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Parlamentsdirektion

 

 

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Wien, am 12. August 2013

Zl. B-029/090813/DR,LO

 

 

Betreff: Demokratiepaket Antrag 2177/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Europa-Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert, das Volksbegehrengesetz 2013 und das Wählerevidenzgesetz 2013 erlassen sowie das Volksbegehrengesetz 1973 und das Wählerevidenzgesetz 1973 aufgehoben werden (2177/A)

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführter Begutachtung folgende Stellungnahme abgegeben wird:

Der Österreichische Gemeindebund hat zu einzelnen Bestimmungen dieses Demokratiepakets bereits ausführlich mit Schreiben vom 15.03.2013 Stellung genommen und Anregungen für Änderungen gemacht.

 

Allgemeines

Die Motivation des Gesetzgebers für ein Demokratiepaket ist in Zeiten der sinkenden Wahrnehmung der bürgerlichen Rechte verständlich und im Sinne eines funktionierenden Gemeinwesens begrüßenswert. Die Gemeinden stellen für die Ausübung der demokratischen Mitbestimmungsrechte die maßgebliche Infrastruktur zur Verfügung. Sie sind sich dieser verantwortungsvollen Funktion für das demokratische Bauprinzip unserer Bundesverfassung bewusst und bringen sich immer konstruktiv in die diesbezügliche Diskussion ein.


Im Gegenzug erwarten sich die Gemeinden jedoch auch Verständnis für die Arbeit und den Aufwand, der erforderlich ist, um diese Leistungen in rechtsstaatlicher Tradition und Ordnung garantieren zu können. Gerade die Gemeinden als Rückgrat der Wahlabwicklung auf allen Ebenen der staatlichen Struktur dürfen daher mit ihren Kosten nicht allein gelassen werden.

Wie wir aber bereits in unserer Stellungnahme vom März 2013 festgestellt haben, war dies in den letzten Jahren aber leider immer wieder der Fall, vor allem bei den Kosten für die Abwicklung der Wahlen und Plebisziten. So sind etwa auch die Pauschalabgeltungen für die in den Gemeinden auflaufenden Wahlkosten in den letzten Jahren weit hinter dem tatsächlichen Aufwand zurückgeblieben.

Im Zuge der Überarbeitung dieses Demokratiepakets hat man diesen Änderungswünschen des Österreichischen Gemeindebundes großteils nicht entsprochen. Lediglich der vom Österreichischen Gemeindebund angeregten Verschiebung des Termins für die Führung bzw. des Testbetriebes des ZeWaeR (Art 4. § 17 WEviG und Art 8. § 18 EuWEG) ist man nachgekommen, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass die betroffenen Gesetze bis zum 1.7.2013 nicht beschlossen worden sind.

 

Zentrales Wählerregister (ZeWaeR)

Art 4; §§ 4 ff. WEviG; Ersatz der Errichtungs- und Schulungskosten

Obwohl der von den Gemeinden vorerst massiv in Zweifel gezogene Umsetzungsplan für das Zentrale Wählerregister nun doch verschoben wurde, muss in diesem Zusammenhang dennoch auf eine hohe zeitliche und personelle Belastung der Gemeinden hingewiesen werden, wie dies auch in der zitierten Stellungnahme vom März 2013 erfolgte. Außerdem wurde für die Umschulung ein angemessener Kostenersatz gefordert.

Die Gemeinden werden sich auch weiterhin den technischen Neuerungen, die ein Mehr an Bürgernähe oder Verwaltungsvereinfachungen bringen sollen, verschreiben. Allerdings hatten und haben sie mit der Einführung anderer Zentralregister wie etwa des Zentralen Personenstandsregisters oder des Zentralen Gewerberegisters innerhalb eines kurzen Zeitraums eine sehr große Arbeitsbelastung zu gewärtigen.

 

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass der immer wieder angesprochene Minderaufwand für Städte und Gemeinden nicht erzielt werden konnte.

Wie schon mehrfach erwähnt, werden die Gemeinden durch die Umstellung auch mit zahlreichen einmaligen Kosten belastet (EDVKosten, Schulungskosten, Software). Der Österreichische Gemeindebund fordert daher unabhängig von einer einer erhöhten Pauschalabtgeltung die Refundierung sämtlicher anfallender Umstellungskosten der Gemeinden, sowie jener des gesamten Schulungsaufwandes.

 

Pauschalabgeltungen

Art. 3 (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Volksbegehrengesetz) sowie den korrespondierenden Regelungen in Art. 4 (§ 14 Abs. 1 WEviG) und Art. 8 (§ 15 Abs. 1 EuropaWählerevidenzgesetz)

Nach § 23 Abs. 1 und Abs. 2 des Volksbegehrengesetzes 1973 gebührt den Gemeinden für durchzuführende Volksbegehren eine Pauschalvergütung in der Höhe von € 0,34 pro Stimmberechtigten, wobei als Basis dieses Vergütungssatzes der 1.1.2004 gilt (und eine Anpassung nach dem Verbraucherindex 1986 vorgesehen ist).

Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird diese Pauschalentschädigung auf € 0,33 verringert und als Basis für die Erhöhung dieses Vergütungssatzes der 1.1.2015 (und der Verbraucherindex 2010) festgelegt.

Diese Verschlechterung der finanziellen Entschädigung der Gemeinden wird in den Erläuterungen (S. 50) angeblichen Kosteneinsparungen infolge der Verwendung des Zentralen Wählerregisters begründet. Dies kann im Sinne des vorab Ausgeführten nicht hingenommen werden. Es muss dem Gesetzgeber bewusst sein, dass die Pauschalabgeltung schon bisher in einen viel zu geringem Ausmaß festgesetzt worden ist, in einigen Gemeinden deckt sie gerade einmal 10 % der anfallenden Kosten ab. Dieses krasse Missverhältnis erhält dadurch noch eine besondere Dynamik, da auf Grund der gesetzlichen Erleichterungen künftig mit einer größeren Anzahl von Volksbegehren zu rechnen sein wird.

 

 

Die Einführung des Zentralen Wählerregisters bedeutet für die Gemeinden eine enorme zeitliche, personelle als auch finanzielle Belastung. Mit der Höhe der im Entwurf vorgesehenen pauschalen Abgeltung kann keinesfalls das Auslangen gefunden werden.

 

Vor dem Hintergrund erhöhter administrativer Aufwendungen der Gemeinden (als Rückgrat der Wahlabwicklung auf allen staatlichen Ebenen) und der bis dato ohnehin viel zu gering bemessenen pauschalen Abgeltung, wird eine Pauschalabgeltung von zumindest zwei Euro pro Wahlberechtigtem/Jahr gefordert. Diese Forderung gilt auch für die gleichlautenden sonstigen Regelungen in Art. 4 (§ 14 Abs. 1 WEviG) und Art. 8 (§ 15 Abs. 1 EuropaWählerevidenzgesetz) des vorliegenden Demokratiepaketes.

 

Kosten der Wahlkarten

Art 10 Volksbefragungsgesetz

Im Zusammenhang mit den Kosten der Wahlen weist der Gemeindebund auch auf finanzielle Belastungen der Gemeinden im Volksbefragungsgesetz hin, die sich aus der analogen Geltung der NRWO und aus der Briefwahl ergeben.

Nach den bisherigen Erfahrungen ist es Faktum, dass die Wahlkarten immer stärker frequentiert werden. Von diesen Wahlkarten muss der überwiegende Anteil per Einschreiben versandt werden, da sie nur zu einem verschwindend kleinen Teil mit der Bürgerkarte signiert werden. Dies schlägt sich mit Kosten von 3,65 EUR pro Wahlkarte zu Buche, die der Gemeinde überhaupt nicht abgegolten werden. Obwohl Städtebund und Gemeindebund für diese Variante der Beantragung Werbung machen, wird sich hier nur langsam eine Dämpfung der Aufwärtsbewegung der Kostenbelastung ergeben.

 

Überweisungsfrist

Art. 3 (§ 21 Abs. 3 VolksbegehrenG), Art. 4 (§ 14 Abs. 3 WEviG), Art. 8 (§ 15 Abs. 3 EuropaWählerevidenzgesetz)

Völlig unzureichend ist auch, dass der Bund gemäß der zitierten Bestimmungen  des Entwurfes weiterhin zwei Jahre Zeit haben soll, die den Gemeinden zustehende Pauschalentschädigung zunächst an die Landeshauptmänner zur Weiterleitung an die Gemeinden zu überweisen. Es ist aufgrund der allerorten stattfindenden Modernisierungen in der Verwaltung nicht nachvollziehbar, warum die derzeit vorgesehene Frist für die Überweisung nicht durch eine wesentlich kürzere Frist ersetzt werden kann. Der Österreichische Gemeindebund verlangt daher die Überweisung per Jahresfrist und zwar direkt an die Gemeinden.

 

Qualifiziert unterstützte Volksbegehren

Art 1 z.5; Art 49c B-VG

Laut Entwurf soll in das Bundes-Verfassungsgesetz nunmehr die Bestimmung des Art 49c B-VG eingefügt werden, der eine Aufwertung von direktdemokratischen Elementen zum Ziel hat. Ungeachtet eines festzustellenden Paradigmenwechsels im demokratischen Verständnis der Bundesverfassung, der durch die oben bereits angeführte Motivation geboten erscheinen kann, ist jedoch auch eine Häufung des Gebrauchs von direktdemokratischen Instrumenten wie Volksbegehren oder Volksbefragung abzusehen, wobei die Gemeinden jedenfalls in größerem Ausmaß als bisher Gebühr belastet werden sollen.

Angesichts der Tatsache, dass die Pauschalentgelte, die den Gemeinden für ihre Kosten im Zusammenhang mit Wahlereignissen und Plebisziten bisher zugestanden sind, bei weitem nicht kostendeckend waren, wird die Häufung von plebiszitären Elementen diese Schieflage noch mehr verstärken.

 

Auflage der Wählerregister

NRWO; Vorschläge zur Kosteneinsparung

Da die Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände nach Maßnahmen der Kostendämpfung im Wahlverfahren auch in diesem Paket nicht berücksichtigt worden sind, erneuert der Österreichische Gemeindebund seine Forderung, die Einsichtnahmezeiten für die Wählerregister weiter zurückzunehmen bzw. außerhalb der Dienstzeiten der Gemeindeämter gänzlich zu streichen.

 

 

 

 

Redaktionelles Versehen

Art 4, §§ 13 und 16 WEviG

§ 13 Abs. 2 des Wählerevidenzgesetzes 2015 bestimmt gleichlautend mit § 16 des Wählerevidenzgesetzes 2015 Folgendes:

„Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.“

Da § 13 Abs 2 aus seinem Zusammenhang her nur für die Fristen gilt, § 16 jedoch generell für alle Verweisungen, empfiehlt es sich, den § 13 Abs. 2 leg. cit. aus Gründen der Übersichtlichkeit und zum besseren Verständnis zu streichen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

 

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