An die Präsidentin des Nationalrates

Dr. Barbara PRAMMER

 

Dr. Karl-Renner-Ring 3

A-1017 Wien

 

 

 

 

GZ: BMSK-90170/0006-III/4/2009

Wien, 19.1.2009

 

 

 

 

 

Betreff:               Stellungnahme des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz zum Nachtrag - Entwurf eines Glücksspielgesetzes

 

 

Die Novelle zum Glücksspielgesetz verfolgt laut Entwurfbegründung ua. den Zweck, den Spielerschutz zu erweitern. Insoweit ist seitens der Sektion III/4 vorrangig auf einen wesentlichen Schwachpunkt des geltenden GSpG – die Haftungsregelungen in § 25 Abs 3 GSpG -  dem der Entwurf in keiner Weise Rechnung trägt – einzugehen.

 

Vorangestellt sei, dass die Haftungsregelung des § 25 Abs 3 GSpG – die ua. Im Satz 7 eine Präklusivfrist von 6 Monaten für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen (Spielverlust) vorsieht– ohne Durchführung eines Begutachtungsverfahrens mit BGBl 105/2005 erst in der 2. Lesung des NR eingeführt wurde.

Das BMSK hat daher dazu nie Gelegenheit gehabt Stellung zu nehmen.

Die Vorgängerbestimmung § 25 (3) GSpG BGBl I 2003/71 etablierte den Schadenersatzanspruch, sah jedoch keine Sonderfrist vor.

 

Diese Verjährungsregelung des Satzes § 25 (3) Satz 7 hat der VfGH mit Erkenntnis vom 25.9.2008 (G 162/07) als gleichsheitswidrig aufgehoben. Insoweit ist befremdlich, dass der Entwurf keine Neuregelung vorschlägt.

 

Das BMSK fordert daher, ganz generell – und somit auch, aber nicht nur hinsichtlich der Präklusivfrist – das Haftungsregime des ABGB für anwendbar zur erklären.

 

Dies umso mehr, als den Erläuterungen zur aktuellen Regelung des § 25 (3) GSpG  zu entnehmen ist, dass die Regelung als Sonderbestimmung zu den Haftungsregeln des ABGB zu verstehen ist. Es handle sich um eine Verbraucherschutzvorschrift, die als solche nicht im ABGB, sondern - ähnlich wie die allg. Verbraucherschutzvorschriften im KSchG - nun im GSpG verankert werden soll.

 

Das GSpG ist nach der Judikatur des OGH als Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB zu qualifizieren. Verstöße rechtfertigen einen Schadenersatzanspruch. Die allgemeine Frist im ABGB für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen beträgt

3 Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Das Konsumentenschutzgesetz sieht vor, dass vertraglich Schadenersatzansprüche nur für den Fall leicht fahrlässiger Schadenszufügung beschränkt werden können (dazu zählt auch eine Verkürzung der Verjährungsfrist für die gerichtliche Geltendmachung).

 

Dies bedeutet, dass der (aufgehobene) § 25 (3) GSpG – trotz seiner Qualifizierung als Spielerschutzgesetz - gesetzlich eine Regelung vorsieht, die vertraglich sittenwidrig wäre.

 

Das BMSK plädiert dafür, die im ABGB verankerte Verjährungsfrist von

3 Jahren für die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im GSpG zu etablieren bzw. auf das ABGB zu verweisen.

 

§ 25 (3) GSpG sieht als weitere Abweichung vom Haftungsregime des ABGB eine Haftung der Spielbankleitung nur für den Fall groben Verschuldens vor. Angesichts der Tatsache, dass Verstöße gegen gesetzlich normierte Spielerschutzvorschriften Haftungsgrundlage sind, ist diese Haftungsprivilegierung vom Standpunkt des Verbraucherschutzes nicht nachvollziehbar.

 

Das BMSK fordert daher, die Haftung bei jedem Verschuldensgrad im GSpG vorzusehen und darüber hinaus eine vertragliche Haftungsbeschränkung – wie sie grundsätzlich gem. § 6 (1) 9 KSchG zulässig ist – für unwirksam zu erklären. In diesem Zusammenhang ist auf das besondere Ungleichgewicht zwischen den Parteien eines Glücksspielvertrages hinzuweisen und auf die Judikatur des OGH vom 19.11.2002 4 Ob 179/02f, der zufolge der vertragliche Haftungsausschluss auch für leichtes Verschulden sittenwidrig ist.

 

Als weitere Abweichung vom Haftungsregime des ABGB sieht § 25 (3) GSpG eine betragsmäßige Beschränkung dahingehend vor, dass die Schadenersatzpflicht erst greift, wenn dem Spieler aufgrund der Verluste nicht einmal mehr das Existenzminimum zur Verfügung steht und nur die Differenz zwischen Existenzminimum und tatsächlicher Leistungsfähigkeit zu ersetzen ist.

Zusammengefasst sind damit nur existenzbedrohende Verluste ersatzfähig und hier wiederum nur bei grob schuldhafter Verletzung von Schuldnerschutzbestimmungen durch die Spielbankleitung.

Dieses (geltende) gesetzliche Haftungsprivileg wird seitens des BMSK als absolut verbraucherfeindliche Abweichung vom Haftungsregime des ABGB abgelehnt und gefordert, diese betragsmäßige Beschränkung ersatzlos aufzuheben.

 

Zu § 52 Abs 1 Z. 10:

 

Das Verbot für Kreditinstitute, Vermögensleistungen an Anbieter verbotener Ausspielungen weiterzuleiten, ist zu begrüßen.

 

 

 

 

Zu § 56 Abs 1:

 

§ 56 des GlücksspielG ist bedauerlicherweise nicht Gegenstand der Novelle. Der 2. und 3. Satz des § 56 Abs 1 wurde mit Abänderungsantrag zur letzten Novelle von Juli 2008 eingefügt.

 

§ 56 Abs 1 lautet:

 

§ 56. (1) Die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren

Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren.

 

Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Maßstabes ist ausschließlich im Aufsichtswege durch

den Bundesminister für Finanzen zu überwachen und nicht dem Klagswege nach §§ 1 ff UWG

zugänglich. Abs. 1 Satz 1 stellt kein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB dar

 

Das BMSK sieht den Ausschluss der Anwendung des UWG auf Konzessionäre und Bewilligungsinhaber als sachlich keineswegs gerechtfertigt an und weist darauf hin, dass dies uE auch im Widerspruch zur EG RL 29/2005/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht. Diese gilt uneingeschränkt für jene, die im geschäftlichen Verkehr bzw. gegenüber Verbrauchern in unlauterer Weise tätig werden. Satz 2 und 3 des § 56 Abs 1 ist daher uE eine unzulässige Einschränkung der Umsetzung der Richtlinie.

 

Es wird daher dafür plädiert, in Satz 2 die Worte „ausschließlich“ sowie „und nicht dem Klagswege nach §§ 1 ff UWG zugänglich“ sowie den 3. Satz ersatzlos zu streichen.

 

 

 

Zur Vertriebsmethode „Hausverlosung“:

Der in Österreich neuartige Veräußerungsvorgang eines Hauses durch Verlosung

Ist nach der Rechtsansicht des BMF unter der Voraussetzung, dass es sich um eine einmalige Ausspielung einer Privatperson handelt, glücksspielrechtlich für zulässig erachtet.

Wie den Medienberichten zu entnehmen ist, hat diese Vertriebsmethode in Österreich bereits zahlreiche Nachahmungen gefunden. Die Notariatskammer hat in einer Aussendung auf Rechtsunsicherheiten iZm der Verwirklichung eines Straftatbestandes nach dem STGB verwiesen und rät von der Teilnahme an Verlosungen daher ab. Die AK verweist auf mögliche negative „Überraschungen“ im Zuge eines Erwerbes (www.meingrundstuck.at).

Das BMSK erachtet es als nicht erstrebenswert, dass diese Vertriebsmethode Schule macht, und plädiert daher dafür, das Glücksspielgesetz derart zu ändern, dass auch die einmalige Verlosung durch Privatpersonen unter das GlücksspielG fällt und ohne Genehmigung nicht zulässig ist.

In Großbritannien, woher angeblich diese Geschäftsidee stammt, ist diese Methode mittlerweile verboten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

 

 

 

Elektronisch gefertigt.