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Verkehr, Innovation und Technologie

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1030 Wien

 

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Wien, am 06. November 2012

Zl. B,K-743/311012/HA

GZ: BMVIT-161.000/0003-IV/ST5/2012

 

 

Betreff: Novelle der Straßenverkehrsordnung

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Vorbemerkung:

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich vorab, sein Bedauern darüber auszusprechen, dass in dem nunmehr vorliegenden Ministerialentwurf einer Änderung der StVO die seitens der kommunalen Spitzenverbände seit mehr als 4 Jahren geforderte gesetzliche Grundlage für eine automatisierte Verkehrsüberwachung durch Gemeinden und im Auftrag derselben nicht enthalten ist. Bereits in den Vorbegutachtungen zu Teilen dieser nun vorgeschlagenen Novelle der StVO hat der Österreichische Gemeindebund mehrfach und unmissverständlich klargestellt, dass nicht zuletzt aufgrund des sachlichen Zusammenhangs eine Novelle der StVO im Hinblick auf die seitens der Länder eingebrachten Vorschläge zur „Deregulierung“ der StVO (Übertragung von Aufgaben an Gemeinden) mit einer gesetzlichen Grundlage für die automatisierte Verkehrsüberwachung durch Gemeinden einhergehen muss.

 

Ad § 67 Fahrradstraße

Nach eingehender Durchsicht wird festgehalten, dass sämtliche Anmerkungen des Österreichischen Gemeindebundes zu den Vorentwürfen einer Regelung der Fahrradstraße Berücksichtigung gefunden haben. So wurde die Bestimmung der Fahrradstraßen sinnvollerweise als eine Angelegenheit, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden, in den Katalog der Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden (§ 94d) aufgenommen. Erfreulicherweise ist auch der Forderung nach einer flexiblen Gestaltung und Bestimmung von Fahrradstraßen Rechnung getragen worden (§ 67 Abs. 2).

Als eine für Gemeinden zusätzliche Möglichkeit der Setzung von verkehrspolitischen Maßnahmen wird gegen den vorgeschlagenen § 67 seitens des Österreichischen Gemeindebundes kein Einwand erhoben.

 

Ad § 76c Begegnungszonen

Ebenso als eine zusätzliche Möglichkeit für Gemeinden, autonom verkehrsberuhigende Maßnahmen im Ortsgebiet zu setzen, bestehen gegen die Einführung von Begegnungszonen, die ein Bindeglied zwischen Wohnstraße und Fußgängerzone darstellen, grundsätzlich keine Einwände.

In § 76c Abs. 2 wird eine höchst zulässige Geschwindigkeit von 20km/h festgelegt. In Anbetracht dessen, dass Begegnungszonen nur dann Akzeptanz finden, wenn diese nicht zu einer gänzlichen Verlagerung des Verkehrs führen, ersucht der Österreichische Gemeindebund eindringlich, eine höchst zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h vorzusehen, oder aber die Bestimmung über die höchst zulässige Geschwindigkeit der Behörde selbst zu überlassen. Mit einer den örtlichen Begebenheiten angepassten Festlegung der höchst zulässigen Geschwindigkeit wären auch (nicht minder wichtige) Begegnungszonen auf stärker befahrenen Durchzugsstraßen (etwa Landstraßen im Ortskernbereich) möglich.

Anzudenken wäre auch die Bestimmung eines Fußgängervorranges innerhalb der Begegnungszone (wie etwa in der Schweiz).

 

Ad § 94d Z 4 lit e und § 94d Z 7a Sportliche Veranstaltungen

Bei der nun vorgeschlagenen Aufnahme von zusätzlichen Aufgaben in den Katalog der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches handelt es sich um Vorschläge der Länder zu einer sogenannten „Deregulierung“ der StVO.  Tatsächlich handelt es sich aber weniger um eine Deregulierung als vielmehr um eine Übertragung von Aufgaben, die bislang grundsätzlich in die alleinige Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden fielen, nunmehr aber von Gemeinden besorgt werden sollen.

Bei näherer Betrachtung darf angemerkt werden, dass in diesem Vorschlag (Bewilligung sportlicher Veranstaltungen samt Erlassung von Verordnungen) eine Deregulierung der StVO insofern nicht erblickt werden kann, als sich eine seitens der Gemeinde ausgesprochene Bewilligung sportlicher Veranstaltungen einschließlich der Erlassung von Verordnungen (infolge des eigenen Wirkungsbereiches) ausschließlich auf Gemeindestraßen beziehen würde.

Sollten daher von einer sportlichen Veranstaltung auch Bundesstraßen oder Landesstraßen direkt (Veranstaltung) oder indirekt (Umleitungen, Sperre) betroffen sein, so führt das an sich nicht zu einer Entflechtung denn vielmehr zu einer Zersplitterung der Aufgaben- und Kompetenzverteilung.

Da eine Verlagerung von Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörde auf die Gemeinden zwingend auch eine Verlagerung von Verwaltungsaufwand und damit Kosten bedeutet, wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Darstellung der finanziellen Auswirkungen unzureichend ist.

 

Ad § 94d Z 9 Erlassung von Verordnungen nach § 82

Auch in diesem Fall handelt es sich um eine Erweiterung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden um Aufgaben, die bislang den Bezirksverwaltungsbehörden vorbehalten waren. Demnach soll die bisherige Zuständigkeit der Gemeinden im Zusammenhang mit der Bewilligung der Benutzung der Straßen zu verkehrsfremden Zwecken (§ 82) um die Angelegenheit der Erlassung diesbezüglicher Verkehrsverbote und Verkehrsbeschränkungen erweitert werden.

Wiewohl es sich hierbei um eine Zusammenführung geteilter Kompetenzen handelt, die aus Sicht der Länder deregulierende Wirkungen zeitigen, ist auch diesbezüglich mit einem nicht unbeträchtlichen Mehraufwand der Gemeinden zu rechnen.

 

Resümee

Der Österreichische Gemeindebund hat im Vorfeld dieses Begutachtungsverfahrens zu den genannten Deregulierungsvorschlägen zwar positive Zustimmung signalisiert, zugleich aber ausdrücklich und unmissverständlich zum einen auf die Kostenfolgen hingewiesen und zum anderen aufgrund des sachlichen Zusammenhangs eine Zusammenführung der Deregulierungsvorschläge mit dem Kompromissvorschlag über eine gesetzliche Grundlage zur automatischen Geschwindigkeitskontrolle durch Gemeinden gefordert.

Dass in dem vorliegenden Ministerialentwurf der bereits mit den Ländern verhandelte und mit zahlreichen Abstrichen und Anpassungen versehene Kompromissvorschlag für eine gesetzliche Grundlage zur automatischen Geschwindigkeitskontrolle nicht enthalten ist, rührt allen voran aus der ablehnenden Haltung der Länder, die den Gemeinden eine ordnungsgemäße Erfüllung dieser Aufgabe nicht zutrauen. Dies, obwohl der Kompromissvorschlag eine Verordnungsermächtigung der Länder im Sinne des übertragenen Wirkungsbereiches vorsehen und damit den Ländern volle Dispositionsmöglichkeiten eröffnen würde.

Es kann allein schon aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht nachvollzogen werden, dass die Länder den Gemeinden zusätzliche, aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes bedeutend gravierendere Angelegenheiten und Aufgaben übertragen möchten.

Eine Erweiterung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden um die seitens der Länder vorgeschlagenen Angelegenheiten kann daher unabdingbar nur mit einer gesetzlichen Grundlage für eine automatisierte Geschwindigkeitskontrolle durch Gemeinden, sei es im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich, einhergehen.

 

 

                                                                                      

Mit freundlichen Grüßen

 

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

 

 

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