Leiter der Abteilung für Dogmengeschichte

Institut für Zivilrecht

o.Univ.Prof. Dr. PETER APATHY

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Stellungnahme zum Ministerialentwurf eines Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetzes (DaKRÄG)

GZ BMJ-B7.012H/0009-I 2/2009

 

 

Auf Grund der für die Begutachtung zur Verfügung stehenden knapp bemessenen Zeit nehme ich nicht zum gesamten Gesetzesvorhaben Stellung, sondern  beschränke mich im Wesentlichen auf das Vorhaben, den Darlehensvertrag in Hinkunft nicht mehr als Realkontrakt, sondern als einen Konsensualkontrakt zu konzipieren.

Vorweg möchte ich hervorkehren, dass ich diese Reform in Hinblick auf die Mehrzahl der Fälle, und zwar entgeltliche Gelddarlehen (in Zukunft: Kreditverträge) durch professionelle Finanzierer (Kreditinstitute), begrüße. Allerdings eröffnet der Vorschlag beim unentgeltlichen Darlehensvertrag (und zwar gleichermaßen bei Gelddarlehen wir bei Sachdarlehen) ein Regelungsdefizit, nämlich einen unzureichenden Schutz des Darlehensgebers vor Übereilung. Die bisherige Konzeption des Darlehensvertrags als Realkontrakt ist nicht nur dogmengeschichtlich als eine Folge der Entwicklung der §§ 983 ff ABGB aus dem römischen und gemeinen Recht zu sehen, sondern sie stellt auch sicher, dass eine formlose Zusage den Darlehensgeber nur verpflicht, wenn die (konkret zu überlegenden) inhaltlichen Voraussetzungen eines Vorvertrags (§ 936 ABGB) vereinbart werden. Andere formlose Zusagen verpflichten den Darlehensgeber de lege lata nicht zur Auszahlung.

Nach dem nunmehr vorgeschlagenen § 983 Satz 1 ABGB verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer vertretbare Sachen mit der Bestimmung zu übergeben, dass der Darlehensnehmer über die Sachen nach seinem Belieben verfügen kann. In Verbindung mit § 883 ABGB bedeutet dies, dass die Darlehensvereinbarung an keine besondere Form gebunden ist. Dies ist für den institutionellen Kreditgeber sicherlich angemessen, für denjenigen, der ein unentgeltliches Darlehen zusagt, im Vergleich zu den Regelungen bei anderen unentgeltlichen Verträgen (§ 943 ABGB und § 1 NotaktsG: Schenkung; § 971 ABGB: Leihe) jedoch problematisch. Während ein Schenker und ein Verleiher durch die spezielle Formpflicht des Schenkungsvertrags (Notariatsakt oder Übergabe) und des Leihvertrags (als Realkontrakt) vor übereilt eingegangenen Verpflichtungen geschützt werden, würde dies auf den Darlehensgeber nicht mehr zutreffen. Er wäre daher auch bei einer mündlichen Zusage zur Übereignung der vertretbaren Sachen verpflichtet und müsste dem Darlehensnehmer Schadenersatz wegen Nichterfüllung leisten, wenn er dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nachkäme.

Will man den bisherigen Schutz des Darlehensnehmers durch die Konzeption des Darlehensvertrags als Realkontrakt aufgeben, so sollte man den Übereilungsschutz beim unentgeltlichen Darlehen durch eine andere Regelung ersetzen, wobei sich eine Orientierung an § 943 ABGB anbietet. (Für alle unentgeltlichen Darlehensverträge ohne tatsächliche Übergabe die Form des Notariatsakts zu verlangen, erscheint mir wegen der weniger weit reichenden wirtschaftlichen Folgen einer Darlehensgewährung im Vergleich zur Schenkung übertrieben.) Da in § 984 ABGB des Entwurfs ua die Einteilung der Darlehensverträge in entgeltliche und unentgeltliche vorgenommen wird, könnte man die Überschrift in „Arten und Form des Darlehensvertrags“ ändern und folgenden Absatz 2 vorsehen:

„Aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Übergabe geschlossenen unentgeltlichen Darlehensvertrag erwächst dem Darlehensnehmer kein Anspruch; dazu bedarf es einer schriftlichen Erklärung des Darlehensgebers“.

 

Eine weitere im Ministerialentwurf nicht bedachte Konsequenz der Konzeption des Darlehensvertrags als Konsensualvertrag an Stelle der bisherigen Regelung als Realvertrag betrifft die Folgen einer Nichtübereignung durch den Darlehensgeber. Man sollte daher regeln, welche Folgen es hat, wenn sich der Darlehensgeber – nach meinem Vorschlag schriftlich – zur Darlehensgewährung verpflichtet, dann aber fremde vertretbare Sachen leistet, ohne dem Darlehensnehmer Eigentum zu verschaffen. Beim Gelddarlehen wird zwar der Darlehensnehmer idR nach § 371 ABGB Eigentum erwerben, beim Sachdarlehen – vgl EvBl 1993/90: LKW-Reifen – ist dies jedoch nicht immer der Fall. Zu überlegen ist eine Privilegierung dessen, der unentgeltlich ein Darlehen gewährt, ähnlich wie dies § 945 ABGB für die Schenkung vorsieht.

 

            Im Übrigen schlage ich zur sprachlichen Vereinfachung des § 983 Satz 1 ABGB des Entwurfs und zur Einbeziehung der bargeldlosen Kreditierung[1] folgenden Text vor:

            „Im Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer vertretbare Sachen zu übereignen oder einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen.“

            Da damit die möglichen Gegenstände des Darlehensvertrags schon genannten sind, kann man § 984 Satz 1 des Entwurfs ersatzlos streichen.

 

 

Linz, 25. Jänner 2010                                                           o.Univ.-Prof. Dr. Peter Apathy



[1] Auf diesen Punkt haben mich dankenswerterweise Univ.-Prof. Dr. Raimund Bollenberger und o.Univ.-Prof. Dr. Peter Bydlinski aufmerksam gemacht.