Von

Ing. Michael Zwingl

In der Baunzen 5A

A-3002 Purkersdorf

 

elektronisch übermittelt an:

An das

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) Sektion III, Abteilung PT 2 Ghegastraße 1 A-1030 Wien

(jd@bmvit.gv.at)

und das Österreichische Parlament mailto:begutachtung@parlament.gv.at

 

Betrifft:

Stellungnahme zum Entwurf BMVIT-630.333/0001-III/PT2/2009 Novelle des TKG 2003 zur Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung 2006/24/EG

 

Zum Ministerialentwurf 117/ME (XXIV. GP) Änderung des TKG 2003 nehme ich mit dringendem Ersuchen um Kenntnisnahme und Berücksichtigung wie folgt

Stellung:

Die verdachtsunabhängige Speicherung von Kommunikationsdaten aller Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste stellt einen massiven Eingriff in die Grundrechte dar.

Es verletzt nicht nur die Privatsphäre unbescholtener Bürger sondern verletzt auch das Fernmeldegeheimnis § 93 TKG und Art. 10a StGG.

Das Fernmeldegeheimnis umfasst sowohl

Kommunikationsinhalte als auch die Tatsache, ob eine Kommunikation stattgefunden hat, also Verkehrsdaten, und erlaubt Eingriffe nur bei richterlicher Genehmigung.

Das Kommunikationsgeheimnis

führt das Fernmeldegeheimnis weiter aus und verbietet das Mithören, Abhören, Aufzeichnen, Abfangen und sonstige Überwachen von Nachrichten und der damit verbundenen Verkehrs- und Standortdaten, wenn nicht eine Einwilligung aller beteiligten Benutzer, eine Genehmigung für eine Fangschaltung oder ein Notruf vorliegen.

 

Freie Meinungsäusserung, Briefgeheimnis und Unschuldsvermutung:

 

Die ständige Protokollierung und anschliessende Kontrolle der Nachrichteninhalte ist immer als Methode eines undemokratischen Staates zu sehen und hat ähnliche Beispiele in der stalinistischen Zeit, der NS-Zeit oder auch der DDR hervorgebracht.

Es ist vergleichbar mit Staats-Terror gegen Terror. Ein auf den Grundwerten der europäischen Aufklärung und Demokratie basierender Staat kann und darf auch in schwierigen Zeiten nicht die Grundrechte brechen.

Staatliche Repressalien, Kontrolle der Gesinnung oder auch einfach nur Nachteile beruflichen Werdegang durch die nachträgliche Beurteilung der gesammelten Daten, eventuell auch nach einem heute unvorstellbarem politischen Machtwechsel sind  gewichtige Argumente gegen das Anlegen einer solchen Datensammlung.

Nicht nur einfache Grundregeln wie das Briefgeheimnis, sondern Fundamente unseres Rechtssystems wie die Unschuldsvermutung wären dadurch völlig aufgehoben.

 

Diese Daten werden darüberhinaus nicht von staatlichen Diensten gesammelt, sondern von privaten, auf Gewinn ausgerichteten Firmen, wodurch die Datensicherheit keinesfalls über Jahre gesichert wäre. Im Gegenteil.: Es ist zu vermuten, dass diese Daten vermarktet und durch die Vernetzung mit anderen Datenstämmen, z.b. durch den Zusammenschluss von Banken, Versicherungen, Krankenanstalten und anderer Unternehmen (Energiewirtschaft,

Verkehr) zu Mega-Konzernen aufgewertet werden oder durch Mitarbeiter veruntreut werden. Der Nutzer hingegen hat de facto keine Kontrolle über die ihn betreffenden Kommunikationsdaten und die auf Basis dieser Daten evtl.

fälschlich gezogenen Schlussfolgerungen über seine Person.

All dies sind Risiken, die nicht kontrollierbar sind und nicht durch das Ausforschen eines kleinen Autodiebes gerechtfertigt werden können.

 

Bekämpfung des organisierten Verbrechens:

 

Gerade jüngste Beispiele in Österreich zeigen, dass der oft zitierte Zweck, die Bekämpfung des organisierten Verbrechens, von Polizei und Staatsanwaltschaft missbräuchlich verwendet wird. Wenn bereits Tierschützer und Umweltaktivisten als "Terrororganisation" behandelt werden, und ohne ordentliches Verfahren ins Gefängnis gesperrt werden, dann kann man diesen Behörden keinerlei weiteres Vertrauen entgegenbringen. Das Problem der fehlenden Begriffsdefinitionen verbietet daher eine Vorratsdatenspeicherung.

 

Fehlende Kontrolle und Wirkungsbereich:

Den weitreichenden Einschränkungen der bürgerlichen Grundrechte durch den vorliegenden Gesetzesentwurf stehen keinerlei wirkungsvolle Kontrollmechanismen gegenüber.Es kommt zu einer Vorverurteilung riesiger Bevölkerungsgruppen unter Umgehung des Prinzips der Gewaltentrennung.

Gleichzeitig bedient sich die Polizei und der Sicherheitsapparat eigener digitaler (privater) Kommunikationsnetze (TETRA) . Konsequenterweise müssten diese Verkehrsdaten inkl. Standortdaten ebenso unter die Vorratsdatenspeicherung fallen und ggfs kontrolliert und ausgewertet werden können.

 

Kosten:

Sämtliche aus der Vorratsdatenspeicherung entstehenden Kosten würden auf den Bürger und Konsumenten abgewälzt werden, was in keinerlei Relation zum erzielten Erfolg stehen würde.

 

In Anbetracht der durch die TKG-Novelle angeordneten massiven und dauerhaften Eingriffe in die Grundrechte fordere ich:

. Keine Vorratsdatenspeicherung in Österreich!

. Keine Vorratsdatenspeicherung in Europa!

. Österreich soll die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umsetzen sondern bekämpfen!

 

Mit freundlichen Grüßen

Michael Zwingl

Purkersdorf