An das

Bundesministerium für Finanzen

Hintere Zollamtsstraße 2b

1030 Wien

 

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Wien, am 28. Februar 2012

Zl. B,K-001-4.2/280212/GK

 

GZ: BMF-010000/0002-VI/1/2012

 

Betreff: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Bewertungsgesetz 1955, das Bundesgesetz über eine Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und das Bausparkassengesetz geändert werden (Stabilitätsgesetz 2012) und Verordnung betreffend die Änderung der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Bausparkassengesetzes

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich einleitend zu seiner Stellungnahme zum Stabilitätsgesetz 2012, welches zusätzliche Einnahmen als Teil des Konsolidierungspakets vorsieht, darauf hinzuweisen, dass in diesem Gesetzesentwurf – mit Ausnahme des Bausparkassengesetzes – ausschließlich gemeinschaftliche Bundesabgaben, die dem vertikalen Verteilungsschlüssel des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) unterliegen, Gegenstand von Änderungen sind. Nach § 6 FAG 2008 hat der Bund mit den Ländern und Gemeinden vor der Inangriffnahme steuerpolitischer Maßnahmen, die für die Gebietskörperschaft mit einem Ausfall an Steuern, an deren Ertrag sie beteiligt sind, verknüpft sein können, Verhandlungen zu führen.

Diese von den kommunalen Spitzenverbänden in der Sitzung vom 22. Februar 2012, im Bundesministerium für Finanzen geforderten § 6 FAG - Verhandlungen, wurden unter Hinweis auf ein saldiertes Plus für die Gemeinden von den Vertretern des Finanzministeriums abgelehnt.

 

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: In die vom Bundesministerium für Finanzen am 9. Februar 2012 prognostizierten Mehreinnahmen der  Länder und Gemeinden aus Ertragsanteilen in den Konsolidierungsjahren 2012-2016, welche den FAG-Partnern als Hinderungsgrund für § 6 Verhandlungen entgegengehalten werden, beinhalten auch Abgabenerträge aus Finanztransaktionen und eine Abgeltungsabgabe. Diese beiden geplanten Einnahmequellen, deren Teilung gemäß dem allgemeinen Abgabenschlüssel den Gemeindevertretern seitens der Beamtenebene des BMF bereits zugesagt wurde, sind jedoch weder im Stabilitätsgesetz 2012 enthalten, noch als sicher einzuschätzen. Bei entsprechender Bereinigung um diese Mehrerträge einschließlich der Prämienkürzungsmaßnahmen (ausschließliche Bundessache) sind finanzielle Mehrbelastungen der Gemeinden schon jetzt vorhersehbar, nicht nur im Jahr 2012. Beispielsweise entstehen den steirischen Gemeinden aufgrund der Bestimmungen des Stabilitätsgesetzes bis einschließlich 2016 steuerliche Mehrbelastungen von ca. 100 Mio. EUR (Verlust des Vorsteuerabzugs und Immobilienertragsteuer).

 

Bei einer optimalen Umsetzung des hier begutachteten Stabilitätsgesetzes sowie des Eintreffens sämtlicher getroffener Annahmen/Steuerwirkungen aus diesem Gesetz (etwa Finanztransaktionssteuer oder Abgeltungsabgabe) ergeben sich für die steirischen Gemeinden Mehreinnahmen von ca. EUR 105,0 Mio. Dies würde dazu führen, dass die steirischen Gemeinden aus dem geplanten Maßnahmenpaket bis 2016 lediglich EUR 5,0 Mio. (!) lukrieren würden. Für den Fall, dass die Finanztransaktionssteuer nicht bzw. auch die Abgeltungsabgabe nicht in der vom Bund geplanten Form beschlossen wird oder nicht die prognostizierten Erträge bringt, würde dies jedenfalls dazu führen, dass die steirischen Gemeinden insgesamt mit einem Verlust aus allen Maßnahmen aussteigen würden. Im Worst-Case (völliger Entfall dieser beiden genannten Maßnahmen) würde sich der Vorteil der steirischen Gemeinden bis 2016 lediglich auf EUR 72,0 Mio. belaufen, dem die angeführte Mehrbelastung in Höhe von 100 Mio. EUR gegenüber stünde.

 

Insgesamt stellen die im Entwurf des Stabilitätsgesetzes 2012 vorgesehenen Maßnahmen einen massiven Eingriff in den bestehenden Finanzausgleich dar. Insbesondere die Einschränkung der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei der Vermietung und Verpachtung (§ 6 Abs. 2 UStG) verursacht einen enormen finanziellen Mehraufwand. Aber auch die Änderungen im Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (GSBG) führen durch die im gegenständlichen Entwurf vorgesehenen Kürzungen der Beihilfen zu mittelbaren Mehrbelastungen der Gemeinden im Wege der Sozialhilfe.

Daher muss vom Österreichischen Gemeindebund auch im Rahmen dieser Stellungnahme die Forderung nach Verhandlungen gemäß § 6 FAG 2008 erhoben werden.

 

 

 

 

 

Gemäß dem Entwurf zum Stabilitätsgesetz 2012 soll es im Einkommensteuergesetz 1988 zu weitreichenden Änderungen im Immobilienbereich kommen und Gewinne aus der Veräußerung von Liegenschaften künftig einer 25%-Besteuerung unterliegen. Für die österreichischen Gemeinden stellt die Aufschließung von Grundstücken einen Kernpunkt der ihnen im Rahmen des Hoheitsbereiches übertragenen Aufgaben dar und es kommt in diesem Zusammenhang auf Gemeindeebene auch immer wieder zu Liegenschaftstransaktionen. Generell ist zu sagen, dass es ob der laufenden Forderungen des Bundes nach mehr Abgabenautonomie der subnationalen Gebietskörperschaften etwas befremdlich ist, dass der Bund den Steuertatbestand der Umwidmung für sich vereinnahmt, obgleich gerade in den letzten Monaten entsprechende Initiativen auf Länderebene gestartet wurden.

 

Für den Fall, dass die österreichischen Gemeinden trotz ihrer Ablehnung künftig über den gewerblichen Bereich hinaus von einer Besteuerung von Liegenschaftstransaktionen betroffen sind, stellt sich insbesondere die Frage, ob und in welchem Umfang auf Gemeindeebene anfallende Aufschließungskosten im Rahmen der Ermittlung des Unterschiedsbetrages iSd § 30 Abs 3 EStG idF Stabilitätsgesetz 2012 zu berücksichtigen sind. Aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes sind insbesondere nachstehende Fälle nicht eindeutig durch den vorliegenden Entwurf geregelt und es wird daher um Klarstellung im Sinne der nachstehend vertretenen Rechtsauffassung ersucht.

 

1)    Aufschließungskosten als Anschaffungskosten iSd § 30 Abs 3 EStG idF Entwurf Stabilitätsgesetz 2012: Die Gemeinde erwirbt nach 1.4.2002 ein Grundstück um 50.000 EUR und schließt dieses Grundstück in der Folge um 20.000 EUR auf. Davon entfallen 10.000 EUR auf Grundaufschließungskosten und 10.000 EUR auf den Anschluss an öffentliche Versorgungssysteme (z.B. Kanal, Wasser, Strom). Nach 1.4.2012 wird das Grundstück um 70.000 EUR veräußert. Fraglich ist, ob sämtliche Aufschließungskosten als Teil der Anschaffungskosten des veräußerten Grundstückes zu qualifizieren sind.

Nach herrschender Auffassung zählen Kosten der erstmaligen Grundstücksaufschließung bei einer unbebauten Liegenschaft zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens (vgl Rz 2626 EStR). Kosten des Anschlusses an öffentliche Versorgungssysteme, wie Gas, Wasser, Strom oder Kanalisation gehören demgegenüber zu den Herstellungskosten des Gebäudes (vgl Rz 2627 EStR). Sofern letztere Kosten noch nicht in Zusammenhang mit einem Gebäude gebracht werden können, sind diese als eigenständiges Wirtschaftsgut anzusehen (VwGH 25.11.1999, 99/15/0169). Daraus ergibt sich, dass Aufschließungskosten als Anschaffungs(neben)kosten zu qualifizieren sind, und somit die Grundanschaffungskosten erhöhen. Hinsichtlich der Kosten für den Anschluss an das öffentliche Versorgungssystem könnte demgegenüber die Auffassung vertreten werden, dass diese aufgrund des eigenständigen Wirtschaftsgutcharakters nicht unmittelbar dem Grundstück zuzurechnen und somit nicht in die Grundstücksanschaffungskosten einzurechnen wären. Umgelegt auf den Ausgangsfall würde dies bedeuten, dass sich bei Veräußerung der Liegenschaft auf Ebene der Gemeinde ein Veräußerungsgewinn iHv 10.000 EUR ergeben würde, der von der Gemeinde zu versteuern wäre.

Aus Sicht der österreichischen Gemeinden ist aber vielmehr davon auszugehen, dass auch die Kosten für den Anschluss des Grundstücks an das öffentliche Versorgungsnetz als Anschaffungskosten iSd § 30 Abs 3 EStG idF Stabilitätsgesetz 2012 zu qualifizieren sind. Dies vor dem Hintergrund, dass der Anschluss an das öffentliche Versorgungssystem auf Gemeindeebene gleichermaßen einen Aufwand darstellt, welcher der Nutzbarmachung der Liegenschaft dient, sodass entsprechend des Eingangsbeispiels bei Veräußerung der Liegenschaft tatsächlich kein Gewinn auf Gemeindeebene verbleibt. Eine Unterscheidung zwischen allgemeinen Aufschließungskosten und Kosten für den Anschluss an das öffentliche Versorgungssystem wäre daher unbillig und würde zur Versteuerung von fiktiven Gewinnen führen. Es wird somit darum ersucht, eine entsprechende gesetzliche Klarstellung aufzunehmen, wonach die gesamten oben genannten Kosten bei der Gemeinde die Anschaffungskosten des Grundstückes erhöhen.

 

2)    Grundstückserwerbe durch Gemeinden für Zwecke der Straßenerrichtung iSd § 30 Abs 3 EStG idF Entwurf Stabilitätsgesetz 2012: Die Gemeinde erwirbt nach 1.4.2002 von einer Privatperson eine Liegenschaft im Ausmaß von 10.000 m² zum Preis von EUR 10.000. Hiervon behält sich die Gemeinde 1.000 m² für Zwecke der Errichtung einer öffentlichen Zufahrtsstraße zurück. Die restlichen 9.000 m² veräußert die Gemeinde zum ursprünglichen Erwerbspreis von EUR 10.000 weiter. Fraglich ist, ob die auf die Fläche der Zufahrtsstraße entfallenden Kosten (EUR 1.000) als Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung des Unterschiedsbetrages aus der Veräußerung der Liegenschaft angesetzt werden können.

Nach herrschender Auffassung gelten Beiträge zur Errichtung öffentlicher Interessentenwege, Aufschließungsbeiträge sowie ganz allgemein Kosten für den Ausbau einer Ortsstraße bei unbebauten Liegenschaften als Anschaffungskosten des Grund und Bodens (vgl Rz 2626 EStR). Daraus kann uE geschlossen werden, dass Aufwendungen einer Gemeinde, die auf den Erwerb einer Grundfläche zum Zweck der Errichtung einer öffentlichen Straße entfallen, auf Gemeindeebene als Anschaffungskosten des aufgeschlossenen Grundstückes anzusehen sind, welches in der Folge weiterveräußert wird, da die Gemeinde verpflichtet ist, eine entsprechende Infrastruktur bereitzustellen. Nach herrschender Auffassung stellen Aufwendungen für die Errichtung einer Gemeindestraße, welche die Gemeinde als Eigentümerin eines Grundstückes dem Käufer einer Liegenschaft im Rahmen des Kaufvertrages anlastet, bei diesem Anschaffungskosten des Grund und Bodens dar (vgl Rz 2626 EStR uHa VwGH 25.11.1999, 99/15/0169). Daraus ergibt sich aber uE im Umkehrschluss, dass auch auf Gemeindeebene Kosten iZm dem Erwerb einer Liegenschaft, die lediglich der Errichtung einer öffentlichen Straße dienen, als Anschaffungskosten des zu veräußernden Grundstückes zu qualifizieren sind. Dies gilt umso mehr, als die Errichtung der Straße eine behördliche Maßnahme darstellt, die im öffentlichen Interesse gelegen ist und aus der die Gemeinde keinerlei Vermögensvorteile für sich erzielen kann.

Umgelegt auf den Ausgangsfall bedeutet dies, dass bei Veräußerung der Liegenschaft im Ausmaß von 9.000 m² um einen Preis von EUR 10.000 die gesamten Anschaffungskosten der Gemeinde iHv 10.000 in Abzug gebracht werden können. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten beträgt damit EUR 0 und ein Veräußerungsgewinn ist uE zu verneinen. Aus der derzeitigen Fassung von § 30 Abs 3 EStG lt Entwurf zum Stabilitätsgesetz 2012 ist jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, dass Aufwendungen einer Gemeinde, die auf den Erwerb einer Fläche zum Zweck der Errichtung einer öffentlichen Straße entfallen, auf Gemeindeebene als Anschaffungskosten des Grundstückes anzusehen sind, welches in der Folge weiterveräußert wird. Es wird daher darum ersucht, eine entsprechende gesetzliche Klarstellung aufzunehmen, wonach die gesamten ob genannten Kosten bei der Gemeinde Anschaffungskosten darstellen.

 

 

 

Nach § 21 Abs. 3 Zi. 4 KStG 1988 sollen künftig alle Körperschaften der Immobilienertragsteuer unterliegen. Die Abgabe selbst findet sich im § 30 EStG 1988 als Teil des Stabilitätsgesetzes.

Bei Grundstücksverkäufen durch Gemeinden wird es sich in der Regel um sogenanntes „Altvermögen“ (nicht steueranhängig) handeln, sodass alle Grundstückserlöse ab 1. April 2012 (ausgenommen jene wo eine Nachhaltigkeit in den Grundstücksan- und verkäufen besteht – hier liegt unverändert ein BgA gem. §  2 KStG 1988 vor) entweder mit 3,5 % oder bei erfolgter Umwidmung nach 1987 mit 15% Immobilienertragsteuer belastet werden sollen, wobei eine Option zur Regelbesteuerung möglich ist.

Der Österreichische Gemeindebund spricht sich vehement gegen die Einbeziehung der Gemeinden in diese Bestimmung aus und verlangt eine Befreiung der Gebietskörperschaften von der Immobilienertragsteuer und zwar mit folgender Begründung:

a)    Aufgrund ihres verfassungsmäßigen Auftrags sind die Gemeinden genauso wie die beiden anderen gebietskörperschaftlichen Ebenen nicht mit anderen Körperschaften gleichzusetzen.

b)    Die Immobilienertragsteuer tritt an Stelle der bisherigen im Einkommensteuergesetz für natürliche Personen geregelten Besteuerung von Spekulationsgeschäften beim Verkauf von Immobilien innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Die Gemeinden als Gebietskörperschaft bzw. als Körperschaft öffentlichen Rechts waren daher mangels einer Bestimmung im Körperschaftsteuergesetz 1988 von der Spekulationssteuer bei Immobilienverkäufen nicht umfasst.

Die Einbindung der Gemeinden in die Nachfolgeregelung der Spekulationsgeschäfte ist entschieden abzulehnen, da sie zu einem nicht unwesentlichen Eingriff für viele Gemeinden in deren kommunale Grundaufgaben führen würde. Liegenschaftsan- bzw. Liegenschaftsverkäufe von Gemeinden erfolgten bzw. erfolgen nicht in Spekulationsabsicht sondern meist für die Schaffung von Wohnraum (z.B.: für Sozialwohnungen, betreutes Wohnen, etc.), für Betriebsansiedlungen (Schaffung von Arbeitsplätzen) u.a.

c)    Aus Sicht des Konsolidierungspakets bzw. im Sinne des Österreichischen Stabilitätspaktes würde diese Immobilienertragssteuer, die die Gebietskörperschaften zu entrichten hätten, keinen Beitrag zum Konsolidierungspaket leisten, da sie das gesamtstaatliche Defizit nicht verringern würde. Vielmehr kann man von einer verdeckten Änderung des Finanzausgleiches (graue Finanzausgleich) sprechen.

Im Sinne dieser Ausführungen wird daher die Forderung wiederholt, die Gebietskörperschaften von der Immobilienertragssteuer auszunehmen.

d)    Artikel 34 Budgetbegleitgesetz 2001: Der Katalog der Abgaben des Artikel 34 Budgetbegleitgesetzes 2001 wäre für den Fall, dass es entgegen obiger Ausführungen bei einem Verbleib der Immobilienertragsteuer für Körperschaften öffentlichen Rechts bleibt um die Immobilienertragsteuer zu erweitern, um für die Länder und Gemeinden eine Gleichstellung mit der BIG (diese ist von allen Abgaben und Gebühren befreit) zu gewährleisten. Dieser Artikel 34 wurde seinerzeit auf Forderung der Länder und Gemeinden eingeführt, um eben die steuerliche Gleichstellung mit der BIG herzustellen.

e)    Weitere erforderliche Ausnahmen für den Fall der Umsetzung der Immobilienertragssteuer für Gebietskörperschaften sind neben Punkt c) auch folgende:

·        Liegenschaftsveräußerung für kommunale Infrastrukturprojekte (z.B.: Wohnbau, Betriebsansiedlung, Objekte die kulturellen und geselligen Zwecken dienen, etc.)

·        Immobilienveräußerungen (z.B.: Baurechtsmodelle), die lediglich zur Finanzierungszwecken getätigt werden (Finanzierung außerhalb des Kapital- und Kreditmarkts)

·        Veräußerung von Immobilien die überwiegend hoheitlichen Zwecken dienen

·        Veräußerung von Immobilien die dem Gemeinwohl dienen (analog der Befreiung gem. § 30 Abs. 2 EStG des gegenständlichen Entwurfs)

 

 

 

Mit dem zum § 6 Abs. 2 UStG im Begutachtungsentwurf angefügten Unterabsatz wird nun ganz massiv in die Finanzierbarkeit von Gemeindeinvestitionen eingegriffen und zwar nicht nur bei ausgegliederten Rechtsträgern, sondern auch bei Vermietungsgeschäften die in der RZ 265 der UStR geregelt sind.

Die Forderung, die Gebietskörperschaften von dieser Bestimmung auszunehmen, wird, wie bei der Immobilienertragsteuer, auch hier vehement erhoben.

 

Vielfach wurden bereits solche Projekte (sei es in einem ausgegliederten Rechtsträger, sei es auf Leasingbasis oder als Vermietungsobjekt der Gemeinde selbst schon) beschlossen und die mittelfristige Finanzplanung bzw. die Finanzierungsbedeckung auf Nettobasis aufgebaut. Die im Vergleich zu anderen Körperschaften öffentlichen Rechts wesentlich längere Verfahrensdauer zur Umsetzung von Immobilienprojekten bei Gemeinden (Gemeinderatsbeschlüsse, öffentliche Ausschreibung, aufsichtsbehördliche Genehmigung etc.) verhindern auf Grundlage der geplanten Inkrafttretensregelung, bei Bauprojekten auf diese Fristen abzustellen. Finanziell sehr einschneidend stellt sich auch die Änderung für Vermietungsfälle, die von der RZ 265 umfasst sind, dar. Musikheime, Mehrzweckhallen und andere Objekte die unter diese RZ fallen, sind bei Innutzunggebung ab 1. April 2012 ebenfalls vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Die obere Forderung zur RZ 274 (Altfälle) wird auch für die RZ 265 erhoben. Unabhängig davon sollten Vermietungsobjekte die kulturellen (z.B.: Musikheime) oder sportlichen (z.B.: Mehrzweckhallen) und ähnlichen Zwecken dienen, eine fiktive Unternehmereigenschaft in den Ust- Richtlinien oder im Körperschaftsteuerrecht zuerkannt werden.

Jedenfalls soll im § 6 Abs 2 das Wort „ausschließlich“ gestrichen werden, da vor allem Gemeinden gemischt genutzte Immobilien haben.

 

Vorsteuerabzugsverbot und Finanzausgleich

Wie bei den Ausführungen zur Immobilienertragsteuer schon hingewiesen, wird auch ab 1. April 2012 das geplante Vorsteuerabzugsverbot für die Gebietskörperschaften keinen gesamtstaatlichen Budgeteffekt (Defiziterhöhung bei den Gemeinden – in gleicher Höhe Defizitminderung beim Bund) bewirken. Auch hier werden die finanzausgleichsrechtlichen Finanzströme ungleichgewichtig zu Gunsten des Bundes verschoben.

 

Die Einschränkung der Optionsmöglichkeit zur Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 UStG auf Mietverhältnisse, bei dem der Mieter das Gebäude ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, bedeutet allein für die Vorarlberger Gemeinden jährliche Mehrausgaben von rd. 11 Mio. EUR, wobei rd. 7 Mio. EUR auf die ausgegliederten Gemeindeimmobiliengesellschaften (GIG) und rd. 4 Mio. EUR auf die Vermietungstätigkeit durch die Gemeinden selbst entfallen. Damit stehen sie in keinem Verhältnis zu den erhofften Mehreinnahmen aus den verschiedenen steuerlichen Maßnahmen von rd. 8 Mio. EUR. Werden diese Mehrausgaben auf das gesamte Bundesgebiet hochgerechnet, so müssen die finanziellen Nachteile der Gemeinden mit rd. 450 Mio. EUR beziffert werden, deren überwiegender Teil dem Bund im Wege zusätzlicher Ertragsanteile an der Umsatzsteuer zugutekommen. Weshalb in den Erläuterungen des Gesetzesentwurfes die Mehreinnahmen aus dieser Gesetzesänderung nur mit 250 Mio. EUR für alle Unternehmen (Bund, Länder, Gemeinden, sonstige Körperschaften und Private) angesetzt worden sind, kann nur mit dem „Löwenanteil“ des Bundes an diesen Auswirkungen vermutet werden. Auch an dieser Stelle ist auf die anzustrebende Harmonisierung der abgabenrechtlichen Maßnahmen für alle Gebietskörperschaften hinzuweisen.

 

Erhebliche Belastungen, die in ihren Auswirkungen dzt. noch gar nicht quantifizierbar sind, wird diese neue Bestimmung auch mittelbar bringen, da mit dieser auch die Leasing-Finanzierungen im Immobilienbereich sowie die bisherigen Konstruktionen im Sozial- und Gesundheitsbereich (Trennung von Errichter- und Betreiberfunktion und Zusammenführung über eine Vermietung und Verpachtung) betroffen sind.

 

Entsprechend dem Wortlaut der geplanten Neuregelung ist eine Option zur Steuerpflicht bei Vermietungen zu Geschäftszwecken nur dann möglich, wenn der Mieter bzw Pächter das Bestandobjekt ausschließlich für Umsätze verwendet, die nicht den Vorsteuerabzug ausschließen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Vielzahl von Unternehmen neben steuerpflichtigen Umsätzen auch geringe steuerbefreite Umsätze ausführen, die (anteilig) nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, wäre eine Option zur Steuerpflicht nach dem überschießenden Wortlaut der geplanten Neuregelung in diesen Fällen nicht anwendbar, soweit ein derartiges Unternehmen ein Gebäude zu Geschäftszwecken anmietet. Beispielhaft kann etwa auf den Fall verwiesen werden, dass eine Produktionsgesellschaft ein Gebäude anmietet, in dem die gesamte Verwaltung untergebracht werden soll. Annahmegemäß erzielt die Produktionsgesellschaft jährliche Umsätze iHv rund 800 Mio. EUR, die voll zum Vorsteuerabzug berechtigen und vergibt darüber hinaus auch geringfügige Darlehen an andere Konzerngesellschaften, für die sie steuerbefreite Zinsen iHv rund jährlich 40.000 Euro lukriert. Da das neu angemietete Verwaltungsgebäude somit zwar zu 99,996%, aber eben nicht – wie nach dem geplanten Gesetzeswortlaut erforderlich – ausschließlich für Umsätze verwendet wird, die den Vorsteuerabzug ermöglichen, kann von Seiten des Vermieters die Option zur Steuerpflicht nicht angewendet werden. Dieser Umstand dürfte in der Mehrzahl der Fälle zu einer nicht gewollten Verteuerung des Mietentgelts im Ausmaß der für den Vermieter nicht abzugsfähigen Vorsteuern führen. Um hier die Belastungswirkung der Neuregelung nicht auf unbeabsichtigte Fälle auszudehnen, sollte festgelegt werden, dass eine Option zur Steuerpflicht auch dann möglich ist, wenn der Mieter in Bezug auf das zu Geschäftszwecken angemietete Bestandsobjekt zB zu 90% zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

 

Unsachliche Differenzierung zwischen Grundstücken die zu Geschäftszwecken und zu Wohnzwecken vermietet werden: Die iZm der geplanten Verlängerung des Berichtigungszeitraums vorgesehene Übergangsvorschrift des § 28 Abs 38 Z 2 UStG (die dem Vertrauensgrundsatz und der Vermeidung von ungerechtfertigten Härten Rechnung tragen soll) führt in Bezug auf Gebäude, mit deren Errichtung bereits vor 31. März 2012 begonnen wurde, welche aber noch nicht fertig gestellt und daher auch noch nicht genutzt werden, zu einer unsachlichen Differenzierung je nachdem, ob das Gebäude künftig zu Geschäftszwecken oder zu Wohnzwecken vermietet wird. Bei derartigen Gebäuden ist es aufgrund des gleichgelagerten Sachverhalts nicht nachvollziehbar, warum bei zu Wohnzwecken vermieteten Gebäude die zehnjährige Berichtigungsfrist durch Abschluss eines Bestandvertrags bis 31. März 2012 beibehalten werden kann, während dies bei zu Geschäftszwecken vermieteten Gebäuden nicht ausreichend ist. Dies umso mehr, als beide Gebäude nach Ablauf der Berichtigungsdauer ohne Korrektur der Vorsteuer steuerbefreit aus dem Unternehmensbereich entnommen bzw veräußert werden können und insoweit eine vergleichbare Situation besteht.

Zur Beseitigung dieser unsachlichen Differenzierung sollte § 28 Abs 38 Z 2 UStG dahingehend geändert werden, dass auch bei zu Geschäftszwecken vermieteten Grundstücken für die Beibehaltung der bisherigen Berichtigungsdauer von zehn Jahren darauf abgestellt wird, ob der Vertragsabschluss über die Vermietung noch vor dem 31. März 2012 erfolgt.

 

Die Nichteinbindung der Gemeinden in die Verhandlungen über das Stabilitätsgesetz 2012 und insbesondere auch das geplante überfallsartige Inkrafttreten der Neuregelung bereits ab 1.4.2012 machen es zwingend erforderlich, dass zusätzlich noch entsprechend abfedernde Maßnahmen in das Stabilitätsgesetz 2012 aufgenommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade Investitionsvorhaben der Gemeinden entsprechend lange Vorlaufzeiten benötigen und von einer ersten Planung bis zum konkreten Baubeginn bis zu 2-3 Jahre benötigt werden. Das bedeutet, dass dzt. eine Vielzahl von Projekten in der Pipeline sind, die kurz vor der Umsetzung stehen und für die schon ein beträchtlicher finanzieller Aufwand angefallen ist, die aber unter den neuen Voraussetzungen nicht mehr umgesetzt werden können.

 

Damit die Gemeinden als wichtigster öffentlicher Investor weiterhin ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes leisten können, muss im Fall der Beibehaltung des gegenständlichen Gesetzesvorhabens den Gemeinden der Übergang in das neue System erleichtert werden:

 

Die geplante Erweiterung des § 6 Abs 2 UStG 1994 würde die Abgeltung der Vorsteuern in Form von Beihilfen gemäß GSBG bei Mietvarianten verhindern.

Dies würde eine Verletzung des im Zuge der europarechtlichen Harmonisierung des Umsatzsteuerrechtes in Bereich des Gesundheits- und Sozialbereiches des per 1. Jänner 1997 beschlossenen Paktes der FAG - Partner bedeuten, der eine 1:1 Abgeltung der ab 1.  Jänner 1997 nicht mehr abziehbaren Vorsteuern in Form von Beihilfen zum Inhalt hat.

Die geplante Änderung sollte wie folgt lauten: „Der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs 1 Ziff 16 und Ziff 17 ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug oder die Beihilfen nach dem GSBG nicht ausschließen. Der Unternehmer hat diese Voraussetzung nachzuweisen.“

·        Zu Artikel X4 (Grunderwerbsteuergesetz)

 

Die nunmehr im Grunderwerbsteuergesetz vorgesehene Verpflichtung, dass Abgabenerklärungen zwingend durch Parteienvertreter einzubringen sind, ist seitens der Gemeinden entschieden abzulehnen. Vielmehr muss es auch künftig möglich sein, dass solche Erklärungen – wie auch die für die künftige Ermittlung der Immobilienertragsteuer – im Gemeindebereich durch die Gemeinden selbst eingebracht werden können.

 

 

·        Zu Artikel X5 (Gesundheits- und Sozialbereich–Beihilfengesetz)

 

Die Änderungen im GSBG sehen vor, dass die bisherige pauschalierte Abgeltung für die SV-Träger und die Krankenfürsorgeeinrichtungen auf eine 1:1-Abgeltung umgestellt werden, was mit Minderabzügen von 100 Mio. EUR bei der Umsatzsteuer verbunden sein wird. Gleichzeitig sollen aber der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVA Bauern) und dem GKK-Ausgleichsfonds Mittel in dieser Höhe zufließen – vgl. neu geschaffenen § 1a. Diese Mittel werden seit der Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Medikamente – dies hätte seit dem Jahr 2005 zu einer Reduzierung des Beihilfenbedarfes für die SV-Träger und die Krankenfürsorgeeinrichtungen führen müssen – der SVA Bauern und dem GKK-Ausgleichsfonds zuerkannt. Damit wurde die Finanzierung der SVA Bauern und des GKK- Ausgleichsfonds aus Vorwegabzügen der Umsatzsteuer längerfristig zementiert. Der Österreichische Gemeindebund spricht sich gegen diese geplante Maßnahme aus, da Abgänge der SVA Bauern und des GKK Ausgleichsfonds durch den Bund zu tragen sind. Im Übrigen ist dieser Abgeltungsbetrag in der Darstellung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzesentwurfes gar nicht enthalten.

 

Eine weitere wesentliche Verschärfung ergibt sich für die Alten- und Pflegeheime dadurch, dass künftig der 4%ige Beihilfenausgleich bei den umsatzsteuerbefreiten Heimen nicht mehr von den vollen Tarifentgelten, die von den Sozialhilfeträgern geleistet werden, in Anspruch genommen werden kann – sondern nur mehr von den um die Ersätze Dritter reduzierten Tarifentgelten. Diese Neuregelung ist zwar systemkonform, führt aber zwangsläufig zu wesentlichen Mindereinnahmen der Alten- und Pflegeheimträger und somit der Gemeinden.

 

Zusammenfassend ist abermals auf die massiven finanzausgleichs-rechtlichen Auswirkungen dieses Gesetzesentwurfes hinzuweisen, weswegen nunmehr abschließend die zentralen Forderungen des Österreichischen Gemeindebundes hinsichtlich des in Aussicht genommenen Stabilitätsgesetzes 2012 wiederholt werden:

 

1)    Aufnahme von politischen Verhandlungen gemäß § 6 FAG 2008

2)    Befreiung der Gebietskörperschaften von der Immobilienertragsteuer

3)    Aufnahme der Immobilienertragsteuer in den Katalog der Abgaben und Gebühren im Artikel 34 Budgetbegleitgesetz 2001 sowie die Aufnahme der angeführten Ausnahmeregelungen

4)    Ausnahme für Immobilienvermietungsobjekte für die Gebietskörperschaften bezüglich des Vorsteuerabzuges, zumindest die Übergangsregelungen auf die Gegebenheiten bei Projektumsetzungen im Sinne der Ausführungen abzustimmen ( Vorsteuerabzug und Korrekturfrist)

5)    Der geplante Unterabsatz zum § 6 Abs 2 UStG 1994 ist um die Beihilfen gemäß GSBG zu erweitern

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

 

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

 

 

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