Völkerrechtsbüro

 

GZ. BMeiA-AT.8.15.02/0174-I.2/2012

SB/DW: Ges. MMag. Schusterschitz, LR Mag. Haider

 BMI-LR1365/0015-III/1/2012 vom 1. August 2012

E-Mail: abtia@bmeia.gv.at

 

 

An:

BMI-LR1365/0015-III/1/2012, Abt. III/1, E-Mail: bmi-III-1@bmi.gv.at

 

Kopie:

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

 

Betreff:

Personenstandsgesetz 2013; Stellungnahme des BMeiA

 

Das BMeiA nimmt zum rubr. Entwurf wie folgt Stellung:

 

In inhaltlicher Hinsicht:

 

Zu Art. 1, Personenstandsgesetz 2013 – PStG 2013

 

Zu § 46:

Im Ressortbereich des BMeiA entsteht immer wieder der Bedarf nach Angaben über lange zurückliegende Ereignisse (zB im Zuge von Restitutionsbemühungen). Daher sollte in jedem Fall sichergestellt werden, dass Daten, die im ZPR verarbeitet werden, auch nach Ablauf von 120 Jahren nach dem Tod des Betroffenen verfügbar sind.

 

 

Zu § 53:

Gemäß § 53 Abs. 3 des Entwurfs können im Ausland Personenstandsurkunden auch von den österreichischen Vertretungsbehörden ausgestellt werden. Dies wird seitens des BMeiA ausdrücklich begrüßt. Es bleibt jedoch unklar, auf welcher faktischen Grundlage diese Urkunden ausgestellt werden können, da gemäß § 46 Abs. 1 nur die Personenstandsbehörden berechtigt sind, die im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) verarbeiteten Daten zu verwenden und Auskünfte daraus zu erteilen. Aus § 3 ergibt sich, dass die Vertretungsbehörden im Ausland nicht Personenstandsbehörden sind (vgl. etwa auch § 67 Abs. 3 des Entwurfs); auch ist nicht erkennbar, dass es eine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung von Daten an eine österreichische Vertretungsbehörde gäbe. Es wird daher angeregt, den österreichischen Vertretungsbehörden Zugriff zum ZPR einzuräumen.

 

Zu § 70:

Das BMeiA geht davon aus, dass durch die Unberührtheitsklausel zugunsten des Volksgruppengesetzes (BGBl. Nr. 296/1976 idgF) sichergestellt ist, dass Eintragungen im ZPR mit den in den Sprachen der anerkannten Volksgruppen üblichen diakritischen Zeichen (wie z.B. dem Hatschek) erfolgen.

 

Zu § 81:

Es wird angeregt, eine allgemeine Derogationsklausel, welche für den Fall der Normenkollision den Vorrang des Ehegesetzes (dRGBl I S 807/1938 idF BGBl I Nr 135/2009) normiert, in Form einer dynamischen Verweisung (vgl. § 81 Abs. 1 des Entwurfes) aufzunehmen.  Die in § 74 des Entwurfes enthaltene Regelung hinsichtlich des Namensgebrauches zu Gunsten des EheG (§§ 62 ff EheG) sollte auch in anderen Bereichen (Verbot der Doppelehe §§ 8, 24 EheG oder Nichtigerklärung der Ehe lediglich unter Voraussetzung eines gerichtlichen Urteils § 27 EheG) erfolgen, um den Vorrang von staatlicher vor allfällig vorhandener religiöser Gerichtsbarkeit sicherzustellen.

 

Zu Art. 2, Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985

 

Zu § 41 Abs. 1 StbG:

Das Ziel, Staatsbürgerschaftsnachweise unabhängig vom Wohnsitz ausstellen zu lassen, wird nur teilweise verwirklicht, da für Staatsbürger im Ausland weiterhin lediglich die Vertretungsbehörde Staatsbürgerschaftsnachweise ausstellen kann. Außerdem entsteht durch den neuen Text der Eindruck, auch Personen mit Wohnsitz im Ausland, könnten sich einen Staatsbürgerschaftsnachweis im Inland ausstellen lassen (da nicht mehr auf die Gemeinde abgestellt wird, in der die Person ihren Hauptwohnsitz hat). Es wird daher angeregt, in Abs. 1 eine entsprechende Klarstellung aufzunehmen und in Abs. 2 auch für Auslandsösterreicher eine Antragstellung im Inland zu erlauben, wobei aber Rücksprache mit der zuständigen Vertretungsbehörde gehalten werden sollte, da dieser Umstände bekannt sein könnten, die gegen eine Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises (inzwischen eingetretener Verlust) sprechen könnten. Folgende Formulierungen wären denkbar (Ergänzungen in fett):

 

§ 41. (1) Zur Ausstellung von Bestätigungen in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft und zur Entscheidung über derartige Anträge ist für Personen mit Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik jene Gemeinde (Gemeindeverband) zuständig, an die sich der Antragsteller im Inland wendet.

(2) (Verfassungsbestimmung) Liegt der Hauptwohnsitz dieser Person nicht im Gebiet der Republik, so ist das österreichische Berufskonsulat, wo jedoch ein solches nicht besteht, die österreichische diplomatische Vertretungsbehörde zuständig, in deren Bereich der Hauptwohnsitz liegt. Die Vertretungsbehörden haben hiebei das AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden; über die Berufung gegen einen Bescheid, womit der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung abgewiesen wird, entscheidet die Landesregierung. Nach Überprüfung, ob entgegenstehende Gründe vorliegen,  durch das zuständige Berufskonsulat oder die zuständige diplomatische Vertretungsbehörde kann für solche Personen die Ausstellung von Bestätigungen in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft im Inland auch durch eine Gemeinde (Gemeindeverband) oder im Ausland durch eine andere österreichische Vertretungsbehörde erfolgen, an die sich der Antragsteller wendet.

 

Zu § 56a Abs. 1 StbG:

In der Datenliste fehlen die Aufnahme von Verlustgründen und Angaben zum Zeitpunkt des Erwerbs bzw. Verlusts. Da diese Daten für eine spätere Feststellung der Staatsbürgerschaft von Nachkommen der betreffenden Personen jedoch unabdingbar sind wird  angeregt, die Liste wie folgt zu ergänzen: „5. Erwerbsgrund und -zeitpunkt; 5a. Verlustgrund und -zeitpunkt;“

 

Zu § 56b Abs. 1 und § 56c Abs. 1 StbG:

Da die österreichischen Vertretungsbehörden für die Ausstellung von Staatsbürgerschaftsnachweisen Behörde 1. Instanz sind, müssen sie über dieselben Berechtigungen wie die Evidenzstellen in § 56b Abs. 1 StbG (Verwendung der Daten und Auskunft darüber) verfügen. Da unklar ist, ob § 56c Abs. 1 StbG dem vollinhaltlich Rechnung trägt, wird vorsorglich angeregt, in § 56b Abs. 1 StbG auch die Berufskonsulate und diplomatischen Vertretungsbehörden aufzunehmen: „Die Evidenzstellen und die österreichischen Berufskonsulate und die österreichischen diplomatischen Vertretungsbehörden sind berechtigt, die im ZSR verarbeiteten Daten zu verwenden und Auskünfte daraus zu erteilen.“

 

Zu § 56b Abs. 4 StbG:

Sofern und solange für Nachkommen die Daten im ZSR für die Feststellung der eigenen Staatsbürgerschaft relevant sein können, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Daten tatsächlich – auch nach 120 Jahren – nicht mehr benötigt werden. Die Erfahrungen der Vertretungsbehörden im Ausland zeigen ein anderes Bild: Auch nach mehreren Generationen erfolgen Anfragen von Nachkommen österreichischer Auswanderer, ob nicht doch eine ununterbrochene Abstammungslinie in der Staatsbürgerschaft besteht. Vor allem bei Nachkommen im Ausland hat auch nach derart langen Zeiträumen die Frage der Staatsbürgerschaft noch immer Relevanz. Daher sollte auch im StbG in jedem Fall sichergestellt werden, dass Daten, die im ZSR verarbeitet werden, auch nach Ablauf von 120 Jahren nach dem Tod des Betroffenen verfügbar sind.

 

Wien, am 29. August 2012

Für den Bundesminister:

H. Tichy m.p.