Amt der Tiroler Landesregierung

 

 

Verfassungsdienst

 


Dr. Walter Hacksteiner

 

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Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird;

Stellungnahme

Geschäftszahl

Innsbruck,

Präs.II-623/596
09.06.2009

 

 

Zu Zl. BKA-600.883/0046-V/8/2009 vom 11. Mai 2009

 

Zum angeführten Gesetzentwurf wird ergänzend zu den ha. Stellungnahmen vom 28.07.2008, Präs.II-623/558, sowie vom 04.12.2008, Präs.II-623/578, folgende ergänzende Stellungnahme abgegeben:

 

Zu Z. 19 (§ 70):

Die unterhalb der Subschwellenwerte vorgesehene Begründungspflicht für den Auftraggeber, wenn er vom präsumtiven Zuschlagsempfänger die Vorlage von Eignungsnachweisen verlangt, ist entfallen. Gegen den neu gefassten Abs. 3, wonach der Auftraggeber die Vorlage bestimmter Nachweise von Bewerbern oder Bietern verlangen kann, wenn dies nach Auffassung des Auftraggebers im Einzelfall erforderlich ist, bestehen keine Einwände. Auch in den Abs. 6 und 7 wird nun klargestellt, dass die Erbringung von Eignungsnachweisen mittels Katasterdienst vom Auftraggeber nur dann akzeptiert werden muss, wenn dieser bereits Mitglied bzw. Kunde des Katasterdienstes ist. Damit wurde den in den eingangs angeführten ha. Stellungnahmen vorgebrachten Bedenken weitgehend Rechnung getragen. Es wird jedoch angesichts des in Vergabeverfahren regelmäßig bestehenden erheblichen Zeitdrucks angeregt, in der erforderlichen Deutlichkeit klarzustellen, dass Eignungsnachweise bei Bedarf auch kurzfristig unmittelbar vom Unternehmen gefordert werden können.

 

 

Zu Z. 24a (§ 83):

Die ursprünglich im Rahmen der Subvergabe vorgesehene Verpflichtung zur Weitergabe eines bestimmten Mindestsatzes an kleinere und mittlere Unternehmen ist im gegenständlichen Entwurf im Einklang mit der in der ha. Stellungnahme vom 04.12.2008, Präs.II-623/578, erhobenen Forderung nicht mehr enthalten. Dies wird ausdrücklich begrüßt, da der Zweck dieser Regelung, die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen an Vergabeverfahren zu fördern, nach ha. Auffassung aufgrund der realen wirtschaftlichen Gegebenheiten mit einer derartigen Regelung nicht erreichbar scheint.

 

 

Zur Umsetzung der Richtlinie 2007/66/EG betreffend die Verbesserung der Wirksamkeit von Nachprüfungsverfahren:

Die zur Umsetzung der Richtlinie 2007/66/EG im 4. Teil des Bundesvergabegesetzes 2006 vorgeschlagenen Regelungen betreffen Angelegenheiten der Nachprüfung und somit zunächst nur öffentliche Auftraggeber im Bundesbereich.

 

Es wird allerdings auf den Beschluss der Landesamtsdirektorenkonferenz vom 16.04.2009 hingewiesen, in dem der Bund ersucht wird, bei der Ausarbeitung der Regierungsvorlage für eine BVergG-Novelle 2009 die Richtlinie 2007/66/EG nur im Oberschwellenbereich umzusetzen und Verschärfungen des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich nur im verfassungsrechtlich gebotenen Umfang vorzunehmen. Diese Maxime soll auch für die anstehende Novellierung der Vergaberechtsschutzgesetze der Länder gelten.

 

Nun soll im Oberschwellenbereich der Anwendungsbereich der Nichtigkeit als Folge eines Feststellungsbescheides der Vergabekontrollbehörde wesentlich erweitert werden (§ 312 Abs. 3 Z. 3 bis 7 in der Fassung der Z. 73 des Entwurfes).

 

Dieser erweiterte Anwendungsbereich soll auch auf den Unterschwellenbereich ausgedehnt werden (siehe dazu § 334 Abs. 5 bis 8 i.d.F. der Z. 81). Im Unterschied zum Oberschwellenbereich würde eine Feststellung nach § 312 Abs. 3 Z. 3 bis 5 aber nur dann zur Nichtigerklärung des Vertrages durch das Bundesvergabeamt führen, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund des Gesetzes „offenkundig unzulässig“ war (§ 334 Abs. 5).

 

Zum erweiterten Anwendungsbereich der Nichtigkeitsfolgen wird im Detail ausgeführt:

Das Konzept der absoluten Nichtigkeit wird sowohl für den Fall der Missachtung der Stillhaltefrist (§ 132 Abs. 1) als auch für den Fall der Missachtung des Suspensiveffekts bei einstweiligen Verfügungen (§ 328 Abs. 5 Z. 1) unverändert beibehalten.

 

Im Fall des Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung soll jedoch künftig das Bundesvergabeamt darüber entscheiden, ob das Unterbleiben der Mitteilung rechtswidrig war (§ 312 Abs. 3 Z. 4). Nachdem ein Verstoß gegen die Pflicht zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung schon bisher mit (absoluter) Nichtigkeit bedroht war (§132 Abs. 2), bestehen gegen diese auch im Unterschwellenbereich geltende Neuregelung keine Bedenken.

 

Anders verhält es sich bei der vorgeschlagenen Änderung des § 132 Abs. 3 (Z. 41). Nach dieser Bestimmung war die Zuschlagserteilung bisher nur dann mit Nichtigkeit bedroht, wenn diese direkt an einen Unternehmer erfolgte, ohne dass andere Unternehmer an diesem Vergabeverfahren beteiligt waren und wenn dies aufgrund der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes offenkundig unzulässig war.

 

Nach der vorgeschlagenen Fassung des § 312 Abs. 3 Z. 3 soll künftig das Bundesvergabeamt zur Feststellung zuständig sein, ob ein Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde. Im Anschluss an eine solche Feststellung wird der angefochtene Vertrag nach § 334 Abs. 5 auch im Unterschwellenbereich für absolut nichtig zu erklären sein, wenn die festgestellte Vorgangsweise offenkundig unzulässig war.

 

Von dieser Bestimmung wären also nicht nur die gravierendsten Verstöße gegen das BVergG 2006 (unzulässige Direktvergaben und unzulässige Vergabeverfahren mit nur einem Unternehmen) erfasst, sondern auch solche Verfahren, an denen von vorne herein mehrere Unternehmen zu beteiligen sind (z.B. nicht offene Verfahren oder Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung).

 

Nachdem die Richtlinie 2007/66/EG nur im Oberschwellenbereich umzusetzen ist, wird diese umfangreiche Erweiterung des Anwendungsbereiches der Nichtigkeit als Folge eines Feststellungsbescheides der Vergabekontrollbehörde auch im Unterschwellenbereich als überschießend angesehen und daher abgelehnt. Die Einschränkung auf „offenkundige“ Verstöße scheint insbesondere im Hinblick auf die Frage der Wahl des (richtigen) Vergabeverfahrens nicht geeignet, den Anwendungsbereich dieser Nichtigkeitsfolge ausreichend einzuschränken.

 

Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19.06.2006, B 3378/05, ist die Zuständigkeit der Vergabekontrollbehörden ausschließlich nach nationalem und nicht nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilen und bestehen keine Bedenken gegen die Beschränkung des Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich auf die (bloße) Feststellung der Rechtswidrigkeit und Schadenersatz.

 

Es scheint daher mit dem Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG durchaus vereinbar, wenn der Anwendungsbereich der Nichtigkeit im Unterschwellenbereich wie bisher auf jene gravierenden Fälle beschränkt bleibt, in denen die Zuschlagserteilung in offenkundig unzulässiger Weise direkt an einen Unternehmer erfolgt, ohne dass andere Unternehmer am Vergabeverfahren beteiligt waren.

 

Dies gilt sinngemäß auch für die im Entwurf vorgesehene Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes nach § 312 Abs. 3 Z. 5, die nach § 334 Abs. 5 ebenfalls auf den Unterschwellenbereich ausgedehnt wird.

 

 

Zu sonstigen in den Vorentwürfen vorgeschlagenen Bestimmungen:

Die in der ha. Stellungnahme vom 04.12.2008, Präs.II-623/578, angeregte Beibehaltung der Mitteilungspflicht nach § 106 Abs. 6, die nach dem zu Zl. BKA-600.883/0044-V/8/2008 vom 23. Oktober 2008 übermittelten Entwurf ursprünglich entfallen hätte sollen, wird begrüßt.

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird unter einem auch dem Präsidium des Nationalrates über­mittelt.

 

 

Für die Landesregierung:



Dr. Liener
Landesamtsdirektor