157/PET XXIV. GP
Eingebracht am
23.02.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
Abg z Nationalrat Abg z Nationalrat
Petra Bayr DI Dr Wolfgang PIRKLHUBER
SPÖ-Klub im Parlament Grüner Klub im Parlament
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Maga Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, 23. Februar 2012
Betreff: Petition betreffend „keine Agrotreibstoffbeimengung ohne ausreichende soziale und ökologische Mindeststandards“
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Gemäß § 100 Abs. 1 GOG-NR überreichen wir die Petition betreffend „keine Agrotreibstoffbeimengung ohne ausreichende soziale und ökologische Mindeststandards“ mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige Behandlung.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Bayr Wolfgang Pirklhuber
Parlament, 1017 Wien, Dr Karl Renner-Ring 3
PETITION
Keine Agrotreibstoffbeimengung ohne ausreichende soziale und ökologische Mindeststandards!
Neben zahlreichen umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen und Institutionen haben auch Weltbank, FAO und OECD in verschiedenen Studien vor den sozialen und ökologischen Auswirkungen der derzeitigen Agrotreibstoffbeimischungspolitik der EU gewarnt und auch bereits mehrmals dazu aufgefordert, die Beimischungsquoten zu überdenken und zu verringern, sowie Subventionen und Steuererleichterungen für die Agrotreibstoffproduktion auszusetzen.
Die gegenwärtigen Agrotreibstoffbeimischungsquoten können weder Österreich noch die EU aus nationalem bzw. gemeinschaftlichem Anbau decken. Mit steigender Beimengung wird sich vor allem der Bedarf an Importen im Bereich Agrodiesel enorm erhöhen
Die Agrotreibstoffbeimengungsquoten führen zu direkten und indirekten Auswirkungen auf Entwicklungsländer, wie Landnahme, Vertreibungen, Sklavenarbeitsverhältnisse, Ausbeutung, höheren Lebensmittelpreisen und steigendem Hunger. Auch wenn unterschiedliche Meinungen zum konkreten Ausmaß bestehen, sind die grundsätzlichen Tendenzen hinreichend in Studien internationaler Organisationen und wissenschaftlicher Einrichtungen belegt.
Auch die ökologischen Auswirkungen des steigenden Energiebedarfs sind sichtbar: ökologische Degradierung von Land aufgrund von agroindustrieller Produktion mit hohem Pestizideinsatz und Abholzung von Primär- und Sekundärwäldern um weitere Anbauflächen zu schaffen, welche zudem den Druck auf fruchtbares Land weiter erhöhen.
Österreich hat ebenso wie andere EU-Mitgliedsstaaten menschenrechtliche Verpflichtungen gegenüber Menschen in anderen Ländern wahrzunehmen. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten verletzen Menschenrechte in mehrfacher Weise: Erstens indem die Auswirkungen der EU Agrotreibstoffpolitik keiner ausreichenden menschenrechtlichen Begutachtung unterzogen wurden. Zweitens verletzt die EU durch die Beimengungspolitik direkt Menschenrechte in anderen Ländern und drittens indem Agrarindustrie-Unternehmen aus der EU unzureichend reglementiert werden, können diese Menschenrechte in anderen Ländern verletzen ohne vor Gericht gestellt zu werden.
Wir fordern die österreichische Bundesregierung auf:
· ihre menschenrechtliche Respektierungspflicht wahrzunehmen und sich auf EU-Ebene für ein Moratorium der Beimischungsquoten einzusetzen bis alle relevanten sozialen, menschenrechtlichen, ernährungsbezogenen und ökologischen Auswirkungen der Agrotreibstoffbeimischungspolitik in einem Assessment umfassend evaluiert wurden und dessen Ergebnisse in der Energiepolitik Niederschlag gefunden haben.
·
die österreichischen Ziele der Beimischungsquoten
herabzusetzen, solange die in Punkt eins erwähnten
Auswirkungen nicht umfassend evaluiert wurden. Zusätzlich
sollen alle direkten Subventionen von Agrotreibstoffen ausgesetzt werden, da die
Beimischungsquote bereits eine ausreichend starke Marktintervention darstellt.
·
sich auf EU-Ebene für eine Verschärfung der Erneuerbare
Energien Richtlinie hinsichtlich menschenrechtlicher Mindeststandards in
Lieferdrittländern einzusetzen. Die ILO Kernarbeitsnormen müssen
absolute Muss-Kriterien darstellen. Insbesondere müssen die Rechte von
indigenen Bevölkerungsgruppen beachtet werden.
·
dass Energiepolitik und insbesondere Agrotreibstoffpolitik nicht übergeordnete
Ziele
der Entwicklungspolitik im Sinne des kohärenzpolitischen
Ansatzes, wie im Vertrag
von Lissabon festgelegt, unterminieren dürfen.
·
der
Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen
Rechnung zu tragen und die Erneuerbare
Energien Richtlinie dahingehend zu erweitern, vollständige Treibhausgasbilanzen
einzubeziehen, das heißt, insbesondere auch indirekte Landnutzungsänderungen und Emissionen, die mit der
Herstellung der benötigten Anlagen, Ausrüstungen und Infrastruktur verbunden sind,
zu berücksichtigen.
· ein verpflichtendes Reduktionsziel für den Energieverbrauch im Verkehrssektor von 20 Prozent bis 2020 zu setzen.
Jede vereinbarte Lösung muss als Minimum sicherstellen, dass die Politik weder direkt (i.e. durch das Vorantreiben von Landnahme) noch indirekt (i.e. Preisschwankungen und steigende Preise von Grundnahrungsmitteln) der Bevölkerung in Entwicklungsländern und deren Menschenrechten schadet.