117/PET XXIV. GP

Eingebracht am 08.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

 

 

 

Dr. Susanne Winter

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Wien, am 7. Juli 2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreiche ich Ihnen die Petition betreffend "Hepatitis-C Opfer dürfen nicht ein weiteres Mal zu Opfern werden" mit dem Ersuchen um geschäftsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Susanne Winter


PETITION

betreffend

"Hepatitis-C Opfer dürfen nicht ein weiteres Mal zu Opfern werden"

Die Seroplas Gesellschaft für Plasma-Forschung und Plasma-Gewinnung GmbH betrieb ab den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Plasmapheresestellen, in denen freiwilligen Spendern Blut zur Herstellung von Blutplasma abgenommen und nach dem Plasmagewinnungsvorgang wieder retransfundiert worden war. Bei dieser Gelegenheit wurden damals viele Menschen mit dem Hepatitis-C Virus infiziert.

Im Auftrag von 259 Geschädigten wurden vor den zuständigen Zivilgerichten Schadenersatzklagen eingebracht und die Schadenersatzforderungen im Konkurs der Seroplas Gesellschaft beim Landesgericht Klagenfurt angemeldet.

Das Landesgericht für ZRS Wien fällte schließlich am 25.10.2000 im dort anhängigen führenden Musterverfahren ein dem Grunde nach stattgebendes Urteil zugunsten der Hepatitis C-Opfer.

Die Seroplas Gesellschaft für Plasma-Forschung und Plasma-Gewinnung GmbH selbst verfügte über kein nennenswertes Vermögen und es wurde aufgrund der anschwellenden Klageflut gegen die Seroplas über deren Vermögen am 24.02.2000 der Konkurs eröffnet.

Aufgrund dieses klagstattgebenden Urteils erstattete als Haftpflichtversicherer die Wiener Städtische Versicherung AG am 04.12.2000 ein Vergleichsanbot. Nachdem die Hepatitis C-Opfer dieses Vergleichsanbot angenommen hatten, wurden die bereits zugesagten Beträge von der Wiener Städtische Versicherung AG in einer der letzten Verhandlungsrunden um jeweils 20 % gekürzt. Dies mit der Begründung, dass sich seit der Legung des Vergleichsanbotes vom 04.12.2000 noch sehr viele Betroffene gemeldet und ihre Ansprüche geltend gemacht hätten.

Am 28.06.2001 wurde schließlich mit der Wiener Städtische Versicherung AG ein Vergleich mit der von der Versicherung oktroyierten 20 % igen-Kürzung, die etwa ATS 25.000.000,- (= EUR 1.816.820,85) betragen hatte, geschlossen und wurde in Folge an die 259 Hepatitis C-Opfer ein Vergleichsbetrag von ATS 102.000.000.- (= EUR 7.412.629,08) ausbezahlt.

Während der Dauer der gerichtlichen Auseinandersetzung und der außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit der Wiener Städtische Versicherung AG wurde von Seiten Aventis Pharma GmbH (vormals Hoechst Austria AG) und von deren Rechtsvertretung stets geleugnet, mit der "ganzen Sache etwas zu tun zu haben", insbesondere wurde geleugnet, dass sich die Aventis Pharma GmbH mit einem Betrag an dem Vergleich vom 28.06.2001 beteiligt habe.

Dies hatte zur Folge, dass die 259 Hepatitis C-Opfer dazu verleitet wurden, jeweils die um 20 % gekürzte Entschädigungszahlungen zu akzeptieren und sie verpflichteten sich, ihre Forderungsanmeldungen im Konkurs umgehend

zurückzuziehen, wodurch die vom Masseverwalter im Konkurs der Seroplas GmbH, vorbereitete und konkursgerichtlich genehmigte Klage gegen die Aventis Pharma GmbH auf Feststellung von deren Haftung obsolet wurde.

Erst durch die Zeugenaussage des Oberprokuristen der Wiener Städtische Versicherung AG, wurde offenbar, dass sich die Aventis Pharma GmbH an dem Vergleich vom 28.06.2001 mit einem Drittel der Vergleichssumme, also etwa ATS 30.000.000,- Mio, beteiligt hatte. Wie in der Streitverhandlung vom 13.04.2011 herausgekommen ist, hat Aventis Pharma (vormals Hoechst Austria AG) bereits drei Wochen nach dem Vergleich vom 28.06.2001 sogar 50 Mio ATS an die Wiener Städtische Versicherung überwiesen. Dadurch ist den Opfern ein Vermögensschaden von ATS 25.000.000,-- (= EUR 1.816.820,85) entstanden

Die mutmaßliche Täuschung führte durch den Umstand, dass sich die Aventis Pharma GmbH an dem Vergleich vom 28.06.2001 beteiligt hatte dazu, dass durch das Unterbleiben der Feststellungsklage gegen die Aventis Pharma GmbH wegen der aus dem Vergleich vom 28.06.2001 verpflichtenden Zurückziehung aller Forderungen im Konkurs gegen die Seroplas GmbH der Haftungsfonds zumindest im Ausmaß der angemeldeten Forderungen verringert wurde. Wäre nämlich eine Haftung gegen die Aventis Pharma GmbH vom Masseverwalter im Konkurs der Seroplas GmbH aus der Haftungserklärung des Abtretungsvertrages vom 13.10.1992 geltend gemacht worden, so wäre aufgrund dieser umfassenden Haftungserklärung ein Deckungsfonds jedenfalls in Höhe der von den Hepatitis C-Opfern angemeldeten Konkursforderungen zur Verfügung gestanden.

Auf Grundlage der mutmaßlichen arglistigen Täuschung durch die Wiener Städtische Versicherung wurde Klage auf Anpassung des Vergleichs vom 28.06.2001 erhoben.

Durch die oben beschriebenen Machenschaften zum Nachteil der Geschädigten laufen diese Menschen Gefahr, nach der schweren gesundheitlichen Schädigung zusätzlich ein weiteres Mal geschädigt zu werden, indem sie keinen angemessenen Schadensersatz erhalten, beziehungsweise aufgrund ihres Erkrankungsbildes die Auszahlung der ihnen zustehende Entschädigung nicht mehr erleben werden. Daher wäre es wichtig, dass eine Auszahlung in angemessener Höhe möglichst rasch erfolgt. Vorstellbar wäre, dass die Republik Österreich in Vorkasse tritt, beziehungsweise die Verkürzung der rechtmäßigen Ansprüche ausgleicht. Die zuständigen Minister werden daher ersucht, eine menschliche Lösung zu finden, damit die Hepatitis-C Opfer nicht ein weiteres Mal zu Opfern werden.