1 Präs. 1638-3808/12d

 

 

 

 

 

Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs

zum Entwurf eines Bundesgesetzes,  mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz,

das Versicherungsvertragsgesetz und das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz

geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013)

 

 

            Neben der (bereits im Dezember 2012 gebotenen) Umsetzung des Gleichbehandlungsgebots von Mann und Frau beruhen die geplanten Gesetzesänderungen im Wesentlichen auf politischen Entscheidungen, die sich einer Beurteilung durch Gerichte entziehen.

            Im Einzelnen ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen:

            Zu § 1d VersVG

            Die Bestimmung enthält einige unbestimmte Begriffe („wesentliche Erhöhung der Gefahr“; „auf der Grundlage von für den individuellen Gesundheitszustand der behinderten Person relevantem und verlässlichem medizinischen Wissen“). Zumindest die Definition des Begriffs „behinderte Person“ sollte im Gesetzestext selbst (und nicht nur in den Erläuterungen), etwa durch die Einfügung des Klammerzitats „(§ 3 BGStG)“ nach dem Wort „behindert“ in § 1d Abs 1, erfolgen.

            Zu § 15a VersVG

            Die Aufzählung der zu Gunsten des Versicherungsnehmers zwingenden Bestimmungen des VersVG wurde zwar konsequenter Weise durch § 1c und § 1d erweitert. Es fehlen aber nun § 3 Abs 1 und 2, § 5c, § 11b, § 11c und § 11d. Welche Erwägungen dafür maßgebend waren, ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Der Beibehalt der Bestimmungen in der Aufzählung wäre der Klarstellung wohl nicht abträglich.

            Zu § 15c VersVG

            Die vorgesehene Verbandsklage soll nach dem vorgeschlagenen Text auf Unterlassung des gegen § 1d verstoßenden Verhaltens lauten. Dies würde bei einem Verstoß des Versicherers gegen § 1d Abs 3 VersVG ein Klagebegehren auf Unterlassung der Unterlassung der Offenlegung (Unterlassung der Unterlassung der Darlegung/Aufnahme in den Versicherungsschein) bedeuten. § 1d Abs 3 legt dem Versicherer im Gegensatz zu den Abs 1 und 2 keine Unterlassungspflicht, sondern eine Handlungspflicht auf, dementsprechend wäre auch das Klagebegehren zu formulieren.

            Zu § 41b VersVG

            Nach den Erläuterungen soll nun in dieser Bestimmung klargestellt sein, dass das Verbot des § 27 Abs 6 ZaDiG auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung gelangt und dem Versicherer eine auf § 41b erster Halbsatz gestützte Gebührenvorschreibung daher etwa auch dann verwehrt ist, wenn der Versicherungsnehmer die Prämienzahlung mittels Bankeinzug ablehnt.

            Die Einfügung schafft die damit angestrebte Klarheit aber keineswegs.

            Sowohl die Auslegung des § 27 Abs 6 ZaDiG als auch dessen Vereinbarkeit mit dem damit umgesetzten Art 52 Abs 3 der Zahlungsdienstrichtlinie 2007/64/EG sind strittig:

            - Anwendbarkeit auf das Verhältnis zwischen dem Privatkunden und dem Unternehmer, der nicht „Zahlungsdienstleister“ ist?

            - Ist eine Überweisung mittels Zahlschein oder Telebanking überhaupt als „Zahlungsinstrument“ anzusehen, für das das Verbot gilt?

            - Ist das generelle und nicht zwischen verschiedenen Zahlungsinstrumenten differenzierende Verbot der Erhebung von Entgelten richtlinienkonform?

            Zu diesen Fragen ist derzeit auf Grund des Vorlagebeschlusses des OGH vom 8. 11. 2011, 10 Ob 31/11y, ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH anhängig, zwei weitere Parallelverfahren hat der OGH bis zur Entscheidung des EuGH unterbrochen (RIS‑Justiz RS0127240).

              Der vorgeschlagene Verweis auf § 27 Abs 6 ZaDiG löst daher (zumindest derzeit) die anstehenden Fragen nicht, sondern führt zu weiterer Rechtsunsicherheit.

 

Wien, am 10. Oktober 2012

Dr. Ratz