Klagenfurt, 2010-11-16

 

Betrifft: Familienlastenausgleichsgesetz 1967, Änderung (217/ME)

Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf

In den Erläuternden Bemerkungen zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967 heißt es:

„Der Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung, die die Ernährung, Bekleidung, häusliche Unterbringung, (Pflege, Betreuung) und Erziehung von Kindern verursacht, ist nicht nur eine Forderung der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch eine gesellschaftliche Existenznotwen­digkeit. Der Ausgleich der Familienlasten hat zwischen denjenigen zu erfolgen, die die Lasten im Interesse der gesamten Gesellschaft tragen, und jenen, die solche Lasten nicht zu tragen haben, jedoch bewusst oder unbewusst daraus Nutzen ziehen, dass andere es für sie tun . . . Die Gewährung der Beihilfen ergänzt die auf dem Gebiet des Einkommensteuerrechts vorge­sehene Kinderermäßigung . . . Die Gewährung der Beihilfen  ergänzt die auf dem Gebiete des Einkommensteu­errech­tes vorgesehene Kinderermäßigung. . . . Dieses Zusammenspiel zwischen den Ausgleichszahlungen (Beihilfen) und der Steuerpolitik ist notwendig, damit diese famili­enpolitischen Maßnahmen nicht nivellierend wirken und den Grundsatz des Leis­tungs­lohnes bzw. des Leistungsertrages nicht beeinträchtigen“ (549 BlgNR 11.GP, vom 6.6.1967).

Mit der auf dem Gebiete des Einkommensteu­errech­tes vorgesehenen Kinderermäßigung war der Kinderfreibetrag gemeint, damals je Kind in Höhe von 58 % bis 67 % des laut Tarif zustehenden steuerfreien Existenzminimums. Auf heutige Verhältnisse übertragen entspricht das einem Kinderfrei­betrag von etwa 6.600 Euro je Kind und Jahr. Die steuerliche Berücksichtigung der Kinderlas­ten entfiel in den 70er-Jahren. Als der Verfassungsgerichtshof auf die dadurch entstehende Steuermehrbelastung unterhaltspflichtiger Eltern hinwies, wurde im EStG 1988 § 34 Absatz 7  Z 1 eingefügt:

„(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, . . .“

Dadurch verloren Eltern im Ergebnis bereits einmal die Familienbeihilfe, auch wenn diese Rückzahlung der vorerst verfassungswidrig höher eingehobenen Steuerbeträge (1099 BlgNR 20.GP) unter dem Namen Familien­beihilfe erfolgte. Bei der Familienbeihilfe handelt es sich heute nicht mehr um eine Familienförderung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes: Sie ist entweder eine Sozialhilfeleistung, wenn das Einkommen der Eltern schon für das eigene (steuerliche) Existenzminimum nicht ausreicht, oder die Abgeltung bzw. Rückzahleng einer als verfassungswidrig erkannten Steuer.

Im Kontext mit den zugehörigen Erläuterungen und den zugrundliegenden VfGH-Erkenntnis­sen ist § 34 Abs 7 Z 1 daher wie folgt zu lesen:

„(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Die verfassungswidrige Steuermehrbelastung auf Unterhaltsleistungen für ein Kind ist durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, . . .“

Durch die Einfügung dieses Absatzes verloren Eltern zwar das Recht auf Familienbeihilfe; das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Abgeltung der Steuermehrbelastung in Form der Transferzahlungen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wurde jedoch im EStG veran­kert. Zugleich wurden die Regelungen des FLAG 1967 mit denen des EStG 1988 so verknüpft, dass sich Ände­rungen im FLAG unmittelbar im EStG auswirken.

Schlussfolgerung:

Werden durch die geplante Neuregelung die Transferzahlungen gekürzt oder fallen sie zur Gänze weg, müsste im Gegenzug im Einkommensteuergesetz die nun fehlende „Abgeltung“ der als verfassungswidrig erkannten Steuermehrbelastung durch andere geeignete Maß­nahmen, zB durch ein Familiensplitting für unterhaltspflichtige Eltern oder zumindest durch den entsprechend erhöhten Kinderfreibetrag laut § 106a EStG 1988 (6.600 Euro anstelle von 220 Euro) ersetzt werden.

Zur Vermeidung von Missverständnissen: Der Gesetzgeber kann den verfassungsrechtlich gebotenen Steuer-Lastenausgleich durch eine der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit entsprechende unterschiedliche Verteilung der Steuerlast zugleich zur Budgetsanierung verwenden, indem Personen mit weniger Kindern (oder ohne Kinder) bei gleichem persön­lich verfügbarem Einkommen gleich viel Steuer zahlen wie Personen mit mehr Kindern (vgl. dazu:  VfGH G 188/89/91, 26).

 

Dieter Mack

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