Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit nehme ich Stellung zum zum Entwurf BMVIT-630.333/0001-III/PT2/2009 zur
Änderung des Telekommunikationsgesetzes TKG 2003 mit dem die Umsetzung der
EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung bezweckt wird.
Es wurde bereits in anderen Stellungnahmen auf die Unvereinbarkeit der
Vorratsdatenspeicherung mit Grund- und Freiheitsrechten hingewiesen. Ich
schließe mich diesen an und insbesondere den Stellungnahmen des AK Vorrat
und der ARGE-Daten.
Durch das vorrätige Erfassen und Speichern sämtlicher Daten aus
Internetverkehr und Telefonie ohne konkreten Verdacht werden alle
BürgerInnen zu verdächtigen Subjekten. Das bedeutet insbesondere eine
Verletzung des Grundrechts auf Privatsphäre (§ 1 DSG 2000, Art. 8
EMRK) und eine Aushebelung der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK)
zugunsten präventivstaatlicher Maßnahmen, deren Grundparadigmen von
Misstrauen und Angst getragen werden. Der Staat führt daher mit der
Vorratsdatenspeicherung eine Kultur des generellen Misstrauens und eine
generelle Verdächtigung seiner BürgerInnen ein. Das für eine
Demokratie essentielle Erfordernis eines ausgewogenen wechselseiten Vertrauensverhältnisses
zwischen BürgerInnen und Staat geriete dadurch völlig aus den Fugen.
Als ein „kleiner Nebeneffekt“ würden alle nationalen
Bemühungen im E-Government, für das Österreich internationale
hohe Reputation genießt, obsolet. Denn wie viel Vertrauen der
Bevölkerung in staatliche Institutionen ist zu erwarten, wenn alle
BürgerInnen nun zu Verdächtigen werden?
Die Kosten dieses Vorhabens sind enorm, und das nicht nur im monetären
Sinne, sondern vor allem im Sinne der Grundfesten einer demokratischen
Gesellschaft.
Ich weiss zwar die Bemühungen durchaus zu schätzen, eine
grundrechtskonforme Vorratsdatenspeicherung anzustreben, die durch die
Beauftragung des Ludwig-Boltzmann Institutes mit dem Gesetzesentwurf für
Menschenrechte signalisiert wurde. Allerdings liegt in diesen Bemühungen
meiner Ansicht nach ein gefährlicher Trugschluss: Ein Vorhaben, das
schlichtweg darauf abzielt, das gesamte Kommunikationsverhalten der
BürgerInnen auf Vorrat und ohne Verdacht zu erfassen, KANN NICHT
GRUNDRECHTSKONFORM REALISIERT WERDEN, wenn demokratische Grund- und
Freiheitsrechte noch eine Bedeutung haben. Von letzterem gehe ich bis dato aus,
und damit das auch weiterhin so bleibt, möchte ich Sie hiermit dringend
dazu auffordern, sich der enormen Tragweite Ihrer Entscheidung bewusst zu werden
und sich GEGEN die Vorratsdatenspeicherung und FÜR Bürgerrechte und
Demokratie zu bekennen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Strauß