VSt 


Verbindungsstelle der Bundesländer

beim Amt der NÖ Landesregierung

1010 Wien   Schenkenstraße 4

Telefon 01 535 37 61   Telefax 01 535 37 61 29   E-Mail vst@vst.gv.at


 

Kennzeichen     VSt-7099/2                                                                                                E-Mail

Datum              29. Oktober 2012

Bearbeiter         MMag. Dr. Robert Gmeiner

Durchwahl         22

 

 

Betrifft

Entwurf eines Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2012; Begutachtungsverfahren;

Gemeinsame Länderstellungnahme

 

 

An das

Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst

Ballhausplatz 2

1010 Wien

(zu BKA-602.040/0014-V/1/2012)

 

 

Die Verbindungsstelle der Bundesländer legt im Auftrag der Bundesländer innerhalb offener Frist zu dem ENTWURF eines Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2012 die nachstehende gemeinsame Länderstellungnahme vor:

 

Zu einigen Hauptgesichtspunkten des Begutachtungsentwurf eines Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2012 erstatten die Länder – auch unter Hinweis auf das Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung - Direktion Verfassungsdienst vom 7. September 2012, Verf-301245/40, die damit übermittelten Stellungnahmen der Länder sowie die in den bisherigen Gesprächen auf technischer Ebene vorgebrachten Anregungen und Bedenken, unvorgreiflich der Äußerungen, die von den einzelnen Länder abgegeben werden – folgende gemeinsame Länderstellungnahme:

 

(1.)

Die Länder sind – nach wie vor – davon überzeugt, dass eine primäre Orientierung des Verfahrensrechts der Verwaltungsgerichte am AVG und VStG zu bevorzugen ist. Für diese Sichtweise spricht auch der Umstand, dass es für (jedenfalls nicht zwingend anwaltlich vertretene) Parteien und deren Vertreterinnen und Vertreter zunehmen schwieriger wird, die für ein Gesamtverfahren bzw. -vorhaben geltenden Verfahrensregelungen (praktisch gilt dann für jede Ebene ein anderes Verfahrensrecht) zu überblicken und einzuhalten. Insgesamt könnte diese Situation auch aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sogar verfassungsrechtlich bedenklich sein. Darüber hinaus birgt jedes Abgehen von bisherigen und damit weitgehend ausjudizierten Bestimmungen, für das es keinen wirklichen Grund gibt, auch die Gefahr von Verfahrensfehlern und jahrelangen Rechtsunsicherheiten in sich.

 

(2.)

Die Regelungen über die Maßnahmenbeschwerde, die Säumnisbeschwerde sowie die aufschiebende Wirkung müssen in der jeweiligen Gesamtsystematik noch einmal kritisch überprüft werden, damit es zu keinen Verschlechterungen im Rechtsschutz kommt. Aufzunehmen sind auch noch Regelungen für verschiedene Übergangsfälle (etwa im Zustellungsbereich).

 

(3.)

Das – auch verfassungsrechtlich nicht vorgesehene – generell enthaltene Eintrittsrecht oberster Organe in das Verfahren wird abgelehnt. Soweit überhaupt notwendig, könnte ein solches in einzelnen Materiengesetzen nach Verhandlungen mit den Ländern vorgesehen werden.

 

(4.)

Es ist nicht zweckmäßig, Regelungen über einstweilige Verfügungen im Verfahrensgesetz zu treffen. Sie sollten dem Materiengesetzgeber überlassen werden. Dieser kann je nach Bedarf eine solche vorsehen (siehe Vergaberecht) und die Kriterien für die Erlassung einer solchen festlegen.

 

(5.)

Generell werden alle zusätzlichen Verfahrensschritte oder deren Ausgestaltung abgelehnt, die zu Mehraufwendungen in der Verwaltung und bei den zukünftigen Gerichten führen und keinen erkennbaren Mehrwert haben oder nicht notwendig sind. Dies trifft etwa für die verschiedentlich vorgesehenen regelmäßigen Mitteilungspflichten zu, die insb. in Mehrparteienverfahren massive Kostenfolgen nach sich ziehen können, aber auch für die (zu begründenden) Beschlüsse etwa im Rahmen der Akteneinsicht.

 

(6.)

Alle Formen der elektronischen Kommunikation, einschließlich der elektronischen Aktenvorlage an die Höchstgerichte, müssen zulässig sein.

 

(7.)

Im Zusammenhang mit den verschiedenen Formen der Revision werden im Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 den Verwaltungsgerichten ein ganzes Bündel von Schritten im Vorverfahren aufgebürdet, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt und die zu massiven Mehraufwendungen führen würden, sodass diese Aufgabenüberwälzung abgelehnt wird. Die Regelungen über die (Zulässigkeit der) Revision an den Verwaltungsgerichtshof, über die das Verwaltungsgericht ja im Rahmen seiner Entscheidung abzusprechen hat, sind besser in das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz zu übernehmen.

 

(8.)

Der Ausschluss der Revision bei Geldstrafen bis zu einer Höhe von 1.500 Euro wird grundsätzlich begrüßt. Allerdings muss diese Regelung unbedingt auf sämtliche Verwaltungsstrafverfahren ausgeweitet werden. Ein Ausschluss von Angelegenheiten, in denen Gesetzgebung Bundessache ist und die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes gegeben ist, ist sachlich nicht gerechtfertigt und daher strikt abzulehnen.

 

(9.)

Über die bereits genannten Punkte hinaus führen generell die – in vielen Punkten auch inhaltlich nicht nachvollziehbaren – Abweichungen von bewährten Regelungen zu nicht absehbaren Mehraufwendungen bei den Ländern, die im Rahmen der seinerzeitigen Kostenprognose und finanziellen Basiseinigung über das Gesamtprojekt der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht berücksichtigt wurden. Die Länder fordern daher jedenfalls eine Evaluierung spätestens nach zwei Jahren nach dem Inkrafttreten und werden spätestens zu diesem Zeitpunkt – entsprechend der Zusicherung des Bundes, nach 2014 durch das Projekt dauerhaft entstehende Mehrkosten, im Rahmen des Finanzausgleichs zu berücksichtigen (vgl die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen im Bericht des Verfassungsausschusses zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, AB 1771 BlgNR 24. GP, 3) – eine Abgeltung der sich daraus allenfalls ergebenden Mehraufwendungen durch den Bund einfordern.

 

(10.)

 Zahlreiche von den Ländern zum AVG im Rahmen der sog. „Deregulierungsliste“ (siehe dazu Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenz vom 6. September 2010, vorgelegt mit VSt-1182/244 vom 13.9.2010) bereits mehrfach angemerkten Verbesserungen sind im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt. Sie wären jedoch falls noch vorzunehmen. Dies betrifft bspw. die Festlegung der Kundmachung im Internet als generell geeignete Form der Kundmachung.

 

 

Die Verbindungsstelle der Bundesländer erlaubt sich an dieser Stelle nochmals die Feststellung, dass diese gemeinsame Länderstellungnahme i.G. unvorgreiflich und unbeschadet der jeweils von den einzelnen Ämtern der Landesregierungen abgegebenen Äußerungen zu diesem Begutachtungsentwurf vorgelegt wird.

 

Die Verbindungsstelle der Bundesländer weist darauf hin, dass diese Erledigung (entsprechend dem Ersuchen des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst) abschriftlich dem Präsidium des Nationalrates vorgelegt wird.

 

Die Verbindungsstelle der Bundesländer ersucht um Berücksichtigung.

 

 

                                                         Der Leiter

                                                         Dr. Andreas Rosner


VSt-7099/2

 

Betrifft

Entwurf eines Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2012; Begutachtungsverfahren;

Gemeinsame Länderstellungnahme

 

 

 

An das

Präsidium des Nationalrates

Dr. Karl Renner-Ring 3

1017 Wien

 

 

Die Verbindungsstelle der Bundesländer ersucht um Berücksichtigung.

 

 

                                                         Der Leiter

                                                         Dr. Andreas Rosner