Anschrift

An die

Parlamentsdirektion

z.Hd. Frau Dr. Susanne Janistyn

Parlament

1017 Wien

 

BMF - I/4 (I/4)
Hintere Zollamtsstraße 2b
1030 Wien

Sachbearbeiter:
Mag. Hans-Jürgen Gaugl
Telefon +43 1 51433 501164
Fax +43 1514335901164
e-Mail Hans-Juergen.Gaugl@bmf.gv.at
DVR: 0000078

GZ. BMF-310206/0225-I/4/2012

 

 

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrte Frau Dr. Janistyn!

 

Bezugnehmend auf das Schreiben vom 6. Juli 2012, Zl. 13440.0060/2-L1.3/2012, mit welchem die Einladung an das Bundesministerium für Finanzen ergangen ist, entsprechend dem Beschluss des Verfassungsausschusses in seiner Sitzung vom 5. Juli 20212 zu den Anträgen 2031/A und 2032/A eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, wird aus der

Sicht des Bundesministeriums für Finanzen Folgendes mitgeteilt:

 

Mit dem nunmehr vorgeschlagenen Subsidiarantrag auf Normenkontrolle soll der bisher ausschließlich auf den Bereich des Verwaltungsrechts beschränkte unmittelbare Zugang des Rechtsschutzsuchenden zur Normenkontrolle dahingehend ausgebaut werden, dass künftig auch im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit ein solcher unmittelbarer Zugang zur Normenkontrolle geschaffen wird. Eine durch die letztinstanzliche Entscheidung eines ordentlichen Gerichtes betroffene Person, die bereits im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht die Überprüfung einer präjudiziellen Norm durch den Verfassungsgerichtshof angeregt hat, soll nun im Rahmen der Gesetzesbeschwerde einen Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit beziehungsweise Gesetzmäßigkeit dieser – in ihrem Verfahren präjudiziellen – generellen Norm an den Verfassungsgerichtshof stellen können. Der rechtsstaatliche Zugewinn liegt dabei darin, dass der Rechtsschutzsuchende nicht mehr auf eine Anfechtung durch das ordentliche Gericht angewiesen sein wird.

 


Im Lichte einer Vereinfachung des Zugangs zum Recht im Bereich der Normenprüfung erscheint auch dem Bundesministerium für Finanzen die Gleichstellung des verwaltungsrechtlichen mit dem zivil- und strafrechtlichen Rechtsschutz durch die Einführung eines einheitlichen Rechtsbehelfs, der Gesetzesbeschwerde, im Grundsatz durchaus sinnvoll und begrüßenswert. Zu berücksichtigen bleiben allerdings auch Bedenken, dieses Instrument könnte zu einer Verlängerung der jeweiligen Verfahrensdauer führen, denen durch begleitende Maßnahmen etwa in Form gesetzlicher Fristsetzungen im Sinne der Balance zwischen raschen und ökonomischen Verfahren sowie einer umfassenden Berücksichtigung von Rechtsschutzinteressen begegnet werden müsste. Aus haushaltsrechtlicher Sicht ist schließlich zu bemerken, dass Überlegungen zu den Auswirkungen auf die Auslastung der Gerichtshöfe und die damit verbundenen budgetären Konsequenzen nicht bekannt sind und daher auch nicht bewertet werden können.

 

Hinsichtlich des in weiterer Folge angedachten Entfalls der Möglichkeit einer Bescheidbeschwerde nach Art. 144 B-VG steht die Frage im Vordergrund, ob diese bei gleichzeitiger Einführung der Möglichkeit eines Subsidiarantrages auf Normenkontrolle noch sinnvoll und zweckmäßig ist oder zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten ohne Einschränkung von Rechtschutzinteressen entfallen kann. Ein Entfall der Möglichkeit, eine (Verwaltungs)Entscheidung wegen Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten beim Verfassungsgerichtshof anfechten zu können, erscheint dabei dann zu keinem Rechtsschutzdefizit zu führen, wenn gewährleistet werden kann, dass jeder Eingriff in ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auch unter dem Aspekt der einfachgesetzlichen Rechtswidrigkeit in letzter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof überprüft werden kann und von dessen Zuständigkeit nicht mehr – wie bisher – ausgeschlossen sein wird.

 

Auch in der Frage des weiteren Schicksals von Artikel 144 B-VG bleiben darüber hinaus Bedenken hinsichtlich der Verfahrensdauer zu berücksichtigen, denen durch begleitende Maßnahmen etwa in Form gesetzlicher Fristsetzungen im Sinne der Balance zwischen raschen und ökonomischen Verfahren sowie einer umfassenden Berücksichtigung von Rechtsschutzinteressen begegnet werden müsste. Aus haushaltsrechtlicher Sicht ist schließlich auch hier zu bemerken, dass Überlegungen zu den Auswirkungen auf die Auslastung der Gerichtshöfe durch diese Kompetenzverschiebung und die damit verbundenen budgetären Konsequenzen nicht bekannt sind und daher auch nicht bewertet werden können.

01.10.2012
Für die Bundesministerin:
Hans Georg Kramer, CFP
(elektronisch gefertigt)