Österreichische
Arbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (ÖAR)
Dachorganisation der
Behindertenverbände Österreichs

Dr. Christina Meierschitz · DW 119

E-Mail: meierschitz.recht@oear.or.at

 

 

 

 

 

Stellungnahme der

Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs,

zum Entwurf eines Bundesgesetzes

mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

 

BMWFJ-510101/0008-II/1/2010

 

 

Die ÖAR erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

Die ÖAR spricht sich entschieden dagegen aus, die Altersgrenze für die Gewährung der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres herabzusetzen.

Das Bildungssystem von Kindern mit Behinderungen in Österreich entspricht keinesfalls den Kriterien der Inklusion, wie sie in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgesehen sind und daher haben diese Kinder mit vielen Barrieren zu kämpfen, die die Zeit ihrer Ausbildung wesentlich verlängern können.

Der Zugang zu Universitäten wird Menschen mit Behinderungen durch physische, soziale und kommunikative Barrieren erschwert.

Diese Barrieren führen in den meisten Fällen zu erheblich längerer Studiendauer.

Aber vielfach haben Studierende mit Behinderungen auch auf Grund ihrer Behinderung nicht die Möglichkeit, ein Studium in der kürzesten Zeit zu absolvieren. Mit der Herabsetzung der Altersgrenze würde daher die Gefahr bestehen, dass die ohnehin nicht sehr hohe Zahl an Studierenden mit Behinderungen noch weiter sinken würde.

Doch auch bei allen anderen Berufsausbildungen besteht die Möglichkeit, dass Menschen mit Behinderungen auf Grund diverser Barrieren aber auch auf Grund ihrer Behinderung mehr Zeit benötigen und durch die kürzere Gewährung der unterstützenden Familienbeihilfe würde oftmals eine Berufsausbildung, die die Chance auf Teilhabe in der Gesellschaft erst ermöglicht, nicht abgeschlossen werden können. Daher wird auch der Wegfall der Familienbeihilfe für volljährige Kinder zwischen dem 18. und 21. Lebensjahr, wenn das Kind beim AMS arbeitsuchend vorgemerkt ist und keinerlei Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze nach dem ASVG erzielt werden, von der ÖAR strikt abgelehnt.

Weiters zu bedenken ist, dass einige Förderungen an den Bezug der Familienbeihilfe gekoppelt sind, wie zum Beispiel die kostenlose Mitversicherung oder eine Fahrpreisermäßigungen für öffentliche Verkehrsmittel. Diese müssen jedenfalls darüber hinaus gesichert sein.

Die Streichung der dreimonatigen Gewährung einer Familienbeihilfe nach Beendigung einer Berufsausbildung bis zur Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses, kann Menschen mit Behinderungen in erhöhtem Ausmaß treffen, da diese Personengruppe weit eher von Arbeitslosigkeit betroffen ist und die Berufszugangsbarrieren sehr umfangreich sind.

Aber auch die Kürzung bzw. Streichung der 13. Familienbeihilfe sowie der Entfall des Mehrkindzuschlages trifft Familien mit niederen Einkommen sowie Familien mit behinderten Kindern ungleich höher und ist aus diesem Grund entschieden abzulehnen.

Das geplante Gesetzesvorhaben ist definitiv als Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu sehen und daher verfassungswidrig. Es verstößt eindeutig gegen Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Außerdem wird damit gegen das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz verstoßen und schlussendlich widerspricht dieser Plan den Vorgaben der im Jahr 2008 von Österreich ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

 

Wien, am 16.11.2010