Österreichische
Arbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (ÖAR)
Dachorganisation der
Behindertenverbände Österreichs

Dr. Christina Meierschitz · DW 119

E-Mail: meierschitz.recht@oear.or.at

 

 

 

 

 

Stellungnahme der

Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs,

zum Entwurf

1. eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, und

2. eines Bundesgesetzes zur Durchführung des Fakultativprotokolls vom

18. Dezember 2002 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

(OPCAT-Durchführungsgesetz)

BKA-601.150/0001-V/1/2011

 

 

Die ÖAR erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

Es wird mit Bedauern festgestellt, dass die ÖAR als Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen in Österreich nicht in die vorbereitenden Überlegungen und Verhandlungen zur Umsetzung des OPCAT einbezogen wurde und somit wesentliche Bestimmungen für Menschen mit Behinderungen nicht umfassend und zufriedenstellend gelöst worden sind.

Grundsätzlich begrüßt die ÖAR die Betrauung der Volksanwaltschaft mit den Aufgaben, die sich aus dem OPCAT ergeben.

Es wird jedoch kritisch bemerkt, dass die Volksanwaltschaft (VA) derzeit nicht den Bestimmungen der Pariser Prinzipien und somit dem OPCAT entspricht. Die Pariser Prinzipien (PP) enthalten Grundsätze für die Errichtung einer Nationalen Menschenrechtsinstitution. Vor allem durch den Bestellmodus aber auch durch ihre Zusammensetzung ist eine personelle Unabhängigkeit der VA nicht zu erwarten. Hinzu kommt, dass ein Nationaler Präventionsmechanismus über die erforderlichen Fähigkeiten und Fachkenntnisse verfügen muss. Das Internationale Koordinationskomitee für Nationale Menschenrechtsinstitutionen (ICC) hat der VA aufgrund des limitierten Mandats und der nicht hinreichenden Befassung mit Menschenrechten sowie aufgrund der mangelnden Unabhängigkeit lediglich „B-Status“ verliehen.

 

Jedenfalls wäre die VA mit ausreichend personellen Ressourcen und einer fachlich qualifizierten Geschäftsstelle auszustatten, um die Unabhängigkeit des Präventionsmechanismus und eine effektive Überwachung zu garantieren.

Die Überwachung der Anhaltungen von Menschen mit Behinderungen muss jedenfalls am Maßstab der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) beurteilt werden.

Nach Artikel 16 Abs. 3 UN-BRK müssen zur Verhinderung jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch alle Einrichtungen und Programme, die für Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, wirksam von unabhängigen Behörden überwacht werden.

Mit dem vorliegenden Entwurf wurde nur das OPCAT umgesetzt, aber die im engen Zusammenhang stehende Bestimmung der UN-BRK nur teilweise miteinbezogen. Menschen mit Behinderungen können auch in Einrichtungen, die nicht dem Heimaufenthaltsgesetz oder Unterbringungsgesetz unterliegen, Gewalt und grausamer oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein.

Die ÖAR bedauert, dass mit der Änderung des B-VG und dem OPCAT- Durchführungsgesetz diese Chance, einen umfassenden Präventionsmechanismus gegen Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch, zum Schutz von Menschen mit Behinderungen zu schaffen, nicht aufgegriffen wurde.

Hinsichtlich der Anforderungen zur Umsetzung der menschenrechtlichen Aspekte unterstützt die ÖAR die Stellungnahme des Ludwig Bolzmann Instituts.

Die Stellungnahme wurde wunschgemäß dem Präsidium des Nationalrates elektronisch übermittelt.

 

Wien, am 1.7.2011