ORF-Redakteursrat | DANIELLE SPERA – EVA ZIEGLER – FRITZ WENDL

                    Fritz Wendl (Vorsitzender)                                                         Tel.: 501 01-18500, e-mail: fritz.wendl@orf.at

 

 

 

 

 

Bundesministerium für

Verkehr, Innovation

und Technologie

zH Fr Dr Eva-Maria Weissenburger

 

Ghegastraße 1 2

1030 Wien

 

 

 

 

 

Wien; 10-01-14

 

 

 

 

Betr.: Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 –

TKG 2003 – geändert wird (Umsetzung der RL Vorratsdatenspeicherung)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der ORF-Redakteursrat  nimmt zu dem im Betreff genannten Gesetzesentwurfs im Namen der ORF-JournalistInnen wie folgt Stellung:

 

 

Die ORF-Journalistinnen und -Journalisten haben gegen die vorgeschlagene Novelle des Telekommunikationsgesetzes schwere, grundsätzliche Bedenken.

 

Durch die geplante Aufzeichnung aller Kommunikations-Daten (Handy- und Festnetz-Telefonate, Internet, e-mail) würde die Arbeit von Journalisten erschwert und zum Teil unmöglich gemacht. Die Freiheit der Presse würde dadurch gefährdet.

 

Die vollständige Protokollierung des Telefon- und SMS-Verkehrs von Journalisten macht Informantenschutz unmöglich und legt im Falle eines Missbrauchs der Daten das gesamte Recherche-Netz offen.

 

Auch wenn Redaktionen besonders geschützt sind, arbeiten viele Journalisten vor allem bei investigativer Recherche mit ihrer privaten email-Adresse und ihrem privatem Handy. Alleine das Wissen, dass Informanten möglicherweise zurückverfolgt werden können, wird viele davon abhalten, mit Journalisten elektronisch zu kommunizieren. 

 

Redaktionen und die gesamte Kommunikation von Journalisten müssen von der Datenspeicherung ausgenommen werden. Ansonsten ist der Schutz journalistischer Quellen und des Redaktionsgeheimnisses nicht mehr gegeben. 

 

 

 

 

 

 

Auch wenn nur die Verkehrsdaten und keine Inhalte der Kommunikation aufgezeichnet werden, ist ein Missbrauch dieser Daten nicht mit Sicherheit auszuschließen. Selbst Banken mit hohen Sicherheits-Standards - wie etwa die Schweizer UBS - sind Opfer von Datendiebstahl geworden. Die Kommunikations-Daten eines Journalisten legen sein gesamtes Informanten-Netzwerk offen. Das gilt es auf jeden Fall zu verhindern.

 

Der vorliegende Entwurf verstößt gegen die europäische Grundrechts-Charta. In Artikel 11 ist die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, sowie die Freiheit der Medien und ihre Pluralität geschützt. Die vorliegende Novelle des Telekommunikations-Gesetzes konterkariert diesen Schutz.

 

Ohne konkreten Verdacht sämtliche Kommunikations-Daten jedes einzelnen Österreichers zu speichern und damit jeden Bürger unter Generalverdacht zu stellen, widerspricht Grundrechten, die von der Verfassung geschützt sind (geschützt sein sollten). 

 

Das Ziel der Novelle - nämlich die Verbrechens- und Terror-Bekämpfung - würde trotz der geplanten massiven Eingriffe in Grundrechte nicht erreicht: Für Kriminelle ist es ein Leichtes, die Datenspeicherung zu umgehen. Anonyme Wertkarten-Handys, Internet-Cafes, Anonymisierungs-Dienste im Internet, Telefonate über Skype, .... Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die Identität zu verschleiern.

 

Bei der Verbrechensbekämpfung würde die Gesetzesnovelle in den meisten Fällen wenig hilfreich sind. Die Aushöhlung der Medienfreiheit würde hingegen zweifellos stattfinden.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

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      Dr. Danielle Spera                Dr. Eva Ziegler                    Fritz Wendl