Bundeskanzleramt

Herrn Dr. Michael Fruhmann

 

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

Rechtsabteilung

Kontakt: Dr. STO/BM

Schottenring 30, 1010 Wien

Telefon: +43 (0)1 53123-73943

Fax:       +43 (0)1 53123-73997

Ilse.stockinger@wienerstadtwerke.at

Datum: 9. Juni 2009

HOZ:     

     

 

 

                     


 

Per Mail:        v@bka.gv.at

                 begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

Stellungnahme zum Entwurf BVergG-Novelle 2009

Aussendung zur 2. Begutachtung

 

 

Sehr geehrter Herr Doktor Fruhmann!         
Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zum oben genannten Gesetzesentwurf nehmen die WIENER STADTWERKE  wie folgt Stellung:

1.      Grundsätzlich

Grundsätzlich dürfen wir positiv anmerken, dass maßgebliche Bedenken zu einigen Regelungen des Erstentwurfes im nunmehrigen Gesetzesentwurf berücksichtigt sind (wie insbesondere zu den Themen Subvergabe; Antragslegitimation von Interessensvertretungen; Signatur).

2.      Harmonisierung „PSO-Verordnung“

Nach wie vor unberücksichtigt geblieben ist aber, dass die allgemeinen Regelungen zu den Dienstleistungskonzessionen der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2007 (Regelungen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße getroffen - sogenannte „PSO-VO“) entgegenstehen.

Aus unserer Sicht regelt die PSO-VO mit Spezialbestimmungen „Sondervergaberecht“ für  Teile des  Verkehrsbereiches. Der Europäische Gesetzgeber hat bewusst neben dem allgemeinen vergaberechtlichen Richtlinien-Vorgaben mit der PSO-VO Sondervergaberegime – insbesondere für Dienstleistungskonzessionen -  geschaffen:

Art 5 Abs 2 – Vergabe an internen Betreiber

Art 5 Abs 4 – Vergabe für Bus, Straßenbahn; U-Bahn (Schwellenwerte)

Art 5 Abs 5 – Vergabe für Notmaßnahmen

Art 5 Abs 6 – Vergaben im Eisenbahnverkehr.

 


 

Um diesem Sondervergaberegime des PSO-Bereiches zum Durchbruch zu verhelfen, muss eine Klarstellung insofern erfolgen, als innerstaatlich keine Regelung einer Untersagung dieses Sonderregimes gleichkommt.

Aus unserer Sicht ist auch kein Grund erkennbar, warum das Sondervergaberegime der PSO-VO nicht zur Anwendung gelangen und dem allgemeinen Vergaberecht weichen sollte.

Einer klarstellenden Harmonisierung der unterschiedlichen Vergaberegelungen steht daher auch nichts entgegen.

Eine Klarstellung könnte daher durch Regelungen wie folgt aussehen:

§ 11: […] Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionsverträgen in einem formfreien Verfahren unmittelbar an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur zulässig, sofern der geschätzte Leistungswert 40.000 Euro ohne Umsatzsteuer nicht übersteigt. Die Anwendung des Art. 5 Abs.2, Abs.4 bis Abs. 6 der VO (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates bleibt davon unberührt.

 

§ 141 (3) bzw. § 280 (3): Die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen in einem formfreien Verfahren an einen ausgewählten Unternehmer (Direktvergabe) ist nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von 40.000/60.000 Euro zulässig. Die Anwendung des Art. 5 Abs.2, Abs.4 bis Abs. 6 der VO (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates bleibt davon unberührt.

 

Eine fehlende Klarstellung bedeutet für uns Rechtsunsicherheit in einem Kernbereich unserer Dienstleistungen. Eine fehlende Vorrangstellung der PSO-VO bedeutet für uns eine nicht nachvollziehbare Einschränkung der Möglichkeiten, die das Gemeinschaftsrecht bietet.

3.      § 119 Entgegennahme der Angebote

Bei der Überarbeitung der ONR 12050 hat sich gezeigt, dass es für den Bieter keinen Sinn macht, bei der Angebotsabgabe die „Serverzeit“ anzuzweifeln. Für ihn ist daher lediglich die Eingangsbestätigung (vollständiger erfolgter Upload) relevant. Der Zeitstempel hat aus Bietersicht nur sekundäre Bedeutung. Unseres Erachtens sollte daher § 119 Abs. 1 wie folgt lauten:

 

§ 119. (1) Bei elektronisch übermittelten Angeboten ist der Zeitpunkt des Einganges des Angebotes eines Bieters dem jeweiligen Bieter unverzüglich zu bestätigen und durch einen Zeitstempel zu dokumentieren  . Die Zeit des Zeitstempels ist

bei interaktiven Vergabeverfahrenslösungen interaktiv lesbar zu machen. Alle Angebote sind in der Reihenfolge ihres Einlangens in ein Verzeichnis einzutragen.

 

4.      § 334 Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen

Für den Unterschwellenbereich sollte eine Klarstellung erfolgen (z.B. in den Erläuternden Bemerkungen), dass ein Verfahren, an welchen mehrere Bieter beteiligt waren, keinesfalls als offenkundig unzulässig qualifiziert werden kann. Weiters sollte im Unterschwellenbereich die Geldbuße prozentual herabgesetzt werden (z.B. 10%) sowie auch eine Deckelung mit einem Absolut-Betrag eingezogen werden.

 

 

Wir ersuchen, die aufgeworfenen Themen entsprechend bei der anstehenden Novelle zu berücksichtigen.

Für eine weiterführende Diskussion stehen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen
WIENER STADTWERKE Holding AG

 

 

Dr Ilse Stockinger e.h.

Rechtsabteilung