Amt der Wiener Landesregierung

 

                                                                                              Dienststelle:      Magistratsdirektion

                                                                                                                                                       Geschäftsbereich Recht

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MD-VD - 1222-1/10                                                          Wien, 17. November 2010

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem die Gewerbeordnung 1994

geändert wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMWFJ-30.680/0013-I/8/2010

 

 

 

An das

Bundesministerium für Wirtschaft,

Familie und Jugend

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu den integrierten Betrieben:

 

Es wird angeregt, den Entfall der integrierten Betriebe auch im Einleitungssatz des § 365a Abs. 1, im § 365a Abs. 1 Z 6 sowie im § 365b Abs. 1 Z 3 und 5 GewO 1994 zu berücksichtigen.

Da bestehende integrierte Betriebe nach wie vor weitergeführt werden dürfen, erscheint es aus Sicht der vollziehenden Behörden im Interesse einer leichteren Auffindbarkeit der Norm sinnvoll, die Bestimmung des § 367 Z 3 leg. cit. nicht zu streichen. Die entsprechenden Hinweise in den Übergangsbestimmungen des § 376 Z 52 bzw. § 382 Abs. 45 GewO 1994 könnten entfallen.

 

Zu § 39 Abs. 2:

 

Die Einfügung des neuen zweiten Satzes erfolgt den Erläuterungen zufolge mit dem Ziel, eine Zugangserleichterung für gewerberechtliche Geschäftsführer zu schaffen, die nicht zwingend eine kaufmännische Verantwortung für die Betriebsführung tragen.

 

Anzumerken ist, dass die mit dem gegenständlichen Entwurf vorgenommene pauschale Befreiung des gewerberechtlichen Geschäftsführers vom Nachweis der allenfalls vorgeschriebenen Unternehmerprüfung nicht den Umstand berücksichtigt, dass § 39 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 auch den (in der Praxis regelmäßig vorkommenden) Fall vorsieht, dass ein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt werden kann. Dies kann zu sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnissen führen.

 

Angemerkt wird weiters, dass die Befähigung für eine Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht nur im Wege der formellen Befähigung, sondern etwa auch im Rahmen der Verfahren gemäß den §§ 18 Abs. 6, 19 bzw. 373c und d GewO 1994 nachgewiesen werden kann, sodass das offenbar angestrebte unterschiedliche Niveau der Befähigung auch in den genannten Bestimmungen berücksichtigt werden müsste.

 

Aus Sicht des Amtes der Wiener Landesregierung sollte die durchaus verfolgenswerte Idee des Entfalls der Unternehmerprüfung beim so genannten „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ einer umfassenden Diskussion unterzogen werden, zumal eine solche legistische Maßnahme weitreichende Auswirkungen nach sich ziehen würde.

 


Weitere Vorschläge:

 

Vor dem Hintergrund bereits mit den Bundesländern abgestimmter Lösungsansätze erlaubt sich das Amt der Wiener Landesregierung schließlich die nachstehenden Deregulierungsvorschläge zu erstatten:

 

§ 365a Abs. 5 Z 3 GewO 1994; Abfrage von Daten aus dem Datenbestand des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger durch die Gewerbebehörden

 

Die derzeitige Rechtslage wird insofern als unbefriedigend empfunden, als die Gewerbebehörden etwa bei der Beurteilung der (individuellen) Befähigung nach den §§ 16 bis 19 GewO 1994 oder im Zuge der Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 373h leg. cit. zur besseren Nachvollziehbarkeit entsprechender Dienstzeiten in vielen Fällen die Beibringung von Sozialversicherungsdatenauszügen verlangen müssen. Dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ist es auf Grund der derzeitigen Rechtslage nicht möglich, den Gewerbebehörden eine entsprechende Erweiterung der Zugriffsberechtigung (etwa auf die so genannte Rolle „DA1972“) einzuräumen.

 

Es wird daher angeregt, die Worte „des laufenden und letzten Kalenderjahres“ im § 365a Abs. 5 Z 3 lit. b GewO 1994 zu streichen und damit eine Erleichterung für die Unternehmen herbeizuführen, ohne gleichzeitig die Behörden mit übermäßigem Verwaltungsaufwand zu belasten.

 

Eine entsprechende Änderung der Rechtslage wurde den Bundesländern im Rahmen des Protokolls zur Bundesgewerbereferententagung 2009 (siehe TOP 25) bereits schriftlich zugesichert.

 

§ 361 Abs. 2 GewO 1994

 

Seit 1. Juli 2010 ist gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 ein Absehen von der Gewerbeentziehung nur mehr hinsichtlich der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Versicherungsvermittlers bei nachgewiesenem überwiegendem Gläubigerinteresse zulässig.

 

Die Gewerbebehörde hat somit nicht mehr die zuvor nach § 87 Abs. 2 erster Teilsatz (alte Fassung) gegebene Möglichkeit, hinsichtlich anderer Gewerbe im Fall einer Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels die Verfahrenskosten deckenden Vermögens bzw. Einstellung des eröffneten Verfahrens aus diesem Grund, bei Vorliegen eines überwiegenden Gläubigerinteresses von der Gewerbeentziehung Abstand zu nehmen.

 

Die Behörde hat somit infolge der zwingenden Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z 2
GewO 1994 jedenfalls die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn das Insolvenzverfahren mangels eines zur Deckung der Kosten voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

 

Obwohl die Behörde nunmehr keinerlei Spielraum in Bezug auf die jedenfalls durchzuführenden Entziehungen hat, wurde vom Gesetzgeber eine Anpassung des § 361 Abs. 2 GewO 1994 verabsäumt, welcher hinsichtlich sämtlicher in den §§ 87 und 88 leg. cit. angeführter Entziehungsverfahren die Behörde verpflichtet, vor der Entziehung die zuständige Gliederung der örtlich zuständigen Wirtschaftskammer (bei Beschäftigung von Arbeitnehmern auch die die zuständige Arbeiterkammer) zu hören.

 

Die derzeitige Rechtslage führt somit sowohl bei den Behörden als auch bei betroffenen Interessensvertretungen insofern zu einem unnötigen Verwaltungsaufwand, als die Behörde im Rahmen der in Rede stehenden Entziehungsverfahren im Gegensatz zur früheren Rechtslage keinen Entscheidungsspielraum mehr hat. Fallweise darauf abzielende Stellungnahmen der Interessensvertretungen führen in der Praxis ferner zu einer weiteren Verzögerung der Verfahren.

 

Das Amt der Wiener Landesregierung erlaubt sich daher anzuregen, die durch die Änderung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erforderlich gewordene Anpassung des § 361 Abs. 2 leg. cit. vorzunehmen.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

MMag. Michael Ramharter                                   Dr. Peter Krasa

                                                                                   Obersenatsrat

 

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MD-GB-S

     z. H. Herrn OMR Dr. Günther Smutny

 

5.  MA 63

(zu MA 63 - 12069/2010)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen