Sehr geehrter Herr Bundesminister, sehr geehrte Damen und Herren,

 

Österreich ist eines der letzten Länder der Welt, in dem noch Zugangsbeschränkungen zum Fotografengewerbe bestehen. Nun hat das Wirtschaftsministerium endlich einen Gesetzesentwurf zur Freigabe dieses Gewerbes eingebracht.

 

Ich unterstütze ausdrücklich die geplante Novelle der Gewerbeordnung 1994 (380/ME), nach der das Gewerbe der Berufsfotografen ein freies Gewerbe ohne Zugangsbeschränkungen werden soll und möchte hiermit darlegen, warum ich dafür eintrete:

 

Autodidakten sind seit der Entstehung der Fotografie ein gleichberechtigter Bestandteil der internationalen Fotografenszene und haben die Entwicklung der Fotografie entscheidend geprägt. Topstars wie Brassaï, Henri Cartier-Bresson, Andreas Feininger, André Kertész, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton, Jim Rakete, Man Ray und viele andere weltweit erfolgreiche Autodidakten dürften in Österreich nicht als Fotograf arbeiten!

 

Die bestehende Zugangsbeschränkung des Fotografengewerbes bringt Nachteile für den Kreativstandort Österreich: Viele erfolgreiche österreichische Fotografen sehen sich als Autodidakten durch die Blockaden im Inland gezwungen, ins Ausland abzuwandern. Junge und talentierte Nachwuchsfotografen dürfen sogar nach erfolgreich absolvierter schulischer oder akademischer Ausbildung ihren Beruf nicht ausüben.

 

Die derzeitigen Markt-Barrieren sind inhaltlich nicht begründbar: Ein künstlerischer Fotograf darf keine Portraitfotos als Dienstleistung am Markt anbieten - obwohl die Portraitfotografie die Königsdisziplin der künstlerischen Fotografie ist.

 

Seit der vollständigen Digitalisierung ist der Beruf des Fotografen kein klassisches Handwerk mehr, sondern ein Kreativberuf. Derzeit werden Kreativberufe aber nicht gleichbehandelt: Fotografie ist ein reglementiertes Gewerbe; Filmproduktion, Grafik und Werbung hingegen sind längst freie Gewerbe. 

 

Die fortschreitende Konvergenz der Medien hat längst auch die Kreativberufe erreicht und fordert eine entsprechende Durchlässigkeit: So werden etwa für die Produktion von Werbe- und anderen Filmen zunehmend digitale Fotokameras verwendet.

 

Der Status Quo ist für viele künstlerische Fotografen und Presse-Fotografen existenzbedrohend: So können beispielsweise Pressefotografen ihre Fotos nur einem extrem eingeschränkten Käuferkreis (periodisch erscheinenden Medien) und künstlerische Fotografen ihre kreativen Fähigkeiten nicht am Markt der Portrait- und Werbefotografie anbieten. Österreicher sind gegenüber anderen EU-Bürgern zudem schlechtergestellt: Fotografen aus Ländern der EU dürfen in Österreich Fotoaufträge annehmen, auch ohne die in Österreich geforderten Befähigungsnachweise. Österreicher im eigenen Land mit gleichen Voraussetzungen hingegen nicht.

 

Die Rechtfertigungsgründe für geschützte Gewerbe treffen nicht auf die Fotografie zu, weil durch die Ausübung des Berufes weder Gefahr für die Gesundheit noch für das Leben von Menschen oder für die Umwelt ausgeht. 

 

Die Qualität des fotografischen Könnens wird vor allem durch die Zufriedenheit der Kunden bewertet. Die Möglichkeiten der Qualitätsprüfung sind für den Konsumenten durch das Internet einfacher geworden, da die Angebote und Portfolios von Fotografen online verglichen werden können. Der Konsumentenschutz ist daher gewährleistet.

 

Eine Öffnung würde der Wirtschaftskammer Österreich viele zusätzliche Mitglieder bringen: Um fotografische Dienstleistungen anbieten zu können, wird es nach wie vor notwendig sein, ein (dann freies) Gewerbe anzumelden und damit in der Wirtschaftskammer Mitglied zu werden.

 

Die Freigabe des Fotografengewerbes bringt höhere Steuereinnahmen und eine Entlastung des Sozialbudgets, da viele Fotografen, die bisher am Rande der Illegalität arbeiten mussten, nun ihre Dienste offiziell anbieten können. Durch die Möglichkeit der Erwerbstätigkeit können Steuern und Sozialabgaben generiert und zugleich kann das Risiko, auf Unterstützung des Staates angewiesen zu sein, vermindert werden.

 

In der Hoffnung, dass die Öffnung des Fotografengewerbes o h n e Zugangsbeschränkungen vom Ministerrat, vom Wirtschaftsausschuss des Parlaments und schließlich vom Nationalrat beschlossen wird, 

 

verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,

 

Sebastian Philipp

Künstlerische Fotografie

Kopernikusgasse 9-11/11

1060 Wien