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Datum

BMJ-Pr350.00/0001-Pr/2010

UV-GSt/Sch

Werner Hochreiter

DW  2624

DW 2105

22.11.2010

 

 

 

 

 

 


Entwurf eines Budgetbegleitgesetzes Justiz 2011-2013          
Begutachtungsverfahren – Nachtrag zu Art 37

 

Angesichts der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragestellungen nimmt die Bundesarbeitskammer (BAK) zu Art 37 des Entwurfes (Bundesgesetz zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten) – in Ergänzung zu ihrer Stellungnahme vom 17.11.2010 – wie folgt Stellung und ersucht um Berücksichtigung:

 

Die Bundesarbeitskammer begrüßt mit Nachdruck das mit Artikel 37 vorgeschlagene Bundesgesetz zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten.

 

Eine Regelung in gesetzlicher Form ist nötig, da alle bisherigen, bis 2005 zurückreichenden Versuche, eine gütliche Einigung herbeizuführen, von Umwelt Forum Haushalt (UFH) nicht ernsthaft aufgegriffen worden sind. Die zuletzt durchgeführten Gespräche auf ministerieller Ebene geben keinen Anlass zur Hoffnung, dass in absehbarer Zukunft eine gütliche Einigung möglich sein könnte. Nur mit Hilfe des vorgeschlagenen Bundesgesetzes wird eine Verwendung der Gelder im Konsumenteninteresse sichergestellt werden können. Offiziell hat UFH zwar nie bestritten, dass die Gelder Konsumentengelder sind. In der Praxis orientiert sich UFH allerdings klar an den offenkundigen Interessen der hinter UFH stehenden Elektro- und Elektronikindustrie. So sind auch die laufenden verkaufsfördernden Aktionen unter dem Stichwort „Trennungsprämie“ zu sehen. Diese bewirken im Ergebnis, dass Gelder aus der UFH-Privatstiftung im Wege von Prämienzahlungen letztlich wieder an die Unternehmen der Elektro- und Elektronikindustrie zurückfließen. Darüber hinaus verfolgt UFH offenkundig die Strategie, dass bis zum Ablauf der Verjährungsfristen, solange noch Rückzahlungsansprüche der Konsumenten bestehen, nur die jährliche lukrierten Zinsen verausgabt werden sollen. Der Stamm des Vermögens soll bis dahin unangetastet bleiben. In diesem Sinne wurde auch 2005 die Stiftungsurkunde verändert. Mit Ablauf dieser Verjährungsfristen würden die Gelder dann aber ins unbeschränkte Alleineigentum von UFH fallen und wären aus Konsumentensicht wohl als „verloren“ zu betrachten, zumal die innere Architektur der UFH-Privatstiftung nicht erwarten lässt, dass Konsumenteninteressen dann noch eine erwähnenswerte Rolle spielen werden. Um dies zu verhindern, ist das vorgeschlagene Bundesgesetz unerlässlich.

 

Gleichzeitig stellt das vorgeschlagene Bundesgesetz den geringstmöglichen Eingriff in die Interessen von UFH dar. Denn es ist flexibel genug, dass berechtigten Interessen von UFH insbesondere in Hinblick auf die Aktivitäten in der Entpflichtung und Sammlung von Elektro- und Elektronikgeräten ausreichend Rechnung getragen werden kann. Mit Blick auf die ohnedies fragile Wettbewerbssituation in der Elektroaltgerätesammlung befürwortet die BAK, dass die Rückführung so vorgenommen wird, dass die Geschäftstätigkeit von UFH ebenda tunlichst nicht beeinträchtigt wird.

 

Freilich sollte aus Sicht der BAK in weiterer Folge auch sichergestellt werden, dass „rückgeführte“ Gelder auch tatsächlich einer Verwendung im Interesse der Konsumenten zuführt werden, damit dem hypothetischen Konsumentenwillen bestmöglich entsprochen ist.

 

Anmerkungen im Detail

 

Die UFH-Privatstiftungsgelder stammen zu 100% aus Vorauszahlungen der Konsumenten für die Altkühlgeräteentsorgung gemäß der Kühlgeräteverordnung BGBl 1992/408. Diese Verordnung hat in § 3 Abs 2 Ziffer 7 (eingefügt durch die Novelle 1995/168) sogar eine Zweckwidmung enthalten: Denn die Anerkennung als Entsorgungssystem war gebunden daran, dass „ .. die eingenommenen Geldbeträge zur Sicherstellung der Sammlung und Behandlung von Altkühlgeräten zweckgebunden verwendet“ werden. Freilich hat das BMLFUW diese Vorgaben nie zum Anlass von Aufsichtsmaßnahmen genommen. So hätte schon die 1995 von UFH im Alleingang geschaffene Privatstiftungskonstruktion durchaus in diesem Sinne hinterfragt werden müssen, da die Satzung nicht auf die Zwecke der Kühlgeräteverordnung beschränkt war. Vertretern von UFH haben die Wahl der Privatstiftungskonstruktion damit gerechtfertigt, da nur so eine Ertragsbesteuerung der Pickerl-Einnahmen verhindert werden könne. Mit der 2005 vorgenommenen, tiefgreifenden Abänderung der Stiftungssatzung hat UFH den insoweit zulässigen Handlungsspielraum jedenfalls überschritten. Dies gilt auch deswegen, weil damals für UFH schon unmittelbar absehbar war, dass diese Vorauszahlungen der Konsumenten spätestens ab Mitte 2005 durch die Erlassung der Elektroaltgeräteverordnung sinnlos werden würden. Der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) – und damit auch führende Vertreter von UFH - waren von Anbeginn an führend an den Verhandlungen um die EU-Elektroaltgeräterichtlinie beteiligt, die dann Grundlage für die Elektroaltgeräteverordnung geworden ist. Führenden Vertretern von UFH war somit auch frühzeitig bekannt, dass mit der Elektroaltgeräteverordnung dem bisherigen Kühlschrankpickerlsystem die Grundlage entzogen werden würde.

 

So war es dann auch. Mit Erlassung der Elektroaltgeräteverordnung ist die Kühlgeräteverordnung per 13. August 2005 außer Kraft getreten. Obwohl also die Regelung, die Anlass zur Schaffung des Kühlschrankpickerlsystems war, schon 2005 außer Kraft getreten ist, hat eine geordnete Abwicklung und vollständige Rückführung der verbliebenen Konsumentengelder bis heute nicht stattgefunden. Der Kern der „UFH-Rückzahlungsaktion 2005“, die auf einer Vereinbarung zwischen BMLFUW und UFH beruhte, ist seit Mitte 2006 im Wesentlichen abgeschlossen. Es haben dabei weniger Konsumenten als von UFH selber erwartet ihre Gutscheine und Plaketten eingelöst. Seit damals sind noch immer rund 40 Mio € aus Kühlschrankpickerlgeldern in der UFH-Privatstiftung vorhanden. Noch ausständige Verbindlichkeiten dürften dagegen kaum mehr als 10 Mio € ausmachen. Sie resultieren aus potentiellen Rückzahlungsverpflichtungen zum einen an Inhaber von Plaketten; denn diese haben jedenfalls ein 30-jähriges Rückgaberecht. Zum anderen werden noch einige Inhaber von Gutscheinen ihre Altgeräte zur Entsorgung bringen. Setzt sich allerdings der bisherige Trend weiter fort, so wird letzten Endes von diesen „potentiellen“ 10 Mio € auch nur ein Bruchteil abgerufen werden.

 

UFH hat dem Vernehmen nach Mitte 2005 aus Anlass der genannten Rückzahlungsaktion per „medialer Erklärung“ versprochen, die verbliebenen Gelder an das BMLFUW zurückzuzahlen. Doch verschriftlicht wurde dieses Zugeständnis nie. Die aus Anlass dieser Rückzahlungsaktion geschlossene Vereinbarung zwischen BMLFUW und UFH hat diesbezüglich keine Vereinbarung enthalten. Denn eine verbindliche Erklärung darüber hat UFH tunlichst vermieden: Ursprünglich wollte UFH die Rückzahlungsaktion 2005 gemeinsam mit der AK Wien abwickeln, hat dann aber die Gespräche abgebrochen, wie die AK Wien die Offenlegung der Finanzen und eine Willenserklärung über die weitere Verwendung der Gelder im Konsumenteninteresse verlangt hat.

 

Freilich könnte man aufgrund der Bestimmungen in der Stiftungssatzung argumentieren, dass die UFH-Privatstiftung noch vor oder mit Ablauf der Verjährungsfristen ihre Abwicklung beschließen und die Gelder dem BMLFUW „stiften“ könne. Derartiges hat UFH aber selber nie öffentlich angekündigt. Und es wäre auch wenig glaubwürdig, da alle praktischen Aktivitäten von UFH in die Gegenrichtung laufen und auf einen klaren Fortbetriebswillen hindeuten. So wurde die Stiftungssatzung Anfang 2005 genau in diesem Sinne verändert: Die ursprünglich auf 30 Jahre befristete Stiftung wurde in eine auf „unbestimmte Zeit“ umgewandelt und in ihrem Bestand deutlich „verfestigt“ (insbesondere §§ 5, 8, 13 und 14 der Stiftungssatzung 2005). Die Konsumenten wurden als Letztbegünstigte gestrichen (§ 12) und der „Betrieb von Unternehmen“ jedweder Art als Stiftungszweck eingefügt (§ 3). Ab sofort sollten nur mehr führenden Vertreter aus dem Kreis der Elektro- und Elektronikindustrie Funktionen in den Gremien der Privatstiftung bekleiden können (§§ 6 und 9); auch die Repräsentation der Interessen der Konsumenten sollte ihnen ausdrücklich vorbehalten sein (§ 9)! Und nur im Falle der Abwicklung der Privatstiftung – dh nur, wenn der Stiftungsvorstand keinen anderen Letztbegünstigten namhaft macht! – würden die Gelder an das BMLFUW fallen (§ 12).

 

Dass eine Abwicklung der Stiftung zugunsten des BMLFUW nicht bevorsteht und auch in Zukunft höchst unwahrscheinlich ist, erschließt sich schon allein aus dem Selbstverständnis von UFH. So verstehen sich der UFH-Verein und seine Unternehmen laut Organigramm des FEEI als Teil des sogenannten „FEEI-Netzwerkes“ (http://www.feei.at/feei_netzwerk/ ). Dieses unterstützt die Mitgliedsunternehmen des Fachverbandes mit unterschiedlichsten Dienstleistungsangeboten. Hierher gehören auch die von UFH angebotenen Dienstleistungen.

 

Aber auch die operative Tätigkeit von UFH selber lässt auf einen klaren Fortbetriebswillen im Interesse der vom FEEI vertretenen Unternehmen schließen: So hat die UFH-Privatstiftung mittlerweile eine UFH-Holding gegründet, unter deren Dach schon drei Gesellschaften entstanden sind. Diese sind zum einen für den Betrieb als Sammel- und Verwertungssystem gemäß der Elektroaltgeräteverordnung bestimmt. Zuletzt wurde ein Joint Venture mit einem namhaften deutschen Entsorger gegründet: Die so gegründete UFH RE-cycling GmbH beschränkt sich aber nicht mehr auf die Organisation von Entsorgungsleistungen sondern betreibt selber eine eigene Kühlschrankrecyclinganlage und macht so bestehenden Anlagen und Unternehmen der Entsorgungswirtschaft (vorwiegend KMUs) in Österreich Konkurrenz. Angemerkt sei, dass über dieses Gemeinschaftsunternehmen seither die Möglichkeit besteht, UFH-Gelder – auch ohne Bindung an den Stiftungszweck – nach außen zu transferieren. UFH hat auch schon eine Verpackungssammelgesellschaft gegründet und hat sich als künftiger Mitbewerber um eine Genehmigung als Sammel- und Verwertungssystem gemäß der Verpackungsverordnung bemüht, wobei hier wie bei allen übrigen Aktivitäten der ursprüngliche Boden der Zweckwidmung gemäß der Kühlgeräteverordnung schon längst verlassen ist.

 

Auch der aktuelle Stand der jüngsten Gespräche in Sachen „UFH-Gelder“ lässt keine anderen Schlüsse zu. Er stellt sich aus Sicht der BAK wie folgt dar: BMLFUW und UFH haben zunächst informelle Gespräche geführt, wobei UFH den Fokus auf verkaufsfördernde Aktionen (Haushaltsgeräte, Energiesparlampen udgl) gelegt und klargestellt hat, dass man keine Änderungen der Stiftungssatzung wolle. Sodann sind BMASK und die BAK beigezogen worden. Forderungen des BMLFUW nach „Rückführung aller Gelder binnen einer festzulegenden Frist“ hat UFH aber abgelehnt, ebenso Überlegungen, die Gelder für gemeinwohlorientierte Zwecke wie zB den Gerätetausch in kommunalen Einrichtungen oder für Energieberatung zu verwenden. Lediglich für karitative Zwecke wollte sich UFH – allerdings in ganz engem finanziellem Rahmen - nicht ganz verschließen.

 

Letztendlich haben diese Gespräche aufs Neue gezeigt, dass UFH nur zu Vorschlägen gesprächsbereit ist, die auf der Linie der - durchaus eng verstandenen - Interesse der Mitgliedsunternehmen des FEEI liegen: Anderes als die Fortsetzung der laufenden verkaufsfördernden Aktionen sei kaum vorstellbar, so UFH. Zudem werde man jedenfalls an der durch die Stiftungssatzung vorgegebenen Regel festhalten, dass nur die jährlichen Zinseneinkünfte verausgabt werden, um den Stamm des Vermögens tunlichst zu erhalten (siehe §§ 8 und 13).

Aus alldem ist aus Sicht der BAK zu schließen, dass allfällige Willensbekundungen von UFH, wonach man die Gelder zurückzahlen werde, nicht glaubwürdig sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Gelder nie zurückgezahlt werden, solange die Entscheidung über ihre Verwendung weiter bei UFH liegt. UFH sieht in den Stiftungsgeldern in erster Linie ein Sicherheitsnetz für die errichteten und geplanten Unternehmen im UFH-Netzwerk. UFH wird daher auch weiterhin die „Ausgaben für Konsumentenzwecke“ annähernd mit den jährlich lukrierten Zinsen begrenzen. UFH wird auch nur solche Projekte akzeptieren, die im Interesse des FEEI sind, was sehr enge Grenzen zieht. Mit Ablauf der Verjährungsfristen werden mangels jeglicher Mitsprachemöglichkeit „Konsumentenzwecke“ dann überhaupt keine Rolle mehr spielen.

 


Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

Zum Verwendungszweck:

Vor dem Hintergrund der allgemeinen Bemerkungen ist es nach Einschätzung der BAK auch unerlässlich, den Verwendungszweck im Gesetz zu verankern. Dabei ist zu beachten, dass Konsumenten diese Beiträge zwar für die Entsorgung geleistet haben, dies aber nicht freiwillig, sondern im Rahmen der Verpflichtungen gemäß der Kühlgeräteverordnung. Daher wäre es wohl zu einschränkend, nur den Umweltschutz als Verwendungszweck vorzusehen. Vielmehr müssen die Mittel zur Förderung des allgemeinen Konsumentenschutzes verwendet werden. Es ist ja auch davon auszugehen, dass Konsumenten, die von ihrem Rückzahlungsanspruch Gebrauch gemacht haben, diese auch nicht primär zu Umweltzwecken ausgeben werden bzw die Mittel, wäre ihnen der Entsorgungsbeitrag nicht seinerzeit durch die Verordnung auferlegt worden, sie diese auch allgemein in ihrem jeweiligen Interesse verwendet hätten.

Es sollte daher im Gesetz ergänzt werden, dass die Gelder zur Förderung des Verbraucherschutzes zu verwenden sind, wie es ja auch die Erläuternden Bemerkungen bereits vorsehen.

 

Zu § 3:

Der Entwurf könnte dahin gelesen werden vor, dass nur die seit 12.08.2005 aufgelaufenen Zinsen vom Anspruch umfasst sind. Das Datum wäre ersatzlos zu streichen, da auch bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls gesetzliche Zinsen aufgelaufen sind.

 

Zu § 4:

§ 4 sieht vor, dass Mittel, die vom Umweltforum Haushalt - Privatstiftung entsprechend dem Stiftungszweck bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet wurden, den Umfang der Rückzahlungsverpflichtung verringern. Allerdings wurde kein Datum vorgesehen, sondern lediglich ein Platzhalter dafür vorgesehen. Um sicherzustellen, dass diese Bestimmung nicht dazu führt, dass die Mittel gezielt verwendet werden, um die Rückzahlungsverpflichtung möglichst gering zu halten, müsste jedenfalls als Datum jener Zeitpunkt gewählt werden, mit dem der Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Herbert Tumpel                                                             Maria Kubitschek

Präsident                                                                     iV des Direktors