ÖSTERREICHISCHER BLINDEN- UND

SEHBEHINDERTENVERBAND

 

Selbsthilfeorganisation blinder und sehbehinderter Menschen

Austrian Association of the Blind and Visually Impaired

 

DER PRÄSIDENT

Mag. Gerhard Höllerer

Hägelingasse 3/II

1140 Wien

ZVR-Zahl 903235877

Telefon: +43 (1) 982 75 84-200

Telefax:  +43 (1) 982 75 84-204

E-Mai: praesident@blindenverband.at

Homepage: http://www.blindenverband.at

 

 

                                                                                                                                     

Bundesministerium für Arbeit, Soziales

und Konsumentenschutz (BMASK)

liselotte.rudolf@bmask.gv.at

 

Präsidium des Nationalrates

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

 

 

 

Wien, 9. November 2010

ral

 

 

Betr.: Stellungnahme zum Bundesgesetz, mit dem das

Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz

und das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz

geändert werden

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

der Österreichische Blinden- und Sehbehindertenverband (ÖBSV) – Dachverband – nimmt innerhalb der offenen Frist zu Ihren oben angeführten Gesetzesänderungen wie folgt Stellung:

 

  1. Der Kündigungsschutz für begünstigte Behinderte soll gem. § 8 Abs 7 für den Zeitraum 1. Jänner 2011 bis 31. Dezember 2013 keine Anwendung auf Dienstverhältnisse finden, die nach Inkrafttreten des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) begründet werden. Für den ÖBSV ist dieser Kündigungsschutz unverzichtbar, eine Aushöhlung – wenn auch „nur“ durch die geplante Aussetzung – lehnen wir ab!

 

Behinderte Menschen, insbesondere blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, bedürfen eines besonderen gesetzlichen Schutzes. Dies gilt besonders für die Begründung eines Dienstverhältnisses. Der ÖBSV glaubt nicht, dass die Aussetzung des Kündigungsschutzes die DienstgeberInnen dazu animieren wird, mehr behinderte Menschen zu beschäftigen. Zumal die Ausgleichstaxe (siehe Punkt 2 dieser Stellungnahme) keine allzu große abschreckende Wirkung haben dürfte.

 

  1. Die Ausgleichstaxe soll gem. § 9 Abs. 2 BEinstG von bisher 196,22 Euro auf nunmehr monatlich 226 Euro angehoben werden, für DienstgeberInnen ab 100 DienstnehmerInnen auf nunmehr 346 Euro. Diese Erhöhung der Ausgleichstaxe, auch für größere Unternehmen, ist völlig unzureichend.

 

Durch diese eher minimale Erhöhung dürfte die bei Nichtbeschäftigung von behinderten Menschen zu bezahlende Ausgleichstaxe keine allzu große Abschreckung für DienstgeberInnen darstellen. Es ist zu befürchten, dass damit und durch die Aussetzung des Kündigungsschutzes (vgl. Punkt 1 dieser Stellungnahme) der in den Erläuterungen als Motiv für die Gesetzesänderung angeführte Beschäftigungseffekt kaum zu erzielen sein wird!

 

  1. Die Abgeltung der Normverbrauchsabgabe gem. §§ 36 bis 39 Bundesbehindertengesetz (BBG) aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung soll gestrichen und durch erweiterte steuerliche Begünstigungen ersetzt werden. Der ÖBSV spricht sich für eine Beibehaltung der Abgeltung der Normverbrauchsabgabe aus.

 

Gerade Menschen mit Behinderungen unterliegen aufgrund ihres meist geringen Einkommens keiner Lohnsteuerpflicht, können daher von steuerlichen Begünstigungen nicht profitieren und erleiden durch die Abschaffung der Abgeltung der Normverbrauchsabgabe einen Einkommensverlust.

 

  1. Im § 19 Abs. 2 und Abs. 3 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG) soll die Übergangsfrist für die Herstellung der Barrierefreiheit von Bundesbauten und Verkehrsmitteln von bisher 31. Dezember 2015 auf nunmehr 31. Dezember 2019 erstreckt werden. Der ÖBSV spricht sich klar gegen diese Fristerstreckung aus und fordert eine Beibehaltung des 31. Dezember 2015!

 

Barrierefreiheit von Bundesbauten und Verkehrsmitteln ist keine Serviceleistung für behinderte Menschen, sondern lediglich eine Erfüllung der von der Republik Österreich ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention. Die Fristerstreckung wäre nicht nur ein Rückschritt in Sachen Gleichstellung behinderter Menschen, sie würde bereits geplante Maßnahmen für Barrierefreiheit unnötig verteuern und hätte kaum einen positiven Beschäftigungseffekt.

 

In der Hoffnung, dass unsere Änderungsvorschläge im Gesetzwerdungsprozess im Sinne der behinderten Menschen Berücksichtigung finden, zeichnet

 

mit freundlichen Grüßen

 

Mag. Gerhard Höllerer e.h.

Präsident des ÖBSV

Vizepräsident der ÖAR