert. (Abg. Dr. Graf: Da muss er Karriere machen! Wenn man so ein Sieger ist, muss man Karriere machen!)

Da hat sich die Bevölkerung für einen Weg entschieden, den wir jetzt gemeinsam mit dem Minister zu gehen haben, und das wird uns natürlich allen Opfer abverlangen. Wenn ich an das Geld denke und wenn man immer hört, die letzten Jahre oder die letzten Minister haben einen Reformstau verursacht, dann muss ich sagen: In Wirk­lichkeit hat das Bundesheer seit der Gründung im Jahr 1955 kein Füllhorn an Budget­mitteln bekommen. Die erste Ausrüstung waren nämlich Materialien, die zu teuer zum Rückführen waren. Die sind in Österreich geblieben, und wir haben uns nur um die Ge­hälter kümmern müssen.

Unterm Strich haben wir nie gelernt, dass Landesverteidigung auch etwas über Perso­nelles hinaus kosten kann. Das sind die Probleme der Vergangenheit, die man immer wieder vor sich hergeschoben hat. Das muss man aber auch verstehen. In der Zeit, in


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der das Bedrohungsszenario an den eigenen Grenzen auf null gesunken ist, ist es na­türlich schwierig, Gelder für entsprechende Rüstungsgüter freizumachen, wenn man für Pensionen oder für Bildung vermeintlich zu wenig hat. Daher muss man einfach nachdenken, wie man das in Zukunft bewerkstelligt.

Ich will jetzt von den Fliegern gar nicht mehr reden, aber das wurde damals gerade ohne SPÖ-Regierungsbeteiligung beschlossen. Heute kiefeln wir daran, und es ist fast nicht zu lösen, wie wir wissen. Aber ich werde über die Flieger heute nicht mehr reden, sondern über die Zukunft, die wir gemeinsam angehen sollten.

Das Heeresbudget, meine Damen und Herren, macht nicht der Herr Bundesminister. Das Heeresbudget beschließen eigentlich wir hier im Hohen Haus. Wenn es uns zu wenig ist, dann sollte man den Mut haben, das zu sagen, und keine Zustimmung ge­ben. (Abg. Dr. Graf: Wir haben es eh gesagt! Wir haben eh nicht dafür gestimmt!) Ich habe noch nie gehört, dass jemand das hier am Rednerpult groß angesprochen hätte. (Abg. Dr. Graf: Wir haben nicht zugestimmt!)

In der Opposition ist es leicht: abstimmen, sitzen bleiben, die anderen haben die Ver­antwortung. Man trägt natürlich als Regierung schon Verantwortung für ein Gesamtes, und da muss man eben auch entsprechend als Opposition durch konstruktives Zuar­beiten bereit sein, einen Weg mitzugehen. (Abg. Dr. Graf: Wer regiert?) Junktimierung ist ja nichts Neues. Das Wort kennen Sie auch alle. Sie könnten ja sagen, das nächste Budget beschließen wir mit der Regierung mit, auch wenn es uns nicht gefällt, aber es muss zum Beispiel beim Heer ein bisschen nachgebessert werden. Habe ich noch nie gehört! Dass ein Budget gemeinsam mit der Regierung getragen wird, darauf kommt ja die Opposition normalerweise gar nicht, sonst hätte sie auch die Verantwor­tung auf ihren Schultern, und das hat man nicht gerne. Das verstehe ich auch, aber wenn man nachher darüber redet, dann sollte man sich so etwas für die Zukunft über­legen.

Meine Damen und Herren, die Vorschläge des Herrn Ministers Darabos bezüglich Be­rufsheer haben schon Aspekte enthalten, über die man auch für die Zukunft nachden­ken sollte und die man nicht einfach abhaken sollte. Wir haben es gerade erst von Herrn Kollegen Strache gehört: Die Miliz für die Zukunft entsprechend aufzuwerten, ist eine hervorragende Idee. Herr Minister Hundstorfer – jetzt ist er gerade nicht da , das soziale Jahr für „Freiwillige“ – unter Anführungszeichen –, für Männer und Frauen, hat mit dem Zivildienst aus meiner Sicht nichts zu tun. Das sollte man trotzdem versuchen zu installieren (Abg. Kopf: Haben wir ja schon!), denn für Wiedereinsteiger oder Lang­zeitarbeitslose ist es eine große Chance, sich wieder im Arbeitsprozess zurechtzu­finden, und das würde zum Zivildienst in keiner Weise in Konkurrenz stehen. Man muss nur den Mut haben, solche Dinge gemeinsam anzugehen.

Jetzt bin ich bei einem weiteren Thema: Ich appelliere an die Wehrsprecher aller Frak­tionen, den Auftrag des Herrn Bundesministers, der dann bald an uns ergehen wird, gemeinsam mit den Vorschlägen seines Ressorts etwas zu Wege zu bringen, das auch den Weg durch das Parlament findet, ernst zu nehmen, daran mitzuarbeiten und einen tragfähigen, gemeinsamen Weg für das Heer zu beschließen. Das beginnt bei der Si­cherheitsstrategie, bei der die Positionen eigentlich gar nicht so weit auseinanderlie­gen, als dass die anderen Parteien nicht mitgehen könnten. Man wird sich bemühen müssen, da eine größtmögliche Übereinstimmung zu finden. Ich bin kein Freund von 51 Prozent für eine Sicherheitsstrategie. Das geht uns alle an. Da müssen wir danach trachten, so viele Fraktionen wie möglich dafür zu gewinnen. Da muss man auch bereit sein, Kompromisse zu schließen. Das ist überhaupt keine Frage, dessen sind wir uns bewusst.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass letztendlich in Fragen der Sicherheit nur etwas zu bewegen ist, wenn man wirklich bereit ist, zusammenzuarbeiten, wenn man


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einen Minister dabei unterstützt – und ich traue Herrn Minister Darabos zu, das zu bewältigen, denn sonst würde ich hier nicht stehen und meine Mithilfe anbieten. Das hat nichts damit zu tun, dass es ein Unterschied ist, ein Wehrsprecher zu sein, Opposi­tionspartei zu sein, oder ein Ressortverantwortlicher zu sein, der auch Zwängen unter­liegt und gleichzeitig einen Horizont an Finanzmitteln hat, den es in dieser minimalen Prozentmarke eigentlich noch nie gegeben hat. (Abg. Kickl: Fürs Berufsheer hätten Sie Geld gehabt!)

Da ist das Arbeiten für einen Minister nicht einfach. Aber wie gesagt, noch einmal: Das sind wir, die die Parameter vorgeben. Da müssen wir halt einmal sagen, was wir wol­len. Mit der Sicherheitsstrategie können wir jetzt einmal vorgeben, was wir als Staat wollen. Dann haben wir das Heer zu beauftragen, das zu beurteilen, zu berechnen, und wir werden dann Farbe bekennen müssen: Wollen wir uns das leisten? Können wir uns das leisten?

Ich gehe davon aus, dass nach dieser hervorragenden Beteiligung bei der Volksbefra­gung eigentlich alle beteiligten Parteien in diesem Parlament danach trachten werden, diesen Weg gemeinsam zu gestalten und die Erfüllung des Auftrages des Volkes zu gewährleisten, nämlich eine tragbare Landesverteidigung auf die Beine zu stellen, un­ter Wahrung unserer Neutralität, aber auch unter Voraussetzungen, die unseren inter­nationalen Verpflichtungen gerecht werden können. Ich bin da sehr optimistisch, dass uns das gemeinsam gelingt. Herr Bundesminister, meine Unterstützung hast du! (Bei­fall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Kopf zu Wort. – Bitte.

 


15.55.22

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kol­legen! Zunächst einmal: Die Volksbefragung am 20. Jänner 2013 hat ein klares, ein be­eindruckendes Ergebnis gebracht: 60 Prozent für Wehrpflicht und Zivildienst. Das ist ein beeindruckendes Ergebnis.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz, ganz herzlich bei all jenen bedan­ken, die sehr dafür gekämpft haben – mit Überzeugungsarbeit, mit Argumenten, mit vielen, vielen Diskussionen –, dass dieses Ergebnis möglich war. (Abg. Podgorschek: Danke! Das hört man gern! Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich freue mich darüber, dass die Bevölkerung ... (Abg. Dr. Fichtenbauer: Das haben wir gerne gemacht! Weitere Danke-Rufe bei der FPÖ.) Ja, Ehre, wem Ehre gebührt! Ich freue mich, dass dieses Ergebnis letzten Endes zustande gekommen ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Mag. Kogler: Seit hundert Jahren ÖVP-Linie!)

Es ist nämlich dieses Ergebnis eine gesellschaftspolitische Dokumentation und De­monstration, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes in so großem Maße eine solidarische Verantwortungsgesellschaft wollen und eben nicht wollen, dass man eine Aufgabe des Staates nach der anderen nur an Hauptberufliche, an bezahlte Leute aus­lagert, sondern im Gegenteil wollen, dass sich möglichst viele in der Bevölkerung für unser Land und für das Gemeinwohl und Gemeinwesen einsetzen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. Abg. Strache: Das ist richtig!)

Dieses Votum, meine Damen und Herren, ist Auftrag, ist Verpflichtung, zunächst ein­mal für Sie, Herr Bundesminister, als verantwortlicher Ressortminister, das bestehende Wehrsystem weiterzuentwickeln, den Wehrdienst insbesondere natürlich zu reformieren.

Wenn da jetzt immer wieder die Frage nach dem Vertrauen in den Herrn Bundesmi­nister gestellt wird: Ja, der Herr Bundesminister hat im letzten Jahr urplötzlich Parteirä-


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son über seine persönliche Überzeugung gestellt, die er ja noch kurz davor selbst sehr eindrucksvoll und deutlich immer wieder zum Ausdruck gebracht hat. Herr Bundesmi­nister, Sie haben auch den gesetzlichen und politischen Konsens da oder dort verlas­sen, und Sie haben auch eine Kampagne geführt oder angeführt, in einer Art und Wei­se, die manchmal schon etwas grenzwertig war. (Ruf bei der SPÖ: Und die ÖVP ...! Abg. Krainer: Wer lässt fragen? Abg. Mag. Josef Auer auf seinen Kopf deutend : Kopfschmerzen!)

Aber ich habe den Herrn Bundesminister in den letzten Tagen nach der Befragung, als wir sehr intensiv darüber gesprochen haben, wie es jetzt weitergeht, als Demokrat er­lebt, der uns glaubhaft versichert hat, dass er dieses Ergebnis selbstverständlich zur Kenntnis nimmt und selbstverständlich auch alles tut, was das Volk ihm aufgetragen hat, dass er alles tut, um diesen Auftrag der Bevölkerung umzusetzen.

Ich halte den Herrn Bundesminister auch für so professionell in seiner Amtsführung, dass er nicht nur willens, sondern auch in der Lage ist, mit uns gemeinsam, mit unserer Unterstützung dieses Ergebnis umzusetzen. (Abg. Strache: Ist das jetzt ein Witz? Der Witz des Tages? Abg. Kickl: Bis jetzt war es gut! Abg. Strache: Jetzt kommen die schwarzen Windungen!)

Herr Bundesminister, das heißt natürlich konsequenterweise, dass wir diesen angekün­digten Misstrauensantrag nicht unterstützen werden. (Abg. Strache: Na das ist konse­quent!) Aber, Herr Bundesminister, nehmen Sie es aufgrund dessen, was ich vorher an Kritik gesagt habe, bitte auch als Vertrauensvorschuss! (Abg. Strache: Wie lange noch? Wir sind doch am Ende der Regierungsperiode!)

Wir werden aber gemeinsam an diesem Auftrag arbeiten, den wir von der Bevölkerung bekommen haben, und wir werden Sie bei der Erfüllung dieses Auftrages unterstützen, denn das ist auch der Auftrag der Bevölkerung am 20. Jänner gewesen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strache: Für weitere sechs Jahre! ÖVP gibt Vertrauensvorschuss für wei­tere sechs Jahre!)

Meine Damen und Herren, dieses Votum am 20. Jänner ist aber auch Auftrag für die­ses Hohe Haus. Wir haben hier im Haus die Sicherheitsstrategie, also den Analyseteil der Bundesregierung liegen, wir haben einen Vorschlag für die Ableitungen zu dieser Sicherheitsstrategie, nämlich die notwendigen Maßnahmen, im Haus liegen. (Zwischen­rufe bei FPÖ und SPÖ.)

Dass es bisher nicht zu einer Beschlussfassung gekommen ist, hat hauptsächlich da­ran gelegen, dass es zwischen den Regierungsparteien Uneinigkeit in diesem einen Punkt, Wehrpflicht Ja oder Nein, gegeben hat.

Dieser Punkt ist entschieden, und ich glaube und hoffe, dass deswegen einer raschen Beschlussfassung dieser Sicherheitsstrategie nun nichts mehr im Wege steht. Der 20. Jänner ist Auftrag für uns, nun rasch diese Sicherheitsstrategie als Grundlage für alle weiteren Maßnahmen zu behandeln und zu beschließen. (Abg. List: Für drei Mo­nate!) Und darum ersuche ich Sie alle, meine Damen und Herren, das jetzt rasch mit uns gemeinsam in Angriff zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Kollege Prähauser, was mich ein bisschen stört  (Abg. Mag. Kuzdas: Was glaubst, was ihn alles stört?!) – Die Grundhaltung des Kollegen Prähauser zur Frage Wehr­pflicht stört mich überhaupt nicht. (Abg. Strache: Die ist schon in Ordnung!) Was mich stört, ist, dass auch er jetzt wieder das Thema Geld in den Vordergrund gerückt hat. (Abg. List: 1 Prozent!)

Wenn so viel davon die Rede war, dass man ja sogar mit den 2 Milliarden, die da sind, ein Berufsheer aufstellen könne, dann wird es doch wohl auch möglich sein, wenn man die richtigen Reformen macht, das erwiesenermaßen in allen Ländern kostengünstige-


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re Mischsystem mit wehrpflichtigen Milizsoldaten und Berufssoldaten mit diesen 2 Mil­liarden auf die Beine zu stellen beziehungsweise auch weiterzuführen (Zwischenruf des Abg. Krainer wenn man die richtigen Reformen macht und die Kostentreiber oder die Dinge beseitigt, die heute unnötig Geld kosten. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strache: Nehmt’s Sport und Friedenseinsätze aus dem Budget!)

Meine Damen und Herren, wichtig ist eines: Man muss die Einsatzszenarien des öster­reichischen Bundesheeres vollumfänglich akzeptieren. Und da steht an erster Stelle die militärische Landesverteidigung. (Abg. List: Auf einmal?!) Das muss auch immer wieder gesagt werden. Das heißt, wir müssen uns auch bei allem, was wir jetzt disku­tieren, darauf konzentrieren, dass die heutigen Fähigkeiten in allen Waffengattungen und Truppenkörpern erhalten bleiben und durch Maßnahmen, die wir unterstützend setzen, erhalten bleiben können. Das ist eine erste Aufgabe.

Zweitens: Die friedenssichernden Auslandseinsätze des Bundesheeres sind ein wichti­ger Bestandteil. (Abg. Strache: Die gehören aber aus dem Budget raus! Die soll das Außenamt zahlen!) Aber: Was wir nicht wollen, ist eine reine Expeditionsarmee, wie so manche innerhalb des Heeres sich das vorstellen. Der Schwerpunkt des Bundeshee­res und seines Einsatzes ist weiterhin im Inland. Die Auslandseinsätze, zu denen be­kennen wir uns. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Und auch für alle anderen Dinge muss ausreichend Platz sein: Cybersicherheit, Schutz kritischer Infrastruktur, Katastrophenhilfe, Grenzüberwachung, auch Assistenz bei der inneren Sicherheit für die Exekutive, und so weiter.

Es gibt klare Grundlagen für diese Arbeit – die Bundesverfassung als Allererstes. Es darf keinen Zweifel geben, dass die österreichische Bundesverfassung und alles, was dort zum Thema Landesverteidigung und Sicherheit steht, auf Punkt und Beistrich ein­zuhalten ist, und zwar in der Form, wie es dieses Haus beschlossen hat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Auch der Bericht der Bundesheerreformkommission, der ja so breite Zustimmung über alle Parteigrenzen hinweg gefunden hat, ist eine wesentliche und wichtige Grundlage für diese Reformarbeit. Das Koalitionsabkommen hat eingehalten zu werden! Das ist bis zur Nationalratswahl die Arbeitsgrundlage für diese Koalition und nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Prähauser.)

Ich habe es vorhin schon gesagt: Die Sicherheitsstrategie wird eine wichtige Grundlage für diese Reformarbeit sein.

Und noch eines, meine Damen und Herren – der Herr Bundesminister hat es schon an­gesprochen : Es gibt innerhalb der Koalition eine Arbeitsgruppe (Abg. Strache: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ’ ich einen Arbeitskreis!), die jetzt den Minister dabei unterstützen soll, die notwendigen Reformen zu erarbeiten – natürlich sehr stark mithilfe des Generalstabes und des Heeres und dann in weiterer Folge spätestens im Sommer dieses Jahres ein Konzept vorzulegen, wie dieses Bundesheer reformiert wer­den soll; und darüber hinaus soll sie auch Sofortmaßnahmen unterstützen und bespre­chen, die sofort und unverzüglich Verbesserungen, Attraktivierungen beim Grundwehr­dienst bringen. (Abg. Dr. Graf: Warum hat er das nicht gemacht bis jetzt?)

Der Herr Bundesminister hat schon einige davon erwähnt, zum Beispiel die Reduzie­rung der Anzahl der Systemerhalter, wobei auch zum Thema Systemerhalter gesagt werden muss, dass diese nicht völlig verzichtbar sind – das muss auch einmal gesagt werden, denn dann würde das Bundesheer nicht funktionieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Und es ist nicht alles Systemerhalter und Funktionssoldat, was man so gemeinhin da­runter subsumiert. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das heißt, meine Damen und Herren, es wird rasche Maßnahmen zur Attraktivierung geben. Es wird bis zum Sommer ein Konzept für alle mittelfristig umzusetzenden Maß-


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nahmen geben; und selbstverständlich ist dann auch dieses Parlament unverzüglich einzubinden, beim Landesverteidigungsausschuss oder auch allenfalls beim Nationa­len Sicherheitsrat, um diese Dinge, wie es in einer Demokratie zu sein hat, zu disku­tieren.

Ich bin überzeugt, wir schaffen es gemeinsam. Legen wir jetzt bitte alles Trennende ad acta, und kümmern wir uns alle gemeinsam darum, dass wir diese Verbesserungen er­reichen, dann werden wir es gemeinsam auch schaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Wiederholung der Befragung, bis das richtige raus­kommt!)

 


16.06.28

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich nehmen wir alle das Ergebnis der Volksbefragung nicht nur zur Kenntnis, sondern wir gehen davon aus, dass es auch umgesetzt wird. Das ist ja vollkommen klar.

Aus der Untersuchung der Motive derjenigen, die an der Befragung teilgenommen ha­ben, wissen wir, dass sich eine sehr, sehr große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für die Beibehaltung des Zivildienstes entschieden hat.

Ja, ich verstehe es auch, weil die Alternative nicht klar genug war. Ich halte eine Alter­native für möglich und sinnvoll, aber es ist den zuständigen Mitgliedern der Bundesre­gierung nicht gelungen, die Menschen davon zu überzeugen. Und diese breite Zustim­mung zum Zivildienst, den die Damen und Herren von der ÖVP, als ich noch Zivil­diener war, ja etwas anders gesehen haben als heute (Abg. Rädler: Mit Recht!) – mit Recht? Aha! (Abg. Rädler: Bei Ihnen!) –, hat auch dazu geführt, dass viele von Ihnen die Wehrpflicht mit in Kauf genommen haben. Okay!

Im Gegensatz zu meinen Vorrednern habe ich jahrelang im Präsidium der Bundes­heerreformkommission, gemeinsam mit Helmut Zilk, mit General Commenda und mit vielen anderen, gearbeitet. Ich stehe nach wie vor zu den Kernergebnissen. Eines die­ser Kernergebnisse lautet – Klubobmann Kopf, Sie sollten dieses Dokument wirklich einmal lesen! (Abg. Kopf: Also!); ich kenne dieses Zitat auswendig –: Die Landesver­teidigung ist keine prioritäre Aufgabe des Bundesheeres mehr!

Das, was Sie hier erklärt haben, stimmt absolut nicht. Die Bundesheerreformkommis­sion hat empfohlen, als einzige militärische Hauptaufgabe die Auslandseinsätze festzu­schreiben. Das Problem, das wir in diesem Zusammenhang haben – das sage ich Ih­nen, Herr Klubobmann Kopf, weil auch Sie als sicherheitspolitischer Laie es sich nicht so leicht machen sollten (Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn Sie über die Zukunft des Bundesheeres reden –, ist, dass wir uns nicht einigen konnten, ob wir bei der Zielgröße 55 000 Personen Mobilisierungsstärke bleiben sollen.

Es hat viele in der Bundesheerreformkommission gegeben, die aus einer ganz einfa­chen Überlegung heraus davor gewarnt haben: Wenn es keine direkte militärische Be­drohung gibt, macht eine Mobilisierung von 55 000 Personen für den Landesverteidi­gungsfall keinen Sinn. Und Sie, Herr Verteidigungsminister, sind an dieser Zahl kleben geblieben und haben ein viel zu teures, weil ein viel zu großes Berufsheer konzipiert. Sie sind selbst in diese 55 000-Personen-Falle getappt. (Abg. Klikovits: Bei Ihnen ist es null!) Das ist das Problem in diesem Zusammenhang.

Herr Klubobmann Kopf und meine Damen und Herren von der ÖVP, wir werden erst ernsthaft über die Reform der Wehrpflicht, falls die überhaupt möglich ist, diskutieren


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können, wenn die Ziele des österreichischen Bundesheeres und die dazu notwendigen Kräfte definiert sind. (Ruf bei der ÖVP: Was wollt ihr?)

So, und jetzt ist der Verteidigungsminister in einer seltsamen Situation. Die ÖVP sagt, sie hat ein Konzept zur Reform der Wehrpflicht, hält es aber geheim (Abg. List: Dop­pelt geheim!) und verlangt vom Verteidigungsminister, er solle ein Konzept, das er nicht kennen kann, umsetzen. Das ist der Part der ÖVP. Dann steht der Verteidigungs­minister auf und sagt: Na selbstverständlich bin ich der richtige Mann, um ein Konzept, das ich nicht kenne und von dem ich nichts halte und wo ich überzeugt bin, dass das Gegenteil gemacht werden sollte, umzusetzen! (Abg. Kickl: Das geht schon z’am!) Das ist heute gelebte Regierungspolitik.

Ja, wie soll das funktionieren, dass ein Verteidigungsminister, der sagt, ich bin vom Gegenteil überzeugt, ein Konzept umsetzen soll, das sein Koalitionspartner ihm nicht gibt?!  Das ist doch eine vollkommen absurde Situation.

Herr Mag. Darabos, ich weiß, dass Sie es nicht persönlich nehmen, weil es auch nicht persönlich gemeint ist: Sie werden nicht in der Lage sein, das Bundesheer zu reformie­ren – erstens, weil Sie etwas anderes wollen, zweitens, weil Sie das nicht dürfen und drittens, weil Ihr Koalitionspartner die ÖVP ist!

Ich sage Ihnen, es gibt auch eine ganz neue Achse in diesem Haus, im Zusammen­hang mit der Wehrpflicht (Ruf bei der ÖVP: ... abschaffen mit Grün !), die ich Ihnen jetzt kurz darstellen werde, das ist seit gestern eine schwarz-grüne Achse. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Sie schaut folgendermaßen aus: Sie kennen ja die berüchtigten Bürgermeisterbriefe. Es hat in Niederösterreich und in Tirol eine konzertierte, meiner Meinung nach illegale Aktion von ÖVP-Bürgermeistern ge­geben, die in die Gemeindekassen gegriffen haben, um Wehrpflichtpropaganda zu ma­chen.

Abgeordneter Klikovits von der ÖVP unterstützt mich jetzt bei der Aufklärung, ich möchte es gar nicht geheim halten. Er ist gestern zu mir gekommen, hat mir einen wei­teren Bürgermeisterbrief übergeben (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) und hat mir gesagt, ich solle auch da eine Anzeige erstatten (Abg. Klikovits: Das habe ich nicht gesagt!), gegen den Bürgermeister von Neutal im Burgenland. Ich habe das ge­prüft, und ich halte das für richtig. Ja, ich glaube, dass der Bürgermeister von Neutal genau derselben Delikte verdächtig ist wie die ÖVP-Bürgermeister in Niederösterreich und in Tirol. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Deswegen werden wir  danke, Herr Abgeordneter Klikovits  auch den von Ihnen aufgedeckten Fall des Bürgermeisters von Neutal im Mittelburgenland der Staatsanwaltschaft übergeben. (Abg. Rädler: An­zeigen, anzeigen, anzeigen!)

Nur so viel zum neuen Koalitionsklima. Während der Klubobmann der ÖVP die große Unterstützung des Verteidigungsministers vorbereitet, liefert mir der Wehrsprecher der ÖVP einen roten Bürgermeister für die Staatsanwaltschaft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich wünsche Ihnen viel Glück bei diesem neuen Stil in der Koalition.

Trotzdem frage ich Sie, Herr Verteidigungsminister: Wie soll es jetzt weitergehen? Sie tragen die Verantwortung für die auch in meinen Augen missglückte und danebenge­gangene Volksbefragung. Sie haben über ein Berufsheer gesprochen und den Men­schen vorenthalten, dass wir längst ein Berufsheer haben und dass es nur darum geht: Berufsheer mit Präsenzdienst oder Berufsheer ohne Präsenzdienst.

Sie haben General Entacher zum Generalstabschef gemacht. Das war ja nicht der fä­higste General, sondern das war das ranghöchste SPÖ-Parteibuch im Verteidigungs­ministerium. Das Problem, das Sie mit Entacher haben, ist ein selbstgeschaffenes Pro­blem von Parteibuchwirtschaft; und das sollten Sie einmal ernst nehmen, denn hätten Sie damals den fähigsten General bestellt, dann hätten Sie auch jemanden an Ihrer


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Seite gehabt, der auf Basis der Empfehlungen der Bundesheerreformkommission die­se Reform jetzt unterstützt hätte. Das wäre ja möglich gewesen. Sie sind ein Opfer Ih­rer eigenen Parteibuchpolitik geworden.

Ich komme zu einem weiteren Kapitel: Sie werden das Bundesheer nicht reformieren können, solange die Eurofighter wie ein Budget-Mühlstein um den Hals dieses Heeres hängen. Wir werden heuer noch über Ihre Rolle reden, auch wenn Sie den neuen Ver­trag dem Parlament bis heute nicht gegeben haben. Wir werden darüber reden, welche Rolle der damalige Bundeskanzler und Parteivorsitzende Dr. Gusenbauer beim Ver­gleich gespielt hat und welche Rolle sein damaliger und heutiger Anwalt gespielt hat. (Ruf: Wie heißt denn dieser Anwalt?) Da gibt es noch einiges aufzuklären, und auch dieses Kapitel muss noch parlamentarisch untersucht und geklärt werden.

Aber ich mache Ihnen einen ganz anderen Vorschlag: Die einzige Partei, die für das Geheimprojekt Reform der Wehrpflicht die Verantwortung übernehmen kann, ist die Österreichische Volkspartei, also halte ich es für notwendig und für sinnvoll, dass ihr wichtigster Exponent, der Parteiobmann und Vizekanzler, sich jetzt endlich ein Herz für die Sicherheit nimmt und sagt: Ich übernehme das Verteidigungsministerium! (Abg. Mag. Kogler: Jawohl!)

Das wäre ein Wort, das wäre Engagement, das wäre einmal ein Dienst – nicht an der österreichischen Sicherheit, aber zumindest an der Glaubwürdigkeit der Österreichi­schen Volkspartei. (Abg. Kickl: Nur wenn der den Außenminister macht!)

Tauschen Sie doch Ressorts, befreien wir das Innenministerium von der ÖVP, die Poli­zei hat sich Besseres verdient, und schauen wir, dass die ÖVP endlich Verantwortung für das Militär übernimmt und dass ein ÖVP-Minister reformiert und das macht, was Norbert Darabos sicherlich nicht tun kann! (Zwischenruf des Abg. Kößl.)

Wenn ein Misstrauensantrag dazu heute ein erster Schritt ist, dann ist es durchaus ver­nünftig, diesen Antrag einzubringen  und trotz allem Respekt vor der Person Norbert Darabos werden wir deshalb diesem Misstrauensantrag zustimmen.  Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter List gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Abg. List stellt ein Buch mit dem Titel: „Österreichs Sicherheit in einer vernetz­ten Welt. Sicherheits- und verteidigungspolitischer Bericht“ vor sich auf das Redner­pult.)

 


16.15.55

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Selbstverteidigungsminister mit magerer Unterstützung auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Aus unserer Sicht eine Beurteilung der Volksbefragung: Sie war Wahlkampf pur. Das Bundesheer wurde von Rot und Schwarz wieder für einen Zwischenwahlkampf missbraucht, ein Missbrauch, den wir auf das Schärfste verurteilen. Das Ergebnis dieser Volksbefragung wird ent­sprechend, auf Kosten der Sicherheit, wie wir heute sehen, sehr, sehr differenziert ana­lysiert.

Wir vom BZÖ stellen fest: Diese Bundesregierung ist mit dieser Volksbefragung ge­scheitert! Vor allem die SPÖ hat das absolut vergeigt, ihre Reihen waren nicht ge­schlossen! Spekulantin Burgstaller und andere sind Darabos in den Rücken gefallen. Der Selbstverteidigungsminister hat es nicht geschafft, die besseren Alternativen für die Abschaffung der Wehrpflicht aufzuzeigen. Bereits durch seine Fragestellung bei der Volksbefragung war das zum Scheitern verurteilt; sie war absurd. Die verantwortlichen Berater in seinem Ressort haben sich von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen, sie gehören längst disziplinär gewürdigt. Offensichtlich wissen Darabos und seine Genos-


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sen heute noch immer nicht, dass Österreich ohnehin ein Berufsheer hat. Auch die Freiheitlichen dürfte das längst nicht mehr überraschen.

Wir haben ein Berufsheer, geschätzte Damen und Herren. Insgesamt sind es rund 23 000 Mann aktives Kaderpersonal, die im Stand sind, und trotzdem haben die Bürger über die Einführung eines Berufsheeres abstimmen müssen. (Abg. Neubauer: Das war der ! Das war das Dümmste!) Das ist eine Peinlichkeit der Extraklasse.

Viele Bürger hat die völlig falsch gewählte Fragestellung abgeschreckt, sie fühlen sich nach wie vor uninformiert und gefrotzelt. Da lagen wir mit unserem Boykottaufruf völlig richtig.

Aus Parteitaktik haben SPÖ und ÖVP dieses politische Instrument der direkten Demo­kratie missbraucht. Ein inszeniertes Ablenkungsmanöver war das, ein Manöver, um von den wirklich wichtigen Themen, wie Arbeitslosigkeit, exzessive Teuerung in allen Bereichen und neue Armut, abzulenken. Das sind die wahren Ängste und Sorgen der Bürger in Österreich, um die sich diese Bundesregierung überhaupt nicht kümmert.

Gleichzeitig verlangen wir, dass die gesamten Kosten von zumindest 15 Millionen € für diese überflüssige Volksbefragung aus den Parteikassen beglichen werden. Da lehnen wir den Einsatz von Steuergeldern massivst ab. (Beifall beim BZÖ.)

Zur ÖVP: In Wirklichkeit ist die ÖVP konzeptlos in die Volksbefragung marschiert, und auch nach der Befragung gibt es keine Reformen, die aus dem Ärmel geschüttelt wer­den können. Trotzdem hat es die ÖVP im Vorfeld geschafft, ihre Parteisoldaten besser zu mobilisieren. Auch die Unterstützung durch die Offiziersgesellschaft war da beson­ders nützlich. Der überwiegende Teil dieses Vereines sind Mitglieder beim ÖAAB, und der ÖAAB, das wissen Sie, ist kohlrabenschwarz eingefärbt. Logisch, dass diese Of­fiziere die Interessen der ÖVP vertreten. Die meisten sind auch parteipolitisch abhän­gig. (Ruf bei der FPÖ: Pensionisten!) Damit sind sie in der ÖVP-Geiselhaft. Sie treten geschlossen unter dem Oberspekulanten Paulus für die Beibehaltung der Wehrpflicht auf, damit haben sie natürlich das Ergebnis der Volksbefragung leider wesentlich be­einflusst in Feierlaune, kann doch jede Reform beim Bundesheer künftig von dieser Offiziersgesellschaft blockiert werden.

In ihrer parteipolitisch motivierten Informationskampagne hat die ÖVP auf Bauchthe­men gesetzt. Mit falschen Horrorszenarien, wie unmöglich gleichzeitig auftretenden Ka­tastrophen, wurden die Bürger getäuscht. Dieses arrogante und überhebliche Schüren von falschen Ängsten, vor allem durch Sie, Frau Innenministerin Mikl-Leitner, verurtei­len wir auf das Schärfste. Sie haben die Bürger vorsätzlich getäuscht, Sie haben Jung gegen Alt ausgespielt. (Beifall beim BZÖ.)

Die Mehrheit hat entschieden, das traurige Ergebnis ist, der Zwangsdienst, die Wehr­pflicht bleibt, es bleibt alles beim Alten. Geschätzte Damen und Herren, das ist eine ge­fährliche Drohung für unsere Landesverteidigung. Diese gescheiterte Bundesregierung wird sich nicht weiter um das Bundesheer scheren, vor allem die ÖVP will auch im Be­reich der Landesverteidigung an alten, ausgedienten Strukturen krampfhaft festhalten. Dafür dienen Ihnen die Freiheitlichen als sehr gehorsame Steigbügelhalter. Die feier­lich angekündigten Reformen sind bald Schall und Rauch, man hat das heute von den Regierungspartnern gesehen. Nicht einmal der Grundwehrdienst wird attraktiv gestaltet werden. Der Verlierer heißt Bundesheer.

Die ÖVP hat mit dieser Volksbefragung wieder eine große Chance verspielt, nämlich die Chance, das Bundesheer zu reformieren und zukunftsorientiert in Europa auszu­richten. Sie schaden Österreich – wir vom BZÖ nützen Österreich und stellen fest, das Bundesheer der Zukunft braucht vermehrt Berufssoldaten. Die Profis im Heer sind so­fort verfügbar und einsatzbereit, nur Berufssoldaten garantieren selbstverständlich die sofortige Hilfe bei jeder Art von Katastrophen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was heißt das


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für Europa?) Auch in anderen Bereichen, etwa im Auslandseinsatz, werden immer mehr Profis verlangt, das bestätigt der aktuelle und gefährliche Einsatz im Pulverfass Naher Osten.

Wir vom BZÖ sind zu dem Schluss gekommen, die Abschaffung der Wehrpflicht wäre ein Sicherheitsgewinn für die umfassende Landesverteidigung. (Beifall beim BZÖ.)

Entsprechend haben wir unser Programm erstellt, und damit sind wir auch die Einzi­gen, die kompetente Lösungen in diesem Haus haben. (Abg. Neubauer: So ein Blöd­sinn!) Unser Programm ist ein Programm für die Zukunft, unser Programm „Österreichs Sicherheit in einer vernetzten Welt“ hat Zukunft. (Abg. Neubauer: Sie nicht!)

Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben kein Programm. Ohne seriöse Lagebeurteilung und in Unkenntnis darüber, welche Aufgaben ein Bundesheer der Zukunft zu bewältigen haben wird, haben Sie in den letzten sieben Jahren kata­strophale Zustände im Ressort geschaffen. Herr Noch-Bundesminister Darabos! Sie sind völlig orientierungslos und mit mangelnder Führungskompetenz ausgestattet. (Bei­fall beim BZÖ.)

Sie lassen sich von der ÖVP genüsslich vorführen, das haben wir heute eindeutig ge­sehen. Sie lassen sich hier wirklich am Gängelband vorführen. (Abg. Stauber: Wer hat Ihnen die Rede geschrieben?)

Für diese Missstände sind Sie als Minister hauptverantwortlich. Sie haben Ihr Ressort nicht im Griff, Sie haben versagt. Sie sind für das österreichische Bundesheer als Mi­nister nicht geeignet. (Abg. Mag. Gaßner: Aber Sie auch nicht!)

Herr Bundesminister, auch das BZÖ spricht Ihnen das Misstrauen aus. Herr Darabos, nehmen Sie mit dem letzten Funken Anstand den Hut und räumen Sie noch vor den Nationalratswahlen diesen Ministersessel! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Neubauer: Ge­ben Sie Ihre Uniform zurück, das wäre taktvoll! – Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.23.04

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mei­ne Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn die FPÖ und das BZÖ ihre Konfrontation vielleicht draußen austragen könnten, könnte ich in Ruhe zum Thema sprechen.

Als Hauptmotiv, für die Wehrpflicht zu stimmen, wurde laut Medienberichten oder Um­fragen der Zivildienst genannt. Das hat mir schon zu denken gegeben. Wenn man sich die Kampagne vor Augen hält, die im Vorfeld der Volksbefragung gemacht wurde, dann ist mir das Warum und Wieso schon klar. Mit Angst und Desinformation wurden die Bürger zu den Wahlurnen getrieben, damit man ja das Richtige abstimmt.

Das möchte ich folgendermaßen erklären: Von der Frau Innenminister wurde immer propagiert, dass, wenn es keinen Zivildienst mehr gibt, kein Rettungsfahrzeug mehr kommt und man nicht mehr ärztlich versorgt wird. So ist die Leier dahingegangen. Als Nächstes die Katastrophenhilfe: Wenn es keine Wehrpflicht mehr gibt, dann gibt es nicht genügend Personal für den Katastrophendienst.

Da muss ich schon fragen, ob die Regierungsparteien die Aufgabe, die sie hier hätten erledigen sollen, vielleicht nicht richtig gemacht haben. Denn es ist eine Aufgabe, für den Zivilschutz zu sorgen. Das heißt, ich muss das Bundesheer entsprechend gestal­ten, damit ich in einem Katastrophenfall, wenn ich das Bundesheer brauche, das Bun-


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desheer auch wirklich zur Verfügung habe. Aber das muss ich ganz klar festlegen: Will ich ein Bundesheer, das ein Katastrophendienst-Heer ist, oder brauche ich das Bun­desheer für andere Tätigkeiten?

Für mich war auch interessant, dass im Zusammenhang mit der Wehrpflicht immer wieder das Thema Cyberkriminalität gekommen ist. Ich würde jedem empfehlen, ein­mal in Wikipedia über Cyberkriminalität nachzulesen, denn ich glaube, dass 95 Prozent derjenigen, die hier sitzen, nicht wissen, was Cyberkriminalität wirklich ist. Ein Grund­wehrdiener ist gar nicht in der Lage, Österreich vor Cyberkriminalität zu schützen, das muss man auch einmal klar sagen. Auch dieses Argument war falsch. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine Damen und Herren! Das Volk hat entschieden, das ist zur Kenntnis zu nehmen. Aber ich war nach der Abstimmung schon gespannt, wie das Papier der ÖVP aus­schaut, diese zwölf Forderungen, die da wie ein Schatz im Schatzkisterl gehütet wur­den – niemand hat gewusst, was da wirklich auf uns zukommt. Der SPÖ sind nach der Volksbefragung zwölf Punkte vorgelegt worden, und ich habe mir die Mühe gemacht, das Ganze ein bisschen genauer anzuschauen.

Da steht als erster Punkt: Sicherheitsdoktrin – das wurde heute schon angesprochen. Ja, klar, die liegt seit März 2011 hier im Parlament und wurde nicht angerührt. Jetzt hat man es plötzlich eilig, anscheinend ist es nur an diesem Punkt gescheitert. Ich nehme das zur Kenntnis, wir werden Sie dann an Ihren Taten messen. Ich halte fest, bisher wurde die Sicherheitsdoktrin von den Regierungsparteien blockiert.

Zweiter Punkt: Arbeitsgruppe. Da fällt mir immer ein nettes Sprichwort ein, das heißt: Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann bilde einen Arbeitskreis! (Abg. Mag. Schöneg­ger: Arbeitsgruppe!) – Das ist die Arbeitsgruppe aus Ihrer Sicht, nehme ich an, denn mehr kann ich dieser Überschrift nicht entnehmen.

Drittens: Talente-Check. No na! Potenzialanalyse, das ist spannend, denn ich weiß nicht, wie das ausgelegt werden soll. Welches Potenzial haben Grundwehrdiener? Das sind meistens junge Leute, die gerade von der Schule kommen und zum Bundesheer oder Zivildienst müssen. Aber das Potenzial könnte man auch messen, indem man die Herrschaften vielleicht auf ihrem Lebensweg etwas begleitet und sich bemüht, dass sie vielleicht im zivilen Rettungsdienst oder bei der Feuerwehr oder sonst wo eingesetzt werden. Das wäre meiner Ansicht nach viel vernünftiger.

Viertens: Systemerhalter. Die Zahl der Systemerhalter soll gesenkt werden. – Herr Ge­neral Entacher ist schon angesprochen worden, der auf diese Köche und so weiter nicht verzichten möchte. Einer der glühendsten Wehrdienstbefürworter sagt gleich ein­mal, mit diesem Punkt können Sie brausen gehen.

Fünftens: Ausbildungsmodule – das ist auch interessant. Diese Ausbildungsmodule der Grundwehrdiener für Spezialeinheiten im Bereich Katastrophenschutz, Schutz für kriti­sche Infrastruktur, Technik und so weiter gibt es schon heute.

Sechstens: Berufschancen. Bestimmte Ausbildungsmodule sollen für den Polizeidienst und Sicherheitsdienste anrechenbar werden. – No na, schon heute wird das Bundes­heer beim Polizeidienst als Vordienstzeit angerechnet. Wobei natürlich interessant ist, wo da die Gleichbehandlung ist, denn die Frauen brauchen das Bundesheer für den Polizeidienst nicht. Das habe ich schon einmal angesprochen, da sie ja die Möglichkeit hätten, beim Bundesheer ihren Dienst abzuleisten, und dann wüssten sie vielleicht, was bei der Polizei auf sie zukommt in Bezug auf Waffenbenutzung und so weiter.

Siebentens: Sport. Ich war Grundwehrdiener, ich habe es bis zum Gefreiten geschafft, und wir hatten jeden Tag Sport. In der Früh sind wir Laufen gegangen, wir hatten soge­nannte Orientierungsmärsche oder große Märsche, 30 Kilometer. Den Sport hat es al­so bisher schon gegeben.


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Achtens: Erste Hilfe. Alle Grundwehrdiener sollen umfassend in Erster Hilfe und Grundzügen der Katastrophenhilfe ausgebildet werden. – Das ist meines Wissens heu­te schon der Fall.

Neuntens: Gemeinsame Übungen mit zivilen Kräften wie Feuerwehr und Bergrettung sollen forciert werden. – Das gibt es heute schon, auch mit der Polizei, also auch das ist schon abgehakt. Es ist unglaublich, was hier vorgegaukelt worden ist. (Abg. Dr. Ro­senkranz: Was sagt der Frank dazu?)

Zehntens: Planungen. Rekruten sollen nach der Grundausbildung zumindest „in gro­ben Zügen“ über den Zeitplan der weiteren Tätigkeit beim Heer informiert werden. – Das tut man heute auch schon, also auch nichts Neues.

Elftens: Sicherheitsschule. Da habe ich mir zuerst gedacht, das ist jetzt interessant. Aber Sicherheitsschule wird hier nach dem ÖVP-Muster gebracht, indem man Aufga­ben der Schulen übernimmt. Wenn die Lehrer versagt haben, muss das jetzt das Bun­desheer machen, das heißt Deutschkenntnisse aufbessern, Staatsbürgerschaftskunde, was man in der Politischen Bildung lernen sollte. – Ich weiß nicht, was man sich bei diesem Punkt wirklich gedacht hat.

Zwölftens: Pilotprojekte. Da wird Herr Verteidigungsminister Darabos gebeten, die jetzi­gen Pilotprojekte, die meiner Ansicht nach ein Fortschritt sind, weil man sich etwas Neues überlegt – wie man das Heer in gewissen Bereichen reformieren und zeitgemäß einrichten könnte –, wieder zurückzunehmen. Dazu kann ich nur sagen, zurück in die Zukunft oder zurück in die Vergangenheit.

Meine Damen und Herren! Dieses Papier ist wirklich nicht das Gelbe vom Ei. (Beifall beim Team Stronach.)

Fazit: Die Fragen bei der Volksbefragung waren so gestellt, dass die Menschen No-na-Entscheidungen haben treffen können, es war nichts Konkretes drinnen, es war nichts Vernünftiges drinnen. Ich habe immer kritisiert, dass da keine klaren Sachverhalte auf­gedeckt worden sind, wie das in der Schweiz mit einem Abstimmungsbuch gemacht wird. Das wäre vernünftig gewesen. Sie haben im Prinzip die Bevölkerung an der Nase herumgeführt.

Jetzt müssen Sie schauen, wie Sie da herauskommen. Es wird nicht funktionieren, auch wenn wir jetzt die Wehrpflicht weiter beibehalten – das ist auch schon angespro­chen worden –, mit einem Budget für das Heer in der Höhe von 0,68 Prozent des BIP. Jedes vergleichbare Land in Europa hat mindestens 1 Prozent des BIP. Mit 0,68 Prozent ist es nur möglich, das Heer in der jetzigen Form zu Tode zu sparen, ka­putt zu machen. Das ist das, was wir nicht wollen.

Nehmen Sie etwas Geld in die Hand, nehmen Sie die Entscheidung der Bevölkerung jetzt auf. Wir vom Team Stronach sind klar für Freiwilligkeit, und wir bleiben auch da­bei. Uns wäre es recht, wenn es ein Freiwilligenheer gäbe mit einer guten Ausbildung, mit einer guten Bezahlung, mit vernünftigen und klaren Aufgaben, die auch sicherge­stellt sind, wo die Leute dann auch wissen, wohin sie müssen. Ich kann heute einem Grundwehrdiener nicht zutrauen, was sie damals beim Jugoslawien-Krieg machen mussten. Wenn Sie einmal mit den Burschen geredet haben, die ein paar Wochen Grundausbildung hinter sich hatten und dann an die Grenze gestellt wurden, vor die Panzer, da ist jedem der Zapfen hinten herausgestanden. Das ist nicht lustig. Das ist Kanonenfutter. Das wollen wir nicht.

Wir wollen gut ausgebildete Soldaten, die auch eine gute Bezahlung bekommen, die freiwillig dort sind und wissen, worauf sie sich da einlassen. (Beifall beim Team Stro­nach.)

Wir brauchen eine wirkliche Reform. Und, das muss ich leider auch sagen, Herr Dara­bos, als Zivildiener sind Sie kein Fachminister im Heeresbereich. Das muss man ganz


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klar sagen. Dort sollte jemand sein, der davon etwas versteht, der beim Bundesheer war, der das System kennt. Wir brauchen Fachleute in der Politik, nicht irgendwelche Parteisoldaten. Da ist das Wort „Soldat“ zwar enthalten, aber Parteisoldaten sind sicher die falschen Adressaten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Als Schlusssatz möchte ich noch anmerken, dass bei der Diskussion im ORF-„Bürger­forum“ zu diesem Thema sowohl Herr Bundeskanzler Faymann als auch Herr Vize­kanzler Spindelegger falsche Zahlen für das Heer auf den Tisch gelegt haben. Diese sind nicht nachvollziehbar, für niemanden, und nicht konkret ablesbar. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgor­schek. – Bitte.

 


16.33.37

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Herr Abgeordneter Prähauser hat gesagt, dass der Herr Bundesminister nicht gescheitert sei, sondern sich ja immer sehr für Re­formen et cetera eingesetzt habe. Aber wenn man ein Modell wie das Berufsheer prä­feriert und dann mit 60 zu 40 Prozent eine Niederlage erleidet, dann ist das nicht nur militärisch, sondern auch politisch eine Niederlage. Und dann ist man gescheitert. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Sie haben auch gesagt, dass wir bei der Budgetdebatte keine Vorschläge machen. Ich erinnere mich, dass wir immer wieder gesagt haben, dass wir die Auslandseinsätze zum Beispiel in ein Sonderbudget auslagern wollen. Das hätte dem Militärbudget nach­haltig geholfen, aber die Regierungsfraktionen sind uns da nicht gefolgt.

Herr Bundesminister, Sie haben auch behauptet, dass die Umfragen ergeben haben, dass 70 Prozent der 20- bis 30-Jährigen nicht für die Wehrpflicht gestimmt hätten, sondern für ein Berufsheer. Dem möchte ich entschieden widersprechen, denn wenn Sie sich die Mühe machen, einmal die APA anzusehen, ARGE Daten, dann werden Sie feststellen, dass bei einem Sample von immerhin 6 000 Befragten 55 Prozent für die Wehrpflicht gestimmt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben sechs, fast sieben Jahre – Sie sind im sie­benten Jahr Minister (Abg. Dr. Rosenkranz: Im verflixten siebten Jahr!) – Zeit für Re­formen gehabt – diese Reformen, die angesprochen worden sind, der Bundesheerre­formkommission unter Ihrem Parteifreund Bürgermeister Zilk –, und letzten Endes ist nicht sehr viel dabei herausgekommen. Das, was Sie heute von sich gegeben haben, sind eigentlich nur Kleinigkeiten. Ja, es ist Ihnen gelungen, ein paar Liegenschaften zu veräußern, ein bisschen schweres Gerät, aber wenn man das unter dem Strich be­trachtet, eigentlich mit mäßigem Erfolg. Es ist nicht einmal finanziell sehr interessant gewesen. Und diese Pilotprojekte, die Sie initiiert haben, kosten sehr viel Geld, das ha­ben Sie selbst heute bestätigt, und das fehlt natürlich im normalen Militärbudget. Ich glaube, es wird vonnöten sein, dass Sie diese Projekte entsprechend reduzieren oder überhaupt abstellen.

Herr Bundesminister, Sie haben in den letzten Jahren das Bundesheer nicht reformiert, ich muss es so sagen, Sie haben es eher demoliert. (Beifall bei der FPÖ.)

Dabei sind Sie, und das ist leider Ihr Hauptproblem, wie bereits erwähnt, gescheitert. Aber Ihr größtes Problem ist, dass Sie durch Ihre 180-Grad-Wendung – und jetzt müs­sen Sie sich noch einmal 180 Grad drehen, dann haben Sie praktisch eine Pirouette machen müssen – Ihre Glaubwürdigkeit absolut verloren haben. Und ich glaube nicht, dass Sie imstande sind, diese Reform, die das Bundesheer dringend nötig hat, noch


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durchzuziehen. Denn genau das, was Sie vorher verteufelt haben, müssen Sie jetzt verteidigen. Ich glaube, das nimmt Ihnen kein Berufssoldat und kein Grundwehrdiener ab.

Aber das Hauptproblem des österreichischen Bundesheeres, das in nächster Zeit auf uns zukommen wird – und das ist aus meiner Sicht in keiner Weise, weder vorher noch nachher angesprochen worden –, ist eine zunehmende Überalterung und vor allem, dass wir viel zu hohe Overhead-Kosten haben. Jede moderne Armee ist eher pyrami­denförmig aufgebaut. Das heißt, ich brauche – um das jetzt für jene, die sich mit dem Militär weniger beschäftigt haben, plastisch darzustellen – unten viele Indianer und oben eben die Häuptlinge. Das heißt, ich muss dafür Sorge tragen, dass Leute, die sich beim Bundesheer engagiert haben, auch wieder aussteigen können.

Diesbezüglich sind keine Maßnahmen getroffen worden. Sie müssen nach einiger Zeit in der Ausbildung oder auch dann, wenn Sie selbst Ausbildner sind, in ein anderes Be­rufsleben umsteigen können. Dazu gibt es keine Modelle Ihrerseits. Und da haben Sie auch, das gebe ich zu, mit dem Koalitionspartner durchaus einen Bremser. Denn ich glaube, die GÖD ist sicherlich nicht bereit, darüber nachzudenken, ob wir ein neues Mi­litärdienstrecht einführen.

Das österreichische Bundesheer, Herr Bundesminister, ist eben anders aufgestellt. Es ist nicht wie eine Pyramide, wie es sein sollte, sondern wie ein Zylinder. Oben kommen die Leute hinein, und unten wieder gleich viele heraus. Die Folge ist, dass wir soge­nannte Elefantenfriedhöfe schaffen müssen, dass wir „900-er Posten“ schaffen müs­sen, was im Prinzip nichts anderes als reine Beschäftigungstherapie ist. Ein Schreib­tisch organisiert den anderen Schreibtisch, und es wird immer so weitergehen.

Es wäre der erste Schritt zu einer echten Reform, wenn Sie das Militärdienstrecht in Angriff nehmen würden. Da ist es wichtig, dass die Leute parallel dazu eine Berufsaus­bildung haben, damit sie eben rechtzeitig aussteigen können, und dass sie bevorzugt teilweise in die Exekutive, in die Justizwache oder auch in den normalen Verwaltungs­dienst wechseln können. Und da muss auch ein entsprechendes soziales Netz ge­spannt sein, um die Leute dann nicht, wie das teilweise in England passiert, in die Ar­beitslosigkeit zu treiben. Das wäre ein Ansatz für eine moderne Armee.

Sie hatten lange Zeit zu dieser Umsetzung, aber es ist Ihnen leider nicht gelungen, diese Reformen nur ansatzweise einzuleiten!

Herr Bundesminister Darabos, erlösen Sie die österreichische Bevölkerung, erlösen Sie das österreichische Bundesheer und erlösen Sie vor allem sich selbst von der Qual, diese Reform umsetzen zu müssen! Ich weiß, Sie wollen das ja gar nicht – und Sie sind dazu letzten Endes auch nicht imstande. (Beifall bei der FPÖ.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.40.16

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! In dieser Diskussion haben wir von Räu­cherstäbchen, vom Gelben vom Ei, von Elefantenfriedhöfen und verschiedenen ande­ren Themen gehört, wo ich nur sagen kann, werte Kollegen: Nehmen Sie das Ergebnis der Volksbefragung ein bisschen ernster! Wir haben vonseiten der Bevölkerung den Auftrag bekommen, die Wehrpflicht im Bereich der Landesverteidigung beizubehalten. Gleichzeitig müssen wir uns aber im Rahmen unserer politischen Verantwortung darum kümmern, dieses System gut aufzustellen, dass es den Anforderungen des 21. Jahr­hunderts gerecht wird.


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Im Zuge der Diskussionen zur Volksbefragung hat sich gezeigt, dass innerhalb der Be­völkerung das Interesse an Fragen des Bundesheeres und der Landesverteidigung ge­weckt worden ist, an Fragen der Sicherheit, der Bekämpfung von Cyber-Terrorismus, des Katastrophenschutzes, aber auch daran, was unsere österreichische Aufgabe im internationalen Verbund bei Friedensmissionen, bei internationalen Einsätzen in unse­rer Verantwortung gegenüber der Welt und Konfliktherden zu sein hat.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung des Volkes müssen wir ernst neh­men. In einer Demokratie sind der Austausch von Ideen und die Entscheidungen von Mehrheiten hinzunehmen. Die Mehrheit der Bevölkerung hat mit einer hohen Beteili­gung klargestellt, welchen Auftrag wir haben.

Heute sind hier sehr viele Kollegen, Vorredner in fahrlässiger Art und Weise mit diesem Thema umgegangen. Man hat diese Volksbefragung quasi wie eine Wette dargestellt, die 60 : 40 ausgegangen ist, und hat die Befindlichkeiten des Herrn Ministers hinauf und hinunter zitiert, obwohl Sie genau wissen, werte Kollegen, dass sich dieser Minis­ter in den vergangenen Jahren sehr effizient für das österreichische Bundesheer und die österreichische Landesverteidigung eingesetzt hat.

Es gab Maßnahmen zur Verbesserung des Grundwehrdienstes, eine gezielte finanziel­le Aufstockung der Infrastruktur, eine Steigerung von 11,7 Millionen € auf 14,9 Millio­nen €. Ausbildner bekamen ihre Ausbildungsleistungen honoriert. Weitere Punkte sind: Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen im Kampf gegen den Rechts­extremismus, Maßnahmen zur Aufarbeitung der Geschichte im österreichischen Bun­desheer sowie Maßnahmen zur Korruptionsprävention. Das alles ist die Handschrift von Minister Darabos, der sich redlich darum bemüht, Verbesserungen im österreichi­schen Bundesheer umzusetzen.

Der Auftrag vom Volk, den wir ernst nehmen müssen, muss in die Richtung gehen, dass wir weitere Maßnahmen zu Beschaffungen setzen, Investitionen im Baubereich tätigen und dass der Personaleinsatz gut gewährleistet wird.

Aber auch im Bereich der Miliz gibt es entsprechende Maßnahmen: Die Erhöhung der Einsatzbereitschaft, Anerkennungsprämien und Expertenstäbe, das alles ist die Hand­schrift von Minister Darabos. Ihm hier in der Diskussion vorzuwerfen, dass er mit dem österreichischen Bundesheer sträflich umgeht, ist meiner Meinung nach einer politi­schen, demokratischen Diskussion unwürdig.

Die Volksbefragung hat darauf gefußt, dass es vonseiten der Regierung zu keiner Ent­scheidung gekommen ist, welche Reformmaßnahmen getroffen werden. Jetzt gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich damit beschäftigt, im Rahmen des Auftrags vom Volk das österreichische Bundesheer in die Richtung weiterzuentwickeln, dass Österreich im internationalen Staatenverbund sein Renommee ausbauen kann, dass Österreich ge­genüber Angriffen im Rahmen von Cyber-Terrorismus und terroristischen Attacken und für Katastrophenschutz-Einsätze gut aufgestellt ist.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und machen Sie bitte ernsthaft mit! (Beifall bei der SPÖ.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Klikovits gelangt nun zu Wort. (Abg. Kickl: Wie war das jetzt mit dem Brief? – Abg. Grosz: Der hat dem Pilz ei­nen Brief zugespielt? Auch stark!)

 


16.45.04

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Meine Herren Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Dr. Pilz, wenn ich das gewollt hätte, was Sie gesagt haben, dann hätte ich das auch selbst tun können.


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(Abg. Grosz: Nein, das macht die ÖVP nie! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Sie wis­sen ganz genau, wie es war, aber es entspricht Ihrem Stil von Giftpilz. Sie sind auf ei­nem Auge blind, und Sie werden das Giftschwammerl der Nation auch weiterhin blei­ben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Pilz hält einen Brief in die Höhe.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Eines der erfreulichs­ten Ergebnisse der Volksbefragung vom 20. Jänner dieses Jahres war zweifelsfrei, dass die österreichische Bevölkerung sehr intensiv über das österreichische Bundes­heer diskutiert hat, dass die österreichische Bevölkerung entgegen allen Annahmen, auch vieler hier in diesem Haus, mit einer Beteiligung von 52 Prozent eine sehr hohe demokratische Reife bewiesen hat und dass sie mit 60 Prozent Zustimmung zur Beibe­haltung der Wehrpflicht der Argumentation der Österreichischen Volkspartei und auch anderer gefolgt ist. Das ist ein durchaus erfreuliches Ergebnis, das wir gerne zur Kenntnis nehmen, das aber keine Befriedigung für uns sein kann, weil es in Wirklich­keit nur der Auftrag zu mehr ist, zu mehr österreichischem Bundesheer, zu einer bes­seren Ausbildung, zu einer klareren strategischen Ausrichtung unseres österreichi­schen Bundesheeres und vor allem zur Aufgabenstellung, das österreichische Bundes­heer ernst zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister, es wird jetzt in erster Linie an Ihnen liegen, dieses österreichi­sche Bundesheer wieder in das richtige Fahrwasser zu bringen, und ich darf Ihnen empfehlen: Zurück in die Zukunft des Jahres 2010, als Sie zu Recht festgestellt haben, dass der Grundwehrdienst eine wichtige Voraussetzung für das österreichische Bun­desheer ist, als Sie festgestellt haben, dass wir kein Berufsheer brauchen, weil es zu teuer und ineffizient ist, und als Sie auch zu Recht festgestellt haben, dass wir ein Mi­lizsystem weiterentwickeln müssen, das als Garant für den Aufwuchs und für die Auf­gabenerfüllung unseres österreichischen Bundesheeres die wichtigste Voraussetzung ist. Daher darf ich Sie bitten, Herr Bundesminister, dass Sie jetzt gemeinsam mit den Reformkräften in der Österreichischen Volkspartei, mit den Reformkräften hier im Par­lament diesen Volksauftrag auch tatsächlich wahrnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Als ich mir, Herr Bundesminister, Ihre Stellungnahme zu den 30 Fragen der FPÖ ange­hört habe, war ich für einen kurzen Moment irritiert, weil Sie auch noch Argumenta­tionen aus der Zeit der Wahlauseinandersetzung gebracht haben. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn wir die jungen Männer dazu verpflichten, dass sie ihren Dienst für die Re­publik leisten, so ist das kein Diebstahl an Zeit, den wir bei den jungen Männern bege­hen, sondern dann ist das sozusagen der Aufruf zur Verpflichtung, dem Land zu die­nen. Und die Mehrheit der Österreicher hat, glaube ich, auch eindrucksvoll bewiesen, dass sie das möchte.

Geschätzte Damen und Herren! Viele Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass es jetzt an der Zeit ist, diesen Grundwehrdienst in die richtige Richtung zu lenken, und es gibt dafür viele gute Vorschläge, die wir eingebracht haben. Es erlaubt mir die Zeit nicht, auf das, was der Jünger des Onkel Frank hier kritisiert hat, noch entspre­chend zu replizieren, aber ich kann Ihnen versichern, allen, die dem noch kritisch ge­genüberstehen, wir haben ein sehr, sehr gutes Konzept, das wir jetzt in der Arbeits­gruppe gemeinsam umsetzen werden. Es ist jetzt unsere Verpflichtung – und daran werden wir Sie messen, Herr Bundesminister –, dass wir bis Juni dieses Konzept fer­tigstellen (Abg. Mag. Gaßner: Ich habe geglaubt, ihr habt es schon!), und wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sehen, ob diese gemeinsamen Vorhaben zur Ver­besserung des österreichischen Grundwehrdienstes, zur Verbesserung unseres Sys­tems auch tatsächlich ernst genommen werden. (Abg. Mag. Gaßner: Das ist ja wirklich fürchterlich! Habt ihr es oder habt ihr es nicht?)

Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Das österreichische Bundesheer hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es imstande ist, seine Aufgabenstellungen, die ge-


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rade wir hier als Parlamentarier ihm zuordnen, zum Beispiel mit der Sicherheitsstrate­gie, bestmöglich zu erfüllen. Wir müssen ihm den entsprechenden finanziellen Rahmen geben, damit das österreichische Bundesheer diese seine Aufgaben auch erfüllen kann. Und wir müssen dem österreichischen Bundesheer vor allem unser Vertrauen schenken, dass es mit der Kraft unseres Vertrauens seinen Auftrag erfüllen kann.

Wir brauchen mehr Mutmacher und weniger Miesmacher. Und daher sage ich Ja zu diesem österreichischen Bundesheer. Die Österreichische Volkspartei ist jedenfalls Garant dafür, dass dieses österreichische Bundesheer reformiert, weiterentwickelt wird, dass das, was notwendig ist, getan wird, dass die Mittel, die gebraucht werden, auch zur Verfügung gestellt werden, damit die jungen Männer eine nachhaltige Ausbildung bekommen und den Sinn im österreichischen Wehrdienst auch erkennen können.

In diesem Sinne bin ich zuversichtlich, Herr Bundesminister, dass Sie diese Kehrtwen­dung in das Jahr 2010 gut vollziehen werden. Ich habe die Hoffnung deswegen, weil ich diese Kehrtwende jetzt schon auf der Homepage des österreichischen Bundeshee­res feststellen konnte, auch in der APA vermeldet (der Redner hält einen Ausdruck ei­nes Screenshots in die Höhe): Wir sind nicht mehr für das Berufsheer, sondern wir sind wieder auf dem richtigen Kurs, nämlich in Richtung Wehrpflicht, und dafür darf ich mich bedanken. (Ruf bei der FPÖ: Bussi, Bussi!) Es stimmt mich zuversichtlich, und in die­sem Sinne hoffe ich, dass wir gemeinschaftlich zu dem kommen, was wir alle wollen: ein gutes österreichisches Bundesheer für die Republik Österreich, für die Sicherheit der Menschen in diesem Lande. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Amen!)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.52.07

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss den Kollegen Klikovits ein bisschen enttäu­schen, denn die Volksbefragung war in Wahrheit eine Abstimmung über den Zivildienst und nicht über die Wehrpflicht, und somit ist es auf keinen Fall der richtige Weg in Richtung Wehrpflicht, sondern der einzige richtige Weg, der hier eingeschlagen werden kann, ist die Reform des Zivildienstes. (Abg. Rädler: Das habt ihr aber vorher nicht ge­sagt!)

Die gesamte Debatte vor der Volksbefragung war geprägt von der Frage: Wer pflegt äl­tere Personen? Wer betreut kranke Personen? Wer bringt ältere, kranke Mitbürger und Mitbürgerinnen, Dialysepatienten und -patientinnen von zu Hause ins Krankenhaus? Das war die Debatte, die eigentlich die ganze Volksbefragung geprägt hat. Und diese war nicht nur davon geprägt, sondern vor allem auch durch Falschdarstellungen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie die Innenministerin Mikl-Leitner immer wieder die Be­völkerung davor gewarnt hat: Wenn der Zivildienst fällt, dann gibt es kein Sozialsystem mehr! Wenn der Zivildienst fällt, dann müssen Unfallopfer auf freiwillige Rotkreuz- und Samariterbundfahrer und -fahrerinnen warten, bis sie endlich abgeholt werden.

Diese Falschdarstellungen waren sozusagen der Mittelpunkt dieser ganzen Debatte. Und der Zahlenwahnsinn! Da kann man natürlich auch den Minister Darabos nicht au­ßen vor lassen. Der Zahlenwahnsinn drehte sich um die Fragen: Wie groß soll ein Be­rufsheer tatsächlich sein, und wie viel Budget hätte es tatsächlich gebraucht? Und die­se Zahlen waren natürlich geprägt von parteipolitischem Hickhack. Und dazu kam noch die Angstmache, die Angstmache davor: Was passiert mit den Sozialdiensten, was passiert mit den freiwilligen Diensten? Und auch da gab es die völlig unzulässige Ver­gleichsmaschinerie mit Deutschland, mit dem Bundesfreiwilligendienst, mit deren Art der Abwicklung. Und die Innenministerin Mikl-Leitner ist dafür zumindest genauso ver-


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antwortlich und muss auch die Verantwortung für Falschdarstellungen und Angstma­che übernehmen. (Abg. Großruck: Sie reden über gelegte Eier!)

Das heißt, die Volksbefragung war in Wirklichkeit eine Abstimmung über den Zivil­dienst, der auch dann im Endeffekt gewonnen hat. Und das ist heute schon bespro­chen worden: 80 Prozent jener, die sich für die Wehrpflicht ausgesprochen haben, ga­ben als Grund dafür an, den Zivildienst aufrechterhalten zu wollen. Und das macht es halt insofern schwierig, wenn jetzt diese Wertigkeit aller Zivildiener nicht in Reformen einfließt: die Wertigkeit der Sozialdienste, die Wertigkeit und die Absicherung dieser Dienste – extrem wichtig nach der Volksbefragung.

Ich muss mich ein bisschen entschuldigen. Durch die Schwangerschaft habe ich ein bisschen Atemschwierigkeiten, aber das ist so, wenn Beruf und Familie vereinbar sein kann und auch sein muss.

Nach der Volksbefragung war die Wichtigkeit des Zivildienstes und des Wehrersatz­dienstes plötzlich nicht mehr so wichtig. Und das muss man auch sagen, dass in die ganze Debatte der Zivildienst nicht mehr eingeflossen ist. Es gibt jetzt zwar eine neu installierte Gruppe, die das alles besprechen soll, die den Grundwehrdienst bespre­chen soll, aber wenn der Zivildienst tatsächlich als Wehrersatzdienst ein Erfolgsmodell ist, das immer wieder besprochen wurde, dann muss diese Wertigkeit auch in Refor­men einfließen und gerade in die Beratungen dieser neu installierten Arbeitsgruppe. Ich bin schon sehr gespannt, was alles an Reformen hier tatsächlich herauskommen wird.

Die Innenministerin hat sich weiterhin um den Zivildienst zu kümmern. Das ist Geset­zeslage. Und ich denke, es wäre sehr, sehr fahrlässig, ganz ehrlich, auch den Zivil­dienstorganisationen und den Zivildienern selbst gegenüber, wenn hier keine Refor­men passieren.

Deshalb bringe ich den Entschließungsantrag betreffend Reform des Zivildienstes ein, der im Saal verteilt werden wird.

Es ist höchst an der Zeit, dass der Zivildienst reformiert wird, dass die Arbeit von rund 14 000 jungen Männern tatsächlich anerkannt wird. Da geht es um die Angleichung der Regelungen an die Sozial- und Gesundheitsberufe. Es braucht nachvollziehbare und rasche Reformen, unter anderem, den verpflichtenden Zivildienst auf sechs Monate zu verkürzen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Wehrdienst kürzer dauert als der Zivil­dienst, wenn die Verpflichtung dieselbe ist. Der Zivildienst soll freiwillig bis zu einem halben Jahr verlängert werden können – dies soll natürlich kollektivvertraglich entlohnt werden –, damit es keine Steh- und Ruhezeiten mehr für die jungen Männer gibt. Denn wenn der Einberufungsbefehl kommt, muss man damit rechnen, ein Jahr stehen zu bleiben, von der Ausbildung, von der Arbeitswelt herausgenommen zu sein, weil es sich anders nicht ausgeht. Deshalb soll die Möglichkeit geschaffen werden, den Zivil­dienst freiwillig verlängern zu können. Und die dann auftretende Lücke soll geschlos­sen werden mit einem freiwilligen Sozialjahr, das kollektivvertraglich entlohnt wird.

Die Stärkung der Freiwilligentätigkeit war ein großes Thema im Zuge der Debatte. So­mit auch ein weiterer Punkt, der unbedingt in die Zivildienstreform einfließen müsste, nämlich: Wenn Jugendliche vor ihrem Zivildienstantritt ein freiwilliges Sozialjahr oder auch ein freiwilliges Umweltschutzjahr absolviert haben, dann sollen sie sich das auf den Zivildienst anrechnen lassen können. Wenn sie vorher schon eine Jugendleiter­ausbildung bei den Pfadfindern und Pfadfinderinnen gemacht haben, was ja bedeutet, dass sie Verantwortung übernehmen für Kinder in Gruppen, dass sie Gruppendynamik, die Pädagogik einfach beherrschen, dann sollen sie sich das auch auf den Zivildienst anrechnen lassen können. Jugendliche, die beim Roten Kreuz arbeiten und tatsächlich dort auch lernen, Menschenleben zu retten, sollen sich Teile oder den gesamten Zivil-


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dienst anrechnen lassen können. Jugendliche, die bei der Jugendfeuerwehr tätig sind, sollen sich den Zivildienst anrechnen lassen können.

Das heißt, die Stärkung der Freiwilligentätigkeit muss auch in das System des Zivil­dienstes einfließen, damit klargestellt ist: Das, was freiwillig schon passiert in Öster­reich, ist ein hohes Gut, und der Zivildienst soll als gleichwertiger Dienst hier diesbe­züglich gefördert werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Zivildiener einschlägige Studienrichtungen in den Bereichen Medizin, Pädago­gik, Psychologie absolvieren oder im Sozialbereich arbeiten wollen, als Familienhelfer, als Altenbetreuer, dann sollen sie sich Teile der Ausbildung anrechnen lassen können. Das kann ja wirklich nicht so schwer sein, weil das ja gerade durch das Punktesystem gut funktionieren würde.

Was den Bereich der arbeitsrechtlichen Situation betrifft: Wenn Sie sich genau an­schauen, was Zivildiener leisten und wie viele Stunden sie das in der Woche tun, müsste eigentlich jeder Gewerkschafter/jede Gewerkschafterin aufschreien – auf­schreien, weil die Normalarbeitszeit bis zu 60 Stunden betragen kann, weil der Ur­laubsanspruch weit geringer ist als in den Sozial- und Gesundheitsberufen und weil die Krankenstandsregelungen extrem restriktiv sind.

Es gab die Zivildienstgesetz-Novelle 2010, in der ganz klar steht, Zivildiener müssen ihrer Trägerorganisation über die Art ihrer Krankheit Bescheid geben. Wenn sie das nicht tun, wird das sanktioniert, wird das geahndet, sie können sogar verurteilt werden. Und das kann beim Erfolgsmodell Zivildienst nicht Sinn der Sache sein. (Beifall bei den Grünen.)

Fest steht, dass der Zivildienst als wichtige Säule der Gesellschaft gesehen wird. – Ja, daher ist es umso wichtiger, den Zivildienst zu reformieren, ihn zu verkürzen, die Grundvergütung zu erhöhen, die Institution zu stärken, den Zivildienst aber vor allem abzusichern. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Sozialpolitik bedeutet nicht, zwangsverpflichtete junge Männer in den Sozialdienst zu schicken, sondern aktive Sozialpolitik bedeutet, ganz klar zu sagen, das, was geleistet wird, ist vonseiten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen zu bezahlen. Denn eines ist klar: Pflege und Betreuung werden niemals kostenlos sein. Ich glaube, zumindest das hat die Debatte hervorgebracht. (Beifall bei den Grünen.)

17.01


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Zivildienstes

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend "Beibehaltung der Wehrpflicht als Ergebnis der Volksbefragung"

Begründung

Bei der Volksbefragung zur Wehrpflicht am 20. Jänner 2013 sprachen sich rund 60 % der wahlberechtigten TeilnehmerInnen für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus. 80 % der WehrpflichtbefürworterInnen gaben an, dass für sie der Zivildienst das wichtigste


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Argument war, um für die Wehrpflicht zu stimmen. Es wurde deutlich, welche Wertig­keit der Zivildienst in den Köpfen der BürgerInnen hat. Jedoch finden seit Jahren kaum Verbesserungen im System des Zivildienstes statt. Die rechtliche und finanzielle Situa­tion der Zivildiener spiegelt nicht die - durch das Votum vom 20. Jänner 2013 bestätigte - Wertschätzung der Zivildienstleistenden wider.

Auch wenn das Ergebnis der Volksbefragung respektiert und umgesetzt gehört, so darf auch nicht vergessen werden welche Kritikpunkte es am System Wehrpflicht und Zivil­dienst gibt. Der Zivildienst ist weiterhin der Wehrersatzdienst, der junge taugliche Män­ner verpflichtet, einen 9-monatigen Dienst abzuleisten. Die Regelung dafür ist sehr res­triktiv. Auch wenn die Auswahl der Trägerorganisation sehr flexibel gehandhabt wird und dies große Zustimmung bekommt, die Sanktionsdrohungen und Strafandrohungen für die Zivildiener zeichnen den Zwangsdienst aus.

Das Recht auf Privatsphäre, gerade wenn es um die persönliche Gesundheit geht, gilt für Zivildiener im Krankenstand nicht, sie müssen den Vorgesetzten die Art der Er­krankung nennen. Auch fehlt die Basis von gewerkschaftlichen und arbeitsrechtlichen Dienstverhältnissen wie die 38-Stundenwoche oder angeglichene Urlaubsregelungen.

Es ist höchst an der Zeit, den Zivildienst, die engagierte Arbeit von rund 14.000 jungen Männern pro Jahr, den Regelungen der Sozial- und Gesundheitsberufe anzugleichen. Jetzt braucht es für den Zivildienst, für die Zivildienstleistenden und für die Organisa­tionen rasche und nachvollziehbare Reformen, geht es doch einerseits um die Gleich­stellung mit dem Grundwehrdienst, aber vor allem geht es darum, dass der Zivildienst als Stütze, als Institution, als solche von Seiten der Politik auch endlich wahrgenom­men wird. Diese Conclusio hat das Ergebnis der Volksbefragung klar aufgezeigt.

Wenn der Zivildienst als Wehrersatzdienst tatsächlich ein "Erfolgsmodell" ist, dann sol­len auch Dauer und Bezahlung dies widerspiegeln. Die Verkürzung auf 6 Monate, so­mit die Gleichstellung des Ersatzdienstes mit dem Wehrdienst, die Wiedereinführung der freiwilligen Verlängerung finanziert durch das zuständige Ministerium für Inneres und die Verdoppelung der Grundvergütung auf die Höhe der Mindestsicherung haben die ersten Schritte einer Reform zu sein, die den "Helfenden Händen" tatsächlich die Wertschätzung entgegen bringt, die sie sich auch verdient haben.

Dazu kommt die Stärkung und Förderung der Freiwilligentätigkeit. Wenn Jugendliche vor ihrem Dienstantritt ein Freiwilliges Sozialjahr oder ein Freiwilliges Umweltjahr ab­solvieren, können sie sich dieses als Zivildienst anrechnen lassen. Wenn ein Jugendli­cher bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Jugend-Rot-Kreuz oder bei den Pfadfindern und Pfadfinderinnen freiwillig tätig ist und dort eine Ausbildung absolviert (wie zum Beispiel die Jugendleiterschulung), kann er sich Teile oder den gesamten Zivildienst (Wehrdienst) anrechnen lassen. Dafür braucht es Gespräche mit den Organisationen und die Ausarbeitung eines Kriterienkatalogs.

Fest steht, dass der Zivildienst als wichtige Säule in der Gesellschaft gesehen wird. Daher ist es wichtig, den Zivildienst als Institution zu stärken, die Situation für Zivil­dienstleistende zu verbessern und die Trägerorganisationen abzusichern.

Die Bundesregierung darf die deutlich ausgedrückte Wertschätzung gegenüber den Zi­vildienstleistenden nicht vergessen und einfach zur Tagesordnung übergehen. Refor­men des Zivildienstes müssen jetzt rasch angegangen werden, damit eine Chance be­steht, den Zwangszivildienst langfristig durch einen Freiwilligendienst zu ersetzen. Da­zu gehört unter anderem die finanzielle Stärkung der Zivildienstleistenden, die Möglich­keit der Anrechenbarkeit des Zivildienstes für weitere Ausbildungen und die Möglichkeit der Anrechnung von freiwilligen Tätigkeiten als Zivildienst sowie die parallele Umset­zung des freiwilligen Sozialjahres zum Zivildienst.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzu­legen, der folgende Punkte beinhaltet:

1. Der verpflichtende Zivildienst wird auf 6 Monate verkürzt.

2. Der Zivildienst soll freiwillig um bis zu 6 Monate verlängert werden können. Diese 6 Monate müssen kollektivvertraglich entlohnt (€ 1.400,- brutto) werden. Es darf zu kei­nen Steh- und Ruhephasen mehr vor dem Studium, Ausbildung und Berufseinstieg nach dem Zivildienst kommen.

3. Um den Bedarf durch die auftretende Lücke nach Verkürzung zu deckeln, soll als Parallelstruktur im Sozialdienstsystem das bezahlte freiwillige Sozialjahr eingeführt werden. Start mit 1.400 Frauen und Männern, ab 18 Jahren, für ein Jahr befristet und mit kollektivvertraglicher Entlohnung in der Höhe von € 1.400,- brutto. Dieses Jahr soll auch als Zivildienst angerechnet werden können.

4. Für die nach dem Zivildienst einschlägigen Studien oder Ausbildungen soll das im Zivildienst Erlernte anrechenbar sein (Ausbildung für die Tätigkeit in einem sozialen Beruf wie Familienhilfe, Altenpflege, Behindertenbetreuung, für die FH für Soziale Ar­beit aber auch für Studien wie Psychologie oder Pädagogik).

5. Wenn Jugendliche vor ihrem Zivildienst-Dienstantritt ein Freiwilliges Sozialjahr oder ein Freiwilliges Umweltschutzjahr machen, soll dieses auf den Zivildienst anrechenbar sein. Wenn ein Jugendlicher bei der Freiwilligen Feuerwehr oder beim Jugend-Rot-Kreuz schon ehrenamtlich tätig war, soll er sich Teile oder den gesamten Zivildienst anrechnen lassen können.

6. Im Bereich des Zivildienstes soll es zu einer Angleichung an die arbeitsrechtliche Situation von Sozial- und Gesundheitsberufen kommen: Normalarbeitszeit, Urlaubsan­spruch, Streichung der restriktiven Krankenstands-Regelungen von Zivildienern, Refor­mierung bzw. Streichung von Dienstpflichtverletzungen und Strafandrohungen.

7. Die Grundvergütung soll auf € 600,- verdoppelt werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.01.17

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Als Miliz­offizier sehe hier mit Schrecken den politischen Diskussionen über das Bundesheer entgegen, weil ich weiß, dass das Bundesheer in diesem Land seit Jahrzehnten partei­politisch missbraucht wird. Da geht es nicht so sehr um konkrete Konzepte, um Vi­sionen, um Ideen, um eine Einbindung in die gemeinsame Sicherheitsdoktrin auch auf europäischer Ebene, sondern da geht es ums Kassieren von parteipolitischem Klein­geld in diesem Land.

Es hat sich ja in den letzten Wochen wieder eindrucksvoll bestätigt, dass ich mit die­sem Vorurteil, insbesondere gegenüber den etablierten Parteien in diesem Land recht behalten habe. Ich habe auch vor einigen Jahren recht behalten mit der Annahme, als ich gesagt habe, Herr Minister Darabos, Sie mögen vielleicht ein guter Sportminister sein, vielleicht auch ein guter Innenminister, aber ein Zivildiener aus Gewissensgrün­den kann niemals ein guter Verteidigungsminister sein. Das geht einfach nicht. – Das


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war nicht einmal negativ oder bösartig gemeint. Da geht es um die Akzeptanz bei der Truppe. Da geht es um die Glaubwürdigkeit. (Abg. Mag. Muttonen: Warum? Was ist, wenn eine Frau Verteidigungsminister wäre?)

Frau Kollegin Muttonen von der SPÖ, das wäre fast genauso, wie wenn Sie einen Brandstifter zum Feuerwehrkommandanten in Ihrer Gemeinde machen würden. Auch das fände mit Sicherheit keinen Anklang. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Silhavy: Das ist unglaublich! Das ist eine Ungeheuerlichkeit!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Arbeitsergebnis sehen wir jetzt ja. Sie haben das Bundesheer weiter bankrott gemacht. Wir haben ein Heeresbudget von 0,67 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. (Abg. Grosz: Oder einen Mann zum Frauen­minister!) Das ist wesentlich unter dem, was man bräuchte, um ein Heer ordentlich ausrüsten zu können. Die Zilk-Reformkommission Richtung SPÖ hat festgestellt, 1 Prozent  (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Silhavy, Mag. Mutto­nen und Grosz.) – Liebe Kollegen von der SPÖ, beruhigen Sie sich wieder ein biss­chen und hören Sie mir zu! – Die Reformkommission hat 1 Prozent des BIP ausge­macht, damit das Bundesheer zukunftsfit wäre.

Weiterer Punkt: Abfangjäger. (Unruhe im Saal.)

Herr Präsident! Wenn Sie bitte einmal für Ordnung auf der linken Seite hier im Hohen Haus sorgen könnten! (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Silhavy.) – Also ich werde das nicht in die Redezeit miteinrechnen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.)

Bezüglich der Abfangjäger weiß man, dass ursprünglich auf Expertenebene 24 Stück geplant waren, dann ist das Hochwasser gekommen, man hat die Stückzahl auf 18 re­duziert. Dann haben wir einen neuen Minister bekommen, der aus parteipolitischen Gründen die Stückzahl auf 15 reduziert hat, und auch noch schlechter ausgerüstet. Da muss man sich fragen, ob das parteipolitisch oder sicherheitspolitisch motiviert war. Dazu gibt es einen Rechnungshofbericht, den Sie bis heute unter Verschluss halten. Auch darüber sollten wir diskutieren, was dort drinnen steht.

Oder: Assistenzeinsatz im Burgenland. Dazu ist heute ein Bericht des Rechnungshofes gekommen. Vier Jahre Assistenzeinsatz im Burgenland nach der Schengen-Grenz­verlegung, also da war er gar nicht mehr notwendig. Kostenpunkt: Über 80 Millionen €.

Herr Minister Darabos, was war das? – Eine SPÖ-Wahlkampfhilfe für einen SPÖ-Lan­deshauptmann in Burgenland namens Darabos? Oder was war das wirklich? Ge­braucht hätten wir das mit Sicherheit nicht mehr! Und wir wissen, dass das Geld beim Bundesheer an anderer Stelle abgeht.

Es gibt Probleme im Beschaffungswesen von Kraftfahrzeugen.

Es gibt massive Kritik am Tschad-Einsatz.

Es gibt Kritik daran, dass die Aufgabe der Militärspitäler, die nicht ausgelastet sind, nicht reformiert wird. Man könnte sie ja in andere Bereiche des normalen Medizinwe­sens eingliedern.

Es gibt Kritik am Verwaltungsapparat. Wir haben eine Menge von Häuptlingen, eine Menge von Generälen, aber immer weniger Indianer. Und auch da gibt es keine echten Reformen.

Herr Minister, aber vielleicht sind ja auch nicht Sie alleine daran schuld, vielleicht liegt es auch am Koalitionspartner. Das kann ja durchaus sein. Und da bin ich schon bei der ÖVP. Liebe Kollegen von der ÖVP, kann man mit untauglichen Politikern eine Wehr­pflichtreform, eine Bundesheerreform durchführen? Kann man das?


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Andreas Khol: untauglich. Hannes Rauch, euer Generalsekretär: untauglich, aber be­leibter Tennisspieler. Max Hiegelsberger: befreit gewesen für die Landwirtschaft. Sepp Eisl, Landesrat in Salzburg: untauglich. Martin Bartenstein: aus gesundheitlichen Grün­den untauglich, aber später Marathonläufer. Wilhelm Molterer: untauglich. Werner Fasslabend, Verteidigungsminister: untauglich. (Abg. Mag. Ikrath: Milizoffizier, Herr Kollege! – Abg. Jakob Auer: Was war ich?) – Da werden die Kollegen bei der ÖVP nervös. – Karl-Heinz Grasser, ÖVP: untauglich und dann passionierter Bergsteiger. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Das ist die Partei der Untauglichen und Unnötigen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, Sie sind einfach untauglich, das Bundesheer zu reformieren! Das ist der Kern. Das ist die Partei der Untauglichen, wie Kollege Grosz richtig festhält. Sie haben ja auch gar kein Konzept, um dieses Bundes­heer zu reformieren.

Damit bin ich schon bei der Volksbefragung. Was Sie da aufgeführt haben, ist ja wirk­lich hanebüchen gewesen, sich hier hinzustellen, keine neuen Modelle zu präsentieren und dann kommt ich weiß nicht wer irgendwo mit drei Seiten Reformkonzept daher. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Ikrath und Jakob Auer.)

Ich glaube, Fasslabend, nein, der Ding war das, Ihr Vizekanzler Spindelegger, der stellt sich hin und sagt, er habe ein Reformkonzept, Kollege Auer. (Abg. Mag. Ikrath: Er geht nicht einmal darauf ein!) Da steht dann drinnen, man soll die jungen Menschen nach ihren Talenten einbinden. – Dann hat man euch erklärt, dass das ohnehin schon seit Jahren passiert.

Wo sind die Reformkonzepte? – Ihr habt keine. Drei Seiten Reformkonzept der ÖVP mit Selbstverständlichkeiten, ohne Innovativen und eben mit nichts Neuem. Also Sie sind wirklich untauglich, das Heer zu reformieren! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Das haben Sie auch in den letzten 30 Jahren längst bewiesen. (Beifall beim BZÖ.)

Beruhigen Sie sich wieder! Bitte setzen, Kollege Ikrath! Es geht gleich weiter. (Abg. Grosz: Herr Präsident! Vom Platz!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann dann sagen: Okay, es kommen Nationalratswahlen, wir schauen, dass wir wenigstens das Instrument der direkten De­mokratie verwenden, um das parteipolitisch zu missbrauchen, das probieren wir jetzt einmal! – Genau das haben Sie getan!

Da habe ich auch ein Problem mit der FPÖ. Ich bin schon bei Ihnen, wenn sie fordern, dass man die Demokratie ausbaut, aber missbrauchen sollte man sie nicht. Abstimmen heißt auch, einmal ordentlich über etwas abstimmen zu können. Und wie Sie mir so­eben recht gegeben haben, gab es auf dieser Seite kein Konzept. Also worüber wollten wir überhaupt abstimmen? Es gab kein Reformkonzept der ÖVP. Es gab ein halbfer­tiges Konzept der SPÖ, das schlecht transportiert worden ist. Das ist richtig.

Die Bürger sind dann zu uns gekommen, zu uns Politikern und haben gefragt: Wie sol­len wir denn jetzt abstimmen? Wir haben ja keine Information! – Das kann man ja nie­mandem verübeln. Sie haben sie auf halbem Wege stehen lassen. Sie haben sie nicht ordentlich informiert wie in der Schweiz, wo es ein Abstimmungsbuch gibt, in dem über Vor- und Nachteile, sage ich einmal, aufgeklärt wird. Das habt ihr von der Regierung verabsäumt, denn es ging ja nur darum, parteipolitisch zu punkten und die echten Pro­bleme in diesem Land zuzudecken. Da geht es um die Arbeitslosigkeit. Da geht es um EU-Probleme. Da geht es um die Bildung. Da geht es um die Zukunft der Jugend. Das wollt ihr alles zudecken, damit nur noch ÖVP und SPÖ im ORF und in den Zeitungen sind. Das war der wahre Hintergrund! (Abg. Amon: Ihr habt boykottiert!) Diese Rech­nung ist aufgegangen – zum Schaden der Sicherheitspolitik in diesem Land! (Beifall beim BZÖ.)


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Wenn ich dann daran denke, mit welchen Argumenten hier vorgegangen worden ist, dass die Frau Innenministerin, die hinter mir sitzt, mit Panik verbreitet, die Rettung würde um 20 Minuten zu spät kommen, wenn wir ein Berufsheer bekämen. – Na, das schaue ich mir an! 21 Länder von 27 in der EU haben bereits Berufsheere, und da kommt die Rettung auch nicht zu spät.

Oder: Die Beste war ja die Frau Finanzministerin, die gesagt hat, das Triple A ginge verloren, wenn das Berufsheer käme. Das Triple A ginge verloren. – Kollege Auer, das haben wir schon verloren. Da hätten wir das gar nicht gebraucht. Mit diesen Schre­ckensargumenten seid ihr vorgegangen.

Oder: Wenn der Zivildienst ausfällt, dann werden die älteren Menschen nicht mehr be­treut. – Das ist ja alles nicht wahr!

Ich sage: Zurück zur Sachlichkeit, zur Argumentation und zu Konzepten, aber nicht die Leute mit Angst und mit Panikmache über den Tisch ziehen! Das, was Sie der Oppo­sition vorwerfen, nämlich Populismus, haben Sie auf der Regierungsbank mit Ihren Vertretern betrieben. Das ist der Hauptkritikpunkt, den man hier festmachen muss. (Beifall beim BZÖ.)

Da sind wir nicht alleine, wenn wir sagen, zunächst braucht man einmal ein Sicher­heitskonzept, um zu wissen, was man für das Land betreffend Bundesheer am besten haben will. Das machen ja andere Länder auch so. Wie stark soll die Verteidigung sein, wie stark der Katastropheneinsatz, wie stark die militärische Landesverteidigung? Und davon leitet man die Strukturen ab, die Aufgaben, die Geräte und letztlich die Mann­schaft. Und ganz zum Schluss die Frage Wehrpflicht, wenn man viele Leute braucht, oder Profis, Berufsheer, wenn man sich vielleicht in europäische oder internationale Einsätze einklinken will. Das wäre der richtige Zugang gewesen.

Da habe ich einen guten Zeitungsartikel. Ein gewisser Othmar Karas – er dürfte der ÖVP-Fraktion nicht ganz unbekannt sein – hält da fest:

„Aber über die eigentliche Frage gab es weder eine tiefgreifende gesellschaftliche De­batte noch direkte Mitbestimmung.“

Das heißt, man hat im Kern nicht über die Sicherheit diskutiert, man hat über den Zi­vildienst diskutiert und abgestimmt.

Karas sagt weiters: „ war keine Sternstunde der Demokratie.“

Er meint, man müsse ja auch bei der EU die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik vertiefen. – Das sagt Ihr Kollege Karas auf europäischer Ebene.

Und Karas sagt, um das zusammenzufassen, Folgendes: In Europa geben die Staaten für die Armee ungefähr halb so viel aus wie die USA. Die Effizienz der europäischen Streitkräfte ist in Summe nur 10 Prozent bis 20 Prozent jener der US-Streitkräfte.

Das sind Fakten. Da sollten Sie einmal nachdenken, ob Sie dem Land mit Ihrer Popu­lismus-Volksbefragung einen guten Dienst erwiesen haben, bei der die Leute nicht ge­wusst haben, worum es im Kern wirklich geht, man sie zum Narren gehalten und sie letztlich verarscht hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Fichtenbauer, jetzt komme ich gleich zu dir. Eines zum Schluss: 50 Prozent, also die Hälfte, sind dieser Abstimmung fernge­blieben. Ich gratuliere den etablierten Parteien in diesem Hohen Haus, SPÖ, ÖVP, den Grünen, den Blauen; ich weiß nicht, wo der Stronach gestanden ist. Sie bringen gerade einmal 50 Prozent zusammen, und die anderen 50 Prozent lassen Sie im Regen ste­hen. (Abg. Dr. Fichtenbauer: Für das, was die „Kronen Zeitung“ geschrieben hat !)

Daher sage ich Ihnen: Das Ergebnis dieser Volksbefragung ist mit Sicherheit nicht in Stein gemeißelt, wenn man an die Zukunft denkt. Es ist kurzfristig mit einer ordentli-


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chen Reform umzusetzen. Dabei helfen wir Ihnen gerne, darüber muss man aber ehr­lich diskutieren, denn da wird es dann grauslich für die ÖVP und für die SPÖ. Da brau­chen wir dann mehr Geld, da reden wir dann über eine Wehrdienstzeitverlängerung, wenn Sie das wollen, wenn Sie das ordentlich machen wollen. Nicht so wie der Kollege Platter, der die Wehrdienstzeit verkürzt und damit das Bundesheer letztlich kaputt ge­macht hat.

Wenn Sie eine ehrliche Diskussion haben wollen – mit dem BZÖ gerne. Wir stehen nach wie vor langfristig für ein starkes Berufsheer mit einer Profimiliz, mit einer Freiwil­ligenkomponente. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Fichtenbauer: So lange gibt es euch nicht mehr!)

17.11


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Widmann! In allem Eifer verwenden Sie hier Begriffe, die im Hohen Haus nicht hoffähig werden sollten. Denken Sie bitte darü­ber nach! (Abg. Mag. Widmann: Welche?) – Sie wissen es! Das wissen Sie gar nicht? Dann denken Sie einmal darüber nach! Sonst wäre bei mir ein Privatissimum fällig, das biete ich Ihnen gerne an. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Er kann bei mir in die Lehre gehen!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


17.12.32

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung! Hohes Haus! Wenn man sich die Debatte bis jetzt so zu Gemüte geführt und auch wirklich intensiv zugehört hat, dann muss man sagen: Herr Bundesminister, Sie tun mir jetzt eigentlich schön langsam wirklich leid.

Auf der anderen Seite muss man aber auch ehrlich sagen: Das Hohe Haus, aber auch die Bundesregierung sind ganz einfach kein Kinderspielplatz. Ganz im Gegenteil: Wir sind hier, um das Unternehmen Österreich zu führen und zu kontrollieren, und das be­deutet natürlich auch Verantwortung übernehmen.

Das, was mir bei den einzelnen Reden der Vorredner abgegangen ist, ist: Es hat kei­nen einzigen Beitrag oder eine Stellungnahme gegeben, die irgendwie begründet hät­ten, Herr Bundesminister, warum es gut ist, dass Sie als Verteidigungsminister in der Regierung sitzen.

Aber wahrscheinlich sind Sie der verlängerte Arm des Wiener Bürgermeisters, der Sie sozusagen am Gängelband herumführt. Aber dazu komme ich ein bisschen später.

Was wir auch noch in mehreren Redebeiträgen gehört haben, ist, dass Sie ganz ein­fach in Ihrer Funktion als Verteidigungsminister untragbar sind. Und wenn man so nachdenkt darüber, dann muss man sich auch fragen, warum das so ist. Aus meiner Sicht ist vielleicht auch mit ein Grund dafür, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft ge­gen Sie ermittelt. Unter Ihrer Führung als Verteidigungsminister sind Heeresliegen­schaften besonders günstig an SPÖ-nahe Firmen in Wien verschachert worden, und es gibt auch, wie es heißt, Ungereimtheiten bei diesen Millionendeals.

Wörtlich heißt es in einem Zeitungsbericht:

„Es besteht der Verdacht, dass zum Wohle der Stadt Wien, SPÖ-naher Baufirmen und SPÖ-naher Wohnbaugenossenschaften Bundesvermögen verschleudert wird ().“

Da gibt es zum Beispiel das Amtsgebäude Franz-Josefs-Kai, und diesbezüglich gibt es eine Schätzung eines renommierten Gutachters, der sagt, das sei ungefähr 40 Mil­lionen € wert. Ihr Kabinettchef, Stefan Kammerhofer, der als Aufsichtsratsvorsitzender in der SIVBEG sitzt, will das Gebäude um 20 Millionen € verscherbeln. Für die Be-


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diensteten in diesem Amtsgebäude muss jetzt natürlich ein Ersatzquartier gesucht wer­den. Da gibt es ein Mietangebot für die ehemalige Siemenszentrale in der Gudrunstra­ße, Jahresmiete: 10 Millionen €. Also jetzt einmal milchmädchenmäßig gerechnet, ist das auf jeden Fall ein Verlust für den österreichischen Steuerzahler und die österrei­chische Steuerzahlerin.

Es hat schon einige verbale Anwürfe gegeben. Ich möchte mich diesen jetzt nicht auch noch im Detail anschließen, aber ich möchte trotzdem einige Schlagzeilen aus den Me­dien wiedergeben. Immerhin sind ja die Medien – das wissen wir – die Meinungsma­cher für die österreichische Bevölkerung.

Da gibt es zum Beispiel vom 20. November Headlines: „Pilz bezeichnet Darabos als Komplizen von EADS“. „Grüner findet Minister ,verhaltensauffällig’“. „Pilz äußert Beste­chungsverdacht“. „SPÖ weist Angriffe auf Darabos zurück“. „Rechnungshof liest Dara­bos die Leviten“. „SPÖ sollte Darabos bald austauschen“.

Aber mein Lieblingsartikel – das muss ich ganz ehrlich sagen – ist vom 25. Jänner die­ses Jahres aus der „Presse“: „Darabos trüge beim Ministerrat sogar eine Narrenkappe, verlangte Häupl das“. (Beifall und Bravoruf des Abg. Hagen.)

Warum sagt man das, warum wurde das geschrieben? – Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass es im Oktober 2010 quasi eine Weisung vom Wiener SPÖ-Chef Mi­chael Häupl gegeben hat, der dem überzeugten Vertreter der allgemeinen Wehrpflicht Darabos mitteilte, er habe künftig ein überzeugter Gegner der Wehrpflicht zu sein.

Es heißt dann noch weiter in diesem Artikel: „Hätte Häupl seinen Parteifreund Darabos angewiesen, den Rest seiner Amtszeit mit einer roten Narrenkappe bei den Kabinetts­sitzungen zu erscheinen, die Erniedrigung wäre nicht größer gewesen. (Wobei Dara­bos’ Verhalten den Verdacht nahelegt, er hätte selbst diese Weisung Häupls erfüllt ).“

Es ist daher auch ausgeschlossen, dass die Erklärung, die Sie, Herr Bundesminister, abgegeben haben, nämlich Sie seien klüger geworden, nachvollziehbar ist, nämlich ganz einfach aus dem Grund, weil gerade diese Meinungsänderung zu dem Zeitpunkt gekommen ist, als Sie die Weisung Häupls entgegengenommen haben.

Es heißt weiters: „Sein offizieller Lebenslauf weist nicht auf einen einzigen in der Welt der Arbeiter, Angestellten und Unternehmen verbrachten Tag hin – nicht einmal ein er­lernter und dann je ausgeübter Beruf ist darin zu erkennen.“

Ja, das ist halt ganz einfach die Postenbesetzung in der SPÖ. Sie halten es wahr­scheinlich genauso wie Fred Sinowatz, der gesagt hat: „Ohne die Partei bin ich nichts.“ Wahrscheinlich ist das auch bei Ihnen so, Herr Bundesminister: Ohne die Partei sind auch Sie nichts! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Deshalb glaube ich, dass es jetzt auch wirklich schön langsam an der Zeit ist – und das werden Sie dann vielleicht noch bestätigen können –, dass Sie in Zukunft wohl Ihre Zeit ein bisschen mehr in Ihrem Heimatort Nikitsch verbringen werden. Dort gibt es auch eine rote Ortsgruppe.

Wenn Sie dort herumfuhrwerken, Herr Bundesminister, dann kostet es wenigsten den Herrn Österreicher und die Frau Österreicherin keine zig Millionen Euro. (Beifall des Abg. Hagen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


17.19.09

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner, Kollege Widmann, ist das beste Beispiel dafür, dass man zwar militärisch tauglich sein kann, aber noch lange nicht sicherheitspolitisch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 167

tauglich ist. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wir können eigentlich froh sein, dass das BZÖ wohl nicht mehr in der Situation sein wird, das Bundesheer reformieren zu müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem sehr geehrte Frau Abgeordnete Lapp, Sie werfen uns ja vor, wir nähmen das Ergebnis der Volksbefragung nicht ernst. Ich kann das nur an die SPÖ zurückgeben: Nehmen Sie das Ergebnis der Volksbe­fragung ernst! Wäre es so, säße Minister Darabos heute nicht mehr hier, sondern hätte am 20. Jänner den Hut genommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da uns das ernst ist, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betref­fend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, der wie­vielte Misstrauensantrag das ist, aber es ist auf alle Fälle nicht der erste. Diese sechs Jahre Bundesminister Darabos – zugegebenermaßen waren es gefühlte 50 bis 60 Jah­re für mich als Berufssoldaten, aber auch hier als Abgeordneter – haben mit sich ge­bracht, dass wir heute einen Minister haben, der sich in den letzten Monaten und Jah­ren nicht nur in der Wehrpflichtfrage um 180 Grad gewendet hat, sondern auch hier in seinem Eingangsstatement vor der Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage wieder Wendehalspolitik betrieben hat. Er wirft uns vor, wir hätten das Bundesheer schlecht­geredet, er hätte nie ein schlechtes Wort gesagt, und sagt zwei Sätze später, es herr­sche Frustration und Leerlauf im Bundesheer.

Herr Bundesminister, erstens bin ich davon überzeugt, diese Frustration und diesen Leerlauf erkennen nicht so viele Grundwehrdiener, wie Sie vielleicht annehmen. Zwei­tens: Wenn es diese Frustration und diesen Leerlauf tatsächlich gibt, stellt sich für uns die Frage, wer die Verantwortung getragen hat, sodass Frustration und Leerlauf in den letzten sechs Jahren überhaupt möglich wurden beziehungsweise nicht bekämpft wur­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sprechen vom verbündeten Generalstabschef Entacher. Ich glaube, der verbünde­te Generalstabschef Entacher ist nicht unser Verbündeter, sondern einer jener – Gott sei Dank – vielen vernunftbegabten Österreicher, die am 20. Jänner ganz klar Ja zur Wehrpflicht gesagt und das auch aktiv vertreten haben – so wie wir auch –, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein Satz noch zur ÖVP: Herr Klubobmann Kopf, es ist schon befremdlich und eigen­artig, wenn man auf der einen Seite bei den Reformvorschlägen stakkatoartig, auch in der Öffentlichkeit, in den Medien, immer wieder das Papier der Reformkommission an­spricht, die Empfehlungen der Reformkommission umsetzen möchte, dabei aber auf der anderen Seite vergisst, dass ganz zu Beginn dieses Reformpapiers ein Budget von 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vorgeschlagen wird, und sich nun heute hier her­stellt und sagt: Nein, nein, diese 0,65 bis 0,67 Prozent des BIP langen leicht aus.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 168

Ich, meine sehr geehrten Damen und Herren der ÖVP, habe da leider den Eindruck, dass Sie sich da auch ein bisschen auf SPÖ-Darabos-Niveau begeben und nicht wirk­lich ernsthaft an einer Reform interessiert sind. (Abg. Rädler: Na, na, na, das ist eine Beleidigung!)

Sie werden heute den Antrag nicht unterstützen? (Abg. Eßl: Das ist wirklich eine Belei­digung!) Sie werden heute den Antrag nicht unterstützen, Sie werden nicht für mehr fi­nanzielle Mittel eintreten. In Wirklichkeit treiben Sie das gleiche parteitaktische Spiel­chen, das Minister Darabos beginnend mit Häupl seit 2010 spielt. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum wiederholten Male möchte ich – ich glaube, es ist notwendig – hier unseren Misstrauensantrag begründen. Warum ein Misstrauensantrag gegen Minister Darabos?

Es besteht auf der einen Seite durchaus Reformbedarf im Bundesheer. Es herrscht ei­ne finanzielle Situation, die das Bundesheer bis an die Grenzen des Machbaren kom­men lässt. (Abg. Dr. Moser: Das müssen Sie der Ministerin Fekter sagen!) Auf der an­deren Seite haben wir einen Bundesminister, der mit dem Schwenk bei der Wehrpflicht seine politisch motivierten Pilotprojekte forciert, um uns und der Bevölkerung zu be­weisen und zu zeigen, wie gut doch alles in einer Berufsarmee funktioniert, wie toll es nicht ohne Grundwehrdiener funktioniert.

Heute wissen wir aber, dass es ja doch nicht ganz so gut verlaufen ist, wie es auf den ersten Blick ausgeschaut hat. Wir wissen heute, wir haben hohe Kosten und kaum ei­nen Nutzen. Wir haben heute Pilotprojekte, die uns, wie zum Beispiel das Pilotprojekt zum Wachdienst in der Starhemberg-Kaserne, eindrucksvoll vor Augen führen, was passieren kann, wenn man die viel zitierten Systemerhalter – ich sage es einmal so – kopfüber aus dem System entlässt. In der Starhemberg-Kaserne muss man Wach­dienst mit Kadersoldaten, die 100 Kilometer weit aus Mautern herangekarrt werden müssen, abhalten, weil wir in Wien nicht die notwendigen Ressourcen haben. – Ich glaube nicht, dass dieses Pilotprojekt des Herrn Bundesministers das ist, was wir uns unter Reduktion der Systemerhalter vorstellen.

Ich glaube auch, dass die Aufstellung der Pionierkompanien, der Milizkompanien – wir alle kennen die Medienberichterstattung darüber – nicht das war, was wir alle uns unter Professionalisierung vorgestellt haben. Es gab hier massivste Schwierigkeiten bei der Rekrutierung.

Wir wissen aber auch, dass Ihre Politik, Herr Bundesminister, fast schon fahrlässig ge­genüber der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung war. Ich erinnere nur an die politisch motivierte Verzögerung des Assistenzeinsatzes in Kärnten, wo wir eine prä­sente Pionierkompanie mit Rekruten hatten, aber verkrampft versucht haben, Berufs­soldaten zu finden, die diesen Einsatz bestreiten.

Ich erinnere auch an die gesetzeswidrige Abberufung des Generalstabschefs Enta­cher. Und ich erinnere an die manipulierten und schöngefärbten Berechnungen über die Kosten eines Berufsheeres, bei denen man von 2,6 Milliarden innerhalb von ein paar Tagen auf einmal auf kostenneutrale 2,1 Milliarden gekommen ist.

Ich komme auch noch auf den Bauzustand der Kasernen zu sprechen. Herr Bundesmi­nister, es reicht nicht, eine Vorzeigekaserne in Güssing, in Ihrem Heimatbundesland zu haben. Nein, wir brauchen hier im Bereich der Infrastruktur endlich eine Anschubfinan­zierung. Wir sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren der SPÖ, auch die Emp­fehlungen der Volksanwaltschaft ernst nehmen, die uns ja bereits Berichte über den desaströsen Bauzustand der Kasernen vorgelegt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Faktum ist: Es hat, glaube ich, in der Ge­schichte Österreichs keinen Bundesminister gegeben, der einen größeren Schaden am


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österreichischen Bundesheer angerichtet hat. Faktum ist: Es hat in der Geschichte Ös­terreichs keinen Minister für Landesverteidigung gegeben, der fahrlässiger mit der Si­cherheit Österreichs umgegangen ist. Faktum ist: Es hat in der Geschichte Österreichs keinen Verteidigungsminister gegeben, der so sehr Parteisoldat und so wenig sachli­cher Ressortchef war, wie Sie es waren, Herr Bundesminister Darabos. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb bitte ich vor allen Dingen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren der ÖVP, nehmen wir den Auftrag, den wir alle am 20. Jänner vom Bürger erhalten haben, ernst! Stimmen Sie unserem Antrag heute zu! Geben wir dem Bundesheer, geben wir der Wehrpflicht endlich eine Chance auf echte Reformen! Sie wissen ganz genau, mit diesem Bundesminister ist das leider nicht möglich. (Beifall bei der FPÖ.)

17.26


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Strache, Dr. Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport

eingebracht im Zuge der Debatte über die Dringliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter in der 188. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 31. Jänner 2013.

Am 11. Jänner 2007 wurde Bundesminister Mag. Norbert Darabos zum ersten Mal und am 1. Februar 2009 neuerlich zum Bundesminister für Landesverteidigung (und Sport) angelobt.

Seit sechs Jahren ist Mag. Darabos, somit Bundesminister für Landesverteidigung, ein Jubiläum, aber kein Grund zum Feiern. Die Bilanz ist leider mehr als ernüchternd.

Sechs Jahre geprägt von vollmundigen Versprechen, die nicht gehalten wurden, wir er­innern uns an die Eurofighter-Vertragsauflösungsdiskussion, großartige Ankündigun­gen, die nie in die Tat umgesetzt wurden, wie zum Beispiel die Mär des höheren Bud­gets (Der Standard“ vom 11.02.2010), bewegenden Reformen, die über die Planung nicht hinausgekommen sind (APA0127 vom 24. Oktober 2009), einem persönlichen Einsatz, der verzweifelt statt professionell war (Entacher-Abberufung) und zukünftigen Ausrichtungen, die angeblich in Stein gemeißelt waren („Tiroler Tageszeitung“ vom 3.7.
2010).

Augenscheinlich hatte die Politik des Bundesministers Darabos nur eines zum Ziel, nämlich die nachhaltige Demoralisierung der Truppe und die Demontage des Bundes­heeres als solches. Auch die nicht überbietbare Anzahl von Auseinandersetzungen und ein von der SPÖ gefordertes Berufsheermodell, dass nicht auf Fakten sondern auf fahrlässigen Annahmen, speziell bei den angedachten Freiwilligenmeldungen, beruht, deuten darauf hin.

In dieser Zusammenschau wäre der betroffene Beobachter geneigt ad hoc einen As­sistenzeinsatz zum Katastrophenschutz innerhalb des Bundesheeres zu fordern.

Das Ergebnis der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013, eine deutliche Entscheidung für die Wehrpflicht, hat gezeigt, dass die Bürger in diesem Land der vom Bundesmi­nister für Landesverteidigung und Sport eingeschlagenen politischen Linie, die Umstel­lung des Wehrsystems von der Wehrpflicht hin zu einem Berufsheer, eine klare Ab-


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sage erteilt haben. Vor dem Hintergrund einer missbräuchlichen Verwendung von Hee­resmitteln für die SPÖ-Propaganda kommt dies einem Misstrauensvotum durch die Wähler gleich.

Darüber hinaus ist offenkundig, dass BM Darabos weniger denn je in der Lage ist er­forderliche Verbesserungen, die sich aus dem System der Wehrpflicht ergeben, umzu­setzen. BM Darabos war dazu vor der Volksbefragungsniederlage nicht in der Lage und ist es jetzt noch viel weniger.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


17.26.42

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­kanzler! Werte Mitglieder der Regierung! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kol­legen! Ich habe mir jetzt seit drei Uhr jede Rednerin und jeden Redner genau angehört, aber ich muss sagen, was ich hier an Anwürfen, an Anschuldigungen, an Unterstel­lungen gehört habe, habe ich in meiner 15-jährigen Tätigkeit als Bürgermeister in mei­nem Gemeinderat noch nicht erlebt. Ich muss Ihnen sagen, es ist eigentlich traurig, was hier abgeht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn im Zusammenhang mit unserem Bundesheer Worte wie Entwürdigung, Demon­tage, Misshandlung, Narrenkappe, Lächerlichkeit, politische Spielchen und weiß Gott was noch alles fallen, dann muss man sich fragen: Wo sind wir hier? Was ist hier los?

Meine Damen und Herren! Wir sind hier, um eine vernünftige Lösung für unser zu­künftiges Bundesheer zu finden. Wir haben am 20. Jänner von unserer Bevölkerung den Auftrag erhalten, vernünftige Konzepte für eine Reform des österreichischen Bun­desheeres auszuarbeiten, zu finden und gemeinsam umzusetzen. Wenn hier, meine Damen und Herren, immer wieder Vorwürfe gegen unseren Herrn Bundesminister vor­gebracht werden, die wirklich aus der untersten Schublade sind, so muss ich einige Sachen aufs Schärfste zurückweisen.

Wenn zum Beispiel Herr Kollege Strache meint, unser Herr Bundesminister hätte in diesen sechs Jahren überhaupt kein Lob für die Soldaten übrig gehabt, sondern hätte sie nur schlechtgeredet, dann stimmt das einfach nicht. Er ist oft hier gestanden und hat die Bundesheersoldaten, unsere Profis, unsere bestens ausgebildeten Bundes­heersoldaten, die im Auslandseinsatz sind, die bei den Katastropheneinsätzen ihren Dienst leisten, gelobt. Er hat sie oft genug positiv hervorgehoben und die Leistungen des österreichischen Bundesheeres gelobt. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.) – Was hier behauptet wird, ist einfach nicht in Ordnung.

Kollegin Bruckberger hat angeführt, sie hätte bis jetzt keine Gründe für einen Verbleib unseres Herrn Bundesministers in diesem Amt gehört. – Da hat sie schlecht aufge­passt. Es sind hier durchaus lobende Worte gefallen, zum Beispiel: Er ist ein aufrechter Demokrat, er ist für professionelles Handeln bekannt. Auch das ist heute hier gefallen,


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meine Damen und Herren! Auch das sollte man zur Kenntnis nehmen, Herr Klubob­mann Kopf hat das eindeutig festgestellt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn immer wieder gesagt wird, Bun­desminister kann nur jemand sein, der einmal beim Grundwehrdienst war, der seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat, dann, Frau Kollegin Bruckberger, frage ich Sie: Wel­che Qualifikation haben Sie denn mitgebracht, um hier als Nationalratsabgeordnete sit­zen zu können? Ich weiß nicht, ob ein Bekanntsein mit dem Onkel Frank reicht, um hier sitzen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Bundesminister hat in seiner sechsjährigen Tätigkeit durchaus bewiesen, dass er etwas von seinem Geschäft versteht und dass er sehr wohl bereit und willig war, Reformen umzusetzen. Dass es aus dem einen oder anderen Grund nicht gegan­gen ist, wissen wir alle. So ist es auch zu dieser Volksbefragung gekommen.

Ich hoffe nur für alle, dass Vernunft einkehrt, dass sich alle vernünftigen Kräfte in die­sem Haus zusammensetzen, gemeinsam ein vernünftiges Reformkonzept für das neue Bundesheer ausarbeiten und dass wir dann gemeinsam mit unserem österreichischen Bundesheer in eine gute Zukunft gehen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


17.30.31

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ös­terreichs Bevölkerung hat am 20. Jänner nach einer kurzen aber intensiven Argumen­tations- und Diskussionsphase ein klares Votum für die Sicherheit in Österreich abge­geben. Es geht darum, die innere und äußere Sicherheit, die soziale Sicherheit und die gesellschaftspolitische Sicherheit in Österreich zu gewährleisten. Es geht aber nach dieser Volksbefragung auch darum, dass wir die gegenseitige Verantwortung und die gegenseitige Solidarität in Österreich aufrechterhalten.

Ein Danke an all jene, welche an dieser Volksbefragung teilgenommen und damit der Politik einen klaren Auftrag mitgegeben haben. Die Bevölkerung darf mit Recht erwar­ten und einfordern, dass dieses Votum der Volksbefragung umgesetzt wird und dass der Wehrdienst reformiert wird. Es geht also darum, den Wehrdienst zu reformieren und an die An- und Herausforderungen der Zukunft anzupassen. Bei dieser Volksbe­fragung ist es aber auch darum gegangen, dass wir bewährte und funktionierende Sys­teme und Dienstleistungen aufrechterhalten und dass diese fortgeführt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Katastrophenschutz soll und muss auch in Zu­kunft ein Mix aus Freiwilligkeit, Kooperation und Solidarität sein. Das derzeitige System im Katastrophenschutz hat sich bewährt. Wir brauchen Einsatzbereitschaft. Wir brau­chen Mobilisierungsstärke. Wir brauchen im Notfall viele Hände, die helfen.

Der Zivildienst ist und bleibt auch in Zukunft eine wertvolle und wichtige soziale Stütze. Seit Einführung des Zivildienstes im Jahre 1975 hat sich dieser positiv und toll weiter­entwickelt. Darüber sollte man, glaube ich, einmal nachdenken. In den letzten zehn Jahren wurde der Zivildienst immer wieder reformiert und angepasst. Im Verteidigungs­ministerium wurden in den letzten zehn Jahren viele Reformen versäumt. Ich glaube, Herr Bundesminister Darabos, Sie müssen sich ein Beispiel an Frau Bundesministerin Mikl-Leitner nehmen (Rufe beim BZÖ: Bravo! Ja!), die ihre Sache ernst nimmt, die Din­ge reformiert. Ich glaube, das braucht man auch im Verteidigungsministerium. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Beweis dafür, dass der Zivildienst in der Bevölkerung verankert ist, sind die fast 14 000 jungen Menschen, die im Jahr 2011 ihren Zivildienst geleistet haben, und dass


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viele Einrichtungen im Sozialbereich auf den Zivildienst setzen und ihn damit stärken, wie ich glaube. Es ist offenkundig, dass der Zivildienst nicht immer eine leichte Zeit hat­te, aber über die Jahre hat er es geschafft, unverzichtbar zu werden, akzeptiert und an­genommen zu werden. Eines ist mir ganz wichtig: Der Zivildienst hat ganz einfach ein gutes Image in der Bevölkerung. Dieses Image würde ich mir für das Bundesheer und für die Wehrpflicht wünschen.

Beim Zivildienst soll vieles so bleiben, wie es ist. Vorschläge wie eine Verkürzung auf, glaube ich, sechs Monate machen keinen Sinn und würden nur dazu führen, dass die Einrichtungen keine Zivildiener mehr anfordern. Ich bin mit vielen Einrichtungen in Kon­takt gewesen, und sie sagen immer wieder – zum Beispiel bei der Rettung oder beim Roten Kreuz –, dass zwei Monate Grundausbildung und vier Monate Praxiseinsatz abso­lut zu wenig wären. Es braucht die Ausbildung und die Praxis, und damit ein Gesamt­paket, damit der Zivildienst auch für die Einrichtungen Nutzen bringt und Sinn macht.

Danke an die vielen jungen Menschen, welche in Österreich Zivildienst leisten und da­mit zur sozialen Sicherheit beitragen!

Die ÖVP ist in dieser Phase der Diskussion immer dafür eingestanden, dass wir zu­künftig auf drei starke Säulen setzen: erstens auf die Wehrpflicht NEU – Mehrwert für junge Menschen, der Dienst muss Sinn machen –, zweitens auf den Katastrophen­schutz, der österreichweit in gleicher Qualität und gleicher Solidarität sichergestellt werden muss, und drittens auf den Zivildienst, der attraktiviert werden und eine gute Ausbildung für junge Menschen sowie berufliche Entwicklungen ermöglichen soll. Eine weitere wichtige und vielleicht auch gute Idee ist, den Zivildienst für junge Frauen zu öffnen, wenn sich diese freiwillig dafür entscheiden.

Worum geht es in Zukunft? – Es geht in Zukunft darum, sehr geehrte Damen und Her­ren, dass wir uns ohne Ideologie und Präferenz für eine gesamtheitliche Sicherheit in Österreich einsetzen. Es geht darum, dass wir bei dieser Volksbefragung und der Dis­kussion, die ihr vorangegangen ist – sie war wertvoll und spannend –, viele gute Ideen und Vorschläge präsentiert bekommen haben. Diese stehen in Diskussion und warten auf Umsetzung. Daher sollten wir uns in den nächsten Monaten Zeit nehmen, intensiv diskutieren, aber auch rasch festlegen: Wohin geht es mit der Wehrpflicht? Wie können wir die Katastrophenhilfe garantieren? Und wie können wir den Zivildienst in eine si­chere Zukunft für unser Land und für unsere Bevölkerung führen? – Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


17.35.51

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Es gibt mehrere Gründe, warum es aus meiner Sicht reiner Populismus ist, dem Verteidigungsminister das Misstrauen auszusprechen. Das ist ein wenig wie in dem bekannten Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Wir kennen die­ses Spiel, und es gibt zahlreiche Gründe, die für Bundesminister Norbert Darabos sprechen.

Einer der wesentlichen Gründe, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der, dass er das Verteidigungsressort in einer sehr schwierigen Phase übernommen hat und da­zu beigetragen hat, dass der österreichischen Republik und dem Steuerzahler viele, viele Millionen durch geschicktes Verhandeln, was den unsinnigen Ankauf der sehr teuren Flugzeuge betroffen hat, erspart wurden. Das war der erste Grund. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 173

Der zweite Aspekt: Bundesminister Norbert Darabos hat dafür gesorgt, dass Millionen­beträge in die Infrastruktur investiert wurden. Natürlich ist das auch unseren Grund­wehrdienern zugutegekommen, es ist der Truppe zugutegekommen, und es war not­wendig. Das betrifft auch nicht nur ein Vorzeigeprojekt in Güssing, sondern das betrifft sehr, sehr viele Bauten an österreichischen Kasernenstandorten.

Der dritte Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren: Er hat es geschafft, den Ap­parat und die Verwaltung zu verschlanken. Auch das ist notwendig, damit Budgetmittel für technische Ausrüstung, für die Truppe, frei sind. Auch das ist richtig, und das ist ein guter Zug. Das zeigt auch die Kompetenz dieses Verteidigungsministers. Da ist es nicht notwendig, deshalb das Misstrauen auszusprechen. Ganz im Gegenteil, hier leis­tet er hervorragende Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich stelle mir noch eine zusätzliche Frage: Wir diskutieren über die Situation und die Zukunft des österreichischen Bundesheeres. Alle haben ein Programm. Alle können et­was vorweisen. Wir haben jetzt das Programm der ÖVP, das ist ein Zwölf-Punkte-Programm. Wir kennen die Linie des BZÖ – eine sachliche Linie, mit der man sich or­dentlich auseinandersetzen kann. Wir haben jetzt vom Team Stronach unterschiedliche Positionen gehört. Wir kennen die Position der Grünen, die das Bundesheer gerne überhaupt abschaffen möchten. Wir kennen ganz klar unsere Position, aus der wir kein Hehl machen. Nur von jener Fraktion, von der jeder Zweite hier am Podium steht und sagt, ich bin ein Vertreter des österreichischen Bundesheeres, ich bin Reserveoffizier, ich bin Berufssoldat, habe ich noch keinen einzigen Vorschlag zur Reformierung des österreichischen Bundesheeres gehört. Diese Vorschläge zeigen Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kennen wir nicht! Die sind nicht nachzulesen! (Abg. Mag. Stefan: Da gibt es ein ganzes Buch! Wir schenken Ihnen das!)

Es wird immer nur ausschließlich das Misstrauen ausgesprochen. Wenn Sie glauben, Sie können damit bei der Bevölkerung punkten, dann sind Sie auf dem Holzweg, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dann ist die berühmte Auseinandersetzung zur Wehrpflicht gekommen. Wir wissen ganz genau, Bundesminister Norbert Darabos hat es sich nicht leicht gemacht. Wir kennen die Situation des österreichischen Bundesheeres. Wir wissen ganz genau, dass die Aufgaben der österreichischen Verteidigungspolitik und des österreichischen Bundesheeres im Europa des 21. Jahrhunderts neu bewertet und neu definiert werden müssen und dass es mit dem Grundwehrdienst hier nicht so einfach funktionieren wird. Die österreichische Bevölkerung hat sich entschieden, daher werden wir gemeinsam versuchen müssen, einen Weg mit Grundwehrdienern zu gehen, aber es wird kein leich­ter Weg werden.

Es muss uns aber klar sein, dass sich die Aufgaben des österreichischen Bundeshee­res völlig verändert haben und dass es schwierig ist – das bestätigen alle Experten des österreichischen Bundesheeres –, in sechs Monaten einen Wehrmann so weit zu bringen, dass er gerade noch ausreichend ausgebildet ist, um in einen Kampfeinsatz zu gehen. Das wollen wir unseren Kindern eigentlich nicht zumuten, daher auch der Vorschlag, darüber nachzudenken.

Daher muss auch darüber diskutiert werden, wie wir den Grundwehrdienst entspre­chend attraktiver gestalten können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss auch eine unserer Kernaufgaben sein. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass das österreichische Bundesheer Profis braucht, dass wir uns aufgrund der Aufgabenstruk­turierungen damit auseinandersetzen müssen, wie wir ein junges österreichisches Bun­desheer garantieren können, wie wir ein technisch hervorragend ausgestattetes öster­reichisches Bundesheer garantieren können und wie wir die österreichische Sicherheit garantieren können in einem gemeinsamen Europa, das sich in den letzten 60 Jahren


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sicher verändert hat, wie Sie alle wissen; deshalb war auch die Frage des Grundwehr­dienstes eine ganz klare und eine legitime Frage. Wir werden uns damit weiter ausein­andersetzen.

Daher bitte ich noch einmal, wenn Sie heute darüber befinden, diesem Bundesminister das Misstrauen auszusprechen, darüber nachzudenken, was er auch für dieses öster­reichische Bundesheer geleistet hat. Er hat unter schwierigen Bedingungen Hervorra­gendes geleistet. Wir, meine Fraktion, sind ganz besonders stolz darauf.

Lieber Herr Bundesminister, wir gratulieren dir. Mach in diesem Sinne weiter! Alles Gu­te! – Ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


17.41.10

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Herr Präsident, „Heuchelei“ ist, glaube ich, von einem Ordnungsruf umfasst, oder? (Präsident Neugebauer: Bitte?) „Heuchelei“ ist von einem Ordnungsruf umfasst, oder? – Na, dann sagen wir es lieber nicht, sondern meinen wir es nur und behaupten einmal, dass es nach diesen fast drei Stunden falscher Rede an der Zeit wäre, mit einem Weihrauchkessel durch dieses Haus zu gehen, um es von dieser falschen Rede zu befreien.

Was wir jetzt seit bald 2 Stunden 45 Minuten erleben, ist ja kein Lösungsansatz für das österreichische Bundesheer gewesen, sondern, wie in der Zeit der Volksbefragung, ei­ne Aufrechnung gegenseitiger Vorwürfe, parteipolitisch motivierter Ausdrücke, die ja das österreichische Bundesheer in seinem Bestand nicht retten.

Jetzt bin ich nicht dazu da, den Verteidigungsminister in Schutz zu nehmen, denn das soll seine eigene Partei machen, aber wenn wir uns ansehen, was zu diesem Debakel der Unattraktivität des österreichischen Wehrdienstes geführt hat, dann waren das un­taugliche Verteidigungsminister von der Österreichischen Volkspartei, wie ein Herr Fassl­abend oder ein Herr Platter. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Stauber.)

Sie gehen heute hier heraus und sagen, Sie wollen den Wehrdienst attraktiver gestal­ten, und merken selbst nicht einmal, dass das die Quadratur des Kreises ist, dass man einen Wehrdienst mit sechs Monaten, der sicherheits- und militärpolitisch nichts bringt, nicht attraktiver gestalten kann, außer man ist so ehrlich und stellt sich hierher und sagt, wir erhöhen die Wehrpflicht wieder auf acht Monate oder auf zwölf Monate. Dann bringt es etwas.

Wenn wir nämlich jene, die sechs Monate in Ausbildung beim österreichischen Bun­desheer sind, dann noch weitere sechs Monate beim österreichischen Bundesheer mit ihrer Ausbildung nutzen können, dann bringt es etwas, sehr geehrte Damen und Her­ren von der Österreichischen Volkspartei, die Sie uns bis heute ein Wehrkonzept schul­dig geblieben sind. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Amon: Also Sie sind für zwölf Monate?)

Sie haben diese Volksbefragung schändlichst missbraucht, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP. Mit hanebüchenen Argumenten haben Sie der Bevölkerung ein X für ein U vorgemacht, haben Sie die Bevölkerung verängstigt, sind selbst so weit ge­gangen, in einer unglaublichen Manier den Zivildienst als Begründung für den Wehr­dienst zu nehmen – den Zivildienst, den Sie und Ihre Kumpanen immer abgelehnt ha­ben (Zwischenrufe bei der ÖVP) –, und haben diese Volksbefragung für Ihr parteipoliti­sches Keulenspiel mit der Sozialdemokratie, mit Ihrem eigenen Koalitionspartner, miss­braucht – nicht mehr und nicht weniger.

Und das ist das Falsche gewesen. Das ist auch das Falsche, das uns jetzt ein halbes Jahr vor der nächsten Nationalratswahl – oder soll es ein Dreivierteljahr sein – nichts mehr bringt. Glauben Sie denn wirklich, dass sich das nächste halbe Jahr bis Dreivier-


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teljahr beim österreichischen Bundesheer etwas tun wird? Sie, Herr Minister, sind jetzt auch nicht der Zauberlehrling, der das in einem halben oder Dreivierteljahr schafft, nachdem ihn die schwarzen Generäle und Offiziere dort sechs Jahre lang blockiert ha­ben.

Noch einmal: Ich bin der ehrlichen Überzeugung, dass der Verteidigungsminister in dieser Rolle, als Bundesminister für Landesverteidigung, auf dem falschen Platz ist. Denn: Um etwas tun zu können, braucht man eine innere Überzeugung. Um etwas idealistisch anzugehen, um etwas zu verstehen, um in einem Bereich auch Erfolg zu haben, muss man von seiner Sache überzeugt sein. (Abg. Amon: So wie du in Graz!) Und der Verteidigungsminister ist seit sechs Jahren von seiner Sache nicht überzeugt, weil er vom Bundesministerium für Landesverteidigung nie viel gehalten hat, sondern die Nominierung von Mag. Norbert Darabos zum Verteidigungsminister war eine Verle­genheitslösung, um einem erfolgreichen Bundesgeschäftsführer, der gute Wahlen für die Sozialdemokratie zustande gebracht hat, zu Ministerehren zu verhelfen.

Da hätte man aber besser ein anderes Ministeramt geschaffen. Das sieht man ja bei der Personalauswahl der Sozialdemokratie auch, dass man hier Köpfe durchaus aus­tauschen kann, weil die Leistung ohnedies die gleiche bleibt – gleich schlechte oder gleich gute, das sei dahingestellt.

Das ist der ursächliche Grund, warum Mag. Norbert Darabos als Verteidigungsminister ungeeignet ist: weil er die Überzeugung für dieses Ressort nicht hat. Aber das sollte ihn jetzt nicht daran hindern, zumindest das nächste halbe oder Dreivierteljahr in Rest­beständen zu nutzen, um dieses Bundesheer tatsächlich zu reformieren. Denn darum geht es ja.

Der Wehrdienst, sehr geehrte Damen und Herren, mit sechs Monaten bringt uns nichts. Wir haben von Anbeginn an gesagt, dass nur ein Berufsheer mit einer Milizkom­ponente Österreich auch in die Zukunft bringen kann. Was die Wehrpflicht betrifft, so rede ich jetzt nicht vom „Zwangsdienst“ und bringe nicht die Argumente, man könne junge Menschen nicht zwingen – ich bin der Meinung, jeder junge Mensch kann auch einen Dienst für die Republik erbringen –, aber sechs Monate Ausbildung, ohne sie nachher zu nutzen, bringen aus militärpolitischer Sicht nichts! Aus militärpolitischer Sicht, in verteidigungspolitischer Hinsicht bringt es nichts, was Sie tun! (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

Und Sie, Sie Untauglichen seitens der Österreichischen Volkspartei – ein ganzes Ba­taillon an Untauglichen könnten Sie in Ihren Reihen bilden, wie mein Kollege Widmann heute richtigerweise ausgeführt hat (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BZÖ), mit Bataillonskommandant Schüssel an der Spitze und seinem Stellvertreter Barten­stein, alles Untaugliche, und Rauch und wie sie alle heißen –, Sie können weder, noch haben Sie es vor – von „können“ gar keine Rede –, das österreichische Bundesheer so zu reformieren, dass wir in Zukunft auch sicherheitspolitisch für das 21. Jahrhundert, in dem wir uns befinden, gut aufgestellt sind.

Sie haben es aufseiten der Österreichischen Volkspartei vorgezogen, politisches Klein­geld zu schlagen. Sie haben es vorgezogen, sich mit dem Koalitionspartner zu streiten (Abg. Amon: Und Sie wollen zwölf Monate Wehrpflicht!), und kein Mensch kümmert sich inzwischen mehr um das österreichische Bundesheer. Es haben heute unzählige Redner von Ihnen hier am Rednerpult gesprochen, und kein einziger Redner hat das vielversprochene ÖVP-Heereskonzept hier vorgestellt – weil es dieses Heereskonzept nicht gibt, weil es einmal mehr ein Schmäh war, um in dieser Debatte rund um die Volksbefragung einen Minister anzupatzen oder den eigenen Koalitionspartner zu quä­len.

Das liegt bei Ihnen offensichtlich in den Genen. Das hat ja auch Kollege Pilz heute wunderbar dargestellt, dass ein Abgeordneter der Österreichischer Volkspartei, Herr


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Klikovits, nicht einmal selbst dazu in der Lage ist oder Manns genug ist, einen sozialde­mokratischen Bürgermeister anzuzeigen, sondern glaubt, er kann das parteipolitisch über die Bande des Herrn Pilz spielen, ihm das Brieferl zustecken und sagen: Gell, tust du die Roten schön anlehnen! Die Roten gehören jetzt angezeigt!

Das zeigt ja dieses Koalitionsgetriebe, das dieses Land nicht vorwärtsbringt, weil Sie seit gefühlten 100 Jahren in der österreichischen Bundesregierung sind und am Unter­gang dieser Republik auch im Verteidigungsressort mitbeteiligt sind, weil Sie in Ihrem gesamten politischen Leben immer die eigene Partei im Mittelpunkt haben und nicht das Land. Sie fragen sich immer, was die Partei für Sie tun kann, und haben sich sei­tens der Österreichischen Volkspartei noch nie gefragt, was Sie für die Republik Öster­reich tun können – und das auch in sicherheitspolitischer Hinsicht. (Beifall beim BZÖ.)

Daher bin ich der Meinung, dass die nächste Volksabstimmung in einem Dreivierteljahr zu erfolgen hat, wo wir die österreichische Bundesregierung abwählen und in erster Li­nie einmal die Österreichische Volkspartei aus der österreichischen Bundesregierung rausbringen, damit in diesem Land wieder ein wenig mehr Freiheit herrscht. (Abg. Amon: Reden wir im Oktober weiter!) Und dann kann man, sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, vielleicht dieses Land reformieren (Abg. Kopf: Du wirst es politisch nicht mehr erleben!) und möglicherweise auch eine Regie­rung bilden, die Österreich in die Zukunft bringt. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der ÖVP: Gerald, wir reden im Oktober weiter!)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Restredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.48.38

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Grüß Gott, Herr Bundeskanzler und al­le Damen und Herren auf der Regierungsbank! Also, der ausschließliche und wirkliche Grund, warum ich mich noch einmal zu Wort melden darf, ist mein hohes ethisches Be­wusstsein, das mich zur Volksaufklärung und Fürsorge für Nichtwissende treibt – ich habe in meiner Berufslaufbahn auch Berufsanwärter ausgebildet –, aber vor allem die mich zutiefst bekümmernde Klage, die Kollege Fazekas ausgesprochen hat, dass er noch nichts gelesen hat – fairerweise muss man vielleicht sagen: nichts gelesen hat betreffend FPÖ-Konzepte. (Abg. Strache: Dann muss man halt lesen!)

Ich schenke ihm hiermit als verspätetes Weihnachtsgeschenk das Buch, das ich im Ju­li 2011 herausgegeben habe. Es heißt „Wehrpflicht“ und ist ein Sammelband (Zwi­schenrufe bei Abgeordneten der SPÖ) – Moment, Moment! – mit ganz interessanten Beiträgen, die absolut zu einem hohen Wissensstandard verhelfen. (Neuerliche Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Weiters rufe ich dazu auf, alle Pressekonferenzen aufzusuchen, die – fünf an der Zahl – seit Aufbrechen dieser Debatte stattgefunden haben. Zusätzliche Konzepte, die wir erarbeitet haben, werde ich Ihnen alsbald zur Verfügung stellen. Also an Lesestoff soll es Ihnen nicht mangeln. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend: Es war auch die Rede von der Aufforderung an den Herrn Bundesminis­ter, sich des Entwurfs eines neuen Soldatendienstrechtes zu befleißigen. Dem kann ich mich nur anschließen, das haben wir schon mehrfach gefordert. Eine inspirative oder zur Inspiration neigende Möglichkeit besteht darin, sich bei Ihrer Sitznachbarin zur Linken (auf Bundesministerin Dr. Schmied weisend) Anleihen zu nehmen. Aber sie hat es in der eigenen Partei, wie wir wissen, auch nicht leicht. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

17.50

17.50.21

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 177

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüch­ler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform des Zivildienstes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stra­che, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung und Sport gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG.

Zu einem solchen Beschluss des Nationalrates ist gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich. Ich stelle diese ausdrücklich fest.

Es ist von 20 Abgeordneten das Verlangen gestellt worden, eine namentliche Abstim­mung durchzuführen, und wir gehen daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Die Abgeordneten werden namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestell­te Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stim­men, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Achten Sie bitte darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer, mit dem Na­mensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Franz wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Mag. Lohfeyer und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.56 Uhr unterbrochen und um 18.01 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 178

Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 154; davon „Ja“-Stimmen: 52, „Nein“-Stimmen: 102.

Der Antrag ist somit abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ.)

Gemäß § 66 Abs. 8 GOG werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf;

Haubner Ursula, Herbert Werner, Hofer, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List;

Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Pilz, Pirklhuber, Podgorschek;

Rosenkranz, Rossmann;

Schenk, Schwentner, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Grossmann, Groß­ruck;

Haberzettl, Hagen, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 179

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser;

Pack, Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosema­rie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Windisch, Wittmann Peter, Wurm.

*****

18.01.51Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Verhandlungen über den 9. Punkt der Ta­gesordnung wieder auf. Es sind noch zwei Redner bis zur Abstimmung zu Wort ge­meldet.

Zunächst: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


18.02.01

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen Ministerinnen auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Von meinen Vorred­nern wurde von dieser Stelle aus schon vieles zum Besten gegeben, und ich möchte auf zwei Aussagen im Besonderen eingehen.

Zum einen hat Kollege Jarolim in seiner sehr interessanten Rede hinterfragt, wer denn nun schuld sei an den Vorratsdatenbestimmungen, an der fragwürdigen und sehr kri­tisch zu hinterfragenden Schärfe dieser Bestimmung, ob das nun die EU-Richtlinie sei oder nicht doch die quasi vielleicht sehr eng ausgelegte Regierungsvorlage dieser Bun­desregierung. Kollege Jarolim ist zu dem interessanten Schluss gekommen, dass es wohl doch eher die Bundesregierung war, die für diese fragwürdigen gesetzlichen Be­stimmungen über die Vorratsdatenspeicherung samt der Schärfe und den Nachteilen für die Bevölkerung verantwortlich zeichnet.

Ein interessanter Ansatz, Kollege Jarolim, denn immerhin war es Ihre Fraktion, die SPÖ, die uns gemeinsam mit der ÖVP diese Regierungsvorlage vorgelegt und auch mit deren Zustimmung beschlossen hat. Nichtsdestotrotz gebe ich Ihnen durchaus recht: Hätte es diese EU-Richtlinie nicht gegeben, dann hätten wir uns wahrscheinlich auch diese Regierungsvorlage erspart. So gesehen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das ein Zusammenspiel von zwei Kräften war, die sich die österreichi­sche Bevölkerung wohl am besten hätte ersparen sollen.

Die zweite Replik, die ich noch anbringen möchte, gilt den beiden Damen Hakl und Ha­kel – Namensgleichheit; Hakl von der ÖVP, Hakel von der SPÖ –, die gemeint haben, dass diese Vorratsdatenspeicherung besonders sinnvoll und wichtig wäre, weil man nun Stalking besser bekämpfen könnte. – Das ist nicht nur ein inhaltlicher Unsinn, son­dern auch legistischer Nonsens, denn die Zielsetzung dieser Vorratsdatenspeicherung war ja, dass sie grundsätzlich für schwere Straftaten und Straftaten im Bereich des Terrorismus zum Einsatz kommt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 180

Wenn man das nun so wie Sie interpretiert, meine beiden Damen von den Regierungs­parteien, dann, glaube ich, sollten Sie Ihre Parteiprogramme etwas überarbeiten, aber vielleicht auch Ihren Zugang. Wir meinen, dass das ein überschießendes Gesetz ist, das die Rechte der österreichischen Staatsbürger in fragwürdiger und unnützer Weise massiv beeinträchtigt und beschneidet, und dass es der Systembespitzelung der EU einmal mehr Rechnung trägt; angefangen von Swift bis hin zur Fluggastdatenspei­cherung und dieser Vorratsdatenspeicherung, und Indect will ich gar nicht mehr er­wähnen.

Das zeigt, die EU ist nicht daran interessiert, große Terrorbekämpfungsmaßnahmen zu setzen, sondern da geht es einzig und allein darum, Daten zu sammeln, die man dann entweder an die USA verkaufen oder weitergeben oder andererseits im Rahmen einer Bespitzelungsaktion der eigenen Staatsbürger für eigene Zwecke weiter verwenden kann.

Alles in allem, möchte ich sagen, wird diese Vorratsdatenspeicherung – da darf ich mich und auch das, was meine Vorredner schon gesagt und einigermaßen kritisch an­gemerkt haben, wiederholen –, nämlich die generelle und verdachtsunabhängige, die­se ohne jeden konkreten Tatbestand vorliegende systematische Erfassung von Daten, von uns jedenfalls kategorisch abgelehnt. Wir haben nicht nur mehrmals öffentlich er­klärt, sondern auch mit einer Klage beim Verfassungsgerichtshof, die mittlerweile beim EuGH anhängig ist, klar unter Beweis gestellt, wo wir unseren Standpunkt gefunden haben. Ich denke, das ist eine gesetzliche Regelung, die sich die österreichischen Staatsbürger nicht verdient haben, die überschießend ist, die in ihrer Zugangsthematik höchst fragwürdig ist. Daher, glaube ich, ist der richtige Zugang nicht, einer Eva­luierung näherzutreten, sondern überhaupt daranzugehen, diese Bestimmung gänzlich abzuschaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


18.07.02

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist eines, an dem kein Mensch mehr vorbeikommen kann. Wenn man sich die tägliche Kommunikation ansieht und sich be­rechtigterweise und bewusst die Frage stellen muss, wenn man sich die Netze so be­trachtet und auch sieht, welche persönlichen Dinge Menschen von sich geben, dann, denke ich, ist auch der Zugang der Bevölkerung zu Datenschutzmaterien völlig verlo­ren gegangen. Aber das ist ein eigenes Thema.

Bei diesem Thema geht es gar nicht mehr darum, die Modalitäten von Abfragen festzu­legen – das Vier-Augen-Prinzip, die Verschlüsselung, das ist alles positiv, das ist wich­tig und gut –, sondern es geht mir fast um die grundsätzliche Frage, die heute schon mehrmals angesprochen worden ist: Wohin werden wir uns als freie Gesellschaft ent­wickeln, und wollen wir diese Entwicklung tatsächlich?

Gerade Österreich hat es sich nicht leicht gemacht. Gemeinsam mit Schweden waren wir bei der Umsetzung der Richtlinie die Letzten; wir haben zugewartet und uns dage­gen gewehrt. Bundesministerin Bures hat gemeinsam mit dem Ludwig Boltzmann Insti­tut einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der versucht, das Unmögliche möglich zu ma­chen, nämlich für den höchstmöglichen Datenschutz zu sorgen. Es stellt sich einmal mehr die Frage: Zu welchem Preis? Den Menschen die Notwendigkeit dieser Regelung mit der Bekämpfung von Terrorismus und Schwerstkriminalität schmackhaft zu ma­chen, ist natürlich ein verlockendes Argument – aber spricht der Erfolg letztendlich auch wirklich für sich? Experten bezweifeln das, die meisten Abfragen hatten mit Terror und Schwerstkriminalität eigentlich nichts zu tun.


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Daher erwarte ich mit Spannung – es ist ein europäisches Thema, es muss in Europa entschieden werden – die Entscheidung des EuGH über die Beurteilung des Überein­stimmens mit der EU-Grundrechtscharta, auch wenn das bedauerlicherweise dauern wird. Wir wissen, derartige Verfahren dauern in etwa 18 Monate.

Auch hier gilt, dass Europa sich mehr auflehnen muss, dass die Bürgerinnen und Bür­ger der europäischen Mitgliedstaaten mehr Bekenntnis zum Datenschutz entwickeln müssen. Das fehlt mir ein wenig. Es gibt nicht sehr viele Länder, die eine einheitliche Linie haben, sondern das wird sehr differenziert gesehen, aber ich weise wie schon bei der Wasser-Initiative darauf hin, dass es mit dem Modell einer Europäischen Bürger­initiative durchaus auch Mittel und Wege gibt, diese Situation in dieser Form zu lösen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09

18.09.33

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung.

Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2086 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung betreffend Vorratsdatenspeicherung und Datensicherheit sowie deren Über­prüfung.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dies unterstützen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 288.)

18.10.1210. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Kunstbericht 2011 der Bundesregie­rung (III-341/2126 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Die Debatte wird eröffnet von Frau Abgeordneter Mag. Unterreiner. – Bitte.

 


18.10.23

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben jetzt Ende Jänner 2013 – und wir behandeln heute den Kunstbericht aus dem Jahr 2011. Das al­lein, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigt bereits einen absoluten Stillstand der Kulturpolitik Österreichs. Das allein ist schon inakzeptabel und der Beweis dafür, dass die Wertigkeit von Kunst und Kultur bei der derzeitigen Bundesregierung nicht sehr hoch ist. Stillstand, keine Entwicklung, keine innovativen Ideen, Österreich zu ei­nem modernen Kulturstaat zu machen! Man hat das Gefühl, man will nur verwalten und nicht gestalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Kulturbericht ist im Wesentlichen, salopp gesagt, eine Kopierleistung der zustän­digen Sektionen im Bundesministerium. Die einzigen Entscheidungen, die nämlich ge­fällt werden, betreffen die Höhe der Förderungsbeiträge für die immer gleichen quasi pragmatisierten Staatskünstler, die brav ihre ideologische Vorgabe umsetzen. Dafür werden sie belohnt mit Dauersubventionen, mit Dauerpreisverleihungen, mit – ich sage es einmal so – Verhätscheln, mit Dauerverhätscheln. Bei Bedarf, zum Beispiel vor Wahlen, wird dann natürlich Gehorsam abverlangt.

Ein Beispiel aus der Literatur: Der Schriftsteller Robert Menasse erhielt als pragmati­sierter Dauerstipendiat, sage ich einmal  (Zwischenruf der Abg. Hakel.– Ja, aber


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das aufzuzeigen ist auch wichtig, liebe Frau Kollegin, denn das hören die Leute nicht gerne, dass ein Literat, der arriviert ist und eigentlich gut verdient, noch sehr viel Geld bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich führe es jetzt im Detail aus: Menasse hat seit dem Jahr 2001 308 957 € bekom­men. Das sind umgerechnet – vielleicht interessiert Sie das – 2 574 € monatlich. Ich meine, das muss ja nicht sein, dass der große Schriftsteller Robert Menasse noch zu­sätzlich Geld bekommt, zumal es viele junge Künstler gibt, die nicht einmal eine Start­hilfe bekommen.

Also arrivierte Literaten wie Robert Menasse, Elfriede Jelinek, Thomas Glavinic und viele andere finden sich seit Jahrzehnten in jedem Kunstbericht mit Werkstipendien, Reisestipendien, Arbeitsbehelfen, Übersetzungskostenbeiträgen. – Da lässt es sich vor Wahlen natürlich vortrefflich über die FPÖ schimpfen, und das, meine Damen und Her­ren, finden wir nicht in Ordnung!

Diese enge Verstrickung zwischen Politik und Kunstszene – das weiß jeder, vor allem Sie von den Sozialdemokraten jetzt – treibt die wildesten Blüten. Ich habe das schon einmal gesagt, aber ich wiederhole es noch einmal. Jahrzehntelang konnten sich zum Beispiel der Chef der Kunsthalle Gerald Matt und der Chef des Museums für ange­wandte Kunst Peter Noever mit ihren Ausstellungen alles leisten. Ich glaube, Sie kön­nen sich sehr wohl daran erinnern, dass zum Beispiel Peter Noever das kommunisti­sche Mörderregime Nordkoreas verherrlichen durfte, ohne dass irgendjemand irgend­etwas für nicht in Ordnung befunden hat. Gerald Matt hat Ausstellungen gemacht über Leichenschändung, Kindesmissbrauch und so weiter.

Da hat man jahrelang zugesehen, bis die finanziellen Unregelmäßigkeiten einmal wirk­lich überhandgenommen haben. Wir alle kennen den Rechnungshofbericht, der diese unglaublichen Machenschaften zutage gefördert hat. Sie können sich zum Beispiel sicher an Peter Noevers Geschichten erinnern: Tausende verlorene Objekte, gefälsch­te Besucherzahlen, opulente private Geburtstagsfeiern. Erst dann mussten die politisch Verantwortlichen Konsequenzen ziehen. Das wurde zwar gemacht, aber jahrelang hat man weggesehen.

Weiters gibt es dann noch das Füllhorn, das weiter ausgeschüttet wird: linke Projekte, fremde Kulturen, Multi-Kulti-Hochburgen. Das WUK zum Beispiel bekommt 1,3 Mil­lionen von der Stadt Wien, zusätzlich bekommt es noch 240 000 € vom Bund, während das Volkskundemuseum leider mit nur 400 000 € dahinsiechen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht die Kulturpolitik, wie wir sie uns vorstellen. (Beifall bei der FPÖ.) Wir sagen: Schluss mit diesen Alt-68er-Attitüden!, wir sagen: Schluss mit dem Multi-Kulti-Getue!, wir sagen: Schluss mit Korruption und Pro­vokation! Politik hat dort zu investieren, wo Zukunft ist. Und wo ist die Zukunft? – Die Zukunft ist natürlich bei der Jugend. Da müssen wir ansetzen.

Wir müssen die Jugend fordern. Wir brauchen zum Beispiel mehr Musikschulen. Wir alle wissen, dass in unseren Hochschulen fast überhaupt keine Österreicher mehr sind. Letztendlich führt das dazu, dass auch in unseren Orchestern keine Österreicher mehr spielen, und das, finde ich, ist nicht in die Zukunft gedacht, meine sehr geehrten Da­men und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Keine Förderung der Multi-Kulti-Szene! Warum? – Ich finde, man muss mit der Kultur­politik auch das Zusammenfinden, das Zusammenwachsen im Auge haben. Das ist ei­ne sehr wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Niemand hat daran gedacht, dass man mit dieser ständigen Multi-Kulti-Förderung das Zersplittern einer Gesellschaft an­strebt. Das halten wir für falsch.


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Wir meinen: Schaffen wir gemeinsame Werte – schaffen wir eine gemeinsame Identi­tät. Das Bewahren unserer Identität ist das Gewissensthema unserer Epoche. Das ist mein ceterum censeo. (Beifall bei der FPÖ.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


18.16.27

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Unterreiner, es ist schon erstaunlich, mit wel­cher Wiederholungsenergie Sie als Kultursprecherin hier regelmäßig Künstlerinnen und Künstler verunglimpfen und ihnen Gehorsam oder anderes andichten. Das finde ich schon erstaunlich. Wenn Sie davon reden, dass sozusagen nur arrivierte Künstler Prei­se bekommen: Ich habe Sie noch nie bei Preisverleihungen des outstanding artist awards gesehen, aber kämen Sie dort hin, würden Sie sehen, wie viele herausragende KünstlerInnen der jüngeren Generation vonseiten des Ministeriums mit Preisen aus­gezeichnet werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie bräuchten sich nur auf den Weg zu machen und sich das einmal anzuschauen und sich wirklich für die Künst­ler zu interessieren. – Das nur dazu.

Des Weiteren möchte ich auf zwei Anträge eingehen, die wir im Zusammenhang mit dem Kunst- und Kulturbericht beschlossen haben und die mir sehr wichtig sind. Der ei­ne ist ein Antrag betreffend die Bedeutung der Filmfestivals, weil wir nun jene Zahlen und Daten in den Kunstförder- und Filmwirtschaftsberichten zusätzlich ausweisen. Das ist auch eine Forderung des neuen Forums der österreichischen Filmfestivals, die sich gewünscht haben, dass ihre Bedeutung auch in den Berichten ausgewiesen wird.

Ein zweiter Antrag beschäftigt sich mit der erweiterten Berichtslegung im Zusammen­hang mit Geschlechterverhältnissen. Wir haben nun beschlossen, dass zukünftig die Spielpläne und die Ausstellungstätigkeit im Hinblick auf Geschlechterausgewogenheit im Kunstbericht enthalten sein werden; im ersten Schritt Bundestheater und Bundes­museen.

Ich halte das als ersten Schritt für sehr wichtig, um Geschlechterungleichheiten sicht­bar zu machen. Der Hintergrund dafür, dass wir das gemacht haben, basiert auf Daten, die ich im Zusammenhang mit einer Anfrage an große Institutionen erhalten habe, und zwar an jene 18 Kultureinrichtungen, die über 400 000 € vom Bund an Förderung er­halten haben.

Wenn ich mir die Zahlen ansehe, kann ich nur bestätigen, was die Kunsthistorikerin Gabriele Horn einmal gesagt hat: „Auch wenn sich in den vergangenen Jahren positive Entwicklungen abzeichnen, haben sich – trotz scheinbarer Emanzipationsfreundlichkeit des Kunstbetriebs – patriarchalische Strukturen in den großen Kunstinstitutionen gut gehalten.“ – Das berichtet sie in einem interessanten Artikel in der letzten Woche in der Zeitung „Frankfurter Allgemeine“.

Ich möchte nur ein paar Zahlen nennen, die wir in Zukunft ausweisen wollen. Zum Bei­spiel hat die Wiener Staatsoper im Hinblick auf Komposition, Dirigentenpult und Urhe­ber eine hundertprozentige Männerquote. Im Burgtheater zum Beispiel liegt der Frau­enanteil für Regie zwischen 0 und 20 Prozent, Autorinnen werden im Burgtheater über­haupt nicht inszeniert. Nur im Akademietheater und im Kasino kommen fallweise Frau­en zum Zug. Im Theater in der Josefstadt liegt der Anteil zwischen 0 und 23 Prozent. Ich könnte das beliebig weiterführen; auch bei den Salzburger Festspielen und so weiter.

Kann man das ändern? – Ja, das kann man ändern, indem man das bewusst zum The­ma macht, indem man die Zahlen regelmäßig darstellt und versucht, diese Auswertun­gen zum Thema zu machen oder auch Rahmenzielvereinbarungen mit den Häusern zu treffen, die ja Förderungen erhalten.


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Eine hundertprozentige Männerquote ist jedenfalls nicht das, was wir uns unter plura­listisch und zeitgemäß vorstellen. Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen, wie es die Dramatikerin Silke Hassler in einem Statement unlängst formulierte:

„Es gibt genauso viele gute und schlechte Stücke von Frauen wie von Männern. Wenn, dann unterscheiden sie sich in ihren Themen, in ihren Haltungen ... Es ist ihnen als Theaterbesucher und Besucherin vermutlich völlig egal, ob Sie sich bei einem Stück eines Autors oder einer Autorin fadisieren. Langeweile ist eine genitalfreie Empfindung. Ich plädiere ausschließlich für eine gerechtere Betrachtung. Aber um gerechter be­trachtet zu werden, muß man erst einmal gespielt werden.“

Und darum geht es: Kunst ist keine Männersache. Die Männerquoten müssen auch hier reduziert werden. Ich danke Ihnen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Fuhrmann.)

18.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


18.20.51

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Kunst- und Kulturbericht möchte ich eingangs etwas zitieren. Frau Bundesministerin, Sie halten fest, dass es im Bereich Kunst und Kultur trotz Budgetkonsolidierung gelungen ist, die Budgets und die Ausga­ben stabil zu halten:

„Darin drückt sich das klare Bekenntnis zur Verantwortung des Staates für die Förde­rung von Kunst und Kultur aus. Der Bund ist den Künstlerinnen und Künstlern auch in schwierigen Zeiten ein zuverlässiger Partner.“

Grundsätzlich ist dem nichts hinzuzufügen, aber die Zeiten sind schwierig, die Zeiten werden immer schwieriger und das Budget halten Sie stabil.

Schauen wir uns die Realität in der Kunstszene an: Der Staatsoperndirektor sagt zum Beispiel, dass unser Eigendeckungsgrad sinkt, und das ist auf die Dauer problema­tisch, weil das heißt, entweder höhere Subventionen oder sparen. Der kaufmännische Direktor des Kunsthistorischen Museums sagt, dass in den nächsten Jahren keine gro­ßen Sprünge zu erwarten sind. Die Generaldirektorin der Nationalbibliothek sagt, dass wir spätestens 2014 oder 2015 wieder eine Erhöhung der Basisabgeltung des Bundes brauchen.

Das sind schon warnende Worte, und da frage ich mich eines, Frau Bundesministerin: Wie lange wird dieses Budget stabil sein können, wenn es jetzt schon für Einschrän­kungen sorgt? – Ich rede nicht von den kleinen Initiativen und von den kleineren Orga­nisationen. Ich frage Sie: Haben Sie schon weiter gedacht, über diese Legislaturperio­de hinaus, wie wir das Fördersystem verbessern können, ohne dass der Staat, die öf­fentliche Hand sozusagen unbegrenzt Geld in Kunst und Kultur investiert?

Hier möchte ich eine langjährige Forderung des BZÖ aufs Tapet bringen, und zwar das private Kultursponsoring. Wie weit ist das ausgebaut? Haben Sie das ins Auge ge­fasst? Ein privates Kultursponsoring, das auch Kunstankäufe mit steuerlichen Anreizen einbezieht. (Beifall beim BZÖ.)

Letztendlich geht es darum: Wenn wir richtigerweise die Dinge im Umweltbereich, im Tierschutzbereich steuerlich absetzen können, wieso soll ich nicht, wenn ich Kunst an­kaufe oder eine Kultureinrichtung fördere, hier ebenfalls einen Vorteil haben können?

Ich möchte nur ganz kurz auf drei Punkte eingehen. – Der erste ist die Filmförderung, die Förderung des Kinos und der Medien als einer der größten Förderbereiche. Wir finden das grundsätzlich sehr gut, vor allem weil diese Förderung auch sichtbare Früchte trägt. Wir wissen, dass gerade der österreichische Film in den letzten Jahren


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und auch jetzt viele internationale Auszeichnungen bekommen hat, Oscar-Nominie­rungen und sehr, sehr viele Preise, dass die österreichischen Filme begeistern, aber auch polarisieren. Ich denke, hier haben wir als kleines Land ein wirklich nach außen wir­kendes Zeichen gesetzt, und hier sollte man wirklich jegliche Unterstützung gewähren.

Der zweite Punkt ist die Literatur, wo Sie auch Vereine und Veranstaltungen entspre­chend fördern. Hier sind uns die Stipendienprogramme ein besonderes Anliegen, die zur Internationalisierung der österreichischen Literatur beitragen. In einem nächsten Punkt geht es auch um das Literaturmuseum, das geplant ist. Ich denke, gerade auch im Bereich der Buchprojekte ist das eine entsprechende Förderung.

Der dritte Punkt, auf den ich eingehen möchte – und meine Vorrednerin, Kollegin Ablin­ger, hat ihn schon erwähnt –, ist der Entschließungsantrag betreffend die Überprüfung der Spielpläne und Ausstellungstätigkeit auf Geschlechterausgewogenheit. – Wir hal­ten von dem überhaupt nichts. Das sage ich ganz ehrlich, denn gerade in der Kunst und Kultur ist das vollkommen fehl am Platz, weil das ein Schritt in Richtung ver­pflichtende Quote ist. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ablinger: Das liegt ja nicht am Kön­nen!) Das wäre eine verpflichtete Quote, die das BZÖ vehement ablehnt.

Was wir begrüßen in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Mentoring-Programm, das es seit 2011 gibt, das anscheinend sehr erfolgreich ist und das auch im Jahr 2013 weitergeführt wird. Hier begleiten erfahrene, ältere Künstlerinnen und Künstler die jun­gen und unterstützen sie bei Dingen, die wichtig sind im Bereich des wirtschaftlichen Denkens, aber vor allem auch des kulturellen Denkens. Das finde ich sehr gut.

Dieses Mentoring-Programm hat sich nicht nur in der Kultur bewährt, sondern auch, wie Sie wissen, in der Wirtschaft, und auch in der Politik ist es so. Aber hier eine ver­pflichtende Quote über einen Umweg einzuführen, dem werden wir nicht unsere Zu­stimmung geben.

Dem Kunst- und Kulturbericht insgesamt jedoch stimmen wir zu, aber, Frau Bundesmi­nisterin, wenn Sie weiter ein verlässlicher Partner auch in schwierigen Zeiten sein wol­len, dann setzt das neben einer angemessenen staatlichen Förderung auch eine pri­vate kulturelle Förderung mit Anreizen, mit steuerlicher Anerkennung voraus, denn sonst wird es auf diese Weise nicht weitergehen können. (Beifall beim BZÖ.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


18.26.52

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Haubner hat soeben einige Museums- und Theaterdirektoren angeführt, die aktuell nach mehr Geld rufen. Sie beklagen, dass sich aus verschiedensten Gründen die wirtschaftliche Situation im­mer schwieriger gestaltet. Ich gehe davon aus, dass Herr Kollege Zinggl, der als Nächster oder Übernächster zum Rednerpult kommt, vermutlich kritisieren wird, dass die Kulturtanker, wie er sie nennt, ohnehin viel zu viel Geld bekommen und es aus seiner Sicht sinnvoller wäre, die kleinen Initiativen zu unterstützen. (Beifall des Abg. Dr. Zinggl. – Abg. Dr. Walser: Bravo!)

Frau Bundesminister! Das ist eine Diskrepanz, die wahrscheinlich kaum aufzulösen ist. Vielleicht sind Sie schon dabei, eine Lösung des Problems auszuarbeiten: Wenn Sie diese haben, dann würde sie auch uns in diesem Rahmen interessieren. Ich glaube, dass das eine sehr schwierige Herausforderung darstellt, und ich teile Ihre Meinung, dass das Stabilhalten des Budgets in Zeiten wie diesen durchaus als Erfolg verbucht werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 186

Zum Kunstbericht: Bezüglich der Evaluierung der Bundestheater war ich schon ein bisschen verwundert über das Interview mit Herrn Dr. Springer, dem Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, in dem er für mich ein bisschen überraschend die Solidari­tät gegenüber der Politik aufkündigt und Letztere angegriffen hat. Frau Bundesminister! In diesem Zusammenhang würde mich Ihre Stellungnahme interessieren, nämlich wie Sie, auch in Bezug auf die Bundestheater-Holding, da die weitere Vorgangsweise sehen.

Grundsätzlich bin ich schon der Meinung, dass der gegenständliche Bericht auch von Ihnen neu gesetzte Akzente erkennen lässt, vor allem wenn es um Stipendien und Nachwuchsförderung geht. Frau Kollegin Unterreiner hat angesprochen, dass junge Talente gefördert werden müssen. – Ich glaube, dass das sehr wohl in Angriff genom­men wird, genauso wie die Gleichstellung von Männern und Frauen, die ja bisher schon in Angriff genommen wurde, jetzt durch einen aktuellen Entschließungsantrag weiter fortgesetzt wird. Die entsprechende Analyse soll bei Bundesmuseen und Bun­destheatern beginnen.

Hervorheben möchte ich auch einen zweiten Antrag betreffend Filmfestivals, den wir eingebracht haben. Ich glaube, dass in Österreich der Film derzeit einen so hohen Stellenwert hat wie noch nie zuvor und auch international hohe Anerkennung genießt. Insofern ist es wichtig, auch spezielles Augenmerk auf Filmfestivals zu legen. Beson­ders freut mich auch die Anerkennung, die der österreichische Kurzfilm in den letzten Jahren bekommen hat.

Das zeigt sich unter anderem auch durch die Kategorie „Bester Kurzfilm“, die beim Filmpreis 2013 neu ins Leben gerufen und vergeben wurde. Durch die Unterstützung des Außenministeriums kann der Kurzfilm auch einem internationalen Publikum zu­gänglich gemacht werden, was wiederum eine Maßnahme ist, junge Talente zu fördern und auch das Filmland Österreich international zu präsentieren.

In einigen Wochen werden die Oscars 2013 verliehen. Der uns bekannte Michael Ha­neke ist mit seinem Film „Amour“ gleich in fünf Kategorien nominiert. Halten wir ihm die Daumen! Auch Christoph Waltz ist drauf und dran, eine zweite Statue mit nach Hause zu bringen.

Ich denke, das sind Auszeichnungen, von denen wir in Österreich auch profitieren, auf die wir stolz sein können! Daher sehe ich es kulturpolitisch als relevant an, den Film weiter zu unterstützen, sei es durch die ÖFI-Förderung, sei es durch FISA, aber vor al­lem auch durch die Unterstützung des ORF. Diesbezüglich höre ich, dass der ORF be­reits versucht, die Filmwirtschaft im Vorfeld von Verhandlungen um die Gebührenrefun­dierung mit in Geiselhaft zu nehmen.

Frau Bundesminister! Das – und ich hoffe, Sie sind da meiner Meinung – dürfen wir nicht zulassen! Der ORF ist grundsätzlich dem Kulturauftrag verpflichtet! (Beifall bei der ÖVP.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


18.31.22

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Nach Film, darstellen­der Kunst, Festspielen, Literatur, bildende Kunst, Musik komme ich zu den Kulturinitia­tiven, zu Kunst und Kultur im ländlichen Raum. 4,5 Millionen € an Unterstützung gibt es hier und es ist positiv zu vermelden, dass 95 Prozent dieser Mittel direkt in die Vereine fließen, die Kunstprogramme, die Programme zur Kunst-und Kulturvermittlung anbieten und die insgesamt mit den Schulen, dem Nachwuchs, den Kinoinitiativen auf dem Land – culture connected – eine hohe Wertschöpfung im Bildungsbereich für unsere Jugend darstellen. Da möchte ich mich im Namen aller Kulturinitiativen in Österreich recht herzlich bedanken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 187

Dass Kunst und Kultur und die Kreativwirtschaft natürlich die innovativsten Wirtschafts­zweige sind und dadurch Wachstum und Arbeit schaffen, da, glaube ich, muss man nicht weiter darauf eingehen.

Wichtig wird in Zukunft sein, dass man auch die Strukturfonds Europäischen Union für die Regionalpolitik anzapft. Die Länder sollten hier verstärkt Kunst und Kultur als ko­finanzierungswürdig bei den EU-Programmen melden. Das wäre eine große Chance und das würde die ganze Förderkulisse auch entspannen.

In diesem Sinne: Alles Gute, Frau Minister! Es gibt noch viel zu tun, zum Beispiel wenn wir an das Urheberecht denken, wenn wir an den Masterplan für unsere Bibliotheken denken, aber mit positiver Kraft werden wir das gemeinsam schaffen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


18.33.45

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Vielleicht zuerst ein paar Worte zur Kollegin Haubner. Frau Kollegin, dieser Antrag zur Beobachtung der Geschlechterverhältnisse in den Museen, in den Theatern und insbe­sondere in deren Führungsebene ist noch keine Quote. (Abg. Ursula Haubner: Aber es ist ein Anfang!)

Der Staat hat meiner Meinung nach ganz bestimmte Regulierungsaufgaben und für den sozialen Ausgleich zu sorgen über Gesetze, über das Budget. Wenn Gleichbe­handlung Konsens hier im Haus ist – und da gehe ich einmal davon aus –, dann müs­sen die entsprechenden Maßnahmen auch gesetzt werden, um diese Gleichbehand­lung zu forcieren und durchzusetzen, soweit wir das können und soweit wir das auch wollen. Wir wollen das, und das Können orientiert sich nach dem, wie wir unsere Ins­trumente in die Hand nehmen. Eine Beobachtung ist noch keine Quote, sondern es ist mehr oder weniger ein Zeichen dafür, dass wir genau beobachten und dann entspre­chend auch weiter agieren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ablinger und Ursula Haubner.) Also ich glaube, das kann man so klarstellen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt komme ich zum Kunstbericht, dem wir so wie jedes Jahr zustimmen, weil ich der Ansicht bin, dass er nicht nur sehr transparent und übersichtlich gestaltet ist, sondern dass es auch in diesem Land Gott sei Dank sehr gute Strukturen der Verteilung gibt, demokratische Strukturen der Verteilung und dass das insbesondere im Bereich des verfügbaren Budgets von, ich sage es jetzt einmal ungefähr, 60 Millionen € ganz gut funktioniert. Die restlichen 20 Millionen € des Kunstberichts sind mehr oder weniger fix vergeben – Salzburger und Bregenzer Festspiele, Josefstadt, Volkstheater und so wei­ter, also die großen Tiere in diesem kleinen Bereich.

Das führt mich natürlich wiederum zu meinem üblichen Thema, nämlich ob wir es in diesem Land nicht mit groben Verteilungsproblemen zu tun haben, was die Kulturaus­gaben betrifft. Wir finanzieren eigentlich immer noch nach Kategorien des 19. Jahrhun­derts und nach Vorstellungen über Musik, Theater und Ähnlichem, die wesentlich über­zogen sind. Auch was das Verhältnis zu den Bundestheatern und Bundesmuseen be­trifft, da müssen wir schon einmal darüber nachdenken: 300 Millionen € Budget gibt es für beide zusammen. Die müssen im Verhältnis zu den 80 Millionen € im Kunstbereich gesehen werden, wobei darin aber auch noch – ich habe es schon gesagt – diverse Festspiele und Ähnliches enthalten sind.

Frau Ministerin, ich glaube, in der nächsten Legislaturperiode sollten wir uns da wirklich einmal hinsetzen und überlegen, was Kulturpolitik bedeutet und ob nicht andere Me­dien und andere Vorstellungen von Kunst und Kultur in der Zwischenzeit diese alten Kategorien gesprengt haben. Vielleicht könnte man da einen Schritt weiter in Richtung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 188

einer Überlegung gehen, was Kulturpolitik heute sein kann, außer immer wieder das zu zahlen, was es bisher schon gegeben hat. Deswegen bin ich jetzt noch lang kein Re­voluzzer. Ich bin selbstverständlich auch für die Bewahrung von kulturellen Leistungen, Dokumenten, Errungenschaft welcher Art auch immer.

Es geht mir lediglich darum, dass ein bisschen verschoben wird, eine kleine Verschie­bung der Schwerpunkte stattfindet. Es ist kein Entweder-oder, wie Sie das immer for­mulieren im Sinne einer Nebelgranate. Wenn Sie sagen, „sowohl-als-auch“ statt „ent­weder-oder“, dann verschleiern Sie die Verhältnisse einfach. Ich bin auch für das So­wohl-als-auch, aber wir müssen uns die Verhältnisse anschauen und überlegen, ob die Kulturpolitik hier nicht einen Auftrag der Förderung von Vielfalt hat. Und wenn ich das so sage, dann könnte man natürlich unterschiedlicher Meinung sein, was Kulturpolitik überhaupt ist, aber einen Auftrag haben Sie auch im Regierungsprogramm stehen und auch im Kunstförderungsgesetz. Und der wird einfach nicht erfüllt, weil der Status quo der ist, dass immer das Gleiche finanziert wird.

Ja was heißt das Gleiche? In Wirklichkeit – ich wiederhole es zum x-ten Mal – geht die Schere immer weiter auseinander, weil nämlich die großen Tanker, wie das Kollegin Fuhrmann sagt, in Wirklichkeit immer mehr finanziert werden. Die bekommen ja die Indexanpassung, die Valorisierung und die Kleinen nicht oder kaum. Das heißt, bei 300 Millionen € und 2,5 Prozent Inflation im Jahr sind das 7 Millionen €, die die Differenz zu den Kleinen vergrößern. Klein, was heißt das? – Das ist die gesamte an­dere Kulturlandschaft in Österreich. Die wird nicht angepasst. Das heißt, die Kleinen müssen schauen, wo sie bleiben, und sukzessive – das kann man sich ausrechnen – könnte das nach zwei Legislaturperioden den Tod der gesamten Kulturlandschaft be­deuten, mit Ausnahme der großen bundeseigenen Institutionen. Den Rest dazu im nächsten Tagesordnungspunkt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


18.38.44

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Ja, der Kunstbericht ist gut lesbar. Das ist absolut zu loben. Wir wer­den zustimmen. Die Zahlen sind transparent. Als wir im Ausschuss über Kunst und Kultur diskutiert haben, waren natürlich ein paar Punkte, Frau Ministerin, die wir ange­sprochen haben, wo wir den Hebel ansetzen müssen.

Ich habe mir zum Beispiel bei der Albertina die Zahlen für das Jahr 2010 angeschaut. Da haben wir schon darüber diskutiert. Wir haben einen Jahresüberschuss von 1,6 Mil­lionen € und 2011 haben wir ein Minus von 23 000 € und einen Besucherrückgang von 80 000.

Was die Bundesmuseen betrifft, da haben wir ja eine gute Regelung getroffen. Wir ha­ben gesagt, für Jugendliche unter 19 Jahren machen wir freien Eintritt. Das hat super funktioniert. Weil das so toll funktioniert hat, habe ich mir gedacht, wir müssen einen Schritt weiter gehen. Machen wir das auch bei den Bundestheatern und auch bei den Privaten! Da stelle ich mir das so vor: Wenn es hier ein Kontingent gibt, das zur Ver­fügung steht – und die Jugendlichen sind ja den ganzen Tag im Internet, sind flexibel –, dann könnte man dieses Kontingent für die Unter-16-Jährigen drei Tage vor dem Ab­lauf freigeben.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kaufmann-Bruckberger und Kollegen betreffend freien Eintritt für Kinder und Jugendliche in österreichische Theater


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 189

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, Kindern und Ju­gendlichen bis zu einem Alter von 16 Jahren freien Eintritt (im Rahmen von Kontingen­ten) in Theater zu ermöglichen, um damit zu gewährleisten, dass zukünftigen Genera­tionen Kulturbewusstsein und Kulturverständnis vermittelt wird, und um die stetig sin­kenden Besucherzahlen an (privaten) Theatern wieder zu stabilisieren und dem negati­ven Trend entgegenzuwirken.

*****

Es soll nicht so sein, dass das extrem viel Geld kostet. Ich möchte auch nicht, dass neues Geld in die Hand genommen wird. Aber wenn wirklich etwas von dem Kon­tingent übrigbleibt, sollte es zur Verfügung gestellt werden, damit man gerade die jun­gen Generationen wieder in die Theater bringt. Denn, wenn ein junger Mensch das re­gelmäßig macht, dann gibt er später auch mehr Geld dafür aus – auch für seine Kin­der. Da das auf der anderen Seite schon toll funktioniert hat, bin ich davon überzeugt, dass es auch bei den Bundestheatern und bei den Theaterbesucherinnen und -besu­chern funktionieren wird. Ich bitte um breite Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung. Ich bitte nur darum, beim nächsten Mal auch die Klammernausdrücke mitzulesen, weil der Antrag ja nicht verteilt worden ist.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kaufmann-Bruckberger und Kollegen

betreffend freier Eintritt für Kinder und Jugendliche in österreichische Theater,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Kulturausschusses über den Kunstbericht 2011 (341 d.B./2126 d.B.):

In den vergangenen Jahren sind die Besucherzahlen an den österreichischen Theatern stetig zurückgegangen und sogar die Europäische Theaternacht in Österreich musste abgesagt werden. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist es enorm wichtig, sie für Kunst- und Kulturveranstaltungen begeistern, denn je früher ihr Interesse geweckt wird, umso intensiver und kreativer werden sie sich später an unserer wertvollen Kulturland­schaft beteiligen und an ihr mitarbeiten.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher den nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, Kindern und Ju­gendlichen, bis zu einem Alter von 16 Jahren, freien Eintritt (im Rahmen von Kontin­genten) in Theater zu ermöglichen, um damit zu gewährleisten (bzw. zu erreichen), dass zukünftigen Generationen Kulturbewusstsein und Kulturverständnis vermittelt wird, und um die stetig sinkenden Besucherzahlen an (privaten) Theatern wieder zu stabilisieren und dem negativen Trend entgegen zu wirken.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 190

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


18.41.28

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bevor ich auf den Kunstbericht zu sprechen komme, möchte ich auf die einzelnen Themen kurz einge­hen, die Sie angesprochen haben.

Frau Abgeordnete Unterreiner, ich darf bei Ihrer Terminkritik beginnen. Ich darf es noch einmal wiederholen: Wir haben das im Kulturausschuss eingehend diskutiert. Das Mi­nisterium hat termingetreu vor dem Sommer 2012 den Bericht 2011 an den Nationalrat übermittelt. Darauf lege ich Wert, weil die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sehr präzise Arbeit leisten. Ich bitte daher, keinerlei Vorwürfe in unsere Richtung zu lenken, was den Termin der Behandlung am heutigen Tag betrifft.

Zur Kulturpolitik möchte ich einmal mehr die drei großen Ziele betonen und komme dann auch auf Sie zu sprechen, Frau Abgeordnete Haubner. Was sind aus meiner Sicht die wichtigen Ziele der Kunst- und Kulturpolitik, die wir nicht oft genug wiederho­len können?

Erster Punkt: Freiheit der Kunst. Darauf möchte ich gerade angesichts des Wahljah­res 2013 noch zu sprechen kommen.

Zweiter Punkt: Klares Bekenntnis zur öffentlichen Finanzierung von Kunst und Kultur. – Selbstverständlich werde ich, wenn eine Steuerreformkommission eingerichtet wird, wieder deponieren, dass man hier auch private Initiativen und steuerliche Anreize ein­arbeiten sollte. Aber das Bekenntnis zur öffentlichen Finanzierung von Kunst und Kul­tur in einer Kulturnation, als die wir uns sehen, halte ich für unverzichtbar. Da müssen wir weiter auch für mehr öffentliche Finanzierung eintreten.

Herr Abgeordneter Zinggl, wir dürfen einfach nicht aufgeben, immer wieder auch an die zeitgenössische Kunst zu denken, sie entsprechend zu unterstützen, wissend, dass wir, was das Bundesbudget betrifft, eine gewisse Schieflage in der Aufteilung der ein­zelnen Finanzierungspositionen haben.

Mein Verständnis von Kunst- und Kulturpolitik konzentriert sich auf die Bedingungen der Möglichkeiten. Ich bin weder die Ministerin des guten Geschmacks noch bin ich selbst Künstlerin. Ich sehe meine Aufgabe darin, die Bedingungen der Möglichkeit zu schaffen, damit sich die Künstler und Künstlerinnen frei entfalten können. Dazu gehö­ren für mich drei Aufgaben: Finanzierung sicherstellen, Public Governance leben, vor allem dann, wenn es einmal da oder dort nicht so gut läuft, entschlossen handeln. Der dritte Punkt ist für mich Haltung. Da gehört Wertschätzung dazu, Respekt und Aner­kennung gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern.

Ich möchte im Wahljahr 2013 besonders betonen, dass ich denke, dass Wertschätzung und Respekt gegenüber den Künstlern und Künstlerinnen wichtig ist. Es darf niemals um eine Vereinnahmung der Künstlerinnen und Künstler gehen. Das ist für mich eine sehr wichtige Maxime.

Frau Abgeordnete Unterreiner, wenn Sie von Identität gesprochen haben, so bin ich voll und ganz bei Ihnen, vor allem, wenn es um die Entwicklung der persönlichen Iden­tität im Sinne der Persönlichkeitsbildung geht. Da ist der Ansatzpunkt, im Bereich der Kunst- und Kulturvermittlung Initiativen zu setzen. Da sehe ich auch die ideale Verbin­dung zu unseren bildungspolitischen Ansätzen. Uns ist in diesem Bereich, denke ich, schon einiges gelungen.

Es heißt also für mich bei Kunst und Kultur, dass wir weiterhin für höhere öffentliche Fi­nanzierungen im Kunst- und Kulturbereich kämpfen müssen. 2012/ 2013 ist ja in den Budgets einiges in die richtige Richtung geglückt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 191

Frau Abgeordnete Haubner, da sehen wir auf der einen Seite die Effekte von Kunst und Kultur: Jeder Staatsbesuch, jedes Gespräch beginnt meistens auch bei Wirt­schaftsdelegationen mit Kunst und Kultur. Schauen wir uns die Beschäftigungseffekte an! Wenn wir schon eine ökonomische Begründung brauchen, dann denke ich, ist das derzeitige Finanzierungsvolumen absolut gut angelegt im Budget. Wir können sehr selbstbewusst in den Budgetverhandlungen agieren und weiter für Budgeterhöhungen eintreten, die es geben muss.

Frau Abgeordnete Fuhrmann hat auch die Kulturinstitutionen angesprochen. Das be­trifft ja genauso die Kulturinitiativen. Faktum ist, dass wir einen Personalanteil von 70, 80 Prozent haben. Wir wissen, dass wir oft prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben. Das heißt, wir werden immer Finanzbedarf und Finanzierungsdruck haben. Es ist ein­fach unsere Pflicht als für Kunst- und Kulturpolitik Verantwortliche, für mehr Budget entschlossen einzutreten.

Sie, Herr Abgeordneter Jury, haben das Stichwort EU-Strukturfonds angesprochen. Ich freue mich sehr, es ist ein erster Schritt gelungen. Wir sind in den einzelnen Pro­jektgruppen mit Kunst und Kultur drinnen. Jetzt geht es darum, das auch entsprechend in den Dokumenten zu verankern, es auch auf EU-Ebene zu beschließen. Dann gibt es EU-Co-Finanzierung. Das ist der eine positive Effekt. Aber ich sehe vor allem auch den Aspekt der öffentlichen Wahrnehmung von Kunst und Kultur, wenn Kunst und Kultur offiziell als Element der Regionalentwicklung anerkannt ist. Auch das wird sehr viel an Schubkraft bringen.

Herr Abgeordneter Zinggl hat zu Recht die Förderung der Vielfalt und auch das Be­kenntnis dazu eingefordert. Das steht ja im Regierungsprogramm, das ist ja jetzt nichts Neues. Ich denke, dass der Kunstbericht nicht nur ein sehr detaillierter und transpa­renter Rechenschaftsbericht über die Förderungen ist sondern auch eine Visitenkarte des zeitgenössischen Kunstschaffens in Österreich. Es erschließt sich ja die ganze Vielfalt: von der Förderung des künstlerischen Nachwuchses, der internationalen Prä­senz der österreichischen Künstler bis hin zur besonderen Initiative, der Digitalisierung der Programmkinos.

Herr Abgeordneter Jury hat die Kulturinitiativen genannt. Wir haben Zweijahresver­träge für Kultureinrichtungen geschaffen, haben die Kulturvermittlung ausgebaut. Wir konnten bei der Sozialversicherung die Zuschüsse erhöhen und haben den klaren Schwerpunkt der Filmförderung mit vereinten Kräften nicht nur verankert, sondern auch aufgestockt und mit dem ORF die gesetzliche Basis dafür geschaffen.

Ich bin ganz bei Ihnen, Frau Abgeordnete Fuhrmann, wenn Sie meinen, da heißt es jetzt weiterkämpfen und darauf bestehen, dass das dynamisch weitergeht. Auch was den Finanzbedarf bei den einzelnen Kulturinstitutionen betrifft, so müssen wir natürlich regelmäßig Gespräche führen. Aber das kennen wir ohnedies.

Ich persönlich freue mich sehr, dass wir bei den Museen die Regelung haben, dass die Infrastruktur über die §-5-Mittel jeweils gesondert budgetiert ist. Das schafft mehr Klar­heit und auch mehr Impulse für Investitionsvorhaben im Kulturbereich. Das wäre ein Aspekt, den wir uns für die Bundestheater erarbeiten sollten.

Natürlich wäre eine Indexierung gerade im Kunst- und Kulturbereich wesentlich, um mit den Personalausgaben entsprechend mitzuwachsen und jedenfalls keine Einschrän­kungen im künstlerischen Potenzial hinnehmen zu müssen.

Summa summarum möchte ich vor allem den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen meines Ressorts für die Ausarbeitung des Kunstberichtes danken. Ich denke, unsere gemein­same Wertschätzung gilt den Künstlerinnen und Künstlern, die sich entfalten können. Um die Freiheit der Kunst müssen wir uns besonders kümmern, und da möchte ich ein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 192

fach zu allgemeiner Achtsamkeit und Wachsamkeit aufrufen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


18.51.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Kunstbericht ist eine sehr gute Darstellung. Die Frau Bundesministerin ist auf wesentliche Schwerpunkte einge­gangen. In der Kürze der Redezeit kann ich nur einige Punkte aufgreifen, ich würde aber gerne vieles von dem, das sie sehr gut dargestellt hat, unterstreichen.

Einige Schwerpunkte möchte ich erwähnen, die auch im Kunstbericht dargestellt sind, wie zum Beispiel die Förderung des künstlerischen Nachwuchses. Der Frau Bundesmi­nisterin ist das ja ein besonderes Anliegen, sie arbeitet mit unterschiedlichen Instru­mentarien, wie zum Beispiel Stipendien und den von Kollegin Haubner schon erwähn­ten Mentoring-Programmen.

Frau Kollegin Haubner! Natürlich sind Mentoring-Programme sehr wichtig, im Speziel­len für Frauen. Sie sind in gewisser Weise ein Know-how-Transfer. Aber sie stützen Frauen nicht deshalb, weil das Können nicht da ist, sondern deshalb, weil oft die Netz­werke fehlen. So liefern sie wertvolle Kontakte und Zusatzinformationen, die dann hel­fen, das Können, das vorhanden ist, besser darstellen zu können.

In dem Antrag, der zur Diskussion steht, den Kollegin Ablinger eingebracht hat, geht es eben nicht um Quoten. Kollege Zinggl hat das schon dargestellt. Ich habe gegen Quo­ten an sich nichts. Wir können von vielen Beispielen berichten, wo Quoten sehr nützli­che Instrumente sind. Aber darum geht es in diesem Antrag ganz und gar nicht. Es geht um das Aufzeigen, um das Sichtbarmachen von Verhältnissen und Realitäten.

Zum Antrag betreffend niederschwelligen Zugang von Jugendlichen zu Theatern, den Kollege Markowitz eingebracht hat, kann ich aus unserer Sicht nur sagen, dass wir das Anliegen, das Sie darin formulieren, teilen und sehr unterstützen. Sie haben es ja in Ih­rer Rede präziser formuliert, als es im Antrag steht. Wir können diesen Antrag aber aus budgetären Gründen in der vorliegenden Art und Weise nicht mitbeschließen. Trotz­dem würden wir gerne weiterhin mit Ihnen im Gespräch bleiben und die Idee im Grund­satz und im positiven Sinn weiterverfolgen, um vielleicht einmal Schritte in diese Rich­tung setzen zu können.

Das Anliegen selbst wird von der Frau Bundesministerin in unterschiedlichen Projekten sehr stark umgesetzt. Sie haben ja auch Beispiele dafür erwähnt. Ich denke, dass auch in diesem Bereich die Synergie von Bildungsministerium, Unterrichtsministerium und Kunst- und Kulturministerium gut ist. Die Frau Ministerin nützt dies auch sehr enga­giert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


18.54.34

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Unterreiner hat moniert, dass der Be­richt erst jetzt im Plenum ist. Ich denke, das schmälert die Brauchbarkeit dieses Berich­tes absolut nicht. Man kann wunderbar daraus ablesen, was es für Zielsetzungen in der österreichischen Kunstpolitik gibt, wie diese Ziele erreicht worden sind und was die


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Republik Österreich tut, um den Status als Kulturnation – und ich glaube, das kann man mit Fug und Recht behaupten – auch beizubehalten.

Wenn man sich diesen Kunstbericht näher anschaut, dann sieht man, dass ein Ziel, das die Frau Bundesministerin hat, nämlich möglichst vielen Menschen die Teilhabe an Kunst und Kultur zu ermöglichen, sehr gut erreicht worden ist. Kollege Jury hat schon gesagt, es fließt sehr viel Geld in Vereine. Ich denke, es ist in Zeiten schwieriger Bud­geterstellungen durchaus ein Vorteil und sehr positiv, wenn das Budget für regionale Kunstförderungen zumindest gleich hoch bleibt, auch wenn wir uns natürlich wünschen würden, dass auch das Budget für diesen Bereich weiter steigt. Da sind wir uns sicher einig.

Der zweite Bereich ist, wenn man nach vorne denkt, besonders wichtig, nämlich die Frage: Wie fördere ich junge Menschen, die am Anfang ihrer Karriere als Künstlerin oder Künstler stehen? – Dazu ist schon einiges gesagt worden. Zum Beispiel: mit Aus­landsstipendien, Staatsstipendien, Traineeprojekten et cetera.

Der Kunstbericht gibt auch die Möglichkeit, zu schauen, wie die Aufteilung nach Ge­schlechtern aussieht. Bei Jurys funktioniert das sehr gut. Allerdings gibt es in den Be­reichen Musik und Literatur, denke ich, einen sehr gravierenden Männerüberhang.

Ich habe mir das angeschaut: Kompositionsförderung gibt es sehr wenig für Frauen. Da sind zu einem großen, überwiegenden Teil Männer die Nutznießer. Die Frage, wo­ran das liegt und mit welchem Ansatz man das eventuell verbessern könnte, wäre eine durchaus spannende. Der sollte man auch nachgehen.

Frau Bundesministerin, ich habe mir dann gedacht, da könnte es vielleicht von Vorteil sein, dass Sie nicht nur Kulturministerin, sondern auch Bildungsministerin sind. Denn: Wir reden sehr oft davon, dass man, wenn es mehr Ganztagsschulen gäbe, die Musik­schulen vermehrt hereinnehmen könnte. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, kreatives Potential junger Mädchen besonders zu fördern. Ich würde mir wünschen, dass im nächsten Kunstbericht von mehr Stipendien für junge Frauen, für Komponistinnen, aber vielleicht auch für Dirigentinnen – auch da haben wir eindeutig noch einen Man­gel – zu lesen ist.

Alles in allem zeigt dieser Bericht, dass er sehr informativ ist. Ich glaube, dass die Be­zeichnung „Kulturnation“ durchaus gerechtfertigt ist, und meine, dass wir alles tun soll­ten – und da meine ich auch die budgetäre Bedeckung –, um diese USP „Kulturnation“ für uns zu behalten. (Beifall bei der ÖVP.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Vorläufig letzte Wortmeldung dazu: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


18.57.41

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Beachtliche an der Kunstpolitik Österreichs, das sich aus dem Kunstbericht able­sen lässt, ist, dass die guten Rahmenbedingungen für Künstlerinnen und Künstler aber auch für Kunstbesucherinnen selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten erhalten wer­den.

Diese vorbildliche Kunstpolitik lässt sich nur im Vergleich mit den übrigen europäischen Staaten begreifen. Mit Ausnahme Frankreichs, das selbst ein sehr hohes Kunst- und Kulturbudget hat und sich auf sehr hohem Niveau bewegt, haben fast alle EU-Länder aufgrund der nationalen Sparpläne und Sparvorhaben massive Einschnitte in den Bud­gets vorgenommen.

Zum Beispiel in Ungarn ist die Kunst- und Kulturförderung von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau um fast 10 Prozent gekürzt worden. In Italien wurde von einem nied-


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rigen Niveau zuerst um 40 Prozent gekürzt; das musste aufgrund der großen Proteste wieder zurückgenommen werden. Spanien: mehr als 12 Prozent, Großbritannien: 15 Prozent. Diese Liste ließe sich noch fortsetzen. In Anbetracht dieser Vergleiche zeigt sich der doch sehr hohe Stellenwert, den Kunst und Kultur auch materiell bei uns in Österreich genießen.

Betrachten wir jetzt exemplarisch den Bereich „Darstellende Kunst“! Ich habe da den Kunstbericht 2007/2008 mit dem Kunstbericht 2010/2011 jeweils bezüglich der Einzel­förderungen verglichen. Es lässt sich da Folgendes feststellen: Der Betrag pendelt von 17,54 Millionen € auf 19,13 Millionen € 2010/2011. 2008 wurden zwölf Künstler einzeln gefördert, 2011 waren es neun. Bei den Künstlerinnen waren es 26, und das ist auf 30 gestiegen.

Die durchschnittliche Fördersumme ist natürlich gestiegen: 2008 hat jeder Künstler 5 610 € bekommen, im Jahr 2011 5 910 €; das ist eine Steigerung um 5,3 Prozent. Bei den Künstlerinnen war die Steigerung wesentlich höher: von 5 680 € im Jahr auf 6 700 €, also eine Steigerung um über 18 Prozent.

Ich denke, das zeigt, dass in diesem Bereich sehr wohl budgetrelevante, emanzipatori­sche Politik vertreten wird, und dafür gehört unserer Ministerin Anerkennung, aber auch der Kultursektion und den Beiräten und den Jurys, die dafür gesorgt haben. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

Besonders freut es mich, dass der ehemalige Staatssekretär Wolfgang Waldner, der im gestrigen „Kurier“ zitiert wurde, mit folgenden Worten – und damit hat er ein langjähri­ges sozialdemokratisches Bekenntnis übernommen – zur Kunst Stellung bezog:

Man müsse „die imaginäre Wand zwischen Politik und Kunst niederreißen“ und „die Künstler als Seismografen der Gesellschaft schätzen lernen“. – Zitatende.

Sie sehen also, sozialdemokratische Kunst- und Kulturpolitik wirkt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

19.01.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den vorliegenden Bericht III-341 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen des Weiteren zu den Abstimmungen über die beiden Entschließungen, die dem Ausschussbericht 2126 der Beilagen angeschlossen sind.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die Entschließung betreffend Aufnahme der Aktivitäten von Filmfestivals in Kunst-, Förder- und Filmwirtschaftsberichte.

Wer hierfür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 289.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2126 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend die Ausweitung der Genderstatistik.

Ich bitte diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 290.)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend freien Eintritt für Kinder und Jugendliche in österreichische Theater.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 195

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

19.02.3811. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2151/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2127 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. – Bitte.

 


19.03.06

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Das Hofkammerarchiv ist das am längsten kontinuierlich geführte Archiv Europas, und zwar seit 1848 – ein sehr interessantes Jahr für uns alle, denn es ist, wie wir ja alle wissen, die Geschichtsepoche der bürgerlichen Revolution. Das Haus atmet sozusagen Geschichte, und man findet hier alle Voraussetzungen für ein Museum, das im Kontext eines historischen Archivs über die wesentlichen Ge­schehnisse der damaligen Zeit Zeugnis ablegen könnte.

Wir wissen auch alle, dass Franz Grillparzer dort nicht nur als Dichter gewirkt hat, son­dern er war auch der erste große Archivar. (Präsident Dr. Graf übernimmt wieder den Vorsitz.)

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir der Meinung, dass man das mehr herausarbeiten sollte. Wie Sie vielleicht alle wissen, soll hier ein Museum für moderne Literatur eingerichtet werden, und wir finden das schade, denn wir sind der Meinung, dass man eigentlich der Bedeutung dieses historischen Ortes gerecht wer­den sollte. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Da das Hofkammerarchiv diese unbestreitbare historische Bedeutung hat, sind wir der Meinung, dass man auch die Position Grillparzers als Archivar mehr herausstreichen sollte, denn viele kennen ihn natürlich als einen unserer größten Dichter. Wir wissen ja, dass er nach 1945 für Österreich eine identitätsstiftende Rolle übernommen hat. Ich möchte aber immer wieder in Erinnerung rufen, dass er von 1832 bis 1856 Leiter die­ses Archivs war, und sein dortiges Wirken als erster Staatsarchivar unseres Landes sollte man nicht vergessen.

Grillparzer wirkte in einer Epoche, als die bürgerliche Revolution von 1848 die Grundla­gen für unsere heutigen demokratischen Errungenschaften schuf, und er wirkte in ei­nem historischen Abschnitt dieser Geschichte, als die Aufklärung und die industrielle Revolution so etwas wie eine Zeitenwende mit sich brachten.

Deshalb stellen wir folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Unterreiner und weiterer Abgeordneter betreffend das Hofkam­merarchiv, Franz Grillparzer und seine Zei


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t

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Hofkammerarchiv einer Nutzung im Sinne eines his­torischen Archiv-Museums zuzuführen, die der kulturellen und identitären Bedeutung des Hofkammerarchivs und seiner Zeit gerecht wird.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner und weiterer Abgeordneter betreffend das Hofkammerarchiv, Franz Grillparzer und seine Zeit

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11 Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 2151/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (2127 d.B.) in der 188. Sitzung des Nationalrates in der XXIV. GP am 31. Jänner 2013

Dass das Hofkammerarchiv eine historisch überaus bedeutende Einrichtung ist, ist un­bestreitbar. Das darin geplante moderne Literaturmuseum entspricht allerdings so ganz und gar nicht dieser historischen Bedeutung – auch wenn es irreführenderweise „Grill­parzer-Museum“ heißen soll.

Franz Grillparzer, der bekanntlich als der „österreichische Dichter“ schlechthin gilt und dessen Werk nach 1945 für Österreich eine identitätsstiftende Rolle übernommen hat, war von 1832 bis 1856 Leiter ebendieses Archives. Sein dortiges Wirken als Staatsdie­ner ist neben seinem Schaffen als Dichter mehr als bedeutsam, war er doch so etwas wie der erste Staatsarchivar unseres Landes.

Grillparzer wirkte in einer Epoche, als die bürgerliche Revolution von 1848 die Grundla­gen für unsere heutigen demokratischen Errungenschaften nicht nur im Bereich der freien Bürgerrechte schuf. Er wirkte in einem historischen Abschnitt unserer Ge­schichte, als die Aufklärung und die industrielle Revolution so etwas wie eine Zeiten­wende mit sich brachte.

Dazu kommt der Umstand, dass das Hofkammerarchiv als am längsten kontinuierlich geführtes Archiv Europas für ebendiese Geschichts-Epoche unseres Landes steht – das Haus atmet sprichwörtlich Geschichte.

Man findet hier also beste Voraussetzungen für ein Museum, welches im Kontext eines historischen Archivs über die wesentlichen Geschehnisse der damaligen Zeit Zeugnis ablegen könnte und gleichzeitig der Bedeutung des Hofkammerarchives –unter dem Motto „Franz Grillparzer und seine Zeit“ – gerecht werden würde

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten den nachfolgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Hofkammerarchiv einer Nutzung im Sinne eines his-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 197

torischen Archiv-Museums zuzuführen, die der kulturellen und identitären Bedeutung des Hofkammerarchivs und seiner Zeit gerecht wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.22

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört, mit dem Bundesmuseen-Gesetz werden zwei Punkte beschlossen: einerseits, dass Teile des ehemaligen Hofkammer­archivs der Österreichischen Nationalbibliothek zur Nutzung übertragen werden, und andererseits geht es um eine formale Bereinigung im Zusammenhang mit dem Betrieb des wiedereröffneten 21er Hauses und der Österreichischen Galerie Belvedere.

In einem Gebäude, das jahrelang leer gestanden ist, im ehemaligen Hofkammerarchiv, plant die Österreichische Nationalbibliothek die Einrichtung eines Literaturmuseums. So ein Museum fehlt in Österreich, einem Land, das so viele bedeutende Autoren und Autorinnen hat, nicht nur einen einzigen, sondern ganz viele.

Literatur aus Österreich ist national und international ein wesentlicher Faktor für die Be­stimmung der österreichischen Identität. Während aber die bildende Kunst und Musik über entsprechende Ausstellungs-, Aufführungs- beziehungsweise Veranstaltungshäu­ser verfügen, fehlen für die Literatur in Österreich vergleichbare Institutionen, um der Öffentlichkeit diese auch zu präsentieren.

Was ist naheliegender, als dass die Österreichische Nationalbibliothek ein österreichi­sches Literaturmuseum betreibt? Sie bringt auch wesentliche Voraussetzungen mit. Das österreichische Literaturarchiv und die Handschriftensammlung der Österreichi­schen Nationalbibliothek beherbergen bedeutende literarische Schätze, die in dem Mu­seum präsentiert werden können. Da die Österreichische Nationalbibliothek drei Mu­seen betreibt, bringt sie auch das entsprechende Know-how für dieses ambitionierte Vor­haben mit.

Das Museum soll in drei Etagen des ehemaligen Hofkammerarchivs eingerichtet wer­den und soll den komplexen Sachverhalt, den Literatur aus Österreich darstellt, ein­schlägig und nachhaltig dem Publikum vermitteln. Mehrere Funktionen sollen dabei er­füllt werden: Ausstellung, Vermittlung und Forschung. Grundsätzlich ist die Implemen­tierung einer Dauerausstellung, begleitet von themenspezifischen Wechselausstellun­gen, geplant. Aus dem In- und Ausland können Ausstellungen übernommen werden.

Folgendes wird jetzt Kollegin Unterreiner sicher freuen: Auch das vorhandene Grillpar­zer-Zimmer wird in das Museum als Repräsentation des Arbeitsortes eines bedeuten­den Autors – Sie haben es gesagt – integriert. Damit wäre auch der Erhalt dieses ge­schichtsträchtigen Raumes garantiert, in dem Grillparzer – Sie haben es selbst ge­sagt – von 1832 bis 1856 als Direktor des Hofkammerarchivs amtierte. Die Originalein­richtung samt Stehpult, an dem Grillparzer einen Teil seiner Dramen schrieb, ist im Üb­rigen noch gut erhalten und wird dort auch präsentiert.

Ich denke, das passt auch ins Literaturmuseum hinein. (Zwischenruf der Abg. Mag. Un­terreiner.) Wo sonst, wenn nicht in einem Literaturmuseum sollte das sein und dar­gestellt werden und über den bedeutenden Dichter auch berichtet werden?

Besonderes Augenmerk wird auch auf die Vermittlungsfunktion gelegt. Mit Hilfe von zeitgemäßer Vermittlung über die neuen Medien wie Touchscreens, interaktive Lese­terminals, Hörstationen, Filmdisplays, Audio-Guides und Ähnliches soll das Literatur­museum allen Schultypen Einsicht in das literarische Feld geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 198

Das Museum soll auch zum Treffpunkt für internationale wissenschaftliche Symposien werden. Dafür hat es bisher keine geeigneten Räumlichkeiten gegeben. Es soll ein Forschungsort sein, der durch Publikationen zu Dauer- und Wechselausstellungen eine breite Öffentlichkeit erreicht.

Zum 21er Haus möchte ich abschließend nur so viel sagen: Das 21er Haus ist ein Ort der Produktion, der Rezeption und Reflexion von österreichischer Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts im internationalen Kontext. Die große kulturpolitische Bedeutung des 21er Hauses zeigt sich auch in den getätigten Investitionen des BMUKK – es wurden hier rund 16,5 Millionen € investiert.

Die Eröffnung des 21er Hauses war ein sehr großer kulturpolitischer Meilenstein, und das bringt mich auch gleich zu einem weiteren, der kurz bevorsteht, nämlich die Eröff­nung der Kunstkammer am 28. Februar.

In diesem Sinne kann ich nur sagen: Gehen Sie hin, schauen Sie sich die Ausstellun­gen an, und genießen Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Fuhrmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.11.14

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Meine Vorrednerin hat die Details zum geplanten Literaturmuseum sehr umfassend erörtert. Um nicht redundant zu werden, möchte ich nur festhalten, dass wir seitens unserer Fraktion die Eröffnung des Literaturmuseums natürlich unterstützen und auch die Bemühungen der Direktorin der Nationalbibliothek anerkennen.

Österreich findet nicht nur durch Philharmoniker, Festspiele, Musik oder Oper interna­tional Beachtung findet, sondern auch durch komplexe und vielschichtige Literatur – von Grillparzer über Schnitzler bis zur Literaturnobelpreisträgerin Jelinek, deren Be­kanntheit weit über unser Land hinausreicht. Daher ist die Eröffnung eines Literaturmu­seums nach den Prinzipien Ausstellung, Forschung und Vermittlung mehr als zeitge­mäß. International nehmen wir damit sogar eine Vorreiterrolle ein.

Mit dieser Novelle gewährleisten wir die organisatorische Möglichkeit, um dieses denk­malgeschützte Gebäude auch für dieses Museum zu nützen. Daher ersuche ich um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.39

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Ich setze gleich mit dem letzten Tagesordnungspunkt im Zusammenhang mit Vielfalt und Umverteilung fort.

Frau Ministerin, Vielfalt gibt es, wir wissen das. Wir haben das in der Kunst. Sie wird mit 60 Millionen € gefördert, aber das ist mir einfach zu wenig! Das entspricht auch nicht Ihrem Regierungsprogramm. Da steht nämlich nicht Vielfalt drin, so wie sie früher war, sondern da steht Ausbau der Vielfalt, und wir haben nicht einmal eine Valori­sierung. Das ist das Problem, von dem ich immer spreche.

Und wenn Sie sagen, dann werden wir eben ein erhöhtes Kulturbudget brauchen – jetzt haben Sie das sechs Jahre lang in der Hand gehabt, mehr oder weniger. In Zu­sammenarbeit mit einer Finanzministerin oder mit einer ÖVP ist es nicht gelungen, das so zu erhöhen, dass auch die Vielfalt verbessert wird. Die Erhöhungen haben sich im­mer nur oder fast nur auf die bundeseigenen Großinstitutionen bezogen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 199

Ich sehe eine zweite Möglichkeit: Wenn man nicht erhöhen kann, aus welchen Grün­den auch immer, dann muss man umverteilen. Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten. Alles andere ist meiner Meinung nach eine Fortsetzung der bisherigen Kulturpolitik, und die ist eine konservative. – Tut mir leid.

Sie sprechen selbst von einer Schieflage. Aber wer, wenn nicht die Politik, soll eine Schieflage geradebiegen? Und das fehlt mir.

Ich gebe zu, Sie haben im Zusammenhang mit Filmförderung das Programm erfüllt. Die 20 Millionen €, die sie jährlich ausschütten – das ist eine Leistung, die ich nicht schmälern möchte. Allerdings, überlegen wir uns auch da: 20 Millionen € für die ge­samte österreichische Filmlandschaft ist weniger als die Hälfte des Budgets der Wiener Staatsoper. – Nur damit wir ungefähr wissen, wovon wir hier reden.

Wenn die Bundestheater jetzt weitere 10 Millionen € Erhöhung fordern, dann möchte ich Sie von dieser Stelle aus daran erinnern, dass diese ohnehin jetzt 4,5 Millionen € bekommen haben und eigentlich aufgrund der Evaluierungsstudie, die Sie uns nicht weitergegeben haben, immerhin ein Einsparungspotenzial von 13 Millionen € erkennen haben müssen. Da ist, glaube ich, schon einmal irgendwann eine Grenze eingezogen.

Schließlich und endlich komme ich noch zu zwei Dingen, die mir im Magen liegen, nämlich die 2,5 Millionen € für die Festspiele Erl – das ist nicht unbedingt das, was man unter einer fortschrittlichen Kulturpolitik versteht –, und noch weniger ist es das ehemalige Finanzministerium in der Himmelpfortgasse.

Frau Ministerin, ich denke, da sind Sie wirklich vorgeführt worden. Wenn Ihnen die Fi­nanzministerin aus ihrem Budget Geld für ein Barock-Museum gibt, Ihnen das Geld so­zusagen schenkt, damit Sie das machen dürfen, dann ist einfach die Budgethoheit im Zusammenhang mit einer Kulturpolitik von Ihnen ins Finanzministerium gewandert. Das finde ich nicht okay, da muss man besser aufpassen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. Re­dezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.15.44

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ein Literaturmuseum ist eine wichtige Einrichtung für eine Kulturstadt wie Wien. Es war schon längst überfällig, dass das Hofkammerarchiv vorgestellt und ge­nützt wird.

Wir werden diesen Antrag natürlich unterstützen, denn es ist auch wichtig – weil wir ge­rade über die Schule diskutiert haben und vorige Woche auch in Leibnitz waren –, dass die Jugendlichen wieder einen Bezug zum Buch bekommen, es quasi haptisch angrei­fen. Eine Förderung in diese Richtung kann man nur unterstützen, nämlich junge Men­schen dazu zu bringen, wieder mehr zu lesen. Diesbezüglich besteht ja ein Problem, welches wir bei den Lehrlingen haben.

Wenn das quasi der erste Schritt ist, dass man sagt, okay, man bringt die Jugendlichen wieder dorthin, noch dazu zum Hofkammerarchiv, und nützt es so, wie es sein soll, dann gibt es von mir diesbezüglich nur Zustimmung.

Alles andere wurde von den Kolleginnen und Kollegen schon gesagt. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 200

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.16.53

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Prä­sident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Worten meiner Vorredner, was die Schaffung eines modernen und innovativen Literaturmuseums anbelangt, anschlie­ßen. Ich denke, es ist eine richtige und gute Entscheidung. Auch der Standort scheint ein gut geeigneter zu sein, vor allem wenn Teile davon verwendet werden und die an­deren Teile eben weiter in ihrer ursprünglichen Bedeutung eines Hofkammerarchivs er­halten bleiben.

Frau Bundesministerin, Sie haben im letzten Ausschuss gesagt, die Aktion, dass Ju­gendliche bis 19 Jahre freien Eintritt in die Bundesmuseen haben, wird 2013 fortge­setzt. Dies kann eine weitere Attraktion sein, aber ich denke, dass diese Aktion – schaut man sich die Zahlen an – noch mehr ins Bewusstsein gerückt werden muss.

Sie haben sicher die eine oder andere Idee bei den Schülerinnen und Schülern, aber es heißt generell „Jugendliche bis 19 Jahre“; das sind auch jene, die schon im Berufs­leben stehen. Ich glaube, gerade in diese Richtung muss man sich noch einiges einfal­len lassen, denn die Zahlen steigen nicht stetig, sondern sind eher stagnierend. Und wenn es ein zusätzliches neues Angebot gibt, sollte man in diesem Zusammenhang auch überlegen, was hier noch zu verbessern ist. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


19.18.37

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst bei Frau Abgeordneter Sonja Ablinger und bei Frau Abgeordneter Mag. Fuhrmann sehr herzlich bedanken, dass der Initiativ­antrag möglich war. Ich freue mich auch über die zu erwartende breite Zustimmung.

Es sind dies technische Adaptierungen, die für das 21er Haus auf der einen Seite, aber auch für die Errichtung des Literaturmuseums wichtig sind, wobei ich das Literaturmu­seum jetzt nicht nur unter dem Aspekt Museum sehe, sondern auch ganz stark als Bil­dungseinrichtung.

Frau Abgeordnete Haubner, ich denke, wir können dort auch viele unserer Vermitt­lungsprogramme ansiedeln und von dort auch Impulse weitergeben.

Herr Abgeordneter Zinggl, was verstehen Sie unter konservativer Kulturpolitik? – Frei­er Eintritt in die Bundesmuseen ist konservative Kulturpolitik? Eröffnung des 21er Hau­ses ist konservative Kulturpolitik? Und irgendwie alles, was die Theater machen, ist auch konservative Kulturpolitik? – Da haben wir ein anderes Politikverständnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.19

19.20.01

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2127 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Unter­reiner vor.

Ich werde zunächst über den von dem erwähnten Verlangen betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 201

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Z 2 in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Teil ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend das Hofkammerarchiv, Franz Grillparzer und seine Zeit.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Ruf bei der FPÖ: Was ist mit dem Team Stronach? – Wei­tere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

19.21.5712. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1116/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung von Musikta­lenten (2128 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1456/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung ei­ner Subventions-Transparenzdatenbank für die Bereiche Kunst & Kultur (2129 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zu den Punkten 12 und 13 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neubauer. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.22.49

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die österreichische Innenpolitik war in den letzten Monaten stark geprägt von Debatten um mehr Transparenz, um weniger Korruption und um ein Mehr an Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Wir haben uns in diesem Zusammenhang stark eingebracht, und auch im Bereich der Kultur haben wir versucht, genau diese drei Aspekte einfließen zu lassen. Zahlreiche Anträge zeugen davon.

Zur heutigen Nationalratsdebatte hat mich eine E-Mail von der Interessengemeinschaft Kultur mit dem Titel „Jetzt schlägt’s 13“ erreicht. Einer meiner Vorredner, Herr Dr. Zinggl, und auch die Frau Bundesministerin haben bereits ja auf dieses Kulturjahr 2013 hinge­wiesen: dass man hier keine Vereinnahmung der Künstler vorantreiben soll, nur weil ein Wahljahr ansteht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 202

Nur: Sehr viele Künstler sehen in der jetzigen Kultur- und Kunstentwicklung die Situa­tion schon etwas verschärft. In diesem Schreiben, das mir vorliegt, verlangt man eine Solidarität mit der Staatsoper und eine Wertanpassung für alle. Das hat auch mein Kol­lege Zinggl schon angesprochen. Außerdem geht es darum, dass sich diese Kultur­initiative auch darüber beschwert, Frau Bundesminister, dass über Jahre hinweg der Kulturbereich von den Subventionen her immer gleichgeblieben ist und auch die Infla­tion bei diesen Betrieben nicht angepasst wurde.

Man spricht hier davon, dass es bereits vor zehn Jahren ein Gutachten gegeben hat, das darauf hingewiesen hat, dass in zehn Jahren diese Situation eintreten wird. Jetzt haben wir diese Situation, jetzt haben wir die Probleme, und mit einem Spruch, der offenbar von der ÖVP abgekupfert ist, wird hier gefordert: „Her mit der automatischen und verpflichtenden Wertanpassung sämtlicher Subventionen.“

Dafür stehe ich – mit dieser Wortwahl – nicht parat. Aber ich verstehe es schon, wenn diese IG Kultur darauf verweist, dass sie kaum mehr Geld bekommt, aber gleichzeitig diese Damen und Herren hier in Österreich mit Geldern bestückt werden, die eigentlich unglaublich sind. So hat der Rechnungshof bereits im Jahre 2010 festgestellt, dass der Chef der Albertina eine Gehaltserhöhung um 62 500 € bekommt und bereits im Vorjahr ein Gesamtsalär von 275 000 € bezog.

Das, muss ich sagen, zieht sich hier durch: die ersten 16 Herrschaften, Damen und Herren, die durchaus im Kunst- und Kulturbereich ihre Arbeit leisten, das möchte ich ih­nen auch nicht absprechen. Aber sich mit solchen Bezügen abbilden zu lassen und gleichzeitig der tatsächlichen Kulturinitiative die Gelder zu verweigern, Frau Bundesmi­nister, für die Sie eigentlich zuständig sind und wären, das verstehe ich nicht. Hier müsste man wirklich nachschärfen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich habe auch einen Notruf aus Salzburg erhal­ten. Dort hat aufgrund der Finanzjonglierungen, die mittlerweile ganz Österreich erfasst haben und bekannt gemacht wurden, zum Beispiel das Landesmuseum Salzburg kein Geld für das kommende Jahr, um auch nur eine einzige Ausstellung zu kuratieren. Als man mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat, ob man hier nicht Gelder zumindest um­schichten könnte, um den Kulturbetrieb aufrechthalten zu können – wobei ein Museum in Salzburg ja bereits schließen musste –, da wurden sie einfach abgewiesen. Man ver­suchte nicht einmal, hier eine Lösung zu finden.

Diese Problematik, Frau Bundesminister, ist es, die immer mehr Künstlerinnen und Künstler auf die Palme bringt. Vergabewesen, Postenvergaben: alles intransparent! Wenn dann die Frau Kollegin und von mir sehr geschätzte Kultursprecherin der FPÖ Mag. Unterreiner einen Antrag einbringt, um eine Transparenzdatenbank einzuführen, um Mehrfachsubventionen einmal zu hinterfragen, um herauszufinden, ob Subventio­nen vom Bund, vom Staat, vom Land mehrfach quersubventioniert werden, und um an­dere Dinge im Kulturbereich offenzulegen, dann stellt sich diese Bundesregierung taub und lehnt diese Anträge ab.

Die Künstler haben mittlerweile vielfach einen anderen Weg eingeschlagen. So zum Beispiel die Vergabe bei den Biennalen: In ganz Europa werden dazu Fachexperten berufen, Fachjurys einberufen, und diese entscheiden, welche Künstler am besten in der Lage sind, ihr Land bei einer Biennale, zum Beispiel in Venedig, zu vertreten. In Österreich entscheidet das die Politik! Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch hier gehört massiv nachjustiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kann es in Zukunft nicht mehr geben, dass unter einem Politikdiktat solche künst­lerischen Wege entschieden werden.

In Linz hat es deshalb voriges Jahr in der Landesgalerie eine Protestveranstaltung von Künstlern gegeben, hochqualifizierten Künstlern, die im Rahmen einer Ausstellung, die


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drei Monate sehr erfolgreich gelaufen ist, gegen diese Vergabepraktiken demonstriert und protestiert haben. Dieses Schreiben ist auch an Sie ergangen, Frau Bundesmi­nister, und der jetzt für die Biennale in Venedig beauftragte Künstler hat ein Buch ge­schrieben und sich auch lobend über diese Ausstellung geäußert. Aber, wie gesagt, auch im Kunstbereich tut sich etwas. Die Künstler revoltieren mittlerweile – zwar hinter vorgehaltener Hand, aber wir hören die Töne immer lauter!

Weil es Ihnen schwer möglich ist, die Mittel für die Unterstützung von Talenten aus den Bundesländern, diese geringen Summen aufzubringen, damit Kinder, die talentiert sind – Ballett tanzen –, von Linz nach Wien gehen können, um sich weiterbilden zu las­sen, bei der Oper oder in anderen Institutionen, bringen Sie dann noch zusätzlich fa­denscheinige Argumente, dass das sozial ja vom Land abgefedert werden kann. – Ich kenne keinen einzigen Fall, in dem es für eine Talentförderung eine Sozialunterstüt­zung geben würde! Die gibt es nämlich nicht. Ich habe mich beim Land Oberösterreich erkundigt: Die gibt es nicht. Das heißt, es wäre eine Aufgabe des Bundes, hier zu schauen, dass die Talente nicht irgendwo versumpern, sondern tatsächlich gefördert werden. Das wäre unsere Aufgabe! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sprechen heute von einer Kulturnation Österreich – und so geht man mit den Ta­lenten um! Meine sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich ersuche Sie, diese Ent­scheidung noch einmal zu überdenken. (Beifall bei der FPÖ.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.30.25

Abgeordnete Mag. Christine Lapp, MA (SPÖ): Frau Ministerin! Hohes Haus! Werter Herr Kollege Neubauer, ich kenne ein Hammerklavier, ich kenne einen Flügel, ich ken­ne ein Pianino – aber das Vernebelungsklavier, auf dem Sie jetzt hier gespielt haben, war mir noch nicht bekannt! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich denke mir, Sie hätten Ihre Rede wahrscheinlich bei den Budgetberatungen halten können. Sie haben verschiede­ne Dinge vermischt. Ich möchte auf die Anträge eingehen, die wir jetzt als Tagesord­nungspunkte debattieren.

Sie haben darauf hingewiesen, dass die armen musikalischen Talente in den Bundes­ländern nicht gefördert werden. Da ist es so, dass in Ihrem Antrag verschiedene Dinge vermischt und vermengt worden sind und dass Sie in den Raum gestellt haben, dass es gar nichts gibt. Ich finde, es wäre, wenn man Anträge formuliert, schon wichtig, dass man gut recherchiert und auch gute Darstellungen macht, damit man dann Weiterent­wicklungen machen kann. Aber vonseiten der Freiheitlichen wird ja eher auf dem Ver­nebelungsklavier gespielt, als konkrete inhaltliche Arbeit geleistet. (Abg. Dr. Rosen­kranz: ... kein „Vernebelungsklavier“, das ist ein wohltemperiertes!)

Es ist so: Es gibt Heim- und Schulbeihilfen für Kinder, die Musik betreiben. Es gibt Frei­fahrt und Fahrtkostenzuschüsse. Ein wesentlicher Punkt ist auch, dass es hier unter­schiedliche Kompetenzen gibt: Auf der einen Seite haben die Bundesländer die Kom­petenzen, die Musikschulen zu betreiben, und auf der anderen Seite liegt es in der Kompetenz des Bundes, andere Dinge zu beachten.

Mir wäre es sehr wichtig, werter Kollege Neubauer, dass Sie bei den konkreten The­men intensiver daran arbeiten und eine objektive Darstellung machen. (Abg. Neubau­er: Auf die von Ihnen warte ich schon 3 Minuten!) Das gilt auch für den zweiten Antrag, der vonseiten der Freiheitlichen nominiert wurde: Da haben sich die Regierungsfrak­tionen – ich nehme an, ich kann da auch für die ÖVP sprechen – sehr wohl intensiv – also so intensiv mussten wir uns mit Ihrem Antrag nicht auseinandersetzen – mit dem Antrag vonseiten der Freiheitlichen auseinandergesetzt. Da ist es so, dass Sie eine


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Transparenz von Subventionen und Förderungen, die in diesem Land im Kulturbereich vergeben werden, verlangt haben.

Da möchte ich Sie auf der einen Seite auf den Tagesordnungspunkt, den wir vorher hatten, den Kunst- und Kulturbericht verweisen, in dem sehr detailliert und genau Sub­ventionen und Förderungen aufgelistet werden. Außerdem möchte ich Sie noch darauf verweisen – vielleicht haben Sie das im Zuge Ihres Vernebelungsklavierspiels gar nicht mehr beachten können –, dass vonseiten des Bundes eine Transparenzdatenbank er­arbeitet wird, wo Subventionen aus allen Bereichen, also auf Länder- und Bundesebe­ne, zusammengeführt werden, dass man hier einen Punkt bekommt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir konnten den Anträgen der Freiheitlichen nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass es wichtig ist, inhaltlich kompetent zu ar­beiten und nicht auf dem Vernebelungsklavier zu spielen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.33.30

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde nicht auf dem „Vernebelungsklavier“ spielen, aber wir vom BZÖ stimmen diesen beiden Anträgen zu, auch wenn man jetzt darüber strei­ten kann, dass es Unschärfen und was weiß ich gibt. Aber es geht einfach grundsätz­lich um zwei Probleme, um zwei Anliegen, die wir unterstützen.

Das eine ist die Förderung von Talenten. So wie im Bildungsbereich, im Schulbereich Sie, Frau Bundesministerin, immer sagen, dass kein Schüler zurückbleiben darf, heißt das auch in der Kultur: Kein Talent darf zurückbleiben! Ich weiß schon, gerade in den Bundesländern – ich komme aus Oberösterreich, wir haben ein sehr, sehr gutes Musik­schulwesen, dort wird sehr viel gemacht, das möchte ich hier außer Streit stellen – wäre es trotzdem letztendlich ein richtiges Signal, dass man bundesweit auch jene zu­sätzlich fördert, wo es eben soziale Härten gibt, wo sich Talente aufgrund der finanziel­len Gegebenheiten nicht diese Art Ausbildung aneignen können. Hier könnten wir uns ein bundesweites Stipendiensystem oder natürlich auch einiges im Bereich der Schul­gelder vorstellen. Ich glaube, man sollte darüber diskutieren und es nicht gleich von vornherein ablehnen.

Das Zweite: Wenn ich höre, dass an der Transparenzdatenbank gearbeitet wird, dann höre ich es wohl, nur fehlt mir der Glaube, dass das jemals in die Umsetzungsphase kommt. Diese Einführung einer Transparenzdatenbank entspricht einer jahrelangen Forderung des BZÖ, und ich würde sagen, es gilt nicht nur für die Kultur, sondern es gilt auch für die Familien, wo es eine Vielzahl an Förderungen gibt. Dabei geht es nicht nur um die Bundesförderungen, sondern um die Vernetzung von Ländern und von Ge­meinden, dass man hier einmal einen Überblick und eine Durchsicht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Dieser Antrag soll einfach auch ein Druckmittel sein, dass hier endlich etwas weiter­geht. Aber ich bezweifle es, wie gesagt, dass in dieser Legislaturperiode noch etwas kommt. Es wird zwar wahrscheinlich wieder angekündigt werden, aber es wird sich nichts bewegen. (Beifall beim BZÖ.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.59

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zwei Themen werden jetzt in ei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 205

nem diskutiert, zunächst das Musikschulwesen und die Förderung von hochbegabten Schülern, so wie es im Antrag drinsteht. Da muss ich zunächst sagen, ich bin ein lei­denschaftlicher Kämpfer für das Musikschulwesen als Bürgermeister einer Gemeinde, die eine tolle Musikschule hat, die mittlerweile 550 Schüler betreuen darf. Wir haben diese Musikschule in den letzten zehn Jahren aufgebaut zu einer nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ hervorragenden Schule. Ich habe selbst auch einige Jahre un­terrichtet und begleite viele Schüler. Daher bin ich ein wenig in diesem System mit drin­nen, und daher hat mich dieser Antrag der FPÖ natürlich sehr, sehr interessiert.

Aber ich denke, wir sollten hier wirklich ins Detail gehen. Wenn in dem Antrag steht, es geht im Speziellen um hochbegabte Schüler, diese sollen gefördert werden, dann müs­sen wir aber schon erkennen: Ab welchem Zeitpunkt soll denn diese Förderung einset­zen? – Damit ich erkenne, dass ich einen hochbegabten Schüler habe, muss dieser einmal zu lernen beginnen. Er muss seine Fortschritte auch dokumentieren, seinen Fleiß, sein Talent, das muss ja herauskristallisiert werden. Ich sage jetzt, Ihr Antrag würde einsteigen – und das ist ja auch explizit niedergeschrieben – bei einer Fahrt in die Bundeshauptstadt, beim Bezahlen eines Internats. Aber in Wirklichkeit muss ich ja schon vorher enorm viel leisten, damit ich wirklich zu einem hochbegabten Schüler komme!

Da schaut bei uns der Ansatz eigentlich sehr konstruktiv aus. Wir arbeiten intensiv zu­sammen: die Musikschule, eine Musikvolksschule, ein Musikverein, wir haben auch ei­nen Elternverein in der Musikschule, und die Gemeinde. Alle bemühen sich, dass hier eben Talente, die erkannt werden, in der Unterrichtseinheit gefördert werden, dass ih­nen schon Instrumente zur Verfügung gestellt werden, entweder vom Verein oder auch vom Elternverein und in ähnlicher Form auch von der Musikvolksschule. Hier muss sich diese Qualität des Schülers auch weiterbewegen.

Aber dieser Ansatz setzt mir in Wirklichkeit viel zu hoch an: Da bekomme ich keine Durchlässigkeit! Ich denke, wir sollten eher in die Richtung gehen, von unten den Auf­bau zu gewährleisten, damit diese Schüler auch wirklich den Erfolg haben, den sie in sich stecken haben.

Zum Zweiten, was die Transparenz betrifft: Ja, natürlich ist es immer wieder wün­schenswert, noch transparenter zu sein. Ich denke aber, so wie wir in den Kultur- und Kunstberichten jetzt gesehen haben, ist schon sehr vieles neu aufgeschlüsselt. Wenn es vonseiten des Ministeriums einmal gemacht wird, dass es noch detaillierter aufge­führt wird: Ja! Aber jetzt ist es, denke ich, nicht notwendig, durch diesen eigenen An­trag diese Transparenz noch zu schärfen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.39.01

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Anzuknüpfen: Natürlich, das Musikschulwesen, Herr Bürgermeister, in den Gemeinden ist wichtig! Er hört mir hoffentlich auch gut zu. Ich kenne das selbst als ausgebildeter Musikschullehrer, wie wichtig die Arbeit dort ist und was hier passiert. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) Natürlich gibt es auch Leihinstrumente an den Mu­sikschulen, egal, in welchem Bundesland, bei unterschiedlichen Regelungen. Oberös­terreich ist sicherlich auch ein Vorzeigeland, was das Musikschulwesen betrifft, in der Landeskompetenz. Da gibt es die unterschiedlichsten Zugänge.

Aber worum geht es denn hier? – Warum ich mich speziell dazu gemeldet habe: Hier wird von Musiktalenten gesprochen, die jung sind, die noch nicht studieren, die eine


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Schule besuchen und die zum Teil als außerordentliche Hörer an ein Konservatorium, an eine Musikuniversität fahren müssen.

Nun habe ich gerade eben die Frau Bundesministerin als richtige Ansprechperson be­treffend Kunst und Unterricht da. – Allerorts hören wir jetzt, einer der Schlüssel für die Lösung unserer Bildungsprobleme ist die Ganztagsschule mit verschränktem Unter­richt, wo auch an den Nachmittagen Unterricht geboten wird, und zwischendurch gibt es Freizeit.

Was machen denn all diese Talente, diese talentierten Schüler, wenn sie in einen ver­schränkten Unterricht ganztags hineingezwungen werden, weil das am besten ver­pflichtend sein soll? Wir sind ja für die Wahlfreiheit. (Beifall bei der FPÖ.) Wir sagen immer, die Eltern müssen sich entscheiden können. Aber was passiert denn dann mit einem Kind? Muss das dann am Nachmittag Mathematik, Deutsch, Englisch, Latein und sonst etwas versäumen, nur weil es ein Talent ist und eigentlich drei Stunden Kla­vier üben sollte?

Die Sozialdemokratie wird dann sagen: Nein, nein, die Kinder können ja dann beim verschränkten Unterricht in ihren Freieinheiten in der Schule üben! – Na ja, bei zehn Klavier-Schulkindern wird dann jede Schule wahrscheinlich zehn Klaviere anschaffen müssen, ob das jetzt ein Stutzflügel ist, ein Konzertflügel ist, von welcher Marke auch immer, oder ob es vielleicht auch das „Vernebelungsklavier“ ist. Frau Kollegin Lapp, auch die Stalinorgel ist kein Musikinstrument, obwohl es vielleicht so heißen mag. Wie auch immer, lassen Sie sich auf solch eine Diskussion gar nicht ein!

Die Frage ist nur: Wann haben denn dann diese Kinder die Zeit dafür, ohne Unterricht zu versäumen? Wo können sie, weil sie ein derartiges Talent sind, in einer weiterbil­denden Einrichtung, vor allem in einer Musikhochschule oder in einem Konservatori­um – das nicht in jeder Gemeinde in Österreich, wo eine Ganztagsschule stehen wird, vorhanden ist –, wo können sie denn üben? – Denn eines muss ich schon sagen: Wenn man, und das lässt sich wahrscheinlich auch auf den Sport übertragen, bereits als junger Mensch und als junges Talent zu einer Spitzenleistung kommen möchte, dann ist dieses Engagement der Eltern in zeitlicher und wirtschaftlicher Hinsicht not­wendig, damit die Kinder diese Bildungseinrichtungen bereits frühzeitig besuchen kön­nen. Das ist so.

Das kann vielleicht in Ihren Bildungsutopien so drinnen sein, aber es wird in Wirklich­keit nicht passen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) – Da hinten lacht schon wieder einer in der letzten Reihe. Es ist ja alles bestens! Vielleicht ein bisschen mehr mit der Hirnforschung auseinandersetzen und sich darum kümmern, dann geht es wie­der besser! – Tatsache ist, es geht nicht anders, wenn man Talente fördern will. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.)

Wir sehen eine eindeutige Gefahr, und die sehen nicht nur wir, wenn man aufmerksam die Medien liest: Die Musikschulen haben sogar Angst davor, dass durch verpflichten­de Ganztagsschulen ihre Kinder und ihre Schüler dem Betrieb in der Musikschule ver­loren gehen werden. Freizeitpädagogen werden das unter Umständen nicht leisten, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass, wenn ein Kind zwei, drei Stunden am Tag ein Instrument üben soll oder letztlich vielleicht auch an einem Sportgerät oder überhaupt eine Sportart trainieren soll, das in diesem Rahmen gemacht werden kann.

Abschließend: Wir stehen dazu – und das ist die Intention dieses Antrages der Freiheit­lichen –, dass Talente im künstlerischen Bereich frühzeitig gefördert werden, und zwar dort, wo sie auch gefördert und gefordert werden können, nämlich meistens im tertiä­ren Bereich, nach einer soliden, guten Ausbildung an den Musikschulen (Abg. Mag. Jo­sef Auer: ... Eltern!), wo die Lehrer auch danach trachten, dass die Kinder dort hinkom­men. Das erfordert aber Zeit und Geld, und deswegen wollten wir eben diesen entspre-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 207

chenden Antrag des Kollegen Neubauer einbringen. Aber wenn man etwas nicht ver­stehen will, dann wird man es nicht verstehen, denn was der Bauch nicht will, lässt der Kopf nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

19.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.43.42

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Kollege Rosenkranz! Das mit den Talenten, das ist so eine Sache: Wer prüft die, und welche Fähigkeiten werden da überhaupt geprüft? – Also damit haben wir schon genug Schwierigkeiten. Und zum Thema Gesamtschule wird sich der Kollege Walser noch zu Wort melden (Abg. Dr. Ro­senkranz: Ganztagsschule!) – Ganztagsschule, Sie haben recht. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Bei den Begrifflichkeiten muss man immer aufpassen!) – Nein, nein, das war nur ein Versprecher. (Abg. Dr. Rosenkranz: Oder Gehschule, mit „G“, „e“, „h“!)

Wir haben größtes Verständnis für die Förderung der Jugend, unabhängig vom Me­dium – also unabhängig davon, ob es ein musizierender Jugendlicher ist oder jemand, der einen Roman schreibt oder vielleicht ein Computerspiel entwirft, das alles ist zu för­dern. Wenn die soziale Lage es erforderlich macht, dann müssen Strukturen entwickelt werden, und da gibt es auch schon sehr viele, da stimmen wir völlig überein. Aber der Entschließungsantrag selbst ist, und das haben wir schon gehört, sehr konfus und klingt eher nach einem Kärntner Wahlzuckerl als nach einem durchdachten Förderpro­gramm.

Sie, Herr Kollege Neubauer, wollen, dass allen bedürftigen begabten Nachwuchstalen­ten gerecht gestaffelt Gratis-Musikinstrumente zur Verfügung gestellt werden. Aber was ist eine gerechte Staffelung, wenn Instrumente gratis zur Verfügung gestellt wer­den? (Abg. Neubauer: Das ist einfach!) – Darin ist ein Widerspruch enthalten.

Und wie ist das: Werden die verborgt oder werden die hergeschenkt? Denn wenn sie verborgt werden, was ist, wenn sie kaputt sind? – Da gibt es einen Haufen Probleme! Und wenn sie verschenkt werden, welche Instrumente werden dann verschenkt? Be­kommt jeder eine Piccoloflöte oder die Organistin dann auch eine Orgel? (Zwischenruf der Abg. Mag. Unterreiner.) – Also da gibt es viele, viele, viele Probleme, die so ein­fach nicht zu lösen sind, und daher können wir diesem Antrag nicht zustimmen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Also von Ihnen hätte ich mir ein bisschen mehr ... erwartet!)

Auch bei der Transparenz der Förderung geht das für mich in die verkehrte Richtung. Ich bin froh, dass wir im letzten Kulturausschuss ein bisschen darüber haben plaudern können, dass es eher darum ginge, dass wir alle wissen wollen, was nicht gefördert wird, und zwar nicht ad personam, sondern in der Gesamtsumme, damit wir wissen, was im Verhältnis zu den Einreichungen gefördert wird – oder sagen wir so: in welchen Mengen, in welcher Quantität nicht gefördert wird, obwohl eigentlich Förderungsleis­tung möglich oder notwendig wäre. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. Es ist seine zweite Wortmeldung. Wunschgemäß sind 3 Minuten eingestellt. – Bitte.

 


19.46.14

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Frau Kollegin Lapp, wir kennen das ohnehin seit dem Untersu­chungsausschuss, wo Sie drei Tage gebraucht haben, damit Sie zwei Seiten inhaltlich umsetzen und verstehen konnten, denn Sie haben immer dieselben Fragen gestellt. Und hier sprechen Sie von nebulosen Klavieren und geben selbst eigentlich nur Nebu-


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loses von sich, Inhaltsleeres, heiße Luft. (Abg. Mag. Gaßner: Das haben ja Sie nicht zu entscheiden! Also wirklich!) Wenn das Ihr Verständnis von Kulturpolitik ist? – Denn inhaltlich ist eigentlich nichts gekommen. Somit will ich mich aber auch nicht näher mit Ihnen auseinandersetzen (Abg. Mag. Lapp: ... beschäftigen, Kollege!), sondern ich möchte auf eine Broschüre eingehen, die, so nehme ich an, alle Damen und Herren Abgeordneten zum Nationalrat bekommen haben, nämlich „KUNST HAT RECHT.“

Ich kann mich mit fast allen Dingen, die in diesem Büchlein vorkommen und von der Argumentation her darin aufgelistet werden, einverstanden erklären, weil ich diese Si­tuation der Künstler verstehe.

Wenn von Doron Rabinovici Folgendes angeführt wird: „Ich bestehe darauf, selbst zu bestimmen, ob ich meine Romane gratis verbreiten will oder nicht. Es ist an mir, zu ent­scheiden, wer meinen Text in welchem literarischen, politischen oder ökonomischen Kontext veröffentlicht. Ich will nicht schweigen, wenn mir meine Worte entwendet wer­den“, und das auf alle Medien übertragbar ist, dann, denke ich mir, müsste es wirklich einmal eine auch von diesem Haus ausgehende Initiative geben, wo man sich tatsäch­lich einmal zusammensetzt und im Rahmen von Gesprächen mit Fachexperten, Künst­lern, der Wirtschaft dieses wirklich bestehende aktuelle Problem einmal angeht und zu­mindest nach Lösungen sucht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir schlagen Ihnen deshalb vor, dass man, um diese Lösung zu finden, eine Enquete in diesem Haus anberaumen möge, wo man entsprechende Fachexperten einlädt, mit ihnen, mit den Künstlervertretern diesen wichtigen Gegenstand thematisiert und bespricht, in der Folge daraus die entsprechen­den Schlüsse zieht und dann auf politischer Ebene auch nach Lösungen für diese be­troffenen Gruppen sucht. Das wäre unser freiheitlicher Wunsch.

Frau Bundesminister! Wir stehen für diese Entwicklung gerne zur Verfügung und zei­gen uns natürlich gesprächsbereit. Ich ersuche Sie, diese Einladung aufzunehmen und hier in diesem Haus diese Enquete abzuhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.49.22

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zurück zum Thema. Herr Abgeordneter Rosenkranz, das Problem ist, man kann das ja nicht verstehen, wenn das, worüber Sie reden, mit dem Antrag nichts zu tun hat. Man könnte sagen: Das, was die Hand nicht schreibt, kann der Geist nicht verstehen, denn Sie haben hier in dem Zusammenhang von Ganztagsschulen geredet. Ich darf Sie da­rüber aufklären, was in Ihrem Antrag steht.

In Ihrem Antrag geht es um die Förderung von Musiktalenten und es geht um die Fra­ge, wie sehr die im Zusammenhang mit Instrumenten und Schulgeldern und, und, und gefördert werden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Und, und, und!) In diesem Antrag kommt die Ganztagsschule in keiner Weise vor.

Der entscheidende Punkt ist, dass wir gesagt haben, das alles gibt es schon, und zwar auf unterschiedlichen Ebenen: Es gibt Fahrtenbeihilfen, es gibt in den Städten, zum Beispiel in Linz, Gratis-Instrumente für Schüler, es gibt Schulgeld, es gibt unterschiedli­che kooperative Finanzierungen. Das ist der eine Grund. Also da gibt es eine gemein­same Finanzierung dessen, was Sie ansprechen. Das gibt es schon. – Das zum einen, zu diesem Antrag. (Abg. Dr. Rosenkranz: Da Sie die Ganztagsschule nicht erwähnt haben, wollten Sie mir indirekt recht geben!)

Zum zweiten Antrag, und da ist Folgendes interessant: Kollege Neubauer hat ja unter anderem angeführt, warum er diese Transparenz fordert, nämlich weil er sich gegen


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eine Mehrfachfinanzierung oder gegen eine Mehrfachförderung ausspricht. Also einer­seits fordern Sie ein, dass es eine kooperative Förderung gibt, und gleichzeitig lehnen Sie das ab. – Dem, das gebe ich zu, kann man irgendwie nicht folgen, weil Sie sich permanent widersprechen. Aber das ist ja Ihr eigener Sport. Das kann man auch gerne tun, es ist nur in sich nicht logisch.

Der dritte Punkt, weil auch das gefordert worden ist, ist Folgendes: Also okay, betref­fend den Bund haben Sie verstanden, es gibt den Kunst- und Kulturbericht, den haben wir nämlich zwei Tagesordnungspunkte davor diskutiert und debattiert. Dann war noch die Frage, ob es vom Land und von den Gemeinden nichts gibt. – Diesbezüglich darf ich Sie daran erinnern, dass es seit 1997 die Kulturstatistik gibt. Diese Länderinitiative Kulturstatistik hat 17 verschiedene Hauptkategorien zu allen Förderungsbereichen, wo­rüber auch die Statistik Austria regelmäßig Berichte erstellt. Dort können Sie jederzeit die unterschiedlichsten Beiträge und Vergleichszahlen ablesen, wie Gemeinden, Län­der und der Bund die Museen, die Bibliotheken und so weiter fördern.

Also Daten und Berichte gibt es genügend, man braucht sie nur zu lesen und zu stu­dieren. Man kann sie im Print haben und man kann sie auch von der Homepage herun­terladen.

Also das, was Sie meinen, gibt es jedenfalls, und das, was Sie gesagt haben, fordern Sie nicht. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Bundesministerin Dr. Schmied hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.52.08

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Prä­sident! Herr Abgeordneter Neubauer, da Sie mich in einigen Punkten direkt angespro­chen haben, habe ich mich jetzt auch zu Wort gemeldet. Zum einen möchte ich unter­streichen, dass ich es sehr, sehr positiv finde, dass Sie sich für die Anliegen der Künst­lerinnen und Künstler einsetzen, dass Sie sich dafür stark machen, aber ich möchte Sie bitten – ich weiß nicht, ob „bitten“ hier das richtige Wort ist –, aber ich möchte Sie auffordern, dabei schon auch ein Stück weit zu beachten, dass wir nicht in so eine bil­lige Neiddebatte abgleiten.

Die Direktoren und Direktorinnen unserer Bundesmuseen und Bundestheater sind weltweit gefragt. Es ist das ein Arbeitsmarkt auch der Kulturinstitutionen, und ich möch­te Ihnen einfach nur sagen, ich bin sehr froh, dass wir diese Direktoren und Direkto­rinnen haben. Sie leisten sehr gute Arbeit, und es gibt da einfach einen Arbeitsmarkt für diesen Bereich. Also ich bitte Sie wirklich, hier nicht die Neiddebatte zu schüren, denn das würde das Klima tatsächlich vergiften. Wir brauchen im Kunst- und Kulturbe­reich Wertschätzung, Respekt und die Beachtung der Rahmenbedingungen.

Einen zweiten Punkt wollte ich ansprechen, weil ich dieses Thema sehr ernst nehme und da auch sehr hohe Ansprüche an meine Entscheidungen lege, weil ich sie ja auch persönlich treffe – also ich delegiere das nicht an Kommissionen oder Jurys, Perso­nalentscheidungen in den leitenden Kulturinstitutionen sind Entscheidungen, die ich in meiner Verantwortung treffe. Und diesbezüglich ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich mich da natürlich an alle gesetzlichen Vorschriften halte, an die Stellenaus­schreibungsgesetze, und dass mir dort Transparenz in der Vorgangsweise sehr, sehr wichtig ist, genauso wie mir Konsequenz auch sehr wichtig ist, wenn da oder dort ein­mal ein Fehlverhalten auftritt.

Was die von Ihnen angesprochene Zuständigkeit für Förderungen betrifft, so muss ich mich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten. Das ist im Kunst- und Kulturbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 210

reich im Wesentlichen das Kunstförderungsgesetz, und dort gibt es einfach unter­schiedliche Schwerpunktsetzungen, was Bundeskompetenz und Landeskompetenz be­trifft.

Da Herr Abgeordneter Rosenkranz eines unserer wichtigen Themen auch im Unter­richtsausschuss angesprochen hat, noch so viel: Es gibt da bereits sehr interessante Modelle zur Ganztagsschule in Kooperation mit Musikschulen, mit Kulturinitiativen, wo es vor Ort schon recht gut gelingt, eine Kombination zu schaffen zwischen Talente­förderung auf der einen Seite und einem ganztägigen Schulangebot auf der anderen Seite, wobei mein Zugang ja auch der der Wahlfreiheit ist und nicht der, Dinge von oben zu verordnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.55.43

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir sollten in dieser Diskussion, so meine ich, doch betonen, dass Österreich im internationalen Vergleich das Musikland schlecht­hin ist, und darauf können wir stolz sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weninger.)

Wenn heute die FPÖ musikalische Förderung für sozial benachteiligte Talente fordert, so schauen wir uns doch um, schauen wir, wo wir in Österreich stehen! Wir haben 430 öffentliche Musikschulen mit hochwertiger musikalischer Ausbildung, und Talente werden gefördert, auch wenn sie aus nicht begüterten Familien stammen. Einzigartig zum Beispiel, was mein Bundesland leistet: Allein in Niederösterreich gibt es 134 öf­fentliche Musikschulen an 500 Standorten zur Förderung unserer jungen Talente. Das ist die höchste Versorgungsdichte im Vergleich mit allen anderen Bundesländern. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Den Großteil der Kosten tragen Land und Gemeinden, das heißt, diese hervorragende Musikausbildung ist auch leistbar. Wie schaut das aus? – In einigen Gemeinden kann man sich zum Beispiel um 8 € im Monat ein Instrument ausleihen. Für geringe Einkom­men gibt es zumindest deutliche Ermäßigungen.

Betreffend die freiheitliche Forderung nach einem Stipendiensystem für Bedürftige möchte ich schon betonen, dass wir in Österreich ein durchaus treffsicheres Fördersys­tem für sozial Schwache haben, was bedeutet, es ist dafür gesorgt, dass junge Men­schen und ihre musikalischen Talente gefördert werden.

Und wenn sich die Älteren in der Pension auch noch einmal einen Traum erfüllen wollen und vielleicht ein Instrument lernen wollen: Österreich bietet da Chancen für je­den. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. Wunschgemäß sind 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung eingestellt. – Bitte.

 


19.58.06

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es ist natürlich auch Niederösterreich mit einem guten Musikschulwerk gesegnet, wie es Frau Kollegin Aubauer erwähnt hat, aber trotzdem: Wer unterstützt Eltern, wenn sie ihre Kinder mit dem Auto irgendwo anders hinführen müssen, zum Beispiel nach Wien oder an eine andere Musikeinrichtung oder zu einem anderen Lehrer oder sonst et­was? – Da gibt es eben nichts!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 211

Zur nächsten Frage: Natürlich gibt es auch Instrumente, die man sich ausleihen kann, gerade was den Streichernachwuchs oder Ähnliches betrifft – manche Instrumente sind ja durchaus teuer. Das gibt es zum Teil auch, aber hier geht es generell darum, was der Bund dazu tun kann. Und da muss ich jetzt eines anmerken, und das hat mich eigentlich zu meiner weiteren Wortmeldung bewegt.

Auf der einen Seite freue ich mich, dass die Frau Bundesministerin im Gegensatz zu anderen Proponenten ihrer Partei sagt, die Wahlfreiheit soll gewährleistet bleiben – das nehme ich sehr positiv und zustimmend zur Kenntnis; daran werden wir sie auch bei Gelegenheit erinnern –, aber die Frage, die sich aufgetan hat, ist Folgende: Sie haben gesagt, was diese Transparenzsachen und die Förderung von Ländern und Gemein­den betrifft, sind Sie an Gesetze gebunden. Natürlich sind Sie an Gesetze gebunden, und ich nehme nicht an, dass Sie, Frau Bundesministerin, gegen die Gesetze agieren wollen, nur auf der anderen Seite: Geben Sie sich ein bisschen kämpferischer, Frau Bundesministerin! Denn die Schulverwaltung, so wie sie zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist, ist auch Gesetz, aber da sagen Sie dazu: Das hätte ich gerne geändert! Dieser Zusatz fehlt mir bei Ihnen, wenn Sie jetzt sagen: Ich bin da an die Gesetze ge­bunden. Sie haben sonst ja auch Visionen, dass man nämlich – speziell hier – Gesetze auch ändern kann, und da würden wir gerne mit Ihnen mitmachen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.00.01

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Minis­terin, ein bisschen verwundert bin ich jetzt schon ob Ihrer Betonung der Wahlfreiheit. Bislang war es Strategie der Sozialdemokratie, für die gemeinsame Schule mit ganztä­giger Ausrichtung und verschränktem Unterricht zu sorgen, und Sie hatten dabei unse­re Unterstützung. Dass Kollege Rosenkranz hier wieder das alte Lied der „Zwangstags­schule“ gesungen hat (Zwischenruf bei der ÖVP) und das Schreckgespenst von zwangs­verpflichteten Kindern an die Wand gemalt hat, das verwundert mich weniger.

Herr Kollege Rosenkranz! Die moderne gemeinsame Schule mit ganztägiger Ausrich­tung, so wie wir sie wollen, von 9 bis 15 Uhr – wir nennen das „Schule 9/15“ –, lässt den Kindern genug Möglichkeiten, nach 15 Uhr Schwerpunkte privater Natur zu setzen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Der große Vorteil einer solchen Schule ist, dass Kinder eben nicht überfordert werden, dass sie während der Zeit in der Schule die Möglichkeit haben, sich zu erholen, und dass auch jene Schüler, die vielleicht von Haus aus nicht mit Musik, nicht mit zusätzlichen Angeboten konfrontiert werden, diese Möglichkeiten in der Schule erhalten.

Gerade das, was die Frau Ministerin, Kollegin Aubauer, Kollegin Ablinger betont ha­ben, kann in so einer Schule stattfinden, nämlich die individuelle Förderung aller Kin­der, und das ist, glaube ich, der wesentliche Punkt. Ich nehme an, auch Kollege Ro­senkranz ist daran gelegen, dass beispielsweise die Wiener Philharmoniker den Anteil weiblicher Mitglieder etwas erhöhen, und das ist dann möglich, wenn diese weiblichen Mitglieder zuvor in der Schule die Möglichkeit hatten, ihr Talent zu entwickeln.

Was hindert Musikschulen daran, in die Schule zu kommen? Und wenn wir große und überragende Talente in der Schule haben, dann werden sich individuelle Lösungen fin­den, diesen überragenden Talenten die Möglichkeit zu bieten, am Nachmittag im Kon­servatorium oder ähnlichen Einrichtungen zu lernen.

Ich kann Ihnen aus der Praxis berichten: Ich hatte an meiner Schule glücklicherweise solche Talente, und Sie werden wahrscheinlich nicht überrascht sein – das hoffe ich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 212

Sie kennen mein pädagogisches Engagement –, dass wir Möglichkeiten geschaffen haben, dass diese Kinder, diese Jugendlichen ihre Talente am Nachmittag entwickeln konnten, auch wenn im einen oder anderen Fall vielleicht Unterricht angestanden wäre. Das ist bei etwas gutem Willen in einem modernen System, in einem System, in dem individuell auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden kann, möglich.

Also keine Bange: Ganztägige Schulformen bringen das Gegenteil von dem, was Sie an die Wand gemalt haben; ganztägige Schulformen bringen den Kindern zusätzliche Chancen, und gerade der kulturelle Bereich wird enorm davon profitieren! (Beifall bei den Grünen.)

20.03

20.03.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Kul­turausschusses, seinen Bericht 2128 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Kulturaus­schusses, seinen Bericht 2129 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

20.04.2615. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Anträge 2170/A(E) der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhu­ber, Harald Jannach, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Be­rücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes und

470/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaf­fung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes (2115 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Da Tagesordnungspunkt 14 vor Eingang in die Ta­gesordnung abgesetzt wurde, gelangen wir sogleich zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Auer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.05.25

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Ich stelle gleich vorweg fest, dass ich mich für die ein­stimmige Beschlussfassung im Ausschuss bedanke – ich hoffe, dass dies auch hier so sein wird –, und ich stehe nicht an, ausdrücklich zu erklären, dass der Initiator dieses Antrages Kollege Pirklhuber seitens der Grünen war; dafür sei ihm durchaus Anerken­nung und Respekt gezollt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Wir alle wissen, dass Lebensmittelqualität ein entscheidender Faktor ist, wir alle wis­sen, dass die ökologischen Kriterien wichtig sind, und wenn es gelingt, mit dieser Be-


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schlussfassung auch dafür zu sorgen, dass diese Kriterien bei der Beschaffung in öf­fentlichen Einrichtungen verstärkt herangezogen werden, dann sollten wir uns darüber freuen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die österreichische Lebensmittelqualität hervorragend ist, und das wird gerade auch durch die glänzenden Exportziffern bestätigt. Ich war vor Kurzem bei der Grünen Woche in Berlin; wenn man vor 20 Jahren im Kaufhaus des Westens nachgesehen hat, dann hat man sozusagen mit der Lupe nach österreichi­schen Qualitätsprodukten suchen müssen, heute ist dort durchaus ein großes Schau­fenster für österreichische Qualität.

In Anbetracht der Zeit bedanke ich mich für diese Unterstützung und freue mich, dass es gelungen ist, zu einem gemeinsamen Vorgehen zu kommen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Huber.)

20.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.06.59

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ehre, wem Ehre gebührt, Herr Kollege Pirklhuber! (Abg. Dr. Pirklhuber: geht’s mir aber gut!) Vielen Dank für Ihre Initiative, die wir natürlich gerne unterstützen, geht es doch darum, dass im öffentlichen Bereich, in öffentlichen Einrichtungen des Bundes bei der Beschaffung der Lebensmittel ökologische Kriterien berücksichtigt werden – nicht ohne Grund: rund 2,9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher verpflegen sich täglich außer Haus, rund 1,9 Millionen davon in Einrich­tungen der Gemeinschaftsverpflegung in Schulen, in Betriebskantinen, in Krankenhäu­sern, in Kindergärten, Pensionistenheimen, Justizanstalten, Kasernen et cetera.

Deshalb ist es notwendig, dass gerade bei öffentlichen Institutionen verstärkt der um­welt- und gesundheitspolitische Aspekt berücksichtigt wird. Kriterien sind dabei kurze Transportwege, nachhaltige Produktion und ernährungsphysiologische Ausgewogen­heit – das sind wichtige Punkte – und vor allen Dingen auch die Berücksichtigung hei­mischer Produkte bei der öffentlichen Beschaffung. Frische, Saisonalität, Regionalität werden berücksichtigt. Der Biolandbau in Österreich erfüllt vor allem auch den Punkt Nachhaltigkeit.

Produkte aus biologischem Anbau sind nicht nur gesund und schmecken gut, sie spa­ren gegenüber der konventionellen Landwirtschaft auch rund 60 Prozent CO2-Emis­sionen. Boden und Wasser werden geschont, Tier- und Pflanzenvielfalt werden geför­dert. Deshalb gibt es ein klares Bekenntnis zu diesem Entschließungsantrag. Ich bin davon überzeugt, dass die Bundesregierung dieser Bitte, dieser Initiative nachkommen wird, vor allem die Beschaffungsgesellschaft.

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich aber noch auf die vielen, vielen Initiativen von Selbstversorgern hinweisen, angefangen bei der Idee der Kleingärtner bis hin zu den Kleinstversorgern auf den Balkonen. Ich bin guten Mutes, dass die Bio­logie, dass gesunde Lebensmittel wirklich Vorrang haben. Aus diesem Grund: Danke für die Zustimmung aller Fraktionen zu diesem Entschließungsantrag! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Huber.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wenn nur mehr wenige


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 214

Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus von der Galerie zuschauen können (Zwi­schenruf bei der ÖVP), im ORF kann man es durchaus noch nachverfolgen und nach­vollziehen: Ich freue mich auch, dass wir diesen Antrag gemeinsam beschließen können.

Ich möchte den Dank gerne auch zurück- und weitergeben, weil ja der ursprüngliche Antrag von 2009 noch verbessert wurde – ich habe das im Ausschuss gesagt –, näm­lich in zwei Punkten: Es wurde erstens auch der Aspekt der Ernährung, nämlich die Er­nährungspyramide hineingenommen. Da geht es darum, dass man sich auch hinsicht­lich der Verteilung der Lebensmittel gesund ernährt. Das ist eine Verbesserung des An­trages.

Der zweite Punkt, den ich auch besonders begrüße, war die Ergänzung um regionale Bioprodukte, das heißt, dass man biologische Lebensmittel voranstellt, aber auch dort die Regionalität in den Mittelpunkt stellt. Kollege Auer! Ich halte das für einen sehr, sehr guten Verbesserungsvorschlag, den wir ja gemeinsam beschlossen haben.

In diesem Sinne denke ich, dass dieser Antrag ein Grundbaustein für das nächste Bio-Aktionsprogramm Österreichs 2014 bis 2020 sein kann. Das ist ein Teil, ein erster Baustein, um im Bereich öffentliches Beschaffungswesen die biologischen Lebensmit­tel zu stärken. Wir haben andere Bereiche, die wir gemeinsam angehen müssen, näm­lich mit einem generellen Plan, weil der biologische Landbau – und das steht ja in der Erläuterung zu diesem Antrag – auch eine der effizientesten Landbewirtschaftungsme­thoden ist, was den Klimaschutz betrifft, was die ökologische Effizienz betrifft, was den Wasserschutz, den Tierschutz, den Ressourcenschutz und die Biodiversität betrifft.

Die Vielfalt des Biolandbaus reicht natürlich von A bis Z. Da gibt es inzwischen ja eine breite Palette von intensivster biologischer Produktion bis hin zu sehr extensiver Pro­duktion, wie das in der Landwirtschaft heute eben sehr, sehr breit aufgestellt ist. Und da ist es auch unsere Aufgabe, glaube ich, hier gemeinsam die Weiterentwicklung, Mo­dernisierung, auch biologische Intensivierung voranzubringen; das ist die Herausfor­derung. Die KonsumentInnen haben dann die Chance, diese Produkte zu bekommen, nämlich im Bereich der Küchen, der Großküchen des Bundes, der Länder, aber letzt­lich auch der Betriebskantinen. Es wird unsere Aufgabe sein, das sehr breit in die Ge­sellschaft hineinzutragen.

Abschließend dazu, werte Kolleginnen und Kollegen: Ich werde diesen Antrag auch wieder als Motivation nutzen, um hier im Haus für unsere Verköstigung eine gemeinsa­me Initiative zu starten. Ich möchte dich, Jakob Auer, auch dich, Kollege Gaßner, und Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen einladen, dass wir versuchen, für die nächste GP vorbereitend das Buffet und die Küche hier im Haus noch stärker und bes­ser auf biologische Produkte umzustellen. (Beifall der Abg. Mag. Brunner.)

Es gibt bislang meistens ein Menü oder eine Speise, die biologisch angeboten wird, das ist eigentlich immer eine Fleischspeise. Man könnte es auch ein bisschen breiter fassen, man könnte da zwei, drei Produkte, zwei, drei Speisen anbieten (Ruf bei der ÖVP: Fleisch ist schon gut! – Abg. Rädler: Schweinsbraten!), wie übrigens auch in den Landesküchen, Kollege Auer. Wir wissen, in Oberösterreich in der Landesküche haben wir zum Beispiel ein breites Bioangebot. Das sollten wir auch hier im Parlament umsetzen. Ich werde mich darum bemühen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Spanferkel!)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.13.31

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es ist ein richtiger Schritt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 215

es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, den wirklich alle Parteien mittragen – aber warum ist das eigentlich so? – Wir haben nach wie vor unglaubliche Zustände, denn in den Krankenhäusern, in den Altenheimen, in den Schulen, in den Kindergär­ten, in den Kasernen, in den Internaten werden Produkte angeboten, die nicht aus Ös­terreich stammen, die nicht aus der heimischen Landwirtschaft stammen. Ich glaube, das ist wirklich ein Grund und das muss uns wirklich Motivation sein, dass wir da wei­terarbeiten.

Im Tiroler Landtag gibt es zum Beispiel bayerische Milch, da gibt es Milchprodukte aus dem Ausland. Das sind Dinge, die, glaube ich, untragbar sind und sofort abgestellt wer­den sollen.

Dass wir jetzt mit diesem Gesetzesantrag einmal den Spagat geschafft haben, damit wir auf Bundesebene so weit wie irgendwie möglich die heimischen Produkte in öf­fentliche Küchen bringen, ist wichtig und richtig. Wir dürfen da aber jetzt auf keinen Fall nachlässig werden, wir müssen da weiter dranbleiben, denn erstens hat es sich die heimische Landwirtschaft verdient, dass wir ihre Produkte in öffentlichen Küchen an­bieten, und zweitens muss uns der Schutz unserer Bevölkerung, ihre Gesundheit das einfach wert sein.

Wenn wir merken, dass die EU droht, uns mit gewissen Ausschreibungsrichtlinien in die Suppe zu spucken, dann müssen wir eigentlich nur intelligent sein, eine intelligente Politik machen, dann werden wir das zusammenbringen.

Ich hoffe, Herr Minister, dass Sie da in diesem Sinne weiterarbeiten, denn das Problem zu erkennen ist, glaube ich, wichtiger, als die Lösung zu erkennen. Die genaue Darstel­lung jedes Problems bringt auch die richtige Lösung, und in diesem Sinne werden wir sicher zustimmen. Ich hoffe, dass wir mit diesem Antrag in Zukunft beispielhaft wei­terarbeiten. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.52

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, Ihrem Antrag, Herr Kollege Pirklhuber, ist nichts hinzuzufügen. Das ist ein durchaus sehr vernünftiger An­trag. Ich könnte jetzt das wiederholen, was all die Vorredner schon gesagt haben – kei­ne Sorge, das mache ich nicht!

Wie gesagt: Auch wir unterstützen diesen Antrag sehr gerne. (Beifall beim Team Stro­nach sowie des Abg. Dr. Pirklhuber. – Zwischenruf des Abg. Großruck.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.16.00

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Die Ernährung ist zweifelsohne eine zentrale Frage im Leben, und daher kommt den Lebensmitteln eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Frau Kollegin Binder-Maier hat schon erwähnt, dass nahezu 3 Millionen Österreiche­rinnen und Österreicher die Hauptmahlzeit außer Haus zu sich nehmen – in der Gas­tronomie, in öffentlichen Einrichtungen und so weiter –, und oft ist der Preis das allei­nige Entscheidungskriterium beim Einkauf der Lebensmittel.

Wir wollen, dass die Nachhaltigkeit in Zukunft eine noch größere Rolle spielt, einen hö­heren Stellenwert bekommt und dass bei dieser Nachhaltigkeit natürlich auch die öko­logischen Kriterien Berücksichtigung finden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 216

Das Zauberwort heißt eigentlich immer noch – schon seit längerer Zeit, wie wir es auch propagieren –: ökosoziale Marktwirtschaft. Nachhaltigkeit als Zielbestimmung ist der­zeit in den agrarpolitischen Diskussionen – Jakob Auer hat es angesprochen – von Berlin über die DLG-Wintertagung bis hin zur Wintertagung des Ökosozialen Forums bei uns in Wien überall zu finden.

Österreichs Bauern produzieren nachhaltig, man muss sie nur dabei unterstützen – mit dem Umweltprogramm zum Beispiel. Wir brauchen auch in Zukunft wieder ein wirksa­mes Umweltprogramm, um diesen Anforderungen gerecht zu werden, dann werden die Bauern auch in Zukunft beste Lebensmittel erzeugen.

Dieses nachhaltige Denken ist aber nicht nur in der Produktion notwendig, sondern muss auch eine weite Verbreitung im Denken der Konsumentenschaft finden. Viele Konsumenten stehen beim Einkauf zur Nachhaltigkeit, stehen zur Region. Aber wir müssen hier trotzdem noch mehr Bewusstseinsbildung betreiben, um dies in der Bevöl­kerung wirklich lückenlos zu verankern. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Damit bin ich bei dem, was der Antrag eigentlich beinhaltet, nämlich dass die öffentli­che Hand in der Beschaffung auch dieses nachhaltige Denken stärken kann, nein, stär­ken muss. Die Art der Produktion, die Transportwege – alles das ist zu berücksichtigen.

Es kann durchaus einmal das Argument kommen – es ist gerade vom Kollegen Huber erwähnt worden – beziehungsweise vorkommen, dass man sich auf Ausschreibungs­kriterien hinausredet; aber es gibt da ja durchaus Möglichkeiten, dass man sich auch danach richtet.

Es muss nicht sein, dass man die gesamte Produktpalette, die man in einem Jahr braucht, gemeinsam ausschreibt (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! Richtig!) – Fleischpro­dukte, Milchprodukte, die Gewürze und die Marmelade noch dazu –, was in Summe ei­ne europaweite Ausschreibung erfordern würde. – Nein, man kann den Käse separat ausschreiben, man kann die Fleischprodukte separat ausschreiben und alle anderen Dinge auch; dann kann man auch eine beschränkte und für die Region maßgeschnei­derte Ausschreibung zustande bringen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ich glaube, wenn wir in diese Richtung denken, dann kann man durchaus etwas Positi­ves bewegen und auch die heimischen Wirtschaftsbetriebe entsprechend stärken. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, aber wir wollen noch besser werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.19.39

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Lebensmittel rückt verstärkt in die öffentliche Diskus­sion. Die Menschen werden kritischer Lebensmitteln gegenüber, fragen, wo sie her­kommen, wie sie produziert wurden, unter welchen Bedingungen sie hergestellt, trans­portiert wurden.

Wir haben ganz starke Trends, die sich permanent verstärken, und zwar dahin gehend, dass die Menschen in Richtung regionale Lebensmittel gehen, weil das Vertrauen schafft, weil das Geschmack sichert, Vielfalt und auch Qualität beinhaltet. Daher stellen wir unsere Lebensmittelpolitik darauf ab, entsprechende Initiativen darzustellen, um die KonsumentInnenwünsche abzudecken. Die Initiative der Genuss Regionen ist eine sol­che, bei der wir traditionelle Lebensmittel in den Regionen, die eine Geschichte haben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 217

die auch nur aus dieser Region kommen können, weil sie etwas Besonderes sind, her­vorheben.

Wir haben mittlerweile mehr Genuss Regionen, die strenge Auswahlkriterien haben, die genau das abdecken sollen, was sich die Konsumentinnen und Konsumenten wün­schen, nämlich sichere regionale Produkte von hoher Qualität, was wieder für die bäu­erliche Landwirtschaft eine große Chance ist.

Gerade jetzt vor der Ski-WM in Schladming sind zwei steirische Genuss-Regionen aus diesem Gebiet dazugekommen, die dann auch von den regionalen Wirten gelistet wer­den.

Das heißt, das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir als Ministerium vorantreiben – ebenso die Debatte über ein europäisches Lebensmittelmodell. Wir brauchen zum Thema Lebensmittel eine neue Werthaltung.

Wir haben dieses Modell in Österreich ein Jahr lang entwickelt und jetzt auf der euro­päischen Ebene und auch in Berlin bei der Grünen Woche vorgestellt. Es gab großes Interesse vieler Mitgliedstaaten, die sagen, dass dieser Bereich ausgebaut werden muss, und Österreich ist da federführend dabei.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt: Lebensmittel sind kostbar. Lebensmittel dürfen nicht achtlos weggeworfen werden, die Verschwendung muss reduziert, muss gestoppt wer­den. Ich habe seinerzeit dankenswerterweise diese Aktion mit den Bäuerinnen ge­macht, jetzt gehen wir in die Breite, weil das ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist.

In diesem Antrag wird auch angesprochen – und ich danke für diese Initiative –, dass sich die Bundesregierung auch schon 2010 zur Umsetzung des Aktionsplans zur nach­haltigen öffentlichen Beschaffung verpflichtet hat. Darin sind insbesondere ökologische Kriterien für Lebensmittel und für Verpflegungsdienstleistungen enthalten. Insbeson­dere ist auch ein Mindestanteil von 25 Prozent Bio bei den verwendeten Lebensmitteln festgelegt.

Es gibt auch Anreize auf zusätzliche Punkte, wenn man im Vergabeverfahren Bio-Pro­dukte listet. Das heißt, es geht der Trend in die Richtung, dass wir höherwertige Pro­dukte unterstützen.

Mein Ministerium arbeitet auch permanent mit der Bundesbeschaffung an der Aus­feilung und Aktualisierung der Kriterien. Wir haben zusätzlich auch ein Logo eingeführt, das nachhaltige Beschaffung ausweist, wenn ein Lebensmittel damit gekennzeichnet ist.

Zu dem, was auch Herr Abgeordneter Eßl angesprochen hat und was immer wieder diskutiert wird: Es ist möglich, bei der Ausschreibung regionalen Anbietern Rechnung zu tragen, indem die Ausschreibungslose sozusagen entsprechend verkleinert werden, sodass es Klein- und Mittelbetrieben erleichtert wird, an der Ausschreibung teilzuneh­men. Das wurde verankert, war immer ein großes Anliegen der Landwirtschaft, aber auch der gewerblichen Wirtschaft. Das heißt, diese Möglichkeiten gibt es rechtlich, und ich halte das auch für sehr sinnvoll.

Wir haben beispielsweise in den landwirtschaftlichen Schulen ernährungsphysiologisch ausgewogene saisonale und regionale Verpflegung eingeführt, die gesunde Jause, um schon Kinder mit diesem Thema zu konfrontieren.

Ich bedanke mich bei den Pädagoginnen und Pädagogen, Lehrerinnen und Lehrern, die das in den Schulen vorantreiben.

Gesamtgesellschaftliches Anliegen muss es sein, dass sich bereits die Kinder bewusst ernähren. Viele Berichte zeigen ja, dass es bei manchen da im Argen liegt. – Es ist das also uns allen ein großes Anliegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 218

Ich bedanke mich für Ihre Initiative. Bleiben Sie österreichischen Lebensmitteln treu, genießen Sie österreichische Lebensmittel, sie versprechen eine hohe Qualität und auch höchsten ernährungsphysiologischen Genuss. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.23.50

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung isst in öffentli­chen Einrichtungen. Diese Einrichtungen tragen daher auch große umwelt- und ge­sundheitspolitische Verantwortung.

Es müssen in Zukunft verstärkt Produkte aus regionalem biologischem Anbau forciert werden. Diese sind nicht nur gesund und wohlschmeckend, sondern der Kauf dieser Lebensmittel spart auch Transportwege und Energie, reduziert die Kohlendioxidemis­sionen und erhält die Wertschöpfung in der Region.

Laut Report der Bundesbeschaffungsgesellschaft vom Jänner 2012 betrug der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen in diesem Bereich bereits 74 Prozent.

Ich freue mich wirklich über den vorliegenden Fünf-Parteien-Antrag und darüber, dass wir alle der Meinung sind, dass ökologische Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmit­teln in öffentlichen Einrichtungen noch stärker als bisher berücksichtigt werden sollen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abgeordneten Doppler und Dr. Pirklhuber.)

20.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.25.17

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Sind Bio-Lebensmittel wirklich gesünder? – Mit dieser provokanten Schlagzeile hat „Der Spiegel“ im September des letzten Jahres über eine Studie der Stanford University berichtet, die erbracht haben soll, dass es keinen deutlichen Nach­weis dafür gibt, dass Bio-Lebensmittel gesünder seien. Demgegenüber führt eine Stu­die des Institutes Bio Forschung Austria zahlreiche Gründe an, die den Wert von Bio-Lebensmitteln bestätigen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Der Diskrepanz dieser Meinungen, die ich nicht weiter hinterfragen kann, steht jeden­falls aber eindeutig der Konsumententrend gegenüber, und die Konsumenten greifen immer mehr zu Bio-Produkten. Und dem trägt auch der heutige Antrag voll Rechnung.

Ein Umstand trägt jedenfalls dazu bei: Bio-Essen verringert in den Augen der Konsu­menten das Risiko, mit der Nahrung Gift zu sich zu nehmen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Berechtigterweise!)

Noch etwas: Die Konsumenten kaufen auch aus einer ökologischen Gesinnung heraus immer mehr Bio-Produkte. Sie sehen die positiven Folgen ökologischer Landwirtschaft für die Umwelt. Sie wollen artgerechte Tierhaltung und Fütterung. Sie haben die As­pekte des Gewässerschutzes, des Klimaschutzes, des Artenschutzes, der Bodenquali­tät im Auge. Und sie sind offensichtlich auch bereit, dafür einen höheren, fairen Preis zu zahlen, und somit erbringen auch die Konsumenten eine Leistung in diesem Sinne. (Abg. Dr. Pirklhuber: Die honorieren eine Leistung!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landwirtschaft soll dieser Partnerschaft auch Rechnung tragen. Sie möge auch außerhalb der Bio-Schiene auf diese Konsumenten-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 219

ansprüche eingehen, sie möge auch außerhalb der Bio-Produktion auf Pestizideinsatz weitestgehend verzichten.

Die Konsumenten wollen auch auf die strengen Richtlinien vertrauen, auf die rigorosen Kontrollen zum Beispiel des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln, von Kunstdünger, von Zusatzstoffen in der Verarbeitung, und sie wollen keine artfremden Futtermittel mehr.

Abschließend noch ein Aspekt: Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vertreter des Waldviertels möchte ich auf den regionalen Aspekt hinweisen. So fördert zum Bei­spiel – Kollege Stummvoll nickt zustimmend – das Waldviertel Management zahlreiche Projekte, die Bio-Produktion unterstützen und somit auch die Arbeitsplätze, die Kauf­kraft und die Lebensqualität in unseren Regionen sichern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.28.27

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Es ist ja schon sehr viel gesagt worden. Mir ist es auch wichtig, zu erwähnen, dass täglich durchschnittlich fast 3 Millionen Menschen in den verschie­densten Einrichtungen verköstigt werden, begonnen in den Kindergärten bis hin zu den Krankenhäusern. Ich möchte mich jetzt aber vor allem damit auseinandersetzen, dass tagtäglich viele junge Österreicher und Österreicherinnen in Kasernen versorgt werden.

Ich habe mich mit den Verantwortlichen der Kasernen in Hörsching, in Ebelsberg und in Enns unterhalten, wo täglich 2 000 junge Menschen versorgt werden. Es ist interes­sant, denn die Verantwortlichen sagen, dass sie keine Möglichkeit haben, wirklich mit­zureden, wenn es darum geht, welche Produkte von wo besorgt werden, sondern die Produkte werden zentral über diese Agentur angeschafft.

Liebe Kollegen und Kolleginnen! Das bedeutet für diese drei Kasernen, dass zum Bei­spiel fast die gesamte Palette an Milchprodukten – Joghurt, Milch, Butter – aus der Bundesrepublik Deutschland besorgt und Hunderte Kilometer nach Ebelsberg, Hör­sching und Enns geliefert wird.

Ich denke, dass gerade wir in unserer Region die Möglichkeit haben, bessere Pro­dukte, gesündere Produkte zu produzieren, wo wir letztendlich auch ökologische Krite­rien anwenden müssen. Ich denke, dies ist nicht nur im Sinne jener, die das konsu­mieren, sondern im Sinne der gesamten Wirtschaft und vor allem auch der Landwirt­schaft. Wenn wir darüber diskutieren, dass täglich drei Bauernhöfe zusperren, so ist es ein Gebot der Stunde, dass wir da eine Änderung vornehmen.

Ich appelliere daher an die Verantwortlichen, dass wir nicht nur diesen Antrag jetzt be­schließen, sondern dass wir vor allem die zukünftigen Richtlinien in diesem Bereich verändern, dass in Zukunft vor allem heimische Produkte, die ganz sicher besser und vor allem gesünder sind, verwendet werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Bravo!)

20.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.30.54

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Fünf-Parteien-Antrag hat ja etwas ganz Be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 220

sonderes: Lieber Kollege Pirklhuber, ausgehend von dir, unterstützt und ausgearbeitet von fünf Parteien, wird er jetzt von sechs Parteien beschlossen. Ich habe gehört, dass die neue Fraktion auch mitstimmen wird. Also so etwas wird es so schnell auch hier herinnen nicht mehr geben. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das glaube ich auch! – Demons­trativer Beifall der Abg. Mag. Brunner in Richtung des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist al­so eine ganz interessante Entwicklung.

Lieber Kollege Pirklhuber, du hast gemeint, wir sollten doch in der Cafeteria, also bei uns anfangen und dann in der nächsten GP  (Abg. Dr. Pirklhuber: Auch für die nächste GP!) – Natürlich, es ist alles bestens. Ich habe nur die Bitte, fangen wir sofort an und nicht in der nächsten GP, denn da bin ich nicht mehr dabei. (Ruf bei der ÖVP: Das ist schade!) Also das sollten wir schon jetzt machen.

Herr Bundesminister, Sie reden immer von den Genuss Regionen. Können wir uns nicht einmal durchringen, zu sagen, Österreich ist eine Genuss Region? Es stellt sich die Frage, wie viele es jetzt schon gibt. Machen wir aus Österreich eine Genuss Re­gion! Ich glaube, das wäre ein ganz interessanter Denkansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, der Preis ist allerdings schon noch ein Problem. Ich bringe Ihnen jetzt ein Beispiel. In unserem Seniorenzentrum in meiner Gemeinde Schwertberg kochen wir absolut regional biologisch und haben immer wieder das Problem – bei jeder Überprüfung! –, dass wir in der Küche zu teuer sind. Wir produzieren 200, 250 Essen für die Senioren, für die Kindergärten, für die Schulen, für Essen auf Rä­dern. Immer wieder werden wir darauf hingewiesen, dass wir zu teuer sind.

Wir sollten uns einmal überlegen, ob es neben den vielen Förderungen, die es in Ös­terreich gibt, nicht durchaus auch eine Konsumentenförderung geben könnte, damit wir genau diese Dinge weiter unter das Volk bringen können. Diese Idee stammt von Ewald Sacher, die hat er mir gerade noch beim Heruntergehen gesagt. Das ist ein wich­tiger Hinweis.

Wenn wir alle für gesunde Lebensmittel sind, dann müssen wir uns endlich auch dazu bekennen, dass wir mit den Spritzmitteln und bei der Fütterung sehr, sehr vorsichtig umgehen. Immer wieder gibt es Probleme mit Antibiotika. Immer wieder gibt es Proble­me mit Pestiziden.

Wenn sich, liebe Kollegen von der ÖVP, die Europäische Kommission jetzt bereits da­zu durchringt, für zwei Jahre zumindest einmal drei Neonicotinoide zu verbieten, dann sollten wir den nächsten Fünf-Parteien-Antrag sofort angehen und das auch in Öster­reich durchführen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt hat sich Herr Abgeordneter Auer zum zweiten Mal zu Wort gemeldet. 2 Mi­nuten. – Bitte.

 


20.33.58

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Sacher haben mich bewogen, mich noch einmal zu Wort zu melden.

Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es wichtig wäre, dass der Konsument die Verantwortung wahrnimmt, beim Einkauf danach zu trachten, Qualitätsprodukte zu kaufen, bei deren Produktion ökologische Kriterien zugrunde gelegt wurden. Er hat aber auch darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaft aufgefordert wäre, entsprechend ökologisch zu produzieren. – Ich kann ihn beruhigen, die österreichische Landwirt­schaft produziert ökologisch.

Zum Zweiten darf ich die Kluft zwischen Wunsch und Realität darstellen. Bei mir war heute in der Früh der Vertreter des größten Betriebs Österreichs, der pro Woche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 221

25 000 Stück Schweine schlachtet. Ich habe ihn gefragt, welche Chance man mit jenen Produkten hat, die genfrei gefüttert werden. – Maximale Verkaufszahlen pro Woche 400 Stück. So viel zur Realität, meine Damen und Herren. Zwischen Wunsch und Realität, also Einkaufsverhalten, gibt es bedauerlicherweise einen wesentlichen Unter­schied. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

20.35

20.35.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2115 der Beilagen an­geschlossene Entschließung betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrichtungen des Bundes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 291.)

20.35.4616. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1064/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dringlichkeit der Wahrnehmung der Koordinierungsfunktion des Landwirtschafts­ministers in der Einheitswertfrage (2116 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Doppler. 6 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


20.36.20

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einheitswert als wirtschaftlicher Wert ei­nes Grundstückes wird in der Land- und Forstwirtschaft als Berechnungsbasis für viele Abgaben herangezogen, wie zum Beispiel für die Grundsteuer, die Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträge und dergleichen mehr. Laut Grünem Bericht zahlten die 173 000 heimischen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe 2010 zirka 110 Millionen € an Steuern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es muss uns schon ein großes Anliegen sein, dass die Bauern nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ende 2010 hat der da­malige Landwirtschaftsminister Pröll die Steuerpauschalierungsgrenze von 65 500 auf 100 000 € Einheitswert erhöht. Nun soll sie wieder auf 75 000 € gesenkt werden.

Herr Minister, ich erwarte mir schon, dass Sie sich für die Bauern einsetzen, vor allem was die Grundlegung der Einheitswerte betrifft, und dass Sie wie ein Fels in der Bran­dung stehen und natürlich den Bauern zur Seite stehen. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, es haben schon zu viele Bauern aufgehört. Irgendwann können auch die Grundversorgung, die Landschaftspflege und vieles mehr nicht mehr geleistet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in einer Woche fällt in Brüssel die Entschei­dung über den Finanzrahmen für den ländlichen Raum für die Jahre 2014 bis 2020. Ich hoffe, Herr Minister, dass Sie sich bis dahin noch massiv einsetzen werden, denn es soll besser ausgehen, als es momentan ausschaut, sonst gibt es ein noch größeres Bauernsterben als bisher. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

20.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 222

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 3 Minu­ten. – Bitte.

 


20.38.20

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Vorredner, Tatsache ist, wä­re es nicht gelungen, die Hauptfeststellung zu fixieren und damit auch eine Einheits­wertbasis zu bekommen, dann wäre ab 2015 für jeden Landwirt in Österreich die Buchführung Pflicht gewesen und die Ausgangsbasis der Verkehrswert.

Ich glaube daher, dass es trotz aller Bedenken und verschiedener Sichtweisen durch­aus gelungen ist, in einem sehr konstruktiven Gespräch mit Kollegen Kurt Gaßner und Bundesrat Zehentner zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, überhaupt dann, wenn man realistisch ist und die Systeme in Europa miteinander vergleicht.

Gerade Vertreter Ihrer Fraktion erzählen uns ja sehr oft an den Stammtischen, in der Schweiz wäre alles wesentlich besser. Sie wissen aber genau, dass in der Schweiz ab 5 Hektar landwirtschaftlicher Fläche Buchführungspflicht besteht.

Daher können wir durchaus vernünftig festhalten, dass es trotz unterschiedlicher Standpunkte, die die Ausgangsbasis waren, gelungen ist, diese Basis Einheitswert und somit Pauschalierung in Zukunft sicherzustellen. Diese Hauptfeststellung war ein ent­scheidender Punkt.

Ich kann Sie beruhigen, es war nicht der Herr Landwirtschaftsminister Pröll, der damals die Grenze nach oben gehoben hat, sondern es war der Herr Finanzminister Pröll, denn zu dieser Zeit war er Finanzminister. (Abg. Dr. Pirklhuber: Weil das auch sein Job ist! Genau!) – So viel zu den Fakten.

Ich kann Sie beruhigen, der Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Niki Berlakovich setzt sich hervorragend für die Belange der Bauernschaft ein. Das kann man ihm nicht abstreiten. Das wird auch Ihrer Fraktion nicht gelingen. Nehmen Sie das bitte einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir haben nichts davon, weder die Bauern noch die bäuerli­chen Familien, wenn wir einander gegenseitig immer vorwerfen, wer was wann besser machen würde. Die entscheidende Frage wird sein: Wie gelingt es uns, für die bäu­erlichen Anliegen gemeinsame Ziele zu formulieren und diese auch umzusetzen? Und zu dieser Gemeinsamkeit darf ich Sie alle einladen.

Ich behaupte, dass es möglich war, hier eine vernünftige Regelung zu finden, und bedanke mich ausdrücklich nochmals bei meinen Verhandlungspartnern auf der SPÖ-Seite. Eines sei festgehalten: Ich habe von Ihnen bedauerlicherweise bis zum heutigen Tag keinen vernünftigen Vorschlag gesehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

20.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten. – Bitte.

 


20.40.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Kollege Auer hat hier einen Kompromiss als notwendig dargestellt, was ja stimmt, weil der Verfassungsgerichtshof schlussendlich eingemahnt hat, dass die Hauptfeststellung endlich kommt, denn sonst wird es für gewisse Fragestellungen, die offen geblieben sind, eng.

Und genau aus diesem Grund, Kollege Auer, möchte ich schon kritisch anmerken: Wenn Sie jetzt kritisieren, dass die Opposition keine Vorschläge macht, dann muss ich


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sagen (Abg. Jakob Auer: Das habe ich zum Kollegen Doppler gesagt!) – aha, zum Kol­legen Doppler –, es ist insofern schwierig  (Abg. Jakob Auer: Deine Vorschläge ken­ne ich ja, beziehungsweise es sind keine da!) Gut, es sind keine Vorschläge von uns da.

Und jetzt kommt eine Analyse, nämlich von Herrn Professor Hermann Peyerl, Depart­ment für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Universität für Bodenkultur Wien. Und das ist auch der Grund, warum keine Vorschläge von uns kommen, weil Professor Peyerl zu Recht sagt:

Die sachliche Begründung ist beim neuen Konzept der Einheitswerte nicht durchgängig erkennbar, denn woraus die Höhe der prozentuellen Zu- und Abschläge, zum Beispiel für regionale Lage, Feldstückgröße und Jahresniederschlagsmenge, abgeleitet wurde, bleibt unklar. Ebenso ist fraglich, warum gerade 33 Prozent der Direktzahlungen aus der ersten Säule berücksichtigt werden und woraus sich die Höhe der Viehzuschläge ergibt. Ein wissenschaftlich begründetes Konzept dürfte der neuen Einheitsbewertung nicht zugrunde liegen. Die festgelegten Werte sind ein politisches Verhandlungsergeb­nis – zweifelsfrei –, das dem Verfassungsgerichtshof möglicherweise nicht reicht.

Ich möchte hier eine wissenschaftliche Meinung zitieren. Das ist der Grund, Kollege Auer, warum ich bei dieser Debatte immer gefordert habe, dass alle Fakten auf den Tisch kommen, weil hier sozusagen auch die inneragrarische Gerechtigkeit auf dem Prüfstand steht: Wie schaut es wirklich mit Steuerleistungen der einzelnen Branchen, Sektoren innerhalb der Landwirtschaft aus? Wie schaut es mit den Bewertungen aus? Wie ist tatsächlich die Realität heute, und wie ist sie dann nach dem neuen System, nach der nächsten Hauptfeststellung?

Ich habe immer gefordert, dass wir eine begleitende Evaluierung von Beginn weg durchführen. Leider wurde ich bisher nicht gehört. Ich bin aber überzeugt, dass wir auf dieses Thema bald wieder stoßen werden, weil nämlich das Modell so komplex ge­worden ist, dass viele Bäuerinnen und Bauern jetzt schon verzweifelt sind, wenn sie nur daran denken, was auf sie zukommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.43.22

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Was den Inhalt des BZÖ-Antrages betrifft, Kollege Spadiut, muss ich sagen, da kann man vielem durchaus auch zustimmen. Fakt ist nämlich, dass die Einheitswerte nicht mehr die aktuellen und tatsächlichen Ertragsverhältnisse der Landwirtschaft widerspiegeln. Die Landwirtschaft hat sich verändert, das zeigt auch der Grüne Bericht. Die Fördermöglichkeiten, die Förderstrukturen sind bürokratischer und aus unserer Sicht auch teilweise ungerechter geworden. Grund genug, etwas zu tun, um die Einheitswerte neu zu regeln.

Der Landwirtschaftssprecher der SPÖ, Kurt Gaßner, und der ÖVP, Jakob Auer, haben diesbezüglich einen Kompromiss gefunden. Das Ergebnis ist im Herbst 2012 bekannt gegeben worden. Sie kennen dieses Ergebnis: Die Einkommensteuerpauschalierung wird gesenkt und die Neuberechnung der Einheitswerte fixiert.

Hier wurde aus unserer Sicht ein erster wichtiger Schritt gesetzt, aber, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, es kann nicht der letzte Schritt gewesen sein. Auch in Zu­kunft wird für die überwiegende Zahl der Bauern das landwirtschaftliche Einkommen auf Basis der Einheitswerte pauschal ermittelt werden. Lediglich größere und viehstar­ke Betriebe werden ab 2014 steuerliche Aufzeichnungen führen müssen. Der Einheits-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 224

wert bleibt aber weiterhin Grundlage für die pauschale Einkommensermittlung und die Sozialversicherung der Bauern.

Ich muss unserem Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner recht geben, wenn er die Mei­nung vertritt, dass ein nächster Schritt folgen muss, nämlich jener, dass die gesamte Landwirtschaft verpflichtet wird, eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung beziehungs­weise eine Buchhaltung zu machen. Das ist genau jener Ansatz, wie es auch jeder an­dere Unternehmer in Österreich machen muss.

Was laut Antrag des BZÖ die Zuständigkeit einer möglichen Koordinierungsfunktion diesbezüglich betrifft, wurde im Ausschuss ausführlich darüber diskutiert und auf das Finanzressort verwiesen. Der Landwirtschaftsausschuss hat auch empfohlen, der Na­tionalrat wolle den Bericht des Ausschusses zur Kenntnis nehmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 3 Minu­ten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.45.46

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Jetzt wird es Zeit, dass wir hier herinnen wieder einmal munter werden, denn es geht um die Anliegen der Landwirte. Ihr sitzt da drinnen, verratet und verkauft die Bau­ern und lacht dazu. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) Die Bauern haben Angst, die Landwirte haben Angst. Ich war vorgestern bei einer Podiumsdiskussion in Laimbach, Bezirk Melk, und habe gesehen, die Landwirte haben Angst. Die sagen, wir haben heute einen ÖVP-Machtapparat namens AMA, der uns kontrolliert, der gegen jedes Menschenrecht verstößt. Das sagen die Bauern. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der
Abg. Steibl.)

Und eines kann ich Ihnen sagen, das Lachen wird Ihnen vergehen, spätestens bei der nächsten Wahl, denn was ihr jetzt mit den Landwirten aufführt, das passt auf keine Kuhhaut mehr. Die Landwirte sagen uns jetzt, wir haben vor keiner Buchhaltung Angst, denn eine Steuerprüfung durch das Finanzamt ist nichts im Vergleich zu einer AMA-Prüfung. Die Menschen, die Landwirte zittern vor dieser AMA, wo Sie auch jede Re­form verweigern, einer AMA, wo wir 600 Beamte haben. Im Vergleich dazu hat die deutsche BALM, das Gegenstück zur österreichischen AMA, 83 Beamte.

Aber bitte, wenn Sie meinen, dass Sie solch vernünftige Anträge wie diesen BZÖ-An­trag einfach niederstimmen, sich da herausstellen, lachen und sagen müssen, beim Einheitswert, da wird ein bisschen angepasst, dann, meine lieben Damen und Herren, muss ich dem entgegenhalten, Sie werden sehen. Wann gehen euch endlich die Au­gen auf? Wie viele Bauern müssen noch schließen, damit ihr endlich aufhört, Raiffei­sen zu vertreten, und endlich einmal beginnt, die Landwirte, die in ihrer Existenz be­droht sind, zu vertreten? (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben vorhin groß von den Auswirkungen gesprochen. Ja welche Auswirkungen gibt es denn? Sie haben heute den Landwirt in eine Abhängigkeit getrieben. Der Land­wirt muss so viele Aufzeichnungen führen. Die Buchhaltung wäre dagegen nichts, ein reines Nichts.

Es ist fatal, wenn die Landwirte teilweise ein Einkommen von 5 000, 6 000 € haben, wie es in den Seitentälern Osttirols der Fall ist, und dann noch von der AMA kontrolliert werden und auch die Sozialversicherungsbeiträge wieder von euch, von der ÖVP er­höht wurden. Und dann verweigert ihr überhaupt alles, das ist eine Schande. Die ge­samte ÖVP-Agrarpolitik ist eine Schande! Ihr habt es so weit gebracht, dass Österreich nicht mehr autark ist. Wir können unsere Bevölkerung nicht mehr mit heimischen Le­bensmitteln versorgen. Lesen Sie den Grünen Bericht!


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Beim Getreide produzieren wir noch 88 Prozent. Und das Einzige, was euch einfällt, ist, ein Bioethanol-Werk zu bauen, damit Raiffeisen, damit die Firma Agrana noch mehr Profite macht. Schämt euch! (Beifall beim BZÖ.)

Und eines kann ich sagen: Diese Politik ist wirklich ein Trauerspiel, denn ihr habt es auch zustande gebracht, diese ÖVP-Politiker sind stolz darauf, dass wir nur mehr 12 Prozent unseres Einkommens für Lebensmittel ausgeben. Das ist wirklich schänd­lich.

Es ist heute so, dass die Obstbauern in der Steiermark um ihre Existenz kämpfen. Der österreichische Obstbauer, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, be­kommt im Jahr 2012 für den Apfel im Schnitt 23 Cent. In Südtirol bekommt der Bauer im Schnitt für denselben Apfel 44 Cent. Heute ist im Handel in Italien der Apfel dann noch viel billiger für den Endverbraucher als bei uns in Österreich.

Und dann gehen Sie her, erhöhen alles für den Bauern, wo es nur geht, bestreiten das aber!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits am 8. März 2012 haben die Herren Landwirtschaftskammerpräsidenten genau das unterschrieben. Und dann gehen Sie her und bedanken sich heute beim Kollegen Gaßner. Wirklich, ich will das Wort Lüge nicht in den Mund nehmen, aber noch im Herbst hat ihr Kollege August Astl bestritten, dass es dieses Papier gibt. Das kann jeder von mir haben, von allen neun Kammer­präsidenten bereits am 8. März unterschrieben.

Ich sage euch eines: Werdet langsam munter! Machen wir eine Politik für diese Bau­ern! Machen wir eine Politik für unsere Bevölkerung und hören wir endlich mit diesen Konzernen auf! Und eines sage ich Ihnen, Herr Auer, ich bin zutiefst enttäuscht, dass Sie als Bauernbundobmann einen Antrag wie diesen ablehnen. Wollt ihr nur mehr ei­nen abhängigen Landwirten, der von der AMA, von den Förderungen, von Raiffeisen und von der Agrana mit Verträgen geknebelt wird und überall abhängig ist? Das ist der falsche Weg! (Beifall beim BZÖ.)

20.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 3 Minuten. – Bitte.

 


20.51.11

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Angesichts der Sendezeit gehe ich davon aus, dass jetzt viele Landwirte am Fernsehapparat sitzen und sich das angehört haben. Und ich gehe davon aus, dass sich der eine oder andere fragt, warum ihr gerade den Huber für das BZÖ da herausschickt. Ihr werdet doch um Gottes willen einen haben, der einen klaren Gedanken auch klar aussprechen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist, dass unsere Landwirte in den letzten Jahren mit viel Unsicherheit leben mussten. Und Tatsache ist, dass dieses ganze System – wir haben es heute schon diskutiert, dass eben nicht nur über die Preise alles bezahlt wird, sondern Ausgleichs­zahlungen notwendig sind – eine Veränderung unserer gesamten Wirtschaftsgrundla­gen gebracht hat und deswegen auch eine Neubewertung der Einheitswerte notwendig gemacht hat. Die zweite Seite ist eben auch, dass dieses neue System viele Kontrollen erfordert, aber vor der Kontrolle steht immer die Antragsgenauigkeit.

Herr Kollege Huber, wenn Sie mithelfen würden, dass die Landwirte, die sich vorher fürchten, einen richtig ausgefüllten Antrag abgeben, so wie wir das von der Landwirt­schaftskammer machen, dann brauchen sie sich nachher bei der Kontrolle durch die AMA nicht mehr zu fürchten, denn es stimmt. (Abg. Huber: 600 Beamte hat die AMA!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 226

Denken Sie nach!) Und ich kann Ihnen sagen, die wirklich gute Politik ist die, die den Bauern sagt, wie es geht, damit sie zu ihrem Geld kommen, wenn sie es brauchen. Wir in Niederösterreich machen das so. Und wir haben deswegen auch vergleichsweise sehr geringe Kontrolldurchschnitte, da eben in Niederösterreich die Anträge stimmen, die Beratung passt. Und der hohe Anteil an Bauernbundstimmen in der Kammerwahl spiegelt wider, dass die Bauern wissen, wer für sie da ist.

In dieser Diskussion um die neuen Einheitswerte war das genauso. Seit 2009 disku­tieren wir mit den Bauern dieses Thema. Natürlich ist Veränderung immer unange­nehm. Aber natürlich ist es auch so, dass die Bauern verstehen, dass nur das Notwen­digste geändert wird. Dass die Wissenschaftler, wie Kollege Pirklhuber gesagt hat, das noch nicht verstehen, das glaube ich gerne. Wenn man das nämlich wissenschaftlich gemacht hätte, dann hätten wir bei der Bewertung der Einheitswerte die Benachteili­gung der Region nicht einwerten dürfen, da die Ausgleichszahlung das ausgleicht, oder wir hätten bei Benachteiligung auch die Einnahmen aus den Ausgleichszahlungen he­reinnehmen müssen. Das haben wir nicht getan, um einfach einen politischen Konsens zu diesem Thema über ganz Österreich zu haben. Denn eines ist uns das Allerwich­tigste: Solange die Bauern zusammenhalten und mit einer Stimme in diesem Haus re­den, werden wir auch etwas weiterbringen.

Herr Kollege Huber, nicht weil das, was du redest, keinen wirklichen Hintergrund hat, ist es ein Jammer, sondern weil du keine Ahnung hast und weil du dich bemühst, dass du die Bauern auseinanderdividierst, ist es ein Jammer. Auf das, was du sagst, kann man verzichten, aber die Störung der Einheit, die ist unangenehm. Wir halten zusam­men, darum bringen wir auch etwas zustande. Das wird auch so bleiben. Jakob Auer hat es bewiesen, und Kollege Gaßner war ein fairer Partner. Deswegen, lieber Jakob, danke ich dir und auch dir, Kollege Gaßner. Und da wir heute gehört haben, dass du vielleicht in der nächsten Periode nicht mehr da bist, muss ich sagen, schön langsam würden wir uns aneinander gewöhnen, um dich wär’s direkt schade. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.54.44

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben beim vorigen Tagesordnungspunkt darüber geredet, dass man darauf achten soll, dass in den öffentlichen Küchen österreichische Lebensmittel verankert werden, dass Lebensmittel von österreichischen Biobauern ver­ankert werden, sodass man dadurch den kleinen Bauern hilft, und dass täglich Bauern aufhören, weil sie dem Konkurrenzdruck nicht mehr standhalten können. – Das war beim vorigen Tagesordnungspunkt.

Jetzt wird über das Einheitswertsystem geredet, wo es genau darum geht, den kleinen Bauern eine Chance zu geben, denn die Pauschalierung auf Basis des Einheitswert­systems bringt den kleinen Bauern etwas, da sie von Bürokratie entlastet sind. Die gro­ßen Betriebe müssen eine Buchhaltung machen.

Herr Kollege Huber, Sie können das doch nicht ernsthaft meinen, dass, wenn jeder ei­ne Buchhaltung macht, das angenehmer ist. (Zwischenruf des Abg. Huber.) Das kön­nen Sie doch nicht ernsthaft behaupten. Machen Sie einmal eine Buchhaltung! Dann werden Sie sehen, was das bedeutet. Das ist eine bürokratische Entlastung!

Und das große Verdienst von Jakob Auer, von Kollegen Gaßner und allen, die verhan­delt haben, die hier sitzen, ist, dass das Einheitswertsystem gerettet wurde, weil es


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modernisiert wurde. (Abg. Huber: Fragen Sie die Obstbauern!) Es hat nicht mehr der Zeit entsprochen, weil jetzt die Zahlungen der Europäischen Union dort Einzug halten. Somit ist es auch angepasst und wird auch vor den obersten Gerichtshöfen halten, denn sonst wäre es gekippt worden. Und damit wurde sichergestellt, dass man eine gesunde Basis hat, wo es eine Pauschalierung geben kann. Wir reden hier immer wie­der davon, dass die Bauern entlastet werden sollen, mehr im Stall stehen und am Feld sein sollen als am Schreibtisch sitzen. (Abg. Huber: Das ist eine Erhöhung, 30 Prozent mehr, das ist keine Entlastung!) Wollen Sie, dass hinter jedem Misthaufen ein Kon­trollor steht, der die Buchhaltung überprüfen muss? Es kann jeder Bauer freiwillig Buchführung machen. Wenn das so eine Hetz ist, dann kann er es machen. Das ist ge­setzlich möglich.

Aber das große Verdienst der Verhandler – ich erwähne sie noch einmal – Jakob Auer, Abgeordneter Gaßner und aller, die etwas dazu beigetragen haben, ist, dass es mo­dernisiert wurde, dass die Kammerpräsidenten aus Verantwortung heraus eine kom­plexe, schwierige Materie behandelt und damit ein System für Österreich geschaffen haben, dass in allen Regionen Österreichs die Bauern sagen können, wir haben den Einheitswert als solide Basis. Sie müssen sich nicht mehr sagen lassen, ihr seid nicht mehr zeitgemäß, da ist etwas faul, sondern das ist auf eine solide rechtliche Basis ge­stellt. Und die Pauschalierung wurde abgesichert, weil es den kleinen Bauern hilft und das auch eine echte Unterstützung ist, unbürokratisch ist und auch trotzdem ge­währleistet, dass auf Basis der Ertragslage, des Einheitswertes eben auch Steuer bezahlt wird. Und das ist die große Leistung bei dieser wirklich sehr komplexen Materie gewesen.

Da Sie von der AMA reden und hier so tun, als ob Menschenrechte verletzt würden, muss ich sagen: Das darf nicht passieren. Aber gleichzeitig muss sichergestellt wer­den, dass eine Behörde auch kontrolliert. Sie würden kein Verständnis haben, wenn Zahlungen, die, egal, ob an Bauern, an Gewerbetriebe, an wen immer gehen, nicht kontrolliert würden.

Es stimmt ganz einfach nicht, dass die AMA mehr Personal als die deutschen Institu­tionen hat, nur sind die Deutschen anders organisiert. Die Deutschen haben eine Bun­desstelle, und die Kontrollen machen dann die Bundesländer. Die haben in Summe ungleich mehr Personal als die AMA, die nur eine Stelle hat.

Versuchen Sie also, sachlich zu bleiben und auch nicht einseitig zu polemisieren und da absonderliche Vorwürfe zu machen! Das wäre falsch. Die AMA ist aufgerufen, dass sie die Bauern korrekt behandelt. Die Bauern müssen das korrekt über die Bühne brin­gen. Aber kippen Sie nicht ein System, das bewährt ist und das auch Anerkennung auf europäischer Ebene findet! Und in diesem Sinne danke ich den Verhandlern, dass es gelungen ist, das Einheitswertsystem so zu reformieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.34

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über die geplante Einheitswerter­höhung. Und da muss ich einmal ganz offen in den Raum hinein fragen: Was ist denn eigentlich der Einheitswert? – Der Einheitswert ist der Ertragswert, meine Damen und Herren! Und wie schaut es jetzt aber mit den Erträgen in der Landwirtschaft in den letz­ten Jahren aus? – Die Erträge in den letzten Jahren sind durchwegs rückläufig. So ehr­lich müssten wir sein. Das heißt, wir sollten also eigentlich einmal über eine Anpas-


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sung sprechen. Also nichts anderes als einmal herunter mit dem Einheitswert. Das wä­re eigentlich der richtige Weg. (Beifall beim Team Stronach.)

Dass man natürlich diese geplante Einheitswerterhöhung verteidigen muss oder möch­te, ist ganz klar. Aber ich frage jetzt einmal: Wie soll man das erklären, wenn, wie ich schon gesagt habe, die Erträge tatsächlich immer geringer werden?

Und da gibt es ein ganz schönes Beispiel, denn der Bauernbund sagt immer, wir haben so einen tollen Schweinepreis. – Der Schweinepreis ist wirklich ganz, ganz super. Ein Kilo Schweinefleisch kostet im Schlachthof 1,50 €. Und wenn man das jetzt vergleicht: Das gleiche Fleisch, dieselbe Qualität hat im Jahr 1972, also vor 40 Jahren, 31 Schil­ling gekostet. In Euro umgerechnet sind das 2,25 €. Und das ist auch die Wahrheit. Das ist der tolle Schweinepreis, von dem speziell der Bauernbund so gerne spricht.

Das heißt, wir haben derzeit Ertragspreise, meine Damen und Herren, die wir vor 40 Jahren nicht gehabt haben. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich will jetzt gar nicht von den steigenden Produktionskosten sprechen, von den stän­dig steigenden Auflagen im Bereich Tierschutz und Umwelt oder vom fehlenden Infla­tionsausgleich. Da brauchen wir uns alle miteinander nicht zu wundern, dass seit dem EU-Beitritt 70 000 Schweinebauern zugesperrt haben, sozusagen das Hangerl ge­schmissen haben. (Abg. Riepl: Schweinefleisch ist eh nicht so gesund!) Es waren auch 60 000 Rinderbauern, Herr Kollege.

Ich darf jetzt einmal den Bauernbund ansprechen, auch wenn es heute einmal nicht um Inserate geht oder darum, dass man den ÖVP-Wahlkampf finanziert oder wie auch immer. Meine Damen und Herren vom Bauernbund, Sie sind es, die die Arbeit der Bauern tatsächlich besteuern wollen! Sie sind es, die die Bauern, die an 365 Tagen im Jahr hart arbeiten, die zum Beispiel Tag für Tag zwei-, drei-, viermal täglich in den Stall gehen, bestrafen wollen. Da sage ich jetzt einmal ganz ehrlich, das ist eine Bauern­vertretung, da kann man nur mehr sagen: Na hawidere! (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

Auf der anderen Seite gibt es dann den Koalitionspartner, die SPÖ, und Sie schauen dabei zu – das muss man sich ja auch einmal auf der Zunge zergehen lassen! –, wie man die Arbeit der Bauern ganz einfach steuerlich nicht entlasten möchte. Gerade Sie haben ja den Slogan, diese Worthülse, in der es eigentlich darum geht, Arbeit zu ent­lasten. Wie gesagt: Worthülsen, nichts als leere Floskeln. (Abg. Mag. Gaßner: Jetzt reicht es aber, gell?)

Folgendes muss auch noch gesagt werden: Der Einheitswert ist die Beitragsgrundlage, meine Damen und Herren, für die Grundsteuer, für die Sozialversicherungsbeiträge und, nicht zu vergessen, für die Kammerbeiträge. Und darum, meine Damen und Her­ren, genau um diese Erhöhung der Kammerbeiträge, geht es Ihnen auch, denn Sie wollen damit ja eigentlich nur diesen Kammerfunktionärsstadl beziehungsweise diese Funktionärskolonie finanzieren. Und die Damen und Herren von der SPÖ schauen da­bei zu. (Beifall und Bravoruf beim Team Stronach.)

Herr Bundesminister, Sie sagen immer, Sie wollen Green Jobs schaffen. In Wirklichkeit vernichten Sie diese. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Win­disch. – Bitte.

 


21.03.03

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, gerade angesichts des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 229

aufgezeigten Strukturwandels sieht man doch, wie wichtig verlässliche Rahmenbedin­gungen für unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern sind – verlässliche Rahmenbe­dingungen, die Spielregeln sind, unter denen sich das Match des freien Marktes ab­spielt, Rahmenbedingungen im Auswärtsspiel, wo wir gerade in Brüssel mit aller Kraft gemeinsam kämpfen, um eine ordentliche GAP hinzubringen und die ländliche Ent­wicklung auch ordentlich zu unterfüttern.

Gott sei Dank ist das Heimspiel, das wir bei den Einheitswerten hatten, gut ausgegan­gen und der Sack konnte zugemacht werden, sodass die Bauern wenigstens da bere­chenbare Spielregeln haben, Planungssicherheit, auf die sie sich verlassen können.

Angesichts der neuen Hauptfeststellung mit 1. Jänner 2014, wo diese Ecksteine nach fast 25 Jahren wieder gesetzt werden, stehe auch ich nicht an, den beiden Master­minds von den Koalitionsparteien Danke zu sagen.

Wir haben damit eine ertragsorientierte Bemessungsgrundlage, eben im Unterschied zu einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage, die viele immer wieder ange­zogen haben – gerade in einer Zeit, wo die Produktion mit volatilen Märkten, mit den Bocksprüngen der Preise, mit Naturkatastrophen, Ertragsschwankungen, dem Auf und Ab mit Missernten sehr stark in Mitleidenschaft gezogen wird.

Natürlich haben auch populistische Unkenrufe von vielerlei Seite nicht gefehlt, um Pau­schalierung und Einheitswertsystem madig zu machen. Da Professor Peyerl zitiert wor­den ist, darf auch ich ein Zitat bringen, ein Gegenzitat aus dem „Kurier“, nämlich von der fachlichen Speerspitze der Arbeiterkammer, von Mag. Schellmann, der am Anfang eingesetzt worden ist, um die Dinge zu kritisieren.

Mag. Schellmann schreibt am 14. Jänner 2013, dass er voll des Lobes bezüglich der Zu- und Abschlagssysteme ist, die hier integriert worden sind, und zitiert Schlie­renzauer, der auch bei Rückenwind und Gegenwind Zuschlags- und Abschlagsmeter bekommt, je nach entsprechender Wettersituation. Also ist es sehr klug, auch hier ent­sprechende Zu- und Abschläge einzupreisen. (Abg. Brosz: Der Gegenwind ist der Auf­wind!)

Wir haben alle miteinander dem Wandel Rechnung getragen, und genau das, was der VfGH verlangt hat, ist ja geschehen. Natürlich muss es automatisch auch irgendwo Veränderungen geben, sonst hätten wir ja keine Neubewertung gebraucht, eine klare Abbildung der Ertragskraft, auch unter Einrechnung einer neuen Einkommenskompo­nente, nämlich der Direktzahlungen der ersten Säule mit einem gewissen Wert, um den Vorgaben zu entsprechen.

Abschließend: Es wurde diesbezüglich auch eine Datenverbundlösung geschaffen, es werden nämlich die Daten der Finanz, der SV und der AMA vernetzt. Damit ist der Ein­heitswert neu auf aktuellster Basis, jährlich upgedatet. Er ist schlank in der Verwaltung, und er ist auch VfGH-fit, was ja für die Zukunft ganz, ganz wichtig ist. Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jan­nach. – Bitte.

 


21.06.46

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Danke, danke, danke, lieber Bauernbund, dass ihr das verhandelt habt! Der Applaus hier he­rinnen ist riesengroß. Mich wundert nur eines, nämlich warum sich zu den Bauernver­anstaltungen, die jetzt landauf, landab stattfinden – in der Steiermark, in Sinabelkir­chen, wo es 600 Obstbauern gibt, oder zu der Veranstaltung des Unabhängigen Bau-


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ernverbandes –, kein Einziger von euch Vertretern vom Bauernbund – hier im National­rat gibt es zehn davon! – hintraut.

Die Kritik, lieber Kollege Schultes, an Gerhard Huber mag berechtigt sein. Sie ist wie immer überheblich, so wie wir das von dir ja kennen, aber er hat sich wenigstens hin­getraut, und ich auch, und du bist zu feig gewesen, dort hinzugehen. Du hast dich ge­drückt! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Das ist eine verkehrte Welt: Sich hier im Hohen Haus gegenseitig zu applaudieren  (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Bitte, Herr Abgeordneter Schultes, gehen Sie in die niederösterreichische Landwirtschaftskammer und machen Sie das dort, aber verkaufen Sie bitte hier die Bauern nicht für blöd. Das ist einfach ein Wahnsinn! So geht das nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) Du kannst dich dann gerne zu Wort melden, aber Zwischenrufe akzeptiere ich so, in dieser Form, nicht mehr, vor allem, wenn sie so unqualifiziert sind. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten des BZÖ.)

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es eine verkehrte Welt ist: Draußen zu den Bauern traut ihr euch nicht, zum Beispiel zu den 600 Obstbauern in Sinabelkirchen, und hier herinnen applaudiert ihr euch gegenseitig. So toll kann das System der neuen Einheitswerte dann zweifellos nicht sein. Ihr schreibt selber in der Zeitung des Bau­ernbundes, dass es zu einer zehnprozentigen Erhöhung der Einheitswerte kommt. Das ist eine massive Belastung!

Ihr redet von Modernisierung und davon, dass das alles sein müsse, aber es wird in diesem Bereich alles teurer. Die Sozialversicherung wird dadurch erhöht (Ruf bei der ÖVP: Hör auf zu jammern!), alle Abgaben werden für die Bauern um mindestens 10 Pro­zent erhöht.

Es wurde gesagt, es habe keine Vorschläge der Freiheitlichen gegeben. Es hat keine einzige Einladung zu einem Gespräch gegeben, und im Ausschuss keine Diskussion über diese ganze Sache.

Der Herr Bundesminister ist auf Tauchstation gegangen. Im Internet, im weltweiten Netz, sucht man vergeblich eine Stellungnahme des Landwirtschaftsministers zur Neu­bewertung der Einheitswerte. Kein Kommentar. Wir haben auch keinen Kommentar – das vergisst man wieder, ich muss das leider immer wieder wiederholen – zum Spar­paket 2012 gefunden; auch das erwähnt ihr nicht. Wir vergessen immer, was dort be­schlossen worden ist: Den Agrardiesel habt ihr gestrichen – heute keine Wortmeldun­gen mehr, vom Minister kein Kommentar zum Agrardiesel. Nicht einmal bei der An­fragebeantwortung bekommt man dazu Auskunft.

Dann sind Beitragserhöhungen bei der Sozialversicherung erfolgt, und zwar ohne Ein­heitswerterhöhung: 85 Millionen € bis 2017 – Information: Finanzministerin Fekter. Dann haben wir eine Erhöhung des Hebesatzes: 10 Millionen € Mehrbelastung für die Landwirtschaft – Auskunft: Anfragebeantwortung Finanzministerin Fekter.

Und dann haben wir eine – vulgo – Umwidmungsabgabe, die ihr auch beschlossen habt, wo der Minister dann sagt: Ja, das wird 250 Millionen € ausmachen. Das wird auch hauptsächlich die Bauern belasten.

Bei den Einheitswerten habe ich schon gesagt: die Hektarhöchstsätze, Vieheinheiten­zuschläge – also intensivere Betriebe werden mehr belastet –, öffentliche Gelder wer­den jetzt einbezogen, Vollpauschalierung, die Obergrenze wird gesetzt und der Ge­winnermittlungssatz wird angehoben und dies alles vor dem Hintergrund, dass seit 1995 real 30 Prozent Einkommensverlust bei den Bauern zu verzeichnen ist, dass seit 1995 in Österreich auch 30 Prozent der Betriebe zugesperrt haben.


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Alles ist so paletti da bei euch hier herinnen, alles ist so super, man beklatscht sich ge­genseitig! Aber das eindeutigste Zeichen ist doch: Hinaus zu den Bauern trauen Sie sich nicht.

Wir Freiheitlichen haben in Bezug auf den Einheitswert heute einen Vorschlag ge­bracht, denn wir waren in Sinabelkirchen bei den Obstbauern. Dort war aber niemand von euch; ihr habt den Landwirtschaftskammer-Generalsekretär Astl hingeschickt, was sehr kurios ist, denn der sollte die Bauern aller politischen Parteien vertreten und nicht nur die ÖVP. Wolfgang Astl ist aber dort auch nicht sehr freundlich empfangen worden.

Wir stellen einen Antrag – diesen bringe ich noch zur Verlesung – in Bezug auf die Obstbauern. Da hat es nämlich auch eine interessante Stellungnahme des SPÖ-Ver­treters gegeben, der gesagt hat, die Höchstgrenze von zehn Hektar bei den Obst­bauern war nicht seine Erfindung; sie hätten fünf Hektar vorgesehen; von euch ist dann zehn Hektar gekommen; sie hätten da alles freigegeben.

Folgenden Antrag in Bezug auf die Obstbauern bringe ich heute ein; die anderen Dinge werden wir uns auch noch anschauen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen eine Änderung des Einkommensteuergesetzes zu erarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, die eine Strei­chung der Hektargrenze für Obstkulturen bezüglich der Pauschalierungsgrenzen (...) zum Inhalt hat.“

*****

Diesen Antrag bringe ich hiemit ein, und wir hoffen, er findet Zustimmung, auch bei der SPÖ, denn Sie von der SPÖ haben ja gesagt, dass es Ihnen kein Herzensanliegen sei, da eine Pauschalierungsgrenze einzuführen. Ihr habt die aber mutwillig eingeführt und die Bauern dadurch belastet.

Dem Kollegen Spadiut möchte ich noch Folgendes sagen: Der Antrag, über den wir heute sprechen, ist im Jahre 2010 gestellt worden. Eine Koordination hat es da offen­sichtlich nicht gegeben; also die Kuh ist bereits aus dem Stall. Der Antrag ist eigentlich viel zu alt, wir werden dem aber aufgrund der Intention dieses Antrages trotzdem zu­stimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen

betreffend notwendige Änderungen des Einkommensteuergesetzes im Zuge der Neu­berechnung von Einheitswerten

eingebracht am 31. Jänner 2013 in der 188. Sitzung des NR zu TOP 16, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1064/A(E) der Abgeordne-


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ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dringlichkeit der Wahr­nehmung der Koordinierungsfunktion des Landwirtschaftsministers in der Einheitswert­frage (2116 d.B.)

Die von der Bundesregierung beschlossenen Änderungen bei der Pauschalierung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist ein Schlag ins Gesicht der österreichischen Bauernschaft.

Es wurden willkürliche Grenzen eingezogen, um die Geldtöpfe für Misswirtschaft und Euro-Hilfspakte nach Belieben zu füllen. Auf der Strecke bleibt die kleinstrukturierte Landwirtschaft. Hat es für Obstbauern bisher keine Flächenbegrenzung gegeben, so gilt ab 2013 eine Flächenobergrenze von 10 Hektar. Alleine dadurch sind in den nächs­ten Jahren hunderte Obstbaubetriebe von der Schließung bedroht.

In ganz Österreich formiert sich mittlerweile der Wiederstand der Bauern gegen dieses „Auspressen“ der Landwirtschaft. Die Änderungen im Einkommensteuergesetz müssen im Sinne einer gesunden und zukunftsfähigen österreichischen Landwirtschaft rück­gängig gemacht werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Finanzen eine Änderung der Einkommensteuergesetzes zu erarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, die eine Streichung der Hektargrenze für Obstkulturen bezüglich der Pauschalierungsgrenzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, also der Gewinnermittlung mit Hilfe von Reingewinnprozentsätzen, zum Inhalt hat.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wind­holz. – Bitte.

 


21.12.03

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Schultes, du weißt, ich schätze dich persönlich sehr, aber das war jetzt ein bisschen gar viel, wie du da jetzt dick aufgetragen hast. Ich weiß nicht, ob du damit der Landwirtschaft einen guten Dienst erweist, gerade auch was den Umgang mit Kollegen betrifft, denen es um die Sache geht. (Beifall beim BZÖ.)

Was diskutieren wir hier? – Wir diskutieren einen Antrag, der am 25. März 2010 ein­gebracht wurde  (Abg. Ing. Schultes: War das jetzt Jannach oder Huber?) – Wir können gleich beide nennen, denn auch der Kollege Jannach ist einer, der mit Herz und Seele bei der Sache ist, so wie der Kollege Huber. (Beifall beim BZÖ. Abg. Hor­nek: Du bist auf einem Niveau! Du bist auf demselben Niveau!)

Kollege Schultes, du tust der Landwirtschaft nichts Gutes, wenn du Argumente sozu­sagen nur niederzureden versuchst.

Am 25. März 2010 wurde dieser Antrag eingebracht; jetzt liegt er also schon bald drei Jahre lang hier. Glaubst du, Kollege Schultes, dass das gescheit ist? Gingen solche Anträge nicht viel schneller durch einen Ausschuss, damit sie möglichst rasch hier im Plenum behandelt werden könnten?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 233

Kollege Schultes, du verweist dann auf Wahlergebnisse beim Bauernbund. Diese sind mir bekannt, natürlich auch die von dir genannten Prozentsätze, aber bitte, sich hier im Parlament auf Bauernbund-Wahlergebnisse zu berufen, dafür ist das Parlament der falsche Platz. (Abg. Hornek: Das haben wir zwar nicht gesagt, aber es ist schön, dass du sie kennst! Das ist legitim! Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) – Kollege Schul­tes, du kannst doch hier niemandem das Recht absprechen, für eine Berufsgruppe ein­zutreten. Das kann jeder Abgeordnete, das können insbesondere die Bereichssprecher aller Parlamentsfraktionen. (Beifall beim BZÖ.)

Wofür tritt denn Kollege Huber ein? – Für weniger Bürokratie – und nicht für mehr! Kollege Huber zeigt den Missstand auf, dass die steuerlichen und finanziellen Belas­tungen für die Landwirte immer mehr und nicht weniger werden. Wenn ich da jetzt von einem Äquivalenzprinzip ausgehe – das ist kurios –: Steuern werden es mehr, die fi­nanziellen Belastungen werden immer größer, hingegen die Einkommen der landwirt­schaftlichen Betriebe immer weniger. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Laufend werden landwirtschaftliche Betriebe geschlossen; das könnt ihr doch nicht wegdiskutieren. Ihr könnt sagen, wir bemühen uns, wir hauen uns da sozusagen hi­nein, aber es ist trotzdem so, dass ihr mittlerweile ein gestörtes Eigentumsdenken ent­wickelt habt. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist nicht das alleinige Feld der ÖVP, und ich glaube, dass ist jetzt wirklich ein An­lass zu sagen: Die Situation ist ernst genug, steigt herunter von dem hohen Ross! Ihr werdet gut daran tun, Leute wie einen Gerhard Huber und – jetzt nenne ich auch ihn noch einmal – den Kollegen Jannach mit ins Boot zu nehmen, für bessere Verhältnisse in der Landwirtschaft zu kämpfen, die Leute dazuzuholen, einzubinden, das ist eine gu­te Sache. (Abg. Hornek: Der Huber ist ja ein U-Boot!) Der Huber ist ein „U-Boot“! Das ist schon wieder eure Abgehobenheit, Leute zu disqualifizieren. (Beifall beim BZÖ.) Ich habe wahrgenommen, der Huber kämpft für positive Entscheidungen im Rahmen seiner Möglichkeiten als Parlamentarier. (Rufe und Gegenrufe zwischen Ab­geordneten von BZÖ und ÖVP.)

Wenn du solche Leute als „U-Boot“ bezeichnest, bist du auf dem Holzweg. Ihr wollt halt nicht herunter vom hohen Ross. Für all jene – du hast ja gesagt, es schauen viele Landwirte zu , die zusehen: Wenn ihr nicht freiwillig vom hohen Ross heruntersteigt, muss man die Wähler auffordern, dass sie es besorgen. (Beifall beim BZÖ und bei Ab­geordneten der FPÖ.)

Die Situation ist ernst genug, und ich finde es wirklich nicht angebracht, wie man hier Kollegen verbal beleidigt. Das tut der Sache nicht gut. (Beifall beim BZÖ. Abg. Hor­nek: Das hat der Huber gemacht! Der Huber hat geschimpft, nicht ich!)

21.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Huber zu Wort. – Bitte.

 


21.15.44

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Jetzt müssen wir einmal diese ÖVP-Märchenstunde beenden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Herr Bundesminister, wenn ich nicht wüsste, dass ich, wenn ich zu Ihnen „Lügner“ sa­ge, einen Ordnungsruf bekommen würde, dann würde ich es tun – aber weil das so ist, sage ich einfach, Sie sagen die Unwahrheit. Sie verblenden Tausende Landwirte. Sie stellen sich hier her und sagen die Unwahrheit. (Abg. Hornek: Was ist das jetzt?) Sie verkaufen diese neue Regelung, die die Kammerpräsidenten bereits im März 2012 un­terschrieben haben, als den großen Erfolg. Sie verkaufen das als Erfolg – bis zu 30 Prozent Erhöhung der Steuer ab sofort, 10 Prozent mindestens! Sie verkaufen die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 234

Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge eines Berufsstandes, der in seiner Existenz wirklich stark gefährdet ist, worüber nur die ÖVP lacht, als Erfolg.

Ja, meinen lieben Herren, da müssen wir wirklich mit beiden Füßen wieder zurück auf den Boden. Sie haben Milliarden für die Banken, und bei den Bauern gehen Sie her und besteuern sie höher! Sie ziehen ihnen das Geld aus dem Sack – das Geld, das sie sowieso nicht mehr haben, das sie von der Substanz herausnehmen – und verkaufen das als großen Erfolg. Und die ÖVP geht dann her und sagt, der Huber ist ein „U-Boot“.

Eines sage ich dir, Kollege Hornek: Ich kenne die Landwirtschaft wahrscheinlich viel, viel besser als ihr alle zusammen, denn ihr kennt nur Raiffeisen, Raiffeisen, Raiffei­sen – und das ist der falsche Weg. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundesminister, schauen wir doch einmal unsere Landwirtschaft an! Was hat denn der Herr Bundesminister gemacht? (Abg. Hornek: noch nie auf einem Traktor gesessen!) Wir reden hier von der EU, von freiem Wettbewerb. Ihr habt die gesamte Agrardieselrückvergütung gestrichen, ausnahmslos! Ist das fairer Wettbewerb? Der bayerische Landwirt bekommt pro Liter Diesel 26 Cent zurück, der österreichische nichts. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Der italienische Bauer bezahlt für den Liter Diesel 70 Cent, ist von der gesamten Mine­ralölsteuer befreit, und dann wollen Sie sich hier aufregen und sagen, der Huber ist ein „U-Boot“ – bei einem Bauernsterben, wie es das noch nie gegeben hat. Scham’ di’! Schämen Sie sich! (Beifall beim BZÖ.)

Ich glaube, die Bauern müssen endlich befreit werden. Eines sage ich euch: Hier groß reden, über mich herziehen, aber zu den Veranstaltungen der Landwirte nicht hinge­hen, das ist der falsche Weg. (Abg. Hornek: Ich war schon auf mehr Bauernveranstal­tungen, als du jemals sein wirst!) Habt wenigstens den Mut und geht zu den Bauern hin! Der liebe Kollege Auer hat vorhin gesagt: Ich habe mit dem Besitzer eines Betriebs gesprochen, des größten Schweinebetriebs; der schlachtet 25 000 Schweine in der Woche. Ja, das ist die Wahrheit! Diese 25 000 Schweine sind alle mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.  Ruf beim BZÖ: Furchtbar!)

Das ist unsere Landwirtschaft, die wird vertreten von der ÖVP. – Aber bitte, versuchen wir doch, einen Konsens zu finden, dass wir uns für diesen Berufsstand einsetzen. (Abg. Gahr: Mit dir kommt keiner z’samm!) Ihr werdet das doch sehen mit diesen Tausenden Arbeitsplätzen, die ihr in der Landwirtschaft vernichtet habt, dass ihr endlich umdenkt.

Wir haben ein Kammer-Zwangsmitgliedschaftssystem, wo die Landwirte wirklich  und dann geht ihr her – bei solchen Zuständen! – und der Herr Bundesminister sagt, die AMA in Deutschland, das stimmt alles nicht. – Herr Minister, in Deutschland gibt es ein ähnliches Kontrollwesen wie durch die AMA, aber der deutsche Bauer zittert nicht wie ein Lamplschweif vor der AMA, wie es bei uns der Fall ist. Das ist der Unterschied. (Beifall beim BZÖ.) Ja bitte, wo sind wir denn?

Und dann reden Sie vom Strukturwandel. Ja, sicher gibt es einen Strukturwandel. Ver­gleichen wir die Regionen, vergleichen wir Südtirol mit dem österreichischen Teil von Tirol, vergleichen wir einmal, wie viele tausend Betriebe  (Abg. Hornek: Du bist ein Kraut- und Rüben-Professor!) – Was haben Sie gesagt? Ich bin ein Krüppel? Nein, ich bin kein Krüppel, aber für die Bauern setze ich mich ein. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das hat er nicht gesagt!) Sie können nicht mehr als hereinschreien. Hören Sie zu, denn was ich hier sage, ist die Wahrheit! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Vergleichen wir die Regionen: In Südtirol gibt es kein Bauernsterben; bei uns gibt es ein enormes Bauernsterben – vergleichen wir die Rahmenbedingungen! Dann geht ihr her, lehnt nach zwei Jahren so einen Gesetzesantrag ab, macht gleichzeitig gemein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 235

sam mit der SPÖ eine Steuererhöhung für die Bauern und verkauft das hier als Erfolg. Ist das ein Erfolg?! Das Einkommen hinunter und die Steuern hinauf, das verkauft ihr als Erfolg.

Ich will jetzt nicht diese Wörter gebrauchen, aber in Anbetracht dessen bin ich mir hun­dertprozentig sicher: Den Landwirt in Tirol, den habt ihr schon so gebeutelt, den habt ihr nicht nur in der Existenz ruiniert, sondern ihr geht dann auch noch her und enteignet tausendfach  und dann macht ihr hier so eine große Show, feiert euch als die Sieger, als die Befreier.  Das ist der falsche Weg. (Beifall beim BZÖ.)

Ich sage euch noch einmal in aller Ruhe: Gehen wir einen gemeinsamen Weg und schützen wir diese Bauern! Das haben sich diese Bauern verdient, die 365 Tage, das ganze Jahr arbeiten, wo wirklich alle, die ganze Familie arbeitet. Und ihr geht her, drückt das Einkommen mit Vertragslandwirtschaften hinunter, geht mit den Steuern hi­nauf und verkauft das als den Erfolg.

Ich sage euch eines: Das ist die Wahrheit, und die Zuseher werden das wissen. Da könnt ihr hier über mich herfallen, wie ihr wollt, solange ich Agrarsprecher bin, werde ich mich für jeden Bauer einsetzen  im Gegensatz zu euch! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

21.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. – Bitte.

 


21.21.42

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Präsident! Ich mache jetzt den Versuch, vielleicht doch ein biss­chen Ruhe in die Debatte zu bringen. Herr Kollege Huber, niemand fliegt dich an, son­dern die Frage ist schon, wer hier jemanden sozusagen angeschüttet hat. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer.) Das wäre einmal zu hinterfragen, denn wenn du es selbst nicht glaubst, wäre es vielleicht angebracht, dir in einer ruhigen Stunde die Fernsehaufzeich­nung der heutigen Debatte anzuhören und anzusehen. Dann könnten wir vielleicht ein bisschen respektvoller miteinander umgehen.

Zum Zweiten: Es gibt keine Wortmeldung deinerseits, wo nicht Raiffeisen und Raiffei­sen und wiederum Raiffeisen vorkommt und dass die Bauern nur Raiffeisen ausgelie­fert wären. – Darf ich freundlich fragen, welcher Partei die größten Schlachthöfe Öster­reichs zugehörig sind? Darf ich dich fragen? Soll ich dir die Namen hier nennen? – Die sind einer ganz bestimmten Fraktion zugehörig. Das ist aber deren Sache, damit das klargestellt ist, denn jeder Betriebsinhaber soll selbst entscheiden, was er macht. Aber es gibt keine Raiffeisen-Schlachthöfe. (Abg. Huber: Ja wo ist der Marcher ?) – Der Marcher ist kein Raiffeisen-Funktionär, damit wir das auch ganz ruhig festhalten. (Abg. Huber: Aber Sie haben gesagt: Sie sagen  Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Zum Dritten: Ob der Jakob Auer als Landwirt und der Kollege Huber als Landwirt sein Getreide beim Produktenhändler verkauft oder im Lagerhaus ist seine Sache. Wo er seinen Handelsdünger bezieht, ist seine Sache; wo er seine Geschäfte in Geldange­legenheiten betreibt, ist seine Sache. Daher bitte ich hier nicht so zu tun, als ob das eine zwangsweise Politik und Vorgangsweise wäre. Ich würde wirklich darum bitten! Ein bisschen mehr Sachlichkeit wäre auch in deinem Interesse und im Interesse der bäuerlichen Familien in Österreich durchaus angebracht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. List: Lagerhaus, Raiffeisen!)

Meine Damen und Herren, natürlich haben viele in Österreich immer neidvoll nach Südtirol gesehen, weil dort durchaus bestimmte Budgetmittel zur Verfügung gestanden sind. – Vielleicht ist manchen entgangen, dass seit dem letzten Sparpaket Italiens bei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 236

einem Gesamtbudget in Südtirol von 5 Milliarden € pro Jahr 630 Millionen weggenom­men werden. Wissen Sie, meine Damen und Herren, wie in Zukunft agrarpolitische Un­terstützung aussieht? Da werden wir staunen, da werden wir uns österreichische Ver­hältnisse wünschen. Daher bitte ich, meine Damen und Herren, auch in der Frage der Einheitswerte zu mehr Sachlichkeit zurückzukehren! (Beifall bei der ÖVP.)

21.24

21.24.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, seinen Bericht 2116 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen des Einkom­mensteuergesetzes im Zuge der Neuberechnung von Einheitswerten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit und ist damit abgelehnt.

21.25.0717. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1993 d.B.): Bun­desgesetz über das Inverkehrbringen von Gasölen für nicht auf See befindliche Binnenschiffe und Sportboote sowie für mobile Maschinen und Geräte (2130 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes.  Bitte.

 


21.25.53

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Geschätzte Frau Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren, wir dis­kutieren heute eine gesetzliche Festlegung, die Sie nicht sehr berühren wird. In Zukunft darf im Treibstoff von Schiffen, die auf unserer Donau oder auf anderen Gewässern fahren, nicht mehr als 10 Gramm Schwefel pro Tonne Treibstoff enthalten sein. Sie werden sagen: Wen berührt das? Dazu muss ich sagen, die Öltanker oder Contai­nerschiffe, die auf den großen Ozeanen unterwegs sind, die haben 35 Kilogramm Schwefel pro Tonne mit, und der Tagesverbrauch von so einem Öltanker beträgt über 300 Tonnen Öl. Das heißt, der bringt täglich 12 Tonnen Schwefel in die Umwelt.

Das ist ein Thema, das man nicht unterschätzen darf, denn 5 Prozent der Welterdöl­vorräte werden über die Schifffahrt verbraucht; und der Schwefel im Öl ist letztendlich die Entsorgungsmöglichkeit vieler Raffinerien. Deshalb wird es notwendig sein, die Umsetzungen in diesem Bereich, die Entschwefelung auch dieser Treibstoffe voranzu­bringen.

Die „Costa Concordia“, die in Italien im Wasser liegt, hatte 2 380 Kubikmeter Treibstoff mit entsprechendem Schwefelgehalt an Bord  je mehr Schwefel, desto billiger. Die Schiffe sind in Wirklichkeit Entsorgungsfabriken auf dem Wasser. Da muss man et­was tun, und ich denke mir, dass die Europäische Union genau der richtige Hebel dafür


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 237

ist, die Dinge weiterzubringen. Das wäre es auch schon wieder.  Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP.)

21.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wenin­ger. – Bitte.

 


21.27.50

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Danke dem Kollegen Schultes, dass er dieses Gesetz so ausführlich erklärt hat.

Wir setzen eine EU-Richtlinie um und schaffen mit diesem Gesetz eine Regelung, mit der der Schwefelgehalt in Treibstoffen, die in Booten, aber auch in mobilen Geräten und Maschinen, die zum Beispiel im Bauwesen und in der Landwirtschaft eingesetzt werden, von bisher 1 000 Milligramm pro Kilogramm auf nur 10 Milligramm pro Kilo­gramm gesenkt wird. Ich glaube, dass das eine wesentliche Verbesserung für die Luft­qualität in Österreich, aber auch europaweit bringen kann.

Die Diskussion im Ausschuss war sehr konstruktiv, und ich gehe davon aus, dass die Vorlage die einstimmige Zustimmung im Hohen Haus findet und bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brun­ner. – Bitte.

 


21.28.55

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Landwirt­schaftsminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher, so Sie uns zu Hause noch zuschauen! Es wurde schon erwähnt, es geht um die Um­setzung einer EU-Richtlinie, die letztlich dazu führen soll, dass der Schwefelgehalt von Gasöl im Schiffsverkehr reduziert wird. Das ist eine EU-Initiative, die Österreich jetzt umsetzt, die wir natürlich begrüßen. Die Umsetzung erfolgte zwar zwei Jahre verspä­tet, aber immerhin.

Wenn uns jetzt jemand zusieht, wird er sich vielleicht wundern, dass das das einzige Umweltthema ist, das wir hier im Parlament behandeln – und er wird sich zu Recht wundern. Ich kann Sie beruhigen: Es gibt noch sehr, sehr viele andere Themen, die wir zwar nicht hier in diesem Saal, aber im Umweltausschuss behandeln, sehr viele Initia­tiven vor allem der Opposition.

Ich denke zum Beispiel an meinen eigenen Antrag zum Thema Mehrweg, der leider im Ausschuss festhängt – aber wie gesagt, es gibt sehr, sehr viele Initiativen, die es leider nur nicht in diesen Saal schaffen, weil sie von den Regierungsfraktionen vertagt wer­den. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Ich glaube, wir brauchen sehr, sehr viele Umweltinitiativen auch in Österreich. Deswe­gen finde ich es sehr, sehr schade, dass wir diese Initiativen hier nicht diskutieren kön­nen. Aber mir ist es ein Anliegen, auch als Vorsitzende des Umweltausschusses, Ihnen hier, die nicht im Umweltausschuss sind, und auch allen, die uns noch zusehen, klarzu­machen, dass es schon auch Umweltengagement in diesem Haus gibt. Und ich hoffe und wünsche mir, dass wir in Zukunft auch mehr hier darüber diskutieren werden.

Also wie gesagt: Mehrweg – schon sechsmal vertagt im Umweltausschuss –, Initiati­ven, in denen es um Bürgerbeteiligung in Verfahren geht, sehr, sehr viele Anträge zum Thema Atomkraft. – Es sind also sehr, sehr viele Themen, die wir im Umweltausschuss diskutieren, die es sich auch verdient hätten, hier hereinzukommen und auch einmal ein bisschen prominenter auf der Tagesordnung vertreten zu sein. Das wäre mein Wunsch.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 238

Ich glaube, das zeigt auch eines deutlich: Österreich braucht dringend ein eigenstän­diges, starkes und engagiertes Umweltministerium für mehr Initiative auch von Regie­rungsseite. (Beifall bei den Grünen.)

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


21.31.15

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja nicht immer alles schlecht, was von der EU kommt, so wie diese Richtlinie, die umzusetzen ist, was wir heute beschließen. Meine Vorredner haben sie inhaltlich schon erläutert, ich muss das nicht noch einmal wieder­holen. Es ist ein guter Schritt für die Umwelt, es ist ein richtiger Schritt für die Umwelt.

Wir werden diesem Antrag, dieser Umsetzung der Richtlinie natürlich zustimmen, wie, so meine ich, auch alle anderen Fraktionen hier im Hohen Haus heute. – Danke. (Bei­fall beim BZÖ. Ruf bei der ÖVP: mal Schenk ist gescheiter als einmal Huber!)

21.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kauf­mann-Bruckberger. – Bitte.

 


21.31.57

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ja, auch wir werden der Umsetzung dieser sehr sinnvollen EU-Richtlinie zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.32.25

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die Gesetzesnovelle wurde durch die Umsetzung der EU-Kraftstoffrichtlinie notwendig, und zwar weil eben Sportboote und Binnenschiffe nicht als Kraftfahrzeuge gelten und daher nicht unter die Kraftstoffverordnung fallen.

Wir sind nicht im Verzug, wie hier behauptet wurde von grüner Seite, sondern bei uns hat es schon lange gegolten, dass die Kraftstoffe schwefelfrei sind, sowohl für alle Ver­kehrsträger als auch für Binnenschiffe, mobile Maschinen und Geräte. Das heißt, wir vollziehen diese Gesetzesnovelle jetzt aus formalen Gründen, weil das eben notwendig ist als EU-Anpassung. Bei uns hat das aber bisher schon gegolten, weil wir Wert da­rauf legen, ein Umweltmusterland zu sein, das auch auszubauen.

Wir haben auch heute im Zuge der großen Umweltkonferenz eine Zusammenarbeit der Regionen im Bereich der erneuerbaren Energie präsentieren können. Ich habe vor
vier Jahren ein Programm der Klima- und Energiemodellregionen gestartet, da in ganz Österreich Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verschiedener politischer Couleurs
so wie Güssing energieautark werden wollen. Wir haben derzeit 106 Regionen in
ganz Österreich mit rund 1 000 Gemeinden, die an diesem Thema der Energieautarkie
und in Verbindung damit einer regionalen Entwicklung arbeiten. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Das heißt, wir nutzen die Kraft der Regionen. Ich bedanke mich bei den Gemeinden, die da mittun. Das alles soll dazu beitragen, dass wir unseren hohen Standard im Um­weltschutz ausbauen. – Herzlichen Dank für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

21.33



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 239

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


21.34.01

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Dieses Bundesgesetz hätte ja laut EU-Richtlinie bereits im Jahr 2010 umgesetzt werden sollen – ein Gesetz, das als Ziel die Verringerung von Schwefeldioxidemis­sionen zum Schutz von Mensch, Tier und Vegetation hat. Schwefeldioxidemissionen verursachen sauren Regen, erzeugen damit auch Feinstaub und dadurch wird auch unsere Gesundheit gefährdet. Auswirkungen sind sehr wohl Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, was wiederum die Lebenserwartung der Europäerinnen und Europäer reduziert.

Der maximale Schwefelgehalt von Gasöl soll künftig – das haben wir ja heute schon mehrmals gehört – zehn Milligramm pro Kilo betragen. Dies betrifft Binnenschiffe und Sportboote, die sich nicht auf See befinden, aber auch den Betrieb von mobilen Ma­schinen und Geräten. Ein wesentlicher Punkt bei diesem Gesetz ist auch die Kontrolle der Gasöle. Probenahmen können an vorgesehenen Tankstellen sowie an Abgabestel­len vorgenommen werden.

Dieses Gesetz soll zu einer besseren Luftqualität beitragen, fast die Hälfte aller Euro­päerinnen und Europäer leben ja nach wie vor in Gebieten, in denen die Ziele der EU für die Luftqualität bei Weitem noch nicht erreicht sind.

Abschließend möchte ich noch hervorheben, dass es für mich besonders wichtig ist, dass unter anderem bei diesem Gesetz auch der wachsende Schiffsverkehr seinen an­gemessenen Beitrag leistet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


21.35.47

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Minister! Ich werde mich ganz kurz hal­ten. Wesentliche Punkte sind von Herrn Schultes angesprochen worden. Sie haben ja die Zahlen genannt. Das ist also insgesamt gesehen nicht so ein unbedeutender Punkt, den wir heute behandeln.

Sie haben ja auf die Schiffe hingewiesen, die riesigen Tonnen an Schwefel, die ja dann zu dem sauren Regen führen, sind ja nicht unbeträchtlich. Der Regen wäre aber auch ohne diese Nichtmetalloxide sauer, weil ja in der Luft CO2 vorkommt. Also der Regen ist normalerweise zwischen 5,5 und 6, also im sauren Bereich, wäre also rot. Wenn man den Lackmustest machen würde, wäre der normale Regen auch rot. Die blauen Abgeordneten glauben mir das, glaube ich, nicht.

Aber ein Punkt ist nicht wesentlich genug angezogen worden. Der Herr Minister hat es gesagt, und die Abgeordnete Kollegin Gessl-Ranftl hat auch auf die Baumaschinen hingewiesen. Das möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen. Herr Minister, damals habe ich auch im Ausschuss folgende Frage gestellt: Mich würde sehr wohl interes­sieren, um wie viele Mengen es sich diesbezüglich handelt, wie viele solche Bauma­schinen mit wie vielen Arbeitsstunden oder wie viele Betankungen pro Jahr in Öster­reich laufen, dass man eine Vorstellung hat, wie viele Mengen jetzt dadurch sozusagen für die Umwelt eingespart werden. – Herzlichen Dank. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 240

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Becher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.37.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine Damen und Herren! Diese Richtlinie betrifft ja nicht die Nutzung, sondern die Inverkehrbringung von Gasölen. Und da wird die erforderliche Reduktion vorgenommen, die eben in dieser Richtlinie vorgesehen ist. Die hätte schon im Dezember 2010 beschlossen werden können. Aber wie gesagt, das ist ein sehr ambitioniertes Ziel in dieser vorgesehenen Richtlinie: die Verringerung von Schwefeldioxidemissionen von 1 000 Milligramm auf zehn Milligramm pro Kilo.

Die konkreten Auswirkungen sind natürlich auch für Wien relevant, denn auch auf der Donau und vor allem auch auf der Alten Donau wird die ohnehin gute Wasserqualität, die dort herrscht, noch einmal nachhaltig verbessert, denn Sportboote, die teilweise auch in diesen Naturgewässern fahren, stellen keine relevante Gefahr mehr dar. Daher ist das ein sehr gutes Umweltgesetz, das auch nachhaltig wirkt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


21.38.40

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kollegin­nen, liebe Kollegen! Mit der Umsetzung dieser Richtlinie wird ganz sicher etwas Gutes für unsere Gesundheit und letztendlich für die gesamte Umwelt getan, weil der Schwe­felhöchstgehalt nicht nur geregelt, sondern durch diese Regelung auch reduziert wird.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der mir hier wichtig erscheint, und das ist die diesbezügliche Kontrolle. Was wir heute beschließen werden, das sieht letztendlich vor, dass es die Möglichkeit gibt, bei den Tankstellen und bei sonstigen Abgabestellen die Kontrolle vorzunehmen.

Betreffend die Binnenschifffahrt ist zu sagen: Die Sportboote tanken ja nicht nur in der Republik Österreich, sondern sie tanken natürlich auch bei unseren Nachbarn, in der Bundesrepublik Deutschland oder in Ungarn, und sind in Österreich natürlich unter­wegs. Es wäre daher ratsam und wichtig, dass man nicht nur bei den Tankstellen und Abgabestellen, sondern vor Ort quasi auf dem Schiff oder auf dem Sportboot selber die entsprechenden Kontrollen vornimmt.

Vielleicht gelingt es uns bei der nächsten Novellierung, hier diesbezüglich einen ge­meinsamen Antrag zustande zu bringen, damit die Kontrolle dann tatsächlich wirksam ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40

21.40.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2130 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 241

21.40.5418. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Na­tionalrates, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlge­setz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volks­abstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlassen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden (2177/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zunächst erhält als einer der Antragsteller Herr Klubobmann Dr. Cap das Wort. – Bitte.

 


21.41.58

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wie ohnehin bekannt, geht es hier um eine Ini­tiative der beiden Regierungsfraktionen zur Ausweitung und Verbesserung der Beteili­gung der Bevölkerung an den demokratischen Entscheidungsprozessen. Eines ist die Verbesserung des Umgangs mit den Volksbegehren hier im Haus, wo die Möglichkeit geboten werden soll, dass die Einbringer sich auch hier äußern können, dass es eine erste Lesung gibt, dass es einen eigenen Ausschuss gibt, dass es hier viel, viel mehr Öffentlichkeit gibt und dass auf diese Art und Weise auch das Motiv zum Konsens zwischen dem, was die Betreiber des Volksbegehrens anstreben, und den Diskus­sionsprozessen, die es hier im Hause zwischen den Fraktionen gibt, es ermöglicht, dass möglichst viele dieser Punkte dann auch eingehen in die Gesetzgebung hier im Haus. Das ist das eine.

Das andere ist die Bürgeranfrage, die ab einer bestimmten Anzahl elektronisch ge­stützt ist, so wie es überhaupt das Ziel ist, mit elektronischer Stützung hier noch mehr Möglichkeiten und Partizipation anzubieten. Bei der elektronischen Stützung bei den Bürgeranfragen geht es darum, dass dann hier Regierungsmitglieder, wenn es Fragen der Vollziehung sind, direkt befragt werden können, dass Abgeordnete sich hier dann mit Zusatzfragen beteiligen können und dass hier ebenfalls eine Einrichtung geschaf­fen wird, die diese Ausweitung ermöglicht.

Meine Bitte wäre es nur, das nicht zu unterschätzen, sondern darüber nachzudenken – das ist jetzt an die anderen Fraktionen gerichtet –, dass man hier auch dann versucht, mit diesen Instrumentarien optimal umzugehen, weil es ein wirkliches Angebot ist. So wie wir ja auch in Österreich mit Volksbegehren, Volksbefragung, Volksabstimmung Instrumentarien haben, die beispielsweise Deutschland nicht hat, vergleichbare andere Länder nicht haben und wo viele, die sagen, man soll direktdemokratische Instrumen­tarien verbessern oder erweitern, durchaus sich auch engagieren können in der Frage, wie man die Anwendung der Instrumentarien vergrößert und intensiviert, die es längst schon gibt.

Letzter Punkt ist die Frage der Verbesserung für die Anwendung bei den Vorzugsstim­men, wo auf der Bundesliste neu eingeführt werden soll, dass man bei 7 Prozent Anteil an den Parteistimmen vorrücken kann in die Mandatsposition, wenn nicht andere, die mehr Stimmen haben und ebenfalls das nötige Quorum an Vorzugsstimmen, auf der Landeslistenebene auf 10 Prozent kommen. Das betrifft allerdings die großen bevölke­rungsreichsten Bundesländer, wo es schon sein kann, dass eine Partei da dann drü­berkommt, dass das gedeckelt ist durch die Wahlzahl, aber hier wird auf 10 Prozent gegangen und bei Regionalwahlkreisen von 16,6 auf 14 Prozent.


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Ich finde, dass das ein Angebot ist, das die Persönlichkeitswahlrechts-Elemente ver­bessert, zugleich aber garantiert. Na ja, man kann auch diskutieren über das britische Wahlsystem, da wird wahrscheinlich ein Teil der Parteien da gar nicht mehr herinnen sitzen, und dann ist das zugespitzt auf die großen Parteien, die dann mit einer ge­ringen Anzahl an Stimmen ein Maximum an Mandaten haben und wo man halt leichter, unter Umständen auch ganz allein regieren kann. (Abg. Kickl: Sie haben gesagt, das wollen Sie gar nicht diskutieren!)

Das ist nicht das Ziel, sondern ich finde, dass man versuchen muss, dass der Wähler­wille, die Wählerstimmen auch eine Umsetzung finden in Mandaten und dass dann hier das Motiv, um nicht fast zu sagen, das sehr starke Motiv gegeben ist, dass mit Koa­litionsbildungen dann einfach die exekutive Arbeit geleistet werden kann.

Wählerevidenz zentral ist ein weiterer wichtiger Punkt. Ich glaube, dass das eine Sum­me von Punkten ist, die ganz, ganz entscheidende Schritte in die richtige Richtung sind. Wir haben in dem einen Ausschuss auch gesagt, in der nächsten Legislaturperio­de wollen wir uns dann über die Punkte, die die Opposition noch zusätzlich hat, viel­leicht auch im Rahmen einer Enquete-Kommission auseinandersetzen, um dann auch allfällige weitere Schritte in die von uns allen gewünschte Richtung gehen zu können. (Abg. Kickl: Na wusch!)

Sie sind herzlichst eingeladen, hier mitzuwirken. Jetzt haben wir einmal die erste Le­sung. Vielleicht gelingt es wirklich, dass bei den Materien, wo wir eine Zweidrittelmehr­heit brauchen, dann auch die Zustimmung von Ihnen gegeben wird, am besten von al­len Fraktionen, und dass wir dann eben in der nächsten Legislaturperiode versuchen, hier den Diskussionsprozess weiter in diese Richtung zu gehen. Das ist unser Ange­bot, und ich hoffe, dass Sie das auch ernst nehmen und hier auch mitmachen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


21.46.48

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mich den Worten meines Vorredners anschließen und ein bisschen den Pro­zess noch dazu erklären, warum es zu dieser Regierungsvorlage gekommen ist, weil ich auch die Stimmen gehört habe, das hätten wir doch in der Arbeitsgruppe im Par­lament hier beschließen sollen.

Rückblickend gesehen war es der Staatssekretär Sebastian Kurz, der hier vor knapp einem Jahr ein großes Demokratiepaket vorgestellt hat, eigentlich als Antwort auf die Defizite, die wir im vergangenen Jahr besonders gesehen haben, wo es zu einer Ent­fremdung zwischen den Wählerinnen und Wählern und Ihren Vertretern hier im Hohen Haus gekommen ist und wir als Antwort auf diese Kluft zwischen den Vertretern und den Vertretenen hier mehr direkte Demokratie vorgestellt und in die Diskussion einge­bracht haben.

Ich bin der Frau Präsidentin sehr dankbar, dass wir diese Arbeitsgruppe gehabt haben, wo alle Parteien gleichberechtigt nebeneinander gesessen sind. Es hat die Diskussion sehr rasch gezeigt, dass es hier bei den umfassenderen Maßnahmen, nämlich insbe­sondere, wo es um eine Gesetzesinitiative des Bundesvolkes geht, sehr, sehr unter­schiedliche Meinungen gab. Vielleicht nicht beim Ziel, da hat es, glaube ich, zumindest vier Parteien gegeben, die sich diesem Ziel sehr stark annähern wollten, aber bei der möglichen Umsetzung, vor allem bei der Anzahl der Stimmen, die für eine solche Ge­setzesinitiative des Bundesvolkes erforderlich sein sollten und in welcher Form das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 243

Parlament in die Beschlussfassung eingebunden werden soll, da gab es wesentliche unterschiedliche Zugänge. Daher war es nicht möglich, rasch einem Konsens herbei­zuführen.

Wir haben uns dann als Regierungsparteien gemeinsam dazu entschlossen, dass wir uns zusammensetzen und genau diese Punkte erarbeiten, die außer Streit waren – wo eigentlich alle Parteien an einem Tisch gemeint haben, die sollten wir dem Prinzip nach umsetzen. Mein Vorredner, Kollege Cap, hat sie schon mehr oder weniger im Detail er­klärt.

Ich möchte nur noch einmal hervorheben, dass der wesentliche Schritt dabei ist, dass in Zukunft die Menschen sich an Volksbegehren, an Bürgerinitiativen, an allen Formen der Eingaben im Parlament nunmehr auch Online beteiligen können. Dieser verein­fachte Zugang über das Internet ist, glaube ich, der ganz besondere Vorteil dieser No­velle, die wir hier hervorgestrichen haben. Genau dazu ist es auch notwendig, dass wir eine zentrale Wählerevidenz schaffen, damit es möglich wird, dass jeder Bürger/jede Bürgerin, der/die bei einem Volksbegehren in Zukunft ihre Unterstützung abgeben möchte, nicht zu seinem/ihrem Gemeindeamt oder Magistratischen Bezirksamt gehen muss, sondern das schon von zuhause, vom Internet aus durchführen kann, oder auch in jedes andere Bezirksamt oder jede andere Gemeinde gehen kann und nicht nur in sein/ihr derzeit zuständiges Heimatbezirksamt, weil jedes Bezirksamt und jede Ge­meinde mit der zentralen Wählerevidenz verbunden ist.

Betonen möchte ich, dass diese Vernetzung ganz wichtig ist. Die zentrale Wählerevi­denz macht nur dann Sinn, wenn wir das ganze System als solches auch verabschie­den. Denn: Ich brauche kein teures, zentrales Wählerevidenzsystem, das doch unge­fähr 10 Millionen € kosten wird, wenn es danach nicht entsprechend genutzt wird.

Der nächste Schritt, meine Damen und Herren, ist es, Sie alle einzuladen, an dieser Vorlage der Regierungsparteien entsprechend mitzuarbeiten, diese vielleicht auch noch da und dort zu verbessern. Ich habe in anderen Punkten auch die Erfahrung ge­macht, dass es immer intelligente Vorschläge gibt, und vielleicht gibt es den einen oder anderen Punkt, den Sie da oder dort noch ändern wollen. Ich sage Ihnen dazu jeden­falls auch gerne unsere Offenheit zu, dass wir nicht im Kern, aber im Detail gerne be­reit sind, auch die eine oder andere Abänderung hier vorzunehmen. Wir sind gespannt auf Ihre Argumente.

Ich darf abschließend nur mehr daran appellieren: Beteiligen Sie sich! Es ist nicht die umfassende Reform, die sich vielleicht manche gewünscht haben, die wir uns auch ge­wünscht haben, aber es ist ein erster Schritt – ein erster Schritt in Richtung mehr di­rekte Demokratie. Diesen Schritt, denke ich, sollten wir gemeinsam erledigen, mög­lichst alle miteinander, und lassen wir einen zweiten Schritt sehr, sehr schnell darauf folgen.

Damit, glaube ich, kann ich nur mehr abschließen mit Artikel 1 der österreichischen Bundesverfassung: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ In diesem Sinne lassen wir das Recht direkter dem Volk zukommen. – Dan­ke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Ste­fan. – Bitte.

 


21.51.51

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ja, Demokratiepaket heißt das Ganze etwas hochtrabend. Ich finde, es ist eher ein Kosmetiktascherl. Was ist drinnen im Kosmetiktascherl? Wir


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haben es schon gehört: Volksbegehren werden jetzt besser behandelt. Das ist zu be­grüßen, keine Frage. Aber das ist, mit Verlaub gesagt, fast selbstverständlich, was hier kommt, nämlich dass die Initiatoren ein Rederecht haben und dass man darüber eine Sondersitzung abhält. Das ist zu begrüßen, aber kein großer Schritt.

Die Wählerevidenz wird jetzt österreichweit verbessert beziehungsweise vereinheitlicht. Das ist richtig, aber kein großer Schritt im Sinne direkter Demokratie. Die Bürgerinitia­tive ist jetzt leichter zu unterstützen, leichter elektronisch zu unterstützen. Die Vor­zugsstimmen werden besser bewertet. Und dann kommt etwas wirklich Neues, nämlich die Bürgeranfrage.

Die Bürgeranfrage, um das kurz zu erklären, ist eine ganz tolle Sache. Bürgeranfrage heißt, dass zwischen dem 28. Tag und dem 21. Tag vor der nächsten Sitzung Anfra­gen an das Parlament eingebracht werden können. Da wird eine eigene Homepage er­richtet. Derjenige, der diese Anfragen einbringt, muss sich mit einer qualifizierten elek­tronischen Signatur ausweisen, und dann können in sieben Tagen vor der Sitzung die­se Anfragen unterstützt werden. Sie merken schon, das ist ein ganz einfaches System, leicht zu durchschauen.

Es müssen dann mindestens 10 000 Bürger, wiederum mit qualifizierter elektronischer Signatur, ganz einfach diese Anfrage unterstützen. Das ist wahrscheinlich so ähnlich wie in Facebook, da müssen sie ein „like“ drücken, und wenn mindestens 10 000 Un­terstützer diese Anfrage unterstützt haben, besteht die Möglichkeit, dass sie dann in ei­ner Art Fragestunde, in einer Bürgeranfrage zum Aufruf kommt.

Die Fragen werden aber bei der Sitzung nach Zustimmungen gereiht. Die sieben bes­ten Fragen werden gereiht. Es ist aber nicht so, dass der Fragesteller dann hier steht und diese Frage stellt, sondern diese wird dann hier von einem Abgeordneten vorgele­sen und der Minister muss antworten. Danach können die Abgeordneten ihre Zusatz­fragen stellen, und dann wird demjenigen, der diese Anfrage gestellt hat, die von 10 000 oder mehr Unterstützern unterstützt wurde, das Protokoll zugestellt.

Das ist jetzt die große Neuerung, die Bürgerbeteiligung. Wir sind alle beeindruckt. Das ist das, was wirklich neu ist, und das ist also das Kosmetiktascherl.

Wir hatten eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die wirklich  das muss ich jetzt sagen – konstruktiv zu arbeiten begonnen hat. Da wurden zunächst von allen Parteien die Ideen zur direkten Demokratie eingebracht. Es gibt ja da ganz konkrete Ideen, die sind nicht erst letzten Sommer entstanden, sondern liegen viel weiter zurück. Von uns etwa gibt es bereits seit ziemlich genau einem Jahr einen ganz konkreten Vorschlag, wie di­rekte Demokratie weiterentwickelt werden kann – also wirklich weiterentwickelt, nicht nur reformiert, in irgendeiner Form zurückgebracht, sondern weiterentwickelt. Die lie­gen ja bereits vor. Es gibt von den Grünen konkrete Vorschläge. Das heißt, es gab be­reits etwas, worüber wir reden konnten.

In diesem Ausschuss hatten wir den Eindruck, dass da eine offene Diskussion stattfin­det, daher haben wir auch von Anfang an gesagt, wir können uns gerne über ein paar einfachere Übungen einigen, es muss aber immer klar das große Ziel vor Augen sein: Was ist wirklich der entscheidende nächste Schritt? Und der entscheidende nächste Schritt ist die Volksinitiative, das heißt die Möglichkeit, dass wirklich aus der Bevölke­rung heraus eine Gesetzesinitiative kommen kann (Beifall bei der FPÖ), und als zweiter Punkt die Vetoabstimmung, das heißt die Möglichkeit, ein bereits beschlosse­nes Gesetz mit einer bestimmten Beteiligung der Bevölkerung zu einer Volksabstim­mung zu bringen.

Das sind die beiden wesentlichen Punkte, und wir von der Opposition haben gesagt: Ja, wir diskutieren hier gerne, aber es muss klar sein, dass die Diskussion hier auch weitergeht und nicht bei einem sehr frühen Punkt stehenbleibt.


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Gewisse Hoffnungen hatten wir, weil es ja das ÖVP-Kurz-Papier gab, in dem diese Volksinitiative drinnen war, zwar mit einem sehr hohen Zustimmungsquorum, aber im­merhin. Auch Frau Präsidentin Prammer hat im Mai 2012 einen Pressedienst abge­setzt, aus dem klar zu erkennen war, dass sie die Volksinitiative positiv und erstrebens­wert findet. Und dann wurde ein Rückzieher gemacht. Wahrscheinlich war es auch ein bisschen diese Volksbefragung, die nicht so ausgegangen ist, wie es sich zumindest ein Teil hier herinnen gewünscht hat. Es heißt ja immer wieder, dass die politischen Eli­ten so lange für direkte Demokratie sind, als ihre Meinung unterstützt wird; wenn es einmal nicht mehr so ist, dann bekommt man kalte Füße.

Es wurde der große Rückzieher gemacht. Es gab dann kein gemeinsames Ergebnis dieser Arbeitsgruppe, sondern plötzlich gab es nur ein Ergebnis von zwei Parteien. Hier wird es als „Regierungsvorlage Kurz“ bezeichnet, aber ich glaube, das war nur ein Versprecher; von den Regierungsparteien kam also eine Vorlage.

Wir waren in dieser Arbeitsgruppe auch gleichberechtigt. Also, ich bin sehr froh, dass wir auch in den Ausschüssen gleichberechtigt sind, aber ich finde es nett, dass das hervorgehoben wurde. Vielleicht ist das die Denkweise, die sonst vorherrscht, und viel­leicht bilden wir uns das nur ein, dass wir auch sonst gleichberechtigt sind.

Jedenfalls gab es jetzt kein gemeinsames Ergebnis dieser Arbeitsgruppe, sondern plötz­lich gab es ein Ergebnis, das zwei Regierungsparteien vorlegen – das war also dieses Kosmetiktascherl, das ich gerade vorher beschrieben habe –, und nichts darüber hi­naus.

Dann war natürlich die Enttäuschung riesig, weil man sieht, der Wille zur Weiterent­wicklung ist nicht wirklich da, sondern man will hier Dinge abhaken, man möchte der Bevölkerung zeigen: Wir haben doch etwas gemacht. Bitte, die Regierungsparteien sind doch wirklich für direkte Demokratie. Wir haben jetzt wirklich diese Bürgeranfrage erfunden, und diese wird also revolutionär den Bürger in die politische Willensbildung einbinden.

Das ist nicht das, was wir wollen, schlicht und einfach, das ist überhaupt kein wesentli­cher Schritt. Daher kann ich nur sagen: Für echte Weiterentwicklung der direkten De­mokratie sind wir zu haben, für eine reine Kosmetik jedenfalls nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

21.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol – Bitte.

 


21.58.21

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Ja, das vorgelegte Paket hat heute schon viele Namen bekommen: „Kosmetiktascherl“ und vieles mehr. Ich will mich da jetzt gar nicht auf die Suche begeben, aber eine Reform ist das ein­deutig nicht; zumindest keine Reform, wie wir Grüne uns das vorstellen, wie ich mir das vorstelle.

Was legen Sie hier vor? – Diese mehr als einjährige öffentliche Debatte über direkte Demokratie ist ja nicht von der Langeweile einzelner Personen ausgegangen, sondern schon von einer Gruppe von Menschen, die sich rund um das letzte Volksbegehren, nämlich das Bildungsvolksbegehren, wieder einmal – nicht zum ersten Mal, aber wie­der einmal – zu Wort gemeldet und gesagt haben: Es kann doch nicht sein, dass es in einem modernen demokratischen Staat im 21. Jahrhundert immer noch so ist, dass sich Menschen sogar auf ein Gemeindeamt begeben, also hier mehrere Hürden auf sich nehmen, um ein Anliegen, das ihnen wichtig ist, zu unterstützen – da sind wir un­terschiedlicher Ansicht, wie dieses Bildungsvolksbegehren zu beurteilen war! –, mehr


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als 300 000 Menschen, fast 400 000 Menschen dann hierher kommen und fast als Ausnahmesituation eine Sondersitzung abgehalten wird, ein besonderer Ausschuss abgehalten wird, die ProponentInnen des Volksbegehrens da oben sitzen müssen und unseren Ausführungen lauschen müssen, damit dann am Ende wieder nichts rauskommt.

380 000 Menschen, die das unterschrieben haben, haben das nicht verdient! Und die vielen anderen, die sich für dieses Thema einsetzen wollen, sind erst gar nicht hinge­gangen, weil sie wissen, es bringt eh nichts, weil wir mittlerweile 34 Volksbegehren hat­ten, die genauso behandelt wurden. Da ist die Debatte losgegangen. (Beifall bei den Grünen.)

Dann kamen verschiedene Vorschläge von uns Grünen, von verschiedenen Initiativen, auch von Staatssekretär Kurz, von Präsidentin Prammer, von der FPÖ und wie wir hier alle sitzen. Und dass Sie, Herr Kollege Gerstl, jetzt den Vorschlag des Staatssekretärs Kurz hier noch einmal extra erwähnen, ist schon recht mutig, denn wenn man sich an­schaut, was von der Jungen ÖVP vorgeschlagen und damals von Vertretern der ÖVP medial auch durchaus unterstützt wurde und was Sie hier jetzt abliefern, dann sieht man: Da liegen Welten dazwischen. Das ist nicht einmal eine geglückte Generalprobe und eine absolut missglückte Vorstellung, das hat fast überhaupt nichts mehr mitein­ander zu tun.

Was man dem Paket und den Vorschlägen, die im letzten Jahr diskutiert wurden, zugu­tehalten muss und was Grundlage all dessen war, ist, dass Sie wirklich daran gear­beitet haben, dass es tatsächlich um Beteiligung gehen soll, und zwar Beteiligung in­klusive Entscheidung, nicht nur eine Beteiligung, die so ausschaut, dass ich, so wie Sie das jetzt mit dieser BürgerInnenanfrage vorschlagen, eine Frage absenden darf – aber nicht ganz alleine, sondern sie mit 9 999 anderen Menschen gemeinsam abschicken muss, damit dann hier das geschieht, was Kollege Stefan schon ausgeführt hat.

Es gibt also eine hohe Hürde, um das überhaupt einbringen zu können. Man darf nicht einmal hier herkommen, um die Frage selbst zu stellen, sondern sie wird von einem von uns hier vorgelesen. Man hat nicht einmal die Möglichkeit, rückzufragen, so wie wir ParlamentarierInnen das dann in einer zweiten Runde haben, sondern das machen auch wieder die Parlamentsparteien. Und wenn die Frage nicht zum Aufruf kommt, dann wird sie innerhalb von zwei Monaten beantwortet.

Wir alle, die in Opposition sitzen oder schon einmal saßen, wissen, wie Anfragen von Ministern beantwortet werden. Das ist ein Frustrationsprogramm, das Sie hier für die Bevölkerung vorsehen, die viele Hürden auf sich nimmt und dann ähnliche Antworten bekommen wird wie wir, nämlich: Kann ich nicht beantworten. Zu Frage 2: Nein. Der Verwaltungsaufwand ermöglicht es mir nicht, zu antworten. Oder: Lesen Sie in einer Anfragebeantwortung aus Deutschland nach! Und vieles mehr; da könnten wir jetzt ei­ne ganze Latte anführen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber darüber muss man ohnedies einmal gesondert sprechen, wie hier mit den Inter­pellationsrechten der ParlamentarierInnen umgegangen wird.

Also diese BürgerInnenanfrage bekommt von uns ein klares Nein. Das ist längst nicht mehr zeitgemäß. Das ist von einer paternalistisch-demokratischen Grundhaltung ge­prägt. meinparlament.at, meineabgeordneten.at, das funktioniert viel unkomplizierter, und die Leute bekommen dort auch Antworten. Warum sollen sie das auf sich nehmen und zehntausend Unterschriften sammeln?

Aber es ist natürlich auch eine Frage der Transparenz, die man hier einführen könnte, und da haben wir Grüne letzte Woche auch einen ganz klaren Vorstoß gemacht. Es ist auch zeitgemäß, in einem demokratischen Staat Transparenz von sich aus walten zu lassen und nicht erst darauf zu warten, dass man gefragt wird. Das heißt: ein wirkliches Informationsfreiheitsgesetz, das zum einen beinhaltet, dass sämtliche behördlichen Stücke, bei denen es möglich ist, zur Verfügung gestellt werden, leicht auffindbar, und


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die Möglichkeit einer vereinfachten Auskunftserteilung, ohne dass man die Amtsver­schwiegenheit als Bollwerk zwischen sich und die BürgerInnen stellen muss.

Ja, die Diskussionen, die wir zur direkten Demokratie und vor allem zur dreistufigen Volksgesetzgebung geführt haben, die auch wir vorschlagen, beinhalten natürlich viele Punkte, die man skeptisch beäugen kann und die auch diskutiert werden müssen: die Frage der Parteienlandschaft, die Frage, wer sich solche Volksbegehren leisten kann, und natürlich auch die Frage, in welchem Spannungsfeld eine derartige Volksgesetz­gebung zu dem gewählten Parlament und zu einer Regierung, die Entscheidungen tref­fen soll, steht.

Aber wenn Sie dann in der Arbeitsgruppe sitzen, Frau Präsidentin Prammer, Herr Klub­obmann Cap und Herr Klubobmann Kopf, und sagen, da seien noch so viele Fragen offen, die müssten einmal diskutiert werden, dann muss ich Ihnen sagen: Wir sind seit fast einem Jahr in dieser Arbeitsgruppe gesessen, diese Fragen standen zu Beginn schon fest, die hätten wir ein Jahr lang diskutieren können, wir hatten ein Hearing, bei dem viele ExpertInnen ihre Meinung kundgetan haben – und es ist nichts weiterge­gangen, weil nichts weitergehen sollte. Also Sie können sich hier nicht darauf ausre­den, dass wir noch Zeit brauchen.

Wir können noch eine Enquete-Kommission machen und noch Tausende Arbeitsgrup­pen einsetzen, aber es wird diesen Vorschlägen so gehen wie der Verwaltungsreform, die seit Jahrzehnten in den Kisten schlummert, und irgendwann einmal wird es dann halt so weit sein, dass es einen Druck von außen geben muss, damit hier etwas wei­tergeht.

Da gibt es auch einen spannenden Vorschlag von den Initiativen. Die Demokratieinitia­tiven haben vorgeschlagen: Na gut, wenn die ParlamentarierInnen nicht über ihre Ei­geninteressen als ParteipolitikerInnen springen können, dann machen wir eine Bürge­rInnenversammlung, wo nach bestimmter repräsentativer Zusammensetzung ein Vor­schlag erarbeitet wird. Das Parlament kann ja dann einen Gegenvorschlag oder meh­rere Gegenvorschläge erarbeiten. Und dann lassen wir darüber das Volk abstimmen.

Das finde ich durchaus begrüßenswert. Es wäre spannend, was da an Vorschlägen kommt, weil wir alle nicht wirklich wissen, wie viele Menschen sich beteiligen würden. Die Volksbefragung zur Wehrpflicht hat gezeigt: Sobald eine Aussicht besteht, dass das Ergebnis für verbindlich erklärt wird – das wurde ja dann auch in den Nachbefra­gungen angegeben –, ist das durchaus ein Motivator für die Menschen, hinzugehen – und das muss man ernst nehmen.

Man muss aber auch ernst nehmen, darüber nachzudenken, wie denn die Fragestel­lungen zustande kommen. Das haben wir heute auch schon diskutiert rund um die Wehrpflichtdebatte. Auch hier könnte man sich ein Procedere überlegen, dass eben nicht dann in einzelnen Parteikämmerchen vereinbart wird, was abgefragt wird, son­dern dass wir hier wirklich einen demokratischen Weg der Beteiligung beschreiten, wel­che Fragen vorgelegt werden.

Also das, was Sie hier jetzt als Demokratiepaket vorgelegt haben, ist weit entfernt von einem Demokratiepaket, wie wir es uns vorstellen. Das kann im Moment noch über­haupt nicht unsere Zustimmung finden, aber es ist natürlich gute demokratische Kultur, sich Verhandlungen nicht zu verschließen. Wir haben jetzt eine Begutachtungsfrist von sechs Wochen, wo ich hoffe, dass viele Menschen, viele Initiativen sich beteiligen wer­den. Wir werden wieder ein ExpertInnen-Hearing haben. Dann wird es darum gehen, das zu verhandeln, und dann werden wir sehen, ob Sie die zwei Drittel hier im Haus zusammenbekommen oder nicht.

Aber eine Reform, wie wir uns das vorstellen, ist das nicht. (Beifall bei den Grünen.)

22.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 248

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


22.06.55

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Gestern haben wir hier die Einsetzung von Verwaltungsgerichten diskutiert, und das war ein Gesetzwerdungsprozess – und das haben wir alle hier auch gelobt –, wie er sein sollte, wo man wirklich das Gefühl gehabt hat, dass die Regierung mit dem Staatssekretär Ostermayer ein Interesse an einer gemeinsamen Lösung hat, wo die Opposition – egal, woher und mit welchen Ansätzen sie gekommen ist – Ideen ein­gebracht hat, die auch aufgenommen, diskutiert und, soweit es möglich gewesen ist, auch umgesetzt worden sind. Und so ist hier wirklich ein gemeinsames Paket ge­schnürt worden. So sollte man es machen.

Heute diskutieren wir ein Paket zur Reform des Wahlrechts, der direkten Demokratie, der Geschäftsordnung, wo man auch meinen sollte, das kommt von uns, das ist eine Initiative der Abgeordneten hier, da versuchen wir, unabhängig davon, ob wir jetzt Re­gierungspartei oder Oppositionspartei sind, gemeinsam ein Paket zu schnüren.

Was hören wir heute? Kollege Cap hat wenigstens noch gesagt, das ist eine Initiative der Regierungsparteien. Kollege Gerstl sagt, das ist eine Initiative vom Herrn Staats­sekretär Kurz – und das ist es jetzt!

Frau Präsidentin, ich hatte das irgendwie anders in Erinnerung, und Sie waren ja auch etwas überrascht, als vor einigen Tagen das Ende der Arbeitsgruppe verkündet wurde und die Regierungsparteien dieses Paket vorgelegt haben, so nach dem Motto: Das ist es jetzt!

Also ich habe meine Aufgabe in dieser Arbeitsgruppe und die Aufgabe der Arbeits­gruppe anders gesehen, als dass wir ein Ideengeber für Regierungsparteien, für einen Staatssekretär sind, wo dann monatelang nichts mehr geschieht, uns dann der kleinste gemeinsame Nenner vorgelegt wird und man sagt: Das ist es jetzt! Das werden wir jetzt besprechen, und das wird jetzt beschlossen! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn das so ist, meine Damen und Herren, dann sage ich Ihnen: Macht es in Zukunft selber, dazu braucht ihr uns nicht! Wenn wir nur als Ideengeber fungieren sollen, wenn wir uns Stunden und Aberstunden ernsthaft, wirklich ernsthaft bemühen, auch von Ma­ximalforderungen heruntergehen und versuchen, ein gemeinsames Paket zu schnüren, und uns dann von der Regierung das vorgelegt wird, dann kann ich Ihnen nur sagen: Machen Sie das selber! Und wir machen mit unserer Zeit etwas anderes. Legen Sie uns das dann vor, und wir diskutieren das hier, setzen uns in den Ausschuss hinein, und wo wir der Meinung sind, das passt, da stimmen wir zu, und wo wir nicht dieser Meinung sind, lehnen wir das ab.

Aber das ist ja wirklich ein Placebo, Kollege Cap, und, ich weiß nicht, vielleicht auch ein bisschen schlechtes Gewissen. Ich will da jetzt nicht zu viel hineingeheimnissen, aber ich hatte das Gefühl, dass die Frau Präsidentin – sie war ja Vorsitzende dieser Ar­beitsgruppe – wirklich das Ansinnen gehabt hat, eine gemeinsame Lösung zu finden und die Opposition einzubinden, und selber überrascht war über dieses Ergebnis.

Wenn man in der Historie zurückgeht, darf man ja nicht vergessen, dass auch die Ge­setzesinitiative, dass ein erfolgreiches Volksbegehren zu einer verbindlichen Volksab­stimmung führt, Diskussionspunkt war, aber auch – Kollege Cap, ich glaube, es war ei­ne Initiative von dir – die Reduzierung des Nationalrates. Das geht ja jetzt völlig unter.

Auch das war ursprünglich Teil der Diskussion, dass man gesagt hat: Heute, im 21. Jahrhundert, muss man mit Verwaltungseinsparungen auch ganz oben beginnen und hinterfragen, ob wir wirklich noch 183 Nationalratsabgeordnete brauchen, ob der


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Bundesrat in seiner Zusammensetzung heute noch notwendig ist, ob alle Landtage in der Zusammensetzung – 100 Abgeordnete in Wien, 1 200 Bezirksmandatare in Wien, alles bezahlte Mandatare! – heute noch notwendig und adäquat sind. Das war ja auch Kern unserer Diskussionen. (Ruf bei der ÖVP: Was macht dann das BZÖ?) – Ja, was macht das BZÖ?! Das ist die einzige Sorge des Abgeordneten von der ÖVP. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist halt der Unterschied zu uns: Uns geht es nicht um die Mandate. Uns geht es nicht um die Positionen wie euch. Uns geht es um das Land, uns geht es um die Zukunft Österreichs, lieber Kollege von der Österreichischen Volkspartei! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist Panoptikum, das ist Museum, Ihr politisches Museum! Wunderbar, herrlich! Ich danke wirklich für solche Zwischenrufe; vielleicht noch ein bisschen etwas davon, dann haben wir noch etwas zu diskutieren.

Genau das ist aber die Problematik, und ich glaube, Kollege Cap, das wolltet ihr auch nicht. Aber mit solchen Betonierern in die Gremien hineinzugehen, das ist natürlich schwierig. Es wäre halt schön, hier einmal eine freie Diskussion zu haben, das freie Mandat auch wirklich zu leben, anstatt an der Koalitionskette zu hängen, zu sagen, wenn es um die Geschäftsordnung geht, wenn es ums Wahlrecht geht, wenn es um die Zusammensetzung der Gremien geht, da hören wir nicht auf das Bestemm der Ös­terreichischen Volkspartei und dieser Betonierer, sondern da gehen wir wirklich in Richtung dessen, was modern und zukunftsorientiert ist. Und da hätten wir, glaube ich, mehr zusammengebracht als dieses Paket.

Ich will das jetzt nicht in Grund und Boden kritisieren, es sind auch viele Dinge, die wir verlangt haben, etwa die Onlineunterstützung von Instrumenten der direkten Demo­kratie, umfasst; das ist gut und richtig. Und wir werden hier auch sehr intensiv disku­tieren und versuchen, noch das eine oder andere Positive herauszuholen. Auch dass die Wertigkeit der Vorzugsstimmen im Wahlrecht verstärkt wird, ist positiv, überhaupt keine Frage.

Der große Auftrag, den wir uns in dieser Arbeitsgruppe gegeben haben, wurde aber nicht erfüllt: dass wir ein modernes Wahlrecht bringen, auch einen modernen Umgang mit den Instrumenten der direkten Demokratie. Das zeigt ja auch die letzte Volksbe­fragung, auch wenn sie von manchen hier so hochgejubelt wird: dass ohne objektive Information der Bevölkerung diese Instrumente leider auch politisch missbraucht wer­den können. Das ist ein wichtiger Punkt, und das haben wir in dieser Arbeitsgruppe auch diskutiert. Aber von diesen Ergebnissen ist nichts hier mit dabei.

Wir sind also leider in den Anfängen steckengeblieben. Ich habe eine gewisse Rest­hoffnung, dass wir im Ausschuss noch das eine oder andere verbessern können. Aber für große Lobhudelei ist hier wirklich kein Anlass. Es geht Ihnen ja nur darum, sagen zu können, wir haben wieder etwas zusammengebracht. Das sehen wir in anderen Berei­chen auch: zwei Jahre Stillstand in vielen Arbeitsgruppen und Unterausschüssen. Und jetzt sagt man, halt, jetzt sind bald Wahlen, da müssen wir noch irgendwie eine Bilanz zusammenbringen, und da wird eben noch schnell etwas vorgelegt. Das ist ein biss­chen zu wenig, und da werden wir nicht als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung stehen. (Beifall beim BZÖ.)

22.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2177/A dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


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22.14.19Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2202/A(E) bis 2209/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 13793/J bis 13872/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.15 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.14.56Schluss der Sitzung: 22.15 Uhr

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