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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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199. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 25., und Freitag, 26. April 2013

 

 


Stenographisches Protokoll

199. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 25., und Freitag, 26. April 2013

Dauer der Sitzung

                                             Donnerstag, 25. April 2013: 9.05 – 24.00 Uhr

                                                      Freitag, 26. April 2013: 0.00 –    0.03 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht betreffend die Erstattung eines Gesamtvorschlages für die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft

2. Punkt: ESM-Erklärung der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 32h Abs. 4 GOG-NR betreffend die Gewährung von Finanzhilfe an die Republik Zypern

3. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2238/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Ing. Er­win Kaipel, Gabriele Tamandl, Elmar Podgorschek, Mag. Werner Kogler, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Doppelbesteuerung für zehntausende Pensionisten

5. Punkt: Bericht über den Antrag 2206/A der Abgeordneten Elmar Mayer, Christine Marek, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtge­setz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdoku­mentationsgesetz geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunterrichtsge­setz-Novelle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Ge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulge­setz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schülervertretungengesetz, das Schulor­ganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bun­desschulgesetz, das Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Be­kenntnisgemeinschaften und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzu­ges bei Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der staatlichen Kultusverwal-


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tung geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbil­dungsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzge­setz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbil­dungsinitiative-Gesetz 2013)

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1915/A(E) der Abgeordneten Mathias Venier, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Änderung von Lehrplänen öffentlicher Schulen

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschülerin­nen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wis­senschaft und Forschung)

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (2185/A)

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 geän­dert wird (2186/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisa­tionsgesetz 2010 geändert wird (2187/A)

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz (ASVG) geändert wird (2188/A)

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2208/A)

17. Punkt: Neuwahl von Ausschüssen

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Elisabeth Kaufmann-Bruckberger .................. 17

Angelobung des Abgeordneten Mag. Gernot Darmann ............................................ 17

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 17

Ordnungsruf ................................................................................................................. 100


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 3

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung ............................................................................................ 17

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................... 39

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ................................................................................................................. 39

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 41

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 42

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 43

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 45

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 46

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 47

Konrad Steindl .............................................................................................................. 49

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 50

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 52

Dr. Ruperta Lichtenecker ............................................................................................ 53

Einwendungen finden keine Mehrheit ............................................................................. 54

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 13721/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 55

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ...... 157

Redner/Rednerinnen:

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 157

Bundesministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner ....................................................... 159

Otto Pendl ................................................................................................................... 161

Günter Kößl ................................................................................................................ 162

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 163

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 164

Gerald Grosz ............................................................................................................... 166

Christoph Hagen ........................................................................................................ 167

Antrag der Abgeordneten Jakob Auer und Kai Jan Krainer gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzrah­mengesetz 2014 bis 2017 (2251 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme                                                                                                                          55, 55

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 57

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 73

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidenten Fritz Neugebauer .................................................................................. 263

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 264

Aktuelle Stunde (52.)

Thema: „Aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten und die Auswirkungen auf Österreich“          ............................................................................................................................... 18

Redner/Rednerinnen:

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 18

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 20

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 23


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 4

Oswald Klikovits .......................................................................................................... 24

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 26

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 27

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 29

Christoph Hagen .......................................................................................................... 30

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 32

Franz Glaser .................................................................................................................. 33

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 34

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................. 36

Stefan Petzner .............................................................................................................. 38

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................  55, 195, 253, 255, 258, 260, 263

17. Punkt: Neuwahl von Ausschüssen ........................................................................ 263

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: Steuern runter – deutliche Reduktion statt kalter Pro­gression (2257/A)(E) ................. 114

Begründung: Josef Bucher ......................................................................................... 115

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 119

Debatte:

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 122

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 125

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 127

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 129

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 131

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 133

Gerald Grosz ............................................................................................................... 136

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 138

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 141

Ing. Peter Westenthaler (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 143

Bernhard Themessl ................................................................................................... 143

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 145

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 147

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 148

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 150

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 151

Gerhard Huber ............................................................................................................ 153

Franz Hörl .................................................................................................................... 153

Gerhard Huber (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 155

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 155

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 2257/A(E) ............................ 156

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Ge­samtvorschlages für die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft (2263 d.B.)                                                                           57

Redner/Rednerinnen:

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 57

Mag. Barbara Prammer ............................................................................................... 59


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Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 61

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 62

Gerald Grosz ................................................................................................................. 64

Martina Schenk ............................................................................................................. 66

Stefan Petzner .............................................................................................................. 67

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 68

Herbert Kickl ................................................................................................................. 70

Annahme des Ausschussantrages ................................................................................ 72

2. Punkt: ESM-Erklärung der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 32h Abs. 4 GOG-NR betreffend die Gewährung von Finanzhilfe an die Republik Zypern ...................................................... 72

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................. ..... 73

Durchführung einer Debatte gemäß § 74d Abs. 4 GOG ................................................ 74

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 74

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 77

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 79

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 84

Josef Bucher ................................................................................................................. 85

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 87

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 88

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 90

Bernhard Themessl ..................................................................................................... 92

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 95

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 96

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 99

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 100

Christoph Hagen ........................................................................................................ 102

Alois Gradauer ........................................................................................................... 104

Maximilian Linder ....................................................................................................... 105

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Eva Gla­wischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung ..........  81, 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend: Direkte Demokratie zulassen! – Österreichs Zukunft liegt im Schilling – Ablehnung  94, 106

3. Punkt: Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmenge­setz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2251 d.B.) ........................................... 107

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 107

Jakob Auer .................................................................................................................. 109

Alois Gradauer ........................................................................................................... 110

Mag. Bruno Rossmann ....................................................................................  112, 168

Gerhard Huber ............................................................................................................ 169

Martina Schenk ........................................................................................................... 171

Elmar Mayer ................................................................................................................ 172

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 173

Bernhard Themessl ................................................................................................... 174


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 6

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 175

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 176

Kurt List ....................................................................................................................... 178

Renate Csörgits .......................................................................................................... 179

August Wöginger ....................................................................................................... 180

Josef Jury .................................................................................................................... 181

Stefan Petzner ............................................................................................................ 182

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 186

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ........................................................................ 186

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 187

Franz Eßl ..................................................................................................................... 188

Otto Pendl ................................................................................................................... 189

Ing. Franz Windisch .................................................................................................... 190

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 191

Petra Bayr ................................................................................................................... 192

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 193

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 194

Zuweisung der Regierungsvorlage 2251 d.B. an den Budgetausschuss .................... 195

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2238/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Ing. Erwin Kaipel, Gabriele Tamandl, Elmar Podgor­schek, Mag. Werner Kogler, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kolleginnen
und Kollegen betreffend Doppelbesteuerung für zehntausende Pensionisten (2267 d.B.)                           
195

Redner/Rednerinnen:

August Wöginger ....................................................................................................... 195

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 197

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 198

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 198

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 199

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ................................................................... 201

Christoph Hagen ........................................................................................................ 202

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 203

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 204

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2267 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Doppelbesteuerung für zehntausende Pensionisten (E 300) ...................................... 204

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2206/A der Ab­geordneten Elmar Mayer, Christine Marek, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunter­richtsgesetz geändert werden (2284 d.B.) ................................................................... 205

Redner/Rednerinnen:

Elmar Mayer ................................................................................................................ 205

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 206

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 206

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 207

Ursula Haubner .......................................................................................................... 208

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 209

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 210

Ewald Sacher .............................................................................................................. 211

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 211


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2198 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bil­dungsdokumentationsgesetz geändert werden (2285 d.B.)          ............................................................................................................................. 212

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2212 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunter­richtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schü­lerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Bundes-Schulaufsichtsge­setz, das Schülervertretungengesetz, das Schulorganisationsgesetz, das Schul­zeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bun­desgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaf­ten und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzuges bei Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der staatlichen Kultusverwaltung geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kul­tusbereich) (2287 d.B.) .................................................................................................................... 212

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2188 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unter­richt, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen) (2288 d.B.)               ............................................................................................................................. 212

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 212

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 214

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 214

Anna Franz .................................................................................................................. 216

Ursula Haubner .......................................................................................................... 216

Elmar Mayer ................................................................................................................ 218

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 220

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 220

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 221

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 222

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen be­treffend Steuerung der Einhaltung der Schulpflicht über die Familienbeihilfe – Ab­lehnung .....................  219, 223

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 2285, 2287 und 2288 d.B. ................................ 223

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2199 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufs­ausbildungsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz 2013) (2286 d.B.) ........................................................... 224

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl .................................................................................................................. 224

Anna Franz .................................................................................................................. 225

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 225

Ursula Haubner .......................................................................................................... 227

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 227

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 228


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 8

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 228

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 229

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 229

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 230

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1915/A(E) der Abgeordneten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ände­rung von Lehrplänen öffentlicher Schulen (2289 d.B.)        ............................................................................................................................. 230

Redner/Rednerinnen:

Mathias Venier ............................................................................................................ 230

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 232

Christine Marek .......................................................................................................... 232

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 233

Stefan Petzner ............................................................................................................ 234

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 236

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2289 d.B. ................................................... 237

11. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2164 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hoch­schülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsge­setz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssiche­rungsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) (2282 d.B.) .................................................................. 237

Redner/Rednerinnen:

Kurt List ....................................................................................................................... 237

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ........................................................................ 238

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 240

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 240

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 241

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ................................................................. 243

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 244

Elmar Mayer ................................................................................................................ 245

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 245

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 247

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 248

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 248

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geän­dert wird (2185/A) ...................... 249

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 249

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 250

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 250

Bernhard Vock ............................................................................................................ 251

Gerhard Huber ............................................................................................................ 252

Martina Schenk ........................................................................................................... 252

Zuweisung des Antrages 2185/A an den Bautenausschuss ....................................... 253

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsge­setz 2011 geändert wird (2186/A) ..... 253


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 253

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 253

Franz Hörl .................................................................................................................... 254

Gerhard Huber ............................................................................................................ 254

Erich Tadler ................................................................................................................. 255

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 255

Zuweisung des Antrages 2186/A an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie         255

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 geändert wird (2187/A)   ............................................................................................................................. 255

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 256

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 256

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 257

Gerhard Huber ............................................................................................................ 257

Zuweisung des Antrages 2187/A an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie         258

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz (ASVG) geändert wird (2188/A)    ............................................................................................................................. 258

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 258

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 259

Johann Höfinger ......................................................................................................... 259

Erich Tadler ................................................................................................................. 260

Zuweisung des Antrages 2188/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............. 260

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2208/A)                                                                                                   260

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................... 260

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 261

Jochen Pack ................................................................................................................ 261

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 262

Gerhard Huber ............................................................................................................ 262

Zuweisung des Antrages 2208/A an den Verfassungsausschuss .............................. 263

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 55

2290: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser

2291: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft

2292: Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013

2293: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrieemissionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 10

2294: Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG

2295: Bundesgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird

2296: Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Sub­ventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Währungsfonds

2297: Agrarrechtsänderungsgesetz 2013

2298: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird

2299: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

2300: Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden

Zu 2161: Änderung der Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strah­lenschutzgesetz geändert wird, gemäß § 25 GOG: Änderungen hinsichtlich der Unterlage betreffend wirkungsorientierte Folgenabschätzung

Berichte ......................................................................................................................... 56

III-406: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2012 (Voranschlagsvergleichs­rechnung Stand 31. März 2013)

III-411: Bericht gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F. (IG-L-Bericht 2009–2011); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-412: Bericht gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F. (Ozonbericht 2009–2011); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG: ................................................................ 57

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung
der Republik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über
die Rechtsstellung von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres wäh-
rend ihres Aufenthaltes auf dem französischen Überseegebiet von Französisch-Guyana

Anträge der Abgeordneten

Josef Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend: Steuern runter – deutliche Reduktion statt kalter Progression (2257/A)(E)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen betreffend Wegfall der ha-Grenze im Obstbau (2258/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Hauptmietzinsmodell Grundbetrag (2259/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend fehlende Maßnahmen für blinde Menschen im Nationalen Aktionsplan Behinderung (2260/A)(E)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen betreffend Wegfall der ha-Grenze im Obstbau (2261/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 11

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Leistbarer Wohnbau“ (2262/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Platz für Speku­lanten im gemeinnützigen Wohnbau (2263/A)(E)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennung von Ge­meinnützigkeit und Privatwirtschaft (2264/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Direkte Demokratie zulassen! – Österreichs Zukunft liegt im Schilling (2265/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend: EU-Saatgutverord­nung gefährdet seltene und alte Saatgutsorten (2266/A)(E)

Dr. Harald Walser, Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Initia­tive „Rettet die Volksschule“ (2267/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schüleranfrage an das BMUKK – Folgeanfrage zur Anfrage betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J) (14492/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Berechnung der Besucherzahlen der Alber­tina (14493/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Inanspruchnahme kostenloser medizinischer Behandlungen durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages (14494/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend Notariatsakt zur Verlassenschaft Wolfgang Priklopil (14495/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Niveauverfall der Mathematikkompetenz 1949 bis 2012 und die Fragen der Mathematik-Feldtestung vom Mai 2012 (14496/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Schwund an „FAUSTLOS“-Koffern an teilnehmenden Schulen (14497/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Inhalt der Meldung des PHO-Kurses – Folgeanfrage zur Anfrage betreffend Lehrermobbing an der HTL Eisenstadt (13149/J) (14498/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Immissionsschutzgesetz-Luft (14499/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Sportförderbericht 2007–2011 (14500/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend „Systemerhaltender Bereich im Rahmen der Wehrpflichtre­form 2013“ (14501/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Finanzierung notwendiger Lehrerstellen in Wien (14502/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 12

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die geplante Änderung der Ärzteausbildungsverordnung (14503/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Reform der Sprachförderung an Kindergärten und Schu­len“ (14504/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend mögliche Zusammenhänge zwischen einer Hormonbelastung des Trinkwas­sers und Prostatakrebs (14505/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend Förderung von Tierschutzorganisationen (14506/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung von Tier­schutzorganisationen (14507/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Missstände im Bereich der Schulverwaltung des Bundes (14508/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend vom Bundesdenkmalamt empfohlene Restaurato­rInnen (14509/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend schulische Tagesbetreuung (14510/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Förderung von Anti-Gewalt-Trainings (14511/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Förderung von Anti-Gewalt-Trainings (14512/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend die Förderung von Anti-Gewalt-Trainings (14513/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Förderung von Anti-Gewalt-Trainings (14514/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Eingabe von Namen in Datenbanken (14515/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den ehemaligen Leiter des Österreichischen Integra­tionsfonds (14516/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend den ehemaligen Leiter des Österreichischen Integrationsfonds (14517/J)

Stefan Prähauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrssicherheitsaktionen von Gerhard Dörf­ler während seiner Zuständigkeit für das Verkehrsressort in Kärnten (14518/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14519/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 13

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgas­se (14520/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14521/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14522/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14523/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14524/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14525/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14526/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend missbräuchliche Nutzung der Ret­tungsgasse (14527/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14528/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14529/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14530/J)

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (14531/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Blockierung der Zufahrt zu zwei Behindertenparkplätzen durch Staatssekretär Kurz (14532/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend mögliche kontraproduktive Wirkungen der Chemotherapie (14533/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend Lyoness AG Aufstieg zur größten und erfolgreichsten Einkaufsgemeinschaft welt­weit (14534/J)

Gerhard Huber, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend ständig wachsende Zahl von Geschädigten durch Lyoness (14535/J)

Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Autobahninspektion Wels (14536/J)

Mag. Rainer Widmann, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Kundgebung vor der Oberösterreichischen Landwirtschaftskammer (14537/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 14

Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend medizinische Infrastruktur für einen atomaren Zwischenfall – Leh­ren aus Fukushima (14538/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finan­zen betreffend Kundenbehandlung bei der „Erste Bank“ (14539/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Räumlichkeiten von Versicherungen in Gebäuden des BMI (14540/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend vermeidbare Spesen beim Verlust von Nummernschildern (14541/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend gesamtösterreichische Sportleistungsabzeichen (14542/J)

Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Rufnummernunterdrückung bei Anrufen von der Polizei (14543/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Benzol in Erfrischungsgetränken (14544/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Benzol in Erfrischungsgetränken (14545/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend multiresistente Tuberkulose (14546/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend Streichung von Medikamenten aus dem Erstattungsko­dex (14547/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend § 42b Waffengesetz und andere Torheiten (14548/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Weltmuseum (14549/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kosten Umbau Weltmuseum (14550/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend § 42b Waffengesetz und andere Torheiten (14551/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend klimatische Veränderungen – Wo bleibt die Erderwärmung? (14552/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Bettelei – Mitwirkung bei der Vollziehung 2012 (14553/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend unvollständige Asylstatistik des BMI aufgrund „internationalem Trend“ (14554/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Errichtung von Lärmschutzwänden (14555/J)

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 15

Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates be­treffend missbräuchliche Nutzung der Rettungsgasse (95/JPR)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates be­treffend die Leistung von Überstunden an Plenartagen (96/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13798/AB zu 14083/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (13799/AB zu 14059/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (13800/AB zu 14080/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (13801/AB zu 14081/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (13802/AB zu 14082/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13803/AB zu 14084/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13804/AB zu 14085/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13805/AB zu 14086/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (13806/AB zu 14151/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen (13807/AB zu 14187/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13808/AB zu 14202/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (13809/AB zu 14208/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen (13810/AB zu 14215/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13811/AB zu 14226/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (13812/AB zu 14239/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen (13813/AB zu 14256/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (13814/AB zu 14097/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (13815/AB zu 14114/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jan­nach, Kolleginnen und Kollegen (13816/AB zu 14118/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen (13817/AB zu 14152/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13818/AB zu 14161/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13819/AB zu 14162/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13820/AB zu 14163/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13821/AB zu 14164/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13822/AB zu 14165/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13823/AB zu 14166/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13824/AB zu 14167/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13825/AB zu 14168/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13826/AB zu 14169/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13827/AB zu 14170/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (13828/AB zu 14171/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Rie­mer, Kolleginnen und Kollegen (13829/AB zu 14172/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 17

09.05.10Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und darf Sie bitten, sich auf Ihren Plätzen einzufinden.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 198. Sitzung vom 22. Ap­ril 2013 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Ikrath, Doppler, Ing. Hofer, Dr. Winter, Mag. Kogler, Mag. Korun und Mag. Schatz.

09.05.44Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass die Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Mag. Gernot Darmann in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Haus anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird der Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun den Herrn Schriftführer, Abgeordneten Zanger, um die Verlesung der Gelöbnisformel. – Bitte.

 


Schriftführer Wolfgang Zanger: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

 


9.06.01

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den Herrn Abgeordneten in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Ich gebe bekannt, dass die Aktuelle Stunde auf ORF 2 bis voraussichtlich 10.30 Uhr übertragen wird. Auf ORF III wird diese Sitzung in voller Länge live übertragen.

Es hat sich Herr Klubobmann Bucher zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


9.07.34

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ho­hes Haus! Wir erheben Einwendung gegen die Tagesordnung. Wir möchten, dass das Spekulationsverbot, die Verhandlungen darüber auf die Tagesordnung gesetzt werden, damit wir die Verhandlungen darüber noch vor den Nationalratswahlen zu Ende bringen können und ein für alle Mal hier im Hohen Haus beschließen, dass Spe­kulieren mit Steuergeldern und Spekulieren auf Pump verboten wird. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 18

Wir wollen, dass die Verhandlungen, die schon sehr weit gediehen sind und wo die ein­zelnen Parteien des Hohen Hauses einander schon sehr nahe gekommen sind, endlich zum Abschluss gebracht werden. Es sind viele Kilometer verhandelt worden und es fehlen noch wenige Zentimeter – so hätte ich das kurz beschrieben. Daher wollen wir, dass dieses Spekulieren endlich aufhört. Es gibt schon große Übereinstimmung, dass es gelingen kann. Wir wollen, dass es auf die Tagesordnung kommt und dann wieder an den Ausschuss verwiesen wird, sodass wir es vor dem Sommer noch beschließen können. (Beifall beim BZÖ.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben die Einwendungen gehört. Ich stelle fest, dass ich diesen Einwendungen nicht beitrete, weshalb der Nationalrat zu ent­scheiden hat.

Gemäß § 50 der Geschäftsordnung wird eine Debatte darüber verlangt, die nach der Aktuellen Stunde stattfinden wird. Ich werde die Redezeit auf 5 Minuten pro Red­ner/Rednerin und insgesamt drei Redner/Rednerinnen pro Klub beschränken.

09.09.18Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Damit gelangen wir nun zur Aktuellen Stunde zum Thema:

„Aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten und die Auswirkungen auf Österreich“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. Ich erteile ihm auch das Wort und halte fest, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


9.09.45

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler und Außenminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns heute im Rahmen dieser Aktuellen Stunde mit der Situation im Nahen Osten aus­einandersetzen, dann gäbe es da natürlich ein abendfüllendes Spektrum an Themen, die man erörtern müsste.

Wenn man sich im Detail mit allem, was im Zusammenhang mit dem sogenannten Arabischen Frühling passiert ist, sei es in der Arabischen Republik Ägypten, sei es im Iran, sei es in Libyen, sei es in Tunesien, sei es die schwierige Situation in Israel und Palästina oder seien es auch die dramatischen Entwicklungen, die wir in Syrien erle­ben, wenn man sich im Detail mit all diesen Ländern auseinandersetzt, dann klingt der Begriff „Arabischer Frühling“ fast etwas zu positiv, denn er drückt eine ausschließlich positive Entwicklung aus, die wir weiß Gott nicht überall in diesen Ländern erleben.

Österreich hat zumindest seit den siebziger Jahren eine sehr positive Außenpolitik im Nahen Osten betrieben, war dort außerordentlich erfolgreich und anerkannt und ist es nach wie vor. Es ist die vor allem sehr vermittelnde Haltung, die Österreich da ein­nimmt, es ist die sehr ausgleichende Positionierung, die Österreich vornimmt; und es ist zweifelsohne eine richtige Nahost-Politik, die Österreich seit Jahrzehnten betrieben hat.

Für uns ist diese ausgleichende Nahost-Politik deshalb so wichtig, weil die vermeintlich große Distanz definitiv kein Schutz davor ist, von den Entwicklungen im Nahen Osten betroffen zu sein. Viele glauben das. Es sind oft Tausende Kilometer, die uns trennen, und viele meinen, was immer da und dort geschieht, hat keine Auswirkungen auf Ös­terreich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 19

Da sei aber daran erinnert, dass wir in den siebziger Jahren auch hier in Österreich massiv mit Terrorwellen, mit Terroranschlägen konfrontiert waren, die Österreich, die die österreichische Bevölkerung unmittelbar betroffen haben. Es war in der Folge dann eine richtige Außenpolitik, die zu einer Befriedung der Situation geführt und Österreich fast zu so etwas wie einem Safe Haven, zu einem friedlichen Hafen, gemacht hat.

Alois Mock hat einmal gesagt: Man kann Fehler in der Wirtschaftspolitik machen und diese korrigieren. Man kann Fehler in der Sozialpolitik machen und diese korrigieren. Man kann Fehler in der Bildungspolitik machen und diese korrigieren. (Abg. Strache: Sie korrigieren halt leider nicht!) Wenn man in der Außenpolitik einen Fehler macht, dann kann man diesen möglicherweise nicht mehr korrigieren.

Deshalb ist eine überlegte Außenpolitik von besonderer Bedeutung, und deshalb ist es auch wichtig, dass sich heute das österreichische Parlament im Rahmen dieser Aktuel­len Stunde auch mit dieser Frage des Nahen Ostens, aber insbesondere auch mit dem österreichischen Peacekeeping-Engagement auseinandersetzt, das uns etwa seit 1974 auf den Golan führt, wo wir mit mehreren hundert Mann versuchen, den Frieden zwi­schen Syrien und Israel zu erhalten, und dies auch etwa der Nationale Sicherheitsrat am vergangenen Montag gemacht hat.

Wir sind darüber hinaus mit einer Logistikeinheit seit dem Jahr 2011 im Libanon enga­giert, mit Offizieren, Polizisten, Rechtsexperten und an diversen UNO-Operationen im gesamten Nahen Osten beteiligt. Das größte Kontingent aber stellt Österreich, wie be­reits angesprochen, am Golan und hat dort eine ganz entscheidende Aufgabe in der Überwachung des Waffenstillstands, in der Truppenentflechtung und ist gleichsam der Puffer zwischen zwei Konfliktparteien.

Der Nationale Sicherheitsrat  er hat die Geheimhaltung in diesem Punkt aufgehoben  hat sich eben am vergangenen Montag auch mit der Situation und mit der Frage, wie man weiter vorgehen soll, beschäftigt, denn es macht nur Sinn, diese Operation durch­zuführen, wenn sie auch einschätzbar ist, wenn sie eine gewisse Stabilität garantiert, wenn diese Sicherheitsinitiative dazu angetan ist, dass Österreich sein Mandat weiter ausüben kann.

Gemeinsam mit dem Department of Peacekeeping Operations der Vereinten Nationen wird diese Sicherheitslage laufend überprüft. Ich möchte dem Herrn Außenminister hier in ganz besonderer Weise für dieses Engagement danken. Ich möchte auch, Herr Außenminister, für Ihren Besuch herzlichen danken, den Sie kürzlich unseren Soldaten am Golan abgestattet haben, der ihnen auch zeigt, dass dieser Einsatz von ganz be­sonderer Bedeutung ist, dass er ganz besonders wichtig ist (Beifall bei der ÖVP) und dass sich auch die Spitzen unserer Republik in Ihrer Person, Herr Außenminister, in ei­ner kritischen Situation nicht davor drücken, dort in dieses Krisengebiet zu fahren und unseren Soldaten den Dank für die Tätigkeit, die sie dort ausüben, auszusprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wäre, glaube ich, auch sinnvoll, dass andere Spitzen der Republik, etwa auch der Herr Verteidigungsminister, bald eine Gelegenheit wahrnehmen, um unseren Soldatin­nen und Soldaten dort ein ähnliches Signal zu geben. Ich halte das für sinnvoll, ich halte das für wichtig. Wir sind stolz auf unsere Soldaten, die dort einen so wichtigen Dienst leisten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir verstehen sehr gut die Sorge der Angehörigen um ihre Männer, die dort Dienst leisten. Deshalb ist es auch von so großer Bedeutung, dass man von Tag zu Tag die Situation sorgfältig prüft und beurteilt. Es wäre aber gleichsam unverantwortlich, meine Damen und Herren, es wäre eigentlich inakzeptabel in einer Situation, die so kritisch ist, gleichsam davonzulaufen. Das tun wir nicht, Herr Außenminister, Sie haben das mehrfach betont. Das tun unsere Soldaten nicht, die dort im Einsatz sind, und deshalb


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ist ihnen nicht genug für diesen Dienst, den sie leisten, zu danken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wahr ist natürlich, dass die Situation schwer abschätzbar ist. Wir haben das erlebt, es gab die Entführung von UNO-Soldaten. Man weiß nicht, wie sich die Lage weiterent­wickeln wird. Deshalb ist es, glaube ich, auch notwendig, an die Staatengemeinschaft und die Vereinten Nationen zu appellieren, dass man alles tut, um die Sicherheit von Soldaten, die unter dem Schutz der Vereinten Nationen und im Auftrag der Vereinten Nationen agieren, soweit das irgendwie möglich ist zu garantieren. Deshalb kann man auch nicht einer Lockerung des Waffenembargos, wie von manchen Seiten gefordert, beitreten, meine Damen und Herren!

Es ist notwendig, dass man die Verantwortlichen für diesen unglaublichen Krieg vor den Internationalen Gerichtshof bringt, meine Damen und Herren. Es ist die Fratze des Krieges, die eine unglaublich dramatische Situation auch für die Zivilbevölkerung be­deutet. Die Vereinten Nationen gehen mittlerweile von 60 000 Todesopfern aus, von 3,6 Millionen Displaced Persons, also vertriebenen Personen. Die Staatengemein­schaft bemüht sich, auch mit finanzieller Hilfe den Flüchtlingen und den Opfern in ir­gendeiner Art und Weise gerecht zu werden.

Bedauerlicherweise wird sichtbar, was Beobachter schon lange sagen, nämlich dass es, da einige Staaten dort weiterhin ihre Interessen verfolgen, förmlich zu einem Aus­bluten auf beiden Seiten der Konfliktparteien kommt – eine Situation, die unbefriedi­gend ist, meine Damen und Herren, und wo wir alles tun müssen, um einen Beitrag zur Befriedung zu leisten.

Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen persönlich Respekt und Anerkennung für die Außenpolitik, die Sie gerade im Nahen Osten machen, aussprechen. Es war ein großer Erfolg Ihrer Außenpolitik, dass es gelungen ist, die palästinensische Seite etwa in den Vereinten Nationen in eine neue Situation zu bringen, und dass sich fast alle europäi­schen Staaten Ihrer Position angeschlossen haben. Das ist ein großer Erfolg der ge­meinsamen österreichischen Außenpolitik, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Vizekanzler Dr. Spindelegger zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


9.20.18

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn wir diese Aktuelle Stunde, über die Lage im Nahen Osten zu diskutieren, nutzen wollen, dann möchte ich mit der größten außenpolitischen He­rausforderung beginnen, die es derzeit gibt, und das ist der Krieg in Syrien.

Dieser Krieg in Syrien, meine Damen und Herren, hat wahrscheinlich mehr als 60 000 – man vermutet, bis 100 000 – Menschen das Leben gekostet. Wir sehen, dass eine Mil­lion Menschen bereits aus Syrien geflüchtet sind, etwa in den Libanon, das Nach­barland, fast 500 000. Wir sehen, dass 4 Millionen Menschen in Syrien innerhalb des Landes auf der Flucht sind und dass mittlerweile 7 Millionen – 7 Millionen! – Menschen davon abhängig sind, dass sie von internationalen Organisationen so unterstützt wer­den, dass sie überleben können.

Das sind Zahlen, die zeigen, was ein Krieg im Nahen Osten, in diesem Fall in Syrien, bewirken kann. Ich bin überzeugt davon, dass, wenn wir das auf Österreich herunter­brechen, auch wir davon betroffen sind. Ich darf Ihnen die drei Punkte nennen, wo ich sehe, dass auch wir Verpflichtungen haben und auch wir handeln müssen.


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Der erste Punkt ist, die humanitäre Katastrophe, die sich dort abspielt, zu lindern. Ja, auch wir haben als Staat Hilfen gegeben. Über 5 Millionen € haben wir aus dem Aus­landskatastrophenfonds zur Verfügung gestellt, es wurden Nahrungsmittelhilfen gege­ben. Wir haben erst vor zwei Wochen im Ministerrat beschlossen, weitere 2 Millionen € für die Flüchtlingslager im Libanon zur Verfügung zu stellen. Das ist notwendig, es sind auch österreichische Organisationen in diesen Flüchtlingslagern aktiv. Ich habe eines im Libanon besucht, in dem die Caritas aktiv ist, es gibt auch noch andere.

Ich möchte heute auch all den Damen und Herren, die von österreichischer Seite in diesen Organisationen tätig sind, ein aufrichtiges Danke für ihren humanitären Einsatz sagen. Es ist großartig, wenn man sieht, wie da geholfen wird. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Jede Hilfe, die heute dort bei den Menschen ankommt, ist eine Hilfe, um weiteres Leid zu lindern. Aber wir dürfen Folgendes nicht übersehen: Es sind etwa 20 000 Menschen jeden Tag, die die Grenze zwischen Syrien und dem Li­banon überschreiten und sich dort in ein neues Flüchtlingslager begeben. Das zeigt uns die Dimension auf, wie das voranschreitet und wie notwendig es ist, zu einem En­de dieses Konflikts und dieses Krieges in Syrien zu kommen.

Ich möchte eine zweite Betroffenheit von Österreich unmittelbar ansprechen. Wir sind direkt betroffen, weil 377 österreichische Soldaten am Golan, zwischen Syrien und Is­rael, stehen – und das nicht erst seit gestern. Seit 39 Jahren engagiert sich Österreich, nächstes Jahr werden es 40 Jahre sein, dass wir dort Dienst im Rahmen der UNO tun, und zwar ist dies ein tatsächlicher Friedensdienst. Sinn und Zweck dieser Mission am Golan sind, die beiden damaligen Kriegsparteien Syrien und Israel auseinanderzuhal­ten und dafür zu sorgen, dass es nicht wieder zu einem bewaffneten Konflikt zwischen beiden Seiten kommt.

Die Lage hat sich völlig geändert. Heute geht es nicht um einen Konflikt zwischen Sy­rien und Israel, sondern heute geht es um einen Konflikt innerhalb Syriens. Diese Kämpfe zwischen den Assad-Truppen und den Rebellen beziehungsweise der syri­schen Opposition – wie immer man sie nennen will – schlagen sich auch in der Zone nieder, in der Österreicher stationiert sind, und daher ist die Lage hochgradig gefährlich.

Ich möchte heute besonders jenen, die dort täglich ihren Dienst versehen und versu­chen, dass dieser Friedensdienst der Vereinten Nationen auch ein Friedensdienst blei­ben kann, meine ausdrückliche Anerkennung und meinen Respekt aussprechen. Das sind hervorragende Persönlichkeiten. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Das sagen nicht nur wir. Ich habe mit dem israelischen Premierminister, mit dem israelischen Präsidenten darüber geredet, und das Lob für die österreichischen Soldaten kam von dort. Ich habe das auch im Libanon vom Präsi­denten, vom Premierminister und vom Parlamentspräsidenten gehört. Alle sagen, dass die Österreicher Courage haben, dass die Österreicher aber auch hohe Professiona­lität an den Tag legen und dass sie auch dieses berühmte Fingerspitzengefühl haben. Das ist etwas, was uns auch stolz machen kann, wenn gesagt wird, Österreich tut et­was, um den Frieden aufrechtzuerhalten.

Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn es am Golan keine UNO-Soldaten gäbe, wenn damit auch die Gefahr drohte, dass Israel in den Konflikt mit einbezogen würde. Das wollen wir alle nicht. Deshalb ist es notwendig, dass am Golan weiter ein Friedensdienst im Rahmen der UNO durchgeführt wird. Und da tragen die Österreicher die entscheidende Verantwortung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wie notwendig es auch innerhalb der UNO ist, dass Österreich diesen Dienst weiter versieht, das hat mir auch der indische Kommandant dieser UNDOF-Truppe am Golan bestätigt. Er hat gesagt, die Österreicher sind das Rückgrat, und wenn es sie nicht mehr gibt, dann wird die Mission am Golan insgesamt


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in Frage stehen. Das muss uns auch zu denken geben, bei all dem, was wir natürlich unter dem Gesichtspunkt, wie wir die Sicherheit für unsere Soldaten gewährleisten können, mit berücksichtigen müssen.

Das ist eine schwierige Gratwanderung. Wir haben uns am letzten Montag im Sicher­heitsrat sehr ausgiebig mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Und ich bedanke mich bei allen, die sehr konstruktiv an dieser Diskussion teilgenommen haben, denn letztlich ist es eine Frage für uns, für die Sicherheit der Soldaten zu sorgen, es ist aber auch insgesamt eine Frage der Vereinten Nationen, glaubwürdig zu bleiben und eine Mis­sion aufrechtzuerhalten, die eben notwendig ist, um diesen Konflikt nicht aus Syrien auf Nachbarländer wie Israel oder den Libanon übergreifen zu lassen.

Ich darf bei dieser Gelegenheit auch allen anderen, die im Nahen Osten als österreichi­sche Soldaten tätig sind, ob das bei UNTSO ist, ob das im Rahmen von UNIFIL im Li­banon ist, damit eben der Libanon nicht in diesen Konflikt in Syrien mit einbezogen wird, ein herzliches Danke für ihren Einsatz sagen. Auch dort wird Österreich als Trup­pensteller besonders gelobt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir müssen uns aber auch mit der dritten Herausfor­derung auseinandersetzen. Kann es nicht auch Momente geben, wenn wir nicht mehr am Golan bleiben können, wenn wir auch aus Sicherheitsinteressen unsere Soldaten abziehen müssen? – Ich darf das sehr klar ansprechen: Manche glauben, der Konflikt in Syrien kann nur in militärischer Hinsicht gelöst werden. Sie wollen daher eine Auf­rüstung der sogenannten syrischen Opposition, auch mit Waffen aus der Europäischen Union, gewährleisten.

Diese Auffassung vertrete ich nicht. Ich glaube nicht, dass ein Aufheben des aktuellen Waffenembargos gegenüber ganz Syrien, also gegenüber den Assad-Truppen, genau­so wie gegenüber der syrischen Opposition, tatsächlich zu einem Ende des Konflikts führen würde. Denn wir dürfen nicht vergessen: Assad steht auch nicht allein da. Es gibt genug andere Länder, die Waffen dorthin liefern, wo dieser Konflikt eine neue Di­mension bekommen kann. Moderne Waffen für die sogenannte syrische Opposition, das wirft die Frage auf: Wer ist das eigentlich?

Wir sehen ein weites Spektrum an Organisationen, die sich dort engagieren, die nur ei­nes eint, nämlich gegen Assad zu kämpfen, aber gefährliche Waffen in diesen Händen möchte ich, ehrlich gesagt, auch nicht sehen, denn sie können sich morgen gegen ganz andere Länder und auch gegen Europa richten. Meine Damen und Herren! Das ist eine Gefahr, die wir zu berücksichtigen haben.

Das Zweite ist: Ich glaube auch insgesamt nicht, dass ein Mehr an Waffen in diesem Land zu einem Ende des Krieges führen wird. Ganz im Gegenteil! Es würde zu einer Eskalationsspirale beitragen. Und das wollen wir doch alle nicht. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Daher bin ich der festen Überzeugung, wir müssen uns alle darauf konzentrieren, eine politische Lösung dieses Konflikts herbeizuführen. Und daher müssen auch alle Kräfte unterstützt werden, die diese politische Lösung wollen. Und wenn zwei Kirchenvertreter entführt wurden, dann ist das ein alarmierendes Signal. Ich darf das heute noch einmal ansprechen. In Medien wurde berichtet, sie seien schon wieder freigelassen worden. Dem ist nicht so, sie sind immer noch entführt, weil sie für Frieden in Syrien eingetreten sind. Die internationale Gemeinschaft und wir sind aufgerufen, dem entgegenzuwirken. Nicht Entführung ist angesagt, sondern ein Friedensprozess, ein Gespräch am Runden Tisch mit allen Vertretern, die in Syrien sind. Das ist die Notwendigkeit, auf die wir hin­drängen müssen, das muss die politische Lösung von morgen sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Cap und Strache.)


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Ich bin daher dankbar dafür, dass im Nationalen Sicherheitsrat eine breite Mehrheit dieser Linie, die wir Österreicher vertreten, zugestimmt hat. Wir werden uns nach wie vor gegen eine Aufhebung des Waffenembargos, auch wenn das Länder in der Euro­päischen Union wollen, wehren, weil es der falsche Weg ist und wir eine politische Lö­sung im Nahen Osten erzielen wollen.

Meine Damen und Herren! Insgesamt ist der Nahe Osten nicht so fern, wie es geogra­fisch scheint. Eine Flüchtlingswelle aus Syrien kann Europa jederzeit treffen. Darum müssen wir uns dafür engagieren, dass wir auch jenen, nämlich den Nachbarländern, helfen, die derzeit diese Flüchtlinge aufnehmen und versorgen. Wir müssen uns da-
für einsetzen, dass es eine politische Lösung in diesem Konflikt gibt, aber nicht mehr Waffen.

Wir müssen unsere österreichischen Soldaten, die am Golan stehen, die bei UNIFIL engagiert sind, vonseiten Österreichs natürlich mit allen nötigen Ausrüstungsgegen­ständen unterstützen, aber auch in der Hinsicht, dass wir ihnen den Rücken stärken und uns für ihr Engagement bedanken, das Österreich große Anerkennung in der inter­nationalen Gemeinschaft gebracht hat. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

9.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmer und Teilnehmerinnen an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Herr Klubobmann Dr. Cap gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.30.16

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Gleich einleitend auch seitens der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion unser Dank an unsere Sol­daten, die den Dienst in dieser doch sehr gefährlichen Zone ausüben. Wir schließen uns den anerkennenden Worten der Vorredner hier natürlich vollinhaltlich an. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zugleich auch meinen Respekt und meine Anerkennung gegenüber den Bemühungen des Herrn Außenministers, zum Frieden gerade in diesem zentralen Bereich des Na­hen Ostens, zwischen Israel und Palästina, beitragen zu wollen, auch im Sinne der Lö­sung eines Zweistaatenmodells und der damit verbundenen Anerkennung Palästinas seitens der österreichischen Außenpolitik auf diesem Weg hin zu einer Lösung, dass Palästina auch als Staat Anerkennung findet und im Rahmen der UNO und UNESCO diese Schritte gesetzt werden. Auch dazu wirklich unsere Zustimmung. Ich hoffe, dass dieser Weg, der durchaus, wie Kollege Amon gesagt hat, schon in der Tradition der Außenpolitik der siebziger Jahre begründet liegt, fortgesetzt wird.

Ich möchte aber doch noch auf einige Punkte hinweisen, die in diesem Zusammen­hang, so scheint mir, von größter Bedeutung sind, denn wenn man heute in der „Pres­se“ liest, dass 60 Jihadisten aus Österreich dort mitkämpfen, so ist meine Frage: Sind das österreichische Staatsbürger? Wer ist das überhaupt? Was sind die Konsequen­zen des Ganzen?

Und wenn der Herr Außenminister zu Recht fragt, wer dort eigentlich die Opposition ist, warum die internationale Staatengemeinschaft keine Waffen liefern und beim Waffen­embargo bleiben will, so ist das verständlich. Man will gar nicht, dass ein großer Teil dieser Opposition, die anscheinend Islamisten, Jihadisten und so weiter sind, diese Waffen überhaupt bekommt. Bei aller Kritik und Ablehnung des Assad-Regimes, aber das kann nicht die Alternative sein.

Daher unterstütze ich das. Wir haben ja auch im Nationalen Sicherheitsrat einen ent­sprechenden Beschluss gefasst, in dem wir darauf hinweisen, dass es für das Engage-


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ment Österreichs natürlich mögliche Konsequenzen hat, wenn dieses Waffenembargo aufgehoben wird und wenn es dann zur Lieferung von Waffen kommt. Und das würde sehr wohl auch zu einer neuen Debatte und Neueinschätzung führen, wahrscheinlich wieder im Rahmen des Nationalen Sicherheitsrates und allfällig auch hier im Parlament und, ich schätze, natürlich auch in der Regierung.

Wenn man das hier durchaus so kritisch einschätzt, dann kann man das auch nicht trennen – da ist fast Zynismus mit dabei –: Da sind Hunderttausende, ja Millionen Men­schen unter prekärsten humanitären Bedingungen auf der Flucht. Ich meine, man soll dieses Problem an die oberste Stelle setzen, wenn man die Einschätzung der Lage in dieser Region vornimmt, denn all das, was damit verbunden ist, mit Entwurzelung, mit Verarmung, mit problematischen Situationen, kann auch zu einem Rekrutierungsfeld für radikale Islamisten führen. Und das ist etwas, wo ich sage, da muss man ganz sensibel sein. Da ist nicht nur ein Beitrag der internationalen Staatengemeinschaft ge­fordert, auch Österreich leistet maßgeblich seinen Beitrag, um die prekäre humanitäre Situation abzumildern, sondern es muss in erster Linie zu einer Lösung in dieser Re­gion kommen.

Aber das liegt natürlich auch im Verhältnis zwischen Palästina und Israel begründet, das ist der Kernbereich dieses Problems in dieser Region. Da gilt es schon auch an die israelische Regierung den Appell zu richten, endlich mit dem Siedlungsbau aufzuhö­ren, weil das eine Zweistaatenlösung unterminiert und weil das im Endeffekt auch für Israel – vielleicht sogar primär für Israel – eine Katastrophe ist. Gerade Israel muss die­se Zweistaatenlösung doch wollen müssen, wenn man wirklich auf einen dauerhaften Frieden drängen will. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube auch, dass die Einschätzung in dieser Region von Bedeutung ist, was den Arabischen Frühling betrifft, und dass die westlichen Demokratien alles unternehmen müssen – auch das wäre ein Beitrag zum Frieden in dieser Region –, damit dieser Frühling wirklich noch ein Frühling wird und sich auch demokratisch weiterentwickelt. Wenn man die Äußerungen und die Handlungen des ägyptischen Präsidenten – aber wahrscheinlich auch in anderen Ländern – hört und sieht, dann muss ich sagen, bei allem Respekt vor dem Koran, aber im Endeffekt wird der Koran nicht Wohnungen, Jobs, Eiskästen und sonst etwas dort in Bewegung setzen, sondern da gehört eine ge­scheite Wirtschaftspolitik her. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Da gehört eine gescheite Politik insgesamt her.

Das ist schon auch ein Punkt, der in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden muss.

Zusammenfassend, glaube ich, sollten wir alle weiter diesen Weg gehen und unseren Beitrag leisten, denn der Friede in dieser Region bedeutet auch Frieden und Sicherheit für Österreich und Europa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kliko­vits. – Bitte.

 


9.36.14

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir heute in der Früh in den Nachrichten den Beauftragten für Terrorbekämpfung der Europäischen Union gehört haben, der be­richtet hat, dass in etwa 600 junge Europäerinnen und Europäer auf dem Weg nach Syrien sind, um dort mit ihren Muslimbrüdern diesen Freiheitskampf – wie immer man das nennen möchte – zu unterstützen, dann soll das einmal mehr eine Warnung für uns sein, dass es wichtiger denn je ist, unseren Auftrag, den wir im Rahmen einer UN-Resolution aus 1974 nach Artikel 6 haben, zu erfüllen.


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Wir haben heute die Verpflichtung und die Aufgabe, unseren Soldatinnen und Solda­ten – es sind rund 380, die derzeit am Golan stehen – jegliche notwendige Unterstüt­zung zu geben, und zwar von politischer Seite, aus ideeller Sicht, und natürlich auch die bestmögliche materielle Unterstützung, die wir seitens des österreichischen Bun­desheeres zur Verfügung stellen können. Ich glaube, dass die heutige Aktuelle Stunde ein wirklich guter Anlass ist, unseren SoldatInnen, vor allem jenen, die dort professio­nell, kompetent und noch immer, trotz der Gefahrenmomente, motiviert ihren Dienst versehen, zu danken – auch jenen, die bisher fast 40 Jahre lang diesen Dienst im Sin­ne von friedensstiftenden Maßnahmen geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Der Herr Vizekanzler hat – und ich möchte ihm hier ausdrücklich dafür danken – diesen Schritt bereits vorige Woche ge­setzt, indem er unsere Truppen am Golan besucht hat. Nach seiner Rückkehr nach Österreich hat es ja gleich wieder unmittelbar in der Nähe unserer Truppen kriegeri­sche Auseinandersetzungen gegeben. Das hat letztendlich auch dazu geführt, dass wir hier in Österreich ausdrücklich und permanent die Sicherheitslage für unsere Soldaten überprüfen und auch entsprechend darüber diskutieren müssen.

Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, Herr Vizekanzler, dass Sie das auch zum Thema im Nationalen Sicherheitsrat gemacht haben, denn es ist zweifelsfrei so, dass die Lage jeden Tag immer mehr eskaliert, und dass wir auch bei uns in Österreich Maßnahmen vorbereiten, dass zum Schutz und zur Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten der sogenannte Plan B jederzeit zur Umsetzung gelangen kann.

Wir haben auch im Nationalen Sicherheitsrat – ich kann es ja sagen, weil wir die Ver­traulichkeit aufgehoben haben – ausdrücklich festgestellt, dass dieses Waffenembargo nicht aufgehoben werden darf. Ich teile auch die Meinung des Herrn Kollegen Cap, dass es nicht zu einem Friedensziel werden kann, wenn man die Streitparteien noch zusätzlich mit Waffen versorgt.

Wir jedenfalls achten auf unsere Soldaten, auch seitens des österreichischen Bundes­heeres. Es steht jetzt ein zusätzlicher Sanitätspanzer zur Verfügung, es stehen sechs Panzer Pandur zur Verfügung, die jederzeit, wenn es die Umstände erlauben, zum Schutz unserer Militärs eingesetzt werden können.

Geschätzte Damen und Herren! Für unsere Soldaten ist es wichtig, zu wissen, dass die Republik, dass die Politik alles unternimmt, alle Maßnahmen zu ihrem besonderen Schutz zu setzen.

Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Herr Vizekanzler, mit dieser Resolution, die wir im Sicherheitsrat auf Ihre Initiative hin beschlossen haben, setzen wir ein klares Zeichen in Richtung der Staatengemeinschaft, dass Österreich bereit ist, am Golan weiterhin den Frieden zu sichern, aber dass wir diesen Frieden nicht um jeden Preis und vor allem nicht unter Gefährdung unserer Soldaten aufrechterhalten. Deswegen ist es wichtig, dass diese Resolution von allen – außer von der FPÖ – mitgetragen wurde als klares Signal in Richtung unserer Soldaten.

Ich danke den Soldaten für ihren Einsatz, den sie im Sinne des Friedens für die Repu­blik Österreich und die Welt am Golan leisten. Österreich steht hinter diesen Soldaten und wird sie auch weiterhin bestmöglich schützen.

In diesem Sinne danke ich, und ich hoffe, dass alle Soldatinnen und Soldaten wieder gesund in die Heimat zurückkehren können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)


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9.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.41.49

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wohl kaum eine andere Weltgegend ist vom Frieden so weit entfernt wie der Nahe Osten. Leider Gottes! Das ist eine Entwicklung, die wir ja seit Jahrzehnten in dieser Region wahrnehmen müssen, natürlich seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1947. Seit damals fanden immer wieder Kriege statt und ist ein schwelender Dauerkonflikt vorherrschend. Es gibt dort umstrittene Zonen, ob das jetzt die Krisenzentren Golan, Westjordanland oder auch Je­rusalem sind. Aber es gibt auch Probleme aufgrund der aktuellen Entwicklung des Arabischen Frühlings, der immer wieder sehr heroisch dargestellt wurde, auch in den letzten Monaten, wo man heroisch vom Arabischen Frühling berichtet hat, der angeb­lich die ach so tolle Demokratisierung bringt. Jetzt aber erleben wir die Realität, näm­lich keine Friedensentwicklung, sondern eine Radikalisierung und Kriegsentwicklung.

Leider Gottes findet auch eine Vertreibung Andersgläubiger statt, wie der Christen, die in diesen Regionen auch bedroht sind, wo es zu Christenverfolgung und auch zu Ver­treibung kommt. Und ich vermisse die Unterstützung vonseiten der Europäischen Uni­on, aber auch der österreichischen Bundesregierung, wenn es darum geht, die christli­chen Bürger dieser Region vor solchen Entwicklungen entsprechend zu schützen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Schlagartig verschärft und verändert hat sich die Situation vor Ort durch den Arabi­schen Frühling, ausgehend von Tunesien, ein Umsturz in Kairo, ein Umsturz in Tripolis, Protestwellen in Katar.

Es gibt auch eine Entwicklung, die uns Österreicher betrifft, von der ich heute aber noch relativ wenig gehört habe, das sind keine Einzelfälle: Über 60 Dschihadisten, die sich angeblich in Österreich als Asylwerber auch in einem Verfahren befinden, sind aufgebrochen, um als radikale Islamisten und Terroristen in dieses Kriegsgebiet zu ge­hen und dort mitzumischen. Das sind keine Einzelfälle, wie man vielleicht meinen oder wieder behaupten könnte.

Vor knapp einem Jahr wurde aufgedeckt, dass neun österreichische Asylwerber an der russisch-georgischen Grenze, nämlich Tschetschenen, die als Asylwerber in Öster­reich waren und hier Anträge gestellt haben, als Kämpfer, als Terroristen, als Islamis­ten, als Radikale im Kampfanzug und mit Maschinengewehren in Kampfhandlungen er­schossen beziehungsweise festgenommen wurden. Das sind offensichtlich keine Ein­zelfälle und das zeigt auch die Situation in Österreich auf, nämlich dass hier Menschen das heilige Recht auf Asyl offenkundig missbrauchen (Beifall bei der FPÖ) und radikale Islamisten Rekrutierungszonen und eine Rekrutierungsbasis auch in Österreich ma­chen können, weil man hier zusieht, obwohl der Verfassungsschutz und auch die Si­cherheitsbehörden seit Jahren darauf hinweisen, dass es diese Entwicklung gibt.

Das wird immer wieder heruntergespielt, das muss man schon einmal sehr kritisch an­merken, weil da eine große Gefahr dahintersteckt und offensichtlich Asylmissbrauch und Asylbetrug stattfinden und man nicht bereit ist, das abzustellen.

Die Regierung in Damaskus hat ja – historisch gesehen – immer wieder versucht, die innenpolitischen Verhältnisse ihres Nachbarstaates Libanon entsprechend zu beein­flussen, zum Teil auch durch Unterstützung radikaler Kräfte im Libanon, um auch in dieser Region Destabilisierung zu erreichen.

Man muss schon betonen, dass diese Radikalisierungsprozesse in dieser Region lei­der Gottes auch dazu geführt haben, dass der Libanon, der einmal als die Schweiz des Nahen Ostens galt, heute ein Land des Chaos und der Unruhe ist.

Österreich hat da eine Tradition, und zwar eine gute und positive Tradition: die Position des neutralen Vermittlers. Ich würde mir wünschen, dass man diese Tradition des neu­tralen Vermittlers endlich wieder stärker lebt. (Beifall bei der FPÖ.)


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Diese Bundesregierung ist mir in vielen Bereichen leider Gottes viel zu passiv und auch zu defensiv in dieser Frage. Da würde ich mir mehr Engagement wünschen.

Natürlich ist es wichtig, zu vermitteln, auch zwischen Israel und den Palästinensern. Natürlich ist es wichtig, auch festzuhalten, dass das Verteidigungs-, Selbstbestim­mungs- und Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen ist. Natürlich ist es wichtig, sich da vermittelnd einzubringen. So hatte ich selbst auch die Ehre, als kleines Mini­rädchen vor Kurzem in Israel eingeladen gewesen zu sein und mit israelischen Ver­tretern, aber auch mit palästinensischen Vertretern in Hebron Verhandlungen und Ge­spräche zu führen.

Es gibt die Möglichkeit eines Friedens in dieser Region, aber dazu braucht es auch die Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft und ein stärkeres Einbringen der internationalen Gemeinschaft.

Daher komme ich am Ende meiner Ausführungen natürlich auch auf unsere UNO-Sol­daten zu sprechen. Ja, unsere österreichischen UNO-Soldaten leisten Großartiges in dieser Region (Beifall bei der FPÖ), aber ihr Auftrag ist, in einer entmilitarisierten Zone Friedenssicherung zu betreiben. Wir haben es jedoch nicht mehr mit einer entmilita­risierten Zone zu tun. Es herrscht Krieg! Und diese Zone ist längst nicht mehr entmi­litarisiert. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Es geht nicht mehr um Friedenssicherung, diese Soldaten befinden sich mitten in einer Kriegszone unterschiedlicher Kriegsparteien. Daher ist es unverantwortlich, unsere ös­terreichischen Soldaten weiterhin vor Ort zu belassen und das zu negieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Da sollten wir bei allem Dank und Respekt vor unseren UNO-Soldaten endlich deren Sicherheit gewährleisten und sie zurück nach Österreich holen. Das ist unser sicher­heitspolitischer Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

9.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. – Bitte.

 


9.48.01

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Wenn die Freiheitliche Partei diese wichtige Diskussion über globale Sicherheit am Beispiel Syriens und des Golans zu einer Asylwerber-Debatte missbraucht, dann sage ich dazu nur zwei Sätze (Zwischenruf des Abg. Dr. Karlsböck – Abg. Dr. Graf: Wir müssen nicht gleicher Meinung sein wie alle anderen!):

Erstens: Es gibt eine einzige Partei in der gesamten Europäischen Union, die enge freundschaftliche Beziehungen zum terroristischen Regime in Tschetschenien unter­hält, das in Wien sogar Morde durchführen hat lassen. Diese Partei ist die Freiheitliche Partei Österreichs. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Meinen Sie die tsche­tschenischen Terroristen aus Boston, oder?)

Zweitens: Der Arabische Frühling hatte eine direkte Folge für die österreichische Par­teienfinanzierung: Mit Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi hat die Freiheitliche Partei zwei ihrer wichtigsten Financiers verloren. (Abg. Strache: Der Gaddafi hat die Grünen gesponsert! Das ist der einzige Nachweis !) – Das dazu.

Aber jetzt, Herr Dr. Spindelegger, zum eigentlichen Problem, denn zum Glück ist die Freiheitliche Partei nicht mehr das Hauptproblem sogar der Republik Österreich. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Herr Dr. Spindelegger, ich fordere Sie auf, endlich eine Frage klar zu beantworten: Ha­ben Sie im Rahmen der Europäischen Union klargemacht, dass, wenn das Waffen-


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embargo der Europäischen Union Ende Mai ausläuft und nicht verlängert wird und die USA, Großbritannien, Frankreich und andere schwere Waffen an Bürgerkriegsparteien in Syrien liefern, die österreichische Beteiligung am UNDOF-Mandat am Golan nicht mehr weitergeführt werden kann und zu Ende ist? Haben Sie Ihren Gesprächspartnern in Brüssel gemeinsam mit dem Bundeskanzler klargemacht, dass, wenn dieses Embar­go fällt, mit dem Embargo auch das UNDOF-Mandat fällt und damit das älteste frie­denssichernde Mandat der Vereinten Nationen?

Nur dann, wenn Sie das in Brüssel klarmachen und wenn Sie sagen: Es gibt hier ein österreichisches Junktim: Ende des Waffenembargos ist Ende des UNDOF-Mandats!, haben wir noch eine geringe Chance, unsere Partner und Partnerinnen in der Euro­päischen Union davon zu überzeugen, dass dieses Embargo vielleicht doch verlängert und fortgesetzt wird.

Wenn Sie heute auf diese Erklärung verzichten, dann geben Sie in aller Öffentlichkeit den politischen Kampf um dieses Embargo auf. Lippenbekenntnisse nützen nichts.

Herr Abgeordneter Amon und Herr Abgeordneter Klikovits, ich teile mit Ihnen die Sorge um unsere Soldaten und Soldatinnen am Golan, um diese 377 Österreicher, die dort täglich unter immer gefährlicheren Bedingungen ein wichtiges Mandat erfüllen. Nur, Sie wissen genauso gut wie ich, im Verteidigungsministerium gibt es noch keinen Plan, wie wir unsere Truppen möglicherweise Anfang Juni heimholen können, wenn wir sie heim­holen müssen.

Dieses Mandat ist gefährdet und wird wahrscheinlich nicht mehr aufrechterhalten wer­den können. Und wenn Sie es ernst meinen mit der Sicherheit unserer 377 Soldaten am Golan, dann muss es heute bereits diesen Plan und dann muss es das österrei­chische Ultimatum in Brüssel geben, weil sonst sogar die persönliche Sicherheit dieser 377 Soldaten gefährdet ist.

Stellen Sie sich einmal vor, in den Dörfern in der UNDOF-Zone gibt es bereits Kampf­handlungen, derzeit mit leichten Waffen, weil die Aufständischen nicht über schwere Waffen verfügen. In dem Moment, in dem die USA, Großbritannien und Frankreich lie­fern, eskaliert der Krieg mit schweren Waffen auch im UNDOF-Gebiet an der israe­lisch-syrischen Grenze. Syrien verweigert sogar die Einfuhr dieses einen von Ihnen genannten Rettungspanzers – der ist ja noch immer nicht bei unserem Kontingent, weil ihn die Syrer nicht hineinlassen. Der Nachschub ist blockiert. Unsere Soldaten am Go­lan sind teilweise vom Nachschub bereits abgeschnitten. Und da wird noch heile Welt gespielt und wird noch so getan, als könnten wir dieses Mandat noch verantworten?

Deswegen brauchen wir, Herr Dr. Spindelegger, auch hier im Parlament klare Worte. Wir stehen vor dem Scheitern der internationalen Nahostpolitik. Wir stehen vor einem Scherbenhaufen in Libyen. Wir stehen demnächst wahrscheinlich vor einem noch viel gefährlicheren Scherbenhaufen in Syrien. Nach wie vor stützt der Westen diktatorische Regimes wie Saudi Arabien. Nach wie vor lässt der Westen echte Demokratiebewe­gungen wie in Bahrain im Stich und decken die USA, Großbritannien und auch Frank­reich saudische Interventionstruppen gegen demokratische BürgerInnenbewegungen eben in den Golfstaaten. Und in Syrien und in Libyen geht es nicht um Demokratie, geht es leider nicht um Menschenrechte, sondern um internationale Einflusssphären. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Da bräuchten wir eine österreichische Politik, die offen sagt: Wir brauchen eine große politische Wende in Brüssel! Und wir brauchen einen Außenminister, der das endlich offen und mutig anspricht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

9.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz, ich werde mir das Stenographische Protokoll kommen lassen, um Ihre einleitenden Bemerkungen noch


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einmal zu lesen und zu überprüfen, inwieweit Sie unsere Prinzipien betreffend Ord­nungsrufe verletzt haben; ich werde später entscheiden.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


9.54.14

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für diese Debatte, hätte mir aber auch eine Erklärung von Ihnen, Herr Außenminister, gewünscht, vor allem aus Geschäfts­ordnungsgründen, denn dann hätten wir noch intensiver debattieren und auch gemein­same Anträge einbringen können, sodass wir auch wirklich der Stimme dieses Hauses in dieser wichtigen außenpolitischen Frage mehr Gewicht geben könnten. Aber das kann ja noch folgen. (Beifall beim BZÖ.)

Jedenfalls ist es gut und richtig, dass sich endlich auch Österreich von diesem Main­stream der letzten zwei Jahre entfernt, der den sogenannten Arabischen Frühling als heil- und glückbringend für diese Region dargestellt hat, und zwar ausschließlich.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich bereits vor zwei Jahren hier meine Stimme kritisch erhoben habe. Damals sah ich mich dem Vorwurf ausgesetzt, ich würde die Diktatoren in Libyen und in Syrien unterstützen. Aber heute ist wohl eindeutig klar, dass die Revolutionen von außen organisiert wurden, dass sie nicht in Tripolis, nicht in Kairo, nicht in Damaskus entstanden sind, sondern in London, Paris, Washington und Ankara, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

In keinem dieser Länder geht es den Menschen – es wurde ja immer vorgegeben, es gehe um die Menschen in diesen Ländern – heute besser als früher. Und das sollte man endlich auch als kleines Land auch innerhalb der Europäischen Union, denn auch von dort geht viel Unheil aus, zur Bewältigung dieser Konflikte entsprechend positio­nieren.

Ich möchte mich vor allem mit Syrien beschäftigen, denn dieses Land kenne ich seit 20 Jahren, ich habe viele Bekannte in Syrien und außerhalb Syriens, und es ist beson­ders betrüblich, was man durch diese Interventionen von außen mit den Menschen in diesem Land angestellt hat.

Dieses Land war eine Diktatur, selbstverständlich, es gab Menschenrechtsverletzun­gen, es gab keine Pressefreiheit – aber das ist wohl eine Situation, die in der gesamten Region zu kritisieren ist. Aber es gab damals Sicherheit, und zwar auch Stabilität an den Grenzen zu Israel. Deshalb ist ja Israel nicht sehr begeistert von dieser Situation. Es gab eine Freiheit der Religionen – und das ist heute ein bisschen zu kurz gekom­men. Schauen Sie sich die jetzige Situation der Kopten nach der Revolution in Ägypten an! Sehen Sie die Angst der 3 Millionen Christen in Syrien, die nicht wissen, was in den nächsten Jahren auf sie zukommen wird! Und hier in Europa wundert man sich da­rüber, dass die Christen nicht der Revolutionsbewegung angehören, deren erstes Ziel es ist, diese 3 Millionen Christen aus Syrien zu vertreiben. Da frage ich mich wirklich, in welchem Land und auf welchem Kontinent wir leben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Die Freiheit der Religionen ist jetzt also gefährdet, ebenso eine weitgehende Gleichbe­rechtigung der Geschlechter in Syrien, beispielhaft gegenüber manch anderen Län­dern, und auch die innere Sicherheit und der Versuch, die wirtschaftliche Situation zu verbessern, da gab es viele gute Initiativen, und auch der Versuch, das Land Schritt für Schritt zu öffnen, dagegen gab es natürlich auch Widerstände der radikalen Kräfte in Syrien.

Ich habe das auch hier schon öfter gesagt: Auch da wurde aus globalen Interessen vor allem Amerikas, vor allem der Regierung Bush, die die Achse des Bösen konstruieren musste oder wollte und Syrien da mit einbezogen hat, gehandelt, und man hat der


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Reformbewegung in Syrien den Riegel vorgeschoben, denn damals hat es den Wunsch auch der Baath-Partei gegeben, das Land gegenüber dem Westen zu öffnen. Ich habe von der Europäischen Union leider wenig dagegen gehört, auch wenig von Österreich. Auch dadurch hat man die radikalen Kräfte dort unterstützt.

Aber auch jetzt gibt es eine Schwarz-Weiß-Malerei. Man ist einer konstruierten Öffent­lichkeitsarbeit auf den Leim gegangen, wo jede Gräueltat, die in Syrien passiert ist, automatisch dem Regime Assad zugerechnet wurde. Da sind genug Dinge passiert, die zu kritisieren sind, aber bei jeder Gräueltat, auch wenn sie von den Rebellen insze­niert worden ist – wir haben ja die Berichte –, wurde sofort einseitig tituliert, und sie wurde als Gräueltat des Assad-Regimes hingestellt und als Argument dafür verwendet, dass man die Rebellen noch mehr unterstützen muss.

Die Waffen werden sowieso geliefert, halt indirekt, über islamische Staaten – sie wur­den ja heute schon angesprochen –, die dort klare Interessen haben, denen war das säkulare Syrien immer ein Dorn im Auge, die dort diese islamistischen Bewegungen selbstverständlich unterstützen. Und Amerika, Großbritannien und Frankreich unter­stützen über den Umweg über diese Länder selbstverständlich auch jetzt schon Aktivi­täten der dortigen Rebellen.

Kapiert man nicht, doch, man kapiert es schon, aber man nimmt es in Kauf, dass die Hälfte dieser Waffen dann wie zum Beispiel in Mali verwendet werden, wo Waffen, die für die Rebellen im Kampf gegen Gaddafi geliefert worden sind, gegen die Franzosen eingesetzt wurden? Also man weiß es, aber man macht es trotzdem.

Meine Damen und Herren! Die einzige Chance, die Syrien in Zukunft hat – und das wä­re eine Initiative, die Österreich und die Europäische Union setzen könnten –, ist, die vernünftigen Kräfte im Regime, in der Baath-Partei, und die gibt es, zu fördern und die vernünftigen Kräfte der innersyrischen Opposition an einen Tisch zu bringen, absolutes Waffenverbot, absolutes Gewaltverbot, und zu versuchen, wenn es noch möglich ist, dieses Pflänzchen einer Chance für eine friedliche Lösung in dieser Region in Syrien zu stärken. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist die einzige Möglichkeit. Jedenfalls aber ist ein Riegel noch immer agierenden Großmächten vorzuschieben, die sich unter dem Mäntelchen der Menschenrechte nur um ihre eigenen Interessen kümmern und vielfaches Leid in Syrien und in dieser Re­gion verursachen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hagen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.00.23

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Hohes Haus! Man kann schon klar sagen, dass dieser Arabische Früh­ling zum arktischen Winter geworden ist, am Anfang hoch bejubelt und jetzt eine er­nüchternde Bilanz.

Meine Damen und Herren! Ein zahnloser EU-Sicherheitsrat, dem der Herr Außenmi­nister auch angehört, wollte hier eine Verbesserung erwirken. – Ich glaube nicht, dass die Lösung Waffenlieferungen nach Syrien oder wohin auch immer sind. Dagegen ist ganz klar aufzutreten.

Ich möchte mit Tunesien beginnen, wo dieser Arabische Frühling angefangen hat, und die Situation heute einmal beleuchten. Wenn wir uns das anschauen, dann können wir feststellen, dass die Medienberichte in diesem Bereich zahlreich waren: Tunesische Salafisten stürmten ein Wohnhaus für weibliche Studentinnen, eine Tanz‑ und Musik-


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veranstaltung wurde gewaltsam beendet. Politisches Chaos ist an der Tagesordnung. Extremisten sind im Vormarsch.

Meine Damen und Herren! Ist das der Arabische Frühling, den wir gewollt haben und den der Westen unterstützt hat? – Ich glaube nicht! Und man sollte mit Argusaugen da­rauf schauen, was dort noch alles kommt.

Zwei Jahre nach der Vertreibung des Diktators in Tunesien gibt es weitere Unruhen. Die islamischen Konservativen sind im Vormarsch, unterdrücken alles, und deren Ein­fluss geht stetig nach oben, was für die Situation äußerst beunruhigend ist. – Dazu muss ich, wie ich glaube, nicht mehr sagen.

Thema Ägypten: Ich möchte dazu ein paar Zahlen in den Vordergrund stellen, um zu zeigen, was diese sogenannte Revolution gebracht hat. Das Wirtschaftswachstum in Ägypten ist um 5 Prozent gegenüber Mubaraks Zeiten zurückgegangen. Die Arbeitslo­sigkeit stieg von 9 auf 12 Prozent. Besonders schlechte Chancen haben die Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Ein Drittel der ägyptischen Bevölkerung ist verarmt. Lediglich die In­flation ist gesunken, weil sie künstlich niedrig gehalten wird. Die Staatsverschuldung steigt, weil Rohstoffe auf dem Weltmarkt teuer eingekauft werden müssen. Derzeit hält Ägypten Platz neun mit 101 Prozent Verschuldung gemessen am BIP.

Ich glaube, Herr Mursi versucht, einen Gottesstaat aufzubauen, und die Auswirkungen sehen wir: Es herrscht wieder Revolutionsfieber auf dem Tahrir-Platz, und die diesbe­züglichen Bemühungen werden brutalst niedergeschlagen. Außer den Köpfen hat sich am System in Ägypten nicht viel verändert. Es ist einzig und allein unsicherer gewor­den. Die Christen werden dort mittlerweile verfolgt, das weiß man.

Meine Frage, Herr Außenminister: Was tun Sie dagegen? – Wir haben Sie hier im Par­lament schon mehrfach aufgefordert, entsprechend dagegen aufzutreten. Ich habe je­doch noch nicht sehr viel vernommen. Es hat sich also leider nicht sehr viel Positives ergeben.

Lassen Sie mich noch auf Syrien zu sprechen kommen: Wenn Herr Pilz – der jetzt schon wieder mit Abwesenheit glänzt, ah, jetzt kommt er wieder! – hier hergeht und sagt, dass die Ereignisse in Syrien rund um diese 60 Gotteskrieger, Asylwerber aus Österreich, bloß ein „Lercherlschas“ seien, dann möchte ich betonen, dass ich das ein bisschen anders sehe, Herr Pilz! (Abg. Dr. Pilz: Ich habe kein Wort darüber verloren!)

Sie müssen sich einmal bewusst sein: Diese Menschen kommen hier her unter dem Vorwand, in ihrem Heimatstaat politisch oder religiös verfolgt zu werden, nehmen die Gastfreundschaft der österreichischen Staatsbürger in Anspruch, werden hier von den österreichischen Steuerzahlern durchgefüttert, und dann gehen sie nach Syrien und führen dort einen Gotteskampf, einen Heiligen Krieg. – Herr Pilz! Haben Sie Tomaten nicht nur auf den Augen, sondern auch auf Ihren Hühneraugen? Ich glaube, das, was Sie uns hier klarmachen wollen, ist der falsche Weg! (Beifall beim Team Stronach so­wie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.)

Diese Menschen werden auf Kosten der Steuerzahler finanziert. Wenn ein österreichi­scher Staatsbürger sich einer fremden Militärmacht anschließt, dann wird ihm die ös­terreichische Staatsbürgerschaft entzogen. Herr Minister! Jetzt frage ich Sie: Wurden diese tschetschenischen beziehungsweise pakistanischen Asylwerber – oder woher auch immer sie kommen –, die jetzt in Syrien tätig sind, im Asylverfahren jetzt abge­lehnt? Sind deren Familien noch in Österreich? – In diesem Zusammenhang gibt es viele Fragen, die Sie klären müssen.

Ich habe die Frau Innenministerin, die von Ihrer ÖVP ist, im Innenausschuss schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass bekanntlich tschetschenische Asylwerber öfters in Österreich um Asyl ansuchen und dann in die Heimat zurückgehen, um zu


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kämpfen, während ihre Familien hier durchgefüttert werden. – Sie haben mir verspro­chen, Sie werden der Sache nachgehen. Aber bis heute habe ich nichts gehört. Es hat sich nichts geändert an dem Thema. Man hat mir nur Aufklärung versprochen, aber bis jetzt nichts getan. (Beifall beim Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Österreicherinnen und Österreicher, die hier für diese Menschen aufkommen, die mit ihren Steuergeldern für diese Menschen zahlen müssen, sollen einmal wissen, was mit ihrem Geld passiert. Ich glaube, wir investieren das Geld besser für die Österrei­cherinnen und Österreicher. Es gibt hier viele Frauen, die Alleinerzieherinnen sind und Probleme haben, finanziell durchzukommen. Dort wäre das Geld besser investiert. (Beifall beim Team Stronach.)

10.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mut­tonen. – Bitte.

 


10.06.00

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Wir haben schon gehört, dass bereits seit 1974 das öster­reichische Bundesheer für die Vereinten Nationen den Waffenstillstand zwischen Sy­rien und Israel überwacht und hierdurch einen unschätzbaren Beitrag zur Deeskalation in dem für die globale Sicherheit so bedeutsamen Nahostkonflikt leistet. Für diese hochwertige Friedensarbeit möchte auch ich den Soldatinnen und Soldaten recht herz­lich danken! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesem bedeutenden Beitrag zur sogenannten UNDOF-Mission lassen sich zwei wichtige Grundsätze der österreichischen Außenpolitik erkennen, nämlich erstens die Stärkung der internationalen Gemeinschaft als handlungsfähigen Akteur in der interna­tionalen Friedenssicherung und zweitens die friedliche Lösung des Nahostkonflikts, was bedeutet, sowohl die Sicherheit des Staates Israel zu stärken als auch die legi­timen Interessen und Rechte der arabischen Partner zu wahren.

Daher sollte es auch außer Frage stehen, dass Österreich weiterhin seinen Beitrag leistet, vorausgesetzt, die Mission kann ihr Mandat noch ausfüllen und die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten lässt dies auch zu. Für Österreich ist daher von beson­derer Bedeutung, dass das Waffenembargo der EU aufrechterhalten bleibt. Es würde die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten massiv gefährden, wenn die Europäi­sche Union in Syrien plötzlich als aktiver Waffenlieferant an die Rebellen wahrgenom­men werden würde.

Ein Aufheben des Waffenembargos ist aber auch aus weiteren Gründen nicht sinnvoll. Wir werden einen Konflikt, in dem es jetzt schon zu viele Waffen gibt, nicht dadurch beenden können, dass wir noch zusätzliche Waffen dorthin liefern. Außerdem – das wurde heute schon erwähnt – wissen wir ja nicht, in wessen Hände diese Waffen dann auch tatsächlich gelangen. Anstatt über die Beibehaltung oder Abschaffung des Waf­fenembargos zu streiten, sollten wir als EU uns eher verstärkt um die humanitäre und zivile Krisenhilfe kümmern. Sowohl in Syrien als auch in den Flüchtlingslagern fehlt es den Menschen wegen des nun zwei Jahre andauernden Konflikts an den grundle­gendsten Dingen: Es fehlt ihnen an Medikamenten, es fehlt ihnen an Nahrung und Un­terkünften, es fehlt ihnen an Strom, an Wasser und dergleichen.

Eine Million Syrerinnen und Syrer befinden sich mittlerweile auf der Flucht, und viele von ihnen sind in den Flüchtlingslagern in Jordanien, im Libanon und in der Türkei un­tergekommen. Diese Länder haben bislang wirklich große Hilfsbereitschaft an den Tag gelegt, aber sind auf Grund der enormen Flüchtlingszahlen schon längst an ihre Gren­zen gestoßen. Im Zuge einer Europaratsmission nach Jordanien und Palästina konnten wir uns – das war eine Gruppe von 18 Abgeordneten aus 15 Nationen – vor Ort davon überzeugen.


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Es hat geheißen, Jordanien ist ein kleines Land mit einem großen Herzen. Und es wur­de uns auch versichert, dass die Grenzen trotz dieser enormen Flüchtlingsströme nicht geschlossen werden würden, man denke nicht daran, die Grenzen zu schließen. So sind im Jahr 2013 täglich 2 000 bis 2 500 Flüchtlinge über die Grenze gekommen, meist innerhalb von sehr kurzer Zeit in den frühen Dämmerungsstunden. Die meisten von ihnen waren Kinder, Frauen, Verletzte. Diese Massen sind kaum mehr zu bewäl­tigen.

Ich möchte noch ein anderes Problem ansprechen: Wie in den meisten Konfliktre­gionen gehören auch in diesem Gebiet die Frauen zu den Hauptleidtragenden, bei­spielsweise wenn kein Schutz vor sexuellen Übergriffen gegeben ist oder die Frauen auch keinen Zugang zu frauenspezifischen Gesundheitsleistungen haben.

In diesem Sinn könnten die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten einen wirklich sinnvollen Beitrag leisten, um das Leid der Syrer und Syrerinnen zu mindern. Es ist sehr begrüßenswert, dass Österreich jetzt 2 Millionen € aus dem Auslandskatastro­phenfonds freigegeben hat, um die Flüchtlinge zu unterstützen. Aber angesichts der Hilfsgelder, die benötigt werden – Experten oder NGOs sprechen von bis zu 20 Millio­nen € jährlich –, kann nur ein gemeinsames europäisches und internationales Vorge­hen wirklich weiterhelfen. Ich möchte die Regierung daher bitten, auf europäischer und auf internationaler Ebene darauf zu drängen, den Fokus weg von den Waffenexporten und hin zu gemeinsamen Maßnahmen der Zivil- und Krisenhilfe zu lenken. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


10.11.26

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pilz, der nach seiner Rede jetzt natürlich wieder nicht hier ist, hat offenbar eine sehr selektive Wahrnehmung von der Arbeit unseres Außenministers. Ich glaube, dass unser Außenminister gerade in diesem Syrien-Kon­flikt und Nahost-Konflikt sehr offensiv unterwegs ist, und möchte klarstellen, dass er zum Beispiel in Dublin sehr wohl auf die Bedrohung durch Syrien hingewiesen hat.

Ich möchte hier auch ganz klar erwähnen, dass es im Nationalen Sicherheitsrat, wo der Herr Vizekanzler über die Lage im Libanon und in Syrien berichtet hat, einen Be­schluss gegeben hat, der genau das anspricht, was Herr Pilz kritisiert, nämlich dass sowohl eine Aufhebung als auch eine Lockerung des EU-Waffenembargos gegen Sy­rien weiterhin strikt abzulehnen sind. Außerdem sind die EU-Mitgliedstaaten nochmals eindringlich auf die möglichen Konsequenzen einer Aufhebung beziehungsweise Nicht­verlängerung der österreichischen Beteiligung an der Mission hinzuweisen. – Was also wollen Sie mehr, Kollege Pilz? All das, was Sie fordern, ist hier beschlossen worden! (Beifall bei der ÖVP.)

Man darf außerdem wohl auch darauf hinweisen, dass es Außenminister Spindelegger war, der die Soldaten auf den Golanhöhen besucht hat, ihnen eindringlich die Wert­schätzung Österreichs und seine persönliche Wertschätzung ausgedrückt und dort auch klargestellt hat: Wir bleiben, solange wir können, und wir tun alles, was notwendig ist, dass wir so lange als möglich bleiben können, weil wir uns der Wichtigkeit dieser Mission bewusst sind. Aber wir treffen auch Vorsorge, dass, wenn es nicht mehr geht, die Sicherheit der österreichischen Soldaten gewährleistet ist. – Das dazu. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Syrien-Konflikt: Wir wissen natürlich nicht, wie lange dieser Konflikt noch andau­ern wird. Wir glauben nicht, dass Waffenlieferungen diesfalls eine wesentliche Verkür-


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zung bringen würden, wir wissen aber sehr wohl, dass mehr Waffen mehr Opfer und mehr Betroffenheit in der Zivilbevölkerung bedeuten und das Problem für die syrische Bevölkerung wesentlich verstärken würden.

In diesem Zusammenhang ist es ganz einfach wichtig, dort zu helfen, wo wir helfen können, nämlich den Flüchtlingen zu helfen. Ich darf die Zahl, die der Herr Außenmi­nister genannt hat, noch einmal wiederholen: Seit Beginn der Krise hat Österreich 4 Millionen € an Geld‑ und Sachleistungen zur Verfügung gestellt. Anfang April wurden weitere zwei Millionen beschlossen, die durch die Caritas und den UNHCR, das UN-Flüchtlingswerk, zur Anwendung gebracht werden.

Ich glaube, dass das ganz einfach wesentliche Dinge sind, und im Hinblick darauf muss man – wie bereits erwähnt wurde – natürlich vor allem auch die Nachbarländer unterstützen. Wenn man nur an den kleinen Libanon denkt, der gerade einmal die Grö­ße Oberösterreichs, aber selbst eine Einwohnerzahl von 4 Millionen Personen hat und dann eine Flüchtlingszahl von einer halben Million Menschen aufnehmen muss, dann kann man das gar nicht hoch genug schätzen. Im Hinblick darauf kann man sich vor­stellen, wie schwierig das ist und dass dieses kleine Land einfach unsere Unterstüt­zung braucht. Außenminister Spindelegger hat aber mit seinem Besuch auch klar aus­gedrückt, wie sehr wir unsere Wertschätzung dort auch mitteilen wollen.

Ich möchte aber noch ein Thema ansprechen, und zwar die Situation der christlichen Minderheiten im Nahen und Mittleren Osten. Vor allem die Christen in Syrien, im Irak, aber auch die koptischen Christen in Ägypten sind massiv betroffen und sind Repres­salien ausgesetzt. Das ist auch der Grund dafür, dass Christen in großer Zahl diese Länder verlassen. Und es geht wirklich nicht an und ist ja geradezu paradox, dass die Sicherheit der christlichen Minderheit anscheinend unter den diktatorischen Vorgänger­regimen besser gewährleistet war.

Daher ist sicherlich einzumahnen, dass der Arabische Frühling nicht dazu führen kann, dass einige Gruppen glauben, die Freiheit auf eine Art und Weise ausleben zu können, wie sie wollen. Es muss klar gemacht werden – und das wird auch immer wieder klar gemacht –, dass gerade die Toleranz gegenüber den Andersdenkenden und Anders­gläubigen der Kitt jeder Gesellschaft und jedes Zusammenlebens ist. Ich glaube, ge­nau das müssen wir in dieser Situation immer wieder einmahnen.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es natürlich wichtig ist, dass all diese Menschen in dieser Region und in diesen Ländern auch Perspektiven brauchen, vor allem eine wirtschaftliche Perspektive, damit sie in Frieden und Freiheit leben kön­nen. Im Hinblick darauf sind wir natürlich aufgefordert, durch wirtschaftliche Zusam­menarbeit und Entwicklungspartnerschaft unseren Teil dazu beizutragen.

Wir tun das zum Beispiel in den Palästinensergebieten mit einem jährlichen Beitrag von 4 bis 5 Millionen €, aber auch in vielen anderen Bereichen. – Ich glaube, dass das der wesentliche Punkt für die zukünftige Entwicklung in Richtung Frieden und Freiheit dieser Region ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hüb­ner. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.)

 


10.16.52

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Kollege Pilz hat mich gerade mit Ober-Tschetschene angesprochen. – Ich verstehe, dass das Thema Asyl besonders unan­genehm für die Grünen ist. Das ist ein absolutes Tabu, das man nicht angreifen darf. Wenn etwa irgendwie herauskommt, dass zum Beispiel 4 000 bis 5 000 tschetscheni­sche Asylwerber von den 40 000, die es bei uns gibt, einmal im Jahr nach Hause auf


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Urlaub fahren und keine Konsequenzen gezogen werden, dass Berichte des Innenmi­nisteriums darüber vorliegen, die in der Schublade landen, weil man das politisch kor­rekterweise nicht hören und sagen will, dann verstehe ich natürlich, dass dieses The­ma bei den Grünen und vor allem von Kollegen Pilz sofort mit Begriffen wie „Miss­brauch“, „Hetze“ und so weiter in Verbindung gebracht wird. – Aber ich glaube, die Zu­schauer und das Wahlpublikum können sich ein Bild davon machen, wer tatsächlich über Dinge diskutieren will, wer Missstände aufzeigt und wer drei bis vier Totschlag­worte bereit hat, um Diskussionen über Missstände zu verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt aber zurück zum Nahen Osten und zu Syrien. Dazu haben wir ja große Worte gehört von Kollegen Amon, von Kollegin Muttonen, vom Herrn Außenminister und vom Kollegen vor mir. Wir haben alles Mögliche über die Wichtigkeit dieser Mission gehört, Friedenssicherung wird betrieben, ein Beitrag zur Aufrechterhaltung des Friedens wird geleistet, es gibt ein gemeinsames europäisches und internationales Vorgehen, Öster­reich muss präsent bleiben, um seinen Anteil an Friedenssicherung zu erbringen. – Ich verstehe gar nicht: Hat niemand beim Bericht des Außenministers zugehört?

Der Herr Außenminister selbst hat uns gesagt: Diese Mission wurde seinerzeit ins Le­ben gerufen, um Israel und die syrische Armee getrennt zu halten und eine entmilitari­sierte Zone zu schaffen. Er hat uns gesagt, dass es diese entmilitarisierte Zone und den potenziellen Konflikt zwischen Israel und der syrischen Armee nicht mehr gibt, sondern dass es einen Bürgerkrieg in Syrien und Kämpfe in der entmilitarisierten Zone um die Stützpunkte der UNDOF gibt. Das haben wir heute gehört, das haben wir im Nationalen Sicherheitsrat gehört, das lesen wir in den Medien und das können wir, wenn wir nähere Informationen wollen, Spezialforen im Internet, die Details über den syrischen Bürgerkrieg enthalten, entnehmen. Das ist so.

Schauen wir uns einmal an, was wir getan haben: Die jeweiligen Missionen, nämlich UNIFIL im Südlibanon und UNDOF in Syrien, gibt es seit 39 Jahren, diese kosten je­weils zwischen 100 Millionen und 130 Millionen € im Jahr. Wenn Sie beide Summen mit 39 multiplizieren, dann können Sie sich ungefähr ausrechnen, von welchen Kosten wir reden. (Abg. Klikovits: Wollen Sie unsere Soldaten abziehen?) Sie können gerne noch einmal reden! Ich werde zu einer Schlussfolgerung kommen, Kollege Klikovits. – Das sind einmal die Kosten. Genützt hat das aber gar nichts.

Frieden wurde dort nicht geschaffen. Eine Trennung der Truppen ist nicht möglich ge­wesen. Das beste Beispiel ist die UNIFIL. Die steht dort auch seit über 30 Jahren, und es sind drei Kriege über die UNIFIL hinweg geführt worden. Wenn die Konfliktparteien Kriege führen wollen, dann führen sie sie, ob da jemand sitzt oder nicht. Das ist einmal ein prinzipielles Problem der Mission.

Aber das ist heute nicht die Frage, denn diese Mission ist, wie der Außenminister selbst gesagt hat, Geschichte. Wir sitzen jetzt in einem Bürgerkrieg, ohne ein Mandat dort zu haben, ohne irgendetwas zu tun und ohne etwas tun zu können. Und das Gan­ze nennen wir zwecks Sand in die Augen streuen und zwecks Verwirrung der Öffent­lichkeit einen Beitrag zur Sicherung des Friedens.

Das Einzige, was wir dort tun, ist, dass wir einen Beitrag zur Gefährdung der Soldaten, die dort völlig sinnloserweise sitzen, leisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Ausmaß dieser Tragödie ist tatsächlich enorm. Das hat ja dankenswerterweise der Herr Außenminister auch klargestellt. Es gibt 9 Millionen Leute, die sich nicht mehr selbst ernähren können. Eine Million – ich habe schon Zahlen gehört, die bis zu 1,2 Millionen gehen – sind ins Ausland geflüchtet. Die Wirtschaft ist völlig zusammen­gebrochen. Wir haben dort Todeszahlen, die zwischen 150 und 250 pro Tag liegen. Es werden von der Regierung schwere Waffen, Mittelstreckenraketen, Kampfflugzeuge gegen Städte eingesetzt. Ganze Stadtviertel wurden durch Scud-Raketen zerstört, und so weiter und so fort.


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Und welche Alternative haben wir in der Außenpolitik? Also man muss wirklich den Herrn Außenminister hier fast wortwörtlich zitieren. Wichtig ist, das Waffenembargo muss aufrechterhalten werden. Da müssen wir zentral sagen, die Rebellen dürfen kei­ne Waffen bekommen, denn der Außenminister meint, ich möchte keine gefährlichen Waffen in der Hand der Opposition.

Vielleicht will er Luftdruckgewehre oder Steinschleudern. Ich weiß nicht, was ungefähr­liche Waffen in der Hand der Opposition sind. Vielleicht will er die Opposition wieder entwaffnen. Gut, wenn man den Sieg des Regimes will, wenn man sagt, Assad und das Baath Regime müssen bleiben, dann sage ich, ist okay, dann will ich auch keine Waffen in der Hand der Opposition. Wenn ich aber sage, es muss dort einen Wechsel geben, dann ist es eine sehr, sagen wir einmal, unehrliche Position, zu behaupten, ich will keine gefährlichen Waffen in der Hand einer Seite. Die andere Seite hat diese Waffen.

Wir sollen und müssen uns nicht für ein Aufheben des Embargos einsetzen, wir sollten auch nichts unterstützen, was Waffenlieferungen betrifft, aber wir müssen auch hier nicht Partei ergreifen und Wortführer derjenigen sein, die die Opposition möglichst waf­fenlos oder nur mit Steinschleudern und anderen ungefährlichen Waffen sehen will.

Das Zweite – und damit komme ich auch schon zum Ende – ist der Friedensprozess. Was haben wir, bitte, für den Friedensprozess in den letzten zwei Jahren getan? – Gar nichts! Es gibt keine Ansätze, gar nichts. Wenn man behauptet, der Friedensprozess am runden Tisch sei das Thema und nicht Entführungen (Zwischenruf des Abg. Kliko­vits), dann muss ich sagen: No na! Aber wo ist unsere Leistung? Wo ist unser Beitrag?

Deshalb sagen wir, dieses Mandat ist sinnlos. Eine Außenpolitik, wie wir sie in den siebziger Jahren noch gemacht haben, wäre notwendig. Die wäre wirklich notwendig, aber die sehen wir nicht einmal in Ansätzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


10.23.08

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Vielleicht ein Wort zu der Tschetschenien-Geschichte, Herr Hagen, Herr Hübner, Sie haben offensichtlich schon absurde Pilz-Erscheinungen oder haben nicht genau zugehört, worum es da geht, oder die Zeitungen heute nicht genau gelesen.

Ja, da stehen schlimme Dinge im Raum. Es ist aber nichts bewiesen. Der Verfas­sungsschutz prüft. Und solange der Verfassungsschutz prüft, werden wir jetzt nicht da­rüber reden, ob das Asylwerber sind, die ihre Situation ausnützen oder nicht, sondern wir werden uns das vielleicht im Parlament anhören und den Verfassungsschutz  (Abg. Strache: Also Diskussionsverbot der Grünen!) – Nein, die Diskussion ist nicht verboten. Aber eine seriöse Diskussion darüber ist erwünscht. Zu dieser seriösen Diskussion sind Sie allerdings in diesem Zusammenhang leider nicht fähig. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte daran erinnern, dass genau Sie, Herr Hübner, und Ihre Kollegen beim obersten Terroristen in Tschetschenien, nämlich beim Herrn Kadyrow, zu Besuch wa­ren. Deswegen wurde die Aussage getroffen, dass Sie der Ober-Tschetschenen-Freund sind. Das heißt, vielleicht können Sie uns Auskunft darüber geben, was da los ist und warum Tschetschenen aus Österreich nach Syrien gehen. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Sie werden es wahrscheinlich besser wissen. Sonst ist dies sehr eigenartig und Ihr Besuch in Tschetschenien nach wie vor höchst fragwürdig. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 37

Zur derzeitigen Lage: Herr Minister Spindelegger, Sie haben es angesprochen, der Hinweis meines Kollegen Pilz war in erster Linie der, dass es verdammt eilig und an der Zeit ist und schnell etwas in Bezug auf die Frage des Embargos geschehen muss. Es wird Ende Mai ablaufen, es ist also nur mehr ganz wenig Zeit. Das heißt, es muss in Brüssel unbedingt verlängert werden. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Spin­delegger.) – Ja, ja!, sagen Sie. Das ist Ihre Rolle, sich dafür einzusetzen und massiv zu verhandeln, denn Sie wissen, welche Konsequenzen das für unsere Soldaten am Golan hat. (Vizekanzler Dr. Spindelegger: Lesen Sie doch einmal Zeitungen!) Ich lese die Zeitungen sehr intensiv und ich beobachte auch sehr genau, was Sie machen oder nicht machen. Und ich habe den Eindruck, dass Sie genau da nicht genug machen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist höchst an der Zeit  (Abg. Klikovits: Das ist eine sehr selektive Wahrneh­mung!) Nein, ich habe keine selektive Wahrnehmung. Aber es geht – und das hat der Herr Minister auch schon erwähnt – um die heikle Situation unserer Soldaten am Go­lan. Und es geht dort um Friedenssicherung oder nicht. Aber sobald es dazu kommt, dass Waffen nach Syrien transportiert und verkauft werden, sind unsere Soldaten, das wissen wir alle, extrem gefährdet.

Das heißt, es ist höchst an der Zeit, ja ganz dringend, dass ganz offen über diese Si­tuation gesprochen wird. Und ich vermisse diese Offenheit. Ich habe das Gefühl, das wird beschönigt, es wird nicht offen darüber geredet. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amon und Klikovits.) Doch, ich habe sehr gut zugehört. Es ist nirgendwo Klartext ge­sprochen worden. Nirgends ist gesagt worden, dass das Embargo Ende Mai ausläuft – Ende Mai, das ist in eineinhalb Monaten. Eineinhalb Monate sind sehr wenig Zeit, um die Situation unserer Soldaten am Golan zu klären. Bitte klären Sie das! Das ist ganz dringend, es ist höchste Zeit.

Von Ihnen, Herr Kollege Amon, wurden die Situation insgesamt und die vermittelnde Rolle unseres Außenministers angesprochen. Sie haben auch gesagt, dass Österreich diesbezüglich quasi in einer Tradition steht. – Ich anerkenne diese Tradition. Mir fehlt aber im Moment die Fortsetzung dieser Tradition, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Gerade Kreisky – Sie haben die siebziger Jahre angesprochen – hat eine enorme Ver­mittlerrolle gespielt, besonders im Nahen Osten. Aber diese Vermittlerrolle vermisse ich. Ich hätte schon einige Fragen. Ich orte bei Ihnen, Herr Minister, extreme Zurück­haltung in vielen Fragen rund um die Entwicklungen im Arabischen Frühling. Ich würde gerne wissen, wo Ihr Engagement in Ägypten war. Wo ist Ihre Vermittlerposition, was zum Beispiel den Verfassungsprozess in Tunesien anbelangt? Was haben Sie mit Libyen gemacht, seit Sie mit Vertretern der OMV in Libyen auf Besuch waren? Was ist da geschehen?

Es wird nicht berichtet. Vielleicht geben Sie Ihr großes PR-Budget falsch aus. Zumin­dest sind bei uns die Infos nicht angekommen, wie Ihre Vermittlerrolle diesbezüglich aussieht. (Abg. Kopf: „Großes PR-Budget“?) – Ja, es gibt ein großes PR-Budget. Wir haben das letztes Jahr diskutiert und wir werden das auch heuer diskutieren. Das über­steigt sogar die Höhe der humanitären Hilfe aus dem Auslandskatastrophenfonds, die nach Syrien geflossen ist. Das Budget, das der Minister für Pressearbeit zur Verfügung stellt, ist höher als jenes, das für humanitäre Hilfe geflossen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Mir ist es daher wichtig, dass Sie die Situation (Zwischenruf des Abg. Klikovits) – doch, das wird schon was – am Golan sehr offen ansprechen, dass es  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Klikovits.) – Ja, diese Zeit nutze ich noch, um den Herrn Minis­ter inständig dazu aufzurufen, ganz klar anzusprechen, wie heikel die Situation am Go­lan ist, wie knapp die Zeit ist und wie schnell man die Situation und das Embargo klä­ren muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 38

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


10.28.34

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Ich darf vielleicht als Schlussredner zusammenfassen, dass ich diese Debatte für sehr, sehr wichtig gehalten habe und auch das jüngste Engagement des Außenministers in diesem Zusammenhang sehr begrüße. Ich möchte aber auch festhalten, dass ich nicht hoffe, dass sich so mancher Verdacht bestätigt, dass es sich bei dieser außenpolitischen Initiative um eine außenpolitische Stichflamme handelt, de­ren wahrer Hintergrund die bevorstehende Nationalratswahl in wenigen Monaten ist, meine Damen und Herren, so nach dem Motto des Herrn Spindelegger: Wenn ich in­nenpolitisch ein Fliegengewicht bin, versuche ich, in der Außenpolitik politisches Profil zu gewinnen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich darf an die ÖVP appellieren, die Außenpolitik nicht für ihren eigenen Wahlkampf zu missbrauchen (Beifall beim BZÖ), und möchte das bewusst heute schon, Monate vor der Wahl gesagt haben. Und dieser Verdacht ist ja nicht ganz unbegründet (Abg. Kli­kovits: Da sieht man, wie Sie denken!), denn wenn ich mir das Engagement des Herrn Spindelegger in seiner gesamten Außenminister-Zeit bisher und auch das Engagement der anderen rot-schwarzen Außenminister der letzten Jahre ansehe, gerade im Bereich des Nahen Osten, dann, muss ich sagen, ist dieses Engagement als sehr passiv zu bezeichnen und ist auch äußerst bescheiden gewesen.

Da hilft es auch sehr wenig, auf die historische österreichische Tradition in den sieb­ziger oder achtziger Jahren zu verweisen, Kollege Cap. Mit einem Verweis auf die siebziger und achtziger Jahre kann man die Zukunft nicht gewinnen, weder in Öster­reich noch im Nahen Osten, meine Damen und Herren (Beifall beim BZÖ), sondern es geht darum, die richtigen Schritte jetzt zu setzen.

Da darf ich schon festhalten, dass sich, gerade was den Arabischen Frühling und die Ereignisse in diesen Ländern, ob das Tunesien, Libyen, Ägypten, der Jemen oder jetzt auch Syrien ist, betrifft, die Regierungsparteien und auch die anderen Fraktionen ei­gentlich immer falsch verhalten haben, nämlich zu jenen gehört haben, die diesen Ara­bischen Frühling bejubelt und gesagt haben, jetzt kommt dort die große Freiheitsbewe­gung, jetzt kommt dort die große Demokratiebewegung, jetzt kommt dort die große Be­wegung der Menschenrechte. Wenn wir heute schauen, was aus diesem Arabischen Frühling geworden ist, dann sehen wir, dass sich all diese Erwartungen nicht erfüllt haben und sich nur eine einzige politische Haltung einer einzigen Fraktion in diesem Hohen Haus bewahrheitet hat, nämlich die außenpolitische Haltung des BZÖ. Wir waren die Einzigen, die immer davor gewarnt und gesagt haben, dass dieser Arabi­sche Frühling nicht das Gelbe vom Ei ist. Aber wir sind dafür belächelt und auch sehr heftig kritisiert worden. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Daher muss man heute auch daran erinnern.

Ein anderes Beispiel, der Irak-Feldzug. Ihr wart die, die den Amerikaner applaudiert, zugejubelt und gemeint haben, dass jetzt die große Befreiungsaktion im Irak kommen wird. Ihr wart die, die die US-amerikanische Lügenpropaganda geglaubt haben, von der wir heute wissen, dass alles nicht gestimmt hat. Wir waren die Einzigen, die auch damals davor gewarnt und gemeint haben, dass das nicht funktionieren wird, von außen mit Krieg für geordnete und friedliche Zustände im Irak zu sorgen. Wir waren die Einzigen und sind auch damals dafür heftig kritisiert und sogar verdächtigt worden.

Wenn wir heute die Situation im Irak anschauen, die Zustände dort, wie es den Men­schen geht, wo jetzt das Öl hinfließt und wer dort unten das große Geschäft macht, dann zeigt auch das Beispiel Irak wie viele andere, dass auch in dieser Frage die Hal­tung des BZÖ und letztlich auch des damaligen – das darf ich an dieser Stelle auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 39

sagen – Landeshauptmannes Jörg Haider die richtige Haltung war und sich leider Got­tes das bestätigt hat, wovor wir gewarnt haben.

Daher begrüße ich es ausdrücklich, dass es jetzt endlich zumindest den Anschein hat, aus diesen Fehlern gelernt zu haben, und jetzt zumindest die österreichische Position in Syrien eine andere ist, denn es kann – und die Beispiele, die ich genannt habe, Irak, Libyen und andere zeigen das – nur dann zu friedlichen Zuständen und zu einem ge­ordneten Übergangsprozess in Syrien kommen, wenn es gelingt, eine gemeinsame Übergangsregierung aus den dort herrschenden politischen Kräften zu bilden. Jedes andere Mittel wird scheitern. Das haben auch die genannten Beispiele gezeigt.

Ich würde mir wünschen – zum Schluss sei das gesagt –, dass nicht nur Österreich hier eine klare Haltung einnimmt, sondern auch die Europäische Union eine klare Hal­tung einnimmt. Meine Damen und Herren! Ich stelle Ihnen die Frage: Wo ist hier die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union? (Beifall beim BZÖ.)

Wo ist denn da das gemeinsame, vereinte Europa, das mit einer Stimme spricht? – Das existiert nur auf dem Papier und ist schlichtweg nicht existent! In Wahrheit vertre­ten dort Großbritannien und Frankreich gemeinsam mit Amerika und anderen ihre eige­nen Interessen. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, wie schlecht es um die Europäi­sche Union auch in diesem Zusammenhang bestellt ist.

Was macht eigentlich Catherine Ashton die ganze Zeit? Die wäre eigentlich dafür ver­antwortlich, aber deren Engagement ist überhaupt nirgends zu sehen.

Daher, Herr Außenminister, richte ich die Aufforderung an Sie, dafür zu sorgen, dass in der Europäischen Union mehr in Richtung einer gemeinsamen Initiative getan wird.

Für uns – zum Schluss sei das noch einmal klargestellt –, für das BZÖ gilt, dass der Schutz unserer Soldaten für uns an erster Stelle steht. Ich möchte abschließend als letzter Redner zu diesem Punkt noch einmal allen, die dort im Einsatz sind, herzlich für ihr Engagement danken. (Beifall beim BZÖ.)

10.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.34.56Einwendungen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 GOG

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte über die Einwen­dungen gegen die Tagesordnung, die Abgeordneter Bucher verlangt hat, ein.

Ich halte noch einmal die Regel fest: 5 Minuten maximale Redezeit, maximal drei Wort­meldungen pro Fraktion.

Zu Wort gemeldet hat sich zu Beginn Herr Klubobmann Bucher. – Bitte, Herr Klubob­mann.

 


10.35.12

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kommen wir von Syrien zu einem Thema, das wir hoffentlich schneller, hoffentlich effizienter und wirksamer, aber vor allem hier in diesem Haus lösen können, nämlich dass künftig nicht mehr mit Steuergeldern auf Pump spekuliert werden darf.

Mit großem Entsetzen und großem Unverständnis verfolgt die Salzburger Bevölkerung, ja mittlerweile ganz Österreich, dass es nicht gelingt, hier im Hohen Haus Einverneh­men darüber zu erzielen, dass in Zukunft das Spekulieren mit Steuergeldern untersagt wird. Das versteht niemand, weder in Salzburg noch im restlichen Österreich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 40

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die wenigsten wissen, dass bereits seit 40 Jahren, genau genommen seit dem Jahr 1974, auf Grund der Heiligenbluter Verein­barung darüber verhandelt wird, die Budgetgestaltung, das Rechnungswesen aller neun Bundesländer zusammenzuführen und auf eine einheitliche Basis zu stellen. Seit 40 Jahren wird darüber nachgedacht und befunden, ein einheitliches Rechnungswesen für alle Länder zu gestalten. Das versteht niemand. Gerade jetzt ist auf Grund der Um­stände, die auf Bundesebene passiert sind, mit der Bundesfinanzierungsagentur, aber auch der schrecklichen Spekulationsverluste in Salzburg, die noch immer nicht geklärt sind, noch immer nicht restlos aufgeklärt sind, ein Zeitfenster entstanden, wo wir die Handlungsspielräume nützen könnten, um nach 40 Jahren mühsamer und ergebnislo­ser Verhandlungen endlich einmal einen Schlussstrich zu ziehen und das Spekulieren mit Steuergeldern ein für alle Mal zu verbieten.

Nach 40 Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren, liegt es jetzt an uns, diesen einen Knackpunkt endlich zu lösen, nämlich den Knackpunkt einheitliches Haushalts­recht für alle Länder, alle Gemeinden und alle Städte in unserem Land Österreich. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn dieses neue Haushaltsrecht – und wir haben dieses neue Haushaltsrecht alle gemeinsam beschlossen –, nämlich das neue Rechnungswesen, um das es geht, so toll ist, so einzigartig ist, sogar auf europäischer Ebene über den grünen Klee gelobt wird, dann frage ich mich, warum es in einzelnen Bundesländern Österreichs keine An­wendung findet. Das versteht niemand! Wenn das einzelne Bundesländer nicht umset­zen wollen, dann muss das einen gravierenden Grund haben. Der Grund kann nur der sein, dass man es dem Rechnungshof so schwierig wie möglich machen will, in die ei­gene Buchführung Einschau zu halten und auf die eine oder andere Schiefstellung im eigenen Budget draufzukommen. Nur das können der Grund und die Erklärung dafür sein, warum in diesem Bereich nichts weitergeht.

Wie ist es für viele, die hier sitzen, verantwortbar, dass Schattenbudgets in Bundeslän­dern nach wie vor toleriert werden? Wie ist das für Sie verantwortbar, dass 380 ausge­gliederte Gesellschaften der Länder, der Gemeinden und des Bundes nach wie vor mit Steuergeldern spekulieren oder mit ihrem Budget etwas tun können, ohne dass sie kla­re Richtlinien von Bundesseite dafür erhalten?

Es gibt für viele Länder noch immer keine klare Definition, was Schulden sind oder was Vermögensbestandteile darstellt. Es gibt nach wie vor auch keine klaren Regelungen, auch heute noch nicht, welche Geschäfte Spekulationsgeschäfte sind, was unterlassen werden darf oder muss, um eine ordnungsgemäße Budgetierung und Handhabung von Steuergeldern zu gewährleisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind immer so stolz auf den Rechnungs­hof, der ein Organ des Nationalrates ist und von allen Seiten gelobt wird. Wenn es so ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass er so gute Arbeit leistet, dann un­terstützen Sie unsere Initiative (Beifall beim BZÖ), den Rechnungshof zu stärken, dann geben Sie ihm die Möglichkeit, all das zu prüfen, was zu prüfen ist! Aber man sollte nicht hinterher dem Rechnungshof die Schuld in die Schuhe schieben und sagen, dass er in Salzburg nicht ordnungsgemäß geprüft hat.

Er konnte ja nicht prüfen bei all der kriminellen Energie, die da offenbar dahintersteck­te, um Dinge zu verschleiern und zu verstecken. Unser Interesse hier muss es sein, unser eigenes Organ mit allen Möglichkeiten und Mitteln auszustatten, damit so etwas künftig nicht mehr passieren kann. (Beifall beim BZÖ.)

10.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Krainer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 41

10.40.32

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Bucher, Sie haben selbst gesagt, dass der Anlass für diese ganze Debatte Salzburg ist. – Man muss aber dazusagen, dass Salzburg nicht der erste Fall von Spekulation in Österreich ist, son­dern sich in eine lange Liste von Spekulationen seitens der öffentlichen Hand einreiht (Abg. Bucher: Noch schlimmer!), ob das Niederösterreich ist, Tirol oder auch die Bun­desebene. (Abg. Vilimsky: Wien!) Auf Bundesebene allein wurden 350 Millionen € ver­loren.

Es gibt aber schon ganz wesentliche Unterschiede zwischen dem, was in Salzburg an Spekulation passiert ist, und dem, was zum Beispiel auf Bundesebene passiert ist. Es gibt eine Reihe von Parallelen, aber auch ein paar wesentliche Unterschiede.

Die drei wesentlichen Unterschiede, die ich sehe, sind erstens: Es hat politische Kon­sequenzen gegeben. Das heißt, der verantwortliche Landesrat ist zurückgetreten und hat die politische Verantwortung wahrgenommen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Der zweite große Unterschied ist, dass es vollständige Transparenz und Aufklärung gibt. Das heißt, es ist alles auf den Tisch gelegt worden, es ist jedes Geschäft auf den Tisch gelegt worden, und es ist transparent für die Öffentlichkeit und auch für alle an­deren Parteien dargelegt worden, was passiert ist. Also zweiter großer Unterschied: Transparenz und Aufklärung!

Der dritte große Unterschied ist: Im Gegensatz zum Beispiel zur Bundesebene, wo un­term Strich über 300 Millionen € verloren gegangen sind, ist in Salzburg bis heute kein Geld verloren gegangen, sondern unterm Strich ein Plus zu verzeichnen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Das sind natürlich drei wesentliche Unterschiede im Vergleich zu einer Reihe von an­deren Skandalen beziehungsweise Spekulationen, die es gegeben hat.

Der vierte große Unterschied tritt leider noch nicht ein. Der vierte große Unterschied wäre nämlich, dass es die Konsequenz gibt, dass es in der Verfassung ein Verbot für Spekulationsgeschäfte gibt – etwas, das die SPÖ bereits im Jahr 2010 nach den OeBFA-Skandalen gefordert hat. Damals war leider keine einzige andere Partei der Meinung, dass wir das machen sollten hier im Hohen Haus, aber jetzt sagen alle,
dass sie es wollen. Trotzdem schaffen wir es seit mehreren Monaten nicht, das zu be­schließen.

Da stellt sich natürlich langsam auch wirklich die Frage: Wieso? Liegt das vielleicht nur an verlorenen Landtagswahlen? Ich habe mir gedacht, okay, da gibt es eine Fraktion, die ihre Wunden lecken muss, weil sie in Niederösterreich und Kärnten so böse ver­loren hat. Mittlerweile glaube ich fast, dass es darum geht, ja nicht vor der Salzburger Wahl quasi den Erfolg zuzulassen, dass es eine Konsequenz auf Bundesebene gibt, damit nicht einzelne Parteien quasi vor der Salzburger Wahl oder bei der Wahl noch Kleingeld daraus schlagen können, und nicht den Erfolg zu haben, dass es neben den drei erwähnten Unterschieden auch noch den vierten gibt, nämlich dass ein Verbot für Spekulationen in die Verfassung kommt.

Ich kann nur sagen: Es ist in der Vergangenheit nicht an den Sozialdemokraten ge­scheitert, es ist an anderen Parteien hier im Hohen Haus – wir brauchen zumindest drei Parteien – gescheitert, dass es eine Einigung gibt. Wir brauchen drei Parteien für die Zweidrittelmehrheit. An uns ist es nicht gescheitert, und an uns wird es auch in Zu­kunft nicht scheitern.

Das, was vorliegt – sagt selbst der Rechnungshof –, ist etwas, das er gerne hätte. (Abg. Bucher: Das hättet ihr laut sagen müssen!) Er versteht überhaupt nicht, wieso andere Parteien das nicht beschließen. Wir stehen dazu, aber es gibt offensichtlich kei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 42

ne Zweidrittelmehrheit dafür, weil weder die Grünen noch die FPÖ bereit sind, das, was auch der Rechnungshof will und was der Rechnungshof auch unterstützt, hier zu beschließen.

Ich hoffe, dass es wenigstens nach den Salzburger Wahlen keine Ausrede mehr für die Oppositionsparteien gibt, dieses Spekulationsverbot in die Verfassung zu schreiben, denn eines muss uns schon klar sein: Wichtiger als irgendeine Landtagswahl oder
ein kleiner parteipolitischer Vorteil muss es sein, dass in ganz Österreich nach glei-
chen Regeln Spekulation hintangehalten wird und – weil das auch angesprochen wur-
de – dass alle Gebietskörperschaften nach den gleichen Kriterien ihr Rechnungswesen führen.

Das ist etwas, das die ÖVP und wir, die SPÖ, vorgelegt haben, es findet nur – obwohl der Rechnungshof genau sagt, er will das, was da drinsteht – leider noch nicht die er­forderliche Mehrheit. Ich hoffe, dass nach den Landtagswahlen in Tirol und Salzburg die Oppositionsparteien endlich bereit sind, diesen wichtigen Weg mit uns zu gehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Podgorschek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.45.03

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich darf eingangs, bevor ich auf die zur Diskussion stehende Thematik eingehe, noch eine Ab­ordnung von Linz unter der Führung von Herrn Stadtrat Detlef Wimmer sehr herzlich begrüßen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir könnten uns diese heutige Debatte an und für sich durchaus ersparen, hätten wir vor zirka vier Wochen diese ganze Thematik wieder an den Ausschuss zurückverwie­sen und in vernünftiger Art und Weise darüber diskutiert. Wir haben jetzt mehr oder weniger wieder einen Monat verloren.

Herr Kollege Stummvoll, Sie können sich sicher erinnern, vor zwei Wochen haben wir hier im Haus in der Sendung „60 MINUTEN.POLITIK“ debattiert und sind draufgekom­men, dass wir uns schon in vielem einig sind, also an einer Einigung nahe dran sind, dass im Grunde genommen nur noch ein paar wenige Punkte zu klären sind. Leider stehen wir jetzt wieder genau dort, wo wir vor vier Wochen gestanden sind, und ich fürchte, es wird auch in vier Wochen wieder so sein, wenn wir nicht noch einmal im Ausschuss darüber debattieren.

Man muss nämlich diese Thematik aus meiner Sicht in zwei Teile teilen. Es sind zwei Schwerpunkte, die zu behandeln sind. Einerseits – und da hat Herr Kollege Bucher durchaus recht – versucht man seit 40 Jahren, ein einheitliches Rechnungswesen in Österreich einzuführen, andererseits ist seit 40 Jahren nichts geschehen, es scheitert leider immer wieder an Widerständen zum Teil vonseiten der Länder.

Eigentlich sind wir schon einer Meinung, könnten das auch sofort beschließen, denn gerade das einheitliche Rechnungswesen ist aus unserer Sicht das Um und Auf. Man kann Spekulation nur dann verhindern, wenn man auch Einblick hat in die Bücher, was in den Ländern, Gemeinden letzten Endes geschieht. Und genau das ist der sprin­gende Punkt! Aber das geschieht nicht. Selbst wenn Sie eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Ländern vorhaben, so bin ich fest davon überzeugt, diese wird so verwässert werden, dass nichts Positives dabei herauskommt.

Bei § 17, dem eigentlichen Spekulationsverbot, sind einfach noch Formulierungsunter­schiede vorhanden. Wir haben Spezialisten damit beauftragt, uns eine Formulierung vorzulegen, die das Ganze wasserdicht macht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 43

Ich habe in der vorhin erwähnten Fernsehsendung ganz klar gesagt: Die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt uns immer wieder: Wenn wir der Regierung zu einer Zweidrit­telmehrheit verholfen haben, dann ist das relativ schnell im Sand verlaufen. Ich verwei­se hier noch einmal auf die Erfahrungen gerade im Bereich der Minderheitsrechte im sogenannten Untersuchungsausschuss – bis heute haben wir noch nicht die zugesag­ten Rechte bekommen! Wir befürchten daher, dass, wenn wir Ihnen jetzt mehr oder weniger einen Blankoscheck ausstellen, die Richtlinien der Österreichischen Bundesfi­nanzierungsagentur, die entsprechend einzuhalten sind, dann wieder verwässert wer­den. Wir wissen ja nicht, wie die Regierungskonstellation in der nächsten Periode sein wird. Unter Umständen stehen wir dann wieder vor einem Scherbenhaufen und müs­sen zusehen, wie in manchen Ländern, Gemeinden spekuliert wird. Genau diese Spe­kulationen sollten wir eben verhindern, das müssen wir wasserdicht machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher appelliere an Sie: Setzen wir diesen Punkt heute auf die Tagesordnung und – und ich mache Ihnen jetzt sogar einen Vorschlag, damit Sie sehen, dass die Oppo­sition sich durchaus auch Gedanken macht, wie unser Staat eine positive Fortent­wicklung nimmt – beschließen wir jene Punkte, in denen wir uns jetzt schon einig sind! Beschließen wir § 16, schaffen wir ein einheitliches Rechnungswesen!

Was das Spekulationsverbot anlangt, haben wir noch bis zum Sommer und, wenn es sein muss, auch bis nach dem Sommer Zeit. Wir können das letzten Endes auch noch im September beschließen. Dann hat die neue Regierung, wer auch immer dann in der Regierung sitzen mag, die Vorgaben einzuhalten, damit ein für alle Mal Spekulationen in Österreich nicht mehr möglich sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es liegt an Ihnen, ob Sie da mitmachen oder nicht. Ich kann Ihnen diesen Vorschlag jetzt nur unterbreiten. Es ist relativ leicht gemacht, man braucht nur § 16 zu beschlie­ßen, der Text ist schon vorhanden. Damit würden wir einen wesentlichen Punkt und vor allem die Voraussetzung erfüllen, dass nach 40 Jahren endlich ein einheitliches Rechnungswesen in Österreich eingeführt wäre, dass der Rechnungshof dann wirklich alle überprüfen könnte und eine Vergleichbarkeit der einzelnen Gesetzgebungskörper­schaften möglich wäre, denn nur dann wäre Spekulation letzten Endes wirklich zu ver­hindern. (Beifall bei der FPÖ.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.50.19

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich sage jetzt einmal zu Beginn ganz offen: Ich halte diese heutige Einwendungsdebatte – nicht zufällig in der Fernsehzeit (Abg. Scheibner: Ist ja keine Fernsehzeit mehr!) – für ein unglaublich billiges politisches Manöver! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Korrigieren Sie das bitte! Keine Fernseh­zeit! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Warum? – Weil alle, die hier sind, wis­sen, dass das Spekulationsverbot auf jeden Fall vor dem Sommer beschlossen wird. Die einzige Frage ist: Wird es ein Verfassungsgesetz oder ein einfaches Gesetz?

Ich wehre mich dagegen, zu sagen, ein einfaches Gesetz sei nichts wert. (Abg. Bu­cher: Was möchtest du?) Wir beschließen ständig Gesetze, die sogenannte einfache Gesetze sind, aber, Herr Klubobmann Bucher, natürlich habe ich menschliches Ver­ständnis dafür, dass die kleinste Fraktion in diesem Haus, der ständig Mandatare ab­handenkommen, alles tut, um sich in Szene zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist gar keine Frage, dafür habe ich menschliches Verständnis, meine Damen und Herren, aber von der Sache her ist das absolut ungerechtfertigt! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)


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Schauen wir uns das einmal an! Als der Salzburger Finanzskandal bekannt wurde, hat die Frau Finanzministerin sofort reagiert. Wir haben seit Wochen eine unterschriebene Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, Gemeindebund und Städtebund, die das Spekulationsverbot festlegt. Wir haben im Parlament Fraktionsführergespräche unter Beiziehung des Rechnungshofpräsidenten abgehalten, die sehr konstruktiv waren. Wir haben die Regierungsvorlage noch ergänzt um erstens: keine Kreditaufnahmen zu Veranlagungszwecken, zweitens: keine Derivativgeschäfte ohne Grundgeschäft. Wir haben also auf parlamentarischer Ebene das, was Bund, Länder und Gemeinden aus­gemacht haben, noch ergänzt.

Dann gab es den Punkt einheitliches Rechnungswesen. Das ist natürlich eine sehr heikle Frage. Ich sage ganz offen: Wir von der ÖVP bekennen uns dazu, dass in die­sen Materien eine gemeinsame Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Gemein­den besteht. Wir sind nicht der Auffassung, wie es Kollege Bucher vor einiger Zeit be­hauptet hat, das Parlament soll über die Länder drüberfahren. Ich sage ganz ehrlich: Das ist nicht unsere Grundhaltung!, sondern wir sagen: Gemeinsam Verantwortung wahrnehmen heißt auch, sich zu einigen!

Einigung hat es in weiten Bereichen schon gegeben, wie du ja weißt, lieber Sepp Bucher! Es gibt eine Einigung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, was die Ver­einbarung betrifft.

Weiters ist festgelegt – Punkt eins –: risikoaverse Finanzgebarung, das heißt, jedes ab­sehbare Risiko ist zu unterlassen;

zweitens: strategische Jahresplanung im Bereich Liquiditäts- und Schuldenmanage­ment;

drittens: strikte Trennung von Treasury und Risikomanagement;

viertens: völlige Transparenz über alle durchgeführten Transaktionen.

Das alles ist schon unterschrieben.

Wir haben uns über viele andere Dinge geeinigt, so zum Beispiel, Form und Gliede­rung von Rechnungsvoranschlag und Rechnungsabschluss im Einvernehmen zwi­schen Finanzministerium und Rechnungshof durch Verordnung festzulegen, über alle näheren Bestimmungen, da spricht zweimal der Rechnungshof mit.

Ich sage ganz offen – und ich appelliere in diesem Sinne an die Opposition; Herr Klub­obmann, du hast es selbst gesagt –: Der Rechnungshof ist eine von uns respektierte Autorität mit hoher Fachkompetenz, der mit der Regierungspolitik oft sehr kritisch um­geht. Wenn der Rechnungshof jetzt sagt, mit dem, was als Verfassungsentwurf auf dem Tisch liegt, kann er leben, das ist ein gangbarer Weg, dann würde ich wirklich ap­pellieren, diese Haltung des Rechnungshofes zu akzeptieren und die Verfassungs­mehrheit mit uns gemeinsam zu sichern. Der Rechnungshof als oberstes Kontrollorgan dieser Republik, meine Damen und Herren!

Ich sage ganz offen – ich habe es von Beginn an gesagt –: Ich möchte nichts beschlie­ßen bei diesen heiklen Finanzthemen, wo der Rechnungshof sagt, das sei nicht g’scheit. Jetzt sagt der Rechnungshof, das sei g’scheit, das sei ein gangbarer Weg – und jetzt gibt es wieder Probleme! Wobei ich den beiden Kollegen von der Freiheitli­chen Partei, Herrn Alois Graudauer und Herrn Kollegen Podgorschek, wirklich sagen möchte: Sie waren unglaublich konstruktive Verhandlungs- und Gesprächspartner, auch wenn es dann in der Schlussphase gewisse, ich würde sagen, Kommunikations­probleme zwischen Verhandlungsführung und Klubführung gegeben hat, aber das, glaube ich, können wir noch ausräumen!

Noch einmal: Es trennt uns nicht sehr viel, es trennen uns kleine Formulierungen, und ich werde mich wirklich persönlich dafür einsetzen, bis zum Schluss, dass wir eine Ver­fassungsbestimmung zustande bringen.


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Aber ich sage ganz offen: Wir können es auch einfachgesetzlich beschließen. Das ist nicht so schön, erfasst die Gemeinden nicht, will ich eigentlich auch nicht, aber ich wehre mich dagegen, jetzt so zu tun, als sei der Zug schon abgefahren und im Parla­ment gebe es keine Mehrheit für ein Spekulationsverbot.

Diese Mehrheit gibt es, das Spekulationsverbot wird verankert werden, kein verant­wortlicher Politiker kann dagegen sein. Es bleibt nur die Frage, in welcher Form. Ich bin durchaus positiv, dass wir zumindest gemeinsam mit einer Oppositionspartei – ich ap­pelliere noch einmal an die beiden Kollegen, die ich vorhin namentlich angeführt ha­be – eine Verfassungsbestimmung zustande bringen. Es wäre im Interesse des Lan­des. (Beifall bei der ÖVP.)

10.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.55.07

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, natürlich ist es im Interesse aller, ein Spekulationsverbot oder eine risikoaverse Geba­rung für alle Gebietskörperschaften zu haben. Das ist schon richtig angesichts dessen, was wir in Niederösterreich erlebt haben, aber insbesondere in Anbetracht dessen, was wir in Salzburg erlebt haben – es liegen ja die ersten Berichte des Untersuchungs­ausschusses vor, und die zeigen ein Bild, das mehr als katastrophal ist –, und auch in Bezug darauf, was wir auch in vielen Gemeinden erlebt haben und was wir beim Bund erlebt haben.

Der Bund hat ja seinerzeit die Konsequenzen gezogen, als er Verluste von 300 Mil­lionen € in Kauf nehmen musste. Aber wenn es um die Frage der Einbeziehung der Länder und der Gemeinden geht, gibt es Schwierigkeiten. Und wenn hier so getan wird, als läge es weder an der ÖVP noch an der SPÖ, dass wir bislang hier in diesem Hohen Haus zu keiner Regelung gekommen sind, dann muss ich schon sagen: Das ist deshalb so, weil die Regelungen so, wie sie vorliegen, lückenhaft sind, und deswegen, weil zu vieles in die Hände der Länder gelegt wird, obgleich mit Recht vermutet werden darf, dass die Umsetzungen nicht bundeseinheitliche Umsetzungen werden, sondern wiederum autonome Umsetzungen der Länder. Neun Mal je Bundesland, ein Mal für den Bund, dazu neun verschiedene Richtlinien – das alles in Zeiten, in denen alle über die Verwaltungsreform reden! Verwaltungsökonomisch ist das nicht sinnvoll, aber es ist auch deshalb nicht sinnvoll, weil es keine bundeseinheitliche Regelung ist.

Das, was in den bisher vorliegenden Vorschlägen zur Finanzverfassung in § 17 neu vorliegt, besagt: Wir wollen eine bundeseinheitliche risikoaverse Finanzgebarung! – Das ist richtig! Aber wenn man es bundesweit einheitlich machen will, dann darf man genau nicht den Weg über eine Artikel-15a-Vereinbarung gehen, weil diese Artikel-15a-Vereinbarung meines Erachtens kein Herzstück, sondern ein Verwässerungsstück dieser potenziellen Umsetzung eines Spekulationsverbotes ist.

Wenn einige dieser Verbote in diesem § 17 neu angesprochen werden, so muss man sagen, er enthält Lücken. Es ist schon richtig, es ist die Rede davon, dass keine deri­vativen Geschäfte ohne Grundgeschäft gemacht werden sollen, keine Kreditaufnah­men für Spekulationszwecke, aber es ist weiterhin möglich, dass Einnahmen aus Ver­äußerungen von Vermögen der Länder und Gemeinden sehr wohl für spekulative Zwecke verwendet werden können. Das heißt also, das, was in Niederösterreich mit den Wohnbaugeldern geschieht, ist auch nach dieser vorliegenden Regelung weiterhin möglich.

Daher sagen wir Grünen, die wir im Übrigen immer bereit sind, über weitere Lösungen zu diskutieren und zu verhandeln, und wir haben das auch mehrfach gemacht: Wir wol-


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len die einheitlichen Grundsätze in der Verfassung verankert haben und nicht in Ar­tikel-15a-Vereinbarungen, die vom österreichischen Koordinationskomitee kontrolliert werden, das in der Vergangenheit bewiesen hat, dass es in Wirklichkeit zu nichts nutze ist! (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Punkt ist der: Unsere Finanzverfassung stammt aus 1848. Sie ist alt, da­mals hat es diese Spekulationen noch nicht gegeben, und sie enthält eine Ermächti­gung für die Finanzministerin, über Form und Gliederung von Haushalten, von Rech­nungsabschlüssen und Voranschlägen zu reden. Aber es geht nicht um Form und Glie­derung, sondern es geht um die Inhalte, und genau solch eine Ermächtigung braucht die Frau Finanzministerin, damit sie gemeinsam mit dem Rechnungshof ein modernes Rechnungswesen nach dem Vorbild des Bundes umsetzen kann.

Aber bitte nicht schon wieder über eine Artikel-15a-Vereinbarung, das kann doch wie­der nur zur Verwässerung führen! Wir haben ein Rechnungswesen, ein modernes Rechnungswesen beim Bund, und das setzen wir, was die Grundsätze anlangt, auf Ebene der Länder und auf Ebene der großen Städte um, und dann haben wir ein her­vorragendes Kontrollinstrument in der Hand, das die nötige Transparenz schafft, um eine risikoaverse Gebarung in der Tat auch umsetzen zu können.

Das Argument der Länder, dass das ein Eingriff in die Finanzautonomie der Länder wäre, entschuldigen Sie bitte, aber das ist lachhaft, das ist eine Lachnummer! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht darum, dass wir in diesem Lande, was den Föderalismus anlangt, endlich neue Wege beschreiten müssen, und neue Wege heißt – das ist ein Appell an die Län­der –: Bitte verlassen Sie diese Blockadehaltung, setzen Sie sich mit uns gemeinsam an einen Tisch, und erarbeiten wir gemeinsam eine wasserdichte Regelung für die Um­setzung eines Spekulationsverbots für Bund, Länder und Gemeinden (Beifall bei den Grünen) – im Sinne der SteuerzahlerInnen, denn um deren Steuern, die sie zahlen, geht es letztlich! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.00


Präsident Fritz Neugebauer (den Vorsitz übernehmend): Nächster Redner: Herr Ab­geordneter Prähauser. – Bitte.

 


11.00.38

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Krainer hat die Sicht der SPÖ zur Einwendung ja schon dargelegt, dem brauche ich nichts hinzuzufügen. In den Debattenbeiträgen ist ja öfter Salzburg genannt worden, und es ist zu Recht genannt worden. Salzburg hat in den letzten Monaten wirklich Arbeit ge­leistet, wobei es vielleicht angemessen gewesen wäre, das schon Jahre vorher zu tun, nämlich sich Gedanken zu machen über die Finanzgebarung des Landes und die Ver­antwortlichen vor der eigenen Haustür.

Der Schock im Dezember, als das alles ruchbar wurde, war groß, besonders bei der Koalition, die ja Wochen gebraucht hat, miteinander wieder vernünftig reden zu kön­nen. Es war gut, dass die SPÖ nicht sofort für Neuwahlen war, sondern im Einverneh­men mit den Oppositionsparteien eine entsprechende Verschiebung nach hinten er­reicht hat, um wirklich einmal Transparenz in die Angelegenheit zu bringen, aber auch dem Landtag Gelegenheit zu geben, Maßnahmen zu setzen – diese sind in der letzten Landtagssitzung ja auch durchgeführt worden –, Beschlüsse zu fassen, damit so etwas, wie es in Salzburg passiert ist, in Zukunft nicht mehr passieren kann. Wir sind auch gut beraten, bundeseinheitliche Regelungen für solche Finanztransaktionen, Ge­schäfte zu machen, um nicht neue Gegebenheiten zur Kenntnis nehmen zu müssen und dann wieder Ausflüchten Tür und Tor zu öffnen.


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Salzburg ist allerdings in diesem Falle ein unrühmlicher Vorreiter, wenn auch nur das erledigt wurde, was seinerzeit der Rechnungshof empfohlen hat; nur das Aussteigen wurde unter den Gesichtspunkten des Nichtwissens versäumt. Das Nichtwissen kann man natürlich transportieren, aber glaubwürdig ist das nicht. Wenn man für etwas ver­antwortlich ist, sollte man sich auch in der Tiefe damit befassen und Verantwortung übernehmen. Das hat die Sozialdemokratische Partei in Salzburg getan: Der Finanz­referent hat seine Position zur Verfügung gestellt, und der Rest der Fraktion hat seinen Teil dazu beigetragen, aufzuklären.

Wie wir heute wissen, war das schon seit 2001 Methode, also keine Erfindung der So­zialdemokraten, sondern eigentlich war ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der damals Finanzreferent des Landes war, der Erfinder und Umsetzer der Ideen, des Ideenanstoßes aus dem Bund.

Wir haben heute Folgendes zur Kenntnis zu nehmen: Das war eine Situation, die sich daraus entwickelt hat, die es den politischen „Köpfen“ – unter Anführungszeichen – dermaßen erschwert hat, es zu begreifen, sodass man heute dasteht und etwas erklä­ren muss oder soll, was man eigentlich nicht wirklich versteht. Alles in der Zeit, was wir jetzt erkannt haben, hat dazu geführt, dass wir klare, gesetzliche Regelungen schaffen, um das in Zukunft zu verhindern.

Eines, meine Damen und Herren, möchte ich bei dieser Gelegenheit unseren Koali­tionspartner, den Landeshauptfrau-Stellvertreter Wilfried Haslauer schon fragen, näm­lich ob er letztendlich wirklich selber glaubt, dass man ihm abnimmt, als Vorsitzender einer Bank, bei der man mit 1,7 Milliarden in der Kreide stand, nicht gewusst zu haben, dass das Land in der Kreide steht – zumal er auch im Interesse des Landes diesen Posten bekleidet hat. Das hat er bis heute nicht erklären können! Ich weiß auch warum: Es ist ihm genauso peinlich wie uns, das ist keine Frage, aber heute wissen wir – in den „Salzburger Nachrichten“ ist es nachzulesen –: Es hat die Politik 2001 mit diesen Geschäften begonnen, und 2013 ist die Verantwortung dafür zu tragen.

Wir werden bei der Wahl am übernächsten Sonntag zur Verantwortung stehen und auch die Folgen tragen. (Ruf bei der ÖVP: Werdet ihr eh müssen!) Ich bin der Mei­nung, dass die Politik in Salzburg es verdient, wieder mit Vertrauen ausgestattet zu werden, weil man zu Fehlern steht, sie erkennt, sie behebt und natürlich auch weiterhin gewillt ist, für dieses Land positiv zu arbeiten.

Wir haben – und das darf man mit Fug und Recht festhalten – keine persönlichen Be­reicherungen von irgendwelchen Politikern feststellen können, ganz anders als in an­deren, ähnlich gelagerten Fällen. In Salzburg war man der Meinung, dem Bürger Zin­sen zu sparen, Geld zu beschaffen, und niemand hat sich zeitgerecht Gedanken darü­ber gemacht, was denn der Einsatz dafür ist.

Hätte man ein wenig nachgedacht und 1,2 oder 2,3 Milliarden – bei 0,5 Prozent Zin­sen – nur auf die Bank gelegt, hätte das ein bisschen mehr an Sicherheit gebracht. Diese Erkenntnis haben wir jetzt, wir werden in Zukunft da entsprechend handeln, und ich hoffe, dass alle, die nach uns politisch gestalten, daraus ihre Lehren für die Zukunft ziehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.05


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Ing. Lugar zu Wort. – Bitte.

 


11.05.54

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn man sich die Länder anschaut, dann kann man meiner Meinung nach eines zusam­menfassen: Es wurden seit Jahrzehnten Schulden gemacht, es wurde spekuliert, und


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es wurde verschleiert. Und diese Praxis ist in den letzten Wochen und Monaten ans Tageslicht gekommen und auch in die öffentliche Wahrnehmung gerückt.

Jetzt geht es darum, das abzustellen, und die grundsätzliche Frage, die wir uns heute hier stellen müssen, ist: Will das die Regierung auch tatsächlich? Wenn man sich die Diskussion ansieht und wenn man sich ansieht, was einige von SPÖ und ÖVP heute gesagt haben, dann erkennt man, dass hier dem Bürger Sand in die Augen gestreut wird.

Es wurde heute hier gesagt, dass der Rechnungshof mit diesem Verfassungsgesetz, das jetzt vorliegt – das leider heute nicht besprochen werden kann, weil man sich an­scheinend nicht traut, es auch hier im Parlament zu diskutieren –, gar keine große Freude hat. Der Rechnungshof hat von Anfang an gesagt, es kann nicht sein, dass man in ein Verfassungsgesetz hineinschreibt, dass die Veranlagungen risikoavers zu sein haben, und sich dann in diesem Verfassungsgesetz gleichzeitig eine Ermächti­gung gibt, um hintennach mit den Ländern auszupackeln, wie das denn genau ausse­hen soll.

Der Begriff „risikoavers“ ist ja nicht greifbar. Was soll das heißen? Was ist risikoavers? Was sind vermeidbare Risken? – Das gehört definiert. Und wenn dann in § 1 steht, das habe risikoavers zu sein, und im nächsten Paragraphen steht, dass das hintennach mit den Gemeinden, mit den Ländern und mit jenen, die es betrifft, ausgepackelt werden soll, dann frage ich mich, ob man da nicht den Bock zum Gärtner macht. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Letztlich geht es darum, dass wir die Länder in die Schranken weisen. Wir wollen mit diesem Verfassungsgesetz die Länder in die Schranken weisen, das wollen Sie, glau­be ich, auch. (Abg. Krainer: Nein, es geht um die Gemeinden! Wenn das eine kleine Gemeinde ist !) Und wenn wir die Länder in die Schranken weisen wollen, dann kön­nen wir nicht die Länder fragen, ob ihnen das gefällt, bitte! Wo sind wir denn?! (Beifall beim Team Stronach.)

Das wäre das Gleiche, als würden wir die Frösche fragen, ob wir den Sumpf trocken­legen sollen. Das geht doch nicht! Das muss doch jedem einleuchten! Das heißt, wenn wir hier die Länder an die Zügel nehmen wollen – und das wollen wir hoffentlich alle –, dann müssen wir etwas definieren, das letztlich das abstellt, was die Länder seit Jahr­zehnten nützen, um ihre Haushalte und ihre Budgets aufzufetten. Das ist ja der Hinter­grund.

Der Hintergrund ist ja nicht, dass es da böse Machenschaften gibt, wo irgendjemand versucht, sich illegal mit Spekulationen zu bereichern. Da geht es um ein System. Das System heißt, viele Länder können nicht ordentlich wirtschaften und versuchen, im Fi­nanzcasino ihre Budgets aufzufetten. (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Das ist ja der Hin­tergrund, und das wollen wir abstellen. Und wenn wir das abstellen wollen, dann müs­sen wir ordentliche Gesetze machen, und nicht Gesetze, wo uns die Länder Beifall spenden.

Wenn die Länder da Beifall spenden, dann muss ich das Gesetz gar nicht gelesen ha­ben, dann kann ich Ihnen gleich sagen, dass es das Papier nicht wert ist, auf dem es steht. (Beifall beim Team Stronach.)

Schauen Sie, wenn der Rechnungshof sagt, das müsse im Gesetz eindeutig geregelt werden, warum machen wir das nicht einfach? – Ich weiß, warum wir das nicht ma­chen, und ich weiß auch, warum Sie, Herr Krainer, der Opposition da den Schwarzen Peter zuschieben wollen. In Wirklichkeit wollen Sie, dass alles so bleibt, wie es ist, weil Herr Häupl in Wien und Herr Pröll in Niederösterreich und viele andere Landeshaupt­leute sich ja gar nicht dreinreden lassen wollen, sie wollen so weitermachen wie bisher.


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Was Sie wollen, ist mir klar: Sie wollen hier ein Gesetz, das das Papier nicht wert ist, auf dem es steht, durchs Parlament bringen, um den Bürgern draußen zu sagen: Schauen Sie, wir machen eh etwas! – Die Bürger können das gar nicht einschätzen, dass das Gesetz letztlich nur dazu da ist, um den Ländern die Möglichkeit zu geben, so weiterzumachen wie bisher. Das ist der Hintergrund, und da stehen wir sicherlich nicht zur Verfügung.

Wenn wir ein ordentliches Gesetz machen wollen, dann sind wir selbstverständlich dabei, und da können wir selbstverständlich hier auch ein Verfassungsgesetz beschlie­ßen, aber dann muss es auch so weit gehen, dass die Länder an die Zügel genommen werden.

Ein Punkt zum Schluss, den ich auch noch gerne ansprechen möchte: Wir sollten uns einmal überlegen, warum die Länder überhaupt Schulden machen müssen. Warum müssen die Länder Schulden machen? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ist das überhaupt notwendig? – Es gibt nämlich einen Finanzausgleich, und man könnte über den Fi­nanzausgleich den Ländern so viel Geld zur Verfügung stellen – mit klaren Regeln –, dass sie die notwendigen Maßnahmen vornehmen und ihre Aufgaben erfüllen können. Das wäre ja möglich.

Warum machen wir das nicht? Warum verbieten wir nicht den Ländern überhaupt, Schulden zu machen? – Das wäre aus meiner Sicht der richtige Weg und würde viel­leicht auch eine gewisse Vorbildwirkung für den Bund erzeugen, damit auch der Bund endlich mit dem Schuldenmachen aufhört. (Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.)

Abschließend: Hören wir auf, mit dem Schuldenmachen, verbieten wir das auch den Ländern, und dann sind wir auf einem guten, stabilen Weg! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

11.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


11.11.17

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Spekulationsverbot und zur Genese, zu dieser Entwicklung im Lichte des doch größten Finanzskandals der Nachkriegsgeschichte in meinem Heimatland Salzburg hat mein Kollege Günter Stummvoll schon ausführlich Stellung genommen. Deshalb möchte ich mich mit einigen Fakten und Tatsachen auseinandersetzen, die von meinen Vorrednern – einerseits vom Herrn Krainer, aber andererseits auch vom Kollegen Prähauser – eigentlich nicht richtig dargestellt wurden.

Es ist so, dass wir beispielsweise im Bundesland Salzburg mit der Spekulation bezie­hungsweise mit den Absicherungs- und Zinsgeschäften im Jahr 2001 begonnen haben, seinerzeit unter Landesrat Wolfgang Eisl, der selbstverständlich die Anforderungen auch der Bundesbehörden, vor allem des Bundesrechnungshofes, aufgenommen hat, um entsprechende Zinssicherungsgeschäfte durchzuführen. Dies war aber sehr kon­trolliert, und gerade Wolfgang Eisl hat sich immer die Geschäftsfälle einzeln vorlegen lassen, was sein Nachfolger als Finanzreferent, Othmar Raus leider nicht getan hat. Er hat die Finanzkasse in Salzburg 2004 mit einem Schuldenstand von etwa 430 Millio­nen € übernommen; mittlerweile sind es ja über 3 Milliarden € an öffentlichen Verbind­lichkeiten, die wir ausweisen.

Othmar Raus interessierte sich dann von Haus aus nicht mehr für diese Einzelge­schäfte, ihm war das offensichtlich zu mühselig, und er hat sich damit begnügt, dass er die Leute in der Finanzabteilung auch entsprechend hat tätig werden lassen. Wir hat­ten im Jahr 2007, wie wir heute wissen, in dieser Spekulationszeit von 2001 bis 2007,


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500 Millionen € Überschuss in diesem Bereich, dieser wurde aber öffentlich nicht dar­gestellt. Der öffentliche Bereich dieser Spekulationsgeschäfte wurde nur zu einem An­teil von etwa 20 Prozent dargestellt.

Ich wünschte, dass auch die Salzburger Landeshauptfrau Burgstaller so gehandelt hät­te wie beispielsweise unser Finanzminister Josef Pröll. 2008 war die Situation auch auf der Bundesebene so, dass die OeBFA insgesamt 3,2 Milliarden € Überschüsse erwirt­schaftet hat, dann ist ein Quartal gekommen, in dem wir über 400 Millionen € Verlust hatten, und dann hat Josef Pröll gesagt, das sei zu volatil, zu unsicher, und die Ge­schäfte gestoppt und eingestellt. Am Ende des Tages waren noch in etwa 2,8 Milliar­den € übrig.

Das ist in Salzburg leider nicht geschehen, meine Damen und Herren. Wir haben in Salzburg leider Gottes dieselbe Situation erfahren. Ich hätte mir schon gewünscht, dass die Landeshauptfrau – beziehungsweise ihr Finanzreferent Brenner – uns im Jahr 2007 gesagt hätte: Passt auf, Freunde, wir haben jetzt gut 500 Millionen € in der Kassa. Was machen wir: Zahlen wir die Schulden, die wir haben? – Denn diese waren damals in ähnlicher Höhe. – Nein, man hat da mutig und lustig weiterspekuliert, irgend­wo einen schwarzen Bereich aufgebaut, wo man nicht genau gewusst hat, wie viel denn da eigentlich insgesamt drinnen ist.

2008 ist es dann gekommen wie bei allen anderen Dingen: Man hat einen Verlust von 388 Millionen € eingefahren. Da man heute immer wieder davon spricht, es seien keine Verluste angefallen: 388 Millionen € Verlust im Jahr 2008. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Aber die sozialistische Regierungsfraktion in Salzburg hat nicht so wie Sepp Pröll ge­handelt, sie hat das Risiko und das Tempo erhöht, hat also noch spekulativere Ge­schäfte durchgeführt, und das hat letztlich zu diesem insgesamt großen Desaster ge­führt.

Die Pikanterie am Rande ist, dass man dann beispielsweise mit einer Vollmacht, aus­gestellt von Landesrat Blachfellner, SPÖ-Landesrat für Wohnbau nach Wien gefahren ist, für den Wohnbaufonds Kredite in der Größenordnung von 1,8 Millionen € aufge­nommen und diese 1,8 Millionen € zusätzlich als Spielkapital verwendet hat. Insgesamt hatten wir in Spitzenzeiten mehr als 6 Milliarden € Obligo an Spekulationsgeschäften, und das ist wirklich unglaublich, und es ist vor allem einfach unvorstellbar, welche Maßnahmen man da getroffen hat.

Wenn man immer wieder Wilfried Haslauer vorwirft, er hätte als Hypo-Aufsichtsrat wis­sen müssen, dass entsprechende Spekulationsgeschäfte stattfinden, dann sage ich Ih­nen – und ich selber sitze auch in einem Bankenaufsichtsrat (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) –: Ein Aufsichtsrat in einer Bank beschäftigt sich in erster Li­nie mit der Auseinandersetzung betreffend Kreditlinien und Kreditaufnahme, aber kei­nesfalls mit Veranlagungen von Spekulationsgeschäften. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.16.56

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll, bei Ihrer Rede haben Sie – zumindest am Anfang – ein biss­chen danebengehaut – auf gut Wienerisch –, und zwar zumindest in zweifacher Hin­sicht. Erstens einmal haben Sie uns reflexartig wieder einmal vorgeworfen, die Inten­tion dieser Einwendungsdebatte sei einzig und allein, dass wir in der Fernsehzeit Aufmerksamkeit erregen wollen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das stimmt !) – Ah so! Sie haben, glaube ich, die für ORF 2 gemeint, und die ist schon lang abgelaufen, um 10.30 Uhr. Sie sind leider schlecht informiert gewesen (neuerlicher Zwischenruf des


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Abg. Dr. Stummvoll), diesmal wird nämlich nicht bis 13 Uhr, sondern nur bis 10.30 Uhr übertragen; das war schon außerhalb der Fernsehzeit.

Zweiter Punkt: Sie haben gesagt: weil uns immer die Abgeordneten davonlaufen. – Kollege Stummvoll, ich wäre mir nicht so sicher, ob nicht bis zur Wahl auch noch der eine oder andere aus Ihrer Fraktion abhandenkommen könnte, was ich da so höre. (Abg. Dr. Stummvoll: Was hören Sie denn? Was hören Sie denn?)

Aber – und jetzt komme ich ja schon wieder zur Sache, weil das nämlich einen ur­sächlichen Zusammenhang hat –, Herr Kollege Stummvoll, ich frage Sie: Wer bestimmt denn über das Stärkeverhältnis der Fraktionen hier im Hohen Haus? Herr Kollege Stummvoll, wer bestimmt darüber: Ist es der Wähler, oder sind das irgendwelche Polit­strategen? – Ich glaube, da sind wir uns einig: Der Wähler bestimmt über die Zusam­mensetzung und über das Stärkeverhältnis der Fraktionen hier im Hohen Haus. Und der Wähler hat im Jahr 2001 das BZÖ mit 21 Mandaten an die vierte Stelle gesetzt. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Riepl und Kickl.)

Wenn die Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses dem entsprechen würde, was der Wählerwille bei einer Wahl zum Ausdruck bringen möchte, dann hätten wir hier nicht Ihre Geplänkel zu diskutieren, sondern dann hätten wir auch kein Problem, über die Verfassungsmehrheit zu diskutieren. Sie wissen, dass das BZÖ der Meinung ist: Auch wenn wir in manchen Dingen der Ausformung dieses Spekulationsverbotes anderer Meinung sind als die Koalition, hätten wir trotzdem – weil wir der Meinung sind, dass es so wichtig ist, ein klares Signal, auch ein verfassungsrechtliches Signal zu setzen, dass diese Spekulationen der Länder und der Gemeinden in Zukunft der Vergangenheit an­gehören – dieser Vorlage eine Mehrheit, eine Verfassungsmehrheit gegeben. – Das nur zu Ihrem Einwand, Herr Kollege. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Stumm­voll. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Es gibt eine Menge BZÖ-Mandatare. Heute ist wieder ein BZÖ-Mandatar angelobt wor­den, der halt der Meinung ist, er gehöre zu einer anderen Fraktion (neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Kickl), aber, Kollege Kickl, es wäre wirklich notwendig, über dieses Spekulationsverbot auch im Ausschuss zu weiterverhandeln, und das ist unser An­liegen.

Es kann ja nicht sein, dass man deshalb, weil man der Meinung ist, es gebe momentan keine Verfassungsmehrheit und im stillen Kämmerlein sei das nicht auszuverhandeln, sagt: Lassen wir es!

Ich habe den Eindruck, dass die Koalition der Meinung ist, es sei ohnehin gut, dass das jetzt von der Tagesordnung weg ist, denn in Wirklichkeit wollen Sie sich dieser Auseinandersetzung mit den Ländern gar nicht aussetzen.

Das Problematische, Kollege Stummvoll, ist – und deshalb ist es nicht so, dass wir sa­gen: Wir haben eh noch Zeit! –, dass ja einzelne Länder ihre Art des Spekulationsver­botes auf Landesebene beschließen. Das ist genau das, was wir nicht wollen! Wir wollen – da sind wir uns doch einig; Sie nicken –, dass dann, wenn Bundesgeld, das ja Bundessteuermittel sind, auf die Länder verteilt wird, wo auch schon einmal zu hinter­fragen ist, ob das in Form des Finanzausgleichs der richtige Weg ist, also wir wollen, wenn das so passiert, wie es jetzt geschieht, zumindest sicherstellen, dass diese Bun­dessteuergeld auch richtig verwendet und nicht verspekuliert wird, dass das auch kon­trolliert werden kann und dass es auch bundeseinheitliche Vorschriften für ein moder­nes Rechnungswesen gibt.

Das ist doch überhaupt keine Besonderheit, sondern eine Selbstverständlichkeit! Das soll bundeseinheitlich geregelt werden. Und das müssen wir noch vor der Wahl ent­sprechend umsetzen, und deshalb wollen wir darüber diskutieren. (Beifall beim BZÖ.)


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Das ist kein Missbrauch der Geschäftsordnung, sondern das sollte eine Selbstver­ständlichkeit für jeden Nationalratsabgeordneten sein. Wir sollten uns ja auch dem Bundessteuerzahler verpflichtet fühlen und alles dazu tun – auch wenn wir über den Sommer verhandeln müssen –, dass noch vor der Nationalratswahl klare Bestimmun­gen umgesetzt werden.

Wir haben gesagt, wir hätten es lieber anders gehabt: dass wir eine Verfassungsbe­stimmung machen und dass über eine bundesgesetzliche Regelung die Umsetzung stattfindet. Sie wollen das mit einer Artikel-15a-Vereinbarung machen. Gut, es soll so sein. Aber wichtig wäre es, dass der Beschluss dieser Verfassungsbestimmung und auch die Umsetzung des bundeseinheitlichen Haushaltsrechts endlich stattfinden. Des­halb ist es gut, dass Klubobmann Bucher und das BZÖ das immer wieder auf die Ta­gesordnung setzen wollen.

Leisten Sie keinen Widerstand, sondern machen Sie es endlich! Ich glaube, die Bevöl­kerung hat ein Anrecht darauf, dass diesem Missstand endlich ein Riegel vorgescho­ben wird. (Beifall beim BZÖ.)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 


11.22.13

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren, darf ich Sie kurz dazu einladen, darüber nachzudenken, warum wir eigent­lich hier zum wiederholten Male eine Einwendungsdebatte führen, warum wir über­haupt über ein Spekulationsverbot reden?

Die Ursache beziehungsweise der Grund dafür liegt einzig und allein darin, dass ein rot-schwarzes Spekulationssystem, das sich daran orientiert hat, in Wall Street-Manier den Finanzhaien Geld – und zwar Steuergeld! – in den Rachen zu werfen, anhand we­niger Fälle aufgebrochen ist (Beifall bei der FPÖ) und heute dank unserer Verhandler Alois Gradauer und Elmar Podgorschek der parlamentarische Prozess so weit gedie­hen ist, um die Chance ergreifen zu können, dem für die Zukunft einen Riegel vorzu­schieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie, so kann es nicht gehen! Sie haben eine Landeshauptfrau in Salzburg, die vor wenigen Monaten damit aufgefallen ist, dass in ihrem eigenen Budget über 300 Millionen € durch Spekulations­verluste plötzlich an die Öffentlichkeit geschwappt sind, Sie hinten und vorne nicht wussten, was das gewesen sein soll, dann aus diesen 300 Millionen noch mehr Millio­nen an Spekulationsverlusten geworden sein sollen und jetzt kurz vor der Wahl auf ein­mal ein Plus dastehen soll.

Sie sagen: Nein, nein, wir haben eh gut spekuliert! Und: Bitte, bitte wählt uns wieder! Und: Wir arbeiten das auf! – Ich frage Sie: Wo ist denn da die Verantwortung einer Landeshauptfrau in einer solchen Angelegenheit? (demonstrativer Beifall bei der FPÖ) – die nicht in der Lage ist, im eigenen Haushalt dafür Sorge zu tragen, anvertrau­tes Geld der Steuerzahler so zu verwalten, dass es eben nicht in einem Spekulations­sumpf versinkt!

Nur: Spekulation hat bei Ihnen in der Sozialdemokratie Methode! Das hier heute anzu­führen, kann ich Ihnen auch nicht ersparen. Denken Sie etwa an die Cross-Border-Leasing-Geschäfte Ihrer Fraktion Anfang des Jahres 2000, wo Sie kommunales Eigen­tum in Wien an US-Investoren verschleudert haben, damit die einen Steuervorteil lu­krieren, und wo das Eigentum der Wienerinnen und Wiener an die Amerikaner ver­schleudert wurde. Wenn heute angesichts der angespannten Situation in Amerika da Konkursfälle auftreten sollten, könnten die Wienerinnen und Wiener um ihr kommuna­les Eigentum umfallen.


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Oder: die Franken-Spekulationen Ihrer Finanzstadträtin Brauner. – Was ist denn da­mit? Was hört man denn dazu? Nichts hört man dazu!

Weiteres Beispiel: Wiener Wasser Wildalpen. – Da hat die Gemeinde Wien Verpach­tungen durchgeführt, und das Eigentum der Wienerinnen und Wiener wurde als „No­bel-Wasser“ in die weite Welt exportiert.

Sie kommen hier her und schimpfen auf die City of London, Sie kommen hier her und schimpfen auf die Wall Street?! – Ich sage Ihnen: Sie sind die Oberspekulanten dieser Republik! Statt von der „City of London“ sollte man vielmehr von der „City of Vienna“ sprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch der ÖVP, die Teil dieses Systems war, möchte ich heute hier etwas auf dem Weg geben, und zwar einen Randaspekt, der nicht mehr ganz in diese Debatte hineinpasst, nämlich: Durch die Bankenhilfspakete, die großteils durch Sie entriert waren, wobei heute ausreichend Leute in Ihrer Fraktion sitzen, die den Bankensektor vertreten, sind dem österreichischen Steuerzahler bereits über 6 Milliarden € entgangen. Auch das ist Spekulation, und auch darüber müssen wir reden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was unsere Verhandler hier eingebracht haben, ist bislang hervorragend gewe­sen. Davon sind viele Punkte in die Umsetzung gekommen, aber wir haben noch nicht den Zustand erreicht, wo wir guten Gewissens sagen können: Ja, dem können wir auch zustimmen!

Ich frage mich, was mit dem Begriff „risikoavers“ gemeint ist. Aus meiner Sicht ist das Ganze völlig unzulänglich determiniert. Ein Zugang zu dem Ganzen wäre es, das durch den Begriff „Mündelsicherheit“ zu ersetzen, und zwar durch höchste Standards, wo ein Vormund für seine Mündel Gelder veranlagen darf – und nicht risikoavers!

Wenn man von Artikel-15a-Vereinbarungen spricht, was ja heute auch schon Thema war: Wir finden es nicht gut, dass man es quasi der Beliebigkeit überlassen soll – wo eben auch die Frau Burgstaller und der Herr Häupl in Wien durch Spekulation in der Vergangenheit aufgefallen sind –, wie die Gelder veranlagt werden oder nicht. Diese Artikel-15a-Vereinbarungen geben viel zu viel Raum in der Beurteilung dessen, was Spekulation sein soll oder nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf erinnern an einen Appell unseres Klubobmannes, in dieser Debatte auch mit­zubedenken und auch mitzuverhandeln, dass die Spekulation um Wasser hintanzuhal­ten ist, dass sicherzustellen ist, dass Wasser, eines der heiligsten Güter, über die diese Republik verfügt, in ein Spekulationsverbot zu bringen und das auch verfassungsrecht­lich abzusichern ist. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ebenfalls soll eine Zweckbindung der Wohnbauförderung in Niederösterreich, ausrei­chend basiert, gemacht werden.

Das alles sind Elemente der Spekulation. Diesem unseligen Geist der Spekulation muss endlich Einhalt geboten werden. Ich kann nur sagen: Folgen wir den Vorschlägen von Elmar Podgorschek und Alois Gradauer: Zurück an den Ausschuss, materiell nachverhandeln, optimieren, verbessern! Und drehen wir der Spekulation auf allen Ebenen den Hahn ab! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


11.27.55

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Die Probleme, die Spekulationen über die Jahre hinweg in den Ge-


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meinden, in den Ländern und auch auf Bundesebene verursacht haben, sehen wir nicht erst seit ein paar Wochen, nicht erst seit ein paar Monaten, sondern schon seit Jahren. Und der Bund ist längst in Verzug, da endlich einen Riegel vorzuschieben, ein Spekulationsverbot zu erlassen, das dieser großen Problematik auch wirklich gerecht wird.

Die Probleme, die dadurch in den Gemeinden, in den Kommunen verursacht werden, sind offensichtlich: Es werden Löcher in die Budgets gerissen. Das sind Gelder, die dann bei der Gesundheit, bei der Pflege, bei der Kinderbetreuung fehlen. Das, meine Damen und Herren, ist nichts Fiktives, sondern das spüren die Bürgerinnen und Bürger.

Hochgekocht ist es mit dem Skandal in Salzburg. Salzburg ist darangegangen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten, und zwar unter der Leitung der Grünen Astrid Rössler, die das sehr kompetent und umsichtig gemacht hat, um dort endlich die gan­zen Probleme, die ganzen Versagensmomente aufzuzeigen und ein entsprechendes Maßnahmenpaket vorzuschlagen. Das war eine ausgezeichnete Arbeit, und diese Ar­beit wird auch noch erfolgreich fortgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Ja, es ist ein bundeseinheitliches Spekulationsverbot erfor­derlich, dennoch, Kollege Scheibner, spricht nichts dagegen, dass Länder da eine Vorreiterrolle spielen. Oberösterreich zum Beispiel ist ein Land, das schon Vorreiter war, als es darum ging, ein Spekulationsverbot zu erlassen. Wir haben in Oberöster­reich dieses Verbot für das ganze Land, für alle Kommunen erlassen. Und das ist gut so, denn das ist eine Notwendigkeit. Eines kann klar gesagt werden: Wo Grün regiert, dort gibt es ein Spekulationsverbot! (Abg. Scheibner: In Wien auch?!)

Diese Richtlinie und diese Maßnahmen müssen einheitlich in Österreich zur Anwen­dung kommen. Das ist jetzt vordergründig. Aber lassen Sie mich eines sagen: Das beste Spekulationsverbot, der beste Wall gegen die Spekulation ist Folgendes – und das ist ganz klar auf einer anderen Ebene angesiedelt, wo wir noch sehr hart arbeiten müssen –: eine neue Finanzmarktarchitektur.

Das heißt: Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer. Die ist zwar bereits auf Schie­ne, aber es muss daran noch sehr hart gearbeitet werden. Und wir brauchen auch eine Regulierung der Finanzmärkte und ein Bankeninsolvenzrecht, das längst überfällig ist. Das sind wichtige Bausteine bei einem Spekulationsverbot. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist, glauben wir, genauso überfällig wie eine einheitliche Spekulationsverbots-Richtlinie für alle Länder, und zwar auf Bundesebene. Und da sind Sie säumig! Daher muss diese Debatte in den nächsten Wochen konsequent geführt werden, um noch vor dem Sommer eine gute Lösung, eine gute Regelung zu finden. (Beifall bei den Grü­nen.)

11.31

11.31.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die den Einwendungen Rechnung tragen wollen, das heißt, die Tagesordnung um die Berichte des Budgetausschusses 2183 bis 2187 der Beilagen – Spekulationsverbot – als Tagesordnungspunkte 1 bis 5 zu ergänzen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit.

Somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

11.31.44Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeit-


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punkt eingebrachten Selbständigen Antrag 2257/A(E) der Abgeordneten Bucher, Kolle­gin und Kollegen betreffend: Steuern runter – deutliche Reduktion statt kalter Progres­sion, dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

11.32.08Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 13721/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 13721/AB der Anfrage 13997/J der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die wissenschaftliche Begleitung des Bündnisses gegen Gewalt durch die Frau Bundesministerin für Inneres abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zum Tagesordnungspunkt 3 – Regierungsvorlage be­treffend das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 – liegt ein Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer ersten Lesung vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.33.04Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 14492/J bis 14498/J;

2. Anfragebeantwortungen: 13798/AB bis 13829/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Umwelt, Abfall, Wasser (2290 d.B.),

Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz-BMLFUW – Land- und Forstwirtschaft (2291 d.B.),

Umweltrechtsanpassungsgesetz 2013 (2292 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG-Novelle Industrieemis­sionen) und das Altlastensanierungsgesetz geändert werden (2293 d.B.),

Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG (2294 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Klimaschutzgesetz geändert wird (2295 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung von Beiträgen an das allgemeine Subventionskonto des Treuhandfonds für Armutsbekämpfung und Wachstum des Internationalen Wäh­rungsfonds (2296 d.B.),

Agrarrechtsänderungsgesetz 2013 (2297 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (2298 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (2299 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz über die Gleichbe­handlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, das Behindertenein­stellungsgesetz, das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (2300 d.B.);

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Änderung der Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strahlenschutzgesetz geändert wird, gemäß § 25 GOG: Änderungen hinsichtlich der Unterlage betreffend wirkungsorientierte Folgenabschätzung (Zu 2161 d.B.).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Bautenausschuss:

Antrag 2255/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die unangemessen hohe Verzinsung von Eigenmitteln gemeinnütziger Wohnbauträger,

Antrag 2256/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Maßnahmen gegen den Drehtüreffekt im gemeinnützigen Wohnbau;

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2012 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2013) (III-406 d.B.),

Antrag 2254/A(E) der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend angemessene budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert wird (2264 d.B.),

Bundesgesetz über einen bilateralen Kreditvertrag zwischen dem Internationalen Wäh­rungsfonds und der Oesterreichischen Nationalbank (2266 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 2251/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsextremismusbericht;

Kulturausschuss:

Antrag 2253/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Urhebervertragsrechtsnovelle;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 2252/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend: EU-Saatgutverordnung muss Vielfalt gewährleisten;

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geändert und das Bundesgesetz über den Umweltsenat aufgehoben wird (2252 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):


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Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F. (IG-L-Bericht 2009–2011) (III-411 d.B.),

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F. (Ozonbe­richt 2009–2011) (III-412 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Repu­blik Österreich und der Regierung der Französischen Republik über die Rechtsstellung von Angehörigen des österreichischen Bundesheeres während ihres Aufenthaltes auf dem französischen Überseegebiet von Französisch-Guyana.

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 6 bis 8 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Werden Einwendungen dagegen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir können daher so vorgehen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 8,5 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Re­dezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 8,5 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 119, FPÖ 106, Grüne 94, BZÖ 81, STRONACH 68 Mi­nuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Vorschlag unterstützen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.34.071. Punkt

Bericht des Hauptausschusses betreffend die Erstattung eines Gesamtvorschla­ges für die Wahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft (2263 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.34.28

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute einen Dreiervorschlag zur Wahl der VolksanwältInnen für die


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nächsten sechs Jahre. Die Fernsehzuschauer und -zuschauerinnen müssen wissen, dass die drei stärksten Parteien ein Nominierungsrecht dafür haben.

Die SPÖ hat Günther Kräuter vorgeschlagen. Günther Kräuter ist uns als Abgeordne­tenkollege gut bekannt. Er war ein bewährter Rechnungshof-Sprecher und hat auch im Eurofighter-Untersuchungsausschuss als Fraktionschef, glaube ich, wertvolle Arbeit geleistet. – Herr Abgeordneter Kräuter, wir freuen uns, dass Sie künftig als Volksanwalt tätig sein werden. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Die ÖVP hat Gertrude Brinek nominiert. Ich glaube, zu Gertrude Brinek muss man nicht sehr viel sagen: Sie ist schon sechs Jahre lang Volksanwältin, und das ist die beste Empfehlung, sie auch für die nächsten sechs Jahre zu bestellen. (Beifall bei Grü­nen, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die FPÖ hat den Abgeordneten Peter Fichtenbauer nominiert, und zwar in einer – un­ter Anführungszeichen – „denkwürdigen“ Sitzung. Es war eine Krisensitzung der Frei­heitlichen Partei nach einer schweren Wahlniederlage in Niederösterreich. Es war jene Sitzung, in der der Dritte Nationalratspräsident Graf degradiert wurde (Abg. Dr. Graf: Ah!) und die Demontage der niederösterreichischen Rechtsaußen-Politikerin Rosen­kranz gescheitert ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Offensichtlich wollte die FPÖ ein vermeintlich liberales Signal mit der Nominierung des Abgeordneten Fichtenbauer setzen. Ich frage mich nur: Wann ist man in der FPÖ liberal? – In der FPÖ ist man offensichtlich dann liberal, wenn man nicht, wie der Par­teichef, als Jugendlicher im Wald Wehrsportübungen abgehalten hat (Hö-Rufe bei der FPÖ), wenn man nicht, wie der Klubobmann der FPÖ Linz, den Halsstich mit Neonazi-Gruppen im Wald geübt hat, wenn man nicht, wie der Pressesprecher der FPÖ Wien, aus SS-Liedern auf Facebook zitiert, wenn man nicht, wie der Dritte Nationalratsprä­sident Graf, die Grenzen zwischen Deutschland und Österreich als willkürlich gezogen bezeichnet. Dann ist man offensichtlich in der FPÖ liberal!

Wir haben uns natürlich – das muss man machen, wenn man vor einer Wahl steht – den Lebenslauf, die Vita des Abgeordneten Fichtenbauer angeschaut.

Der Abgeordnete Fichtenbauer kommt aus dem klassischen deutschnationalen Milieu. Er ist Mitglied der Ferialverbindung „Waldmark“. Das klingt sehr harmlos, ist aber kein Bubenabenteuerklub, sondern eine knallharte schlagende deutschnationale Burschen­schaft im Waldviertel. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Es ist eine Burschenschaft, die Deutschland als Vaterland bezeichnet und die Meinung vertritt, dass dieses Vaterland, also Deutschland, notfalls mit Waffen verteidigt werden muss. – Das ist der politische Hintergrund des Abgeordneten Fichtenbauer.

Der Abgeordnete Fichtenbauer ist aber auch Mitglied des Vereins zur Erhaltung des Grabes von Walter Nowotny. Wer ist Walter Nowotny? – Walter Nowotny war ein ille­galer Hitlerjunge, also vor 1938, wurde dann NSDAP-Mitglied, war dann ein höchst de­korierter Jagdflieger der Wehrmacht und wurde zum Nazi-Propagandahelden, nach­dem er abgeschossen wurde.

Nach 1945 wurde dieser Walter Nowotny zur Ikone, ich möchte fast sagen: zum Pop­star der rechtsextremen Szene. Und Herr Abgeordneter Fichtenbauer ist Mitglied eines Vereins, der es sich zum Ziel gesetzt hat, nicht nur das Grab des Walter Nowotny zu pflegen, sondern dort alljährlich auch Aufmärsche zu organisieren. Wer kommt auf diese Aufmärsche? – Auf diese Aufmärsche kommen Personen, wie die gerade verur­teilten Rechtsextremisten und Neonazis Küssel und Budin, dorthin kommen Skinheads, dorthin kommen „Blood- and Honour“-Gruppen. Das sind jene Personen, die bei den Aufmärschen des Abgeordneten Fichtenbauer am Grab des Nazipropagandahelden


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Nowotny (Abg. Strache: Das ist wirklich schon pathologisch!) gemeinsam mit ihm No­wotny offensichtlich die Ehre erweisen. (Abg. Strache: Es ist wirklich pathologisch!)

Meine Damen und Herren! Ich frage mich: Was macht ein liberaler Politiker mit diesen Personen am Grab eines Nazipropagandahelden? (Beifall bei den Grünen.)

Kein Abgeordneter der ÖVP, kein Abgeordneter des BZÖ, kein Abgeordneter des Teams STRONACH, kein Abgeordneter der Grünen und kein Abgeordneter der SPÖ würde an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Herr Abgeordneter Fichtenbauer macht das!

Meine Damen und Herren! Wir haben aber auch im Hauptausschuss dem Dreiervor­schlag der Nominierung zugestimmt, und zwar aus zwei Gründen: weil wir grundsätz­lich anerkennen – die Verfassung sieht das so vor –, dass die FPÖ das Nominierungs­recht hat (Abg. Dr. Graf: Weil ihr euch geirrt habt!), und weil für uns klar war, dass wir nicht, weil wir diese Funktion bei den letzten Wahlen verloren haben, grundsätzlich da­gegen stimmen.

Das unterscheidet uns von der Freiheitlichen Partei. (Abg. Strache: Schlechte Verlierer seid ihr! Schlechte Verlierer und pathologisch!) Die Freiheitliche Partei hat vor sechs Jahren aus parteipolitischen Gründen gegen die Volksanwältin Stoisits gestimmt. (Ruf: Gut so!) Diesen Vorwurf lassen wir uns so nicht gefallen.

Aber, Herr Abgeordneter Fichtenbauer – und jetzt hören Sie uns gut zu! –, wenn Sie unsere Stimme wollen, dann müssen Sie einige Dinge klarstellen. Klar muss sein, dass Sie sich im antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik einreihen. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine DDR-Diktion! – Wir haben einen demokratischen Grundkon­sens!) Ob wir Sie wählen, hängt also davon ab, ob Sie bereit sind, sich vom rechts­extremen Milieu, von der rechtsextremen Heldenverehrung zu lösen.

Kommen Sie heute hier heraus und beantworten Sie mir folgende Frage: Sie haben sich gegenüber der Parlamentsdirektion – das ist auf der Homepage nachzulesen – als Mitglied des Vereins zur Erhaltung und Pflege des Grabs von Walter Nowotny dekla­riert. (Abg. Kickl: Na und?) Sind Sie bereit, mit sofortiger Wirkung aus diesem Nazi­propaganda- und -kriegsheldenverein auszutreten? (Abg. Strache: Das ist ein Wahn­sinn! – Abg. Kickl: Ungeheuerlich!) – Bitte keine verwirrenden Ansagen. Sagen Sie Ja oder sagen Sie Nein!

Wenn Sie ein Ja sagen, dann werden die Grünen zustimmen. Wenn Sie ein Nein sa­gen, dann werden wir Ihnen die Zustimmung verweigern, weil wir nicht bereit sind, ei­nen Abgeordneten zum Volksanwalt zu machen, von dem nicht sicher ist, dass er nicht an Aufmärschen teilnimmt, von denen es nachher ein Bild gibt, auf dem er gemeinsam mit Neonazis und Rechtsextremisten zu sehen ist. Das ist für uns inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen.)

Kommen Sie heraus, Abgeordneter Fichtenbauer, geben Sie eine Erklärung ab! Der Zweite Weltkrieg ist seit 68 Jahren beendet. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Präsidentin Mag. Prammer. – Bitte.

 


11.41.56

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja äußerst selten, dass ich mich in einer Debatte zu Wort melde und mich ans Rednerpult stelle. Heute habe ich mich dazu entschieden, um klar zu doku­mentieren, wie wichtig das Instrument der Volksanwaltschaft für Österreich, für die ös­terreichische Bevölkerung ist und welch wertvollen und wichtigen Beitrag wir hier im Nationalrat im Laufe der langen Jahre dafür geleistet haben.


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Wir alle kennen die Hintergründe. Wir wissen, dass verfassungsrechtlich festgeschrie­ben ist, wie die Bestellungsmodalitäten aussehen. Den drei mandatsstärksten Parteien obliegt es, jeweils ein Mitglied der Volksanwaltschaft namhaft zu machen, und bei Man­datsgleichheit gibt es immer noch die Prüfung nach Stimmenstärke. Ich möchte da da­ran erinnern, dass das bei der letzten Nominierung nicht eindeutig war, denn bei der letzten Nominierung der Volksanwälte gab es zwei Fraktionen, die gleich viele Mandate hatten, allerdings aufgrund einer unterschiedlichen Anzahl von Stimmen. Es lag in mei­ner Hand, obwohl es damals noch einen rechtsfreien Raum gab, zu entscheiden.

Ich habe mich damals entschieden und habe gesagt, die Stimmenstärke gilt. Ich habe deswegen auch die durch den grünen Klub nominierte Volksanwältin Stoisits in den Dreiervorschlag aufgenommen, und darüber wurde zunächst im Hauptausschuss und später hier im Plenum beraten.

In der Zwischenzeit ist das alles Geschichte, denn der Nationalrat hat mit Verfassungs­mehrheit – ich glaube, es war auch einstimmig – dem Rechnung getragen, was damals eine Lücke war, und hat diese Lücke geschlossen. In der Zwischenzeit wurde näm­lich – erst gültig seit vergangenem Jahr – in einer Novelle auch ganz konkret festgehal­ten, dass bei Mandatsgleichheit die Stimmenstärke gilt.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, das einmal festzuhalten, weil wir immer wieder solche Situationen haben, dass es Lücken in unseren verfassungsrechtlichen Bestimmungen, auch in den Geschäftsordnungsbestimmungen gibt, und weil es immer wieder wichtig ist, dass wir auch Korrekturen anbringen, wenn dies notwendig ist. Wir haben ja oft sol­che Debatten, wo wir sehen, dass solche Korrekturen notwendig sind.

Ich möchte natürlich meinen heutigen Debattenbeitrag in erster Linie dafür verwenden, der scheidenden Volksanwältin und dem scheidenden Volksanwalt sehr herzlich zu danken; es sind zwei – eine Volksanwältin wird ja wieder gewählt werden, davon gehe ich aus. Ich möchte es natürlich ganz besonders auf die Person Peter Kostelka zu­schneiden, denn er hat immerhin zwölf Jahre lang sehr erfolgreich in der Volksanwalt­schaft gewirkt, und wir haben, und das möchte ich auch in Erinnerung rufen, in diesen zwölf Jahren sehr viele Veränderungen in der Volksanwaltschaft erlebt und gesehen. Das ist das Ergebnis des Engagements aller dort Tätigen, aber bei zwölf Jahren Arbeit in der Volksanwaltschaft ist das natürlich auch besonders gewährleistet. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Seit 2009, und das war gar nicht einfach, ist die Volksanwaltschaft das Generalsekre­tariat des IOI, also des International Ombudsman Institute. Das ist der Zusammen­schluss von rund 155 unabhängigen Ombudsmannstellen aus 90 Ländern. Es haben sich damals sehr viele Volksanwaltschaften weltweit um dieses Generalsekretariat be­worben, und dank der exzellenten auch internationalen Arbeit ist es uns gelungen, die­ses Generalsekretariat nach Wien zu holen. Das ist das Verdienst unserer Volksanwäl­tinnen und Volksanwälte, die das Know-how, das wir jetzt über Jahrzehnte besitzen, auch in andere Länder bringen, und ich glaube, auch dafür gehört ein Danke gesagt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Seit 1. Juli des vergangenen Jahres – es ist also schon wieder fast ein Jahr her – hat die Volksanwaltschaft auch ganz wesentliche neue Kompetenzen in der präventiven Kontrolle. Ich brauche sie jetzt nicht aufzuzählen. Es geht immer darum, genau hinzu­schauen: Wo könnten Misshandlungen passieren? Wo könnte es zu freiheitsentziehen­den Maßnahmen kommen? Es gibt dazu die Kommissionen, die die Volksanwaltschaft eingerichtet hat, und sie kümmert sich in der Zwischenzeit sehr ausgiebig auch um alle Einrichtungen und Programme für Menschen mit Behinderung.

Wenn man so will, ist aus einer Volksanwaltschaft, also einer Ombudsstelle, im Laufe der Zeit ein echtes Menschenrechtshaus der Republik geworden, und das gehört ge-


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festigt. Daher bin ich ganz fest überzeugt davon, dass jede Person, die jetzt zur Wahl steht und auch gewählt werden soll und wird, sich dieser Tragweite bewusst ist und ihr im Sinne der Menschen und des Menschenrechtsschutzes im vollsten Umfang auch Rechnung trägt.

Von dieser Voraussetzung will ich ausgehen und muss ich ausgehen, denn ich denke auch, dass es ein gutes Signal ist, dass hier Fraktionen nominieren – das ist ja auch immer wieder kritisiert worden – und dass wir als Politikerinnen und Politiker so viel Selbstverständnis und Selbstbewusstsein haben, uns diese Aufgabe auch wirklich zu­zutrauen, als wichtiges zusätzliches Kontrollinstrument und als Kontrollinstanz für die Menschen und für das Parlament.

Wir arbeiten mit der Volksanwaltschaft eng zusammen. Nicht nur der Volksanwalt­schaftsausschuss ist ein Signal dafür, die vielen Berichte, die uns vorgelegt werden, sondern es zeigt sich auch im Zusammenhang mit dem Petitionsausschuss, wo die Volksanwaltschaft ja auch sehr viele zusätzliche Kompetenzen hat.

Das darf ich auch sehr unterstreichen und hier die Stimme für Günther Kräuter erhe­ben, den wir alle seit langer Zeit kennen als ehemaligen Rechnungshofsprecher, der sich in seiner Arbeit immer für die Kontrolltätigkeit eingesetzt hat und diese Kontrolltä­tigkeit ganz sicher im Interesse der Menschen und damit natürlich auch in unserem In­teresse einbringen wird.

Daher wird die SPÖ natürlich dem Vorschlag des Hauptausschusses des Nationalrates voll Rechnung tragen und die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Dr. Moser.)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


11.48.59

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Die Volksanwaltschaft ist jetzt schon 36 Jahre alt – also ei­nerseits noch jung, andererseits schon mit sehr viel Erfolg und Erfahrung ausgestat­tet –, und ich glaube, sie hat ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit auch schon zigtau­sendfach beweisen können, in vielen Einzelfällen Menschen helfen können und auf der anderen Seite auch für uns im Parlament vielfach hilfreich sein können mit Vorschlä­gen, die aus ihrer, aus der Tätigkeit der drei Volksanwälte resultieren. Und, die Frau Präsidentin hat schon darauf hingewiesen, die Volksanwaltschaft hat sich in der Zwi­schenzeit auch hohe internationale Reputation erworben, und dafür ist den drei noch amtierenden Volksanwälten, aber auch ihren Vorgängerinnen und Vorgängern zu dan­ken und dazu zu gratulieren, denn das ist im Laufe der vielen Jahre und der Tätigkeit vieler Volksanwälte so entstanden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Im Besonderen möchte ich den beiden scheidenden Volksanwälten Terezija Stoisits und Peter Kostelka danken. Ich denke, sie haben, so wie auch die verbleibende Volks­anwältin Gertrude Brinek, sehr, sehr gute Arbeit geleistet, jeder in seinem Fachbereich, und auch als Kollektiv bestens ihre Aufgabe erfüllt. Also herzlichen Dank an alle drei, aber an diesem Tag natürlich insbesondere den beiden scheidenden, verbunden mit dem Wunsch für alles Gute in der Zukunft, insbesondere, wie gesagt, für Stoisits und Kostelka. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Gertrude Brinek braucht man hier nicht vorzustellen, sie war 18 Jahre lang Parlamen­tarierin, Wissenschaftssprecherin unserer Fraktion und in vielen Bereichen sehr, sehr engagiert. Sie war genauso engagiert als Volksanwältin in den letzten fünf Jahren – sie ist ja während der Funktionsperiode eingestiegen –, und sie hat vor allem eines ge-


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zeigt: dass bei aller Bedeutung der Gesetze und Paragraphen – für deren Durchset­zung für die Bürgerinnen und Bürger ja die Volksanwaltschaft unter anderem da ist – bei ihr der Mensch vor dem Paragraphen kommt. Das zeichnet Gertrude Brinek aus und prädestiniert sie und befähigt sie mit Sicherheit auch für eine weitere Funktions­periode, für die wir sie ja vorgeschlagen haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)

Unsere Fraktion hat schon im Hauptausschuss auch den beiden anderen Kandidaten, Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer, zugestimmt und wird das auch heute selbst­verständlich wieder tun.

Kollege Steinhauser, eines verstehe ich nicht: Wieso man erstens in dieser Debatte jetzt einen solch boshaften Ton, mit Anspielung auf eine Krisensitzung bei den Freiheit­lichen und was dort alles womöglich mit dem Kollegen Graf passiert sei, hier herein­bringt. Ich kann ihn nur „boshaft“ nennen. Das kann ich nicht verstehen, aber das müs­sen Sie mit sich selbst ausmachen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zum Zweiten – das ist ja weniger neu –, dass Sie in der üblich selbstgerechten Art der Grünen jetzt politisch werten: Ist Herr Fichtenbauer jetzt ein Liberaler oder  (Abg. Mag. Steinhauser: Er kann sich deklarieren!) – Warum soll er? (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann nirgends eine Bestimmung finden, und ich sehe nicht einmal eine moralische Notwendigkeit, hier darzulegen: Bin ich liberal, bin ich national, bin ich ein Sozialdemo­krat oder bin ich christdemokratisch? Die politische Gesinnung und Grundhaltung ist so lange kein Thema, solang seine Fähigkeit unbestritten ist, seine Anständigkeit unbe­stritten ist und vor allem eines unbestritten ist: dass sich Peter Fichtenbauer auf der Basis der Rechtsstaatlichkeit bewegt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Daran haben wir keinen Zweifel, und darum werden wir diesem Dreiervorschlag auch zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


11.54.03

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sollte es als Selbstverständlichkeit begreifen und endlich auch vonseiten der grünen Fraktion anerkennen und akzeptieren, dass hier in diesem Hohen Haus alle sitzen und Abgeordnete aller Parteien sitzen, die den demokratischen, verfassungsrechtlichen Grundkonsens – na selbstverständlich – leben und sich letztlich auch an die demokratischen und verfassungsgesetzlich vorgege­benen Rechte halten und diese hoffentlich leben. Und wenn Sie jetzt hier herausge­kommen sind, Herr Steinhauser – ich kenne Sie ja schon aus der Zeit in der Bezirks­vertretung in der Landstraße –, so sind Sie ja in Ihrer Kontinuität durchaus erklärbar für mich. Jeder, der Sie aus dieser Zeit kennt, kann ja auch nachvollziehen, wie Grüne oft­mals agieren und handeln.

Sie, Herr Kollege Steinhauser, zeigen, dass Sie schlechte Verlierer sind, im wahrsten Sinne des Wortes. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie bei der letzten Nationalratswahl von den Wählern vom Platz drei auf den fünften degradiert worden sind! (Beifall bei der FPÖ.)

Und nehmen Sie zur Kenntnis, Herr Kollege Steinhauser, dass hier der Wähler ein klares Machtwort gesprochen hat! Und natürlich sind Sie schlechte Verlierer, wenn Sie sich dann hier herausstellen und genau das, was im Nominierungsrecht, im demokrati­schen Grundkonsens letztlich auch vorgegeben ist, nämlich das Vorschlagsrecht der


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drei stärksten Parteien, in dieser Form nicht akzeptieren, weil Sie keine grüne Volks­anwältin mehr haben. Es ist durchschaubar, aber ich komme dann schon noch auf Ihre anderen Anwürfe zu sprechen.

Die Volksanwaltschaft ist eines der wichtigsten Instrumente für die Bürgerinnen und Bürger, wie zu Recht betont, damit Bürger zu ihrem Recht kommen können. Leider Gottes wird ihnen in unserer Gesellschaft Recht oftmals vorenthalten, und leider Gottes erleben wir, dass wir heute in der Republik viele Anwälte haben: Anwälte, die für Spe­kulanten ins Rennen gehen und Lobbyismus betreiben, Anwälte, die für Banken Lob­byismus betreiben, für globale Konzerne, aber leider Gottes nicht für die Bürger des Landes. Und so gesehen ist es ganz wichtig, dass wir hier mit einem langjährigen ver­dienten, aufrechten und exzellent arbeitenden Abgeordneten, nämlich mit Dr. Peter Fichtenbauer einen Rechtsanwalt haben, der auch wirklich ein Anwalt für die Bürger und ein Anwalt des Volkes sein wird. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Er ist mit seiner fachlichen Kompetenz, die er hier im Haus in all den Jahren gelebt und bewiesen hat, ein Vollblutjurist, der direkt von seiner Anwaltstätigkeit in die Volksan­waltschaft wechseln wird, der vieles, vieles hier im Hohen Haus geleistet hat und der sich auch zu Recht in diese Tradition, die gelebte Tradition der Volksanwaltschaft ein­finden wird – die im Übrigen auch eine freiheitliche Idee und Forderung war und sich zum Glück durchgesetzt hat. Denn die Volksanwaltschaft war eine freiheitliche Forde­rung und Idee, die dann im Zuge von Verhandlungen mit der SPÖ auch durchgesetzt werden konnte, zum Vorteil der Bürger dieses Landes.

Und es gibt viele erfolgreiche freiheitliche Volksanwälte – wobei diese Tradition jetzt zum Glück von uns Freiheitlichen fortgesetzt wird, nachdem wir bei der letzten Natio­nalratswahl wieder den dritten Platz erobern konnten –: Ich darf an Gustav Zeillinger und Helmuth Josseck erinnern, großartige Persönlichkeiten, lieber Peter, und ich bin davon überzeugt, dass du diesen auch gerecht werden wirst.

Selbstverständlich respektieren wir insgesamt die Vorschläge aller Fraktionen, weil das auch zu unserem demokratischen Verständnis gehört, und ich darf dir, Peter, für deine hervorragende Leistung im Parlament danken, für die du dir weit über die Parteigren­zen hinaus Anerkennung, wie wir heute hören konnten, auch von anderen Parteien verdient hast, weil du ein tadelloser und aufrechter Demokrat immer warst, ein frei­heitsdenkender Mensch bist, der auf Basis der demokratischen und verfassungsrechtli­chen Grundsätze dieses Landes auch immer gelebt hat.

Du warst Vorsitzender des Korruptions-Untersuchungsausschusses im Jahr 2008, hast in dieser Funktion großartige Leistungen erbracht, warst auch Vorsitzender des Lan­desverteidigungsausschusses, wo du vieles geleistet hast. Und es ist deshalb umso bezeichnender, wenn die Grünen sich heute hier herausstellen und versuchen, mit Su­delkampagnen gegen deine Person wieder einmal in Stellung zu gehen.

Ich sage Ihnen ganz, ganz offen: Alles, was nicht kommunistisch ist, Herr Steinhauser, wird offenbar vonseiten der Grünen einmal grundsätzlich als Neonazi diffamiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist das, was wir in vielen Debatten erleben und erleiden müssen. Da leben Sie ge­nau das, was Alexander Solschenizyn einmal zum Besten gegeben hat, der nämlich gesagt hat, die Kommunisten, die wirklichen Kommunisten verunglimpfen und krimina­lisieren politisch Andersdenkende, verschonen aber die wahren Kriminellen in unserer Gesellschaft. Das ist genau das, woran ich bei Ihnen oftmals erinnert werde. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie von Rändern sprechen, die man säubern sollte: Na, vielleicht fangen Sie mit dem Herrn Öllinger am linken Rand einmal an! Wahrscheinlich war das auch der Grund,


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warum er für die nächste Wahl nicht mehr auf einem wählbaren Platz aufgestellt und nominiert wurde. Der Herr Öllinger hat, so wie Sie und viele andere in Ihren Reihen, of­fenbar schon eine pathologische Fixierung, wenn es darum geht, jeden Freiheitlichen zu denunzieren und zu diffamieren. (Abg. Brosz: Das tut schon weh, oder?)

Sie sollten da eben nicht schlechter Verlierer sein und auch bei den Beispielen viel­leicht bei der Wahrheit bleiben. Sie haben heute auch kurz den Jagdflieger Walter No­wotny erwähnt, der eine Ikone sein soll. Ja, für wen? – Er hat unter sozialistischen Bür­germeistern in Wien ein Ehrengrab erhalten. Und Bürgermeister Helmut Zilk hat aus gutem Grund und zu Recht gesagt, dass dieser Mensch sich nichts zuschulden kom­men hat lassen, mit 24 Jahren gefallen ist, nicht Mitglied der NSDAP war und deshalb eben auch unter sozialistischen Bürgermeistern in Wien ein Ehrengrab erhalten hat, das Dr. Helmut Zilk als Bürgermeister auch verteidigt hat. – Dass das dann in weiterer Folge anders gewertet wurde, dass man ihm dann offiziell das Ehrengrab aberkannt hat, obwohl es sich nach wie vor in der Reihe der Ehrengräber befindet und nach wie vor auch gepflegt wird, ist eine andere Geschichte und ein anderes Kapitel.

Aber dass Sie dann darüber hinaus dem Dr. Martin Graf vorwerfen, dass er einmal in der Vergangenheit den Wunsch geäußert hat, dass die unselige DDR- und BRD-Gren­ze hoffentlich irgendwann einmal Geschichte sein wird, das zeigt wieder Ihr Ge­schichtsverständnis. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind offenbar zutiefst getroffen, dass die kommunistische DDR leider Gottes Ver­gangenheit ist. Das ist Ihr Geschichts- und Weltbild. Das werfen Sie dann Herrn Dr. Martin Graf vor, der genau von dieser unseligen Grenze gesprochen hat. (Abg. Öl­linger: Da geht es um Großdeutschland!)

Das zeigt nur einmal mehr auf, wie Sie agieren. Sie versuchen einen Dr. Peter Fichten­bauer, einen aufrechten, freiheitsdenkenden Menschen und untadeligen Demokraten, auf letztklassige Weise in die Nähe von Rechtsextremismus und Antisemitismus zu rü­cken. Sie sagen in Wirklichkeit nichts über Dr. Peter Fichtenbauer aus. Aber was Sie aussagen oder aufzeigen, ist, dass Sie einen ganz unanständigen Charakter haben. Das ist das Bild, das Sie hier gezeigt haben. Das spricht letztlich nicht für Sie. (Beifall bei der FPÖ.)

Dir, lieber Peter Fichtenbauer, wünsche ich in deinem neuen Amt als Volksanwalt alles erdenklich Gute. Werde dir deiner, vor allen Dingen dieser freiheitlichen Tradition in der Volksanwaltschaft auch bewusst! Ich bin überzeugt, dass du deiner Aufgabe mehr als gewachsen sein wirst. Du hast die fachliche Qualifikation und Kompetenz dazu, und dir fehlt es vor allen Dingen auch nicht an sozialer Intelligenz, die besonders vonnöten ist. Das bedeutet, zu den Bürgern rauszugehen, zu ihnen zu gehen, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und als Volksanwalt den Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen. Vor allen Dingen gilt es auch zu schauen, dass solche negativen Entwicklungen und solche Besudelungen, die wir heute im Haus gegen deine Person gerichtet erlebt haben, in Zukunft auch gegenüber Bürgern abgestellt werden können.

Ich sage dir Dank für alle deine Leistungen im Hohen Haus. Aber du kommst uns ja nicht abhanden, du bleibst ja in dieser Tätigkeit ein ganz wesentlicher Partner des Par­laments.  Alles, alles Gute, lieber Peter. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

12.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


12.02.01

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Ich möchte ja die huldvolle Weihe­stunde der Volksanwaltschaft nicht stören. Wir haben aber in Österreich ein ganz an­deres Problem. Unser Problem ist es, dass diese Volksanwaltschaft immer mehr als


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politisches Ausgedingestüberl für gescheiterte Politexistenzen missbraucht wird, sehr geehrte Damen und Herren.

Wo sind denn die Zeiten eines Helmuth Josseck? Da gebe ich dem Kollegen Strache recht. Wo sind die Zeiten eines Kollegen Stadler, eines Kollegen Kohlmaier von der ös­terreichischen Volkspartei? Wo sind denn die Zeiten eines Gustav Zeillinger? Sie wa­ren herausragende Volksanwälte und haben dieser Ombudsstelle der Republik diesen einzigartigen Stellenwert gegeben.

Was haben wir heute? – Wir haben eine Besetzung mit gescheiterten Politexistenzen. Kollege Steinhauser, wenn Sie die Vita des Herrn Kräuter auch genannt hätten, dann hätten wir auch darüber sprechen können: Gescheiterte Politexistenzen, die als Bun­desgeschäftsführer verräumt werden, weil sie in der Sozialdemokratie untragbar ge­worden sind und Herrn Darabos Platz machen müssen, werden jetzt auf das Polit-Rentnerbankerl in die Volksanwaltschaft verschoben. (Beifall beim BZÖ.)

Er ist ein typischer Vertreter des alten politischen Systems. Mit 60 Prozent wurde Herr Oberregierungsrat Kräuter bei der steirischen Landesregierung karenziert – volle Ga­ge. Er ist ein wenig kürzer im Nationalrat als der am längsten dienende Abgeordnete der Zweiten Republik Josef Cap. Der am zweitlängsten dienende Politiker dieser Re­publik ist Günther Kräuter. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Steßl-Mühlbacher und Krainer.)

Da können wir nicht mittun. Wir müssen darauf aufmerksam machen, dass wir es aus Achtung und Respekt gegenüber der Institution Volksanwaltschaft nicht zulassen kön­nen, dass diese Volksanwaltschaft zu einem Sammelsurium für Politiker wird, für die man hier im Hohen Haus keine Verwendung mehr findet. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) So ist es ja.

Ich weiß nicht, als Nächstes wird man dann Frau Rudas, wenn sie in der SPÖ nicht mehr wohlgelitten ist, einen nicht-amtsführenden Stadtrat in Wien antragen, damit sie auch ihr politisches bäuerliches Ausgedinge im Dunstfeld der Sozialdemokratie feiern kann. Das, sehr geehrte Damen und Herren, hat ja nichts mit der Selbstachtung dieses Hauses zu tun, mit der Achtung gegenüber der Institution der Volksanwaltschaft! (Abg. Neubauer: Wie oft sind Sie schon zurückgetreten? – Abg. Kickl: Selbstachtung? Ge­rade Sie!)

Warum bestellen wir bei der Volksanwaltschaft nicht Experten? Warum bestellen wir nicht Vertreter von NGOs? Warum bestellen wir nicht Ombudsleute, die in der Vergan­genheit schon gezeigt haben, dass sie die Rechte der Bürgerinnen und Bürger or­dentlich vertreten? Warum hängt denn diese Volksanwaltschaft alle sechs Jahre am Gängelband der Parteipolitik und warum müssen wir uns dann unwürdige Debatten anhören (Zwischenrufe bei der SPÖ), wie jenen Debattenbeitrag des Herrn Abgeordne­ten Steinhauser?

Für ihn haben wir im Übrigen auch kein Verständnis. Denn eines ist schon klar: Wenn in der österreichischen Bundesverfassung das Vorschlagsrecht auf die drei stärksten Parteien dieses Hauses festgelegt ist, dann haben diese drei Parteien auch das Recht, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für die Volksanwaltschaft zu nominieren. Wir ärgern uns nur, dass es wieder ehemalige Politiker sind, für die man keine Verwen­dung mehr hat, und dass nicht Experten oder anerkannte Persönlichkeiten über alle Parteigrenzen hinweg bestellt werden können.

Noch einmal: Wo sind denn die Zeiten eines Horst Schender? Wo sind denn die Zeiten eines Josseck, eines Zeillinger, eines Ewald Stadler? (Zwischenrufe und Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Heute haben wir sinkende Einschaltquoten bei den Sendungen der Volksanwaltschaft. Die Beschwerden bei der Volksanwaltschaft gehen immer mehr zurück, weil die Bürge-


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rinnen und Bürger in dieser Volksanwaltschaft keine Ansprechstelle mehr für die Erledi­gung ihrer Sorgen sehen. Dort sollten wir eigentlich wieder hinkommen!

Das war ja auch vor 36 Jahren die Gründungsidee – damals auf Initiative der Freiheitli­chen, das stimmt. Die Gründungsidee der Volksanwaltschaft war es, Bürgerinnen und Bürgern zu ihrem Recht zu verhelfen. Aber diese Volksanwaltschaft soll nicht nach dem Motto funktionieren: Hast du einen Opa, dann schick ihn nach Europa! (Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Strache: Der Stadler! „Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa“! Der Stadler-Opa!) Diese politischen Großväter und Großmütter sollen nicht in die Volksanwaltschaft verräumt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Da machen wir nicht mit. Kollege Strache kann sich noch so viele Zwischenrufe erlauben. An einem Tag, an dem einmal mehr ein Manda­tar des BZÖ mittels Mandatsraub der Freiheitlichen Partei angehört (Abg. Strache: Warum hat der Stadler nicht angenommen? Weil er ein Jahr länger im EU-Parlament sitzen möchte!), sollte die freiheitliche Partei vielleicht in sich gehen und einmal über­legen, wie sie mit den demokratischen Institutionen dieses Hauses eigentlich umgeht und wie sie es mit diesen Charaktereigenschaften wie Ehre, Anstand und Treue, die sie sich so gern auf die Fahnen schreibt, in Zukunft hält. (Abg. Strache: Weil er Angst hat, dass er arbeitslos wird! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.) Am heutigen Tag machen sie einmal mehr aus­schließlich Parteipolitik, anstatt dem Recht der Wählerinnen und Wähler zum Durch­bruch zu verhelfen. (Beifall beim BZÖ.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Das hätten Sie ruhig früher abdrehen können, Herr Präsident! Das wäre keine Schande gewesen! Mikros abdrehen für Grosz!)

 


12.07.33

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Mit Juli 2013 beginnt die siebente Funktionsperiode der Volksanwaltschaft. Im Jahr 1977 wurde die Volksanwaltschaft als Hilfsorgan des Parla­ments, des Hohen Hauses, gegründet und eingesetzt. Die Volksanwälte – das wurde heute schon erwähnt – können auf maximal zwei Perioden gewählt werden, also auf maximal zwölf Jahre.

Ich möchte mich namens unserer Fraktion bei den zwei scheidenden Volksanwälten bedanken. Kollegin Brinek bleibt ja weiterhin im Amt und wird dieses Amt weitere sechs Jahre ausführen.

Die zwei neuen Kollegen wurden auch schon angesprochen, Herr Kräuter und Herr Fichtenbauer. Auch gegen diese beiden Herren haben wir keinen Einspruch und wer­den sie auch, so wie es im Hauptausschuss vorgeschlagen wurde, wählen. Wir sind auch der Meinung, dass es jeder Partei, die das Vorschlagsrecht hat, zusteht, jene Personen für ein Amt zu nominieren, die sie für richtig hält. Da soll auch von außen nicht eingewirkt werden oder eine Person aus ideologischen oder anderen Gründen angezweifelt werden. (Beifall beim Team Stronach.)

Zur Volksanwaltschaft generell darf ich sagen, dass sie eine gute Einrichtung ist. Dort wird den Bürgern rasch und unbürokratisch geholfen. Die Österreicherinnen und Öster­reicher können sich kostenlos an die Volksanwaltschaft wenden. Rund 16 000 Bürger­anliegen bearbeitet die Volksanwaltschaft jährlich. Das zeigt einerseits auf, dass die Volksanwaltschaft gute Arbeit leistet, aber andererseits zeigt es auch einen Missstand in der Verwaltung auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss auch angesprochen werden. Die Verwaltungsreform ist immer in aller Munde. Leider geschieht nichts. Erst gestern war


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dazu wieder ein Bericht in der „Zeit im Bild“. Der Rechnungshof hat im Zusammenhang mit dem neuen Bundesfinanzrahmengesetz wieder die Verwaltungsreform ins Treffen geführt, weil es sich eben budgetär nicht mehr ausgehen wird, wenn wir keine Verwal­tungsreform machen.

Die historisch gewachsenen Verwaltungsstrukturen wurden leider nicht an die moder­nen Erfordernisse angepasst. Es gibt zu viele komplizierte Gesetze, die verwaltet wer­den müssen, und es funktioniert einfach nicht. Meine sehr geehrten Damen und Her­ren, die Verwaltung ist in vielen Bereichen ineffizient und zu teuer. Wir wollen eine schlanke und effiziente Verwaltung. Deshalb haben wir auch schon des Öfteren vorge­schlagen, die Senkung der Verwaltungskosten über die nächsten fünf Jahre – jedes Jahr um 5 Prozent – anzugehen.

Das ist ein wichtiger, richtiger und dringender Punkt. Ich darf Sie bitten, daran auch mitzuarbeiten, damit wir in weiterer Folge endlich einmal zu einer Verwaltungsvereinfa­chung kommen und den Empfehlungen des Rechnungshofes nachkommen. Er wird gerne hier zitiert und gerne angesprochen – auch heute in der Debatte zum Spekula­tionsverbot. Aber wenn es tatsächlich ans Eingemachte geht, dann hört man nichts, dann ist die Meinung des Rechnungshofes nicht mehr so wichtig – und das kann es nicht sein. (Beifall beim Team Stronach.)

Lassen Sie mich abschließend noch sagen, dass man durchaus darüber diskutieren kann, wie die Volksanwälte zukünftig gewählt werden sollen, wie sie nominiert werden, ob es eventuell ein Hearing geben sollte, ob mehr Bürgerbeteiligung möglich wäre. Das ist durchaus ein Punkt, den wir andenken können. Aber für die heutige Wahl geben wir unsere Zustimmung zu den drei vorgeschlagenen Kandidaten.

Ich darf an dieser Stelle auch von unserer Seite alles Gute und eine gute Zusammen­arbeit für die nächsten sechs Jahre zwischen der Volksanwaltschaft und dem Parla­ment wünschen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


12.11.28

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Un­sere Fraktion hat dem Vorschlag des Hauptausschusses zugestimmt und wird auch heute diesem Vorschlag die Zustimmung erteilen, weil die Usance dieses Hauses so ist. (Ruf bei der SPÖ: Der Grosz auch?) So lange der Bestellmodus in Artikel 148g Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes so geregelt ist, dass die drei stimmenstärks­ten Parteien je eine Nominierung vornehmen können und dieser Gesamtvorschlag durch den Hauptausschuss des Nationalrates zu beschließen ist, muss man sich auch daran halten. Das ist zur Kenntnis zu nehmen.

Der heutige Tag ist durchaus auch dafür geeignet, darüber zu diskutieren, ob man die­sen Bestellmodus oder diese Art der Nominierung einmal ändern will oder ändern soll­te. Darüber kann man meiner Meinung nach durchaus diskutieren. Solange das aber so ist und die drei stimmenstärksten Parteien dieses Recht haben, ist das auch so zur Kenntnis zu nehmen.

Ich möchte Kollegen Grosz aber ganz stark unterstützen was den Appell betrifft. Wenn von allen Seiten betont wird, wie wichtig die Volksanwaltschaft ist, welche wichtige Funktion sie für die Bürgerinnen und Bürger im Rahmen ihres Kampfes um ihr Recht hat, dann ist auch der Appell gerechtfertigt, dass bei der Auswahl der Volksanwälte durch die einzelnen Fraktionen nicht Parteipolitik und innerparteiliche Prozesse im Mit­telpunkt stehen dürfen, sondern die Eignung und die Qualifikation für das wichtige Amt des Volksanwaltes. (Beifall beim BZÖ.)


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Diesen Appell möchte ich heute aussprechen. Dazu stehen wir auch, das ist nichts, worüber man sich aufzuregen braucht.

Ein Satz noch zur Nominierung des Kollegen Fichtenbauer durch die FPÖ: Ich glaube, dass gerade Kollege Fichtenbauer als ausgebildeter Jurist, als Doktor der Juristerei, der meines Wissens über Jahrzehnte erfolgreich als Rechtsanwalt tätig war, allein durch seinen beruflichen Werdegang, aber auch durch seine Erfahrung, die er hier im Parlament und als Parlamentarier mit den Bürgern gemacht hat, für diese Funktion ge­eignet ist. Wenn ich diese Eignung in den Mittelpunkt stelle und nicht parteipolitische Interessen, wie das die Grünen tun, dann sehe ich nicht ein, warum man eine ableh­nende Haltung gegenüber Herrn Fichtenbauer einnehmen sollte. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich war selbst in diesem Hauptausschuss. Offensichtlich hat eine Krise ganz woanders stattgefunden, nämlich in der grünen Fraktion, denn im Hauptausschuss hat man von diesen Bedenken nichts gehört. Dieser Vorschlag wurde einstimmig beschlossen, die Grünen haben keinen Redebeitrag in diese Richtung gehalten. Es ist offensichtlich in­tern eine Klubkrise ausgebrochen, Herr Öllinger und wahrscheinlich auch Kollege Pilz werden bei Bundesparteiobfrau Glawischnig einen Riesenwirbel gemacht haben: Wir können doch nicht den bösen Fichtenbauer wählen.

Meine Damen und Herren von den Grünen, ich gebe Ihnen einen Rat: Das Schwingen der Nazi-Keule war nie besonders erfolgreich, das solltet ihr mittlerweile wissen. Es ist erst recht nicht erfolgreich (Zwischenruf des Abg. Brosz), wenn man die Nazi-Keule gegen eine Person schwingt, bei der das wirklich absolut unberechtigt ist und absolut keine sachliche Grundlage hat. Ich bin keiner, der die Freiheitliche Partei verteidigen will, aber was genug ist, ist genug. Herr Fichtenbauer ist eine tadellose Persönlichkeit. (Beifall bei BZÖ, ÖVP und FPÖ.)

Wir nehmen das Nominierungsrecht zur Kenntnis. Herr Fichtenbauer wird damit unser Vertrauen bekommen. Ich bin davon überzeugt, dass er das rechtfertigen wird, wie hof­fentlich auch Herr Kräuter. Da bin ich schon ein bisschen skeptischer, Kollege Grosz hat die Bedenken auch ausgeführt. Im Gegensatz zum Kollegen Fichtenbauer bin ich mir beim Kollegen Kräuter nicht sicher, ob nicht mehr die innerparteilichen Zustände in der Sozialdemokratie den Ausschlag für seine Nominierung gegeben haben als seine tatsächliche Eignung für das Amt des Volksanwaltes. (Abg. Grosz: Aber er kennt sich beim Fliegenfischen aus!)

Aber wie gesagt, das Nominierungsrecht ist so, man kann nur den Gesamtvorschlag annehmen oder ablehnen. (Ruf bei der SPÖ: Sie sollten sich schämen! – Abg. Grosz: Er kennt sich beim Fliegenfischen wenigstens aus!) Wir nehmen ihn an und hoffen, dass Kollege Kräuter seine Aufgaben erfolgreicher erfüllen wird, als er das als SPÖ-Bundesgeschäftsführer getan hat, denn dort musste er ja seinen Sessel räumen. (Bei­fall beim BZÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


12.16.45

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön an den scheidenden Volksanwalt Peter Kostelka und natürlich insbesondere an Terezija Stoisits. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist ja noch nicht die letzte Sitzung, wir werden uns noch einmal bei allen bedanken.

Aber jetzt zur kommenden Wahl: Die Verfassung bestimmt, dass die drei stärksten Parteien die Volksanwältinnen und Volksanwälte nominieren. Das ist ein Gesetz, wie wir wissen, aus den siebziger Jahren. Damals hat es nur drei Parteien gegeben, da


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war es relativ easy, in der Zwischenzeit hat sich einiges verschoben. Dass so ein Be­stellmodus ohne jedes Hearing heute nicht mehr akzeptabel ist, ist relativ leicht ein­zusehen – schon allein aufgrund der neuen Aufgaben, die die Volksanwaltschaft hat, nämlich die OPCAT-Aufgaben, also die Beobachtung von Folter in Österreich. Da soll­ten zumindest Leute sitzen, die sich mit den Menschenrechten halbwegs auskennen.

Deswegen haben wir auch im Verfassungsausschuss eine entsprechende Diskussion angezettelt. Wir haben auch einen Abänderungsantrag diesbezüglich eingebracht. Er war zu konkret und wurde nicht angenommen. Aber immerhin ist es zu einer Aus­schussfeststellung gekommen, die von allen Parteien getragen wurde, und der zufolge sind Hearings vor Bestellungen der Organe des Parlaments jedenfalls ein Thema, und die Verfassungssprecher sollten sich treffen, um ein entsprechendes Konzept dafür auszuarbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

In der Zwischenzeit hat es nur eine Fraktion gegeben: Es ist müßig darauf hinzuwei­sen, dass wir Grüne immer wieder darauf drängen, dass es zu diesen Gesprächen kommt. Es ist nicht dazu gekommen. Das tut uns leid.

Aber das heißt nicht, dass wir uns nicht an die aktuelle Verfassung halten. Es gibt die­sen veralteten Bestellmodus nach wie vor und wir werden uns dem natürlich nicht wi­dersetzen. Wir würden auch den Vorschlag der FPÖ nicht grundsätzlich ablehnen. Das haben wir auch im Hauptausschuss gezeigt – im Unterschied zu Ihrer Fraktion, Herr Kollege Strache, denn Sie haben Frau Stoisits ohne Wenn und Aber abgelehnt. (Abg. Strache: Nein! Das ist falsch!) – Ja. Sie haben genau das nicht getan, was Sie vorhin gesagt haben: Aus demokratiepolitischen Gründen müsste man es akzeptieren! (Abg. Strache: Das ist falsch und unwahr! Wir haben genau das Gegenteil getan!) – Egal.

Wir können aber umgekehrt natürlich nicht jeden Vorschlag der FPÖ annehmen. Das geht auch nicht. Wir müssten schon wissen, ob jemand für ein so sensibles Amt tat­sächlich geeignet ist, ob jemand, der mit der nationalsozialistischen Vergangenheit nicht wirklich brechen kann, jemand, der sich nicht von einem Walter Nowotny und sei­ner NSDAP-Mitgliedschaft abgrenzen kann, für so ein Amt geeignet ist.

Mich wundert schon auch ein wenig, Herr Klubobmann Kopf, dass da vonseiten der ÖVP nichts dazu kommt, wenn Sie sich hier herausstellen und fragen: Warum soll sich der Fichtenbauer distanzieren und deklarieren? Dafür gibt es keinen Grund! – Bei sol­chen Vorfällen gibt es sehr wohl die Chance, sich zu distanzieren.

Und als der Armin Wolf in der „ZiB 2“ Sie, Herr Strache, gefragt hat, warum es keine Distanzierung gibt, haben Sie gesagt: Bei uns gibt es laufend Distanzierungen zu dem Thema! – Wieso jetzt, in diesem Fall nicht? Es wäre ganz einfach, man könnte sich ganz leicht distanzieren! Man könnte wiederum einen Schlussstrich ziehen. (Abg. Kopf: Das ist nicht notwendig, nur weil Sie es wollen! – Abg. Strache: Wir haben schon lange den Schlussstrich gezogen!) Sie sprechen auch immer von den vielen Schlussstrichen, die Sie ziehen, aber es passiert wieder nicht.

Und dann sagen Sie noch etwas, Sie sagen nämlich, der Walter Nowotny war kein NSDAP-Mitglied. (Abg. Strache: War er auch nicht!) – Sie brauchen nur im deutschen Bundesarchiv in Berlin nachzusehen: NSDAP-Mitglied seit 1. Mai 1938 mit der Num­mer 6 382 781. Das kann jeder nachvollziehen. Also das ist eine Geschichtslüge; Sie leugnen die Fakten. Das machen Sie immer wieder und das ist kennzeichnend für Ih­ren Klub, was die Vergangenheit betrifft. Ziehen Sie auch da wieder einen Schluss­strich! (Beifall bei den Grünen.)

Und jetzt habe ich abschließend noch eine Bitte oder ein Ersuchen an den Herrn Kol­legen Fichtenbauer: Es ist nicht zu spät! Sie brauchen nur herauskommen und zu sa­gen: Ja, dieser Verein, das ist doch nicht das Wahre. Ich kann als Volksanwalt mit so


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einem Verein nicht wirklich reüssieren, nicht gleichzeitig dort beim Grab stehen bei ei­nen Kriegsverbrecher, sage ich ruhig, der 250 Flieger abgeschossen hat in einem An­griffskrieg und der bis zum Schluss NSDAP-Mitglied war.

Also da kann man wirklich sagen: Das Ehrengrab braucht er nicht, und ich brauche das Grab auch nicht pflegen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Muss ich mich jetzt von meinem Vater distanzieren?) Ich brauche mich mit Leuten, die das unterstützen, nicht dort zu treffen.

Ich ersuche Sie, dass Sie diese Konsequenz ziehen, hier herauskommen und noch einmal sagen, ob Sie das können oder nicht! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Mein Vater war sicher kein Kriegsverbrecher, nur weil er im Krieg war!)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


12.22.03

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zu Wort mel­den, weil ich der Meinung war, dass alle in diesem Haus die demokratischen Spielre­geln und das Kräfteverhältnis, das der Wähler bei den letzten Nationalratswahlen aus­gegeben hat, akzeptieren und einem gemeinsamen Paket in Sachen Volksanwaltschaft zustimmen. Aber ich sage Ihnen schon eines: Das, was die Grünen hier gemacht ha­ben, das hat mit Argumentieren nichts zu tun, das ist Agitieren im miesesten Stil der Linken, wie wir es kennen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Rädler.) 68 lässt grü­ßen, meine Damen und Herren!

Glauben Sie denn wirklich, dass man es sich so einfach machen kann, dass man ir­gendwo hinaufschreibt „antifaschistisch“, und das würde alles rechtfertigen?! Dann soll­ten Sie nach Deutschland zur jetzt innerdeutschen Grenze pilgern und Ihre Marterln beim antifaschistischen Grenzwall aufstellen, denn dann ist das eigentlich ein Parade­beispiel für demokratische Baukunst, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Im Volksmund bei uns heißt das „die Mauer“, und das war eine Todesgrenze, die dort aufgezogen worden ist im Namen des Antifaschismus.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, eines über unseren freiheitlichen Volksan­walt Peter Fichtenbauer: Er ist ein exzellenter Fachmann, wie Sie keinen Einzigen in Ihren Reihen haben, ein exzellenter Jurist. Ihre „juristische Tätigkeit“ – unter Anfüh­rungszeichen –, die beschränkt sich aufs Vorverurteilen. Da sind Sie Experten! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Peter Fichtenbauer ist ein österreichischer Patriot, wie Sie keinen einzigen österreichi­schen Patrioten in Ihren Reihen haben – ganz einfach deshalb, weil Sie mit „Öster­reich“ und „Heimat“ ohnehin nichts anfangen können. Sie stellen das Tag für Tag poli­tisch mehr unter Beweis. (Beifall bei der FPÖ.)

Unser Peter Fichtenbauer ist ein Paradeparlamentarier, wie Sie keinen einzigen Ver­gleichbaren in Ihren Reihen haben, weil Ihre parlamentarischen Aushängeschilder die­ses Pult hier zu einem einzigen Zweck nutzen, nämlich um ihre Agitation und ihre An­schüttungen zu verbreiten und sich damit gleichzeitig die Immunität zu sichern. (Iro­nische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Grünen. – Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.) Das ist für Sie das Instrument hier heraußen, aber nicht die Wahrheitsfindung und die politische Debatte. – Letztklassig ist das, meine Damen und Herren!

Und dann sage ich Ihnen noch etwas: Peter Fichtenbauer ist ein lupenreiner Demokrat, wo sich so mancher von Ihnen – ich sage, nicht alle, aber so mancher von Ihnen, und diejenigen, die die Fraktion vor sich hertreiben in ihrer ideologischen Verblendung, die wissen schon, wen ich meine – ein gutes Stück Demokratie abschneiden könnte, mei-


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ne Damen und Herren. Denn selbsternanntes und selbst zugesprochenes Gutmen­schentum, das Sie dauernd zelebrieren, ist nicht deckungsgleich mit dem Anspruch, ein guter Demokrat zu sein. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es sind schon Sie, meine Damen und Herren von den Grünen – es sind schon Sie; nicht alle, aber Teile davon, und ich glaube, viele, viele Ihrer Wähler können das auch schon nicht mehr hören (Abg. Dr. Moser: Sie reden ja völlig am Problem vorbei! – Ruf: Zum Thema!) –, es sind viele von Ihnen, die in Wahrheit, und ich muss das einmal sa­gen, mit dem, was Sie tun, mit dem, was Sie machen, mit den Methoden, die Sie be­nutzen, viel, viel näher an diesen totalitären Systemen und totalitären Regimen dran sind, als es Ihnen lieb sein kann, wenn es Ihnen wirklich um Demokratie und Freiheit geht. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hornek und Rädler.) Sie sind viel, viel näher dran, als Ihnen das selber lieb sein kann. Und Sie haben das heute einmal mehr unter Beweis gestellt.

Sie sollten darüber nachdenken, ob Methoden wie Vernaderungen (Abg. Mag. Stein­hauser: Alles belegt! Alles belegbar! – Abg. Brosz: Auch ... Mitgliedsnummer!), Ver­unglimpfungen, das Miesmachen, das Anschütten, das Denunzieren, ob das nicht ge­nau diejenigen Zutaten sind, mit denen Regime arbeiten, meine Damen und Herren, wo es um die Freiheit und um die Demokratie nicht besonders gut bestellt ist. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darüber sollten Sie einmal nachdenken, und dann sollten Sie diese Messlatte an Ihr ei­genes Verhalten anlegen! Und dann hoffe ich doch, dass Ihnen der Widerspruch ir­gendwann selbst einmal dämmert, meine Damen und Herren von den Grünen. Denn eines sage ich Ihnen auch noch: Tugendterrorismus ist auch eine Form von Terroris­mus, auch wenn Ihnen das nicht gefällt. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Petzner. – Abg. Dr. Moser: Wir haben nur eine Frage gestellt! Seit wann ist Fragen Terrorismus?)

Noch etwas: Im Hauptausschuss war ja noch alles in Ordnung. Der Kollege Stein­hauser: kein kritisches Wort in Richtung Fichtenbauer. Kein kritisches Wort! Dabei muss doch der Öllinger schon alle Akten gehabt haben! Der tut ja den ganzen Tag nichts anderes als Spitzeln, Schnüffeln und Aktenzusammenstellen. Der muss doch schon alles gewusst haben – kein kritisches Wort! Aber seit ein paar Tagen reitet der Kollege Öllinger wieder, ausgerückt zur pseudomoralischen Pflichtübung, wie wir es immer haben. Seit ein paar Tagen reitet er wieder!

Das ist übrigens jener Kollege Öllinger, auf dessen Facebook-Seite – und die ist bei Gott überschaubar, was die Anhängerschaft betrifft – es nur so wuselt von linksextre­men Gestalten, meine Damen und Herren, die die FPÖ als Partei insgesamt verna­dern, die einzelne Politiker der FPÖ vernadern und die vor allem die Wähler der FPÖ vernadern. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) Und allen diesen Vernaderungen auf Ih­rer Facebook-Seite ist eines gemeinsam, Herr Öllinger, nämlich dass diese Einträge ein besonders langes Haltbarkeitsdatum haben, und erst wenn der Anwalt bei Ihnen vorstellig wird, dann wird das herausgelöscht. So viel zu Ihrem Demokratieverständnis, weil Sie sich ja auch gerne mit Facebook-Seiten anderer Personen beschäftigen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich finde es ungeheuerlich, jetzt den Versuch zu unternehmen, den Dr. Peter Fichten­bauer, der ein lupenreiner Demokrat ist, in irgendeine Nähe zum Nationalsozialismus zu bringen und ihm irgendetwas zu unterstellen, was in Richtung Österreichfeindlich­keit geht. Das ist doch wirklich absurd! (Abg. Dr. Pirklhuber: Das war eine Frage, und Fragen sind ...! – Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

Was glauben Sie denn eigentlich, was Sie in Ihrer Zusammensetzung sind, diese Wild­gewordenen unter den Grünen? Was ist das? Eine Art Standgericht? Ein grünes mora-


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lisches Standgericht (Abg. Dr. Pirklhuber: Eine Diskussion wird ja noch kein Standge­richt sein, Herr Kollege!), wo die mediale Vernichtung und die mediale Ruinierung von Menschen bei Ihnen auf der Tagesordnung stehen? Denken Sie doch einmal nach über das, was Sie tun! Das wird es nicht spielen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Pirkl­huber: Schreien Sie nicht so laut!)

Sie, meine Damen und Herren, handeln nach der Maxime, dass die Grenzen von Tole­ranz, von Demokratie und Freiheit dort enden, wo Ihre links-linke Ideologie ihre Gren­zen hat. Aber das ist ein fataler Irrglaube und ein Fehlschluss, dem Sie hier unter­liegen.

Und ich kann Ihnen nur eines sagen – ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen, den kategori­schen Imperativ (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber); ich lege ihn Ihnen wärmstens ans Herz –: Wenn Sie das, was Sie hier zur subjektiven Maxime erhoben haben, diese Gleichsetzung von Freiheit, von Wahrheit, von Demokratie und Toleranz mit Ihrem links-linken Weltbild, wenn Sie das zum allgemeinen Gesetz erheben, dann landen Sie im Stasi-Staat der DDR, meine Damen und Herren, und wir als Freiheitliche wollen das nicht haben. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Der Vergleich macht sicher: Peter Fichtenbauer, das ist jemand, der im fortgeschritte­nen politischen Alter die Reife hat, die Erfahrung hat, der bewiesen hat, dass er es kann (Zwischenruf des Abg. Brosz) und damit die am besten geeignete Person für dieses höchste Amt ist.

Karl Öllinger ist auch im fortgerückten politischen Alter. Er wird von Jahr zu Jahr weiter nach hinten durchgereicht bei den Grünen – inzwischen auch schon auf der Wahlliste. Aber seien Sie von der grünen Fraktion doch nicht insgesamt so blöd, sich von diesen Leuten und von diesen Treibern vor den Karren spannen zu lassen! Das ist keine Frage mehr von gutem oder von schlechtem Stil, sondern das ist eine Frage des Hochhaltens der Demokratie in diesem Land. (Beifall – teilweise stehend gespendet –
und Bravorufe bei der FPÖ sowie Beifall des Abg. Rädler. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

12.29

12.29.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Seitens der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen zur Wahl.

Ich lasse über den vorliegenden Gesamtvorschlag des Hauptausschusses, sofern kei­ne Einwendung erhoben wird, durch Aufstehen und Sitzenbleiben abstimmen. – Ein­wendungen werden nicht erhoben.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Antrag des Hauptausschusses in 2263 der Beilagen, Dr. Günther Kräuter, Dr. Gertrude Brinek und Dr. Peter Fichten­bauer mit Wirksamkeit ab 1. Juli 2013 zu Mitgliedern der Volksanwaltschaft zu wählen, ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Somit sind Dr. Günther Kräuter, Dr. Gertrude Brinek und Dr. Peter Fichtenbauer mit Wirksamkeit ab 1. Juli 2013 zu Mitgliedern der Volksanwaltschaft gewählt.

Ich gratuliere herzlich und wünsche viel Erfolg bei der gestellten Aufgabe! (Beifall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und Team Stronach.)

12.30.482. Punkt

ESM-Erklärung der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 32h Abs. 4 GOG-NR betreffend die Gewährung von Finanzhilfe an die Republik Zypern

 



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Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird gemäß § 74d Abs. 4 der Geschäftsordnung eine Debatte stattfinden.

Ich unterbreche kurz die Sitzung bis zum Erscheinen der Frau Bundesministerin.

*****

(Die Sitzung wird um 12.31 Uhr unterbrochen und um 12.38 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die Beratungen wieder auf.

Ich erteile nun der Frau Bundesministerin für Finanzen das Wort. – Bitte.

 


12.38.53

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich entschuldige mich noch einmal, aber in der Innenstadt ist ein Unfall passiert, und daher war meine Fahrzeit hierher ein paar Minuten länger. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Der Herr Bundespräsident verwendet die Rettungs­gasse!)

Das Hohe Haus hat mich vor nur drei Tagen nach eingehender Debatte ermächtigt, im ESM-Gouverneursrat dem Grundsatzbeschluss der Gewährung von Staatshilfe für Zypern zuzustimmen. Gestern hat eine Telefonkonferenz dieses Gouverneursrats im Hinblick auf Hilfe für Zypern und Beschlüsse des ESM stattgefunden. Mit dieser Erklä­rung möchte ich über diese Beschlüsse und das Ergebnis der Diskussion im ESM-Gouverneursrat berichten. Angesichts der langen Tagesordnung und meiner Verspä­tung werde ich mich aber kurz fassen.

Vorweg: Sämtliche Beschlüsse wurden im gegenseitigen Einvernehmen, das heißt einstimmig, gefasst – und ich bin sehr froh darüber, dass Österreich im Gleichklang mit allen anderen Mitgliedstaaten der Euro-Zone agiert hat. Das ist ein starkes Zeichen für die Geschlossenheit der Euroländer, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die ge­genwärtige Instabilität in Zypern, die gegenwärtige Krise zu beenden.

Der Gouverneursrat des ESM hat am 24. April 2013 – im Einklang mit den Verfahrens­vorschriften des ESM-Vertrages – folgende Beschlüsse gefasst:

Es wurde auf Basis der dem Nationalrat übermittelten Dokumente gemäß Artikel 13 Abs. 2 ESM-Vertrag beschlossen, Zypern grundsätzlich Staatshilfe zu gewähren. Der in Artikel 13 Abs. 3 ESM-Vertrag vorgesehene Vorschlag des geschäftsführenden Di­rektors des ESM für eine Vereinbarung über eine Finanzhilfefazilität wurde angenom­men. Die schon bekannten Eckpunkte daraus:

Die Stabilitätshilfe wird in Form eines Darlehens vergeben. Der Gesamtbetrag beträgt bis zu 10 Milliarden € abzüglich des Beitrages des Internationalen Währungsfonds. Der angestrebte Beitrag des Währungsfonds liegt bei 1 Milliarde €, die Stabilitätshilfe des ESM liegt demnach letztendlich bei 9 Milliarden €. Maximale durchschnittliche Laufzeit: 15 Jahre, maximale Laufzeit: 20 Jahre. Bereitstellungsperiode in mehreren Tranchen bis 31. März 2016. Die Marge- und Servicegebühren stehen im Einklang mit der ESM-Preispolitik, die jeweiligen Auszahlungen sind an die Erfüllung der Auflagen des Memo­randum of Understanding und die dort festgelegten Zeitpunkte geknüpft.

Nachdem gemäß Artikel 13 Abs. 3 ESM-Vertrag der Europäischen Kommission die Auf­gabe übertragen worden ist, gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank und dem In-


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ternationalen Währungsfonds ein Memorandum of Understanding mit Zypern auszuhan­deln, wurde dieses dem Gouverneursrat vorgelegt und gemäß Artikel 13 Abs. 4 ESM-Vertrag vom Gouverneursrat angenommen.

Auf Basis einer Drei-Säulen-Strategie soll Zypern wieder auf die Beine kommen:

Erstens: Wiederherstellung der Stabilität des zyprischen Bankensektors durch die Re­strukturierung und Verkleinerung der Finanzinstitutionen, die Stärkung der Aufsicht und die Verbesserung des Liquiditätsmanagements.

Zweitens: ambitionierte Fiskalkonsolidierung von etwa 7 Prozent des Bruttoinlandspro­duktes in der Periode 2013 bis 2018 zur Erzielung eines nachhaltigen Primärüber­schusses im Staatshaushalt, samt Korrektur des übermäßigen Budgetdefizits über Re­duktion der öffentlichen Ausgaben, Effizienzsteigerungen in der Abgabenverwaltung und eine verbesserte öffentliche Verwaltung.

Drittens: Umsetzung von Strukturreformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wirtschaftswachstums sowie zur Reduktion makroökonomischer Ungleichgewichte.

Bei der Gestaltung des Hilfsprogrammes konnte die Eurogruppe auf eine Vielzahl von Erfahrungen der vergangenen drei Jahre zurückgreifen. Gleichzeitig muss darauf hin­gewiesen werden, dass auch die Ausgangslage in Zypern eine schwierigere war als in den bisherigen Programmländern Irland, Portugal, Griechenland und Spanien. In Zy­pern hatten wir das Problem, dass neben den Problemen des Bankensektors auch der Staat selbst in Schwierigkeiten ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Entscheidung des Gouverneursrates sind die wesentlichen Beschlüsse gefasst. Die erste Auszahlung an Zypern kann somit in der ersten Mai-Hälfte erfolgen. – Danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Ich danke der Frau Bundesministerin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


12.44.13

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der renommierte deut­sche Wirtschaftsexperte Kai Konrad hat vor wenigen Tagen, nämlich am 21. April, in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ Folgendes gemeint, nämlich dass er dem Euro mittelfristig nur eine begrenzte Überlebenschance gibt, und er hält es für realistisch, dass der Euro in fünf Jahren nicht mehr existiert.

Ich denke, dass man solche Expertenmeinungen zumindest ernst nehmen sollte und auch durchaus kritisch darüber diskutieren sollte, was dransein kann an solchen Be­wertungen, an so einer berechtigten Kritik, Analyse und Beurteilung, denn das ist nicht der einzige Ökonom in Europa, der so eine kritische Sichtweise hat. Und Kai Konrad ist nicht irgendwer, sondern er ist der Vorsitzende des Wissenschaftsbeirats des deut­schen Bundesfinanzministeriums und Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und öffentliche Finanzen. Und spätestens da sollte man darüber nachdenken, warum sich nach wie vor bei uns in Österreich die Regierungsverantwortlichen so auf diesen Euro versteifen und warum man von Beginn an – man muss ja immer ausholen – den Euro in wunderschönsten Überzeichnungen gemalt hat, wo wir Freiheitlichen damals schon zu Recht davor gewarnt haben, dass das ein Experiment ist, das es nie zuvor in der Geschichte gegeben hat, wo man außerhalb eines bundesstaatlichen Gebildes eine Zwangswährung drübergelegt hat.


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Dass das scheitern musste, haben wir damals schon befürchtet und auch offen in ei­nem Schilling-Volksbegehren angesprochen und auch alle Argumente damals zugäng­lich gemacht. Man hat nur von Seiten SPÖ und ÖVP nie die Bereitschaft gezeigt, in­haltlich über diese unterschiedlichen Facetten zu diskutieren. Und das muss man tun! Spätestens jetzt, wenn man noch immer glaubt, dass der Euro mit unzähligen Kredit­haftungsübernahmen irgendwie zu retten sein wird, ohne das System als Problem an­zuerkennen.

Der Euro an sich ist das Problem, und der Euro ist in der Form, wie er letztlich durch­gesetzt worden ist, gescheitert! Und man ist offenbar nicht bereit, das endlich einzuge­stehen, sondern mit unzähligen, zig Milliarden Euro des österreichischen Steuerzah­lers, mit einem ESM-Diktat, mit Haftungsübernahmen, teilweise auch konkreten Bar­zahlungen, wie jetzt am Beispiel Zyperns, versucht man jetzt immer wieder das noch zu retten, was nicht zu retten ist. Und das wird sich früher oder später leider Gottes dramatisch rächen, und das muss man einmal deutlich festhalten.

Das eigentlich positiv besetzte Wort Rettung hat ja einen völlig schalen und negativen Geschmack heute bekommen. Wer wird denn da gerettet? – Die Spekulanten werden gerettet! Die Spekulanten, die den Schaden angerichtet haben, die retten Sie mit jeder weiteren Maßnahme! Aber nicht die Wirtschaft, nicht die europäischen Bürger, die in Wahrheit durch solche Spekulationsritter an den Rand des Ruins gedrängt werden. Man denke nur an die Massenarbeitslosigkeit, die heute in Europa augenscheinlich vorhanden ist und dramatisch gestiegen ist, wo man sich dann immer auf die Position zurückzieht: Na ja, bei uns in Österreich ist es ja nicht so schlimm, wir haben ja nur über 400 000 Menschen ohne Arbeit. Im Vergleich zu den anderen ist das gar nicht so dramatisch.

Das ist genau der falsche Weg! Und jetzt tun wir wieder 250 Millionen €, die wir gar nicht haben, in dieses Bankenspekulationsgeflecht hineininvestieren. Wir selbst müs­sen diese 250 Millionen € aufnehmen, weil wir dieses Geld nicht haben. Und da muss man schon einmal auch die Verantwortung der ÖVP in dem Zusammenhang festma­chen: 25 Jahre Wirtschaftskompetenz des Herrn Stummvoll, 25 Jahre ÖVP-Wirt­schaftskompetenz durchgängig in dieser Bundesregierung. Und diese Wirtschaftskom­petenz, die vermeintliche, Herr Stummvoll, hat die Republik Österreich an den Rand des Konkurses gedrängt! – „Tolle“ Wirtschaftskompetenz! (Beifall bei der FPÖ.)

Tolle“ Wirtschaftskompetenz bei einer Staatsverschuldung von 90 Prozent des BIP in Wahrheit, wenn man die ausgelagerten Bereiche der ÖBB, der ASFINAG und der Ge­meinden dazuzählt: 285 Milliarden € Schulden! – Und da sagen Sie: Kein Problem, wir nehmen weiteres Steuergeld – das wir gar nicht haben! – als Kredit auf, um im ESM-Diktat Haftungen zu übernehmen, um Zahlungen nach Zypern und in Richtung der Bankspekulanten gewährleisten zu können. Das muss irgendwann einmal dazu füh­ren, dass diese Haftungen schlagend werden. Irgendwann einmal wird das kommen.

Diese Haftungen, die Sie übernommen haben, 80 Milliarden € Target-Forderungen und Haftungen, sind nicht einmal im Budget eingerechnet! Ja, man stelle sich vor, das wird irgendwann einmal schlagend! Dann haben wir endgültig das Problem, zahlungsunfä­hig zu sein. Und das sagen Sie nie dazu. Und da steckt die Gefahr dahinter, dass man die Zukunftschancen unserer Kinder und Kindeskinder völlig aufs Spiel setzt, und das finde ich unverantwortlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn zu Recht gefordert wird, bitte hinterfragen wir diesen ganzen Mechanismus, hin­terfragen wir den Mechanismus der Eurowährung, und diskutieren wir einmal darüber, welche anderen Varianten es gibt, dann bin ich froh, dass heute in Deutschland zumin­dest eine „Alternative für Deutschland“ das offen tut, wo viele Ökonomen, Universitäts­professoren genau das offen diskutieren und auch durchrechnen. Und die sagen zu


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Recht, das Gescheiteste und Vernünftigste wäre der Weg zurück zu den nationalen Währungen.

Wenn das in Deutschland durchaus offen und ehrlich diskutiert wird, dann ist das auch eine Diskussionschance für Österreich, zu sagen, dass wir vielleicht unsere Zukunft auch wieder im Schilling finden werden. Genau diese Debatte muss man führen, und die muss offen und ehrlich geführt werden, und man muss die Varianten durchrechnen. Der Schaden ist da, der Schaden wurde angerichtet – nicht von uns Freiheitlichen, sondern von anderen politischen Verantwortungsträgern, Herr Stummvoll, nämlich von SPÖ und ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Frage ist: Wird der Schaden begrenzt bleiben können, oder wird er sich weiter potenzieren, und wird am Ende vielleicht sogar eine Hyperinflation oder ein Währungs­crash vor der Tür stehen? – Auch das schließen manche Ökonomen nicht aus.

Aber dass zumindest eines klar ist: Wenn nach Spanien, Italien, Griechenland, Zypern, Portugal vielleicht auch noch Frankreich in der Krisenentwicklung auf der Dack’n ste­hen sollte, dann ist das nicht finanzierbar! Und wenn dann die Haftungen schlagend werden, müssen wir Kredite aufnehmen, denn wir haben das Geld nicht. Und was ist, wenn wir dann zahlungsunfähig sind? Wer von den anderen Staaten, die wir vorher mit Krediten finanziert haben, kann uns dann noch mit Krediten helfen? – Niemand mehr!

Das heißt, irgendwann einmal wird dieses gebaute Schiff, das nach Ihrem Denken wie ein Perpetuum mobile offenbar funktionieren soll, zusammenbrechen müssen. Und das muss man offen debattieren und besprechen.

Ich sage Ihnen daher, wir werden diesen österreichischen Anteil von 250 Millionen €, der da heute beschlossen werden soll, abschreiben können, genauso, wie wir die Grie­chenlandhilfe abschreiben müssen, genauso, wie wir damit rechnen müssen, dass die­se Haftungen, diese zig Milliarden Euro in einem ESM-Diktat festgemachten Haftun­gen – gegen die Stimmen der Freiheitlichen – irgendwann einmal schlagend werden. Und da muss doch irgendwann einmal auch bei Ihnen dieses kritische Denken ein­setzen, dass das nicht funktionieren kann und wir uns am Ende vielleicht gerade des­halb in einer absolut negativen Krise befinden werden, wo wir Arbeitslosigkeit und In­flation und vieles andere mehr sich weiter zuspitzen sehen werden.

Deshalb bitte ich darum, endlich auch diese Diskussion, die in Deutschland geführt wird – offen geführt wird –, auch bei uns zuzulassen und nicht alles, was an anderen Meinungen vorhanden ist, automatisiert als dumm und populistisch et cetera einfach wegzuschieben. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Und wenn es die Wahr­heit ist?!)

Das ist unsere Verantwortung, die wir haben, und dazu fordere ich Sie auf, denn ich sage, wir haben heute eine Euro-Zone, wo man in Wirklichkeit der Finanz-Oligarchie die Mauer macht. Das ist es! Und da spielen Sie mit, Herr Matznetter. Der Finanz-Oli­garchie machen Sie die Mauer. Sie machen die Mauer den Banken. Sie machen die Mauer den Spekulanten. Sie machen die Mauer den globalen Konzernen, die es sich mit Gruppenbesteuerung bis heute richten können (Beifall bei der FPÖ), während Sie keinen Steuer-Cent für Familienbeihilfe, für Pensionspreisindexanpassungen, für not­wendige Pflegeleistungen im Land, die verbessert werden müssten, auszugeben bereit sind! (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Keine Familienbeihilfe, keine Kinderbeihilfe der letzten zehn Jahre ist inflationsange­passt worden. Bei den eigenen Bürgern sparen Sie. Das Einzige, was Sie tun, ist, die Gebühren weiter raufzuschrauben und die Bürger weiter zu belasten. Das ist Ihre nicht-soziale politische Verantwortung, die Sie leben! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist das asoziale politische Element, das die Menschen heute realpolitisch durch Sie erleiden müssen.


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Da ist es an der Zeit, gegenzusteuern, unser Steuergeld für unsere Landsleute in Ös­terreich einzusetzen, für unseren Bildungsbereich und unsere Kinder (Beifall bei der FPÖ), für mehr Lehrer und kleinere Klassenschülerhöchstzahlen, damit wir bei der PISA-Studie endlich wieder gute Ergebnisse zustande bringen.

Bei den Pflegeausbildungsplätzen soll nicht gespart werden. Da wird ja bis heute ge­spart und werden zu wenig Pflegekräfte ausgebildet. Und dann kommen Sie her und sagen, wir haben keine Pflegekräfte, weil Sie nicht bereit waren, die eigene Jugend auszubilden. Und dann holt man sie sich von irgendwoher aus der Welt.

Das ist genau der Irrtum, den Sie politisch begehen – und übrig bleiben leider Gottes die Menschen hier in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.) Und dagegen braucht es eine starke Kraft. Das ist genau der Punkt. Dagegen halten wir Freiheitlichen, denn wir le­ben die soziale Kompetenz und Verantwortung für Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


12.53.59

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Das ist ja zum Teil heute die Replik einer Diskus­sion, die wir schon am Montag bei der Sondersitzung geführt haben. Ich will mich da­her auch nur beschränken, darauf hinzuweisen, dass das Geld, das hier zur Verfügung gestellt wird, Österreich im Eigeninteresse zur Verfügung stellt: zur Stabilisierung der Eurozone, zur Stabilisierung der halben Million Arbeitsplätze, die davon abhängig sind, dass unsere Wirtschaft in diese Zone exportiert.

Das Geld, das Zypern bekommt, ist nicht für die Banken. Eine Bank wird überhaupt – wie es so schön heißt – abgewickelt, nämlich zugemacht, und bei der zweiten Bank verlieren die Einleger, glaube ich, bis zu 40 Prozent der Guthaben über 100 000; das ist ja die berühmte Grenze. (Abg. Strache: Das ist der erste Schritt zu unter 100 000!) Das ist auch neu, dass die Sparer von Guthaben über 100 000 € zur Kasse gebeten werden – und da hofft man, dass man die Richtigen trifft –, weil sie vorher von hohen Zinsen, nämlich 5 Prozent Zinsen, profitiert haben.

Das ist der Beweis, dass das bisherige Geschäftsmodell in Zypern zugrunde gegangen ist und dass da jetzt nach einem neuen Modell gesucht wird, aber das ist Sache der zypriotischen Regierung, wie vieles andere auch dann Sache der zypriotischen Regie­rung ist.

Mir geht es aber heute um etwas anderes, denn in der heutigen „Kronen Zeitung“ lese ich: „In der EU-Spitze wachsen die Zweifel am strikten Sparkurs“. Das hängt ja ein bisschen zusammen mit all diesen ESM-Debatten und Stabilisierungen. Da wird Rats­präsident Van Rompuy zitiert: „Die Wirtschaftskrise löst vor allem bei jungen Menschen das Gefühl aus, dass ihr Leben stillsteht“, und Barroso sagt, es wäre jetzt „eine stärke­re Betonung des Wachstums“ nötig, bis hin zum EU-Parlamentspräsidenten Schulz, der sagt: „Ohne Wachstumsperspektive, ohne dass für die betroffene Bevölkerung ein Ende der Durststrecke abzusehen ist, fährt diese Politik an die Wand.“

Das ist sehr interessant, dass jetzt die führenden Vertreter der Europäischen Union feststellen, dass anscheinend dieser Sparkurs, den sie mitpropagiert und mitgetragen und mitbeschlossen haben, letztlich nicht dazu führt, dass man aus dieser Rezession herauskommt – im Gegenteil: dass es da und dort sogar noch zu einer Rezession führt.

Und dann wird die von mir sehr geschätzte Frau Finanzministerin zitiert, die meint, man solle nicht wieder in die „alte Politik des Schuldenmachens zurückfallen“. – Kein Mensch will das, wir schon gar nicht, Sie auch nicht, Frau Finanzminister. Es geht nur darum, zu definieren, Deficit Spending in welcher wirtschaftlichen Situation, zu wel-


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chem Zeitpunkt man das Geld wofür sinnvoll einsetzt, um zu Wachstum zu kommen, um Beschäftigung zu schaffen und letztendlich damit Schuldenabbau zu betreiben. Kein Mensch sagt, wir machen Schulden aus Spaß, oder sagt, wir machen Schulden um des Schuldenmachens willen, sondern das wird ausschließlich als ein wirtschafts­politisches, fiskalpolitisches Instrumentarium gesehen.

Da gibt es in einer zweiten Zeitung, nämlich im „Standard“ – Sie sehen, ich bin ein be­lesener Abgeordneter –, heute einen interessanten Artikel von Eric Frey, auf der letzten Seite. Frey sagt: „Der beste Weg aus der Eurokrise wäre mehr Wachstum in Deutsch­land & Co“.

Frey sieht, dass das in den südeuropäischen Ländern nicht so einfach ist, weil die na­türlich hohe Defizite zum Abbauen haben. Da kann man aber auch diskutieren, ob die­ser Abbau der hohen Defizite zu Lasten der Kleinen und Mittleren stattfinden soll, ob da immer die Richtigen getroffen werden und ob da die Verteilungsgerechtigkeit ge­wahrt ist – ich sage nein, ich habe da meine Kritik durchaus anzubringen – und ob man genug getan hat im Kampf gegen die Steueroasen und die Steuerflüchtlinge, die sich mit ihrem ganzen Geld schon verabschiedet haben und in die jeweilige Oase gegan­gen sind. Das ist aber ein eigenes Thema.

Das Thema dieses interessanten Kommentars ist, dass hier gesagt wird – im Gegen­satz zu einer amerikanischen Studie, die sagt, kaum ist auch nur ein Funken einer Ver­schuldung zu sehen, muss das sofort rasant abgebaut werden; in Klammern: egal, wel­che Auswirkungen das auf Konjunktur und Wachstum hat –, dass er hier schreibt, ei­gentlich wäre es gar nicht so ungeschickt, wenn Großbritannien hier einen Beitrag für sich selbst leisten würde mit etwas mehr Staatsausgaben, um sich die nächste Rezes­sion zu ersparen. – Ich zitiere wörtlich aus diesem Kommentar.

Oder über Schäuble schreibt Frey: „() Schäuble lässt es vor lauter Stolz auf seine Budgetüberschüsse zu, dass Europas erfolgreichste Volkswirtschaft in eine Rezession schlittert.“

Frey macht auch eine Anspielung auf Österreich, Frau Finanzministerin. Er sagt aber dann noch in diesem Artikel, eigentlich wäre es gut, wenn die Kaufkraft in diesen eher reicheren Volkswirtschaften Nordeuropas gesteigert wird. Stichwort: Lohnentwicklung; das ist in Deutschland möglicherweise ein Thema. Wenn diese Kaufkraft gesteigert wird, kommt das auch der Exportnotwendigkeit der südeuropäischen Länder, die diese haben, entgegen, denn es stoßen dann ihre Produkte auch verstärkt in den nordeuro­päischen und zentraleuropäischen Ländern auf Käufer. Und das würde sozusagen für den gesamten Schuldenabbau und für die gesamte Situation der Europäischen Union von größtem Nutzen sein.

Das ist im Großen und Ganzen wiedergegeben, was da drinnen steht, und auf das würde ich ernsthaft eingehen und das würde ich gerne differenzierter diskutieren, weil man das nicht einfach mit dem Schlagwort „nicht zurückfallen in das alte Schuldenma­chen“ abtun kann. Da müssten wir jetzt lang diskutieren: Was ist altes Schuldenma­chen? Was ist neues Schuldenmachen? Was ist überhaupt Schuldenmachen und mit welchen Auswirkungen? Es geht darum, dass man differenziert auf diesen durchaus klugen Artikel von Eric Frey eingeht, der hier anscheinend versucht, das endlich einmal zu interpretieren, was in Überschriften und Schlagwörtern aus der EU zu uns tönt. Von dort kommen meistens leider gerade zu diesen heiklen Themen oft nur Überschriften und Schlagwörter. Das dient nicht, das ist nicht hilfreich. Das führt dann berechtigter­weise auch zu so einer Kritik wie heute in der „Kronen Zeitung“ von dem Kommentator Claus Pandi. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Aber worum es mir hier geht, ist, dass wir auch in Österreich diesen Grundgedanken des Eric Frey aufgreifen sollten. Damit bin ich jetzt nicht für die Revision des Finanz-


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rahmens, überhaupt nicht, sondern als mittel- und langfristige Gedankengänge sollten wir im Interesse Österreichs, aber auch im Interesse der Eurozone und der betroffe­nen Länder im Süden Europas und damit von ganz Europa überlegen, was diese Wachstumsperspektive bewirkt, bei der Beschäftigung, bei der Absicherung des So­zialsystems und so weiter. Das, glaube ich, ist etwas ganz Wichtiges.

Sie sagen zu Recht, Frau Finanzministerin, Stabilität ist ein ganz wichtiger Faktor. Na­türlich, ja, aber das würde auch einer wirtschaftlichen Stabilität und einer fiskalpoliti­schen Stabilität nützen. Das wäre, glaube ich, etwas, was wir aus diesen Wortmel­dungen möglicherweise zum jetzigen Zeitpunkt – sei es der richtige – als Schlussfolge­rungen für Österreich mittel- und langfristig ziehen könnten. So müssten wir nicht die ganze Zeit nur darüber diskutieren: Unser Geld für unsere Landsleute!, sondern wir wollen ja in Wirklichkeit, dass die Euro-Zone eben unseren Landsleuten, wie es so schön in der Diktion der Blauen heißt, nützt und dient, und wollen in dem Sinn mit der Stabilisierung, aber mit dieser Korrektur, die von den Ökonomen und von der Euro­päischen Union jetzt angedeutet wird, einen Beitrag leisten für ganz Europa und damit in erster Linie auch für Österreich. – Kaputtsparen ist kein Programm! (Beifall bei der SPÖ.)

13.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Ab­geordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. Frau Klubobfrau, 7 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


13.01.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Abgeordnete! Zuerst zwei kurze Nachbemerkungen noch zu meinen Vorrednern. Klubobmann Strache ist jetzt nicht mehr da, aber er hat sich sehr emotional über bestimmte politische Maßnahmen in der Vergangenheit aufgeregt. Ich muss das nun historisch richtigstellen. Das, worüber er sich aufgeregt hat, sind vorwiegend Maßnahmen, die unter freiheitlicher Regierungs­beteiligung zustande gekommen sind (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Deimek), nämlich massive Einschnitte im Pensionssystem, teilweise unverschämte Steuerprivile­gien in Form der sogenannten Gruppenbesteuerung, sodass inländische Steuerzahlen­de Verluste aus dem EU-Ausland auf ihrem Rücken tragen mussten, und im Übrigen auch eine der größten Körperschaftsteuersenkungen. Also auch das war ein Gewinn für Konzerne, eine Begünstigung, die unter Schwarz-Blau stattgefunden hat. Das nur zur Richtigstellung. (Beifall bei den Grünen.)

Bemerkenswert ist auch, dass sich die FPÖ heute sehr klar deklariert, nämlich zur Rückkehr zum Schilling, was sie lange abgestritten hat. Den Euro zerschlagen zu wol­len und auszutreten, das ist heute bereits als Antrag schriftlich dokumentiert.

Ich würde dem Kollegen, wenn er da wäre, gerne anbieten, dass er vielleicht Professor Van der Bellen einmal zu sich nach Hause einlädt, ein Privatissimum macht, wie schon einmal zum Budget, und sich einmal erklären lässt, was ein Austritt aus dem Euro und die Rückkehr zum Schilling tatsächlich bedeutet. (Abg. Dr. Pilz: Der kommt nicht! – Abg. Dr. Rosenkranz: Alles Notfallmaßnahmen! Sie zeigen nur Solidarität für die Lem­minge!)

Frau Bundesministerin Fekter, ich habe aufgrund Ihrer Verspätung heute früh schon befürchtet, Sie sind versehentlich bei der Steuerflucht verhaftet worden, aber Gott sei Dank ist es nicht so. Ich hätte mir ein bisschen mehr Bericht erwartet. Ein Punkt hätte mich ganz besonders interessiert, den haben Sie nur sehr knapp ausgeführt, nämlich: Warum wurde ausgerechnet bei Zypern – das ist ein Land, das mit dem Geschäfts­modell „Steueroase“ seine Wirtschaftsgrundlage gehabt hat –, warum wurde ausge-


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rechnet hier, wo so viele internationale Transaktionen über dieses Land abgewickelt werden, im Rahmen dieses sogenannten Hilfspaketes nicht die Finanztransaktions­steuer mit hineingenommen? Das ist eines der wenigen Projekte – wo im Übrigen Ös­terreich auch eine gute Rolle gespielt hat –, wo elf Staaten mittlerweile an Bord sind. Es ist mir absolut unverständlich, warum Sie sich hier nicht stärker dafür eingesetzt ha­ben. Bitte erklären Sie sich dazu noch einmal ausführlicher! (Beifall bei den Grünen.)

Eines ist aber durch diese Diskussion rund um das Hilfspaket ins Zentrum der Auf­merksamkeit gerückt, was ich für höchst relevant und für höchst wichtig finde, nämlich die Geldwäschebekämpfung und die Bekämpfung von Steuerbetrug. Es gibt mittler­weile eine Reihe von Stellungnahmen von Finanzministern an die Kommission, bei de­nen auch immer wieder Österreich genannt wird. Es gibt mittlerweile einen Steuerkom­missar, der bei Österreich nachfragen lässt, was denn jetzt eigentlich die Meinung ist und ob man hier vielleicht mit einer Stimme sprechen kann. Faktum ist, dass Sie sich in dieser Frage, wo man nur auf einer Seite stehen kann, nämlich auf der Seite der bra­ven Steuerzahler und gegen geheime Konten in Österreich, konsequent auf die falsche Seite gestellt haben.

Uns ist mittlerweile der Geduldsfaden gerissen. Ich sage, das Maß ist wirklich voll. Sie haben in den letzten Wochen tatsächlich bewiesen, dass Sie hier zu 100 Prozent auf der falschen Seite stehen, und mittlerweile erntet Österreich dafür auch schon Spott und Hohn in internationalen Zeitungen.

Überall wird gekürzt, in ganz Europa. Es wird drastisch gekürzt. Sparpakete werden geschnürt. Am 1. Mai wird es wieder in ganz Europa das Aufstöhnen geben, die Schande Europas: Fast 6 Millionen Jugendliche sind arbeitslos und es gibt wenig Geld, um das zu bekämpfen. Überall gibt es Kürzungsprogramme, Sparpakete. Die Banken­hilfspakete haben seit 2007 die Verschuldung der EU-Staaten innerhalb von 5 Jahren um sagenhafte 670 Milliarden € nach oben getrieben. Allerdings – und das ist wirklich eine bemerkenswerte Zahl – gehen den EU-Staaten durch Steuerbetrug und Steuer­hinterziehung jährlich 1 000 Milliarden € verloren. Was ist die Schlussfolgerung da­raus? – Wir müssen alles daransetzen, um diese Erodierung der Steuerbasis der EU-Staaten nachhaltig zu bekämpfen. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen frage ich Sie, Frau Bundesministerin: Wieso blockiert Österreich seit mittler­weile zehn Jahren etwas ganz Selbstverständliches, nämlich den automatischen Da­tenaustausch bei Zinserträgen?

Warum schützt Österreich mittlerweile seit zehn Jahren geheime Kontenbesitzer in Ös­terreich?

Warum blockiert Österreich mittlerweile seit zehn Jahren eine Erweiterung der Zinsen­richtlinie, die das nur gerechter macht, die nämlich auch die Einbeziehung von Aktien­depots, von Versicherungserträgen ermöglicht?

Warum blockiert Österreich die Schließung einer Gerechtigkeitslücke?

Warum blockiert Österreich seit mittlerweile Jahren ein wirksames und effektives Antre­ten der gesamten Europäischen Union gegen die sogenannten Steuer-Oasen in Öster­reich und auch einen automatischen Datenaustausch mit den USA?

Können Sie das noch in irgendeiner Weise vernünftig erklären? – Das ist doch nicht erklärbar! (Abg. Dr. Stummvoll: Oje!)

Auf der einen Seite haben Sie Menschen, die überhaupt nicht darüber nachdenken, wo sie ihre Konten haben. Die haben vielleicht ein Sparbuch und ein Konto, wenn über­haupt. Viele Menschen können sich Sparen gar nicht mehr leisten. Dann gibt es auf der anderen Seite Menschen, die unglaublich viel Geld darauf verwenden, sich zu überlegen, in welchem Land, mit welcher Konstruktion, mit welcher Briefkastenfirma ver­stecke ich mein Geld, und Sie stehen auf dieser Seite.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 81

Das wollen wir nicht mehr länger akzeptieren, und deswegen bringen wir heute einen Misstrauensantrag ein. Ich mache das auch gleich, damit der Form Genüge getan wird:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Finanzen wird im Sinne des Artikels 74 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei den Grünen.)

Frau Bundesministerin, über Sie wurde in österreichischen Zeitungen teilweise heftig diskutiert. Ich möchte nicht alles wiederholen, aber das sogenannte Ösi-Oma-Argu­ment geht mittlerweile durch die internationale Fachpresse. Ich weiß nicht, ob das wirk­lich notwendig ist: „Die letzte Bastion: Im Kampf gegen Steuerhinterziehung hat sich Österreich selbst ins europäische Abseits manövriert.“ (Die Rednerin hält eine Ausga­be der Zeitung „Die Zeit“ in die Höhe.) Ich möchte Österreich nicht mit solchen Schlag­zeilen auf den Titelseiten international renommierter Zeitungen haben. Ich glaube, das möchte niemand.

Ich würde mir von Ihnen erwarten, dass Sie die Diskussionen auf ein seriöseres Niveau führen, denn das glaubt mittlerweile auch niemand mehr. Es gibt auch in anderen Län­dern ein qualifiziertes Bankgeheimnis für Inländer, ohne dass man geheime Konten von Ausländern im Inland weiterhin schützt. Das ist alles möglich. Also das Oma-Ar­gument ist wirklich die primitivste Form des Populismus in dieser Diskussion, und das haben Sie auch nicht notwendig. Das sage ich noch einmal.

Wir sprechen Ihnen heute jedenfalls unser Misstrauen aus, das ist, glaube ich, klar. Sie wurden in den Medien als beratungs- und faktenresistent beschrieben. Ich hoffe, dass die ÖVP-Fraktion nicht beratungs- und faktenresistent ist. Bei der SPÖ bin ich mir ziemlich sicher, die ist teilweise schon umgeschwenkt. Sie wird vielleicht aus Koali­tionsräson das weitermachen, aber insgesamt verdient so eine Finanzpolitik, die sich nicht eindeutig an diesem globalen Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche beteiligt, kein Vertrauen.

Man darf auch nicht vergessen, dass genau das Menschenhandel, Mädchenhandel, Waffenhandel, Drogenhandel massiv erleichtert. Bitte stellen Sie sich auf die richtige Seite und tauschen Sie diese Finanzministerin aus! (Beifall bei den Grünen.)

13.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Eva Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Finanzen

eingebracht im Zuge der Debatte über die ESM-Erklärung der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 32h Abs. 4 GOG-NR betreffend die Gewährung von Finanzhilfe an die Republik Zypern


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 82

Begründung

Zypern bekommt eine Finanzhilfe im Ausmaß von 10 Mrd. Euro durch den Europäi­schen Rettungsschirm ESM und den IWF. Die wirtschaftspolitischen Auflagen im dies­bezüglichen "Memorandum of Understanding" zeigen vor allem auch, wie wichtig strenge Maßnahmen zur Bekämpfung von internationaler Geldwäsche und Steuerhin­terziehung sind.

Blockade gegen die Bekämpfung von Steuerbetrug

Die österreichische Bundesregierung, insbesondere aber die Finanzministerin, blo­ckiert seit Jahren eine schlagkräftige Zusammenarbeit der EU-Länder in Sachen Steu­erbetrugsbekämpfung. Die Bundesregierung, allen voran die Finanzministerin, betreibt dabei eine Blockadepolitik auf drei Ebenen:

Die Finanzministerin blockiert den automatischen Datenaustausch

Österreich spricht sich nunmehr als einziges Land der Europäischen Union gegen den automatischen Datenaustausch gemäß der Zinsenrichtlinie aus. Artikel 9 der Zinsen­richtlinie schreibt vor, dass alle Länder mindesteins einmal pro Jahr die Zinserträge von Konten ausländischer Steuerpflichtiger an die ausländischen Steuerbehörden übermit­teln. Österreich hat jedoch die Ausnahmeregelung gezogen und beteiligt sich nicht an diesem Datenaustausch. Finanzministerin Fekter hält an dieser Ausnahme uneinsichtig fest, obwohl nunmehr sogar der letzte Verbündete in dieser Ausnahmeregelung, Lu­xemburg, angekündigt hat, den automatischen Datenaustausch ebenfalls anwenden zu wollen.

Die Finanzministerin blockiert die Reform der Zinsenrichtlinie

Die Finanzministerin verhindert die längst notwendige Ausweitung der Zinsenrichtlinie auf weitere Kapitaleinkommen, wie Zinserträge von juristischen Personen und von Wertpapieren, Versicherungsverträgen etc.

Die Finanzministerin blockiert Betrugsbekämpfungsabkommen mit Drittstaaten

Die Europäische Union wird dadurch gehindert, Steueroasen mit entsprechendem Ver­handlungsdruck und neuen strengen Abkommen in die Pflicht zu nehmen. Dies ist um­so perfider, als sich Österreich im Rahmen der Zinsenbesteuerungsrichtlinie auch ver­pflichtet hat, in den automatischen Datenaustausch einzutreten, wenn fünf europäische Drittstaaten und die USA den Informationsaustausch auf Anfrage einführen. Der Euro­päischen Kommission sind durch diese Blockadehaltung Österreichs die Hände gebun­den, wodurch in weiterer Folge auch der automatische Datenaustausch nicht in Kraft treten kann. Zusätzlich wurde die Verhandlungsposition der Europäischen Union ge­genüber Drittstaaten von Österreich durch den Abschluss bilateraler Separatverträge, die weiter die Anonymität von Steuerhinterziehern schützen, untergraben.

Eine Billion Euro Schaden für die EU-Staaten durch Steueroasen

Die Organisation "Tax Justice Network" geht in ihrer Publikation "The Price of Offshore" für das Jahr 2012 davon aus, dass ca. 25.000 Milliarden Dollar weltweit in Steueroasen gebunkert sind. Eine Billion Euro geht den Mitgliedsstaaten der EU jedes Jahr durch Steuerhinterziehung und -umgehung verloren. "Das ist ein skandalöser Verlust an drin­gend benötigten öffentlichen Einnahmen, den wir uns gerade in wirtschaftlichen Krisen­zeiten nicht leisten können", sagt Steuerkommissar Algirdas Šemeta. Letztlich ist die groß angelegte internationale Steuerhinterziehung auch ein Betrug an der Demokratie.

Zu allem Überdruss wird dadurch Geldwäsche in Zusammenhang mit Drogen-, Waffen- und Menschenhandel massiv begünstigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 83

Internationale Isolation

International gerät Österreich damit in eine ebenso unhaltbare wie gefährliche Position, da spätestens angesichts der "Offshore-leaks Affäre", der Pleite der Steueroase Zy­pern und des Drucks der USA alle wesentlichen Beteiligten sich auf einen schärferen Kampf gegen Geldwäsche einschwören. Beispielhaft sei der Brief der fünf Finanzmi­nister Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Spaniens und Großbritanniens an Steuer­kommissar Šemeta vom 9. April 2013 genannt, in dem alle Mitgliedsstaaten, vor allem aber Österreich, aufgefordert werden, ihre Blockadepolitik gegen zielführende Betrugs­bekämpfungsabkommen aufzugeben.

Neben inländischen Medien kritisieren vor allem auch viele internationale Medien die starre Position der österreichischen Regierung und der Finanzministerin gegen die Steuerbetrugsbekämpfung:

Die Stuttgarter Zeitung schreibt am 15.4.2013: "Maria Fekter isoliert Österreich im Kampf gegen Steuerflucht."

"Natürlich geht es ihr um den Bankplatz Österreich" schreibt die Frankfurter Rund­schau am 15.4.2013 unter dem Titel "Zasterfahndung".

Und so titelt das Handelsblatt vom 15.4.2013: "Österreich stellt sich weiterhin quer"

Die Süddeutsche Zeitung schreibt unter dem Titel "Vor den Wahlen, nach den Wahlen" am 15.4.2013: "Österreichs Finanzministerin Maria Fekter wiederum muss für das Bankgeheimnis kämpfen, weil andernfalls ihre Landsleute um ihre Pfründe fürchten - und ihre Stimme anderweitig vergeben."

Die Zeit am 11.4.2013 analysiert unter dem Titel "Europas letzte Steuerbastion" Fi­nanzministerin Fekters Argumentation als "Die letzte Propaganda: Omas Sparbuch"

Die österreichische Regierung trägt in Person der Finanzministerin durch diese interna­tional unsolidarische Position wesentlich dazu bei, die Steuerbasis anderer EU-Staaten zu erodieren und das Schließen von Steueroasen zu torpedieren.

Der Koalitionspartner SPÖ, lange Zeit tatkräftiger Mitspieler in diesem Schurkenstück, hat angesichts des zunehmenden internationalen Drucks zumindest erkannt, dass die Blockade zum Datenaustausch nicht mehr lange zu halten ist.

Zudem führt das undiplomatische und rücksichtslose Auftreten der Finanzministerin am europäischen Parkett zu einer nachhaltigen Schädigung des österreichischen Images und vor allem der österreichischen Verhandlungsposition.

Das von der Finanzministerin zum Schutz der ausländischen Steuerbetrüger hochge­haltene "Oma-Sparbuch" geht natürlich voll an der Sache vorbei, ist lediglich primitiver Populismus und macht Österreich international zum Gespött.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Finanzen wird im Sinne des Artikels 74 B-VG das Vertrauen versagt,“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 



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13.09.01

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Glawischnig, Sie haben heute sehr viele bemerkenswerte Dinge gesagt. Sie haben sich über unsere Wirtschaftspolitik beklagt und auch über unsere Finanz­politik in den letzten Jahren. Wir werden das ja heute noch unter einem anderen Ta­gesordnungspunkt erörtern können.

Ich weiß nicht, wohin Sie schauen. In Österreich haben wir die niedrigste Arbeitslo­senrate in ganz Europa. Wir haben einen Budgetpfad, den wir bis 2017 hier festge­schrieben haben, wo wir die Schuldenquote von mehr als 73 Prozent auf 67 Prozent verringern. Der Primärsaldo des Jahres 2015 wird mit 1,9 Prozent prognostiziert und 2017 mit 2,7 Prozent im Plus sein, Frau Kollegin Glawischnig.

Frau Kollegin Glawischnig, ich weiß nicht, wo Sie leben. Bei der Jugendarbeitslosigkeit, da können wir in Österreich große Stücke auf unsere wirklich gute Politik und Sozial­partnerschaft halten. Hier sind wir wesentlich besser als andere europäische Länder, die froh sind, dass sie uns als Vorbild haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Ross­mann: Wir haben aber die höchste Arbeitslosenquote seit 1945!)

Sie von den Grünen haben noch etwas Bemerkenswertes gesagt. Ich habe das letzte Mal von Solidarität gesprochen und bin hier herinnen ausgelacht und doch scharf an­gegangen worden. Aber ich wundere mich, dass Sie von den Grünen, die immer der Meinung sind, sie müssen für die Menschen etwas tun und sie müssen den Menschen helfen, fragen: Warum haben Sie ausgerechnet Zypern gerettet? – Frau Kollegin Gla­wischnig! Wie werden wir das denn in der Europäischen Union als Bürger dieser Euro­päischen Union und als Politiker dieser Europäischen Union den Kollegen in Zypern erklären, dass wir ausgerechnet für die Bürger in Zypern nichts machen wollen? Also ich verstehe hier, ganz ehrlich, Ihre Argumentation nicht.

Wenn Sie sagen, wir tun nichts gegen die Geldwäsche – wir haben erst am Montag darüber diskutiert im Hohen Haus –, dann haben Sie sich schon beim letzten Mal die drei Säulen und das Memorandum of Understanding nicht durchgelesen. Und Sie ha­ben jetzt der Frau Bundesministerin nicht zugehört. Es gibt sehr wohl eine Auflage, dass Zypern mehr gegen die Geldwäsche tun soll. Auch wir in Österreich tun sehr viel gegen die Geldwäsche. Jede Bank, jeder Wirtschaftstreuhänder muss seine Listen füh­ren und muss schauen, ob jeder Klient, jeder Stifter, jeder Begünstigte, jeder Ge­schäftsführer und jeder, der nur irgendwie mit einem Unternehmen in Zusammenhang steht, auch wirklich einer Geldwäscheabfrage standhält.

Ich glaube, Sie haben heute gesagt, der Herr Ex-Kollege Van der Bellen sollte dem Herrn Strache ein Privatissimum geben. Ich glaube, es wäre gut, wenn er auch Ihnen einmal ein Privatissimum darüber gibt, wie das in Österreich so ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Frau Finanzministerin und zu Ihren Qualitäten möchte ich Folgendes sagen: Frau Kollegin Glawischnig, Sie stellen einen Misstrauensantrag gegen die Frau Finanzminis­terin, sprechen hier von Spott und Hohn, dem die Frau Bundesministerin in Europa ausgesetzt sei. (Abg. Mag. Rossmann: Es ist ja tatsächlich so!)

Ich möchte Ihnen ehrlich sagen: Als österreichisches Volk, als österreichischer Steuer­zahler und als österreichische Steuerzahlerin ist es mir lieber, die Frau Bundesminis­terin schließt Abkommen mit der Schweiz, mit Liechtenstein. Es ist mir lieber, die Frau Bundesministerin kassiert in Österreich für ausländische Konten. Das ist mir lieber. (Abg. Mag. Rossmann: Und schützt die Steuerhinterzieher damit!) Wir geben Auskünf­te an die ausländischen  (Abg. Mag. Rossmann: Sagen Sie die Wahrheit!) – Nein, Sie sagen auch nicht die Wahrheit. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Mag. Rossmann.)


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Wir geben Auskünfte an Länder, wenn Anfragen da sind, wenn irgendwelche Ermitt­lungen vorliegen, wo verdächtige Steuerhinterzieher sind. (Abg. Mag. Rossmann: Das ist ja geradezu eine Einladung zur Steuerhinterziehung!) Da werden sehr wohl Aus­künfte gegeben, Herr Kollege Rossmann. Sagen Sie doch die Wahrheit! Und sagen Sie den Menschen auch, dass von diesen ausländischen Steuergeldern oder Geldern, die hier angelegt sind, die Frau Bundesministerin und der österreichische Staat sehr wohl Zinsen einnehmen und diese auch an die anderen Länder weitergeben.

Ist es nicht besser, wenn wir Vereinbarungen haben, wo wir auch Geld für unser Bud­get bekommen, wo wir auch Gelder beziehen, als wenn wir nur Daten abliefern? Das ist besser und das sollten Sie auch den Menschen hier in diesem Lande einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas: Die Frau Bundesministerin kämpft für Österreich. Seinerzeit, als wir hier über das Schweizer und das liechtensteinische Abkommen diskutiert haben, haben ei­nige gesagt: Das bringen Sie nie zusammen, schließen Sie sich doch den europäi­schen Verhandlungen an!

Ganz ehrlich: Unsere Abkommen, die die Frau Bundesministerin verhandelt hat, sind weitaus besser, greifen weitaus besser, und die bringen uns auch mehr Geld. Wir von unserer Fraktion sprechen der Frau Bundesministerin das absolute Vertrauen aus. Bundesministerin Dr. Fekter macht es gut, sie kämpft in Europa für unsere Bürgerinnen und Bürger, für die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und das kön­nen Sie mit dem, was Sie da immer schlechtmachen in der Republik, nicht wettmachen.

Danke, Frau Bundesministerin, für Ihre Leistungen! (Beifall bei der ÖVP.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Bu­cher zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte. (Bundesministerin Dr. Fekter – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Bucher –: Wie ist das mit dem Stronach und der Schweiz?)

 


13.14.15

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Das müssen Sie beantworten, Frau Finanzmi­nisterin; das ist ja Ihr Job. (Staatssekretär Dr. Lopatka: Na geh!) Oder fragen Sie mich jetzt ernsthaft, wie das mit der Schweiz und dem Herrn Stronach ist? Ist es meine Auf­gabe, das zu beantworten – oder Ihre als Bundesfinanzministerin?

Außerdem: Was Stronach macht, ist mir völlig egal. (Rufe: Das glaube ich nicht!) Das berührt mich nicht. Das sollte Sie berühren, aber mich berührt das nicht. (Bundesmi­nisterin Dr. Fekter: Schweigen beim BZÖ!)

Für die Frau Tamandl gibt es eine kurze Antwort, weil sie mich ja immer so verbissen kritisiert. Ich sage Ihnen jetzt in charmanter Art und Weise: Also so gut kann die öster­reichische Politik nicht sein, wenn zum gegenwärtigen Zeitpunkt 400 000 Österreiche­rinnen und Österreicher keinen Job haben, wahrscheinlich zu Hause sitzen, weil sie nicht gebraucht werden, sich vor den Fernsehgeräten diese Diskussion anhören und sich wundern über dieses tolle Land und die tolle Politik, die hier gemacht wird auf Ebene der Bundesregierung, und sie trotzdem keinen Job finden. Also überlegen Sie es sich sehr gut vom Wording her, was Sie diesen Menschen antworten, wenn sie Sie auf der Straße ansprechen und sagen: So eine tolle Politik in Österreich, das ist un­glaublich, aber ich suche jetzt schon seit Monaten, seit Jahren einen Job und be­komme keinen; und wenn ich einen bekomme, dann bekomme ich nicht das Geld da­für, für das ich tatsächlich arbeite und eine Leistung erbringe. (Beifall beim BZÖ.)

Das sei nur einmal ins Gewissen gesprochen. Wenn Sie eine weitere Frage auf der Straße bekommen, nämlich wie es denn um den Schuldenstand der Republik steht,


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dann müssen Sie leider antworten, so wie auch die Frau Finanzministerin: Ja, wir ha­ben einen Rekordschuldenstand, den höchsten Schuldenstand der Zweiten Republik. So viele Schulden in so kurzer Zeit hat in Österreich noch kein Finanzminister in der Zweiten Republik gemacht. – Das ist die Realität, Frau Tamandl. Die Armutsgefähr­dung möchte ich jetzt noch gar nicht ins Treffen führen. Auf alle Fälle ist das alles zu­sammen genau das Gegenteil.

Es ist besorgniserregend schlecht, was diese Bundesregierung gemacht hat – dies na­türlich unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen, die nicht gut sind. Aber gera­de dann, wenn die Rahmenbedingungen so schlecht sind und es rund um Österreich herum – außer Deutschland – Länder gibt, die nicht dazu beitragen, hinsichtlich des Wirtschaftswachstums eine Euphorie zu entwickeln, dann sollte man sich erst recht überlegen, Frau Finanzministerin, ob man bei allen Hilfsaktionen auf europäischer Ebe­ne mitmacht, ob man das in Zukunft überhaupt stemmen kann.

Sie sehen allein bei den Rettungsversuchen, dass die völlig verbockt worden sind, von Anbeginn an. Wir vom BZÖ waren die Ersten, die diese Zypern-Rettungsaktion hier in diesem Hohen Haus zur Sprache gebracht haben. Damals haben wir schon gesagt, so wie das dieser Herr Dijsselbloem anstellt, geht das daneben, führt das ins Chaos, auch zur Verunsicherung aller Sparer innerhalb der Eurozone, nämlich als am Anfang ver­sucht wurde, den kleinen Sparern, den kleinen Rentnern das Geld sozusagen streitig zu machen auf ihren Sparkonten. Sie sollten dafür bluten, was die großen Zocker alles verdient haben. Da waren wir die Ersten, die darauf hingewiesen haben.

Es gibt mittlerweile viele, auch innerhalb der Union, die das im Bundestag in Berlin auch offen zur Sprache gebracht haben. Da schätze ich den Herrn Klaus-Peter Willsch von der CDU sehr, den ich besonders gut kenne, der genau die gleichen Ansichten vertritt wie wir. Es ist interessant, dass ein Kollege der ÖVP-Fraktion sich traut, die­selben politischen Ansichten zu vertreten wie wir vom BZÖ. Dort wird das toleriert. Hier im Hohen Haus hingegen, wenn wir unsere Bedenken zur Sprache bringen und hier deponieren, dann wird das immer als Panikmache abgetan. Aber er formuliert das so kantig, er sagt nämlich, dass es ein absurdes Theater ist, was da auf europäischer Ebene stattfindet, und es führt zu einem Rettungspaket 2 für Zypern. Er vertritt die glei­che Ansicht wie ich (Abg. Dr. Stummvoll: Es gibt überall Minderheiten!), nämlich dass dieses Kaputtsparen Zyperns dazu führt, dass dieses Land noch schneller in die Staatspleite rutscht, als es von selber dort angekommen wäre.

Es wird jetzt noch schneller gehen. Zypern wird noch schneller pleite sein. Denn zuerst hat es geheißen, Zypern muss 5 Milliarden € aufbringen, dann 10 Milliarden €, jetzt sind es mittlerweile 13 Milliarden €, die Zypern selbst zu stemmen hat. Wie wird Zypern das stemmen? Das ist ein Beispiel der Verhandlungen auf europäischer Ebene: Beam­tengehälter werden gekürzt, die Renten werden gekürzt, die Lohnsteuer wird erhöht, 14 Prozent mehr Steuern. Dort wird das Gold verkauft. Es werden Staatsbetriebe, Energiekonzerne an europäische Konzerne verschleudert. Innerhalb kürzester Zeit wird Geld gemacht auf Kosten Zyperns. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist Kolonialismus. Das ist Ausbeutung eines Staates innerhalb der Eurozone und nichts anderes. Zypern ist nicht überlebensfähig. (Beifall beim BZÖ.)

Da muss man kein Volkswirt sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, um zu erkennen, dass, wenn ich dem Staat den finanziellen Nährboden entziehe, den Men­schen das Geld wegnehme und kürze, Zypern volkswirtschaftlich nicht gesunden kann.

Lieber Kollege Stummvoll, wie soll das gehen? Wie soll sich Zypern zukünftig über Wasser halten?

Das, was Herr Kollege Cap kritisiert hat – die Austeritätspolitik innerhalb der europäi­schen Länder –, ist ja ein Lercherl gegen das, was da in Zypern stattfindet, das jetzt ein


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Mehrfaches von dem, was es in der Lage ist, jährlich wirtschaftlich zu leisten, ein­sparen muss.

Ja, wie soll denn das gehen? Da muss man kein studierter Volkswirt sein, um zu er­kennen, dass das niemals funktionieren wird.

Dann werden auch noch die Steuern für die Menschen, die überhaupt nichts dafür kön­nen, erhöht. Die Mehrwertsteuer wird gleich um 2 Prozent erhöht, das heißt, das Leben der Menschen wird teurer. Ja, das ist die Solidarität, von der Sie immer reden. Wir brauchen Solidarität innerhalb Europas. Ich wäre sofort für mehr Solidarität, aber das ist keine Solidarität, das ist Ausbeutertum. Sie hungern Zypern mit dieser Politik aus, und das, was Sie hier betreiben, ist menschenunwürdig. (Beifall beim BZÖ.)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mutto­nen. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.21.39

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal: Keine Frage, jeder Arbeitslose und jede Arbeitslose ist einer/eine zu viel, da gibt es überhaupt nichts zu beschönigen. Trotzdem ist es ein Faktum, dass wir die geringste Arbeitslosigkeit in Europa haben. Ich denke, der Grund, warum wir all diese Maßnah­men setzen, ist ja, damit das so bleibt und damit wir die Situation wieder verbessern können.

Ich möchte aber, bevor ich weiter auf das Thema eingehe, etwas erwähnen, worauf wir, wie ich meine, stolz sein können, nämlich die Regelungen darüber, wie das Parla­ment in Österreich in die ESM-Entscheidungen eingebunden werden muss. Das hat sich in diesem ersten Praxistest, den wir ja jetzt hatten, sehr gut bewährt. Der ESM-Unterausschuss ist umfassend über das Hilfspaket informiert worden und das Paket ist umfassend diskutiert worden. Wir haben am Montag in einer Sondersitzung eine inten­sive und breite Diskussion zu diesem Thema gehabt und die österreichische Position demokratisch und transparent bestimmt. Ich denke daher, dass wir hier mit diesem Paket hinsichtlich der Frage, wie wir mit dem ESM und mit den ESM-Entscheidungen umgehen, wirklich eine gute, praktikable und demokratische Lösung gefunden haben.

Dass der ESM funktioniert, hat sich auch in der letzten Zeit gezeigt. Wie hat denn die Situation vor ein, zwei Jahren noch ausgeschaut, meine Damen und Herren? Die Euro­zone stand unter den ständigen Angriffen von Spekulanten. Auf den Finanzmärkten herrschte Hysterie. Die Zinsen auf italienische und spanische Anleihen sind in uner­trägliche Höhen geschossen. Jede Woche wurde das Ende des Euros vorhergesagt – auch von der Opposition oder von Teilen der Opposition ist das ständig gekommen.

Dank des ESM hat sich die Situation aber mittlerweile merklich entspannt. Die heftigen Spekulationsattacken haben aufgehört, und wenn Sie in die Parlamentskantine gehen, dann können Sie Ihren Kaffee dort immer noch in Euro bezahlen. (Abg. Grosz: Da fin­det man, was die SPÖ gezahlt hat, in der Parlamentskantine!) Spanien und Italien kön­nen sich zu tragbaren Konditionen refinanzieren. Irland und Portugal befinden sich ebenfalls auf einem guten Weg. Das, meine Damen und Herren, ist ein großer Erfolg.

Mit dem Zypernpaket stellen wir nun sicher, dass diese positive Entwicklung weiterge­hen kann und nicht durch die Probleme in Zypern wieder zunichtegemacht wird.

Irland, Portugal, Spanien, Griechenland brauchen jetzt ein stabiles Umfeld, damit sie ihr Reformprogramm auch wirklich durchsetzen können. Mit dem Zypernpaket erhalten wir aber nicht nur die Stabilität in der Euro-Zone, sondern – und das ist neu – wir be-


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teiligen endlich auch die Banken und ihre reichen Gläubiger in umfassendem Maß an der Sanierung Zyperns.

Wichtig ist jetzt, dass wir in die Zukunft blicken – das hat heute Klubobmann Cap schon angesprochen –, dass es einen Perspektivenwechsel gibt. Wir haben gehört, dass sich die Spitzen der EU bereits dafür aussprechen, Investitionen zu tätigen und sich von dem rigiden Sparkurs, den wir immer kritisiert haben, abzuwenden, damit die Länder auch wirklich Spielraum bekommen, um ihre Wirtschaft wieder in neue Bahnen zu bringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. 6 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.25.45

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Tamandl hat heute etwas gesagt, an das ich gleich anknüpfen will. Sie hat gefragt: Wie können wir die Nichthilfe oder das Ablehnen der Hilfe an Zypern argumentieren?

Die Frage sollte aber eher lauten: Wie können wir die Hilfe argumentieren? Das ist jetzt vielleicht für viele eigenartig, wenn ich sage: Wie können wir die Hilfe argumen­tieren? Wenn wir aber zurückschauen, wenn wir an jene Tage zurückdenken, als der Euro eingeführt wurde und als es massive Bedenken gegeben hat – in Deutschland, in Österreich, in vielen Ländern hat es massive Bedenken gegeben –, weil wir den Schil­ling, die Deutschen die Mark und viele andere sichere, vertraute Währungen aufgege­ben haben – da hat es Bedenken gegeben –, so war damals das größte Bedenken, dass es sein könnte, dass in einem gemeinsamen Euro, in einer gemeinsamen Wäh­rung der eine für den anderen haften muss. Der größte Widerstand ist aus dieser Ecke gekommen. Es hat damals von allen Seiten, auch von den österreichischen Politikern, auch von der Regierung, auch von vielen, die heute noch im Amt sind, immer wieder die Beteuerung gegeben: Nein, das ist absolut ausgeschlossen, niemand muss für die Schulden anderer haften, niemand muss für andere in die Bresche springen.

Das war damals die einhellige Meinung. Das wurde auch in die Verträge geschrieben. Eine sogenannte Bailout-Klausel wurde in die Verträge geschrieben. (Abg. Dr. Matz­netter: No-Bailout-Klausel!) Pardon, No-Bailout-Klausel. Sie wissen es ja, Herr Matz­netter, aber anscheinend haben Sie es schon wieder vergessen. (Abg. Dr. Matznetter: Das steht weiterhin drinnen!) Das heißt, es muss niemand für den anderen haften.

Dann, nachdem wir alle diese Grundsätze über Bord geworfen haben, haben wir in die­sen ESM-Vertrag etwas hineingeschrieben, was auch sehr wichtig ist: Sie haben hi­neingeschrieben, dass wir nur dann Hilfe leisten, wenn es unabdingbar ist. Genau da­rüber hat sich noch keiner hier unterhalten, auch die Frau Minister nicht. Die Frau Mi­nister hat kein einziges Wort dazu gesagt, warum sie glaubt, dass die Hilfe an Zypern unabdingbar ist, warum sie überhaupt glaubt, dass wir mit unserem Steuergeld, mit unseren Ersparnissen für Zypern aufkommen müssen. Auch Frau Tamandl hat kein Wort zur Eigenverantwortung gesagt.

Ich kann mich noch an bessere Zeiten der ÖVP erinnern, als sie sich das Wort „Eigen­verantwortung“ auf ihre Fahnen geheftet hatte, aber das gibt es jetzt nicht mehr. Es gibt bei der ÖVP keine Eigenverantwortung mehr.

Wenn man letztlich beschließt, dass hier geholfen werden soll – und ich komme noch dazu, wem da geholfen werden soll –, dann wird alles, wofür man vorher gestanden ist, ausgehebelt und das Wort „Eigenverantwortung“ wird bei der ÖVP dann plötzlich zum Fremdwort.

Wenn Sie schon so bereitwillig sind, dann müssten wir auch jedem Österreicher, der in Privatkonkurs geht – und da gibt es jedes Jahr über 10 000 –, helfen.


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Wenn Sie nach Ihrer Lesart vorgehen und sagen, Sie helfen einfach jedem, der in Schwierigkeiten ist, warum helfen Sie dann nicht den Zehntausenden in Österreich, die jedes Jahr in Privatkonkurs gehen? Warum machen Sie das nicht? Ich kann es Ihnen sagen: Weil Sie dort die Eigenverantwortung leben! Dort sagen Sie, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Wenn es aber um Staaten geht, dann gibt es diese Eigenver­antwortung nach ÖVP-Lesart plötzlich nicht mehr. Genau das ist der Punkt! (Beifall beim Team Stronach.)

Wenn wir uns jetzt anschauen, was hier gerettet werden soll, dann muss man einmal wissen, wie ein Staat überhaupt pleitegeht.

Wenn ein Privater pleitegeht, ist das ein großes Problem. Da kann er Haus und Hof verlieren, da kann er seine Unterkunft verlieren. Er kann sozusagen unter die Schwelle des Existenzminimums fallen und er kann auch in existenzielle Not geraten – ein Staat nicht.

Wenn ein Staat pleitegeht, passiert nicht viel. Die Geschichte zeigt uns das. Schauen Sie sich einmal die letzten 800 Jahre der Finanzkatastrophen in Europa an. Da sind Hunderte Staaten pleitegegangen, immer wieder: Deutschland zwölfmal, Frankreich vierzehnmal. Da sind auch Länder wie Russland oder Brasilien dabei, Länder, die jetzt die großen Superstars sind, alle sind pleitegegangen.

Und was passiert, wenn ein Staat pleitegeht? – Nicht viel. Die Gläubiger, jene, die ihm vorher Geld gegeben haben, haben ein Problem. Genau darum geht es Ihnen nämlich in Wahrheit. Es geht Ihnen weder um Zypern noch um die Zyprioten, es geht Ihnen letztlich darum, dass die Gläubiger – und das sind hauptsächlich Banken – kein Geld verlieren. Darum geht es Ihnen, und da sind Sie bereit, Ihre eigene Überzeugung über Bord zu werfen.

Den Begriff Selbstverantwortung, den Sie früher so hochgehalten haben, gibt es jetzt plötzlich nicht mehr. Den gibt es nicht mehr, wenn es um Staaten geht, die angeblich gerettet werden sollen. Letztlich geht es Ihnen aber nur darum, die Gläubiger, die Ban­ken, die diesen Staaten Geld gegeben haben, zu schützen. Genau darum geht es letzt­lich, und das ist das Verwerfliche.

Wenn man sich das genauer anschaut, sieht man, dass der Euro den Zyprioten ja gar nichts nützt, auch den Griechen nicht, ganz im Gegenteil. Der Euro hat den Griechen, den Zyprioten, den Spaniern massiv geschadet. Der Euro hat ihnen deshalb gescha­det, weil der Euro nicht das tut, was er tun sollte, nämlich abwerten. Normalerweise müsste der Euro abwerten. Frau Merkel hat das ja auch schon gesagt, auch die franzö­sische Regierung hat das immer wieder gesagt: Der Euro müsste in Ländern, die ein Problem mit dem Export haben, abwerten, und in Ländern, die zu viel exportieren, wie zum Beispiel Deutschland, aufwerten. Deutschland exportiert zu viel und Griechenland exportiert zu wenig. Genau umgekehrt proportional verhält es sich mit den Importen, das heißt, die Währung kann nicht mehr reagieren.

All diese Verwerfungen, die wir bei den Handelsbilanzen, bei den TARGET2-Salden sehen – überall haben wir Probleme –, entstehen ja erst durch den Euro. Wir tun den Zyprioten keinen Gefallen, der zypriotischen Bevölkerung schon gar nicht. Auch dem zypriotischen Staat wäre es egal, wenn er pleiteginge. Ein Problem haben nur die Gläubiger, nicht die Menschen in Zypern. Dann müsste man auch nicht ein Sparpaket fahren, das die Leute dann dementsprechend in die Armut treibt. Nur, man will es nicht, so wie man es bei Griechenland nicht wollte. Griechenland hätten wir auch pleitegehen lassen können, das wäre kein Problem gewesen, kein Beinbruch. Wahrscheinlich wäre Griechenland jetzt schon wieder auf den Füßen, so wie Argentinien, Brasilien, Russ­land, viele andere Länder, die diesen Weg ja schon gegangen sind. Die haben das
ja alles schon erlebt und sind auch nach wenigen Jahren wieder auf die Füße ge­kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 90

Bei Griechenland hätten wir diese Chance gehabt und haben sie verspielt. Jetzt ma­chen Sie das Gleiche bei Zypern und helfen letztlich nicht den Zyprioten. Sie tun auch dem Euro keinen Gefallen, Sie tun der ganzen Europäischen Union keinen Gefallen.

Es gibt eine aktuelle Studie, die ich da habe, die ist ganz druckfrisch, die gibt es seit heute. (Der Redner hält kurz ein Schriftstück in die Höhe.) Da hat man in den wich­tigsten EU-Staaten herausgefunden, dass die Zustimmung zur EU katastrophal im Sin­ken ist. In Spanien lehnen drei Viertel der Bevölkerung die EU ab. Das muss man sich einmal vorstellen – in einem Empfängerland! In allen Ländern ist die Zustimmung kata­strophal am Sinken, sogar in Deutschland findet mehr als die Hälfte der Bevölkerung, dass die EU sie verraten hat, und sagt, dass sie kein Vertrauen mehr in diese EU hat. Einzig Polen liegt noch unter 50 Prozent, was die Ablehnung betrifft. Aber auch da ist die Tendenz sehr negativ.

Das heißt, mit dieser Zypern-Hilfe, mit Ihrer undifferenzierten Vorgehensweise schwä­chen wir Europa, das wir für ein wichtiges und notwendiges Friedensprojekt erachten. Der Euro schwächt in Wahrheit die Europäische Union und macht genau das Gegenteil von dem, was Sie immer behaupten. Wir wollen in dieser Europäischen Union ja zu­sammenrücken, aber der Euro trennt uns in Wirklichkeit. Deshalb sage ich: Der Euro ist de facto gescheitert, der Euro erzeugt viele Probleme, von denen Sie behaupten, dass er sie löst, gerade was die Handelsbilanzen betrifft, gerade was die Geldströme im TARGET2-System betrifft; die hat der Euro erst erzeugt.

Deshalb gibt es keine Alternative, als Länder wie Zypern pleitegehen zu lassen: ers­tens, weil es Eigenverantwortung gibt und Zypern in keinster Weise systemrelevant ist – das ist der erste Punkt –; zweitens, weil in den Verträgen zur Europäischen Union beziehungsweise zur Währungsunion steht, niemand darf für den anderen aufkom­men – das ist ein Grundprinzip –; drittens, weil eine Pleite Zyperns eine Chance für Zy­pern wäre, wieder auf die Beine zu kommen, so wie für Griechenland und für andere Länder.

Deshalb steht fest: Der Euro ist gescheitert, wir müssen uns das eingestehen. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung, und Schadensbegrenzung ist sicherlich nicht, dass wir weiter einfach Geld in ein Fass ohne Boden werfen und Sie einfach alles retten, was sich auf der Bühne bewegt, ohne über die Folgen nachzudenken. (Beifall beim Team Stronach.)

Deshalb sage ich noch einmal: Zypern muss nicht gerettet werden, Zypern soll nicht gerettet werden, Zypern wird jetzt leider gerettet, aber das wird ohnehin nicht von Dauer sein, und dann werden wir in wenigen Wochen oder Monaten das gleiche The­ma wieder besprechen, so wie wir das damals bei Griechenland schon gemacht ha­ben, und dann wird hoffentlich ein bisschen Vernunft in diesem Hohen Haus eingekehrt sein. – Vielen Dank! (Beifall beim Team Stronach.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.35.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Finanzmi­nister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich so in diesen halbleeren Plenarsaal blicke, erlaube ich mir, Herr Präsident, die Anregung an die Parlamentspräsidiale, ob man die Mitwirkung des Parlaments im ESM-Gesetz, das wir gemeinsam beschlossen haben, wirklich so auslegen muss, dass man zwei Tage vor dem Gouverneursrat eine Sondersitzung macht und einen Tag danach das gleiche Thema noch einmal abhandelt. (Abg. List: Wo ist denn die ÖVP? Es ist ja alles schwarz hier!) Das ist eine Anregung an die Parlamentspräsidiale, denn man kann das


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Gesetz so oder so auslegen. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Sondersitzung war doch von euch!)

Meine Damen und Herren, ich mache nicht den Fehler, meine Rede von vorvorgestern hier zu wiederholen, ich beschäftige mich eigentlich nur mit einem Punkt, mit dem be­sonders absurden Punkt der heutigen Debatte, nämlich dem Misstrauensantrag gegen die Frau Finanzminister. Also so etwas an Absurdität habe ich in vielen Jahren des Parlamentarismus noch nicht erlebt, meine Damen und Herren. Die Frau Finanzminis­ter hat in ihrer gesamten Amtszeit bei allem, was sie an Gesetzesvorschlägen im Par­lament eingebracht hat, die breite Parlamentsmehrheit gefunden.

Das heißt, meine Damen und Herren, der Misstrauensantrag müsste ja gegen die Par­lamentsmehrheit eingebracht werden, und die Parlamentsmehrheit hat aber der Wäh­ler so bestimmt. Eigentlich ist das also ein Misstrauensantrag gegen den Wähler, weil der Wähler in der Wahl die Stimmen so verteilt hat, dass hier zwei Parteien die Mehr­heit haben, und diese Mehrheit hat immer alle Gesetzesinitiativen der Frau Finanzmi­nister akzeptiert. (Abg. Grosz: Wer hat da gegen den Wähler agiert? Der Wähler unter­stützt das aber nicht!)

Meine Damen und Herren, ich habe mich über jenen Redner unseres Koalitionspart­ners – er ist leider nicht da – gewundert, der gesagt hat, wir müssten uns überlegen, ob wir nicht das machen, was die Spitzen der EU laut heutiger „Kronen Zeitung“ sagen, was Eric Frey im „Standard“ schreibt. Entschuldigen Sie, die sagen genau das, was wir seit Jahren machen!

Wir haben nie Gesetze mit dem Ziel beschlossen, nur zu sparen. Diese Finanzminis­terin hat dem Parlament im Vorjahr zwei Stabilitätspakte vorgelegt – Stabilitätspakete eins und zwei –, die Mehrheit im Parlament hat sie beschlossen. Das war die berühmte Dreifachstrategie: Sparen, Strukturreformen, aber gleichzeitig Incentives und Anreize für Wachstum und Beschäftigung. Ja, könnt Ihr euch daran nicht mehr erinnern?!

Offensivstrategien in den Bereichen Bildung, Infrastruktur, Wachstum, Energieeffizienz: Wir haben genau das gemacht, was jetzt die große Erkenntnis der EU-Spitzen ist! Wir haben nie gesagt, wir sparen nur, wir haben immer gesagt, wir brauchen diese Drei­fachstrategie: einerseits Budgetkonsolidierung im Sinne der Stabilität, aber natürlich auch strukturelle Reformen und natürlich auch Impulse für Wachstum und Beschäfti­gung! Wir waren eigentlich die Vorreiter für das, was jetzt Barroso & Co wollen und was auch Eric Frey heute im „Standard“ schreibt! (Beifall bei der ÖVP.)

All das, meine Damen und Herren, haben wir aufgrund von Vorschlägen, die diese Fi­nanzministerin ins Parlament gebracht hat, gemacht: das umfangreiche Stabilitätspaket eins, das Stabilitätspaket zwei, meine Damen und Herren. Für mich ist also die Frau Fi­nanzminister wirklich der Garant dafür, dass wir die richtige Finanz- und Wirtschafts­politik machen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Wirtschaftsstandort braucht das, denn – und ich sage das immer wieder –: Wirt­schaftsstandort heißt nicht Unternehmer. Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, heißt Einkommen und heißt letztlich soziale Sicherheit. – Und da ist die Frau Finanzminis­terin für mich der Garant einerseits für Stabilität, andererseits für Dynamik und Wachs­tum. Daher halte ich diesen Misstrauensantrag für derart absurd, Herr Kollege Ross­mann, da haben Sie keine Chance mehr, das zu begründen.

Besonderer Dank gebührt der Frau Finanzminister zu einem Detailpunkt des Zypern-Pakets, der vielleicht ein bisschen untergegangen ist. Die Frau Finanzminister hat im Zypern-Paket die Aufnahme eines Trust-Registers durchgesetzt. (Abg. Mag. Ross­mann: Das haben wir doch vorher schon gehört!)

Herr Kollege Rossmann, ich halte es für scheinheilig – auch vonseiten der EU –, wenn gesagt wird, wenn Österreich dem Datenaustausch beitritt, dann ist die Welt wieder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 92

heil. Wenn man den Kampf gegen Geldwäsche, gegen Drogengelder, gegen Schwarz­geld wirklich ernst nimmt, dann muss man zuerst all die anonymen Strukturen aufbre­chen, denn dort gibt es keine Daten. Ich habe ja keine Daten, ich weiß nicht, wem das gehört, ich weiß nicht, wie viel da drinnen liegt. (Abg. Mag. Rossmann: Wir haben ja nie gesagt, dass das das Allheilmittel ist!)

Daher ist jetzt der Slogan der Frau Finanzminister, was für eine kleine Insel – Zypern – gilt, nämlich das Trust-Register, muss auch für eine große Insel gelten, vollkommen richtig. Es ist ja absurd, dass es ein EU-Mitglied gibt – United Kingdom  (Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt da „scheinheilig“?!)

Scheinheilig habe ich in Richtung dessen gesagt, was wir auch von der EU-Spitze hören, bitte. (Abg. Grosz: Der erste Ordnungsruf in der Geschichte des Herrn Stumm­voll!)

Daher ist es wirklich ein großes Verdienst dieser Finanzministerin, gegen die Sie einen Misstrauensantrag einbringen, dass sie durchgesetzt hat, dass erstmals in der Euro­päischen Union diese ganzen anonymen Strukturen aufgebrochen werden. Na glauben Sie wirklich, dass die großen Steuerhinterzieher, die Drogenbosse ihre Gelder auf Sparkonten liegen haben? (Abg. Mag. Rossmann: Woher wissen Sie das?) Das ist ja völlig absurd, bitte. Wenn man das ernst nimmt, dann muss man neben den Trusts auch das in Angriff nehmen, was wir bereits 2003 beschlossen haben: Datenaustausch dann, wenn die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra und wie sie alle heißen, mit­machen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.)

Da sagt die Frau Finanzminister zu Recht, das Verhandlungsmandat muss sicherstel­len, dass die Abkommen mit Schweiz und Liechtenstein, die wir hier mehrheitlich be­schlossen haben, dabei unberührt bleiben. Dann stimmen wir zu! Dieses Verhand­lungsmandat gibt es noch nicht. Also auch da agiert die Frau Finanzminister mit voller Rückendeckung der Parlamentsmehrheit.

Daher, Frau Finanzminister, Dank für Ihre bisherige Arbeit und volle Unterstützung auch in Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)

13.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Themessl. 4 Minuten Redezeit sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


13.40.42

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Finanzministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zum Ersten, Herr Kollege Stummvoll: Dass wir heute, innerhalb von zwei Tagen das gleiche Thema noch einmal diskutieren, liegt nicht an der Opposition, sondern an den Regierungsparteien. Die Sondersitzung am Montag wurde von den Regierungsparteien einberufen und nicht von der Oppo­sition. (Abg. Dr. Stummvoll: Das will ich ja vorher wissen! Ich muss ja vorher die In­formation haben! – Abg. Tamandl: Das haben Sie falsch verstanden!) Deswegen wird natürlich die Aufmerksamkeit der Abgeordneten nicht mehr so groß sein, wie sie viel­leicht am Montag war. Das zum Ersten.

Zum Zweiten bringe ich gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heinz Christian Strache und weiterer Abgeordneter betreffend: Di­rekte Demokratie zulassen! – Österreichs Zukunft liegt im Schilling

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 93

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Erforderliche zu veranlassen, um den wei­teren Verbleib Österreichs in der Euro-Zone von einem direkt-demokratischen Volks­entscheid abhängig zu machen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich werden Ihnen jetzt auch kurz erklären, warum es zu diesem Antrag kam. Frau Fi­nanzministerin, Sie haben heute bei der Zypern-Hilfe unter anderem erwähnt, dass drei Faktoren für Sie maßgebend sind, wie man Zypern wieder auf den Erfolgsweg bringt. Als dritten Faktor haben Sie Strukturreformen in Zypern und dabei behilflich zu sein erwähnt, und haben dazu auch mitgeteilt, dass Sie da auf Ihre Erfahrungen der letzten Jahre zurückgreifen.

Jetzt erzähle ich Ihnen einmal die Erfahrungen der letzten Jahre. Nehmen wir das Grie­chenlandpaket her! Bei der ersten Griechenland-Hilfe – da war noch Ihr Vorgänger Jo­sef Pröll Finanzminister; davon abgesehen, dass man damals von einem Geschäft ge­sprochen hat – hat man gesagt, das sei so großzügig angelegt, dass es mehr als aus­reichen würde. In der Zwischenzeit wissen wir, dass es ein zweites Hilfspaket ge­braucht hat, ein drittes, und über das vierte diskutiert man bereits. Dazu geführt haben die ganzen Rettungsmaßnahmen in all den Sonderfällen. Wir reden jetzt von fünf Län­dern. Es hat mit Griechenland begonnen, mit Irland, mit Portugal, mit Spanien. Jetzt sind wir bei Zypern. Das sechste wird dann folgen, und das siebte ist mit Slowenien auch nicht weit entfernt, und dann kommt Frankreich.

Und wissen Sie – der Kollege Hübner hat das am Montag angesprochen –, alle diese fünf Länder haben eines gemeinsam: Sie haben den Erfolgs-Euro als Währung! Jetzt sage ich Ihnen das Gegenteil. Die wirtschaftlich besten fünf Länder in Europa – und Frau Muttonen, wir sind nicht die besten in Europa, weil auch die Schweiz und Norwe­gen im geographischen Sinne zu Europa gehören. (Abg. Mag. Muttonen: In der EU!)

Dann beziehen Sie sich auf die EU, wenn schon, denn schon, wobei die Zahlen auch nicht stimmen. So viel als Geographienachhilfeunterricht. – Die wirtschaftlich besten fünf Länder der letzten zwei Jahre waren Norwegen, die Schweiz, Schweden, Däne­mark, Polen. Wissen Sie, was diese fünf Länder gemeinsam haben? – Die haben nicht den Erfolgs-Euro! Jetzt frage ich Sie: Ist das wirklich ein Erfolgs-Euro, wenn fünf Län­der die Hilfe aller brauchen?! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, Sie wissen gar nicht mehr, wie viel Milliarden bei den fünf Hilfe bedürftigen Ländern, von denen wir sprechen, schon im Umlauf sind. Das sind Hunderte von Mil­liarden an Haftungen, an Bargeld und an Krediten. Und ich glaube nicht, dass Sie jetzt aus dem Stegreif beantworten können, von wie viel Hundert Milliarden Euro wir hier sprechen.

Und wissen Sie, was der Erfolg dieser ganzen Rettungsaktionen war? – Der „Erfolg“ war der, dass es in der Zwischenzeit in Europa 26 Millionen Arbeitslose gibt; davon über 6 Millionen Jugendarbeitslose. Tendenz nach wie vor steigend, auch in Öster­reich!

Minister Hundstorfer hat ja zugegeben, dass die Arbeitslosenzahlen in Österreich auch in diesem Jahr noch steigen werden, trotz vorsichtig geschätzten Wirtschaftswachs­tums von vielleicht 1 Prozent, sofern es denn eintrifft. (Abg. Krainer: Arbeitsplätze aber auch!) – Da wissen Sie schon, welche Arbeitsplätze: Geringfügig Beschäftigte, Teilzeit­beschäftigte! Die Leute brauchen heute zwei und drei Jobs, um überhaupt über die Runden zu kommen. Wachen Sie doch endlich auf! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Sie sind ja vollkommen auf dem Holzweg! Ich weiß nicht, wo Sie leben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 94

Noch etwas: Morgen wird hier im Hohen Haus der Sozialbericht behandelt, und in die­sem Sozialbericht wird unter anderem auch über die Armutsgefährdung in Österreich gesprochen. In Österreich sind es in der Zwischenzeit über 1 Million Menschen, die von der Armut betroffen sind. Wissen Sie, wie viel das vor der Euro-Einführung wa­ren? – Vor der Einführung waren es 400 000, also ein Drittel. (Abg. Mag. Rossmann: Schwarz-Blau hat dafür gesorgt, dass es ansteigt! Das ist die Wahrheit!) – So viel zum „Erfolgs-Euro“! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch etwas zu Griechenland. Wissen Sie, Ihre Strukturreformen waren so gut, dass seit dem Beginn der Rettungsaktionen für Griechenland die Wirtschaft um sagenhafte 30 Prozent geschrumpft ist. Und in Anbetracht dessen erwarten Sie noch allen Ernstes, dass da irgendwo Geld zurückkommt, sei es in zehn oder in 15 Jahren! Es kann wahr­scheinlich dann zurückkommen, wenn wir den Schilling wieder einführen und dann eins zu eins von Euro auf Schilling umrechnen.

Und dann wollen Sie die Wirtschaftsstrukturen in Zypern ändern. Sie wissen, dass über 50 Prozent der Zyprioten im Finanzsektor und im Bankengeschäft beschäftigt sind. Die würgen Sie jetzt ab. Das mag schon sein, dass das richtig ist, oder auch nicht. Aber was wollen Sie mit den Leuten machen? Wollen Sie diese umfunktionieren? Werden das morgen Kartoffelbauern oder Olivenbauern oder was auch immer?

Das funktioniert doch nicht! Griechenland hat es ja vorgezeigt. Die Wirtschaft schwä­chelt. Portugal und Spanien haben ein Minus in der Wirtschaftsleistung, das schon fast an griechische Verhältnisse herankommt.

Hören sie doch endlich auf und geben Sie doch endlich zu, dass der Euro, die Euro-Zone und auch die EU in dieser Form, wie sie jetzt betrieben wird, absolut gescheitert sind! (Beifall bei der FPÖ.)

13.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. 3 Minuten Redezeit sind eingestellt.

Entschuldigen Sie! Bevor ich Ihnen das Wort erteile, enunziere ich noch, dass der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter betreffend Di­rekte Demokratie zulassen! – Österreichs Zukunft liegt im Schilling

eingebracht in der 199. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 25. April 2013 zu TOP 2, ESM-Erklärung der Bundesministerin für Finanzen gemäß § 32h Abs. 4 GOG-NR betreffend die Gewährung von Finanzhilfe an die Republik Zypern

Seit Jahren eilen die Finanzminister der Währungsunion von Krisensitzung zu Krisen­sitzung. Um den Euro stabilisieren zu können, wurden der Eurorettungsschirm EFSF und der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM über die Bevölkerung hinweg ins Leben gerufen. Eine Vorgehensweise, die in ihrer Gebarung und Haltung gegenüber der Bevölkerung beinahe an die Kabinettskriege absolutistischer Fürsten erinnert. Zu­künftige Generationen wurden mit milliardenschweren Haftungen belastet.

Zusätzlich hat die Bundesregierung bereitwillig die Budgethoheit an den intransparen­ten ESM abgetreten. In Zypern wurde ein neues Stadium erreicht. Sparer wurden unter Federführung der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank enteignet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 95

Guthaben wurden eingefroren und zur Rettung von Spekulanten herangezogen. Eine Enteignung, wie sie in Europa seit der Gründung der Sowjetunion nicht mehr gesehen wurde. Der Euro wurde in europäischen Regierungskreisen von der Währung zum na­hezu religiös anmutenden Dogma stilisiert. Unzählige Milliarden an Steuergeld und mittlerweile Sparguthaben wurden auf dem Altar der Gemeinschaftswährung geopfert. Dabei muss eine Währungsunion – die Werte vernichtet anstatt sie zu speichern – als gescheitert betrachtet werden. Die Österreicherinnen und Österreicher müssen endlich verbindlich entscheiden dürfen, ob sie diesen Weg bis zum bitteren Ende weitergehen wollen. Haftungen in unbegrenzter Höhe und Enteignung lassen sich mit einem demo­kratischen Staat nicht vereinbaren. Ein Volksentscheid über ein Ende der Brüsseler Währungsdiktatur und die Rückkehr zum Schilling als nationaler und souveräner Wäh­rung ist demokratie- und staatspolitisch erforderlich.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Erforderliche zu veranlassen, um den wei­teren Verbleib Österreichs in der Eurozone von einem direkt-demokratischen Volksent­scheid abhängig zu machen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


13.46.46

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! – Kollege Stummvoll ist jetzt nicht da. Ich kann mich an Aussagen von unserem Koalitionspartner erinnern, damals vor dem sogenannten Loipersdorf-Paket: Wir wollen das budgetausgabenseitig sanieren! – Ich bin froh, dass wir es nicht nur ausgabenseitig saniert haben, dass wir jetzt diese Balance habe, und es freut mich, dass der Kollege Stummvoll das auch lo­bend erwähnt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zypern-Krise ist ein Beweis für das Scheitern eines Wirtschaftsmodells, das alleine auf einen starken Finanzsektor setzt. Ich bin sehr froh, dass es jetzt in Verhandlungen gelungen ist, die Rettung für Zypern zu beschließen und wieder ein wenig Stabilität in die Eurozone zu bringen.

Aber, meine Damen und Herren, es stellt sich schon die Frage: Haben die Politiker und die Ökonomen in den vergangenen Jahren die richtigen Maßnahmen gesetzt, um die Krise dauerhaft und wirksam zu bekämpfen? Haben wir die Ursachen gefunden oder nur Symptome bekämpft?

Ich bin nicht der Meinung jener, die sagen, der Euro sei gescheitert, aber, um es mit einem Patienten zu vergleichen, es ist ein Patient mit einem Geburtsfehler, weil man mit zwei Kennzahlen – Staatsschuldenquote und Neuverschuldung – eine Währungs­union nicht führen kann. Da braucht es ein wenig mehr. Das ist wie bei einem Arzt. Der Patient geht zum Arzt – die falsche Diagnose, da kann man noch so viel behandeln, er wird nicht geheilt. Mit der richtigen Diagnose kann man auch die Ursachen bekämpfen. Und da geht es darum, das auch für den Euro und für die Eurozone zu tun.

Mit Sparen alleine wird man keine Volkswirtschaft sanieren, das haben wir heute schon gehört. Aber wer als Politiker und Ökonom mit der Diagnose startet, die Regierungen hätten schlecht gewirtschaftet und die Schulden einiger Länder im Süden seien die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 96

alleinige Ursache, das Kernproblem der Eurozone, der liegt in der Diagnose nicht rich­tig, denn die Schulden sind nicht die Ursache, sondern die Folge. Mittlerweile hat sich nämlich auch bei zahlreichen Ökonomen und Politikern die Überzeugung durchgesetzt, dass die Ursache für die Probleme innerhalb der Eurozone nicht die Staatshaushalte sind, sondern die Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit der gemeinsamen Eu­rozone.

Diese Ungleichgewichte – so schreibt Heiner Flassbeck, damals Chefökonom der Ver­einten Nationen, in einem Aufsatz am 1. Juni 2012 – sind zu einem erheblichen Teil von Deutschland verursacht. Deutschland – und in abgeschwächter Form auch Öster­reich, weil wir uns sehr oft an die Entscheidungen von Deutschland anhängen – hat sich mit Lohnzurückhaltung und den daraus folgenden niedrigen Lohnstückkosten ei­nen Wettbewerbsvorteil gegenüber den südlichen Ländern erarbeitet. Das hat zu Han­delsbilanzdefiziten geführt, die über Kredite, über Schulden finanziert werden mussten.

Wer nun glaubt, dass diese Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit über Nacht, zum Beispiel durch Ausscheiden aus der Eurozone und Abwertung, beseitigt werden können, der irrt. Die Folge wäre eine tiefe Rezession, denn die Überschussländer wür­den sofort ihre Exporte verlieren und auch in die Krise schlittern.

Es ist notwendig, den angeschlagenen Volkswirtschaften die Zinslast zu erleichtern und die Rückkehr zum Wachstumspfad zu ermöglichen. Wer des Weiteren glaubt, ein Land könne seine Wettbewerbsposition halten und die anderen aber gleichzeitig ver­bessern, ist völlig auf dem Holzweg. Der Anpassungsprozess der Wettbewerbsfähig­keit und das Erreichen von ausgeglichenen Handelsbilanzen wird ein langwieriger Pro­zess, der uns noch einige Jahre begleiten und der uns auch vieles abverlangen wird.

Abschließend, meine Damen und Herren: Es war notwendig und richtig, Zypern zu hel­fen und zu retten. Für die Zukunft der Eurozone wird es entscheidend sein, wie schnell es uns gelingt, auf den Wachstumspfad zurückzukehren, die Zinslast zu erleichtern und die Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Mitgliedsländer auszu­gleichen. Die Folgen – sollte uns das nicht gelingen – kann sich jeder selbst ausma­len. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.09

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich nehme einmal nach den Ansagen der Kollegen Stummvoll und Tamandl mit, dass es jetzt in diesem Hohen Haus drei Menschen gibt, die dafür stehen, dass das Bankgeheimnis etwas Tolles ist, dass man mit den Steuer­abkommen mit Liechtenstein und der Schweiz den richtigen Weg gegangen ist. Die dritte Person, Frau Finanzministerin, das sind Sie.

Aber der Rest Europas steht dagegen, und das müssen Sie einmal zur Kenntnis neh­men. Sie stehen in dieser Frage einfach isoliert da. Das ist die Wahrheit! Kommissar Semeta schreibt heute in einer Aussendung, dass es vermutlich nicht mehr lange dau­ern wird, bis Österreich auch auf den Pfad der Tugend einschwenken wird. Ich glaube, es wird bald so weit sein. (Abg. Mayerhofer: Was heißt das?)

Vom Kollegen Themessl nehme ich mit, dass die Einführung des Euro schuld daran sei, dass Europa heute 26 Millionen Arbeitslose hat. Das ist für Ökonomen schon ein starker Tobak, muss ich sagen. Da hat Kollege Themessl nicht mitbekommen, dass wir in Europa eine schwere Bankenkrise mit einer nachfolgenden Wirtschaftskrise hatten, an der wir immer noch laborieren, und dass das im Wesentlichen die zentralen Ursa­chen dafür sind – neben anderen, auf die ich jetzt nicht eingehen werde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 97

Aber das führt mich zum Stichwort „Bankenkrise“. – Ja, die Bankenkrise in Europa ist bei Weitem nicht bewältigt. Und das jüngste Beispiel, das wir dafür haben, ist Zypern. Das Krisenmanagement der Eurogruppe rund um diese Zypern-Lösung hat einmal mehr klargemacht, dass Europa dringend ein Bankeninsolvenzrecht, eine Bankenunion mit drei Bausteinen braucht: einer gemeinsamen Prüfung, einem Bankeninsolvenzrecht und einer gemeinsamen Einlagensicherung.

Ich erinnere mich noch daran, dass am 16. März diese Einlagensicherung, sprich: für Spareinleger unter 100 000 €, in Frage gestellt werden sollte, am 25. wurde dann zu­rückgerudert, da ist man schon einen Schritt in Richtung Bankeninsolvenzrecht gegan­gen, ohne dass man aber ein solches hatte. Man ist dazu übergegangen, zu sagen: Beteiligen wir doch die Gläubiger an der Sanierung der Banken beziehungsweise an der Abwicklung von Banken! Sprich: die Aktionäre, sprich: die Anleihen-Besitzer, und sprich: auch die Besitzer von Spareinlagen, aber bitte nicht jene unter 100 000 €. Der Schaden, den die Euro-Gruppen-Minister damit im gesamten Bankensystem angerich­tet haben, war enorm.

Wenn wir heute immer noch kein Bankeninsolvenzrecht haben, viereinhalb Jahre nach der Pleite von Lehman, so ist das in Wirklichkeit ein Skandal! Die Bankenkrise wird ja weitere Folgen haben, wir werden demnächst vermutlich hier stehen und ein weiteres Land zur Behandlung haben, nämlich Slowenien. Und wieder wird der Auslöser die un­bewältigte Bankenkrise sein. Das heißt, an dieser Frage muss dringend rasch und schnell gearbeitet werden, wenn Europa diese Eurokrise überwinden soll. (Beifall bei den Grünen.)

Zu Zypern selbst. – Bei Zypern sind zwei Fragen von Bedeutung. Geht es um die Fi­nanzfazilität, über die heute zu befinden ist, ebenso wie um das MoU, das „Memoran­dum of Understanding“, dann stellt sich die Frage, ob von Zypern ein systemisches An­steckungsrisiko ausgeht oder nicht, denn nur dann, wenn von Zypern ein solches Risi­ko ausgeht, ist jene Unabdingbarkeit gegeben und erfüllt, die der Artikel 12 des ESM-Vertrages vorsieht, nämlich zur Stabilisierung der Eurozone.

Jetzt bin ich nicht dafür, dass man Zypern hängen lässt. Nein, ich bin dafür, dass man Artikel 3 des EU-Vertrages auch einhält, wo von Solidarität die Rede ist. Aber ich bin dafür, dass Europa einmal dringend sein Wirtschaftsmodell überdenkt. Daran führt kein Weg vorbei, denn so lange Europa an diesem Wirtschaftsmodell festhalten wird, das Europa in den Ruin geführt hat, das eindeutig gescheitert ist, so lange wird eine solche Politik, wie sie jetzt von der Euro-Gruppe und auch vom ESM-Board beschlossen wor­den ist, unabdingbar und alternativlos sein.

Aber wir müssen uns im Klaren sein, es gibt Alternativen. Schön langsam dämmert es auch bei einem der Mächtigen in Brüssel, beim Chef der Europäischen Kommission, Barroso, der gestern gemeint hat, man sei mit der Austerität vielleicht doch ein biss­chen zu weit gegangen. Schön langsam dämmert es. – Man ist nicht ein bisschen zu weit gegangen, man hat Europa an den Rand des Ruins gebracht. Das ist die Wahr­heit! Und wenn hier darüber nachgedacht wird, das ein wenig zu ändern, die Konsoli­dierung ein wenig zu lockern, so sage ich: Das allein wird zu wenig sein, das wird nicht reichen! Das wird aber insbesondere auch für Zypern nicht reichen!

Die zweite zentrale Bedingung lautet, dass die Budgetpolitik gewährleisten muss, die Schulden nachhaltig tragen zu können. Und wenn ich mir anschaue, wie das in den Unterlagen begründet wird, so kommen mir Zweifel, ob dieser Kurs zusammen mit dem „Memorandum of Understanding“ einer ist, der Zypern aus dieser Fiskalkrise heraus­führen wird.

Zypern hat heuer einen Wachstumseinbruch in der Größenordnung von 8,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zypern wird im kommenden Jahr einen Einbruch des


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Wachstums von fast 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes haben, also in Summe ei­nen solchen über 12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Und im Jahr 2015 dreht sich das alles plötzlich: Die zypriotische Wirtschaft soll dann um 1,1 Prozent wachsen, im Jahr darauf um 1,9 Prozent. Gleichzeitig wird aber in diesem Land ein rigoroser Spar­kurs gefahren. So steht es drinnen im „Memorandum of Understanding“, denn dieses „Memorandum of Understanding“ fordert, dass die Finanzhilfefazilität nur dann gewähr­leistet werden dürfe, wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind.

Welche Bedingungen sind das? – Das sind Ausgabenkürzungen  (Zwischenbemer­kung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Hören Sie jetzt zu, Sie haben sich dazu ja gar nicht geäußert, da fängt es einmal an! Sie haben etwas verlesen, aber an den wirk­lichen Problemen sind Sie vorbeigegangen, Frau Finanzministerin. (Beifall bei den Grü­nen.)

Es sind Ausgabenkürzungen bei den Pensionen und im Gesundheitsbereich, es sind Lohnkürzungen – immerhin gestaffelt, im Gegensatz zu bisherigen Memoranden, die es gegeben hat –, es sind Personalstandskürzungen, es sind Steuererhöhungen und – das haben Sie auch gesagt – es sind eine Reihe von Strukturreformen. Wenn man schaut, welche Strukturreformen hier besonders zum Tragen kommen, dann sieht man, es sind immer die Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. In diesem Memoran­dum – ich will das jetzt nicht auf Englisch vorlesen – steht drinnen, dass es gesetzliche Eingriffe in die Lohnbildung geben soll. Im Fall Griechenlands hat es das auch gegeben.

Jetzt geht die Frau Finanzministerin (in Richtung der den Plenarsaal verlassenden Bundesministerin Dr. Fekter), das hört sie vielleicht nicht gerne. Im Falle Griechenlands hat es das auch gegeben, aber da hat sich die ILO in einem Gutachten sehr heftig da­gegen ausgesprochen. Ich hoffe, das tut sie auch im Falle Zyperns.

Des Weiteren steht in diesem „Memorandum of Understanding“, dass jede Änderung der Mindestlöhne an die ökonomischen Bedingungen des Landes anzupassen ist. Was heißt denn das 2013 und 2014, wenn die Wirtschaft in diesen beiden Jahren in Summe um 12,7 Prozent schrumpft? Das bedeutet, dass die Mindestlöhne in diesem Ausmaß schrumpfen sollen. – Hier wird den Armen und Ärmsten tief in die Tasche gegriffen, und dann soll plötzlich im Jahr 2015 und 2016 die Wirtschaft wieder wachsen. Das Ver­trauen der Investoren und der Konsumenten soll steigen – so steht es auch in den Un­terlagen drinnen – durch einen fiskalpolitischen Kurs, der das Land zwingt, sieben Pro­zentpunkte des BIP einzusparen. – Ich kann Ihnen sagen, und aus der Erfahrung Grie­chenlands wissen wir das: Das wird nicht funktionieren!

Obendrein wird noch darauf hingewiesen, dass es beträchtliche Risiken einer Abwärts­entwicklung gibt. Das wird in diesen Unterlagen extra noch einmal betont, wenn es um die Beurteilung der Schuldentragfähigkeit dieses Kurses geht. Auf die Gasvorkommen zu setzen, auf die in diesen Papieren ebenfalls gebaut wird, das ist jedenfalls verfrüht. 2015 werden mit Sicherheit noch keine Erträge aus der Ausbeutung der Gasvorkom­men kommen.

Solange es für dieses Land keine wachstumsfördernden Maßnahmen gibt, so lange wird Zypern auch nicht wieder auf eigene Beine kommen. Man muss sich nur vorstel­len: Man hat dem Land sein Geschäftsmodell genommen, zu Recht, wie ich meine, und auf der anderen Seite verabsäumt man aber, makroökonomisch das zu tun, was geboten wäre! Ganz im Gegenteil: Dort, wo das Land etwas aufbauen könnte, etwa im Bereich der Telekommunikation, der Häfen und dergleichen, werden Privatisierungen vorgeschrieben! – Ich weiß nicht, was dieses Land überhaupt tun soll.

Zusammenfassend: So wird es nicht gehen! Ich hoffe, dass sich die Stimmen der Vernunft, die jetzt andeutungsweise in der zitierten Äußerung Barrosos angeklungen sind, endlich durchsetzen und dass Europa den Austeritätskurs verlässt.


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Das würde aber bedeuten: Weg von diesem harschen Konsolidierungskurs um jeden Preis! Mehr Zeit für die Konsolidierung, insbesondere in den Staaten des Südens! Aber auch expansive Impulse in der Fiskalpolitik jener Staaten in Europa, die sich das leisten können! Deutschland beispielsweise schreibt ja schon Budgetüberschüsse. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.01.54

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Es war durchaus interessant, die Klubobleute zu hören. Das ist der Vorteil, wenn wir zweimal über dasselbe Thema sprechen. Am interessantesten war Strache. Er lehnt die gesamte Zypernhilfe ab, um dann die österreichische Betei­ligung an den internationalen Konzern-Steuertricksereien zu Recht zu geißeln. Das Gruppenbesteuerungsprivileg ist ein wesentliches Instrument für internationale Konzer­ne, um immer weniger Steuern zu zahlen. Auf unseren empörten Zwischenruf, dass es ja genau eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ war, die das beschlossen hat, hat es ihm fast die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Das ist ein guter Anfang, meine Da­men und Herren, nämlich zu begreifen, dass man mit einer Politik für Steuererosion und Steuerhinterziehung nicht punkten kann bei den Wählerinnen und Wählern! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie machen jedoch in anderen Bereichen weiter, meine Damen und Herren von der FPÖ. Sepp Pröll saß noch als Vorgänger unserer jetzigen Finanzministerin auf der Re­gierungsbank, als wir von der OECD auf die graue Liste gesetzt wurden. Und es war eine klare Entscheidung: Wir müssen etwas tun, was die Bekanntgabe von Daten von Steuerhinterziehern betrifft. Wir müssen unsere Abkommen neu verhandeln. Das war übrigens ein Riesenerfolg – und an der Stelle ein Dankeschön an Staatssekretär Schieder, der das maßgeblich verhandelt hat. Wir haben das in wenigen Jahren zu­stande gebracht. Wer stimmt in diesem Haus regelmäßig gegen diese Abkommen? – Das sind genau diese Damen und Herren von der FPÖ, Sie sind die Schutzpatrone von Steuerhinterziehern geworden!

Man hat das am Montag bei der Zypern-Debatte gesehen. Da haben Sie sich aufgeregt darüber, dass die Oligarchen, das sind die mit über 100 000 € am Konto, da mitzahlen sollen. (Abg. Mag. Stefan: Über die Enteignung!) Darüber hat er sich beschwert, Ihr Klubobmann! Beschwert hat er sich darüber der Schutzpatron russischer Schwarzgeld-Oligarchen. (Abg. Mag. Stefan: Bei Ihnen ist man also ab 100 000 € Oligarch! Interes­sant!) Insofern ist die Schamesröte Straches ein gutes Zeichen und eine Chance, dass Sie Ihre Position überdenken.

Erklären konnten Sie uns nie, wieso Sie gegen die Benachrichtigung bei Steuerhinter­ziehung sind. In diesem Sinne ist es nur stringent und folgerichtig, dass Sie auch das Zypernpaket ablehnen, denn da ist etwas ganz Wichtiges geschehen – ich glaube, es war Kollege Stummvoll, der darauf hingewiesen hat –: Es war Österreich, die österrei­chische Finanzministerin, die ein Verzeichnis der dortigen Trusts wollte. Ein gutes Zei­chen! Auch die Erhöhung der Körperschaftssteuer.

Frau Bundesministerin, eines jedoch bleibt: Das wahre Steueroasen-Modell, die Pirate Bay Zypern wurde nicht angegangen. Ich habe es bereits am Montag gesagt und wie­derhole es heute noch einmal: Der Sündenfall von Irland, wo man das belassen hat, ist bei Zypern nicht wirklich ausgeglichen worden, denn 12,5 Prozent Körperschaftssteuer für ein Land, das zig-tausende von diesen Steuerkonstruktionen beherbergt, ist einfach zu wenig. Meine Wortmeldung soll eine Rückenstärkung für Sie sein, noch viel stärker


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als bisher einzufordern: Keine Rettung, keine Hilfe, ohne dass sofort die Piratenbuch­ten dichtgemacht werden!

Wir können das aber nur dann fordern, Frau Bundesministerin, wenn wir selber nicht im Mittelpunkt der Kritik stehen. In diesem Sinne haben Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger recht: Sie sollten sofort, ohne Vorbehalt die Verhandlungen über den Datenaustausch beginnen! Eine vollkommen richtige Positionierung, ohne Schielen auf den hiesigen Boulevard. Eine klare Trennung: Inland: Bankgeheimnis, das Omasparbuch gesichert – hingegen Ausland: benachrichtigen!

Das ist eine vernünftige Position von Bundeskanzler und Vizekanzler! Wenn Sie die auch vertreten, dann können wir mit Verve die Offenlegung, die Trockenlegung der Ka­nalinsel verlangen und all die Dinge tun, wo Sie völlig recht haben, Frau Bundesminis­terin. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.05

14.05.10*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Matznetter, für den Vorwurf, die FPÖ sei der „Schutzpatron“ der Steuerhinterzieher beziehungsweise der russischen Schwarzgeld-Oligarchen erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Sie haben das, wie ich nachlesen konnte, in der Vergangenheit immer wieder behaup­tet. Sie haben auch immer wieder einen Ordnungsruf dafür bekommen. (Abg. Krainer: Das ist kein Vorwurf, sondern eine Tatsachenfeststellung! – Gegenrufe bei der FPÖ.)

*****

Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.06.39

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Matznet­ter, man soll mit solchen Pauschalierungen immer sehr vorsichtig sein. Ich sage ja auch nicht: Sie sind der Schutzpatron der Ordnungsrufkassierer, weil Sie mittlerweile einer sind, der wohl die meisten oder fast die meisten bekommen hat.

Man sollte das also nicht tun, und es ist auch völliger Unfug, eine ganze Fraktion als Schutzpatron der Steuerhinterzieher hinzustellen. Das stimmt doch nicht! Es gibt doch zig andere Gründe, warum man in Österreich für das Bankgeheimnis eintritt. (Abg. Dr. Matznetter: Ich habe nichts gegen das Bankgeheimnis gesagt!) Ja, und warum man auch zum Teil gegen diese Abkommen sein kann.

Erinnern Sie sich! In der Vergangenheit hat es eine Verquickung der Zustimmung der Opposition zu diesen Steuerübereinkommen mit einzelnen anderen Punkten gegeben, mit Prüfungen des Rechnungshofs et cetera. Das ist alles nicht gekommen, das habt ihr alles nicht eingehalten. Ich glaube also, dieser Vorwurf ist einfach falsch.

Frau Finanzministerin, ich fange durchaus einmal positiv an: So stark wie Sie zum Schutze des Bankgeheimnisses auftreten, so hätte ich Sie gerne öfter erlebt. Ich re­spektiere das, das ist auch zu respektieren. Sie erweisen Österreich einen guten Dienst, indem Sie sich sehr stark auch gegen den Widerstand anderer und größerer Länder für das Aufrechterhalten des österreichischen Bankgeheimnisses einsetzen, weil das in Österreich einfach auch historisch gewachsen ist. Das ist eine Eigenart in Österreich, die uns lieb geworden ist.

Herr Matznetter, es glaubt eben auch niemand, dass man das trennen kann: „Naja, bei den Großen schauen wir hin und bei den Kleinen nicht.“ – Das glaubt Ihnen in diesem


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kleinen Land auch keiner. Sobald bei den Großen hingeschaut wird, wird erst recht und doppelt bei den Kleinen hingeschaut. Das anonyme Sparbuch ist ohnehin abgeschafft worden, aber dann ist auch das Bankgeheimnis in Österreich flöten gegangen. Und da haben wir auch Sorge, dass das passiert.

Ich habe noch eine größere Sorge, Frau Finanzministerin, dass nämlich Ihr Kampf, den ich – noch einmal – für in Ordnung befinde und respektiere, leider ein Ablaufdatum ha­ben wird, und das Ablaufdatum wird vermutlich der 29. September sein. Ich hoffe, dass das nicht so sein wird und ich nicht recht behalte, aber ich befürchte, es wird so sein. Spätestens ab Oktober, wenn dann die Nationalratswahl vorbei sein wird und die nächste erst wieder in fünf Jahren kommt, dann werden Sie wahrscheinlich nachge­ben, und dann wird das österreichische Bankgeheimnis mit Pauken und Trompeten zu Grabe getragen werden.

Tun Sie das nicht, Frau Ministerin! Meine Sorge sei Ihnen mitgegeben, dass das pas­sieren und es auch in diesem Punkt zu einem Umfallen dieser Regierung auf europäi­scher Ebene kommen wird, wie schon in so vielen anderen Bereichen davor.

Kollege Kuzdas hat gemeint, man soll nicht vom „Patienten“ Europa sprechen. – Na selbstverständlich ist das ein Patient, der derzeit auf der Intensivstation irgendwo zwi­schen Wachkoma und Aufwachphase – hoffentlich Aufwachphase! – steckt. Das Schlimme ist nur, dass die Medizin, die derzeit verabreicht wird, schlimmer ist als die Krankheit selber, nämlich dieses andauernde Überschulden der Länder, dieses Nach­schießen von Milliarden und Abermilliarden Euro, wie wir das bei Griechenland I, II und III erlebt haben und jetzt bei Zypern I. Dabei wird es auch nicht bleiben. Ich bin mir sicher, dass wir bald Zypern II besprechen werden, Slowenien I besprechen werden. Spanien I und Portugal I kommen auf uns zu, also Hilfsmaßnahmen via ESM.

Das ist also alles nicht sehr glaubwürdig. Und daher glaube ich tatsächlich, dass es zu einer grundlegenden Veränderung kommen muss, bis hin – und Josef Bucher hat das ja zu einem sehr frühen Zeitpunkt schon einmal gesagt – zu einer Neugründung dieser Europäischen Union. Ja, es muss zu einer völligen Neugründung kommen, mit der man zur Kenntnis nimmt, dass das jetzige Modell, dieses zentralistische, bürokratische Modell inklusive all seiner Verträge nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, weil es seine ei­genen Vorgaben bricht.

Die Europäische Union nimmt ihre eigenen Verträge nicht ernst, nimmt den Maastricht-Vertrag nicht ernst, in dem schwarz auf weiß geschrieben steht, dass die Länder für die Schulden anderer nicht aufzukommen haben, dass es keine Haftung gibt. Den ESM-Vertrag nehmen sie selbst nicht ernst, weil es natürlich so ist, wie auch Kollege Ross­mann gesagt hat, dass der ESM nur dann zum Tragen kommt, wenn es eine ernsthafte Bedrohung für die gesamte Eurozone gibt, eine fundamentale Bedrohung, und das ist Zypern sicherlich nicht. Das wissen alle, und trotzdem wird man großzügig eingebun­den und durch den ESM wieder einmal gerettet.

Wir leben mittlerweile in einer Rettungsunion, es wird gerettet auf Biegen und Brechen. Einer rettet den anderen. Am Ende wird es heißen: Wer rettet die Retter? Das wird die Frage sein, die sich am Ende stellt. Eine Rettungsunion, eine Union des Vertrags­bruchs, des Vertrauensbruchs, eine Union des zentralen Einheitsstaates. Daneben steht dieses große Modell der Friedensunion, um auch das Positive zu erwähnen. Nur da ist die Waagschale mittlerweile relativ weit oben, wenn ich vergleiche, was auf der anderen Seite in der Waagschale liegt, nämlich diese vielen Missstände.

Es ist so ein typisches Beispiel dafür, wie ernst sich eigentlich diese Staatslenker sel­ber noch nehmen inklusive der Finanzminister und all der anderen, die da bei der Euro­päischen Union sind. Bei Griechenland hat man große Hilfen beschlossen, und dann hat man gesagt, man muss zugreifen. Man muss Haftungen eingehen, man muss aber


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natürlich auch Geld holen. Was ist passiert? – Noch bevor das alles beschlossen war, haben die großen Reeder aus Griechenland ihr Geld längst ins Ausland verschoben, verbracht gehabt.

Bei Zypern war es wieder so. Das ist hochinteressant. Noch vor dem berühmten Wo­chenende, an dem dieser politische Bankraub beschlossen worden ist, an dem man auf die Sparer losgegangen ist, damals am ersten Wochenende noch auf alle, von Freitag auf Samstag, hat es in der Woche davor eine bemerkenswerte Vervielfachung der Landungen von Privatflugzeugen auf Zypern gegeben. Während dort im Schnitt ein bis drei Privatflugzeuge pro Tag landen, waren es in dieser Woche zwischen 300 und 350 Landungen. Interessanterweise sind da nie Leute ausgestiegen und auch nie ein­gestiegen. Es sind nur große Pakete verfrachtet worden. Jetzt kann man sich leicht vorstellen, was da geschehen ist. Noch bevor also überhaupt diese Beschlüsse ge­troffen worden sind, geschweige denn diese 100 000 € Grenze eingezogen worden ist, haben alle Großanleger ihr Kapital längst abgezogen, sämtliche Oligarchen, gegen die Herr Matznetter so gerne vom Leder zieht.

Frau Ministerin, wie ernst nimmt sich diese Europäische Union? Offensichtlich waren zumindest die Spitze und Elite und sämtliche Reichen, die ihr Geld dorthin verbracht haben, durch ein Leck bestens informiert, was da in den Tagen davor beraten worden ist, und haben mit ihren Privatflugzeugen das Geld woanders hingebracht. Was Ihnen da heute übrigbleibt von diesen Sparbüchern über 100 000 €, ist eine Mär, eine Ge-schichte. Die findet so nicht statt! Die gibt es in Wahrheit nicht! Es gibt keine großen Vermögen mehr auf Sparbüchern über 100 000 €. Das können Sie sich abschminken! Daher wird auch der Zugriff darauf nur bescheidene Resultate zeitigen und nichts zur Gesamtlösung beitragen.

Der Wurm ist im System. Es ist eine Europäische Union als Geisterreiter unterwegs, die ihre eigenen Verträge nicht ernst nimmt und täglichen Vertrauensbruch begeht. Da­her wäre es sinnvoll, endlich eine Neugründung durchzuführen, mit der man einem Eu­ropa der zwei Geschwindigkeiten Rechnung trägt, auch was die Währung anbelangt. Der Euro und die Währungsidee, wie sie am Beginn gestanden ist, sind längst ge­scheitert. Die werden auch nicht mehr durch Milliarden-Euro-Rettungspakete gerettet werden können. Was es braucht, ist ein völlig neues System, das die finanz- und volks­wirtschaftlich schwächeren Länder auf die eine Seite stellt und die stärkeren in einer Kernunion auf die andere. Nur so wird es am Ende funktionieren. Das wird das Er­gebnis sein. Das ist übrigens etwas, was Ihnen das BZÖ bereits seit Jahren mitgeteilt hat, und vor dieser Entwicklung hat das BZÖ auch immer wieder gewarnt.

Daher: Seien Sie mutig! Seien Sie endlich mutig wie auch beim Bankgeheimnis! Drü­cken Sie sich nicht vor der Wahrheit! Hauen Sie dort auf den Tisch, wenn es darum geht, österreichische Steuergelder zu verteidigen, die dort immer weiter hineingebuttert werden, denn das führt zu nichts. Wir werden hier noch weiter beschäftigt werden mit den nächsten Hilfspaketen, und das wird eine „never ending story“, an deren Ende ein Auseinanderbrechen dieser Währungsunion stehen wird. Das sage nicht nur ich als Abgeordneter einer Oppositionspartei, sondern das sagen Ihnen alle Experten. Das wird das Ergebnis sein, und wir werden dann zwar recht gehabt haben, aber wir wer­den nicht stolz darauf sein, sondern wir werden Ihnen vorhalten, dass Sie die aktuellen Entwicklungen einfach nicht erkannt haben. (Beifall beim BZÖ.)

14.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hagen. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.15.16

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin am Montag hier beim Rednerpult gestanden und


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habe erklärt, dass die Zypernhilfe nicht den Bürgern in Zypern zugutekommt, sondern den Banken. Die Frau Bundesministerin für Finanzen hat dem widersprochen und er­klärt, dass die Polizei bezahlt wird, die Krankenschwestern und so weiter. So weit so gut.

Ich habe ihr das nicht abgenommen, und als ich dann am nächsten Tag zu Hause beim Frühstück saß und die „Vorarlberger Nachrichten“ anschaute, ist mir ein Artikel aufgefallen, und daraus möchte ich Ihnen jetzt ein bisschen vortragen. Das sage also nicht ich, sondern das sagt ein international anerkannter Ökonom und Philosoph, Dr. Wolfgang Berger. Berger sagt: „Der Euro wird gezielt attackiert“.

Da steht etwas drinnen, ich zitiere das beziehungsweise ich lese es Ihnen vor, was mir aufgefallen ist. Etwas, was ich euch hier vom Rednerpult aus schon gesagt habe, wur­de von diesem Herrn Dr. Berger eindrücklich bestätigt. Frau Heidi Rinke-Jarosch, die das Interview geführt hat, hat Herrn Dr. Berger gefragt: „Die Banken sind unglaublich mächtig. In den Industrieländern wurde jeder Bürger von ihnen abhängig gemacht. Ist es möglich, sich diesem System zu entziehen?“

Darauf hat Herr Dr. Berger geantwortet: „Ist das nicht pervers? Die Staaten haben mit unseren Steuergeldern die Banken gerettet, und jetzt erpresst der globale Banken- und Finanzsektor genau diese Staaten und zwingt ihnen seine Regeln auf. Bei fließendem Geld werden die Banken reduziert auf das, wozu sie ausschließlich da sein sollten: Spargelder einsammeln und sie als Kredite gegen Sicherheiten weitergeben, Konten führen, dem Anlagepublikum Wege aufzeigen, wie sie ihr Geld erhalten können und so langfristige Dispositionen wie Altersvorsorge zu ermöglichen. Dazu brauchen wir die Banken. Was wir aber gegenwärtig erleben  :“ –

und jetzt kommt’s, Frau Minister, da sollten Sie mir genau zuhören! –

„Die Banken erhalten von der Europäischen Zentralbank Geld zu etwa einem Prozent, kaufen damit z. B. griechische Staatsanleihen, die sich mit fast zehn Prozent verzinsen und erwirtschaften so hohe Gewinne. Und dann zwingen sie die Regierungen, diese Staatsanleihen mit Steuergeldern zu garantieren. Kaum ein Euro von den Rettungs­maßnahmen kommt in Griechenland an. Die Gelder werden direkt auf das griechische Zinskonto bei den Banken in unseren mitteleuropäischen Ländern umgebucht und ret­ten damit wieder nicht Griechenland, sondern unsere Banken.“

Das, meine Damen und Herren, sagt ein 72-jähriger Ökonom, der sich damit sehr gut auskennen muss. Dieses Interview ist wirklich empfehlenswert. Es geht dann weiter, weil die Interviewerin dann noch nachgefragt hat, wie er sich vorstellt, dass eine Lö­sung für diese Probleme aussehen könnte, mit der eine Chance bestünde, aus der Kri­se rauszukommen. Da kommt er auf Island zu sprechen. Jetzt weiß ich nicht, ob Sie sich erinnern, wie das in Island gelaufen ist.

Da ist es nämlich darum gegangen, dass Island gegen den erbitterten Widerstand der internationalen Gemeinschaft – Internationaler Währungsfonds, EZB, EU-Kommis­sion – sämtliche Banken des Landes einfach pleitegehen ließ. Eigentümer wie Anleger blieben in voller Höhe auf ihren Verlusten sitzen. Mit der Hilfe von skandinavischen, polnischen, russischen Banken wurden neue Banken gegründet, und Island hat jetzt kein Problem mehr, und das wäre die Lösung. Klubobmann Lugar hat das vorhin ange­sprochen.

Man hätte in Zypern die Banken pleitegehen lassen sollen, den Staat pleitegehen las­sen sollen, dann hätten wir eine Lösung gefunden. Frau Minister Fekter, Sie müssen das Rad nicht neu erfinden. Hören Sie einfach einmal auf ein paar gescheite Leute! Die sitzen nicht nur in der Regierung, die gibt es wie Sand am Meer.

Da möchte ich vielleicht auch noch auf einen guten Bekannten von mir zurückkommen, auf Herrn Thomas Bachheimer. Er hat Ihnen im Herbst vergangenen Jahres vor der


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ESM-Abstimmung ganz klar geschrieben, wie es aussehen wird: wie die Bürger in Eu­ropa durch den ESM entmündigt werden, wie ihnen das Geld aus der Tasche gezogen wird, wie das eine schleichende Inflation hervorrufen wird. Nichts anderes ist jetzt passiert – und, Frau Minister, sagen Sie nicht, Sie hätten von nichts gewusst! Sie hät­ten genug Möglichkeiten, dort etwas zu machen.

Dass man vielleicht noch einmal weiß, warum das in unserer österreichischen Bundes­regierung so funktioniert: Da sind wir wieder beim Bankensektor/ÖVP, und da darf ich aus dem „Schwarzbuch Landwirtschaft“ aus dem Jahre 2010 zitieren, wo drinsteht, dass die österreichischen Raiffeisenbanken zusammen in den Jahren 2006 bis 2008 Gewinne von 1,9 Milliarden € verbucht haben. Und jetzt halten Sie sich fest: Wie viel an Steuern wurde dafür an den Fiskus abgeliefert? – Es waren nicht 10 Prozent, es waren nicht 25 Prozent, wie es eigentlich vorgesehen gewesen wäre, sondern sage und schreibe 1 Prozent an Steuern hat Raiffeisen an den Fiskus abgeliefert.

Da werden die Bürger abgezockt – jeder brave Steuerzahler und auch Frank Stronach, der fast 50 Prozent an Steuern von den Sachen bezahlt, die er in Österreich erwirt­schaftet hat, diese Leute werden abgezockt –, und die Raiffeisenbank kann sich durch­schwindeln mithilfe dieser Bundesregierung und mithilfe der ÖVP, diesem Bankensek­tor. Meine Damen und Herren, das gehört abgeschafft! Mehr Fairness, mehr Ehrlich­keit, das wäre der richtige Weg. Frau Minister, wir können Ihnen sagen, wie es geht. (Beifall beim Team Stronach.)

14.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Gradauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.21.56

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Herr Dr. Matznetter, ich glaube, Sie sollten etwas vorsichtiger sein, wenn Sie von Steuerhinterziehern sprechen. Soweit ich weiß, hat es einen ehemaligen Finanz­minister erwischt, der Steuern hinterzogen hat, und dieser war ein SPÖ-Finanzminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sind gerne Schutzpatron der Österreicher und Österreicherinnen, wenn es um das Bankgeheimnis geht. Das Bankgeheimnis muss für Österreich bleiben! (Beifall bei der FPÖ.)

Nun aber zur Zypern-Rettungsproblematik: Wir haben am Montag schon sehr viel da­rüber gehört und gesprochen, heute ist es eine Wiederholung. Ich werde versuchen, das nicht zu tun, sondern möchte auf Beispiele aus der Gemeindepolitik verweisen. Ich bin ja lange Zeit auch in der Gemeinde gesessen.

Immer, wenn es Anliegen der Freiwilligen Feuerwehren gegeben hat, neue Geräte an­zuschaffen, Spritzenwagen und was immer man da braucht, hat man versucht, abzu­wimmeln, und es hat kein Geld gegeben. Wir schicken indirekt 300 Millionen € nach Zypern – Geld, das sicher verloren ist! Mit diesen 300 Millionen könnten viele, viele Wünsche der Feuerwehren und sonstige im österreichischen Bereich befindliche Wün­sche erfüllt werden. Mir ist es, meine Damen und Herren, viel, viel lieber, die Feuer­wehren bekommen ein bisschen mehr, als wir verlieren das Geld in Zypern. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben am Montag sehr viel von der Erfolgsgeschichte des Euro und der EU gehört. Wie schaut die Erfolgsgeschichte nun wirklich aus? – Das lässt sich ja immer wieder am besten in Zahlen nachweisen. Griechenland hat 2012 ein Defizit von 10 Prozent gemacht, meine Damen und Herren. Der Schuldenstand ist trotz Schuldenschnitt bei 350 Milliarden €; Portugal: 6,4 Prozent Defizit statt 4,4 Prozent; Spanien: über 10 Pro-


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zent Defizit; Irland und Zypern: über 6 Prozent Defizit, 25 Millionen Arbeitslose  wir haben das heute schon gehört. Das sind also Zahlen, die katastrophal sind.

Wir haben von unserem Bundesobmann auch schon gehört von dem Artikel in den „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ über den Merkel-Berater, der sagt: „In spätestens fünf Jahren ist der Euro weg“. Und er sagt, der Sparkurs in Europa wird sich nicht hal­ten lassen. Weiters führt er aus – ich zitiere –: „Die Länder sollten die Freiheit haben, sich so zu verschulden, wie sie es möchten – unter der Bedingung, dass sie für diese Schulden auch allein die Verantwortung tragen“.

Das heißt, sie müssen für diese Schulden selbst geradestehen und nicht durch andere Staaten Unterstützung bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch viel schlimmer ist ein Artikel, der von Boston Consulting herausgegeben wurde: 23. April, prophezeit wird „Massenenteignung der Europäer“. Ich zitiere wieder: „Grün­de dafür sind die finanzielle Situation des Bankensektors und die hohe Staatsverschul­dung in der Eurozone. Neben einer allgemeinen Zwangsabgabe für Anleger und Spa­rer sollen die Bürger über massive Steuern auf Vermögen und Erbschaften zur Kasse gebeten werden. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Damit möchte man einen Schulden­schnitt zu Gunsten der maroden Eurozonen-Mitglieder von Zypern bis Frankreich fi­nanzieren.“

Nein, danke, meine Damen und Herren, das wollen wir nicht!

Die letzte Schreckensmeldung, die hereingekommen ist, heißt TAFTA. Das wird die Landwirte interessieren, Herr Kollege Auer: TAFTA, gemeinsamer Binnenmarkt mit den USA.

Der Titel lautet: Wo Amerikaner Appetit bekommen, wird den Europäern sicher schlecht. Es kommen Gentechnik-behandelte Produkte; umweltschädliche Chemikalien werden erlaubt; Rindfleisch, mit Wachstumshormonen behandelt, wird auf unseren Tel­lern landen; die US-Agrarkonzerne verdrängen europäische bäuerliche Kleinbetriebe; und so weiter, und so weiter.

Nein, meine Damen und Herren, diese EU-Politik wollen wir Freiheitlichen nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Linder zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.59

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Staats­sekretär! Wir haben es auch heute wieder gehört, so wie am Montag: Zypern-Hilfe ist notwendig, wir dürfen die Banken nicht pleitegehen lassen. Der Vergleich zu Lehman Brothers wurde gezogen. Die Arbeitsplätze, das Wirtschaftswachstum in Österreich, all diese Dinge: wenn man ein bisschen in die Tiefe geht, erkennt man, dass da wirklich verzweifelt Argumente gesucht werden, warum wir ... (Abg. Krainer: Die Tiefe? Wie tief ist denn der Afritzer See?) – Herr Kollege, den kennen Sie nicht, die Tiefe. (Abg. Krainer: Warum soll ich den Afritzer See nicht kennen?) – Die Tiefe kennen Sie nicht. (Abg. Krainer: ... war ich noch nicht!)

Im gleichen Atemzug wird auch immer wieder darauf hingewiesen, dass wir Mitleid mit den Zyprioten haben sollen. Wenn man auch da in die Tiefe schaut, merkt man, wie sie von der Steuer her wesentlich privilegierter sind als unsere österreichischen Steuer­zahler, dass sie von den Zinsen her uns gegenüber wesentlich bevorteilt waren.

Wenn dann die Frau Finanzminister heute ganz stolz sagt, sie ist froh, dass alle Mit­gliedstaaten alles darangesetzt haben, alles zu tun, was in ihrer Macht steht, um den


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Zyprioten zu helfen, habe ich noch in Erinnerung, wie Kollege Stummvoll letztens Fol­gendes gesagt hat: Leider haben wir das Problem, dass die Pleitestaaten innerhalb der Euro-Union die Zügel gleiten lassen.

Genau das ist das Problem! Bei uns wird verzweifelt versucht, die Bürger zu belasten, den letzten Euro aus dem Sack herauszuholen, und ist man froh darüber, dass man den anderen Pleitestaaten helfen kann. Und man schaut zu, wie sie die Zügel gleiten lassen, wie sie eigentlich auf unsere Kosten leben und locker dahinleben. (Beifall bei der FPÖ.) Allein diese Aussage letztens vom Kollegen Stummvoll – dass Sie sagen: auch uns macht es nicht glücklich, jedes Mal helfen zu müssen – zeigt, dass selbst die Regierung langsam zu zweifeln beginnt, ob dieser Rettungsschirm wirklich das Allheil­mittel war. (Abg. Kopf: Das ist aber eine eigenwillige Interpretation! – Abg. Dr. Stumm­voll: Das hast du missverstanden!)

Wenn man dann hört, Frau Finanzminister, dass der zweite Rettungsschirm schon be­schlossen ist, der sogenannte Schatten-Rettungsschirm, der heute mit 60 Milliarden € dotiert ist, um allen Ländern zu helfen, die nicht im Euro-Bereich der Europäischen Uni­on drinnen sind, glaube ich, Frau Finanzminister: Das kann es nicht sein, dass wir mit aller Gewalt diesen Pleitestaaten permanent helfen, umgekehrt aber der EU-Haushalt in Österreich die Förderungen kürzt, dass die ländlichen Regionen ausgehungert wer­den, die ländliche Entwicklung hintangestellt wird und in weiterer Folge auch die Land­wirtschaftsförderung gekürzt werden muss. Umgekehrt werden unsere Almbauern kri­minalisiert, sollen sie 60 Millionen € aufbringen, aber wir schauen zu, wie weitere 50 oder 60 Milliarden (Abg. Hörl: Wir schauen nicht zu!) in einen weiteren Rettungsschirm gesteckt werden.

Frau Finanzminister, ich fordere Sie auf: Statt über neue Rettungsschirme nachzuden­ken oder denen zuzustimmen, denken Sie – so wie in Deutschland – über die zukünf­tige Alternative Schilling nach! Das würde für uns in Österreich sehr hilfreich sein. (Bei­fall bei der FPÖ.)

14.30

14.30.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gla­wischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens ge­genüber der Bundesministerin für Finanzen gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Ver­fassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen (Abg. Dr. Matznetter: Er ist nicht da! Wo ist Strache?) betreffend: Direkte Demokratie zulassen!  Österreichs Zukunft liegt im Schilling. (Abg. Krainer: Aber der Kollege Strache ...! – Abg. Dr. Matznetter: Der An­tragsteller ist nicht da!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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14.31.453. Punkt

Erste Lesung: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 um die Obergrenzen für das Jahr 2017 ergänzt wird und die Obergrenzen für das Jahr 2013 wegfallen (Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017) (2251 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krainer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.16

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das Bundesfinanzrahmengesetz gibt, da es immer über mehrere Jahre läuft, natürlich auch einen guten Anlass, zu schauen, wie es in den letzten Jahren gelaufen ist und wie der Ausblick in den nächsten Jahren aus­sieht. Diese Bundesregierung ist am Beginn der Krise 2008/2009 angelobt worden. Da war klar, dass es wahrscheinlich zu den schlimmsten Verwerfungen, zur größten Wirt­schafts- und Finanzkrise in Europa seit 80 Jahren, seit den dreißiger Jahren des letz­ten Jahrhunderts, kommt.

Damals ist die Bundesregierung angetreten und hat gesagt: Erstens ist das Wesentli­che für uns, dass wir ohne allzu große Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt durch diese Krise kommen. Das heißt, dass wir schauen, dass die Arbeitslosigkeit möglichst gering bleibt und dass möglichst viele Jobs und möglichst gute Jobs erhalten bleiben.

Das Zweite ist, dass die Bundesregierung gesagt hat: Wir wollen vor allem darauf ach­ten, dass das Wachstum bleibt, und wir wollen auch investieren im Bereich For­schung/Entwicklung/Bildung, in Umweltfragen wie jener der thermischen Sanierung. Das heißt, wir wollen in die Zukunft investieren, wir wollen das nicht aus einem falsch verstandenen Sparzwang in einer Krise aus den Augen verlieren.

Das Dritte, was die Bundesregierung gesagt hat, ist: Ja, wir nehmen höhere Defizite am Beginn der Krise in Kauf, uns ist aber klar, dass wir nach dem Höhepunkt der Krise, dann, wenn es wieder zu einer Aufschwungsphase kommt, in eine Konsolidierungs­phase kommen und dort wieder mit den Defiziten zurückfahren müssen, wieder schau­en müssen, dass wir zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen können, zu einem ausgewogenen Haushalt zwischen Einnahmen und Ausgaben.

Mit diesen drei Punkten ist die Bundesregierung damals, sage ich einmal, die Arbeit angegangen. Man muss sagen, ganz nüchtern betrachtet, wenn man sich die Ergeb­nisse ansieht: Diese Arbeit war sehr, sehr erfolgreich, vor allem im internationalen Ver­gleich! (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Kopf und Jakob Auer.)

Wenn Sie sich anschauen, wie Österreich heute dasteht, sehen Sie, Österreich hat in fast jedem Jahr eine der höchsten Wachstumsraten in der Europäischen Union gehabt, mittlerweile die niedrigste Arbeitslosigkeit, die niedrigste Arbeitslosigkeit bei den Ju­gendlichen, hat gleichzeitig mehr Jobs als am Beginn der Krise – nicht weniger Jobs, wie fast alle Länder in der Europäischen Union, sondern mehr Jobs –, und ja, auch mehr im Teilzeitbereich, aber auch nach Vollzeitäquivalenten; das heißt, wenn Sie das als Vollzeit-Jobs rechnen, haben wir mehr als am Beginn der Krise. Der Großteil der Länder in der Europäischen Union hat deutlich weniger Arbeitsplätze; Österreich ist ei­nes der wenigen, die mehr haben.

Wir haben eine der geringsten Defizitquoten. Wir haben also eine der geringsten Ver­schuldungsraten und eine der geringsten Defizitraten von allen Ländern in der Europäi­schen Union.

Das heißt, ziemlich egal, welche Kennzahl Sie heranziehen, ist Österreich immer unter den Top-Performern in Europa. Da muss man der Bundesregierung sagen, sie muss


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hier gute Arbeit geleistet haben. Es hat vielleicht nicht immer alles funktioniert, es ist nicht immer alles aufgegangen und alles so, wie die Bundesregierung es sich vorge­stellt hat, aber insgesamt muss man dieser Bundesregierung, gerade was die Budget- und Finanzpolitik und damit auch die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik betrifft, ein ganz, ganz großes Lob aussprechen und hier auch der Finanzministerin ein großes Lob in dieser Frage aussprechen, weil das so gut funktioniert hat.

Es ist nicht alles gut gelungen, wenn wir das Jahr 2012 anschauen, es gibt auch durch­wachsene Sachen. Was nicht funktioniert hat, oder nicht so wie geplant, ist die Frage der Pensionskassen. Da ist im Jahr 2012 wesentlich weniger Geld hereingekommen, als wir budgetiert hatten. Gleichzeitig werden wir in den Folgejahren weniger Geld ver­lieren, weil sich das ja insgesamt ausgeht. Aber trotzdem, das hat nicht so funktioniert.

Was uns letztes Jahr sehr viel Kopfzerbrechen bereitet hat und auch heuer noch Kopf­zerbrechen bereiten wird, sind die Kosten für die Bankenstabilisierung, für die Banken­rettung. Man darf eines nicht vergessen: Wenn wir nicht Banken retten müssten, dann wäre das Defizit letztes Jahr um fast 1 Prozent besser gewesen, als es heuer ist. Es ist auch so, dass es heuer nicht so ausschaut, als ob wir ohne neues Geld für vor allem die zwei Problembanken – die voll verstaatlichten – auskommen würden. Es ist also nicht alles hervorragend, aber insgesamt ein wirklich gutes Ergebnis.

Man muss sich auch noch ansehen – wenn wir gerade über Budget- und Finanzpolitik sowie Steuerpolitik reden –, wie wir bei der Frage der Steuern vorgegangen sind. Was wir auch am Anfang gesagt haben, ist: Wir müssen runter mit den Steuern auf Arbeit und gleichzeitig Steuern auf Kapital und Vermögen erhöhen. Genau das ist passiert! Am Anfang der Legislaturperiode haben wir die Steuern und Abgaben auf Arbeit um zirka 3 Milliarden € gesenkt und gleichzeitig im Laufe der Periode die Steuern und Abgaben auf Vermögen und Kapital um zirka 2 Milliarden € erhöht: Bankenabgabe, Wertpapier-KESt neu, Immobilienabgabe, Umwidmungsabgabe, also eine Reihe von Vermögens- und vermögensbezogenen Steuern. Das heißt, auch dieser Weg ist sehr erfolgreich gewesen.

Österreich ist in der Zwischenzeit quasi Vorbild in der Europäischen Union, nicht nur für die Arbeitsmarktpolitik – weil wir die geringste Arbeitslosigkeit haben, wird immer von allen Staaten gesagt: was Österreich gemacht hat bei der Jugendausbildung, bei der Jugendausbildungsgarantie, soll Vorbild für die gesamte Europäische Union sein –, sondern wir sind auch ein Vorbild, was die Konsolidierung betrifft, nämlich Konsolidie­rung mit Wachstum, mit Investitionen und nicht nur mit einseitigem Sparen. Und wir werden auch immer mehr zu einem Vorbild, was die Steuerpolitik betrifft. Zumindest haben wir auf europäischer Ebene, was die Finanztransaktionssteuer betrifft, bereits so viele Bündnispartner, dass wir sie durchsetzen können, zumindest für einen Teil der Europäischen Union.

Eines wird uns, glaube ich, auch noch gelingen. Die Situation, die wir in Österreich ha­ben, dass die Steuern und Abgaben auf Arbeit zu hoch und auf Kapital und Vermögen zu niedrig sind, ist ja nicht etwas, was nur auf Österreich zutrifft. Dieses Problem gibt es in einem weiten Teil der Europäischen Union. Wir werden auch hier noch zum Vor­bild werden, dass die Steuern auf Arbeit in Österreich, aber auch in der Europäischen Union gesenkt werden müssen und Kapital und Vermögen einen gerechten Beitrag zur Finanzierung der Staaten leisten müssen. Viele Schritte sind wir gegangen; es fehlen noch viele, zum Beispiel eine Erbschafts- und Schenkungssteuer für Millionen-Erb­schaften. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


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14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 6 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.39.10

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann durchaus manchen Aussagen des Kollegen Krainer beipflichten – das ist ja gar keine Frage –, aber in der Frage von mehr Steuern auf Vermögen habe ich wirklich meine Probleme.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist: Wenn ich Vermögen erwerben möchte, muss ich zuerst relativ viel arbeiten, um dann mit dem Ersparten Vermögen zu erwerben, ob das ein Grund, ein Haus, ein Grundstück oder sonst etwas ist. Dass ich, weil ich vorher tüchtig war, viel gearbeitet habe – ob als Unselbständiger oder als Selbständiger, ist völlig gleich –, dann dafür bestraft werden sollte, dass ich etwas geleistet habe, das verstehe ich nicht ganz. Daher sagen wir, meine Damen und Herren, zu derartigen Vorstellungen ein ganz klares Nein.

Ich möchte noch auf einen Punkt zurückkommen. Kollege Hagen hat beim vorletzten Tagesordnungspunkt hier die Behauptung aufgestellt, dass Raiffeisen in mehreren Jahren 1,6 Milliarden € Gewinn gemacht hätte und nur 1 Prozent Steuern davon be­zahlt wurde. Er hat dargestellt, wie viel Steuerleistung sein Ober-Kapazunder Stronach erbracht hätte. Ich halte nur für die Zuschauer zu Hause vor den Fernsehschirmen und für die Zuhörer hier in diesem Haus fest, dass Raiffeisen im letzten Jahr, also 2012, 760 Millionen € an Steuern bezahlt hat, nämlich 570 Millionen € von den Banken und 190 Millionen € von den Beteiligungen – damit das klargestellt ist.

Man kann dazu sagen, das sei zu wenig, das sei zu viel, was immer. Ich halte nur fest: 570 Millionen € in einem Jahr, nämlich im letzten, damit das hier einmal richtiggestellt ist. (Abg. Mag. Rossmann:  haben 24 Millionen gezahlt!)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute die erste Lesung des Bundesfinanzrah­mengesetzes von 2014 bis 2017, damit wird letztlich der Budgetrahmen für die kom­menden Jahre im Großen und Ganzen dargestellt. Wie immer ist das eine Einschät­zung der zu erwartenden Einnahmen, der zu erwartenden Ausgaben, wie das Bild von der Frau Finanzminister, dem Herrn Staatssekretär, von dieser Bundesregierung ein­geschätzt wird.

Wir werden hier im Rahmen des Budgetausschusses die Möglichkeit haben, uns mit den tatsächlichen Fakten und mit den Unterlagen auseinanderzusetzen. Tatsache ist: Es muss uns gelingen, die wirtschaftspolitischen Schwerpunkte mit diesem Budgetrah­men, mit diesem Finanzrahmen sicherzustellen, die Beschäftigungsimpulse weiterhin für die Zukunft zu sichern. Diese haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass man in Europa nach Österreich blickt, weil wir da besser dastehen als de facto alle anderen europäischen Länder, auf jeden Fall jene der EU-27.

Natürlich ist die Frage zu stellen, wie es auch in Zukunft gelingt, das geplante Budget­defizit einzuhalten. Dazu sehe ich mir immer gerne die Redebeiträge der Kollegen der Opposition an. Kollege Gradauer, den ich persönlich sehr schätze in den letzten Jah­ren (Abg. Dr. Rosenkranz: Ist auch ein Oberösterreicher!), sagte, alles sei nichts, alles sei Makulatur, zurück an den Start. Man müsse doch dieses und jenes richtig darstel­len, denn das würde sich nie und nimmer ausgehen.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns das Ergebnis des letzten Jahres ansehen, dann wirst du, Kollege Gradauer, auch zugeben müssen, dass sich das Budgetdefizit deutlich besser entwickelt hat, obwohl vermehrte Ausgaben für eine Bankenhilfe be­stimmter Banken in Österreich notwendig waren, dass es sich eindeutig besser dar­stellt. (Abg. Bucher: Warum?)

Es ist auch eindeutig klarzustellen, dass sich die Bereiche Beschäftigung, soziale Absi­cherung, Gesundheitspolitik in Österreich wesentlich besser darstellen als in vielen Ländern Europas, dass Österreich  Gott sei Dank  eine ganz andere Sozialpolitik


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hat, dass Österreich eine andere Wirtschaftspolitik hat. Daher blicken viele nach Öster­reich. Sie blicken aber auch nach Österreich, weil wir hier ein effizientes Haushalts­recht installieren konnten. Auch das ist unbestritten. (Abg. Bucher: Warum will man das in Niederösterreich nicht?)

Österreich ist nicht nur bei den harten Fakten, sondern auch in vielen anderen Berei­chen ein Musterbeispiel, wie man etwas positiv entwickeln kann, die richtige Balance zwischen Sparen und effizienten Ausgaben finden kann. (Abg. Petzner: Glaubst du das selber, was du da sagst?) Herr Kollege Petzner, gehen Sie in sich und schauen Sie, dass Sie Ihre BZÖ-Organisation in Ordnung bringen, da haben Sie viel Arbeit, denn in den letzten Jahren sind Sie von einem ordentlichen Schwund betroffen! Ihr Defizit ist deutlich größer geworden als jenes des Bundesbudgets. (Zwischenruf des
Abg. Bucher.)

Meine Damen und Herren! Tatsache ist, dass auch die Konjunktur, obwohl sie etwas schwächer geworden ist, zu den positiven Ergebnissen beigetragen hat. Wenn die Konjunktur zu 50 Prozent auch eine Frage der Stimmung ist, und das wird von Exper­ten behauptet, dann sollten wir versuchen, eine positive Stimmung zu entwickeln, eine optimistische Stimmung für die Wirtschaft, für die dort Beschäftigten, denn wir sind nun einmal auch ein Land, das von der Exportqualität wesentlich abhängig ist. (Abg. Petz­ner: Wie wäre es dann, die Steuern zu senken?)

Wenn sechs von zehn Arbeitsplätzen direkt oder indirekt vom Export, von der Export­leistung abhängig sind und wir in der Lage sind, Herr Kollege Petzner, auf den interna­tionalen Märkten immer noch konkurrenzfähig zu sein, tatsächlich in der Lage sind, im Wettbewerb zu bestehen, dann stellt sich die Frage, wie man vonseiten der Opposition davon sprechen kann, dass Österreich am Rande des Konkurses sei, die Verschul­dung katastrophal sei, ebenso das Budgetdefizit, die Arbeitslosigkeit, die Jugendbe­schäftigung.  Die Fakten sehen etwas anders aus.

Ich weiß schon, dass der Standort den Standpunkt bestimmt. Ich kenne auch Jahre der Opposition, da wird alles etwas kritischer gesehen. (Rufe beim BZÖ: Wann war das?)  Das ist etwas länger her! (Ironische Heiterkeit beim BZÖ.) Aber ich kenne auch die Jahre der Opposition. (Abg. Grosz: Das war im vorigen Jahrtausend!) – Kollege Grosz weiß nicht alles, was hier in diesem Haus schon passiert ist, dazu ist er noch zu jung, daher fehlen die Erfahrung und auch das Wissen. Aber das kannst du noch lernen, das steht dir ja völlig frei. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. Abg. Grosz: Da klatscht der Methusalem in der ersten Reihe! Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Manche sprechen von einer Hyperinflation und anderen Dingen. Tatsache ist, dass die Inflation in Österreich geringer ist, seit wir in der Euro­päischen Union sind. Tatsache ist auch, dass wir durchaus positiv dastehen. Es ist möglich, dass das eine oder andere noch besser sein könnte, das sei unbestritten, aber es ist Fakt, dass wir ein Land sind, das herzeigbar ist  dank der Wirtschaftskraft der österreichischen Wirtschaft, dank der Kompetenz der Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer und dank einer hervorragend geführten Bundesregierung, die zeitig Maß­nahmen gesetzt hat, um die uns andere beneiden. (Beifall bei der ÖVP.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Gradauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.47.01

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich stehe nicht an, zuzugeben, dass in den letzten Jahren einiges gelungen ist. Ich sage nur, es steht Verschiedenes auf dem Pa­pier: Abkommen mit der Schweiz, mit Liechtenstein, die Finanztransaktionssteuer –


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Geld habe ich noch keines gesehen. Es steht auch auf dem Papier, dass 4 000 Be­amte weniger zu erwarten sind.

Erreicht wurden die Zusammenlegung von Bezirksgerichten im Justizbereich und auch Reformen im Pflegebereich. Ich stehe nicht an, das zur Kenntnis zu nehmen. Das ist in Ordnung, es wäre auch schlimm, wenn gar nichts geschehen würde, Herr Kollege Auer. (Heiterkeit des Abg. Jakob Auer.)

Wir sollten doch die Ausgangslage betrachten. Die sieht so aus: Wir haben heute Staatsschulden in der Höhe von 227 Milliarden € und eine Verschuldung in der Höhe von 73 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Es kommen Staatshaftungen in der Höhe von 120 Milliarden € dazu, dann noch die ausgelagerten Schulden, die nicht bekannt sind – das muss ich sagen, weil ich weiß, dass in den Gemeinden sehr viele Scha­densfälle ruhen –, aber es sind auf jeden Fall 35 Milliarden €. Und wir haben im Jahr 2012 ein Defizit von 7 Milliarden € anstatt von geplanten 11 Milliarden € gemacht. Das ist wesentlich besser, aber der gesamte Staat hat im Jahr 2012 wiederum 9 Mil­liarden € Defizit gemacht.

Da von einem Erfolg zu sprechen, Herr Kollege Auer, das ist doch grotesk! 7 Milliar­den € haben wir Verlust gemacht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf des Abg. Zanger.) Das sind in alter Währung an die 100 Milliarden gute österreichische Schilling. Das ist eine Katastrophe, finde ich, da müsste ein Plus dort stehen und nichts anderes!

Für 2017, wir sprechen ja heute über den Bundesfinanzrahmen, ist ein kleines Plus, ein Überschuss geplant. Das wäre ja positiv, doch ich muss sagen, ob es auch kommt, ist sehr ungewiss.

Ich habe vorige Woche sinngemäß in der Zeitung gelesen: Dieser Budgetplan ist kein Plan, sondern die Fortsetzung eines gewaltigen Raubzuges. Vermögen der Sparer wer­den durch negative Realzinsen vernichtet. Kalte Progression verzerrt große Teile des Einkommens. Keine Rede von einer Sanierung der Staatsfinanzen. Das Wachstum auf Pump wird prolongiert, und es fehlt der Mut, die Ausgaben radikal zu durchforsten und zu kürzen.

Wir leiden noch immer an den Daumenschrauben der Sparpakete 2011 und 2012. Ich erinnere: Erhöhung Bankenabgabe, Mineralölsteuer, Tabaksteuer, Flugtickets; Kür­zung der Familienbeihilfe; Streichung des Mehrkinderzuschlages; in die Pensionen ist gewaltig eingegriffen worden – die Kürzung der Pensionen um 1 Prozent über zwei Jahre macht 3 Milliarden € aus, dort wird gekürzt, der Staatshaushalt wird mit den Pen­sionsgeldern saniert –; Immobilienbesteuerung 2 Milliarden €. In Summe haben wir aus diesen beiden Belastungspaketen 50 Milliarden € zu schultern.

Auf der Strecke bleiben all die großen, wirklich wesentlichen Reformmaßnahmen, die wir immer wieder reklamieren, und so tue ich es auch heute wieder: Reform des Ge­sundheitswesens – viertteuerstes System in der OECD! –; Bildungsreform – zweit­höchste Bildungsausgaben pro Schüler, aber schlechte Bildung, siehe PISA-Ergebnis­se –; Kompetenz-Wirrwarr zwischen Bund, Ländern und Gemeinden; nachhaltiges Durchforsten des Fördersystems – da liegen 7 Milliarden € an Reserven –; Struktur im öffentlichen Sektor. Braucht Österreich wirklich zehn Gesetzgeber? Braucht Österreich wirklich den brustschwachen Bundesrat in dieser Form? (Abg. Grosz: Sparen wir den Dörfler ein!) Brauchen wir wirklich 2 500 Gemeinden? Brauchen wir wirklich in jedem Bezirk eine Bezirkshauptmannschaft? Kann man die nicht zusammenlegen?

Das wären die großen Schritte, die zu machen sind: eine echte Pensionsreform, eine Anhebung des Pensionsantrittsalters von 59 Jahren auf 65 Jahre; Anreizmodelle für äl­tere Arbeitnehmer, um sie weiter zu beschäftigen; Eindämmung der überbordenden Zuwanderung, damit Schutz unseres sozialen Netzes; Zusammenlegung der Sozialver-


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sicherungsanstalten, maximal zwei; Senkung der Lohnnebenkosten, um den Wirt­schaftsstandort wieder attraktiv zu machen; Reduktion von Verwaltungs- und Bürokra­tiekosten.

Wir müssen schauen, dass die Abgabenquote, die jetzt 43 Prozent beträgt und damit mehr als ausgereizt ist, wieder unter 40 Prozent kommt. (Abg. Krainer: Wie war denn das 2001?) Die Österreicher arbeiten fast ein halbes Jahr nur für den Staat. Das muss einem doch etwas sagen! Und die Österreicher zahlen im Vergleich zur Schweiz um 20 Milliarden € pro Jahr mehr Steuern.

Raus aus dieser Euro-Falle! Wir haben heute schon darüber gesprochen. Keine weite­ren Steuergelder für marode Euro-Staaten mehr! Die Griechenland- und Zypernhilfspa­kete sind auf Nimmerwiedersehen verloren.

Österreich hat sich in den letzten 30 Jahren übergewichtig entwickelt und ist mollig ge­worden (Abg. Zanger: „Mollig“ ist süß!), hat zu viel Verwaltungsspeck angesetzt, und es gilt, diesen wieder abzubauen. Aber dazu ist ein Kraftakt notwendig und auch ein Auftrag vom Wähler. Das heißt, Betonierer und Verhinderer, Behinderer sind abzuwäh­len und alle Energie und alle Mittel sind im Sinne einer erfolgreichen Zukunft für die nachfolgenden Generationen einzusetzen!

Es gibt laut Rechnungshof, IHS, WIFO und Konvent Einsparungspotenziale in der Hö­he von 10 Milliarden € jährlich. Diese sind zu heben, das wären die großen Schritte! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Rossmann. 8 Minuten Redezeit sind wunschgemäß vorgesehen, aber wir haben nur mehr 7 Minuten, da wir dann für den Dringlichen Antrag unterbrechen müs­sen. – Bitte. (Abg. Dr. Cap  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Rossmann –: Öffne uns die Augen!)

 


14.54.06

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich ha­be den Rednern von den Regierungsfraktionen zugehört: Da passt ja fast kein Blatt da­zwischen, bei all diesen Lobeshymnen. Einen einzigen Unterschied gibt es, die Erb­schaftssteuer ist dem Kollegen Auer – er ist jetzt nicht im Saal – ein Dorn im Auge. Aber vielleicht sollte die ÖVP einmal ein bisschen in sich gehen und sich wieder ihrer Väter erinnern, Raab, Kamitz zum Beispiel, an den berühmten Raab-Kamitz-Kurs. Nicht alle in diesem Hohen Haus werden sich daran erinnern, ich mich schon. (Abg. Bucher: Natürlich! Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Ich habe schon ein wenig davon mitbekommen.

Aber was war denn damals eines der konstitutiven Prinzipien des Steuersystems? – Die Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, und es war damals selbst­verständlich, dass man Vermögen besteuert hat. (Abg. Dr. Stummvoll:  Steuerquo­te!) Es war damals selbstverständlich, dass man eine Erbschaftssteuer gehabt hat. Es war selbstverständlich, dass man eine progressive Einkommensteuer gehabt hat. Und davon, Herr Kollege Stummvoll und Herr Kollege Auer, verabschieden Sie sich! Das war einmal gesellschaftspolitischer Konsens in diesem Lande, und heute sind es die verrückten Grünen und die verrückten Sozialdemokraten, die eine Erbschaftssteuer fordern – angesichts alarmierender Daten im Hinblick auf die Verteilung der Vermögen, die wir ja jüngst durch die Oesterreichische Nationalbank serviert bekommen haben oder im europäischen Kontext durch die Europäische Zentralbank.

Aber es wird natürlich auch viel schöngesungen. Jan Krainer hat gesagt, wir haben die höchste Beschäftigung oder eine der höchsten Beschäftigungsraten in Europa, und


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das ist nicht überall selbstverständlich, und wir haben die niedrigste Arbeitslosen­quote. – Ja, das ist schon richtig, wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote, aber bitte vergessen Sie nicht dazuzusagen, dass das die höchste Arbeitslosenquote seit 1945 ist, und das ist alarmierend. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Seit 2008 ist die Arbeits­losigkeit in Folge der Banken- und Wirtschaftskrise auch in Österreich dramatisch an­gestiegen.

Und jetzt komme ich zum eigentlichen Thema, zum Bundesfinanzrahmen: Wie geht denn dieser Bundesfinanzrahmen beispielsweise mit dem Anstieg der Arbeitslosenquo­te um? Berücksichtigt er das? Berücksichtigt er das nicht? – Überhaupt nicht, denn wenn man diesen Bundesfinanzrahmen durch irgendetwas charakterisieren möchte, dann könnte man das am besten mit der Formel copy and paste tun, also kopieren und einfügen. Das heißt, für die Jahre 2014 bis 2016 sind die Daten des vorjährigen Fi­nanzrahmens vollständig unverändert übernommen worden. (Ruf: Unglaublich!)

Wir haben zwar eine geänderte Wirtschaftslage, wir haben zwar geänderte Beschäfti­gungsentwicklungen, wir haben zwar im steuerlichen Bereich ein Pendlerpauschale be­schlossen, wir haben die höheren Beschäftigtenzahlen, das müsste sich natürlich alles auf die Einnahmen im steuerlichen Bereich auswirken, aber Brutto- und Nettosteuer­einnahmen sind in diesen Jahren gleich hoch wie im alten Finanzrahmen. Und für das Jahr 2017 wird im Regelfall einfach der Wert des Jahres 2016 angehängt.

Frau Finanzministerin, so, wie Sie diesen Bundesfinanzrahmen hier vorgelegt haben, kann man aus einem gut gedachten Instrument im Rahmen der Haushaltsrechtsreform etwas machen, es degradieren zu etwas, was ein lästiges Instrument ist. Aber das Ziel des Bundesfinanzrahmens ist es, strategische Zielsetzungen zu formulieren.

Meine Damen und Herren! In diesem Bundesfinanzrahmen finde ich nicht eine einzige strategische Zielsetzung, vielleicht abgesehen davon, dass es wichtig ist, dass man im Jahr 2017 entsprechend dem Fiskalpakt und der Schuldenbremse Überschüsse im Budget erreichet – ja, aber das ist bestenfalls ein Zwischenziel. Die klassischen Ziele der Wirtschaftspolitik sind ja bekanntlich andere: Wirtschaftswachstum, stabile Preise, niedrige Arbeitslosenquote, gerechte Verteilung, und dann kann man auch ökologische Zielsetzungen dazunehmen, aber davon entdecke ich eigentlich relativ wenig in dem Ganzen.

Es fehlen die weitreichenden Reformen. Da Kollege Stummvoll gesagt hat, Strukturre­formen sind angegangen worden: Ein bisschen etwas ist geschehen, aber die großen Reformen stehen nach wie vor aus, ob das die Verwaltungsreform ist, ob das die Re­form der Schulverwaltung ist, es steht aber auch eine Reform im gesamten Steuersys­tem aus. Es stehen viele andere Reformen aus. Es stehen Umschichtungen von Be­reichen aus, die wenig Wachstum generieren und die wenig zukunftsorientiert sind, hin in Bereiche, wo Zukunftsinvestitionen gefördert werden. All das kann ich leider nicht entdecken.

Ich kann leider auch nicht entdecken, dass mit diesem Bundesfinanzrahmen die Lasten der Banken- und Finanzkrise gerecht verteilt werden. Das führt mich wieder zurück zur Erbschaftssteuer. Ich kann auch nicht entdecken – und das ist ja hier schon oft dekli­niert worden, ich kann es schon gar nicht mehr hören –, dass es eine Entlastung des Faktors Arbeit gibt. – Ja wann werden wir denn endlich so weit sein, dass wir zu einer Entlastung des Faktors Arbeit kommen?

Zum Pfad der Budgetpolitik selbst noch einmal: Also ich finde, es ist schon ein Armuts­zeugnis, Frau Finanzministerin, dass Sie sich überhaupt trauen, diesem Haus einen Bundesfinanzrahmen und einen Budgetpfad vorzulegen, der sich durch nichts von dem unterscheidet, was der Budgetpfad des letzten Jahres war. (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)


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Ich würde dann gerne fortsetzen, wenn wir die Verhandlungen zu diesem Tagesord­nungspunkt wieder aufnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

14.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege, dann unterbreche ich jetzt Ihre Rede, und Sie kommen danach wieder dran.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 3 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.31Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend: Steuern runter – deutliche Reduktion statt kalter Pro­gression (2257/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 2257/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Ein Blick in den Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2014-2017 zeigt: Der Anteil der Lohnsteuer am gesamten Steueraufkommen wächst kontinuierlich. Das ist nicht auf hohe Wachstumsraten bei der Beschäftigung zurückzuführen, sondern das Ergebnis eines unfairen Steuersystems, das mittels „kalter“ Progression zu immer hö­heren Einnahmen für die Finanzministerin führt. Unglaubliche 500 Mio. Euro fließen so jährlich ins Budget, ohne dass die Bundesregierung unpopuläre Steuererhöhungen ak­tiv durchführen muss. Das Lohnsteueraufkommen ist dadurch seit 10 Jahren von 18 auf 25 Milliarden Euro gestiegen. Die realen Nettoeinkommen stagnierten im Vorjahr und sinken heuer sogar.

Wie die erst jüngst von der Arbeiterkammer errechneten Beispiele zeigen, entsteht al­leine durch die kalte Progression für die Arbeitnehmer jährlich ein beträchtlicher Ver­lust:

 

Monatslohn, brutto

Verlust durch die kalte Progression pro Jahr

Verkäufer/in im Einzelhandel

1.132,00 Euro

124,28 Euro

Buchhalter/in

4.116,00 Euro

159,04 Euro

Die schleichende Steuererhöhung macht das österreichische Einkommensteuergesetz leistungsfeindlich. Seit 1989 gab es nur zwei Anpassungen der Tarife, die auch nur ei­nen teilweisen Ausgleich der kalten Progression brachten.

Die Progression beginnt ab dem 11.001. Euro mit einem Grenzsteuersatz von 36, 5 Pro­zent zu greifen. Ab 60.000 Euro beträgt der Grenzsteuersatz 50 Prozent. Dazwischen gibt es noch eine Progressionsstufe mit 43,2 Prozent. Die behauptete Anpassung des Steuersatzes an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ist jeden­falls durch diesen kurzen, steilen Anstieg nicht gegeben.

Um die Härte dieses Steuersystems zu mildern ist es notwendig, zahlreiche Aus-nah­men und Sonderregelungen einzuführen. Über die Jahre hat sich so eine unübersicht-


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liche Menge an „Begünstigungsmaßnahmen“ angesammelt. Der Rechnungshof listet in seinem jüngsten Bericht 558 derartiger Sonderbestimmungen auf. Die Kosten betragen mindestens neun Mrd. Euro, sind im Detail mangels entsprechender Analysen aber ebenso wenig bekannt wie die Auswirkungen der Sonderregeln.

Das vom BZÖ vorgestellte Modell der „Fairen Steuern“ weist keine kalte Progression auf. Da diese Bundesregierung weder willens noch in der Lage ist, dieses Modell um­zusetzen, ist es ein Gebot der Stunde, wenigstens die kalte Progression zu mildern. Dazu wäre es notwendig, die einzelnen Steuerprogressionsstufen jährlich zumindest im Ausmaß der Inflation zu erhöhen.

Diese Forderung wird nicht nur von zahlreichen Wirtschaftsexperten, sondern auch von der Industriellenvereinigung, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer unter­stützt. Die Ära der Finanzministerin ist von der lautstarken Klage begleitet, dass das Steuersystem ungerecht und kompliziert ist, und dass die kalte Progression hintan ge­halten werden muss. Sogar der Finanzsprecher der SPÖ, Kai-Jan Krainer, denkt in ei­nem eigens eingerichteten parteiinternen Arbeitskreis seit 2008 über die Indexanpas­sung der Lohnsteuertarife nach; leider bislang ohne brauchbares Ergebnis.

Aus den genannten Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat noch im Mai 2013 einen Entwurf zur Novellierung des Einkommensteuergesetzes vorzulegen, der die jährliche Anpassung der Steuerprogressionsstufen im Ausmaß der Inflation vor­sieht.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragssteller die Ge­legenheit zur mündlichen Behandlung zu geben.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Bucher als Antrag­steller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.00.58

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Wir vom BZÖ wollen uns heute mit einem Phänomen beschäftigen, das sehr viele Österreicherinnen und Österreicher betrifft. Aber sosehr es sie auch betrifft, so sehr ärgern sich die Bürger und vor allem die Steuerzahler auch darüber, dass wir seit vielen Jahren nicht in der Lage sind, dieses katastrophale und vor allem unfaire Steuersystem so zu ändern und so leistungsfreundlich und fair zu ge­stalten, wie es sich für einen Wirtschaftsstandort moderner Prägung gehört. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesministerin! Wenn Sie immer wieder ganz stolz vor die Öffentlichkeit hintre­ten und meinen, es sei Ihnen gelungen, das Budget einigermaßen zu gestalten, dann sagen Sie leider Gottes nicht immer dazu, warum Ihnen das gelungen ist und welche Fehlentwicklungen wir im Steuersystem haben, die für diese Mehreinnahmen durch Steuern verantwortlich sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vor­sitz.)


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Diesen Stolz, den Sie da immer entwickeln, und das Lob, das Sie da immer bekom­men, auch heute vom Kollegen Krainer – es hat mich sehr gewundert, Kollege Krainer, dass Sie die Frau Bundesministerin dahin gehend gelobt haben, dass sie es geschafft hat, so hohe Steuereinnahmen zu erzielen. – Toll! Großartig! Eine fantastische Leis­tung der Frau Bundesministerin! (Abg. Krainer: Aber da haben Sie schlecht zugehört!)

Also das, Frau Finanzministerin, ist ein trügerischer Stolz, dem Sie da erliegen (Abg. Krainer: Zuhören!), denn Sie sind am wenigsten dafür verantwortlich, sondern verant­wortlich dafür sind die fleißigen Österreicherinnen und Österreicher, die mit ihrer müh­samen Arbeit diese Steuern erst zustande gebracht haben. (Beifall beim BZÖ.)

Verantwortlich ist eben dieser Systemfehler im österreichischen Steuersystem. Und auf diesen Systemfehler, genannt kalte Progression, möchte ich heute einmal etwas tiefer mit Ihnen gemeinsam hinblicken (Abg Grosz – auf die schütter besetzten Reihen von SPÖ und ÖVP weisend –: Mit den Restbeständen von Rot und Schwarz!), damit auch alle wissen, um welches Unding es sich bei dieser sogenannten kalten Progression handelt, die für die Frau Bundesministerin ein äußerst lukrativer Fehler im Steuersys­tem – ein sehr lukrativer Fehler! – ist, denn pro Jahr nimmt die Frau Finanzministerin allein durch die kalte Progression 500 Millionen € mehr ein. Dazu braucht sie gar nichts beizutragen. Da braucht sie überhaupt nicht an der Steuerschraube zu drehen, da braucht sie sich überhaupt nicht um das Steuersystem zu kümmern. Das ist Geld, das von alleine sprudelt und bei der Tür hereinkommt.

Im Vorjahr haben sich die Löhne – nur zur Verdeutlichung – im Durchschnitt um 4,3 Prozent erhöht, alle Lohnklassen zusammen. Die Lohnsteuer hat sich fast verdop­pelt (Abg. Krainer: Verdoppelt hat sich die Lohnsteuer nicht!) und natürlich auch dop­pelt so schnell nach oben entwickelt wie die Löhne. (Abg. Krainer: Aber verdoppelt hat sie sich nicht!)

Das ist das Phänomen, vor dem wir stehen. Und das beruht auf folgendem System: Selbst wenn jemand mehr verdient, das heißt, vom Arbeitgeber mehr Lohn bekommt, so fällt er in die nächsthöhere Steuerklasse hinein. Er zahlt daher mehr Lohnsteuer, al­so eine höhere Lohnsteuer, eine höhere Sozialversicherung, und am Ende kann es sein, dass er gleich viel herausbekommt oder sogar weniger herausbekommt als vor­her. (Abg. Krainer: Die Sozialversicherung geht nicht!) Das ist das Phänomen kalte Progression, wenn man das inflationsbereinigt berechnet. (Abg. Krainer: Wie geht das?)

Ich bringe dann, zu Ihrer Beruhigung, noch ein paar Beispiele der Arbeiterkammer. Zu Ihrer Beruhigung nenne ich Beispiele der Arbeiterkammer, damit Sie das auch verdeut­licht bekommen. (Abg. Dr. Cap: Das ist ein Denkfehler!)

Also obwohl es zu keiner Erhöhung der Lohnsteuer kommt, kommt es zu einer Mehr­einnahme durch die kalte Progression. Und der Grund dafür ist das Steuersystem, das, wenn man die allgemeine Teuerung mitberücksichtigt, dafür verantwortlich ist. (Abg. Dr. Cap: Noch einmal anfangen!) Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, pro­fitiert bei jeder Lohnerhöhung zuerst einmal der Staat, zuerst einmal die Frau Finanz­ministerin. Sie profitiert bei jeder Lohnerhöhung.

Es ist damit nicht gesagt, dass eine Lohnerhöhung für den Einzelnen, der sie mit dem Chef ausverhandelt hat, auch tatsächlich lukrativ ist. Es kann auch sein, dass sie den Bürger ärmer macht, das heißt, nicht nur, dass er gleich viel verdient wie vorher, son­dern ihn sogar ärmer macht.

Im Vorjahr hat sich aus Berechnungen ergeben, dass sich allein durch die kalte Pro­gression die Steuer- und Abgabenquote natürlich auch automatisch nach oben bewegt hat. Um 0,34 Prozent hat sich allein durch die kalte Progression die Steuer- und Abga­benquote erhöht, um 1,1 Prozent für Alleinverdiener mit Kind. Alleinverdiener mit Kind


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zahlen höhere Steuern durch die kalte Progression. Und das ist die kalte Familienpoli­tik der ÖVP! (Beifall beim BZÖ.)

Das lässt uns nicht kalt. Diese kalte Progression kann niemanden kaltlassen, der es ernst damit meint, den Familien in unserem Land zu helfen. Daher wollen wir das auch Ihnen klar verdeutlichen. (Abg. Krainer: Falscher Text!) Und da rufe ich jetzt quasi eine Zeitung als Zeugen in den Zeugenstand, den „Kurier“. Es ist schade, dass der Kollege Auer nicht da ist, der ja dem „Kurier“ nicht so sehr fernsteht (Abg. Dr. Cap: Als Leser!) als Raiffeisen-Mitarbeiter oder als Raiffeisen-Obmann (Abg. Hörl: Keine Ahnung da unten!)

Im „Kurier“ ist ein Nettoeinkommensbeweis der letzten Jahre erbracht worden. Das Nettoeinkommen der Österreicher hat sich folgendermaßen entwickelt. – Den „Kurier“ zweifeln wir nicht an. (Abg. Krainer: Wieso? Was ist die Quelle?) Oder zweifeln wir das an? Zweifeln wir das an? – Also ich zweifle das jetzt einmal nicht an, sondern ich lege das als Beweis vor.

Im Jahr 2010 hat sich die Nettoeinkommensentwicklung so dargestellt, dass sie bei mi­nus 1,1 Prozent zu liegen gekommen ist. Im Jahr 2011 haben die Österreicherinnen und Österreicher unterm Strich aufgrund der Inflation minus 2 Prozent verdient, im Jahr 2012 plus/minus null. Und die Erwartungen für das Jahr 2013 liegen bei minus 0,1 Prozent. (Abg. Krainer: 2009? Wieso lesen Sie 2009 nicht vor? – Abg. Ing. Wes­tenthaler – auf Abg. Krainer weisend, der in der ersten Reihe neben Abg. Dr. Cap sitzt –: Frau Präsidentin! Haben wir nicht gesagt, Zwischenrufe vom eigenen Patz?! Der setzt sich vor und brüllt herein!)

Das heißt, die Nettolöhne gehen mittlerweile schon wieder nach unten. Und das, was wir aus der Agitation von Rot und Schwarz immer hören, ist, dass es den Menschen in Österreich immer besser geht. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Beleg dafür, dass die Menschen in Österreich durch die Politik von Rot und Schwarz am Ende des Monats und am Ende des Jahres immer weniger im Geldbörsel haben. Und das ist die Realität, die wir Ihnen vor Augen führen wollen. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Krainer, Sie können während meiner Rede ruhig hereinrufen, das zeigt keine Wirkung. (Abg. Dr. Cap: Warum nicht?)

Jetzt eine Quelle von der Arbeiterkammer. Die Arbeiterkammer hat auf ihrer Home­page Beispiele. Diese Beispiele, wie sich die kalte Progression auf den Einzelnen aus­wirkt, schauen wie folgt aus: Eine Verkäuferin im Einzelhandel verdient im Monat brutto 1 132 €. Das heißt, ohne kalte Progression, ohne diese kalte Enteignung durch die Frau Bundesministerin hätte sie 124,28 € mehr im Geldbörsel. Eine Angestellte mit ei­nem Bruttolohn von 2 573 € hätte 136 € mehr.

Wo sind denn die Arbeiterkammervertreter von den Roten? Wo sind sie denn? (Abg. Dolinschek: Wo sind die Gewerkschafter?) Machen so tolle Studien, machen so tolle Berechnungen – am Ende zeigt sich aber eine interessante Verteidigung Ihrerseits hier im Hohen Haus, was die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler be­trifft: Sie kassieren in der Arbeiterkammer Ihre Sitzungsgelder, aber hier herinnen ver­stummen Sie, wenn es darum geht, die Anliegen, die Interessen der Arbeitnehmer­schaft in Österreich zu vertreten. Wo sind Sie denn alle? (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt ist sogar der Krainer stumm. Jetzt sagt sogar der Krainer nichts mehr dazu. Das ist die Arbeitnehmerpolitik der SPÖ! Na, weit haben Sie es gebracht! Doppelkassierer seid ihr, aber keine wirksamen und wirkungsvollen Volksvertreter mehr. Das ist die Realität. Es ist eine Schande, wirklich wahr! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)

Damit kommen wir zum Brutto-Netto-Rechner. Dieser ist für jeden von uns auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen ersichtlich, der Brutto-Netto-Rechner


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der Frau Finanzministerin. Gehen Sie ruhig einmal auf diese Homepage und schauen Sie sich das an, kann ich da nur sagen.

Ich habe jetzt einmal eingegeben: ein Pensionist, der monatlich brutto 1 050 € be­kommt, ein Kleinpensionist. Frau Finanzministerin, ich gebe es Ihnen dann (eine Unter­lage in die Höhe haltend), es ist Ihr Brutto-Netto-Rechner auf Ihrer Homepage. So: 1 050 €. Dieser Pensionist zahlt derzeit keine Lohnsteuer. Jetzt kommt es zu einer Er­höhung: 1 050 € plus 10 Cent. 1 050 € plus 10 Cent – geben Sie das ein, was da un­term Strich herauskommt! Er zahlt dann plötzlich 82,38 € Lohnsteuer. (Abg. Ursula Haubner: Unglaublich! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein Hohn! Das ist eine Ver­höhnung!) Er bekommt 10 Cent mehr und zahlt 82 € Lohnsteuer?! – Das ist „großartig“!

Die Betroffenheit steht Ihnen ins Gesicht geschrieben, aber das ist die Realität. Damit sollten Sie sich einmal auseinandersetzen – und nicht mit Ihrer Koalitionsrhetorik, die überhaupt nicht wirkt und überhaupt nichts bringt! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn sich so ein Pensionist das anschaut und dann zu lesen bekommt: „Wohin fließt mein Steuer-Euro?“, ich meine, das ist ja die pure Unverschämtheit, Frau Finanzminis­terin! – Die Beantwortung können Sie gleich rechts dazuschreiben: nach Griechenland, nach Zypern, nach Portugal, nach Spanien, zu den Banken.

Schreiben Sie das ganz fett dazu! Aber überlassen Sie es ihm nicht, diese Frage selbst zu beantworten. Haben Sie doch den Mut, dem betroffenen Pensionisten zu sagen, wo seine 82 € hinfließen! – In den Bankensektor hinein und nicht in sinnvolle, wirtschafts­fördernde Maßnahmen oder Steuersenkungen hier in unserem Land. Das ist die Reali­tät!

Daher meine Aufforderung an Sie, Frau Finanzministerin: Geben Sie den Österreicher­innen und Österreichern endlich ihr hart verdientes Steuergeld zurück, auf das sie auch ein Anrecht haben! Das wäre anständig und ehrlich. (Beifall beim BZÖ.)

Reden Sie nicht immer von Steuerreformen und Steuerkonzepten und Steuerreform­kommissionen. Wo sind die denn? Sie reden seit Monaten und Jahren von Steuerre­formkommissionen. Niemand weiß: Wer sitzt da drinnen? Wo tagen die? Gibt es die überhaupt? – Es gibt keine Informationen. Und ich sage Ihnen: Es gibt auch keine Steuerreformkommission. Das ist die Realität.

Schauen Sie sich einmal im OECD-Vergleich an, wie die Industriestaaten liegen! Das schaut so aus, dass in 17 von 30 OECD-Staaten diese Inflationsmehrgewinne den Menschen zurückgegeben werden. Es ist doch legitim, das zu fordern. Wenn 17 Län­der innerhalb der OECD das machen, warum können wir das in Österreich nicht ma­chen, Frau Finanzministerin, wo Sie doch zu Unrecht dieses Geld kassiert haben, sich damit brüsten und stolz auf die Steuerleistung der Österreicherinnen und Österreicher sind?

Das ist ein legitimer Anspruch, den wir stellen, weil es immer mehr den Mittelstand betrifft. Der Mittelstand verarmt, er ist die tragende Säule unserer Volkswirtschaft. Wenn der Mittelstand nicht mehr funktioniert, dann funktioniert das Gefüge unserer Volkswirtschaft nicht mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Von jedem verdienten Euro gehen mittlerweile 48,9 Cent an Steuern an die Frau Fi­nanzministerin. Im OECD-Vergleich, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind es nur 35,6 Cent. Österreich ist ein „Nationalpark Hohe Steuern“, ein Höchststeuerland. Daher brauchen wir eine Finanzministerin, die handelt, und nicht eine Finanzministerin, die ständig Entscheidungen bis nach der Wahl hinauszögert.

Wir brauchen eine steuerliche Entlastung, denn, wenn Sie sich das gegenwärtige Steu­ersystem anschauen, dann ist es doch auch für eine SPÖ nicht vertretbar, dass in un-


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serem Steuersystem die Besserverdienenden durch die Höchstbeitragsgrundlage der Sozialversicherung profitieren. Die Besserverdienenden profitieren! Wie kann das eine Sozialdemokratie hinnehmen?, frage ich mich.

Die kleinen und mittleren Einkommen bluten, und die Besserverdienenden kommen ungeschoren davon. Ja, wo ist denn da die Solidarität? Wo ist denn da die Gerech­tigkeit, von der die SPÖ immer spricht? – Ich sehe keine Gerechtigkeit und ich sehe auch keine Solidarität jenen gegenüber, die sie in dieser wirtschaftlichen Situation in Österreich brauchen, wo es darum geht, den Menschen wieder mehr netto im Geld­börsel zu lassen, damit die Wirtschaft wieder befeuert und angekurbelt werden kann. Das ist immer noch die bessere und beste Maßnahme für eine Wachstumspolitik in un­serem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Daher sind wir schon längst zu der Überzeugung gekommen, Frau Finanzministerin: Diese Fehlstellung im Steuersystem können Sie kurzfristig bereinigen, indem Sie den Menschen diese 500 Millionen € wieder zurückgeben, damit einen Konjunkturmotor in Österreich begründen und die Wirtschaft wieder zu Wachstumszahlen kommt. – Das ist das Erste.

Das Zweite ist, ein Steuersystem zu schaffen, das diese Unklarheiten und vor allem diese eklatanten Missstände endlich bereinigt und zu einem fairen, einfachen und ver­lässlichen Steuersystem führt. Und das kann nur eine Flat Tax, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur eine Flat Tax bereinigt diese Unebenheiten und führt dazu, dass wir zu einem leistungsfreundlichen und fairen Steuersystem kommen, das dem Wirtschaftsstandort Österreich gerecht wird. (Beifall beim BZÖ.)

Daher, Frau Finanzministerin, geht unsere Aufforderung in diese Richtung: Nicht stän­dig zu versprechen und nicht ständig davon zu reden, dass Sie darüber nachdenken, dass Sie das Steuersystem in Österreich als unfair empfinden, die Steuern in Öster­reich als zu hoch empfinden, sondern handeln Sie endlich! Und wenn Sie nicht han­deln, dann sagen Sie, warum Sie nicht handeln. Sagen Sie uns, woran es liegt! Wer sind die Bremsklötze, wer sind die Bösen? Dann reden wir mit ihnen. Aber wenn Sie zur Ehrlichkeit zurückkommen wollen, dann sagen Sie uns, woran es scheitert. An­sonsten bleiben Sie am Schluss übrig. (Anhaltender Beifall beim BZÖ.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Fekter zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Mi­nuten nicht übersteigen. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.17.28

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Frau Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bucher, Sie haben mich gerade aufgefordert, nicht nachzudenken, sondern zu handeln. – Diesem Wunsch kann ich nicht nachkommen, denn ich will, bevor ich handle, schon nachdenken. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Bucher: Vom Nachdenken haben die Steuerzahler nicht sehr viel! – Abg. Krainer – in Richtung des Abg. Bucher –: Soll manchmal von Vorteil sein!)

Im Hinblick auf die Prioritäten, die diese Bundesregierung setzt, mache ich noch einmal darauf aufmerksam, dass derzeit der Konsolidierungspfad Priorität hat. Wir sind ja mit­ten in der Debatte über unseren mittelfristigen Finanzrahmen bis 2017 unterbrochen worden. Und dieser Finanzrahmen zeigt ganz deutlich eine Tendenz: dass wir uns sta­bil aufstellen, damit wir 2017 einen Überschuss haben werden, und dass wir eben ganz intensiv darüber nachdenken, wie wir die Steuerzahler dann auch entlasten können. (Abg. Bucher: Sie machen immer mehr Schulden! Der Schuldenberg steigt!)


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Derzeit, in der jetzigen Situation, in der jetzigen Budgetsituation ist es noch nicht ganz möglich, Steuerzuckerln zu verteilen (Abg. Ing. Westenthaler: Aber Geld nach Grie­chenland und Zypern schicken!), und ich ersuche das Hohe Haus, nicht in jenes Fahr­wasser zu kommen, das uns am 24. September 2008 doch in eine Situation gebracht hat, wo wir anschließend ein Sparpaket gebraucht haben. Das möge in diesem Wahl­jahr verhindert werden!

Ihr Antrag, Herr Bucher, zielt ein bisschen darauf ab, als dass wir es schon wieder nö­tig hätten, möglichst Steuerzuckerln zu verteilen. Aber, Herr Bucher, Sie haben voll­kommen recht: Unser Steuersystem ist leistungsfeindlich, sozial ungerecht und hat er­hebliche Schwächen. Erhebliche! (Abg. Riepl: Das ist das Problem!) Darüber sind sich alle Experten einig, das ist nicht wirklich etwas Neues.

Das Problem beginnt damit, dass unser Eingangssteuersatz ein ausgesprochen hoher ist; nur Dänemark hat auch einen solch hohen Eingangssteuersatz wie wir. Nirgends sonst in Europa gibt es das, dass der erste Steuersatz, der greift, bereits 36,5 Prozent beträgt. (Abg. Bucher: Das Klagelied geht schon wieder los, gehandelt wird nicht!)

Zweitens: Wir haben einen Mittelstandsbuckel. Der Mittelstand ist überproportional be­lastet. Das heißt, der Mittelstand trägt die Steuerlast, er bekommt weniger Transferleis­tungen, denn es heißt ja immer, dass es ab einem gewissen Einkommen keine Trans­fers mehr gibt, und manche Steuern, die wir haben, treffen halt diejenigen, die ein mit­tleres oder höheres Einkommen haben.

Die Progression – das ist richtig – wirkt sich auch relativ rasch aus. Und bei den Bes­serverdienern ist unser Steuersystem im europäischen Vergleich überhaupt am deftigs­ten. In keinem anderen Land in Europa greift der Spitzensteuersatz von 50 Prozent be­reits bei 60 000 €! (Abg. Krainer: Bei uns auch nicht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das gibt es sonst nirgends! (Abg. Krainer: Bei uns auch nicht!) In Frankreich beispielsweise gibt es die sogenannte Reichen­steuer, den Spitzensteuersatz von 45 Prozent erst ab einer halben Million. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Rossmann.) In Deutschland gibt es 45 Prozent erst ab 240 000 €. (Abg. Bucher: Warum erklären Sie mir das? Warum erklären Sie mir das? Wissen wir eh alles! Sie sollen uns erklären, warum Sie nichts machen!) Wir sind da doch sehr, sehr deftig in den Geldbörsen der Steuerzahler. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum schaffen Sie die kalte Progression nicht ab?) Daher ist es mir auch ein Anliegen, dass wir diese Belastung der Menschen etwas mindern. (Abg. Bucher: Machen Sie etwas!)

Wir brauchen diesbezüglich ein System – und das haben Sie richtig erwähnt; danke, dass Sie mir da schon zugehört haben –, wie ich es immer sage: einfacher, weniger, leistungsgerechter. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Karlsböck.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in unserem Lohn- und Einkom­mensteuersystem 560 Ausnahmen. Das hat der Rechnungshof erst unlängst massiv kritisiert. Diese 560 Ausnahmen sind sogenannte Steuerprivilegien für sehr viele Gruppen. Da sind uns viele etwas wert. Da ist uns die Feuerwehr etwas wert, die Kir­che ist uns etwas wert, die Journalisten sind uns etwas wert, Frau Kittner. Das heißt, alle Zünfte haben da eine Ausnahme – nur die Kinder nicht. (Abg. Krainer: Kinderab­setzbeträge gibt es nicht?) Und das halte ich für das sozial Ungerechteste in diesem ganzen System! Die Kinder müssen wir berücksichtigen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Machen Sie etwas! – Abg. Dr. Karlsböck: Sind Sie in Opposition? – Abg. Bucher: 25 Jahre in der Regierung, die ÖVP!)

Ein Beispiel: Deutschland – ich nenne jetzt nur Deutschland im Vergleich – hat auch Transferleistungen, so wie wir. Deutschland stellt auch Infrastruktur, Kindergartenplät­ze, Betreuungseinrichtungen, zur Verfügung, so wie wir. Alles so wie bei uns. Aber die Länder, an denen wir uns immer messen – Deutschland, Frankreich, Schweden, Hol-


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land, Dänemark –, haben zusätzlich zu den Transferleistungen und den Betreuungs­einrichtungen noch steuerliche Erleichterungen, sodass jene steuerlich entlastet wer­den, die die Kinder erziehen, die die Steuerzahler von morgen sind. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Beispielsweise Deutschland hat 7 000 € pro Kind, und daran könnten wir uns schon orientieren. (Abg. Zanger: Wieso tun Sie es nicht? – Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Es freut mich, wenn diese Vorschläge dann, wenn sie konkret auf dem Tisch liegen, von vielen unterstützt werden. (Abg. Bucher: Wann?) Ich freue mich darauf, dass sie dann unterstützt werden. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Bucher: Wann wird das sein?)

Was nicht geht, meine sehr verehrten Damen und Herren, obwohl es verlockend klingt, ist die sogenannte Flat Rate, die Flat Tax. (Abg. Scheibner: Die haben Sie doch selber verlangt! – Abg. Bucher: Sie wollten die Flat Tax selber haben! Eine gute Sache!) Die Flat Tax wäre die größte Steuerentlastung der Millionäre, denn die Millionäre zahlen bei uns jetzt 50 Prozent, mit der Flat Tax von Herrn Bucher würden Stronachs und alle anderen nur noch 25 Prozent zahlen. Und das ist nicht das Bild, das die ÖVP vor Au­gen hat. (Abg. Scheibner: Sie selber haben es vorgeschlagen!)

Wir bekennen uns schon dazu, dass diejenigen, die mehr leisten können, auch mehr beitragen. Aber wie viel dieses Mehr ist, das müssen wir uns auch anschauen.

Im Übrigen hat unser Haus Berechnungen zum Flat-Tax-Modell durchgeführt, und seit ich weiß, dass die Flat Tax nach Bucher’schem Modell 20 Milliarden kostet, habe ich keine Sympathie mehr dafür. (Abg. Scheibner: Sie selber haben es vorgeschlagen!) Eine Steuer, die uns 20 Milliarden kostet (Abg. Bucher: Ist doch ein Blödsinn!) und überwiegend nur die Millionäre entlastet, ist nicht das Modell, das ich mir vorstelle. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe immer dazugesagt, dass ich es leistungsgerecht haben will, einfacher haben will und die Familien entlasten will. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Aber ich habe nie von einer blinden Akzeptanz der Flat Tax gesprochen, Herr Bucher. Da werden Sie kein Zitat von mir finden. (Abg. Scheibner: Das Modell haben Sie vor­geschlagen! – Abg. Bucher: Den Beweis können wir antreten!)

Nun zu Ihrer Anpassung an die Inflation, die Sie vorschlagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon erwähnt, wir haben inzwischen ein ziemlich kom­plexes Steuersystem mit einer Fülle von Ausnahmen, mit einem Dickicht, das, das gebe ich schon zu, den Berufsstand der Steuerberater, Wirtschaftstreuhänder und Buchhalter blühen lässt, gar keine Frage. Aber es soll doch nicht so sein, dass nur mehr Experten durchblicken, was in unserem Steuersystem drinnen ist. (Abg. Ursula Haubner: Aber es ist jetzt so!)

Wenn wir uns jetzt eine automatische Inflationsanpassung genau anschauen würden, müssten wir uns zuerst einmal über Folgendes klar werden: Welche Art der Inflations­anpassung? Welcher Warenkorb? Welchen Warenkorb ziehen wir für welche Bevölke­rungsgruppen heran? – Das wäre die erste Vorfrage.

Das Zweite ist: Wenn wir nur den Tarif an die Inflation anpassen, was tun wir dann mit den Absetzbeträgen, mit jenen Beträgen, wo wir eine Erleichterung geben? Passen wir die dann auch der Inflation an? Wenn man nur an einem Schrauberl drehte, an den anderen aber nicht, würde das dazu führen, dass wir im Einkommensteuergesetz mehr als 50 derartige Beträge haben, die dann auch entsprechend der Inflation angepasst werden. Denken Sie nur an den Alleinverdiener-, an den Alleinerzieherabsetzbetrag, an die Grenzen für den Gewinnfreibetrag, an die Pendlerpauschale, die wir gerade erst geändert haben.


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Das heißt, diese Anpassung würde dann, wenn man sie wirklich ernst nähme, zu einer weiteren Verkomplizierung unseres Systems führen (Abg. Bucher: In 17 Ländern geht das!), und das Dickicht würde noch undurchschaubarer. Und wenn das eine Automatik hätte, dann könnte vor allem niemand sagen, wie hoch die Beträge im Steuergesetz im kommenden Jahr sein werden, weil die detaillierte Inflationsrate immer erst im Folge­jahr feststeht. (Abg. Bucher: Wie machen das die anderen Länder?)

Das heißt, dieser Vorschlag führt nicht zu einer Vereinfachung, führt auch nicht zu mehr Gerechtigkeit, sondern erfolgt einfach aus dem Bauch heraus oder, besser ge­sagt, es wird ja in anderen Ländern ähnlich diskutiert, ist einfach so entstanden, dass Zeitungsmeldungen über andere Debatten abgeschrieben wurden.

Durchdacht, Herr Bucher, ist es nicht. Und daher bitte ich doch zu berücksichtigen, dass ich zuerst darüber nachdenken möchte, bevor ich handle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Sie denken aber schon sehr lange! Seit 1. August 2011 den­ken Sie nach!)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf. Die Gesamtredezeit pro Klub beträgt 25 Minuten.

Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler gelangt zu Wort. – Bitte.

 


15.29.33

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Es heißt so schön, die Rache des Journalisten ist das Archiv. Heute ist es nicht die Rache des Journalisten, sondern der Opposition. Ich habe jetzt schnell nachgeschaut, und es ist mit den technischen Möglichkeiten heute relativ einfach, Sie hier sofort zu überfüh­ren, die Unwahrheit gesagt zu haben.

Wenn Sie heute hier behaupten, Sie hätten nie die Flat Tax gefordert, und sie in Grund und Boden verdammen, dann reicht Ihr Langzeitgedächtnis offenbar nur bis zum 2. Au­gust 2011 zurück (Abg. Grosz: Am 1. August hat sie es gefordert!), denn vom 1. Au­gust 2011 lese ich hier – ich staune! – Folgendes:

Titel, Vorausmeldung von „NEWS“: „Die Steuer-Revolution“.

„Finanzministerin“ Fekter „will ,Flat Tax‘ einführen“. – Oh! (Oh-Rufe beim BZÖ.)

Ich zitiere weiter:

„Geht es nach Maria Fekter, dann soll das österreichische Steuersystem künftig ein­facher, verständlicher und nachvollziehbarer werden. Im Konkreten plant die Finanzmi­nisterin, Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge zusammenzulegen und eine Art Flat Tax einzuführen.“ (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist das Bruckner-Modell! Das Bruckner-Modell haben wir nie unterstützt! Das hat nur der Herr Bruckner, Gott hab’ ihn selig, !) „Steuerexperten begrüßen diese Pläne“, das BZÖ, das haben wir schon damals gesagt, weist darauf hin, dass die Idee der Flat Tax von ihm kommt.

Sie haben unsere Forderung übernommen und heute wollen Sie nichts mehr davon wissen. Warum das der Fall ist, wissen wir nicht, aber Sie haben ein sehr kurzes Lang­zeitgedächtnis, meine liebe Frau Ministerin. (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn Sie behaupten, dieses Flat-Tax-Modell, das Josef Bucher und unsere Ex­perten gemeinsam ausgearbeitet haben, entlaste tatsächlich nur die Reichen, dann ge­be ich Ihnen dieses Büchlein mit, denn wenn Sie es noch immer nicht verstanden ha­ben, dann ist hier unser Modell einer Flat Tax, und dieses entlastet die österreichi-


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schen Haushalte durchschnittlich um rund 700 € im Jahr. Das ist eine echte steuerliche Entlastung, Frau Ministerin, schauen Sie sich das einmal an! (Beifall beim BZÖ. – Der Redner überreicht Bundesministerin Dr. Fekter das angesprochene Büchlein.)

Sie stellen sich hier heraus – das, was sich hier abspielt, ist eigentlich unfassbar – und zählen alles auf, was nicht funktioniert, was schlecht ist (Abg. Grosz: Tut aber nichts dagegen!), von der Kinderpolitik über die Familienpolitik bis zum Mittelstand, der so be­lastet ist. Frau Ministerin, das, was Sie heute hier abgeliefert haben, ist eine politische Selbstanzeige, die Sie hier im Parlament gemacht haben. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Aber auch hier gilt dasselbe wie im Steuerrecht, Frau Ministerin: Eine politische Selbst­anzeige ist auch nur dann gültig, wenn Sie tätige Reue mitliefern. – Die haben Sie heu­te nicht mitgeliefert, denn Sie haben uns nicht gesagt, dass die Steuern gesenkt ge­hören, dass dieser Wahnsinn von kalter Progression endlich abgeschafft gehört, dass die Familiensteuerpolitik nach vielen Jahren endlich wieder fairer gestaltet werden soll, dass ein Flat-Tax-Modell eingeführt werden soll und dass die österreichischen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer endlich massiv entlastet werden sollen, anstatt dass das Geld an Griechenland und Zypern verschenkt wird. Das hätten Sie gleich mitliefern sollen! (Beifall beim BZÖ.)

Somit ist diese heutige politische Selbstanzeige nicht strafaufhebend (Abg. Bucher: Sie ist strafverschärfend!), sondern sie wird bestraft werden, und zwar am 29. Septem­ber von den Wählern, davon bin ich überzeugt, denn die werden sich das nicht gefallen lassen.

Frau Minister, Sie haben Herrn Bucher angesprochen, aber Herr Bucher hat gemeint – und das ist das wirkliche Zitat –, Sie sollten nicht immer nur nachdenken und nichts tun. Das hat Herr Bucher gesagt und gemeint. Sie denken ständig über etwas nach, aber es kommt dabei nichts heraus. Und wenn Sie dann sagen: zuerst nachdenken, dann handeln!, dann frage ich mich, wann Sie eigentlich im Zusammenhang mit der Europäischen Union nachgedacht haben, als Sie uns von dieser Regierungsbank aus weismachen wollten, dass das mit Griechenland ein Geschäft für die Österreicherinnen und Österreicher sein wird. Wie lange haben Sie darüber nachgedacht? Wie lange ha­ben Sie nachgedacht, bevor Sie uns das Zypern-Paket auf den Tisch gelegt haben, wo Sie selbst zumindest drei Tage lang dabei waren, als festgelegt wurde, dass auch den kleinen Sparern in die Parade gefahren werden soll und dort eine Enteignung des Sparbuches stattfinden soll? Haben Sie da auch nicht so lange nachgedacht?

Das ist schon bemerkenswert, Frau Ministerin, und deswegen ist Ihre Stellungnahme zum heutigen Antrag einfach unbefriedigend. Sie ist unbefriedigend, weil dieses Teu­felswerk der kalten Progression tatsächlich etwas ist, was einer kalten, einer schlei­chenden Enteignung nahekommt.

Da sitzen immer alle Gewerkschafter, seit Jahren immer dasselbe Ritual, und sagen: Ein großer Erfolg bei den Lohnverhandlungen, wieder eine Lohnerhöhung!, und dann sagen mir die Leute: Die Gewerkschafter erzählen uns im Fernsehen immer, welch tol­le Lohnerhöhungen sie erreicht haben, und dann kriege ich meinen Lohnzettel, meine Abrechnung, aber das finde ich darauf nicht, das ist dort nicht drauf! – Die Antwort liegt natürlich auf dem Tisch: weil der Betreffende durch diese Erhöhung bereits in eine hö­here Stufe gerutscht ist, durch die kalte Progression! Und warum „kalte“ Progres­sion? – Weil er weniger herausbekommt, weil er netto weniger vom Brutto herausbe­kommt, weil er in eine höhere Steuerstufe fällt. Das ist die Tatsache. Dazu kommt noch die Inflation, die es auch noch gibt, und das frisst die Lohnerhöhung auf. Das frisst nicht nur die Lohnerhöhung auf, sondern das frisst auch die Kaufkraft auf, das frisst die Kraft der Menschen auf, sich etwas leisten zu können.


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Das ist völlig klar. Und das belastet vor allem – da schaue ich wieder in Richtung SPÖ – in überproportionalem Maße Verdiener mit mittleren und kleineren Einkommen, auch ganz klar, weil es einfach einen stetigen Anstieg der Grenzsteuersätze gibt, einen stetigen steilen Anstieg der Grenzsteuersätze, und man gleich einmal darüber ist, wie das Herr Kollege Bucher eindrucksvoll vorgerechnet hat am Beispiel des Pensionisten, der mit 1 050 € gar nicht dabei ist und bei 10 Eurocent mehr plötzlich über 80 € zahlen muss. Ist das gerecht? Ist das die soziale Gerechtigkeit der Sozialdemokratie? Ich glaube nicht.

Deswegen schlagen wir vor – das ist nichts Aufregendes, Frau Ministerin, das ist auch nichts weltbewegend Neues, sondern eigentlich etwas Normales –: Machen wir das System der rollenden Räder, was die Steuersätze anlangt. Das heißt, dass das selbst­verständlich inflationsangepasst wird.

Herr Kollege Krainer, auch ein Nachdenker, denkt darüber bereits seit 2008 nach, ha­ben wir vernommen (Abg. Bucher: Er denkt noch immer!), jetzt haben wir 2013, viel­leicht kommen wir im Jahr 2040, wenn er in Pension ist, drauf, wie es geht. Aber so lange haben wir nicht Zeit, denn in der Zwischenzeit verlieren die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Geld, und das wollen wir nicht. Wir wollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dieser kalten Progression schützen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Ministerin, nur zur Information, weil Sie auch Frankreich genannt haben: In Frank­reich und Kanada gibt es diese Index-Anpassung der Steuertarife bereits, und in der Schweiz gibt es bereits seit 2010 die jährliche Anpassung der Tarife, so wie wir sie fordern. Also auch nichts Neues. Diese schleichende Steuererhöhung, die wirklich un­fair ist, gehört endlich beseitigt.

Ich glaube, Sie könnten uns noch vor der Wahl ein entsprechendes Modell auf den Tisch legen, da könnten Sie endlich einmal etwas machen. Da könnten Sie endlich einmal etwas tun – aber ich unterstelle Ihnen, Sie wollen das überhaupt nicht, weil Sie es nicht haben. Sie nehmen mit dieser kalten Progression den Österreichern 500 Mil­lionen € im Jahr weg, weil Sie sie brauchen. Sie brauchen sie für die Zypern-Rettung (Abg. Bucher: Für die Banken), für den ESM, für Griechenland, für die Banken, und daher ist das ein willkommenes Zubrot (Bundesministerin Dr. Fekter: Hypo in Kärn­ten!), das Sie da kassieren. Deswegen wollen Sie ja gar nichts daran ändern, das un­terstelle ich Ihnen. Sie wollen diesen Raubzug gegen die Brieftaschen der Österreiche­rinnen und Österreicher nicht abstellen und werden mittlerweile auch schon von vielen Kommentatoren – ich erspare es mir, jetzt näher darauf einzugehen – quer durch alle Zeitungen dafür massiv kritisiert.

Einen lese ich Ihnen schon vor. In den „Salzburger Nachrichten“, das ist heute schon genannt worden, schreibt Herr Koller darüber – ich zitiere –:

„In Wahrheit findet ein Raubzug durch die Taschen der Österreicherinnen und Öster­reicher statt. Und ganz im Stil professioneller Taschendiebe“ – Koller, der das schreibt, ist übrigens ein Journalist, der ausgezeichnet wurde – „agiert die öffentliche Hand beim Aussackeln der Bürger so geschickt, dass diese zunächst gar nichts mitkriegen.“

Das ist die Wahrheit. Und das ist das Gemeine und Hinterhältige an der Geschichte, dass die Menschen vorerst einmal gar nichts mitkriegen, sondern dass ihnen vorge­gaukelt wird, dass sie Gehalts- und Lohnerhöhungen bekommen, die sie real nicht wirklich kassieren. Das ist etwas, was wirklich zum Genieren ist, was wirklich entsetz­lich ist und abgestellt gehört, Frau Ministerin.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Recht auf eine Steuerreform, sie ha­ben zumindest ein Recht darauf, dass diese Index-Anpassung im Zusammenhang mit der kalten Progression durchgeführt wird, denn sie haben ohnehin schon genug Belas­tungen miterlebt: 13 Steuererhöhungen allein in der jetzigen Regierungsperiode. Das


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wissen wir, das ist bereits bewiesen, das haben wir Ihnen auch vorgerechnet. Wir haben die höchste Steuerbelastung, die Energiepreise sind auf hohem Niveau, wir ha­ben die Teuerung, die in Wirklichkeit viel höher ist, weil die Grundnahrungsmittel und die Warenkorbteile des täglichen Lebens viel stärker gestiegen sind als zum Beispiel die Preise der Computer. Die meisten Leute wird es nicht so sehr aufregen, wenn die Computer-Preise sinken und dadurch die Inflationsrate runtergeht.

Wir haben die kalte Progression. Wir zahlen auf Sparbücher mittlerweile de facto fast schon mehr ein, als wir überhaupt bekommen. Wenn man diesen niedrigen Zinssatz nimmt und davon noch die KESt von 25 Prozent abzieht, dann ist auch das Sparen schon unattraktiv – zwischen Klammern dazu: Vielleicht kommen dann Sie um die Ecke und nehmen es einem auch noch weg. Das kommt jetzt noch dazu. Und wir ha­ben nach wie vor einen Wildwuchs und einen blühenden Frühling, was die Gebühren anlangt, auch da langt die öffentliche Hand noch einmal zu, Frau Ministerin.

Das ist keine Politik einer Steuersenkung, keine Entlastungspolitik, wie wir sie uns vor­stellen. Legen Sie Ihre Karten vor der Wahl auf den Tisch, lassen Sie sich daran mes­sen! Seien Sie so fair und sagen Sie den Österreicherinnen und Österreichern, was nach der Wahl auf sie zukommt. Das wäre fair.

Entlasten Sie die Menschen endlich durch die Abschaffung der kalten Progression, die eine Hinterhältigkeit ist, die wir nicht länger akzeptieren wollen. (Beifall beim BZÖ.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Krainer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.39.41

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Der Dringliche Antrag be­schäftigt sich mit der kalten Progression. Das ist wirklich ein Punkt, über den man dis­kutieren kann und muss, nämlich: Wie verändert sich im Laufe von ein paar Jahren die Steuerleistung, wie verändern sich die verschiedenen Steuern?

Dort, wo es eine progressive Besteuerung gibt, wächst die Steuer quasi dynamischer – das ist die eine Gruppe. Die zweite Gruppe ist zum Beispiel die Umsatzsteuer. Diese wächst in etwa proportional mit der Inflation und dem Wirtschaftswachstum. Dann gibt es andere Steuern, diese wachsen schwächer als das Wirtschaftswachstum, schwä­cher als die Inflation, teilweise gar nicht. Vor allem Vermögensteuern bleiben im We­sentlichen nominell gleich, wie zum Beispiel die Grundsteuer. Das heißt, Sie haben hier einen sehr unterschiedlichen Verlauf von einzelnen Steuergruppen. Das ist einfach eine technische Frage.

Das ist allerdings auch nicht eine Erfindung dieser Bundesregierung, sondern ich glau­be, sieben Jahre waren Sie in der Regierung, da war das um keinen Millimeter anders. (Abg. Bucher: Ich war nie in der Regierung!) – Nein, nein. Sie zwei gemeinsam waren hier die Regierungsfraktion. (Abg. Bucher: Da muss ich etwas übersehen haben! Fi­nanzminister, das war ein anderer!) Er war drei Jahre, Sie waren dann vier Jahre. Er war Klubobmann, Sie waren Finanzsprecher. Und ich bilde mir ein, dass es all die Din­ge, die Sie kritisieren, zu diesem Zeitpunkt bereits gab, teilweise noch viel schlimmer als heute.

Das heißt, man muss das diskutieren, und wir diskutieren das auch. Es stimmt, dass wir 2008 eine Arbeitsgruppe eingesetzt haben, die sich auch angesehen hat, wie viel die Arbeitnehmer durch die kalte Progression verloren haben. Wir haben allerdings nicht bis heute nachgedacht, sondern wir haben 2009 gehandelt, haben eine große Steuerreform durchgeführt und eben diese kalte Progression den Arbeitnehmern 2009 zurückgegeben durch die Steuerreform in der Höhe von 3 Milliarden €. (Beifall bei der SPÖ.)


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Was haben Sie gemacht, als Sie in der Regierung oder Regierungsfraktion waren? Was haben Sie 2005 gemacht? Haben Sie damals den Arbeitnehmern die kalte Pro­gression zurückgegeben? – Nein! Was Sie gemacht haben, war, das Geld der Arbeit­nehmer zu nehmen und es in die Gruppenbesteuerung und in Steuergeschenke für Reiche und multinationale Konzerne zu stecken. Das ist das, was Sie gemacht haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind sieben Jahre in der Regierung!) Und Sie stellen sich jetzt heraus und kritisieren, dass rote Arbeitnehmervertreter ihren Job nicht gemacht hätten. Na, wir machen unseren Job schon. Sie behaupten, dass Sie Ihren machen, und machen das Gegenteil von dem, was Sie hier sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Sache, die angesprochen worden ist, ist, dass es im Steuersystem mitunter kleine Sprünge von 10 Cent gibt. Solche 10-Cent-Sprünge gibt es natürlich nicht, je­doch gibt es Sprünge von ein paar Euro, aufgrund derer man dann plötzlich in eine an­dere Steuerklasse kommt. Das ist dort, wo ich nicht Verläufe habe, sondern wo ich einfach fixe Grenzen habe. (Abg. Bucher: Das ist eine reine Brutto-Netto-Rechnung!)

Es stimmt, dass wir hier erst vor ein paar Wochen mit dem Antrag Stummvoll/Krainer sehr viele davon gestrichen haben – da haben wir den großen Absetzbetrag für allein­verdienende Pensionisten eingeschliffen –, und es stimmt, dass wir noch nicht alles eingeschliffen haben, was man einschleifen könnte. Das hat auch seinen Grund: Ein­schleifregelungen machen natürlich jedes Steuersystem extrem kompliziert und ma­chen es von der Berechnung her extrem kompliziert, wohingegen fixe Grenzen immer ganz einfach und verständlich sind. Aber wir nehmen das gerne zum Anlass und schauen uns laufend diese fixen Grenzen an, denn sonst hätten wir nicht gerade vor zwei Monaten wieder eine Einschleifregelung beschlossen. Und wenn es in der Pra­xis – nicht in der Theorie, sondern in der Praxis – zu echten Problemen kommt, dann schleifen wir die gerne ein.

Aber ich nehme auch eines zur Kenntnis: Sieben Jahre lang haben Sie kein Problem im Sprung von 1 050 € auf 1 050,10 € gesehen. Sie haben damals kein Problem darin gesehen und keine neuen Steuerreformen durchgeführt und nichts verändert. Und ich sage Ihnen, es stellt sich auch immer die Frage, ob etwas in der Theorie oder in der Praxis ein Problem ist. Wenn wir sehen, es ist in der Praxis ein Problem, dann ändern wir es gerne.

Die nächste Frage, die in der Debatte aufgeworfen wurde, ist die Frage der Familien­besteuerung. Diesbezüglich ist es nicht so, dass es für Kinder oder Familien in unse­rem Steuersystem und im Transfersystem überhaupt nichts geben würde. Also ich mei­ne, den Begriff „Familienbeihilfe“ hat man schon einmal gehört, Absetzbarkeit von Kin­derbetreuungskosten, Kinderabsetzbeträge, Kindergeld et cetera et cetera.

Also es ist nicht so, dass unser Steuersystem Kinder nicht kennen würde, aber wenn wir uns ansehen, was wir an steuerlichen und Transferleistungen für Kinder und für Fa­milien ausgeben, und das mit anderen Staaten vergleichen und damit, was wir für In­frastrukturleistungen ausgeben, dann ist es so, dass wir, was die Geld- und Steuerleis­tungen betrifft, zu den Topländern in der OECD und in der Europäischen Union ge­hören – wir sind ganz vorne dabei, wenn es ums Geld und die steuerlichen Leistungen geht –, aber wenn es um die Infrastrukturleistungen geht, dann sind wir ganz hinten.

Etwas, das wir von anderen Ländern lernen können, die erfolgreich sind – das heißt, dass die Menschen so viele Kinder bekommen, wie sie bekommen wollen; in Öster­reich wollen junge Familien zwei bis drei Kinder bekommen, sie bekommen aber tat­sächlich ein bis zwei Kinder –, sind zwei Dinge, die sie besser machen als wir. Das sind nicht die Geldleistungen, das sind nicht die Steuerleistungen (Bundesministerin Dr. Fekter: Oh ja!), das sind die Infrastrukturleistungen, wo es nämlich darum geht, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser funktioniert. Und das Zweite, wo-


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rin sie besser sind, ist die Väterbeteiligung, wo nämlich die Väter einen höheren Anteil an der Kinder- und Versorgungsarbeit leisten, als das in Österreich der Fall ist, Stich­wort Papa-Monat. Das sind die zwei Punkte, die den Unterschied machen und eine er­folgreiche Familienpolitik betreffen.

Als Drittes muss ich schon noch eines sagen: Wenn wir uns das Steuersystem an­schauen, dann sieht man, dass es ein ganz anderes Problem als die kalte Progression gibt. Man kann darüber reden, wie man das verbessern kann, aber das große Problem ist folgendes: Wenn wir uns den Kuchen anschauen, wie das Einkommen in Österreich verteilt ist, dann bekommen die, die für ihr Geld arbeiten gehen, zirka 60 Prozent vom Kuchen in Österreich. 40 Prozent bekommen jene, die über Vermögen und Kapitalein­kommen verfügen. Und wenn es um die Steuern geht, also darum, wer die Rechnung zahlt, dann bekommen die, die für ihr Geld arbeiten, zwar nur 60 Prozent vom Kuchen, zahlen aber fast 90 Prozent der Rechnung, nämlich durch Steuern und Abgaben in die­sem Land. Und die, die über Vermögen und Kapitaleinkommen verfügen, bekommen 40 Prozent vom Kuchen, zahlen aber nur zirka 10 Prozent der Rechnung. Das ist das wahre und große Problem.

Und Sie als politische Partei, als BZÖ, sind gegen Vermögensteuern, gegen echte Kapitalsteuern, gegen Erbschaftssteuern und so weiter, die das wahre Problem unse­res Steuersystems aufgreifen, nämlich dass die, die arbeiten gehen, nur 60 Prozent vom Kuchen bekommen, aber 90 Prozent der Rechnung zahlen. Das ist das wahre Problem, das wir heute haben, und da sollten Sie sich einmal einen Ruck geben und sich auch für echte Vermögensteuern, für Erbschaftssteuern und dann auch für die Senkung von Steuern auf Arbeit, stattdessen aber auch für eine Erhöhung der Steuern auf Vermögen und Kapital einsetzen. Denn das ist das echte Problem.

Sie haben die Sozialdemokratie immer als Verbündeten, wenn es darum geht, die ech­ten und wahren Probleme im Steuersystem zu beseitigen, nämlich dass Arbeitnehmer zu viel Steuern zahlen, und Menschen, die über ein hohes Vermögen und über Kapi­taleinkünfte verfügen, zu wenig zahlen. Das ist das wahre Problem. (Abg. Bucher: Macht einen Vorschlag! Noch nie einen Vorschlag gemacht!) Da haben Sie uns als Bündnispartner, bei den anderen Dingen sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stumm­voll. – Bitte.

 


15.47.47

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Finanzmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, ich möchte zunächst nicht ver­schweigen, dass ich für eine Reihe von Passagen dieses Antrages sehr viel Sympathie empfinde. (Abg. Bucher: Fängt schon einmal gut an, und jetzt nur kein Aber!) Gar keine Frage, da teile ich die Meinung der Frau Finanzministerin. Ein Steuertarif, der bei 36,5 unten ansetzt, ein Steuersatz, der mit 50 Prozent schon bei 60 000 € jährlich ein­setzt, ist leistungsfeindlich. In Deutschland sind es – Sie haben es von der Frau Fi­nanzministerin gehört – 47 Prozent ab 240 000 €. Da liegen ja Welten dazwischen. Das heißt, de facto haben wir die Reichensteuer schon längst. Und das ist das leis­tungsfeindliche Element sowohl unten als auch oben. Und der Mittelstandsbauch kommt dazu. Also gar keine Frage, eine Tarifreform ist unerlässlich.

Das Problem ist nur, liebe Freunde vom BZÖ, der Zeitpunkt ist von euch so gewählt, dass es genau das wäre, wo heute jeder Staatsbürger sagt: Nein, das brauchen wir nicht, vor der Wahl eine Steuersenkung und nach der Wahl ein Belastungspaket. (Abg. Ing. Westenthaler: Steuersenkung und kein Belastungspaket!) Genau das ist es. Ihr schlagt vor, dass man jetzt noch vor dem Sommer eine solche Steuersenkung macht.


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Und das ist genau das alte Konzept, zum Teil haben wir es selber mitgemacht, das gebe ich zu, aber wir sind auch klüger geworden, das machen wir sicherlich nicht mehr: vor der Wahl ein Wahlzuckerl, nach der Wahl das Belastungspaket. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin gespannt! Also machen wir nur das Belastungspaket!) Nein, so ist das nicht, meine lieben Freunde. Das muss man berücksichtigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Zweite ist – die Frau Finanzministerin hat auch das schon gesagt –: Ihr müsst euch irgendwann entscheiden, was ihr wollt. Politik muss Prioritäten setzen. Du kannst nicht alles zugleich haben. Und wir stecken mitten in einer Debatte, die wir nur wegen der Dringlichen unterbrochen haben, nämlich über das Bundesfinanzrahmengesetz. Da hat eindeutig die Konsolidierung des Staatshaushaltes Priorität, wo ihr doch selber im­mer zu Recht sagt: Der Staat soll nicht jedes Jahr neue Schulden machen. Aber durch euren Antrag würden wir ständig wieder neue Schulden machen. Wir wollen das Null­defizit. Dieses Nulldefizit heißt, in diesem Jahr brauche ich dann keine neuen Schul­den, wenn sich Einnahmen und Ausgaben ausgehen.

Aber auch noch ein Wort zum berühmten Faktor Arbeit, der immer angesprochen wird. Ich bin – ihr kennt mich alle – ein Freund von Daten und Fakten. Der Faktor Arbeit, das kann man überall nachlesen, ist mit 48 Prozent belastet, 37 Prozent sind Sozialabga­ben, 11 Prozent sind Lohnsteuer.

Also wenn man da etwas machen will, dann kann man nicht sagen, man will etwas über die Steuer machen, sondern dann muss man sich auch einmal das Sozialsystem anschauen. Ich rede gar nicht weiter, denn wir führen heute eine Steuerdiskussion. Aber ich kann nicht umhin, zu sagen, wenn 37 Prozent von 48 Prozent Sozialabgaben sind, dann ist dort auch schon ein sehr starker Hebel und wir müssen uns wirklich die Frage der Treffsicherheit im Sozialsystem noch einmal anschauen, wahrscheinlich eine Aufgabe auch für die nächste Periode.

Ich sage immer, die einzige logische Erklärung dafür, dass wir eine so hohe Sozial­quote und trotzdem den Kampf gegen die Armut noch nicht gewonnen haben, kann nur darin liegen, dass das Geld zum Teil die falschen Leute bekommen. Das muss man ganz nüchtern sagen, das ist die einzige logische Konsequenz aus diesem Verhältnis hohe Sozialquote und Kampf gegen die Armut noch immer nicht gewonnen.

Meine Damen und Herren, zur Flat-Tax: Ich habe schon vor Jahren gesagt, die Flat-Tax ist ein erfolgreiches Steuermodell, aber aus dem Mittelalter. Im Mittelalter war die klassische Flat-Tax der Zehent, der abgeliefert wurde – alle zahlen das Gleiche. Ein er­folgreiches Konzept aus dem Mittelalter, aber ich glaube, in die heutige Zeit passt es wirklich nicht mehr.

Ich habe vorhin einen Zwischenruf gemacht und gefragt: Herr Klubobmann Bucher, warum wollen Sie gerade jetzt den Frank Stronach begünstigen? (Abg. Bucher: Weil er mit einem Pensionisten Mitleid hat!) – Die Antwort war, die Millionäre werden be­günstigt. Also warum will Sepp Bucher gerade jetzt den Stronach begünstigen? Ich ha­be natürlich keine Antwort darauf erhalten. Ich verstehe das, lieber Klubobmann!

Vielleicht noch ein Punkt, weil das auch von dir angesprochen wurde: Zusammenhang zwischen Steuern und Sozialabgaben. Lieber Klubobmann! Du hast die Höchstbei­tragsgrundlage angesprochen. Davon profitieren die Besserverdiener so stark. Also mich wundert es schon. Du weißt, die Höchstbeitragsgrundlage ist zehnmal so hoch wie die Mindestbeitragsgrundlage. Das heißt, wer auf Basis der Höchstbeitragsgrund­lage seine Beiträge bezahlt, zahlt zehnmal so viel wie der, der auf Basis der Min­destbeitragsgrundlage seine Beiträge bezahlt. Der bekommt aber nicht zehnmal den Arztbesuch, zehnmal die Injektion, zehnmal die Spitalsaufenthalte bezahlt. Das heißt, der Anteil des Höherverdienenden an der Finanzierung ist heute unverhältnismäßig hö-


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her. Das ist Solidarität. Der zahlt zehnmal so viel wie der, der seine Beiträge auf Basis der Mindestgrundlage zahlt (Bundesministerin Dr. Fekter: Sozialabgabe!) – Sozialab­gabe –, erhält aber die gleichen Leistungen im Gesundheitssystem. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Auch die Pension ist gedeckelt. Also ich bezahle zehnmal so viel, bekomme aber nicht die zehnfachen Leistungen. Da ist heute schon ein starkes Element der Umverteilung und der Solidarität enthalten. (Zwischenruf des Abg. Bucher.) Ich bin ein Freund von Daten und Fakten. Das lässt sich nicht diskutieren. Die Höchstbeitragsgrundlage ist zehnmal so hoch wie die Mindestbeitragsgrundlage. Die Leistungen der Krankenversi­cherung sind aber völlig die gleichen. (Abg. Krainer: Pension!)

Kollege Krainer! Wenn man hier eine ehrliche Diskussion führen will, dann muss man einfach die Daten und Fakten zur Kenntnis nehmen. Man kann sie nicht ignorieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Amon: Die Höchstpension ist auch nicht zehnmal so hoch wie die Mindestpension!)

Herr Kollege Krainer! Da nützen auch keine klassenkämpferischen Zwischenrufe. Das nützt nichts. Die Daten und Fakten liegen, bitte, auf dem Tisch. Und was das Eigentum betrifft, sind wir jene, die sagen, nicht Eigentum ist Diebstahl, sondern eine Eigentums­steuer ist Diebstahl. Da unterscheiden sich die beiden Koalitionspartner. Das ist ja kein Problem, bitte. (Beifall bei der ÖVP.)

Die jetzige Regierung ist keine Einheitspartei. Da gibt es zwei Parteien mit sehr unter­schiedlichen Positionen. Und wir sagen, Eigentum ist schützenswert, Eigentum ist nicht Diebstahl, so wie es die Radikalsozialisten vor zwei Jahrhunderten gesagt haben, son­dern Eigentum ist etwas Schützenswertes. Daher haben wir gemeinsam viel gemacht im Bereich Ertragsbesteuerung von Vermögen und lehnen das durchaus nicht ab. Aber die Vermögenssubstanz ansprechen? – Das nicht mit uns, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek zu Wort. – Bitte.

 


15.53.37

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Als ich gehört habe, dass heute das BZÖ einen Dringlichen Antrag be­züglich Steuern einbringen wird, habe ich ein bisschen versucht, ein Sündenregister von dem zu erstellen, was so alles in den letzten Jahren verabsäumt wurde. Eigentlich kann ich das Ganze wegschmeißen, denn im Grunde genommen haben sie alles, was ich sagen wollte, schon vorweggenommen.

Dann frage ich mich, Frau Bundesminister: Was ist in den letzten Jahren alles gesche­hen? – Soviel ich weiß, stellt die ÖVP seit dem Jahre 2002 den Finanzminister. Zuvor hat es eine kurze Zeit gegeben, in der sich der Finanzminister einmal als Freiheitlicher deklariert hat, und davor gab es SPÖ-Finanzminister. Die SPÖ war mit Ausnahme von 1966 und 1970 und zwischen 2000 und 2006 immer in der Regierung, also hätten Sie all diese Missstände durchaus abstellen können – was aber nie geschehen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie brauchen also nicht pausenlos auf diese Zeit hinzuweisen, in der Sie einmal nicht in der Regierung waren. Letzten Endes ist in den letzten sieben Jahren im Grunde ge­nommen wieder nichts geschehen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich von meinem Kollegen Stummvoll den Vergleich mit dem Mittelalter und dem Zehent höre, dann fällt mir jetzt auch ein Vergleich ein: Früher hat man den Leuten 10 Prozent weggenommen; jetzt lässt man ihnen halt 10 Prozent, wenn es gut geht. Das ist der einzige Unterschied.


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Aber Spaß beiseite: Wir haben, und da gebe ich der Frau Bundesminister völlig recht, einen großen Mittelstandsbuckel, und der gehört so rasch wie möglich abgebaut. Der Faktor Arbeit wird viel zu hoch besteuert. Es besteht ein völliges Ungleichgewicht. In­teressanterweise hat gerade heute die Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der Bundes­wirtschaftskammer eine ganz interessante Studie veröffentlich, das passt wunderbar. Ich gehe nicht davon aus, dass das BZÖ diese Debatte mit der Bundeswirtschafts­kammer abgestimmt hat. Man glaubt es ja kaum, es gibt auch Wirtschaftsfunktionäre, die nicht der ÖVP angehören, und da kann ich mich auch dazu zählen. (Bundesminis­terin Dr. Fekter: Der Herr Matznetter!) Der Herr Matznetter genauso.

Das ist ganz interessant. Bereits die Überschrift lautet: „Starker Anstieg der Arbeitskos­ten in Österreich“. – Vollkommen richtig. Da gehe ich mit Präsidenten Leitl d’accord. „In Österreich sind die Arbeitskosten zwischen 2008 und 2012 im Euroraum-Vergleich am stärksten gestiegen.“ Oder: Im EU-Vergleich lag Österreich 2008 noch an zehnter Stel­le, weist jedoch „im Jahr 2012 den achthöchsten Wert auf und hat erstmals Deutsch­land (...) überholt“. – Das heißt, in Deutschland sind die Arbeitskosten schon geringer als in Österreich. Also da müssten ja an und für sich die Alarmglocken läuten. (Zwi­schenruf des Abg. Krainer.)

Frau Bundesministerin! Wenn ich das jetzt richtig erkannt habe, dann haben auch Sie das schon gesehen. Ich weiß, Sie haben einen sehr schwierigen Koalitionspartner, das habe ich schon bemerkt, aber vielleicht können Sie den Kollegen Krainer das nächste Mal fragen, ob er die Funktion des Finanzministers übernimmt, denn dann werden, wie ich meine, in Zukunft Milch und Honig fließen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das wer­de ich ihn sicher nicht fragen!)

Aber jetzt ich komme zur Sache zurück. Wir werden in dieser Legislaturperiode sicher keine umfangreiche Steuerreform mehr durchführen können, das ist mir klar, aber es muss ins Auge gefasst werden, dass der Einstiegssteuersatz von 36,5 auf 25 Prozent verringert werden muss. Es muss die Zahl der Progressionsstufen verringert werden. Es muss den Leuten mehr Geld in der Tasche bleiben.

Sie kennen sicher auch die Studie des Joanneum Research, wonach die Transfer­kosten mehr oder weniger so viel kompensieren, dass man heutzutage schon über 3 000 €, nämlich etwa 3 500 € brutto verdienen müsste, dass man überhaupt das wie­der hereinbekommt, was man sonst über Transferkosten bekäme. Also das heißt, was die Leistungen anbelangt, stehen diese diametral zu allem wirtschaftlichen Denken, das wir eigentlich im Grunde genommen haben.

Aber nach der Wahl muss einfach eine Reform vonstattengehen, und da sind Sie na­türlich auch gefordert, denn den Faktor Arbeit können Sie nur entlasten, wenn Sie an­derswo einsparen.

Wir haben vorhin die Diskussion über das Bundesfinanzrahmengesetz gehabt. Da war ganz klar zu erkennen, dass Sie das Budget hauptsächlich über die Einnahmen sanie­ren, und zwar dank der österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die tüchtig sind und wo die Arbeitnehmer eben so viel Steuer zahlen, da gebe ich dem Kollegen Bucher ja völlig recht.

Und wo können wir das dann letzten Endes kompensieren? – Das geht eben nur, indem ich spare (Beifall bei der FPÖ), aber so vernünftig spare, dass ich die Wirtschaft dadurch nicht schädige, sondern ich kann nur im Verwaltungsbereich, also im Bereich des „Specks“ sparen. Es gibt genug Beispiele in Europa, wo das gelungen ist, etwa im Norden, in Schweden oder Dänemark. Auch die Schweiz kann als klassisches Beispiel dienen, auch wenn ich es noch hundertmal sagen muss. Warum? – Weil da die Bevöl­kerung die Politik über die direkte Demokratie ständig kontrolliert. (Beifall bei der FPÖ.)

Die einzige Möglichkeit ist, dass wir unseren Speck, ich sage es jetzt einmal so salopp, wegbringen. Es ist zu hinterfragen, ob es unbedingt notwendig ist, dass es in Linz, wie


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es in meinem Bundesland der Fall ist, drei Bezirkshauptmannschaften gibt. Es ist nicht notwendig, in Wels zwei Bezirkshauptmannschaften zu haben. Es gibt einige Möglich­keiten, dass man da herunterkommt.

Mit diesem Geld, das dort, aber zum Teil auch im Gesundheitsbereich eingespart wird, kann man dann letzten Endes die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entlasten. Das muss das vorrangige Ziel sein.

Derzeit kann ich nur eines sagen: Bei dieser Regierung wird die kalte Progression eher mit den hohen Heizkosten kompensiert. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war jetzt aber ein schnippischer Schluss!)

16.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.00.29

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wenn sich die Frau Finanzministerin hier von der Flat-Tax distanziert, so kann ich nur jenen, die sich das gerne anschauen wollen, den „Standard“ vom 21. Juni 2011 empfehlen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Herr Dr. Bruckner! Was kann ich dafür, wenn der das sagt?!) Karl Bruckner, ein Ihnen nahestehender Steuerberater, inzwi­schen leider schon verstorben (Bundesministerin Dr. Fekter: Das heißt nicht, dass ich das gesagt habe! Bruckner, Karl Bruckner!)  – Natürlich, aber das Modell haben Sie übernommen (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein! Er hätte es sich gewünscht, aber wir haben es nicht gemacht!), dieses Flat-Tax-Modell, das Karl Bruckner damals diskutiert hat im Zusammenhang mit dem, was an sich Sinn macht (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist richtig!), nämlich der Schaffung eines integrierten Tarifs. Karl Bruckner hat da­mals gemeint, es würde Sinn machen, da die Grenzabgabenbelastung, bestehend aus Lohnsteuer und Sozialversicherung, ohnehin schon zu hoch sei, nämlich im Maximum bei – ich habe es mir angesehen – 49 Prozent, einen Flat-Tax-Tarif von 44 Prozent festzulegen. Sie, Frau Finanzministerin, haben sich damals zu diesem Modell auch be­kannt (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, wir haben es ihm ausgerechnet, und es rechnet sich nicht!), jedenfalls niemals davon distanziert. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist das Karl-Bruckner-Modell, aber nicht meines!)

Wenn die Rede davon ist, Frau Finanzministerin, dass unser Steuersystem leistungs­feindlich ist, so möchte ich wieder auf Herrn Karl Bruckner zurückkommen. Es ist ja an sich kein Geheimnis, anschauen muss man sich bei der Lohn- und Einkommensteuer immer auch die Sozialversicherungsbeiträge, und wenn man sich die sogenannte Grenzabgabenbelastung, bestehend aus Lohnsteuer, Einkommensteuer und Sozialver­sicherungsbeiträgen, anschaut – das ist jene Belastung, die man zahlt, wenn man ei­nen zusätzlichen Euro verdient –, so zeigt sich ein überraschendes Bild: dass nämlich jene die höchste Grenzabgabenbelastung haben, die Bruttojahreseinkommen zwi­schen 40 000 und 60 000 € haben. Jene, die ein Jahreseinkommen zwischen 60 000 und 80 000 € brutto haben, haben eine Grenzabgabenbelastung von 38 Prozent. Das ist der Effekt, der klarerweise aus der Höchstbeitragsgrundlage resultiert. (Abg. Bu­cher: Davon habe ich ja gesprochen!)

Jene, die über 80 000 € verdienen, haben eine Grenzabgabenbelastung von 43,7 Pro­zent, aber jedenfalls deutlich weniger als jene, die zwischen 40 000 und 60 000 € ver­dienen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das ist der sogenannte Mittelstandsbuckel!) – Ich sage, das ist der „Badewannen-Effekt“, das ist nicht der Mittelstandsbuckel.

An diesen Problemen zu arbeiten, Frau Finanzminister, hatten Sie jetzt fünf Jahre Zeit! Sie haben sich hier hergestellt und gesagt, Sie denken zuerst, und dann handeln Sie. – Na ja, die Probleme des österreichischen Steuer- und Abgabensystems sind ja nicht


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neu. Sie sind bei der Lohn- und Einkommensteuer im Zusammenhang mit der Sozial­versicherung nicht neu, es ist nicht neu, dass der Eingangssteuersatz mit 36,5 Prozent deutlich zu hoch ist; übrigens ein Effekt, der den großen Grasser’schen Steuersen­kungen folgte. Wir haben darüber hinaus nicht nur im Rahmen der Lohn- und Einkom­mensbesteuerung steuerliche Probleme, wir haben auch das Problem, dass im interna­tionalen Vergleich Vermögen sehr gering besteuert ist. Wir haben auch das Problem, dass wir in der ökologischen Besteuerung ebenfalls eher im unteren Mittelfeld in Euro­pa zu finden sind. Ich hätte mir eigentlich erwartet, dass daran in den letzten Jahren gearbeitet wird.

Ein Spezialproblem davon ist mit Sicherheit die kalte Progression, da möchte ich Herrn Klubobmann Bucher schon recht geben. Ich meine, die kalte Progression ist etwas, das ich damals, als ich im Parlament gewesen bin, in den Jahren 2006 bis 2008 gefor­dert habe als eine der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Antiinflationsbekämp­fung, dem Antiinflationspaket. Damals wollte niemand etwas davon hören.

Es ist ja nicht so, wie Sie sagen, dass man da großmächtig überlegen muss, was man alles tut. Es gibt viele Länder, die eine Indexierung der Progressionsstufen haben, an­gepasst an die Inflationsraten. Herr Abgeordneter Westenthaler hat zwei Beispiele er­wähnt – Frankreich und die Schweiz –, es gibt aber auch andere, etwa die Nieder­lande, Kanada, die anderen fallen mir im Moment nicht ein. Also es gibt mit Sicherheit eine Reihe von Ländern, die das haben und wo man sich anschauen kann, wie das funktioniert. Es ist keine Hexerei, so etwas einzubauen, denn es ist nicht einsichtig, wa­rum Menschen über Lohnerhöhungen in höhere Progressionsstufen hineinwachsen, nämlich in solche Progressionsstufen, die für sie nicht gedacht sind. Das wäre der Ef­fekt der Abgeltung der kalten Progression. Die Idee dahinter ist an sich vernünftig.

Wir Grünen stehen nach wie vor zu dem Vorschlag der Abschaffung der kalten Pro­gression durch eine Indexierung der Progressionsstufen (Beifall bei den Grünen), aber es soll natürlich nicht so sein, dass das eine singuläre Maßnahme im Zusammenhang mit einer Steuerreform ist, sondern mitgedacht werden soll im Rahmen einer Steuer­strukturreform – einer Steuerstrukturreform, die insgesamt auch den Faktor Arbeit stär­ker unter die Lupe nimmt, die sich auch der Frage der Besteuerung von Vermögen an­nimmt, denn man muss auch daran denken, wie man das Ganze finanzieren kann.

Die Abgeltung der kalten Progression ist unter anderem, Herr Kollege Krainer, deshalb so wichtig, weil all die sogenannten Tarifsenkungen oder Steuerreformen, wie man sie in den letzten Jahren nennt, nicht dazu geführt haben, dass die kalte Progression ab­gegolten worden ist. Das ist schlicht und einfach ein Problem, das es zu managen gilt.

Ein Wort, Frau Finanzministerin, muss ich natürlich auch noch zu den Familien ver­lieren, wenn Sie – Herr Kollege Krainer hat es schon angedeutet – sagen, es gibt keine Ausnahmen für Kinder im Steuersystem. Natürlich gibt es Ausnahmen für Kinder im Steuer- und Abgabensystem. (Bundesministerin Dr. Fekter: Im Tarif nicht! Der mit Kin­der und der ohne Kinder hat denselben Tarif!) Im Tarif nicht, aber es gibt natürlich die Absetzbeträge, es gibt die Freibeträge, und, und, und, Kollege Krainer hat das schon aufgezählt.

Sie wollen ja nicht die Kinder in den Tarif integrieren, Frau Finanzministerin, da muss ich Sie leider korrigieren. Bei einem „Sonntagsfrühstück“ im „Kurier“ haben Sie einmal einen Kinderfreibetrag von 7 000 € vorgeschlagen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das deutsche Modell habe ich erwähnt!) – Mich interessiert nicht, welches Modell das ist, mich interessiert, wie dieses Modell wirkt, und ich werde Ihnen jetzt sagen, wie dieses Modell wirkt! (Beifall bei den Grünen.) Dieses Modell wirkt nämlich so, dass eine Al­leinverdienerin mit zwei Kindern und einem niedrigen Einkommen null profitiert von dem 7 000-€-Freibetrag und ein gut Verdienender mit zwei Kindern, verheiratet oder


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nicht verheiratet, 7 000 € im Jahr profitiert. Also das will ich nicht haben, Frau Finanz­ministerin! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Sie sprechen immer von Gerechtigkeit – das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun, ganz abgesehen davon, dass man sich überlegen muss, was dieses Ihr Modell eines Freibe­trages von 7 000 € kostet! Ich habe mir das durchgerechnet, das kostet mindestens 4,5 Milliarden €. Dazu gab es eine Tarifreform, die bei diesem Vorschlag noch einmal 5,5 Milliarden € kostet. Das sind 10 Milliarden €! – Frau Finanzministerin, bis heute sind Sie uns die Antwort darauf schuldig geblieben, wie Sie das finanzieren wollen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie reden immer davon, dass ein Steuersystem einfacher, weniger, leistungsgerechter sein soll. Weniger heißt auch eine niedrigere Steuer- und Abgabenquote, und eine niedrigere Steuer- und Abgabenquote muss natürlich in Ihren Budgetpfad – damit sind wir bei der vorangegangenen Debatte – irgendwie eingepasst werden. Also wenn Sie beispielsweise eine Abgabenquote von 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anpei­len, wie das auch vonseiten des Klubobmannes Bucher gekommen ist, dann müssen Sie schon dazusagen, wie Sie das finanzieren wollen. 3 Prozent des BIP sind ungefähr 9 Milliarden €, da müssen Sie auf der anderen Seite sagen, welche Ausnahmen im Steuersystem Sie streichen oder welche Ausgaben Sie kürzen wollen.

Der Rechnungshof hat vorgerechnet, es gibt 588 Ausnahmen – ich glaube, 588 hat er gesagt –, und das Ganze macht 9 Milliarden € aus. Die größte Begünstigung ist natür­lich das 13., 14. Gehalt, und daher, Frau Finanzministerin, müssen Sie auch sagen, ob Sie an das 13., 14. Gehalt heranwollen oder nicht. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, will ich nicht!) Sie haben so lange Zeit zum Nachdenken gehabt, und Sie geben uns keine Antwort. Sie haben uns fünf Jahre lang keine Antwort auf die Probleme dieses Steuer- und Abgabensystems gegeben. Sie haben in dieser Frage essenziell ver­sagt! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

16.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


16.10.02

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Ruf bei der ÖVP: Jetzt kommt wieder Sachlichkeit rein!) – Natürlich, jetzt kommt wieder Sachlichkeit rein, Sie sagen es!

Frau Ministerin, Sie haben heute hier gesagt, dass wir 2017 mit einem ausgeglichenen Budget, respektive mit einem Überschuss zu rechnen haben werden. Jetzt frage ich mich, Frau Ministerin – ich weiß, Sie haben einen sehr langen Horizont, Sie denken in­tensiv in die Zukunft –, warum Sie in den letzten zwei Jahren nichts oder fast nichts zu­wege gebracht haben. Warum versprechen Sie uns heute hier die Zukunft? Sie wissen ganz genau, dass Sie nach „Adam Riese“ bei der nächsten Wahl unter Umständen nicht mehr Finanzministerin sein werden, und trotzdem stellen Sie uns das Jahr 2017 als das Jahr in Aussicht, in dem wir keinerlei neue Schulden machen werden, in dem Überschüsse erzielt werden werden.

Ich frage mich, warum jetzt nichts von Ihrer Seite her passiert. Sie könnten natürlich sagen, Sie haben erst jetzt erkannt, dass die Probleme da sind, und es dauert einfach seine Zeit. (Abg. Dr. Matznetter: Das ist die falsche Unterlage, Herr Lugar! Falsche Rede!) Wenn man Ihre Ausführungen zur Lage der Nation und zum Budget nachliest – ich habe mir jene aus dem Jahr 2011 angesehen, immerhin zwei Jahre zurück –, dann fragt man sich, was Sie seither gemacht haben.

Sie haben damals gesagt, Österreich ist ein Hochsteuerland. Sie haben damals ge­sagt, dass es einen Mittelstandsbuckel gibt. Sie haben damals gesagt, dass die Pro-


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gression zu rasch greift. (Bundesministerin Dr. Fekter: Das Defizit abgebaut, Stabili­tätspakt geschlossen!) Sie haben damals gesagt, dass der Spitzensteuersatz viel zu früh greift. Sie haben damals gesagt, dass man auch Besserverdienende unterstützen muss, dass wir ein einfacheres Steuersystem brauchen und so weiter. – Ich frage mich: Was hat Sie in den letzten zwei Jahren daran gehindert, etwas in diese Richtung zu tun? Was hat Sie gehindert?

Sie haben gerufen, wir müssen das Budgetdefizit abbauen. – Der Rechnungshof hat Ihnen und auch Ihrem Vorgänger und dem Vorgänger Ihres Vorgängers doch schon vor Jahren gesagt, dass in der Verwaltung viele Milliarden schlummern, die zu holen wären. Was haben Sie gemacht? Was haben Sie in den letzten zwei Jahren gemacht? Was hat Sie daran gehindert, etwas zu machen? Das frage ich mich wirklich. Sie stel­len sich hierher wie ein Vorstand von einem Unternehmen, der zwar immer die schlechten Umsätze und die schlechten Gewinne bekrittelt, aber nichts tut. Sie tun nichts, Sie bleiben uns auch heute wieder die Antworten schuldig. Wenn Sie sagen, Sie wollen die Familien steuerlich entlasten, dann hätten Sie gleich dazusagen können, Sie wollen eine Familienbesteuerung, Sie wollen Maßnahmen, die helfen. Was haben Sie gemacht? – Nichts haben Sie gemacht! (Beifall beim Team Stronach.)

Sie haben vor zwei Jahren an dieser Stelle gesagt – übrigens Ihr Vorgänger Pröll hat das auch gesagt, genau ein Jahr vor Ihnen hat er das getan –: Schulden sind das Un­sozialste, das es gibt. Herr Pröll hat dann weiter Schulden gemacht. Sie haben – ein Jahr später als Pröll – gesagt: Schulden sind das Unsozialste, das es gibt!, und auch Sie haben wieder Schulden gemacht. Im letzten Jahr haben Sie das Gleiche gesagt und wieder Schulden gemacht. Heute stellen Sie sich wieder hierher und erzählen uns das Blaue vom Himmel – aber es kommt nichts. Es kommt nichts!

Frau Ministerin, wenn Sie immer sagen, wir haben kein Geld im Budget, wir können es uns nicht leisten, Sie haben sozusagen erkannt, woran es hapert, aber Sie können es sich nicht leisten, weil wir ein Problem mit dem Budget haben, dann frage ich mich, warum Sie nicht endlich die Verwaltungsreform angehen. Diesbezüglich gibt es über­haupt nichts von Ihrer Seite. Der Rechnungshof hat vorgerechnet, dass Sie nicht ein­mal 2 Prozent der Vorschläge des Rechnungshofes, die Milliarden an Einsparungen bringen könnten, umgesetzt haben. Nicht einmal 2 Prozent! Was machen Sie? – Nichts!

Wenn Sie schon wissen, dass die Kassen leer sind, und wenn Sie die Dinge, die mach­bar wären, nicht umsetzen, warum versuchen Sie dann nicht, dass unser Steuersystem einfach gerechter oder zumindest ausgewogener wird, denn es ist nicht egal, wer die Steuern zahlt? Man könnte ja auch im System umschichten, ohne dass die Steuerlast geringer wird. Wir wissen nämlich alle, dass, wenn denjenigen, die wenig verdienen, mehr im Geldtascherl bleibt, das über Umwege über die Steuer wieder hereinkommt. Das bedeutet eine Kaufkraftsteigerung in dem Bereich, wo die Menschen tatsächlich das Geld zum Leben brauchen. Sie tragen es nicht auf die Banken, sondern setzen je­den Euro, den sie mehr verdienen, sofort wieder in Konsumgüter, in Versorgungsgüter um. Das bedeutet wieder mehr Mehrwertsteuer und so weiter. Das heißt, man könnte auch mit einer intelligenten Lenkung der Steuer einiges bewegen, ohne dass Sie gleich tief in die Tasche greifen müssten.

Wenn Sie darüber nachdenken – ich kenne da jemanden, der Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen kann. Frank Stronach hat die Erfahrung, er könnte sich hier einbrin­gen. (Beifall beim Team Stronach. – Ironische Heiterkeit von Bundesministerin Dr. Fek­ter sowie der Abg. Dr. Lichtenecker.) – Sie lachen, Frau Ministerin?! Da kommt je­mand, der mittlerweile sehr viel Erfahrung hat, weil er schon 80 Jahre alt ist, bringt sich ein in diesem Land, will helfen, stellt uns seine Informationen, seine Erfahrung zur Ver­fügung, da kommt jemand mit Informationen und mit Anregungen, was man hier ma­chen könnte, und Sie lachen nur darüber. Was ist daran lächerlich? Was ist daran lä-


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cherlich? (Bundesministerin Dr. Fekter: Dass er nicht in Österreich Steuern zahlt!) – Er zahlt Steuern. Er zahlt über 1 Million € Steuern in Österreich, also wo ist jetzt das Pro­blem? (Abg. Tamandl: Persönlich?)

Na selbstverständlich! Frank Stronach zahlt in Österreich 1 Million Steuern, und er zahlt noch viel mehr Steuern in jenem Land, in dem er die meisten Einkünfte hat, näm­lich in Kanada. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie werden jetzt hier doch nicht propa­gieren, dass Frank Stronach dort, wo er seine Einkünfte hat, Steuern hinterzieht und sie hier in Österreich versteuert, oder was wollen Sie mir damit jetzt sagen? (Bundes­ministerin Dr. Fekter: Wo hat er denn seinen Lebensmittelpunkt? In der Schweiz?) Die Steuern werden letztlich dort bezahlt, wo sie anfallen.

Ich nehme zur Kenntnis, Frau Ministerin, dass Sie hier von uns keine Anregungen ent­gegennehmen wollen. Dann sprechen Sie doch mit Ihren eigenen Experten! Es gibt doch in Ihrem Ministerium genug Experten, die Ihnen genau das Gleiche sagen, was ich Ihnen heute hier sage. Es gibt gewaltiges Potenzial. Es gibt Potenzial für Einspa­rungen, es gibt Potenzial für Umschichtungen, es gibt Potenzial für ein vernünftiges Steuersystem, das einfach ist und das jeder durchblickt. Auch da sind Sie säumig, Frau Ministerin!

Ich anerkenne, dass Sie Probleme mit Ihrem Budget haben und dass Sie daher nicht einfach tief in die Tasche für Steuererleichterungen greifen können. Ich verstehe das, ich anerkenne das. Aber warum, um Gottes willen, greifen Sie nicht endlich das Pro­blem der komplizierten Steuern an? Wir könnten unser Steuersystem sofort und kos­tenlos umstellen. Es kostet Sie keinen Cent, wenn wir es auf ein einfaches Steuer­system umstellen. Es muss doch nicht sein, dass sich nur ausgewählte Experten aus­kennen.

Frank Stronach erzählt immer eine lustige Geschichte: Immer dann, wenn er in Öster­reich ein steuertechnisches Problem hat, fragt er seine Experten, und die sagen dann immer: Da müssen wir nach Wien gehen, dort gibt es noch größere Experten, die ken­nen sich aus! Dann geht man nach Wien und will wissen, wie das steuerlich zu be­handeln ist, nach drei Wochen bekommt man eine riesengroße Rechnung – und die Experten sagen, es kann so oder so sein. Genau das ist das Problem in unserem Steu­ersystem.

Sie müssten gar kein Geld in die Hand nehmen, Sie müssten einfach einmal diesen Paragraphendschungel durchforsten und ein einfaches, transparentes Steuersystem machen. (Beifall beim Team Stronach.)

Das kostet nichts, das bringt viel, und das wäre für uns ein Signal, dass Sie es auch ehrlich meinen. Das fehlt uns nämlich noch, mir fehlt das. Mir fehlt das Signal, Frau Mi­nisterin, dass Sie es ehrlich meinen. Sie stellen sich immer wieder hierher und erzäh­len uns alles Mögliche vom Hochsteuerland und darüber, wie unglücklich Sie damit sind, Sie tun aber nichts. Sie tun nichts, also kommen Sie bitte einmal in die Gänge!

Machen Sie sich bitte auch ein bisschen weniger Gedanken über Griechenland, über Zypern! Ich habe es hier im Hohen Haus immer wieder gehört, wie Sie sich über die griechische Situation Gedanken machen, über die Steueraufkommen in Griechenland, über die Steueraufkommen in Zypern, über die Situation der Menschen vor Ort. Das ist alles sehr löblich, Frau Ministerin, aber das können Sie in Ihrer Freizeit machen. Ihre Hauptarbeitszeit sollten Sie bitte darauf verwenden, in Österreich endlich einmal ein ordentliches Steuersystem einzuführen, anstatt solche Tipps zu geben wie letztes Mal im Ausschuss.

Ich muss jetzt ein bisschen aus dem Ausschuss zitieren; ich hoffe, ich darf das, ich hoffe, ich habe Ihren Segen dazu. Wir haben letztes Mal im Ausschuss die Mietver­tragsgebühren besprochen und haben festgestellt, dass diese Gebühren gerade für


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junge Familien gewaltige Probleme erzeugen und die Mietpreise, die ohnehin schon sehr hoch sind, noch einmal extra verteuern. Jeder Mietvertrag muss vergebührt wer­den, und je nachdem, wie lange er läuft, können sogar mehrere tausend Euro anfallen, was für junge Familien selbstverständlich problematisch ist.

Wir haben Sie im Ausschuss darauf angesprochen und Sie gebeten, das bitte abzu­stellen, weil das wirklich sehr problematisch gerade für junge Familien ist. Was haben Sie geantwortet? – Sie haben – und das lässt tief blicken – in einer flammenden Rede, so wie Sie es heute hier gemacht haben, gesagt, Sie finden das auch ganz, ganz furchtbar, das gehört auf jeden Fall abgeschafft. Sie haben aber nicht gesagt, wir schaffen das ab oder werden zumindest den Antrag, der vorlag und der vernünftig war, nicht vertagen. Nein, Sie haben diesen Antrag vertagen lassen und haben dann ge­sagt, wenn das für jemanden ein Problem ist, dann soll er einfach keinen Vertrag unter­schreiben (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, das habe ich nicht gesagt! Zitieren Sie mich nicht falsch!), sondern es mündlich machen und es mitfilmen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Zitieren Sie mich nicht falsch!) Sie haben es gesagt, und alle haben es ge­hört.

Es haben alle im Ausschuss gehört, wie Sie gesagt haben, man soll diesen Vertrag nicht unterschreiben, sondern „fektorisieren“, indem man ihn auf Video aufnimmt; dann spart man sich diese Gebühr, die ja nur anfällt, wenn es ein schriftlicher Vertrag ist. (Bundesministerin Dr. Fekter: Ich habe diese Umgehung angeprangert! Sagen Sie !) – Sie haben sie nicht angeprangert, Sie haben gesagt es gibt diese Umge­hung, und man könnte es so umgehen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Das ist das Problem, und deshalb: Umgehen wir bitte keine Steuern, sondern machen Sie vernünftige Steuern, und dann gibt es auch keine Probleme. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Kickl. – Ruf bei der ÖVP: Nur peinlich! Nur peinlich!)

16.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.20.30

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zum Kollegen Lugar: Es wird nicht der Herr Adam Riese sein, der die Frau Fek­ter ablösen wird, das kann ich heute schon versichern. Wenn wir die heutigen Tages­zeitungen lesen, dann wird es der Herr Michael Spindelegger sein, der den Herrn Rein­hold Mitterlehner in spätestens fünf Monaten in das Finanzministerium setzt. Daher ist die Zukunftsperspektive der Frau Finanzministerin (Abg. Ing. Westenthaler: Schotter­grube!), die sie uns heute hier bringt, ohnedies nur sehr endlich (Zwischenruf des Abg. Hornek) und wird zumindest die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht mehr viel bewegen. – Das betretene Schweigen der Österreichischen Volkspartei bestätigt dieses Gerücht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es war nicht nur der mittlerweile verstorbene Pro­fessor Dr. Karl Bruckner, der richtigerweise die Flat Tax ins Spiel gebracht hat, sondern Frau Bundesministerin – und ich zitiere Sie jetzt hoffentlich richtig –, es waren Sie selbst am 4. Juni 2011, und zwar auf folgende Frage:

„Sie haben bei der Regierungsklausur ein kleines Steuerpaket beschlossen, das eine bessere Absetzbarkeit für Spenden und Kirchenbeiträge vorsieht. Wann kommt eine wirklich große Steuerreform?“

Maria Fekter im O-Ton:


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„Ich bin von unserem neuen Vizekanzler beauftragt, unser derzeit sehr unübersichtli­ches Steuersystem in eine völlig neue Form zu bringen. Es wird also keine kleine, son­dern eine große Steuerreform geben, die vier große Elemente hat:“ – (Abg. Bucher: Der große Wurf!) – „Die Steuer soll weniger, einfacher, leistungsgerechter werden und vor allem Familien entlasten.“ (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Frage, Frau Bundesministerin: „Und wie lange wird das dauern?“

Antwort Fekter: „Wir werden unser Konzept mit Sicherheit noch vor der Wahl 2013 vor­legen.“ (Ah-Rufe beim BZÖ. – Weitere Rufe beim BZÖ: Sicher! Garantiert!) – Mit Si­cherheit!

Ich darf Sie erinnern, dass wir am 29. September diese Wahl, bei der Sie abgewählt beziehungsweise ersetzt werden, bereits abfeiern. Ich möchte nicht wissen, wann Sie das dem Haus vorlegen werden.

Sie sagen weiter: „Wenn die SPÖ unserem Modell zustimmt, können wir es noch vor der nächsten Wahl beschließen“.

Frage des Redakteurs: „Wie soll eine einfachere Steuer aussehen?“

Fekter: „Das kann eine Kombination aller in Österreich denkbaren Abgaben von Steuer bis Sozial- und Krankenversicherung sein, das kann eine Flat Rate sein,“ – (Ah-Rufe beim BZÖ) – „das kann ein integriertes Modell sein. Wir wollen alle Denkvarianten of­fen diskutieren.“ (Bundesministerin Dr. Fekter: Eben!)

Frage: „Eine Flat Tax ist also für Sie denkbar?“

„Wir haben schon viele Flat Rates von der Sparbuch- bis zu Stiftungssteuer – warum nicht?“ (Rufe beim BZÖ: Ah so!) – Bundesministerin Fekter im O-Ton.

Ich glaube, ich habe Sie nicht falsch zitiert. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) Nein, ich habe Sie nicht falsch zitiert, sondern Sie haben hier gegenüber diesem Haus die Unwahrheit gesagt, und dessen haben wir Sie jetzt überführt. (Beifall beim BZÖ.)

Am 24. Juni sagten Sie in der Tageszeitung „ÖSTERREICH“:

„Ich plane eine wirklich große Steuerreform zu präsentieren.“ – (Abg. Ing. Westentha­ler: Wo ist die?) – „Ziel ist ein integrierter, einheitlicher Steuersatz. Ich drehe da nicht an ein paar Schrauberln, ich plane wirklich einen großen Wurf. Viel einfacher, auch eine Flat Tax ist denkbar – alles wird von Experten diskutiert und erarbeitet.“ (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist der Wurf? Wer wirft, und wo ist der Wurf?)

Am 2. August 2011, in Ihrem medialen Trommelfeuer zur Steuerentlastung auf den Spuren der Maggie Thatcher – wobei Sie es nur für Arme in Österreich sind, die Eiser­ne Lady nämlich –, hieß es in der „Tiroler Tageszeitung“:

„Finanzministerin Maria Fekter will das Steuersystem radikal vereinfachen, indem sie die Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge in einer Art ,Flat Tax’ zusam­menführt.“ (Ruf beim BZÖ: Da schau her!)

Ich darf Ihnen jetzt Ihre eigenen Zitate vorlegen, weil Ihr Gedächtnis offenbar tatsäch­lich – wie mein Kollege Peter Westenthaler gesagt hat – nicht bis ins Jahr 2011 zurück­reicht; daher gebe ich Ihnen keine BZÖ-Broschüre, sondern erinnere Sie nur an Ihre eigenen Versprechungen. Und das ist auch der Inhalt des Dringlichen Antrages unse­res Klubobmannes Josef Bucher, der heute einmal mehr darauf drängt, dass unser Flat Tax-Modell, das im Jahr 2011 durch die Kopiermaschine Ihres Ministeriums die Unterstützung gefunden hat, auch endlich umgesetzt wird – und zwar vor der Wahl 2013, sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie es selbst versprochen haben, Frau Bundesministerin der fleischgewordenen Wortbrüchigkeit! (Beifall beim BZÖ.)


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Sie kommen heute hierher und sprechen – etwa Ihr Budgetsprecher Stummvoll – bei den Vorschlägen von Josef Bucher und dem BZÖ von Steuerzuckerln. Bei Ihren eige­nen Vorschlägen, wie man das ineffiziente – ich zitiere Sie –, sozial ungerechte, mit er­heblichen Schwächen belastete Steuersystem – ich sage: ineffizientes, chaotisches Steuersystem – endlich vereinfacht, nämlich mit der von uns vorgeschlagenen Flat Tax eines einheitlichen Steuersatzes von 25 Prozent inklusive auch der Sozialversiche­rungsbeiträge, sprechen Sie heute von Steuerzuckerln.

Wissen Sie, Frau Bundesministerin, „Zuckerl“ impliziert immer ein Geschenk. Die acht Millionen Österreicherinnen und Österreicher, von denen ein Gutteil der Arbeit­nehmerInnen und ArbeitgeberInnen tagtäglich seine Steuern zahlt, halten es nicht für ein Geschenk, ein Zuckerl, wenn Sie endlich, beispielsweise in der kalten Progression, das, was Sie durch dieses unfaire und unsoziale System einnehmen, auch wieder den Menschen zurückgeben. Das hat nichts mit Zuckerln zu tun, sehr geehrte Damen und Herren, sondern das ist Fairness und Gerechtigkeit, und die fordern wir heute ein. (Bei­fall beim BZÖ.)

Das ineffiziente und chaotische Steuersystem hat Österreich nicht nur den Ruf eines Hochsteuerlandes eingebracht, sondern jeder Steuerberater in diesem Land wird Ihnen auch sagen, dass Österreich ein Steuerdschungel ist. Selbst die besten Experten in den Steuerberatungskanzleien in Österreich können ihre Klienten nicht mehr in dem Umfang beraten, wie es eigentlich sein soll, weil Sie mit Ihrer Untätigkeit diesen Steu­erdschungel in Österreich prolongieren. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Ein leistungsfeindliches Steuersystem haben im Übrigen alle Redner heute angepran­gert: Josef Bucher – er tut das seit Jahren –; Stummvoll: leistungsfeindliches Steuer­system; Kai Jan Krainer: leistungsfeindliches Steuersystem. Die Freiheitlichen propa­gieren es und auch der grüne Budgetsprecher. Und ich frage mich, warum wir uns dann heute nicht dazu durchringen können, der österreichischen Bundesregierung die­sen klaren und dezidierten Arbeitsauftrag zu geben: erstens, die kalte Progression rückgängig zu machen, und zweitens, endlich ein faires Steuersystem in Österreich einzurichten, ein einfaches Steuersystem, nämlich die Flat Tax.

Das ist unser Wunsch, da glauben wir auch, dass wir die Österreicherinnen und Öster­reicher und gerade die Familien, die Sie als eine Ihrer vier Säulen nennen, tatsächlich entlasten können. Wir entlasten dann den österreichischen Mittelstand, der dank Ihrer Politik diesen Mittelstandsbuckel zu tragen hat, sehr geehrte Frau Bundesministerin, der von Ihnen eben nicht entlastet wird. Sie wollen heute einmal mehr diese längst not­wendige Steuerreform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben.

Wir werden daher auch über den Wahltag hinaus hier im Haus nicht müde werden, Sie bei jeder Sitzung an Ihre Versprechungen zu erinnern und auch einzufordern, dass Ös­terreich endlich ein faires, einheitliches Steuersystem bekommt. (Beifall beim BZÖ.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.27.39

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Herr Abgeordneter Grosz, ich weiß nicht warum, aber Sie werfen jetzt der Frau Finanzministerin vor, dass ihr Langzeitgedächtnis nicht funktioniert. – Sie wissen nicht einmal, was im Antrag Ihrer Fraktion vor vier Stunden drinstand. Da geht es aus­schließlich um eine Anpassung der Steuerprogressionsstufen (Zwischenruf beim BZÖ), nicht um eine Flat Tax, wie Sie hier noch vor drei Minuten gesagt haben – Ihr Gedächt­nis reicht nicht einmal drei Minuten.


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Sie haben gesagt, das Flat Tax-Modell ist vom BZÖ; mit Steuerprogressionsstufen ist das keine Flat Tax. Bitte, das ist alles auf einem Niveau  (Abg. Grosz: Ich lasse mir ja von Ihnen nicht vorschreiben, was ich diskutiere!) – Nein, Sie können eh diskutieren, was Sie wollen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es ist mir vollkommen gleichgültig, spielt eh keine Rolle. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.) Ihre Prognosen dazu, wer im Herbst noch hier sein wird, brauchen Sie nicht auf die Frau Finanzministerin zu be­ziehen; Sie können sie auf die Position des BZÖ Steiermark beziehen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zurück aber zum eigentlichen Thema und in diesem Fall zur Frage, ob wir hinsichtlich des automatischen Inflationsausgleiches etwas tun sollen: Das ist ein Detailproblem je­des progressiven Steuersystems, das umso bedeutender wird, je höher die Inflation ist. Jetzt haben wir aber justament eine Zeit, in der wir keine besonders hohe Inflation ha­ben – zum Glück. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer sagt das?) – Statistik Austria, das ist jene Einrichtung, Herr Abgeordneter Westenthaler – ist ja kein Problem; ein wenig poli­tische Bildung für Sie –, da können Sie jederzeit  (Abg. Ing. Westenthaler: Mit einem Warenkorb, der völlig irrelevant ist!  funktioniert nicht mehr!) – Dann erläutern Sie Ihren Antrag richtig! Sie wollen ein Gesetz machen, bei dem Sie  (Zwischenruf bei der SPÖ.) Moment, darüber muss man sich klar sein: Sie akzeptieren den VPI nicht. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Herr Ing. Westenthaler – „dem Ingenieur ist nichts zu schwör“ – sagt: Der ist ja falsch, der Warenkorb. – Wie wollen Sie denn dann Ihre Steuerstufen valorisieren? (Abg. Ing. Westenthaler: Schauen Sie einmal die Lebensmittelpreise !) Nach Ihrem Blut­druck in der Früh? Haben Sie nachgedacht? Sie stellen so einen Antrag, Sie wollen va­lorisieren, und dann sagen Sie, das gilt aber nichts, weil das ja alles falsch ist?! (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Man sieht also hier die Ernsthaftigkeit, mit der das Thema von den lieben Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ vorgetragen wird.

Zur ernsthafteren Sache: Das ist wirklich ein sehr kleines Problem, und würde man Ih­rem Antrag stattgeben, dann könnte die Frau Bundesministerin – das heißt die Regie­rung – einen Vorschlag für ein Gesetz machen, das dieser Nationalrat vielleicht noch in dieser Gesetzgebungsperiode beschließen würde. Wann würde das wirken? – Es könnte ja frühestens zum nächsten Zeitpunkt, wenn es eine Vergleichsperiode gibt, in Kraft treten. Das wäre der 1. Jänner 2015.

Liebe Damen und Herren, wir werden früher über eine Steuerreform reden müssen, und dann nicht über die Anpassung der Steuerprogressionsstufen um 3,9 Prozent, sondern – wie eine Reihe von Vorrednern und auch Herr Abgeordneter Krainer richtig gesagt haben – über die komplette Schieflage des Steuersystems.

Wenn Herr Klubobmann Bucher sagt, es handle sich um einen „Nationalpark Hohe Steuern“, dann haben wir ja wohl Gipfel, wo wir eine sehr, sehr hohe Besteuerung ha­ben. (Abg. Ing. Westenthaler: Ah so!) Selbst die Billa-Verkäuferin hatte, wenn Sie Steuern und Abgaben rechnen, in Wirklichkeit bereits 18 Prozent zu zahlen, auch wenn sie weit unter ihrer Lohnsteuergrenze ist.

Gleichzeitig haben wir aber Untiefen – und darauf wurde auch schon hingewiesen: dass wir unter den Ländern mit der niedrigsten Vermögensbesteuerung sind. – Ja, wie­so wehrt sich denn das BZÖ dagegen? Warum soll man nicht von einer Millionenerb­schaft wenigstens für den verbleibenden Teil über der ersten Million einen Obolus zahlen? Warum soll man nicht für ein Vermögen von mehr als einer Million einen Bei­trag für die Gesellschaft leisten? – Da sagen Sie immer Nein. Das wäre aber wie Täler zum Auffüllen (Abg. Dolinschek: Arbeitskraft muss  werden, Herr Kollege!), dann wäre ein Volumen da, und dann könnten wir es senken.


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Ich sage Ihnen auch, warum es so ist: weil die Hälfte hier immer an die eigene Tasche und an seinesgleichen denkt. Das ist doch ein Teil der Diskussion hier. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Leider ist Günter Stummvoll nicht da, ich hätte es ihm gerne gesagt: Die 4 Prozent Krankenversicherungsbeitrag werden nur bis zur Höchst­beitragsgrundlage eingehoben. Bei uns allen hier endet diese bei knapp 4 000 €. Da­von ziehen wir 50 Prozent Steuer ab, da haben wir dann einen Prozentsatz aufs End­gehalt – ich weiß nicht, wie es bei Günter Stummvoll ist, er hat noch eine Altpolitiker­pension (Ruf beim BZÖ:  Ihr Gehalt ab!) –, wahrscheinlich 1 Prozent. Die Billa-Ver­käuferin zahlt 3,87 Prozent mit ihren 1 000 €. – Nicht immer nur aus der eigenen Pers­pektive!

Und das gilt auch für Ideen wie jene, 7 200 € pro Kind zu geben. – Super, ich habe vier Kinder! Kann mir irgendjemand erklären, wieso ich Politik machen soll (Ruf: Sollst eh nicht, ist gescheiter!), dass ich sage, ich stecke 3 500 € pro Kind zusätzlich ein und die Billa-Verkäuferin mit zwei Kindern kriegt nichts? – Das ist nicht anständig. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesministerin Dr. Fekter: Die kriegt ja die Transferleistungen!) – Fast die gleichen wie ich! Jetzt hör doch auf, Maria! Die gleichen wie ich, die gleiche Fami­lienbeihilfe! (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Nein, denn ich kann noch die Kinderbetreuung im Hort geltend machen, und für diese kriege ich wie­der mehr als sie.

Das ist eine falsche Politik. Hört auf, immer von der eigenen Lebensperspektive auszu­gehen! Schaut auf die Leute, die wenig haben! (Beifall bei SPÖ und Grünen.) Daher: keinerlei Steuerfreibeträge, sondern lieber hergehen und einen gescheiteren Kinder­garten machen, die Förderungen in diesem Bereich ausbauen!

Wir haben die zweithöchste Geldleistung im Familienbereich in Europa; nur Luxemburg hat mehr. Da brauchen wir kein Steuermodell, wenn man glaubt, dann kommen mehr Kinder. Diese Bemerkung habe ich überhaupt nicht gehört. Beleidigt doch nicht die österreichischen Mütter und Väter (Rufe bei FPÖ und BZÖ: Wer beleidigt?), dass
sie Kinder machen, nur weil sie einen Steuerfreibetrag bekommen! (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Entschuldigt bitte, unsere Bürgerinnen und Bürger sind – hoffentlich – nicht aufgrund fi­nanzieller Anreize, aufgrund von Steuerfreibeträgen bereit, die Frage der Familiengrün­dung und -erweiterung zu entscheiden! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zanger.) Wenn es so wäre, müssten wir den psychosozialen Dienst ausbauen. So sind die Ös­terreicherinnen und Österreicher aber nicht; die sind nämlich viel vernünftiger, als so manche hier glauben. (Beifall bei der SPÖ.)

Also hört auf, mit Steuerzuckerln vorzugehen; die wissen, was sie tun!

Und ich komme zu einem wesentlichen Punkt: Wir müssen etwas tun, weil die Arbeit viel zu hoch besteuert ist; wurscht, ob wir jetzt Buckel oder Badewanne dazu sagen, das ist wirklich etwas, wo wir handeln müssen. Und, Frau Bundesministerin, ich war sehr angetan – ich habe das auch öffentlich gesagt –: Gehen wir es an, einen integrier­ten Tarif zu diskutieren! Das heißt aber auch, dass wir die Sozialversicherungsleistung integrieren müssen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Ja!) Dann können wir einen gradu­ellen Termin machen; arbeiten wir daran weiter, gern!

Aber um bei den Steuern auch tatsächlich herunterzukommen, werden wir – und Kolle­ge Krainer hat das bei der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vorgerechnet – aus jenem Teil, was Wertschöpfung des Landes ist, wo wir keine Steuern bekommen, wel­che bekommen müssen. Und das geht nicht, wenn es internationale Konzerne gibt, die hier mit einem Marktanteil – von mir aus bei Mobiltelefonen – von 30 Prozent tätig sind und von 25 Milliarden € Auslandsgewinn 1,9 Prozent Steuern zahlen. Da wird nämlich immer mehr wegfließen.


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Die Briten haben eine Kaffeehauskette erwischt, die in UK überhaupt noch nie einen Penny an Steuern gezahlt hat – und jeder ist mit dem Becher gerannt. (Abg. Öllinger: Darf man schon sagen, den Namen: Starbucks!) Das haben wir hier in Wirklichkeit. Da­neben ist ein kleines Kaffeehaus, der Betreiber weiß nicht einmal, wie er es zahlen soll – er darf die Steuern aber zahlen.

Da haben wir Handlungsbedarf, und dort kann man die Milliarden holen, mit denen man dann tatsächlich die Steuern auf Arbeit reduzieren kann. Aber dann müssen die auch Steuern zahlen (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), und da dür­fen sie keinen Schutzpatron finden.

Mein Appell an alle, die zwischendurch dazu neigen: Die dürfen keinen Schutzpatron finden!

Wenn wir uns da zusammentun, können wir ähnliche Erfolge wie bei der Finanztrans­aktionssteuer vor ein paar Jahren feiern – dass Europa sich auf die Hinterfüße stellt und sagt: Schluss mit Steuerkonstruktionsmodellen! Und da gab es genug Beispiele: Wenn die Lizenzgebühren nach Bermuda gehen, keine steuerliche Absetzbarkeit, da ist das Modell gleich aus! Da gab es in Deutschland schon eine richtige Diskussion. Und dann kommen bei uns wieder welche, die sagen, wir haben unsere Versicherung dort. Da muss man sagen: Ihr braucht keine Versicherung von dort, ihr habt in Öster­reich, von der Uniqa und anderen genug Angebote, ihr braucht nicht eine auf den Ba­hamas.

All das sind Dinge – noch einmal –, da könnten wir viel gemeinsam bewegen. Es sind alle dazu eingeladen, das zu tun; dann kann man wirklich senken.

Ehrlicherweise (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): Dieser Teil ist nicht ein­mal als Wahlkampfgetöse geeignet (Abg. Ing. Westenthaler: Kalte Progression !), deshalb vergisst sogar Herr Abgeordneter Grosz innerhalb von fünf Minuten, was über­haupt der Antrag war. – Kann passieren, ist bei BZÖ-Anträgen öfter so, schadet aber nichts! Ab Herbst haben wir sie nicht mehr da, da ist dann auch das Leben leichter. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hörl.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Tamandl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.36.22

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Finanzministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich zwar diesen echauffierten Ausführungen vom Herrn Kollegen Matznetter (Zwischenruf bei der SPÖ) nicht vollinhaltlich anschließen, kann mich aber durchaus der Kritik, die er diesem Dring­lichen Antrag entgegengebracht hat, anschließen.

Dieser Dringliche Antrag hat nämlich ein einziges Thema, das ist die kalte Progression. Jeder Redner vom BZÖ – Herr Grosz, der sich da auch so echauffiert hat, ist schon hi­nausgegangen; offenbar interessiert es ihn nicht – hat in erster Linie über die Flat Tax gesprochen, aber kein Mensch hat bisher entdeckt, dass in Wirklichkeit im Antrag ein Fehler ist. Es gibt nämlich nicht bereits ab 50 000 € den Grenzsteuersatz von 50 Pro­zent, sondern ab 60 000 €. (Abg. Ing. Westenthaler: Welchen Antrag haben Sie denn?) – Ihren Antrag, Herr Westenthaler (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter), das ist wahrscheinlich ein falscher. Kein Problem! Ich kenne mich eh aus, es ist also kein Problem. (Abg. Ing. Westenthaler:  ist nicht einmal in der Lage, or­dentlich zu zitieren!)

Was aber trotzdem zu der ganzen Materie zu sagen ist und auch, was die Flat Tax be­trifft (Abg. Ing. Westenthaler:  Abgeordnete dieses Hauses!  kann nicht einmal


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lesen!): Ich glaube, dass das Ungerechteste in unserem System jetzt in erster Linie die sogenannte Flat Tax in der Sozialversicherung ist, weil jemand, der über der Geringfü­gigkeitsgrenze ist, die bei 386,60 € monatlich liegt (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Dr. Fekter), also 387 € oder 388 € verdient, bereits 18,6 Prozent Sozialversi­cherung bezahlt.

Ich meine, da muss man einmal ansetzen, dass man da vielleicht gestaffelte Beiträge zusammenbringt. Natürlich, Herr Kollege Westenthaler, Sie haben vollkommen recht – ich habe mir das jetzt angeschaut –: Sie haben gesagt, wenn ein Pensionist mit 1 050 € brutto einen Euro pro Monat dazubekommt, muss er plötzlich 82 € Lohnsteuer bezahlen. – Sie können mir auch zuhören, Herr Kollege Westenthaler. – Aber Sie ha­ben wieder eines nicht dazugesagt: dass das nämlich das 13. und 14. Gehalt ist, wo diese 82 €, nämlich 6 Prozent Lohnsteuer, anfallen.

Jetzt frage ich Sie: Wollen wir das angreifen, dass plötzlich das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld, das auch Pensionisten bekommen (Abg. Ing. Westenthaler: Lernen Sie lesen!), in Zukunft nicht begünstigt besteuert wird? – Ich glaube nicht, denn das ist in Österreich gute Tradition, und das wollen wir auch behalten.

Eines möchte ich aber schon noch wissen. Herr Kollege Rossmann hat gemeint, es sei ein Wahnsinn, wenn den Familien beispielsweise plötzlich pro Kind ein Freibetrag von 7 000 € gewährt werden würde (Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann), weil die Fa­milien mehr Kosten haben als solche, die keine Kinder haben. Herr Matznetter hat ge­sagt, da gehe es immer nur um uns selber. – Also ich persönlich habe zum Beispiel keine Kinder, aber ich finde es gerecht, dass Familien, die einen großen Anteil der Steuerleistungen leisten, bei den Kindern auch dementsprechend steuerlich entlastet werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Rossmann.) Und das wol­len wir auch bei einer zukünftigen Steuerreform, darum geht uns der Antrag des BZÖ, bei dem es nur um die kalte Progression geht, viel zu wenig weit.

Ganz ehrlich: Es wird immer gesagt, wir tun nichts für die, die wenig verdienen. Also: Wenn wir eine Mindestsicherung haben, die immer wieder angehoben wird, die in etwa so hoch ist wie der Lohn in einer Branche wie beispielsweise dem Handel oder ande­ren Branchen, in denen hauptsächlich Frauen tätig sind, die 38,5 Stunden oder 40 Stun­den tätig sind, die fast weniger oder in etwa genau so viel verdienen wie jemand, der Mindestsicherung kassiert, dann ist etwas faul im System.

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir sagen, dass wir sehr wohl bei den Familien und bei denen, die weniger verdienen, etwas gemacht haben. So bekommt jemand, der we­niger verdient und keine Lohnsteuer zahlt und drei Kinder hat, 889 € an Negativsteuer zurück.

In welchem Land gibt es das: dass einer, der keine Lohnsteuer zahlt, so einen hohen Betrag zurückbekommt? Also bitte, tun Sie nicht so, als hätten wir in den letzten Jahren nichts getan! Selbstverständlich sind auch wir der Meinung: Wir brauchen eine Steuer­reform, und zwar relativ rasch!

Wir brauchen aber eine Steuerreform, die jene entlastet, Herr Kollege Rossmann, die das meiste in den Steuertopf hineinzahlen, und nicht noch zusätzlich jene, die vom Staat eh mehr bekommen als eben diejenigen, die das meiste in den Steuertopf hinein­zahlen.

Zum Thema Vermögensteuer und vermögensbezogene Steuer abschließend auch noch ein paar Worte.

Erstens: Man kann Budgets und Staatshaushalte nicht nur mit Steuereinnahmen und zusätzlichen Steuern sanieren. Das sieht man in Wien! Dort kann man das Budget nicht sanieren, obwohl immer wieder die Gebühren und die Abgaben erhöht werden und die Einnahmen steigen. So funktioniert das ganz einfach nicht!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 143

Zweitens: Wir haben vermögensbezogene Steuern eingeführt, und zwar in zweierlei Weise, nämlich immer dort, wo etwas verkauft wird: Verkauf von Wertpapieren, Verkauf von Aktien, Verkauf von Immobilien. Das alles ist gemacht worden. (Abg. Mag. Ross­mann: Ertragssteuern!)

Ich glaube, da sind wir einen sehr großen Schritt gegangen, wo wir vorher gesagt haben: Ob wir das wollen, das wissen wir nicht! Wir haben es dann gemacht, und wir stehen jetzt auch dazu.

Aber eines kann es nicht geben: eine Vermögensteuer auf die Substanz! Da gibt es ständig neue Ideen: einmal 1 Million, einmal 700 000, einmal 500 000 und einmal 150 000. Das wird es mit uns nicht geben! Als Arbeitnehmervertreterin muss ich sa­gen: Ich verstehe da meine Kollegen von der roten Reichshälfte nicht und ich verstehe da auch so manch anderen nicht, denn es sollte uns doch wichtig sein, dass Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer selbst Eigentum schaffen können und dass es ein Wert sein sollte, dass wir das dann unseren Kindern und Kindeskindern weitergeben können.

Dazu stehen wir – und daran werden wir arbeiten! Mit uns wird es eine Vermögen­steuer auf Substanz sicherlich nicht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie ken­nen die einschlägigen Bestimmungen der GO. – Bitte.

 


16.42.20

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Diese Bestimmun­gen kenne ich gut, ich habe sie schon oft angewandt.

Frau Kollegin Tamandl – das ist jene Abgeordnete, die immer sagt, nur wegen des Eu­ro gäbe es die Pensionen, und die lauter so Geschichten hier darbietet – hat uns allen Ernstes vorgeworfen, dass unser Dringliche Antrag falsch sei, und hat in mir nicht nachvollziehbarer Weise behauptet, dass dieser Antrag einen Satz enthält, der da lau­tet: Ab 50 000 € beträgt der Grenzsteuersatz 50 Prozent.

Frau Kollegin, es ist mir schleierhaft, wie Sie darauf gekommen sind, denn es ist un­richtig, was Sie da zitiert haben! Es gibt nur einen Antrag, nämlich den mit dem Ein­gangsstempel, den Sie offenbar nicht haben, und zwar den Antrag 2257/A(E). (Bun­desministerin Dr. Fekter: Wir sind rechtzeitig draufgekommen!) Da steht folgender Satz drinnen:

„Ab 60.000 Euro beträgt der Grenzsteuersatz 50 Prozent.“

Ich kann mir das nur so erklären: Entweder können Sie nicht lesen oder Sie schreiben sich irgendwelche Anträge selber, die Sie hier dann zitieren, um uns vorzuwerfen, dass unser Antrag falsch sei. Beides ist nicht sehr erbaulich für eine Abgeordnete dieses Hohen Hauses. (Beifall beim BZÖ. – Bundesministerin Dr. Fekter: Nein! Es zirkulie­ren ! Wir sind rechtzeitig draufgekommen!)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Themessl. – Bitte.

 


16.43.38

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Frau Präsidentin! (Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung der Abg. Tamandl –: Woher Sie den Antrag haben, werden wir uns in der Präsidiale anschauen! – Gegenrufe bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung Präsidium –: Offensichtlich hat das Präsidium falsche Anträge verteilt! Das schauen wir uns an, was da oben passiert ist!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 144

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gehe davon aus, Herr Abgeordneter, dass die richtigen eingebrachten Anträge verteilt worden sind. Aber man kann sich alles an­schauen.

Bitte, Herr Abgeordneter Themessl, setzen Sie fort!

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin! Frau Fi­nanzministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst eine Richtigstellung: Mein Kollege und Steuerberater Matznetter hat hier behauptet, dass die Höchstbeitrags­grundlage für die Sozialversicherung knapp 4 000 € betragen wird. Tatsächlich beträgt sie im Jahr 2013 4 440 €. – So weit die Richtigstellung. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich erwähne das aus dem Grund, weil das nämlich genau die Arbeit der Regie­rung aufzeigt: Ob man ein paar Prozent mehr oder weniger rechnet, spielt im Prinzip keine Rolle! Das fängt schon bei der Abgabenquote an: Es ist egal, ob wir 43 Prozent haben, obwohl sie jeder unter 40 Prozent haben will. – So viel zu Ihrer Genauigkeit.

Frau Finanzministerin, Sie haben heute in Ihrer Stellungnahme fast drei Viertel Ihrer Redezeit dazu verwendet, den Anträgen und Anregungen beziehungsweise auch den Vorhaltungen der Oppositionsparteien der letzten Jahre vollinhaltlich recht zu geben. Sie sagen nämlich: Jawohl, wir sind ein Höchststeuerland, wir haben die höchste Ab­gabenquote, wir haben den höchsten Eingangssteuersatz! Bei uns beginnt der Höchst­steuersatz von 50 Prozent bereits bei 60 000 €, in Deutschland ist es bei über 200 000 € ein solcher von 45 Prozent! Sie geben bei all den Dingen recht, und dann re­den Sie, und zwar schon seit Ihrer Amtsübernahme, davon, dass eine neue Steuerre­form kommen muss, die eine niedrigere Abgabenquote vorsieht, die einfacher, leis­tungsgerechter und vor allen Dingen auch familienfreundlicher ist.

Dazu, Frau Finanzministerin, Folgendes: Ihr Vorvorgänger Molterer hat im Jahr 2007 gesagt, die Abgabenquote müsse dringend unter 40 Prozent gesenkt werden. Bei sei­nem Abgang lag sie dann bei 41 Prozent. Ihr unmittelbarer Vorgänger, Josef Pröll, hat dann gesagt, die Abgabenquote müsse unter 40 Prozent zu liegen kommen, und als er das Amt an Sie übergeben hat, lag sie bei über 42 Prozent. In der Zwischenzeit sind wir bei über 43 Prozent – Tendenz steigend – angekommen.

Und jetzt reden Sie davon, dass das alles richtig sei und dass man das ändern müsste. Nur: Sie sagen nicht dazu, wann. Sie sagen, im Moment sei es nicht möglich, weil es aufgrund der finanziellen Situation des österreichischen Staates – die Sie ja mitver­schuldet haben – einfach nicht machbar sei. Also passiert nichts!

Sie wissen ja, Frau Finanzministerin, im Volksmund nennt man jemanden, der un­heimlich viel redet und nichts tut, einen Dampfplauderer. Ich kann mir vorstellen, dass Sie im Prinzip das Problem sehr wohl erkannt haben, dass Sie aber absolut nicht bereit oder in der Lage sind, etwas daran zu ändern.

Blicken wir einmal zurück! Ihre Vorgänger haben – daran sind Sie nicht schuld – in den Jahren 2010 und 2011 Belastungspakete geschnürt. Diese Belastungspakete belasten die österreichische Wirtschaft noch immer. Und klar ist auch: Die österreichische Wirt­schaft besteht nicht nur aus Arbeitgebern, sondern die österreichische Wirtschaft be­steht aus Arbeitgebern und auch aus Arbeitnehmern. Ohne tüchtige und fleißige Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer wäre Wirtschaften nicht möglich. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie belasten mit diesen beiden Belastungspaketen aus den Jahren 2010 und 2011 die österreichische Wirtschaft bis zum Jahr 2016 mit 50 Milliarden €. Das sagen Sie aber nie dazu – von allen anderen Themen, die hier angesprochen werden, einmal abgese­hen. Und jetzt frage ich Sie: Wann wollen Sie das ändern?

Und da liegt das Grundproblem, das Sie haben! Das fängt an bei der familienfreundli­chen Besteuerung. Sie wissen genau, dass diese Belastungspakete vor allen Dingen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 145

die Familien betroffen haben (Beifall bei der FPÖ), dass heute eine Frau keine Wahl­freiheit mehr hat, ihre Kinder in den ersten Jahren selbst zu betreuen und nicht in eine Betreuungsstätte zu geben – da ist mit Sachleistungen nicht geholfen! –, und das bei einer sinkenden Geburtenzahl, obwohl Sie genau wissen, dass wir im Familienbereich einen unheimlich großen Nachholbedarf haben. Wenn wir in Zukunft wieder wirtschaft­lich erfolgreich sein wollen, dann brauchen wir Kinder, aber dazu ist dieses Familien­paket nicht geeignet. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns an, wie das bei anderen Belastungen ist! Zum Beispiel: Wenn heute ein Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung von 4 Prozent bekommt, dann kostet diese den Arbeitgeber 6 Prozent. Nach Abzug aller Steuern, Abgaben und Gebühren bleiben dem Arbeitnehmer zwischen 1,5 und 1 Prozent übrig. Das heißt, von 6 Prozent, die der Arbeitgeber zu berappen hat, nimmt sich der Staat zwischen 4,5 und 5 Prozent. – Und das nennen Sie dann noch fair und leistungsgerecht!

Und jetzt zu Ihrer Steuerreform. – Sie haben vollkommen recht: einfacher, weniger, leistungsgerechter! Und: Sie können es auch sofort machen! Aber da fängt ja das Pro­blem dieser Regierung an – darauf kommen wir noch beim Tagesordnungspunkt 3 zu sprechen: Budgetpfad bis zum Jahr 2017 –, nämlich: Sie sind nicht in der Lage und auch nicht im Geringsten bereit, jene Reformen umzusetzen, die Geldeinsparungen bringen würden! Wenn das nicht so wäre, dann wäre das alles kein Problem. Sie könn­ten diese Steuerreform noch vor der Wahl machen, wie Sie es versprochen haben, wenn Sie endlich bereit wären, Reformschritte, so wie sie der Rechnungshof schon seit Jahren einfordert und deren Fehlen er kritisiert, umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben morgen einen Punkt betreffend die Gesundheitsreform auf der Tagesord­nung. Die Gesundheitsreform, wo Einsparungen in Milliardenhöhe möglich wären, oh­ne dass der Patient darunter leiden würde, ist zu einem Unding verkommen. Da gibt es null an Einsparungen – aber es gibt zusätzliche Belastungen, angefangen von Büro­kratie bis zum Geht-nicht-Mehr! Wie gesagt: Einsparung null!

Solange Sie nicht bereit sind, Einsparungspotenziale wirklich anzugehen, werden Sie nie und nimmer in der Lage sein, Ihre Steuerreform, die da lautet: einfacher, weniger, leistungsgerechter!, umzusetzen. Da gehen Sie noch vorher in Pension. – Danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker zu Wort. – Bitte.

 


16.50.13

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie sind heute wirklich erfrischend offen in Ihrer Ausführung der Mängel des österreichischen Steuersystems. Die Liste, die Sie hier angeführt haben, kann ich sogar noch erweitern.

Und zwar: Das österreichische Steuersystem gilt als veraltet. Es ist behaftet mit dem Mangel sehr geringer Vermögensteuern und niedriger Umweltsteuern, weist aber eine zu hohe Belastung des Faktors Arbeit auf. Und genau da gilt es anzusetzen!

Es ist längst an der Zeit für eine ökologische und soziale Steuerreform. Sie, Frau Mi­nisterin, haben irgendwann einmal davon gesprochen, haben aber auch das, wie vieles andere, vergessen. Aber genau da gilt es die richtigen Ansätze zu finden, denn eine aufkommensneutrale Steuerreform im Umweltbereich wäre ein großer Fortschritt: ei­nerseits für den Bereich des Klima- und Umweltschutzes, andererseits wäre sie ein wichtiger Impuls für Innovationen, und zwar auch für Innovationen im Bereich der Um­welttechnik in diesem Land, und insbesondere für die Schaffung von Arbeitsplätzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 146

Das ist etwas, das diese Form der Steuerreform leisten könnte, Frau Ministerin, und genau darauf sollte man in Zeiten von steigenden Arbeitslosenraten auch zählen. Das ist zu erreichen damit, dass es einerseits Innovationen gibt, die Arbeitsplätze schaffen, und dass andererseits damit, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, der Faktor Arbeit günstiger, billiger wird.

Genau das soll die Intention einer ökosozialen Steuerreform sein. Das ist das, was man – ich hege keine Hoffnung, dass das heuer noch geschehen wird – in der nächs­ten Legislaturperiode tatsächlich auch leisten muss, nämlich da einen entsprechenden Ansatz zu finden.

Zur Information: Umweltsteuern sind in Österreich so niedrig angesetzt, dass wir im eu­ropäischen Vergleich im untersten Bereich liegen. Aber noch viel interessanter ist das im Bereich der Vermögensteuern, da haben wir in Europa de facto die „rote Laterne“. Ein ganz geringer Teil der gesamten Steuern, die in Österreich eingenommen werden, kommen aus dem Bereich Umwelt – Entschuldigung, Vermögen! Im Bereich Umwelt auch, aber im Bereich Vermögen ist es ganz besonders dramatisch, da sind es nämlich insgesamt nur rund 1,2 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Wenn man das mit anderen Ländern vergleicht, dann sieht man: In Großbritannien beispielsweise sind es in etwa 11,6 Prozent, in den Vereinigten Staaten von Amerika 12 Prozent. Dort gibt es eine völlig andere Steuerstruktur, die, wie ich meine, wesentlich gerechter ist. Denn, Frau Kollegin Tamandl: Bei einer Vermögensteuer geht es klarerweise auch um Ge­rechtigkeit und darum, wer die Lasten tragen kann, um eine Konsolidierung im Budget machen zu können.

Ein Steuersystem ist immer auch ein Symbol dafür, wie sich ein Land entwickelt, wo­rauf der Fokus gerichtet wird und wie gerecht es ist? Und da, glaube ich, müssen wir die entsprechenden Ansätze machen.

Was spricht eigentlich gegen eine Erbschaftssteuer? Nämlich eine Erbschaftssteuer, wo es einen entsprechend großen Freibetrag gibt, sodass man auch noch Einfamilien­häuser vererben kann, ohne dass hohe Erbschaftssteuern anfallen. Aber für alles, was darüber liegt, soll man doch einen Beitrag zu einem gerechteren Steuersystem leisten. Das ist doch selbstverständlich! (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum Antrag des BZÖ: Wir glauben, dass es sehr wohl gerechtfertigt ist, die In­flation bei den Steuerprogressionsstufen zu berücksichtigen. Aber die Inflation ist nicht nur dort zu berücksichtigen.

Weil Herr Kollege Matznetter das heute so abwegig gefunden hat, wäre die Frage zu stellen: Warum berücksichtigt man dann die Inflationsrate bei jeder Lohnverhand­lung? – Zu Recht tut man das, wie ich meine! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Aber die Inflation wäre selbstverständlich auch beim Pflegegeld zu berücksichtigen. Es ist doch überhaupt nicht einzusehen, dass beim Pflegegeld über Jahre de facto eine Reduktion erfolgt ist. Das ist unfair. Das ist ungerecht. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gleiche gilt für die Familienbeihilfe, wo schon längst die entsprechenden Ansät-
ze hätten gemacht werden müssen beziehungsweise eine Anpassung hätte erfolgen müssen.

Alles in allem sind es viele Punkte, die noch zu berücksichtigen sind. Die Arbeit steht sozusagen vor der Tür, wir müssen sie angehen. Das wäre einer der ersten und wich­tigen Schritte. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 147

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.55.21

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin Ruperta Lichtenecker hat eines auf den Punkt gebracht: dass die Steuerprogression angegangen werden muss. Unser Antrag zielt ja darauf ab, die Steuerprogression jährlich einer Anpassung im Ausmaß der Inflation zu unterziehen. Das ist der Kern dieses unseres Antrages! Es sind aber wesentlich mehr Dinge, die in diesem Bereich berücksichtigt werden müssten.

Auf die Ausführungen des Kollegen Matznetter zurückkommend, der gesagt hat, die In­flation sei so niedrig, sie sei gar nicht so hoch: Ja, klar, wenn Waren wie Fernsehap­parate, Computer und Handys hineingerechnet werden, dann ist die Inflation natürlich niedrig, aber die Inflation ist dann sehr hoch, wenn man diese Artikel weglässt und die Inflation nur in Bezug auf Waren des täglichen Bedarfs berechnet. Dann schaut es ein bisschen anders aus. Und darum geht es! (Beifall beim BZÖ.)

Aber es ist doch so – und das sollte ein sehr umfangreiches Paket sein –, dass der An­teil der Lohnsteuer am gesamten Steueraufkommen, wie es auch der Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 vorsieht, wesentlich höher ist als jener anderer Bereiche. Aber die realen Nettoeinkommen stagnieren, werden von Jahr zu Jahr niedriger, was eine schleichende Steuererhöhung darstellt. Das bedeutet, dass die österreichische Einkommensteuergesetzgebung leistungsfeindlich ist. Und dem muss in Zukunft entgegengewirkt werden. Das sagt auch der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht, wo er darauf hinweist, dass es 558 Sonderbestimmungen gibt.

Aber nicht nur im Rechnungshofbericht, sondern auch in der Empfehlung des Rates der Europäischen Kommission zum Nationalen Reformprogramm Österreichs 2012 und in der Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Österreichs für den Zeitraum von 2011 bis 2016 steht, dass innerhalb der Europäischen Union die Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Sozialabgaben in Österreich am höchsten ist. Wir dürfen da natürlich die Sozialabgaben nicht ausnehmen. Aber gerade für Niedriglohnempfänger sind in Österreich die effektiven Grenzsteuersätze aufgrund des Wechselspiels von So­zialversicherungsbeiträgen, Einkommensteuer und Sozialschutzsystem besonders hoch. Und dem muss entgegengewirkt werden.

In einer der an Österreich gerichteten länderspezifischen Empfehlungen aus dem Jahr 2011 forderte der Rat Maßnahmen zur budgetneutralen Reduzierung der effekti­ven Steuer- und Sozialversicherungsbelastung der Arbeit. Und genau darum geht es, die Arbeitskraft, werte Kolleginnen und Kollegin, muss entlastet werden. Das muss un­ser aller Anliegen sein. Da appelliere ich vor allem an die SPÖ-Fraktion, an die Sozial­demokraten hier im Parlament, da tätig zu werden. Jetzt stellen Sie schon sieben Jahre den Bundeskanzler, aber weitergegangen ist da noch nichts!

Sie, Frau Bundesminister Fekter – Sie sind Finanzministerin! –, könnten dahingehend tätig werden, dass man in diesem Bereich endlich einmal etwas umschichtet.

Im Sozialbericht für die Jahre 2011 und 2012, den wir in der letzten Sitzung des So­zialausschusses diskutiert haben, ist von einem Rückgang der Nettolohnquote die Re­de und davon, dass da Handlungsbedarf besteht. Darin heißt es, dass die Löhne in ih­rer Gesamtheit trotz steigender Beschäftigung langsamer gestiegen sind als die Un­ternehmens-, Vermögens- und Mieteinkommen und dass dadurch die Bruttolohnquote, der Anteil der Löhne am Volkseinkommen, rückläufig ist. Das alles geht aus diesem Sozialbericht hervor. Jeder, der im Sozialausschuss tätig ist, weiß das, denn das ha­ben wir erst vor einer Woche diskutiert.

Durch das Ansteigen der Abgabenbelastung – Lohnsteuer, Sozialbeiträge – ist die Net­tolohnquote in einem höheren Maße als die Bruttolohnquote gesunken. Das muss uns auch zu denken geben in diesem Bereich. Ja, Herr Kollege Rossmann, aber so ist es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 148

nun einmal! Das sind Tatsachen, das sind Fakten (Abg. Mag. Rossmann: Ich habe nichts gesagt!), und da müssen wir einfach dagegen arbeiten. – Ich bin froh, die Grü­nen sind hier ungefähr in derselben Richtung unterwegs.

Auch einen Mindestlohn sollte man einführen. Man spricht immer von der Mindestsi­cherung, aber eine Differenz zwischen einem Mindestlohn und der Mindestsicherung muss eben auch gegeben sein, geschätzte Damen und Herren! Das ist für uns wichtig. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister, nicht immer auf die nächste Wahl warten! Natürlich hat es keinen Sinn, wenn man vor der Wahl Steuerzuckerl verspricht, eine Steuersenkung macht und dann die Steuer wieder hinaufschnalzt. Das ist nicht Sinn und Zweck. Aber man sollte endlich an einer Steuerreform, an einer Sozialabgabenreform, an einer Entlastung des Faktors Arbeit arbeiten und das auch umsetzen. (Beifall beim BZÖ.)

17.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort. – Bitte.

 


17.01.01

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Kollege Dolinschek – ich sehe ihn jetzt gerade nicht; ah, er steht dort und redet –, wir wissen ja aus sehr vielen Bereichen, vor allem aus dem Sozialbereich, dass die Frage der Valorisierung immer wieder ein Thema ist. Ich finde es nur sehr problematisch, wenn Sie im Zusammenhang mit Valorisierung bei Inflation immer wie­der von verschiedenen Warenkörben reden. Ich glaube, man muss sich zuerst einmal überhaupt darauf einigen, was wir letzten Endes unter der Inflation, über die wir reden, verstehen. Das war ja auch ein bisschen Thema der Auseinandersetzung des Kollegen Matznetter mit Ihrer Fraktion. (Präsident Neugebauer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie haben selbst die 558 Sonderbestimmungen erwähnt, auf die der Rechnungshof hingewiesen hat, und da hätte ich eine Frage an Sie, Kollege Dolinschek. Da steht so ein eigenartig formulierter Satz in Ihrem Dringlichen Antrag:

„Die Kosten betragen mindestens neun Mrd. Euro, sind im Detail mangels entspre­chender Analysen aber ebenso wenig bekannt wie die Auswirkungen der Sonderre­geln.“

Wir alle wissen, dass 5,5 Milliarden von diesen 9 Milliarden € die begünstigte Besteue­rung des 13. und 14. Bezugs sind. Sind Sie jetzt dafür, dass man die begünstigte Re­gelung für den 13. und 14. Bezug abschafft? Was meint das BZÖ mit dieser sehr ei­genartigen Formulierung? (Abg. Dolinschek: Tun Sie nicht Äpfel mit Birnen vermi­schen, Frau Kollegin!) – Nein, ich frage Sie nur, was das heißt, wie man das auslegen soll, was da in Ihrem Antrag steht. Sie werden ja wissen, was in Ihrem Antrag steht und was Sie damit gemeint haben – das hoffe ich jedenfalls –, wenn Sie ihn einbringen.

Die zweite Frage, die ich an Sie stellen möchte, ist folgende: Sie schreiben von fairen Steuern. (Abg. Ursula Haubner: Eine Anfrage am besten stellen, schriftlich!) – Nein, ich stelle keine Anfragen. Aber Sie wollen ja hier darüber diskutieren, und daher, denke ich mir, kann man ja Fragen über Formulierungen, die nicht klar sind, auch an Sie stel­len. Oder entziehen Sie sich jetzt auf einmal der Diskussion? Das entspräche nicht ge­rade parlamentarischem Denken.

Sie haben hier faire Steuern erwähnt. Ich nehme an, das ist das Flat-Tax-Modell, das von Vorrednern ja auch immer wieder erwähnt worden ist. Das Problem beim Flat-Tax-Modell ist aber, dass es keinerlei Rücksicht darauf nimmt, unter welchen Rahmenbe­dingungen Menschen ihr Einkommen erzielen – ob sie pendeln müssen oder vor Ort einen Arbeitsplatz haben, um nur ein Beispiel zu nennen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 149

Dem Kollegen Bucher, den ich jetzt auch nicht sehe, möchte ich noch sagen: Die we­nigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der Lage, mit ihrem Chef oder mit dem Betrieb selbst ihre Löhne und höhere Löhne auszuverhandeln. Das tun dankens­werterweise solidarisch kämpfend die Gewerkschaften.

Ich möchte hier auch die Gelegenheit nützen, mich auch bei der GPA-djp, namentlich beim Kollegen Katzian, dafür zu bedanken, dass es ihr gelungen ist, auch die Rahmen­bedingungen bei der Kette dayli einmal so weit zurückzudrängen, dass sie sich zu­mindest an die rechtlichen Bestimmungen halten wollen. Aber das zeigt ja schon, wie wichtig Gewerkschaften in diesem Staat sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum BZÖ möchte ich noch sagen: Ein bisschen ein Problem mit der Glaubwürdigkeit werden Sie wahrscheinlich schon haben! Da einige von Ihnen hier sitzen, die selbst in der Regierung oder in Ministerbüros tätig waren, sollten wir uns einmal die 44 Belas­tungsmaßnahmen anschauen, die Sie zunächst als FPÖ und später als BZÖ gemein­sam mit der ÖVP in den Jahren 2000 bis 2006 gesetzt haben. Da gab es eine Verdop­pelung der Energieabgabe, die motorbezogene Versicherungssteuer wurde um 51 Pro­zent erhöht, Kürzungen beim Krankenstand sind erfolgt, die Verdoppelung der Kosten der Autobahnvignette – diese Aufzählung könnten wir jetzt weiter fortsetzen. Das heißt, Sie sollten ein bisschen an Ihre Glaubwürdigkeit denken, wenn Sie anderen hier Vor­haltungen machen. (Abg. Pendl: Genau!)

Uns von der SPÖ geht es darum, den Faktor Arbeit zu entlasten, aber dafür auch einen gerechteren Beitrag von arbeitslosen Einkommen, also beispielsweise Kapital, in unser Budget mit einzubeziehen.

Schauen wir uns an, wie die Vermögen in Österreich verteilt sind: Die reichsten 5 Pro­zent der österreichischen Bevölkerung besitzen 45 Prozent des Gesamtvermögens, die unteren 50 Prozent 4 Prozent. In Österreich stammen nur 2,3 Prozent des Steuerauf­kommens aus vermögensbezogenen Steuern, in den EU-27 sind es durchschnittlich 6,6 Prozent. Die Einnahmen aus Unternehmenssteuern sind zwischen 2000 und 2011 weniger gestiegen als die Gewinne der Unternehmen. Die Steuereinnahmen sind näm­lich um 27,6 Prozent gestiegen, die Gewinne aber um 58,9 Prozent.

Da muss ich schon die Frage an unseren Koalitionspartner richten: Was finden Sie denn daran nicht gerecht, wenn wir aufzeigen, dass diese Verteilung ungerecht ist und dass sie zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht, die wir, so hoffe ich, gemeinsam, nämlich durch die Entlastung des Faktors Arbeit, entlasten wollen? Ja, die Arbeitseinkommen gehören entlastet, und arbeitslose Einkommen müssen einen Bei­trag zum Bundeshaushalt leisten.

Im Gegensatz zu Ihnen vom BZÖ können wir als Regierungsparteien auf die Steuerre­form 2009 verweisen, durch die wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis 1 350 € entlastet haben, durch die 160 000 Erwerbstätige auf einmal steuerfrei gestellt worden sind, durch die wir aber über den Kinderabsetzbetrag und über den Kinderfreibetrag auch für die Kinder viel getan haben.

Aber, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, sogar Herr Präsident Khol hat ja erst unlängst gesagt, dass die Familienpolitik der ÖVP gescheitert ist, weil mit Geld nicht mehr Kinder kommen, sondern man braucht eine entsprechende Infrastruktur, Betreuungseinrichtungen und Hilfen für die Eltern. Vielleicht sollten Sie darüber einmal mit Ihrem Herrn Präsidenten Khol reden.

Ein Wort noch zum Herrn Abgeordneten Stummvoll – die Kollegen Matznetter und Rossmann haben es ohnedies gesagt –: Die Beitragsbemessungsgrenze in der Sozial­versicherung hat einen degressiven Effekt, das heißt, in Wirklichkeit werden höhere Einkommen damit begünstigt. Also wenn Sie hier schon die Sozialversicherung heran­ziehen, dann sollte man auch diesen Aspekt berücksichtigen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 150

Ja, wir von der SPÖ sind für eine strukturelle und faire Steuerreform, und wir sind für effiziente Maßnahmen, die vor allem auch Steuerhinterziehung und Steuerflucht be­kämpfen, denn wir glauben, dass alle ihrem Vermögen nach zu unserem Gemeinwe­sen beitragen sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


17.07.45

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Silhavy, ein Prinzip sollten wir aber schon hochhalten: Mit Steuern sollten wir steuern und meinetwegen auch umverteilen, und Sozialversicherungsbeiträge sollten dazu da sein, Beiträge zu leisten, um in der Folge Leistungen zu erhalten, aber nicht auch noch, um Umverteilung zu betreiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Kollegen Bucher kommt ja selten das aus, was man in der politischen Sprache einen „Sager“ nennt, aber der „Nationalpark Hohe Steuern“, der hat mir schon gefallen. Den werde ich öfter verwenden. Ministerin Fekter, immer sachlich bemüht, spricht vom Hochsteuerland Österreich – recht hat sie allemal –, aber als „Nationalpark Hohe Steuern“ kann man es wohl auch bezeichnen.

Die jüngsten Zahlen des Rechnungsabschlusses zeigen uns, auch in Zahlen gepackt, dass wir eben dieses Hochsteuerland sind und dass wir alles Mögliche tun sollten, aber da nicht noch eins draufsetzen. 42,7 Prozent, meine sehr verehrten Damen und Her­ren, da ist kaum ein anderes Land drüber, die meisten anderen Länder liegen drunter. Ob das jetzt Mittelstandsbuckel oder sonst wie heißt, der Mittelstand ist der große Träger der Steuerlast. Das ist ja gleichzeitig auch die Schwierigkeit: Wir alle würden gerne den Mittelstand, diese Steuerzahlergruppe entlasten, aber auf der anderen Seite reduziert das die Einnahmen dann sehr, sehr schnell in aller Deutlichkeit.

Und da haben, glaube ich, die Österreicher, Herr und Frau Österreicher in Zeiten wie diesen ein bisschen mehr Gefühl für die Realität des Lebens als das BZÖ. Ich glaube nicht, dass die Österreicher heute davon ausgehen, dass der Platz da ist, um Steuern zu senken, denn die Österreicher wissen ganz genau, dass es nicht so gescheit ist, die Staatsschulden ins Unendliche wachsen zu lassen. Spätestens seit dem Thema Grie­chenland wissen die Österreicher, dass ein Staat, wenn er es allzu lange allzu bunt treibt, dann plötzlich kein Geld mehr auf den Finanzmärkten bekommt und, so gese­hen, die Staatsverschuldung – Rogoff hin oder her – schon ihre Bedeutung hat, näm­lich ob sich ein Staat refinanzieren kann oder nicht.

73,4 Prozent Staatsschuldenquote, 1,9 Milliarden Primärdefizit, das heißt, wir sind bud­getär in die richtige Richtung unterwegs, aber ein Primärdefizit ist gleichzeitig auch ein Zeichen dafür, dass wir noch lange nicht dort sind, wo wir sein wollen. Ministerin Fekter und wir planen – das wird ja heute diskutiert – für 2016 ein Nulldefizit, und um dorthin zu kommen, muss man konsolidieren.

Ich weiß, Budgetkonsolidierung geht in der Realität immer dann am besten, wenn ein Wachstum da ist. Na ja, ein bisschen Wachstum haben wir, mehr als die Europäische Union, aber die Prognosen für die nächsten Jahre gehen nicht über 2 Prozent hinaus. Also allenfalls ein bescheidenes Wachstum können wir dem unterstellen. Sparen auf der Ausgabenseite – etwas, was wir in Österreich in Sonntagsreden sehr gerne be­schwören, von Montag bis Samstag ist es dann im Regelfall ein bisschen schwieriger, es umzusetzen. Aber man sollte schon schauen, dass die Geschichten beisammen bleiben, dass man die Dinge auch in trockene Tücher bringt, nämlich die Steuereinnah­men. Also – da verstehe ich jede Finanzministerin inklusive der Staatssekretäre und die Finanzbehörde – so ganz leichtfertig auf Einnahmen verzichten, sollte man nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 151

Es geht also jetzt um die Frage: Ist die Zeit da, um den Österreichern zu sagen, wir versprechen euch massive steuerliche Entlastungen? – Ich fürchte, die Zeit ist nicht da, ist nicht reif. Und es geht zum Zweiten um die Frage: Sollen wir da in jährlichen Schrit­ten vorgehen, eine automatische Progressionsabgeltung machen oder nicht? – Da, glaube ich, ist unsere Tradition weiterhin die bessere, nämlich es dem Finanzminister zu ermöglichen, alle paar Jahre hier gestaltend einzugreifen, steuerlich zu entlasten.

Apropos steuerlich entlasten: Herr Kollege Bucher ist nicht im Saal. Herr Kollege Wes­tenthaler, ich habe mir Ihren Antrag, Version 2, sicherheitshalber noch einmal durchge­schaut. Da haben Sie die Zahlen gleich gelassen. Ich darf Ihnen sagen: Es mag schon stimmen, dass die Verkäuferin im Einzelhandel durch die kalte Progression im Jahr 124 € verliert und der Buchhalter oder die Buchhalterin 159 €, aber diese beiden Be­rufstypen haben durch die steuerliche Entlastung des Jahres 2009 einmal 383 € und einmal 735 € Entlastung bekommen. So gesehen hat also die Steuerentlastung durch die Steuerreform des Jahres 2009 eine deutlich stärkere Auswirkung gehabt.

Ich glaube daher, dass es den Leuten auf diesem Wege allemal lieber ist – alle paar Jahre, und dann ein wirklicher Schritt nach unten – als in Form einer jährlichen Pro­gressionsentlastung, die nicht in unsere Tradition passt, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

17.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


17.13.08

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es ist heute sehr viel von diesem Bericht die Rede gewesen (der Redner hält ein Exemplar eines Rechnungshofberichts in die Höhe), das ist der aktuelle Rechnungshofbericht – Frau Minister, auch Sie haben darauf Bezug genommen –, und wir wissen mittlerweile, dass es genau 558 steuerliche Begünstigungen sind, die der Rechnungshof durch­leuchtet hat und auf Transparenz geprüft hat, auf Wirkungsbereiche geprüft hat et ce­tera.

Gerade im Frühjahr ist es immer sehr interessant, sich mit diesem Thema zu beschäf­tigen, denn das Frühjahr ist der Zeitpunkt der Arbeitnehmerveranlagung, wo sich die Menschen mit der Frage befassen: Wie viel habe ich im Vorjahr zu viel an Steuer eingezahlt und wie viel bekomme ich zurück? Für viele ist das eine sehr komplizierte Materie, und das verwundert auch nicht, denn es schwirren da Begrifflichkeiten durch die Gegend, angefangen von Steuerbefreiungen über Freibeträge, die Freigrenzen gibt es, es gibt Absetzbeträge, Pauschalierungen, Negativsteuern et cetera. Und das alles führt dazu, dass wir im Laufe der Zeit ein sehr undurchschaubares Gesetz entwickelt haben.

Hiezu gibt es interessante Zahlen, auch im Bericht: Das Einkommensteuergesetz be­stand, als es 1988 in Kraft trat, aus 42 496 Wörtern, und heute beziehungsweise im Jahr 2012 – der Berichtszeitraum ist 2012 – besteht es aus 84 910 Wörtern, also es hat sich genau verdoppelt. Der Rechnungshof ist da immer sehr akribisch.

Das zeigt eigentlich schon, dass wir da ein Gesetz geschaffen haben, das sich im Lau­fe der Zeit sehr verkompliziert hat, und es ist wirklich die Frage zu stellen, ob wir das, was Kollege Bartenstein vorher gesagt hat, nämlich dass wir mit Steuern steuern soll­ten, wirklich noch tun.

Wir haben vor Kurzem auch einen Bericht des Rechnungshofes diskutiert, der sich mit den Familienleistungen beschäftigt hat, und auch da wurde festgestellt, dass wir in Ös­terreich an die 200 verschiedenen Familienleistungen vergeben, aber nicht wissen, was wir damit verursachen beziehungsweise was wir damit erreichen oder überhaupt erreichen wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 152

Das ist, glaube ich, überhaupt das Problem im steuerlichen System Österreichs: Wir wissen nicht, was wir im Einzelnen damit erreichen. Und der Bürger weiß es schon gar nicht. Für ihn sind die ganzen Terminologien, die es da gibt – Freigrenzen, Freibeträge et cetera –, völlig egal, für ihn hat Geld kein Mascherl. Für ihn ist nur entscheidend: Was bleibt mir am Ende des Tages unter dem Strich übrig? Was bekomme ich zurück, weil ich es zu viel bezahlt habe, was bekomme ich nicht zurück? Da geht es aber nur um die Summe, da geht es nicht um die Frage: Was ist das? Es geht schlicht und ein­fach um die Frage: Bleibt mir mehr Netto vom Brutto oder bleibt mir weniger Netto vom Brutto? – Das aber hat sich im Laufe der letzten Zeit eindeutig zu Lasten des Bürgers entwickelt, eindeutig verschlechtert.

Frau Bundesminister! Manches Mal weiß ich nicht, ob ich mit Ihnen lachen oder weinen soll, wenn Sie sich hier herstellen und so tun, als würden Sie all das, was im Laufe der Zeit an Vorschlägen gebracht wurde, jetzt auf einmal aufnehmen, und sagen: Ja, da habt ihr eigentlich recht gehabt, da sollte man etwas tun! Andere Länder sind uns da um vieles voraus! – Dass Sie all die konstruktiven Ideen, die die Opposition, aber auch andere eingebracht haben, jetzt sozusagen loben, dieses Manöver ist durchschaubar. Wir wissen doch ganz genau, Sie werden in den nächsten fünf Monaten bis zur Wahl nichts mehr tun – und jetzt stellen Sie sich her und sagen: Die ganze Kritik war immer berechtigt, jetzt nehme ich sie auf und möchte etwas davon umsetzen!, einfach nur, um den Leuten zu suggerieren, es werde sich etwas ändern. – Ändern wird sich auch nach der Wahl nichts, außer Sie sind nicht mehr im Finanzministerium oder die ganze Re­gierung ist sowieso in die Wüste geschickt, was ich hoffe.

Wenn es aber um die Kinder, um die Familien geht, die Sie so sehr herausstreichen – ja, selbstverständlich tun wir für unsere Kinder und für unsere Familien zu wenig –, dann liegt das Problem in Wirklichkeit darin – und das ist das Entscheidende –, dass wir es unseren jungen Familien nicht ermöglichen, sich wirklich frei zu entscheiden, was sie tun möchten: entweder das Kind in eine Betreuungseinrichtung zu geben und arbeiten zu gehen – wer das will, soll es tun – oder – es besteht jedoch nicht oder kaum die Möglichkeit, sich dafür zu entscheiden – sich selbst um die Kinder zu küm­mern, beim Aufwachsen dabei zu sein, das Kind zu erziehen, und zwar über einen län­geren Zeitraum als die ersten zwei, drei Jahre. (Beifall bei der FPÖ.)

Schon gar nicht ist das der Fall, wenn man sich zwei oder mehr Kinder wünscht und diese auch gerne hätte. Das freiheitliche Modell des Familiensteuersplittings ist, glaube ich, eines, worüber man diskutieren muss, sprechen muss, mit dem man sich ausein­andersetzen muss, denn wenn es Familien gibt, die sich zwei, drei oder auch mehr Kinder wünschen, Frau Bundesminister, dann muss es möglich sein, sich diese auch zu leisten, ohne dafür arbeiten zu gehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben schon vor einiger Zeit auch darüber gesprochen, dass die Familienleistun­gen durch die Nichtvalorisierung kräftig an Wert verloren haben. Bei der Kinderbeihilfe waren es in den letzten Jahren minus 28 Prozent, beim Kinderbetreuungsgeld minus 22 Prozent. Was das bedeutet, kann sich jeder ausrechnen.

Noch einen Satz hat Herr Kollege Bartenstein vorhin gesagt: Die Österreicher haben ein Gefühl für die Realität des Lebens, dafür, dass man keine Schulden machen soll. Das heißt, er hat schon den Budgetweg für die nächsten Jahre verteidigt. Aber das Ge­fühl, das er gemeint hat, nämlich den Realitätssinn dafür, dass wir Griechenland för­dern oder retten, dass wir Zypern fördern, aber für die eigenen Leute kein Geld haben, das haben die Österreicher nicht, Herr Kollege Bartenstein. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist schwarzer Realitätssinn, und damit kann die Bevölkerung nichts anfangen. Das werden Sie bei den Wahlen schon erleben. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 153

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


17.19.23

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Ich habe heute wirklich ganz, ganz genau bei der Rede unserer Frau Bundesminis­ter vom „Nationalpark Hohe Steuern“ zugehört. Frau Bundesminister, ich frage Sie wirklich: Wie lange ist die ÖVP in der Bundesregierung? – Mit dem, was Sie heute hier von sich gegeben haben, erwecken Sie nämlich den Eindruck, als würden Sie erst seit drei Tagen an dieser Regierung beteiligt sein.

Ganz kurz, um einmal die Ehrlichkeit dieser ÖVP aufzuzeigen: Am 23. April, also vor zwei Tagen, geschätzte Frau Finanzministerin, hat der Präsident der Tiroler Wirt­schaftskammer Dr. Jürgen Bodenseer unter dem Titel „Präsident Jürgen Bodenseer sieht in KV-Lohnerhöhungen im Herbst falsches Spiel mit Arbeitnehmern“ Folgendes gesagt – ich werde Ihnen jetzt wortwörtlich zitieren, was Ihr Parteikollege, der Kammer­präsident von Tirol, sagt. Dr. Bodenseer sagt nämlich:

„Von ausverhandelten Lohnerhöhungen wird kaum etwas bei den Arbeitnehmern an­kommen. ,Weil‘, erklärt Bodenseer, ,die sogenannte ,kalte Progression‘, eigentlich nichts anderes als eine versteckte Steuererhöhung ist‘“. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister, sind Sie d’accord mit der Linie Ihres Präsidenten?

Weiters sagt Bodenseer:

„Die Arbeitnehmer verdienen diese Lohnerhöhung! Es kann doch nicht sein, dass die Finanzministerin ihnen diese quasi vor der Nase wieder wegschnappt!“

Ich gebe Ihnen das – wortwörtlich zitiert –, das ist eine E-Mail des Präsidenten der Ti­roler Wirtschaftskammer, damit Sie sehen, was Ihre Politik wert ist und wie sie in den eigenen Reihen wertgeschätzt wird.

Frau Bundesminister, ich fordere Sie auf, das BZÖ fordert Sie auf: Machen wir sofort eine automatische Anpassung der Einkommensgrenze, sodass sich die wirklich der In­flationsrate anpasst, in den USA gibt es das schon, in Kanada, in Belgien, in Groß­britannien, in den Niederlanden, und etwas Ähnliches gibt es in Luxemburg, in der Schweiz. Sie verwehren sich dem. Frau Minister, das kann es einfach nicht sein!

Diese Bundesregierung soll sich schleunigst Gedanken darüber machen, ob sie sich für die arbeitende Bevölkerung einsetzt oder ob sie sie einfach nur weiter schröpfen will.

Die ganze Teuerung hängt vom Warenkorb ab. Und, Frau Minister, die Teuerung ist so hoch, dass sich die Menschen das Wohnen nicht mehr leisten können, dass sie beim Kauf von Nahrungsmitteln die größten Probleme haben. Man hat es satt, sich von die­ser Bundesregierung an der Nase herumführen zu lassen.

Das größte Stück des Räubertums, Frau Bundesminister, haben Sie ja jetzt geliefert, als Ihnen eingefallen ist, den Wegfall der Hektargrenze bei den Obstbauern zu ma­chen. – Frau Bundesminister, da geht es um 2 877 Bauern. Überlegen Sie sich das gut! Für das Budget bringt das nichts, aber die Bauern ruinieren Sie. Bedenken Sie das und setzen Sie endlich Schritte und Handlungen für unsere Bürger! (Beifall beim BZÖ.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


17.22.55

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Lieber Kollege Huber, liebe Freunde vom BZÖ! Ich weiß nicht, warum ihr immer so schreien müsst, wenn ihr hier an diesem Pult steht. (Zwischenruf des Abg. Huber.) Die Lautstärke wird ja wahrscheinlich die Qualität nicht unbedingt erhöhen. Und ich finde es eigentlich auch unerträglich, wie hier mit der Frau Finanzminister umgegangen wird. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 154

Wenn ich von einem sonst eigentlich sehr seriösen Abgeordneten Themessl „Dampf­plauderei“ oder von euch überhaupt „Lügner“ höre, so ist das – bei allem Verständnis für die Opposition und für die Überzeichnung – doch ein bisschen arg, und man sollte sich im Ton mäßigen, zumal die Frau Finanzminister nicht nur von ihrer Ausbildung als gelernte Steuerberaterin und ihrer Lebenserfahrung her, sondern auch als Unterneh­merin sehr wohl weiß, worum es geht.

Die Problematik wurde heute entsprechend dargestellt. Uns ist klar, dass wir ein Hoch­steuerland sind. Das sagen wir ja die ganze Zeit auch in Richtung unseres Koalitions­partners, trotzdem kommen immer wieder neue Ideen, wie man Steuern erhöhen kann.

Uns ist auch die Problematik klar, dass wir in Österreich ein Steuerberaterparadies sind. Wir wollen natürlich auch das ändern, aber mit uns kann man keine Steuerreform vor der Wahl machen, die nach der Wahl wieder in einem Belastungspaket endet. Und ich bin sicher, dass die Frau Finanzminister mit ihrer Steuerreform längst fertig ist, be­vor dieser Dringliche Antrag, den heute das BZÖ eingebracht hat, überhaupt wirken würde.

Wenn wir schon bei der kalten Progression sind, dann muss man schon auch klarstel­len, dass diese nicht nur Arbeitnehmer oder Lohnempfänger betrifft, sondern alle Ös­terreicher, die Steuern zahlen, also auch Unternehmer, Arbeitgeber, Vermieter und na­türlich auch Pensionisten. Das ist also kein ausschließliches Problem der Lohnsteuer, wie Sie das darstellen.

Natürlich kann man das damit lösen, dass man die Progressionsstufen jährlich an die Inflation anpasst. Das haben einige Staaten getan, das haben Sie auch richtig gesagt. Dieser Inflationsausgleich mag für Einzelne auch gerechter sein, aber natürlich fehlen dann auch die Einnahmen für das Budget. Und beim Budget ist es halt auch so, dass es nicht nur deshalb steigt, weil wir ständig Wünsche nach Verbesserungen und Wohl­taten für unsere Bevölkerung haben, sondern auch wegen der Teuerung.

Voraussetzung für eine seriöse Steuerreform ist meiner Meinung nach ein konsolidier­ter Haushalt, und den haben wir uns ja eigentlich auch vorgenommen. Ich denke, wenn wir diesen Budgetpfad, den wir heute auch diskutieren, einhalten, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Allerdings – und da gibt es keinen Grund zu großem Jubel – sind wir auch 2016 immer noch bei einer Staatsschuld, die weit über der Maastricht-Grenze, also weit über 60 Prozent des BIP liegt.

Ich habe es bereits gesagt: Die Voraussetzung für eine Steuerreform ist ein gutes Budget, und da könnte man sich schon auch ein kleines Beispiel an meinem Heimat­bundesland Tirol nehmen. Dort haben wir einen ausgeglichenen Haushalt – 3,275 Mil­liarden €. Wir haben sogar einen kleinen Überschuss, wir konnten Schulden abbauen, und wir haben in Tirol die Situation, dass wir 276 Millionen € Schulden und 6 Milliar­den € an Werten haben – TIWAG, Wohnbauförderung; natürlich gehört uns, also unse­rem Land, auch die Hypo Bank. (Abg. Mag. Haider: Da musst du aber selber lachen!)

Und trotzdem, obwohl wir in Tirol ein ausgeglichenes Budget haben, haben wir auch in Bildung und Forschung investiert: Wir haben 80 Millionen € in das MCI, das Manage­ment Center Innsbruck, gesteckt, es gibt eine neue HTL, die Chemie-HTL in Kram­sach, es gibt ein neues Bio-Zentrum. Die Ausgaben für Forschung sind insgesamt um 36 Prozent gestiegen.

In die Krankenhäuser und Gesundheitsversorgungen haben wir in Tirol in diesen fünf Jahren 9 Milliarden € investiert, ganze drei Landeshaushalte sind da hineingegangen. 470 neue Reha-Betten waren möglich. Und gerade in den Ausbau der Kinderbetreuung wurden seit 2008 über 40 Millionen € gesteckt. Also Tirol ist gut aufgestellt. Ich glaube, viele Bundesländer könnten sich an Tirol ein Beispiel nehmen. (Abg. Rädler: ... Platter!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 155

Wir würden damit auch einen Beitrag zu den Bemühungen der Frau Finanzministerin leisten, eine Steuerreform durchzuführen, die ihren Intentionen entspricht. Ich habe vol­les Vertrauen in unsere Finanzministerin. Unterstützen wir sie in ihrem Wunsch, die Steuern einfacher, weniger und leistungsgerechter zu machen, denn dann sind wir auf dem besten Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Huber hat sich zu einer tatsächli­chen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.27.33

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Abgeordneter Hörl hat in seiner Wahl­kampfrede gesagt, dass die TIWAG im Eigentum des Landes Tirol und der TirolerInnen stehen würde. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Das ist falsch, das ist die Unwahrheit.

Das Land Tirol, die TIWAG hat mit den Cross-Border-Geschäften die ganze TIWAG verkauft. Kollege Hörl, das wissen Sie genau! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das haben wir ja nicht zum ersten Mal gehört!)

17.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


17.28.05

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Kollege Hörl hat auch gesagt, dass in Tirol alles so wunderbar ist – sodass sogar vier ÖVP-Listen kandidieren müssen, weil man sich ja in Tirol so einig ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Zwischenruf des Abg. Hörl. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Herr Kollege Hörl, ich er­innere – du bist ja Tourismussprecher – an die Flugticketabgabe, an die Streichung der Energiekostenrückvergütung, die unsägliche Auflösungsabgabe, die Lohnnebenkos­tensteigerungen und dergleichen mehr. Aber es ist alles so wunderbar und es ist überhaupt nicht notwendig, dass man sich über die Steuern in Österreich auch nur an­satzweise Gedanken macht. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben es ja heute schon mehrmals gehört: Der Fiskus hat mindestens 500 Millio­nen € Mehreinnahmen durch die kalte Progression – einerseits 500 Millionen € Mehr­einnahmen, andererseits sind wir ohnehin schon ein Spitzensteuerland mit einer Steu­er- und Abgabenquote im internationalen Spitzenfeld. Wir rangieren auf den Plätzen 6, 7, 8 oder 9 – je nach Berechnungsart, auf jeden Fall mit einer Quote zwischen 42 und 44 Prozent. Und da ist natürlich völlig klar – völlig klar! –, dass bei dieser Regierung keinerlei Bereitschaft vorhanden ist, die Ausgaben endlich einmal zu beschränken.

Das sehen wir ja auch bei dem durch diesen Dringlichen Antrag unterbrochenen Ta­gesordnungspunkt, beim Bundesfinanzrahmen, denn geschehen wird da nichts. Da ist bis 2017 alles einbetoniert. Die kalte Progression, Frau Bundesminister, wird jedes Jahr noch schlimmer werden, und Sie nehmen das in Kauf! Sie betonieren das bis 2017 auch noch ein!

Österreich leistet sich mit 6,5 Prozent des BIP eine sagenhafte Subventionsquote; da­mit sind wir Förder-Weltmeister. EU-Schnitt sind 3,5 Prozent, und in der Schweiz und in Schweden sind es 1,8 beziehungsweise 1,7 Prozent. Und da ist es natürlich nicht möglich, Frau Bundesminister, Steuerzuckerl zu verteilen, solange Sie das Geld der Österreicher mit beiden Händen in den Süden der EU schaufeln und solange wir uns die höchsten Subventionen leisten. (Beifall bei der FPÖ.)


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Bei dieser Gelegenheit sei auch die Frage gestattet, was eigentlich aus der Schulden­bremse und aus der Subventionsbremse vom Vorjahr geworden ist. Sogar der IWF, der Internationale Währungsfonds, hat ja voriges Jahr deutlich und zum wiederholten Male eine Reduzierung der Subventionen von Ihnen gefordert. Geschehen ist gar nichts. Die UBS-Studie hat uns sogar bestätigt, dass österreichische und deutsche Ein­kommen in den vergangenen zehn Jahren, seit der Einführung des Euro, real gesun­ken sind – gestiegen sind jene der Euro-Krisenländer Griechenland, Spanien und Ita­lien.

Darum, Frau Bundesminister, sind es auch wirklich nur Lippenbekenntnisse, wenn Sie sich hier herstellen und tränenreich bedauern, dass der Mittelstand überproportional besteuert und belastet wird. Und schon gar nicht ernst zu nehmen ist Ihr wortreiches Lamento über diese 558 Ausnahmeregelungen im Steuerrecht und dass es ja so schwierig ist, da irgendetwas zu ändern oder gar an die Inflation anzupassen, weil dann noch 50 andere Beträge geändert werden müssen – und was Sie nicht noch alles bejammert haben.

Dabei, Frau Bundesminister, kann man Ihnen gar nicht vorwerfen, dass Sie nicht wüss­ten, was geändert werden muss, denn Sie haben ohnehin alle Bereiche genannt, wo es nicht stimmt: Kinder-, Familienpolitik, Enteignung des Mittelstandes. Dafür bekommt der Österreicher ein Bildungssystem, das von Jahr zu Jahr schlechter wird, und ein Gesundheitssystem mit einer Zwei-Klassen-Medizin, und auf dem flachen Land wird die Infrastruktur vernachlässigt.

Und was tun Sie? – Nichts! Sie senken nicht den Einstiegssteuersatz von 36,5 auf 25 Prozent, Sie ändern nicht die Progressionsstufen, nein, Sie tun auch nichts gegen die kalte Progression. Sie nehmen sogar die Enteignung der Sparer in Kauf, sei es durch die negativen Realzinsen und die Inflation oder überhaupt durch eine Enteignung wie in Zypern. Das ist das, was Sie machen, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ.)

Laut Statistik Austria liegen die Steuereinnahmen der Republik Österreich mittlerweile bei 86,7 Milliarden €. Das ist ein Anstieg von 33 Prozent in den vergangenen zehn Jah­ren, seit der Euro-Einführung. Die Sozialversicherungsbeiträge sind um 42 Prozent ge­stiegen, die Gesamtausgaben des Staates um 43 Prozent. Die Einnahmen sind um 33 Prozent gestiegen, die Ausgaben sind um 43 Prozent gestiegen. Diese Regierung schafft es sogar, das Geld schneller auszugeben, als es hereinkommt. Sie haben ja gar kein Interesse, da irgendetwas zu ändern!

Das ist Ihre Leistungsbilanz für Österreich, Frau Bundesminister, aber die Österreicher haben ja heuer noch die Chance, das zu ändern und diese unfähigste und faulste Re­gierung aller Zeiten in die Wüste zu schicken. (He-Rufe bei der ÖVP.) Zu befürchten ist nur, dass nach einem Jahr in der Wüste dort der Sand ausgehen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

17.33

17.33.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 2257/A(E) der Abgeord­neten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Steuern runter – deutliche Reduk­tion statt kalter Progression.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 157

17.33.40Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 13721/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung der Frau Bundesministerin für Inneres mit der Ordnungszahl 13721/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der GO kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun die Frau Abgeordnete Mag. Schwentner als Antragstellerin des Ver­langens, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


17.34.29

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Schön, dass Sie da sind, Frau Ministerin! Ich habe zu dem Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ einige Fragen. Ich werde dann kurz versuchen, zu erklären, was das ist, werde aber dann Sie bitten, uns zu erklären, was das Projekt denn eigentlich ist, weil es etliche Ungereimtheiten gibt bei einem Projekt, das eigentlich eine ziemliche Größe hat – zumindest von der Summe des Geldes her, das da investiert wurde.

Zuerst ganz kurz: Was ist das „Bündnis gegen Gewalt“? – Das ist ein Maßnahmenpa­ket gegen Gewalt. Es gibt einen Flyer dazu, der ungefähr vor zwei Jahren erschienen ist. Alle Akteurinnen und Akteure, die im Gewaltschutz, im Präventionsbereich aktiv sind, sollten vernetzt werden. Es sollten gemeinsame Lösungsansätze entwickelt wer­den. Das Ganze sollte wissenschaftlich begleitet werden – so weit so gut –, gemein­sam mit dem Bundeskriminalamt, gemeinsam mit dem Kuratorium für Sicheres Öster­reich und dem Ministerium.

Grundsätzlich kann man sagen, dagegen ist nichts einzuwenden. Es ist eine gute Sa­che, allen einen Überblick zu verschaffen über das, was an Gewaltprävention in Öster­reich passiert, und alle AkteurInnen zu vernetzen. So weit ist das Ansinnen okay.

Es gibt dann in der Folge zwei Schienen. Wir wollten zum ersten Mal im August 2012 herausfinden, was denn da dahinter steht, beziehungsweise hätte es uns interessiert, was denn in diesem Projekt passiert. Die Antworten waren schon damals recht unzu­friedenstellend beziehungsweise nicht erklärend, deswegen freue ich mich schon jetzt auf Ihre Erklärungen beziehungsweise Erläuterungen zu dem Projekt und zu dem, was denn wirklich passiert ist.

Das Projekt ist in diesem Jahr weitergegangen. Es hat damals geheißen, es sind zwei­mal Summen geflossen, einmal 100 000 € und einmal 90 000 €, ohne weitere Erklä­rung, wohin. – Wir wissen nur, es wurde das niederösterreichische Institut für Stress­prophylaxe & Salutogenese beauftragt – Salutogenese heißt Gesundwerdung; das zur Erklärung, weil wir auch gerade wieder nachgeschaut haben –, das wird geleitet von der Frau Universitätsprofessorin Dr. Rotraud Perner.

Die Frau Dr. Rotraud Perner war uns zuletzt bekannt aus dem Personenkomitee für den Herrn Landeshauptmann Pröll. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Dieses Institut, für das sie arbeitet, untersteht direkt der Niederösterreichischen Landesakademie. Der Herr Landeshauptmann Pröll hat auch die Genese dieses Salutogenese-Instituts mas­siv unterstützt und war da auch beteiligt als ein Förderer. (Abg. Rädler: Sehr gut!) – Ja,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 158

sehr gut. Dagegen kann man noch nichts sagen, wenn auch eine Leistung entsteht bei den Summen, die fließen. Nur die Frage nach dieser Leistung ist und bleibt die große Frage.

Es hat neben diesen Summen, die da geflossen sind – und ich werde Sie dann diesbe­züglich noch näher befragen; es wäre nämlich interessant, welche Summe tatsächlich geflossen ist –, noch ein zweites Projekt gegeben. Es hat nämlich ein großes Sympo­sium zu diesem Thema stattgefunden. Bei diesem Symposium sollten auch Projekte prämiert werden: Projekte, die in diesem Bereich aktiv sind, Gewaltschutzprojekte. Da hat es eine Auswahl von einem Förderbeirat gegeben. Es gibt einen langen Bericht da­zu, der völlig widersprüchlich und diffus ist, deswegen auch diesbezüglich die Bitte, ein bisschen eine Erklärung über den Ablauf der ganzen Geschichte zu geben.

Es hat einen Förderbeirat gegeben, der aber nach kurzer Zeit wieder aufgelöst wurde, weil es offensichtlich Unstimmigkeiten gab. Letztendlich wurde dann frei bestimmt, wel­che beiden Projekte jeweils 2 500 € bekommen als Prämierung für ihre Leistungen. 2 500 € jeweils, insgesamt also 5 000 €, aber nicht aus den 190 000 €, beziehungs­weise sagen Sie in Ihrer Anfragebeantwortung auf meine zweiten Anfrage – und da kommt es zu den Unstimmigkeiten, betreffend die ich Sie gleichfalls bitte, uns diese zu erklären –, es habe einmal, im Jahr 2011, 120 000 € gekostet und dann 90 000 €.

Jetzt stellen sich folgende Fragen: Waren das einmal 100 000 € exklusive Umsatz­steuer, so wie Sie es in der Anfragebeantwortung angeben? Warum ist die zweite Summe in der gleichen Anfragebeantwortung 90 000 €? – Die bleibt aber in beiden An­fragebeantwortungen gleich, nämlich 90 000 € für das Jahr 2012, aber es gibt eine un­terschiedliche Beantwortung, was das Jahr 2011 betrifft, nämlich einmal geben Sie an 100 000 €, einmal 120 000 €.

Also wir gehen davon aus, dass es insgesamt ungefähr – und ich bitte da um genauere Nennung der Summen der Gelder, die geflossen sind – 210 000 € mit oder ohne Um­satzsteuer sind; ich bitte da um eine Klärung.

Ich bitte auch um die Klärung der Frage – das ist eine meiner ersten Fragen –, warum es nicht zu einer Ausschreibung dieses Projektes gekommen ist. Es ist offenkundig und es geht aus dem Bericht von der Frau Professorin Rotraud Perner hervor, dass dieser Auftrag frei vergeben wurde. Das heißt, 210 000 € in zwei Jahren wurden frei vergeben an das Institut für Salutogenese & Stressprophylaxe.

Man weiß eigentlich nicht, warum Sie diesbezüglich nicht das Ausschreibungsgesetz befolgt haben, das nämlich lautet, dass man ab 100 000 € ausschreiben muss. Warum wurde außerdem die Summe von 210 000 € geteilt, auf zwei Jahre aufgeteilt?

Eine weitere Frage, die Sie in Ihrer Anfragebeantwortung nicht aufklären: Diese Sum­me ist vierteljährlich ausbezahlt worden, aber nicht nach Erbringung einer Leistung, wie man vermuten könnte und wie es auch üblich ist bei Werkverträgen, sondern diese Summe wurde vierteljährlich im Voraus ausbezahlt. Also ein völlig unübliches Vorge­hen, weil normalerweise die Summe ausbezahlt wird, wenn das Werk erbracht ist. Bitte um eine Erklärung dafür, warum diese Summen so ausbezahlt wurden.

Bitte auch um eine Erklärung über das eigentliche Werk von Frau Dr. Rotraud Perner. Es liegt nämlich mittlerweile ein sechsseitiger Bericht der Frau Doktorin vor. Kollege Pilz wird noch ein bissel daraus zitieren. Ich habe selten so einen Bericht gelesen, der von sich behauptet, wissenschaftlich zu sein, ein Projektbericht zu sein, und der auch versucht, die Chronologie der Ereignisse nachzuvollziehen. Dieser sechsseitige Bericht ist tatsächlich eine Lese-Empfehlung an alle, die einen Bericht des Scheiterns über ein Projekt, finanziert mit 210 000 €, lesen wollen. Das ist ein so konfuser, absurder Be­richt, wie er mir eigentlich noch nicht untergekommen ist.


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Deswegen auch meine Frage diesbezüglich: Was hat Frau Dr. Perner eigentlich wirk­lich machen sollen? Hat Sie wissenschaftliche Betreuung, wie angegeben, erfüllen sol­len, oder war sie zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation von Presse­konferenzen? Offensichtlich war es nämlich so, dass dieses Projekt einen Flyer hervor­gebracht hat, ein paar Leute vernetzt hat, das aber immer wieder gescheitert ist, wie die Frau Perner selbst beschreibt. Sie hat auch versucht, Abgeordnete, also einige von uns, zu erreichen, sie hat aber nie Antworten bekommen. Sie hat versucht, Landesor­ganisationen mit Ministerien zu verbinden. Eigentlich alles ganz gute Anliegen, aber es ist offensichtlich nicht wirklich gelungen, aus den verschiedensten Gründen.

Es ist auch eine Homepage entstanden. Die lohnt es sich auch anzuschauen, denn diese Homepage erklärt nämlich auch nichts. Da kommen Kriminalstatistiken vor, Ein­bruchsstatistiken, aber auch Statistiken über Autodiebstähle. Also es bleibt die Frage offen, um welche Form von Gewalt es sich handelt. Die Zielgruppe ist diffus. Wir haben festgestellt, das Projekt richtet sich an Kinder, an Frauen, an Personen mit Handicap, an ältere Menschen, an Familien, aber nicht an Männer zum Beispiel. Ich würde aber behaupten, dass Männer und auch junge Männer sehr betroffen sind von Problemen rund um Gewalt. Es gibt die Männerberatung, die kämpft Jahr für Jahr ums Budget.

Es geht da – das möchte ich unbedingt noch ansprechen – um eine Riesenstange Geld: 210 000 €, die ich weiß nicht wohin geflossen sind. Ich bitte Sie hier um klare Antworten. Es geht da um einen Bereich, der permanent finanziell ausgehungert wird. Da gibt es viele, viele Institute, Organisationen, die das Geld nicht bekommen, das sie brauchen, und da geht es um Tausender! Da geht es meistens nur um 1 000 € oder 5 000 €. Ich könnte Ihnen eine Liste davon aufzählen, wenn ich die Zeit hätte, wie viele Organisationen aus dem Gewaltschutzbereich kein Geld bekommen haben, die aber darum angesucht haben.

Ich bitte Sie daher um die Erklärung: Wo war die Leistung? Wir kennen diese Frage. Wo war die Leistung für dieses Riesenprojekt, und warum ist es zu keiner Ausschrei­bung gekommen? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner zu Wort. – Bitte.

 


17.44.16

Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Gerne beantworte ich all diese Fragen. Wie Sie wissen, dort, wo viel Licht ist, ist natürlich auch viel Schatten, und wenn wir von Gewalt sprechen, dann ist da zweifelsohne ein sehr großer Schatten. Gewalt macht uns alle betroffen, Gewalt geht uns allen unter die Nägel, aber diese Betroffenheit reicht nicht aus, sondern hier bedarf es auch umfassender Maßnahmen.

Wir sprechen hier oft von häuslicher Gewalt, von einer Gewalt, unter der Frauen und Kinder oft still, leise und lange leiden, wir sprechen aber auch von Gewalt an Kindern und Frauen, die oft in Mord und Morddrohungen eskaliert. Jedes einzelne Schicksal macht mich persönlich betroffen, macht Sie persönlich betroffen, aber, wie gesagt, Be­troffenheit allein reicht nicht aus, und aus diesem Grund wurden gerade in Österreich in den letzten Jahren sehr viele Maßnahmen gesetzt. Ich denke da an das Gewalt­schutzgesetz, ich denke da an den Opferschutz, den wir ausgebaut haben, ich denke aber auch an die vielen hunderten Maßnahmen von den einzelnen Einrichtungen, Or­ganisationen und NGOs. Und gerade aufgrund all dieser Kraftanstrengungen ist es uns in Österreich gelungen, sowohl national als auch international Anerkennung, was Ge­waltschutz betrifft, zu finden. Wir sind da im wahrsten Sinne des Wortes Vorbild, nicht nur in Europa, sondern weit darüber hinaus. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ein Erfolgsschlüssel ist zweifelsohne die Vernetzung aller Stakeholder, die Vernetzung aller Beteiligten. Ich meine die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch von Polizei, Justiz, von allen Ministerien, den Gewaltschutzzentren, den Frauenberatungsstellen, den Frauenhäusern und den verschiedensten NGOs. Und gerade diese Vernetzung, dieser Erfahrungsaustausch steht im Mittelpunkt dieses Projektes „Bündnis gegen Ge­walt“.

Das Bundesministerium für Inneres hat das erkannt und hat auch versucht, im Rahmen dieses Projektes alle Präventionsprojekte der Gemeinden, der Länder, des Bundes dort zusammenzuführen und zu vernetzen. Deshalb hat auch meine Vorgängerin vor rund drei Jahren dieses Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ ins Leben gerufen, mit der Zielsetzung, Doppelgleisigkeiten abzubauen, vor allem auch das Know-how und das Wissen zu bündeln und vor allem zu erreichen, dass hier alle an einem Strang ziehen.

Wie gesagt, das Projekt „Bündnis gegen Gewalt“ findet nicht nur nationale Anerken­nung, sondern auch internationale Anerkennung, findet Anerkennung über die Partei­grenzen hinweg. Und ich möchte vor allem alle Entscheidungsträgerinnen und Ent­scheidungsträger, alle Opinionleader, alle Gemeinden, alle Persönlichkeiten, die ein Gewaltpräventionsprojekt ins Leben rufen wollen, dazu motivieren, ein derartiges Pro­jekt auch umzusetzen. Aus diesem Grund wurde auch im Rahmen des „Bündnisses gegen Gewalt“ die Koordinationsstelle im Bundeskriminalamt geschaffen. Im Rahmen dieses Projektes wurden 300 Bündnispartner mit ins Boot geholt, darunter Ministerien, Länder, Gemeinden und zahlreiche NGOs. Im Rahmen dieses Projektes wurden über 700 Projekte, Initiativen und Studien zurückgemeldet, und all diese 700 Projekte und Studien wurden evaluiert und vor allem auch beurteilt.

Daher: Die Vorwürfe, die von Ihnen, Frau Abgeordnete, gemacht worden sind, dass hier eine Überzahlung vorliegt, weil man 190 000 € ohne Umsatzsteuer für ein Projekt „Initiative gegen Gewalt“ bezahlt hat, halte ich bei Gott für vermessen, denn ich sage hier ganz klar: Wenn es uns gelingt, mit diesem Projekt nur eine einzige Gewalttat zu verhindern, dann hat sich dieses Investment auf alle Fälle gelohnt! (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nun zu Ihren detaillierten Fragen: Bei Frau Dr. Perner handelt es sich um eine anerkannte Wissenschafterin, um eine Juristin, um eine Psychotherapeutin und Psy­choanalytikerin mit mehr als 30-jähriger umfassender praktischer und theoretischer Erfahrung auf dem Gebiet der Gewaltprävention. Und sie hat aufgrund der breit gefä­cherten praktischen und theoretischen Erfahrung im Bereich der Gewaltprävention ein in ganz Europa einzigartiges Erfahrungswissen und ein Wissensspektrum wie keine andere. Aus diesem Grund arbeitet Frau Dr. Perner auch immer wieder mit den ver­schiedensten Ministerien, mit den Ländern und Gemeinden zusammen, unter anderem hat sie auch das Projekt „Gewaltfreie Steiermark“ für das Bundesland Steiermark ent­wickelt.

Bei dem Auftrag, den Frau Dr. Perner seitens des Innenministeriums erhalten hat, han­delt es sich um einen geistigen Dienstleistungsauftrag. Dieser Auftrag wurde von der Fachabteilung rechtlich und sachlich genau überprüft und im Verhandlungsverfahren auch vergeben. Die Auszahlung erfolgte dann immer nach den Erfolgsschritten. Das heißt, nach erbrachter Leistung ist dann immer die Abrechnung erfolgt.

Das Projekt wurde von Frau Dr. Perner mehr als zweieinhalb Jahre wissenschaftlich begleitet. Frau Dr. Perner war in Kontakt mit allen Ministerien, mit allen Ländern, mit allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und mit allen NGOs. Sie hat über 700 Projekte und Studien beurteilt und evaluiert. Sie hat vier Großkonferenzen vorbe­reitet und abgehalten. Und sie hat 40 Expertenworkshops vorbereitet und geleitet.

Darüber hinaus hat Frau Dr. Perner drei Handbücher entwickelt mit mehr als 240 Sei­ten. Jedes dieser Handbücher ist selbstverständlich zum Downloaden. Das heißt, die


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Qualität, die Vernetzung und die professionelle Vorbereitung von Präventionsprojekten stand im Rahmen dieses Projektes im Mittelpunkt. Und gerade die Handbücher sind ein ganz wichtiges Ergebnis dieses Projektes, denn mit diesen Handbüchern wurde für jede und jeden von den NGOs, über die Behörden bis hin zu den Gemeinden, bis hin zu jedem Einzelnen, für alle, die ein Gewaltpräventionsprojekt planen oder evaluieren oder beurteilen müssen, ein praktischer und einfacher Leitfaden, ein praktisches Hand­werkszeug geschaffen.

Klar ist auch, dass es sich hierbei nicht um eine einfache Studie handelt, sondern um eine wissenschaftliche Begleitung über einen Zeitraum von mehr als zweieinhalb Jah­ren handelt. Und wenn es uns gelingt, mit diesem Projekt nur ein Opfer zu verhindern, dann hat sich dieses Projekt auf alle Fälle gerechnet, dann ist jeder Euro ein gut in­vestierter Euro.

Hier steht vor allem die Qualität zukünftiger Präventionsprojekte im Mittelpunkt. Daher sage ich auch ein großes und herzliches Danke an das Bundeskriminalamt für die um­sichtige Vorbereitung und Kooperation mit Frau Dr. Perner. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abge­ordneten beträgt gemäß der Geschäftsordnung 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


17.52.27

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich darf ich einmal anmerken: Wir bekennen uns alle zur Gewaltprävention, das ist ja überhaupt keine Frage!

Das zieht sich ja bei Budgetdebatten wie ein roter Faden durch; wir haben sie ja schon begonnen und werden sie dann gleich wieder fortsetzen, wo wir es weiter erleben werden: Auf der einen Seite werden überall die Kosten kritisiert, auf der anderen Seite ist es in jedem einzelnen Kapitel zu wenig. Das ist so. So ähnlich beurteile ich auch diese Frage.

Man kann alles kritisieren und alles hinterfragen, das ist überhaupt kein Thema, aber man muss hier schon das Volumen sehen, wo man versucht hat, 700 Projekte zu eva­luieren und zusammenzuführen, alle Dienststellen, der Länder, der Gemeinden, des Bundes, bis zu den NGOs abzugleichen und zu kontrollieren, und das mit allen norma­len Kosten, von der Homepage angefangen bis zum laufenden Betrieb. Man kann na­türlich – das steht jedem zu – das alles nicht nur hinterfragen, sondern auch kritisie-
ren, aber ich glaube, da hätten wir ganz andere Punkte, über die wir wirklich diskutie­ren könnten.

Nicht nur ich, sondern auch meine Fraktion, wir alle bekennen uns zur Gewaltprä­vention. Ich will jetzt nicht wiederholen, was die Ministerin gesagt hat, und ich bin froh darüber, Frau Kollegin, dass Sie das auch eingangs gesagt haben: Diese Geschichte ist ja sinnvoll. Ich weiß schon, wo es sich spießt, ich bin selbst schon Jahrzehnte bei einer NGO. Immer wieder haben wir das Problem, aber dann diskutieren wir es auch anders, von mir aus auch in einem anderen Rahmen, dass es natürlich auch darum geht, wer wie viel Geld kriegt. Ich sage das gleich ganz einfach auf den Punkt ge­bracht. Darum geht es in Wirklichkeit!

Nur, Frau Kollegin, bei aller Klarheit: Wenn es um Gewaltprävention geht, bin ich schon dafür, dass das Leben und die Sicherheit der Menschen vorgeht, bevor ich jetzt mit einer anderen NGO streite, wer mehr kriegt. Ich sage das auch in aller Klarheit, denn irgendwo müssen wir schon wissen, wo wir hinwollen. Und das ist ein ernstes Thema,


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meine sehr geehrten Damen und Herren, und wir haben das jetzt in einem anderen Zu­sammenhang bei den Diskussionen wieder gesehen.

Ich will das jetzt gar nicht gewichten, Frauen, Kinder, wir alle kennen diese Themen, aber ich glaube, dass jeder Cent sinnvoll investiert ist, wenn Gewalt erst gar nicht ent­stehen kann, anstatt dann hintennach die Folgen des vielen Leids der Familien, der Frauen oder der Kinder zu reparieren versuchen zu müssen.

Und so ähnlich sehe ich diese Diskussion auch. Ich glaube halt nur, dass man hier die Gesamtsumme sehen muss, das Volumen mit 700 Projekten, mit allen Dienststellen und NGOs. Jetzt kann man jeden Wissenschafter kritisieren, jeden, es ist nur die Fra­ge, wer welchen Zugang hat, aber ich glaube, dass man eine wissenschaftliche Be­gleitung eines so wichtigen Projektes nicht grundsätzlich kritisieren kann.

Ich lade aber, Frau Minister, Sie und Ihr Haus ein: Probieren wir, so wichtige Themen ganz einfach anders aufzusetzen! Vielleicht können wir das in Zukunft abfangen, indem wir das ganz einfach breiter diskutieren. Ich sehe auch ein, dass es einige gibt, die sa­gen: Für das kriegen wir kein Geld, und für das kriegen wir kein Geld!, und dass man sich dann in der Frage verbeißt und sagt: Aber dafür werden 200 000 € ausgegeben! Das ist ja menschlich.

Wir wollen ja, dass wir alle diese Fragen gemeinsam lösen, und daher sehe ich da eine Möglichkeit für die Zukunft, dass man das vielleicht auch nachvollziehbar schon im Vorfeld zu erklären versucht. Dann wird es, glaube ich, bei einer so wichtigen Aufga­benstellung wie Gewaltprävention nicht im Nachhinein zu solchen Diskussionen oder Verunglimpfungen – egal, in welcher Richtung – kommen.

Ich stehe nicht an, zu sagen: Grundsätzlich ist das Projekt ein gutes Projekt. Grund­sätzlich, glaube ich, bekennen wir uns alle zur Gewaltprävention. Aber vielleicht kön­nen wir in Zukunft mit etwas mehr Transparenz diese Frage handeln. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


17.57.12

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Es ist eine extrem gute Angelegenheit, dieses „Bündnis gegen Gewalt“. Es ist schade, dass es schlechtgeredet wird. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich glaube, dass es gerade im Bereich Gewaltprävention – und da kann ich nahtlos fortsetzen, was mein Vorredner gesagt hat – ganz wichtig ist, dass wirklich gezielt ge­arbeitet wird. Ich glaube, wir müssen eigentlich der Frau Bundesminister und dem Bun­deskriminalamt Danke sagen, dass 2010 das auf wissenschaftliche Füße gestellt wor­den ist, dass hier Evaluierungen stattfinden, dass hier Vernetzungen stattfinden zwi­schen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, allen, die mit Gewalt zu tun ha­ben. Ich glaube, dass das ganz, ganz wichtig ist.

Wenn wir uns ansehen, dass die Bekämpfung von Gewalt in allen ihren Eigenschaften und in allen Lebensbereichen heute stattfindet, dann müssen wir sagen, dass eigent­lich jeder Euro, der hier eingesetzt wird und eingesetzt worden ist, an und für sich ein gut eingesetzter Euro ist. (Abg. Mag. Schwentner: Das hätten wir gerne gewusst, ob der gut eingesetzt ist!)

Das Ziel dabei ist – das habe ich schon gesagt –: Es soll diese Arbeit wissenschaftlich unterstützt werden, es soll evaluiert werden. Und ich glaube, dass es auch richtig war, dass man sich hier einer Persönlichkeit bedient, die wirklich eine breite Erfahrung hat auf diesem Gebiet, im theoretischen wie auch im praktischen Bereich, die über die Grenzen hinweg anerkannt ist und wirklich eine ausgezeichnete Arbeit in allen Be-


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reichen, wo sie eingesetzt war, geleistet hat. Ich glaube auch, dass für diese Leis­tungen, die von ihr erbracht worden sind, diese 210 000 € sicherlich nicht überzogen sind.

Der Grund für diese heutige Debatte ist eigentlich ein Expertenstreit, der von den Me­dien hochgespielt worden ist, wo erklärt worden ist, hier wird Geld verschwendet oder hier ist Geld hinausgeworfen worden. (Abg. Mag. Schwentner: Es wurde genau nichts erklärt bis jetzt, das ist das Problem!) Nein, ich glaube, ganz im Gegenteil: Es ist wich­tig, dass man sich hier der besten und kompetentesten Persönlichkeiten bedient und deren Arbeit auch in Anspruch nimmt.

Ich glaube auch, dass hier eine ausgesprochen gute Arbeit geleistet worden ist. Es ist auch wichtig, dass diese Leistung erbracht worden ist, denn auf dieser erbrachten Leis­tung kann heute der kriminalpolizeiliche Beratungsdienst aufbauen. Er kann sich hier auch die Ezzes holen, um die Bevölkerung im polizeilichen Bereich dementsprechend informieren zu können.

Eines ist, glaube ich, sicher, nämlich dass hier kein Geld verschwendet worden ist (Abg. Mag. Schwentner: Das wissen Sie so genau?) und dass die Arbeit, die von Frau Professor Perner geleistet worden ist, wirklich anerkennenswert und an für sich nicht zu kritisieren ist, sondern dass ihr Dank und Anerkennung auszusprechen sind.

In diesem Sinne wünsche ich diesem Projekt eigentlich auch weiterhin alles Gute und viel Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.01.01

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich beginne gleich mit den Ausführungen des Kollegen Kößl. Er weiß also hundert­prozentig, dass dort gut gearbeitet wurde. Wo war er denn überall dabei? (Abg. Mag. Schwentner: Genau!) Wo waren Sie denn mit dabei? Wo waren Sie Augenzeu­ge, Ohrenzeuge von irgendetwas? (Abg. Kößl – den besprochenen Bericht in die Höhe haltend –: Schauen Sie sich das an!) Diese Seiten sind es? 210 000 €, ich muss sa­gen, da war der Preis bei der Orange-Werbeagentur für die Responsible Gaming-Sa­che, die wir im Korruptions-Untersuchungsausschuss hatten, ja eine Okkasion dage­gen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Abg. Grosz: Stimmt!)  Ich muss sagen: Das ist ja unglaublich, diese fotokopierten Zetteln!

Jetzt fangen wir einmal an! Die Frau Bundesministerin hat als Erstes einmal gesagt: Ja, Gewaltschutz und Opferschutz sind wichtig! – Bei dieser Einleitung geben ich ihr vollkommen recht, da gibt es überhaupt keine Diskussion.

Sie hat auch gesagt, wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Und bei so einer Sache, wo man so ein tolles Projekt macht und das ganz groß ins Rampenlicht stellt, da kann durchaus auch viel Schatten dabeisein. Um genau diesen Schatten geht es bei dieser aufklärungsbedürftigen Sache.

Es geht nicht darum – so habe ich die Anfrage und auch die heutige Kurzdebatte verstanden –, dass das Projekt generell schlechtgeredet wird. Es geht hier um die wis­senschaftliche Begleitung. Jetzt ist meine Frage: Was heißt das?

Gestern habe ich im Rundfunk einen Beamten aus dem Innenressort gehört, der ge­sagt hat: Die hat doch eine Qualifikation, das ist eine Universitätsprofessorin, das ist eine Doktorin! – Jetzt ist aber das Problem dabei, dass eine Frau Katharina Beclin ge­sagt hat, da ist irgendetwas im Unklaren. Wer ist jetzt die Frau Katharina Beclin? Eine Universitätsprofessorin und eine Doktorin!


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Das heißt, eine Wissenschaftlerin begleitet und die andere sagt, aufgrund ihrer wissen­schaftlichen Expertise kann sie nicht erkennen, wo das eingesetzt war. (Abg. Kößl: Das ist aber schlecht !)

Jetzt sagt aber der Herr Kollege Kößl: Das passt alles! (Abg. Hornek: Was ist das für eine außenstehende Expertin? Was hat die geleistet?)

Die außenstehende Expertin ist immerhin eine Kriminologin, die sich auch mit diesen Bereichen befasst, die auch bei verschiedenen Veranstaltungen dabei war und das nicht sieht. (Zwischenruf des Abg. Kößl.) Da können Sie machen, was Sie wollen, hier spielt es sich auf einer Ebene ab, die wissenschaftlich und im Erfahrungsbereich ab­solut gleichartig und gleichwertig ist.

Dass es mit Vergaben des Bundesministeriums für Inneres nicht immer ganz so hin­haut, darüber haben wir erst unlängst hier diskutiert.

Ich muss jetzt noch einiges zu der Sache der wissenschaftlichen Begleitung, die ja passiert ist und die sich offensichtlich nicht greifen lässt, sagen. Das ist eine geistige Dienstleitung. – Was ist das? Sitze ich dort und denke? Ich lese, mache irgendetwas. Wie kann ich das messen?

Leute mit geistigen Dienstleistungen haben wir auch im Korruptions-Untersuchungs­ausschuss gehabt. Das waren die, die Leistungen abgewickelt haben, aber keine Auf­zeichnungen gehabt haben, weil man gesagt hat, diese Dienstleistungen haben sich alle bei uns im Kopf abgespielt. Das waren mit Sicherheit nicht so qualifizierte Perso­nen, wie eine Frau Universitätsprofessor Perner, deren fachliche Qualifikation ich nicht außer Acht lassen möchte.

Ich halte es auch nicht für zulässig, zu sagen, Frau Perner stünde in irgendeiner Form in einem Naheverhältnis zum Landeshauptmann Pröll oder sei dort in irgendeiner Form ein Liebkind. Sie ist immerhin SPÖ-Bezirksrätin, auf der SPÖ-Landtagsliste, Trägerin des Liese Prokop-Frauenpreises und eben aufgrund ihrer Qualifikationen in ganz Ös­terreich sozusagen breit aufgestellt.

Ich würde das nicht wirklich einseitig sehen, sondern Frau Dr. Perner hat einen absolut guten Ruf und ist hier dabei. Jetzt geht es nur darum, ob man ihre jetzigen Leistungen, ihre geistigen Dienstleistungen in irgendeiner Form fassen kann.

Dazu gibt es sogar ein Strafverfahren beziehungsweise Ermittlungen. Ob es ein Straf­verfahren gibt, weiß ich nicht, denn dafür habe ich keine guten Kontakte. Vielleicht weiß es der Kollege Pilz schon. Vielleicht hat er schon ein Arbeitsfrühstück mit der Staatsanwaltschaft gehabt. Der hat da an sich immer bessere Informationsquellen da­rüber, was passiert oder was nicht passiert.

Ich meine: Wissenschaftliche Begleitung ist es nicht, wenn ich zum Beispiel zufälliger­weise mit einem Universitätsprofessor bei einem Heurigen sitze. Dann glaube ich, zah­le ich für ein Viertel Wein nicht mehr, weil ich in wissenschaftlicher Begleitung bin. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

18.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


18.05.28

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Sehr geschätzte Frau Innenministerin, Sie ha­ben ja dieses Projekt von der von mir nicht geschätzten Vorgängerin und jetzigen Fi­nanzministerin geerbt.

Ich beziehe mich jetzt ausschließlich auf den Abschlussbericht der Frau Dr. Perner, der meiner Meinung nach fälschlich als Abschlussbericht übertitelt ist. Man sollte eigentlich darüber schreiben: Geständnis. (Heiterkeit bei der FPÖ.)


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Es ist das Geständnis einer Wissenschafterin, dass sie eine Leistung erbringen wollte, aber nicht erbringen konnte, weil das Ministerium nicht bereit war, zu sagen, welche Leistung zu erbringen ist. Das Ministerium war nicht einmal bereit, eine Leistung entge­genzunehmen. Das hat Frau Dr. Perner dokumentiert. Der ganze Abschlussbericht ist im Prinzip das Dokumentieren einer Unmöglichkeit der Erfüllung der Leistungen, für die sie sehr wohl bezahlt worden ist.

Jetzt komme ich kurz zur Bezahlung. Was hat Frau Dr. Perner gekriegt? 210 000 € für etwas mehr als fünf Seiten, das sind also 40 000 € pro Seite. Das heißt, sie ist teurer als Kollege Westenthaler und die Orange-Werbeagentur, und zwar um ein Drittel teu­rer. Frau Dr. Perner ist allerdings, was Pressekonferenzen betrifft, deutlich billiger als Herr Rumpold; das muss man auch dazu sagen. Bei Frau Dr. Perner kosten zwei Pres­sekonferenzen 60 000 €, bei Rumpold eine 92 000 €. Sie liegt also im Honorarbogen zwischen Rumpold und Westenthaler, ist also in durchaus beachtlicher Nachbarschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Was ist passiert? Im Geständnis von Perner steht: Am 3.9.2010 rief der Direktor des Bundeskriminalamtes, General Franz Lang, Dr. Rotraud Perner an und bat sie, am 7.9. um 17.30 Uhr an der Pressekonferenz mit Bundesminister Fekter teilzunehmen und Journalisten und Journalistinnen über die Entstehung und Folgen von Gewalt zu infor­mieren.

Bis dahin hat es kein Projekt gegeben, es hat auch nie ein Projekt gegeben. Die Minis­terin wollte nur eine Pressekonferenz zu etwas abhalten, zu dem es nichts gegeben hat.

Natürlich hat die Pressekonferenz stattgefunden. Daraufhin hat Herr Lang, der momen­tan als Pharmavertreter im Namen des Bundeskriminalamtes bezahlt durch Österreich fährt und versucht, erfolgreiche Drogenpolitik in Wien zu sabotieren und Medikamente eines Konzerns, für den er arbeitet, der Polizei, die Widerstand leistet, reinzudrücken – aber das ist ein anderes Kapitel, das werden wir noch extra besprechen –, dieser BKA-Chef Lang gesagt: Na ja, machen Sie ein Projekt! (Abg. Kößl: Unerhört! – Abg. Hor­nek: Frechheit!) Dann sagt sie, ich mache ein Projekt. – Da hinten steht er, der Phar­ma- und Projekt-Lang. – Die Ministerin lässt Perner ein Projekt machen, wird verlautet. (Abg. Hornek: Unglaublich!)

Darauf ruft Frau Dr. Perner im BMI an und fragt, was jetzt mit dem Projekt sei. Aber sie kriegt keine Antwort, niemand hebt das Telefon ab. (Abg. Kößl: Entschuldigen Sie sich für das, was Sie da sagen! – Ruf bei der ÖVP: Der Sozialschmarotzer Nummer eins! Wohnen Sie immer noch in einer Gemeindewohnung?) Am 4. November fragt Frau Dr. Perner nach und beschreibt, wie sie beim BKA-Chef Lang nachfragt. Darauf be­kommt sie am 5. einen Rückruf, sie soll wieder eine Pressekonferenz machen. Die Mi­nisterin möchte nämlich jetzt bereits die geplante Koordinierungsstelle präsentieren. Es gibt noch immer kein Projekt, aber zuerst wird die Initiative präsentiert – es gibt kein Projekt –, dann wird die Koordinierungsstelle präsentiert – es gibt noch immer kein Pro­jekt –, und dann bekommt sie Geld: 210 000 €.

Dann schildert Frau Dr. Perner bewegt auf vielen Seiten, wie sie immer wieder ver­sucht, Kontakt mit dem Ministerium aufzunehmen, aber niemand mit ihr redet. Frau Dr. Perner will mit dem Justizministerium reden, es redet niemand mit ihr. Sie will mit den Parlamentsparteien reden, es redet niemand mit ihr. Dann ist das Ganze fertig, und dann soll sie zwei Pressekonferenzen um 60 000 € veranstalten.

Was passiert dort? Sie evaluiert und stellt fest: Leider entsprachen nur wenige Projekte den auf der Website des Bündnisses gegen Gewalt veröffentlichten Kriterien.

Dann werden zehn Projekte ausgewählt, und dann kommt der Chef des Kuratoriums Sicheres Österreich – das steht da alles drinnen – und sagt, nicht die zehn nehmen


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wir, ich habe selbst etwas ausgewählt. Er setzt ihr ein völlig anderes Projekt vor, und sie muss das vom Kuratorium Sicheres Österreich ausgewählte Projekt, von dem sie schreibt, dass das mit Sicherheit nicht den Kriterien entspricht, weil es nur eine Auf­zählung von Vorträgen ist, sonst nichts, als Siegerprojekt vorstellen.

Wer ist der Vorsitzende des Kuratoriums Sicheres Österreich? – Herr Hameseder, der Raiffeisen-Generaldirektor. Das heißt, der Raiffeisen-Generaldirektor wählt ein voll­kommen anderes Projekt und sagt: Perner, gib Ruhe, du hast 210 000 € gekriegt – das sind 40 000 € pro Seite, ein wirklich guter Preis –, wir von Raiffeisen haben das Sie­gerprojekt ausgewählt! Das entspricht zwar überhaupt nicht den Kriterien, aber Öster­reich wird damit sicherer.

Na ja, sicherer wird der Herr Lang, der Herr Hameseder, auch das Budget der Frau Perner, aber was das mit Gewaltprävention zu tun hat, meine Damen und Herren die­ses Hauses, erschließt sich mir nicht. Deswegen gibt es, wenn wir von Opferschutz re­den, ein einziges Opfer: das Budget. Das Opfer sind die Steuergelder. Hier plädiere ich für Opferschutz. Damit es hier endlich Opferschutz gibt, Frau Bundesministerin, wer­den wir uns das noch wesentlich genauer anschauen.

Frau Ministerin, Sie haben die Fragen meiner Kollegin nicht oder sehr ausweichend und sehr unvollständig beantwortet. Sie haben heute versucht, einige zusätzliche Ant­worten zu geben. Ich nehme an, dass das nicht ausreicht. Ich schlage vor, dass wir das gemeinsam weiterbehandeln und uns genauer anschauen, denn Sie haben ja doch nicht dieses seltsame fekterische Tier, bei dem man vorne Gras hineintut und hin­ten Dukaten oder Euros herauskommen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.) Dieses Tier gibt es nicht. Das Steuergeld kommt nicht hinten irgendwo heraus, sondern das Steuergeld wird in Österreich hart verdient und abgeliefert. Und Sie haben auf dieses Steuergeld zu schauen! (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Solang mit Steuergeld so umgegangen wird, muss das Parlament einschreiten, und das haben wir heute versucht. Ich hoffe, wir kriegen eine weitere und diesmal seriöse Antwort, um diese Vergeudung von Steuergeldern einmal aufzuklären. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


18.12.14

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesministerin! Warum immer die Öster­reichische Volkspartei und warum immer das Innenministerium? Das frage ich mich jetzt. Warum ist immer dieses von der ÖVP geführte Ressort Zielscheibe tatsächlicher und berechtigter Vorwürfe bei der Auftragsvergabe? Warum pflegen Sie so einen lie­derlichen Umgang mit Steuergeld, Frau Bundesministerin? Erklären Sie uns das ein­mal! Warum haben wir uns vor wenigen Wochen hier über alle Ihre Auftragsvergaben an das ÖVP-nahe Umfeld der Werbeagenturen unterhalten und eigentlich den Nach­weis erbracht, dass hier indirekt parteipolitische Wahlwerbung der Österreichischen Volkspartei betrieben wird, und das mit Steuergeld aus Ihrem Ressort? Und warum wird heute von der Kollegin Schwentner und vom Kollegen Peter Pilz der Nachweis er­bracht, dass Ihr Ressort einmal mehr Aufträge an Persönlichkeiten im ÖVP- oder SPÖ-nahen Bereich vergibt und Sie es nicht einmal der Mühe wert finden, eine Leis­tung ordentlich darzustellen, Frau Bundesminister?

Ich bin nicht nur über diesen Vorgang erschüttert, sondern ich bin eigentlich über die Kaltschnäuzigkeit Ihrer Antwort erschüttert. Die Anfragestellerin fragt am 15. Februar unter Punkt 1:


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„Hat es eine öffentliche Ausschreibung für die Vergabe der wissenschaftlichen Beglei­tung des Projektes ‚Bündnis gegen Gewalt‘ gegeben oder wurde der Auftrag freihändig vergeben?“

Ihre Antwort auf die Frage 1 ist:

„Die Vergabe erfolgte entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des Bundesver­gabegesetzes.“

Sie beantworten nicht, ob der Auftrag freihändig, per Direktvergabe oder per Aus­schreibung vergeben wurde, Sie zitieren einschlägige Bestimmungen des Bundesver­gabegesetzes. – Ja, welche denn, Frau Bundesministerin? Auf welche einschlägigen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes beziehen Sie sich in Ihrer Antwort?

Das ist nicht, wie ein Regierungsmitglied mit dem Parlament umgehen sollte. Das sei ein für alle Mal festgestellt. (Beifall bei BZÖ und Grünen.) Wir haben es satt, dass sich Minister in dieser Legislaturperiode das Interpellationsrecht so hinbiegen, wie sie es gerade möchten, aber die Kontrollrechte des Parlaments massiv mit Füßen treten, sehr geehrte Frau Bundesministerin! Das lassen wir nicht mehr zu!

Dann wird es eben an jedem Plenartag eine Kurzdebatte zu parlamentarischen Anfra­gebeantwortungen geben. Bei Ihnen, Herr Bundesminister außer Dienst Darabos, war es das Gleiche. Wir hoffen, dass Kollege Klug in Zukunft dem parlamentarischen Inter­pellationsrecht besser und fairer nachkommt, als Sie es gemacht haben. Sie haben dem Parlament auch derartige No-na-Antworten und kaltschnäuzige Antworten gege­ben, ohne jemals inhaltlich auf die Fragen der einzelnen Anfragesteller einzugehen.

Aber es ist ja nicht nur eine politische Dimension erreicht, eine moralische Verwerflich­keit, die wir ständig in Ihrem Ressort hier aufzudecken haben, sondern es ist auch eine strafrechtliche Relevanz erkennbar, wenn Frau Katharina Beclin, Kriminalpräventions­expertin an der Uni für Strafrecht, zeigt und behauptet, dass es sich hier um eine unnö­tige Ausgabe handelt, die maximal 60 000 € wert gewesen sein könnte. – Ich zitiere sie:

„In Zeiten, wo ich Präventionsprojekte massiv kürzen muss, kann ich nicht 150 000 € ohne Gegenleistung ausgeben. Und wenn hier keine Gegenleistung da ist und das Geld nicht zurückgefordert wird, ist das jedenfalls strafrechtlich relevant. Ich erwarte, dass die Staatsanwaltschaft das in so einem Fall von selber aufgreift.“

Und ich unterstreiche das: Ich erwarte, dass die von der ÖVP-Ministerin Beatrix Karl geführte Staatsanwaltschaft diesen Vorwurf einer Expertin gefälligst aufgreift und end­lich die nötigen Ermittlungsschritte einleitet, denn es kann nicht sein, dass in einem Si­cherheitsressort der Republik so ein liederlicher Umgang mit Steuergeld gepflegt wird, dass wir reihenweise damit konfrontiert sind, dass ÖVP-nahe Mitarbeiter unter Umge­hung der Bundesvergabegesetze direkt bedient werden und dass dieses Ministerium und das Sicherheitsministerium der Republik als Waschmaschine für Steuergeld an ÖVP-Lemminge benützt werden. (Rufe bei der ÖVP: Hö, hö, hö!)

Da machen wir nicht mehr mit! Da werden wir auch in Zukunft ein wachsames Auge auf Ihr Ressort, aber auch auf alle anderen ÖVP-geführten Ressorts werfen, denn das, was sich hier im ÖVP-Ministerium des Inneren offenbart, ist ja nichts anderes, als im Landwirtschaftsministerium gang und gäbe ist. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

18.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


18.16.44

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Gewaltprävention ist ja grundsätzlich etwas Gutes und


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zu begrüßen, wenn sie richtig gemacht wird. Nur muss man sich in diesem Fall wirklich fragen: Wo war die Leistung, Frau Minister? – So wirklich erklärt haben Sie das in Ihrer Antwort nicht.

Das schiefe Licht bei Vergabepraktiken im Bundesministerium für Inneres, das hier in diesem Haus bekanntlich schon mehrfach diskutiert worden ist – und ich denke, es wird nicht das letzte Mal sein –, ist schon hinterfragenswürdig.

Wenn man dann auch noch lesen kann, dass Frau Dr. Perner, die ja diesen Auftrag be­kommen hat, im Wahlkampf-Personenkomitee für Herrn Pröll war, dann, denke ich, ist das ein reiner Zufall, oder Sie werden es uns vielleicht so beibringen wollen.

Es soll sich jeder hier sein eigenes Bild machen. Ich glaube, es ist schon sehr viel dazu gesagt worden. Man kann vieles schönreden, Frau Minister, ich glaube es Ihnen nicht. (Beifall beim Team Stronach.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. – Die Debatte ist geschlossen.

18.18.08Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kehren zurück zum Tagesordnungspunkt 3 und neh­men die Verhandlungen wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


18.18.10

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne) (fortsetzend): Es wäre gut, wenn die Frau Finanzministerin auch zugegen wäre. (Bundesministerin Mag. Mikl-Leitner: Ich glaube, die ist auf einen Kaffee gegangen!) Die ist auf einen Kaffee gegangen. Viel­leicht kann man die Frau Finanzministerin hierherholen, damit wir mit der Debatte be­ginnen können. (Abg. Hornek: Von den Grünen ist ja auch niemand da! – Zwischenruf der Abg. Steibl. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sollen wir sie herzitieren? – Bun­desministerin Mag. Mikl-Leitner: Der Herr Staatssekretär ist schon da! Sie können be­ginnen!) – Der Herr Staatssekretär ist schon da. Danke.

Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ab­schließend möchte ich noch auf zwei Punkte hinweisen. Das eine betrifft dieses Haus hier, nämlich die Untergliederung 6, den Rechnungshof. Der Rechnungshof ist ja wohl, würde ich sagen, die wichtigste Einrichtung des Parlaments, aber er wird ein Opfer des Sparens nach der Rasenmähermethode, die im letzten Bundesfinanzrahmen beschlos­sen worden ist. Die Ausgabenobergrenzen – die Auszahlungsobergrenzen, muss ich genauer sagen – werden ja von 2013 bis 2016 geringfügig, aber doch gekürzt. Real wird es weniger.

Dem gegenüber stehen natürlich erweiterte Prüftätigkeiten des Rechnungshofes, er­weiterte Gemeindeprüftätigkeiten, erhöhte Prüftätigkeiten im Zusammenhang mit dem Medientransparenzgesetz, mit dem Parteiengesetz, mit dem neuen Bundeshaushalts­recht im Rahmen der Wirkungsorientierung und so weiter. Aber auch die Planstellen bleiben trotz dieser vermehrten Aufgabenstellungen an den Rechnungshof unverän­dert. 323 Planstellen für die Periode 2014 bis 2017.

Der Herr Rechnungshofpräsident Moser hat ja schon zu Recht darauf hingewiesen, dass trotz der Rücklagen, die gebildet wurden, ab 2016 eine Finanzierungslücke ent­stehen wird. Und das bedeutet, dass der Rechnungshof seine Prüftätigkeit zurückneh­men muss. – Das kann es ja nicht sein, dass das wichtigste Prüfungsorgan dieses


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Hauses nicht mehr ausreichend Geld hat, um seiner Prüftätigkeit nachkommen zu können.

Wenn wir hier in diesem Hohen Haus den Kampf gegen die Korruption und andere Prüfungen durch den Rechnungshof ernst nehmen, dann muss es doch darum gehen, dass wir für diesen Rechnungshof die Mittel erhöhen und nicht kürzen. Wenn nämlich im Rahmen der Prüftätigkeit einmal auch das umgesetzt würde, was der Rechnungshof vorschlägt, würde sich das um ein Vielfaches rechnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen hier nicht zulassen, dass die Mittel des Rechnungshofes, des wichtigsten Organs des Parlaments, gekürzt werden! (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)

Abschließend lassen Sie mich darauf hinweisen, dass in der UG 46, dort, wo es um die Finanzmarktstabilität vulgo Bankenpaket geht, ab 2014 133 Millionen € bis 2017 eingestellt sind, und das, obwohl wir genau wissen, dass für die Abwicklung der Hypo Alpe-Adria, aber auch bei der KA Finanz AG – der Bad Bank – ein erhöhter Mittelbe­darf notwendig sein wird. Kommissar Almunia macht ja schon Druck auf die Österrei­cher im Hinblick auf die Hypo Alpe-Adria, aber auch im Hinblick auf die Kommunal­kredit AG. Und wenn ich die Zeitungen der letzten Tage gelesen habe, so ist davon die Rede, dass es bei der Hypo Alpe-Adria einen gewaltigen Finanzierungsbedarf geben wird: „Die Presse“ sprach jüngst von 4,4 Milliarden €, der „Kurier“ sprach gestern von 2 Milliarden € – und in diesem Bundesfinanzrahmengesetz ist dafür überhaupt kein Geld vorgesehen.

Das bedeutet aber andererseits, dass, wenn die Frau Finanzministerin hier keine Mittel für die Finanzmarktstabilität und die Abwicklung der Hypo Alpe-Adria vorgesehen hat, eine allfällig neue Regierung dieses Packerl geschultert bekommt und mit dieser Vor­belastung in eine neue Legislaturperiode hineingehen wird. Und das, Herr Staatssekre­tär und meine sehr geehrten Damen und Herren, kann so nicht sein. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

18.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


18.23.28

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Ich hätte eingangs einmal eine wichtige Frage, da ich glaube, dass das jeden, der hier in diesem Hohen Haus sitzt, aber auch die Leute, die das zuhause sehen, inter­essiert. Der Kollege Jakob Auer hat heute gesagt, dass Raiffeisen im letzten Jahr 570 Millionen € an Steuern gezahlt hat, als Bank wie auch mit allen Beteiligungen.

Herr Staatssekretär, jetzt habe ich eine Frage. In der morgigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ steht, dass die Raiffeisen-Holding mit all ihren Beteiligungen – wie es die Stra­bag ist, wie es die Agrana ist, wie es DO & CO ist – einen Bilanzverlust von 26 Mil­lionen € ausweist. Da stellt sich schon die Frage, wie dann der Herr Kollege Auer zu der Aussage kommt, dass 570 Millionen € an Steuern gezahlt worden wären. – Das nur zur Glaubwürdigkeit dieser ÖVP.

Aber, Herr Staatssekretär, wo bleiben eigentlich die Taten dieser Bundesregierung, wo bleibt der Mut, eingeschlagene Wege, die Holzwege sind, endlich zu verlassen und ei­ne Politik zu machen für unsere Bürger, für die KMUs, endlich damit aufzuhören, kleine Betriebe, kleine Bauern in ihrer Existenz zu ruinieren, endlich Reformen anzugehen, ei­ne AMA endlich zu reformieren, endlich einen neuen Trend zu setzen?

Herr Staatssekretär, ich hoffe, dass Sie da bewandert sind, denn wir haben heute sol­che Probleme, die kleinsten Betriebe, die Landwirte haben solche Probleme. Es ist


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heute eine Abordnung von steirischen Obstbauern da. Herr Staatssekretär, ihr führt neue Regelungen ein, ihr schafft an sich wirklich nur neue Verwaltungsstrukturen, schafft neue Systeme. Es ist bereits beschlossen, dass der Wegfall der Hektargrenze bei der Pauschalierung bei den Apfelbauern schlagend wird. Diese Obstbauern, diese 2 800 Bauern, Herr Staatssekretär, werden in ihrer Existenz massivst gefährdet. Be­reits in den letzten Jahren mussten alleine in der Steiermark 500 Betriebe schließen, und es werden weitere schließen. Dabei wäre das so einfach zu reparieren.

Ich habe heute einen Antrag eingebracht. Ich hoffe, Herr Staatssekretär, dass Sie mit Ihrer Fraktion reden, dass Sie endlich auch einmal eine Politik für kleine Einkommen machen, für kleine Bürger, die Existenzprobleme haben, damit man denen unbürokra­tisch und schnell helfen kann. (Beifall beim BZÖ.)

Man darf es aber nicht so machen wie bei den Almbauern. Die Almbauern, Herr Staatssekretär, müssen 64 Millionen € an Förderungen zurückbezahlen, die sie be­reits vor Jahren ausgegeben haben. Die müssen das deshalb zurückbezahlen, weil die AMA, das Landwirtschaftsministerium Werkzeuge zur Messung der Almfutterflächen zur Verfügung gestellt hat, die sich als falsch erwiesen haben könnten. Aber eines ist klar, Herr Staatssekretär: Das hat einzig und allein der Herr Bundesminister zu verant­worten!

Und wenn ihr heute so eine Politik macht, dann müsst ihr euch fragen, ob das mit Einsetzung einer Kommission, bei der es nur darum geht, dass ein ehemaliger Kom­missar ein tolles zusätzliches Einkommen lukrieren kann und die Klientel der Bauern bis nach der Wahl vertröstet wird, nicht der falsche Weg ist. Setzt da Schritte, setzt da Taten, denn da müssen wir handeln! Denn eines ist unumstritten: Schuldig daran ist einzig und allein das magische Dreieck, das sind der Bauernbund mit den Kammern, die AMA und das Ministerium. Für Fehler im Verwaltungssystem kann man nicht die Bauern zu Opfern machen. Das geht einfach nicht.

Herr Staatssekretär, machen wir endlich eine Politik für unsere Bürger! Hören wir damit auf, dass wir Milliarden in die Banken schicken, dass wir ein Milliardenpaket nach dem anderen beschließen, aber für die Schaffung neuer Arbeitsplätze bei uns, für Investi­tionen in die Zukunft nichts da ist! Das ist der falsche Weg. Da, Herr Staatssekretär, muss man endlich einsehen, dass man Fehler gemacht hat, denn dieses Bundesfi­nanzrahmengesetz 2014 bis 2017 ist total mutlos, führt in die falsche Richtung, und da müssen wir Taten setzen.

Herr Staatssekretär, warum sagen wir zum Beispiel nicht, unsere Banken werden ver­pflichtet, dass sie jungen Familien Kredite zur Schaffung von Eigenheimen, zum Bauen eines Hauses zur Verfügung stellen? Warum machen wir nicht Finanzierungen, wie es sie in anderen Ländern gibt, die bis 50 Jahre laufen? Da können wir eine Staatshaftung hergeben, da haben wir null Risiko. Die Familien schaffen Eigentum, wir schaffen Ar­beitsplätze, der Wirtschaft geht es besser, und das Budget wird dadurch auch saniert, weil endlich wieder mehr eingenommen wird.

Herr Staatssekretär, noch einmal abschließend: Ich gebe Ihnen heute diesen Antrag, der am 7. Mai im Finanzausschuss behandelt wird, bezüglich der steirischen Obstbau­ern. Treten Sie dem näher! – Der Klubobmann Kopf lacht. Da sieht man, der ÖVP ist das einzig und allein ein Lachen wert. Die Existenz von 2 800 Kleinstbauern ist Ihnen nur ein Lachen wert. (Abg. Kopf: Du bist eine Lachnummer!) Das beweist, was ihr für eine Politik macht, aber die Bauern werden es euch im September zu danken wissen. (Beifall beim BZÖ.)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 



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18.29.59

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme wieder zum ursprünglichen Tagesordnungspunkt zurück, nämlich dem Bundesfinanzrahmen für die Jahre 2014
bis 2017.

Ich muss mich auch den Worten meiner Vorredner anschließen, dass das eine Fortset­zung des falschen Weges ist respektive eine Weiterbeschreitung des falschen Weges. Es wurde schon teilweise ausgeführt, ich muss aber einige Punkte vertiefen und auch wiederholen.

Es gibt keine echte Reform im Gesundheitsbereich, keine echte Reform im Bildungs­bereich. Die Pensionen sind ungesichert. Die kalte Progression – wir haben es bei der Debatte des Dringlichen Antrages gehört – frisst einen Großteil des Gehaltes auf. Die Leute verdienen immer weniger, sie haben immer weniger Geld zum Ausgeben. Und das Budget wird mit Sonderzahlungen in kranke EU-Länder belastet. Wir haben Zy­pern. Wir haben Griechenland. Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier ist mei­nes Erachtens wieder eine Chance vertan worden, um das Budget wirklich zu konsoli­dieren, wirklich einen richtigen Sparkurs einzuschlagen und wichtige Reformen anzu­gehen.

Ich komme jetzt noch einmal zu den Reformen, vor allem auch zu der Verwaltungs­reform, die der Rechnungshof unlängst wieder angesprochen hat, da er sieht, dass das die einzige Möglichkeit ist, um die Schulden zu reduzieren. Der gewaltige Verwaltungs­apparat wird vor allem von den beiden Regierungsparteien mit Zähnen und Klauen ver­teidigt. Warum wird er verteidigt? Aus Bequemlichkeit oder aus Angst, da er ein Ver­sorgungsposten für Parteifunktionäre, für ehemalige Mitarbeiter, Abgeordnete et cetera ist. Und wenn dieser Versorgungsapparat wegfällt, wo gehen wir dann mit den Leuten hin? Auf der einen Seite ist das verständlich. Auf der anderen Seite sind wir aber dafür da, um Politik für die Menschen zu machen, um ein gutes und ausgeglichenes Budget zu haben und dafür zu sorgen, dass die Menschen mit dem Geld, das sie verdienen, auch auskommen. (Beifall beim Team Stronach.)

Neben der Verfassung gibt es in Österreich noch quasi eine zweite Verfassung, näm­lich die sogenannte Realverfassung. Diese wird von Bünden, Kammern, politischen Parteien, sogenannten Sozialpartnern und anderen mächtigen Institutionen gesteuert, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die Pflichtmitgliedschaften bei Verbänden und Interessenvertretungen – wie Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Landwirt­schaftskammer – sowie die Überverwaltung kosten der Volkswirtschaft laut Einschät­zung des Rechnungshofes 10 Milliarden € jährlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Damit bin ich beim Rechnungshof. Der Rechnungshof wurde heute schon angespro­chen. Kollege Rossmann von den Grünen hat auch ausführlich angesprochen, was das Budget des Rechnungshofes betrifft. Wir haben hier auch schon des Öfteren darüber diskutiert. Wir wissen alle, der Rechnungshof muss mit Einsparungen rechnen. Der Rechnungshof macht eine gute, wichtige Arbeit als Kontrollorgan des Parlaments. Ich sage immer, er ist der Hüter der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und dieser Rechnungshof hat eben nun auch mit finanziellen Einschnitten zu rechnen. Er hat vor etwa zwei Wochen einen Brief an die Finanzministerin geschickt, wo er auf dieses Pro­blem noch einmal aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen hat, dass er, wenn das Budget so beschlossen wird respektive wenn diese Kürzungen eintreten, seine Arbeit nicht mehr so ausreichend und in dem Umfang wie bisher wahrnehmen kann.

Wovon sprechen wir? – Im Jahr 2013 wird es Einsparungen bis zu 400 000 € geben. Bis zum Jahr 2017 beträgt diese Lücke, die dem Rechnungshof durch diese Einspa­rungen entsteht, bereits 3,7 Millionen €, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und


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hier muss es auch legitim sein, die Frage zu stellen, warum man diese Mittel kürzt. Will man einen unliebsamen Kritiker mundtot machen? Will man den Rechnungshof dafür „bestrafen“ – unter Anführungszeichen –, dass er das eine oder andere aufzeigt, was in diesem Land schiefläuft? Das ist seine Arbeit und seine Aufgabe.

Also hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie das Kontrollorgan des Parlaments finanziell beschneiden, sind Sie nicht auf dem richtigen Weg. (Beifall beim Team Stronach.)

Ich komme schon zum Schluss. Die Frau Ministerin hat in ihrer Rede auch einige Pro­bleme angesprochen. Sie weiß auch, wo die Probleme liegen, wo es Verbesserungs­bedarf, Änderungsbedarf und Handlungsbedarf gibt. Einzig, es passiert nichts. Präsi­dent Leitl hat seine Kritik dazu geäußert, von der Industriellenvereinigung kam auch ei­ne Äußerung, die unsere Kritik bestätigt. Wie gesagt, der Rechnungshof hat schon zig­mal Vorschläge gemacht, die 599 Empfehlungen zur Verwaltungsreform. – „Verwal­tungsreform“ wird wahrscheinlich irgendwann das Unwort des Jahres werden, denn so oft wie dieses Wort wird, glaube ich, kein anderes Wort strapaziert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie sind jetzt der einzige Vertreter auf der Regierungsbank, nehmen Sie diese Worte ernst und machen Sie et­was! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Elmar Mayer. – Bitte.

 


18.34.56

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist es leichter, wenn man über einen Bun­desfinanzierungsrahmenplan redet, über Bereiche zu reden, wo man investieren kann, wo man sagt, da gibt es offensive Projekte der Regierung, als über das Sparen, so not­wendig das in verschiedenen Teilbereichen ist.

Mir fällt die Rolle zu, über einen Bereich zu diskutieren, der aus meiner Sicht ein Vor­zeigeprojekt dieser Regierung ist. Es gibt immer noch einige – es werden immer weniger –, die sagen, in der Bildungspolitik tut sich so wenig. Aber zunehmend begreift man, dass man mit dem, was man im Rahmen des Budgetrahmens noch zusätzlich an die Länder gibt – für Sprachförderung, für Kleinkindbetreuung und so weiter –, dass man mit der Neuen Mittelschule, mit der neuen Matura, mit den Geldern für die ganztä­gige Betreuung zusätzliche Investitionen getätigt hat, die uns dort hinbringen, wo wir hinwollen, nämlich, dass wir Maßnahmen setzen, damit in Zukunft kein Kind mehr auf der Strecke bleibt und wir möglichst alle Kinder entsprechend ihren Begabungen – wie wir das hier immer wieder betonen – fördern können.

Daher meine ich, garantiert dieser Budgetrahmen, dessen Summe uns allein im Ver­gleich 2008 zu 2012/13 über 1 Milliarde zusätzlicher Budgetmittel im Bildungsbereich beschert, dass wir die Maßnahmen, die wir hier haben, weiterführen und auch aus­bauen können. Das heißt, die Vorgaben der Regierung waren klar. Wir wollen die Qua­lität erhöhen, Chancengerechtigkeit verbessern. Und mit all diesen Maßnahmen ist es uns bisher sehr eindrucksvoll gelungen.

Wir wollen aber auch – und das, meine ich, ist eines der wichtigsten Projekte, das wir jetzt haben und das ebenfalls mit der Finanzierung gesichert ist – die Neuaufstellung der PädagogInnenausbildung. Immer wieder heißt es, im Mittelpunkt der Schule steht der Lehrer. Und mit dieser neuen PädagogInnenausbildung, bei der wir eine optimale Zusammenarbeit zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten fördern wollen, schaffen wir die Voraussetzung, dass die neue Generation – es werden über


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50 000 Lehrer in den nächsten neun bis zehn Jahren neu in den Schuldienst eintre­ten – entsprechend mit den neuen Erkenntnissen der Erziehungswissenschaft ausge­stattet ist und an unseren Schulen das umsetzen kann, was wir jetzt bereits gesetzlich vorgegeben haben.

Ein Letztes noch: Herr Staatssekretär, ich hätte es gerne auch direkt der Finanzminis­terin gesagt – da ich weiß, mit Ihnen könnte man das sehr rasch zu einem Abschluss bringen –, daher bitte ich Sie, ihr das auch mitzuteilen, ein Bereich ist noch das Dienst­recht. Und wenn wir den Budgetrahmen abschließen und sagen, darüber hinaus geht ohnehin nichts, und wir wissen, dass wir bei den jetzigen Rahmenbedingungen der Lehrerschaft Angebote machen können, damit man jetzt auf ein neues Besoldungs­system umstellen kann, dann sollten wir die Chance nützen.

Ich meine auch – besonders an einen bestimmten Teil der Lehrergewerkschaft appel­lierend –, dass jetzt die besserer Zeit wäre, richtig zu verhandeln als unmittelbar nach der Wahl. Und ich hoffe, dass wir auch dieses letzte große Projekt, das wir uns für die­se Legislaturperiode vorgenommen haben, das Dienst- und Besoldungsrecht noch un­ter Dach und Fach bringen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


18.38.43

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Damen und Herren! Da wir heute bei der Dringlichen schon einmal über eventuelle steuerliche Maßnahmen gesprochen haben und wir heute hier das Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 in der ersten Lesung debattieren, soll­ten wir uns noch einmal ein paar Eckpunkte vor Augen führen.

Wir haben heute auch schon am Vormittag darüber diskutiert, dass jeder Arbeitslose und jeder Mensch, der nicht gebraucht wird, einer zu viel ist. Aber wir müssen trotzdem auch ein bisschen schauen, wie wir in den letzten Jahren versucht haben, hier doch besser dazustehen als viele andere europäische Länder. Gleichzeitig ist es natürlich notwendig, dass wir unseren Haushalt so konsolidieren, dass wir auch wieder für Zu­kunftsausgaben den nötigen Spielraum haben.

Wenn man sich anschaut, wie die Prognosen aussehen, dann ist doch sehr positiv zu bewerten, dass wir in den nächsten Jahren, 2014 bis 2017, jedes Jahr einen positiven Primärsaldo haben werden, was in den letzten Jahren nicht immer so selbstverständ­lich war. Auch die Verschuldungsquote wird sich Gott sei Dank in Richtung 60 Prozent senken. Schade in diesem Zusammenhang ist, dass es uns nicht gelungen ist, die Schuldenbremse in die Verfassung zu bringen, weil es uns eigentlich schon sehr wich­tig gewesen wäre, einen Wert, nämlich die 60 Prozent festzuschreiben.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Debatte über die Steuerreform zu sprechen kommen, die wir heute bei der Dringlichen geführt haben. Ich meine, und da sind wir uns wohl alle einig in diesem Hohen Haus, dass wir zuerst einmal – und Frau Bundes­ministerin Fekter spricht ja auch immer wieder davon – schauen müssen, dass wir unseren Haushalt so sanieren, dass wir dann wirklich für die Menschen, Arbeitnehme­rinnen, Arbeitnehmer, Familien, aber auch Unternehmer, die wieder für die Arbeitneh­mer Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, deutliche Entlastungen zusammenbringen. Wir müssen den Faktor Arbeit kräftig entlasten und uns überlegen, wie wir aus dieser – ich möchte fast sagen – Falle herauskommen können, dass jemand, der beispielswei­se 400 € brutto verdient, bereits die volle Sozialversicherungspflicht hat. Er soll alle Leistungen bekommen, das ist ja überhaupt keine Frage, aber es ist das ganz einfach eine erhebliche Belastung für die Menschen. Man sollte sich hiezu genauso wie zur Senkung des Eingangssteuersatzes von 36,5 Prozent Gedanken machen.


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Abschließend möchte ich noch einmal bekräftigen, dass es für uns sehr, sehr wichtig ist, bei einer künftigen steuerlichen Entlastung in erster Linie die Familien zu entlasten. Herr Kollege Rossmann! Ich bin noch immer der Meinung, dass es notwendig ist, jene Familien besonders zu entlasten, die den größten Anteil an Lohn- und Einkommen­steuern in den Staatssäckel hineinzahlen, damit wir uns – und das sei auch noch ein­mal gesagt, denn wir bekennen uns zum Sozialstaat – eine 30-prozentige Sozialquote auch auf Dauer leisten können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


18.42.42

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Frau Kollegin Tamandl, Sie haben in die Vergangenheit zurück­geblickt und gesagt: Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir es geschafft haben, dass wir besser dastehen als viele andere. Das kann ich Ihnen schon sagen. Das ist so, weil wir permanent nicht bereit sind, uns selbst die Wahrheit einzugestehen, weil wir unsere Statistiken laufend tricksen. Nehmen wir nur die Arbeitslosenrate: Wir haben laut Eurostat zirka 4,5 Prozent Arbeitslose. Da sind über 70 000 Schulungsteilnehmer nicht erfasst.

Es wird auch nicht berücksichtigt, dass über 80 000 Langzeitbeschäftigungslose nicht in der Statistik erfasst sind. Wenn Sie die mit dazunehmen würden, dann wüssten Sie, dass wir bereits fast 500 000 Arbeitslose haben. Sie sagen auch nicht dazu und ge­stehen nicht ein, dass wir die jüngsten Pensionisten in der EU haben. Jugendarbeits­lose sind zirka 48 000 laut Statistik. Die 30 000, die in AMS-Kursen, ÜLAs und so wei­ter versteckt sind, sind wir nicht bereit zuzugeben. Wenn Sie von den effektiven Zahlen ausgehen, dann liegen wir in der Arbeitslosenstatistik bei Weitem nicht mehr so gut, wie Sie das immer behaupten. (Beifall bei der FPÖ.)

Solange wir uns selbst nicht die Wahrheit eingestehen, wie wir wirklich liegen, sieht diese Bundesregierung auch absolut keine Veranlassung, etwas zu ändern. Das ist ge­nau das Problem, das wir haben.

Wenn Sie den Bundesfinanzrahmen ansprechen, Herr Staatssekretär, dann ist der ei­ne Fortschreibung der bisherigen Politik. Ja, das ist nichts anderes. (Abg. Dr. Ober­hauser: Gott sei Dank ist das so, gerade was die Arbeitslosen betrifft!)

Sie haben bestimmte Dinge nicht berücksichtigt. Und jetzt stelle ich eine Frage an Sie: Gibt es bei Ihnen so etwas wie einen Plan B? Ich bringe Ihnen folgende Begründung: Also grundsätzlich ist es ja positiv, dass ein Finanzrahmengesetz über mehrere Jahre gemacht wird. Um das zu machen, muss man von gewissen Schätzungen ausgehen, sei es die Beschäftigungsrate, sei es das Wirtschaftswachstum und, und, und. Da spie­len viele Faktoren mit. Was tun Sie, wenn für diesen Finanzrahmen bereits im ersten Jahr – nehmen wir jetzt das Jahr 2013 – Ihre Annahmen nicht stimmen? (Staatssekre­tär Mag. Schieder: Das stimmt ja nicht!) Im Jahr 2013 sind Sie von einem Wirtschafts­wachstum von 2 Prozent ausgegangen. In Wirklichkeit wird das Wirtschaftswachstum bei 0,7 bis 0,8 Prozent liegen. Das heißt also, gewisse Zahlen stimmen nicht.

Dann kommt auch noch etwas dazu. Inwieweit sind die Bankenrettungspakete in die­sen Finanzrahmenplan inkludiert? Was geschieht, wenn es den nächsten Crash gibt? Was geschieht, wenn der ESM Nachforderungen stellt? Inwieweit wirkt sich das auf den Finanzrahmen bis 2017 aus?

Dass Sie die Banken retten, da haben die Banken in der Zwischenzeit unheimlich viel Freude damit und danken es Ihnen auch. Laut heutigem „WirtschaftsBlatt“ ist nämlich Folgendes passiert: Die österreichischen Banken sind daran, die Firmenkreditvergabe­richtlinien weiter zu verschärfen. Das ist die sogenannte Kreditklemme, von der Sie seit


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Jahren nicht wahrhaben wollen, dass sie wirklich Tatsache ist. In Wirklichkeit wird das Ganze nun auch noch verschärft, und Sie unternehmen nichts dagegen.

Dieser ganze Finanzrahmen ist geprägt von null Ambition, von null Arbeitseifer. Was würde geschehen, wenn Sie die Reformen angingen? Was würde geschehen, wenn Sie jedes Jahr nur eine große Reform angingen, die der Rechnungshof ja seit Jahren vorschlägt? Bei ein bisschen Ambition und ein bisschen Arbeitseifer wäre es ja viel­leicht möglich, bereits im Jahr 2015 ein Nulldefizit zustande zu bringen. Davon ist je­doch auch nichts zu lesen.

Was passiert, wenn der Jobmotor Klein- und Mittelbetriebe wegbricht? Wenn Sie das „WirtschaftsBlatt“ weiterlesen, dann heißt es dort: Der heimische Mittelstand bricht als Jobmotor weg. – Wir wissen in der Zwischenzeit, dass die Belastungsquote auf Unter­nehmergewinne für KMUs bereits bei 53,1 Prozent liegt. Da sind wir in einem interna­tionalen Ranking, erstellt von PricewaterhouseCoopers, von 187 Nationen, die bewer­tet wurden, sage und schreibe auf Platz 140. In Deutschland dagegen liegt die Unter­nehmensbesteuerung oder die Abgabenquote bei 46,8 Prozent. Davon sind 21 Prozent Lohnnebenkosten. In Österreich sind von den 53 Prozent sagenhafte 34,7 Prozent Lohn­nebenkosten.

Wenn Sie da nicht gegensteuern, dann stimmt Ihr ganzer Finanzrahmen nicht. Ich möchte von Ihnen wissen: Gibt es einen Plan B? Einen Plan B gibt es überall, denn einen Finanzrahmen auf vier oder fünf Jahre zu erstellen auf Grund von Annahmen, die dann nicht eintreffen könnten, bleibt zu vage. (Beifall bei der FPÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


18.47.30

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausgangsposition ist derzeit ja nicht unbedingt rosig. Die Wirtschaftsprognosen sind etwas dürftig. Die Arbeitsmarktlage ist ange­spannt. Die Arbeitslosigkeit nimmt zu. Sogar die Jugendarbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um die 8 Prozent gestiegen.

Die Regierung legt jetzt den Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 vor und hält im Stra­tegiebericht zwei wichtige Ziele fest. Das eine Ziel ist höhere Beschäftigung. Die Aus­führungen dazu sind gezielte Offensivmaßnahmen zur Sicherung des Wirtschafts­standortes Österreich. Und ausgeführt wird: Investiert wird zusätzlich in Universitäten, in Forschung und Entwicklung. – So wird das ausgeführt.

Herr Staatssekretär, es sind die richtigen Maßnahmen angeführt, um entsprechende Offensiven zu starten. Zukunftsinvestitionen sind das, was wir jetzt brauchen. Die Re­gierung hat es ja selbst festgeschrieben in ihrer FTI-Strategie, in ihrer Forschungs-, Technologie- und Innovationsstrategie 2011, die hier auch beschlossen worden ist, dass Österreich zum Innovation Leader werden soll. Und im Strategiebericht steht drin­nen: langfristig.

Das ist interessant! Was heißt langfristig? Es klingt nach Selbstaufgabe der Regierung, wenn sie Ziele als langfristig definiert, wo doch seit Jahren immer die Rede davon war, vom Innovation Follower, vom Platz sechs zu den Innovation Leadern, zu den ersten Vier vorzustoßen.

Was ist passiert in den letzten Jahren? – Wir haben jedes Jahr einen Platz verloren. Das ist keine Momentaufnahme, sondern de facto eine Serie, und wir sind vom Platz sechs auf Platz neun abgerutscht. Und das, meine Damen und Herren, ist das Gefähr­liche daran! Das ist ein Trend und keine Momentaufnahme mehr.


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Jetzt komme ich auf die Zukunftsinvestitionen zu sprechen, die in der UG 31, Wissen­schaft und Forschung, der UG 33, das ist der Forschungsteil im Wirtschaftsressort, und der UG 34, das ist der Forschungsteil im BMVIT, festgehalten sind. Was geschieht dort? – Das sind im Jahr 2017, alle zusammengefasst, um sage und schreibe 8,7 Mil­lionen € weniger. Weniger in diesem Zeitraum! Wenn das eine Offensive ist, meine Damen und Herren, ja dann gute Nacht! Das kann ja nicht wirklich Ihr Ernst sein, so etwas als Offensive zu bezeichnen, als Impuls für die Wirtschaft, einen Impuls für eine sichere Zukunft. Wenn Sie die Inflationsrate, die Sie in Ihrem Strategiebericht mit 1,7, 1,8 Prozent angenommen haben, noch mitberücksichtigen, dann haben Sie eine mas­sive reale Senkung der Investitionen in diese so wichtigen Zukunftsbereiche.

Dieser reale Rückgang wird auch noch in einem anderen Bereich sichtbar. Weil die Gesamtausgaben im Budget von 2014 bis 2017 um 4,7 Prozent steigen, sinkt der An­teil dieser drei zentralen Bereiche der Forschung am Gesamtbudget von 6,03 Prozent auf 5,75 Prozent.

Das, meine Damen und Herren, ist erbärmlich! Das muss ich jetzt so ausdrücken, denn das ist tatsächlich ein schlechtes Zeichen für die künftige Entwicklung. Es sind nicht nur die Forschung, die Innovation und Technologie, wo wir ein Riesenproblem bekom­men werden, denn selbstverständlich bringt die Forschung von heute die Arbeitsplätze von morgen. Es geht auch um Zukunftsinvestitionen im Bereich Klima- und Um­weltschutz. Wenn Sie sich die UG 43, die Umwelt, anschauen, so waren das 2012 noch 735 Millionen €. Dann ist das gesunken, und 2014 sind es überhaupt nur mehr 630 Millionen €.

Meine Damen und Herren, das ist ein dramatischer Rückgang, der sich hier in so ei­nem wichtigen Bereich wie Klimaschutz, Umweltschutz abzeichnet, in dem es auch um spannende grüne Arbeitsplätze geht, die wir für sehr notwendig halten und die Ihr Um­weltminister Berlakovich als Lippenbekenntnis immer vor sich herträgt.

Frau Kollegin, ich habe vorhin schon gesagt, es ist nur eine Verwaltung des Status quo, im Bereich vieler Zukunftsinvestitionen ein markanter Rückschritt. Ganz klar ist: Dieses Budget, das de facto einen Status quo verwaltet, steht für Stillstand, bedeutet Rückschritt, und das müssen wir verhindern. Es braucht Zukunftsinvestitionen, es braucht eine Neugestaltung des Budgets, und daran gilt es in den nächsten Wochen zu arbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Mag. Schie­der. – Bitte.

 


18.53.03

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Debatte zum Bundes­finanzrahmengesetz ist, wenn man so will, eine zweigeteilte, weil unterbrochen durch eine längere Debatte des Dringlichen Antrags und die sogenannte Kurzdebatte. Daher darf ich auch dort ansetzen und das mitnehmen, was wir heute schon am Nachmittag zu dem Thema diskutiert haben.

Nicht meine direkte Vorrednerin, aber die zwei Kollegen Abgeordneten, die davor ge­sprochen haben, haben da doch einige Dinge ein bisschen durcheinandergebracht oder falsch dargestellt. Der Bundesfinanzrahmen, der, um das klar zu sagen, die Jahre 2014 bis 2017 umfasst und nicht das Jahr 2013 – das ist umfasst vom letztjährigen Fi­nanzrahmen –, wird erstellt auf Basis der aktuellsten, jüngsten Wifo-Prognose. Jährlich wird also immer zur Erstellung des Finanzrahmens die Wifo-Prognose mit all ihren As­pekten herangezogen, was Arbeitsmarktzahlen, Beschäftigungsquote, Arbeitslosen­quote, Inflationsrate und Wirtschaftswachstum betrifft. Es ist also kein Zahlenwerk, das


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sich das Finanzministerium oder die Politik ausdenkt, sondern es ist ein Zahlenwerk, das die Wirtschaftsforschung liefert. Aus dem heraus lässt sich auch berechnen, wie sich der Finanzrahmen entwickeln wird, und dann natürlich auch bestimmen, welche politischen Antworten es braucht.

Was sind die Eckdaten? – Auch hier sei gesagt: Die Abweichungen in der Prognose des Wifo im Vergleich zum letzten Finanzrahmen sind relativ gering. Was sind also die Eckdaten beim Wachstum? – Für 2013, also für das heurige, laufende Jahr 1 Prozent. Das steigt an in den folgenden Jahren auf 1,8, 2,0, 1,8 und 1,9 Prozent Wirtschafts­wachstum. Das ist noch nicht das ganz große Wirtschaftswachstum. Wir würden uns mehr wünschen und setzen natürlich auch auf die Politik, um ein gutes und vielleicht mehr an Wachstum zu erzielen.

Man muss aber auch in dem Zusammenhang sagen, es liegt über dem durchschnitt­lich prognostizierten Wachstum der Eurozone insgesamt. Dass wir laut Wirtschaftsfor­schung ein Wirtschaftswachstum haben werden, das höher als in der restlichen Euro­zone ist, zeigt schon auch, dass wir in einer glücklichen Situation sind, die meiner Mei­nung nach auch mit den politischen Rahmenbedingungen, die wir gesetzt haben, zu tun hat.

Was uns das Wifo auch vorhersagt, ist, dass die Arbeitslosigkeit leider nicht in dem Ausmaß sinken wird, wie wir uns das wünschen würden. Die Tendenz in den nächsten Jahren wird aber immerhin nach unten zeigen, und die Tendenz der Beschäftigung üb­rigens nach oben.

In diesem Geiste ist auch dieser Finanzrahmen erstellt. Es geht um eine wachstums­orientierte Konsolidierung, nämlich darum, dass das Wirtschaftswachstum stabil bleibt, gestärkt wird, dass die Beschäftigung stabil bleibt und gestärkt wird und gleichzeitig aber auch das Defizit reduziert wird, dass dieser Weg weitergegangen wird. Das ist ein Weg der Ankurbelung der Wirtschaft, der die Stabilität auch nachhaltig sichert. Das führt auch dazu, dass wir 2016 nach Maastricht-Rechnung einen ausgeglichenen Haushalt erreichen können und 2017 auch einen strukturell ausgeglichenen Haushalt nach der neuen europäischen Berechnung erreichen werden.

Wenn man vergleicht, dass die Europäische Union 11 Prozent Arbeitslosigkeit hat und Österreich mit 4,8 Prozent unter der Hälfte der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit inner­halb Europas liegt und dies im Zusammenhang mit einer stabilen Budgetentwicklung, die auch für das letzte Jahr unter 3 Prozent Defizit liegt, dann zeigt sich doch, dass der Weg, den diese Regierung zur Bewältigung der Krise gegangen ist, ein richtiger ist, und man sagen kann, dass diese Regierung Österreich relativ gut durch die Krise ge­bracht hat.

Umgekehrt betrachtet: Was haben andere gemacht, was wir nicht gemacht haben? – Wir haben keine Massensteuern erhöht, wir mussten nicht die Mehrwertsteuer erhö­hen, wir haben nicht einseitig gekürzt wie in vielen Ländern, und wir haben sogar auf der anderen Seite noch bewusst gegengesteuert mit Konjunkturpaketen, Investitionen im Bildungsbereich, im Gesundheitsbereich, in die thermische Sanierung. Auch die Entlastung des Faktors Arbeit zu Beginn dieser Regierungsperiode im Ausmaß von 3 Milliarden € hat natürlich auch den gesamten Finanzrahmen gekennzeichnet.

Es ist auch die Frage angesprochen worden, wie es mit dem Finanzsystem weiterge­hen wird. Nicht Österreichs Banken – man muss das richtig formulieren –, sondern die Banken, die wir verstaatlichen und retten mussten, stellen natürlich auch weiterhin eine Herausforderung mit vielen Fragezeichen dar. Daher muss auch die politische Antwort weiter verfolgt werden, nämlich die Finanzmarktregulierung voranzutreiben. Bereits in Begutachtung gewesen ist auch ein Entwurf für ein Bankinsolvenzrecht.


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Nachdem momentan alle Begutachtungsstellungnahmen eingearbeitet werden, schaut es auch gut aus, dass das zu Ende dieser Legislaturperiode, aber noch in dieser Le­gislaturperiode dem Hohen Haus zugeleitet und beschlossen werden kann. Genauso sind auch die europäische Bankenaufsicht, die Regulierung von Ratingagenturen, die Hedgefonds-Regulierung und deren nationale Umsetzungen wichtige Punkte in diesem Zusammenhang.

Viele Zuschauer zu Hause, überhaupt viele Leute fragen die Politiker, ob die Krise nun vorbei ist oder nicht. Entwarnung, dass die Krise vollkommen vorbei ist, kann man nicht ernsthaft geben, auch nicht angesichts der Wirtschaftsdaten, die für Europa, für die Weltwirtschaft, für andere Wirtschaftsräume gegeben werden. Daher ist es besonders wichtig, dass wir auch mit diesem Finanzrahmen konsequent den Weg weitergehen, nämlich Investitionen und Wachstumsimpulse mit Sparsamkeit in den Haushalten auch in der Zukunft zu verbinden. Damit schaffen wir die Möglichkeit für das, was uns ein besonderes Anliegen ist, nämlich die Beschäftigung zu stabilisieren und neue Arbeits­plätze zu schaffen. Wenn uns das gelingen wird, und das sieht dieser Rahmen vor, dann ist es für Österreich auch ein guter Weg. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


18.59.31

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, Herr Staatssekretär, und denen der Frau Finanzmi­nisterin vertreten wir vom BZÖ selbstverständlich eine völlig andere Meinung, nämlich: Dieses Bundesfinanzrahmengesetz ist eine weitere Bankrotterklärung dieser geschei­terten Bundesregierung. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Alle damit Befassten haben im Vorfeld heftige Kritik geübt, weil sämtliche Perspektiven, wie eine sinnvolle Steuerreform, fehlen. Letzten Montag im Zuge der Debatte über die falsche Zypern-Hilfe hat uns die schwarze Finanzministerin Fekter von der Regierungs­bank bestätigt, dass Österreich ein Hochsteuerland ist  und das ist die Katastrophe. Ich wiederhole: Österreich ist ein Hochsteuerland! – Das gehört geändert! Wir vom BZÖ sagen: Runter mit den Steuern! (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner. Staats­sekretär Mag. Schieder:  hinauf mit den Schulden, ?) Das haben wir heute schon diskutiert.

Diese gescheiterte Bundesregierung hat die Menschen nämlich längst genug ge­schröpft. (Staatssekretär Mag. Schieder: Rauf mit den Schulden, ?) Die Menschen sind grantig und verärgert. Viele von ihnen können sich das tägliche Leben nicht mehr leisten und sind armutsgefährdet. Als Ursache sehen sie die Steuerpolitik, vor allem die Steuerpolitik der ÖVP. Diese ist hundsmiserabel und eine echte Katastrophe. (Zwi­schenruf des Abg. Grillitsch.)

Über 81 Prozent der Österreicher meinen bereits, das Steuersystem ist nicht gerecht. Die Österreicher fordern ein neues Steuermodell. Wir vom BZÖ mit Josef Bucher ha­ben nämlich die Lösung, und das wurde heute schön dargebracht. Wir verlangen eine sofortige Steuersenkung und faire Steuern für alle. Nur durch faire Steuern haben die Menschen wieder mehr Geld fürs tägliche Leben zur Verfügung.

Diese gescheiterte Bundesregierung, geschätzte Damen und Herren, ist gut beraten, das BZÖ-Modell zu übernehmen. Dieses Bundesfinanzrahmengesetz setzt nämlich die falschen Impulse. Unsere Schulden explodieren weiter. Vor allem die ÖVP als Schul­denmacher der Nation lebt auf Kosten der nächsten Generationen. (Abg. Grillitsch: Wer?) Die ÖVP hängt nämlich jedem Neugeborenen sofort eine Schuldenlast von 32 000 € um. Das ist ein Wahnsinn. Die Bürger sind richtig angefressen, weil sie von


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dieser Bundesregierung im Stich gelassen werden. (Zwischenruf des Abg. Hörl. Abg. Grillitsch:  das BZÖ nur 1 Prozent!)

Diese Regierung verschenkt Steuergelder für Pleitegriechen und Spekulanten an den Finanzmärkten. In dieser Woche wurde die falsche Zypern-Hilfe abgesegnet. (Staats­sekretär Mag. Schieder: Warum sagen Sie nichts ?)

Wir vom BZÖ stellen dazu fest: Genug gezahlt! Genug gezahlt in falsche Kanäle. Un­ser Steuergeld muss in Österreich bleiben und sinnvoll eingesetzt werden! Logisch da­her, dass wir vom BZÖ diesen neuen Fekter’schen Finanzrahmen auf das Schärfste ablehnen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

19.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.02.30

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Es ist schon etwas verwegen, davon zu sprechen, dass diese Bundesregierung gescheitert ist (Abg. List: Ist sie ja!), wenn man in einem Land lebt, das dank dieser Bundesregierung und der gezielten Maßnahmen die nied­rigste Arbeitslosigkeit und die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen hat. Das ist sehr verwegen, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Zwischenruf des Abg. List.)

Das ist nicht von irgendwo hergekommen, sondern da sind ganz gezielte Budgetmittel in die Hand genommen worden, damit wir heute so dastehen, wie wir dastehen. Und dass uns nicht egal ist, was mit jenen Leuten passiert, die keine Arbeit haben, zeigt ganz einfach, dass im Budgetkapitel 20, Arbeit, auch die Ausgabenobergrenze von derzeit 6,41 Milliarden € bis zum Jahr 2017 um 450 Millionen € erhöht wird. Das ist ja nicht irgendetwas, denn das Geld wird dazu genützt werden, dass wir weiter die Ar­beitslosigkeit bekämpfen und durch gezielte Maßnahmen den Menschen Hilfestellung geben, dass sie wieder schneller in den Arbeitsprozess integriert werden. Und das ist wichtig und notwendig, sehr geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Herr Staatssekretär hat es schon gesagt: Laut Prognose wird zwar die Beschäfti­gung steigen, es wird aber auch ein zusätzliches Angebot von Arbeitskräften vorhan­den sein; und da wir ja auch in diesem Haus eine Reform der I-Pension beschlossen haben, wird es notwendig sein, auch dieser zusätzlichen Personengruppe Hilfestellung zu geben. Im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik wird es daher notwendig sein, den Schwerpunkt insbesondere auf den Bereich verstärkte Beteiligung von Frauen an der Erwerbstätigkeit zu legen, den Schwerpunkt darauf zu legen, jungen Menschen durch die Lehr- und Ausbildungsplätze eine Garantie zu geben, dass sie auch eine Zu­kunft in unserem Land haben, und dafür zu sorgen, dass es durch gezielte Maßnah­men auch möglich sein wird, dass verstärkt auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer am Arbeitsplatz gesund bleiben können.

Da haben wir in der Vergangenheit ja nicht nichts getan, sondern sehr viel getan, zum Beispiel „fit2work“, die Gesundheitsstraße, die Ausbildungsgarantie, die Bildungska­renz und, und, und. Und dieser gezielte, gute Weg wird auch in Zukunft durch uns fest­gelegt und weitergeführt werden.

Mir ist es auch wichtig, im Zusammenhang mit den Budgetmitteln darauf hinzuweisen, dass auch wieder – so wie in den vergangenen Jahren – dafür Sorge getragen wird, dass im Zusammenhang mit der Chancengleichheit auch der Grundsatz des Gender Budgetings im Bereich des Arbeitsmarktes weiter fortgesetzt wird. 50 Prozent der zu­rechenbaren Mittel zur Arbeitsmarktförderung werden wieder für Frauen verwendet, um


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Frauen ganz einfach den Wiedereinstieg zu erleichtern, um Qualifikationsmaßnahmen zu setzen und Frauen auch in jenen Bereichen wie zum Beispiel Handwerk und Tech­nik zu qualifizieren. All diese Maßnahmen sind durch die vorhandenen Budgetmittel ge­deckt.

Das heißt, meine Damen und Herren, eine steigende Erwerbstätigkeit leistet auch ei­nen wichtigen Beitrag einerseits für die Menschen, die in unserem Land leben, und an­dererseits – das ist mir sehr wichtig – ist die steigende Erwerbstätigkeit auch ein wich­tiger Punkt im Zusammenhang mit den Staatseinnahmen und – das sei zum Schluss gesagt  ein wichtiger Punkt, damit wir uns unser gutes Sozialsystem auch weiter leis­ten können. Das heißt, es ist eine Win-win-win-Situation: Die Menschen in diesem Land haben etwas davon, der Staat hat etwas davon, und die Sozialversicherung hat auch etwas davon.  Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Zwischenruf der Abg. Steibl.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Wö­ginger zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.06.22

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Standort bestimmt den Stand­punkt, und das kommt natürlich auch immer bei Budgetdebatten zum Ausdruck, auch wenn wir jetzt eigentlich über den Bundesfinanzrahmen für die kommenden Jahre sprechen. Es müssen aber einige Aussagen hier schon zurechtgerückt werden. Meine Kollegin Csörgits hat das bereits gemacht, aber das möchten wir von den Regierungs­parteien auch wirklich nicht so stehen lassen.

Erstens muss man sich die Frage stellen: Von welchem Land reden manche Opposi­tionspolitiker? Wenn man ihnen zuhört, dann sicher nicht von Österreich, meine Da­men und Herren. Ich verstehe es überhaupt nicht, warum unsere doch sehr guten Wirt­schaftskennzahlen und Arbeitsmarktdaten hier schlechtgeredet werden. Es gibt über­haupt keinen Anlass dazu. Wir sind die politisch Verantwortlichen in unserem Staat und sollten uns darüber auch freuen, wenn wir hier gute Zahlen aufzuweisen haben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte das auch untermauern: Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote, und das seit über zwei Jahren. Natürlich steigt auch bei uns die Arbeitslosigkeit, sie steigt leider in ganz Europa, aber wir haben immer noch die niedrigste Arbeitslosenquote. Wir haben die zweitniedrigste Jugendarbeitslosenquote, und, meine Damen und Her­ren, wir werden von anderen europäischen Ländern um unser duales Ausbildungssys­tem beneidet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Petzner:  die Leute glauben das ja alles nicht!)

Wir bringen mehr junge Menschen in Beschäftigung als in allen anderen europäischen Ländern. Daher sollten wir auch stolz sein auf dieses System, dass bei uns die jungen Menschen vermehrt einen Arbeitsplatz, einen Job finden, als das in anderen Ländern, auch in Europa, der Fall ist!

Und weil auch vom Kollegen Themessl behauptet wurde, die Reformen fehlen, es wur­den keine Reformen gemacht: Meine Damen und Herren, wir haben voriges Jahr ein Konsolidierungspaket beschlossen, das uns allen sicherlich auch noch in Erinnerung ist. Alle Österreicherinnen und Österreicher leisten einen Beitrag in den nächsten Jah­ren, damit wir das Budget konsolidieren können. Und wenn hier gesagt wird, es wurde keine Reform durchgeführt, dann ist das schlicht und einfach falsch. Wir haben die Förderungen zurückgeschraubt, wir sparen bei den ÖBB, es gibt ein 7-Milliarden-Paket bei den Pensionen, meine Damen und Herren. Wir haben uns sehr bemüht, da nicht


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drastisch einzugreifen, vor allem bei jenen, die kurz vor dem Pensionsantritt sind, son­dern langfristig das System abzusichern. Unser Pensionssystem ist eines der besten der Welt (Beifall der Abg. Fürntrath-Moretti), aber wir haben es geschafft, da in den nächsten Jahren 7 Milliarden einzusparen. Natürlich gibt es Veränderungen in diesem Bereich.

Morgen wird die Gesundheitsreform in diesem Haus beschlossen: ein Kostendämp­fungspfad; keine Einsparungen, sondern Kosten werden gedämpft, am Prozentsatz des BIP gemessen. Es wurde eine Verwaltungsreform mit 2,5 Milliarden € beschlos­sen, und wir haben auch Steuerlücken geschlossen. Steuerlücken, die es noch gege­ben hat, die durchaus auch ungerecht waren, wurden mit diesem Paket geschlossen. Anscheinend wird auch von der Abgeltungssteuer, dem Schweizer Abkommen, nicht mehr geredet.

Also, meine Damen und Herren, es ist schlicht und einfach nicht richtig, dass keine Re­formen durchgeführt wurden. Wir, diese Bundesregierung, wir von ÖVP und SPÖ hier im Parlament, wir führen dieses Land in eine gute Zukunft (Beifall bei der ÖVP Abg. Petzner: Ha, ha, ha!), nämlich dadurch, dass wir 2016 wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben werden und dass wir dann auch wieder in die Plus-Zone geraten wer­den. Das hier zu erwähnen ist schon wichtig.

Abschließend noch ein Beitrag zu den Offensivmaßnahmen: Wir sparen nämlich  (Abg. Petzner:  werden wir drüber reden heute!) – Ja, Herr Kollege Petzner, das kannst du dir sparen für eine Rede in Kärnten, da tut es not. Hier herinnen ist es nicht angebracht, solche Unsinnigkeiten zu verbreiten.

Wir sparen auch den Staat nicht kaputt, sondern wir haben Offensivmaßnahmen auch im Bereich der Universitäten, im Bereich der Bildung, im Bereich der Schulen, im Be­reich der Forschungsförderung, im Bereich von Jungunternehmen, im Bereich der ther­mischen Sanierung mitgeplant. Der Pflegefonds wird verlängert, bis zum Jahr 2017 wird es noch 650 Millionen € zusätzlich geben, und wir haben auch für die Pendlerin­nen und Pendler eine Lösung gefunden, die wir hier im Hohen Haus auch bereits ver­abschiedet haben.

Meine Damen und Herren, das sind Maßnahmen, die uns helfen werden, auch in Zu­kunft unseren Wirtschaftsstandort abzusichern, damit die Arbeitsplätze zu sichern, und somit wird auch der Wohlstand für die Zukunft in unserem Land gesichert sein. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Jury zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.10.56

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Nach den Ausführungen der Abgeordneten Csörgits und des Abgeordne­ten Wöginger muss man sagen, die Märchenstunde geht munter weiter. (Abg. Riepl: Ja, jetzt mit Ihrer Rede!)

Ich kann mich noch gut erinnern, wie uns Finanzminister Pröll und Finanzministerin Fekter erzählt haben, dass diese Griechenlandhilfe ja ein Geschäft sein soll für die Re­publik Österreich. Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Prognosen, die das WIFO aufstellt und die die Regierung übernimmt, sind eben nur Prognosen. Wenn ich mir anschaue, dass 2012 7 Milliarden Defizit erwirtschaftet wurden, dann, muss ich sa­gen, ist das eine Bankrotterklärung für die Republik Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Bankrotterklärung strahlt natürlich aus, strahlt aus auf unsere Kommunen, die ja irrsinnige Aufgaben zu bewältigen und zu bewerkstelligen haben. Und wenn man weiß,


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dass gerade die Gemeinden ein riesiger Investitionsfaktor sind und diese Gemeindein­vestitionen auch in den letzten zwei Jahren von 1,7 Milliarden € auf 1,5 Milliarden € zu­rückgegangen sind, dann ist da Gefahr im Verzug.

Wir reden über Ausrüstungen der freiwilligen Feuerwehr, wo freiwillige Feuerwehrleute Leib und Leben aufs Spiel setzen. Ich glaube, dass es nur billig wäre, diese Freiwillig­keit auch anständig zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich rede von Kinderbetreuungseinrichtungen, die von der Republik durch ihre Umsatz­steuerreform, durch die Vorsteuerabzugsfähigkeit der Schulbauten einfach konterka­riert werden. Ich rede von Kunstvermittlungsprogrammen, die gerade im ländlichen Be­reich irrsinnig wichtig sind und die dazu angetan sind, auch die Bevölkerung im länd­lichen Bereich zu halten, damit dieser auch in Zukunft nicht nur Erholungsraum sein kann, sondern Arbeits- und Lebensraum sein wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des
Abg. Tadler.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Summe ist dieses Bundesfinanzrahmenge­setz eben nur auf Prognosen aufgebaut. Ich hoffe und wünsche uns und unserer Poli­tik, dass diese Prognosen eintreffen. Aber wenn ich mir auf der anderen Seite an­schaue, wie viel Geld wir durch Europa schicken, und das vor allem in den Süden (Ru­fe: Kärnten!), um kranke Staaten aufrechtzuerhalten, wo null Bereitschaft da ist, einmal das System zu ändern, dann mache ich mir große Sorgen um diese Republik. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Eßl: Kärnten ist schon gerettet? Ist das System schon geändert? Abg. Hörl: In Kärnten ist alles geändert?)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.14.17

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Da­men und Herren! Der Bundesfinanzrahmen, in diesem Fall bis 2017, hat ja die grund­sätzliche Intention, eine langfristige strategische Planung und Schwerpunktsetzung der Bundesfinanzen vorzunehmen. Das ist eigentlich der Sinn des Finanzrahmens, wie er auch geschaffen und beschlossen wurde. Wenn man sich jetzt das vorhandene Zah­lenmaterial und -werk anschaut, dann stellt man fest, dass dieser ursprünglichen In­tention in keinster Weise Rechnung getragen wird, sondern dieser Bundesfinanzrah­men als lästige Pflichtübung betrachtet wird, die nichts mit der Realität zu tun hat.

Ich möchte das ganz konkret, weil auch immer wieder „Kärnten“ hereingerufen wurde, an einem Beispiel festmachen, meine Damen und Herren, nämlich an der Tatsache, dass wir  (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Zuhören, Herr Kollege Hörl, einmal bitte zu­hören! – Wir stehen vor der Tatsache, dass die EU-Kommission, nämlich der zuständi­ge EU-Kommissar Almunia droht, die österreichischen notverstaatlichten Banken, in erster Linie die Hypo Alpe-Adria, aber auch die Kommunalkredit, zwangsabzuwickeln, was Milliardenbelastungen für den Staatshaushalt in den nächsten Jahren zur Folge hätte. (Zwischenruf des Abg. Riepl. Abg. Hörl: Haider und Co!)

Und wenn man jetzt in diesen Bundesfinanzrahmen hineinschaut und nachprüft, ob da diese sehr wahrscheinlichen Szenarien in irgendeiner Form berücksichtigt wurden, dann stellt man fest, dass das in keinster Weise berücksichtigt wurde. Null Euro, über­haupt nichts ist für diesen Bereich vorgesehen. Das ist grob fahrlässig und zeigt auch, dass die Bundesregierung und das Finanzministerium es nicht ganz ernst meinen mit diesem Bundesfinanzrahmen. (Abg. Riepl:  dass ihr die Bank zugrunde gerichtet habt! Da waren Sie dabei!)

Ich bin ja nicht alleine mit dieser Behauptung, sondern diese Einschätzung teilt ja auch die grüne Fraktion. Das sieht man, wenn man heute den „Kurier“ liest, wo der Kollege


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Kogler auch zu Recht kritisiert, dass die Bundesministerin Fekter und das Finanzminis­terium für diese drohenden Milliardenzuschüsse keinerlei Vorsorge getroffen haben.

Ich möchte schon ganz konkret darauf eingehen und feststellen und hier auch gesagt haben, dass das, was Österreich droht, unvorhergesehene, unvorstellbare Auswirkun­gen für Österreich haben kann. Wir reden von Milliardenbeträgen, die alleine eine Zwangsabwicklung der Hypo Alpe-Adria, durch die EU-Kommission erzwungen, kosten würde. Die in den Medienberichten genannten Zahlen der Finanzministerin gehen von einer Summe von 4,4 Milliarden € aus. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sa­gen, dass ich weiß, dass es innerhalb – vielleicht kann das der Herr Staatssekretär be­stätigen – des Finanzministeriums beziehungsweise der zuständigen Gremien auch ganz andere Zahlen und Rechnungen gibt und dass es Fallbeispiele gibt, wonach al­leine die Zwangsabwicklung der Hypo Alpe-Adria bis zu 11 Milliarden € kosten könn­te – 11 Milliarden €.

Jetzt schauen Sie sich die Budgetzahlen an und dann wissen Sie, welche dramati­schen Auswirkungen das für den österreichischen Staatshaushalt haben würde! (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) – Genau, korrekt. Da gibt es aber ein Fallbeispiel, das das durchrechnet. – Insofern ist es nicht nur unverantwortlich, im Bundesfinanzrahmen keinerlei Vorsorge getroffen zu haben, sondern noch viel mehr ist es unverantwortlich, dass die österreichische Bundesregierung und allen vo­ran die Finanzministerin Fekter seit 2009, seitdem sie auch die Verantwortung für diese Staatsbank hat, überhaupt keine Erfolge vorweisen kann und es dem staatlichen Ma­nagement und der zuständigen Bundesregierung in keinster Weise gelungen ist, eine vernünftige Sanierung und eine vernünftige Abwicklung und einen Verkauf sowohl der Hypo Alpe-Adria als auch der Kommunalkredit sicherzustellen.

Das kann uns noch sehr, sehr teuer kommen, und ich warne schon heute davor, das dann dem Bundesland Kärnten in die Schuhe zu schieben. Seit 2009 trägt die Bundes­regierung für diese Bank die Verantwortung und wird auch für die Zeit von 2009 bis 2013 dann zur Verantwortung zu ziehen sein. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Man muss der Frau Finanzministerin vorwerfen, dass sie auf EU-Ebene äußerst ungeschickt agiert hat. Ich weiß, dass der Kommissar Almunia Wien hat aus­richten lassen, wenn die Frau Fekter noch einmal nach Brüssel kommt, dann lässt er die Bank sofort zwangsabwickeln, weil die Frau Fekter durch ihr polterhaftes, undiplo­matisches Auftreten in Brüssel nicht die Türen für eine Verlängerung der Frist aufge­macht, sondern vielmehr zugemacht hat. Daher appelliere ich auch an die Bundesre­gierung, dass diese Causa Hypo Alpe-Adria ab sofort zur Chefsache erklärt werden muss und diese Agenda auch der Finanzministerin Fekter entzogen werden muss! (Abg. Mag. Darabos: Ihr habt die Bank  und sagt, die Bundesregierung ist schuld?! So was habe ich noch nie gehört! Wer hat sie an die Wand gefahren? Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Denn wird sie nicht zur Chefsache und kann Frau Minister Fekter weiter herumfuhr­werken, wie sie will, so kann das ganz dramatische Auswirkungen – ich habe die dro­henden Milliardenkosten genannt – auf Österreich haben. Und es wäre schlichtweg verantwortungslos, weiter so zu fuhrwerken. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Frau Finanzminister Fekter hat mit dem Management bereits bewiesen, dass sie weder willens noch in der Lage ist, eine geordnete Abwicklung der Hypo Alpe-Adria, aber auch der Kommunalkredit, aber auch der Volksbanken sicherzustellen. (Beifall beim BZÖ. – Abg Rädler: Brandstifter  Feuerwehrmann!)

Herr Kollege Darabos, weil Sie da so aufgeregt hereingerufen haben: Ich mache der SPÖ da überhaupt keinen Vorwurf, ich mache auch dem Staatssekretär Schieder über­haupt keinen Vorwurf (Abg. Riepl: Sie sollten sich selber einen Vorwurf machen! Das wäre gescheiter!), sondern ich glaube, dass die SPÖ hier sogar bewusst von der ÖVP


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hinters Licht geführt und falsch informiert wurde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Dara­bos.) Ich glaube, dass die ÖVP, Ihr Regierungspartner, Ihnen in der Causa Hypo Alpe-Adria, aber auch Kommunalkredit niemals die Wahrheit gesagt hat. Die hat euch schlichtweg hereingelegt, wie auch das gesamte Parlament hier.

Frau Finanzminister Fekter hat das Parlament nachweislich falsch informiert. Ich möch­te das auch konkret mit einem Dokument beweisen, das ich aus Deutschland habe, aus München mitgebracht habe, und möchte das mit der Aussage von Frau Fekter und von Herrn Finanzminister Pröll hier im Parlament vergleichen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Ich habe in zahlreichen parlamentarischen Anfragen und auch Reden hier immer wie­der die Frage gestellt – Herr Kollege Darabos, jetzt wird es interessant, jetzt müssen Sie zuhören! –: Wann hat es die ersten Gespräche mit der BayernLB gegeben, und wann ist der österreichischen Republik und Finanzminister Pröll – damals – klar gewor­den, dass hier die Insolvenz droht? – Die Antwort war immer die gleiche: im Novem-
ber 2009.

Frau Finanzminister Fekter hat sowohl schriftlich als auch mündlich hier erklärt – und wir wissen, wie das Interpellationsrecht ausschaut –, dass im November 2009 die ers­ten Gespräche mit München stattgefunden haben.

Dieses Dokument aus München (dasselbe Schriftstück in die Höhe haltend), meine Da­men und Herren, beweist nachdrücklich, dass sowohl der ehemalige Finanzminister Pröll als auch die amtierende Finanzministerin Fekter das Parlament vorsätzlich und bewusst falsch informiert haben. Zum Zweiten beweist dieses Dokument, dass der ehemalige Finanzminister Josef Pröll vor Gericht, in Prozessen und vor dem Untersu­chungsausschuss des Kärntner Landtages mehrfach das Delikt der falschen Zeugen­aussage erfüllt hat, meine Damen und Herren, weil Pröll dort auch das gesagt hat, was das offizielle Wording des ÖVP-Finanzministeriums ist, nämlich immer: November 2009.

Was steht jetzt in dieser Unterlage, Herr Kollege Darabos? – Ich zeige sie Ihnen dann gerne persönlich. (Abg. Mag. Darabos: Andere Seite! – Abg. Mag. Rudas – auf die Reihen der ÖVP weisend –: Dort rüber!) – Das ist ein internes Vorstandsdokument der BayernLB vom Dezember 2009, ein Statusbericht über die Hypo Group Alpe-Adria. Dieses Dokument gibt es in Österreich gar nicht, ich stelle es auch gerne Herrn Staatssekretär Schieder zur Verfügung, damit er selber lesen kann, wie die ÖVP auch ihn falsch informiert hat.

Dieser Plan hat vier Inhalte: Punkt 1: Maßnahmen seit dem Erwerb, Punkt 2: Restruk­turierungsprojekt, Punkt 3: Sonderprüfung Kreditportfolio, Punkt 4: Verkaufsverhand­lungen und Punkt 5: Fazit und Würdigung. – Und Punkt 4, Verkaufsverhandlungen, ist ganz interessant. Das ist nämlich der entscheidende Punkt: Wann sind also diese Ver­kaufsverhandlungen mit der Republik Österreich gestartet worden?

Blättern wir in dieser strikt vertraulichen Unterlage der BayernLB auf Seite 4! Titel: Ge­spräche mit der Republik Österreich.

Und jetzt schauen wir, ob es stimmt, was Herr Finanzminister Pröll unter Wahrheits­pflicht vor Gericht und im Kärntner Untersuchungsausschuss gesagt hat. Stimmt das Datum November 2009? Stimmt das Datum November 2009, das Frau Bundesfinanz­minister Fekter genannt hat? Herr Kollege Bartenstein, stimmt das? Was steht hier schwarz auf weiß?

Ich zitiere aus diesem Dokument der BayernLB:

Punkt 4: Gespräche mit der Republik Österreich. Seit August 2009: Beginn der Ge­spräche mit der Republik Österreich. 25. August 2009: Treffen von Herrn Staatsmi­nister Fahrenschon, Dr. Kemmer mit Finanzminister Pröll zur Hypo Group Alpe-Adria. – Zitatende.


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August 2009! Und dieses Dokument ist der Beweis dafür, dass Finanzminister Pröll vor Gericht die Unwahrheit gesagt hat, im Untersuchungsausschuss die Unwahrheit ge­sagt hat, und Frau Finanzminister Fekter in Anfragebeantwortungen das Parlament falsch informiert hat. Das wird noch Konsequenzen haben, meine Damen und Herren, denn ich habe bereits eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung an die Staatsan­waltschaft übermittelt (ein weiteres Dokument in die Höhe haltend), weil es nicht sein kann, dass ein Finanzminister derart unehrlich agiert und dass eine Finanzministerin, in diesem Fall Frau Finanzminister Fekter, das Parlament falsch informiert. (Abg. Räd­ler: Der Brandstifter !)

Und wenn das, Herr Kollege aus Niederösterreich, stimmt, was da schwarz auf weiß in diesem Dokument der BayernLB steht, nämlich dass man schon im Sommer 2009 Ge­heimgespräche zwischen dem bayerischen CSU-Minister Fahrenschon und zufällig dem österreichischen Finanzminister Pröll unter Ausklammerung des Koalitionspart­ners SPÖ geführt hat, dann passt auch die ganze Geschichte, die ihr da mit der Pleite der Hypo konstruiert habt, nicht. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das sei alles erst ganz kurzfristig im November 2009 ausgebrochen, über Nacht sei plötzlich die Bay­ernLB abgesprungen. Es war Zeitdruck, man habe das Ganze notverstaatlichen müs­sen (Abg. Rädler:  schreibt die Geschichte neu!), es sei nicht anders gegangen. Die­ses ganze Konstrukt fällt mit einem Schlag wie ein Kartenhaus zusammen, meine Da­men und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich prophezeie Ihnen hier und heute, dass da noch sehr, sehr viel aufkommen wird, denn das sind nicht die einzigen Unterlagen, die ich aus München mitgebracht habe, und dass der Herr Pröll noch sehr viel Erklärungsbedarf haben wird.

Insofern, meine Damen und Herren, warne ich Sie auch davor, das Thema Hypo Alpe-Adria für Ihren Wahlkampf zu missbrauchen. Das könnte fürchterlich zum Bumerang werden, gerade für die ÖVP. Greift da ja nicht hin, denn da habt ihr eine ziemliche Bau­stelle beieinander! Wir werden das alles noch diskutieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.)

All das zeigt auch, nicht nur dass die ÖVP da sehr unehrlich agiert, sondern das zeigt auch, wie dramatisch die Situation insgesamt ist, wie fahrlässig es ist, dies im Bundes­finanzrahmen nicht berücksichtigt zu haben, und wie viel Aufklärungsarbeit noch über die wahren Hintergründe der Notverstaatlichung der Hypo Alpe-Adria zu leisten ist.

Wir werden nicht darum herumkommen, einen Untersuchungsausschuss zu diesem Thema einzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Denn eines steht fest, das steht außer Streit, jetzt geht es nur mehr um Folgendes: Es steht fest, dass die Hypo Alpe-Adria den Steuerzahler mindestens 4 Milliarden – andere rechnen mit bis zu 11 Milliar­den – kosten wird. Die Frage ist nur: Wann? Die Frage ist nur: Wann?!

Frau Fekter versucht jetzt, gemeinsam mit anderen auf EU-Kommissionsebene zu er­reichen, dass man zumindest bis Ende 2014 Zeit für das Ganze bekommt, damit das Ganze vor der Wahl im Herbst nicht mehr ausbricht und es keinen ÖVP-Skandal und keinen Steuerskandal in einer Größenordnung von 4 bis 5 Milliarden € vor der Natio­nalratswahl im Herbst für die ÖVP gibt. Das ist euer Ziel. (Abg. Rädler: Damit kannst du den Haider auch nicht retten!)

In Wirklichkeit geht es hier aber um den österreichischen Steuerzahler, und für den ös­terreichischen Steuerzahler bedeutet die Fortsetzung der Politik der Frau Finanzmi­nister Fekter betreffend Hypo Alpe-Adria, dass spätestens Ende 2014 – denn mehr Zeit werden wir von der EU-Kommission nicht bekommen (Zwischenruf des Abg. Rädler), das steht fest – dieses Milliardendebakel ansteht und diese Milliardenkosten auf den österreichischen Steuerzahler zukommen werden.

Daher kann ich nur noch einmal appellieren, auch an den Herrn Staatssekretär, ge­meinsam mit dem Bundeskanzler dafür zu kämpfen, dass der ÖVP und Frau Finanz-


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minister Fekter dieses Thema entzogen wird. (Abg. Rädler: Das Thema bleibt eh bei euch!) Die Frau Finanzminister hat versagt und das Parlament falsch informiert. Die Hypo Alpe-Adria muss zur Chefsache erklärt werden, um Steuergeld für die Österrei­cherinnen und Österreicher zu retten. (Beifall beim BZÖ.)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten. – Bitte.

 


19.28.35

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petzner, was an Ihren Anschuldigungen wirklich dran ist, wird ja wohl demnächst geklärt werden, wie Sie selber sagen. (Abg. Petzner: Die Staatsanwalt­schaft! ! Es läuft eh schon!)

Wenn man sich in Erinnerung ruft, wer die Verursacher des Hypo-Debakels in Kärnten ursprünglich waren, nämlich Ihre Parteifreunde, dann kann man sich des Eindrucks einer Haltet-den-Dieb-Strategie hinter Ihrer Rede nicht erwehren (Abg. Petzner: Eine deutsche Bank! Es war eine deutsche Bank! Seit 2007! Eine deutsche Bank!), aber, wie gesagt, das wird ja wohl demnächst geklärt werden.

Aber vielleicht kehren wir in der Debatte doch zum eigentlichen Thema zurück, nämlich zum Bundesfinanzrahmengesetz. Wenn man einige Oppositionsreden hört – bei Wei­tem nicht alle, aber einige Oppositionsreden –, dann ist man doch erstaunt über die ziemlich undifferenzierte Einschätzung. Ich kann mich durchaus Kollegen anschließen, die sagen, sie wissen nicht, von welchem Land geredet wird, denn wenn man dann umgekehrt – und das tut manchmal ganz gut, das kann ich sozusagen nur als Gegen­therapie empfehlen – ausländische Medien zur Hand nimmt und dort die Einschätzung der österreichischen Budgetpolitik, Wirtschaftspolitik et cetera und vor allem deren Auswirkungen liest, wo Österreich zunehmend als Vorbild eingeschätzt, eingestuft und hingestellt wird, so ist eine derartige Einschätzung, so glaube ich, hier im Haus auch ganz wichtig.

Man muss sich vor Augen halten, in welchem wirtschaftlichen Rahmen wir uns bewe­gen und wofür in diesem Bundesfinanzrahmengesetz die Weichen gestellt werden, nämlich für Budgets, die Krisenbewältigungsbudgets und Konsolidierungsbudgets sind. Und wenn man sich dann die Eckdaten vor Augen hält wie Wachstumsraten, niedrige Arbeitslosigkeit – besonders wichtig im internationalen Vergleich ist vor allem die nied­rige Jugendarbeitslosigkeit –, geringe Verschuldung, so sieht man, dass die Politik der letzten Jahre auch tatsächlich in Erfolgen zu messen ist. Und das ist auf die erfolgrei­chen Weichenstellungen, politischen Weichenstellungen, die die Bundesregierung in den letzten Jahren gesetzt hat, zurückzuführen.

Es ist auch wichtig, dass der Bundesfinanzrahmen sicherstellt, dass Investitionen im Bildungsbereich in den nächsten Jahren weitergehen können, vom Ausbau der Kinder­betreuungseinrichtungen bis zur Fortführung des Reformwegs an den Schulen, so wie auch an den Hochschulen die Situation durch die Fortführung der Hochschulmilliarde weiter verbessert werden soll. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortole­zis-Schlager. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.31.49

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zu­schauer! Auch zur späten Stunde gilt noch das Wort: Ohne stabile öffentliche Haushal­te ist kein Wachstum möglich. (Abg. Mag. Gaßner: So spät ist es noch gar nicht!)


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Was wir brauchen, ist daher eine Budgetkonsolidierung, auch um halb acht am Abend, genauso wie um neun in der Früh und wie morgen wieder um neun in der Früh, wenn wir Budgetmittel für eine Wachstumspolitik haben wollen, die auch durch Innovation angetrieben wird.

Dieses Budget trägt die Handschrift von zwei Regierungsparteien, die sich dazu beken­nen, dass der wichtigste Motor künftig die Innovation sein wird: Motor für eine vernünf­tige Beschäftigungspolitik, Motor für eine gute Entwicklung unserer Unternehmen, Mo­tor auch für eine gute Jugendbeschäftigung. Und die Voraussetzung dafür ist, dass die Qualität unseres Bildungssystems auch künftig gesichert und ausgebaut wird.

Dazu hat es heute schon deutliche Signale gegeben, diese wird es in den nächsten Jahren auch noch geben: das Erfolgsmodell duale Ausbildung, das Erfolgsmodell der berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, aber auch das Erfolgsmodell unserer Hochschulen.

Und die brauchen sich eines Vergleichs nicht zu scheuen. Wir gehören nach der Sta­tistik Austria wieder zu jenen Ländern, zu jenen Top-5-Ländern, die in die Forschung investieren. Unsere Forschungsquote gehört zu den Top 5 Europas. Das heißt nicht, dass wir uns nicht noch weiter steigern wollen, aber es ist einmal ein schönes Zeichen, auch mit offiziellen Daten bewiesen zu bekommen, dass es Sinn macht, in Forschung und Entwicklung zu investieren und dass sich dies auch entsprechend wieder in un­seren niedrigen Arbeitslosenraten niederschlägt.

Was ist in diesem Budgetrahmen wichtig? – Wichtig ist, dass wir nicht nur über die Konsolidierung und die Offensivmaßnahmen eine Einigung erzielen, wichtig wird auch werden, dass wir einen gesellschaftlichen Konsens erzielen, was die Studienbeiträge betrifft. Denn wir dürfen nicht vergessen, wir könnten 230 Millionen € zusätzlich für die Wissenschaft, für die Forschung, für die Lehre lukrieren, wenn wir diesbezüglich auch einen gesellschaftlichen Konsens herstellen können. Dieser Budgetrahmen gibt nur den Rahmen auf der Basis des bestehenden Konsens, eine Vorschau, aber selbstver­ständlich lässt sich das Budget auch noch verbessern, wenn wir gerade betreffend Stu­dienbeiträge und Studiengebühren eine Einigung erzielen, wenn wir eine Einigung auch im Bereich der Zugangsregelungen, der vernünftigen Bewirtschaftung unserer Kapazitäten an den Hochschulen erzielen, um dann auch in einen entsprechenden Wachstumsprozess mit unseren Hochschulen zu kommen.

Ich glaube, der heutige Budgetrahmen, der uns vorgelegt wird, wird noch intensiv dis­kutiert werden, zeigt aber, dass Innovation ein wichtiges Anliegen ist. Einige Reform­maßnahmen sind gemeinsam zu betreiben.

Abschließend: Ein Jahr Erhöhung des faktischen Pensionsalters und Annäherung an das reale gesetzliche Pensionsalter würden 1 Milliarde € bringen. Diese Milliarde wün­sche ich mir auch für den Innovationsmotor Wissenschaft und Forschung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhau­ser. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.39

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegin­nen, werte Kollegen! Frau Kollegin Cortolezis-Schlager hofft auf den gesellschaftspoliti­schen Konsens betreffend Studiengebühren und Studienfinanzierung. Die Sozialdemo­kratie setzt auf andere Wege, nämlich auf eine vernünftige, stabile Politik, bei der wir nicht von Menschen, die ein Studium beginnen wollen, Eintrittsgebühren verlangen. Das sind Dinge, die für uns Sozialdemokraten nicht in Frage kommen. Bezüglich der


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Studiengebühren ist mit der SPÖ in dieser Form sicherlich kein gesellschaftspolitischer Konsens zu erzielen.

Kollege Schieder hat es bereits gesagt. Was brauchen wir? – Eine stabile Budgetpoli­tik, um Investitionsrahmen zu schaffen, um auch eine zukunftsorientierte Politik zu ma­chen.

Wir werden im Rahmen der morgigen Debatte die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Gesundheitsreform beschließen, etwas, wo es Minister Stöger gemeinsam mit den Ländervertretern, mit den Sozialversicherungen und mit der Finanzministerin geschafft hat, einen Konsolidierungspfad im Rahmen der Gesundheitspolitik zu fahren, der sei­nesgleichen sucht.

Es ist erstmalig gelungen, dass wir den Patienten wirklich in den Mittelpunkt der Pla­nungen gestellt haben, dass versucht werden wird, mit einer gemeinsamen Zielsteue­rung die Mittel so einzusetzen, dass sie auch wirklich dort ankommen, wo sie hingehö­ren, nämlich beim Patienten  (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) – Wie bitte? (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das wird morgen eh verhandelt!) – Aber ich spreche jetzt zum Finanzrahmen für Gesundheit. Sie können es sich gerne an­hören. Ich erzähle es Ihnen morgen noch einmal, vielleicht verstehen Sie es dann noch ein bisschen besser, als Sie es heute nach meinen Ausführungen tun werden.

Auf jeden Fall werden wir morgen in der Gesundheitsreform einiges beschließen. Wir geben derzeit knapp 1 Milliarde € für Gesundheit im Jahr aus. Es sind durchaus inno­vative Geschichten enthalten wie auch die Ausrollung von ELGA, die Stärkung von Prävention und der Versuch, Menschen länger gesund im Arbeitsleben zu halten – wie auch schon von meiner Kollegin Csörgits in diversen Projekten geschildert wurde, die vonseiten des BMASK und über Gesundheitsförderung und Prävention laufen.

Alles in allem denke ich, dass wir einen nicht immer einfachen Weg der Budgetkonso­lidierung gegangen sind, dass wir uns dazu bekannt haben, enge Rahmen einzuhalten, um Möglichkeiten zu haben, weiter zu investieren. Im Bereich der Gesundheit ist es uns gelungen; ich meine, das ist ein Erfolg der Bundesregierung – vor allem ein Erfolg von Minister Stöger. (Beifall bei der SPÖ.)

19.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.38.05

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätz­ten Damen und Herren! Ich behaupte, Österreich steht gut da. Wir haben in Österreich die besseren Antworten auf die Wirtschaftskrise gefunden als andere. Wir haben na­türlich auch Auswirkungen zu spüren bekommen, aber wir haben diese Auswirkungen durch eine kluge Politik besser bewältigt als andere.

Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner, pro Kopf liegt um 26 Prozent über dem EU-Durchschnitt, das prognostizierte Wachstum beträgt 1 Prozent, im Vergleich mit den EU 27 0,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 4,9 Prozent, im Vergleich mit den EU 27 bei 10,8 Prozent. Ich glaube, das sind schon Daten, die darauf hinweisen, dass wir eine gute Politik gemacht haben.

Österreich ist auch bei der Budgetkonsolidierung vorbildlich unterwegs, schon im Jahr 2011 wurde das 3 Prozent-Kriterium erfüllt. Um zwei Jahre früher, als von der EU gefordert, ist dies gelungen.

Auch im Jahr 2012 wurde sowohl das Maastricht-Defizit mit minus 2,5 Prozent als auch die Schuldenquote mit 73,4 Prozent niedriger als geplant eingehalten. Wir wollen daher,


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dass diese Reformstrategie der Bundesregierung entsprechend fortgesetzt wird. Die Erreichung der Stabilität der öffentlichen Finanzen hat wirklich Priorität in der Politik.

Für 2016 ist ein gesamtstaatlich gesehen ausgeglichenes Maastricht-Ergebnis geplant. Im Jahr 2017 soll es dann einen Überschuss geben. Das strukturelle Defizit wird bis 2017 auf 0,45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückgehen. Die Schuldenquote soll bis 2017 auf 67 Prozent und bis 2020 auf 60 Prozent sinken.

Insgesamt sind bei diesem Bundesfinanzrahmengesetz, wo ja jetzt das Jahr 2017 da­zukommt, eine Auszahlungsobergrenze von 78,584 Milliarden € und Einzahlungen von 78,791 Milliarden € vorgesehen. Das bedeutet einen Budgetüberschuss von 207 Mil­lionen €.

Ich darf noch die Landwirtschaft als ein Beispiel herausgreifen; auch dieser Bereich wird nicht erhöht. Trotzdem ist es wichtig, dass langfristige Planung möglich ist, denn die Bauern brauchen diese Entgelte, wenn sie auch in Zukunft die Leistungen erbrin­gen sollen. Sie brauchen langfristige Planbarkeit.

Ich darf mich daher herzlich vor allem für die kofinanzierten Mittel bedanken, bei Vize­kanzler Spindelegger und Bundeskanzler Faymann, dass sie sich darauf geeinigt ha­ben, dass die Bauern auch bei geänderten Kofinanzierungsbedingungen die Brüsseler Gelder für die ländliche Entwicklung wieder voll abholen können.

Im Gegensatz dazu steht das Bundesland Salzburg, wo die Burgstaller-SPÖ eine Schröpfung der Bauern um 30 Millionen € pro Jahr beabsichtigt gehabt hätte, indem sie im Textteil des Landeshaushaltsgesetzes 2014 heimlich hineingeben wollte: Die in diesem Gesetz vorgesehenen finanziellen Mittel für die EU-kofinanzierten Ausgaben für die Salzburger Landwirtschaft dürfen nur insoweit verwendet werden, als diese den mit der Europäischen Union beziehungsweise dem Bund vereinbarten Mindestförder­schlüssel vorsehen. – Danke an Wilfried Haslauer, dass er das verhindert hat. (Zwi­schenruf des Abg. Jury.)

Das Bundesfinanzrahmengesetz werden wir, glaube ich, im Ausschuss entsprechend beraten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Pendl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.09

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Wenn man einige Oppositionsrednerinnen und Opposi­tionsredner hier gehört hat, fragt man sich wirklich, von welchem Land sie gesprochen haben.

Ich habe jedes Verständnis für sachorientierte Kritik, überhaupt kein Thema, aber wir sollten nicht so weit gehen, wie das manche hier machen. Man kann sich ganz Europa, man kann sich die ganze Welt anschauen und zum Vergleich heranziehen, aber ich denke, dass die österreichische Bundesregierung und auch wir hier mit den richtigen und notwendigen Beschlüssen die Finanz- und Wirtschaftskrise eindeutig am besten gemeistert haben. Das ist überhaupt keine Frage.

Jeder einzelne Arbeitslose ist einer zu viel, aber man kann das nicht wegdiskutieren, sodass es dieses Thema nicht mehr gibt. Und im europäischen und im internationalen Vergleich liegen wir bei allen Parametern hervorragend.

Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, wir müssen unsere Arbeit machen, das ist über­haupt keine Frage. Diese Regierung hat sich vorgenommen – wir haben uns das ja ge­meinsam vorgenommen –, in den nächsten Jahren ein konsolidiertes Budget zu errei­chen, und daran muss man arbeiten.


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Ich möchte auch in aller Klarheit sagen, dass ununterbrochen alles zu wenig ist, dass das bei jedem Budgetkapitel so ist. Jeder sagt, dass zu viel Geld ausgegeben wird, aber jeder möchte für seinen Lieblingsbereich mehr Geld. Wie soll das gehen?

Ich darf nur auf meinen Bereich, den Bereich der inneren Sicherheit kurz eingehen. Wir haben ein Budget, das nicht schlecht ist, natürlich könnte es besser sein, aber es ist gut. Und als wir uns vorgenommen haben, in dieser Legislaturperiode 1 000 Planstel­len mehr zu schaffen – in der Legislaturperiode! –, haben alle gelacht. Für alle ist alles zu wenig, aber kosten soll halt alles nichts. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht halt nicht.

Lieber Kollege Petzner, nicht böse sein: Ich habe schon viele Kabaretts gesehen und war schon in so manchem Theater, aber nur über die Sanierer herzuziehen und kein einziges Wort über die, die in Wirklichkeit das Desaster verursacht haben, zu verlieren, dazu gehört schon Humor. (Abg. Hörl: Genau!) Ich sage dir das schon in aller Deut­lichkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Fangt nicht immer damit an, denn das ist eine Art Beweisumkehr! All jene, die sich jetzt tagtäglich bemühen, zu retten, was zu retten ist, zieht ihr durch den Kakao – aber kein Wort über die Verursacher.

Das könnt ihr jetzt noch so oft wiederholen, in der Zwischenzeit glaubt es ohnehin nie­mand mehr. Nur: Es wird ja nicht besser. Und ich meine, wir haben es nicht notwendig, die Diskussion auf diesem Niveau zu führen. Wir alle wissen es und brauchen uns die Geschichten nicht wie bei der Tschauner Bühne hier vorzutragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden ausreichend Zeit haben, die ein­zelnen Thematiken zu diskutieren, und wir sind aufgerufen, gemeinsam daran zu arbei­ten. Herr Staatssekretär, ich denke, dass wir in den einzelnen Bereichen ganz gut un­terwegs sind. Wir werden das, davon gehe ich aus, sehr sachlich, da und dort sicher auch hart diskutieren, und wir werden für dieses unser Land, für die Österreicherinnen und Österreicher am Ende des Tages nicht nur einen guten Finanzrahmen haben, son­dern vor allem auch ein gesundes Budget, das den erforderlichen Spielraum für not­wendige innovative Investitionen gibt, wie wir uns das gemeinsam auch bei den Koali­tionsverhandlungen und im Regierungsprogramm vorgenommen haben.

In diesem Sinne freue ich mich schon auf die kommenden Diskussionen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Windisch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.10

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wenn ich das Thema Bundesfinanzrahmen­gesetz diametral betrachte, fällt mir Helmut Qualtinger ein. Vielleicht kennen Sie seinen berühmten Spruch, der zugleich auch der sinnloseste war, wo er sagt, im „Wilden auf seiner Maschin’“: Ich weiß zwar nicht, wohin ich fahre, dafür bin ich aber schneller dort. – Es macht eben genau keinen Sinn, einerseits Gas zu geben ohne andererseits zu wissen, wohin man will, wo man landen will.

Der Bundesfinanzrahmen ist eben genau das Gegenteil. Er ist eine Leitlinie, ein Pfad zum richtigen Ziel. Gemeinsam mit dem Stabilitätspakt, gemeinsam mit der Schulden­bremse haben wir den Plan, wohin diese Reise gehen soll.

Zum Ersten: Wir brauchen das Wachstum. Das WIFO prognostiziert ja einen Anstieg des BIPs von 320 Milliarden auf 368 Milliarden € im Jahr 2017.


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Zum Zweiten: Wir brauchen Reformen, das ist auch ganz klar, bei Doppelgleisigkeiten, bei den Strukturen.

Und last but not least: Wir brauchen vor allem auch Investitionen für das Wachstum, und zwar in den Bereichen Bildung, Forschung und Entwicklung, Infrastruktur, und vor allem für die Beschäftigung. Beschäftigung und Wachstum sind ja sozusagen eineiige Zwillinge, das Pärchen, das Hand in Hand geht.

Ich glaube, dass die Menschen seit der Krise in Griechenland und seit der Staatsüber­schuldung auch in Zypern mittlerweile einen anderen Zugang zu Schulden und vor al­lem zum Schuldenmachen haben. Sie haben in den Medien gesehen und gelernt, dass sie das Schuldenmachen ihres Staates sehr wohl mit entsprechenden Einschnitten durchaus massiv treffen kann.

Erstmals wird in dieser Budgetperiode auch ein Langfristausblick gemacht, weil die EU es auch verlangt, bis ins Jahr 2050. Es mag schon sein, dass die Medien meinen, auch aufgrund der vielen Parameter und Variablen, die sich da verändern können, dass die­ser weite Blick in die Zukunft quasi ein Blick in die Kristallkugel sei. Aber trotzdem mei­ne ich, dass wir uns durchaus die Trends, die Entwicklungen, ja die Stellschrauben und die Gefahren anschauen müssen, damit wir unseren Budgetpfad einhalten können.

Es gibt ja auch ein Worst-Case-Szenario des WIFOs, das prognostiziert ist: Wenn nichts geschieht, könnte es durchaus sein, dass wir 2050 ein Maastricht-Defizit von 5 Prozent haben und wiederum einen Schuldenstand, eine Schuldenquote von 90 Pro­zent. Das darf natürlich nicht passieren.

Es gibt auch – vielleicht kennen Sie auch diesen Ausdruck – die normative Kraft des Faktischen. Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben, als man laufend einnimmt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) – Außer man macht Schulden, aber wir wollen ja nicht, dass sie stärker ansteigen.

Dieses Bundesfinanzrahmengesetz gibt Planbarkeit und Sicherheit, und daraus resul­tieren Stabilität und Ordnung, womit wiederum das Bedürfnis der Sicherheit, das Urbedürfnis der Menschen, ein zentrales und ganz legitimes Bedürfnis, befriedigt wer­den kann. Und auch deswegen stimmt unsere Fraktion diesem Gesetz zu. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Damit haben wir eigentlich gerechnet!)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Binder-Maier. 3 Minuten sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte. (Abg. Mag. Gaßner – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Binder-Maier –: Gabriele, stimmen wir auch zu? – Abg. Binder-Maier: Möglich!)

 


19.50.01

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Strategiebericht werden zum Thema Fa­milie Herausforderungen formuliert. Zum einen, dass die Veränderungen im Familien­bereich flexible Lösungen brauchen, und zum anderen, dass unumstritten ist, dass die kinder- und jugendunterstützenden Leistungen anerkannt, wichtig und notwendig sind.

In diesem Strategiebericht wird auch erwähnt, dass die finanziellen Transferleistungen des Staates, zum Beispiel Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Fahrtenbeihilfe et cetera, ein finanzieller Ausgleich der Unterhaltslast für die noch nicht selbsterhaltungs­fähigen Kinder sind.

Im Sinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind die finanziellen Rahmenbedin­gungen für die Artikel-15a-Verträge für den Ausbau der Kinderbetreuung nach wie vor wichtig und notwendig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 192

Auch die Förderung gemeinnütziger Vereine zur Elternbildung, zur Gewaltprävention und andere Maßnahmen werden in diesem Bericht angeführt.

Als ganz wichtig erscheint mir auch sozusagen der letzte Absatz, dass gerade durch Konsolidierungsmaßnahmen gewährleistet ist, dass diese familienpolitisch notwendi­gen Leistungen durch unser nationales Fördersystem weiterhin gesichert sind.

Ziel muss, meine Damen und Herren, die Stabilisierung der Familienleistungen sein, die den Kindern, den Familien zur Verfügung gestellt werden. Andererseits brauchen wir aber auch unter den geänderten Bedingungen Spielräume für Veränderungen und Neustrukturierungen.

Meiner Meinung nach gibt es drei Pfeiler, die dazu beitragen können, ein Leben le­benswert zu gestalten: Beschäftigung, Wachstum und Einkommen. Und es kann nicht sein, dass jene Menschen, die fleißig arbeiten, ein geringes Einkommen haben, da­durch aber auch keine oder kaum Steuern zahlen und deshalb sozusagen an den Pranger gestellt und durch Systeme benachteiligt werden.

Deshalb unterstütze ich, unterstützt meine Fraktion die Forderung der Frauenministerin nach Durchforstung der Familienförderung, weg von den Absetzbeträgen, Freibeträ­gen, hin zu drei wesentlichen Punkten: Entrümpeln wir das System, vereinfachen wir die Auszahlung der Geldleistungen an die Familien, erhöhen wir die Familienbeihilfe und nehmen wir Geld in die Hand zum Ausbau der Kinderbetreuung. Das wäre mehr als gerecht.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wesentlicher Bestandteil unserer politischen Überlegungen sein muss – die Bedingungen für die Menschen haben sich geändert –, natürlich mit dem Ziel, dass Kinderbetreuung zur Bildungseinrichtung mit einheitlichen Qualitätskriterien wird.

Meine Damen und Herren! Profitieren würden 2,3 Millionen Kinder, rund 2,3 Millionen Familien in Österreich; daher ein klares Bekenntnis meiner Fraktion zu diesen Förde­rungen und Maßnahmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

19.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.54.11

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die OECD hat vor wenigen Wochen den Bericht veröffentlicht, wie viel Official Development Assistance Österreich gezahlt hat. Es waren im Jahr 2012 nicht sehr ruhmreiche 0,28 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Das heißt, Bewegung nach oben ist durchaus angebracht.

Die Arbeitsgemeinschaft Globale Verantwortung hat in den letzten Monaten mit in Summe 113 Abgeordneten aus diesem Hohen Haus Gespräche geführt. Davon waren 104 von allen Fraktionen, das sind satte 92 Prozent, der Meinung, dass man die Kür­zungen in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit zurücknehmen soll.

Diese Haltung der großen Mehrheit des Parlaments spiegelt sich auch in einem Fünf-Parteien-Antrag wider, den wir im Rahmen des Budgets im November beschlossen ha­ben, in dem wir die Regierung aufgefordert haben, im Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 eine Steigerung der Mittel für bilaterale Entwicklungszusammenarbeit vorzu­sehen. Das ist zwar jetzt nicht geschehen, indem es eine Steigerung in diesem Ansatz des Außenministeriums gegeben hat, was auch nicht sein muss, denn in diesem Be­reich ist ja einiges zu machen, was Umschichtungen von einem Bereich zum anderen betrifft. Und wir wissen auch, dass im Bereich des Außenministeriums in etwa 68 Mil­lionen in der Rücklage liegen, und auch daraus kann durchaus eine Steigerung der bi­lateralen Mittel erreicht werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 193

Ich bin mir sicher, wir werden einen parlamentarischen Weg finden, unseren Willen zum Bundesfinanzrahmengesetz in diesem Sinne klar zu dokumentieren und zu un­termauern und damit im Jahr 2014 die finanziellen Mittel für die ODA auch wirklich zu erhöhen.

Wir, sehr viele Abgeordnete hier im Haus, stehen hinter einer ordentlichen Ausstattung der bilateralen EZA im Interesse von Tausenden Menschen weltweit, die mit Unterstüt­zung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit Zugang zu sauberem Trink­wasser, Möglichkeiten zur Nutzung moderner Toilette- und Sanitäranlagen haben, die Chancen auf Bildung haben, die in den Genuss von rechtsstaatlichen Strukturen kom­men oder durch unser entwicklungspolitisches Engagement die Möglichkeit haben, ihre vollen Menschenrechte zu genießen.

Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei dieser großen Mehrheit an Abgeordneten, na­mentlich den Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP, der Grünen, des BZÖ und des Teams Stronach, die diese Politik mittragen, die sich dazu bekennen, dass es wichtig ist, welt­weit Verantwortung zu übernehmen, die internationale Solidarität mit ihren Bekennt­nissen auch wirklich leben und sagen: Okay, es ist klar, wir sind sieben Milliarden Men­schen auf dieser Erde, wir werden friedlich zusammenleben müssen, wir werden die Ressourcen, die wir haben, fair und gerecht teilen! Wir stellen uns diesen globalen Auf­gaben, wir nehmen sie ernst! – Und das werden wir mit diesem Bundesfinanzrahmen­gesetz durchaus auch dokumentieren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort gemeldet. 3 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


19.57.15

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kurze Replik auf die Ausführungen des Kolle­gen Eßl, der pflichtgemäß einen Seitenhieb auf die SPÖ Salzburg anbringen musste.

Ich würde dem Herrn Präsidenten der Landwirtschaftskammer Salzburg Eßl empfeh­len, für seine Almbauern zu sorgen und sich um diese zu kümmern, die aufgrund der Rückforderungen der Europäischen Union vor durchaus schwierigen Situationen stehen. Er sollte verhindern, dass diese Rückforderungen auf die Almbauern übertragen oder ab­gewälzt werden, damit die eine planbare Zukunft haben. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Wenn man dann noch bedenkt, dass diese falschen Beschuldigungen gegen die Alm­bauern von der Beratung der Beamten der Landwirtschaftskammer und der AMA her­rühren, dann hat er sehr viele Aufgaben, um seinen Bauern Planbarkeit zu geben. (Bei­fall bei SPÖ, BZÖ und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Eine Bemerkung zur UG 42 im Bundesfinanzrahmengesetz, Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft: Im Strategiebericht lese ich: „Umsetzung der Strukturreform im Bereich der Wildbach- und Lawinenverbauung (Standortkonzentration)“. – Ich weiß nicht, wie man im Bereich der Lawinen- und Wildbachverbauung eine Standortkonzentration durchfüh­ren soll.

Wir sollten jedoch aufpassen, dass wir genau diese Behörde nicht daran hindern, Maßnahmen gegen Katastrophenschäden zu setzen und vor allem präventiv zu arbei­ten. (Beifall des Abg. Hörl.)

Zum Zweiten lese ich: „Zusammenlegung von Bundesanstalten“. – Immer wieder, alle Jahre wieder, fast wie Weihnachten kommt, die Bundesanstalten im Bereich der Land­wirtschaft zusammenzulegen. Welche sind das? – Das sind die Bundesanstalt für


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Bergbauernfragen und das AWI, die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft. Diese können von der Zielsetzung her eigentlich gar nicht zusammengelegt werden, denn die Bun­desanstalt für Bergbauernfragen ist ein wesentliches Forschungsinstitut, das europa­weit anerkannt ist und sich genau mit den schwierigen Regionen und mit den Men­schen, die dort ihre Arbeit verrichten, den Bergbauern, beschäftigt, und das sollten sie auch weiterhin tun können.

Ich weiß auch nicht, was dort eingespart werden soll, außer man überlegt, die Leute zu kündigen und diese Institutionen überhaupt aufzulösen. Dagegen verwahre ich mich und ich hoffe, auch die nächste Regierung wird sich dagegen verwahren. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich noch Herr Abgeordneter Mag. Hai­der gemeldet. 3 Minuten. – Bitte.

 


20.00.30

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Nach diesen Jubelreden ist es jetzt wirklich Zeit, dass Sie wieder einmal auf den Boden der österreichischen Realität zurückgeholt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser Budgetplan ist kein Plan, sondern die Fortsetzung eines gewaltigen Raubzuges, und das sage nicht nur ich, sondern das richten Ihnen sämtliche Wirtschaftsjournalisten dieses Landes aus und in diesem Fall der Chefredakteur der „Oberösterreichischen Nachrichten“ Gerald Mandlbauer, der sich vorige Woche in einem Leitartikel überlegt hat, was wohl die Oppositionspolitikerin Fekter zur Finanzministerin Fekter bei der Vor­lage dieses Finanzrahmengesetzes sagen würde. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Dieser Budgetplan ist kein Plan, sondern die Fortsetzung eines gewaltigen Raub­zugs. – Dies auch an die Adresse der Frau Kollegin Kuntzl, die sich ja schon genötigt gefühlt hat, ausländische Medien zur Verteidigung dieses unambitionierten Weiter­schreibens des Budgetrahmens 2012 bis 2016 heranzuziehen, weil sie in Österreich keinen einzigen Kommentator gefunden hat, der auch nur ein gutes Haar an dieser fa­den, unambitionierten Fortschreibung gefunden hätte.

Laut Statistik Austria liegen die Steuereinnahmen der Republik mittlerweile – wir haben es heute ohnehin schon ein paar Mal gehört – bei 86,7 Milliarden €, das ist in den letz­ten zehn Jahren ein Anstieg von 33 Prozent, und die Ausgaben sind um 43 Prozent ge­stiegen. Sie geben das Geld wirklich schneller aus, als es reinkommt. Und man muss es auch immer wieder sagen: höchste Steuerbelastung in der Geschichte und trotzdem die höchsten Schulden aller Zeiten.

Wir sind derzeit bei einer Verschuldungsquote von 73 Prozent gemessen am BIP. Aber dabei wird es ja nicht bleiben, meine Damen und Herren, denn durch die Reform der EU-Statistik-Regeln wird sich der Schuldenstand weiter erhöhen, nämlich um die aus­gelagerten Schulden der ÖBB und der Bundesimmobiliengesellschaft beispielsweise, und die werden dem Staatsdefizit zugerechnet. Daher kommt schon die Ratingagentur Standard & Poor’s in ihrer Berechnung zu dem Schluss, dass sich die Schulden von 73 auf 77 Prozent des BIP erhöhen werden. Aber diese Erhöhung findet in dem hier vor­gelegten Finanzrahmen keinerlei Niederschlag.

Ebenfalls keinerlei Niederschlag finden – und wir haben es auch heute schon gehört – die 80 Milliarden Haftungen für ESM, EFSM, EFSF und so weiter und so fort. Und auch keinerlei Niederschlag, und das ist das ganz Interessante, finden die Haftungen, die Sie vor einem Monat für die Fazilität zur finanziellen Stabilisierung der Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, eingegangen sind. Hinter diesem sperrigen Titel ver­birgt sich der Schatten-ESM, der mit über 50 Milliarden dotiert worden ist, womit Sie


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Bulgarien, Rumänien und, sobald es beitritt, dann auch Kroatien retten wollen. Sie ma­chen auch nicht halt bei den Eurostaaten, nein, nein, Sie wollen gleich alle mit unserem Geld retten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe daher so, wie ich begonnen ha­be, mit einem Zitat von Gerald Mandlbauer, „Oberösterreichische Nachrichten“:

„Was Maria Fekter zu Maria Fekter sagen täte: ,Hören Sie mir mit dieser Budgetlüge auf. In Wahrheit sanieren Sie nichts.‘“ – Zitatende. (Beifall bei der FPÖ.)

20.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte und weise die Regierungsvorlage 2251 der Beilagen dem Bud­getausschuss zu. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Ich weiß nicht, woher Sie dieses Croquis haben, aber wahrscheinlich hat Sie der Klub­sekretär falsch informiert.

20.04.284. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 2238/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Ing. Erwin Kaipel, Gabriele Tamandl, Elmar Podgorschek, Mag. Wer­ner Kogler, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Doppelbesteuerung für zehntausende Pensionisten (2267 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. 5 Minuten Redezeit sind einge­stellt. – Bitte.

 


20.05.03

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass dieser Entschlie­ßungsantrag, der von allen sechs Parlamentsfraktionen getragen wird, heute hier be­schlossen wird.

Worum geht es? – Ganz kurz erklärt: Es geht um jene 150 000 Pensionistinnen und Pensionisten, die vor allem in den Grenzbundesländern zur Bundesrepublik Deutsch­land leben, deren Pensionen jetzt seit zwei Jahren nachbesteuert werden. Die Bun­desrepublik Deutschland hat beschlossen, dass die Pensionen, die aus der Sicht Deutschlands ins Ausland bezahlt werden, eben nachbesteuert werden, und zwar auch rückwirkend bis zum Jahr 2005.

Das hat natürlich bei den betroffenen Personen einigermaßen Verwirrung ausgelöst. Ich komme aus dem Wahlkreis Innviertel, aus dem Bezirk Schärding. Ich lebe in dieser Grenzregion. Bei uns sind Tausende Menschen betroffen, die wir und auch die Senio­renorganisationen, die ich ausdrücklich erwähnen möchte, bestmöglich beim Ausfüllen der Formulare unterstützen. Man muss sich vorstellen, ein 70-jähriger, 75-jähriger, 80-jähriger Pensionist oder eine gleichaltrige Pensionistin tun sich schwer dabei, diese Formulare so auszufüllen, damit letzten Endes auch das herauskommt, was nach der deutschen Gesetzgebung herauskommen soll.

Ich betone ausdrücklich, weil das auch für viele Vertreter der älteren Generation nicht verständlich ist, das ist nicht etwas, was wir hier beschlossen haben. Da kann der österreichische Staat oder der österreichische Gesetzgeber nichts dafür, sondern


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Deutschland besteuert eben jene Pensionen, die ins Ausland deswegen bezahlt wer­den, weil eben Österreicher in ihrer Aktivzeit dort gearbeitet haben.

Was beinhaltet dieser Sechs-Parteien-Entschließungsantrag? – Es wird eine Ombuds­stelle eingerichtet. Nächste Woche soll diese überall funktionieren. Bei den Finanzäm­tern, bei den Grenzfinanzämtern ist es derzeit schon möglich. Es werden derzeit Ex­pertinnen und Experten ausgebildet, die sich beim deutschen Steuerrecht auch aus­kennen. Das ist ja höchst kompliziert, auch mit unserem Steuerrecht schwer zu ver­gleichen. Es gibt dort beschränkte Steuerpflicht und unbeschränkte Steuerpflicht. Es ist auch für jemanden, der sich mit dieser Thematik beschäftigt, schwer nachzuvollziehen, wo jetzt eine Steuer anfällt beziehungsweise wo der Steuerfreibetrag zur Anwendung kommt.

Des Weiteren haben wir hier die Problematik, dass Tausende Kleinstpensionisten deut­sche Pensionen in Höhe von 100, 200, 250, 300 € und daneben eine österreichische Pension beziehen.

Ein Paradebeispiel ist auch die Frage der Doppelbesteuerung. Hat jetzt ein Pensionist eine österreichische und eine deutsche Pension, zum Beispiel in Höhe von 700 €, also insgesamt 1 400 €, dann wurde jetzt der Steuersatz, also der Progressionsvorbehalt ermittelt, indem beide Pensionen berücksichtigt wurden, jedoch nur die österreichische Pension dann mit dem Steuersatz besteuert wurde. Diese Frage ist auch offen.

Deshalb danke ich auch der Finanzministerin ausdrücklich dafür, dass sie vor 14 Ta­gen eine Expertengruppe unseres Finanzministeriums nach Neubrandenburg entsandt hat, denn zuständig ist nämlich das Finanzamt Neubrandenburg. Das ist gewiss nicht die feine deutsche Art, wenn man so sagen kann, obwohl wir an und für sich mit un­serem Nachbarn sehr gut zusammenarbeiten, aber logischerweise hat man kein Fi­nanzamt in der Grenzregion genommen, da man offensichtlich gewusst hat, dass das wahrscheinlich gestürmt werden würde. Das heißt, Neubrandenburg ist zuständig. Daher hat Maria Fekter eine Expertengruppe mit Sektionschef Nolz an der Spitze nach Berlin geschickt, um eben diese Fragen zu klären, etwa Fragen der Doppelbesteue­rung oder wenn zum Beispiel eine Pensionistin, die eine kleine Pension hat, die Steu­ervorschreibung bezahlt hat, obwohl eigentlich der Freibetrag greifen würde.

Es ist, wie gesagt, eine komplexe Materie. Da besteht jetzt die Möglichkeit, das rück­aufzurollen, damit die Beträge auch rückentrichtet werden. Das Steuerrecht sollte so zur Anwendung kommen, wie es auch in Deutschland im Gesetz niedergeschrieben ist. Das, glaube ich, ist eine ganz wichtige Information für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.

Wir haben uns wirklich maßgeblich dafür verwendet, auch die Abgeordneten, die in den Grenzregionen leben. Ich möchte hier wirklich auch alle nennen, vor allem auch die Seniorenverbände, insbesondere den Seniorenbund von meiner Fraktion, damit hier eben diese Ombudsstelle eingerichtet wird, damit man sich dort auch erkundigen kann, ob eine Steuer anfällt, ja oder nein, und wie vor allem auch diese Formulare aus­zufüllen sind, damit das auch eine Entlastung für die betroffenen Pensionistinnen und Pensionisten darstellt.

Das heißt, ab nächster Woche soll diese Informationsstelle, diese Ombudsstelle, über­all laufen. Es gibt auch eine E-Mail-Adresse: deutsche-pension@bmf.gv.at. Viele Tau­sende Pensionisten haben Gott sei Dank Internet- und E-Mail-Zugang und können da­her diese Möglichkeit nutzen.

Es geht also darum, dass wir als österreichischer Gesetzgeber, als österreichische Fi­nanzbehörden unsere Pensionistinnen und Pensionisten, die eine deutsche Pension beziehen, bestmöglich unterstützen. Und das wird mit diesem Entschließungsantrag bekräftigt.


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Ich bin der Finanzministerin wirklich sehr dankbar dafür, dass sie diese Initiative ge­setzt hat und dass dieses wichtige Instrumentarium der Information für die betroffenen Menschen jetzt auch eingerichtet wird. (Beifall bei der ÖVP.)

20.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.11.06

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir behandeln einen All-Parteien-Antrag, mit dem Bezieher deut­scher Renten in Österreich unterstützt werden sollen. Worum es dabei geht, hat mein Vorredner im Wesentlichen erklärt: Das Problem liegt darin, dass in Österreich lebende Bezieher deutscher Renten nachbesteuert werden sollen – und das rund fünf Jahre zu­rück, genau bis zum Jahr 2005. Betroffen davon wären laut einer Statistik der PVA mehr als 153 000 Menschen.

Die Rechtslage dafür ist klar. Mit der Neuregelung der deutschen Steuergesetzgebung im Jahre 2005 gelten aus Deutschland stammende Renteneinkünfte im Ausland als in­ländische Einkünfte. Das heißt, die Besteuerung hat in Deutschland zu erfolgen. Das entspricht auch dem gültigen Doppelbesteuerungsabkommen mit dem deutschen Nach­barn.

Moralisch schaut es allerdings etwas anders aus. Wenn der Beschluss im Jahr 2005 erfolgt ist und ab Herbst 2010 die Aufforderungen zur Abgabe von Steuererklärungen eintreffen, dann stellen sich wohl einige Fragen. Die Information ist zweifellos eine Bringschuld der deutschen Behörden. Man kann von alten Menschen in Österreich, von 80- oder 90-jährigen Pensionisten doch nicht erwarten, dass sie sich in Bezug auf Änderungen im deutschen Steuerrecht auf dem Laufenden halten. Daher ist das wohl Aufgabe der deutschen Behörden.

Es wäre gerechter gewesen, sofort nach diesem Beschluss im Jahre 2005 die Informa­tion an die Betroffenen weiterzugeben, womit diese die Möglichkeit gehabt hätten, ent­sprechend Vorsorge zu treffen. Das alles rückwirkend auf fünf Jahre ist eine Vorgangs­weise, die auch gegen den Vertrauensschutz verstößt.

Tatsache ist, dass diese Vorgangsweise viele PensionistInnen in Bedrängnis bringt. Ei­ne monatliche Pension von 300 € kann in etwa eine Steuernachzahlung von 1 700 € nach sich ziehen. Für die deutsche Besteuerung wird der Normaltarif angewendet, oh­ne Berücksichtigung von Grundfreibeträgen, ohne Berücksichtigung von personen- oder familienbezogenen Begünstigungen.

Wenig bekannt ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch Sonderbehandlun­gen möglich sind, die zu einer Steuerreduktion oder zu einer Steuerbefreiung führen. Experten haben uns im Ausschuss erklärt, wenn man die Beantwortung aufgrund der deutschen Aufforderung richtig macht, dann können etwa 90 Prozent der Fälle steuer­frei bleiben. Als Beispiel wurde auch genannt, dass eine Rente bis zu 3 200 € keine weiteren Steuern nach sich ziehen soll. (Beifall des Abg. Dr. Jarolim.)

Das komplexe Steuerrecht war der Grund dafür, dass dieser Antrag gestellt wurde. Der Inhalt ist, wie gesagt, schon erklärt worden. Es geht darum, dass eine Beratungsstelle eingerichtet wird, wo dann die Beratungen so erfolgen, dass die Anträge richtig ausge­füllt werden.

Angeregt wird ebenso, dass in dieser Sache Gespräche mit den Deutschen geführt werden sollen. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass Kollegin Au­bauer und ich eine Petition eingebracht haben, in der Wünsche formuliert sind und wo wir hoffen, dass diese Anregungen aufgenommen werden.


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Abschließend: Es ist unmenschlich, dass 70-, 80- oder 90-jährige Pensionisten mit der­artigen Kürzungen konfrontiert werden, da diese Menschen keine Möglichkeit mehr ha­ben, für entsprechende Kompensation zu sorgen. Diese Menschen haben auch kein Verständnis für Korruption, Steueroasen und Steuerhinterziehungen, wobei es in sol­chen Fällen um wesentlich mehr Geld geht als das, was aufgrund dieser Maßnahme eingebracht werden kann.

Daher wäre es, wie ich meine, sinnvoll, mehr Engagement dafür aufzuwenden, heraus­zufinden, wo mehr und höhere Geldbeträge liegen, anstatt PensionistInnen, die ein Le­ben lang brav Steuern gezahlt haben, zu belasten und deren Lebensabend zu er­schweren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Pod­gorschek zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.54

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Da ich, wie Herr Abgeordneter Wöginger, aus dem Wahlkreis Innviertel komme und seiner Brandrede sehr konzentriert gelauscht habe, kann ich seinen Worten nur beipflichten. Das ist bei uns wirklich ein großes Problem. Ich darf das vom Kollegen Wöginger Gesagte dahin gehend ergänzen, dass ich glau­be, dass das deutsche Finanzministerium gerade Neubrandenburg eingesetzt hat, weil man dort mit preußischer Gründlichkeit wahrscheinlich wirklich jedem Pfennig nachge­hen wird.

Es wird natürlich sicher nicht so sein, dass jeder Senior einen Internetanschluss hat, und daher, glaube ich, dürften durchaus Beratungen vonnöten sein. Kollege Wöginger hat schon den Seniorenbund angeboten. Ich darf das jetzt nur bekräftigen. Selbstver­ständlich ist es auch beim Seniorenring möglich, dass man Beratungen anfordert.

Was die Sache selbst betrifft, kann ich nur dazu gratulieren, dass endlich etwas ge­schieht, dass die Frau Bundesminister auch mit ihren Amtskollegen darüber spricht. Manche Pensionen haben nur eine Höhe von ein paar Euro, da sehr viele Grenzgän­ger bei uns im Innviertel oft nur wenige Monate in Deutschland gearbeitet haben und somit einen Anspruch auf eine Pension in Höhe von nur wenigen Euro haben. In mei­nem Bezirk Ried arbeiten sehr viele Leute auch im Bäderdreieck in Füssing. Und wenn sie dann noch eine Steuererklärung ausfüllen müssen, dann ist das mehr als kompli­ziert. Daher ist es, wie ich meine, mehr als gerechtfertigt, dass man den Verwaltungs­aufwand da reduziert.

Was die Beratungsstellen betrifft, muss ich sagen, dass gerade in Braunau, Ried und Schärding die Finanzämter bestens darauf vorbereitet und wirklich bemüht sind, dass sie unsere Senioren beraten. Ich hoffe, dass die anderen Finanzämter im sogenannten Binnenland das auch erkennen und dass unsere Senioren entsprechend beraten wer­den und es zu einem guten Ende kommt. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Dr. Lichtenecker. 4 Minuten. – Bitte.

 


20.18.16

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich ist dies ein kluger Antrag, ein Antrag, den heute alle unterstützen. Ich möchte jetzt weniger auf die Inhalte eingehen, außer dass ich dazu sagen möchte – unabhängig davon, ob es Pensionisten, junge Menschen oder Men­schen mittleren Alters sind –, dass selbstverständlich die Verwaltung, die Ämter die


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Bürgerinnen und Bürger in ihren Anliegen bestmöglich unterstützen und beraten. Und genauso ist es in diesem Bereich. Und es ist gut so, dass jetzt eine entsprechende Be­ratungsstelle, eine Hotline eingerichtet wird.

Ich möchte zum Prozedere und zur Genese dieses Antrags Stellung nehmen, und zwar insofern, als ich verwundert war, in welcher Form das dann auf den Tisch gekommen ist, da ich mich erinnern konnte, dass dieser Antrag schon länger sozusagen in der Pipeline war und im November seitens des BZÖ eingebracht worden ist. Wir haben das im Mai diskutiert, und ich kann mich sehr gut an die Debatte erinnern. Seitens der Re­gierungsparteien wurde so getan, wie wenn der Antrag etwas völlig Jenseitiges wäre und selbstverständlich ohnehin alles im Laufen wäre. Die Praxis hat gezeigt, dass es ganz anders ist.

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Es gibt viele Anträge der Opposition, und es wäre wichtig, dass man sie in dieser Form ordentlich diskutiert, ihnen entweder zustimmt oder sie ablehnt, aber nicht in den Ausschüssen nach der Methode „Begräb­nis erster Klasse“ vorgeht und Anträge vertagt. Das ist demokratiepolitisch höchst frag­würdig.

Dieser Antrag ist in dieser Form nun doch als All-Parteien-Antrag heute hier gelandet. Prinzipiell aber muss man sich diese Vorgangsweise sehr wohl gut überlegen. Ich glaube, dass es wichtig ist, auch alle anderen Bereiche und Anliegen, die seitens der Opposition eingebracht werden, sachlich, fachlich zu diskutieren und, auch wenn es ein Oppositionsantrag ist, diesen zu unterstützen und zu forcieren. Ich denke, es ist ein Auftrag, eine Aufforderung für die nächste Legislaturperiode, sich den Umgang mit An­trägen der Opposition in dieser Form sehr gut zu überlegen. (Beifall bei den Grünen.)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.21.00

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Dank an meine Vor­rednerin für die klaren Worte, denen ich mich vollinhaltlich anschließe, weil die Genesis der Entwicklung dieses Antrages schon bemerkenswert war! Das BZÖ, Kollege Bucher und ich, haben am 18. November 2011 exakt den Antrag eingebracht, den wir heute, Ende April 2013, beschließen. Eineinhalb Jahre Überzeugungsarbeit! Zwischenzeitlich hat eine spektakuläre Finanzausschusssitzung stattgefunden, nämlich am 10. Mai 2012, als dieser Antrag mit einigen Monaten Verspätung dann in den Ausschuss ge­kommen ist.

Was sich dort – und jeder, der dabei war, kann sich noch sehr gut daran erinnern –, in diesem Ausschuss abgespielt hat, wie wir verhöhnt worden sind von den ÖVP-Ab­geordneten, wie der Antrag in Bausch und Bogen einfach abgelehnt, nicht vertagt, son­dern abgelehnt worden ist, wie die Frau Finanzministerin, als wir ihr einzelne Schick­sale vorgehalten haben, welche Pensionisten es da nämlich trifft, kleine Pensionisten, die 90, 95 Jahre alt sind, die überhaupt nicht wissen, wie ihnen geschieht, uns mit ei­nem kalten Lächeln ausgerichtet hat – ich zitiere wörtlich, ich habe es mitgeschrieben –, die Pensionisten sollen ihre Steuerberater fragen – unglaublich, das alles. Ich habe dann die Frau Ministerin gefragt: Sind Sie noch bei Trost? 90-, 95-Jährige haben Steu­erberater, können sich Steuerberater leisten, die sie fragen können? Dann hat sie ge­sagt: Na ja, wenn sie keinen Steuerberater haben – nächste Unverfrorenheit –, dann sollen sie doch auf die Homepage des Finanzministeriums gehen, dort wird das auch erklärt!

Das war der Skandal in diesem Ausschuss damals. Und erst ab dem Zeitpunkt, als wir ihr das vorgehalten haben und die ganze soziale Kälte, Abgehobenheit und auch un-


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fassbare Vorgangsweise dieser ÖVP-Ministerin an die Öffentlichkeit gekommen ist, erst dann habt ihr eingelenkt, Freunde von der ÖVP! Jetzt hierher ans Rednerpult zu treten und so zu tun, als ob ihr diese Initiative durchgesetzt hättet, das ist einfach un­wahr, schäbig und auch nicht nachzuvollziehen, Herr Kollege Wöginger! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Team Stronach.)

Die SPÖ hat sich damals wenigstens zurückgehalten, aber ihr habt das in Bausch und Bogen verurteilt, als wir euch das aufgezeigt haben. Und siehe da, auf einmal geht es, auf einmal funktioniert es, weil euch auch der Druck zu groß geworden ist. Auf einmal kommen Vertreter des Seniorenbundes – und ich bin dem Herrn Kollegen Kaipel und Frau Kollegin Aubauer sehr, sehr dankbar dafür – mit dieser Petition, die dann, natür­lich auch mit einer Verzögerung, im Februar dieses Jahres eingebracht worden ist. Sie hat auch dazu beigetragen, dass die Meinungsbildung vorangetrieben wird, und sie geht auch über den heutigen Antrag hinaus, was mir auch sehr gut gefällt.

Herr Kollege Staatssekretär, was wir heute beschließen, ist super, einen All-Parteien-Antrag, aber das ist erst der Beginn der Fahnenstange, das ist nicht das Ende. Dass wir jetzt eine Beratungsstelle einrichten und sagen: Das war’s!, uns umdrehen und ge­hen, das kann es nicht gewesen sein. Schauen Sie sich – ich zitiere sie jetzt nicht – diese Petition von Kaipel und Aubauer an, die ich für sehr vernünftig erachte, die geht darüber hinaus! Man muss jetzt auch Gespräche aufnehmen, und da nützt es nichts, wenn irgendein Sektionschef einmal einen lustigen Besuch in Neubrandenburg macht, sondern da geht es um harte Verhandlungen zwischen Ministerien an oberster Stelle. Die Ministerin soll sich gefälligst mit Ihrem Amts-Visavis in Deutschland zusammenset­zen, damit diese Pensionisten nicht über den Tisch gezogen werden und nicht nach­zahlen müssen, denn diese nachträgliche Besteuerung ist das, was wir kritisieren, die muss weg. Nicht nur die Notwendigkeit der Beratung, sondern die Besteuerung selbst ist ein Skandal für diese Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe hier – weil wir uns auch darüber hinaus erkundigen – ein Formular (der Red­ner hält ein solches in die Höhe), das die Pensionisten bekommen, die jetzt plötzlich in Deutschland in die Ziehung kommen sollen; ein ganz einfaches Formular, das wie eine aufgestellte Falle wirkt. Das Formular schickt das Finanzamt Neubrandenburg, man kann die Identifikationsnummer nachlesen, und man kann darauf ankreuzen – es schaut wunderbar aus –:

Hiermit erkläre ich, dass ich eine Steuererklärung nicht einreiche. – Was der Satz be­deutet, fragen Sie dann einmal den 95-Jährigen, der das auf den Tisch bekommt.

Die Festsetzung meiner Einkommensteuer soll anhand der vor dem Rententräger mit­geteilten Daten erfolgen. – Er kann dann entscheiden, ob er sich selbst definiert ers­tens als beschränkt steuerpflichtig oder als unbeschränkt steuerpflichtig. Jetzt dürfen Sie dreimal raten, was man im Zweifel ankreuzen wird. „Beschränkt steuerpflichtig“ – und das ist die Falle, denn man müsste „unbeschränkt steuerpflichtig“ ankreuzen, weil dann alles zusammengefasst wird. In dem uns vorliegenden Fall geht es um jemanden, der 500 € Rente bekommt und der das Gott sei Dank richtig angekreuzt hat. Wissen Sie, was der jetzt für eine Vorschreibung bekommen hat? – 1,50 €, weil er nämlich die Steuererklärungen der Jahre 2006, 2007 und 2008 nicht vorgelegt hat.

Eine Nachforderung pro Jahr von 1,50 € – ein für diesen Betroffenen Gott sei Dank glimpflicher Ausgang, aber für alle anderen, die sich nicht als „uneingeschränkt steu­erpflichtig“ deklarieren, kann es Nachforderungen von 500, 600, 700, 800 € pro Jahr geben, und das schaue ich mir dann an, wie sich das die Menschen leisten können.

Das heißt, das ist eine ganz, ganz, ganz heikle Geschichte, eine ganz wichtige Sache. Sie betrifft mittlerweile, wenn das wirklich stimmt, zwischen 120 000 und 150 000


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hauptsächlich in Oberösterreich und Salzburg ansässige Rentner und Pensionisten, die sich, Herr Staatssekretär Schieder, nach wie vor nicht auskennen, die nach wie vor Angst haben, wenn sie diesen komischen Zettel bekommen, die nach wie vor darauf warten, dass sie eine entlastende Nachricht bekommen.

Das heute ist ein guter erster Schritt, ein All-Parteien-Antrag, aber Sie sind jetzt gefor­dert, zu verhandeln, damit diese Pensionisten nicht vom deutschen Fiskus geschröpft werden. (Beifall beim BZÖ.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.26.59

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Danke für diese sachliche Diskussion, die zu diesem Thema mit allen Parteien anscheinend auch schon im Ausschuss intensiver geführt worden ist. Es geht wohl jedem Politiker so, dass es viele Leute gibt, die sich an einen wenden und fragen, wie das jetzt ist.

Ich habe selbst versucht, in mehreren Gesprächen mit deutschen Finanzstaatssekretä­ren darauf hinzuweisen, dass es sinnvoll wäre – abgesehen davon, dass aus Sicht des deutschen Finanzministers natürlich eine Steuerpflicht auf Einkommen oder Pensionen aus Deutschland besteht –, doch die Kirche im Dorf zu lassen, sich das bezüglich der Höhen, der Häufigkeit und all dieser Dinge aus sowohl verwaltungsökonomischer als auch humaner Sicht anzuschauen. Dieses Einwirken auf die deutschen Steuerbehör­den seitens Österreich ist nur leider ein beschränktes, wir haben keine gesetzgebende Kraft gegenüber Deutschland. Das heißt, die Entscheidung, wie die Deutschen mit die­ser Frage umgehen, liegt leider sehr stark in deutschen Händen.

Was wir aber sehr wohl in Angriff genommen haben – und ich finde, das ist auch un­sere Pflicht und unsere Verpflichtung –, war, die Information für die Leute, die sich jetzt fragen, wie sie das Formular ausfüllen müssen, was das genau heißt, wenn ein derarti­ges Schreiben kommt, bereitzustellen.

Die Homepage des Finanzministeriums, die genannt worden ist, ist natürlich ein Infor­mationsmedium. Aber auch wissend, dass in der älteren Generation (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Herr Staatssekretär, 90-jährige Menschen, die gehen nicht auf die Home­page!)  – Lassen Sie mich ausreden! Wenn Sie kurz zuhören, dann bekommen Sie eine Antwort auf diese Frage, auch wenn ich nicht weiß, ob Sie das wollen.

Natürlich liegen auch auf den Finanzämtern schon Informationsblätter auf, die über den Seniorenrat und die einzelnen Seniorenvertreter auch an die Organisationen gegangen sind.

Wir haben jetzt diese Beratungsstelle für die betroffenen Pensionisten eingerichtet, wo detailliert zu dieser Frage beraten und auch Hilfestellung gegeben werden kann.

Es ist richtig – wie vorhin schon gesagt worden ist –, das deutsche Steuerrecht ist in dieser Frage wahrlich kein leichtes. Es ist daher auch den älteren Damen und Herren, die davon betroffen sind, nicht zumutbar, sich richtig oder auch nur unauffällig verhal­ten zu können. Es ist daher sehr sinnvoll und gut, dass es eine Information gibt.

Es gibt zu dieser Information verschiedene Kanäle. Natürlich gibt es den elektroni­schen mit der E-Mail-Adresse und der Homepage. Man soll nicht unterschätzen, dass sich viele Pensionistinnen und Pensionisten trotz fortgeschrittenen Alters oder gerade deshalb auch der elektronischen Medien bedienen. Das sehen wir daran, dass wir auch viele E-Mails bekommen. Aber da das nicht jeder kann und natürlich auch das


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einseitige Lesen eines Informationsblattes nicht alles ist, soll es auch den Kanal geben, dass man sich persönlich beim Finanzamt auf der Informationsstelle oder auch telefo­nisch informieren kann und darüber hinaus sowohl bei den einzelnen Finanzämtern als auch im Finanzministerium bei der sogenannten Ombudsdienst- und Bürgerservice-Stelle.

Wir haben des Weiteren sichergestellt, dass jene Leute, die ihre Kontaktdaten, ihren Namen und ihre Telefonnummer hinterlassen, auch einen Rückruf bekommen, weil es manchmal durchaus notwendig ist, dass man sich die Unterlagen anschaut, alles über­prüft und die Leute dann zurückruft.

Ich denke, dass wir uns wirklich intensiv bemühen und das auch umsetzen, dass die Menschen, die sich diese Fragen stellen, auf allen Ebenen, wo immer sie sich an uns wenden, die gewünschte Information rasch, kompetent und unbürokratisch bekommen, egal in welcher Form, persönlich, mündlich, telefonisch, vor Ort oder eben schriftlich. Das ist das Mindeste, das wir tun können: dass die Leute immer informiert sind, wie sie vorgehen können.

Wir werden auch weiterhin Kontakt suchen und die Diskussion mit den deutschen Steuerbehörden darüber aufnehmen, hier unbürokratisch und auch im Sinne der Be­troffen vorzugehen, zumal es manchmal – wie Sie, Herr Abgeordneter Westenthaler, in Ihrem Beispiel erzählt haben – auch um lächerliche Beträge geht und man sich fragen muss, ob sich der gesamte Aufwand dahinter lohnt. (Abg. Ing. Westenthaler: Glück gehabt!) – Glück gehabt, gilt für den Betroffenen, aber: Lohnt der gesamte Aufwand dahinter?, das ist die große Frage, die sich die Behörden stellen. Ich glaube, in vielen Fällen nicht.

Daher werde ich auch weiterhin meinen deutschen Kollegen sagen, dass ich glaube, im Sinne der Verwaltungsökonomie gäbe es ganz anderes, womit man sich intensiver beschäftigen könnte, als österreichische Pensionistinnen und Pensionisten, die ein paar Monate oder Jahre in Deutschland gearbeitet haben und daraus eine Pension be­ziehen, die man anscheinend auch bisher nicht besteuert hat, sondern erst jetzt, weil man eben draufgekommen ist. Vielleicht sollten sie sich überlegen, ob es nicht andere Schwerpunkte gäbe, die viel sinnvoller wären. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Dr. Lichtenecker.)

20.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hagen zu Wort gemeldet. 4 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.32.08

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wurde jetzt schon sehr viel über diese Problematik ge­sprochen, sie ist bekannt. Ich möchte dem Kollegen Westenthaler, der das wirklich sehr authentisch repliziert hat, zu hundert Prozent recht geben. Was mir aber aufstößt, ist, dass man seitens der Regierung eineinhalb Jahre braucht, um initiativ zu werden. Ich habe Sie persönlich von diesem Rednerpult aus schon öfters darauf aufmerksam gemacht, dass diese Problematik besteht. Gerade als Vorarlberger ist man mit diesem Thema konfrontiert. Wir haben sehr viele Grenzgänger, die sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz oder in Liechtenstein arbeiten. Diese Problematik ist uns sehr lan­ge bekannt. Ich habe sie, wie gesagt, hier auch schon mehrfach vorgebracht.

Ich bin froh darüber, dass jetzt wirklich ein Schritt gesetzt worden ist, dass jetzt endlich etwas geschieht, wobei das ja nur Absichtserklärungen sind und noch keine wirklich hundertprozentigen Lösungen für diese Menschen auf dem Tisch liegen.

Es gibt jetzt einmal eine Beratungsstelle, und das ist etwas Positives, dass diese Men­schen sich auskennen. Bisher hat das in Vorarlberg der VN-Ombudsmann erledigt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 203

dem man gratulieren muss, denn er hat das sehr gut gemacht. Es sind auch diverse Pensionisten-Verbände angesprochen worden, die sich in dieser Sache bemüht haben, und der eine oder andere Nationalrat oder Politiker im Haus hat sich auch darum be­müht. Ich glaube, ihnen allen gehört gedankt, dass sie initiativ geworden sind. Am we­nigsten Danke sage ich der Regierung, weil sie einfach zu spät handelt.

Das ist immer das große Problem: dass diese Regierung Probleme über Jahre vor sich herschiebt, bis sie dann endlich einmal handelt und initiativ wird. Wenn man Herrn Wö­ginger vorhin gehört hat, dann könnte man meinen, das ist ein Problem, das erst seit zwei Wochen besteht und jetzt gelöst ist. – Gelöst ist noch gar nichts, weil es erst Ge­spräche mit den deutschen Finanzbehörden gibt.

Wie gesagt, sieben Jahre Rückzahlung sind für einen Pensionisten, der nur eine gerin­ge Pension hat, eine Katastrophe. Dass man hier nicht schneller gehandelt hat, kann ich Ihnen nur vorwerfen.

Ich bin jetzt aber froh, dass zumindest etwas geschieht, dass diese Menschen die Hoff­nung haben, dass es zu einer Verbesserung kommt. Ich hoffe, dass diese Verhandlun­gen auch positiv abgeschlossen werden und wirklich etwas dabei herauskommt, nicht nur heiße Luft des Herrn Staatssekretärs. Ich versuche, Ihnen zu glauben, dass Sie sich bemühen werden, ich hoffe, es liegen dann in Kürze tatsächlich Fakten auf dem Tisch, dann bekommen Sie auch ein richtiges Lob von mir. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.35.04

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen noch einmal vor Augen führen, wovon wir hier reden. Stellen Sie sich vor, Sie sind achtzig, nicht mobil, haben kein Internet, ha­ben keinen Steuerberater, und völlig unerwartet kommt ein Bescheid einer deutschen Finanzbehörde, in dem es heißt: Steuern nachzahlen, und zwar bis 2005. – Wie geht es Ihnen dabei?

Die Menschen, die davon betroffen sind, sind verzweifelt. Wir haben das in vielen, vie­len Gesprächen im Seniorenbund, in den Beratungsstellen erlebt. Hier braucht es Hilfe, rasche Hilfe, und die ist jetzt im Laufen, das ist das Entscheidende. Wenn das BZÖ sich schon länger dafür einsetzt, sage ich Danke, super.

Unsere Finanzministerin hat auf Ersuchen der Senioren und des Finanzausschusses jetzt schnell gehandelt. Ich möchte mich ausdrücklich bei Frau Ministerin Fekter bedan­ken. Diese Ombudsstelle im Finanzministerium arbeitet ja, wie der Herr Staatssekretär sagt, nächste Woche. Vielen Dank, das ist unbürokratisch und soll vor allem verständ­lich sein für unsere Senioren, denn bei dieser komplizierten Materie ist es wichtig, dass auch verständlich informiert wird.

Was haben wir Seniorenvertreter unternommen? – Von der Petition des überparteili­chen Seniorenrates an den Nationalrat war schon die Rede, Kollege Kaipel und ich ha­ben sie eingebracht. Da wir – jetzt kommt das Neue –, wie Herr Staatssekretär Schie­der sagt, hier in Österreich nicht so leicht andere Lösungen herbeiführen können, hat der Seniorenrat jetzt auch eine Petition an den Deutschen Bundestag eingebracht. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Schieder.) Ich höre vom Herrn Staats­sekretär, das ist gut, fein. Das ist neu und ist im Laufen. Ziel ist eine unbürokratische Lösung, und wir wollen damit auch von deutscher Seite her die Verhandlungen unter­stützen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 204

Was wollen wir erreichen? – Härtefälle sollen abgefedert werden. In Deutschland ist es auch möglich, die sogenannte allgemeine Nachsicht durch Steuerbehörden zu nutzen. Jedenfalls wünschen wir uns hier Hilfe für die Betroffenen. Wir Seniorenvertreter wer­den sicher nicht lockerlassen. Senioren verlangen eine faire Behandlung, und acht Jahre Steuern nachzahlen, das gehört sicher nicht dazu.

Schön, dass alle Parteien zusammenarbeiten. Das zeigt dieser Sechs-Parteien-Antrag, von denen es, wie ich hoffe, in Zukunft mehr geben wird. Wir brauchen mehr Miteinan­der und weniger das ständige Hickhack. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Frau Abgeordnete Mag. Rudas zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.38.16

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich beim Herrn Staatssekre­tär herzlich dafür bedanken, dass er von den Gesprächen der Kolleginnen und Kolle­gen mit den deutschen Steuerbehörden berichtet hat, denn das ist der wesentliche Punkt. Es soll zu einer Einigung mit den Deutschen kommen, und da ist das Finanzmi­nisterium gefragt. Daher begrüße ich, dass der Herr Staatssekretär uns hier dargelegt hat, wie er sich einsetzt.

Es wäre auch die Pflicht der deutschen Behörden gewesen, die österreichischen Rent­nerinnen und Rentner frühzeitig zu informieren. Das ist nicht geschehen. Deswegen ist es gut, dass es zu einem All-Parteien-Antrag kommt, damit die Pensionistinnen und Pensionisten von österreichischer Seite informiert werden, vor allem auch, wie Kollege Wöginger schon erwähnt hat, Information und Beratung erhalten, wie sie sich die zu­stehenden Freibeträge abholen können und möglichst wenig zahlen müssen.

Trotz allem muss, wie gesagt, das Finanzministerium auch weiterhin mit den deut­schen Behörden verhandeln.

Ich denke, die Tatsache, dass das nicht nur die Pensionisten-Organisationen gefordert, sondern auch die Jugendorganisationen unterstützt haben, ist ein Zeichen, dass Alt und Jung hier gemeinsam kämpfen. Ich hoffe, dass nicht nur fünfeinhalb Monate vor der Wahl hier alle ein Plädoyer für die Seniorinnen und Senioren und die Solidarität und Gemeinsamkeit halten, sondern dass auch das restliche Jahr hindurch – bei man­chen Politikerinnen und Politikern und bei manchen Meinungsbildnern entdecke ich oft die Tendenz – Alt und Jung mit einer Weltuntergangsstimmung nicht gegeneinander aufgehetzt werden, um schlussendlich Politik gegen jene zu machen, die die Unter­stützung der Politik brauchen. Deshalb hoffe ich, dass diese Solidarität zwischen Alt und Jung, aber auch die Solidarität hier im Haus gegenüber den Seniorinnen und Se­nioren nicht nur jetzt, sondern auch das ganze Jahr und auch nach der Wahl stattfin­det. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.39

20.40.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 2267 der Beilagen an­geschlossene Entschließung betreffend Doppelbesteuerung für zehntausende Pen­sionisten.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 300.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 205

20.40.595. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 2206/A der Abgeordneten Elmar Mayer, Christine Marek, Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Schulunterrichtsgesetz geän­dert werden (2284 d.B.)

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mayer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.41.41

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute im Zuge der Debatte über den Budgetrahmenplan bereits die Möglichkeit gehabt, einmal ansatzweise über große Themen im Bereich der Bildungspolitik zu sprechen, die uns auch in den nächsten Jah­ren intensiv beschäftigen werden. Die Gesetze, die wir im Folgenden zu beraten ha­ben, sind nicht so die großen Meilensteine, aber kleine, wichtige Schritte, wie ich mei­ne, die wir erfreulicherweise gemeinsam setzen können.

Es geht in diesem Gesetz, das uns jetzt als Erstes zur Abstimmung vorliegt, um das zehnte Schuljahr. Es war bisher in einzelnen Landesschulräten bereits möglich – wenn man so will: am Gesetz vorbei –, Schülern, wenn es notwendig war, durch Klassenwie­derholung oder den Besuch der Vorschule et cetera ein zehntes Schuljahr zu ermög­lichen, damit sie einen Schulabschluss bekommen. Das soll legalisiert werden. Wir ha­ben daher auch einen entsprechenden Antrag eingebracht, das Gesetz mit 1. Juni wirksam werden zu lassen, damit die Schulbehörden bereits ab Herbst dieses Jahres diese Dinge auf einer geordneten gesetzlichen Basis in Angriff nehmen können.

Ich darf mich an dieser Stelle auch bei den Bildungssprechern aller Fraktionen für die gemeinsame Initiative zur 9. Schulstufe bedanken. Das ist ähnlich wie das Gesetz, das wir heute beschließen, ein sehr sensibler Bereich, wie überhaupt im Bildungsbereich die Nahtstellen die sensiblen Bereiche sind. Wir wissen das von der Einschulung her. Dort sind wir dabei, ein umfassendes Paket zur Sprachförderung und Einschulungsför­derung zu machen. Was können wir da verbessern? Bei den Volksschulen: Wie kön­nen wir die Sprachförderung verbessern, damit die Kinder einen besseren Start haben?

Wir kennen die Problematik des Übergangs von der Volksschule in die Neue Mittel­schule beziehungsweise in das Gymnasium. Da gibt es zwei völlig unterschiedliche Konzepte: Die einen sind für eine gemeinsame Schule, um möglichst nicht zu viele auszusortieren, und die anderen sagen, sie wollen diese Differenzierung mit der AHS-Unterstufe, den Sonderschulen und den Hauptschulen weiterhin haben. Auch da ist wiederum die Nahtstelle, der Übergang zur anderen Schule ein sensibler Bereich.

Genauso ist es nach der 8. Schulstufe, wenn wir da den Übergang schaffen. Vor allem bei jenen, die nicht die Möglichkeit haben, zu Hause bei diesen Fragen entsprechend beraten zu werden – In welchen Beruf soll ich einsteigen? Welche Lehre soll ich be­ginnen? Welche Schule käme für mich infrage? –, soll man in dieser 9. Schulstufe die Verantwortung wahrnehmen und die jungen Menschen entsprechend beraten.

Ich glaube, mit diesem Konzept, das wir hier gemeinsam beschlossen haben, haben wir einen wichtigen, wenn auch von der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommenen Schritt gesetzt, dass wir auch da die Chancen verbessern können. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Markowitz.)

20.44



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 206

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.37

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Jedes Jahr verlassen mehrere tausend junge Menschen die Schule, ohne die Pflichtschule abgeschlossen zu haben, auch ohne entsprechen­den Nachweis, und es ist wichtig, dass wir diesen jungen Menschen neue Chancen eröffnen.

Einige wesentliche Inhalte hat mein Vorredner schon angesprochen. Wesentlich ist, dass wir wirklich allen, die es auch wollen, die entsprechenden Chancen und Möglich­keiten geben, mit einem zusätzlichen Schuljahr – die Klassenwiederholungen, die sie machen mussten – den Pflichtschulabschluss zu erreichen. Es geht ja darum, entwe­der in der 4. Klasse Hauptschule einen entsprechenden Abschluss zu erreichen oder in der Polytechnischen Schule. Es ist wichtig, damit man Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, auch einen entsprechenden Pflichtschulabschluss nachweisen zu können.

Das duale Ausbildungssystem, das hier in Österreich üblich ist, ist ja weit über die Grenzen hinaus anerkannt und auch vorbildlich. Und es ist wichtig, dass wir den jun­gen Menschen in diesem Bereich – natürlich braucht das eine gewisse Portion Selbst­einschätzung und auch den entsprechenden Willen – neue Möglichkeiten eröffnen, den entsprechenden Pflichtschulabschluss zu erreichen, um damit ihre Positionen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt entsprechend zu verbessern. Das ist ja auch ein Be­reich, der von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern immer wieder gefordert wird, weil leider doch relativ viele junge Menschen in gewissen Grundkompetenzen re­lativ wenige Fertigkeiten aufweisen.

Mit den Verbesserungen im Bereich der Polytechnischen Schule hin zu einem wirklich modernen Polytechnikum verbessern wir auch diese Möglichkeiten. Österreich ist in Wirklichkeit gut unterwegs – der Vergleich, zum Beispiel in Bezug auf die Jugendar­beitslosigkeit, macht uns sicher –, aber es ist wichtig, dass wir diesen jungen Men­schen neue Chancen eröffnen, denn jeder und jede junge Arbeitslose ist ein Arbeitslo­ser beziehungsweise eine Arbeitslose zu viel.

Man muss auch sagen, dass gerade junge Menschen entsprechende Perspektiven brauchen, denn wenn die jungen Menschen keine Perspektiven haben, dann ist das ein besonderer Nährboden für das Auseinanderdriften sowohl im sozialen als auch im wirtschaftlichen Gleichgewicht; dessen sollten wir alle uns immer bewusst sein. Es ist daher wirklich positiv, dass alle Parlamentsparteien diesen Antrag heute mittragen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosen­kranz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.47.13

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ja, was bedeutet eigentlich eine Einstimmigkeitsmaterie in diesem Bereich? – Es geht darum, wie auch schon betont wurde, dass das Bildungssystem in Österreich nicht nur eine Chance hat, sondern eine zweite, eine dritte und nach Möglichkeit auch noch wei­tere. Das sind ja diese kleinen Projekte, die es laufend gibt und wo eigentlich ein durchaus breiter Konsens innerhalb aller Parlamentsparteien herrscht.

Da es hier um einen Abschluss im Bereich der Schulpflicht geht, angesiedelt in der Polytechnischen Schule, so ist vielleicht ein kleiner, aber für die interessierte Öffentlich­keit durchaus wesentlicher Schritt, dass mit dieser – unter Anführungszeichen – „klei­nen“ Maßnahme auch für die Öffentlichkeit signalisiert wird, dass das Parlament entge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 207

gen verschiedenen Zurufen, auch von außen – ich denke hier insbesondere an Mel­dungen und Meinungen der Sozialpartnerschaft –, an der grundsätzlichen Idee der Po­lytechnischen Schule festhält, weil es eben in Richtung Facharbeit eine entscheidende, eine wichtige Schule ist.

Dieser Sechs-Parteien-Antrag hat auch eine gewisse Vorgeschichte: Sämtliche Bil­dungssprecher waren von der Frau Bundesministerin eingeladen, eine Musterschule in Leibnitz zu besuchen. Da wurde einmal hergezeigt, was eine Polytechnische Schule leisten kann. Wir waren auch immer wieder beeindruckt, auch in den Unterausschüs­sen, was einzelne Schuldirektoren, was Lehrkräfte in ihren einzelnen Projekten an ih­ren Schulen zustandegebracht haben. Ich denke da vor allem an Bereiche, wie gut sich eine gewisse Schulautonomie – Frau Bundesministerin, Sie würden sagen: Verantwor­tung am Schulstandort; wie immer man es nennen möchte – entwickelt, wenn gute, engagierte Lehrer am Schulstandort sind, was diese zuwege bringen. Wir haben uns dort bereits Anregungen geholt, die letztlich auch in diesen Antrag gemündet sind.

Ich bin der festen Überzeugung – es hat bereits ein Runder Tisch stattgefunden –, dass die Polytechnische Schule, so wie sie jetzt ist, reformbedürftig ist, aber sämtliche Parlamentsparteien haben da einen guten Weg eingeschlagen. Die Vorschläge, die aus dem Bundesministerium gekommen sind, sind auch entsprechend seitens der Par­lamentsfraktionen goutiert worden, es gibt bereits die entsprechenden Aussendungen.

Es ist insgesamt ein „kleines Projekt“ – unter Anführungszeichen –, aber für den Ein­zelnen, der draufkommt, er möchte einen Bildungsabschluss nachholen – er hat viel­leicht irgendwann einmal, aus welcher Lust und Laune heraus auch immer, das Lernen nicht so ernst genommen, aber später geht ihm der Knopf auf – bietet sich nunmehr die Chance. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dr. Walser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.50.12

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Hohes Haus! Natürlich ist es erfreulich, wenn wir im Unterrichtsausschuss ein konstruktives Klima haben, wenn wir im Unterrichtsausschuss die Probleme angehen und versuchen, dort einzugreifen, wo es große Probleme gibt. Und Probleme gibt es im österreichischen Schulwesen wahrlich genug – das hören wir jeden Tag, das müssen wir jeden Tag lesen, und jeden Tag gibt es Klagen.

Das konstruktive Klima allein wird uns aber nicht weiterbringen (Zwischenruf bei der ÖVP), wenn wir nicht den Mut haben, das österreichische Schulwesen wirklich grundle­gend zu reformieren. Das, was wir heute machen und zu einem nicht unbeträchtlichen Teil gemeinsam beschließen werden – nicht alles, aber doch einiges –, das sind Repa­raturen. Das sind notwendige Reparaturen, das ist Flickwerk am österreichischen Bil­dungssystem, und es ist nicht etwas, das in die Zukunft weist. Ich glaube, wir sollten uns schon im Klaren darüber sein, dass wir da eine große Verantwortung haben, die wir – so muss ich konstatieren – in den letzten Jahren nicht wirklich wahrgenommen haben.

Die Hauptschule, die Neue Mittelschule und der Polytechnische Lehrgang beziehungs­weise die Polytechnische Schule sind Ausdruck dieser Krise. Ich glaube, wenn wir wirklich weiterkommen wollen, dann müssen wir zukunftsweisend denken, dann brau­chen wir ein flexibleres Schulsystem, als wir es jetzt haben. Das beginnt in der Ein­gangsphase. Wir müssen an die Schnittstellen: dort, wo es vom Kindergarten in die Volksschule geht, dort, wo es von der Volksschule in die – hoffentlich bald eingeführ-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 208

te – gemeinsame Mittelstufe aller 10- bis 14-Jährigen geht und darüber hinaus. Diese Schnittstellen sind neuralgische Punkte, und einen dieser neuralgischen Punkte gehen wir heute an – wie gesagt: in meinen Augen nicht mit der notwendigen Konsequenz, die geboten wäre.

Wenn wir von Schülerinnen und Schülern mit 13, 14, 15 Jahren sprechen, die oft in persönlich schwierigen Umbruchssituationen sind – die Pubertät et cetera hemmt gera­de SchülerInnen, die keine Hilfe erhalten, den notwendigen Schulerfolg zu erzielen –, dann müssen wir auch bedenken, dass wir gerade dort das Schlagwort „Individuali­sierung“ auch in der Praxis umsetzen müssen. Es ist notwendig, Kindern, Jugendli­chen, jungen Erwachsenen die Chance zu geben, sich in diesem System zurechtzu­finden, das zu machen, was für sie das Richtige ist, die richtige Berufswahl zu treffen. Da sind wir – mit Verlaub – leider bei Weitem noch nicht dort, wo wir sein könnten, wenn es bestimmte Blockadehaltungen nicht gäbe – und da muss ich leider in Rich­tung ÖVP schauen.

Wir brauchen ein modernes Schulsystem. Wir brauchen ein Schulsystem, das keine Sackgassen beinhaltet. Aus einer dieser Sackgassen bauen wir jetzt einen kleinen Fluchtweg. Ich habe da Hinweise bekommen, vor allem aus Salzburg, wo es in einem Bezirk 15 Problemfälle gab; da mussten Schülerinnen und Schüler direkt aus der zwei­ten Klasse Hauptschule in die Polytechnische Schule wechseln, weil die gesetzlichen Bestimmungen so waren. Da schaffen wir heute Abhilfe.

Aber wie gesagt: Das ist wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Tropfen auf die großen Probleme, auf den großen heißen Stein, der da heißt Schulreform. Das wird verpuffen, wenn wir nicht grundsätzlich darüber diskutieren, wohin wir mit diesem Sys­tem wollen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Unverbesserli­cher Pessimist!)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


20.54.52

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit diesem sogenannten Unter­richtspaket – es folgt ja dann unter Tagesordnungspunkt 8, glaube ich, noch eine wei­tere Gesetzesänderung – ein Paket, das es jungen Menschen ermöglicht, die Schule erfolgreich abzuschließen, wenn sie aus irgendeinem Grund die Schule eben nicht rechtzeitig und nicht nachhaltig mit einem Bildungsabschluss verlassen haben.

Ich denke, bei aller Kritik, die mein Vorredner in Richtung Schulreform geäußert hat – wo ich sehr viel unterstreichen kann; und ich bin eben auch eine, die sagt: zuerst ein­mal richtig investieren, dann braucht man nicht so viel zu reparieren –, ist es in diesem Fall einfach eine notwendige Reparatur. Wir haben nach wie vor zu viele junge Men­schen, die wir sonst zurücklassen und denen wir jegliche Chance auf ein eigenständi­ges Leben verbauen, wo wir sozusagen den Keim legen, dass sie später einmal zu So­zialhilfeempfängern werden und ganz, ganz wenig Perspektiven haben. Daher geht es bei dieser Änderung wirklich auch um Chancengerechtigkeit, und diese Chancenge­rechtigkeit wird damit umgesetzt.

Ich bin die Fünfte im Bunde, es ist ein Allparteienantrag. Ich finde es richtig, dass ge­rade die Polytechnische Schule hier im Blickpunkt steht und die Möglichkeit schafft, dass jemand, der eben keinen positiven Abschluss hat, in die Polytechnische Schule geht und freiwillig ein zehntes Schuljahr macht, wenn er oder sie das will. Das bedeutet also nicht Zeit absitzen, wie es leider Gottes in unserem Schulsystem bei der Pflicht-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 209

schule nach wie vor der Fall ist, sondern einen positiven Bildungsabschluss zu erlan­gen. Das ist für uns auch eines der Ziele bei der Neuentwicklung und Weiterentwick­lung der Polytechnischen Schule.

Ich bin sehr froh, dass wir hier in einer großen gemeinsamen Übereinstimmung gesagt haben, die Polytechnische Schule ist eine Schule, die wichtig ist, die wertvoll ist, die man nur zeitgemäß gestalten, den modernen Gegebenheiten anpassen und daher wei­terentwickeln muss. Weiterentwicklung ist zu verstehen im Sinne einer vertiefenden All­gemeinbildung, auch im Sinne eines modularen Systems mit verschiedenen Schwer­punkten und – was uns vom BZÖ besonders wichtig ist – eines klar nachweisbaren Bil­dungsabschlusses. Dies ist der Nachweis dafür, dass ein Bildungsziel erreicht wurde, und soll dazu führen, dass die Probleme, die wir gerade in der Wirtschaft mit nicht gut ausgebildeten jungen Leuten haben, die einen Lehrberuf ergreifen wollen, in Zukunft geringer werden.

Wie gesagt: Ich freue mich, dass wir hier diese Übereinstimmung haben, aber ich glaube, gerade was die Weiterentwicklung der Polytechnischen Schule anbelangt, ist noch viel zu tun. Jetzt gibt es ein Projekt mit zehn Versuchsschulen, aber das ist erst der Anfang und sicher noch nicht das Ende. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Marek.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.17

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Ja, es freut mich ganz besonders, dass wir es mit diesem Sechs-Par­teien-Antrag geschafft haben, dass wir hier in die richtige Richtung gehen.

Kollege Walser, du hast es angesprochen: Es geschieht viel, auf der einen Seite müs­sen wir noch den Hebel ansetzen, auf der anderen Seite: Seien wir doch froh, dass wir, alle sechs Parteien, es gerade bei der Polytechnischen Schule zustande gebracht ha­ben, den Menschen in Zukunft vielleicht eine Möglichkeit zu geben, einen Bildungsab­schluss zu erlangen.

Wir haben jedes Jahr 10 000 Jugendliche, die keinen Bildungsabschluss haben. Das sind die Langzeitarbeitslosen von morgen, das sind Menschen, die wir nicht mehr un­terbringen, und das sind wirklich Menschen, die keine Chance haben, kein Geld haben, überhaupt keine Perspektiven haben. Ich bin der Letzte, der die Regierung lobt und sagt, alles sei super, aber heute ist doch wirklich ein Tag, an dem wir sagen können: Seien wir froh, sechs Parteien, wir bringen etwas zustande, und vor allem: Es geht um junge Menschen, die eine Chance verdienen. (Beifall der Abg. Schenk.)

Wie ist das Ganze zustande gekommen? – Wir waren in Leibnitz und haben dort eine Polytechnische Schule gesehen, die funktioniert, und das freut mich sehr. Es gibt Städte, in denen es nicht funktioniert, das wissen wir, ob das jetzt in Wien ist oder sonst wo, wo wir große Probleme haben. Da müssen wir auch den Hebel ansetzen, und ich glaube, die Frau Ministerin weiß das auch. Doch hier geschieht etwas, von dem ich finde – wie Kollege Mayer, weil ich ihn gerade sehe –, dass es wichtig ist: Wir geben jungen Menschen diese Möglichkeit. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Was heißt denn „Poly“? „Poly“ heißt viel und mehr, das heißt, wir geben jungen Men­schen die Möglichkeit, Berufe anzuschauen und auch in Betrieben zu schnuppern.

Der Grundgedanke war ein richtiger und wichtiger, nur ist das komplett in die falsche Richtung gegangen. Die Polytechnische Schule von heute ist nichts anderes als eine


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Möglichkeit, wo man sagt: Na ja, wenn ich nicht weiß, welche Schule ich besuchen kann, oder wenn ich keine Aufnahmeprüfung schaffe, gehe ich in die „Poly“, sitze dort die Zeit ab und werde automatisch einen Job finden!

Das ist aber nicht der Fall, und das ist das Hauptproblem, das wir haben! Deswegen müssen wir da wirklich etwas reparieren. Und das wurde auch erkannt, und ich gehe davon aus, dass das in Zukunft auch geschehen wird.

Ein wichtiger Punkt ist die Wiederholung, also die zehnte Schulstufe, das Job-Coa­ching, was, wie wir sehen, in der Steiermark super funktioniert. Der Junge, der hier oben abgebildet ist (einen Artikel mit der Überschrift „Job-Coaching“ in die Höhe hal­tend), ist der Albert. Er war heute bei mir und hat mir erzählt, dass er zweieinhalb Jahre lang gearbeitet hat. Bei ihm muss man dazusagen, dass er eine 70-prozentige Behin­derung hat, weil er als kleiner Junge einen schweren Unfall gehabt hat. Dieser Junge ist nicht mehr vermittelbar. Er kämpft wie ein Löwe, dass er irgendwo arbeiten kann, bekommt aber permanent Absagen. Er würde gerne als Tierpfleger arbeiten.

Das Wichtigste ist – das betrifft jetzt nicht direkt die Frau Unterrichtsministerin –: Wir müssen wirklich schauen, dass wir Menschen, die arbeiten wollen, eine Chance geben.

Ich erwarte mir von diesem Gesetz, von dieser Änderung, dass es in Zukunft viel mehr junge Menschen gibt, die diese Chance ergreifen und die Erfahrung machen, dass mit einem guten Abschluss vieles machbar ist.

Ich freue mich, dass wir hier einen richtigen und wichtigen Weg einschlagen, mit dem wir gemeinsam vieles für viele junge Menschen in Österreich erreichen können. – Vie­len Dank. (Beifall der Abg. Schenk.)

21.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich die Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.01.35

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr über den Initiativantrag und den Abänderungsantrag aller Parlamentsparteien und den­ke, er ist wichtig, denn mit dieser Maßnahme beseitigen wir auf der einen Seite be­stehende Rechtsunsicherheiten und erhöhen auf der anderen Seite die Bildungsab­schlusschancen für junge Menschen.

Die Aufwertung der Polytechnischen Schule liegt mir auch sehr am Herzen. Ich denke, wir sollten insbesondere auch Ihren Vorschlag, Herr Abgeordneter Rosenkranz, weiter­verfolgen, die Polytechnische Schule durchaus auch in Richtung Berufsschule weiter­zuentwickeln, da ja die meisten Absolventen dieser Schulart dann auch eine duale Ausbildung besuchen, die Lehre anstreben, und da bietet sich, aufbauend auf einem Modulsystem, eine etwaige Anrechnung – Stichwort „Lehre mit Matura“ – auf Vorberei­tungsfelder auch im Bereich der Matura an.

Es geht – und das ist mir wichtig; das sage ich jetzt in Richtung des Herrn Abgeord­neten Walser – um Erneuerung und Weiterentwicklung. Jetzt muss ich einmal mehr be­tonen, lieber Herr Abgeordneter: Wir machen sehr viel im Bildungsbereich, und zwar bei ganz vielen Projekten auch mit Ihrer Unterstützung und mit Ihrer Mitwirkung. Wir geben in Österreich heute jährlich um 1 Milliarde € mehr für Bildung aus! Wir haben durch unsere Maßnahmen viel erreicht: zwei Lehrer in der neuen Mittelschule, kleinere Klassen, den Ausbau ganztägiger schulischer Angebote, 11 000 Lehrerplanstellen sind geschaffen worden, und 58 Regierungsprojekte befinden sich in Umsetzung. Es ist also, wie gesagt, viel gelungen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 211

Gleichzeitig sage ich aber auch: Viel Arbeit liegt noch vor uns, aber es besteht kein Grund, in Pessimismus zu verfallen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

21.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Sacher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.03.58

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich kann mich als Abgeordneter den Ausführungen der Frau Bundesminister nur voll anschließen. (Abg. Dr. Walser: Hätte ich nicht erwartet! Eine freudige Überraschung!)

Lieber Kollege Walser, ich schätze Sie als Kollegen. Ich glaube, Sie sind ein guter Pä­dagoge, aber Sie sind ein noch größerer Kleinredner. Sie stellen immer das Licht unter den Scheffel. Sie sind ein unverbesserlicher Pessimist. Auch die kleinen Schritte, Herr Kollege, sind Schritte in die Zukunft!

Aber wir haben in der letzten Zeit sehr wohl auch große Schritte in der Bildungspolitik gemacht. Das Jahr 2013 ist ein Jahr der großen Projekte: Neue Mittelschule, Verstär­kung der Ganztagsbetreuung, die von der Frau Bundesminister schon ausgeführte gro­ße Erhöhung der Budgetmittel in diesem Bereich, 11 000 zusätzliche Lehrerposten. Ich könnte hier noch vieles aufzählen.

Und wenn wir diesen Schritt jetzt heute hier im Konsens machen, dann könnten Sie sich auch einmal überwinden und sagen: Ja, das ist ein guter Schritt, das ist ein Fort­schritt in der Bildungspolitik! Herr Kollege Walser, stellen wir doch nicht immer unser Licht unter den Scheffel. Sie sind ein grüner Schwarzseher, wenn ich das so sagen darf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Sinn dieses heutigen Beschlusses ist es, dass wir allen Jugendlichen Chancen geben und ihnen den Einstieg in das Berufsleben er­möglichen. Dieser heutige Gesetzesbeschluss macht das möglich. Es ist das Wesent­liche, und zwar vor allem in der Pflichtschule, dass wir den Jugendlichen Berufsorien­tierung bieten. Es wurde schon das Beispiel von der Polytechnischen Schule genannt.

Aber ich kann hier auch schlechte Beispiele nennen – Stichwort Schulerhalter –: Es wurde in meinem Bezirk in der Stadt Krems ein neues Schulzentrum gebaut. Die Poly­technische Schule hat aber damit so eine hohe Kopfquote, dass die Landgemeinden aussteigen. Es kann doch nicht sein, dass eine Gemeinde zum Beispiel sagt: Ich schenke meinem Poly-Schüler einen Laptop, wenn er in die erste Klasse der Handels­schule geht!, und dann ist der Anschluss an das Berufsleben nicht mehr möglich.

Wir müssen die Talente entdecken, die Talente fördern, und dazu brauchen wir diese Berufsorientierung. Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir die Möglichkeit, dass auch jene, die benachteiligt sind, die sonst keine Chancen hätten, diese Chance er­halten.

In diesem Sinne: Sehen wir das doch positiv! Wir haben große Schritte gemacht. Und das ist ein weiterer kleiner Schritt in eine gute Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

21.06

21.06.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2284 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.07.146. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2198 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumen­tationsgesetz geändert werden (2285 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2212 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz, die Schulunterrichtsgesetz-No­velle BGBl. I Nr. 9/2012, die Schulunterrichtsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 52/2010, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgän­ge, das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung, das Pflichtschulabschluss-Prüfungs-Gesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Privatschulgesetz, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schülervertretun­gengesetz, das Schulorganisationsgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bundesgesetz über die Rechts­persönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften und das Bundesgesetz über die Regelung des Instanzenzuges bei Erlassung von Bescheiden in Angele­genheiten der staatlichen Kultusverwaltung geändert werden (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich) (2287 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2188 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Hochschulgesetz 2005 geändert wird (Verwaltungsge­richtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen) (2288 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zu den Punkte 6 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündlichen Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


21.08.09

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Von diesen drei Tagesordnungspunkten werden wir zwei Tagesordnungspunkten die Zustimmung erteilen. Es geht dabei um die Verankerung in den entsprechenden Gesetzesmaterien, die im Unterrichtsausschuss zu behandeln waren, wo es darum geht, die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle – eines der sicher größten Reformwer­ke, die es seit langem gegeben hat – umzusetzen. Neben der Frage der verfassungs­rechtlichen Bestimmungen muss jetzt in den verschiedensten Bereichen nachvollzogen werden, dass eben der zweistufige Instanzenzug in der Verwaltung jetzt aufgehoben


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wird. Wir glauben, dass damit die richtigen Maßnahmen gesetzt werden, um Rechtssi­cherheit herzustellen.

Beim Tagesordnungspunkt 6 tun wir uns insgesamt schwer, weil wir glauben, dass die vorgeschlagene Maßnahme nicht die richtige und auch nicht effizient ist. Es wurde im Ausschuss gesagt, dass es dabei um einen sehr kleinen Bereich geht, dass es nicht sehr viele Anwendungsfälle dafür gibt, aber auch wenn man sagt, es darf kein einziges Kind im Bildungsbereich zurückbleiben, weil, wie es so schön heißt, jedes Kind dort ab­geholt werden muss, wo es ist – das sind immer die Schlagworte und Parolen, die hier ausgegeben werden, oder die Überschriften –, so ist es doch auch eine Tatsache, dass es im Einzelfall Kinder gibt, die vielleicht aufgrund ihres Alters und ihrer Reife es noch nicht ganz verstehen, wie wichtig es ist, in die Schule zu gehen, und daher die Schule schwänzen.

Und da kommt man drauf und spricht mit den Eltern, aber manche Eltern interessiert das vielleicht gar nicht, denen ist vielleicht nicht bewusst, dass bei der Schulpflicht auch etwas Gutes dahinter ist, dass es sinnvoll ist, wenn ihre Kinder in die Schule ge­hen, und diese Eltern soll man entsprechend dabei unterstützen, dass sie ihre hoff­nungsvollen Sprösslinge tatsächlich in die Schule schicken, solange diese nicht selbst­bestimmt sind.

Aber wenn das alles nichts fruchtet im Guten, dann müsste man eben verschiedene Maßnahmen ergreifen. Und da hat die Regierungsmehrheit eben den Weg eingeschla­gen, wo man sagt: Es hat ja bisher schon Strafen dafür gegeben, und die werden jetzt empfindlich erhöht, nämlich von 220 € auf 440 €! Das ist aber nur der Strafrahmen. Das heißt, das gilt dann, wenn die Einkommensverhältnisse dementsprechend sind, oder im Wiederholungsfall, denn in einem Strafrahmen beginnt man ja an sich mit den geringeren Beträgen.

Wir glauben, dass die Strafe da kein Allheilmittel ist. Die Mehrstufigkeit eines Verfah­rens, dass man versucht, einmal im Guten mit den Eltern zu sprechen und sie davon zu überzeugen, dass das alleine hilft, halten wir für gut und richtig. Es muss nicht von vornherein gleich die Strafe kommen. Das wäre wahrscheinlich auch den Autofahrern lieber, wenn es einmal das tote Recht der Ermahnung oder so etwas wie eine Abmah­nung gäbe. (Abg. Riepl: Das gibt es!) Auf dem Papier gibt es das ja. Das ist halt nur to­tes Recht. Oder ist jemand irgendwann einmal in letzter Zeit abgemahnt worden? (Abg. Riepl nickt.) Kollege Riepl. Ja, also gut.

Wir glauben jedenfalls, dass es hier andere Vorbilder beziehungsweise eine andere Möglichkeit gibt. So hat zum Beispiel ein sozialdemokratischer Regionalbürgermeister in Berlin gesagt: Es wäre interessant, wenn man die Familienleistungen, die Transfer­leistungen für eine solche Familie einmal streichen würde! Wenn einmal die Eltern merken, dass am Monatsbeginn auf einmal weniger Geld auf dem Konto ist, dann ha­ben die Kinder zum letzten Mal in der Schule gefehlt! – Das wäre unser Ansatz!

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die da ausgesprochen wurden, teilen wir nicht, weil wir glauben, dass Familiengeld, Familientransfers dann zu zahlen sind, wenn die Kinder in der Familie entsprechend gefördert werden. Und dazu zählt nicht nur, dass sie ein Essen auf den Tisch bekommen, dass sie Kleidung bekommen und dass sie ein Taschengeld bekommen, sondern dazu gehört auch, dass die Eltern dafür sorgen, dass sie die Schulbildung bekommen, die ihnen der Staat anbietet. (Beifall bei der FPÖ.)

21.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



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21.12.19

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich spreche zum Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtge­setz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden. Ziel dieses Ge­setzespaketes ist es, die Ursachen von Schulschwänzen zu erkennen und auch die dementsprechenden Schritte zu setzen.

Uns allen ist aber auch bewusst – und das hat auch mein Vorredner schon angespro­chen –, dass Schulschwänzen vielfältige Gründe hat und dass es dafür auch tiefer lie­gende Probleme gibt. Aus der Erfahrung bei meiner Tätigkeit als Pädagogin kann ich aber mit ruhigem Gewissen behaupten, dass Schulschwänzen bei uns mit Sicherheit noch kein Massenproblem ist.

Bei dem nun vorliegenden Gesetzespaket tritt bei einer Schulpflichtverletzung ein Fünf-Stufen-Plan in Kraft. Es geht dabei in erster Linie um eine bessere und enge Zusam­menarbeit zwischen Schule, Eltern und auch Jugendwohlfahrt.

Um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen, ist es aber sicherlich auch not­wendig, dass es immer wieder Erfahrungsberichte aus der Praxis gibt, dass es zu Rückmeldungen kommt und dass nach einer gewissen Zeit auch eine Evaluierung zu erfolgen hat, um festzustellen, ob das Ziel auch tatsächlich erreicht werden konnte.

Wichtig ist meiner Überzeugung nach auch die Zusammenarbeit mit den Schulsozialar­beitern und auch die psychologische Unterstützung. Gerade in diese Richtung muss man noch Überlegungen anstellen und Verbesserungen vornehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Walser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.14.24

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr in­teressant, Frau Ministerin, diese 1 Milliarde € mehr ins Bildungssystem, von der Sie vorhin gesprochen haben – das glaube ich Ihnen sehr wohl! Wir haben aber mehrfach darauf hingewiesen, dass dieses Geld sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Ich bin keineswegs der Schwarzseher, als der ich hier von der sozialdemokratischen Fraktion hingestellt worden bin. Ganz im Gegenteil, ich bin ein großer Optimist: Ich glaube daran, weil ich das gespürt habe im Zuge des Bildungsvolksbegehrens, das ja sehr erfolgreich war. Und wie erfolgreich es war, haben die zwei Volksbegehren ge­zeigt, die am letzten Wochenende diskutiert worden sind und wo wir letzte Woche ge­hört haben, dass sie nicht einmal den Weg hierher ins Parlament geschafft haben.

Es war eine enorme Leistung – und zwar mit ganz, ganz wenig Geld –, dass wir beim Bildungsvolksbegehren fast 400 000 Menschen dazu gebracht haben, zu sagen: Ja, wir brauchen diese große Schulreform! Wir dürfen das Geld, das wir einsetzen, nicht in die Verwaltung stecken, wie wir es derzeit größtenteils machen, weil wir uns drei, vier Parallelstrukturen im Bereich der Zehn- bis Vierzehnjährigen leisten, sondern wir müs­sen schauen, dass dieses Geld im Klassenzimmer bei den Kindern ankommt und nicht in der Bürokratie versickert!

Darum geht es uns! Und da bin ich durchaus optimistisch, dass wir mit den Menschen, die das unterstützen, sehr wohl in absehbarer Zeit diese großen Schritte machen kön­nen.

Kommen wir nun zu den Gesetzen und zu den „Lösungen“ – unter Anführungszei­chen –, die Sie uns heute vorschlagen.


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Zum Schulschwänzen: In jeder Sonntagsrede hören wir, dass wir Schulautonomie brauchen, dass die Verantwortung dorthin gehört, wo die Menschen sich auskennen, nämlich vor Ort. Aber was wir jetzt machen, ist, für ein Problem wie das Schulschwän­zen – und von dem höre ich jetzt überraschenderweise, dass es kein so großes Pro­blem sei, während es im Ausschuss noch geheißen hat, es sei ein Riesenproblem – per Gesetz einen fünfstufigen Instanzenzug einzuführen.

Das stelle man sich einmal in der Praxis vor! Ich weiß nicht, ob Ihre Beamten je einen Schritt – ja, in ihrer Schulzeit vielleicht, aber seither wahrscheinlich nicht mehr – in die Schule gesetzt haben, aber ein fünfstufiges Verfahren beim Schulschwänzen mit Fris­ten – vier Wochen da, drei Wochen da, zwei Wochen da, wenn da ein Schüler im April schwänzt, dann geht das tief in die Ferien hinein, bis der Instanzenzug durchlaufen ist – ist doch völlig unpraktikabel! Das werden Sie in der Realität nie in irgendeiner Form durchbringen. Wir machen uns, mit Verlaub, lächerlich, wenn wir derartige Ge­setze beschließen und dann noch glauben, dass wir hier das Ei des Kolumbus gefun­den hätten.

Wissen Sie, wie viele Verfahren wegen Schulschwänzens de facto letztes Jahr mit einer Strafe abgeschlossen worden sind? – 30 Verfahren in ganz Österreich! Und da glauben Sie, mit einer Erhöhung der Strafe von 220 € auf 440 €, die nach diesen fünf Stufen, nach einer Endphase droht, ein Problem zu lösen. Also, mit Verlaub, da kön­nen wir bei bestem Willen nicht mitgehen. Aber wir haben ja morgen noch die Gelegen­heit, über einen anderen Aspekt in diesem Zusammenhang zu sprechen. (Abg. Elmar Mayer: Vorschlag!)

Kollege Mayer, gerne mache ich einen Vorschlag, nämlich dass nicht wir am Minoriten­platz und dass nicht die Landesschulbehörden dafür Lösungen herbeiführen, sondern dass die Lösungen dort gemacht werden, wo sie hingehören, wie wir es vorhin gesagt haben: Lassen Sie die Schulen das entscheiden! Lassen Sie die Direktorinnen und Di­rektoren diese Geschichte gemeinsam mit den Lehrkräften lösen! Aber bitte keinen fünfstufigen Notfallplan für einen Schulschwänzer, der sich vielleicht im Kaffeehaus amüsiert hat. So werden wir dieses Problem sicher nicht lösen! (Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Verwaltungsgerichtsbarkeit, meine Damen und Herren: Ja, dieses Gesetz hat durchaus ein Problem erkannt, und Sie gehen dieses Problem auch an. Ich würde meinen, es ein wäre Vorteil, wenn wir hier eine unabhängige Gerichtsbarkeit einführ­ten. Was uns stört und warum wir hier nicht zustimmen können, hat einen einfachen Grund: Auch dieses Gesetz ist gerade für die Schwächsten in unserem Schulsystem nicht zukunftsweisend.

Stellen Sie sich vor: eine Familie, kein großer Bildungshintergrund, keine großen Kenntnisse des österreichischen Rechtssystems, kaum Möglichkeiten, sich juristische Beratung zu holen. Und diese Familie wird jetzt in einem Problemfall, wenn sie gegen einen Bescheid Einspruch einlegen will, auf ein Verwaltungsgericht – für Vorarlberg ist das nächste dann in Innsbruck, was auch ein Problem ist – verwiesen und muss dazu auch noch Gutachten bereitstellen. Das ist genau das Problem, weshalb wir hier nicht zustimmen!

Ja, ich lasse mir noch einreden, dass dieser Instanzenzug vielleicht notwendig ist – wir können nicht überall, in jedem Bundesland, entsprechende Gerichte einfügen –, aber es muss gewährleistet sein, dass auch sozial schwächeren Familien juristisch geholfen wird. Bislang war das möglich, weil durch die Landesschulbehörde automatisch ein Gutachten erstellt wurde. Jetzt müssen diese Familien selber um juristischen Beistand ansuchen – jedenfalls ist es möglich; das Gesetz ist hier nicht ganz präzise, es wird nicht ganz genau ausgeführt. Aber es ist möglich, dass sie das tun müssen, und da wollen wir Sicherheit.


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Wir wollen Rechte für alle. Wir wollen, dass wir hier in diesem Hohen Haus Gesetze beschließen, die vor allem den Schwächsten in unserer Gesellschaft helfen. Und das wird hierdurch nicht gewährleistet! (Beifall bei den Grünen.)

21.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Franz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.21.16

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Immer öfter klagen Pädagoginnen und Pädagogen über vermehrtes Schul­schwänzen und vor allem darüber, dass sie keine Möglichkeiten haben, irgendwelche Maßnahmen zu setzen beziehungsweise dass die Maßnahmen zahnlos sind.

Da werden ungeniert eine Woche vor Schulschluss oder eine Woche nach den Se­mesterferien mit den Kindern Ferien geplant, oft deshalb, weil es dann billiger ist, zu verreisen, oder deswegen, weil es dann eben gerade besser passt. Schülerinnen und Schüler bleiben unentschuldigt dem Unterricht fern, aber nicht nur fallweise, wie Sie gesagt haben, Herr Walser, sondern öfters mehrere Wochen. Das Zeugnis wird am Schulschluss nicht abgeholt, weil man ja im Urlaub ist.

Natürlich macht das nicht die Masse der Schülerinnen und Schüler. Aber was nützt uns eine Schulpflicht, wenn unentschuldigtes Fernbleiben ohne Folgen bleibt? Schließlich sind die Kinder die Leidtragenden, wenn in den Augen ihrer Eltern die Schule absolut keinen Stellenwert hat. Betroffene Kinder werden ihrer Bildungschancen beraubt und brauchen daher dringend Unterstützung und Hilfe.

Und darauf zielt dieser Fünfstufenplan ab. Er ist nicht eine Schikane für die Pädago­gen, sondern er ist wirklich eine Hilfe, soll das Gespräch vertiefen, soll dazu führen, dass Lösungen, Maßnahmen gemeinsam vereinbart werden. Es soll auch der Schul­psychologische Dienst eingebunden werden, es sollen Lösungsansätze erarbeitet wer­den, es soll auch überprüft werden, ob die Maßnahmen dann auch wirken, und es sol­len natürlich, was ganz wichtig ist, die Ursachen der Schulpflichtverletzung ergründet werden. Und erst dann, wenn diese Maßnahmen nicht greifen, wird Strafanzeige er­stattet. Der Mindestrahmen ist auf 440 € festgesetzt.

Somit soll eine frühzeitige Erhebung der Gründe für das Fernbleiben stattfinden. Es gibt eine kompetente Hilfestellung für Schülerinnen und Schüler, aber auch für deren Erziehungsberechtigte. Schließlich sind die getroffenen Regelungen auch für Pädago­ginnen und Pädagogen ein taugliches Mittel, um den Eltern ihre Verantwortung be­wusst zu machen und den Kindern die nötigen Bildungschancen zu geben, damit sich ihre Bildungslaufbahn positiv entwickeln kann. Bildungschancen sind Lebenschancen, und darauf hat unsere Jugend ein Anrecht.

Schulschwänzen ist oft ein Hilferuf. Aber wenn dieses Schulschwänzen ohne Folgen bleibt und keine Maßnahmen gesetzt werden, dann bleibt dieser Hilferuf ungehört, und das ist nicht im Sinne unserer Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haub­ner. – Bitte.

 


21.24.16

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schulschwänzen hat viele Gesichter, ange­fangen von einem Einfach-einmal-einen-Tag-zu-Hause-Bleiben, weil man keine Lust hat, in die Schule zu gehen, über Ferienverlängerungen, die sehr oft von den Eltern,


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von der Familie unterstützt werden, bis hin zu, wie es bei vielen Schülerinnen und Schülern der Fall ist, einem Fernbleiben aus Angst, nämlich Angst vor irgendwelchen Prüfungen, vor Schularbeiten und Ähnlichem.

Den Schulpflichtverletzungen und dem Schulschwänzen soll mit diesem Gesetz jetzt der Kampf angesagt werden. Einerseits soll das Schulschwänzen erschwert werden, und andererseits soll es teurer werden.

Das notorische Schulschwänzen – ich rede jetzt nicht davon, dass jemand einmal ei­nen halben Tag lang im Kaffeehaus sitzt, sondern vom notorischen Schulschwänzen – ist kein Kavaliersdelikt, sondern zieht meistens einen negativen Schulerfolg nach sich oder einen Schulabbruch und nimmt jungen Menschen sehr viele Berufs- und Lebens­chancen. Daher, glaube ich, ist es schon wichtig, dass man das Bewusstsein der jun­gen Menschen dahingehend schärft – und da dürfen auch die Eltern nicht aus der Ver­antwortung entlassen werden –, dass Disziplin, Verantwortung, Fleiß und Verlässlich­keit Werte und Eigenschaften sind, die man auch im späteren Berufs- und Arbeitsleben braucht und die einfach eine Grundbasis des menschlichen Zusammenlebens sind. Und wo soll das, wenn nicht in der Familie, sonst gelehrt und gelebt werden als in der Schule?

Nur, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen: Dieser vorliegende Fünfstufen­plan ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, denn er ist, sage ich, absolut praxis­fremd und sehr bürokratisch, beginnend mit dem verpflichtenden ersten Gespräch zwi­schen Eltern, Kindern und Lehrern, über die dann folgende Beiziehung der Schullei­tung, in weiterer Folge von schulinternen Beratern, bis letztendlich zur Einschaltung der Jugendwohlfahrt. – Ein aufwändiger Plan, der so nicht funktionieren kann, was einem klar wird, wenn man sich die Realität in den Schulen anschaut, wo es eben diese Hilfen einfach nicht ausreichend gibt. Es gibt nicht überall die Schulpsychologen und die So­zialarbeiter, die man dazu braucht, wenn ein solcher Fall eintritt, und auch die Jugend­wohlfahrt – und das wissen wir alle auch aus praktischen Erfahrungen – ist mit Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern nicht gerade bestens ausgestattet.

Es ist sicher kein Massenproblem – da gebe ich allen, die das gesagt haben, recht –, aber wir haben auch keinerlei Aufzeichnungen, und das wird ja mit dieser Gesetzesän­derung jetzt geändert.

Bei der letzten Instanz – wenn keine der genannten Maßnahmen fruchtet – kommt die­se Verwaltungsstrafe, nämlich 440 € Strafe, zum Tragen.

Wir vom BZÖ sind der Meinung, dass es besser wäre, einen Beitrag einzubehalten, als mühsam etwas einzutreiben, was mit viel Bürokratie und Verwaltungsaufwand und na­türlich auch mit Kosten verbunden ist – vor allem dann, wenn gegen diese Bescheide berufen wird. Daher ist unser Vorschlag, den ich schon im Ausschuss angeführt habe, dass man, wenn man schon Strafen finanzieller Art vorsieht – und das ist das aller­letzte Mittel –, das über die Familienbeihilfe steuern und lenken soll.

Wir haben ähnliche positive Erfahrungen – in den wenigen Fällen, wo das notwendig ist – beim Mutter-Kind-Pass im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld: dass Mütter, dass Eltern, die ihren Kindern nicht die vorgeschriebenen Untersuchungen an­gedeihen lassen, ein reduziertes Kinderbetreuungsgeld bekommen. Und wenn sie dann diese Untersuchungen nachholen, wird wieder die volle Länge des Kinderbetreuungs­geldes ausbezahlt.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Steuerung der Einhaltung der Schulpflicht über die Familienbeihilfe


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich entspre­chende Gesetzentwürfe zuzuleiten, die die reduzierte Auszahlung der Familienbeihilfe als allerletztes Lenkungsinstrument im Sinne der Erfüllung der Schulpflicht vorsehen.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

Wir werden natürlich dann diesem Gesetzentwurf, diesem Fünfstufenplan nicht unsere Zustimmung geben – wir haben uns ja auch im Ausschuss schon dementsprechend ver­halten.

Auch den Gesetzen unter dem zweiten Punkt werden wir nicht unsere Zustimmung geben, obwohl wir der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich positiv gegenüberste­hen, denn sie ist ein großes Reformwerk, aber wir würden nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass es zu einer Vereinfachung kommt und dass die Änderung eine Kos­tenreduzierung mit sich bringt. Beides ist aber im Bildungsbereich für uns nicht ersicht­lich. Ganz im Gegenteil: Die Beschwerdeführungen werden verkompliziert und nicht vereinfacht, und vor allem kommen auf Eltern zusätzliche Kosten durch die Einholung von Gutachten zu und im Falle einer Rechtsberatung auch noch Anwaltskosten. Daher werden wir auch diese Novelle ablehnen. (Beifall beim BZÖ.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter May­er. – Bitte.

 


21.30.27

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Wenn ich die Opposition um eines beneide, dann um die Redezeit. Die Ab­geordneten von der Opposition können hier lange reden, haben ausreichend Rede­zeit – wir hingegen müssen uns Minute für Minute erkämpfen und können die Erfolge, die wir haben, nicht so breit darlegen wie die Opposition die Jammerei, die hier laufend ihrerseits stattfindet. Aber es ist nun einmal so, damit muss man leben. Das ist eine Tatsache. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Das Erste: Natürlich haben Sie recht, Herr Kollege Walser, wenn Sie sagen, dass die Probleme mit dem Schulschwänzen normalerweise an der Schule direkt gelöst werden, und das ist auch der Schulalltag. Aber der Schulleiter, der Schuldirektor kann nicht auch gleichzeitig der Exekutor sein und das Geld eintreiben. Das heißt, wenn das Ge­setz vorsieht, dass man am Schluss eine Strafe einzuheben hat, dann haben das die Verwaltungsbehörden zu machen, und dieser Ablauf muss geregelt sein. Alles ande­re – da bin ich bei Ihnen – soll man an der Schule machen. Nämlich: Man soll die Schulsozialarbeit verbessern, man soll die Schule so gestalten, wie wir sie wollen, sodass die Schüler überhaupt nicht auf die Idee kommen, der Schule fernzubleiben. Es muss Spaß machen, an der Schule zu sein! In diese Richtung arbeiten wir – und dann ist das Problem sehr viel kleiner.

Das Zweite, worauf ich eingehen möchte, ist – und das ist das, was mir mehr wehtut, Herr Kollege Walser; und der vom Kollegen Sacher verwendete Ausdruck „grüner Schwarzseher“ war gar nicht so schlecht, und zwar nicht ORF-Schwarzseher, das ge­be ich schon zu, aber politisch gesehen –, dass Sie, wo Sie doch selber auch mitgear­beitet haben – so wie ich, und inhaltlich trennt uns ja kaum ein Löschblatt, wenn es da­rum geht, was wir gemeinsam für die Schule erreichen wollen –, hier alles schlechtma-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 219

chen, dass Sie nicht sehen wollen, was man da schon alles getan hat, nämlich dass wir vom Bildungsvolksbegehren, das wir beide mit Herzblut auch verteidigt und vertre­ten haben, vier Fünftel von dem, was die Schule betrifft, schon umgesetzt haben. (Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Walser: Fragen Sie Hannes Androsch! Was sagt Hannes Androsch dazu?)

Jetzt haben wir die PädagogInnenausbildung auf Schiene gebracht – Walser: Nie mög­lich! Und die Oberstufenreform – Walser: Nie möglich! Auch die neue Matura – Walser fordert Rücktritt der Ministerin, weil sie nicht zeitgemäß kommt!

Herr Kollege Walser, diese Dinge sind alle längst gemacht! Sie haben das entweder nicht mitgekriegt oder haben ein Wahrnehmungsproblem. Und daher sage ich Ihnen: Gehen Sie endlich mit! Klinken Sie sich ein in eine neue Schulreform, dann sind Sie auf dem guten Weg! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich ergänze noch: Ich habe vorhin nicht bekannt gegeben – das tue ich hiermit –, dass der Entschließungsantrag der Frau Abgeordne­ten Haubner ordnungsgemäß eingebracht wurde und somit auch mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Steuerung der Einhaltung der Schulpflicht über die Familienbeihilfe

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2198 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (2285 d.B.)

In Österreich gilt die Schulpflicht als erfüllt, wenn das „Absitzen“ der vorgeschriebenen Pflichtschulzeit (9 Jahre) erfüllt ist. Diese Tatsache allein ist schon kritikwürdig und sollte dringend geändert werden, jedoch das „nicht Absitzen“ bzw. das „Fernbleiben“ vom Unterreicht mit noch höheren Verwaltungsstrafen zu belegen, erscheint absolut sinnbefreit. Die Verwaltungsstrafen haben sich auch bisher als ineffektiv herausgestellt, ein anderes Lenkungsinstrument muss her!

Aus Sicht des BZÖ muss die Einhaltung der Schulpflicht über die Familienbeihilfe ge­steuert werden, analog zum Mutter-Kind-Pass und den vorgeschriebenen Untersu­chungen respektive das Kindergeld. Dieses System hat sich bewährt und sollte daher auch bei der Schulpflicht als Lenkungsmaßnahme verwendet werden. Selbstverständ­lich soll dieses Instrument nur als allerletztes Mittel eingesetzt werden, wenn Elternge­spräche und begleitende Maßnahmen fehlgeschlagen sind.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so rasch wie möglich entspre­chende Gesetzesentwürfe zuzuleiten, die die reduzierte Auszahlung der Familienbeihil­fe als allerletztes Lenkungsinstrument im Sinne der Erfüllung der Schulpflicht vorse­hen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 220

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


21.32.56

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Beim Thema Schulschwänzen – Tagesordnungspunkt 6 – werden wir nicht zustimmen, und zwar aus dem Grund, Frau Ministerin, weil es ein bestehen­des Gesetz gibt. Ich habe mir den uns vorliegenden Entwurf jetzt angeschaut, und er sieht schon sehr viel Bürokratie vor, das muss ich schon sagen – jetzt muss ich dem Kollegen Walser wieder einmal recht geben.

Bei den Tagesordnungspunkten 7 und 8 stimmen wir zu.

Ganz ehrlich: Schulschwänzen ist kein Kavaliersdelikt. Man muss die Eltern in die Pflicht nehmen, das ist ganz klar. Aber ich würde sagen, das Verfahren müsste ver­kürzt werden. Man müsste schauen, dass man viel schneller auch strafen kann, ohne großartige Prozesse hinter sich zu haben. (Abg. Dr. Jarolim: Wer sagt das?) – Da sage ich jetzt meine persönliche Meinung, Herr Kollege Jarolim. Gerade Sie als Jurist müssten doch wissen, wenn wir diesen Fünf-Stufen-Plan umsetzen, dauert es ja ewig! Das dauert ja Monate bis Jahre, bis das tatsächlich umgesetzt wird. Und wenn man dann 440 € einhebt und Verfahrenskosten von 2 000 € hat, dann sagen Sie mir, Herr Kollege Jarolim, wie das Ganze finanzierbar sein soll! – Aber ich danke Ihnen sehr für diesen Zwischenruf, denn das zeigt wieder ganz genau, dass Sie nicht bei der Sache sind, wahrscheinlich weil es schon spät ist. Um diese Uhrzeit schlafen Sie. Aber wir versuchen hier, konstruktiv zu arbeiten – das haben wir bis jetzt immer gemacht. Ich bin total froh, dass das Sie jetzt wieder aufgeweckt hat. Dieser Zwischenruf war wirk­lich eine Katastrophe.

Frau Ministerin, bei den Punkten 7 und 8 stimmen wir, wie schon gesagt, zu. Da bin ich davon überzeugt, dass wir in die richtige Richtung gehen. Aber was das Schulschwän­zen betrifft, so müssen wir da einfach eine straffe Struktur haben und dürfen die Lehrer nicht überfordern. Jetzt sind so viele Leute eingebunden, da sehen wir nie Licht am Ende des Tunnels. Also hier bin ich dafür, dass man das verkürzt. – Vielen Dank. (Bei­fall der Abg. Schenk.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Dr. Schmied gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.34.41

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu­nächst zum Thema Schulpflichtverletzung Stellung nehmen. Oberstes Ziel ist – und bei den Zielen, glaube ich, sind wir uns ja oft alle sehr einig –, oberstes Ziel muss es sein, dass jedes Kind, das in Österreich lebt, auch die Schule besucht. Jetzt sehe ich einmal von ein paar gewollten Ausnahmen ab. Und sollten junge Menschen die Schule nicht besuchen, gilt es, zuallererst einmal herauszufinden, was die Ursachen dieses Fern­bleibens sind.

Also es geht da jetzt nicht um „Kavaliersdelikte“ – unter Anführungszeichen –, darum, dass man einmal im Kaffeehaus ist, sondern es geht hier um Schulschwänzen. Und da halte ich den Ansatz, dass man im Gesetz auch einmal definiert, ab wann man von Schulpflichtverletzung spricht, für einen richtigen Ansatz, weil er Klarheit schafft und weil er eben – ich sage jetzt einmal – Bagatellvorkommnisse von Haus aus ausklam­mert und ausschließt.

Der zweite Punkt – und da werden wir sehen, wie sich dieser Punkt in der Praxis be­währt –, nämlich der Stufenplan, erscheint mir von der Herangehensweise vernünftig,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 221

nämlich dass zuerst das, was Sie betonen, Herr Abgeordneten Walser, stattfindet, nämlich dass die Schule versucht, in Eigenverantwortung in Eltern-Schüler-Lehrer-Ge­sprächen herauszufinden, was denn die Ursache des Fernbleibens ist, und dass dann im Falle einer Eskalation die einzelnen Maßnahmen – Stichworte: Beratungslehrer, Schulaufsicht, Jugendwohlfahrt, bis zur Strafe im Sinne einer Ultima Ratio – gesetzt werden.

Wichtig ist auch – Frau Abgeordnete Haubner hat das angesprochen –, dass wir die Dokumentation verbessern, denn das ermöglicht es uns dann letztlich, diese Vor­gangsweise zu evaluieren. Und das haben wir ja auch im Unterrichtsausschuss be­sprochen: dass wir uns nämlich sehr genau anschauen werden, ob wir durch diese Maß­nahmen Verbesserungen erreichen. Und wenn da noch einmal klar und deutlich wird, dass wir mehr Unterstützungspersonal für die Lehrer und Lehrerinnen brauchen, mehr Schulsozialarbeit notwendig ist, dann soll uns das auch ein wichtiges, richtiges und mit Fakten belegtes Argument sein.

Zum zweiten Bereich, der Verwaltungsgerichtsbarkeit: Da geht es um die Umsetzung einer ganz großen Reform im Kultusbereich, im Bereich der Schulen, im Bereich der Pädagogischen Hochschulen – und da fällt eine Behördenebene weg! Das ist das Ziel! Man kann aber diesem Wegfall nicht nachweinen, wenn man das vorher absicht­lich macht, aus dem Motiv heraus, in Österreich ein effizienteres, effektiveres Verfah­ren einzuführen. Das ist eine große Umstellung. Unsere Mitarbeiter haben ja seit dem Unterrichtsausschuss darüber auch Gespräche geführt, und ich kann Ihnen sagen: Wir werden diesen Umstellungsprozess sehr, sehr achtsam und sorgsam begleiten, gerade unter den Aspekten, die Sie, Herr Abgeordneter Walser, hier angeführt haben.

Und ganz zum Schluss – da muss ich jetzt an die Ausführungen von Herrn Abgeordne­tem Mayer anschließen –: Also bitte, die eine Milliarde ist sinnvoll investiert. Darüber brauchen wir jetzt, glaube ich, wirklich nicht mehr zu diskutieren. Das Vorhaben mit den kleineren Klassen – ich erinnere: Auch dazu gab es ein Bildungsvolksbegehren! – wurde umgesetzt. Und: Zwei Lehrer in Deutsch, Mathematik und Englisch, das wird von allen als sinnvoll erachtet, die Umsetzung des Schulbauprogramms ebenso, ge­nauso die Ganztagsschulen. Und wenn jetzt auch noch die PädagogInnenbildung Neu kommt, dann sind 80 Prozent des Bildungsvolksbegehrens umgesetzt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Walser: Sieht das der Hannes Androsch auch so? – Abg. Mag. Mu­siol: Was ist mit den ElementarpädagogInnen?)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


21.38.52

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Debatte bislang hat ja gezeigt, mit welchen Argumenten – das eine oder andere ist auch für mich nachvollziehbar – die Opposition heute diesem Gesetz nicht beitreten wird. Leider überwiegt dann doch die Parteitaktik.

Und bei den Grünen zeigt sich einmal mehr, dass sie den Sinn für die Realität nicht im­mer haben. Wir haben hier ein Problem! Sie haben mit 30 Fällen argumentiert, die im letzten Jahr sanktioniert wurden. Genau das ist aber für mich ein Faktor: Wir hatten bislang hierfür keinen geeigneten Rahmen; diesen schaffen wir, dieser ist wichtig und richtig. Ich danke der Frau Bundesministerin für diese Gesetzgebung – die auch auf Initiative von Staatssekretär Sebastian Kurz erfolgte, das darf man hier auch nicht ver­gessen –, dafür, dass wir ein wirksames Gesetz schaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 222

Sie haben gesagt, 30 Fälle wurden im letzten Jahr sanktioniert, doch die Zahl ist eine andere, nämlich dass wir zurzeit 70 000 junge Menschen zwischen 16 und 24 Jahren haben, die keinen Arbeitsplatz haben, die sich in keinem Training befinden, die weder in einer Ausbildungs- noch in einer Bildungseinrichtung sind. (Abg. Dr. Walser: Hängt das mit dem Gesetz zusammen? Das ist ein anderes Thema!) Wo, glauben Sie, fängt deren – unter Anführungszeichen – „Karriere“ an? In der Vielzahl sind das Schulschwän­zer, Schulabbrecher, Schulverweigerer, und diese Leute, die sich selbst herausgenom­men haben, wollen wir zurückholen. Sie sagen, das besteht alles nicht. 70 000 Leute ohne nennenswerte große Perspektiven existieren für Sie nicht. (Abg. Dr. Walser: Ja, natürlich! Reden Sie keinen Unsinn! Das ist ja hanebüchen!)

Die Wurzel ist an der Schule, und dort müssen wir sie packen. Sie sagen, es ist alles in Ordnung. – Ja, das ist Ihre Meinung; die Realität schaut anders aus.

Und Sie haben auch gesagt, es ist in fünf Instanzen, es ist alles so kompliziert. – Sie wissen genau, dass zu Beginn der Phase, wenn man merkt, man hat da keinen Fort­schritt, diese Phase abgekürzt werden und gleich ein nächster Schritt ergriffen werden kann.

Unser Ziel seitens der SPÖ und der ÖVP ist es ja auch nicht, dass wir hier großartig Einnahmen lukrieren. Uns wäre am liebsten, wenn wir da null Strafen, null Euro einhe­ben müssten, nur muss man am Ende dieses Rahmens auch eine Strafe setzen, die natürlich auch wehtun kann. Und das soll auch so sein, denn wir haben in Österreich eine Schulpflicht, und Pflicht heißt, dass es auch eine Sanktionierung geben muss.

Wir haben leider erfahren, dass das von Ihrer Seite bagatellisiert wurde. Das war in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten vielleicht auch ein Problem und ein Grund, warum wir heute hier stehen. Wir von der Koalition haben dieses Problem erkannt und setzen, so glaube ich, hier doch einen guten und wirksamen Schritt.

Wir werden auch, wie es schon angeklungen ist, nun jedes Jahr die Daten erheben. In­nerhalb von drei Jahren soll das evaluiert werden. Wir müssen Motivforschung be­treiben, und wenn es Verbesserungen braucht oder das eine oder andere nachjustiert werden muss: Selbstverständlich! Man lernt nie aus, aber es muss einmal ein Schritt gesetzt und nichts bagatellisiert werden. Das sind wir unserer nachfolgenden Genera­tion schuldig.

Ich lade Sie ein: Vielleicht denken Sie noch nach, geben sich einen Ruck und stimmen doch zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mühlberghuber zu Wort. – Bitte.

 


21.42.13

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Bundesminister! Frau Präsidentin! Dieser Fünf-Stufen-Plan, wie er in der Regierungsvorlage vorgesehen ist, ist sehr kompliziert und führt nur in Extremfällen zu einer Geldstrafe von bis zu 400 € und wie bisher nur zu 220 €.

Mein Kollege Dr. Walter Rosenkranz hat schon ausführlich davon berichtet: In diesem Fünf-Stufen-Plan gibt es viele Gespräche, viel Zeit, viel Verwaltung, und es sollen Schul­psychologen eingesetzt werden. Am 18. April war auf orf.at zu lesen:

„Die Elternvertreter üben scharfe Kritik an der Politik. Zwar werde ein Stufenplan gegen das Schulschwänzen ausgearbeitet, gleichzeitig würden aber funktionierende Hilfen wie etwa durch Schulpsychologen ,kaputtgespart‘. Auf mehrere tausend Schüler kom­me in Österreich gerade einmal ein Schulpsychologe und es werde in diesem Bereich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 223

weiter gespart, kritisierte der oberste Elternvertreter für die Wiener höheren und mittle­ren Schulen, Johannes Theiner.“

Wir sehen diesen Fünf-Stufen-Plan gleichfalls negativ, und wir halten auch nicht viel von den angedrohten Geldstrafen. Viel wichtiger wäre es, den Eltern klarzumachen, dass sie beim Thema Schulschwänzen und Schulabbruch eine wichtige Vorbildwirkung ha­ben. Wenn Eltern den Schulbesuch ernst nehmen, dann nehmen ihn auch die Kinder ernst, das zeigen auch internationale Studien.

Meine Damen und Herren, wir fordern für jene, die dauerhaft der Schulpflicht nicht nach­kommen, die Streichung der Familienbeihilfe. Das wäre eine empfindliche Maßnahme, welche die Eltern tatsächlich spüren würden, im Vergleich zu einer Geldstrafe, die eine absolut zahnlose Mahnung ist. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.44

21.44.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es wird kein Schlusswort seitens der Berichterstattung gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betref­fend Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz und das Bildungsdokumentations­gesetz geändert werden samt Titel und Eingang in 2198 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die da die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zu­stimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzent­wurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ursula Haubner und Kollegen betreffend Steuerung der Einhaltung der Schul­pflicht über die Familienbeihilfe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag findet keine Mehrheit und ist damit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend Verwal­tungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz für den Schul- und Kultusbereich samt Titel und Eingang in 2287 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betref­fend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Unter­richt, Kunst und Kultur, Bereich Pädagogische Hochschulen samt Titel und Eingang in 2188 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 224

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem auch in dritter Lesung die Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.47.009. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (2199 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Berufsausbildungsge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für land- und forstwirtschaftliche Berufsschulen geändert werden (Facharbeiter-Aus­bildungsinitiative-Gesetz 2013) (2286 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


21.47.28

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Frau Bundesminis­ter! Wie schon gesagt, es geht jetzt um das Facharbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz, und das Schöne an diesem Gesetzeswortlaut ist, dass das Wort „Initiative“ drinnen ist.

Am Beginn der Diskussion zu diesem Gesetz stand nämlich die Initiative von Bürge­rinnen und Bürgern in Form einer parlamentarischen Bürgerinitiative, die an uns hier, ans Hohe Haus, herangetragen wurde, und einer der Vertreter dieser Bürgerinitiative ist auch hier (der Redner wendet sich dem Angesprochenen zu, der sich auf der Ga­lerie befindet): Herr Hubert Prigl, herzlich willkommen bei der Beschlussfassung und dabei, der Diskussion jetzt hier zuhören zu können. Danke auch für die Initiative! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wir haben heute die Chance, im Wesentlichen die an das Parlament gerichteten For­derungen umzusetzen. Es gab ja schon längere Diskussionen dazu; wir haben es im Ausschuss diskutiert, der Ausschuss hat sich mehrmals mit diesem Thema beschäftigt.

Ganz kurz der Hintergrund: Immer mehr junge Arbeitslose, das erleben wir ja Tag für Tag, haben nur den Pflichtschulabschluss. Darunter gibt es immer mehr und relativ vie­le ehemalige Lehrlinge, also junge Menschen, die eine Lehre begonnen, aber nicht fer­tiggemacht haben, die also keinen positiven Lehrabschluss haben. Andererseits klagt die Wirtschaft über einen Mangel an Fachkräften.

Daher ist natürlich das Nachholen von Bildungsabschlüssen nicht nur heute, sondern das war es auch bisher, ein Schwerpunkt der Bundesregierung. Danke also auch da­für, dass wir heute, sehr verehrte Frau Bundesministerin, in diesem Bereich einen wei­teren Schritt setzen können.

Das Nachholen des Bildungsabschlusses Facharbeiterprüfung ist also heute ein Gebot der Stunde, und das Neue daran ist, dass wir mithilfe der Berufsschulen – und das ist etwas, was man besonders betonen muss – dieses Nachholen des Bildungsabschlus­ses Facharbeiterprüfung realisieren können.

Künftig dürfen und können also die Berufsschulen auch für jene die Türen öffnen, die zum Beispiel schon einmal Lehrling waren, eine berufliche Vorbildung haben, jedoch, wie ich schon gesagt habe, keinen positiven Lehrabschluss haben. Und es wird an den Berufsschulen liegen, jetzt auch flexible Formen für die Klientel, die vielleicht und hof­fentlich jetzt auch kommen wird, zu entwickeln. Das kann einmal eine Abendschule


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 225

sein, das kann einmal ein Lehrgang sein, das kann einmal ein Eingliedern in bestehen­de Klassen sein.

Wir schließen heute also eine Lücke in unserem Bildungssystem für diese Personen­gruppe. Wir eröffnen mit unserem heutigen Beschluss für viele aber auch eine zweite Chance, um mithilfe der Berufsschulen und auch als Partner des AMS, also des Ar­beitsmarktservice, doch noch Facharbeiter zu werden. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Entscheidung, die wir heute treffen.

Wir nützen dazu endlich auch die hohe Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer in un­seren Berufsschulen. Wir beweisen mit unserem Beschluss heute auch, dass direkte Demokratie in unserem Land möglich ist und Initiativen aus der Bevölkerung im Parla­ment sachlich diskutiert und auch umgesetzt werden – umgesetzt in diesem Fall, so glaube ich, von allen Fraktionen, und das ist auch ein gutes Zeichen.

Namens der SPÖ-Fraktion nochmals Gratulation den Initiatoren und nochmals ein Dankeschön der Frau Bundesminister für die Unterstützung dieses Vorhabens. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Franz zu Wort. – Bitte.

 


21.51.10

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir haben in unserem Schulsystem ein Grundprinzip, nämlich: kein Ab­schluss ohne Anschluss. – Nun, das ist vollkommen richtig, aber es muss auch einen Anschluss nach einem Abbruch geben. Und genau darauf zielt diese Änderung im Facharbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz ab. Es geht um Jugendliche, die eben die Lehre abgebrochen haben, die eine zweite Chance bekommen sollen und denen er­möglicht werden soll, nach einem verspäteten Anlauf dann doch noch eine Lehre abzu­schließen und als Facharbeiter fertig zu werden.

Worum geht es? Was sind die Ziele? – Es gibt eine verbesserte Möglichkeit, den Schul- und Lehrabschluss im zweiten Bildungsweg zu erreichen. Es ist ein Beitrag zur zusätz­lichen Qualifizierung von Fachkräften. Es gibt dort eine fundierte berufstheoretische Ausbildung, und es ermöglicht die erfolgreiche Ablegung der Lehrabschlussprüfung; diese wird auch erleichtert. Es ist ein Beitrag zur Lifelong Learning-Strategie, also zum lebensbegleitenden Lernen, und diese Strategie besagt, dass das kostenlose Nachho­len von grundlegenden Abschlüssen gegeben sein muss und auch Grundkompetenzen im Erwachsenenalter sichergestellt werden müssen. Dem Facharbeitermangel wird da­durch entgegengewirkt.

Dieses Gesetz ist einerseits ein wichtiger Beitrag für junge Menschen, die dadurch nach Anfangsschwierigkeiten doch noch zu einer höheren Qualifikation kommen kön­nen und infolgedessen eine bessere berufliche Chance haben, andererseits können dadurch mehr Facharbeiter qualifiziert werden, die wir auf dem Arbeitsmarkt dringend brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. – Bitte.

 


21.53.16

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich glau­be, das, was wir hier heute beschließen, kann man sehr positiv sehen. Das duale Aus­bildungssystem ist ja nun wirklich etwas Vorzeigbares. Österreich hat im Bildungsbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 226

reich, gerade was diese duale Ausbildung anlangt, international sehr, sehr vorzeigbare Projekte – und nicht nur Projekte, sondern das betrifft auch das ganze System. Von da­her bin ich für Ihre Initiative ebenfalls sehr dankbar gewesen, und für uns war von vorn­herein klar, dass wir das natürlich unterstützen werden.

Gerade für Menschen, die mit 20, mit 25 Jahren ihre Ausbildung, die sie nicht abge­schlossen haben, nachholen wollen, einen Abschluss erreichen wollen, ist es natürlich wichtig, dass wir dieses ansonsten eher starre System flexibler machen, und das ge­lingt jetzt durchaus.

Worüber ich auch sehr froh bin, Frau Ministerin, ist, dass wir hier auch ganz klar sagen, ja, das wird etwas kosten, dass wir präzise formulieren, dass wir mehr Planstellen brau­chen – im konkreten Fall sind es 88 Planstellen, die zusätzlich geschaffen werden müssen und geschaffen werden.

Es ist bislang für Berufsschulen oft auch sehr, sehr schwierig gewesen, da diese Men­schen in der Realität schon in den Berufsschulen waren, wie wir alle wissen, de facto aber als außerordentliche Schüler geführt werden mussten. Das hat zu sehr, sehr gro­ßen Klassen geführt, und vor allem hat es dazu geführt, wenn die Klassenschülerhöchst­zahl mit 30 erreicht war, dass dann eben ein Stopp eingelegt werden musste. – Damit ist es vorbei, und von daher ist es, glaube ich, ein richtiger Schritt.

Froh bin ich auch darüber, dass wir nun relativ unbürokratisch Vorbildung anerkennen können, sodass die Ausbildung dann eventuell nur ein Jahr dauern muss, eventuell zwei, dass man da also flexibel darauf eingehen kann.

Frau Ministerin, Sie werden nicht überrascht sein, dass ich auch zwei kritische Punkte anzumerken habe. (Heiterkeit bei Grünen und ÖVP.)

Die Einführung von Leistungsgruppen, das ist nun wirklich vorgestrig. Da orientieren wir uns an einem Modell, das leider bei den Neuen Mittelschulen auch eingeführt wor­den ist und worauf die Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer natürlich über­haupt nicht vorbereitet sind – da hat sich schon einer bei mir beschwert. Das ist schlicht nicht praxisnah. Da gab es bislang keine Fortbildung für die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen, und das wird sehr schwer umsetzbar sein.

Und wenn ich da Formulierungen wie die im Artikel 1 lese: „Kompetenzorientierung muss schülerorientiert sein, aber auch ergebnisorientiert und gleichzeitig prozessorien­tiert, um den oben formulierten Ansprüchen Genüge zu tun.“, dann kann ich nur hoffen, dass die Berufsschullehrerinnen und -lehrer die Orientierung behalten haben. Bei die­sen Formulierungen werden sie eher aussteigen.

Ein Schritt, der gemacht werden muss – und darüber haben wir uns im Ausschuss auch mehrfach unterhalten –, ist, dass die Berufsschulen insgesamt aufgewertet wer­den müssen. Und ich bin überzeugt davon, dass es, wenn es uns gelingt, die Modula­risierung sinnvoll weiterzutreiben – etwa im Bereich der Berufsschulen, im Bereich der Polytechnischen Schulen und dann auch im berufsbildenden Schulwesen, sodass Schülerinnen und Schüler leichter übertreten können –, dann eventuell auch gelingt, Berufsschulen besser in dieses Schulsystem der Oberstufe zu integrieren und für Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zu schaffen, da auch zu höheren Abschlüs­sen zu kommen.

Das wäre, glaube ich, ein Projekt für die Zukunft, das wir gemeinsam angehen können. Und wenn es so konstruktiv weitergeht wie in diesem Fall im Ausschuss bin ich sicher, dass wir das Ziel auch erreichen können. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 227

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haub­ner. – Bitte.

 


21.57.39

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Gesetz nimmt die öffentliche Hand, nehmen wir als Gesetzgeber rund 4,7 Millionen € jährlich in die Hand, verbunden mit 88 Planstel­len, um eine, wie wir glauben, wichtige und richtige Investition in junge Menschen zu machen – und jede Investition in junge Menschen ist eine gute Investition in die Zu­kunft.

Junge Leute sollen die Möglichkeit haben, im zweiten Bildungsweg einen Bildungsab­schluss zu erreichen, in diesem Fall die Berufsschule nachzuholen, und das ab einem Alter von 20 Jahren – also junge Erwachsene, die vielleicht das eine oder andere schon ausprobiert haben, und die auch, wie schon vorher gesagt wurde, bisher nur die Möglichkeit hatten, als außerordentliche Schülerinnen oder Schüler in der Berufsschule geführt zu werden. Und was sicher auch positiv ist, ist, dass die überbetriebliche Aus­bildung damit gleichfalls erweitert wurde.

Wir werden diesem Gesetzentwurf wie auch schon im Ausschuss unsere Zustimmung geben, denn es ist ein wesentlicher Beitrag, um dem nach wie vor vorhandenen Fach­kräftemangel entgegenzusteuern, ebenso wie der steigenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken.

Den Bedarf an qualifizierten Lehrlingen haben wir schon bei der Thematik der Berufs­schulen beziehungsweise bei den Polytechnischen Schulen diskutiert und debattiert. Dieser Bedarf an qualifizierten Lehrlingen und Fachkräften ist sehr, sehr groß in Ös­terreich, und mit dieser Entscheidung heute leisten wir auch einen Beitrag, dass die Wettbewerbsfähigkeit und der Standortvorteil unseres Landes, unserer Unternehmen, auch in Zukunft gegeben ist.

Was mich auch als Obfrau des Petitionsausschusses freut, ist, dass es eine Bürgerini­tiative war, die letztendlich zu einem Gesetzestext geführt hat, was ja gerade bei Bür­gerinitiativen und Petitionen ganz selten der Fall ist. (Beifall beim BZÖ.)

22.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


22.00.09

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Ja, ich werde diesem TOP 9, dem Antrag natürlich zustimmen. Ich finde es gut, dass da etwas passiert. Der Herr Kollege Riepl hat es ja ausgeführt. Es ist sehr praxisnah, muss ich sagen, denn gerade wir haben gesehen, dass es Menschen gibt, die erst später draufkommen, dass ein Abschluss wichtig ist, oder die durch eine Schwangerschaft die Ausbildung nicht zu Ende bringen können. Die haben dann die Möglichkeit, bei der Berufsschule ihren Abschluss nachzuholen, was ich gut finde.

Vorher haben wir es ja gehört: Wie geht das in der Praxis? – Das geht nur dann, wenn beide Seiten wollen; ganz klar. Das heißt, bei dem Jugendlichen oder jungen Erwach­senen, der dann mit 25 draufkommt, ich möchte die Lehre endlich abschließen, gehe ich davon aus, dass er mit einer guten Portion Ehrgeiz zur Sache geht – aber natürlich auch die Lehrer, die dann wissen, okay, da ist jemand, der hat vielleicht schon Berufs­erfahrung, hat als Hilfsarbeiter gearbeitet und möchte jetzt doch einen Abschluss ma­chen. Und das finde ich gut. Ich glaube, da geht es in die richtige Richtung.

Tun müssen wir noch etwas gegen die vielen Abbrecher, wenn ich mir die Statistik an­schaue. In den überbetrieblichen Lehrwerkstätten haben wir 32 Prozent der Jugendli­chen, die die Lehre abbrechen, und bei den normalen Lehrformen sind es nur 15 Pro­zent. Das heißt, bei den überbetrieblichen Lehrwerkstätten müssen wir insofern den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 228

Hebel ansetzen, dass die Jugendlichen doch den Abschluss schaffen und nicht die Lehre abbrechen. Dann geht das Ganze auch in die richtige Richtung. Und deswegen werden wir das auch unterstützen, weil viele junge Menschen erst später draufkom­men, dass es doch wichtig ist, einen Abschluss zu haben, nicht nur was das Einkom­men betrifft, sondern auch die Wertschätzung und so weiter. Deswegen werden wir je­denfalls zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.02.05

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße diese Maßnahme sehr und möchte mich auch persönlich bedanken bei Herrn Prigl und bei Herrn Abgeordnetem Riepl für ihren Einsatz. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen: Keine Begegnung mit diesen beiden Herren, ohne dass diese Initiative angesprochen wurde! Ich freue mich, dass es heute so weit ist und dass diese Maßnahme heute umgesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Damit komplettieren wir ein größeres Maßnahmenpaket, das wir ja schon in großer De­tailarbeit vorbereitet haben, damals noch mit Ihnen, Herr Abgeordneter Amon, als Bil­dungssprecher. Das waren die 15a-Verträge: Erwerb der Basisbildung: kostenlos; Nach­holen des Pflichtschulabschlusses – auch ein 15a-Vertrag –: kostenlos; und jetzt: Nach­holen des Berufsschulabschlusses als ordentlicher Schüler.

Für mich ist das eine wichtige Maßnahme, eine Komplettierung eines Gesamtpakets für eine Personengruppe, deren Bildungskarrieren nicht so glatt verlaufen. Hier setzen wir wichtige, hier setzen wir zentrale Schritte, und ich freue mich sehr, dass wir diese Schritte gemeinsam setzen und alle zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Loh­feyer. – Bitte.

 


22.03.47

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Wenn junge Menschen keiner qualifizierten Arbeit nachgehen kön­nen, haben sie kaum Möglichkeiten, Erfahrungen im Berufsleben zu sammeln und auch in ihre Zukunft zu investieren. Für junge Menschen erhöht sich die Chance auf einen positiven Lehrabschluss enorm, wenn sie nach einer Unterbrechung wieder in die Berufsschule gehen können, um sich auf die Lehrabschlussprüfung vorbereiten zu können. Und diese Möglichkeit wird nun durch diesen vorliegenden Entwurf zum Fach­arbeiter-Ausbildungsinitiative-Gesetz geschaffen.

Es wurde schon mehrfach erwähnt, dass dieser auf eine Bürgerinitiative zurückgeht, die im Februar 2011 im Parlament eingegangen ist. Und auch ich möchte mich herzlich als Petitionssprecherin der sozialdemokratischen Fraktion bei den Einbringern dieser überparteilichen Bürgerinitiative, allen voran Herrn Hubert Prigl und seinen Kollegen und Kolleginnen, herzlich bedanken. Die Initiative wurde von mehr als 7 000 BürgerIn­nen unterstützt und ausführlich im Vorgespräch mit den Petenten und im Petitionsaus­schuss diskutiert. Nach Einlangen von Stellungnahmen der zuständigen Ministerien wurde die Initiative dem Unterrichtsausschuss zugewiesen und nach erfolgreichen Ver­handlungen heute mit der Zustimmung dieser Forderung nachgekommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 229

Ich möchte hier auch nochmals den Dank an meinen Kollegen Franz Riepl richten, der sich mit sehr großem Engagement für dieses Anliegen eingebracht hat.

Es geht ja auch um die Förderung der überbetrieblichen Ausbildung und um eine ver­stärkte Durchlässigkeit des Berufsschulwesens, um dem Fachkräftemangel in Öster­reich entgegenzuwirken. Wir wissen ja, dass das Nachholen von Abschlüssen, von po­sitiven Abschlüssen im späteren Leben wesentlich aufwendiger, nicht immer erfolg­reich und meistens um einiges teurer ist. Und junge Menschen sollen nicht als Hilfs­kräfte, sondern als Facharbeiterinnen und Facharbeiter Fuß fassen können, mit ihrem Einkommen ihr Leben gut bewältigen können und auch motiviert sein, weitere Qualifi­kationen anzustreben.

Ich finde es sehr positiv, dass alle sechs Fraktionen im Parlament den notwendigen Novellierungen im Schulrecht zustimmen werden und somit auch eine Forderung aus dem Bildungsvolksbegehren erledigt werden kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte. (Abg. Mag. Gaßner: Der Klubobmann steht im Weg!)

 


22.06.21

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! – Der Klubobmann steht nie im Weg, das kann ich bezeugen! (Hei­terkeit.) – Es ist erfreulich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass diese Novel­le hier so breite Unterstützung findet. Nicht nur weil es darum geht, dass Jugendliche auf dem zweiten Bildungsweg ihren Abschluss nachholen können, sondern weil die Wirtschaft in Zeiten wie diesen auch dringend Fachkräfte braucht und es auch geeig­neter Maßnahmen und Rahmenbedingungen bedarf, um diesem Fachkräftemangel in Österreich entgegenzuwirken.

Jugendliche nehmen derzeit sehr intensiv an Implacementstiftungen oder Facharbeiter­intensivausbildungen teil. Das wird aber bisher in Berufsschulen nur auf außerordent­lichem Wege anerkannt, also als außerordentliche Schülerinnen und Schüler. Das soll sich in Zukunft ändern. Das heißt, diese Jugendlichen sollen in Zukunft auch als or­dentliche Schüler in den Berufsschulen zugelassen werden.

Ich denke, das ist eine gute und eine richtige Maßnahme, die ja sogar – erstmals, glau­be ich, dass ich hier in diesem Hohen Haus etwas Positives vom Kollegen Walser ge­hört habe – von den Grünen unterstützt wird. Das ist schon was, Frau Bundesminister, das können wir uns heute aufschreiben.

Was ich auch noch heute erwähnen möchte, weil ich denke, dass es eine wichtige Maßnahme ist, das ist die Konkretisierung zur Zentralmatura. Bisher war es ja so, dass die mündliche Prüfung und die schriftliche Prüfung als Gesamtnote dann gesehen wur­de und gesamt gesehen beurteilt wurde. Nachdem beides jetzt separat beurteilt wer­den kann, besteht auch die Möglichkeit, die schriftliche Prüfung im negativen Fall zu wiederholen. Das wird mit dieser Regelung auch präzisiert.

Ich denke, dass dementsprechend einer positiven Beschlussfassung nichts mehr im Wege steht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Rudas gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.08.24

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Nachdem ich die letzte Rednerin bin und sich von den Grünen niemand mehr gemeldet hat, darf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 230

ich schon sagen, auch im Sinne der Überparteilichkeit und Allianzen, dass gerade im Bildungsbereich die Grünen ganz oft gute Ideen haben. Ich finde, das kann man hier auch einmal sagen.

Trotzdem ist es ganz wesentlich, was schon herausgestrichen wurde: Diejenigen, wel­che den Fachkräftemangel bemängeln, haben meistens eine bessere Lobby und eine stärkere und eine lautere Lobby als jene, die wir dann einmal als Fachkräfte haben wollen, nämlich die jungen Menschen. Und umso mehr auch mein Dank den Initiato­ren, Franz Riepl, dass sie sich dafür eingesetzt haben, dass rund 3 000 junge Leute die Möglichkeit haben, einen Lehrabschluss nachzuholen. Ich danke aber natürlich auch der Ministerin, die diese Initiative entgegengenommen und mit zur Umsetzung gebracht hat.

Österreich ist einmal mehr Vorbild, wenn es um Ausbildung geht, wenn es um Jugend­beschäftigung geht, wegen der Ausbildungsgarantie, aber eben auch wegen unserem dualen Ausbildungssystem. Und daher begrüße ich, dass es hier zu einem Allpartei­enantrag kommt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.09

22.09.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2286 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung ge­ben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte all jene, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.10.2210. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1915/A(E) der Abgeordne­ten Mathias Venier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Änderung von Lehr­plänen öffentlicher Schulen (2289 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Venier. – Bitte.

 


22.10.48

Abgeordneter Mathias Venier (FPÖ): Einen schönen guten Abend, Frau Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist dann doch erstaunlich, welch künstlich empörtes und hysterisches Theater einige von Ihnen schon im Vorfeld dieser Debatte aufgeführt haben. Nicht, dass man es nicht gewohnt wäre, dass sinnvolle Anliegen der Opposition kategorisch abgeschmettert werden, nur weil sie von der falschen Seite kommen oder ideologisch nicht in irgendein Konzept passen. Nein, es ist auch nichts Besonderes, dass, anstatt sachlich zu argumentieren, lieber polemisiert und gegen Personen vorgegangen wird. Nicht, dass man es nicht gewohnt wäre, dass in Teilen


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dieses Parlamentes das Niveau eher an einen Wiener Hinterhof erinnert als an ein par­lamentarisches Organ. Nein, denn das alles sind wir mittlerweile sehr wohl gewohnt.

Wenn man aber schon im Vorfeld einer medienwirksamen Debatte, die ja nicht wirklich medienwirksam ist, weil der ORF seine Berichterstattung, warum auch immer, bereits komplett eingestellt hat, Ausdrücke hört wie „Parallelwelten“, „Kulturkampf“, „unerträg­lich“, „absurd“, „jenseitig“ oder „Kampfantrag“, dann weiß man, dass man nicht nur in ein Wespennest gestochen hat, dann weiß man, meine Damen und Herren, dass man voll ins Schwarze getroffen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Dass man in dieser Debatte ins Schwarze trifft, ist auch dringend notwendig, denn drin­gend notwendig ist zum Ersten, dass Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der rot-schwarz-grün- und auch -orangen Einheitsfront, jemand einmal ganz klar sagt, dass Ihr absurdes, ideologisch motiviertes Konzept von Political Correctness, an dem wiederum andere, völlig absurde Konzepte wie motivierte Spleens, Interkulturalis­mus oder Gender Mainstreaming dranhängen, nichts anderes ist als der beste Weg in den Untergang. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Petzner: „Political Correctness“, das darfst du ja gar nicht sagen!)

Genau diese angesprochenen Konzepte, meine Damen und Herren, widersprechen nicht nur in vielen Bereichen der Freiheit jedes Einzelnen in unserem Land, auch abso­lut der Meinungsfreiheit, sondern widersprechen auch den tatsächlichen Interessen un­seres Landes, sei es nun in gesellschaftlicher oder auch ökonomischer Hinsicht. Und sie widersprechen vor allem der Logik und jeglichem Hausverstand, denn logisch wäre es, dass derjenige eine Arbeitsstelle bekommt, der am besten dafür qualifiziert ist, und nicht derjenige, der, aus welchem Grund auch immer, gefördert werden muss. (Beifall bei der FPÖ.)

Logisch ist auch, dass der Zusammenhalt einer Staatsbevölkerung nicht allein durch ein rechtliches Korsett, sondern vor allem durch gemeinsame Werte und eine kulturelle Übereinstimmung gefördert und auch geschaffen wird.

Doch Sie, meine Damen und Herren, ignorieren das alles! Hausverstand und auch grundsätzliche wirtschaftliche Konzepte wie jenes von Angebot und Nachfrage bei­spielsweise spielen in Ihrem Denken keine Rolle. Dafür aber viel linke Ideologie und das dringende Bedürfnis – und das ist der Grund, warum Sie das betreiben –, die bür­gerlich-freiheitliche Gesellschaft zu zerschlagen. Und dazu sagen wir Freiheitliche ganz entschlossen Nein! (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Sie aber diese verrückten Irrlehren dann auch noch unseren Kindern von klein auf eintrichtern wollen, bevor diese überhaupt noch lernen können, wie es im Leben tatsächlich zugeht, ist besonders infam. (Beifall bei der FPÖ.)

Früher gab es die offene Erziehungsdiktatur des Sozialismus von der sogenannten Freien Deutschen Jugend der DDR bis zum Komsomol der UdSSR. (Jöp-Rufe bei der ÖVP.) Heute trägt die rote Erziehungsdiktatur keine Uniform und keine Fahnen mehr, denn heute kommt sie, zugegeben ausgeschmückt mit schönen Worten, aus dem Hin­terhalt des Lehrplanes daher. (Abg. Mag. Gaßner: Sag einmal, wo hast denn du das her?)

Sie hätten heute die Chance, meine Damen und Herren von Rot, Schwarz, Grün und Orange, diese rote Erziehungsdiktatur ein für alle Mal zu beenden. Dass das natürlich nicht passieren wird, ist mir schon klar. Aber zumindest ganz offen aufgezeigt wurde sie heute, und das ist ein erster wichtiger Schritt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Diese Rede muss man sich merken!)

22.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 232

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablin­ger. – Bitte. (Abg. Kopf – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ablin­ger –: Sonja, erklär uns das jetzt bitte einmal!)

 


22.15.25

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Abgeordneter Venier! Niveau ist wirklich ein gutes Stichwort, finde ich, das würde Ihnen ... (Abg. Dr. Jarolim: Sonja! Kannst du noch zu dieser eigentümlichen Rede von vorhin etwas sagen?!) – Ich kann es dir er­klären: Der Herr Abgeordnete Venier möchte gerne interkulturelles Lernen aus dem Lehrplan streichen.

Herr Kollege Venier, was interkulturelle Kompetenzen heißen, kann man nachlesen. Unlängst hat eine Kindergartenpädagogin das in einem Beitrag gut zusammengefasst: Dabei geht es um die Bereitschaft und Offenheit, um Unterschiede wahrzunehmen und akzeptieren zu können. Es geht um die Bereitschaft, Fähigkeit und Möglichkeit zur Selbstreflexion. Das Wissen, dass Gegensätze zum Beispiel nicht prinzipiell Wider­sprüche sind, gehört dazu. Die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich in andere einfühlen zu können, gehört dazu. Die Fähigkeit, sich flexibel auf eine Vielfalt von Meinungen einstellen zu können, gehört dazu. Ein gewisses Maß an Frustrationstoleranz und An­passungsfähigkeit, damit Widersprüche auch ausgehalten werden können; eine Kon­fliktfähigkeit ist Teil davon. Das andere zum Beispiel nicht prinzipiell als das Fremde und Feindliche zu sehen und das eigene Tun von einem unbewussten, unreflektierten auf ein bewusstes, reflektiertes Niveau zu heben. (Abg. Öllinger: Jetzt wird es unheim­lich! Das geht zu weit!)

Herr Abgeordneter Venier, das ist der Kanon zum interkulturellen Lernen. Reflektieren gehört dazu und Niveau, das lege ich Ihnen ganz besonders ans Herz. – Ich danke Ih­nen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


22.17.24

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Mei­ne Damen und Herren! Eigentlich muss ich sagen, Herr Abgeordneter Venier, Sie ha­ben jetzt mein Bild über die Freiheitlichen verschoben. Sie haben von „Political Correct­ness“ gesprochen. Eine Partei, die sogar von „Heimseite“ spricht, nimmt das Wort „Political Correctness“ in den Mund. Ich bin schockiert, Herr Abgeordneter Venier. Das muss ich jetzt schon sagen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Aber zur Sache selbst, zum Antrag, meine Damen und Herren. Sie sagen, Sie argu­mentieren mit Hausverstand, und damit argumentieren Sie auch diesen Antrag. Ich möchte gar nicht auf Ihre vielen hanebüchenen Argumente eingehen, mit denen Sie hier argumentiert haben. Wir jedenfalls argumentieren auf der Basis der Verfassung, meine Damen und Herren von der FPÖ. Dieser Antrag ist in vielerlei Hinsicht verfas­sungswidrig: Er ist gegen die Religionsfreiheit, die in der Verfassung verankert ist, er ist gegen das Indoktrinationsverbot, das in der Verfassung verankert ist, er trennt, er geht nicht darauf ein, dass wir den Zusammenhalt der Bevölkerung forcieren sollen, wie Sie im Antrag behaupten, sondern er trennt die Bevölkerung.

Gerade was das Gender Mainstreaming betrifft: Herr Kollege, Sie waren ja nicht im Ausschuss, Sie haben das ja auch nur aus zweiter Hand erzählt bekommen, aber wenn man nicht versteht, was Gender Mainstreaming heißt, dann soll man auch nicht damit argumentieren. (Demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Muttonen. – Abg. Dr. Be­lakowitsch-Jenewein: Warum argumentieren Sie dann dauernd damit?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 233

Gender Mainstreaming heißt, dass man sich anschaut, wie Maßnahmen auf die Ge­schlechter wirken. Und gerade in der Bildungspolitik – und das war ein Thema im Un­terrichtsausschuss – ist es so wichtig, sich die unterschiedlichen Maßnahmen anzu­schauen, wie sie auf Mädchen und Burschen wirken. Das ist ganz wichtig, gerade im Bereich des Unterrichts und der Bildung.

Und ich sage es noch einmal: Wenn man nicht versteht, wovon man spricht, dann soll man es lassen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grü­nen, BZÖ und Team Stronach.)

22.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. – Bitte. (Abg. Amon – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Walser –: Endlich eine Unterstützungsrede von dir!)

 


22.19.29

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Genau, das kommt jetzt, Herr Kollege Amon! – Kollege Venier ist ja heute wirklich arm dran, weil das, was wir bisher gehört haben, sind schon sehr harte Worte. Er hat hier wenig Unterstützung gefunden, aller­dings auch festgestellt, Herr Kollege Amon, dass die ÖVP kommunistisch unterwandert ist.

Ich würde da ein bisschen aufpassen. Nach dem, was ich von der Kollegin Marek ge­hört habe, könnte sie eines der U-Boote sein. (Abg. Kopf: Wir werden der Sache nach­gehen!) Ich würde hier schon empfehlen, dass Sie da ein bisschen genauer in den ei­genen Reihen schauen, denn es sollte ja nichts passieren. (Abg. Amon: Die war gera­de in China!)

Herr Kollege Venier, ich meine, da sind ja wirklich wunderbare Sätze drinnen. Ich habe gedacht, es ist vielleicht doch ein Beitrag zum Fasching. Aber Sie meinen das wirklich ernst. Sie sind also wirklich der Meinung, dass es bei uns – wie nennen Sie das? – „of­fensiv ausgelebte fremdländische Lebensweisen“ gibt, die unseren Staat irgendwie zu Fall bringen oder größere Probleme an den Schulen machen. Die Kolleginnen vorher sind ja schon auf die Details eingegangen. Ich kann mir das sparen.

Ich habe ein bisschen nachgeschaut, woher denn Ihr Familienname kommt, Kollege Venier. Venieri könnte ein Ursprung sein – laut Wikipedia –, dann wären Sie aus dem Italienischen zugewandert. (Abg. Amon: Wie heißt er?) Venier ist die zweite Variante, die angegeben wird, das wäre aus dem Französischen. Haben Sie da wirklich in Ihrer Familie nachgeforscht, ob Sie nicht auch Bestandteil dieser Unterwanderung unserer Gesellschaft sein könnten? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jene­wein: Und woher kommt Ihr Name? – Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Haben Sie vielleicht auch einmal darüber nachgedacht, dass wir uns hier in diesem Hohen Haus in einem Haus befinden, das aus dem 19. Jahrhundert stammt, aus der Habsburgermonarchie? (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Multikulti sage ich nur! Viel mehr Multikulti gibt es gar nicht, als es damals in der Habs­burgermonarchie gegeben hat. (Abg. Dr. Rosenkranz: Und was ist mit der Habsbur­germonarchie passiert?) Vielvölkermonarchie, Sprachenvielfalt, Unglaubliches hat sich da abgespielt.

Und da haben Sie natürlich schon recht, diese 600 Jahre Multikulti in unserer Ge­schichte haben sich wirklich niedergeschlagen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Es hat diese offensiv ausgelebte fremdländische Lebensweise wirk­lich gegeben. Denken Sie daran, wenn Sie im Anschluss an diese Sitzung vielleicht ein Gulyás essen – ungarisch sage ich nur, aufpassen! – (Abg. Dr. Rosenkranz: Wiener Saftgulasch heißt das!), oder wenn Sie es mit Powidltascherln versuchen. Die kom-


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men wiederum eher aus dem Tschechischen, nein, die sind rumänisch. (Abg. Mag. Wurm: Pizza!) Ich kenne mich in diesen Bereichen wirklich nicht so genau aus. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.)

Ich sage Ihnen, nicht einmal das Wiener Schnitzel ist tatsächlich aus Wien gekommen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist aus der Türkei!) Die Fachleute streiten sich. Die einen sagen, es kam mit dem Herrn Feldmarschall Radetzky aus Mailand – diese These ist umstritten, wienerisch ist es jedenfalls nicht. Ich tippe auf „offensiv ausge­lebte fremdländische Lebensweise“, die hier ihren Niederschlag gefunden hat. (Abg. Dr. Rosenkranz:  Monarchie!)

Nicht einmal das Wiener Kaffeehaus – ich muss Sie enttäuschen – ist bodenständig. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und Ihr Name, wo kommt der her?) Ich möchte jetzt nicht „arisch“ oder irgendwelche anderen Begriffe in den Mund nehmen, aber nicht einmal das Kaffeehaus ist hier entstanden, sondern – auch da gibt es verschiedene Theorien – die Türken, hui, ganz gefährlich, könnten es eventuell gewesen sein. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der Nikolo ist auch aus der Türkei!) In Wirklichkeit dürfte es sich eher um Armenier gehandelt haben, die haben nämlich lange Zeit in Wien das Monopol auf Kaffee gehabt. Denken Sie beim nächsten Kaffee, den Sie trinken, daran, dass Sie sich nicht vergiften und nicht offensiv die fremdländischen Lebensweisen aus­leben!

Denken Sie ein bisschen daran, wenn Sie mit Ihren Herren in der Partei reden: Vilims­ky, Strache, die Familiennamen sind verdächtig. – Ich sage Ihnen nur: Multikulti, auf­passen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Amon und Marek. – Abg. Ing. Westenthaler: Und wo kommt Ihr Name her? Aus der Schweiz!)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Petz­ner zu Wort. – Bitte.

 


22.23.51

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wenn man versucht, sich ernsthaft mit diesem Antrag auseinan­derzusetzen und dieses De-facto-Verbot von Gender Mainstreaming und Interkultura­lismus in den Lehrplänen, wie Sie das hier fordern, diskutieren will, dann kann man Sie nur auffordern, Herr Kollege Venier, das auch konsequent durchzuziehen. (Abg. Bu­cher: Homepage!) Dann müssen Sie im Bildungsbereich auch konsequent sein! Dann müssen wir nämlich über alles diskutieren. Dann müssen Sie das nächste Mal einen Antrag stellen und sagen, wir müssen abschaffen, dass die Zahlen von eins bis zehn in den Schulen unterrichtet werden, weil unsere Zahlen von eins bis zehn – oh mein Gott, aufpassen! – arabisch sind, Herr Kollege Venier! Überfremdung, stopp, da müssen Sie sofort einen Antrag stellen, die dürfen nicht mehr unterrichtet werden! (Heiterkeit der Abgeordneten Amon und Marek.)

Denken wir das weiter durch! Die Zahlen sind arabisch, die fallen weg. Können wir das Alphabet – A bis Z – noch in unseren Schulen unterrichten? (Demonstrativer Beifall des Abg. Jarolim.)

Das geht laut Ihrer Theorie auch nicht, denn – Hilfe! – das Alphabet ist auch nicht Deutsch, nicht „arisch“. Es kommt aus Griechenland. Unser Alphabet stammt aus Grie­chenland. (Abg. Hornek: Lateinische Buchstaben, um Gottes willen!)

Denken wir das weiter durch! Geometrie, können wir die noch an unseren Schulen un­terrichten, wenn es nach Ihnen geht? – Sie schütteln den Kopf: Das geht auch nicht, die Geometrie ist auch nicht aus Deutschland oder aus Ihrem Gebiet, dem Sie sich so


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 235

verpflichtet fühlen, sondern sie hat ihren Ursprung auch irgendwo da unten, was für Sie fremdes, feindliches Kulturland ist. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Fremdsprachen!)

Fremdsprachen: Sollen unsere Kinder noch Fremdsprachen lernen? – Das dürfen sie dann auch nicht mehr. Da müssen wir Englisch abschaffen, Französisch abschaffen, Italienisch abschaffen, Spanisch abschaffen, Slowenisch abschaffen, weil das ja alles fremde Kultur ist. Da dürfen wir dann an unseren Schulen nur mehr Deutsch reden. Dann müssen Sie aber bitte auch gleich den Herrn Ragger und den Herrn Scheuch ausschließen, die beide ihre Kinder in Italien zur Schule schicken. Die Kinder des Herrn Ragger werden dort sogar drei- bis viersprachig unterrichtet, was ich auch für positiv und richtig halte. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Fußball! – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Gerade Sie als junger Mensch sollten sich da vielleicht ein bisschen an Herrn Ragger orientieren. Ich finde es eigentlich schockierend, wenn so ein junger Mann wie Sie, Herr Kollege Venier, derartig ewiggestrige Ansichten vertritt. Das schockiert mich wirk­lich! (Beifall bei BZÖ, SPÖ und ÖVP.)

Denken Sie ein bisschen nach! Wenn wir das nämlich zu Ende denken, müssen wir auch noch den Religionsunterricht abschaffen, denn wenn wir den römisch-katholi­schen Religionsunterricht haben, dann haben wir unter anderem auch den islamischen und den evangelischen, das ist für Sie auch alles ganz, ganz böse und dämonisch. Das müssen Sie dann auch abschaffen, dann bleibt aber von unserer Schule und von unserem Bildungssystem nicht mehr viel übrig. Dann können wir gar nichts mehr un­terrichten – außer Deutsch. (Abg. Krainer: Turnen! Turnvater Jahn!)

Ich bin dafür, dass unsere Jugend open-minded ist, dass sie weltoffen erzogen wird, auch anderen Kulturen gegenüber, weil wir in einem gemeinsamen, vereinten Europa leben, in dem man als junger Mensch umso mehr Chancen hat, einen Arbeitsplatz zu finden, ein geordnetes Einkommen zu haben und ein vernünftiges Leben zu führen, je mehr Fremdsprachen man beherrscht, je weltoffener, je interkultureller man ist. Die Politik, die Sie vertreten, führt in die Arbeitslosigkeit und nach gestern. Das ist eine Politik, die wir sicher nicht unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei BZÖ, SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Venier, Sie wollen den Interkulturalismus an den Schulen abschaffen. Ich glaube, dass Sie damit eigentlich das interkulturelle Lernen meinen; dann müssen Sie sich aber auch einmal damit beschäftigen, was das interkulturelle Lernen in seiner Dis­ziplin genau bedeutet. Das interkulturelle Lernen beinhaltet nämlich fundamental auch jenen Bereich, vor dem Sie sich fürchten. Im interkulturellen Lernen gibt es einen eige­nen Bereich, der sich die Hyperkorrektur beziehungsweise die Kontrakorrektur nennt, bei dem es darum geht, dass man an den Schulen durch Hyperkorrektur beziehungs­weise Kontrakorrektur klarmacht, dass eine Überanpassung an das andere auch falsch ist, dass das als falsches Lernen verstanden wird, Herr Kollege Venier. (Abg. Krainer: Jetzt überforderst du den Kollegen aber langsam intellektuell!) Das ist auch Teil des in­terkulturellen Lernens. Das heißt, Sie sprechen sich gegen etwas aus, das eigentlich in sich selbst Ihre Bedenken und Ihre Kritik durch diese Hyperkorrektur und Kontrakor­rektur, die Teil dieses interkulturellen Lernens ist, schon berücksichtigt hat. (Abg. Groß­ruck:  Schlusswort!) Bevor Sie solche Anträge stellen, informieren Sie sich doch richtig!

Schlusssatz: Dieser Antrag des Kollegen Venier beweist auch – das sage ich gerade an die Adresse der ÖVP –, dass es, glaube ich, sehr gefährlich ist, sich eine Koalition mit der FPÖ zu überlegen, denn in einem Land, in dem solche Anträge zu Gesetzen werden, möchte ich jedenfalls nicht leben. (Beifall beim BZÖ.)

22.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 236

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Hübner hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.29.26

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Es ist schon interessant, vielleicht auch lustig, dass dieses Thema nur als Kasperltheater angesehen wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm. – Abg. Dr. Walser: Ich habe den Antrag doch ernst genommen!)

Wir haben schon gesagt, da ist ein Antrag, der den Kollegen Walser endlich einmal aus einem anderen ideologischen Eckerl zu einer ideologischen Diskussion herausfordert. Was sagt uns der Kollege Walser? Kein Wort zum Antrag, sondern er hat uns erzählt, dass es Gulyás, Powidltascherln, den Namen Venier gibt und dass wir Kaffee trinken. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Das dürften wir alles nicht.

Haben Sie eigentlich gelesen, was Kollege Venier beantragt hat? Haben Sie das ein bisschen gelesen? – Er hat eine Entideologisierung des Auftrages an den Schulen ge­fordert. Er hat dabei die Worte „interkulturell“ und „Gender Mainstreaming“ genannt. Er hat dann auch eine kleine Passage darüber hinzugefügt, was er besonders verwerflich findet.

Man kann natürlich verschiedener Meinung sein, was die Schule tun soll. Man kann sa­gen, die Schule soll Wissen vermitteln, Bildung vermitteln. Man kann auch sagen, sie soll Erziehung vermitteln, was die Eltern nicht können. Aber ich glaube, sie soll nicht Umerziehung vermitteln. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Aber Sozialkompe­tenz sollte schon auch vermittelt werden!)

Da könnten wir vielleicht sogar einen gemeinsamen Nenner finden, wenn Sie ganz, ganz ehrlich sind (Abg. Elmar Mayer: Keine Ausreden!), wenn Sie einmal die ideologi­schen Mäntelchen ausziehen und überlegen: Wollen wir eigentlich eine Schule, die die­se Dinge, die wir gesagt haben, vermittelt, oder wollen wir eine Erziehungsanstalt in unserem politischen Sinn? (Abg. Marek: Warum reden Sie von „Erziehungsanstal­ten“?) Es gibt viele – und das sind die derzeit Verantwortlichen für den Schulbereich –, die meinen, die Menschheit muss über die Schulen erzogen werden.

Ich sage, was ich will, Frau Kollegin Marek. Ich stehe am Rednerpult und ich rede, wo­rüber ich will, da brauchen Sie mich nicht zu fragen, wieso ich rede. Ich rede, weil ich zu diesem Thema eine Meinung habe. Dass die von der Ihren abweicht, berechtigt Sie nicht dazu, wieso zu fragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Meinung weicht erheblich von der Ihren ab, Frau Kollegin Marek. Ich habe mit­geschrieben bei dem, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt, unsere Verfassung – Sie sind ja Verfassungsexpertin, offenbar mehr als ich – kennt ein Indoktrinierungsver­bot. Ich kenne es zwar keines in unserer Verfassung, es wäre aber schön, wenn die Verfassung das kenne würde, denn eine freiheitliche, demokratische Verfassung sollte so etwas kennen. (Abg. Großruck: Kennte! – Wenn-Sätze sind würde-los!) Genau deswegen wundere ich mich, dass Sie mit einem verfassungsrechtlichen Indoktrinie­rungsverbot argumentieren, und dann der Indoktrinierung das Wort reden. Was der Kollege Venier will, ist ja genau eines, nämlich keine Indoktrinierung! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Amon:  Katastrophe!)

Kollege Venier will eine wertneutrale und ideologisch neutrale Erziehung und er will keine „Vergenderung“. Das Gendern ist ja derzeit sehr aktuell, die Frau Minister ist auch für das Gendern, aber es gibt viele Dinge, die aktuell sind. (Rufe bei der SPÖ: Wovon spricht der?) Im 16. Jahrhundert war der religiöse Wiedertäufer-Wahn sehr ak­tuell. Im 18. Jahrhundert waren dann die Aufklärung, das Freimaurertum sehr aktuell. Im 19. Jahrhundert war es der Nationalismus, in der ersten Hälfte des letzten Jahrhun­derts der Nationalismus bis zum Exzess, das wissen wir sowieso. Jetzt ist zufällig die


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„Genderei“ aktuell. Das heißt aber nicht unbedingt, dass wir die Schüler auf Teufel komm raus umerziehen wollen. (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Grü­nen.)

Damit komme ich schon fast wieder zum Schluss: Dieses Anliegen ist aber, auch wenn man sich an einzelnen Worten stoßen mag, weil sie einem ideologisch nicht passen, weil man die Worte liebt, weil man beim Wort „gendern“ fast in den Himmel schaut – wie im 16. Jahrhundert die Wiedertäufer –, trotzdem für jeden Pluralisten und Demo­kraten gerechtfertigt, berechtigt und wichtig. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Tragisch! Traurig!)

22.33

22.33.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird seitens der Berichterstattung keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 2289 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

22.33.4811. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2164 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fach­hochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geän­dert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministe­rium für Wissenschaft und Forschung) (2282 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter List zu Wort. – Bitte.

 


22.34.13

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Töchterle! Hohes Haus! Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle macht ein Anpassungsgesetz des Wissenschaftsressorts notwendig. Künftig werden Berufungen in Studienförde­rungsfragen in die Kompetenz des Bundesverwaltungsgerichtes fallen. Im Ausschuss wurde über Detailfragen der Regierungsvorlage unter Anhörung von Experten sehr massiv diskutiert. Dabei waren viele Fragen offen, die nicht geklärt werden konnten. Im Konkreten wird die Problematik von zu langen Fristen im Beschwerdeverfahren –bei­spielsweise könnten Studierende zwei Semester, vielleicht auch mehr, verlieren – oder die richtige Einordnung von Gutachten der Universitätssenate aufgezeigt. Diese Pro­blematiken gibt es.

Die Vertreter der beiden Regierungsparteien haben angekündigt, diese offenen Fragen bis zur Beschlussfassung heute hier im Hohen Haus abzuklären. Das ist nicht gesche­hen. Hier wird wieder in großer Koalitionsmanier über die Opposition drübergefahren.

Da die angesprochenen Detailfragen nicht gelöst wurden, wird das BZÖ dieser Regie­rungsvorlage nicht zustimmen.

Gleichzeitig, geschätzte Damen und Herren, ermöglicht uns diese Debatte, einen aktu­ellen Befund über die Wissenschaftspolitik in Österreich zu liefern. In der Wissen-


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schaftspolitik herrscht Stillstand. Es herrschen Studienfrust und Chaos an den Univer­sitäten. Für das Chaos an den Universitäten ist grundsätzlich die ÖVP verantwortlich. Die ÖVP ist seit 25 Jahren ununterbrochen in der Bundesregierung und an den Schalt­hebeln des Landes tätig. (Abg. Rädler: Das ist gut so!) Dabei haben all die Minister versagt: Hahn hat versagt, Karl hat versagt und jetzt auch Töchterle. (Abg. Hornek: Geh, hör auf!) Sie haben in der Wissenschaftspolitik versagt!

Deshalb, geschätzte Damen und Herren, sind auch die Proteste und Hilfeschreie der Rektoren gerechtfertigt. Sie fordern einen Rettungsschirm für Universitäten. Das ist ein durchaus vernünftiger Vorschlag, der die Unterstützung des BZÖ hat.

Wir stellen fest: Genug gezahlt! Genug gezahlt, keinen Euro für Pleitegriechen und Spekulanten in den Banken oder für diesen jetzt sinnlos beschlossenen Zypernfonds. (Beifall beim BZÖ.)

Wir verlangen einen Rettungsschirm für unsere Universitäten. Jetzt müssen wir fest­stellen: Mit dem neuen Spardruck der gescheiterten Bundesregierung, mit dem Bun­desfinanzrahmengesetz wackelt die Unimilliarde gewaltig. Die Universitäten geraten in ärgere Turbulenzen. Hier haben Sie akuten Handlungsbedarf, Herr Bundesminister! Übernehmen Sie die BZÖ-Forderungen, unser Wissenschaftsprogramm von Josef Bu­cher und unserem Wissenschaftssprecher Rainer Widmann! Kurzfristige Schwerge­wichte sind die Sofortmilliarde für den Hochschulbereich, die Wiedereinführung von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen oder unser Unibonus. Kopieren ist er­laubt, auch noch vor den Wahlen im Herbst.

Nur unsere Maßnahmen garantieren, dass die Universitäten Werkstätten der Zukunft bleiben. Herr Bundesminister Töchterle, setzen Sie diese um! Dafür bleiben Ihnen nur noch wenige Monate! (Beifall beim BZÖ.)

22.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Cor­tolezis-Schlager zu Wort. – Bitte.

 


22.37.40

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! (Abg. Ing. Westenthaler: Es sind keine Zuschauer mehr da, nicht einmal das Fernsehen überträgt mehr!) Es wäre sicher interessant gewesen, die zehn verschiedenen juristi­schen Meinungen, die wir im Ausschuss gehört haben und die mein Vorredner ange­führt hat, live zu hören. Tatsächlich ist der Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wenn es um die Universitäten, um die Bildung geht, eine etwas sperrige Materie. Wa­rum?

Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist ein großes Werk, für alle Verwaltungs­verfahren. Es lässt sich aber nicht so leicht in den Bildungssektor transferieren, denn hier geht es um Lernprozesse, hier geht es um Beurteilung, hier geht es darum, dass ich die Art und Weise, wie ich beurteilt werde, wie ein Curriculum aufgebaut ist, auch nachvollziehen kann. Es muss nachvollziehbar sein, woher eine Leistungsbeurteilung kommt. Das ist etwas anderes als der Bescheid über ein Grundstück oder über eine Materie. Lernen ist immer etwas, das mit der Frage zu tun hat, ob die Ziele, die mir gesetzt wurden, von mir erreicht wurden, und ob die Vortragenden finden, dass ich die Ziele erreicht habe.

Zweitens gibt es so etwas wie ein verbindliches Curriculum. Damit kann ich schauen, wie die Anrechenbarkeit ausschaut.

All diese Fragen wurden im Hochschulwesen bisher mit großer Zufriedenheit beant­wortet. Am Beispiel der Universität Wien hat der Senatsvorsitzende Fuchs dargestellt,


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dass es bisher 800 Verfahren an den Senat gab, wovon ein einziges vor dem Gericht gelandet ist. Wir sehen also, auch bisher hat es funktioniert, aber – und dazu stehen wir – im Zuge der großen Reform ist es sinnvoll, diese Reform in allen Ressorts um­zusetzen, in diesen zwei Instanzen zu einer neuen Regelung zu kommen, sodass auch in diesen Verfahren das Verwaltungsgericht zuständig wird. Dadurch können sich dann auch die Studierenden im Instanzenzug an das Verwaltungsgericht wenden.

Diese Verwaltungsreform ist eine große Reform, und daher ist auch zu respektieren, dass sie in diesem Bereich umzusetzen ist. Wichtig ist uns, dass keine Anwaltspflicht besteht und dass die Studierenden auch künftig leicht zu ihrem Recht Zugang haben.

Noch wichtiger im Bildungsbereich ist aber die Prävention, denn eigentlich sollte ein guter Lernprozess ja so ausschauen, dass ich die Ziele, die ich mir setze, die mir ge­setzt werden, auch erreichen möchte und dass ich auch zu einer entsprechenden Be­urteilung komme.

Prävention bedeutet auch Anrechenbarkeit innerhalb von Österreich. Wenn ich von Innsbruck nach Wien übersiedle, dann sollte das Studium möglichst so ähnlich oder die Kompetenzen, die verlangt werden, so ähnlich sein, dass sie mir auch angerechnet werden und ich keine Stehzeiten habe.

All das sollte aber künftig nicht vor Gericht ausgetragen werden, sondern einem mög­lichst transparenten Verfahren unterliegen. Daher glaube ich auch, dass gerade mit der AQ Austria ein viel wichtigeres Gremium für die Qualitätssteigerung geschaffen wurde, das sicherstellen soll, dass die Gleichwertigkeit der Abschlüsse gegeben ist.

Mit der Bologna-Reform wollen wir aber nicht nur in Österreich eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse haben, sondern in ganz Europa. Da ist sicher ein erster wichtiger Schritt gelungen, aber an einigen Universitäten und Hochschulen werden für Bologna, gerade was das Bachelor-Studium betrifft, sicher noch zu viele verschiedene Curricula angeboten. Daher glaube ich, dass der nächste große Schritt in Richtung Qualitätsver­besserung nicht unbedingt nur vor Gericht liegt, sondern vor allem darin, die Bachelor-Studien noch allgemeiner zu formulieren und dann die Spezialisierung im Master-Stu­dium fortzusetzen, sicherzustellen, dass Bologna auch von den Arbeitgebern aner­kannt wird und dass ein Übersiedeln nicht nur innerhalb von Österreich, sondern auch innerhalb von Europa noch leichter als bisher möglich wird, wiewohl die ersten Schritte, die in die Richtung gegangen wurden, schon in die richtige Richtung deuten und den Studierenden auch mehr Mobilität ermöglichen.

Es ist wichtig, dass wir die Durchlässigkeit zwischen den Hochschulen in den Fokus rücken. Dabei, Herr Bundesminister, könnte ich mir beispielsweise auch eine Qualitäts­steigerung der Lehrerbildung vorstellen, indem wir es schaffen, dass die Gleichwertig­keit der Abschlüsse an den Pädagogischen Hochschulen mit den universitären Ab­schlüssen sichergestellt wird. Da sind Sie in Verhandlungen mit der Frau Bundesmi­nisterin, und so, wie wir es geschafft haben, zwischen den Universitäten und Fach­hochschulen eine Gleichwertigkeit herbeizuführen, gilt es nun, als nächsten Schritt in der Lehrerbildung ebenfalls sicherzustellen, dass auch die Pädagogischen Hochschu­len in diesen Qualitätssicherungsverbund aufgenommen werden. Dafür alles Gute.

Ich freue mich schon auf die kommende Debatte und hoffe, dass der eine oder andere, der noch nicht überzeugt ist, letztendlich dann doch diesem Gesetz zustimmen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Cortolezis, ich mache darauf aufmerksam: Mir wurde ein Abänderungsantrag angekündigt; der ist nicht eingebracht. (Abg. Mag. Cortolezis-Schlager: Der kommt schon noch!)

Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 240

22.43.43

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit die Debatte nicht künstlich verlängern. Kollegin Cortolezis-Schlager hat bereits ausführlich dargelegt, worum es unter diesem Tagesordnungspunkt geht. Wir haben uns damit im Ausschuss in einem Expertenhearing ausführlichst befasst. Ich glaube, wir waren der einzige Ausschuss, der sich mit dieser Anpassungsnovelle so ausführlich befasst hat, sogar mit einem Expertenhearing.

Was die Fristen betrifft, hätten wir uns gut vorstellen können, dass wir noch eine Än­derung vornehmen. Man kann die Sache aber auch anders sehen, nämlich so, dass der Versuch unternommen wird, möglichst viel – das war auch die Intention an den Universitäten – an Fragen, die entstehen und auftauchen, universitätsintern zu lösen und dass längere Fristen auch dazu führen, dass eine entsprechend ausgiebige Bera­tung an den Universitäten stattfinden kann und so die Lösung in der ersten Instanz, an den Universitäten gefunden werden kann. Das ist natürlich eine Systemumstellung, die man beobachten muss. Eventuell, wenn sich das nicht bewährt, wird man das gewisse Zeit später wieder verändern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. – Bitte.

 


22.45.14

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ja, dieses Expertenhearing hat es nur im Wissenschaftsausschuss gegeben, weil es eine ganz besondere Situation gegeben hat. Der Akademische Senat hat eben einen ganz besonderen Stellenwert für die Universitätsautonomie, die es gegeben hat bezie­hungsweise ja immer noch gibt und die historisch gewachsen und traditionell ist an den Universitäten. Es wurde von Vertretern des Akademischen Senats, insbesondere von Professor Fuchs, erwähnt, dass es um Qualitätssicherung und Ähnliches geht, bei dem sich die Universität nur ungern – unter Anführungszeichen – „hineinpfuschen“ lässt. Dennoch hat der Vertreter des Akademischen Senats gemeint, dass diese Lösung er­arbeitet wurde und ihm auch als praktikabel erscheint.

Man wird vielleicht noch sehen, dass es die eine oder andere Kinderkrankheit geben wird, und man wird wahrscheinlich auch bemerken, dass es bei diesem großen Wurf, den diese Änderung, diese Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich brin­gen wird, vielleicht noch die eine oder andere Reparaturstelle geben wird. Dennoch müssen wir das umsetzen.

Wenn man jetzt allerdings glaubt – und die Vertreter des BZÖ haben das zum Aus­druck gebracht, sowohl der Kollege List als auch die Kollegin Haubner, als es um die Frage der Materien im Unterrichtsbereich gegangen ist –, dass die Reform der Ge­richtsbarkeit nicht rasch genug geht oder sonst etwas, muss schon bedacht werden: Wenn wir die Menschenrechtskonvention in diesem Punkt erfüllen wollen – und das ist ja nichts anderes –, indem eben Akte der Verwaltung möglichst früh durch ein Gericht, durch ein Vollgericht nachvollzogen und auf ihre Rechtmäßigkeit und Richtigkeit über­prüft werden sollen, dann bedeutet Rechtssicherheit nicht unbedingt Schnellrichtertum. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Der Rechtsstaat kann auch nicht darauf schielen oder darauf achten, dass es billiger wird. Alle Fraktionen waren sich klar darüber, dass diese Reform nicht unter dem Ein­fluss oder dem Druck der Kostenersparnis zu geschehen hat, sondern dass eben ein unübersichtlicher Wust von Sonderbehörden abgeschafft wird und dass die Vorgaben der Menschenrechtskonvention, dass es sich dabei um Tribunale handeln soll, erfüllt werden. Es war nicht die Frage, ob es billiger wird oder nicht. Im Gegenteil, es waren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 241

sich eigentlich alle bewusst, dass man da sogar Anschubfinanzierungen brauchen wird. Die Lösung war die: Obwohl man viel diskutiert hat, obwohl gute Argumente ge­bracht wurden, haben wir gesagt, wir müssen jetzt einmal eine praktikable Lösung fin­den. (Beifall bei der FPÖ.)

22.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


22.48.10

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Für mich als Verfassungssprecherin ist es sehr erfreulich, bei dieser Verwaltungsgerichtsbar­keits-Novelle zu verfolgen: Wie wird denn das, was wir im Verfassungsausschuss in langen, zähen Verhandlungen festgelegt haben, inklusive verschiedenen Entschlie­ßungsanträgen, die wir verabschiedet haben, um Optimierungen vorzunehmen, jetzt in den einzelnen Fachausschüssen in den Materiengesetzen umgesetzt?

Wenn Sie, Frau Abgeordnete Kuntzl, sagen, dass einzigartig war, dass es dieses Hea­ring gab, dann mag das stimmen. Zur Geschichte sei jedoch schon der Vollständigkeit halber angemerkt, dass es einen Entschließungsantrag gab, den wir gemeinsam mit dem Verfassungsgesetz verabschiedet haben, in dem ganz klar geregelt war, dass in die Erarbeitung der Regierungsvorlage alle Gruppen, die im Senat vertreten sind, ein­gebunden werden sollten, und das ist einfach nicht passiert, so wie es oft der Fall ist, dass Entschließungen dieses Hauses – und selbst Entschließungen, die einstimmig gefasst werden – von Regierungsmitgliedern in der Regel dann wie in dem Fall igno­riert werden. So ist das auch hier passiert, und das Hearing war dann, wenn man so will, eine Reparatur genau dieser Missachtung. Es war trotzdem unterm Strich natürlich eine gute Sache, es ist ja dort auch viel besprochen worden. Aber dieser Punkt, der im Entschließungsantrag ganz klar drinnen stand, nämlich die Einbindung all dieser Grup­pen in die Erarbeitung der Lösung, hat nicht stattgefunden.

Die Lösung ist jetzt, sagen wir einmal, im Groben brauchbar, aber es gibt schon noch Optimierungsmöglichkeiten. Ich werde dann noch einen Abänderungsantrag einbrin­gen, der auf zwei Punkte hinweist: Einer wurde von Ihnen schon erwähnt, das sind die Fristen. Da sehen wir eigentlich keinen Grund, von den allgemeinen Fristen, die vor­gesehen sind, nämlich von den zwei Monaten, Abstand zu nehmen und vier Monate vorzusehen, zumal man sich vorstellen muss, dass das ja durchaus Entscheidungen sind, die für die Frage relevant sind, ob jemand ein gesamtes Semester verliert.

Da geht es ja dann oft nicht nur um zwei Monate, sondern um viel mehr. Bei der Frage der Zulassung kann es durchaus passieren, dass man ein Semester verliert, also über ein Semester auf oder ab entschieden wird, und das ist ja kein Klacks für einen Stu­denten, eine Studentin.

Der zweite Aspekt, der in unserer Entschließung angesprochen ist, ist die Frage der Gutachten. Jetzt ist es ja so – und das ist ja die Lösung der Frage, wie der Senat wei­ter eingebunden werden kann –, dass der Senat ein Gutachten für die Berufungsvor­entscheidung des Rektorats einbringen kann. Unseres Erachtens sollte das Wort „Gut­achten“ durch „Stellungnahme“ oder die Qualität Gutachten durch die Qualität Stellung­nahme ersetzt werden. Warum? – Weil Gutachten auf der Seite des Senates bedeutet, dass dann auch die Studierenden, die sich gegen ein solches Gutachten wenden wol­len, auf der gleichen Ebene, also auch mit einem Gutachten, antworten müssen.

Was Gutachten bedeuten, wissen wir alle. Das bedeutet in der Regel hohe Kosten und das bedeutet also in der Regel eine Erschwerung des Rechtsschutzes, was wir alle bei den Beschlüssen rund um das Verfahrensrecht, rund um die Verwaltungsgerichtsbar­keitsreform insgesamt nicht wollten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 242

Daher bringe ich folgenden Antrag ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsausschusses (2282 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel I Z 4 lautet § 46 Abs. 2:

„(2) Beschwerden in Studienangelegenheiten sind bei dem Organ einzubringen, das den Bescheid erlassen hat. Dieses hat, wenn die Beschwerde nicht unzulässig oder verspätet ist, die Beschwerde mit dem gesamten Akt unverzüglich dem Senat vorzule­gen. Der Senat kann eine Stellungnahme zur Beschwerde erstellen. Liegt eine derar­tige Stellungnahme vor, so hat die Beschwerdevorentscheidung unter Beachtung die­ser Stellungnahme zu erfolgen. Wird die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, so ist die Stellungnahme des Senats anzuschließen.“

*****

Wir hoffen, dass Sie unserer Abänderung trotzdem noch zustimmen können. Unge­achtet dessen werden wir die Regierungsvorlage unterstützen, was jetzt natürlich ver­handlungstechnisch, taktisch eine problematische Ausgangslage darstellt. Ich denke jedoch, die Problemsituation ist allen klar, und vor diesem Hintergrund wäre das alles nur sinnvoll.

Ein Punkt, der auch im Entschließungsantrag drinnen gestanden ist, war der Punkt, dass ProfessorInnen – großes I, gegendert! – im Rahmen ihrer Berufspflicht von den Verwaltungsgerichten als Sachverständige herangezogen werden können. Die Idee dazu ist auch wieder offenkundig: Wenn die ProfessorInnen als Sachverständige he­rangezogen werden und das deren Berufspflicht ist, fallen keine Kosten an. Das be­deutet somit auch wieder einen kostengünstigeren Rechtsschutz für die Studierenden, die hier Rechtsmittel ergreifen.

Folgen wir also auch in den Materiengesetzen dem, was wir auf Verfassungsebene als Ziel formuliert haben: Ein guter Rechtsschutz, ein kostengünstiger Rechtsschutz, eine Verbesserung des Rechtsschutzes für alle. (Beifall bei den Grünen.)

22.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Wissen­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2164 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsge-
setz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) (2282 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 243

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsausschusses (2282 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel I Z. 4 lautet § 46 Abs. 2:

 „(2) Beschwerden in Studienangelegenheiten sind bei dem Organ einzubringen, das den Bescheid erlassen hat. Dieses hat, wenn die Beschwerde nicht unzulässig oder verspätet ist, die Beschwerde mit dem gesamten Akt unverzüglich dem Senat vorzule­gen. Der Senat kann eine Stellungnahme zur Beschwerde erstellen. Liegt eine derarti­ge Stellungnahme vor, so hat die Beschwerdevorentscheidung unter Beachtung dieser Stellungnahme zu erfolgen. Wird die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor­gelegt, so ist die Stellungnahme des Senats anzuschließen.“

Begründung

Der vorgeschlagene § 46 Abs. 2 Universitätsgesetz sieht eine Einbindung des Senats im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung derart vor, dass der Senat ein „Gutach­ten“ zur Beschwerde erstellen kann. Ein Gutachten ist im Verwaltungsverfahren ein Mittel einer Sachverständigen, um Tatsachen zu erheben und daraus aufgrund der be­sonderen Sachkenntnis der Sachverständigen Schlüsse zu ziehen. Der Senat ist aber nicht als ein Sachverständigengremium zu begreifen, sondern als ein Universitätsor­gan, in dem die unterschiedlichen universitären Interessen repräsentiert sind.

Weitere Probleme können sich ergeben, wenn eine Studierende die Beweiskraft des Gutachtens entkräften und ein Gegengutachten einholen muss. Dies stellt eine hohe ökonomische Belastung der Studierenden dar und würde weitere zeitliche Verzögerun­gen bedeuten. Daher soll nicht von einem „Gutachten“, sondern von einer Stellungnah­me gesprochen werden.

Im Allgemeinen ist die Entscheidungsfrist einer Beschwerdevorentscheidung zwei Mo­nate. Da der Sinn der Beschwerdevorentscheidung ist, der Behörde, die bereits über den angefochtenen Bescheid entschieden hat, die Möglichkeit zu geben, selbst neu­erlich in der Sache zu entscheiden, sollte die Verfahrensökonomie, also die Raschheit der Entscheidung, im Vordergrund stehen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Töch­terle. – Bitte.

 


22.53.53

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Im Zuge der heute zur Debatte stehenden Novelle müssen auch im Wissenschaftsbereich drei Gesetze angepasst werden. Das ist einmal das Universitätsgesetz, zweitens das Studienförderungsgesetz und drittens das Hochschü­lerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz. In den beiden letztgenannten kommt es nur zu Verschiebungen von Instanzen.

Beim Universitätsgesetz haben wir uns bemüht, die Mitwirkung des Senats und der Professorinnen und Professoren zu erhalten. Ich habe in meiner früheren Zeit als Uni­versitätslehrer und dann auch als Rektor die Erkenntnis gewonnen, dass diese Mitwir-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 244

kung sehr, sehr wichtig ist und unbedingt erhalten werden muss. Gleichwohl sehen wir ein, dass wir von der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle insgesamt natürlich nicht aus­genommen werden können.

Es ist gelungen, eine gute Lösung zu finden. Wir haben diese Lösung gemeinsam mit den Sprechern der Senate, mit der Universitätskonferenz und mit der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft gefunden. Ich glaube, es ist eine gute Lö­sung.

Es ist auch in der letzten Debatte im Fachausschuss immer wieder gesagt und betont worden, dass der Terminus „Gutachten“, der heute noch einmal in Frage gestellt wur­de, der günstigere sei für diese Lösung, weil eben dadurch die Senate stärker einge­bunden werden, und das ist das Wichtigste. Die Senate können eben dann Gutachten an das zuständige Organ abgeben, und dadurch ist das Organ gehalten, unter Be­dachtnahme dieser Gutachten zu entscheiden. Auf diese Weise haben wir in eleganter Form die sehr, sehr bewährte Einbindung der Senate gesichert.

Ich bin dankbar, wenn dem Teil der Novelle, der uns betrifft, zugestimmt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


22.56.08

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich bringe jetzt wie angekündigt zur Klarstellung folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Mag. Andrea Kuntzl, Kollegin­nen und Kollegen zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungs­vorlage (2164 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hoch­schülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998, das Studienförderungsgesetz 1992, das Fachhochschul-Studiengesetz und das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz ge­ändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) (2282 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I („Änderung des Universitätsgesetzes 2002“) erhalten die Ziffern 7 und 8 die Zifferbezeichnung „8“ und „9“; in der nunmehrigen Z 9 wird nach dem Zitat „§ 92 Abs. 8“ das Zitat „§ 103 Abs. 9“ eingefügt und die neue Ziffer 7 lautet:

„7. In § 103 Abs. 9 letzter Satz wird die Wortfolge ,kein ordentliches Rechtsmittel‘ durch die Wortfolge ,Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht‘ ersetzt.“

2. In Artikel II („Änderung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998“) wird in den Ziffern 5, 7 und 8 jeweils das Wort „Bundesverwaltungsgericht“ durch die Wortfolge „jeweilige Landesverwaltungsgericht“ ersetzt.

Begründung:

Zu 1.:

Durch ein Redaktionsversehen wurde in § 103 Abs. 9 Universitätsgesetz 2002 nicht darauf hingewiesen, dass in den dort genannten Fällen eine Beschwerde an das Bun­desverwaltungsgericht möglich ist. Dieses Versehen ist zu bereinigen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 245

Zu 2.:

Durch ein Redaktionsversehen sollte in mehreren Bestimmungen im Hochschülerin­nen- und Hochschülerschaftsgesetzes 1998 eine Beschwerde an das Bundesverwal­tungsgericht ermöglicht werden, obwohl das jeweilige Landesverwaltungsgericht zu­ständig ist. Dieses Versehen ist zu bereinigen.

*****

Ich ersuche, den Abänderungsantrag in der Diskussion zu berücksichtigen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben vollkommen recht, Frau Abgeordne­te. Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht mit in Verhand­lung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


22.58.14

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Kolleginnen und Kollegen! Nur der Korrektheit und der Form halber noch einmal: Durch die mit 1. Jänner 2014 in Kraft tretende Ver­waltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wird auf Bundesebene ein Bundesverwaltungs­gericht und ein Bundesfinanzgericht sowie in jedem Bundesland ein Landesverwal­tungsgericht eingerichtet. Gleichzeitig werden unabhängige Verwaltungsbehörden auf­gelöst und ein zweistufiger Instanzenzug hin zu den Verwaltungsgerichten eingeführt.

Wir haben gewusst, dass es bei der Umstellung, die aufgrund dieses Beschlusses da­mals notwendig war, besonders in den Bereichen Bildung, Erziehung, aber auch im Bereich der Universitäten bei der Umsetzung der Reform der Gerichtsbarkeit durchaus Schwierigkeiten geben kann. Es war durchaus spannend für alle, wie ich meine, im Rahmen des Expertenhearings die unterschiedlichen Argumente zu den diversen Pro­blemstellungen zu hören. Besonders herausfordernd war die Autonomie der Akademi­schen Senate – der Minister hat das bereits im Detail ausgeführt. Es war dadurch eine sehr komplizierte Vorgangsweise notwendig, und das ist aus meiner Sicht im Unter­richtsbereich und im Wissenschaftsbereich sehr wohl hervorragend gelöst worden.

Kollegin Kuntzl hat bereits auf die Problematik der Fristen hingewiesen. Da wird man die Dinge beobachten und evaluieren. Insgesamt kann man zu diesen Gesetzen je­doch durchaus gratulieren. Ich meine, es ist ein guter Weg, wenn man insgesamt, wie wir alle gemeinsam beschlossen haben, die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf neue Beine stellen will. Wir haben das auch in diesem Bereich gut gelöst. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karls­böck. – Bitte.

 


23.00.08

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungs­gesetz, worüber eigentlich schon sehr viel gesagt worden ist. Berufungen in Studienför­derungsfragen werden in Zukunft vom Bundesverwaltungsgericht abgehandelt. (Präsi­dent Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Für mich ist das Stichwort bei diesem Gesetz aber die Studienförderung, Studienförde­rungsfragen, Zulassung und dergleichen. Herr Minister, es beginnt jetzt wieder die Zeit,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 246

wo sich die Maturanten überlegen oder sich schon überlegt haben müssen, was sie denn nächstes Jahr nach der Matura machen werden. Dabei geht es mir um die Tat­sache, dass sich in Österreich in den letzten Jahren für die Studierenden oder Studien­willigen sich ständig verändernde Bedingungen ergeben. Während in anderen Län­dern, vor allem im angelsächsischen Bereich, über Jahrzehnte, wenn nicht sogar schon über Jahrhunderte an den Universitäten gleiche Richtlinien bestehen – jeder kann sich schon während seiner sekundären Bildungszeit darauf einstellen –, ist es in Österreich momentan Usus, dass sich da wirklich jedes Jahr eklatante Dinge verän­dern.

Abgesehen davon, dass der freie Zugang heuer tatsächlich Geschichte geworden ist, ändern sich auch die Zulassungsbedingungen und die Zulassungsbeschränkungen jährlich. Bestes Beispiel ist die MedUni Wien. Letztes Jahr, Sie wissen es, hat der Gen­derwahnsinn, die Genderei, wie wir heute gehört haben, dort wirklich wild um sich ge­griffen und wirkliche Ungerechtigkeiten geschaffen. Wir haben das schon sehr, sehr oft hier diskutiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte jetzt noch einmal festhalten, was damals eigentlich passiert ist. Es ist da­mals passiert, dass Evaluierungen der Ergebnisse des EMS-Tests ergeben haben, dass Burschen besser abschneiden als Mädchen. Und da ist man damals nicht herge­gangen und hat den Test geändert, sondern man hat einfach eine Verschiebung der Notenskala gemacht, zu Deutsch: Man hat die Bewertungsschlüssel für Frauen und Männer geändert. Das war ein glatter Verfassungsbruch, es hat im letzten Jahr einen Haufen Diskussionen gegeben, Entscheidungen, Sitzungen, auch des Senats. Sie haben sich eingeschalten, Sie haben dankenswerterweise, das muss man ja auch ein­mal lobend erwähnen, auch aufgrund unseres Drucks dann 60 neue Studienplätze fi­nanziert, die dann wieder gegendert worden sind. Also der geht ja dann dort auch wie­der weiter, dieser Wahnsinn.

Und dann ist offensichtlich die Universität draufgekommen, dass man doch ein biss­chen Unrecht getan hat, man gibt es nur nicht zu. Aber heuer ist der Zulassungstest wieder geändert worden. Also wir haben heuer wieder neue Bedingungen, andere als voriges Jahr und vorvoriges Jahr. Ich empfinde das einfach für die Studierenden, aber auch für die Lehrenden, wenn wir ganz ehrlich sind, als eine Zumutung, dass das in Österreich so hin und her schwappt und keine richtigen Bedingungen mehr vorherr­schen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Konsequenz aus dieser ganzen Geschichte ist, dass der Wissenschaftsstandort, der Uni-Standort Österreich wirklich schweren Schaden nimmt und bereits genommen hat. In den Rankings – das wissen wir – sind wir weit abgeschlagen bei allen Universi­täten, wir wissen auch, dass die Ausbildung in Österreich zwar gemacht wird und auch gerne angenommen wird, dass sich aber vor allem in der Medizin die jungen Studie­renden überlegen, in großer Zahl das Land danach zu verlassen. Bereits jeder vierte österreichische – nicht einmal die, die nicht in der Quote sind – Student will das Land verlassen, 25 Prozent.

Das bedeutet auf der anderen Seite, dass wir in mehreren Gebieten Österreichs jetzt schon die medizinische Grundversorgung nicht mehr sicherstellen können, im Jahr 2013. Es gibt eine Ärztebedarfsstudie, die schwankt zwischen 3 000, 7 500 und 10 000 feh­lenden Ärzten im Jahr 2030. Und da erwarte ich mir eigentlich, und darum spreche ich das jetzt auch an, doch auch Initiativen. Es ist jetzt eine Initiative, auch auf unseren Druck hin, gesetzt worden. Die Medizinuniversität Linz, das spreche ich hier auch noch an, dürfte jetzt tatsächlich Realität werden.

Ich hoffe, Sie halten sich an das, was Sie in Ihren Aussendungen gesagt haben. Ich habe positiv vernommen, dass der Herr Bundeskanzler mehr oder weniger eine Zusi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 247

cherung gegeben hat. Sie haben gesagt, na ja, schauen wir einmal, aber waren vor­sichtig positiv. Es gäbe noch einen anderen Weg, die Medizinerquote zu erhöhen. Un­ser Weg, neben der Schaffung von neuen Universitäten, wäre der, dass man sagt, weg mit den Zugangsbeschränkungen. Wir alle, die wir hier herinnen sitzen und einen aka­demischen Grad haben, auch in der Medizin, haben ja seinerzeit auch an Massenuni­versitäten studiert, und da war es überhaupt kein Problem, dass 2 000 junge Leute an­gefangen haben. Es ist gegangen.

Die Ausbildung ist immer kritisiert worden, man kann immer etwas verbessern, aber im Großen und Ganzen war die Ausbildung nicht schlecht, und im Großen und Ganzen sind auch ordentliche Akademiker, ordentliche Ärzte oder Juristen herausgekommen. Und warum das heute alles anders sein soll, das hat mir bis heute noch niemand er­klären können. Dieser ganze Wahnsinn mit den Zulassungsbeschränkungen, dass wir da neue Universitäten brauchen, dass wir vielleicht vom Ausland extra neue Ärzte ein­fliegen müssen, obwohl wir ja ausbilden und dafür mit unserem Steuergeld bezahlen, ist nicht einzusehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und da erwarten wir von Ihnen, Herr Minister, dass Sie Initiativen setzen und dass Sie auch wirklich visionär vorausdenken, keine Denkverbote aussprechen. Ich weiß schon, in manchen Studien ist es angesagt, zu beschränken, aber gerade in der Medizin se­hen wir, dass wir möglicherweise einen anderen Weg gehen könnten, und es geht. (Beifall bei der FPÖ.)

23.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


23.05.55

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Nachdem der Herr Kollege Karlsböck nicht zum Thema, dennoch interessant und zum Teil inhalt­lich unrichtig gesprochen hat, noch einmal ganz kurz zurück zum Thema:

Die neuen Instanzenzüge, die zur Verwaltungsgerichtsbarkeit führen, machen, so wie sie vorgesehen sind, Sinn. Mir ist es gegangen wie den Kollegen von den Grünen, während des Hearings habe ich mir auch gedacht: Gut, ist das Wort „Gutachten“ die ideale Form für die Einbindung des Senates, und muss dann ein Student mit einem Gegengutachten antworten? Ich kann Ihnen sagen: Nein! Bei Gericht ist ja die Betrau­ung eines Kollegialorganes wie des Senates nicht die übliche Art und Weise, wie ein Sachverständigengutachten angefordert wird. Und allein schon weil im Gesetz vorge­sehen ist, dass kein Anwaltszwang besteht, wird man das keinem Studenten zumuten.

Auf der anderen Seite war es ja bisher so, dass der Senat in erster Instanz ganz alleine entschieden hat. Jetzt hat der Student zum einen die Entscheidung des Senates und zusätzlich auch noch die Meinung des Gerichtes, er ist also jedenfalls in seiner Rechts­position bessergestellt, als er bisher war.

Gleichfalls haben mich die Bedenken, die die Studenten im Hearing hatten, wegen der Ausdehnung der Frist von normalerweise zwei Monaten auf vier, ehrlich gesagt auch nachdenklich gestimmt, und zwar in dem Sinne, ob das notwendig ist. Wenn man sich aber anschaut, dass bereits in der ersten Instanz diese Stellungnahme, dieses Gutach­ten des Senates schon vorliegt und wohl in der zweiten Instanz – wenn es überhaupt so weit geht, in den seltensten Fällen ist das der Fall – wieder verwendet wird und in den seltensten Fällen neu gemacht werden muss, dann wird wahrscheinlich diese Frist wirklich und ehrlich kaum jemals ausgenützt werden – es sei denn, es gibt ganz schwierige Fälle, wo ich dann froh bin, dass sich der Senat ausreichend Zeit nimmt, wie zum Beispiel bei der Aberkennung von Titeln im Rahmen eines Plagiatsverfahrens, wo mir eine besonders sorgfältige Senatsprüfung durchaus geboten erscheint.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 248

Das ist der Grund, warum wir dem Abänderungsantrag nicht beitreten werden und die Grünen darum ersuchen, sich das vielleicht anders zu überlegen.

Zum Kollegen Karlsböck und dem Medizinermangel in Österreich möchte ich noch sa­gen, da liegt sehr wenig, nämlich gar nichts in den Händen unseres Bundesministers, weil ich der festen Überzeugung bin, dass die Anzahl der Studierenden – und das ist das, was der Herr Bundesminister festlegen kann – durchaus ausreicht, um die ärzt­liche Grundversorgung in diesem Land zu gewährleisten. Wenn aber – und das möchte ich auch einmal sagen – ein Arzt 7 € für einen Hausbesuch bekommt und wenn Ärzte am Land teilweise wirklich nur noch mit Hausapotheken, die sie haben, überleben kön­nen, ist das ein Problem. Wenn wir wollen, dass Menschen in dünner besiedelten Ge­bieten in Zukunft auch noch einen Arzt vorfinden, ist die Voraussetzung dafür, dass dieser Arzt ökonomisch am Land überleben kann, sonst werden wir das nicht schaffen.

Und genau da liegen die Herausforderungen, die besonders aktuell sind. Und ich for­dere meinen Koalitionspartner SPÖ dazu auf, diese notwendigen Reparaturen im Ge­setz für die Hausapotheken der Ärzte umgehend umzusetzen, sonst lassen Sie die Menschen am Land im Stich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. – Bitte.

 


23.09.41

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Also was da heute von den Freiheitlichen unent­wegt für Frauenfeindlichkeiten in den Raum geschleudert werden, das ist wirklich skan­dalös, das möchte ich an dieser Stelle auch einmal gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Musiol.)

Zurück zur vorliegenden Materie mit dem klingenden Namen Verwaltungsgerichts­barkeits-Anpassungsgesetz. Ja, dieses Gesetz fällt wohl unter die Kategorie: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das System der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde grundle­gend in Richtung mehr Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit geändert; das hat zur Folge, dass auch die Materiengesetze geändert werden müssen, um nicht Verfas­sungswidrigkeit zu riskieren.

Wir müssen – das ist zunehmend ein Qualitätsmerkmal von Gesetzen – unsere Rechtsmaterien so gestalten, dass sie einheitlicher werden, dass sie einfacher werden, und dieses Gesetz ist auch ein Schritt in diese Richtung. Es ist das eine hochsensible Materie; da geht es um die Zukunftschancen junger Menschen.

Deshalb haben wir uns auch im Ausschuss ausgiebig Zeit genommen, dieses Gesetz eingehend mit den Expertinnen und Experten zu diskutieren, zu debattieren; denn ein Semester ist schnell vorbei, und da ist eben entsprechende Achtsamkeit geboten, und dementsprechend genau müssen wir auch die Durchführung, die praktische Umset­zung des Gesetzes beobachten und gegebenenfalls auch, wenn es erforderlich ist, nachjustieren. Aber ich denke, es ist ein gutes Gesetz, und ich freue mich, dass sich eine breite Zustimmung abzeichnet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.11

23.11.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2164 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 249

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Cortolezis-Schlager, Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordne­ten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel I Z 4 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Cortolezis-Schlager, Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I und II bezieht.

Wenn Sie dies unterstützen, ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage und bitte auch hiefür um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung den vorliegenden Entwurf unterstützen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Entwurf ist so­mit auch in dritter Lesung angenommen.

23.13.2112. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (2185/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Öllinger –: Aber kurz bitte!)

 


23.13.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich werde versuchen, es kurz zu machen und im Groben erklären, worum es dabei geht. Hätte ich mehr Zeit, so könnte ich Ihnen die Statistik der Räumungsexekutionen quer über das Bundesgebiet erzäh­len. Daraus würde ersichtlich, dass es bei den Räumungsexekutionen von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen gibt, was die Wintermonate betrifft.

Es gibt Bundesländer, die in den Wintermonaten versuchen zu vermeiden, dass exeku­tiert wird, dass also Leute auf die Straße gesetzt werden. Es gibt ein Bundesland wie Wien, das das versucht und auch darüber hinausgehende Maßnahmen entwickelt, mit denen bei Räumungsexekutionen die Härten und Unbill, die nach den entsprechenden Räumungsklagen entstehen können, verhindert werden, indem vorbeugend, präventiv gearbeitet wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 250

Das alles haben wir versucht in diesen Antrag einzuarbeiten, mit dem sichergestellt werden soll, dass in Wintermonaten nicht geräumt wird und die Gemeinden verpflichtet werden, vorbeugend Maßnahmen zu setzen, die den von der Räumung betroffenen Mieterinnen und Mietern Hilfestellungen anbieten. (Beifall bei den Grünen.)

23.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


23.15.13

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Wir haben uns immer ge­meinsam mit den Mieterschutzorganisationen und der Arbeiterkammer für möglichst menschliche und auf die soziale Lage der Betroffenen Rücksicht nehmende Delogie­rungspräventionen und -verfahren eingesetzt, und so soll es auch bleiben.

Die Bestimmungen sind natürlich auch immer den jeweiligen Veränderungen anzupas­sen und zu diskutieren. Ihre parlamentarische Anfrage, Kollege Öllinger, ist eine wich­tige Unterlage für diese Diskussion, und wir stehen den Intentionen Ihres Antrages auch grundsätzlich positiv gegenüber.

Ich denke, es gilt dann alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben, zu diskutieren und zu bewerten, um dann eine neue Fassung der angesprochenen Paragraphen, 33a und 35, zu beschließen und eine Entscheidung zu treffen. Ich möchte aber auch sa­gen, um persönliches Leid zu verhindern  und mit dem Verlust der Wohnung ist natür­lich auch die Sicherheit weg, der Schutz weg –, muss man alles tun, um Wohnungs­sicherung, auch rasche und effiziente Hilfeleistung anzubieten.

Besonderes Augenmerk ist auf die Entstehung von Mietschulden zu legen. Ich glaube, das ist eine der häufigsten Ursachen. Ursache dafür wiederum ist ein plötzlicher Ein­kommensverlust mit allen Facetten, die es da gibt, durch Krankheit, durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Was man aber auch beachten muss, ist, und das ist ganz wichtig, dass die Relation von Einkommen und der monatlichen Wohnbelastung auch überhaupt nicht mehr stimmt.

Aus all diesen Gründen und damit das Menschenrecht auf Wohnen auch durchgesetzt wird und Delogierungen in diesem Land weitestgehend verhindert werden können, werden wir uns natürlich auch weiterhin für leistbare Mieten und für eine finanzielle Entlastung der Mieter einsetzen. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schöneg­ger. – Bitte.

 


23.17.29

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Ich kann es eigentlich sehr kurz machen. Ich möchte unserer Freu­de darüber Ausdruck verleihen, dass unsere Bemühungen, jene der Österreichischen Volkspartei, im Bereich Wohnen, leistbares Wohnen der letzten Wochen und Monate augenscheinlich jetzt auch bei den anderen Fraktionen angekommen sind. Das ist prin­zipiell sehr positiv. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger: Der war gut!)

Und im Gegensatz zu manch anderen in diesem Haus fassen wir dieses Thema natür­lich sehr viel weiter. Wir stehen zum Beispiel auch für Gerechtigkeit und Fairness im Bereich von Gemeindewohnungen. Das ist ja nicht bei allen so  auch bei denen, die hier Anträge einbringen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Brosz und Neubauer.) Ins­gesamt glaube ich, dass die beiden Vorschläge zu § 33a und § 35 eher nicht dazu ge-


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eignet sind, Klarheit ins Mietrecht zu bringen, sondern eher Fragen aufwerfen, die es bisher so nicht gibt.

Die Frage ist: Gibt es zivilrechtliche Ansprüche gegen Gemeinden von Einzelpersonen nach Ihrem Antrag? Die Frage ist: Gibt es mit der Aufschiebung der Räumungsklage einen Eingriff in Eigentumsrecht? (Abg. Öllinger: Dann hauen wir sie raus im Winter!) Das sind Fragen, die neu auftauchen. Ich glaube, wir tun gut daran, wenn wir Klarheit ins Mietrecht bringen, da sind wir dabei. Wir tun gut daran, wenn wir das Mietrecht wie­der lesbarer machen. Es kann nicht sein, dass in Österreich Mieter oder auch Vermie­ter ganze Legionen von Juristen beschäftigen müssen, um sich im Mietrecht auszu­kennen.

Wenn das auch Ihr Ziel ist, dann sind wir gemeinsam im Boot, und ich glaube, wir wer­den, wenn das Ihr Ziel ist, gemeinsam dieses Mietrecht lesbarer und verständlicher machen können. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


23.19.14

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Zunächst, Herr Kollege Öllinger, haben Sie ge­beten, diesen Antrag dem Justizausschuss zuzuweisen. Mietrecht wäre aber Sache des Bautenausschusses. Das heißt, Sie verzögern, vielleicht unabsichtlich, den Antrag, weil er im falschen Ausschuss landet. (Rufe bei der ÖVP: Stimmt nicht!)

Es trifft Sie aber kein Vorwurf: Der Bautenausschuss ist so wie Weihnachten, der tagt nur einmal im Jahr, und da weiß man gar nicht, dass diese Belange des Mietrechtsge­setzes dem Bautenausschuss zugehören.

Interessant ist, wenn der Kollege Schönegger sagt, dass die ÖVP hier ein Wahlkampf­thema hat. Ich kenne auch im Bautenausschuss keinen einzigen Antrag der ÖVP. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Schönegger.) Die Regierungsparteien haben das Thema zwar als Wahlkampfthema entdeckt, aber fundierte Anträge im Parlament sehe ich noch keine. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Öllinger, wenn ich mir zum Beispiel die Mindestsicherung anschaue, die ja die Ärmsten der Armen trifft, dann hat man damit rund 200 € pro Monat – bei Bedarf können die Länder diesen Betrag noch erhöhen – für Wohnraum. Das heißt, wenn man im Monat 200 € seinem Vermieter überweist, dann wird das mit der Delogierung schon sehr schwierig, vor allem wenn man den Betrag noch steigert, wenn der Wohnraum an­gemessen ist.

Das Nächste ist: Eine Delogierung dauert, wenn Sie sich das anschauen, zwischen neun Monaten und eineinhalb Jahren. Man wird nicht von heute auf morgen delogiert, sondern das ist ein sehr langer Zeitraum, der dem Mieter die Gelegenheit gibt, sich um ein günstigeres Objekt umzusehen. So eine Delogierung dauert wirklich sehr lange.

Ich sehe dabei ein anderes Problem. Das sehe ich in meiner Heimatgemeinde Mödling. Ungefähr 10 Prozent der Wohnungen sind leer stehend. Wenn man die Eigentümer fragt, warum sie die Wohnung lieber leer stehen lassen, als sie zu vermieten, dann kommt die Antwort: Ich habe Angst, dass ich einen Mieter bekomme, der dann die Mie­te nicht zahlt. Ich habe dann eineinhalb Jahre die Wohnung nicht mehr frei und muss vielleicht sogar die Kosten einer Verwüstung tragen, da meistens genau die Leute, die die Miete schuldig sind, dann die Wohnung nicht ordnungsgemäß verwenden, sondern diese als Mietnomaden halt leider auch verwüsten oder Teile daraus mitnehmen. Das heißt, der Vermieter hat somit nicht nur keine Mieteinnahmen, sondern muss auch noch die Wohnung teuer renovieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 252

Ich glaube, Herr Abgeordneter Öllinger, Ihr Antrag ist sicherlich gut gemeint, aber manch­mal ist gut gemeint das Gegenteil von gut. Während Sie mit diesem Antrag auch die wenigen Mietnomaden noch besser schützen würden, müssten die vielen ordentlichen Mieter dies mit höheren Mietpreisen bezahlen. Die Erhöhung der Mieten zum Schutz der Mietnomaden findet sicherlich keine Zustimmung von uns Freiheitlichen. (Beifall der FPÖ. – Abg. Öllinger: Das habe ich mir fast erwartet!)

23.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


23.22.01

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! In Anbetracht dessen, dass wir heute 1,4 Millionen Menschen haben, die von Armut be­troffen sind und wenn wir uns anschauen, dass alleine in der Stadt Innsbruck jährlich 4 600 Zwangsdelogierungen stattfinden, ist es, so glaube ich, schon berechtigt, dass wir dieses Thema besprechen. Dass man in der Zeit von Oktober bis März keine Zwangsdelogierungen durchführen sollte, ist wohl selbstverständlich.

Auf der anderen Seite ist es auch verpflichtend, dass die Gemeinden früh genug darü­ber in Kenntnis gesetzt werden müssen, denn die Gemeinden müssen helfen, dass keine Obdachlosigkeit entsteht, dass den armutsgefährdeten Familien geholfen wird. Und so einfach ist das nicht. In Tirol ist es zum Beispiel irrsinnig schwierig, leistbaren Wohnraum zu finden, wenn wir heutzutage im Durchschnitt von 10 € Miete pro Quad­ratmeter sprechen.

Diesen Menschen muss man helfen. Das muss diskutiert werden. Ich glaube, es ist schon eine Frage der Kultur, dass man im Winter niemanden auf die Straße setzt. (Bei­fall beim BZÖ.)

23.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Abg. Amon: Kannst du deinen Vorredner bitte korrigieren?!)

 


23.23.19

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Der Mensch steht im Mittelpunkt unseres Handelns. Ich glau­be, da sind wir uns alle, parteienübergreifend, einig. Es ist auch eine Schande, dass in einem doch wohlhabenden Land wie Österreich immer noch Menschen von Armut be­troffen sind. Mein Vorredner hat es gerade ausgeführt. Es sind nicht nur Alleinerzie­hende von Armut gefährdet, mittlerweile können sich auch Pensionisten, Jungfamilien, Teilzeit- und sogar Vollzeitbeschäftigte ihren Lebensunterhalt nicht mehr ausreichend finanzieren. Da ist die Politik gefordert. Es müssen Maßnahmen gesetzt werden. Wir diskutieren das hier und heute auch nicht zum ersten Mal, sondern zum x-ten Mal.

Dieser Antrag der Grünen spricht ein Problem an, das da ist, das groß ist, das behan­delt werden muss. Aber meines Erachtens ist dieser Antrag nicht die Bekämpfung der Ursache, sondern eher die Behandlung des Problems. Und wir müssten eigentlich die Ursache bekämpfen und schauen, dass es nicht zu Zwangsdelogierungen kommt, vor allem nicht in den Wintermonaten.

Es gibt ja noch ungeklärte Fragen, die nicht erläutert wurden. Auch die Finanzierung ist hier nicht erwähnt worden. Aber Kollege Öllinger hat in seiner Einleitung gesagt, dass er zu wenig Zeit dafür hat, die Zeit wird dann wahrscheinlich im Ausschuss zur Verfü­gung stehen, um das Thema eben näher zu erläutern.

Wir haben auch folgenden Vorschlag gemacht: Die Mieter von Gemeindewohnungen zum Beispiel sollen das Recht bekommen, durch einen günstigeren Kredit diese Ge­meindewohnung dann zu kaufen, denn viele haben auch den Wunsch nach einem Ei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 253

genheim. Und mit attraktiven Konditionen könnte den Leuten geholfen werden, dass sie, auch wenn sie weniger Geld haben, eine günstige Gemeindewohnung kaufen kön­nen.

Da besteht großer Handlungsbedarf. Dieses Mietrechtsgesetz muss vereinfacht wer­den, muss einfach lesbarer gemacht werden. Das wurde auch schon erwähnt. Wir stehen hier gerne zur Verfügung und mit Rat und Tat zur Seite. – Danke. (Beifall des
Abg. Tadler.)

23.25


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Ich weise den Antrag 2185/A dem Bautenausschuss zu.

23.25.3713. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 geändert wird (2186/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


23.25.47

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Es geht um eine sehr ähnliche Thematik. Diesmal soll im Gaswirtschaftsgesetz geregelt werden, dass zu bestimmten Zeiten, nämlich im Zeitraum zwischen 31. Oktober und 31. März des Folgejahres, Netzabschaltungen bei Gas nicht möglich sein sollen.

Der Hintergrund ist ein sehr konkreter. Es gibt tatsächlich Fälle im städtischen Bereich, jedenfalls auch dokumentiert, wo sich Leute die Bewirtschaftung mit Gas – und der nächste Antrag betrifft dann den Strom – nicht mehr leisten können, bei denen das Gas abgeschaltet wird, die sich dann unter Umständen mit Kerzen die entsprechende Wär­me verschaffen, beziehungsweise sonst irgendwie mit Kerzen und ähnlich gefährlichen in Brand zu setzenden oder verbrennenden Substanzen arbeiten. Und es hat Tote ge­geben. Man glaubt es nicht. Es sind Leute deswegen verbrannt, weil sie keinen Zu­gang zu Gas beziehungsweise zu Strom hatten und Angst hatten, beziehungsweise sich schämten, dieses Thema überhaupt öffentlich zu machen.

Deshalb ist eine der Maßnahmen, die wir vorschlagen, die aber jetzt unabhängig von dieser existenziellen Bedrohung sehr viele andere Menschen betrifft, dass innerhalb dieser Wintermonate das Gas nicht abgeschaltet werden darf. (Beifall bei den Grünen.)

23.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


23.27.30

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in der Sache selbst sind wir uns wahr­scheinlich weitestgehend einig, dass es sehr viel Sinn machen würde, sich um die Menschen, die von solchen Abschaltungen bedroht sind, entsprechend zu kümmern. Die Frage wird sein: Kratzen wir an der Oberfläche, indem wir schauen, dass wir genau die Abschaltung verhindern oder versuchen wir darüber hinaus, auch den Ursachen auf den Grund zu gehen? (Abg. Öllinger: Das haben wir heute schon oft gehört!)

Ja eh, aber wir haben eine konkrete Chance, Karl, dass wir das Problem angehen, denn im Gegensatz zu anderen, wo man viel Blabla sagt, hätten wir im Zusammen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 254

hang mit dem Energieeffizienzgesetz die Chance dazu. Das liegt schon im Wirtschafts­ausschuss. Das ist sowieso noch eine Baustelle, wo wir noch viele Diskussionen ha­ben werden, aber einige Punkte im Energieeffizienzgesetz beziehen sich genau auf das, was du angesprochen hast.

Wir haben im Entwurf zum Energieeffizienzgesetz stehen, dass Energielieferanten ab einer gewissen Unternehmensgröße eine Anlaufstelle für Energieeffizienz und Energie­armut einrichten müssen, wo auch ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Sozialhilfeor­ganisationen angesprochen wird. Wir haben gute Beispiele mit der Ombudsstelle der Wien Energie, die schon in diesem Zusammenhang geschaffen wurde, wo es nämlich auch einen sozialarbeiterischen Zugang zur Behandlung dieser Probleme gibt.

Wir haben im Energieeffizienzgesetzentwurf stehen, dass die von Energiearmut betrof­fenen Haushalte bezüglich der Maßnahmenverpflichtungen der Energielieferanten be­sondere Aufmerksamkeit brauchen. Und wir haben dort stehen, dass jene Haushalte, die sich im Mahnverfahren befinden, künftig automatisch an die Ombudsstelle der Energieversorger verwiesen werden und diese miteinbezogen wird.

Klar kann man das wahrscheinlich noch viel besser machen als das, was da drinnen steht. Aber ich meine, das ist ein konkreter Ansatz, wo es sich lohnen würde, darüber zu reden. Und wenn wir beim Energieeffizienzgesetz das eine oder andere noch prä­zisieren, besser entwickeln, besser ausbauen können, dann, so glaube ich, täten wir auch dem Genüge, was du in deinem Antrag verlangt hast. (Beifall bei der SPÖ.)

23.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


23.29.46

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich schließe mich den Worten meines Vorredners an. Ihr Engagement, Herr Öllinger, ist löblich. Es ist gut, dass man darüber redet, wobei wir der Meinung sind, dass es schon einige Dinge gibt, die den Zweck auch erfüllen: bei Zahlungsverzug mehrmals Mahnun­gen und so weiter. Also es gibt hier schon Regulative, dass man den Menschen nicht – sprichwörtlich – das Gas und die Energie abdrehen kann.

Und die große Frage wird auch sein – darüber muss man dann im Ausschuss reden –, ob wir mit der Verpflichtung, Informationen an die öffentliche Hand weiterzugeben, nicht auch ein bisschen in eine Datenschutzproblematik hineinkommen.

Alles in allem: Wir werden im Ausschuss darüber reden. – Ich wünsche einen schönen Abend! (Beifall bei der ÖVP.)

23.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


23.30.49

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Präsident! Kollege Hörl sagt, wir werden im Ausschuss darüber reden. – Das ist alles schön und gut, aber, weil von Mahnungen gesprochen wurde, gerade in Tirol geht die TIGAS – die TIGAS ist eine Tochter der TIWAG; die TIWAG ist nicht in Tiroler Besitz, sondern gehört den amerikanischen Fi­nanzhaien – her und dreht das Gas sofort ab.

Bei mir waren heuer im Winter mehrmals Familien mit Kindern, die in Tirol bei minus 15 Grad ohne Gas in der Wohnung gesessen sind. Ich glaube, da müssen wir handeln, da muss man einmal neue Konzepte entwickeln, wie man solche Armutsfälle verhin­dert; aber hier davon zu sprechen, dass alles so gut ist, dass es in Tirol Mahnungen gibt, was total falsch ist, das ist der falsche Weg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 255

Das sollte man nicht so lapidar wegdiskutieren, denn eine Abschaltung des Gases im Winter ist einfach unmenschlich und unzumutbar. (Beifall beim BZÖ.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


23.31.53

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Ansatz des Kollegen Öllinger betreffend die Anträge bei den Tagesord­nungspunkten 13 und 14 ist auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar, doch auch die soziale Komponente ist entscheidend. Menschen, die wirklich hilfsbedürftig sind, muss man natürlich unterstützen. Es kann nicht sein, dass Menschen in Österreich, auch bei mir in Salzburg, in den Wintermonaten frieren, plötzlich Gas und Strom abge­schaltet werden und die Leute auf der Straße landen, wie wir schon gehört haben.

Dabei darf aber auch der Umweltschutz nicht zu kurz kommen. Wir müssen endlich weg von den fossilen Brennstoffen hin zu den erneuerbaren Energien, um eine nach­haltige Energieversorgung zu gewährleisten. Die vergangenen Winter haben es ge­zeigt: Wir sind immer noch abhängig von den Gas- und Öllieferanten. Dieser Kreislauf gehört endlich durchbrochen, damit Österreich wirklich energieautark wird. Aber dahin ist es noch ein weiter Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren, und der nächste kalte Winter kommt bestimmt. (Beifall der Abg. Schenk.)

23.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


23.33.12

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mir wäre viel lieber, wir würden hier über ein Erneuerbares Energiewirt­schaftsgesetz diskutieren, und nicht über ein Gaswirtschaftsgesetz, aber Faktum ist, wir brauchen in Österreich Versorgungssicherheit. Faktum ist auch, dass wir erneuer­bare Energieträger in Österreich massiv forcieren müssen, weil wir damit auch die fünf­zehnfache Wertschöpfung haben, wenn wir heimische Potentiale in den Regionen, also das, was uns täglich beim Fenster hereinkommt – ob Sonne, ob Wind, ob Biomasse oder was auch immer –, entsprechend nutzen. Wir müssen den Menschen auch die Wahl dahin gehend geben, was sie an entsprechenden Energieformen nutzen wollen. In diesem Sinne hat jeder seine Eigenverantwortung, man darf nicht alles mit Verord­nungen und Aufoktroyierungen regeln.

Ich wünsche mir, dass Österreich ein energieautarkes Land wird, wo wir möglichst viel mit heimischen Potentialen Arbeit schaffen, Einkommen schaffen und auch einen we­sentlichen Beitrag zum Stopp des Klimawandels, zur CO2-neutralen Energieproduktion in Österreich liefern. Dazu lade ich Sie alle herzlich ein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Jarolim.)

23.34


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 2186/A dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zu.

23.34.5014. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und organisa­­tionsgesetz 2010 geändert wird (2187/A)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 256

Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt der Antragsteller. – Bitte.

 


23.35.04

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Ich kann es eigentlich noch kür­zer machen, weil sich die Problematik, die ich beim vorigen Antrag geschildert habe, jetzt auf den Strom bezieht. Aber gestatten Sie mir noch eine Ergänzung, auch zu dem vorhin Gesagten.

Ich bin sehr damit einverstanden, wenn es im Energieeffizienzgesetz einige Verbesse­rungen gibt, die die Energiearmut betreffen. Aber warten wir einmal ab, wann das Ener­gieeffizienzgesetz kommt. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Die vom Kollegen Katzian, von dir, erwähnten Maßnahmen verhindern sie noch nicht konkret. Sie können vorbeugend wirken, und das ist gut, aber sie verhindern sie noch nicht. Das Problem ist, dass wir jetzt schon die Situation haben beziehungs­weise genau wissen, dass zwischen unterschiedlichen Bundesländern und unter­schiedlichen Versorgern unterschiedlich gehandelt wird. Der eine Versorger – im be­stimmten politischen Einfluss oder nicht – bemüht sich, dem anderen ist es relativ wurscht. Davon haben aber die Leute, die davon betroffen sind, nichts. Das gilt bei Gas genauso wie bei Strom.

Darum, denke ich, ist auch dieser Antrag gerechtfertigt, aber diskutieren wir dann eben im Ausschuss darüber. (Beifall bei den Grünen.)

23.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


23.36.00

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Der Kollege Katzian hat schon darauf verwiesen, dass der grundsätzliche Anspruch, es besteht da Hand­lungsbedarf, natürlich dazu zwingt, etwas zu tun. Ich glaube nur, dass der Ansatz, den Wolfgang Katzian angefangen hat zu skizzieren, ein besserer ist, als nur zu sagen, ich setze ein paar Monate aus. (Abg. Öllinger: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Das Resultat davon ist ja, dass wir jenseits der Energiearmut zu kämpfen haben, dass natürlich sofort die Forderungen mit Mahngebühren hinaufgehen, die Leute in der Fol­gesituation in einer noch schlimmeren ökonomischen Situation sind, und dass die Zu­sammenarbeit mit der Sozialarbeit – unter Umständen auch die direkte Begleichung der Energierechnungen, die in der Folge organisiert werden könnte – wohl der nach­haltigere Weg ist.

Seien wir froh, dass wir nicht Zustände wie in Spanien haben, wo es in Spitzenwochen Tausende Delogierungen gibt, ich glaube, sogar in fünfstelliger Zahl! Jetzt wurde die Notlage gestoppt. Wir haben dieses Problem auch, wir dürfen nicht die Augen ver­schließen, aber: Suchen wir eine Lösung, die den Menschen dauerhaft hilft!

Ein zweiter Punkt, der eine Rolle spielt, ist: Gerade in der Energiearmut haben wir oft Beheizungssysteme, aber auch Verbrauchssysteme und auch die thermische Situa­tion, dass die Menschen nicht nur mit nicht zahlbaren Energierechnungen konfrontiert sind, sondern diese auch deswegen sehr hoch sind, weil die Art der Beheizungsanlage oder der Dämmung ineffizient ist.

Mein Appell – und da schaue ich ein bisschen auf den Koalitionspartner –: Wir haben alles, was den Bereich thermische Sanierung betrifft, sehr stark oder ausschließlich mit Zuschussmodellen gemacht. Denken wir darüber nach – noch einmal mein Appell, ich versuche es seit Jahren, so wie die Umstellung auf Erdgas in Wien vor 30 Jahren –, je-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 257

dem, egal, wie viel Vermögen oder Einkommen er hat, die Möglichkeit zu geben, um­zustellen, nämlich durch einen durch die öffentliche Hand behafteten Kredit ohne Zin­sen, mit denen er zwei Jahre Rückzahlungsfrist hat, aber in dieser Zeit bereits durch die Senkung der Ausgaben für Energie schon die gesamte Rückzahlung leisten kann.

Also noch einmal mein Appell, das auch zu erarbeiten. Vielleicht kann man das in ei­nem Guss machen. Und noch einmal meine Einladung, zu Lösungen zu kommen, die nicht an der Oberfläche bleiben, sondern zu versuchen, im Zusammenwirken auch mit der Sozialhilfe eine dauerhafte Lösung zu finden. Die Sachleistung, ich darf den Strom einfach nicht abdrehen und ich darf nicht delogieren – ich glaube, das Problem ist vor­hin aufgezeigt worden –, führt natürlich zu einer Unschärfe bei Personen, die vielleicht zahlungsfähig wären, das in Beratung auch organisieren könnten, die aber aus der spezifischen Situation sagen, man kann mich eh nicht delogieren, man kann eh nicht den Strom abdrehen, aber sich selbst in eine Situation bringen, wo im nächsten Jahr dann wirklich eine unlösbare Situation gegeben ist.

Meine Einladung ist noch einmal, den Vorschlägen des Wolfgang Katzian zu folgen und eine sinnvolle, mit der Sozialarbeit und mit der Gemeinde abgestimmte Lösung zu finden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


23.39.29

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ein Abschaltverbot ist eine sehr kurzfristige Lösung, Herr Kollege Öllinger. Wir müssen uns intensiver mit dieser Frage beschäftigen, nämlich in einem Zeitalter, in dem wir in Wirklichkeit mit Energie, mit Ressourcen und mit Rohstoffen sehr sorglos umgehen.

Das heißt, es geht darum, wie wir ein System schaffen, bei dem Sorgsamkeit gegeben ist, bei dem die Menschen lernen, mit Energie, Ressourcen und Rohstoffen wieder be­wusst umzugehen. (Abg. Öllinger: Das sind nicht die Leute! Das ist absurd!) Das ist da nicht enthalten. Es ist eine kurzfristige Maßnahme, zu sagen, vom 31. Oktober bis 31. März machen wir ein Abschaltverbot. Damit würden Sie in Wirklichkeit genau diese Sorglosigkeit im Umgang mit Energie und Ressourcen fördern.

Wir müssen darüber nachdenken, wie wir da für sozial Schwache einen entsprechen­den Ausgleich schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Das kann, wie ich meine, nur geschehen mit einer umfassenden Steuerreform. Frau Kollegin Lichtenecker hat ja das schon angesprochen, und es freut mich, dass Sie un­ser Programm immer wieder erwähnen, nämlich eine ökosoziale Steuerreform zu ma­chen. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenecker.)

23.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


23.40.49

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätztes Ho­hes Haus! Es ist schon erstaunlich, die Kollegen Grillitsch und Matznetter hiezu reden zu hören. Jetzt sitzen wir fünf Jahre hier herinnen – und in diesen fünf Jahren hat sich die Zahl der Armen in Österreich verdoppelt. – Das also ist das Resultat eurer Arbeit, das ist das Resultat dieser Bundesregierung!

Wenn man hier einen Herrn Grillitsch hört, der sagt, ja, selbstverständlich müssen wir auch in den Wintermonaten abschalten, delogieren und gleichzeitig will er für einen so­zialen Ausgleich sorgen, dann muss man schon erwidern: Unglaublich!, Herr Grillitsch,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 258

und das muss ich dir schon sagen: Die letzten Jahre habt ihr das zu verantworten, dass die Armut so zugenommen hat. (Beifall beim BZÖ.)

Sie von den Koalitionsparteien haben Milliarden in die Banken gesteckt, Sie haben Mil­liarden Euro nach Griechenland, haben Milliarden Euro nach Zypern geschickt, aber was die österreichische Bevölkerung anlangt, ist man nicht einmal bereit, darüber zu sprechen, dass wenigstens in den Wintermonaten bei bedürftigsten Menschen von ei­ner Energieabschaltung Abstand genommen wird.

Das ist der falsche Weg! (Beifall beim BZÖ.)

23.42


Präsident Fritz Neugebauer: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Ich weise den Antrag 2187/A dem Ausschuss für Wirtschaft und Industrie zu.

23.42.2415. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz (ASVG) geändert wird (2188/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


23.42.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Bei diesem Antrag geht es zwar um eine andere, aber nicht minder problematische Situation, und zwar um eine Situa­tion, die dadurch eintreten kann, dass Personen, die eigentlich sozialversichert sein sollten beziehungsweise denen das von ihrem Unternehmen vorgegaukelt wurde, spä­ter dann erfahren, dass sie eigentlich nicht sozialversichert wurden. Der Grund ist ganz einfach der, dass sozialversicherte Personen nicht direkt von der Versicherung angesprochen und wahrgenommen werden.

Man kann das ja eigentlich gar nicht glauben, denn in jedem privaten Versicherungsun­ternehmen schließt man einen Vertrag – und egal, ob ich mich auskenne bei einer pri­vaten Versicherung: Ich bin der Adressat, wenn die Versicherung eine Änderung ma­chen will (Zwischenruf des Abg. Amon), ich muss zustimmen oder ablehnen, auch wenn ich mich eventuell nicht auskenne.

Bei der Sozialversicherung hingegen ist das Problem, dass der Betroffene nicht als Vertragspartner wahrgenommen wird, sondern das Unternehmen der Vertragspartner ist, wo das Unternehmen sozusagen für den Betreffenden dann handelt und auch Sorgfaltspflichten einhalten soll, zu denen es verpflichtet ist, die es aber manchmal – das passiert – nicht wahrnimmt.

Was ich hier jetzt zu erklären versuche, findet sich detaillierter im Antrag wieder, aber es geht im Wesentlichen darum, dass wir versuchen sollten, eben über diese von uns vorgeschlagenen Maßnahmen betreffend Sozialversicherung, dass der Versicherte selbst, dass die versicherte Person als Subjekt, als Vertragspartner wahrzunehmen ist, das von Änderungen – von der Aufnahme der Versicherung oder auch von der Ab­meldung von der Versicherung – in Kenntnis gesetzt werden muss. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 259

23.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


23.44.39

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Karl Öllinger, du hast es jetzt gerade auf den Punkt gebracht: Einerseits geht es bei deinem Antrag darum, dass die Informa­tionspflicht der Krankenversicherungsträger – in Wahrheit in großem Maße – zu erwei­tern ist. Zu erweitern, dass künftig jede Änderung – egal, ob es um den Beginn oder um das Ende eines Dienstverhältnisses geht, um Entgeltansprüche während eines Krankenstandes und so weiter – immer auch an die Versicherten weitergegeben wer­den soll.

An und für sich ist es ja nichts Schlechtes, wenn ich sage, wir erweitern den Infor­mationsfluss für die Versicherten, aber dazu möchte ich schon auch sagen: Das ist doch großteils nach der derzeitigen Gesetzeslage sichergestellt. Kollege Öllinger, du weißt ja, wie das in der Praxis abläuft: Wenn ich neu angemeldet werde, dann be­kommt laut ASVG der Dienstgeber zwei Abschriften, dass ich angemeldet bin bezie­hungsweise dass eine Abmeldung erfolgt ist. Der Dienstgeber ist in Wahrheit verpflich­tet, das an die Versicherten weiterzugeben. (Abg. Amon: Aber wenn er es nicht tut?!)

Es gehört als Arbeitnehmerin, als Arbeitnehmer schon auch ein bisschen Eigenverant­wortung dazu, denn wenn ich als Versicherter mich nicht auskenne, mir auch nicht si­cher bin, ob ich angemeldet bin oder nicht, dann kann ich doch jederzeit bei meinem Krankenversicherungsträger anrufen und bekomme dort unbürokratisch alle Auskünfte. Man kann das sogar schriftlich anfordern oder eben hingehen und bekommt dann dort mündlich die entsprechende Information. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.)

Darüber hinaus besteht jederzeit die Möglichkeit, einen Versicherungsdatenauszug zu verlangen, wo alle Versicherungszeiten oben stehen; auch das wird auf Wunsch zuge­sandt. Und man hat als Versicherter so viele Möglichkeiten, das darüber hinaus im In­ternet abzurufen.

Das heißt, so eine generelle Verpflichtung – wie ich eben den Antrag verstanden ha­be –: Auskunft an alle über alles, das führt mir ein bisschen zu weit, denn das würde zu einer enormen Flut an Verständigungen der Krankenversicherungsträger an die Ver­sicherten führen, sodass so die Verwaltungskosten in Millionenhöhe hinaufschnellen würden.

Dazu nur eine Zahl, damit wir wissen, wovon wir reden: Allein in der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse geht es pro Kalenderjahr um 850 000 Meldungen. Was das Ganze bewirken würde, wenn ich jetzt sage: Porto-Kosten zusätzlich, Kuvert-Kosten und Briefpapier, das wäre meiner Meinung nach einfach nicht vertretbar.

Information auf E-Mail-Basis, wie das im Antrag gefordert wird, halte ich allein aus da­tenschutzrechtlichen Gründen schon für bedenklich. Aber wir können das ja in einer der nächsten Ausschusssitzungen eingehend diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

23.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


23.47.41

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ja, dieser Antrag klingt zunächst wirklich sehr gut: Informa­tion für alle zu jeder Zeit. Sehr spannend wird es aber dann, wenn man in die Tiefe geht und sich diese Thematik etwas genauer anschaut.

Grundsätzlich ist ja schon sehr umfangreich geregelt, wie Informationen fließen. Die Frage ist, ob jede Änderung, die gemacht wird, dann auch schriftlich mitgeteilt werden muss. Wir wissen, im ganzen Bundesgebiet geht es wirklich um Millionen von Änderun­gen allein während eines Jahres. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 260

Kollege Spindelberger hat gerade dazu gesagt: Aus Datenschutzgründen beziehungs­weise aus Sicherheitsgründen ist es nicht okay, diese Daten per E-Mail zu versenden. Das sollte und muss dann auf dem Postweg erfolgen. Wenn es um Millionen an Ände­rungen geht, dann geht es eben auch um Millionen an Kostenfaktoren in einem Jahr.

Ja, das im Detail auszudiskutieren, wird sicherlich spannend werden. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss, und wir werden ja dann noch Gelegenheit haben, un­sere Argumente dort auszutauschen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

23.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


23.48.56

Abgeordneter Erich Tadler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Eine Ergänzung der bestehenden Informationspflicht erscheint für uns derzeit nicht zwingend erforderlich, denn grundsätzlich hat auch der Arbeitnehmer die Ver­pflichtung, sich über seine Versicherung zu informieren.

Derzeit ist es ja so, dass Auskünfte, wie wir schon gehört haben, über die Versiche­rungsnummern und die Geburtsdaten bei der zuständigen Sozialversicherung nachge­fragt werden können. Außerdem sollte doch jeder selbst wissen, ob und wie lange er sich in einem Beschäftigungsverhältnis befindet.

Auch die Information beziehungsweise Aufklärung bezüglich Nachversicherung Ausge­schiedener aus der Sozialversicherung kann der Betroffene jetzt schon nachfragen.

Und wie schon gesagt: Dem Versicherten ist es schon zumutbar, sich selbst zu infor­mieren. – Danke. (Beifall der Abg. Schenk.)

23.49


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Ich schließe die Debatte und weise den Antrag 2188/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

23.50.0716. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, geändert wird (2208/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort. – Bitte.

 


23.50.23

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der FPÖ geht es darum, die Grundversorgung der Bevölkerung si­cherzustellen, und dazu gehört insbesondere die Wasserversorgung.

Wir wissen, dass diese in den letzten Monaten ein Thema geworden ist, weil die Euro­päische Kommission ein Reformpaket zum öffentlichen Auftragswesen herausgebracht hat, in dem auch die Dienstleistungskonzessionen miteinbezogen waren, das heißt al­so, auch die Wasserversorgung und die Vergabe von Wasser. Daher haben wir hier ei­nen ganz konkreten Antrag zur Debatte gestellt, damit die Wasserversorgung in der Verfassung gesichert wird. Es wird ein § 17a vorgeschlagen, der vorsieht, dass die Wasserversorgung ausschließlich dem Bund, den Ländern und Gemeinden und Ge­meindeverbänden zusteht und eben kein Ausverkauf stattfinden kann. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 261

Die Länder haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Auch im Bundesrat ist im EU-Ausschuss ein entsprechender Beschluss gefasst worden. Ich gehe daher davon aus, dass es einen breiten Konsens gibt.

Dass dieses Thema durchaus aktuell ist, zeigt sich daran, dass ja zum Beispiel auch die Gemeinde Wien einen Teil der Quellen, die sie hat, bereits langfristig verpachtet hat. Da wird ein Geschäft mit dem Wiener Wasser gemacht, obwohl die Gemeinde gleichzeitig plakatiert, dass sie das Wasser und die Grundversorgung sichert.

Um es gar nicht erst zu ermöglichen, hier Begehrlichkeiten groß werden zu lassen, wä­re es tatsächlich wichtig, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Ich muss hier festhal­ten, dass es bereits bisher klare Grundsätze gab, was die Vergabe betrifft. In Wirklich­keit wäre es nicht notwendig gewesen, dass die Europäische Kommission Richtlinien einsetzt, weil es ja bereits bisher ganz klare Grundsätze gab. Daher ist es doch irgend­wo verdächtig, wenn jetzt plötzlich die Wasserversorgung miteinbezogen wird.

Um hier eine klare politische Position zu beziehen, ist eben der entsprechende Antrag wichtig. Ich gehe, wie gesagt, davon aus, dass es einen breiten Konsens gibt, und freue mich jetzt schon auf die entsprechenden Wortmeldungen. (Beifall bei der FPÖ.)

23.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


23.53.06

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu dem An­trag ist zu sagen, dass es grundsätzlich eine Berechtigung gibt, derartige Grundversor­gungsleistungen in der Verfassung zu verankern.

Ob der Antrag selbst so in dieser Form schon das Gelbe vom Ei ist, da bin ich nicht sicher, aber grundsätzlich geht er in die richtige Richtung. Daher glaube ich, dass wir in diese Richtung weiterarbeiten können, und von unserer Fraktion ist eine Unterstützung in diese Richtung sicherlich möglich. (Beifall bei der SPÖ.)

23.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


23.53.45

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es schon erwähnt: Trinkwasser ist eine Lebensgrundlage der Menschen, es geht um die öffentliche Daseinsvorsorge. Man muss natürlich vor der Panikmache sozusagen warnen und sagen, dass es hier um die Mindeststandards geht. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was heißt da „Panikma­che“?) Wir werden uns das sicher im Ausschuss näher anschauen und über den An­trag diskutieren.

Die Grundposition aller Fraktionen ist natürlich klar: Wasser zählt zu den Gütern der Daseinsvorsorge und deshalb muss es sichergestellt werden.

Bei der EU-Richtlinie geht es um die transparenten Ausschreibungskriterien. In diesem Sinn, meine geschätzten Damen und Herren, werden wir sicher eine spannende Dis­kussion im Ausschuss erleben, da wir ja auch in Österreich sehr wohl eine vermischte Situation haben.

Der Grundtendenz des Antrages kann man einiges abgewinnen, darüber muss man natürlich im Ausschuss dann noch näher diskutieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 262

23.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


23.54.52

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Wasser ist ein existenzielles Gut. Ich glaube, wir sind uns auch alle einig, dass wir uns in Österreich eine gute Wasserversorgung aufgebaut haben. Es ist, glaube ich, auch klar, dass die nachhaltige Bewirtschaftung eines knappen Gutes am besten von der öffentlichen Hand gewährleistet wird, anstatt von gewinnorientierten Konzernen.

Jetzt gibt es diese Richtlinie der Europäischen Kommission, was die Vergabe von Kon­zessionen angeht, mit der sehr wohl auf Gemeinden, die sich in finanziellen Nöten be­finden, Druck ausgeübt werden kann, die Wasserversorgung zu privatisieren. Ich glau­be, wir kennen alle die finanzielle Situation der Gemeinden. Wir können durchaus in diese Situation kommen, deswegen glaube ich, ist es unsere Verantwortung, hier alles Mögliche zu tun, um unsere Wasserversorgung so gut wie möglich zu schützen. Des­wegen muss dieser Schutz auch in der Verfassung verankert werden.

Wir haben schon ähnlich lautende Anträge eingebracht, die leider bisher keine Zustim­mung gefunden haben. Was ich mir von den Regierungsparteien erwarte, ist nicht nur Unterstützung, sondern auch eine eigene Vorlage. Das war ja auch ein Beschluss die­ses Hauses: ein gemeinsamer Antrag der Regierungsparteien, der von uns auch unter­stützt wird. Wir warten eigentlich darauf, dass Sie jetzt initiativ werden.

Was ich mir von allen anderen Parteien hier im Haus auch erwarte, ist, dass sie nicht nur hier in Österreich agieren, sondern auch dort, wo die Entscheidungen tatsächlich fallen, nämlich auf europäischer Ebene. Wir tun das, wir arbeiten hier sehr eng zusam­men, von der Gemeindeebene bis zur europäischen Ebene. Ich glaube, wenn es einem ernst ist, dann sammelt man nicht nur irgendwo Unterschriften, wie das die ÖVP macht, sondern tut auf allen Ebenen das, was zu tun ist. Das ist in unserem Fall, den Verfassungsschutz einzurichten und alle möglichen Initiativen auf EU-Ebene zu er­greifen.

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. (Beifall bei den Grünen.)

23.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte. (Abg. Mag. Gaßner: Geisterstunde ist!)

 


23.56.52

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Greift unser Was­ser nicht an! Ich glaube, da sollten wir alle zusammen eine Allianz gegen Europa bil­den, weil das Beispiel, das wir in Tirol schon haben, wo das gesamte Wasser, alle Wasserkraftwerke mit dem Wasserbezugsrecht von der Tiroler Landesregierung – ver­treten von der ÖVP – an die Amerikaner verkauft wurden, ist schon vollzogen. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ihr von der ÖVP solltet euch einmal mit Interesse die Wahrheit anhören. Euer Kollege, der Europaabgeordnete Dr. Seeber (Abg. Amon: Guter Mann!), hat noch im Jänner auf der Homepage der ÖVP Tirol stehen gehabt, dass diese Verordnung der EU gut ist, weil sie österreichischen Unternehmen garantiert, dass sie im Ausland die Wasser­versorgung sicherstellen können. (Abg. Amon: Das ist aber nicht auf der Homepage gestanden!) Ist es jetzt unsere Aufgabe, dass unsere Unternehmen im Ausland die Wasserversorgung sicherstellen? – Das, glaube ich, kann es nicht sein. (Abg. Amon: Das hat er nicht gesagt! Ich will ein Zitat!)

Die Gefahr ist viel, viel größer, dass Gemeinden, die finanzielle Probleme haben, die unter Druck stehen, der Versuchung erliegen, ihre Wasserversorgung an irgendeinen Konzern abzutreten. Was das bedeutet, wissen wir. Schaut nach Berlin, schaut nach London, dort sehen wir das!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 263

Solange es Tiroler ÖVP-Abgeordnete gibt, die das fordern, werden wir alles tun, damit es nicht so weit kommt! (Beifall beim BZÖ.)

23.58


Präsident Fritz Neugebauer: Ich schließe die Debatte und weise den Antrag 2208/A dem Verfassungsausschuss zu.

23.58.4517. Punkt

Neuwahl von Ausschüssen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung: Neuwahl der Ausschüsse gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung.

Entsprechend dieser Bestimmung sind Neuwahlen von bestehenden Ausschüssen durchzuführen, sobald bei der Präsidentin angemeldete Veränderungen im Stärkever­hältnis der Klubs es erfordern. Betroffen von Veränderungen sind die eingesetzten Ausschüsse mit bisher 26 Mitgliedern.

Der Nationalrat hat nun die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder festzusetzen. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden auf die parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen angehörenden Abgeordneten verteilt.

Eine Neuwahl des Hauptausschusses erfolgt nicht, da hier § 30 der Geschäftsordnung Anwendung findet.

Nach Beratung zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz ist nun für die beste­henden Ausschüsse mit derzeit je 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern eine Aus­schussgröße von je 25 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern einvernehmlich vorgeschla­gen, deren Aufteilung auf die Fraktionen sich nach dem d’Hondt’schen System wie folgt errechnet: je 8 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf SPÖ und ÖVP, je 5 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen, je 1 Mitglied und Ersatzmitglied auf das BZÖ.

Ich lasse nun über die Änderung der Ausschussgröße von 26 auf 25 Mitglieder und Er­satzmitglieder abstimmen.

Wer sich dafür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Namen der von den Klubs gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung als Mitglieder beziehungsweise Ersatzmitglieder bekannt gegebenen und damit als gewählt gelten­den Abgeordneten sind dem Ausschussverzeichnis zu entnehmen.

*****

(Die Mitglieder und Ersatzmitglieder sowie die gewählten Funktionen sind im Internet unter „Parlament Aktiv>Ausschüsse>Nationalrat>Ausschüsse und Unterausschüs­se“ abrufbar.)

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.00.24Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeord­neten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung hinsicht-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 264

lich des Tagesordnungspunktes 17, Neuwahl von Ausschüssen, zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amtlichen Protokolls:

„TO-Punkt 17: Neuwahl von Ausschüssen

Aufgrund der Veränderungen im Stärkeverhältnis der Klubs ergibt sich eine neue Zu­sammensetzung der Ausschüsse mit 26 Mitgliedern.

Die Ausschussgröße der von der Veränderung betroffenen Ausschüsse wird einstim­mig mit 25 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern festgesetzt. Es entfallen nunmehr auf die SPÖ und ÖVP je 8, auf die FPÖ je 5, auf die Grünen je 3 Mitglieder und Ersatzmitglie­der sowie auf das BZÖ je 1 Mitglied und Ersatzmitglied.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 17 vor (Beilage XVII/1).“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Der entsprechende Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

00.01.37Einlauf

Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2257/A(E) bis 2267/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 14499/J bis 14555/J eingelangt.

Schließlich sind Anfragen der Abgeordneten Markowitz und Ing. Lugar – 95/JPR bezie­hungsweise 96/JPR – an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 26. April 2013, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Im Anschluss an diese Sitzung findet hier im Sitzungssaal des Nationalrates die Konsti­tuierung der von der Neuwahl betroffenen Ausschüsse statt.

Da es sich hiebei um nichtöffentliche Sitzungen handelt, ersuche ich Besucherinnen und Besucher sowie Medienvertreter und Medienvertreterinnen, den Saal zu verlassen (Heiterkeit) und die Ausschussmitglieder beziehungsweise deren Vertreterinnen und Ver­treter, im Saal zu verbleiben.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.02.43Schluss der Sitzung: 0.03 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien