Internationaler Zivildienst (IZD)

ZVR: 934201816

und die

Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung, Gewaltfreiheit und Flüchtlingsbetreuung

ZVR: 593607232,

beide Schottengasse 3a/1/59

1010 Wien

 

Präsidium des Nationalrates – Begutachtung Bundesminitserium für Inneres, Sektion III

 

Wien, 31.05.2010

Stellungnahme im Begutachtungsverfahren zum Entwurf der ZDG-Novelle 2010

(GZ: BMI-LR1345/0002-III/1/2010)

Der Internationale Zivildienst und die Arge für Wehrdienstverweigerung, Gewaltfreiheit und Flüchtlingsberatung geben die folgende gemeinsame Stellungnahme im Begutachtungsverfahren für den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 2010) ab.

Grundsätzliches

Der Entwurf der Novelle des Zivildienstgesetzes scheint weniger von der Verbesserung und Vereinfachung der Verwaltung als vielmehr ideologisch motiviert zu sein: es weht darin ein autoritärer Geist. Von ganz wenigen Verbesserungen und einigen notwendigen Anpassungen an die geltende Rechtslage abgesehen, bestehen die vorgeschlagenen Neuregelungen durchwegs im Zurückdrängen von rechtsstaatlichen Garantien und von Kontrolle und im Intensivieren von Grundrechtseingriffen. Außerdem scheint es, dass vom Innenministerium vermutete Interessen nahestehender Trägerorganisationen des Zivildienstes zu Lasten der Zivildienstleistenden und ohne Rücksicht auf die Verfassung und auf völkerrechtliche Verpflichtungen durchgesetzt werden sollen. Dabei wird offenbar auch darauf vergessen, dass der unter Strafdrohung, also Zwang, zu leistende Zivildienst nur mit der bestehenden Wehrpflicht gerechtfertigt ist, und Rechte und Pflichten von Präsenz- und Zivildienern folglich nicht wesentlich

  voneinander abweichen dürfen.

Die hier Stellung nehmenden Organisationen sehen weiterhin die unterschiedliche Dauer des Wehr- und Zivildienstes als sachlich nicht gerechtfertigt an. Die gegenüber dem Präsenzdienst längere Dauer des Zivildienstes und gegenüber Präsenzdienern schlechteren Bedingungen für Zivildienstleistende dürfen nicht zu einer faktischen Erschwerung der Ausübung des Grundrechts auf Verweigerung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen führen. Bei einem so schwerwiegenen Eingriff in ein Grundrecht wie er durch die Verpflichtung zur Leistung höchstpersönlicher Dienste verwirklicht wird, jedenfalls grundsätzlich die geringste Intensität anzustreben. Davon kann im vorliegenden Entwurf nicht die Rede sein.

Die Rechtssicherheit sowohl der Zivildiener als auch der Rechtsträger der Einrichtungen wird verringert, letzteren wird als Ersatz angeboten, für „Zucht und Ordnung” sorgen zu dürfen. Der weisungsfreien Kollegialbehörde Zivildienstbeschwerderat werden fast alle Kompentzen entzogen. Entscheidungen über schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte werden der weisungsgebundenen monokratischen Behörde Zivildienstserviceagentur übertragen. Diese entgeht damit auch einer begleitende Kontrolle durch ein unabhängiges Organ.

Der Erosion von Grundlagen und Werten, über die ein Grundkonsens besteht und auf denen unser politisches System aufbaut, wie Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte ist entschieden entgegenzutreten, wenn sich die Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht wiederholen soll. In diesem Sinne wird der Großteil der im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen in dieser Stellungnahme abgelehnt.

Details

Zu Z 1 (§ 3 Abs 2)

Die Erweiterung der Dienstleistungsgebiete wird begrüßt.

Zu Z 2 (§ 4 Abs 1)

Die vorgesehene Bestimmung ist missglückt: In § 4 und im weiterem Verlauf des Gesetzes wird unterschieden zwischen dem Rechtsträger, einer juristischen Person (Abs 2) und den von diesem unterhaltenen Einrichtungen, die Dienstleitungen zu einem bestimmten Zweck erbringen. Der Zivildienst ist in den Einrichtungen zu leisten. Diese haben den Kriterien des Abs 3, insbesondere der Tätigkeit in den Dienstleistungsgebieten des § 3 Abs 2, zu entsprechen, nicht der Rechtsträger. Dieser, zB das Rote Kreuz, kann in mehreren Bereichen tätig sein. Der Anerkennungsbescheid des Landeshauptmannes hat zwar den Rechtsträger als Adressaten, betrifft aber eine von dessen Einrichtungen.

Zu Z 3, 4 und 42 (§ 5 Abs 5 und 5a, § 43 Abs 2 Z 4) Es ist vorgesehen, dass die Begutachtung der Eignung einer Einrichtung durch ein nach Art 20 Abs 2 Z 1 B-VG weisungsfrei gestelltes Organ entfällt. Der die Auswahl der Träger des Zivildienstes betreffende Teil der Vollziehung des ZDG soll aber beim - gem Art 20 Abs 1 B-VG weisungsgebundenen - Landeshauptmann verbleiben, obwohl nach Art 102 Abs 2 eine Bundesbehörde zur Vollziehung der Angelegenheiten des Zivildienstes - die Zivildienstseviceagentur - eingerichtet ist. Damit wird eine wichtige fachliche und rechtliche Kontrolle beseitigt, die nicht durch die politische Kontrolle nach Art 52 B-VG ersetzbar ist.

Darüber hinaus ist vorgesehen, die Rechtssicherheit der Rechtsträger der Einrichtungen zu verringern: Die Rechtskraft des Anerkennungsbescheids des Landeshauptmanns wird dadurch abgeschwächt, dass dieser von der Bundesministerin für Inneresohne an Fristen gebunden zu sein nach § 68 Abs 4 Z 4 AVG aufgehoben werden kann, wenn sie die Gewinnorientierung des Rechtsträgers, den Anteils der Tätigkeiten der Einrichtung in den Dienstleistungsgebieten oder die Gewährleistung des dem Zivildienst entsprechenden Umgangs mit den Zivildienern anders beurteilt.

Wenn die Bundesministerin sich schon eines Korrektivs entledigen will, dann soll sie zumindest die volle Verantwortung, also mehr als bloß die Verantwortung für die Aufsicht über Landesbehörden, übernehmen und der Bund die Kosten tragen.

Zu Z 7, 42 und 44 (§ 6 Abs 3, § 43 Abs 2 Z 3, § 53) Es ist vorgesehen, dass über die Aufhebung der Zivildienstpflicht und das damit verbundene Wiederaufleben der Wehrpflicht nicht mehr eine weisungsfreie Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag nach Art 20 Abs 2 Z 8 B-VG - der Zivildienstbeschwerderat - entscheidet, sondern eine weisungsgebundene nachgeordnete Bundesbehörde - die Zivildienstserviceagentur. Über die Ausübung eines Grundrechts bzw den Eingriff in ein Grundrecht - das auf Verweigerung der Wehrpflicht aus Gewissensgründen nach Art 9a Abs 4 B-VG und § 2 Abs 1 ZDG basiert - würde dann nicht mehr gerichtsförmig sondern im gewöhnlichen Verwaltungsweg entschieden. Dem rechtsstaatlichen Prinzip entsprechend werden im Allgemeinen Grundrechtseingriffe einer gewissen Schwere nur auf Grund von Verfügungen von Tribunalen (Gerichtsurteile oder Bescheide weisungsfreier Behörden) vorgenommen, auch dann, wenn es nicht von der EMRK geboten ist.

Der Vorschlag ist daher schon aus verfassungsethischen Gründen kategorisch abzulehnen.

Zu Z 10 (§ 7a Abs 2)

Nach dem Entwurf soll die dem freiwillig länger dienenden Zivildienstleistenden auszuzahlende Freiwilligenförderung auf diejenigen beschränkt werden, die in den Gebiete Rettungswesen und Katastrophenhilfe eingesetzt werden. Das steht im Widerspruch zu § 8 Abs 1, in dem noch die Sozial- und Behindertenhilfe bevorzugt wird, und zu § 28 Abs 4 in denen zusätzlich noch die Rechtsträger von Einrichtungen der Altenbetreuung, Krankenbetreuung, der Betreuung von Drogenabhängigen, von Vertriebenen, Asylwerbern und Flüchtlingen sowie von Menschen in Schubhaft finanziell begünstigt werden.

Zu Z 12 (§ 8 Abs 1)

Mit dem Ausschluss eines Rechtsmittel gegen den Zuweisungsbescheid wird der Rechtsschutz des Zivildienstpflichtigen und des Rechtsträgers der Einrichtung erheblich verschlechtert: Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit, insbesondere der Wahrung von Fristen, der Abwägung der Interessen des Zivildienstes gegenüber den im Allgemeinen zu erfüllenden Wünschen der Bescheidadressaten oder das Bestehen eines Hindernisses für die Zuweisung bleibt dem Verwaltungsgerichtshof überlassen. Fehler der Zivildienstserviceagentur kann diese dann auch nicht mit einer Berufungsvorentscheidung beseitigen. Der gegenüber anderen Verfahren verschlechterte Rechtsschutz ist auch nicht durch Erfordernisse der Einsatzbereitschaft wie bei der Truppe rechtzufertigen. Das Absehen von einem Instanzenzug ist daher auch im Lichte des Art Art 11 Abs 2 B-VG bedenklich.

Zu Z 14 und 16 (§ 9 Abs 1 und 3)

Die vorgesehene Neufassung der Bestimmung über die Feststellung der gesundheitlichen Eignung des Zivildienstpflichtigen vor der Zuweisung orientiert sich an der - ebenfalls missglückten - Regelung über die gesundheitliche Eignung von Zivildienstleistenden in der Fassung der ZDG-Novelle 2005, macht aber das Verfahren noch undurchschaubarer. Bisher bestimmt § 9 Abs 1 2. Satz, welche Amtssachverständigen iS § 52 Abs 1 AVG der für die Zuweisung zuständigen Behörde (Zivildienstserviceagentur) zur Verfügung stehen und beizuziehen sind. Für die die Feststellung körperliche Eignung sind demnach Amtsärzte der für den Wohnsitz des Zivildienstpflichtigen zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde jedenfalls beizuziehen, für die geistige Eignung kommen sämtliche zur Verfügung stehenden Sachverständigen auf den relevanten Gebieten in Frage, sofern nicht mit Urkunden das Auslangen gefunden wird.

Nunmehr soll für die Bezirksverwaltungsbehörde selbst eine Kompetenz begründet werden, sich über die gesundheitliche Eignung - sowohl die körperliche als auch die geistige - zu äußern, nicht bloß durch ihre Organe iS § 55 Abs 1 AVG mittelbar einen Sachverständigen beweis aufzunehmen. Da es sich dabei um ein Verwaltungsverfahren handelt, besteht diese Äußerung in einem Bescheid mit feststellender und rechtsgestaltender Wirkung. Falls in diesem Bescheid die mangelnde Eignung festgestellt wird, so beseitigt dieser Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde nach dem vorgesehenen Abs 3 einen zuvor erlassenen Zuweisungsbescheid der Zivildienstserviceagentur.

Die Bezirksverwaltungsbehörde darf aber nur tätig werden, wenn sie dazu von der Zivildienstserviceagentur ersucht wird, also weder selbstständig, noch auf Antrag des Zivildienstpflichtigen. Sie hat also ein Zweiparteienverfahren durchzuführen. Falls aber der Zivildienstpflichtige weder einen Wohnsitz noch seinen Aufenthalt im Inland hat, dann ist das Verfahren von der Zivildienstserviceagentur selbst durchzuführen. Sie hat dabei einen Amtsarzt der Stadt Wien als Amtssachverständigen heranzuziehen.

Abgesehen davon, dass diese Regelung kompliziert ist, bewirkt sie eine Durchbrechung der Rechtskraft des Zuweisungsbescheides. Das verschlechtert die Rechtssicherheit und ist auch zur Regelung der Materie nicht erforderlich, also hinsichtlich Art 11 Abs 2 B-VG bedenklich.

Zu Z 15 (§ 9 Abs 2)

Der vorgesehene Entfall des Verbotes, den Zivildienst im Betrieb des Arbeitgebers des Zivildienstleistenden zu verrichten, ist nicht nur arbeitsmarktpolitisch bedenklch. Schwerwiegender ist, dass sich der Zivildienst in einem besonderen Rechtsverhaeltnis geleistet wird, das einerseits von Gehorsamspflicht und Strafsaktionen bestimmt ist, andererseits dem Zivildienstleistenden auch keine Treuepflicht auferlegt. Da der Arbeitsvertrag aber aufrecht bleibt, hätte aber dem Vorgesetzten über die Bestimmungen des ZDG hinausgehende Fürsorgepflichten und der Zivildiener Treuepflichten weiter zu erfüllen, das den Arbeitsvertrag (oder Beamtenverhältnis) bestimmende Vertrauensverhältnis müsste weiter bestehen. Das führt zu Interessenskonflikten und Abhängigkeiten, die mit den vorhandenen Institutionen (Vertrauensmänner, Beschwerden, behördliche Überwachung, Versetzung, Verwaltungsstrafverfahren) nicht ausgeglichen werden können. Deshalb wurde bereits in den Erläuterungen zu  r Regierungsvorlage der Stammfassung der Dienst in einer Einrichtung, in der der Zivildienstpflichtige beschäftigt ist, mit dem Wesen eines dem Wehrdienst vergleichbaren Dienst unvereinbar angesehen. Die Grundlagen für die Entscheidung des historischen Gesetzgebers sind unverändert.

Zu Z 19, 20 und 54 (§ 13 Abs 4 und 5, § 69) Die derzeit geltende Bestimmung des § 13 Abs 5 ist zwar wegen des Zitats von Abs 4 unglücklich formuliert, bezieht sich aber auf die Befreiung von Amts wegen aus einem öffentlichen Interesse nach Abs 1 Z 1. Die Zivildienstserviceagentur wird dadurch vermehrt eigene Erhebungen über das weitere Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung pflegen müssen. Zwar ist die Einschränkung der Strafbarkeit im Allgeinen zu begrüßen, die Ungleichbehandlung hinsichtlich der Nachweispflichten ist aber im Lichte des Gleichheitssatzes bedenklich.

Zu Z 21, 30 und 41 (§ 15 Abs 2, § 23c Abs 3, § 39 Abs 4) Im Entwurf ist vorgesehen, die Zeit, um die in § 23c Abs 2 Z 2 festgesetzte Frist zum Einlangen einer ärztlichen Bestätigung versäumt wurde unabhängig von einer tatsächlichen Dienstverhinderung in Folge einer Krankheit nicht in die Dienstzeit einzurechnen, wenn die Fristwahrung zumutbar war und die Zeit, in der sich der Zivildienstpflichtige nach Zweifeln der Zivildienstserviceagentur oder des Vorgesetzten an der Eignung nicht einer amts- oder vertrauensärztlichen Untersuchung unterzieht nicht in die Dienstzeit einzurechnen.

Die letztere vorgesehene Bestimmung ist so formuliert, dass auch die für die unterblieben Untersuchung benötigte Zeit nicht einrechenbar wäre. Die Zeit des Zivildienstes wird aber in Tagen und nicht in Stunden oder Minuten gemessen.

Dazu kommt noch, dass nach § 23c Abs 3 und Abs 2 Z 3 zwar eine Untersuchung durch den Vertrauensarzt verlangt werden kann, dieser aber nicht vom Berufsgeheimnis entbunden ist und sein Gutachten auch weder das des Amtsarztes noch die Bestätigung des Arztes nach Abs 2 Z 2 ersetzt. Aus diesem Grund verhindert auch die in der Neufassung des § 39 Abs 4 vorgesehene Meldung krankheitsbedingter Dienstverhinderungen an die Bezirksverwaltungsbehörde erst nachdem insgesamt mehr als sieben Tage kein Dienst geleistet wurde, die effiziente Überwachung und gegebenfalls zeitnahe Disziplinierung der Zivildienstleitenden.

Die Zumutbarkeit im ersteren Fall beurteilt die Zivildienstserviceagentur. Es ist zu befürchten, dass sie daran ein ähnliches Maß anlegt, wie verschiedene Bezirksverwaltungsbehörden an die Schuld in Verwaltungsstrafverfahren wegen der verspäteten Übermittlung der ärztlichen Bestätigung. Diese verlangten nämlich nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Untersuchung bzw Bescheinigung der Prognose an einem Samstag und das Einlangen am darauf folgenden Montag und die Kostentragung durch den Zivildienstleistenden.

Nach der geltenden Rechtslage ist das Versäumen der Frist des § 23c Abs 2 Z eine nach § 65 zu ahndende Verwaltungsübertretung. Die Nichteinrechnung von Zeiten erfolgte auf Grund von Verfügungen anderer Behörden bei einer Anhaltung oder Haft oder nach dem die Erhebungen der Zivildienstserviceagentur ergeben haben, dass der Zivildienstpflichtige aus groben Verschulden den Dienst nicht geleistet hat. Das Verschulden an der Fristversäumnis und das an der Nichterbringung des Dienstes sind aus guten Gründen scharf getrennnt. Nunmehr soll offenbar zusätzlich zur Verwaltungsstrafe eine weitere disziplinäre Konsequenz eintreten, die nur als Disziplinarstrafe angesehen werden kann; dazu Näheres im nächsten Punkt.

Nicht einrechenbare Zeiten hat der Zivildienstpflichtige zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen. Er ist zu diesem Zweck neuerlich einer Einrichtung zur Dienstleistung zuzuweisen. Dadurch verlängert sich die Dauer des Zivildienstes.

Zu Z 22 und 24 (§ 16, § 19b)

Schon die derzeit geltende Bestimmung ist hochgradig problematisch. Aus diesem Grund wurde sie kaum angewendet. Nunmehr ist vorgesehen, dass diese Bestimmung durch die Überschrift "Disziplinäre Maßnahmen" eindeutig charakterisiert und erheblich ausgeweitet. Die Dauer des Zivildienstes kann dann nicht nur verlängert werden wenn der Zivildienstleistende schwer gegen die Dienstpflicht verstößt, dadurch die von der Zivildienstserviceagentur auf dem Dienstplatz des Zivildienstleistenden erwartete Leistung erheblich unterschreitet und die Verminderung der Leistung nicht bloß eine kurze Frist anhält, sondern schon dann, wenn im Verhalten des Zivildienstleistenden erkannt wird, dass er trotz Aufforderung durch den Vorgesetzten nicht gewillt ist, den Zivildienst ordnungsgemäß zu erbringen. "Ordnungsgemäß" ist ein weiterer Begriff als "gesetzesgemäß". Er beinhaltet auch bisher nicht direkt strafsanktionierte Pflichten aus Verordnungen oder nicht explizit kundgemachte allg  emeine Weisungen des Vorgesetzten wie zB in der Einrichtung übliche Bekleidungsgewohnheiten ("-vorschriften").

Nach der derzeit geltenden Rechtslage ist das Disziplinarrecht der Zivildienstleistenden im Wesentlichen in § 65 ZDG geregelt. Nach diesem bildet die Verletzung der hauptsächlich im § 22 festgelegten Pflichten eine Verwaltungsübertretung. Die Ordnung im Zivildienst kann der Vorgesetzte dadurch herstellen, dass er Weisungen erteilt und deren unpünktliche oder ungenaue Erfüllung der Bezirksverwaltungsbehörde anzeigt. Diese hat ein Verwaltungsstrafverfahren mit den Garantien des VStG, insbesondere der Berufung vor einem Tribunal (UVS), durchzuführen. Da die das ZDG vollziehenden Behörden nicht selbst weisungsberechtigt sind, die Zivildienstleistenden nicht unmittelbar beaufsichtigen und keinen unmittelbaren Zwang ausüben können, ist die geltende Lösung sachgerecht.

Die vorgeschlagene Bestimmung führt ein neues Disziplinarverfahren vor der Zivildienstserviceagentur ein. Dieses ist nach den Bestimmungen des AVG durchzuführen. Im Gegensatz zum Kommandantenverfahren nach dem HDG fehlt das Recht auf Verteidigung, gegebenenfalls durch einen von der Behörde beigegebenen Verteidiger, das Recht auf Aussageverweigerung des Beschuldigten oder die Pflicht der Behörde, zur Klärung eines Sachverhalts eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Aus diesem Grund wäre dieses Disziplinarrecht ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Außerdem gibt es keine Überprüfung durch ein Tribunal. In Anbetracht der Schwere der vorgesehenen Strafe ist trotz der Beschränkung auf Zivildienstleistende davon auszugehen, dass es sich um ein strafrechtliches Verfahren iS Art 6 EMRK handelt und daher die Garantien eines fairen Verfahren und der Mindeststandards zu gewährleisten sind.

Art 4 Abs 2 EMRK verbietet Zwangs- und Pflichtarbeit. Die Eingriffsvorbehalte dessen Abs 3 rechtfertigen in lit b den Zivildienst, nicht aber eine über den zeitlich festgelegten Ersatzdienst für eine militäriche Dienspflicht hinausgehende Zwangs- oder Pflichtarbeit. Diese ist insbesondere nicht durch Art 4 Abs 3 lit a EMRK gedeckt, nach der Arbeit von Häftlingen oder bedingt Entlassenen verlangt werden darf; Arbeit, deren Nichterbringung mit Freiheitsentzug sanktioniert wird, darf nicht an Stelle einer Geld- oder Freiheitsstrafe verlangt werden. Im Gegensatz zu diversionellen Maßnahmen nach §§ 198 Abs 1 Z 2 und 201 f StPO ist es nicht vom Willen des Beschuldigten (Zivildienstleistenden) abhängig, ob er die mit der Verlängerung des Zivildienstes verlangte Arbeit erbringt oder eine mögliche Freiheitsstrafe in Kauf nimmt. Die vorgesehene Disziplinarstrafe ist jedenfalls ein Verstoß gegen Art 4 EMRK.

Das vorgesehene Disziplinarrecht ist aus mehreren Gründen verfassungswidrig.

Auch die schon bisher in § 19b geregelte vorzeitige Entlassung aus dem Zivildienst als Disziplinarstrafe widerspricht dem Zweck von Strafen. Sie soll dadurch abschreckend wirken, dass auf Grund des noch zu leistenden Zivildienstes und der Ungewissheit über den Zeitpunkt der Zuweisung der Eintritt ins Berufsleben oder das berufliche Fortkommen erschwert wird. Hingegen können nach §§ 54a f VStG Freiheits- und Geldstrafen aufgeschoben werden, wenn sie die Erwerbsmöglichkeiten des Bestraften gefährden oder ihm wirtschaftlich nicht zuzumuten sind.

Zu Z 23 (§ 19a Abs 2)

Die Legaldefinition der Dienstunfähigkeit ist § 30 Abs 2 WG nachgebildet und wurde durch die ZDG-Novelle 1996 an die Frist des § 84 Abs 1 StGB angepasst. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate (§ 20 WG), die Entlassung erfolgt, wenn die Herstellung der Dienstfähigkeit nicht innerhalb von 24 Tagen erwartet werden kann (§ 30 WG). Bei der einer Dauer des ordentlichen Zivildienstes von neun Monaten (§ 1 Abs 5 Z 1) ist eine Verkürzung der Frist auf 18 Tage sachlich nicht gerechtfertigt und widerspricht daher dem Gleichheitssatz.

Während der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst nur den Einberufungstermin bestimmt (§ 24 WG) und Präsenzdiener mit Entlassungsbefehl zu entlassen sind (§ 28 WG) legt der Zuweisungsbescheid Beginn und Ende des Zivildienstes fest (§ 11 Abs 1). Daher ist die Fiktion der Entlassung aus dem Präsenzdienst nach der faktischen Feststellung der Dienstunfähigkeit durch den Militärarzt (§ 30 Abs 1 WG) sachgerecht, die Fiktion der - sonst nur als Disziplinarstrafe zu verhängenden - Entlassung aus dem ordentlichen Zivildienst hingegen nicht. Dazu kommt noch die unglückliche Bestimmung des § 19 Abs 2, wonach in Zweifelsfällen über die zu einer Versetzung und uU Unterbrechung des Zivildienstes führenden mangelnden gesundheitlichen Eignung sich die Bezirksverwaltungsbehörde nach Einholung eines amtsärztlichen Gutachten zu äußern hat, im Falle einer möglicherweise zur vorzeitigen Entlassung führenden Dienstunfähigkeit aber das amtsärztliche Gutachten den Beginn und  eine Prognose über die Dauer anzugeben habe. Nach der geltenden Bestimmung hat die Zivildienstserviceagentur einen Bescheid zu erlassen. Dieser kann bekämpft werden, zB wenn die Dienstunfähigkeit auf den Zivildienst zurückzuführen ist (Abs 3). In der vorgesehenen Neufassung hat die Zivildienstserviceagentur nur auf Antrag des Zivildienstpflichtigen einen Bescheid zu erlassen, mit dem der Tag des Eintritts der Dienstunfähigkeit festgestellt wird. Damit ist zwar klargestellt, dass die Bezirksverwaltungsbehörde über die Dienstunfähigkeit keinen Bescheid zu erlassen hat, sondern nur ein Gutachten ihres Amtsarztes einzuholen hat, es ist aber nicht festgelegt, wie und wann der Zivildienstpflichtige von dem Faktum erfährt, das dazu führt, dass er als entlassen gilt. Zudem bleibt unklar, ob der Beginn der Dienstunfähigkeit oder der Ablauf der Frist die Dauer des nach der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zu leistenden Zivildienstes bestimmt.

Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte die Rechtskraft des Zuweisungsbescheides nicht ohne ein Verfahren vor der Zivildienstserviceagentur durchbrochen werden. Die vorgesehene Bestimmung ist sachlich nicht gerechtfertigt und zur Regelung der Materie nicht notwendig. Sie ist daher verfassungsrechtich bedenklich (Art 11 Abs 2 B-VG).

Zu Z 25 (§ 20)

In der vorgeschlagenen Neuregelung soll dem Rechtsträger der Einrichtung in Verfahren, die den ordentlichen Zivildienst betreffen keine Parteienstellung haben. Die den Rechtsträger der Einrichtung und den Vorgesetzten des Zivildienstleistenden Rechte und Pflichten sollen allein durch Fakten ausgelöst werden. Der Rechtsträger der Einrichtung hätte damit keinen Anspruch mehr auf eine Entscheidung über seinen Antrag auf die Zahl an Zuweisungen nach seiner Bedarfsanmeldung, über den Wunsch nach Zuweisung bestimmter Zivildienstpflichtiger (§ 8) oder über die Versetzung eines Zivildienstleistenden (§§ 17 ff). Immerhin soll der Zuweisungsbescheid dem Rechtsträger übermittelt werden. Darunter wird wohl zu verstehen sein, dass der Bescheid auch dem Rechtsträger - als Adressaten - zuzustellen ist.

Der Rechtsträger wird ja durch die Zuweisung eines Zivildienstleistenden berechtigt, dessen persönliche Dienstleistungen zu nutzen, er hat derzeit einen Anspruch auf geeignete Zivildienstleistende (§ 9). Der Rechtsträger ist ermächtigt, durch den Vorgesetzten dem Zivildienstleistenden Weisungen zu erteilen (§ 22), insbesondere zur Untersuchung durch einen Vertrauensarzt (§ 23c), er hat einen Anspruch auf Wahrung seiner Betriebsgeheimnisse (§ 23), er ist ermächtigt und verpflichtet, den Zivildienstleistenden zu schulen und angemessen zu beschäftigen, er ist zur Übernahme der den Bund treffenend Pflichten von Zahlungen an den Zivildienstleistenden und Sozialversicherungsträger und der Bereitstellung von Verpflegung, Unterkunft und Dienstkleidung verpflichtet, und es treffen den Rechtsträger umfangreiche Aufsichts- und Meldepflichten (§§ 39 ff). Der Zuweisungsbescheid und alle diesen abändernden Bescheide haben also eine den Rechtsträger der Einrichtung treffend  e, erhebliche rechtsgestaltende Wirkung.

Dem Rechtsträger der Einrichtung die Parteienstellung zu verwehren, hat Rechtsunsicherheit und ein Rechtsschutzdefizit zur Folge, das im Lichte des Art 83 Abs 2 B-VG bedenklich ist.

Zu Z 27, 39 und 53 (§ 23 Abs 4, § 37e, § 66) Die Regelung über den Ersatz des Zivildienstausweises durch ein individualisiertes Zivildienstabzeichen ist kompliziert. Wie die Gültigkeitsdauer auf einem Abzeichen sichtbar gemacht werden soll, ist auch fraglich. Die Verordnung der Bundesministerin für Inneres wird das vorzusehen haben.

Die Änderung des § 66 ist entbehrlich, da der gesamte § 23 ohnehin von § 65 erfasst ist, der eine Strafdrohung in der selben Höhe wie § 66 enthält.

Zu Z 28 und 29 (§ 23a Abs 1, § 23b)

Dass nach dem Vorschlag das Ermessen des Vorgesetzten bei der Gewährung einer Dienstfreistellung aus Gründen der Ausbildung oder des Berufes - das sind zumeist Prüfungen oder persönliche Anmeldungen - enfallen und durch einen Rechtsanspruch des Zivildienstleistenden ersetzt werden soll wird begrüßt, ebenso dass die Anrechnung der Dienstfreistellung in dringenden Fällen auf die allgemeine Dienstfreistellung (Urlaub) entfallen soll. Der Anspruch von höchstens zwei Tagen ist allerdings sehr knapp bemessen.

Zu Z 31 (§ 27 Abs 3)

Die vorgesehene Bestimmung bewirkt eine Einschränkung gegenüber der nach § 31 Abs 2 heranzuziehenden Reisegebührenvorschrift: § 2 Abs 5 RGV sieht bei Ortsgemeinden mit besonders großer räumlicher Ausdehnung die Beschränkung des Dienstortes auf bestimmte Ortsteile durch Verordnung des Bundekanzlers vor. Damit würden dem Zivildienstleistenden tägliche Fahrzeiten von mehr als zwei Stunden zugemutet. Darüber hinaus ist durch die vorgesehene Legaldefinition die Verminderung des Verpflegsgeld von Zividienstleistenden, die abwechselnd in weit auseinander liegenden Ortsteilen eingesetzt werden, zu befürchten. Sie bringt für die Betroffenen eine einseitige Belastung und schafft Härten.

Zu Z 34 (§ 32 Abs 2)

Die Auszahlung der Pauschalvergütung zum 15. des Monats ist zwar eine Angleichung an § 11 Abs 1 HGG, doch verursacht auch diese Bestimmung unnötige Härten oder die Inanspruchnahme der - an sich während des Zivil- oder Präsenzdienstes nicht - Unterhaltsverpflichteten. Statt das ZDG zu ändern sollte das § 11 HGG wieder seine vor dem 01.07.2005 geltende Fassung erhalten.

Zu Z 35 (§ 32 Abs 5)

Nach § 35 HGG wird der Familienunterhalt bzw Partnerunterhalt und in bestimmten Fällen auch die Wohnkostenbeihilfe nicht an den Zivildienstleistenden sondern an die begünstigten Personen ausbezahlt. Dass diese nach dem Vorschlag wegen der Gegenverrechnung mit Übergenüssen von Auszahlungen an den Zivildienstleistenden wie Pauschalvergütung und Fahrtkosten darauf verwiesen werden, die Sichstellung ihrer Lebensbedürfnisse vom Zivildienstleistenden zu verlangen, ist nicht rechtzufertigen. Das HGG kennt keine derartige Bestimmung. Sie widerspricht dem Gleichheitssatz und dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des Verbots der Belastung Dritter.

Zu Z 38 (§ 37d Abs 2)

Durch die vorgesehene Bestimmung käme es zu einer großen Zahl von Wahlterminen und damit zu einer größeren Belastung der Bezirksverwaltungsbehörden.

Zu Z 43 (§ 48 Abs 3)

Nach der vorgesehenen Bestimmung hängt es allein von der Prognose des Vorsitzenden des Zivildienstbeschwerderates und seiner Einschätzung der Begründung des Beschlussantrages des Berichterstatters ab, ob im Zivildienstbeschwerderat eine unmittelbare Beratung durchgeführt wird. Die Mitglieder könnenten - etwa bei Zweifeln - die Beratung nur dadurch erreichen, dass sie dem Beschlussantrag nicht zustimmen. Dabei ist die Zulässigkeit dadurch gebotener wiederholter Abstimmungen fraglich. Beschlüsse im Umlaufverfahren ohne Diskussion widersprechen dem Zweck von Kollegialorganen.

Zu Z 46 (§ 57 Abs 2)

Die vorgeschlagene Erweiterung des Stammdatensatzes um die Telefonnummer und die E-Mailadresse ist weder notwendig noch zielführend. Im Gegensatz zum Aufenthalt, der noch dazu bei der Gemeinde anzumelden ist, muss ein Zivildienstpflichtiger weder über ein Telefon noch über einen E-Mail-Zugang verfügen und wenn er ein Telefon oder einen E-Mail-Zugang verfügt, so ist er nicht verpflichtet, das der Zivildienstserviceagentur bekannt zu geben. Der Zivildienstpflichtige könnte darüberhinaus ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse haben. Zustellungen durch einen Zustelldienst an eine elektronische Adresse dürfen ohnehin nur nach den Bestimmungen der §§ 33 ff ZustG vorgenommen werden. Dazu müsste ohnehin jedesmal ein Auftrag zur Ermittlung der Anmeldung bei einem Zustelldienst erteilt werden. Anmeldungen von Privatpersonen bei Zustelldiensten sind nicht weit verbreitet. Allenfalls könnet das Ergebnis des Auftrags nach § 34 ZustG an Behörden, nicht aber an die Rechts  träger und Einrichtungen mitgeteilt werden.

Zu Z 49 (§ 57a Abs 4 und 5)

Die vorgesehene Mitteilungspflicht des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger über Beschäftungsverhältnisse und über die Erkrankung von Zivildienstpflichtigen ist zu weit gefasst. Einerseits kann die Zivildienstserviceagentur ohnehin nach § 55 AVG jede zuständige Behörde um sonstige Erhebungen ersuchen, andererseits sind bestehende - auch ruhende - Beschäftigungsverhältnisse für die Vollziehung des Zivildienstes nicht erforderlich, Erkrankungen außerhalb des jeweils geleisteten Zivildienstes schon gar nicht. Letztere sind sogar sensible Daten iS § 4 Abs 2 DSG, an ihre Übermittlung und Verarbeitung ist der strenge Maßstab des § 9 DSG anzulegen. Die vorgeschlagene Bestimmung stellt einen massiven Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG) dar.

Die vorgeschlagene lange dauernde, automatisationsunterstützte Sammlung personenbezogener Daten von Zivildienstpflichtigen birgt die Gefahr in sich, zu anderen Zwecken als denen des Zivildienstes genutzt zu werden, zB für Rasterfahndungen nach §§ 141 ff StPO oder §§ 53 f SPG. Der Nachweis des geleisteten Zivildienstes kann auch durch Einsicht in die Papierakten erbracht werden. Automatisationsunterstützte Sammlungen personenbezogener Daten ohne Notwendigkeit für die Vollziehung einer bestimmten Materie greifen in das Grundrecht auf Datenschutz ein.

Zu Z 50 und 51 (§ 58 Abs 1a, § 60)

Zunächst ist es zu begrüßen, wenn die Nichtbefolgung des Zuweisungsbescheids vom Vergehen wieder - wie vor dem Inkrafttreten der ZDG-Novelle 1994 - zur Verwaltungsübertretung wird. Die vorgesehene Bestimmung erweitert aber die Strafbarkeit: im Gegensatz zur derzeit geltenden Justizstrafbestimmung und zu den §§ 61 bis 64 ist nicht nur die vorsätzliche Begehung sondern schon die - auch leicht - fahrlässige (§ 5 Abs 1 AVG) strafbar. Das ist ein grober Wertungswiderspruch im Verhältnis zu den übrigen Strafbestimmungen des ZDG aber auch des MilStG und HDG. Der Vorsatz müsste weiter Voraussetzung für die Strafbarkeit nach § 60 (im Unterschied zu § 65) bleiben.

Der vorgeschlagene § 58 Abs 1a hat zwar möglicherweise den Anschein einer autentischen Interpretation, ist aber in Wahrheit eine Beweisregel. §58 Abs 1 ist dem § 9 Abs 1 MilStG (Desertion) nachgebildet. Zu diesem gibt es umfangreiche Judikatur. Was dort aber auch was im § 58 Abs 1 unter "für immer" zu verstehen ist, ist ausjudiziert und geht auch aus den Materialen zum MilStG klar hervor (nämlich auf eine unbestimmte oder unverhältnismäßig lange Zeit). Die nunmehr vorgesehene Bestimmung verpflichtet das Strafgericht dazu, die subjektiven Tatbestandsmerkmale nicht selbst in freier Beweiswürdigung zu ermitteln, sondern diese vielmehr als erwiesen anzunehmen, wenn der Beschuldigte zuvor schon drei mal ein Straferkenntnis oder auch nur eine Strafverfügung der Bezirksverwaltungsbehörde wegen einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 60 bis 63 gegen sich ergehen hat lassen. Diese Bestimmungen sind denen der §§ 7, 8, 10 und 11 MilStG nachgebildet und haben eine, der

  Schwere der Übertretung entsprechend wesentlich geringer Strafdrohung. Dazu kommt noch, dass § 60 in der vorgesehen Fassung bloß ein Fahrlässigkeitsdelikt ist und § 63 auch Fälle erfasst, in denen mit einem bedingtem Vorsatz (typisch "Wenn ich den Flieger versäume, kann man auch nichts machen") auch nur ein Tag versäumt wird. Daraus kann keinesfalls der Vorsatz für das schwerste Delikt nach dem ZDG abgeleitet werden.

Die gebundene Beweiswürdigung ist mit den Grundsätzen des gerichtlichen Verfahrens unvereinbar, zusammen mit den schweren Folgen für den Beschuldigten bestehen Bedenken, ob nicht das Art 6 EMRK verletzt wird.

 

für den Internationalen Zivildienst

Christian Mokricky, Präsident

 

für die Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung, Gewaltfreiheit und Flüchtlingsbetreuung Rosi Krenn, Obfrau

 

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arge für wehrdienstverweigerung und gewaltfreiheit schottengasse 3a/59 1010 wien t +43-1-5359109 f +43-1-5327416 argewdv@verweigert.at www.verweigert.at bawag 10010670573 blz 14000 mitgliedsbeitrag € 40,–, für erwerbslose € 25,–