Stellungnahme des ÖAMTC

zum Entwurf einer 14. FSG-Novelle – Umsetzung der 3. FS-Richtlinie

(GZ. BMVIT-170.706/0013-II/ST4/2010)

 

 

A) Grundsätzliches

 

Der ÖAMTC bedankt sich für die Gelegenheit, zum gegenständlichen Entwurf Stellung zu nehmen.

 

Die 14. FSG-Novelle zur Umsetzung der 3. EU-Richtlinie über den Führerschein bringt die umfassendsten und tiefgreifendsten Neuerungen seit langem im österreichischen Führerscheinrecht mit sich. Daher möchte der ÖAMTC auf diesem Wege seinen Dank dafür aussprechen, dass das zuständige Ministerium zur Vorbereitung  der Novelle eine Arbeitsgruppe mit den Vorarbeiten betraut hat. Damit wurde sichergestellt, dass alle befassten Kreise ihr Fachwissen einbringen konnten und die Änderungen von einem breiten Konsens getragen werden.

 

Bezüglich der Details unserer Stellungnahme dürfen wir auf die nachfolgenden Ausführungen verweisen.

 

B) Besonderer Teil

 

Zu Z 1 (§ 1 Abs 1a Z 7) – Invalidenkraftfahrzeuge

Gegen die Ausklammerung von Invalidenkraftfahrzeugen aus dem Anwendungsbereich des FSG wird kein Einwand erhoben.

 

Zu Z 4 (§ 1 Abs 4, 3. Satz) – Anerkennung einer EWR-Lenkberechtigung der Klasse B ab 17

Der ÖAMTC begrüßt diese Klarstellung, die insbesondere für Absolventen des deutschen Modells „begleitetes Fahren ab 17“ eine Erleichterung bedeutet. Unklar erscheint jedoch nach wie vor, ob die in dieser Ausbildungsform ausgestellte „vorläufige Prüfungsbescheinigung“ einer EWR-Lenkberechtigung bzw. einem Führerschein gleichzustellen ist.

Wünschenswert wäre es, wenn mit den übrigen EU-Staaten Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit abgeschlossen würden, damit auch österreichische Führerscheininhaber ab dem 17. Lebensjahr in anderen Staaten zu fahren berechtigt sind.

 

Zu Z 7 (§ 2) – Umfang der Lenkberechtigung

Der ÖAMTC begrüßt, dass das Lenken von 125ccm-Motorrädern mit einer Lenkberechtigung der Klasse B auch künftig unter den bisherigen Voraussetzungen möglich sein wird.

 

Zu Z 12 (§ 4a Abs 4) – Zweite Ausbildungsphase  

Das neu vorgesehene Gefahrenwahrnehmungstraining für MotorradfahrerInnen im Rahmen der zweiten Ausbildungsphase wird im Sinne von mehr Verkehrssicherheit – insbesondere bei jungen LenkerInnen ab 16 Jahren – begrüßt.

 

Zu Z 15 (§ 4b Abs 3) – Zweite Ausbildungsphase, Inhalte

Die Einführung einer Perfektionsfahrt für MehrphasenabsolventInnen der Klassen A1, A2 oder A stellt eine sinnvolle Ergänzung dar.

 

Zu Z 20 (§ 5 Abs 1) – A1 mit Lenkberechtigung der Klasse B, Entfall des Code 111

Wie in den Erläuterungen richtigerweise ausgeführt wird, erfordert die künftige Regelung eine Abkehr von der Praxis, den Code 111 in den Führerschein einzutragen. Nach wie vor sollen die Berechtigungen natürlich im Führerscheinregister vermerkt werden, allerdings lässt der gegenständliche Entwurf eine Regelung des in den Erläuterungen beschriebenen Procedere vermissen.

 

Zu Z 21 (§ 5 Abs 2) – Wohnsitz, Ort der persönlichen Bindung

Das Abstellen auf den Ort der persönlichen Bindung in jenen Fällen, in welchen der Arbeitsort der FührerscheinbesitzerInnen in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnort liegt, wird begrüßt und bringt endlich die lange erhoffte Klärung für diese Sachverhalte.

 

Zu Z 26 (§ 8 Abs 4a) – Berechnung der Befristung der Lenkberechtigungen

Die Klärung wird begrüßt.

 

Zu Z 34 (§ 12 Abs 2 und 3) – Prüfungsfahrzeuge

In Abs 2 hat die Wortfolge „oder Unterklasse“ zu entfallen.

 

Der ÖAMTC regt an, dass die Prüfung für die Klassen A1 und A2 auch auf Motorrädern der jeweils höheren Klassen ermöglicht wird.

 

Zu Z 42 (§ 14 Abs 1 Z 3) – mitzuführende Dokumente

Das Mitführen der Ausbildungsbestätigung zum Nachweis der Berechtigung, Motorräder der Klasse A1 mit einer Lenkberechtigung der Klasse B lenken zu dürfen, wird begrüßt.

 

Zu Z 43 (§ 15 Abs 3) – Duplikate für EWR-Führerscheine

Die Einräumung eines Wahlrechtes hinsichtlich der Ausgestaltung der Befristung wird begrüßt.

 

Zu Z 52 (§ 16b Abs 3 Z 4) – Eintragung von Daten zur Erteilung der Lenkberechtigungsklasse AM

Laut dieser Bestimmung hat die Behörde alle zur Erteilung der Lenkberechtigungsklasse AM erforderlichen Daten in das Führerscheinregister einzutragen, „…wenn das Verfahren nicht bei einer Fahrschule abgewickelt wird,…“. Dies bezieht sich auf jene Fälle, in denen die Ausbildung durch Automobilclubs durchgeführt wird. Es bedarf einer Klärung, wie dieses „Verfahren“ aussehen soll,  wer zu welchem Zeitpunkt die entsprechenden Daten zu erfassen hat und wie bzw. wann die Antragstellung zu erfolgen hat (also Zeitablauf und Rollenverteilung zwischen Führerscheinwerber, ausbildender Institution und Behörde). Im Sinne der Klärung und Vereinfachung schlägt der ÖAMTC vor, das Verfahren analog zu jenen Fällen zu gestalten, in welchen die Fahrschulen am Erwerb der Lenkberechtigung mitwirken.

 

Zu Z 57 (§ 17a) – Gültigkeitsdauer von Lenkberechtigungen

Im ersten Satz des Abs 1 sollte es statt Lenkberechtigung richtiger Führerschein heißen. Dies entspricht sowohl der Wortwahl der Führerschein-Richtlinie als auch der in Österreich gebräuchlichen Bezeichnung zur Unterscheidung zwischen Dokument und Berechtigung. Dies ist auch die Voraussetzung für die Konsequenz, dass ein Lenken mit abgelaufenem Dokument nicht dem Fahren ohne Lenkberechtigung gleichzusetzen ist.

 

Die in Abs 3 vorgenommene Festlegung, dass gesetzliche Befristungen ab dem Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung zu berechnen sind, wird begrüßt. In den vergangenen Jahren hatte die uneinheitliche Behördenpraxis zu Verunsicherung und Benachteiligung geführt. Noch einfacher und wünschenswerter wäre es allerdings, den Neubeginn einer Frist bei Vorliegen aller Voraussetzungen unmittelbar an den Ablauf der vorangegangenen Frist anschließen zu lassen. Dies entspräche auch der gängigen Behördenpraxis in Niederösterreich und Oberösterreich sowie einigen bereits ergangenen UVS-Entscheidungen (z.B. Wien und Niederösterreich).

 

Die in Abs 4 enthaltene Möglichkeit, sich durch die Behörde vom Ablauf gesetzlicher Fristen benachrichtigen zu lassen, wird prinzipiell  begrüßt. Da diese Verständigung jedoch nicht qualifiziert zugestellt wird und lediglich informellen Charakter hat, lehnt der ÖAMTC die Vorschreibung eines Kostenersatzes ab.

 

Zu Z 58 (§ 18) – Lenkberechtigung für die Klasse AM

Es ist unklar, wie im Falle der Ausbildung durch Automobilclubs die Daten bzw. Unterlagen der FührerscheinwerberInnen zeitnahe bei der Behörde einlangen sollen, um die Ausstellung eines vorläufigen Führerscheins zu ermöglichen (siehe auch unsere Ausführungen oben zu
Z 52).

 

In Abs 4 wäre eine klärende Formulierung wünschenswert, wonach die Fahrlehrer oder Instruktoren die Kandidaten auf einspurigen Kraftfahrzeugen zu begleiten haben.

 

Da gemäß § 1 Abs 1a, neue Fassung Invalidenkraftfahrzeuge nicht mehr unter den Anwendungsbereich des FSG fallen, sind sie aus der Aufzählung des Abs 5 (Alkoholverbot bis zum vollendeten 20. Lebensjahr) zu streichen.

 

Durch die nachgereichte Klarstellung vom 26.1.2011 zum gegenständlichen Entwurf ließ das Ministerium erkennen, dass die Absolvierung einer gesundheitlichen Untersuchung nicht als weitere Voraussetzung für den Erwerb der Klasse AM beabsichtigt war. Der ÖAMTC möchte an dieser Stelle ausdrücklich festhalten, dass er eine Prüfung der gesundheitlichen Eignung für künftige LenkerInnen von Motorfahrrädern und insbesondere vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für absolut wünschenswert erachtet und eine solcher Vorschlag unsere volle Unterstützung finden würde. Auch lässt die EU-Führerschein-Richtlinie diese  Maßnahme ausdrücklich zu.

 

Zu Z 59 (§ 18a) – Lenkberechtigungen der Klassen A1, A2 und A

Die Bestimmung des Abs 3 wird begrüßt.

 

Die Regelung des Abs 6 wird aus folgenden Gründen abgelehnt:

Die Zahlen der getöteten Motorradfahrer – im Gegensatz zu anderen Verkehrsteilnehmern – stagnieren seit über einem Jahrzehnt sowohl in Österreich als auch in Europa. Aus diesem Grund muss das Prinzip ausnahmslos lauten: Zugang zu A-Klassen nur mit Vollausbildung. Die Grundintention des in der 3. EU-Führerschein-Richtlinie verbrieften Stufenmodells ist ein homogenes System für die A-Klassen zu schaffen und nicht einen Quereinstieg von B zu A zu ermöglichen. Ein Verzicht auf die verkehrssicherheitsrelevanten Funktionen und Vorzüge dieser Ausbildung ist nicht möglich. Durch ein Ablegen der theoretischen und praktischen Prüfung allein kann insbesondere nicht sichergestellt werden, dass den Kandidaten das Erkennen von und der Umgang mit Risiken beim Motorradfahren in ausreichendem Maße vermittelt wird.

Die geplante Regelung lädt geradezu zu Umgehungsversuchen ein: Während sie dafür gedacht wäre, Lenkern, die über die Berechtigung „A1 mit B“ verfügen und sich zum Umstieg auf eine vollwertige Lenkberechtigung der Klassen A1, A2 oder A entschließen, diesen Umstieg zu erleichtern, wird sie sich zum Standard-Einstiegszenario in das Motorradfahren entwickeln: Ein Erwerb der Berechtigung und eine anschließende Absolvierung der theoretischen und praktischen Prüfung erscheint möglicherweise vielen Bewerbern als Zeit sparendere und kostengünstigere Variante, um letztlich auch leistungsstärkere Motorräder zu lenken.

Nach den bisherigen Erfahrungen mit Lenkern, die über den der Berechtigung „A1 mit B“ entsprechenden Code 111 verfügen, sind diese in der Regel nicht an einer „Motorradkarriere“ interessiert, stellen also nicht den typischen Motorradfahrer dar. Die Berechtigung wird daher nicht mit der Perspektive des Umstiegs auf größere Motorräder erworben. Daher scheint es durchaus zumutbar und sogar notwendig, dass diejenigen, die sich zu einem späteren Zeitpunkt anders entscheiden, die volle Ausbildung absolvieren müssen. Denkbar ist jedoch – im Sinne einer Erleichterung des Umstiegs für Lenker, die bereits über Fahrpraxis auf Motorrädern der Klasse A1 verfügen – eine Anrechnung von Praxisstunden im Rahmen der zu absolvierenden Vollausbildung: Die für den Erwerb der Berechtigung „A1 mit B“ (bzw. den früheren Code 111) absolvierten Stunden können bei der praktischen Ausbildung der Klasse A1 (nicht jedoch der Klassen A2 und A!) angerechnet werden. Daneben sind jedoch jedenfalls eine volle theoretische Ausbildung sowie eine theoretische und praktische Prüfung zu absolvieren. Eine entsprechende Regelung wäre in der KDV zu treffen. Anrechnungsbestimmun­gen dieser Art sind dort durchaus systemkonform.

 

Am Ende des § 18a fehlt eine Verordnungsermächtigung hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der praktischen Ausbildung gem. Abs 2 Z 2.

 

Zu Z 60 (§ 20) – Lenkberechtigung für die „großen“ Klassen

In Abs 2 Z 4 lit a sollte die Aufzählung um Fahrzeuge der Rettungsdienste erweitert werden.

 

Zu Z 64 (§ 23 Abs 5 letzter Satz) – Lenken von Fahrzeugen der Klasse AM durch Personen ohne Wohnsitz in Österreich

Es darf darauf hingewiesen werden, dass manche Staaten wie z.B. Italien ein niedrigeres Mindestalter für die Klasse AM normiert haben als Österreich. Daher bedarf es einer Klärung, ob auch in diesen Fällen von der Lenkberechtigung Gebrauch gemacht werden kann.

 

Zu Z 65 (§ 24 Abs 1) – Absehen von der Entziehung der Lenkberechtigungsklasse AM

Diese Bestimmung ist im Sinne der Vermeidung von Härtefällen zu begrüßen.

 

Zu Z 78 (§ 37 Abs 2a) – Geldstrafe für das Lenken trotz abgelaufener Administrativfrist

Diese Bestimmung wird begrüßt.

 

Zu Z 81 (§ 41a) – Übergangsbestimmungen und bisher erworbene Rechte

Unklar ist, wie in jenen Fällen vorzugehen sein wird, in welchen InhaberInnen einer alten „Code 111“-Berechtigung ihren Führerschein nach dem 19. Jänner 2013 umtauschen. Die beiden ersten Sätze des Abs 3 können hier nicht zur Anwendung kommen, da eine Eintragung der Berechtigung mittels Code künftig nicht mehr möglich sein wird. Ihre Berechtigungen haben daher wohl als „A1 mit B“ zu gelten; in diesem Fall ist zu klären, wodurch sie ihre – im Führerscheindokument nicht ersichtliche – Berechtigung der Exekutive gegenüber nachweisen sollen.

 

Dass im Falle einer Wiedererteilung (also nach Erlöschen, länger als 18 Monate dauernder Entziehung oder nach Verzicht) jene Berechtigungen verloren gehen sollen, die nach Inkrafttreten der Novelle nicht mehr (in dieser Form) existieren, findet keine Zustimmung. Während gem. § 10 Abs 4 alle übrigen Klassen unter erleichterten Bedingungen wieder erworben werden können, müssten ehemalige InhaberInnen des Code 111 beispielsweise die komplette Ausbildung wiederholen. Diese Differenzierung führt zu ungerechtfertigten Benachteiligungen und wird daher abgelehnt. Desgleichen wird die Regelung hinsichtlich der Wiedererteilung der Klasse A vor Erreichen des 24. Lebensjahres abgelehnt.

 

Die Bestimmung des Abs 6, wonach Mopedausweise innerösterreichisch als Lenkberechtigungen zu gelten haben, ist erforderlich und richtig. Allerdings ist anzumerken, dass hier einige Konsequenzen zu Ende gedacht werden müssen. De facto sind die InhaberInnen solcher Ausweise, die auch über einen Führerschein verfügen, im Besitz zweier Lenkberechtigungen, was den Grundsätzen der Führerscheinrichtlinie widerspricht. Darüber hinaus wird es notwendig sein zu normieren, wie im Falle einer Entziehung der Lenkberechtigung für höhere Klassen mit diesem Mopedausweis zu verfahren sein wird.

 

Zu Z 82 (§ 43 Abs 19) – Inkrafttreten

Da die Bestimmungen des § 24 Abs 3 nicht im Zusammenhang mit der Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie stehen erlauben wir uns den Hinweis, dass ihr Inkrafttretenstermin wohl irrtümlich mit 19. Jänner 2013 festegelegt wurde.

 

 

 

 

ÖAMTC Rechtsdienste

Maga. Ursula Zelenka

Februar 2011