Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zum Entwurf

eines Bundesgesetzes, mit dem das GlBG, GBK/GAW-Gesetz, BEinstG und BGStG geändert werden

 

 

 

GZ: BMASK-462.207/0020-VII/B/8/2012

 

 

 

Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien begrüßt grundsätzlich die geplante Novelle und die darin vorgesehene Angleichung des Diskriminierungsschutzes zwischen den einzelnen Gruppen bzw. Diskriminierungsgründen, allerdings können wir nicht nachvollziehen, warum diese Angleichung wieder nicht vollständig erfolgen und damit erst recht auch weiterhin eine Hierarchie und Diskriminierung beim Schutz vor Diskriminierung bestehen bleiben soll.

 

Die in den Erläuterungen dazu dargelegten Ausführungen und Begründungen sind alles andere als überzeugend – dort heißt es diesbezüglich:

 

Für die Diskriminierungsmerkmale Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung soll der Diskriminierungsschutz auf den Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum, ausgedehnt werden. Hinsichtlich der Ausdehnung des Schutzes für diese Merkmale auch auf die Bereiche Sozialschutz, soziale Vergünstigungen und Bildung soll hingegen die Diskussion auf europäischer Ebene abgewartet werden. Auch erscheint auf Grundlage der in Österreich gemachten praktischen Erfahrungen eine Regelung vor Allem beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen geboten, da dieser Bereich in den Anfragen und Beschwerden nahezu ausschließlich angesprochen wird und insoweit ein Regelungsbedarf vorliegt.

 

Warum ausgerechnet in den Bereichen „Sozialschutz, soziale Vergünstigungen und Bildung“ die Ergebnisse der europäischen Diskussion abgewartet werden sollten (wobei ohnehin mehr als fraglich ist, ob diese Diskussion jemals eine neue Richtlinie hervorbringen wird), leuchtet nicht ein. Und auch wenn sich bisher anhand der Anfragen und Beschwerden kein dringender Regelungsbedarf für diese Bereiche erkennen lässt, wäre es dennoch ein bedauerliches negatives Signal, Gruppen aufgrund bestimmter Merkmale geringeren gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung zu gewähren als anderen.

 

Wir fordern daher dringend, dass sämtliche Diskriminierungsgründe auf allen Gebieten und in allen rechtlichen Aspekten völlig gleichbehandelt werden. Alles andere würde die bestehende unbefriedigende und vor allem dem Geist eines Antidiskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsgesetzes widersprechende Ungleichbehandlung perpetuieren.

 

Die bestehende – und im vorliegenden Entwurf nicht vorgesehene Beseitigung der –Hierarchie beim Schutz vor Diskriminierung ist nicht nur verfassungs-, sondern auch menschenrechtswidrig, nämlich etwa eine klare Verletzung des Artikels 26 des UNO-Menschenrechtspakts, der wie folgt lautet (Hervorhebung durch uns):

 

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. In dieser Hinsicht hat das Gesetz jede Diskriminierung zu verbieten und allen Menschen gegen jede Diskriminierung, wie insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status, gleichen und wirksamen Schutz zu gewährleisten.

 

Am 30. Oktober 2007 hat der UNO-Menschenrechtsausschuss im Rahmen seiner periodischen Überprüfung der Lage der Menschenrechte in Österreich gemäß Artikel 40 des UNO-Pakts über bürgerliche und politische Rechte in seinen „Abschließenden Bemerkungen und Empfehlungen“ (unter der Randnummer 8) genau diese Hierarchie kritisiert:

 

Der Ausschuss ... stellt jedoch mit Besorgnis fest, dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts weniger umfassend ist [als aufgrund von ethnischer Herkunft und einer Behinderung] und dass der Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Alter, Religion und sexueller Orientierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz lediglich auf „Beschäftigung und Beruf“ beschränkt ist. Der Ausschuss ist auch darüber besorgt, dass sich eine derartige Hierarchisierung von Diskriminierungsgründen ebenfalls in Landesgesetzen findet... (Übersetzung durch die HOSI Wien).

 

Noch heftiger für diese Ungleichbehandlung kritisiert wurde Österreich am 26. Jänner 2010 im Rahmen der periodischen universellen Menschenrechtsüberprüfung (UPR) durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf  – übrigens nur sechs Tage, nachdem der Nationalrat anlässlich einer Novellierung des Gleichbehandlungsrechts dieses Levelling-up aus der entsprechenden Regierungsvorlage gekippt hatte! Mehrere Staaten forderten Österreich bei dieser Gelegenheit auf, für eine „Harmonisierung“ der Antidiskriminierungsbestimmungen zu sorgen.

 

Jüngst (11. 9. 2012) hat auch der Menschenrechtskommissar des Europarats in seinem Bericht aus Anlass seines Besuchs in Österreich im Juni d. J. das unterschiedliche und damit menschenrechtswidrige Niveau beim Schutz vor Diskriminierung beanstandet (vgl. https://wcd.coe.int/ViewDoc.jsp?id=1970297).

 

Die Schaffung eines einheitlichen Schutzniveaus für alle Gruppen und Diskriminierungsgründe ist daher eine menschenrechtliche Verpflichtung, der der Nationalrat endlich nachkommen muss.

 

 

Was die vielen Detailfragen betrifft, so schließt sich die HOSI Wien als Gründungs­mitgliedsorganisation des „Klagsverbands zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern“ der Stellungnahme des Klagsverbands vollinhaltlich an.

 

Insbesondere unterstützen wir die Forderung, die Möglichkeit einer Verbandsklage zu schaffen und tatsächlich abschreckende Sanktionen sowie einen Mindest­schadensersatz gesetzlich vorzusehen.

 

 

Mag. Kurt Krickler, Generalsekretär

Wien, am 21. September 2012

 

www.hosiwien.at