Bundesministerium
für Landesverteidigung und Sport
Abteilung Disziplinar- und Beschwerdewesen

BürRSB

 

Roßauer Lände 1
A-1090 WIEN

Sachbearbeiter:

OR Mag. Christoph ULRICH

Tel:              050201-10- 21261
Fax:             050201-10-17190

e-mail:       rechtsschutzbeauftragter@bmlvs.gv.at

GZ S91542/4-DiszBW/2013

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz sowie das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Begleitgesetz-Wehrrecht – VwGBG-W);

Wiederholte Anregung des Rechtsschutzbeauftragten

 

Bezug

S91542/18-DiszBW/2012

 

 

An

Abteilung Eigenlegislative

BMLVS

Roßauer Lände 1

1090 WIEN

 

Nach Durchsicht des nunmehr dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zugeführten Entwurfes eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz sowie das Truppenaufenthaltsgesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Begleitgesetz-Wehrrecht – VwGBG-W), stellte der Rechtsschutzbeauftragte Sektionschef i.R. Dr. MAYER fest, dass die vom Rechtsschutzbeauftragten, schon wiederholt vorgeschlagenen Änderungen nicht bzw. nicht zur Gänze aufgenommen wurden.

 

Da es sich jedoch um Anregungen handelt, welche sich aus der langjährigen Kontrollpraxis des Rechtsschutzbeauftragten ergeben haben und deren Nichtberücksichtigung bei der Vollziehung des Militärbefugnisgesetzes zu Schwierigkeiten führen, wird im Auftrag des Rechtsschutzbeauftragten nochmals ersucht, folgende Anregungen in den oben angeführten Entwurf  aufzunehmen:

 

Legistische Anregung - Abgrenzung des „bloßen Beobachtens“ im Sinne einer Datenverarbeitung nach § 22 Abs. 1 MBG zur Observation nach § 22 Abs. 3 MBG

 

Die rechtliche Abgrenzung zwischen dem Begriff der „Beobachtung“ im allgemeinen Sinn und der „Observation“ nach § 22 Abs. 3 MBG könnte legistisch insofern besser definiert werden, als im § 22 Abs. 3 MBG der schlichte Begriff „Beobachten“ zur Vermeidung von Missverständnissen durch die in die StPO (§ 129 Z 1) aufgenommene Legaldefinition „heimliches Überwachen des Verhaltens einer Person“ ersetzt werden sollte. Die derzeitige Regelung setzt schlichtes „Beobachten“ mit „Observation“ gleich, was wohl nicht den rechtssystematischen Intentionen des Gesetzgebers entspricht.

Der erste Satz des § 22 Abs. 3 MBG sollte daher lauten: „Die Datenermittlung durch Observation (heimliches Überwachen des Verhaltens einer Person) ist zulässig…“

Begründung:

Nach § 22 Abs. 1 MBG dürfen die Nachrichtendienste im Rahmen ihrer Aufgaben Daten verarbeiten. Verarbeitung von Daten ist im umfassenden Sinn des § 4 Z 9 DSG 2000 zu verstehen. Aus den einschränkenden Bestimmungen der folgenden Absätze des § 22 MBG ergibt sich für dessen Abs. 1 die unbeschränkte Kompetenz zur Ermittlung und Verarbeitung von öffentlichen bzw. jedermann zugänglichen Daten (z.B. die Verwendung von Amtskalender, Internet oder Autokennzeichen etc.). Formell kann dies ein Auftrag zur „Beobachtung“ (im allgemeinen Sinne von optischer und akustischer Erfassung von Tatsachen) sein; materiell jedoch stellt die Durchführung dieses Auftrags keinen Eingriff in eine geschützte Rechtssphäre dar. Diese Maßnahme ist daher, wie das Gesetz es auch vorsieht, nach § 22 Abs. 8 MBG weder meldepflichtig an, noch genehmigungspflichtig durch den Rechtsschutzbeauftragten. Melde- und genehmigungspflichtig sind nach § 22 Abs. 8 MBG ausschließlich die Maßnahmen nach § 22 Abs. 3 bis 5 und 7 MBG. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Observation nach § 22 Abs. 3 MBG von der nach Abs. 1 und 2 kombinierten Maßnahme zu unterscheiden und die rechtliche Definition der Observation festzulegen.

Von der offenen Vorgangsweise nach den Abs. 1, 2 und 2a unterscheidet sich die Maßnahme nach Abs. 3 durch nicht offenes Vorgehen der Dienste. In diesem Fall liegt ein Eindringen in die besonders geschützte Rechtssphäre einer Person vor, das einer besonderen Prüfung unterzogen werden muss. „Nicht offen“ bedeutet „heimlich“. Unter dem Begriff der Observation nach § 22 Abs. 3 MBG ist, analog zu § 129 Z 1 StPO, das „heimliche Überwachen des Verhaltens einer Person“ zu verstehen. Diese Analogie trägt dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung Rechnung. Beobachten bedeutet (in diesen Zusammenhängen) optisches und akustisches Erfassen des Verhaltens einer Person unabhängig von der zeitlichen Dauer.

Legistische Anregung - Datenübermittlungen an inländische Behörden

Eine Neufassung des § 25 Abs. 1 Z 2 MBG wäre zu überlegen, weil es für die übermittelnden Dienststellen schwer zu beurteilen sein kann, was für die Empfängerbehörde die „Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses“ (vgl. § 9 Z 3 DSG 2000) darstellt.

Begründung:

Durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2009 wurde eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit der Übermittlung von Daten an inländische Behörden - unter besonderen Voraussetzungen - geschaffen. Dieses Recht zur Datenübermittlung an inländische Behörden wurde vom Gesetzgeber durch die weitere Bindung an die „Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses“ (vgl. § 9 Z 3 DSG 2000) eingeschränkt. Aufgrund dieser Formulierung kann es für die übermittelnden Dienststellen ex ante schwer zu beurteilen sein, welche Umstände für die Empfängerbehörde ein solches Interesse begründen. Wichtige öffentlichen Interessen können jedenfalls in der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten liegen (vgl. §§ 17 Abs. 3 Z 5, 26 Abs. 2 Z 5 DSG 2000). Die übermittelnde Behörde kann daher ohne Kenntnis der Ermittlungsfälle bei der Empfängerbehörde bzw. über deren Schwerpunkte ein „wichtiges öffentliches Interesse“ eher nur vermuten als abwägen. Damit wird aber diese doppelte (kumulative) Beschränkung entweder zum ungewollten Hindernis oder wiederum ungewollt wenig wirksam. Im Vergleich zur inhaltlich korrespondierenden Bestimmung des § 56 Abs. 1 Z 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) dürfte die Neufassung des § 25 Abs. 1 Z 2 MBG überdeterminiert sein.

§ 25 Abs. 1 Z 2 MBG

§ 56 Abs. 1 Z 2 (SPG)

§ 25. (1) Militärische Organe und Dienststellen, die mit Aufgaben der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr betraut sind, dürfen Daten übermitteln

(…)

inländischen Behörden, soweit dies für den Empfänger eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe bildet und die Übermittlung der Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses dient,

§ 56. (1) Die Sicherheitsbehörden dürfen personenbezogene Daten nur übermitteln

 

 

 

(…)

2.         inländischen Behörden, soweit dies ausdrücklich gesetzlich vorgesehen ist oder für den Empfänger eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe bildet;

 

 

Bemerkung zu § 22 Abs. 8 MBG

 

In der seit 1. September 2009 geltenden Fassung des § 22 Abs. 8 MBG (Verfassungsbestimmung) wurde zwar die vom Rechtsschutzbeauftragten geforderten Änderungen bei den Verweisungen umgesetzt, aber die Bezeichnung „Bundesminister für Landesverteidigung“ nicht durch die Bezeichnung „Bundesminister für Landesverteidigung und Sport“ ersetzt. Möglich wäre auch die im Vorentwurf des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport vom 23. März 2011 für ein Wehrrechtsänderungsgesetz 2011, in Art. 5 Z 3 vorgeschlagene Formulierung: „zuständigen Bundesminister“.

 

 

13.02.2013

Für den Bundesminister:

ULRICH