Absender: Überparteiliche Stadtbildschutz-Initiative Wien Mitte                                                    

Sehr geehrte Damen und Herren !

 

An das

Präsidium des Nationalrates

 

 

Wir nehmen zu obigem Entwurf wie folgt Stellung:

 

Grundsätzlich wird die Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012 als ein wichtiger Schritt Österreichs in Richtung einer den EU-Standards und den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entsprechenden Kontrolle der staatlichen Verwaltungstätigkeit angesehen.

 

Einige im gegenständlichen Entwurf enthaltenen Bestimmungen sind jedoch aus Sicht einer zeitgemäßen Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger an Verwaltungsverfahren  abzulehnen, weil sie nur dazu geeignet sind, durch ungerechtfertigte formale Hürden den inhaltlich ohnedies sehr beschränkten Weg zum EuGH noch mehr einzuschränken und damit eine mitunter bedenklich an Willkür grenzende Judikatur zu stützen. 

 

Die Anforderungen an eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht sind  überschießend geregelt, da die detaillierte und komplizierte Regelung des vorgeschlagenen § 10 Abs.1 VwGVG  für anwaltlich nicht vertretene Parteien zu einer erheblichen Schlechterstellung gegenüber der bestehenden Regelung im  AVG (§ 63 Abs.3) führt. Nicht rechtskundige Bürgerinnen und Bürger, die grundsätzlich ihre Angelegenheiten selbst besorgen wollen oder aber die finanziellen Mittel für eine anwaltliche Vertretung nicht aufbringen können, stehen somit vor einer erheblichen, neu geschaffenen Hürde, die in Zeiten einer breit geführten Diskussion um eine Ausweitung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft als obrigkeitsstaatliche Intervention zur Einschränkung der Bürgerrechte anzusehen und daher abzulehnen ist.

 

 Die vorgesehene vorrangige Heranziehung von Amtssachverständigen (§ 18 VwGVG i.V.m. § 52 ff AVG bzw. § 14 BvwGG des Entwurfs) widerspricht dem Prinzip der angestrebten Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte, da in den Verwaltungsverfahren die Amtssachverständigen zum Teil aus derselben Behörde rekrutiert werden oder zumindest aus deren Nahbereich stammen, sodass für Bürgerinnen und Bürger aufgrund der konkreten Verhandlungsführung und -leitung zumeist der Eindruck entsteht, dass sich Behörde und Amtssachverständige längst „abgesprochen“ haben und die Parteistellung im Verfahren lediglich als „Zuschauerrolle“ realisiert werden kann.

 

Es ist daher unabdingbar, die gleichrangige Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger in den Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht vorzusehen, wobei die Kostenfolgen (Gebühren der Sachverständigen) den Antragsteller als Auslöser des Verwaltungsverfahrens zu treffen haben.

 

Die vorgesehene Beseitigung der Ediktalsperre im § 44 a Abs.3 letzter Satz AVG kann nicht hingenommen werden, da gerade in Großverfahren mit beträchtlichem Umfang an Verfahrensunterlagen für die von einem Vorhaben zumeist nachteilig Betroffenen durch die aktuelle Rechtslage immerhin Gewähr geboten wird, in der Zeit vom 15.Juli bis 25.August bzw. 24.Dezember bis 6.Jänner sich ungestört von Verfahrenshandlungen ihrem Familienleben und ihrer Erholung zuwenden zu können.

 

Dies damit zu begründen, dass das Rechtsinstitut der verhandlungsfreien Zeit in der Zivilprozeßordnung als nicht mehr zeitgemäß befunden wurde und daher eine entsprechende Anpassung erforderlich sei, missachtet völlig die mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, normierte Änderung der §§ 222 ZPO und deren weitgehende tatsächliche Unwirksamkeit bei den Gerichten.   

 

Die Stellungnahme wurde auch dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.

 

                                                                           

Mit freundlichen Grüßen                                                               

 

Überparteiliche Stadtbildschutz-Initiative   

Wien Mitte