106/SBI XXIV. GP

Eingebracht am 13.05.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Bürgerinitiative


 

Betrifft:   Bürgerinitiative Nr. 57 - "Kampf gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophobie sowie gegen Homophobie“

Zu der im Betreff genannten Bürgerinitiative zum Thema "Kampf gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamophobie sowie gegen Homophobie“ nimmt das Bundeskanzleramt für seinen Zuständigkeitsbereich wie folgt Stellung:

Allgemeines:

Die österreichische Rechtsordnung stellt zur Verhinderung und Bekämpfung von Diskri­minierung, Rassismus und Antisemitismus bereits umfassenden gesetzlichen Schutz zur Verfügung.

Auf verfassungsrechtlicher Ebene ist nicht nur das allgemeine, für österreichische StaatsbürgerInnen geltende Sachlichkeitsgebot und damit verbunden ein Diskriminie­rungsverbot in Art. 7 Abs. 1 B-VG iVm. Art. 2 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger verankert. Dieser umfassende Schutz wird durch das Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. Nr. 390/1973, auch auf das Verhältnis von Fremden untereinander erstreckt. Darüber hinaus garantiert Art. 14 EMRK ein Diskriminierungsverbot in Bezug auf die in der EMRK enthaltenen Rechte.

Diese Rechte richten sich allgemein an Gesetzgebung und Vollziehung von Bund und Ländern und sind als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte einklagbar.

 

Auf einfachgesetzlicher Ebene finden sich sowohl auf Seiten des Bundes als auch auf Seiten der Länder umfassende Regelungen zur Vermeidung jeglicher Form von Diskriminierung, wie beispielsweise zur Durchführung der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABI. Nr. 373/37 vom 21. Dezember 2004.

Diskriminierungen können insbesondere auf Grundlage des § 283 StGB des Verbotsgesetzes sowie auf Basis des Art. III des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (BGBl. I Nr. 87/2008 idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Folge: EGVG) verfolgt werden. Das verwaltungsstrafrechtliche Diskriminierungsverbot wurde im Jahr 2012 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012 verschärft: Art. III Abs. 1 Z 3 EGVG verbietet nun eine Diskriminierung aus dem Grund der Rasse, der Hautfarbe, der nationalen und ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung. Es kommt nicht mehr darauf an, ob Personen „allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt“ werden - so die bisherige Rechtslage -, sondern ob sie (auch) „aus dem Grund der Rasse [...] diskriminiert“ werden. Die bisher mögliche Rechtfertigung, dass die „Diskriminierung“ nicht nur aus (z.B.) rassistischen Gründen erfolgte, kann damit nicht mehr zur Straflosigkeit führen.

Eine wesentliche Erweiterung des Grundrechtsschutzes erfolgte jüngst durch eine Erweiterung der Zuständigkeiten der Volksanwaltschaft, die „von ihr vermutete Verletzungen in Menschenrechten von Amts wegen“ prüfen kann (BGBl. I Nr. 1/2012).

In diesem Zusammenhang ist überdies darauf hinzuweisen, dass im Zuge der auf Ebene der Vereinten Nationen stattfindenden „Universal Periodic Review“ (UPR) der Dialog hochrangiger VertreterInnen der Bundesministerien, insbesondere der MenschenrechtskoordinatorInnen, mit der Zivilgesellschaft intensiviert wurde, um bestehenden Mängeln im Grundrechtsbereich zu identifizieren und zu beheben.

Zu den den öffentlichen Dienst betreffenden Punkten:

Dienstrechtlicher Amtsverlust:

Für Bundesbedienstete wurden in der jüngsten Dienstrechtsnovelle massive Konsequenzen für den Fall bestimmter Menschenrechtsverletzungen vorgesehen: Mit Rechtskraft einer Verurteilung wegen Folter bzw. eines folternahen Delikts oder wegen einer schweren Sexualstraftat endet das Dienstverhältnis von Gesetzes wegen.

Personalstruktur im Öffentlichen Dienst:

Für die Aufnahme in den Bundesdienst ist die persönliche und fachliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben, die mit der vorgesehenen Verwendung verbunden sind, vorgesehen. Die gesellschaftliche Entwicklung in Verbindung mit objektivierten Aufnahmeverfahren führen zu einer diverser werdenden Belegschaft im Bundesdienst. In bestimmten Bereichen des Bundesdienstes gibt es zudem Initiativen, um vermehrt BewerberInnen mit Migrationshintergrund für eine Beschäftigung zu gewinnen.

Ausbildung/Weiterbildung im Bundesbereich:

Die Ausbildung für Bundesbedienstete steht schon jetzt auch im Zeichen von Men­schenrechtsfragen. So sind in den „menschenrechtsnahen“ Dienstbereichen wie insbesondere der Sicherheitsexekutive die Menschenrechte ein wesentlicher Teil der Grundausbildung. Aber auch in der allgemeinen Grundausbildung finden die Menschenrechte im Rahmen der Grundrechte und ihre Durchsetzung vor den nationalen und internationalen Gerichten ihren Niederschlag.

Diversität und Integration im Rahmen des Österreichischen Verwaltungspreises:

Das Bundeskanzleramt veranstaltet alle zwei Jahre den Verwaltungspreis. Alle öffentlichen Verwaltungen Österreichs sind aufgerufen, sich mit innovativen Projekten aus ihrem Bereich zu bewerben. Neben der Auszeichnung zukunftsweisender Projekte hat der Verwaltungspreis auch zum Ziel, diese der breiten Öffentlichkeit vorzustellen sowie die Vernetzung und die Übertragung gelungener Entwicklungen innerhalb der Verwaltung zu fördern.

Bereits zum 3. Mal in Folge konnten Projekte auch in der Kategorie „Management von Gender, Diversity und Integration - Potential für die Verwaltung von morgen“ eingereicht werden. Die Projekte aus diesem Themenfeld umfassen ein breites Spektrum. Sie reichen von groß angelegten Diversitätsprogrammen, mit dem Schwerpunkt auf Vielfaltmanagement und Chancengleichheit, sowohl organisationsintern als auch extern (z.B. in der Stadtplanung) bis hin zu sehr effektiven, kleineren Projekten. Hier sind beispielweise Projekte zu nennen, die sich mit der sprachlichen Förderung von MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund, dem Abbau interkultureller Spannungen im Justiz- und Exekutivbereich befassen.

Diversität und Integration im Rahmen des Qualitätsmanagements:

Auch im Rahmen des Qualitätsmanagements mit dem Instrument „CAF“ (Common Assessment Framework), einem speziell für die öffentlichen Verwaltungen Europas entwickelten Selbstbewertungsinstrument, das von rund 150 Verwaltungseinheiten in Österreich eingesetzt wird, finden Diversität und Integration Beachtung. Im Zusammenhang mit Ergebnis- und Wirkungszielen der Organisation wird unter Gender Mainstreaming- und Diversitätsaspekten erfasst, inwieweit die Bedürfnisse und Erwartungen der verschiedenen Interessengruppen berücksichtigt werden und inwiefern BürgerInnen bzw. KundInnen in die Gestaltung und Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen einbezogen werden.

Weiters wird abgefragt, ob die Organisation ihr Personalmanagement, die Personaleinstellung und die Karriereentwicklung unter den Gesichtspunkten von Fairness, Chancengleichheit und Diversität (Geschlecht, sexuelle Orientierung, Behinderung, Alter, verschiedene Ethnien und Religionen) gestaltet und ob die Ergebnisse und Wirkungen gemessen werden.

Diversität und Integration im Rahmen der Wirkungsorientierung:

Im Rahmen der Wirkungsorientierung werden systematisch Daten in allen Politikbereichen erhoben, analysiert und bewertet. Auf Basis dieser Daten können gesellschaftspolitische Herausforderungen und politischer Handlungsbedarf identifiziert werden. Zudem wird das Verständnis über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge geschärft. Die Wirkungsorientierung erleichtert es so, Lösungen zu erarbeiten, die an konkreten Problemlagen in der Gesellschaft und deren Ursachen anknüpfen.

13. Mai 2013

Für den Bundeskanzler:

MATZKA