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Wien, am 10. Juni 2009

Zl. B,K-026/100609/DR,AR

 

 

GZ: BKA-600.883/0046-V/8/2009

 

 

Betreff: BG, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird (BVergG-Novelle 2009), Aussendung zur 2. Begutachtung

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

Allgemeine Bedenken zur Rechtssicherheit

Obwohl eine Vielzahl von Änderungen auf EU-rechtlichen Grundlagen basieren, muss erneut darauf hingewiesen werden, dass das Staccato der Novellierungen des Bundesvergabegesetzes für die Anwender auf der Seite der Auftraggeber wie auch der Bieter kaum mehr nachvollziehbar ist.

Wir appellieren daher an dieser Stelle zum wiederholten Male an den Bund, dass er auch dies auf EU-Ebene deutlich machen möge, um diese ständige Verunsicherung der Praxis zu verhindern. Änderungen dürfen aus Gründen der Rechtssicherheit in künftig nur in angemesseneren Zeiträumen vorgenommen werden. Dies könnte auf EU-Ebene sehr leicht durch eine einfache Verlängerung der Umsetzungsfristen der jeweiligen Richtlinie erreicht werden.

Zum Entwurf selbst:

1. Änderung der Erbringung von Nachweisen durch Unternehmen:

Aus unserer Sicht ist es vorerst zu bezweifeln, ob die verfolgte Zielsetzung, nämlich dass den Unternehmen durch Erleichterungen bei der Erbringung von Nachweisen Kosten erspart werden sollen, auch tatsächlich entsprechend erreicht wird. Dies deshalb, da die Berechnung der Ersparnis an Zeit und Aufwand in Summe erfolgt. Betrachtet man jedoch ein kleines oder mittleres Unternehmen, so wird man feststellen, dass durch die Reduktion der Nachweispflichten im Einzelfall wenn überhaupt, dann nur eine vernachlässigbare Einsparung von Zeit und Aufwand erzielt werden kann. Im Gegenteil: Durch die neuerliche Änderung der diesbezüglichen Bestimmungen wird es möglicherweise zu einer zusätzlichen Verunsicherung gerade der Klein- und Kleinstunternehmen kommen. Wir stehen dieser Änderung im Bereich der Erbringung von Nachweisen daher grundsätzlich skeptisch gegenüber. Hinzuweisen ist auch darauf, dass nach der angedachten Regelung die entsprechenden Feststellungen des Auftraggebers auch noch unmittelbar vor Zuschlagserteilung getroffen werden können. Dies führt in der Praxis dazu, dass diese im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidungen noch gar nicht getroffen sein könnten. Sollte daher ein Mitbewerber die Eignung des Unternehmens, das den Zuschlag erhalten soll, bezweifeln, liege hier schon vom System her eine Lücke vor.

In Zukunft soll außerdem der Nachweis durch die sogenannte Eigenerklärung des Unternehmers ersetzt werden. Im Bundesvergabegesetz ist diesbezüglich soweit wir sehen überhaupt nicht geregelt, welche Konsequenzen eine falsche Eigenerklärung nach sich zieht. Zu kritisieren ist weiters die im Entwurf vorgesehene Begründungspflicht für die Anforderung bestimmter Nachweise. Positiv erscheint die Möglichkeit, dass der Auftraggeber von Unternehmen, mit denen er ständig zusammenarbeitet, in Zukunft keinerlei Nachweise mehr anfordern muss.

2. Thematik der beruflichen Qualifikation:

Hier sehen wir insofern ein Problem, als die Konstruktion im Hinblick auf die Neuregelungen in der Gewerbeordnung hinsichtlich von Unternehmern aus dem EU/EWR-Ausland in Summe dahin gehen, dass auch sensible Gewerbe (also z.B. ein Sprengmeister) nur mehr im Rahmen eines entsprechenden Anzeigeverfahrens beim zuständigen Ministerium um ihre Zulassung ansuchen müssen. Erfolgt innerhalb von zwei Monaten keine Reaktion, ist davon auszugehen, dass der ausländische Unternehmer befugt ist. Hier stellt sich die Problematik, dass der Auftraggeber de facto nicht in der Lage ist, derartige Qualifikationen ausländischer Unternehmen zu kontrollieren.

Es ist daher unbedingt zu fordern, dass die Liste der Gewerbe gem. § 373a Gewerbeordnung in einer verbindlichen, aktuellen und vollständigen Art und Weise auf der Homepage des BMWFJ verfügbar gemacht wird. Ansonsten wäre diese Liste von vornherein sinnlos.

3. Elektronisches Vergabeverfahren:

Zum nächsten Bereich mit dem sich die Novelle auseinandersetzt, nämlich der Unterstützung des weitestgehend elektronischen Vergabeverfahrens aus unserer Sicht nur der Hinweis, dass die Übermittlung von Angeboten auf elektronischem Weg nur dann zulässig ist, wenn diese mit einer sicheren elektronischen Signatur unterfertigt worden sind. Aufgrund der Tatsache, dass die sichere elektronische Signatur nach wie vor kaum verbreitet ist, wird auch in weiterer Zukunft wohl nach wie vor der postalische oder persönliche Übermittlungsweg vorherrschen.

4. KMU-Förderung:

Zur im Entwurf vorgesehenen KMU-Förderung weisen wir darauf hin, dass es in den letzten Jahren zu einer „Überfrachtung“ des Vergaberechts gekommen ist. Neben der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, soll der Auftraggeber im Rahmen des Vergaberechts auch andere Aspekte wie z.B. Ökologie etc. beachten. Es erscheint gerade aus Sicht kleinerer Gemeinden problematisch, in diesem ohnehin komplexen und komplizierten Rechtsgebiet zusätzliche Ausschreibungskriterien zu definieren, um letztlich beschaffungsfremde Zielsetzungen zu fördern. Aus unserer Sicht wäre eine Anhebung der Direktbeschaffungsgrenze der beste Weg um kleine und mittlere Unternehmen in der jeweiligen Region zu unterstützen.

5. Fristen:

Hinsichtlich der im Entwurf vorgesehen Neuregelung der Präklusions- und Stillhaltefrist fordern wir, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Untergrenzen zu Grunde gelegt werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Hink e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Robert Hink

Bgm. Helmut Mödlhammer