Sehr geehrte Damen und Herren!

Sehr geehrtes Präsidium des Nationalrates!

Sehr geehrte Mitglieder des Gesundheitsausschusses!

 

Bezug nehmend auf den Entwurf des Bundesgesetzes über medizinische Assistenzberufe (MAB-Gesetz) – insbesondere auf die Tätigkeit der Sportwissenschafter/innen in der Trainingstherapie – erlauben ich mir folgende Stellungnahme:

 

Allgemeine Vorbemerkung:

Zahlreiche Sportwissenschafter/innen verrichten derzeit in therapeutischen Teams und unter ärztlicher Anordnung hochqualifizierte Arbeit, das rechtliche Umfeld dafür ist allerdings unklar. Es bedarf dringend einer fundierten Rechtsgrundlage für die Tätigkeit akademisch ausgebildeter Sportwissenschafter/innen. In diesem Zusammenhang ist das Bestreben, nunmehr für einen Teilbereich sportwissenschaftlicher Tätigkeit – nämlich der Tätigkeit in der Trainingstherapie – eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, generell zu begrüßen.

 

Ad § 24 MAB-Gesetz - Trainingstherapie

Das Tätigwerden in der Trainingstherapie setzt grundsätzlich die ärztliche Anordnung voraus. Darüber hinaus gilt es für den/die Sportwissenschafter/- in im sogenannten „therapeutischen Team“ in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit bestehenden ärztlichen und qualifizierten nicht ärztlichen Berufen (Psychologen/-innen, Physiotherapeuten/-innen, Ergotherapeuten/-innen, etc.), ein für die jeweilige Person nach wissenschaftlichen Standards optimales Therapiekonzept zu erarbeiten und umzusetzen.

 

Der Entwurf lässt völlig offen, wie die „Zusammenarbeit“ beschaffen sein soll. Insbesondere ist unklar, wer wessen Anordnungen unterliegt. Aus sportwissenschaftlicher Sicht muss eine diesbezüglich Formulierung klarstellen, dass eine Trainingstherapie nur auf ärztliche Anordnung, danach aber in Eigenverantwortung des/der Sportwissenschafters/- in und in ergänzender Abstimmung mit dem Arzt/der Ärztin sowie mit den nicht ärztlichen Berufen erfolgt.

 

Entsprechend obiger Überlegungen wäre daher folgende Änderung des § 24 MABGesetz anzudenken:

„Trainingstherapie ist ärztlich indizierte und verordnete Bewegung mit verhaltenstherapeutischen Komponenten. Sie wird – aufbauend auf einer stabilisierten Primärerkrankung und zur ergänzenden Behandlung von Sekundärerkrankungen – in Zusammenarbeit mit bestehenden ärztlichen und qualifizierten nicht ärztlichen Berufen von fachlich qualifizierten Sportwissenschaftern/-innen (§ 27) eigenverantwortlich geplant, durchgeführt und gemeinsam mit dem Arzt bzw. der Ärztin kontrolliert und in Einzel- oder Gruppentherapie umgesetzt. Ziel ist es, mit geeigneten Mitteln der körperlichen Aktivität und der Verhaltensorientierung im Rahmen trainingsindizierter Prozesse dauerhaft strukturelle und funktionelle Verbesserungen des biologischen Systems zu erreichen und damit den Wiedereintritt von Krankheiten, Folgekrankheiten, Maladaptionen und Chronifizierungen zu vermeiden.“

 

Ad § 26 MAB-Gesetz – Ausübung der Trainingstherapie

Der Gesetzesentwurf verpflichtet die Sportwissenschafter/innen, die Trainingstherapie ausschließlich in einem Dienstverhältnis auszuüben. Die österreichische Rechtsordnung kann wohl nicht zwingend vorsehen, dass ein/e Universitätsabsolvent/in mit einschlägiger Ausbildung die erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen nur in einem Weisungszusammenhang mit einem Dienstgeber und nicht selbstständig/freiberuflich ausüben darf.

 

Das gesamte MAB-Gesetz (z.B. § 26 Abs. 1 und 2, § 13, § 33 Abs. 2, etc.) sollte daher für einschlägig ausgebildete Sportwissenschafter/innen die Möglichkeit der selbstständigen Berufsausübung – nach Freigabe durch und in Zusammenarbeit mit einem Arzt/einer Ärztin – vorsehen.

 

Ad § 27 MAB-Gesetz – Qualifikationsnachweis – Akkreditierung

 

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein Studium der Sportwissenschaften erst durch einen Akkreditierungsbeirat anerkannt werden muss, zumal aus den Gesetzesmaterialien klar hervorgeht, dass durch das Gesetz Sportwissenschafter/innen Zugang zur Trainingstherapie gewährt werden sollte.

 

Es ist dringend erforderlich, dass der Gesetzgeber – und nicht ein weitgehend intransparent agierender Beirat – jene Studienrichtungen der Sportwissenschaft festlegen, deren Absolventen/- innen ohne weitere Akkreditierung zur Berufsausübung der Trainingstherapie berechtigt sind.

 

Ad § 28 MAB-Gesetz – Akkreditierungsbeirat für Sportwissenschaften

Mit dieser Bestimmung mutet man nicht nur akademisch gebildeten Sportwissenschaftern/-innen zu, dass in deren Gebiet nicht fachkundige Personen über Fragen der Berufsausübung entscheiden, sondern stellt gleichzeitig die universitäre Ausbildung in Frage, die im Kern von promovierten und habilitierten Wissenschaftler/innen, vielfach mit hoher wissenschaftlicher Expertise in der Trainingstherapie, durchgeführt wird. Allerdings ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht einmal klar, wie es zu den Beschlüssen im Beirat kommen soll, ist doch dieser Punkt einer noch festzulegenden Geschäftsordnung (Abs. 5) vorbehalten, deren Inhalt noch niemand kennt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Sportwissenschafter/innen und deren Interessen anderen Personen und Einflüssen ausgeliefert sind.

 

Schlusswort

Abschließend ist zu betonen, dass der vorliegende Entwurf nur einen – wenngleich auch wichtigen – Teilbereich der sportwissenschaftlichen Tätigkeit betrifft. Es wäre jedoch dringend erforderlich gesetzliche Rahmenbedingungen für die sportwissenschaftliche Tätigkeit insgesamt zu schaffen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Mag.a  Angela Wittmann

Sportwissenschafterin

 

 

Das gleiche Schriftstück findet sich als pdf im Anhang.