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Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Land Kärnten erlaubt sich, zur Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (GSpG-Novelle 2008) neben der separat übermittelten fachlichen Stellungnahme unter finanziellen Aspekten Folgendes festzuhalten:
Mit Schreiben vom 4.11.2008 hat das Bundesministerium für Finanzen den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Glücksspielgesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Finanzstrafgesetz und das Finanzausgleichsgesetz 2008 geändert werden, zur Begutachtung versandt. Die Novelle wurde nicht ausdrücklich zur Stellungnahme im Rahmen des Konsultationsmechanismus übermittelt, vermutlich unter dem Gesichtspunkt, dass die gravierendsten finanziellen Folgen für die Länder in Abgabeneinbußen bestehen. So heißt es in den Materialien: „Die bisherigen landesrechtlichen Abgaben auf Glücksspielautomaten und die Zuschlagsabgaben sollen entfallen…. Die Ergebnisse der Verhandlungen iS § 6 FAG 2008 sind abzuwarten.“
Parallel dazu hat das Bundesministerium für Finanzen am 20.11.2008 das Konzept der geplanten Glücksspiel-Reform Ländern, Städte- und Gemeindebund in einer Sitzung vorgestellt. Kernaussagen waren, dass das kleine Glücksspiel derzeit unbefriedigend geregelt sei und daher in das Bundesmonopol rückgeführt werden soll.
Die aufgrund landesrechtlicher Bewilligungen in Einzelaufstellung betriebenen Geldspielapparate sollen durch Video Lotterie Terminals (VLT) in Einzelaufstellung ersetzt werden. Außerhalb der Spielbanken der Casinos Austria AG sollen Geldspielautomaten nur noch in Automatensalons eines neuen Alleinkonzessionärs zugelassen sein.
In Zukunft soll es in Österreich
§ ca. 1.800 Vollautomaten (inkl. Jackpots) in den Spielbanken des Konzessionärs des BMF, der Casinos Austria
§ ca. 6.000 Automaten (ohne Jackpots) ausschließlich in Automatensalons des neuen Konzessionärs des BMF
§ ca. 5.000 VLT, davon ca. 1.250 in Outlets, der Rest in Einzelaufstellung, betrieben vom Konzessionär des BMF, den Österreichischen Lotterien
§ keine illegalen Automaten
geben.
Der Betrieb soll auf drei Konzessionäre beschränkt sein: auf die bereits genannten Casinos Austria für Spielbanken, die Österreichischen Lotterien für VLT und einen im Wege einer EU-weiten Ausschreibung zu findenden Alleinkonzessionär für Automatensalons. Die Rückführung ins Monopol soll nach norwegischem Modell erfolgen. Die Konzession für den Betrieb der Automatensalons soll für 15 Jahre vergeben werden, auch um exzessiven – im Sinne des Spielerschutzes schädlichen - Wettbewerb zu vermeiden. Die politische Entscheidung für einen Alleinkonzessionär bringe Spielerschutz durch Vernetzung und Anbindung an ein Datenrechenzentrum. Das verfassungsrechtliche Problem des Eingriffes in landesrechtlich erteilte Konzessionen werde durch die Übergangsfrist von 5 Jahren im Sinne eines „fading in, fading out“ gelöst.
Nicht nur die in Salons betriebenen Automaten, auch die VLT müssen mit einem Datenrechenzentrum vernetzt sein. Das Einsatzlimit in Automatensalons und VLT-Outlets soll € 10 betragen, bei Einzelaufstellung € 5. Durch eine entsprechend ausgestattete Zutrittskarte und ein Lesegerät an Automat bzw. VLT soll die Einhaltung einer maximalen Tagesspieldauer gewährleistet werden.
Derzeit finde ein „massiver Wettbewerb zu Lasten der Casinos Austria AG“ statt; diese müsse daher entlastet werden, auch im Hinblick auf den kommenden starken Automatenkonzessionär. Daher werde die (derzeit im Durchschnitt bei 37 % liegende) Spielbankabgabe auf 30 % gesenkt. Die neue Bundesautomatensteuer und die VLT-Abgabe für Outlets werde mit 25 % gleich hoch angesetzt. Die VLT-Abgabe für einzeln aufgestellte VLT werde mit 20 % fixiert. Es erfolge eine unveränderte Übernahme der Wettgebühr ins Glücksspielgesetz als Lotterienabgabe, zusätzlich würden illegale Anbieter einbezogen. Für die Konzessionäre dürften keine Landesabgaben festgesetzt werden. Als „Ausgleich“ für die entfallenden Landes- und Gemeindeabgaben sollen Länder und Gemeinden Anteile an der – als gemeinschaftliche Bundesabgabe – konzipierten Bundesautomatensteuer erhalten. Näheres soll ab 3.12.2008 in einer Arbeitsgruppe mit Beteiligung von Ländern, Städte- und Gemeindebund festgelegt werden.
Als wesentlichste Aspekte der Novelle wurden EU-Konformität, Jugend- und Spielerschutz ins Treffen geführt. Unter diesen Gesichtspunkten soll das Glücksspiel reformiert und der Markt des bisherigen „kleinen Glücksspiels“ (derzeitiger Höchsteinsatz 50 Cent) neu aufgeteilt werden. In Kärnten sollen 250 VLT bestehen, davon 150 in Outlets, 100 in Einzelaufstellung. Daneben könnten maximal 300 Automaten in Salons aufgestellt werden. Allerdings dürfte diese Zahl schon aufgrund der vorgegebenen Begrenzung des gesamtösterreichischen Bestandes mit 6.000 Automaten außerhalb der Spielbanken und der Wahrscheinlichkeit der Gründung von Automatensalons in bisherigen Verbotsländern nicht erreicht werden.
Damit würden 250 VLT und max. 300 Automaten in Salons an die Stelle von derzeit 829 Automaten außerhalb des Casinos treten. Dazu kommt, dass die Bewilligungen zum Betrieb von Geldspielapparaten nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997 auf ein Jahr befristet wurden. Die vorliegende Novelle sieht vor, dass ab ihrer Kundmachung keine neuen landesrechtlichen Bewilligungen mehr erteilt werden dürfen. Damit würden in Kärnten innerhalb eines Jahres sämtliche Bewilligungen wegfallen, ohne dass ein adäquater Ersatz da wäre, um die bestehende Nachfrage zu befriedigen. Umgekehrt steht zu befürchten, dass die vorhandenen Geräte nicht verschrottet sondern in der Illegalität weiter eingesetzt werden. Daraus und aus der völlig unbefriedigenden Neuregelung der Behördenzuständigkeit, die den Ländern wesentlichen Mehraufwand zuweist, ergibt sich ein vervielfachter Verwaltungsaufwand, der in der fachlichen Stellungnahme des Landes Kärnten näher dargestellt wird und Mehrkosten von € 1.194.188 auslöst.
In dieser Situation sieht sich das Land Kärnten gezwungen, den Konsultationsmechanismus auszulösen. Die Konsultationsmechanismus-Auslösung gründet sich nicht auf die massiven Abgabenausfälle, deren Höhe sich erst konkretisieren und Gegenstand von Verhandlungen nach § 6 FAG 2008 sein soll, nachdem abgabenrechtliche Maßnahmen nach ihrem Art. 6 nicht der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, unterliegen. Das Verlangen nach Aufnahme von Verhandlungen im Konsultationsgremium stützt sich vielmehr auf die Mehrkosten, die dem Land Kärnten aus dem Vollzug der Novelle entstünden, wenn sie in dieser Form Gesetz würde. Die Novelle lässt finanzielle Erläuterungen (insbesondere) zu diesem Aspekt vermissen. Die finanziellen Erläuterungen genügen nicht den Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen gemäß § 14 Abs. 5 des Bundeshaushaltsgesetzes.
Für den Fall, dass die jährlichen finanziellen Auswirkungen bei einem Vorhaben des Bundes 0,1 v. T. der Ertragsanteile aller Länder und Gemeinden gemäß Bundesvoranschlag des laufenden Jahres nicht überschreiten, bleibt es gemäß Art. 4 Abs. 5 der Konsultationsmechanismus-Vereinbarung bei den bestehenden Regelungen über die Kostentragung. Der Schwellenwert beträgt (für die Länder insgesamt) derzeit € 1.569.550. Kritik am Vorgehen des Bundes bei der Umsetzung der geplanten Glücksspiel-Reform wurde im Rahmen der Besprechung der Finanzausgleichspartner auf Beamtenebene am 20.11.2008 von allen Ländern geäußert. Auch Bedenken gegenüber der aufgezeigten Vollzugskostenbelastung wurden nicht nur von Seiten des Landes Kärnten vorgebracht, sodass davon auszugehen ist, dass die Summe der Mehrkosten aller Länder den Schwellenwert übersteigt.
Daher erlaubt sich das Land Kärnten, die Aufnahme von Verhandlungen im Konsultationsgremium über die ihm bei Gesetzwerdung des Entwurfes entstehenden finanziellen Belastungen zu fordern. Weitere Äußerungen des Landes Kärnten, insbesondere zur abgabenrechtlichen Seite der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, werden im Rahmen der zu führenden § 6 FAG-Verhandlungen erfolgen. An dieser Stelle sei nur darauf hingewiesen, dass die Glücksspielgesetz-Novelle 2008 die Jugendwohlfahrt und die Suchtbekämpfung in Kärnten um eine (auf Grund des für 2008 zu erwartenden Aufkommens) jährliche Finanzierung von rd. € 7 Mio. aus dem Ertrag der Landes-Vergnügungssteuer bringen würde.
Für die Kärntner Landesregierung:
Der Landeshauptmann:
Gerhard Dörfler
Nachrichtlich an:
die Verbindungsstelle der Bundesländer
alle Ämter der Landesregierungen
das Präsidium des Nationalrates