Bundesministerium für

Verkehr, Innovation und Technologie

Sektion III, Abteilung PT 2

Ghegastraße 1

1030 Wien

 

Per E-Mail:

JD@bmvit.gv.at;

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at                                              Wien, 26.1.2010

 

 

 

 

 

BMVIT-630.333/0001-III/PT2/2009 117/ME

 

Stellungnahme der VDFS Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden zum Ministerialentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003 geändert wird

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zunächst danken wir für die Gelegenheit zur Stellungnahme im Begutachtungsverfahren und  möchten uns nachfolgend auf jene Punkte beschränken, die für die Inhaber von Urheber- und Leistungs­schutz­rechten (Filmurheber und Filmschauspieler) relevant sind. Wir sind vom Telekommunikations- und Datenschutzrecht unmittelbar betroffen, weil es um Fragen der Rechtsdurchsetzung im Bereich des Films und damit in Zusammenhang stehender Auskunftsansprüche gegenüber dem Provider geht.

 

I. Die VDFS

 

Die VDFS vertritt als einzige Verwertungsgesellschaft die Kreativen im Filmbereich in Österreich. Wie wichtig der Film in allerletzter Zeit für Österreich geworden ist, lässt sich an den jüngsten internationalen Erfolgen und den Reaktionen darauf erkennen.

 

II. Erfolge österreichischer Filmschaffender

Nur einige Beispiele:

 

Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Reinhold Mitterlehner schuf zu Beginn des Jahres 2010 eine neue Filmförderung mit folgender Begründung:

 

Um die erfolgreiche Filmbranche zu stärken ,lanciert das Wirtschaftsministerium das Fördermodell "Filmstandort

Österreich". Insgesamt stehen dafür 20 Millionen Euro zur Verfügung. Davon werden schon heuer fünf Millionen Euro ausgeschüttet. "Mit dieser Kreativitätsprämie stärken wir den Filmstandort Österreich und können die Abwanderung von Filmschaffenden aus wirtschaftlichen Gründen verhindern. Know-how und Wertschöpfung bleiben so im Land. Zugleich wird Österreich für internationale Koproduktionen und Kofinanzierungen mit einem heimischen Partner attraktiver", betonte

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bei der Präsentation des Fördermodells mit Danny Krausz, dem Obmann des WKÖ-Fachverbandes Filmindustrie, sowie dem Schauspieler Karl Markovics.“

 

 

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Claudia Schmied begrüßte diese neue Förderinstitution, ebenfalls unter Bezug auf die jüngsten Erfolge des österreichischen Films:

 

"Der Einsatz der breiten Allianz für den österreichischen Film lohnt sich. Das heute präsentierte neue Fördermodell für den österreichischen Film ist nach der Erhöhung des ÖFI-Budgets auf 16 Millionen Euro und der gesetzlichen Absicherung des Filmfernsehabkommens ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Bundesregierung unterstreicht durch diese Maßnahmen die Bedeutung der heimischen Filmlandschaft und setzt nachhaltige Schritte im Interesse der Filmschaffenden".

 

Der Staatsekretär im Bundeskanzleramt, Josef Ostermayer beurteilt diese Förderung wie folgt:

Die Filmindustrie ist eine der Zukunftsbranchen der Informationsgesellschaft. Die letzten Erfolge von Michael Haneke, Götz Spielmann, Christoph Waltz und vielen anderen zeigen das große österreichische Potential.

 

Die Verleihung des Golden Globe an den österreichischen Regisseur Michael Haneke und den österreichischen Filmschauspieler Christoph Waltz führte zu folgendem Kommentar von Bundeskanzler Werner Faymann:

 

"Diese Würdigung zweier außerordentlicher Leistungen wird vielen Kulturschaffenden aus Österreich Ansporn und Motivation sein sowie den Weg für weitere Erfolge ebnen."  Michael Hanekes als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnetes Werk "Das weiße Band" habe ihn persönlich tief beeindruckt, so der Bundeskanzler weiter. Er wünsche dem Regisseur ebenso wie dem Schauspieler Christoph Waltz für seine Rolle in Quentin Tarantinos "Inglorious Basterds" nunmehr auch alles Gute in Hinblick auf die kommende Oscar-Verleihung.“

 

Diese Würdigung des jüngsten österreichischen Filmschaffens ließe sich fast beliebig fortsetzen. Die mögliche Verleihung des Oscars an Österreicher würde diese Lobeshymnen zu einem Crescendo anwachsen lassen.

 

III. Gesetzliche Stellung der Filmschaffenden

 

Demgegenüber ist die gesetzliche Stellung der Filmschaffenden, insbesondere im österreichischen Urheberrecht im Vergleich zum europäischen Niveau , deutlich schlechter. Erwähnt sei nur die sogenannte cessio legis, wonach von Gesetzes wegen die Verwertungsrechte der Filmschaffenden dem Produzenten zustehen. Damit steht Österreich in Kontinentaleuropa allein. Eine Verbesserung der gesetzlichen Lage der Filmschaffenden wäre also dringend nötig. Das dies nicht geschieht wird von allen österreichischen Filmkreativen unter Einschluss der so viel gelobten oben genannten Künstler beklagt.

Nun ist klar, dass das BMVIT für den Bereich des Urheberrechts nicht zuständig ist und keine Verbesserungen in diesem Bereich bewirken kann. Was hingegen schon im Einflussbereich des adressierten Ministeriums liegt, ist, eine deutliche Verschlechterung für die Filmschaffenden zu verhindern.

IV. Verschlechterung der Rechtsstellung durch diese Novelle

Die beabsichtigte Gesetzesnovelle trägt zu einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Lage der Filmschaffenden bei. Es liegt beim BMVIT, dass es dazu nicht kommt.

Das Internet eröffnet der Filmwirtschaft die Möglichkeit, ihre Inhalte auf neuen digitalen Plattformen anbieten zu können.

 

Die übliche Verwertungskette von Filmen läuft zeitlich wie folgt ab:

1. Kino

 2. Blue-ray/DVD/Video im Verleih

 3. Blu-ray/DVD/Video im Verkauf

 4. Pay-TV

 5. Free-TV

 

Durch die Zunahme von illegalen Film-Kopien wurden die vereinbarten Zeiten für die Verwertungskette in jüngerer Vergangenheit durch die Verleiher kaum noch eingehalten. Da die Filme nach oder teilweise bereits vor dem Erscheinungstermin schnell illegal Verbreitung finden, sind die Abstände zwischen dem Kinostart und der Video-Veröffentlichung beziehungsweise einer Fernseh-Ausstrahlung deutlich verkürzt worden.

 

Andererseits bringt das Internet aber auch die Gefahr mit sich, dass Filme illegal verbreitet werden, wie dies leider nach wie vor in großem Umfang und mit wirtschaftlich massiv nachteiligen Folgen der Fall ist. Dabei ist das Internet natürlich für die Filmauswertung auch eine Chance. Die Musikindustrie erzielt bereits rund 27% ihrer Erlöse aus der Onlineverwertung. Davon ist der Film noch weit entfernt. Musik und Film sind dabei gleichermaßen von der illegalen Internetverwertung gefährdet. Wenn man etwas gratis bekommen kann, wird man nicht dafür bezahlen. Wenn im Supermarkt die Kasse nicht besetzt ist und keine Aufsicht gegen Diebstahl vorhanden ist, werden die Waren ohne Bezahlung davongetragen. Genauso ist es mit dem geistigen Eigentum im Internet: Wenn man die Übeltäter nicht verfolgen kann, weil man sie nicht kennt, wird der Diebstahl überhand nehmen.

 

Die Rechtsverfolgung und das Unterbinden von Urheberrechtsverletzungen ist ohne entsprechende Information über den Namen und die Anschrift des gesetzwidrig handelnden Internetteilnehmers schlicht unmöglich. Ohne diese Auskunft - die nur der Provider erteilen kann, weil nur er über diese Informationen verfügt - wären die Filmschaffenden den Eingriffen in ihre Eigentumsrechte völlig schutzlos ausgesetzt. Die Suche nach den für illegale Uploads verantwortlichen Personen wäre ein Stochern im Nebel des Internets. Das Urheberrecht wäre damit  mangels jeglicher Durchsetzbarkeit wertlos.

 

Dieses Defizit bei der Rechtsdurchsetzung im Internet träfe aber mit besonderer Stärke die legalen Downloadanbieter. Diese investieren in das System legaler Downloads und tragen dadurch zu den Einnahmen des Urhebers bei. Sind sie der Konkurrenz mit illegalen, aber rechtlich nicht angreifbaren  Distributionsplattformen ausgesetzt, können sie ihrerseits nichts zum Einkommen der Kreativen beitragen.

 

 

 

V. Widerspruch zum Regierungsprogramm

 

Das steht in direktem Gegensatz zum Regierungsprogramm 2008-2013. Hier heißt es:

 

„Nach Vorliegen der Ergebnisse der Studie zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich soll eine interministerielle Arbeitsgruppe ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Künstlerinnen und Künstler entwickeln.“

 

Der vorliegende Entwurf widerspricht diesem Regierungsziel, indem er den Künstlerinnen und Künstlern die Mittel zur Durchsetzung ihrer Ansprüche im Internet aus der Hand schlägt. Dazu nämlich käme es, wenn man Urheberrechtsverletzern den Schutz der Anonymität zukommen ließe, wie das der vorliegende Gesetzentwurf tut.

 

VI. Verstoß gegen Verfassungsrecht

 

Verfassungsrechtlich würde der Gesetzentwurf der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Erwerbsfreiheit (Art 6 Abs 1 StGG) widersprechen und im Übrigen auch der „Koalitionsfreiheit“ (Art 11 Abs 1 EMRK).

 

Er stünde aber auch mit dem verfassungsgesetzlichen Eigentumsschutz (Art 5 StGG, Art 1 des 1. ZP zur EMRK) in unlösbarem Widerspruch, der auch das „geistige Eigentum“ umfasst. Denn die mangelnde Durchsetzbarkeit der Ansprüche von Filmurhebern und Filmdarstellern im Internet würde eine schwere Beeinträchtigung des geistigen Eigentums unserer Bezugsberechtigten darstellen. All dies gilt seit dem 1. Dezember 2009 auch vor dem Hintergrund der Europäischen Charta der Grundrechte, deren Artikel 17 Abs 2 auch den verfassungsrechtlichen Schutz des geistigen Eigentums ausdrücklich festschreibt und mit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Vertragsstaaten des EWR (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, Polens und der Tschechischen Republik) verbindlich geworden ist. Eine fortdauernde Verweigerung der Rechtsdurchsetzungsmöglichkeit würde jedenfalls einen krassen Eingriff in diese auch vor dem Hintergrund der Europäischen Verfassungsordnung gewährleisteten Grundrechte darstellen.

 

Die Verletzung von Urheberrechten im Internet bleibt in Österreich hingegen aufgrund der geltenden Rechtslage regelmäßig sanktionslos, wenn der Rechteinhaber nicht mehr Informationen über den Verletzer erlangen kann, als dessen dynamisch zugewiesene IP-Adresse.

 

 

VII) Regelungsvorschläge

 

Damit die Urheber vom Gesetzgeber nicht Steine statt Brot erhalten schlagen wir folgende Regelung vor:

 

„§ 99 (6) Anbieter von Internet-Zugangsdiensten haben jene Verkehrsdaten, die notwendig sind, um Stammdaten eines Teilnehmers festzustellen, dem eine öffentliche IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt unter Angabe der zugrundeliegenden Zeitzone zugewiesen war, zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Verletzungen geistigen Eigentums, die mit Hilfe von Internet-Zugängen erfolgen, ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung bis sechs Monate nach Beendigung der Kommunikation zu speichern. Die Verarbeitung dieser Verkehrsdaten ist ausschließlich zum Zweck der Auskunft von Stammdaten auf Grundlage einer gesetzlichen Auskunftsbestimmung [eventuell: und einer gerichtlichen Anordnung] zulässig. Auf Auskünfte nach diesem Absatz ist eine gemäß § 94 Abs 2 erlassene Verordnung zur Kostenerstattung anzuwenden.“

 

§ 109 Abs 3 Z 17b und Z 21 des Entwurfs wären wie folgt einzufügen bzw. anzupassen:

 

„17b. entgegen § 99 Abs 6 nicht die notwendigen Verkehrsdaten speichert oder nicht Auskünfte über Stammdaten erteilt;“

„21. entgegen § 99 Abs 5 bzw. 6 Auskunft über Stamm- bzw. Verkehrsdaten erteilt oder Verkehrsdaten zu Auskunftszwecken verarbeitet;“

 

Jedenfalls danken wir für die Gelegenheit zur Stellungnahme und hoffen, dass nicht einerseits österreichische Filmerfolge von der gesamten Bundesregierung gelobt und gewürdigt werden und andererseits den Filmurhebern die Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Rechte durch den vorliegenden Gesetzentwurf genommen wird.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

 

 

Dr. Walter Dillenz

Geschäftsführer