22/SBI XXIV. GP

Eingebracht am 15.01.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative

                                                                                                  

An die

Parlamentsdirektion

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien-Parlament

GZ BMF-310212/0012-I/4/2009

Bezugnehmend auf die mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 unter GZ 17020.0025/38- Ll.3/2009 übermittelte Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend Reichensteuer jetzt!", teile ich aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen Folgendes mit:


Die Vermögensteuer nach dem Vermögensteuergesetz 1954 wird seit dem 1. Jänner 1994 nicht mehr erhoben. Die Entscheidung, von einer Vermögensbesteuerung Abstand zu nehmen, wurde im Rahmen einer fundamentalen Neuausrichtung des österreichischen Steuersystems durch das Steuerreformgesetz 1993 getroffen. Das Bundesministerium für Finanzen steht der Wiedereinführung einer Vermögensbesteuerung ablehnend gegenüber. Diese Haltung beruht auf folgenden Argumenten:

1. Vermögen entsteht durch bereits versteuertes Einkommen

Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer bedeutet zumindest teilweise das nochmalige Versteuern von bereits versteuertem Einkommen. Es ist nicht im Sinne eines gerechten und verursachungsgerechten Steuersystems, bereits versteuertes Einkommen noch einmal mit Steuern zu belasten. Eine derartige zusätzliche Steuerbelastung wäre auch in konjunkturell angespannten Zeiten nicht verantwortbar.

2.  Vermögensaufbau ist volkswirtschaftlich sinnvoll

Der Aufbau von privatem Vermögen als Maßnahme eigenverantwortlichen vorausschauenden Handelns, beispielsweise für Zeiten einer Krise oder als private Pensionsvorsorge, ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Die steuerliche Belastung eines erwünschten Verhaltens - zusätzlich zu den bereits bestehenden Vermögensteuern (z.B. der Grundsteuer, der Bodenwertabgabe oder der Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) könnte daher zu unerwünschten Lenkungseffekten führen.

3.  Vermögensteuer trifft vor allem Betriebe

Die Erfahrungen mit der Vermögensteuer, die bis 1994 eingehoben worden ist, haben gezeigt, dass 80 Prozent der Steuern von den Betrieben bezahlt wurden, deren Substanz dadurch geschwächt wurde. Außerdem würde eine derartige Vermögenssteuer insbesondere den Mittelstand treffen, der ohnehin die Hauptlast der Steuern trägt und der ein entscheidender Faktor für eine funktionierende Wirtschaft ist. Mit einer Vermögensteuer nach dem Vorbild des Vermögensteuergesetzes 1954 trifft man keineswegs nur die Super- Reichen“, sondern größtenteils den Mittelstand und Betriebe, die Arbeit schaffen.


4.  Vermögensteuer im Binnenmarkt ist nicht sinnvoll

Eine Vermögensteuer kann nur im Rahmen der zwischenstaatlichen und europarechtlichen Rechtstruktur erhoben werden. Sie ist daher in der Regel auf das österreichische Territorium beschränkt und darf den Transfer von Vermögen aus dem Inland in das EU- oder EWR- Ausland nicht erfassen. Dieser Umstand führt dazu, dass nicht ortsgebundenes Vermögen (wie z.B. große Wertpapierbestände) aus steuerlichen Gründen ins Ausland verlagert würde und damit Wertschöpfung im Inland verloren ginge. Dies ist insbesondere bei einer Vermögensteuer in Höhe von 5% anzunehmen, die auch im internationalen Vergleich unüblich wäre. Als Besteuerungssubstrat übrig bliebe nur ortsgebundenes Vermögen wie beispielsweise Liegenschaften, die bereits derzeit einer Vermögensteuerung - z.B. in Form der Grundsteuer - unterliegen.

Soweit ho. ersichtlich wird nur mehr in 3 westlichen Staaten eine echte Vermögensteuer eingehoben (Frankreich, Norwegen, Schweiz).

5. Kosten der Erhebung

Da seit dem Jahr 1994 - also seit mittlerweile 16 Jahren - eine Vermögensteuer (abgesehen von Grundvermögen) nicht erhoben wird, wäre der Aufbau einer diesbezüglichen Verwaltung sehr aufwands- und kostenintensiv. Es müssten neue Bedienstete aufgenommen werden, um die Vermögenswerte, die in Zukunft der Vermögensteuer unterliegen sollen, wertmäßig zu erfassen. Eine solche Bewertung von derzeit nicht wertmäßig erfassten Gegenständen ist äußerst aufwendig und würde in vielen Fällen angefochten werden. Die Kosten, die mit einer Wiedereinführung der Vermögensteuer untrennbar verbunden sind, sollten keinesfalls unterschätzt werden. Zudem müsste zu diesem Zweck das Bankgeheimnis abgeschafft werden.

15.Jänner 2010

Für den Bundesminister

Mag. Gerhard Wallner

(elektronisch gefertigt)