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Wien, am 29. Oktober 2012

Zl. B,K-001-2.5/291012/HA

 

GZ: BKA-602.040/0014-V/1/2012

 

 

 

Betreff:          Entwurf eines Verwaltungsgerichtsbarkeits-

                        Ausführungsgesetzes 2012

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

 

Ad Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

 

Gebühren für Zeugen und Beteiligte (§§ 30, 31)

§ 30. Die den Zeugen zustehenden Gebühren sind von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit gehandelt hat.

§ 31. Die §§ 27 bis 30 gelten auch für Beteiligte.

 

Vermag in den Erläuterungen dargelegt werden, dass es sich hierbei nur um eine Perpetuierung der bestehenden Rechtslage mit Verweis auf die Unabhängigen Verwaltungssenate handelt (§§ 51a bis 51d sowie § 76a AVG). Da nunmehr die Verwaltungsgerichte auch in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden entscheiden, wird dieser Anwendungsbereich aber deutlich erweitert mit der Folge, dass den Gemeinden beträchtliche Kosten entstehen können. Nachdem das Verwaltungsgericht nicht vor Ort entscheidet, sondern wohl weit weg vom eigentlichen Geschehen, werden die Gebührensätze für Zeugen und Beteiligte, die eine lange Anfahrtsreise zur (allenfalls) einberufenen mündlichen Verhandlung haben, dementsprechend hoch sein.

 

 

Erkenntnisse und Beschlüsse (§§ 34, 52)

Zunächst ist zu betonen, dass völlig unklar ist, wie sich § 34 Abs. 1 zu § 52 verhält. Gemäß § 52 hat  das  Verwaltungsgericht  in  den  Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, gemäß § 34 Abs. 1 hat das Verwaltungsgericht in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jedoch nur dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Warum keine Differenzierung zwischen Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 in Verwaltungsstrafsachen und Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 in sonstigen Rechtssachen getroffen wird, ist unverständlich. Darüber hinaus widersprechen die nunmehr vorgeschlagenen §§ 34 und 52 den B-VG Bestimmungen. Es dürfte sich daher um ein Versehen handeln. Mit § 52 wird wohl gemeint gewesen sein, dass in Verwaltungsstrafsachen das Verwaltungsgericht (ausnahmslos) in der Sache selbst zu entscheiden hat.

 

Dem vorliegenden Entwurf nach soll das Verwaltungsgericht grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden. Im Hinblick auf das vorgeschlagene „Widerspruchsrecht“ sowie im Hinblick auf jene Entscheidungen, in denen der Behörde Ermessen eingeräumt ist, bleibt fraglich, welche Fälle überhaupt noch denkbar sind, in denen das Verwaltungsgericht eine kassatorische Entscheidung fällt (bzw. fällen muss).

Eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichts wäre unter Zugrundelegung dieses Entwurfes nämlich ausschließlich denkbar

Ø  (zwingend), wenn die Behörde im Hinblick auf eine wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch macht, wobei es sich

-   nicht  um  Verwaltungsstrafsachen  handeln  darf (Art. 130 Abs. 4, 1.  Satz B-VG),

-   nicht um Fälle handeln darf, in denen der maßgebliche Sachverhalt feststeht (§ 34 Abs. 1 Z 1),

-   nicht um Fälle handeln darf, in denen die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 34 Abs. 1 Z 2), oder

Ø  (optional), wenn der Sachverhalt so mangelhaft ist, dass eine Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (§ 34 Abs. 2, 2. Satz), oder

Ø  (zwingend), wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben hat, die Beschwerde nicht zurück- oder abzuweisen ist und es sich nicht um Fälle des § 34 Abs. 1 handelt (§ 34 Abs. 3).

 

„Widerspruchsrecht“ (§ 34 Abs. 2, 1. Satz)

Gemäß § 34 Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht in allen sonstigen Fällen (also nicht in jenen Fällen des Abs. 1 – maßgeblicher Sachverhalt; Raschheit, Kostenersparnis) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.

Zunächst ist festzuhalten, dass es problematisch sein kann, wenn die Behörde von ihrem Widerspruchsrecht im Hinblick auf eine wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens Gebrauch macht (und daher das Verwaltungsgericht nur kassatorisch entscheiden soll), jedoch das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Raschheit und der erheblichen Kostenersparnis in der Sache selbst entscheidet.

Dem Aufbau und der Gesetzessystematik dieses Entwurfes nach geht wohl der Entschluss des Verwaltungsgerichtes, in eigener Sache zu entscheiden, dem Entschluss der Behörde, Widerspruch zu erheben, vor. Denn aus der Wortfolge des § 34 Abs. 2 „in allen sonstigen Fällen“ geht ohne Zweifel hervor, dass das Widerspruchsrecht der Behörde nachrangig ist und erst zum Zug kommt, wenn die Voraussetzungen für eine verpflichtende meritorische Entscheidung durch das Verwaltungsgericht nach § 34 Abs. 1 seitens des Verwaltungsgerichtes nicht als gegeben erachtet werden.

 

Widerspricht die Behörde nicht, so hat das Verwaltungsgericht demnach jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden und zwar auch dann, wenn die Feststellung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen ist oder nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis (§ 34 Abs. 1 Z 2) verbunden ist (Umkehrschluss) – es sei denn,

Ø  der Sachverhalt ist so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, in diesem Fall kann das Verwaltungsgericht (wohl unabhängig vom Vorliegen eines Widerspruchs) zurückverweisen (§ 34 Abs. 2, 2. Satz),

Ø  die Behörde hat bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, die Beschwerde ist nicht zurück- oder abzuweisen und es handelt sich nicht um Fälle des § 34 Abs. 1, in diesem Fall muss das Verwaltungsgericht (wohl wiederum unabhängig vom Vorliegen eines Widerspruchs) zurückverweisen (§ 34 Abs. 3).

 

Neben der in Zweifel zu ziehenden Verfahrensökonomie stellt sich die Frage nach der Wertigkeit eines erfolgten Widerspruchs sowie dessen Anwendungsbereich. Da ein Widerspruch

Ø  in den Fällen des § 34 Abs. 1 (maßgeblicher Sachverhalt; Raschheit, Kostenersparnis) aufgrund der Subsidiarität nicht möglich ist,

Ø  in den Fällen des § 34 Abs. 2, 2. Satz (mangelhafter Sachverhalt, der eine mündliche Verhandlung erfordert) aufgrund der Kann-Bestimmung jedenfalls irrelevant ist und

Ø  in den Fällen des § 34 Abs. 3 (Ermessensentscheidungen) aufgrund der zwingenden Zurückverweisung nicht notwendig ist,

gibt es kaum einen denkbaren Anwendungsfall für einen Widerspruch der Behörde. Darüber hinaus ist ein erhobener Widerspruch der Behörde der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, in eigener Sache zu entscheiden, nachrangig und auch nicht durchsetzbar.

 

Der jetzigen Rechtslage (§ 67h AVG) nach, wird nicht auf den Sachverhalt abgestellt. Demnach kann die Behörde eine meritorische Entscheidung des UVS durch einen Widerspruch unterbinden, wenn dadurch eine wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Gemäß § 67h Abs. 2 hebt der UVS im Falle eines Widerspruchs den Bescheid auf, sofern dieser rechtswidrig ist.

 

Der Österreichische Gemeindebund fordert daher die Aufnahme eines das Verwaltungsgericht bindenden und im freien Ermessen der Behörde stehenden Widerspruchsrechts der Behörde. Zudem muss sichergestellt sein, dass dieses Widerspruchsrecht (in Analogie zum derzeit bestehenden) unabhängig vom vorliegenden Sachverhalt bindende Wirkung hat.

 

Ermessensentscheidungen (§ 34 Abs. 3)

Gemäß § 34 Abs. 3 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist und die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben hat. Das gilt jedoch nicht in den Fällen des § 34 Abs. 1 und damit nicht in jenen Fällen, in denen der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung desselben selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Daraus folgt, dass Angelegenheiten mit Ermessensentscheidungen nur sehr eingeschränkt zurückzuverweisen sind. Sollte daher der maßgebliche Sachverhalt feststehen, aber z.B. das zugrundeliegende Gesetz unrichtig angewandt worden sein oder eine unrichtige Gesetzesgrundlage der Entscheidung durch die Behörde zugrundegelegt worden sein, dann hat das Verwaltungsgericht trotz Ermessenskompetenz der Behörde in der Sache selbst zu entscheiden.

Der Österreichische Gemeindebund fordert zumindest die ersatzlose Streichung des § 34 Abs. 3 letzter Satz, der lautet: „Dies gilt nicht in den Fällen des Abs. 1“.

 

Eingabegebühren

Der derzeitige Entwurf eines Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes sieht weder eine Anwaltspflicht, noch eine Eingabegebühr für die Einbringung einer Beschwerde vor. Abgesehen von allfälligen Kosten für Sachverständige, Dolmetscher und Zeugen, die dem Beschwerdeführer im Falle der Erhebung einer Beschwerde anfallen können, gibt es für den Beschwerdeführer kaum einen Grund, nicht gegen einen „negativen“ Bescheid das Verwaltungsgericht anzurufen.

Es steht daher zu befürchten, dass gerade in Angelegenheiten der Gemeinden mangels Kostenfolgen für den Beschwerdeführer sukzessive das Verwaltungsgericht in Anspruch genommen wird. Moderate Eingabegebühren würden zumindest all jene Beschwerdefälle unterbinden, in denen – etwa aufgrund von jahrelangen Nachbarschaftskonflikten – nur um der Beschwerde Willen gegen Bescheide (auch in Fällen ohne jegliche Aussicht auf Erfolg) vorgegangen wird.

Der Österreichische Gemeindebund schickt aber auch voraus, dass eine Gebührenregelung keinesfalls dazu führen darf, dass die Behörde als „unterlegene Partei“ diese Gebühren zu tragen hat.

 

Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches (§ 42)

§ 42. (1) In Rechtssachen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sind die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Behörde auf die Berufungsbehörde sinngemäß anzuwenden.

(2) Behörde im Sinne des § 9 Abs. 1 letzter Satz ist sowohl die Behörde im Sinne des Abs. 1 Z 2 als auch jene Behörde, bei der der das Verfahren einleitende Antrag zu stellen war.

Erläuterungen zum Gesetzestext:

Da gemäß Art. 118 Abs. 4 B-VG (ausschließlich) in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde ein zweistufiger Instanzenzug besteht, regelt der vorgeschlagene § 42, nach welcher Maßgabe die Bestimmungen des Gesetzes anzuwenden sind, sofern dieser Instanzenzug gesetzlich nicht ausgeschlossen ist.

Abgesehen davon, dass der Verweis auf § 9 Abs. 1 unrichtig sein dürfte und es (§ 9) Abs. 1 Z 2 gar nicht gibt, sind auch die Erläuterungen nicht sehr aufschlussreich. Denn § 42 regelt gerade nicht, nach welcher Maßgabe die Bestimmungen dieses Gesetzes in Rechtssachen in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches anzuwenden sind. Hier bedarf es einer Richtig- bzw. Klarstellung.

 

Kostenbeitrag des Bestraften im Beschwerdeverfahren (§ 53)

§ 53. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

 

Anmerkung: Hinsichtlich des Kostenbeitrages in Verwaltungsstrafsachen orientiert sich der vorliegende Entwurf, abgesehen von ziffernmäßigen Anpassungen, nach der bestehenden Rechtslage (vgl. § 64 Abs. 2 VStG in der jetzigen Fassung):

§ 64. (2) VStG Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 1,50 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 15 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

 

 

Ad Verwaltungsstrafgesetz:

 

Kostenbeitrag des Bestraften im behördlichen Strafverfahren (§ 64 Abs. 2)

Wie beim Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht werden auch bei der Strafbehörde „I. Instanz“ die Kostenbeiträge des Bestraften angehoben.

Derzeit muss der Bestrafte gemäß § 64 Abs. 2 VStG 10 % der verhängten Strafe, mindestens aber 1,5 Euro als Verfahrenskostenbeitrag zahlen. Dem vorliegenden Entwurf einer Änderung des § 64 Abs. 2 nach soll der Bestrafte 10 % der verhängten Strafe, mindestens aber je 10 Euro zahlen.

Hinzuweisen ist darauf, dass sowohl im vorgeschlagenen Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (§ 53 Abs. 2) als auch im Änderungsvorschlag des § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz das Wort „je“ insofern obsolet wird und daher entfallen kann, als die Verfahrenskostenbeiträge in der „I. Instanz“ und in der „II. Instanz“ (Beschwerdeverfahren) nunmehr getrennt geregelt werden und nicht mehr gemeinsam im Verwaltungsstrafgesetz. In der derzeitigen Fassung des § 64 Abs. 2 bezieht sich das Wort „je“ auf den Mindestbeitrag in beiden Instanzen (Verfahren I. Instanz und Berufungsverfahren).

Angemerkt wird darüber hinaus lediglich, dass die Länder seit Längerem deutlich höhere Kostenbeiträge des Bestraften einfordern.

Strafverfügung/Anonymverfügung (§§ 47, 49a)

Neben der Erhöhung der Betragsgrenzen wird im Zusammenhang mit den abgekürzten Verfahren auch eine Änderung vorgenommen, die auf Anregung des BKA aufgenommen wurde und sicherstellen soll, dass abgekürzte Verfahren zulässig sind, wenn automationsunterstützte technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung eingesetzt werden. Der derzeitige § 49a Abs. 2 VStG lautet:

§ 49a (2) Hat die Behörde durch Verordnung gemäß Abs. 1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt, so kann sie von der Ausforschung des unbekannten Täters (§ 34) vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben, wenn

        1. die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf automatischer Überwachung beruht und

        2. sowohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als auch die nachteiligen Folgen, welche die Tat sonst nach sich gezogen hat, keine Bedachtnahme auf die Person des Täters erfordern.

Sowohl in § 47 Abs. 1 VStG (Strafverfügung) als auch in § 49a Abs. 2 VStG (Anonymverfügung) soll dem Begutachtungsentwurf nach der Begriff „automatische Überwachung“ durch „Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen“ ersetzt werden. Die nun vorgeschlagene Fassung im § 49a lautet:

§ 49a (2) Hat die Behörde durch Verordnung gemäß Abs. 1 eine Geldstrafe im Vorhinein festgesetzt und beruht die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen, so kann die Behörde die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben.

Da trotz der vorgenommenen Gleichstellung der dienstlichen Wahrnehmung mit dem Einsatz dieser technischen Geräte im Hinblick auf die Zulässigkeit abgekürzter Verfahren dennoch Zweifel bei manchen Stellen und Behörden aufkommen, ob abgekürzte Verfahren auch dann zulässig sind, wenn die Überwachungen im Auftrag einer Behörde erfolgen, sollte zumindest in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung eine endgültige Klarstellung getroffen werden. So wird vorgeschlagen, in die Erläuterungen folgenden Satz aufzunehmen: „Unerheblich ist es, ob diese Überwachungen unmittelbar von der Behörde selbst oder im Auftrag derselben von Dritten durchgeführt werden“.

Noch sinnvoller wäre eine Klarstellung im Gesetzestext:

§ 49a (2) Hat die Behörde durch Verordnung gemäß Abs. 1 eine Geldstrafe im Vorhinein festgesetzt und beruht die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen, wobei es unerheblich ist, ob die Überwachung unmittelbar von der Behörde selbst oder im Auftrag der Behörde erfolgt, so kann die Behörde die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben.

Ad Verwaltungsgerichtshofgesetz:

 

Ersatz der Aufwendungen (§§ 21, 47)

Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG kann gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes unter anderem auch die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben. Daraus folgt, dass etwa eine Gemeinde nicht nur Revisionsgegner sein kann, sondern auch Revisionswerber. Bevor daher noch auf die Bestimmungen über den Ersatz der Aufwendungen einzugehen ist, bedarf es zunächst einer Klarstellung, wer in nicht unwesentlichen Fallkonstellationen Revisionswerber und wer Revisionsgegner ist. Denn § 21 Abs. 1 VwGG des vorliegenden Entwurfes bestimmt Folgendes:

§ 21 (1) Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG (Revision) sind

1. der Revisionswerber;

2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, gegen dessen Erkenntnis oder Beschluss Revision erhoben wird (Revisionsgegner);

3. die Personen, die durch das vom Verwaltungsgerichtshof zu treffende Erkenntnis in ihren Rechten berührt werden (Mitbeteiligte).“

Es stellt sich daher zunächst die Frage, wer Revisionsgegner bei einer Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ist, wenn die Behörde (die Gemeinde) Revision erhebt und damit selbst als Revisionswerber auftritt (etwa das Verwaltungsgericht oder der Beschwerdeführer im Verwaltungsgerichtsverfahren?).

Im Hinblick auf die Definition, wer obsiegende und wer unterlegene Partei im Verwaltungsgerichtshofverfahren ist, und im Hinblick auf die Frage, wer Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen hat (§ 47):

§ 47. (1) Die vor dem Verwaltungsgerichtshof obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei nach Maßgabe der §§ 47 bis 59.

(2) Unbeschadet der folgenden Bestimmungen ist im Sinne des Abs. 1

        1. der Revisionswerber obsiegende, der Revisionsgegner unterlegene Partei in den Fällen der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses oder der Entscheidung in der Sache selbst;

        2. der Revisionsgegner obsiegende, der Revisionswerber unterlegene Partei im Falle der Abweisung der Revision.

(3) Mitbeteiligte sind in keinem Fall als unterlegene Partei anzusehen; als obsiegende Partei sind sie im Fall des Obsiegens des Revisionsgegners neben diesem anzusehen.

(4) In den Fällen des Art. 133 Abs. 8 B-VG findet für den Revisionswerber und den Revisionsgegner kein Aufwandersatz statt.

(5) Der auf Grund dieses Bundesgesetzes vom Revisionsgegner zu leistende Aufwandersatz ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat. Diesem Rechtsträger fließt auch der Aufwandersatz zu, der auf Grund dieses Bundesgesetzes dem Revisionsgegner zu leisten ist.

Dass die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen hat (Abs. 1) ist nachvollziehbar und richtig. Auch Abs. 2 hinsichtlich der Definition, wer obsiegende Partei ist, ist verständlich. Nachdem aber völlig ungeklärt ist, wer Revisionsgegner ist, wenn eine Behörde (Gemeinde), die den beim Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid erlassen hat, Revisionswerberin ist, muss Abs. 5 gründlich überdacht werden. Jedenfalls kann ein und dieselbe Behörde nicht gleichzeitig Revisionswerberin und Revisionsgegnerin sein, nicht gleichzeitig obsiegende und unterlegene Partei sein. Unklar ist überdies, was unter „Rechtsträger“ zu verstehen, „in dessen Namen die Behörde…gehandelt hat“.

 

Folgende Beispiele seien genannt:

Fall 1: Die Behörde („Gemeinde“) erlässt einen Baugenehmigungsbescheid, ein Nachbar gibt sich damit nicht zufrieden und erhebt aufgrund seiner unberücksichtigten Einwendungen im Baugenehmigungsverfahren Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht gibt dieser Beschwerde statt und entscheidet in eigener Sache mittels Erkenntnis, dass die Baugenehmigung zu versagen ist. Gegen dieses Erkenntnis erhebt der Bauwerber Revision beim Verwaltungsgerichtshof, der das Erkenntnis aufhebt oder in eigener Sache entscheidet, dass das Bauvorhaben genehmigt wird (und bestätigt damit faktisch den Bescheid der Behörde).

In dieser Fallkonstellation ist ohne Zweifel der Bauwerber der Revisionswerber und zugleich obsiegende Partei, unter Zugrundelegung der Bestimmung des § 47 ist aber nicht klar, wer Revisionsgegner ist und auch nicht klar, wer den Ersatz der Aufwendungen zu tragen hat (der Nachbar als Mitbeteiligter?, die Behörde als an sich gar nicht belangte Behörde?, das Verwaltungsgericht als an sich belangte Stelle?)

Fall 2: Die Behörde („Gemeinde“) versagt eine Baugenehmigung, der Bauwerber gibt sich damit nicht zufrieden und erhebt Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht gibt dem Bauwerber recht und erkennt im Sinne seiner Beschwerde. Damit gibt sich nun die Behörde nicht zufrieden und erhebt Revision beim Verwaltungsgerichtshof, der das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts aufhebt oder in eigener Sache entscheidet, dass das Bauvorhaben nicht genehmigt wird (und bestätigt damit faktisch den Bescheid der Behörde).

In diesem Fall ist die Behörde Revisionswerberin und ist obsiegende Partei, wer aber Revisionsgegner ist, lässt sich auch hier nicht ausmachen, eben so wenig wer den Ersatz der Aufwendungen zu tragen hat (der Bauwerber, der Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben hat?, das Verwaltungsgericht, das unrichtig entschieden hat?, oder gar die Behörde als Revisionswerberin, die richtig entschieden hat?).

 

Aufwandersatz bei Säumnis (§ 56)

Unklar ist, wer den Aufwandersatz trägt, wenn das Verwaltungsgericht säumig ist. Auch die „Erläuterungen“ geben keinerlei Aufschluss darüber. So bestimmt § 56 des vorliegenden Entwurfes:

§ 56. (1) Im Fall eines Fristsetzungsantrages, in dem der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42a vorgeht (Fristsetzung), ist die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn der Antragsteller obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 wäre. Im Fall eines Fristsetzungsantrages, in dem das Verfahren wegen Nachholung des versäumten Erkenntnisses oder Beschlusses eingestellt wurde, ist der Pauschalbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes in der Verordnung gemäß § 49 Abs. 1 um die Hälfte niedriger festzusetzen als der sonst auf Grund dieser Bestimmung für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes festzustellende Pauschalbetrag.

(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn

1.     das Verwaltungsgericht Gründe nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses unmöglich gemacht haben, und diese Gründe dem Antragsteller vor Einbringung des Fristsetzungsantrages bekannt gegeben hat,

2.     die Verzögerung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausschließlich auf das Verschulden des Antragstellers zurückzuführen war oder

3.   die dem Fristsetzungsantrag zugrunde liegende Rechtssache mutwillig betrieben wird.

Wenn daher der Verwaltungsgerichtshof dem Verwaltungsgericht eine Frist zur Entscheidung setzt, so gibt er sinngemäß dem Fristsetzungsantrag statt. Der Antragsteller dieses Fristsetzungsantrages ist gemäß dieser Bestimmung „obsiegende Partei im Sinne des § 47“. Wiederum stellt sich die Frage, wer denn unterlegene Partei ist und wer den Ersatz der Aufwendungen (dieses Fristsetzungsverfahrens) zu tragen hat (der Antragssteller als obsiegende Partei, das säumige Verwaltungsgericht?, oder die völlig unbeteiligte Behörde?).

Im Zusammenhang mit der Fristsetzung durch den Verwaltungsgerichtshof ist anzumerken, dass sich diesbezüglich § 38 Abs. 3 (Setzung einer Frist von drei Monaten) und § 42a (Setzung einer angemessenen Frist) widersprechen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

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