BKA-600.076/0035-V/5/2010 GBeg BMASK; Änderung des ASVG, des GSVG, des BSVG und des APG - Budgetbegleitgesetz 2011-2014

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bearbeiter Herr Dr LLM Ronald FABER

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Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

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Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden – Budgetbegleitgesetz 2011-2014;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines und Rechtliches:

Die Unionsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

Zu Art. 1 Z 8 (§ 154a Abs. 7 ASVG) und Parallelrecht:

Nach den Erläuterungen soll für Zuzahlungen bei Rehabilitationsmaßnahmen und bei Kur- und Genesungsmaßnahmen eine nach dem Einkommen abgestufte Regelung nach dem Muster der vom Hauptverband im Rahmen der Gesundheitsvorsorge erlassenen Richtlinien geschaffen werden; nach diesen Richtlinien sind – so die Erläuterungen – Personen bis zur Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende generell von der Zuzahlung befreit. Es wird darauf hingewiesen, dass sich eine solche Befreiung von der Zuzahlung für Erwerbseinkommen bzw. Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende jedenfalls aus dem vorgeschlagenen § 154a Abs. 7 ASVG nicht ergibt, obwohl sie nach den Erläuterungen offenbar intendiert (vgl. auch die Finanziellen Erläuterungen).

Zu Art. 1 Z 15 (§ 253a ASVG) und Parallelrecht:

Es wird angeregt, § 253a Abs. 2 ASVG als nähere Voraussetzung des Rechtsanspruchs nach Abs. 1 leg. cit., und nicht als Spezifikation der Maßnahmen, auf die der Rechtsanspruch besteht, zu formulieren (zB: „Ein Anspruch nach Abs. 1 besteht nur, wenn durch die Maßnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit …“), zumal sonst das Verhältnis zwischen § 253a Abs. 2 und § 198 Abs. 1 (iVm § 253a Abs. 1 und § 303 ASVG) unklar wäre. Allfällige weitere Konkretisierungen der Maßnahmen könnten in § 253a Abs. 3 ASVG geregelt werden.

Erläutert werden sollte, warum bei Tätigkeiten, die einen Lehrabschluss oder mittleren Schulabschluss erfordern, eine Rehabilitation „nach unten“ auch mit Zustimmung der versicherten Person unzulässig ist, und warum dieses absolute Verbot gerade bei diesem Qualifikationsniveau gilt.

Zu Art. 1 Z 33 (§ 292 Abs. 1 ASVG) und Parallelrecht:

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Anspruch auf Ausgleichszulage von einem legalen Aufenthalt im Inhalt abhängig gemacht werden. Nach den Erläuterungen soll dadurch ein Gleichklang des Ausgleichszulagenrechts mit dem europäischen und österreichischen Aufenthaltsrecht hergestellt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Ausgleichszulage als Leistung der gesetzlichen Pensionsversicherung qualifiziert, wenngleich sie auf dem Versorgungsprinzip beruht (VfGH 24. September 2009, G 165/08 ua.; 24. Februar 2010, B 101/09). Solche Versorgungsleistungen der Sozialversicherung orientieren sich am individuellen Versorgungsbedarf (VfSlg. 16.923/2003). Aus diesem Grund ist jedenfalls die geltende Beschränkung des Anspruches auf Ausgleichszulage auf Personen mit einem „gewöhnlichen Aufenthalt im Inland“, der nicht von der Erlaubtheit des Aufenthaltes abhängt (Ziegelbauer in Sonntag [Hrsg], ASVG [2010] § 292 Rz 4), verfassungsrechtlich unbedenklich; der Gesetzgeber kann nämlich „Maßnahmen an einen Aufenthalt im Inland binden, die zur Behebung eines Versorgungsdefizites bzw. zur Gewährleistung eines Versorgungsbedarfes im Sinne eines Existenzminimums gewährt werden, da diese Art der Vorsorge geradezu typischerweise auf die wirtschaftliche und soziale Situation im Inland Bezug nimmt und in keinem Zusammenhang mit möglicherweise ganz anders gearteten Verhältnissen in anderen Ländern steht“ (VfGH 24. September 2009, G 165/08 ua.). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es – auch im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung – zulässig ist, auch die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Inland als Anspruchsvoraussetzung zu verlangen.

Zu Art. 1 Z 49 (§ 607 Abs. 12 ASVG) und Parallelrecht:

Es sollte eine klarstellende Regelung getroffen werden, auf welche Fälle die neue Rechtslage Anwendung findet. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wäre im Hinblick auf die Stichtagsregelung (§ 223 Abs. 2 ASVG) darauf Bedacht zu nehmen, dass zumindest jene Versicherte, die vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage einen Pensionsantrag gestellt haben, insoweit ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen auf den Fortbestand dieser Rechtslage haben dürften.

Zu Art. 1 Z 51 (§ 617 Abs. 13 ASVG) und Parallelrecht:

Angemerkt wird, dass im Hinblick auf das grundsätzliche Auslaufen der sog. Langzeitversichertenregelung mit Ende 2013 (§ 607 Abs. 12 ASVG) die Anhebung des Anfallsalters und die Einführung erschwerter Bedingungen ab diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz widersprechen würden, weil ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Weitergeltung der Regelung über die Befristung hinaus gar nicht entstanden sein kann.

II. Legistisches und Sprachliches:

Allgemeines:

Auf die richtige Paragraphenbezeichnung der Schlussbestimmungen wird zu achten sein.

Zu Art. 1 Einleitungssatz:

Zusätzlich zur letzten Novelle wäre auch die Kundmachung BGBl. I Nr. 85/2010 anzuführen (LRL 124).

Zu Art. 1 Z 1 (§ 31 Abs. 5 Z 27 ASVG):

Es sollte die ganze Z 27 (LRL 122) unter Verwendung der Formatvorlage „52_Ziffer_e1“ (Pkt. 2.5.7.4.1 der Layout-Richtlinien) novelliert werden.

Zu Art. 1 Z 15 (§ 253a ASVG) und Parallelrecht:

Es wird angeregt, bei der Regelung der Zumutbarkeit in § 253a Abs. 4 ASVG nicht von „festsetzen“ bzw. „durchführen“ zu sprechen (zB „Die Maßnahmen nach Abs. 1 sind der versicherten Person nur dann zumutbar, wenn sie … berücksichtigen“; „Maßnahmen der Rehabilitation … bedürfen der Zustimmung der versicherten Person“). Die Wendung „Rehabilitation auf Tätigkeiten“ in § 253a Abs. 4 letzter Satz ASVG sollte sprachlich verbessert werden.

Zu Art. 1 Z 21 (§ 255 Abs. 3b ASVG) und Parallelrecht:

Das Gesetzeszitat müsste lauten: „Abs. 3a Z 4“.

Zu Art. 4 Z 1 (§ 6 Abs. 1 APG):

Aufgrund der gewählten Novellierungstechnik gäbe es zwei Punkte am Ende des Absatzes.

Zu Art. 4 Z 3 (§ 23 APG):

Am Ende des Gesetzestextes fehlt das Anführungszeichen.

III. Zur Gestaltung des Entwurfes im Hinblick auf das Budgetbegleitgesetz 2011-2014:

Es wird dringend ersucht, die Gestaltung des Entwurfes entsprechend Pkt. 5.1. (auch hinsichtlich der Schlussbestimmungen) und Pkt. 5.5. des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 14. Oktober 2010, GZ BKA‑603.722/0001-V/2/2010 – betreffend Vorbereitung eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014 – vorzunehmen.

 

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

15. November 2010

Für den Bundeskanzler:

HESSE

 

 

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